Skip to main content

Full text of "Allgemeine Realencyclopädie oder Conversationslexicon für das katholische Deutschland"

See other formats


Google 


This is a digital copy of a book that was preserved for generations on library shelves before it was carefully scanned by Google as part of a project 
to make the world’s books discoverable online. 

It has survived long enough for the copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject 
to copyright or whose legal copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books 
are our gateways to {he past, representing a wealth of history, culture and knowledge that’s often difficult to discover. 


Marks, notations and other marginalia present in the original volume will appear in this file - a reminder of this book’s long journey from the 
publisher to a library and finally to you. 


Usage guidelines 
Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the 


public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken steps to 
prevent abuse by commercial parties, including placing technical restrictions on automated querying. 





‘We also ask that you: 


+ Make non-commercial use of the files We designed Google Book Search for use by individual 
personal, non-commercial purposes. 





and we request that you use these files for 


+ Refrain from automated querying Do not send automated queries of any sort to Google’s system: If you are conducting research on machine 
translation, optical character recognition or other areas where access to a large amount of text is helpful, please contact us. We encourage the 
use of public domain materials for these purposes and may be able to help. 


+ Maintain attribution The Google “watermark” you see on each file is essential for informing people about this project and helping them find 
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it. 


+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are responsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just 
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other 
countries. Whether a book is still in copyright varies from country to country, and we can’t offer guidance on whether any specific use of 
any specific book is allowed. Please do not assume that a book’s appearance in Google Book Search means it can be used in any manner 
anywhere in the world. Copyright infringement liability can be quite severe. 






About Google Book Search 


Google’s mission is to organize the world’s information and to make it universally accessible and useful. Google Book Search helps readers 
discover the world’s books while helping authors and publishers reach new audiences. You can search through the full text of this book on the web 
at google. com/] 














Google 


Über dieses Buch 


Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Regalen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im 
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfügbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde. 

Das Buch hat das Urheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch, 
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann 
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles 
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist. 

Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei — eine Erin- 
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat. 


Nutzungsrichtlinien 


Google ist stolz, mit Bibliotheken in partnerschaftlicher Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse 
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nichtsdestotrotz ist diese 
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch 
kommerzielle Parteien zu verhindern. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen. 

Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien: 


+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche für Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese 
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden. 


+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen 
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen 
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials für diese Zwecke und können Ihnen 
unter Umständen helfen. 





+ Beibehaltung von Google-Markenelementen Das "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über 
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht. 


+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein, 
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA 
öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist 
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig 
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der 
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben. 





Über Google Buchsuche 


Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google 
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser Welt zu entdecken, und unterstützt Autoren und Verleger dabei, neue Zielgruppen zu erreichen. 
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter|'http: //books .google. comldurchsuchen. 














NYPL RESEARCH LIBRARIES 


Mm 








" 


mr 








Allgemeine 


Bealeucyelspädie 


Eonverfationslericon 
für das 


katholiſche Deutfchland. 





Bearbeitet 
g don einem Bereine 
katholiſfſcher Getehrten 
und herausgegeben 
von 


ie 
Dr. Wilhelm Binder. 


Viertee Vaud 
Erwerb — Gyrowetz. 











Megensburg, 1847. 
Verlag von Georg Jofeph Many. 


M Sans 


v J A 
} 


* 


— | 
THE NEW OM 


PEIIC LIETALT 


270661B | 


SMOR I ENSE ıND 
FOUNLAIIORE 


1064 L_ 
N 


I. 


G. 


Erwerb, hat verſchiedene Bedeutungen. So bezeichnet E. z. B. die Bemühung, 
Eiwas zu verdienen; dann den wirklichen Verdienſt, in welchem Sinne man oft Tagen 
hört, daß der bürgerliche E. gut ſei; insbeſondere im jurivifchen Sinne die Er⸗ 
tungenſchaft cf. d.), welche Ehegatten während des Beſtehens ihrer Ehe ers 
zielen; — wohl audy die Beichäftigungsart, — das Metier, die Ausdehnung 
des Metier, der Einnahme; den erwerbenvden Stand, im Gegenſatze des Zehrftan- 
deß, oder der verzehrenden Elaffe. — In fo fern es fi) daher um den Gebrau 
dieſes Wortes in Geſetzen oder Verordnungen handelt, iſt es nothwendig, d 
daſſelbe ſcharf in dem Sinne aufgefaßt werde, in welchem das Geſetz oder die 
Verordnung ſprechen ſoll. 

Erwin, altdeutſcher männlicher Vorname, fo viel als: der erhabene oder 
ruhmvolle Sieger; beſonders bekannt durch E. von Steinbach, aus dem babi- 
ſchen Städtchen Steinbach, Stifter der deutfchen Baufchule. Er entwarf das 
Portal und den Thurm am ftraßburger Münfter und leitete den bewundernswuͤr⸗ 
digen Bau von 1277 bis zu feinem Tode 1318, Sein Sohn Johannes führte 
das Werk fort, das erfi 1439 durch Hälz aus Köln vollendet wurde. Auch feine 
Tochter Sabina ſchmückte den Bau, namentlich durch ein felbfigehauenes Sinn» 
bild am Portal. Berg. Schreiberrs „Nachrichten über E.s Geichledht in den 
Schriften der Freiburger Geſellſchaft zur Beförderung der Gefchichtsfunde” (Bd. 
1, 1828) und über die äfthetifche Bedeutung der Münfterfacade, Göthe's Jugend- 
ihrift „Bon deutfcher Baufunft” (1773); Schwarz” Roman: „E. v. St. ober 
der Geift der deutfchen Baufunft” (3 Bde., Hamb. 1835). 

Eryeina, Beiname der Aphrodite, vom erge Eryx in Sicilien, auf welchem 
fe einen berühmten Tempel hatte. Die Venus E. wurde auch in Rom, wo ihr 
ebenfalld ein prächtiger Tempel vor dem follinifchen Thore geweiht war, verehrt, 
deögleichen zu Pfophis in Arkadien. 

Erymanthiſcher Eber hieß, nach der griechiſchen Mythologie, der Eber, 
welcher ſich auf dem Berge Erymanthus in Arkadien aufhlelt u. von da aus die 
ganze Umgegend in Schreden ſetzte. Herkules mußte ihn auf Befehl des Eurys⸗ 
tbeus lebendig fangen. Er überwältigte, nach Apollovor, das Unthier, indem er es 
durch langes Umbertreiben in eben gefallenem tiefem Schnee ermüdete, worauf es 
fi) in den aufgeRellten Keen fing. Die Mutter diefes Ebers fol die kromioni⸗ 
(de Sau, Bhäa genannt, gewefen feyn. (Einige fegen den Bang defielben nad) 
Thefſalien, Andere nad) Phrygien. 

Reelsnptlopädle. IV. 1 





2 Erymanthus — Erzämter. 


Erymanthus war, nach der Mythologie, 1) der Sohn des Apollo, der von 
Aphrodite des Geſichts beraubt wurde, weil er fie im Bade, zugleidh mit Adonis, 
belaufcht hatte; Apollo rädhte fi dafür an Benus, indem er in Geſtalt eines 
Ebers ihren Geliebten zerriß. 2) Sohn des Arkas, Bater des Xanthus, von dem 
der Berg u. Fluß gleiches Ramens in Arkadien benannt feyn follen. 3) Gebirg in 
Arkadien, Aufenthaltsort des erymantifchen Ebers. 

Erpthrae, 1) eine der 12 jonifchen Hauptſtädte in Kleinaften, die Heimath 
der berühmten erythrälfchen Sibylle; jebt heißt die Stadt Eretri. 2) Stabt in 
Aetholien, jetzt Lepant o. 

Erythräiſches Meer hieß bei den Alten das rothe Meer; alſo der Theil 
des indiſchen Meeres von den Küften Aethiopiens bis an die Inſel Taprobane. 

Erz nennt man in der Metallurgie die natürlich vorkommenden Verbin⸗ 
dungen der Metalle. Die Verbreitung der E.e im Innern der Erdrinde iſt eine ſehr 
eigenthümliche. Man findet fie nur Tetten gleichförmig durdy die Geſteine verbreitet 
oder eingefprengt, fondern, in Folge befonderer Gefehe u. Kräfte, die bei dem Er⸗ 
ſtarren der Grdrinde thätig waren, in beftimmten Räumen ausgeſchieden, weldye 
fi) nach gewiffen Richtungen bin erftreden. Die meiften u. mannigfaltigfien &.e 
find im Grundgebirge eingefchlofien, und es gibt wohl Fein Metall, weldyes nicht 
in diefem vorfäme. Je nad) den Ramen der Metalle unterfcheidet man: Gold, 
Silber⸗, Duedfilbers, Kupfer-, Blei⸗, Zink⸗, Eifenerze u. f. w. Im gewöhnlichen 
Leben wird der Name E. nicht felten aud für Kanonenmetall, Glodenfpeife, 
Bronze ıc. gebrauft. aM. 

Erzählung nennt man die Mittheilung einer geföhehenen Handlung oder - 
Be ebenteit (wahr oder erpichtet) durch Worte, wie foldhe nämlidy nady und 
nad fid) ereignet hat, ohne zugleidy, wie die Befchretbung, das ger t d. i. 
die neben u. mit einander beflehenden Theile des Gegenſtandes, zu berüd atgen. 
Ihr Zwed beſtimmt auch ihre Beichaffenheit, u. fo tritt fie al8 Biographie, Cha⸗ 
rakterſchilderung u. Gefchichte in der Form der Brofa, over in der Form der Poeſie 
als poetifche Darftelung einer gefchehenen Handlung oder Begebenheit auf, d. i. als 
vollendete Darftellung einer aͤſthetiſchen Idee in einer Begebenheit, wohin auch 
im Allgemeinen das Epos, die höchfle Art des erzählenden Gedichtes, gerechnet 
wird. Sonft gehören hierher nody die Romanze, Ballade u. Zabel. Die poetiſche 
E. im engern Sinne hat Ereigniſſe und Vorfälle aus dem Leben einzelner 
Perſonen zum Gegenftande, weldye, durch eine Grundidee zu einem Ganzen ver« 
bunden, das Intereſſe vermittelft des individuellen Charakters ver Begebenheit 
ſelbſt in Anſpruch nehmen, mag nun dieſe charakteriſtiſche Individnalität von der 
Perſoͤnlichkeit abhaͤngen, von welcher die Handlung ausgefuͤhrt iſt, oder von der 
eigenthümlichen Natur der Handlung. Bon dem Roman unterſcheidet ſich die E. 

ewoͤhnlich durch den Umfang u. den Mangel an Epiſoden. Wir führen bier im 

gemeinen die Ramen derer an, die die E. befonderd anbauten. Dierber ee 
in Deutfchland: Gellert, Kleift, Gleim, Wieland, Thümmel, Leffing, ling, 
Pfeffel, Langbein, Schulz, Huber, St. Schüg, Lafontaine u. f. f. (die Novel⸗ 
liften vgl. unter diefem Art.); in England: Ehaucer, Goldſmith, Dryden, Pope, 
Prior, Byron, Walter Scott, Bulwer u. f. f.; in Frankreich: Lafontaine, Mon⸗ 
crif, Groͤcourt, Marot, ref, Dorat, Bouflers, Marmontel u. ſ. f.; in Italien: 
Zaffont, Berni, Boccaccio, Caſti u. a. 

Erzämter hießen urfprünglich diejenigen Aemter, mit denen der deutſche Kai⸗ 
fer die deutichen Kurfürften belehnie. Die meiften waren nur Ehrentitel; denn, den 
Kurfürftien von Mainz audgenommen, waren damit nur einige Meine Gefchäfte 
bei der Katferfrönung u. ähnlichen Feierlichkeiten verbunden, weldye aber größten 
tbelte durch die Erbbeamten verrichtet wurden. Einige glauben, die E. wären 

ne Nachahmung des Hofſtaats der römifchen, beſonders byzantinifchen Katfer. 
Bor Kaiſer Friedrich) L waren fie nicht erblich; ſchwankend bileb ihre Erblichkeit, 
bis Karl IV. in der goldenen Bulle 1356 diefelden mit dem Beſitze ber Erzſtifter 
- 4 Surländer unabänderlic) verband. Dem zufolge waren bie drei geiflichen Kurs 


Erzbiſchof — Erzerum. 3 


rien E⸗Kanzler: nämlich Mainz in Germanien, Trier in Gallien und dem 
Kömigreicye Arelat, Köln in Italien. Der König und Kurfürft von Böhmen war 
WEcdent; E.⸗Truchſeß war Anfnge Kurpfalz, dann Kurbayern, und beide 
führten daher den Reichöapfel im Schilde. E.Marſchall war Kurfachfen, daher 
we frenziveifen Schwerter im Wappen; E.:-Kämmerer war Brandenburg, weß⸗ 
dalb dieſes ein Scepter im Wappen führte; E.⸗Schatz me iſter war Anfangs 
Kurpfalz, ſpäter Kunrbraunſchweig, das es mit Kurpfalz gemeinſchaftlich war. 
Us ſpäter Kurbayern 1706 in die Acht gerieth und Pfalz das E.⸗Truchſeßamt 
Riten übernahm, befam Braunfchweig das E.sfchagmeifteramt ; allein bald mußte, als 
daverns Achterflärung aufgehoben ward, Pfalz es wieder übernehmen, bis endlich 
1117 Pfalz, nad) Bayerns Ausfterben, definitiv das E.⸗Truchſeßamt übernahm u. 
a Hannover das EsSchapmeifteramt überließ, weßhalb fie die kaiſerliche Krone 
m Wappen führten. Bet ver Zurüdgabe follte Braunfchweig das C.⸗Pa⸗ 
aier (&.-Banner):Amt, mit bem SReichöbanner im Wappen und der Berbinds 
lichkeit, dem Kaiſer das Reichsbanner vorzutragen, bekommen; aber Sadyfen, das 
des Recht hatte, die Reichsfahne zu führen, u. der zeither mit dieſem Amte (eigentlid) 
bloß mit der Rennfahne, dem Zeichen, das in Deutfchland herumging, wenn 
an allgemeiner Reichskrieg oder ein Römer unternommen wurde, nicht aber mit 
dem eigentlichen Reichöbanner) belehnte Herzog von Württemberg fepten fidy da⸗ 
gegm und legterer nahm es, als er fpäter Kurfürft geworden war, wirklich als 
amt (ſ. d. Art. Katferfrönung). Für die neuen Kurfürften wurden 1803 
eine Menge G. in Vorſchlag gebracht, die bei der baldigen Auföfung des Reis 
ches nicht in's Leben traten. Auch für die Kaiferin gab es befonvere E.; fo war 
der Fürftabt zu Fulda EsKanzier, der Kürftabt zu Kempten E.Marſchall, 
ver Amt zu St. Marimin bei Trier E.Kapellan der Kaiſerin. 

Erzbiſchof, |. Metropolit. 

Erzerum, Erferum oder Arferum, 1) der Rame einer unmittelbaren ‘Bro: 
vinz (Ejalet) in ber aſtatiſchen Türke. Sie umfaßt einen Theil von Groß⸗Arme⸗ 
nien, prängt tm Norden an das Paſchalik Trebifond, im Nordoſten an das von 
Achalzit, im Dfien an das von Kars, im Süden an Diarbefir, im Welten 
an das von Sivas, und liegt zwifchen 56°-62° üftlicdher Länge und 38°— 
40 nörblider Breite, auf einem, 7000' über das Meer fidy erhebenden, fehr 
kalten und tm Sommer dürren, 1374 [J Meilen großen Hocdhlande, das von 
mehreren Bergketten, Kuttagh, Koptagh, Kıbbantagh, Rimrodtagh, Nlatagh, 
Öingöltagb und Ararat, ſaͤmmtliche mit ewigem Schnee bevedt und mit 
Gipteln bis zu 15,000 Fuß, durchichnitten wird. Die Hauptflüfle find: der 
Euphrat, Aras und Tſchorak. Wegen ver hohen Lage If das Klima ungemein 
raub, der Boden unfrudhtbar u. unergiebig; die Viehzucht dagegen, bei den vor: 
trefflichen Weiden, von großer Bedeutung. Hauptſächlich hat die Provinz ſchöne 
Pferde u. Rindvieh, dagegen aber audy reißende Thiere in Menge. Mit Induftrie 
und game befchäftigen fidy die Einwohner faft gar nicht, deren man gegen 
600, annimmt. Ste find größtentheild Armenier, außerdem noch Osmanen, 
Turkmanen, Kurden, Griechen und Juden. — 2) Die gleidynamige Hauptftadt des 
Cjalets, unter 38° 58' 8° öftlicher Länge, auf der oben angegebenen rauhen u. baum- 
loſen Ebene, unweit der Duellen des nördlichen Euphrats Armes liegend, von 
Emigen für die alte armeniſche Stadt Aziris gehalten, hat 60,000 Einwohner 
(andere Angaben fpredyen von 25,000 und 80,000), darunter nur 4—5000 Ats 
menier und faum 1,000 Griechen. &. ift eine wichtige Gränzfeflung gegen 
Perſten und Rußland von deſſen kaukaſtſchen Ländern her, Sig eined armer 
niſchen Patriarchen und eines griechifchen Biſchofs, fo wie eines Seriaskers, 
der als Beglerbeg den Oberbefehl über die Heeresmacht des ganzen Ejalets, fo 
wie über die Paſcha's von Kars, Bajazid, Wan, Muſch, Mofiul, Trapezunt u. 
den noch türfifchen Theil von Achalzik führte. Die Stadt hat 50 Mofcheen, dar: 
unter die Ulmaja, die allein 8,000 Menfchen in ihrem Chore faßt, mehre armes 
nifche Klöfter und 4 Kirchen; ferner bedeutende Kupfer-, Seide⸗, Baummwoll- und 

1 


4 Erzgebirge — Erziehung. 


Lederfabriken. Die Erzgerumerfäbel find als bie beften in ganz Kleinaſien u. Armes 
nien berühmt. E., das auf der Karawanenſtraße von Trapezunt nach dem inneren 
Afien liegt, treibt einen beveutenden Tranfit- u. Eigenhandel, ganz beſonders mit 
- Kupferwaaren, mit blanfen Waffen und Pelzwaaren, und vermittelt den ganzen 
Handel zwifchen Europa u. Trapezunt einerfeits, u. Kaukaſien, Perfien u. Inner 
aflen anbererjeits. Am 9. Juli 1829 ward E. von General Paskowitſch erobert, 
im $rieven von Morlanopel aber den Türken wieber zurüdgegeben. Ow. 
Erzgebirge (fächfifches), Gebir, 08, vom Fichtelgebirge bis zu den Sur 
deten fid) him iehend, größtentheil® tm Königreiche Sachfen liegend, wo es fich 
nur almällg abdacht, doch auch in Böhmen, mo es fell nledergeht; bat die 
Quellen der Mulde, Eifer, Pleiße, Bila u. a., if reich an Holz und edein und 
uneveln Metallen, Die höchften Spigen find: ver ſaͤchſifche Bichtelberg (3434 
oder 3731 Buß), der Keilberg (noch etwas höher), der Schneekopf (3313 $.), 
der Auersberg (2953 Buß Äser Wittenberg), der Pöhl-, Scheiben, Gre 
fenberg u. a. — Erzgebirgifcher Kreis, ſeit 1661 Kreis im Königreiche 
Sachſen, fünlih an Böhmen grängend, hatte mit Schönburg 8375 edlen, 
480,000 (515,000) Einwohner und if ehr gebirgig und reichlich bewäfjert (Durch 
die beiden Mulden mit ihren Nebenflüffen Iſchopau, Flöhe, Gablenz, Schwarz- 
waffer u. a. und durch die Pleiße), auf dem höheren Gebirge ziemlich rauh; man 
treibt weniger Getreidebau (doch guter Hafer) als Kartoffel: und neuerdings fehr 
begünftigten Flachsbau; die Wälder geben reichlich Holz und allerlei , 
Wildpretz die Berge find reich an Wheralien, vorzüglich Stiber, Eiſen, Zinn, 
Bid, Steinkohlen, Rob, Marmor, und der Bergbau, Hüttenweien und Hams 
merwerfe befchäftigen einen großen Theil der Einwohner. Der Kreis iſt zugleich 
der St vieler Induftrie, alo: der Epinnerel, des Spigenklöppelns, Petineinaͤhenö, 
der Kattun- und Blechtwaarenfabrifation u. |. w. Die Einwohner find meiſi Iu- 
derer Eonfefiton. In ihm liegen die Lande der Fürften von Schönburg (Als 
Reiten); er theilte ſich in 2 Kreis: u. 17 andere Aemter. Hauptſtädte: Frei⸗ 
und Chemnitz. — Seit der neuen Lanbeseintheilung Sadhjens im Jahre 
4 jehört der erzgebirgifche Kreis größtentheils zum Kreife Zwidau (beſonders 
der — Theil deſſelben); einige Aemter davon find auch den Kreiſen Dresden 
und Leipzig einverleibt worden. 
gapaßı, f. Bild gießerei. 
Erziehung heißt die Geſammtausbildung der phyſiſchen, geiſtigen u. moralis 
hen Anlagen des Menfchen. Hauptmomente biebet find: planmäßige Einwirkung 
des Erziehers, die Wahl der Umgebung und die Selbfthätigfeit des Zöglinge. 
Sie ift, fofern fie den ganzen Menfchen zum Gegenſtande hat, eine einige; doch 
unterfcyeidet die Praxis phyſiſche, geiftige und moralifche E, mit gewiſſen 
Unterabtheilungen, wie 5. B. zur moralifcyen bie eiihte und äfthetifche &. ges 
hört. Obfchon einer unendlichen Steigerung fähig, fol fie doch fchon auf der 
unterften Suufe vor Allem eine freng geregelte und planmäßige feyn; die Art u. 
Weife modifizirt fich freitich immer nah den Prinzipien Derer, die die €. leiten, 
und es laſſen ſich hier um fo weniger beftimmte Regeln angeben, als gerade über 
diefe Prinzipien der Streit gegenwärtig am heftigſten zu entbrennen fcheint. Das 
iſt jedoch nicht in Abrede zu flellen Cbet aller fonftigen Verſchledenheit der An⸗ 
fihten), daß die Natur gleichfehr, wie die Erfahrung, hier zu Rathe zu ziehen ift, 
und nur mit hinlänglicher Beobachtung diefer auch ver ficherfte und richtigfte Weg, 
der bet der €. eingefchlagen werden muß, gefunden werben fann. ‚wie 
Erfahrung, werden aber ald das intenfiofte und weſenhafteſte Bildungsmittel die 
Religion — das überfinnliche Band — anerkennen müffen, u. zwar fo, daß dieſe 
nicht ein befonveres Fach ausmacht, fondern alle übrigen Bildungselemente durch⸗ 
dringt und ihnen des Geiſtes Weihe aufprüdt. Man vergl. übrigens die Artikel 
Bildung und Pädagogif. — Die Erztehungsliteratur if fehr reich. Wir 
führen als die beveutendften Schriftfieller, die über &. fchrieben, an: Richter, Ries 


Erzmünzen — Eſche. 5 


Eger, Graſer, Schwarz, Hergenröther, Milde, Beneke, Heinroth, Baſedow, Peſta⸗ 
st, Arndt, Bödh, Stuve, Stephani, Gutsmuths, Raumer, Dieſterweg u. m. A. 

Cramünzen beißen antife, meiſt roͤmiſche, Münzen aus einem geringeren, ge⸗ 
iſchten Metalle. Der Farbe nad) unterfcheinet man Gelber; (auch Korin- 
ifhe® Erz), Blaßerz (Blodengut) und Weißerz; dann der Größe nach: 
leinerz (von Grofchengröße, wahrfcheinlich Noihmuͤnzen), Mittelerz (von 
bis 4 Größe, eigentlidh Geld) und Großerzmünzen (4 bis Guldengröße, 
ihrſcheinlich Schaumünzen). Sie kommen am häuflgfien aus dem 3. und 4. 
ihrbunderte vor. 

Eſan, der erfigeborene Sohn Iſaak's und der Rebekka, röthlich und raub, 
w Jäger und Ackersmann, weßhalb der Bater ihn ſehr liebte (1. Mof. 15, 
—28.). Er verfaufte fein Erſtgeburtsrecht an feinen Bruder Jakob um ein 
afen gericht; daher der Name Edom (der Rothe) (Bergl. 29 — 34.. Durd) 
»e Bermählung mit zwei Töchtern der Heiden, im 40. Jahre, zum Hetze 
> jeiner Mutter, verrieth er feine Gleichgültigkeit gegen die wahre Religion 
„26, 34. 35. 8.36, 2. 3.). Später nahm er noch Maheleth, die Tochter Jo⸗ 
aels, feined Berrvandten, zur rau, feinem Bater zu Gefallen. Rebekka liebte 
ehr deſſen Bruder Jakob und brachte daher jenen durch Lift um das Recht 
r Erfigeburt und um den väterlidyen Segen zu Gunſten Jakobs (f. d.); 
ch ertheilte Iſaak dem E. ebenfalld einen Segen. €. haßte baher ven Jakob u. 
ıchtete ihm nach dem Leben, verfühnte ſich aber fpäter mit dem Bruder. Sein 
raralter war on und finnlich, doch dabei auch gutmüthig. Bon dem Tode 
6 meldet und die Schrift Nichts, zählt uns aber defien zahlreiche Nachkommen⸗ 
aft (Geneſ. 36,:1—5. 1. Chron. 1, 35.) auf. Selbige find: die Edomiten oder 
yomiten, auch Idumäer (die Rothen), audy die Kinder &.8 genannt, die 
h auf dem Gebirge Seir nieberließen und die Horrhiter vertrieben. Der Name 
. ſteht auch für das Bolf, deſſen Stammvater er war. Zwifchen den Edomiten 
id Siraeliten herrfchte fein bruͤderliches Verhaͤltniß. Jene wurden fpäter erklärte 
inde der legtern und baher von ven Propheten mit göttlichen Strafgerichten 
droht, die durdy die Makkabäer vollzogen wurden (f. 1. Maffab. 5, 3. 65.). 

Escadre, |. Geſchwader. 

Escadron oder Schwadron, eine Unterabtheilung der Reiterregimenter, daß, 
ad beim Yußvolfe die Compagnie if. Ihre Stärke beträgt 100 bis höchftens 
0 Bferbe, fo 5. B. bei der preußifchen Armee 150, bei der bayerifchen 120. 
et den Franzoſen machen 4 Pelotons eine E. aus. 

Escalade nennt man bie keitererfleigung, oder den gewaltfamen Angriff eines 
feftigten Ortes, einer Feſtung, Mauer, Bruftwehr ıc. durch Erfteigen derfelben. 
a die Bruftwehr einer Verſchanzung zu erfleigen, oder bei einer halben Verklei⸗ 
ng des Walles einer Feſtung von 6 Fuß Höhe, bedarf man Feiner Leitern, weil 
7 die zum Angriffe beftimmten Soldaten wechfelfeitig einander hinauf helfen 
nen ; find aber hohe Stadt: oder Feflungsmauern da, fo muß man Sturm- 
tern haben. Die E.n finden jest feltener flatt; die neueften find die der Gita- 
le von Antwerpen (1832) und die von Gonftantine (1837), beide durch die 
anzojen ausgeführt. 

Escarpe nennt man in der Fortification die Innere Böfchung des Grabeng, 
ıf welcher der Wall liegt. Man mauert fie gewöhnlich, um fie unerfteigbar zu ma⸗ 
en. Auch begreift man unter E. die ganze Fläche der Werfe auf der Innern 
eite des Grabens. 

Eſche (Fraxinus), aus der Familie der Laubhölzer (Cementaceen). Bemer⸗ 
ıöwerthe Arten find: a) die gemeine E. (fraxinus excelsior), ein ſchnellwũch⸗ 
cr Baum von 8O— 100’ Söhe u. 2' Die in 80 Jahren; er wird 200 Jahre 
t. Knospen: groß, vierfantig, ſchwarz. Blüthen: fchlaffe Trauben oder Ris- 
n obne Keldy und Krone; Ylügelfrudyt reift im October; Blätter :. ungleichpaa- 
) gettedert, aus 7—13 lanzettförmigen, zugefpigten, gefügten Blättchen beftehend. 
ol: hart, bauerhaft, fehr zäh, weiß, gelblidy und flammig. Rortetäten fommen 


6 Eigenbed — Eſqenburs. . 


9 vor. Heimarb: ganz Europa DIE zum 60. und 62. Grabe. Standort: ed, 
frifcyer, feuchter, mit vieler Dammerde vermifchter Boden in niebrigen Gegenden 
Das Holz; wird befonders von Wagnern, audy Tiſchlern und Drechslern verar 
beitet ; die Aſche liefert viel Potaſche; Das Laub dient zu Biebfutter; b) Bir, 
meneiche (f. orsus), Baum 20 — 30 Fuß hoch, hat im Ganzen das Anſehe 
der vorigen Urt. Heimaih: Stalin und Süd⸗Europa, in Teutfchland nur E: 
Krain. Das Holz: wird dem ber gemeinen Eiche gleich gefcdyägt. c) Rundblät 
terige €. (£ rotandifolia), der vorigen äbnlich, im Orient und in Italien. Ber 
beiren wird das Wanna ıf.d.) erbalten. d) Langgeſpitzte E. (f. acuminate); 
in Garelina und 2irginien; e) Earolinifche €. (f. caroliniana), in Carolint 
beimifdy; beide dauern audy in Deutichland gut aus u. werden zu einem hober 
und ſtarken Baume, der ein feed, zäbes, fchweres, weißes Holz gibt. | 
Eſchenbach, Wolfram r., aus dem Norbgau (Franken), lebte um 1105 
am Hofe Hermanns von Thüringen, iR um 1228 geforben und in @., zwiſchen 
Dinfeletübl umd Nürnberg, begraben. Er war, wie es fcheint, Durch Geburt m. 
Erbe ſchon Hausberr, obgleich dürftig, um» legte auf feine Ritterfchaft mehr Werth, 
al® auf den durch die Werke jeined Geiſtes erlangıen Rubm Berübmter 
jeine großen epiſchen Gedichte, als durch feine Minneliever, iR Wolfram durch bie 
Menge der ibm font noch zugeichriebenen Werke jeiner Fortieger, Bearbeiter u 
Rachahmer, ſo wie durch die Eage vom Krieg auf der Wartburg, felber faR en 
Held der Dichtung geworden. Der Dichter fcheint mit der Kirche in guten Ber: 
nehmen geblieben zu fern, ja, eber die volle Gewalt des Bapfted (im Kampfe wit 
ven Hobenflaufen) anerfannt, al® irgend daran gezweifelt zu baben. Seine Lie 
der baben einen funftreidhen Bau, der ded Dichters Meiſterſchaft auch in vieler 
Hinficht bewäbrt. Eeine berübmteften eriichen Erzengniſſe And: Barıival, Ti- 
turel, Willebam ron Dranie, in denen fidh ein großartiger Dichtergeiſt 
ausipriht. Seine Werke gab K. Lachmann beraus, Berlin 1833, 8.; in6 Neu⸗ 
hochreurfche überfeg: von San⸗Marte, —— 1339—41. 2 Bde. Bel. noch 
Muſenm für alıdentiche Literamr und Kun Bd. 1 und beionder6 H. v. d. Ha⸗ 
gen Minnefinger Od. 4, S. 192— 229. x. 
Eſchenburg, Jobann Joachim, geboren ven 7. December 1743 zu 
Hamburg, war der Eobn eines woblbabenden Kaufmanns. Im Jobanneum 
feiner Baterſtadt erbielt er jeine Vorbildung, befuchte 1762 das Gymnaſtum 
unter Büſchmg und Reimer, und beaog 1764 vie Univerfitär Leipzig, wo er drei 
Zabte lange die Borleiungen von Grnefi, Geller, Morus und m. WU befudhte, 
aud) mit Beine, Zellifoter, Engel, Garve freundſchaftlichen Umgang pflog. 
Auf ver liniverfität Gortingen 176° machte er die Belanntichaft mit dem un- 
lüflichen Sebne des Abis Feruialem. Nach Braunidyweig an das dertige 
arelinum fam er bieranf als Hormeiiter und hielt ven Söhnen aus angejchenen 
Familien Berleiungen über Literatur-Geſchichte und ichöne Wiſſenſchaften 1777 
Rarb Zachariä, und E. erbielt deſſen Profenur. Archäologie, Motbologie, Kunft- 
eichichee, Theorie der ichenen Künfke, zog er im den Bereich feiner Borleiungen. 
Junge Gnglänver unterrichtete er im ter deutichen Epradie. 1786 zum berzog- 
lich braunichweigtichen Heftatbe ernannt, erbielt er am Eoriaflifte ein Kanontkat, 
1737 befagte ex Ach mit der Herautgabe des öffentlichen Anzeigers und braun- 
Ibweizgucden Magauns, und erbielt das Direktorat über das braunſchweigiſche 
Intelligennveien Bon mehren gelebrten Geſellich aften, der au Livorne, Amfterdam, 
Lerren, war er correipondixendeẽe Mitglied u. Ritter des Sueinbenordens : er Rarb am 
29 Februar 1820. nachden er 3 Jabre zuvor jein 50jäbriges Amtdiubiläum ge- 
feiert Due. Sem unbeirittmes Beardimk beſtebt darin, durch Aleberiegung vor⸗ 
zäglicher enzisicher Schriftſteler ım Fache der Weßberif deren Belunntichaft für 
Dertichland vermittelt au baben, ıB. von Bromn, Webb, Vrikioy u. dem Badifchen 
Muieum. Aanalen der brirtichen &treramr. Eben io rerfaßte er lleberiegungen 
eder Aufzüge von engliiben Lirerarurmwerken; verſuchte Ad in ber Lieberießung 
sen Ebafeiyear 6 Echanipickn, nachdem vie Wiclanriäe uiäg welratet wech, u 





| 


Efgenmayer — Eifer. 7 


12 Bänden, 1775—77. Neue Auflage 1798— 1806. Zwar if diefe Ueberſegung 
in Brofa, ziemlid, frei und dem Driginal fidy nicht treu anſchmiegend; allein ee 
werde dadurch doch zuerft mit richtigem Scharfblide die Aufmerkſamkeit auf biejen 
leitijchen Dichtergenius gerichtet u. er glüdlicy gegen Boltaire'® Schmähungen in 
Ehug genommen. „Bertucy über Ehafefpeare'd Genie u. Schriften in Vergleich 





; 8 den dramatiichen Dichtern der Griechen und Franzoſen. Lpz. 1771; bald 


weauf: Leber William Shafesipeare 1787. N. A. 1806. Seine Borliebe für 
wieien englifchen Dramatifer bieß ihn die vielfachften literariſchen Berbinbungen 
ulsüpfen und feine Bibliothek mit 400 Bänden für deſſen Erläuterung berel en. 
Die Borlefungen, welche er in Braunfchweig hielt, machte er durch ck einem 
—— Publikum zugänglich: Entwurf einer Theorie und Literatur der fchönen 
iſſenſchaften 1783. Mit einer Deifpielfammlung von 8 Bänden 1788-98. — 
budy der clafflichen Literatur; 1783 auch Ind Franzöſtſche und Dänifche 
et. — Lehrbuch der Wiſſenſchaftskunde 1792. — Die Denkmäler altdeuts 
fer Dichtkunſt (1799) find werthvoll wegen der alten poetifcyen Literatur ber 
Dentſchen. Durch Berbeutfhung ausländischer dramatiicher Werke von Frank⸗ 
seh und Stalien fucdhte er der deutfchen Bühne Auffchwung zu geben: 3. B. 
Boltaire’8 Faire; freie Bearbeitung von sposa fidele: Triumph der Treue; einige 
Operetten nady Marmontel, Sebaine ıc. Bon feinen Gedichten, meiſt Sinnges 
bichte und religiöfe Lieder, verbient nur die Slegie am Sarge feiner früh verſtor⸗ 
benen To als gelungen bezeichnet zu werden. Er veranftaltete cine Samm- 
Iung auderlefener Stüde der beften beutfchen Dichter von Opiz bis auf bie genen 
wärtige Zeit in 3 Bänden 1773 und beforgte die Herausgabe von Leſſings Bries 
fen antiquarifchen Inhalts 1793, Zachariä's hinterlaffenen Echriften, Eberts Epi⸗ 
fein, Hagedorn poetifhen Werten, Hurds Commentar von Horaz Brief an 
die Piſonen, 2 Bände 1772. Cm. 
Eichenmayer, Chriſtoph Adolph v., Philofoph und Raturforfcher, ges 
boten 1770 zu Neuenbürg in Württemberg, feit 1811 (früher war er Phyfl 6 
zu Sulz und Kirchheim) a. o. Profeſſor der Medizin und fpäter ordentl. Prof. 
der Philofophie zu Tübingen, legte aber 1836 fein Amt nieder und privatifirt 
feitdem zu Kirchheim unter Ted. E. ift ein Geifteöverwandter von Juſt. Kerner, 
und ſieht nody mehr Geifter, ald vieler. Die Grfcheinungen der Seberin von 
Prevorſt (j. d.) fuchte er Ara zu erflären. Bon feinen Schriften führen 
wir an: „die PBhilofophie in ihrem rbergange zur Nichtphiloſophie“ (Erl. 1803); 
‚Der Eremit und der Fremdling“ (ebend. 1805); „Pſychologie“ (Stuttg. 1817, 
2. Aufl. 1822); „Eyſtem der Moralphilofophie* (Stuttg. 1818); „Religions: 
philoſophie“ (Tüb. 1818—24, 3 Thle.); „Normalrecht“ (Stuttg. 1819); „My⸗ 
ferien des inneren Lebens, erläutert aus der Gefchichte der Seherin von Prevorſt“ 
(Tũb. 1830); „Weber die Abfchaffung der Todesſtrafe“ (ebend. 1831); „Grund⸗ 
riß der Raturphilofophie” (ebend. 1832); „die Allopathie u. Homdopathie* (ebend. 
1834); „Die Hegel'ſche Religionsphilofophie verglichen mit dem chriſtl. Prinzip“ 
(ebend. 1834); „der Iſchariotismus unferer Tage” (Cebend. 1835). Mit Kiefer 
u. Raffe gab er ein Archiv für den thierlichen Magnetismus (Lpz., fpäter Halle 
1817—24, 12 Bände) heraus. 
Eſcher 1) (Johann Kafpar), ſchweizeriſcher Staatsmann, geboren 15. 
Februar 1678 in Züri, ward Mitglied des großen und Heinen Rathes, 1717 
Landvogt zu Kyburg u. 1740 Bürgermeifter. Um feinen Canton machte er fidy 
vorzüglich durch Hebung des Schulwefens u. Berbefferung der Rechtspflege, um 
die gefammte Schweiz durch Bermittelung in den Kämpfen zwifchen der Fathol. 
u. reformirten &idgenoffenfchaft u. in den Unruhen in Bünden, Appenzell u. Genf 
verdient. Er farb 23. December 1762, in der Schweiz und im Auslande hoch: 
ehrt. Bon ihm ift die „Gründliche Information von den Toggenburger Frei⸗ 
beiten u. Gerechtigkeiten“ (Züri 1713); feine „Bemerkungen über die Regierun 
der Grafſchaft Kyburg“ wurden im Archiv für (öneheride Geſchichte (Züri 
1846) abgedrudt. — 2) E. Johann Konrad, von der Linth, ausgezeichneter 


8 | Eſch erny — Eſchke. 


fchweizerifcher Staatsmann u. Raturforfcher , geboren 24. Aug. 1767 in Zuͤrich, 
verfprach in feiner Schulzeit nicht viel und eitiwidelte fi) langſam, brach aber 
mit eifernem Fleiße durch. Schon vor der helvetifchen Revolution 1798 faß er 
im Rathe feines Heimathcantons. In den nachfolgenden flürmifchen Zeiten beflets 
bete er wichtige Stellen bei der belvetifchen Aegierung zu Bern u. war einer ber 
Wenigen, die ihre Baterlandsliebe in den ſchwierigſten Zelten rein und fledenlos 
erhielten. Durch die Mediation (1803) ward er Staatsrath des Cantons Züridh 
u, blieb es bis zu feinem Tode 9. März 1823. Unfterblidy hat er feinen Kamen 
durch die Linthkorrektion (ſ. d.) gemacht, durch welche eine ganz verfumpfte, un- 
gefunde Gegend in fruchtbares Land verwandelt u. dem Landbau und Gewerbö- 
fletße gewonnen wurde. Schon 1792 faßte er den Entſchluß, an die Verwirkli⸗ 
hung feines Planes alle Kräfte feines Lebens zu wenden; ſchon damals machte 
er in einer Dentichrift auf den jammervollen Zuftand des Linthihaled aufmerk- 
fam; aber die Stürme ver helvetiichen Revolution binderten die Ausführung. Er 
1807 nahm fidh die Sagfahung ber Sache an u. E. wurde Direktor des großen 
Unternehmens, das er mit fiht und Thätigkeit 1822 zu Ende führte. Zum 
ehrenvollen Andenken erhielt er für fi) u. feine Nachkommen von der Tagfakung den 
Beinamen „von der Linth.“ Aber audy an andern gemeinnügtgen Unternehmungen 
nahm er thätigen Antheil, wie er denn mehre Denkſchriften über Sicherheitgmaß- 
regeln gegen Bergfchlipfe, Gletſcherausdehnung ıc. veröffentlichte. Seine naturs 
biorif en, meiſtens die Geognofle betreffenden Abhandlungen, eine Frucht feiner 
alljährlichen Alpenreiſen und reichen Beobachtungen, erfchlenen zerfireut in Zeit- 
[oriten. — 3) €, Heinrich, ſchweizeriſcher Geſchichtsforſcher, geboren 1781 
n Zürich, ſeit 1806 Profefior der Gefchichte dafelbft, hat durch das „Archiv für 
ſchweizeriſche Geſchichte u. Landeskunde” (3 Bpe., Zürich 1827—30), und feine 
einzeln gebrudten u. in Zeitfchriften u. Sammelwerken zerfireuten Monographien 
u. A., in Beiträge zur Erſch⸗Gruber'ſchen Realencyclopädie, Materialien für 
die Sefchichte feines Baterlandes geliefert. Setne, einer frühern Periode angehörts 
gen, polemifchen Schriften: „vie Jefuiten im Berhältniffe zu Staat und Kirche“ 
(Zürich 1819), „bie arlanifchen Brüderfchaften der Jeſuiten und die Conven⸗ 
tikel der Herrenhuter“ (ebendaſelbſt 1822) find jegt faft vergefien und das mit 
vollem Rechte. L. 
Efherny, Franc. Louis, Graf dv, Freund Rouſſeau's, geb. 1733 zu 
Reufchatel, wurde fromm erzogen und warf fich erft fpäter (24 Jahre alt) mit 
lühendem Eifer auf die humaniſtiſchen Studien. Er zog ſich in den Jura vier 
ahre lange zurüd, nur feinen Studien lebend; dann aber warf er fich mit eben 
—F Haſt wieder dem Leben in die Arme u. wiederholte dieſen Wechſel öfter. 

Wien war er bei Hofe willkommen und des Miniſters Kaunitz Freund; in 
Potsdam, wo ihn d'Alembert empfohlen hatte, war er beim Könige beliebt u. des 
Minifters Herzberg genauer Kreund. Auch Katharina I. war ihm fehr gewo⸗ 
gen. Rouſſeau's Belanntfchaft machte er in feiner Zurüdgezogenheit auf dem 

ra u. blieb defien Freund bis zu feinem Tode. Er farb 1815. Bon feinen 
Schriften nennen wir: »Le Moi humain ou de l’&goisme et de la vertus; 
feine »Correspondance d’un habitant de Paris avec ses smis de Suisse et 
d’Angleterre sur les ö&vönements de 1789, 1790 e& jusq’au mois d’avril 1791« 
(Barıs 1791); »De l’egalit6ö ou principes gönsraux sur les institutions civiles, 
politiques et religieuses“* (Paris 1796); „‚Melanges de littörature, d’histoire, de 
morale et de philosophie“ (3 Bde, Paris 1811). Seine „Lobrede auf Roufs 
ſeau“ — er fudht darin die Widerſprüche in Rouſſeau's Charakter zu rechtferti⸗ 
gen — hat Schelle (Lpz. 1799) ins Deutfche überfekt. 

Efchke, Ernft Adolph, geb. 1766 zu Meißen, trieb fchon auf der Univer⸗ 
tät zu Wittenberg (1782) und Leipzig mit Vorliebe Päpagogif und faßte beim 
Beſuche des Taubftummeninfitutes in Wien Neigung zu diefem Unterrichte, dem 
er fi) dann, angeregt durch Heinide, in Berlin widmete. Sein Inftitut warb 

1797 ga einem Töntglidyen erhoben, als deſſen Director er 1811 farb. Er fchrieb: 


Eſchſcholz — Efeobar. 9 


[BG Bud, für Taubfiumme* (Berl. 1803, 4. Aufl. 1811); „Dad Taubſtum⸗ 
minfitut au verug (2. Aufl., Berl. 1811); „Mythologiſche Vorleſungen für 
amen“ ( 1806). 

Eſchſcholz, Joh. Kriedr., geb. 1793 zu Dorpat, wo er fidh der Arznei⸗ 
ſſenſchaft widmete, nahm 1815 — 18 u. 1823 — 26 als Arzt an den v. Kotze⸗ 
eſchen Entdedungsreiſen Theil, warb nach feiner erfien Rüdtehr Profefior der 
edizin u. Direktor des zoologifchen Cabinets zu Dorpat u. farb daſelbſt 1831. 
: fhrieb: „Ideen zur Aneinanderreifung ver rüdgräthigen Thiere“ (Dorpat 
19); „Entomographien“ (Berl. 1823); „Syftem der Afalephen“ (ebend. 1829); 
Joologifcher Atlas” (ebend. 1829—33, 5 Hefte). Die Ergebniffe feiner Reifes 
chungen finden fidy im 2. u. 3. Bde. der Entdedungsreife in die Südſee und 
ch der Beringöfttaße von D. v. Kobebue (Weimar 1821). ine Ueberſicht 
t zoologifchen Ausbeute lieferte er in Kotzebue's „Neue Reife um vie Welt“ 
Beimar u. Peteröburg 1830). 

Eſchwege, Wilh. Ludw. von, geb. 1777 im Hefftfchen, ſtudirte in Goͤt⸗ 
ıgen u. Marburg Bergmannswifienfchaft u. trat 1803 in portugiefifcdye Dienſte. 
achdem er 1808 gegen die Franzoſen gefochten, warb er 1810 in Brafilien 
Yajor beim Ingenieurcorps, Direktor des Mineraliencabinetd u. 1817 der Gold» 
rawerfe. Die brafilianifche Revolution vertrieb ihn nach Deutfchland; aber 
von 1823 ging er als Oberberghauptmann u. Oberfi nach Portugal, welches 
unter Dom Miguel abermals verließ (1830), um 1834 zurüdzufehren. In⸗ 
ignen nötbigten ihn indeß, die Stelle eined Oberberghauptmanns niebderzulegen. 
e fchrieb „Braftlien" (2 Bde, Braunfchw. 1822 ff.); „Beiträge zur Gebirgs⸗ 
nde Brafiliens“ (Berl. 1832); „Muto Brasil.“ (ebend. 1833); „Portugal“ 
3d. 1. Hamb. 1837). 

Efcobar, 1) Antony Mendoza, fpanifcher Jeſuit, geboren zu Ballados 
d, trat, 15 Jahre alt, 1604 in den Jefuitenorden, zeichnete ſich als Stanzelrenner 
16, indem er 50 Jahre die Kaftenprebigten mit Salbung u. Kraft hielt ; dabei befuchte 
, unermüdet in Belehrung der verflodten Sünder, die Gefängniffe zu dieſem Behufe 
Big. Familienzwiſte beizulegen u. erbitterte Keinpfchaften auszuföhnen ließ er fidy 
tig angelegen feyn. Er farb 4. Jul. 1669. Sein Wandel galt als untadelhaft. 
tellen aus feinen Schriften wurden frühzeitig verfälfcht, u. viele andere, welche vom 
eſichtspunkte des wiffenfchaftlichen Probabilismus beurthellt feyn wollen, unges 
chter Mißdeutung Preis gegeben, wie fich dieß auch Pascal in feinen Provinzial⸗ 
tefen au Schulden fommen läßt. Allerdings gibt fi E. auch manche Blößen z. B. 
den Bunften vom Faſten, der leitenden Abficht, Wucher u. dgl. m. Seine Di- 
netionen find oft zu fubtil, feine Concluſionen dunfel: allein in der Haupts 
he ift feine Moral, wie nachfichtig fie in manchen Beziehungen ſeyn mag, fletd 
uter u. gewiſſenhaft, und in der Durchbildung der Caſuiſtik hat er fich weſent⸗ 
he Berdienfte erworben. Hiefür zeugen ſchon die vielfachen Auflagen der Theol. 
oral, 7 Yolio-Bde.; erlebte AO Auflagen. — Examen y pratica des confessores 
urde 39 Mal aufgelegt. Summula conscientiae casuum. 1626. Was in der 
ıeol. mor. nur angedeutet, wurde mehr ausgeführt in Univers. theol. mor. 
cept. sent., 7 Bde. %ol. 663. Commentar in Evang. Sanctorum et temporis 

. moral. illustr. 6 %0[. annot. in Joan. VI. de arcano Eucharistiae Com- 
ent. in V. et N. Test. Lyon 1652. De vita Christi — Histor. Virg. Deipar. 
ämmtliche Werfe umfaffen 42 Folio-Bände. — 2) E. Bartholomäus, ge 
ren 1561 zu Sevilla aus adeligem Gefchledhte, trat 1580 in die Gefellfchaft 
fu, ging als Miffionär nad) Amerifa und opferte für die folgenreiche Ausbrei⸗ 
ng des fatholifchen Glaubens dortfelbft fein beträchtliches Erbgut. Er ftarb 
April 1624 zu Lima in Peru. Ginige Bände Aovent-, 5 Yaftenpredigten, 3 
rmo de historiis sacr. script. et de conceptione Beat. Virg. find und noch 
n ihm erhalten (Paris 1624). — 3) E., Jacob, aus Cudad Rodrigo, wo 
Advokat u. zugleich Lehrer des Rechts war, einige Zeit Profeſſor an der Univer⸗ 
4 DJuna, erlangte Berühmtheit durch feine Tochter Marina dVEſtobox, ars 


w —R0 


boren 8. Febtnat 1554 zu Bahledo&d, welche im Rufe großer Heiligkeit ſand. 
Ihre Mutter war die Tochter ded Neiparztes Karl V. Margaretha Montana 
von Montferrat. Marina verfuchte die Umgeftaltung des BrigittensOrbens, und ' 
Papſt Urban VII. beftätigte die Reftauration. 50 Jahre lange von einer lang- 

wierigen Kranfheit heimgelucht, erprobte fie bewundernswertbe Geduld u. Stand⸗ 
haftigkeit. Sie ſtarb 9. Juli 1633. Ludwig de Ponte befchrieb ihr Leben; nach 
deſſen Tode wurde ihre Biographie vom Provinzial der Jefuiten, Franz Cachupin, 
1664 herausgegeben, unter dem Titel: Des la Puente la primera parte de la 
maraviullosa vida de Donna Marina de Escobar, de los extraordinarios cani- 
mos eto. — 4) E. Beter, in der LiteratursGefchichte durch eine poetifche Be⸗ 
fhreibung feiner Reife nach dem gelobten Lande fi im Andenken erhaltend: De : 
la terra Santa y grandezzes de Egypu. Can - 

Ebcoiquiz, Don Juan, geb. 1762 in Ravarra, ward Page, trat fpäter 
in den geiftlichen Stand, wurde Kanonicus zu Saragoffa u. Lehrer u. Bertrau- : 
ter des Bringen von Afturien, nachmaligen Königs Ferdinand VII. Wegen freier - 
Heußerungen gegen Karl IV., eigentlich aber wegen feinpfellger Geflmmung gegen 
den —— * Godoy 1798 nach Toledo verwieſen, blieb er doch mit den 
Prinzen in geheimer Verbindung u. bewirkte deſſen Entſchluß, ſich gegen ſeinen 
Bater zu empoͤren; ja, er ſcheint mit dem Herzoge von Infantado an der Spitze 
der damals (1808) gegen Karl IV. gebilveten Verſchwörung geflanben u haben. 
Sm Jahre 1807 kam er nad) Madrid zurüd, und der neue König Ferdinand er: 
bob ihn zum Staaterathe, als welcher er dem Könige nad) Bayonne zu der bes 
rühmten Zufammenfunft mit Rapoleon folgte. Nach der Fefinahme ded Könige 
ſuchte E. Napoleon von feinen ‘Planen abzubringen ; feine Berbannung nach 
Bourged (1810) war die Folge. Das Jahr 1814 führte ihn zwar ebenfo, wie den 
König, zurüd, allein bald verfiel er in Ungnabe u. ftarb 1820 im Exil zu Ronda. 
Wichtig if feine Auseinanderſetzung der Bründe, weßhalb Ferdinand nad) Bayonne 
sing (1808, framı. Bar. 1826). 

Escorte heißt die Bedeckung von Kourieren, einem Transporte Gefangener, 
einer Zufuhr, einem Artillerieparfe u. f. w. 

Escurial ift eigentlich der Name eined Fleckens oder einer Billa (mit etwa 
2000 €.) in der fpanifchen Provinz Eegovia, am fünlichen Abhange des Gua- 
baramagebirgs, 54 M. von Madrid. ES befindet ſich daſelbſt ein prächtiges 
Klofter für die fpantfchen Hieronymitenmöndye, das vom Könige Philipp IL. in 
Folge eined Gelübdes nad) dem Siege über die Franzoſen bei &. Duentin am 
10. Auguft 1557, am Feſttage des heiligen Laurentius, 1563 — 1584 mit einem 
Aufwande von 23,673,575 fl. gebaut worden. Es enthält 17 Abtheilungen, 22 
grobe Höfe, 11,000 Zenfler, 890 Thüren, mehre Kirchen, worunter bie Haupts 
irche mit 24 Wltären, 8 Orgeln u. der Kapelle Pantheon unter dem Hochaltare, 
wo die fpantfchen Könige u. ihre Gemahlinnen, wenn fie dem Reiche Infanten 
gegeben haben, begraben werden, einem Seminarlum, 2 Bibliothefen mit 6000 
arabifchen u. ortentalifchen Handfchriften, antifen Münzen, Gemälden ıc. Das 
Klofter ift in der Form eines Roftes erbaut (weil der heilige Laurentius auf einem 
Roſte den Martertod erlitt); auch Roſte in Malerei, Hol, Stein und Mes 
tal find überall angebradyt. Der, den vandgriſ des Roſtes vorſtellende, Theil iſt 
das konigl. Schloß mit fchönen Gärten. — Gewöhnlich wird das Kloſter fchlechts 
bin €. (el Escurial) genannt, 

Esdras, Berfaffer zweier Bücher des alten Teftaments, war jübifcher Prie⸗ 
fler einige Zeit nad) der Juden Rüdfehr aus der Gefangenfchaft u. unter der Regie⸗ 
rung von Artazerres Longimanus. Nach der gewöhnlichen Annahme war er es, 
der alle Fanonifchen Bücher fammelte, deren Tert bereinigte, fie in 22 Bücher 
eintbeike, nad) der Anzahl der Buchftaben des hebräifchen Alphabetes. Die Ka- 
nontcität der beiden Bücher des E. iſt von der Synagoge und der Kirche aner- 
fannt; doch wird dad zweite derfelben dem Nehemias zugefchrieben.. Es eriftirt 
20 ein britte® und vierte Buch unter feinem Ramen vr& erkeru ariehhlicher 


RaSET >77 Wen) a 


* uur eine Zuſammenfaſſung der beiden es Witb war vom heftigen 
en ar Au — und —— rt = 
B en rian annt 
n Srehen — — halten ; vun a ve ‚sibt N "eine 
A befteht aus Bifionen a enthält Ei mer‘, 
Item andern Berfafler, als das 3, Fr und Aue Babe von einen 6 
in hümern befarigenen  Zuden, u. —* he ven Grie 
pottyph, betrachtet. Wenn e8 auch umpweifelhaft iſt viel yur Se 
8 en none vs gr — * 9 der am Repu & ae 
1, fo fdhreißt m ien Einfluß 
Die Yorker die Integrität Eulen des alten Teſta⸗ 
= d) jenen Annahmen foll er nicht Mur die Beiligen Schriften In 
tu. deren Terxt hergeftellt Haben,’ fondern auch der — 
der Reihenfolge der Bücher des alten Teſtaments feyn. Er 
viele Eremplare, als er nur Fonnte, und verglich fie, um bie 
*— der Kopiſten etwa eingeſchlichenen ee u un 
Berte ihn die —— Sure ge 
a en dieſen Kanon weder fein eigene ha) og 
uch ——— des Malachtas, bie sta N em ad m 
— =. nk dünkte Kr: 
"er —— it einander, fa er ne 86 
Küchen am che, * die 25 — üb, ie — 9 


die Keen 
t0ja u. Kim Dal ee ? 3 


’ ver Berfafler der beiten Bächer et u — en) 
es Buches Efther ſeyn; di det Jücher, —* 
ene de Kisten Be A rg welches 
6 zur Zeit de6 €; demnadh Tann derfelbe fie wenigftens nicht 
A ae und ferner müflen diefe Bücher aus demfelben Grunde er; iter in 
aufgenommen worden ſehn. Er fol die — heil. Sa ft dal 
en Beten“ niedergefchrieben haben u. auch ber Urheber der Bo! Ming bo 
iſchen Tertes ſeyn. — Alle diefe Annahmen Begrännen ſich indeffen lediglich 
‚er jũdiſchen Tradition, die aber feine Autorität fern rm mag vl fe, — 
etreff der vorliegenden Frage, mit vielen Fabeln untermen 
ıgabe des €. (ht fih nic In —* stehen, weil ie 4 hellem 
it gehört; allein feine Autorfi des Paralipomenos u. des 
N ia ich die jũdiſche un on, der wir dann auch glauben 5 daß 
6 Bus Baruch nicht in den Kanon aufgenommen u. ſ. ” Tra⸗ 
iſ aber erſt etwa Jahre nach dem Tode des E. nach der Entſtehung 
Shritentgumd niebergefchrieben worben; wollen wir ai ie ala leich vn 
Kanten (bie der SE "übrigens diefe Inſpiration ni zugeft ), die 
ration der großen Synagoge Auen fo konnen wir das Zengnig der 
In Tradition nicht ale gültig anneh men. Wir Fönnen zwar der Syna⸗ 
Beiftand Gottes zur Prüfung ber aeg ach —X des alten Te⸗ 
7 nicht abſprechen, muſſen aber bemerken, daß, ſelbſt wenn die Det 
Beiſtand nicht gehabt Hätte, wir doch an ber PH der hi —— 
es alten Bundes nicht zweifeln önnten. Denn Jefus — und 
ed ei haben die chriftl. Kirche Über den alten Kanon belehrt, u. wir bebürfen 
tert Bekanntiich wird auch mamigfach die —— an e 
* fet der eigentliche Verfaſſer des Pentateuchs. E. Fam aber erſt 73 Jahre 
—X (dicht aus der Gefangenſchaft unter Eyrus, aumter — des 
— aus Babylon nad Judäa; er war weder 


ohepriefter, n 
— * : wie iR e8 daher denfbar, Daß bie Teinedt Y4 
a sat hen Ipmen ganz unbelannte Belek; Sea, Tuiartni 


HE 


An 


10 Escoiquiʒ — Esbras. 


boren 8. Februar 1554 zu Valladolid, welche im Rufe großer Heiligkeit ſtand 
Ihre Mutter war die Tochter des Leibarztes Karls V. Margaretha Montana 
von Montferrat. Marina verfuchte die Umgeflaltung des BrigittensOrbens, und 
Papſt Urban VIII. beftätigte die Reftauration. 50 Jahre lange von einer lang» 
wierigen Krankheit heimgelucht, erprobte fie bewunvernswerthe Geduld u. Stand» 
baftigleit. Ste farb 9. Juli 1633. Ludwig de Ponte beichrieb ihr Leben; nadh 
defien Tode wurde ihre Biographie vom Provinzial der Jeſuiten, Franz Cachupin, 
1664 herausgegeben, unter dem Titel: Des la Puente la primera parte de la 
maraviullosa vida de Donna Marina de Escobar, de los extraordinarios ceni- 
mos eto. — 4) E. Peter, in der LiteratursGefchichte durch eine poetifche Be⸗ 
fhreibung feiner Reife nach dem gelobten Lande ſich im Andenken erhaltend: De 
la terra Santa y dezzas de Egypto. Cm. 

Escoiquiz, Don Juan, geb. 1762 in Navarra, ward Page, trat fpäter 
in den geiftlichen Stand, wurde Kanonicus zu Saragofla u. Lehrer u. Bertrau- 
ter des Bringen von Afturien, nachmaligen Königs Ferdinand VII. Wegen freier 
Aeußerungen gegen Karl IV., eigentlich aber wegen feinpfeliger Geſinnung gegen 
den Kriedensfürften Godoy 1798 nach Toledo verwielen, blieb er doch mit dem 
Prinzen in geheimer Berbindung u. bewirkte deſſen Entfchlug, ſich gegen feinen 
Bater zu empören; ja, er fcheint mit dem Herzoge von Infantado an der Spitze 
ber damals (1808) gegen Karl IV. gebilveten Verſchwörung geftanden gu haben. 
Im Jahre 1807 kam er nach Madrid zurüd, und ber neue König Ferdinand ers 
bob ihn zum Staatsrathe, als welcher er dem Könige nach Bayonne zu der be- 
rühmten Zufammenfunft mit Rapoleon folgte. Nach der Fefinahme des Könige 
fuchte E. Napoleon von feinen Planen abzubringen; feine Berbannung nad) 
Bourges (1810) war die Folge. Das Jahr 1814 führte ihn zwar ebenfo, wie den 
Köntg, zurüd, allein bald verfiel er in Ungnave u. ftarb 1820 im Exil zu Ronda. 
ra iſt feine Auseinanderfegung der Gründe, weßhalb Ferdinand nach Bayonne 
ging (1808, ran. Bar. 1826). 

Escorte heißt die Benedung von Kourieren, einem Transporte Gefangener, 
einer Zufuhr, einem Artillerieparke u. f. w. 

Escurial ift eigentlich der Name eines Fleckens oder einer Billa (mit etwa 
2000 E.) in der fpanifchen Provinz Eenovia, am ſüdlichen Abhange des Gua⸗ 
baramagebirgs, 54 M. von Madrid. Es befindet fidy daſelbſt ein prädhtiges 
Klofter jr die fpanifchen Hieronymitenmöndye, das vom Könige Philipp IL in 
Folge eined Geluͤbdes nad) dem Siege über die Franzofen bei St. Quentin am 
10. Auguft 1557, am Feſttage des heiligen Laurentius, 1563 — 1584 mit einem 
Aufwande von 23,673,575 fl. gebaut worden. Es enthält 17 Abtheilungen, 22 
grobe Höfe, 11,000 Fenſter, 890 Thüren, mehre Kirchen, worunter die Haupt: 
irche mit 24 Witären, 8 Orgeln u. der Kapelle Pantheon unter dem Hochaltare, 
wo die fpanifchen Könige u. ihre Gemahlinnen, wenn fie dem Reiche Infanten 
gegeben haben, begraben werben, einem Seminarium, 2 Bibliothefen mit 6000 
arabiichen u. orientalifchen Handfchriften, antifen Münzen, Gemälden ıc. Das 
Klofter ift in der Form eines Roftes erbaut (weil der heilige Laurentius auf einem 
Roſte den Martertod erlitt); auch Roſte in Malerei, Holz, Stein und Me 
tal find überall angebradht. Der, den Sander des Roſtes vorftellenve, Theil iſt 
das Hönigl. Schloß mit fchönen Gärten. — Gewoͤhnlich wird das Kloſter ſchlecht⸗ 
bin &. (el Escurial) genannt. 

Esdras, Berfafier zweier Bücher des alten Teflaments, war jüdiſcher Prie⸗ 
fer einige Zeit nach der Juden Rüdfehr aus der Gefangenſchaft u. unter der Regie: 
rung von Artazerred Longimanus. Nach der gewöhnlichen Annahme war er es, 
der alle Fanonifchen Bücher fammelte, deren Tert bereinigte, fie in 22 Bücher 
einthetlte, nady der Anzahl der Buchſtaben des hebrätfchen Alphabetes. Die Kas 
nonicität”der beiden Bücher des E. iſt von der Symagoge und der Kirche aners 
Bannt; doch wirb dad zweite derfelben dem Nehemtas zugefchrieben. Es exiſtirt 


und ein drittes umb vierte Buch unter feinem Ramen ; bes erſtern griechifcher 





55 Esktimoßsſ. 


—— Borlefingen feines Gönners Brugmann. Eine Beobachtung, die er 
m er 1817—18 an jungen ‘Pflanzen von Byrum annotinum auf ben 
Töpfen des Gewächshauſes machte, veranlaßte feine Abhandlung: „De propaga- 
tione muscorum commentatio“*, die ihm von der ohtlofophtfchen Fafultät in 
Erlangen das Ehrendiplom als Doctor der Philoſophie erwarb. Prinz Mar 
von wien übergab ihm fein merkwürbiges Herbarium brafiliantfdyer Pflanzen 
zur Unterfuchung. Als Spir und Martius von ihrer großen Reife zurüdgelehrt, 
wurde &. bei der Herausgabe der „Flora Brasiliae“ zur Theilnahme u. Beras 
thung eingeladen. Der ältere Bruder (ſ. 0.) erbat fid, zur DOrganifation des 
bortigen botanifchen Gartens feinen Bruder als Gehülfen, und die Anhänglichkeit 
zu demjelben bewog leßteren, feine vortheilhaftere Stellung in Belgien zu ver- 
lafien u. im Sommer 1819 als Inſpector des botaniſchen Gartens u. Repetent 
der Botanif nad) Bonn zu überfieveln. In Gemeinfchaft mit dem auögezeichneten 
Sartenfünftler Sinning vereinigten die Brüder ihre Sorgfalt für den berühmten 
®arten; beinahe 4000 Pflanzen umfaſſend, erfchien 1820 „Elenchus plantarum 
horti botan. Bonn.“; ferner dad Programm „De cinnamono disput, qua hor- 
tam medicum Bonn. feliciter instructum rite inauguraturi etc. Fratres Esenbecki 
cum tab. iconogr. 7.“ Ueber monftröfe Blüthen von Tropaeolum majus und 
Reseda Phytenma (Jahrbücher der Rhein. Univ. 1819, 1. Bd. 2.—3. Heft). 
Durch die ‘Differtation: „Radix plantaram mycetoidearum“ (1820) habilitirte er 
ſtch ald Privatvocent den 27. September 1819, u. brachte darin die organifche 
Gliederung des Pilzreiches finnreic, zur Anſchauung. Seine Borlefungen befaß- 
ten fid) mit pharmaceutifcher Botanik u. operativer Pharmacie im Labaratortum, 
befondere fr prattifche Aerzte, indem er fletd die Naturkunde mit Anwendung 
auf Medicin behandelte. 1822 außerorventlicher und 1827 orventllicher‘Brofeflor, 
wurde fein wifienfchaftlicher Eifer leider durch vielfache Kraͤnklichkeit getrübt, 
welche fein Freund Marquart zwar lindern, aber nicht völlig befeitigen konnte. 
Set 1823 richtete er feine Korfchungen auch auf die richtige Darftellung der 
wahren Mutterpflange mancher damals noch fehr zweifelhaften Arzneiſtoffe. “Die 
Reſultate diefer Forſchungen und 10jähriger Borlefungen gibt fein Handbuch der 
mediziniſch —— — Botanik, in Verbindung mit Ebermayer herausge⸗ 
geben, 3 Boe., 1830 — 32. — „Genera plantarum phanerogamicarum Germa- 
niae 1832“, wo alle Battungen der Zlora Deutſchlands mit getreuer Zeichnung 
u. einfady befchreibendem Terte nambaft gemacht find. Durch feinen früßzeitigen 
Tod wurde die Arbeit leider nicht von ihm zu Ende gebracht. Für Beflerung 
einer gefhwächten Gefunpheit gewährte der Beſuch des Kurortes Ems 1837 Feine 
inderung ; deßhalb fuchte er das milde Klima von Hyoͤres auf und wollte dort 
im fünlichen Frankreich den Winter aubringen in Begleitung feines Yreundes und 
ehemaligen Zuhörerd Dr. Ernſt. Allein die Krantheit war zu weit fortgefchrits 
ten; die umgenfhtoinbfucht entwidelte fidy in rafcher Schnelligkeit und er ſtarb 
daſelbſt am 12, Dezember 1837. E. war ein ehrenvolles Mitglied der meiften nas 
turwiſſenſchaftlichen Gefellichaften zu Wien, Paris, Grönningen, Yund, Frank⸗ 

furt, Breßburg, Batavla u. ü. m, Cm. 
Estimos (wörtlidh: Menſchen, die rohes Fleiſch efien), ein Vollsſtamm des 
nörblichen Amerika's, der den Küftenfaum am Bolarocean, Grönland u. die übri⸗ 
ge Inſeln dieſes Oceans bewohnt u. zwar weit verbreitet it, aber doch (jelbft 
dnland erechnet) wohl nicht mehr ala 30,000 Individuen umfaßt. Sie 
weichen in Bildung u. Habitus ganz von den übrigen Ureinwohnern Umerika's 
ab, ſtammen wahrſcheinlich von den Finnen, u. find vielleicht Stammverwanbte 
der Lappen, Samojeden u. der übrigen Bölfer des nördlichen Afiens, denen fie 
in breitfchulteriger Beftalt, in Farbe, in Größe u. Lebensart gleich fommen. Sie 
näbren ſich indeß weniger von der Jagd auf Landthiere, fondern melflend vom 
Fiſchfange, u. die Robbe iſt ihnen Das, was den Lappen u. Samojeven das Renn⸗ 
ehler. wifchen ihnen u. den Indianern herrfcht eine ewige Feindſchaft. Auf der 
We Brönlande und in Labrador iR der größere Theil zum Chriſtenthume 


—Q u 


| Bel vita gro (m Üinenpfiche gute Weſen 
** dere ‚nenn be —52— Ba — 
* — * —— 
3 —— a ame die an Selm 
—** Um Sie Bel eg 6 

h En ee — — ——— 
* 1 Site —— rest er 
Asp a Bon = Su’ führte, Marſchall Waffen ‚den a —* 
jom von Bas 

ed, Jofenhgitnhong, 1768 gu: lane 
euren; EEE De 


ee eh deu. bei ie he am Mercure de Franos,: Gr: 
Ar ber Bene 'teieie ne and ‚ I un 


—— 


a »Ferdinand — un D Cyan 1000; 41m 
griechifchen Eow, n nen; hinein; oder vielmehe: 
vm — — tin, 35 —— 23 zu 


note auch 


—— — ER 1 Lehren 


as) Ni — nolet 
J —6 Graf E., — —8 me si fern. a 
Franzofe von Geburt, nahm, mit fein Ali 
fpanifchen Porn anande * Do un warb bereitß 181 
aeral. Sa Korps enge Mannözucht, Bevnutenber fir 
bie Tranifee Berichte, rat er-1 2 — als er, von der Revolution aufeh, den 
—5 ven Plan u Sinfane tm Spanien ae und auf dem Gengreß zu 
ten der neuen fpantichen jterung aufdedte. Under 
— 








Bean J tt barbari r: der Gonf 

—* BEZ af Ense 
4839 von feinen eigenen ©ol t u. graufam — en 

35 und Füfe, mißhandelten ihn und tin in in die Segre — 


GEöparfett, Süßtiee (Onobryckis setiva), wird häufig ale Futter 
—* Kain, Mm dürten Boden, ® perennire A Tann 10 — 12 
Reben bleiben. "Die bunden, lam hama dornig gezaͤhnten und — 
en amenforn u. werden um eirca 
—— Don — a, Herzog 
4 Bund von Spanien ber, er n Glaffe, —— irn, war 172 m 
Granztula in der Provinz La Aunda, wo ein Bater ; jermann wat, ges 
für den geiflichen St Ge! Er verließ beufeien jedoch balb 
Das, faſt aus lauter hungen Theologen zufammengefepte, fogenannte ges 
ein, um gegen den. Feind des WBaterlandes, die Franzofen, im 
Nach einem kurzen deldzuge trat er in die anf der Infel Leon errichtete 
le, warb 1814 als Lieutenant zu 3a kan ne nad) Ballas 
vxild verfeht und nahm dann an ges den nlurgirten Io 
Imestta Wellen, Grperion Sic warb ex bereits Major u. errang 


gi 
5 





46 Espartero. 


von da an, ausgezeichnet durch hohen Muth, Kühnheit u. Entſchiedenheit, ai 
feine Grade mit der Spike des Degens. 1817 warb er auf dem Schla 
von Sapachui zum Opriftlieutenant beförvdert u. nahm, 1822 zum Oberften e 
nannt, thätigen Antheil an allen Milttäroperationen, befonders an dem G 
bei Torata, wo er zwei Wunden erhielt. Die Eapitulation von Ayacucho 1 
machte der Herrfchaft der Spanter in Amerifa ein Enve und fehte E.s Tchatı 
vorläufig ein Ziel Nach feiner Ruͤckkehr nad Spanien fam er ald Brigabi 
nad) Logronno in Garniſon. Das fpanifche Volt aber belegte ihn, wie al 
eine WBaffengenofien, mit dem Spitnamen der „Ayacuchos“, nad dem Di 
brer lebten Niederlage. Diefe Ayacuchos hielten feſt zufammen. Auf eine J 
lange in die Sarniton von Palma auf der Infel Mallorca gefandt, warb 
nach der Thronbefteigung der Königin Ifabella (1833) in dem bereit ausgebe 
chenen Bürgerfriege zum Generalcommandanten der Provinz Bisſscaya ernam 
ter Eämpfte er Anfangs mit wenig Gluͤck. Nach Eordova’s Sntlaflung 
at 1836 übernahm er interimiſtiſch das Obercommando, rettete Madrid m 
ward zum General en Chef des Nordens, zum Bicefönige von Navarra und & 
neralcapitän ber baskifchen Provinzen ernannt. Ueber die Karliften trug er bal 
darauf einen Sieg bei Luchana davon u. befreite Bilbao. Diefe Waffenthat ver 
fchaffte ihm den Titel eines Grafen von Luchana. Hierauf fuchte er mit alle 
Strenge die Disciplin in feinem Heere wieder berzuftellen. Nach langem Zoͤger 
ergriff er erſt 1838 wieder die Offenſtve gegen Don Carlos, ſchlug bei Burge 
den General Negri, bei Penacerrada den General Guergus, u. wollte eben Efel 
belagern, als er Kachricht von der Niederlage des chriftinifchen General Dra 
durch Gabrera erhielt und die Belagerung aufhob. Im Mat 1839 nahm er q 
der Spite von 30,000 Mann die feften Stellungen von la Pena del Mor 
Ramaled und Duardamino, welcher ſchöne Sieg ihm den Titel eines Grande 
erfter Elaffe u. Herzogs von Bittoria u. die Großfreuze der franzöflfhen Chren 
— u. des portugieſiſchen Thurm⸗ und Schwertordens eintrug. Die Karli 
erlitten bei Ramales eine Riederlage. E. wußte die Uneinigkeit der FTarliftifi 
Heerführer zu feinem Vortheile zu benügen u. llnterhandlungen mit Maroto au 
zufnüpfen, die zur Bereinigung von Bergara (1839) führten, in zuß dere 
Don Carlos nach Frankreich floh. — Bisher hielt ſich E. von der Politik fern 
erft mit dem durch ihn veranlaßten Sturze des Eraltadodminifterium Calatrav 
trat er entfchieden in den Vordergrund der. politifchen Ereigniffe Er lehnte da 
Portefeuille des Kriegsminiſteriums ab, zerflel mit dem Minifterium Ofalia, ftie 
aber täglidy höher in der Gunft der Königin Regentin. Die, ohne feine Zuſtin 
mung erfolgte, Auflöfung des Cortes und die Zurüdnahme des Portefeuille de 
Krieg aus den Händen feines Feindes Alaix reichten hin, um den ehraeiiige 
Mann aufs Neußerfte zu erzürnen. Es erfchlen der famofe Brief von Linag 
E.s Secretär, und machte fo großes Auffehen, daß die Winifter ihre Enttaflun 
boten, die ihnen aber die Königin verweigerte Doc, brachte dich u. andere Un 
fände einen Schatten in fein Berhältnig zur Königin. Als er 1840 den Fell 
zug gegen Cabrera eröffnete, forderte er für Linage das Generalderret. Narva 
ſchied aus dem Minifterium, u. Linage erhielt das geforderte Decret. Nach je 
ner Rückkehr von einem fiegreichen Zuge gegen Gabrera wurde E. von Eraltabe 
mit grängenlofem Jubel empfangen, doc) traf er Alles in voller Bewegung. Uı 
der Anarchie zu fteuern, erklärte er Barcelona in Belagerungsftand und ſtell 
dadurch die Ruhe wieder ber. Auf die erfle Kunde von der neuen Bildung ein 
moderantiſtiſchen Miniftertums entfland in Madrid ein Aufſtand, u. als die König! 
€. zur Unterdrüdung deſſelben aufforberte, erließ er am 7. September 1840 «i 
Manifeft, worin er, als Bedingung feiner Mitwirkung für die Regierung, die 3: 
rüdnahme des veſczet über die Ayuntamientos, die Auflöfung der Cortes ur 
die Entlafjung der Minifter verlangte. Die Königin mußte ihn darauf zum M 
uifterpräfidenten mit der Vollmacht, fich ſelbſt ein Minifterium zu bilden, e— 
wuen. Bald darauf erfolgte die Abdankung der Königin; fie fchiffte ſich a 










Efpe— Eſpinaſſe. | 17 


KOktober nach Frankreich ein; am 8. Mat 1841 wurde &. durch die Cortes zum 
igen Regenten von Spanien gewählt. Mit Kraft, aber nicht ohne Brutalität 
anfamfeit, führte er nun das Staatöruder. Seinen früheren Waffenbruber 
go Leon (f.d.) ließ er erfchießen u. trieb bie Snfurgenten in den baskiſchen 
zu Baaren. Auch in Barcelona, wo fidh der Republikanismus rührte, 
er die Ordnung wieder her und zog am 30. Rovember in Madrid wieber 
Irtumphe ein. Doch, feine Hinneigung zu England u. feine Berfeindung mit 
ch rief bald allenthalben Unzufriedenheit, Empörung u. Auffland herbei. 
ta Barcelona gebildete revolutionäre Zunta hatte ſchon am 13. Junt die Ab⸗ 
ug E.s und die Gropjährigfeitserflärung Iſabella's befchloffen. Auch in 
siencia und Madrid regte fi) der Geiſt ver Empörung. Es war für ihn uns 
öglich, fich ianger zu halten: er flüchtete fidy unter die Kanonen des englifchen 
nuentchifieß® „Malabar“, mit dem er über Liffabon nady England fegelte, wo 
am 19. Auguft in Falmouth Iandete u. mit Ehrenbezeugungen aller Art em» 
jomgen wurde. Durdy ein Decret vom 16. Auguſt ward er in Spanien aller 
‚ Ehren u. Orden für vertuftig erflärt. Gegenwärtig lebt E. abwedhs 
in) ia Hamburg u. London. Er ift fühn, aber bedächtig; ausdauernd, aber 
nentſchlofſen; ‚großer Liebhaber Kleiner Mittel. Seine Unentſchloſſenheit 
jedoch Folge einer unheilbar gewordenen Krankheit zu feyn. 

Eſpe over Zitterpappel, f. Pappel. 

Eipen, van, Zeger Bernhard, berühmter Kanonift, geboren 1646 zu 
en, wo er fpäter an der Univerfität mit Aus geldhmum Philoſophie u. Theo⸗ 
egie ahre alt, er die erweihe ertheilen, u. na 

ie ſtudirte. 29 Jahre alt, ließ er ſich die Prieſterwei heil 2 
ſehren Dr. beider Rechte, lehrte er am Collegium des Papſtes Hadrian IV. zu 
men mit außerordentlichem Beifalle das Kirchenrecht. Er bilvete gleichfam 
tBautorität bei den Bifchöfen u. Fürften, welche Anfragen u. Auffchlüffe 
wa ihn einholten. Da er der Lehre von Port Royal (dem Janſenismus) huldigte, 
varen feine Ausfprüche mit der römifchen Rechtöpisziplin nicht immer conform. 
50 begeigte ex denen, weldye die Bulle Unigenitus u. deren Formular nidyt annah- 
en u. deßhalb nad) Holland flüchteten, große Zuneigung u. Unterftügung. Ihn 
(6 ſollte baly ähnliches Schidfal treffen. Zum Erzbitchofe von Utrecht ward 
ch Varlet, Bifchof von Babylon, unter der Affiften; von 2 Preobytern, 
teenowen gewählt. Allein nur den apoftolifchen Vikarien fand diefe Befugnig 
chtmaͤßig zu. Biſchof Varlet wurde daher von Rom aus feiner Amtöverrich- 
agen fufpendirt. Da kam in der Form eines Briefes in Holland eine Schrift 
‚ Umlauf, worin die Gültigkeit der Wahl und die Geſetzlichkeit bei der Weihe 
8 erwählten Erzbifchofs vertheidigt wurde. Als diefer Verfaſſer Schrift ward 
m E. namhaft gemacht. Das Rectorat der Univerfität beantragte hierauf feine 
:ufpenflon. Dieter aber, größere Verfolgungen und fogar Verhaftung befürdh- 
ar, floh nach Maftridyt und nach Amersporf bei regt, wo I viele Flücht⸗ 
nge gefammelt hatten. Am 7. Yebruar 1728 ward die angedroht 
Ric ausgeſprochen; er aber überlebte die Strafſentenz nur einige Monate, 
nem er, 83 Jahre alt, am 2. Dctober 1728 farb. Sein Hauptwerk Jus ec- 
\esise universae, Col. 1702. Fol. Mainz 1791. 3 Voll. 4.“ verfchaffte ihm ei⸗ 
m glänzenden, weitverbreiteten Ruhm. Fleiß u. Scharffinn zeichnen die Arbeit 
Aerdings aus: allein von der PBartel, zu deren Gunften er fdhrieb, wurde fein 
ob al verfchwenderifch erhoben. Sämmtliche Werke erfchienen von Johann 
Yaren beforgt u. mit Anmerkungen begleitet in 4 Follobänden, Bar. 1753. Bios 
tapbie v. G. Dupac de Bellegard. Cm. 

Efpignolle, eine neuerfundene Feuerwaffe, welche Flintenfugeln mit unglaub- 
der Sefehrwinbigtet ſchießt. Diefe Waffe fol in Dänemarf, nach Andern in 
talien erfunden worden feyn. In Deutfcyland wird diefe Erfindung als ein gro- 
8 Geheimniß betrachtet. 

Efpinafle, Julie Jeanne Eleonore de PE., 1732 zu Lyon geboren, 
'48 Grjieherin, ging 1752 mit Madame du Deffand nad) Paris, zog dort durch 

Mesiencpciopädie IV. 2 


j 


f 


e Sufpenfion 


N _ aguiest. 


ihre Schoͤnheit H’Wlemberrs Mufm Tkſamkeit auf fich u. bezog mit ihm ein 
welches der Berfammlungsort det (Dgenannten Philoſophen“ u. — 
ward. Ein Liebesverſtaͤndniß mit dem Marquis von Mora trennte fie von d'Alemb 
u. nach dem Tode des erftern trat der Obrift Guibert an befien Stelle. Ihre 
Theile unerwiverte Leidenfchaft zu ihm ſchilderte fie in eigenen Briefen ( 
Ab 17 ı N 2 Bde., deutfch von Madame Spazier, Leipzig 1809, 2 Bpe.). 1 
t | 
Eipinel, Binzente, berühmter fpanifcher Dichter u. Muſiker, geboren 1! 
zu Ronda im Königreiche Granada, fludirte zu Salamanca, nahm dann Krie 
dienfte u. durchzog als Soldat, Abenteuer fuchend u. findend, Frankreich, Span 
u. Stalien (gl. feine »Relaciones de la vida y aventuras del Escudero M 
cos de Obregons, Madrid 1618, zuletzt 1804; deutſch von Fieck, Breslau 182 
Gr erhielt 1580 ven Auftrag, als für die Gemahlin Philipp’s IL, Anna 
Defterreich, feierliche Erequien zu Mailand veranftaltet wurden, Tert u. Mu 
biefen zu componiren. Später trat er in ven geiftlichen Stand u. erhielt ein I 
nefiztum in feiner Vaterſtadt Ronda, und fpäter die Stelle eined Kapellans 
dortigen föniglihen Hofpital Auch genoß er, wie fein Freund Cervantes, e 
Penfion vom Cardinalerzbiſchofe von Toledo. Seine Eriftenz; war aber nie { 
genfrei. Die lebten Sabre feines Lebens brachte er in einem Klofter zu Mad 
R ter ftarb er audy 1634. Seine Gedichte erfchtenen zu Madrid 1591. 
auch Verbeſſerer ver Decimen (f. d.), die auch feitvem feinen Namen Eſpinel 
tragen. Ebenfalls war er Virtuos auf der Bultarre, der er die fünfte S— 


beifügte. 

Tfpirito Santo, Brovinz in Brafilten, an den Ocean u. die Provin 
Bahla, Rio Janeiro u. Minad Geraes gränzend, mit 1788 Meilen. Es ift 
86 Meilen langer, aber ſchmaler Küftenfireif, der nirgends völlig eben, durch 
Ausläufer der Serra de Mantiqueira u. der Serra do Mar in eine Menge | 
cher Thäler gefchleden wird. Reich bewäflert, ift fie höchft fruchtbar, obgle 
Aderbau, wie Induſtrie, darniederliegn. Die Hauptfladt des füdlichen Theiles 
Senhora da Vetorla an der Bai E. mit 12,000 Einwohnern; im nörplid 
Borto Geguro mit 2600 Einwohnern. Der Handel tft unbedeutend. 

Esplanade, freier Pla vor einem Gebäude, der Platz zwifchen der | 
tabelle und den Häufern der Feſtung; die Abdachung der Bruftwehr an dem 

eckten Wege. 

Efponton oder Sponton, ein gegen 8 Fuß langer Spieß, den Untero 
jiere ıc früher trugen. 

Esprit, (franz) Geiſt, Wit. So verfteht man unter bele. einen Schi 
geil, unter e. de corps, Geiſt, der die Glieder einer Befellfchaft ꝛc. befeelt, € 
meingeih; unter e. fort einen Freigeift. 

fpronceda, Joſé de, berühmter fpanifcher Dichter der Neuzeit, gebo 
um 1808 zu Almendralejo, in Madrid und im Auslande gebilvet, trat 1834 ı 
dem Romane »Sancho Soldana« auf, dem das Luftipiel „Weder der Ohelm mı 
der Schwager" folgte. Den größten Ruf genießt er als Lyriker (»Poosia 
Madrid 18 J cr —ã I, entforeihend PM & 

Esquire (engl., ſprich: Sauir, entfprechend dem franzöflfchen Ecuyer, St 
meifter) beißt urfprünglid Schiidknappe. In England iſt es der Titel defl 
der im Range gleidy nad) dem Knight (Ritter) fleht u. in der Anrede den T 
Sir erhält. Im neuerer Zeit geben in England alle Staatsämter, vom Friede 
richter aufwärts, die Doktorwürde und der Brad eines Barriften (ſ. d. Art.Ba 
anfprud auf den Titel K. Auch nennt man jetzt jeden fo, ber von fet 

enten lebt. Ä 

Esquirol, Jean Etienne Dominique, berühmter Irrenarzt, gebo 
1772 zu Touloufe, in Paris 1811 als lehrender u. ausübender Arzt PER, , 
der Julirevolution, die er nicht aner kannte, auf die Leitung feiner Privatirren 
Ralt gu Gharenton beſchraͤnſt, wo er 1840 ſtarb, flelite nicht nur eine Me 


Eß. 10 
Bazter durch feine humane u. naturgemäße Ziee wieder her, ſondern gab auch 
nige Beiträge zur Seelenheilkunde. Er ſchrieb: „E.s allgemeine u. ſpezielle 
logie u. —2 — der Seelenſtörungen“ (Leipzig 1827); „Von den Geiſtes⸗ 

* (Berlin 1838, überſezt von Bernhard). 

‚, 1) Karl van, katholiſcher Pfarrer, geboren 25. September 1770 zu 
* an der Diemel im Paderborn'ſchen, Sohn eines Kaufmanns u. Raths⸗ 
18 Jahre alt begab er ſich 12. October 1788 in die Benediktiner⸗Abtei 
g im Halberftäptifchen, erhielt 15. Zunt 1794 die Priefterweihe, 23. April 
das Lehramt der Philoſophie im Kofler, u. 6. Sept. 1801 wurde er zum 
der Abtei gewählt, nachdem er einen Ruf an die Univerfirät Frankfurt an 
Diver abgelehnt hatte. Am 2. October 1804 wurde das Klofter aufgehoben 
von E. zum erften Pfarrer der dortigen Gemeinde beſtellt. Er nahm feine 
eleung in der ehemaligen Abtei u. forgte für Erhaltung u. Wusbeflerung des 
meh, für Berfyönerung der Klofterfirche. Um jeden profanen Mißbrauch 
Gebäude ferne zu halten, miethete er für fidy die Ylügel des Wohns 
von 24 Zimmern u. 2 Sälen u. gewährte mehreren Nonnen aus aufs 
Kıöftern bier einen Zufluchtsort, ließ von ihnen die Kinder der umlies 
Dorficdyaften unterrichten u. übernahm die Seelforge u. ökonomiſche Eins 
ver alternden Zungfrauen. In Verbindung mit feinem Better Leander 
m & unternahm er 1507 eine deutſche Bibelüberfegung. 1811 ward er zum 
kaichen Kommiffär für die Kirchenfprengel von Magdeburg, Halberftadt und 
eimftäpe ernannt. 1812 beforgte er die Ausgabe eines deutfchen Geſangbuches 
. verfuchte auch eine deutſche Liturgie mit geringem Erfolge. Zur 300jährigen 
jabelfeter der ſ. Reformation ſchrieb er „Entwurf u. kurze Gefchichte der Religion 
m Anfang der Welt bis auf unfere Zeit ald Einleitung zur Darftellung der 
kligtonslehre der allgemeinen Kirche Jeſu Ehrifti,” 1822, Halberſtadt. Diefes 
Brifichen fol foldye GErbitterung bei Manchen hervorgebracht haben, daß fie 
d öffenılich verbrannten und der Domprediger Dr. Yuguftin in Halberftadt als 
ftiger Begner auftrat 1818. Nach Berlaut von 3 Jahren erſchien: Darftellung 
3 farboliichen chriſtlichen Religionsunterrichtes in ragen u. Antworten, woran 

20 Jahre gefammelt u. vielfältig gebeflert hatte, deflenungeachtet in den Re⸗ 
Monen fcharf beurtheilt wart. &ein Lieblingdgedanfe, zur Wiedervereinigung 
e Proteftanten mit der Fatholifchen Kirche nach Möglichkeit mitzuwirken, vers 
zete ihn zu manchen Mißgriffen: er ftellte allzunadhgiebig ehrwürdige Inſtitutio⸗ 
u des Disciplinargefeges, z. B. Cölibat u. Bewilligung des Laienkelches, pro⸗ 
matıich dahin. Anziehend ift die Lektüre feiner kurzen Gefchichte der ehemaligen 
enediktiner-Abtel Huysburg nebft Umgebung. Mit 3 Kpfın. Halberftapt 1810. 
% hohe Lage des Kloſters, die befchwerlichen Amtsgefcyäfte, bildeten feine Ans 
ge zur Lungenſchwindſucht immer mehr aus, u. nach faft 2jährigen Leiden ent⸗ 
Niummerte er fanft im 55. Lebensjahre, 22. Dctober 1824. — 2) Xeander van 
L, geboren 15. Februar 1772 zu Warburg, am 18. Junt 1790 als Noviz in 
ik Benediftiner- Abtei Martenmünfter im Paderborn'ſchen aufgenommen, 21. Des 
sa 1796 Prieſter, beforgte vom Kloſter aus feit 1799 die ‘Pfarrei Schmalen= 
ag, bis er nad) Aufhebung des Kiofterd 1802 fidy vorzugäweife dem Studium 
w orientalifchen Epradyen widmete und mit ausdauerndem Fleiße eine deutſche 
berfegung der Bibel unternahm. 1812 erhielt er vom damaligen Könige von 
Bekphalen einen Ruf als außerordentlicher Profeſſor der Theologie nach Mars 
vg und ward Pfarrer der dortigen katholiſchen Stadtgemeinde, fo wie aud) 
litdireftor des Echullehrerfeminare. Später privatifirte er in Darmſtadt. Er 
wann die Preisaufgabe über eine Eritifche Geſchichte der Bulgata durch feine 
chrift: Pragmatica Doctorum catholic. Trident. circa Vulg. Decreti sensum, 
e non licitum textus originalis usum testantium historia. Seine Bibelüber- 
umg bat mandye Schwächen, war aber für ihre Zeit allerdings fchägbar. In meh- 
en Flugſchriften gab er fich mandye Blößen u. flellte Behauptungen auf, welche 
t der alten kirchlichen Praxis nicht im Ginklange fliehen: ſe Wae war die 










F 





1 
















0 Eſſaer. 


Bibel der erſten Chriſten, u. warum ſollten wir fie jetzt mehr, als je, wie bie er⸗ 
ſten Ehriften lefen?“ 1816; „Gedanken über Bibel u. Bibellefen,“ 1816; „vie Bibel, 
nicht wie Viele wollen, ein Buch für Priefter nur, fondern auch für Fürft und 
Volk,“ 1818; „Rechtfertigung der gemifchten Ehen zwifchen Katholiken u. "rotes 
ftanten in ftatiftifch Firchlicher u. moraltfcher Hinfidht,” 1821. Cn. 
Effäer, eine berühmte jüdiſche Sekte zur Zeit des Heilands. Der Geſchicht⸗ 
Sreiber Jo ſephus erwähnt ihrer als einer der drei jünifchen Grundſekten Pha ri⸗ 
fäer, Sadduzäer u. €.) und fügt ausdrücklich hinzu, daß fle urfprünglidy Juden 
gewefen feien; der b. Epiphanias führt fie daher irrthümlich als eine ſamari⸗ 
tanifche Sekte an. Ihre Lebenswetfe hatte große Aehnlichkeit mit derjenigen ber 
pythagorätfchen Philoſophen. Serrarius unterfcheidet nach Philo zwei Cats 
tungen von E.n; die Einen lebten gemeinfcyaftlich und hießen practici, Handwer⸗ 
fer; die Andern, theoretici, Betradhtende genannt, lebten in der Einfamfeit. “Diefe 
wurden aud) Therapeuten genannt und lebten in Aegypten in großer Anz 
Die Annahme, die fpäteren Anacdyoreten und Gönobiten hätten ihre Lebensweiſe 
nad dem Vorbilde der E. eingerichtet, ift doch wohl fehr hypothetiſch, da e® 
feine E. mehr gab, als die erfien Anachoreten lebten. Auch find die E. nicht 
mit den Aſſidäern (nady dem furifchen Worte hassan, enthaltfam ober het 
fo genannt) zu verwechfeln. Bon Allen Juden galten die E. ald die tugend 
teften ; felbft die Heiden erwähnen ihrer mit großer Achtung, insbefondere Pos 
poprue in feiner Abhandlung über die Enthaltſamkeit. Sie flohen die großen 
Städte u. bewohnten nur Dörfer u. Fleden; fie befchäftigten fi) mit dem Aderbaus. 
und den hbarmlofen Handwerken, niemals mit dem Handel oder der Schifffahrt; 
fie hielten feine Sclaven und unterflügten fich gegenſeitig bei ihren Arbeiten. Si 
verachteten den Reichthum, fammelten weder Gold, noch firebten fie nach Befly 
thümern irgend welcdyer Art, begnügten ſich mit dem Nothwendigſten und fuchten 
fo wenig Bebürfniffe, als möglidy, zu haben. Ste wohnten, aßen, lebten überhaupt 
gemein] aftlich, trugen Alle weiße Gewänver, waren ſehr gaftfrei, beſonders genen, 
enofjen, forgten aufs Liebevollefte für Kranfe. Die Behr entfagte ber ' 
verachteten die Weiber, erzog aber die Kinder der Berbeiratheten und gewöhnt 
fie bereitö in zarter Jugend an die Lebensweiſe ver E. Die Poftulanten hatten 
eine dreijährige Probe zu beflehen, bevor fie zugelaflen wurden; nach ihrer Zu 
lafjung durften fle über ihr Vermögen, das zum Semeingute gefchlagen ward, 
mehr verfügen. Sie beiviefen dem Alter eine hohe Berehrung, befleißigten fich ver 
Beicheivenheit in ihren Reden und Handlungen, vermieden den Zorn, die Lüge, 
das Schwören; jedoch mußten fie bei ihrer Aufnahme ven Schwur ablegen, ven 
Oberen gehorfam zu ſeyn; falls fie felbft zu den höheren Graden gelangen würben 
fi dur Nichts vor den Mebrigen auszuzeichnen, nur zu lehren, was fie gelehrt 
worden, ihren Genoſſen eine ihrer Lehren vorzuentbalten, ven Fremden aber Nichts 
davon zu offenbaren. Sie verachteten Logik und Phyfil als zur Tugend 
Lehren; ihr einziges Studium war die Moral, die fie aus dem Geſetze —2 
welches fie am Sabbathe gemeinſchaftlich laſen, während die Aelteſten es 
ten. Die Zeit vor Sonnenaufgang verwandten fie zum Gebete und vermieben 
es, von profanen Dingen zu reden. Hierauf arbeiteten fie bis um 11 Uhr, babes 
ten fidy, doch, ohne nach griechifcher und römifcher Weiſe nd mit Delen und Sals 
ben einzureiben, nahmen Allfchiweigenb ihr, bloß aus Brod hendes, Mahl eim, 
das fie durdy Gebet einleiteten und mit Gebet ‚JHrofen, Beige ihrer ſeht 
mäßigen Lebensweife erreichten fie in der Regel ein hohes Alter. Die ſich einen 
roben Fehltritt zu Schulden kommen ließen, wurden ausgeſtoßen, und zwar ſo 
Arenge, daß man fie fogar aus Mangel an Rahrung umkommen ließ; doch kom⸗ 
men auch Faͤlle vor, wo dem Büßenden wieder vergeben ward. In diefen Zügen 
zeichnen Philo u. Joſephus die Lebensweife Dieter jedenfalls fehr merkwuͤrdi 
Sekte. — In Palaͤſtina gab es höchſtens 4000 E.; fie verſchwanden mit 
Eroberung Judaͤa's und Jeruſalem's durch die Römer vom Schauplage der Welt⸗ 
sehcpicpte. Sie waren übrigens fehr abergläublfche Juden; die vorgefchriebenen 


Eſſig. 28 
ut E. zur Oppoſttion und übernahm den Befehl über das Parlamentsheer. Die 
Schlacht von Edgehill, die Einnahme Readings, die Aufhebung der Belagerung 
un Glouceſter und die erfie Schlacht bei Newbury waren feine Thaten, bie er 
444 den Befehl nieverlegte und 1646 farb. 

Effig heißt jene, feit den Alteften Zeiten befannte und in der Hauswirthichaft, 
Medigin und den Gewerben häufig angewandte, angenehm fauer ſchmeckende und 
zieddende Flũſſigkeit, deren Hauptbeftandtheil die, aus dem Weingeiſte entftandene, 
€, Säure und Wafler if, die aber nebenbei auch noch alle diejenigen Stoffe 
—— — enthaͤlt, welche in jener Klüffigfeit, der fie ihren Urfprung verdanft, 
waren, foweit diefe Veſtandthelle nicht etwa durch die Bährung vers 
ändert ind. Der E. wird gebildet, wenn mit Wafler verbünnter Alkohol bei er- 
Temperatur mit Subflanzen in Berührung gebracht wird, die den Sauer⸗ 
wer Luft an fich ziehen und ihn in den Stand feßen, fi) mit dem Alkohol 
Je nady der Art und Eigenfchaft der zur &.-Bereitung verwende 
en unterfcheivet man Bier⸗, Malz⸗ oder Getreide⸗E., Dbf- 
ider⸗E., eigentlichen Wein⸗E., Fünfllihen Wein-E,, der aus Brannts 
Kofinen, Zuder ıc. bereitet wird. Die Stärke des E.8 richtet 
ch feinem Gehalte von E.⸗Saäure, nicht aber nach jener erfünftelten 
; Die Farbe ıc. hängt von feiner Dereitung, den Subſtanzen und Bel- 
gen ab; je nad) diefen ift er oft farblos, gelb oder roth. Außer den ers 
gewöhnlichen &.en lommt auch Holz⸗E. in den Handel, der durch 
irodene Deſtillation des Holzes von Buchen, Eichen ıc., audy in Menge bei ver 
Sheerbereitung, gewonnen wird; aber auch diefer iſt nur eine, durch Theerbeftand- 
verunreinigte, vervünnte E./Saͤure. Bei der alten, auch jegt noch gewöhn⸗ 
lichen, Methode der langt amen &.»Bereitung werden bie zur Berwanbelun 
in &. befimmten Slüffigleiten mit heißem E. vermifcht und in kleinen Käflern mit 
offenem Spunte und Zuglocdhe, oder in weiten Steintöpfen in der erwärmten G.⸗ 
Stube 6 — 12 Wochen aufgefelt und nach beendigter Gährung abgezogen, der 
Sag aber wiever ald C.⸗Mutter benützt. Durch Beachtung aller zur Oxy⸗ 
dation günfigen Bedingungen, namentlich angemeflener Temperatur, freien Zutritt 
ver Luft und möglichft große Oberfläche der Zlüffigkeit, kann die E.-Bildung aus⸗ 
nehmend befchleunigt werden. Darauf beruht die neuerer Zeit immer mehr in 
Aufnahme fommende Schnelleffiafabrifation, bet weldyer man in hoben, 
cylindriſchen, aufrecht flehenden Zäflern (E.⸗ oder Gradirfäſſer, E.⸗Bildery), 
vie einige Zoll über dem untern Boden mit einem zweiten, durchlöcherten Boden 
verfehen find, die weingeiftige Zlüffigfeit in dünne Schichten über Hobelfpäne von 
weißbuchenem Holze herabfidern läßt. Auf dieſe Art wird die ganze Gährung 
m 2 — 3 Tagen vollendet und felbft noch eine reichlidyere Ausbeute erzielt. Ein 
guter E. foll durch eine Unze 30 — 32 Gran trodenes, kohlenſaures Kalt fättt- 
gen, enthält dann faft 5 Prozent waflerfreie &.-Säure und hat ein fpecifiiches 
icht von 1,01 bis 1,02, muß audy frei von meialliſchen Beimifchungen feyn, 
vie man Reagentien nennt. Zur Abfcheidung der nicht flüchtigen, fremdartigen 
Etoffe wird der E. auch für technifche und chemiſche Zwede, mit Zufaß von 
Kohle, aus einer kupfernen Blafe deftillirt. Es fommt indeß der durch Schnell- 
eiigfabrifation dargeftellte dem deftillirten E. an Reinheit gleich. Concen- 
triırter E., als innerliches oder auch Riechmittel bei Ohnmachten dienend, wird 
aus A Pfd. Bleizucker, 134 Unzen englifcher Schwefelfäure und 24 Unzen Waſſer 
avonnen. Die verfchievenen Riech⸗ und Räucer-E.e find zufammenge- 
5* E.e, d. i. mit E. bereitete Auszüge oder Auflöſungen verſchiedenartiger 
Subſtanzen, die theils zu mediziniſchen, theils zu dkonomiſchen Zwecken verwen⸗ 
bet werden; dahin gehören: Mutter-, Peſt⸗ Gift-, Gewürz-, Knoblauchs⸗, 
Kampher⸗, Lavendel-, Zeitlofen:, Draguns, Matblumen-, Rofens, 
Meerzwiebels Myırhen, Opium⸗, Dimbeer In der Regel ſteht zwar 
der Wein⸗E. feiner Stärke, Reinheit und Güte wegen oben an; indeß liefert die 
Natur, außer dem Weine, noch eine Menge Erzeugnifie, aus denen bei angemeſſe⸗ 









Ä 


z 


— 









*31 


Echärfe 





f 


nähaten 





führte die Wrmee gegen Norwegen, deſſen Reichsſtatthalter er bie 1816 
Seit 1817 war er Generalgouverneur von Schonen. Er flarb 1824. 

Eſſenz wurde in früherer Zeit der größte Theil der Tincturen (f. d. 
nannt. Die Een find fpirktuöfe Auszuge aus Pflanzentheilen; ihre Bere 
geſchieht einfach nach den Borfchriften ber Dispenfatorien (f. d.). s 

Effequibo, Diftrikt des brittiichen Guyana, nach einem bebeutenden | 

leiches Ramend genannt, von der fumpfigen Küfte aus landeinwärts auffel 
ßerſt fruchtbar, liefert Zuder, Kaffee, Bauholz, Specereien, Droguerien : 
einem Werthe von 2,461,000 Pfo. Sterl. Die Zahl der Weißen beträgt 
fiens 2000, die der Neger und Yarbigen 44,000; die der Indier if unbel 
Riederlaffungen innerhalb des Landes find noch nidyt vorhanden. 

Efſer ) (Robert Devereur, ®raf_v.), berühmter engliſcher St 
mann, der Sohn des Grafen Walter v. E., welcher mit dem me 
tapfern Soldaten und guten Bürgers 1576 zu Dublin ald Statthalter von | 
farb, ward 1567 zu Netherwood in Herefordfhire geboren. 17 Jahre alt, 
er an den Hof, begleitete Leicefter 1 nad) den Niederlanden, u. feine 
bei Zütphen erwarb ihm die Würde eines Bannerherrn u., nach fetner 
eines Gavaleriegenerald. Beim Tode Leicefterd warb er das Haupt jener 3 
und vermählte ſich mit der Wittwe Philipp Sioney’s, eine Hetrath, die der 
nigin mißfie. Im Sabre 1591 unterflügte er den König Heinrich IV. von F 
reich mit 4000 M., ohne Bedeutendes auszuführen; glüdlicher war dagege 
Zug, den er 1596 mit Lord Howard gegen bie ſpaniſche Küfte unternahm. 
fühnen Eroberer von Cadiz ernannte Elifabeth zum Großmeifter der Arti 
um Großmarfchall von England und, nad) Burleigh’8 Tode, zum Kanzler 

iverſitaͤt Cambridge. Ungern übernahm er den Auftrag, den irlaͤndiſchen 
ſtand zu dämpfen; auch mußte er, da er 1599, flatt gegen Tyrone zu mare 
ch nad) Munfter wandte und fo feine Streitkräfte ſchwächte, mit den Häu 
des Aufſtandes unterhandeln. Das Mißvergnügen, welches diefer Schr 
der Königin und ihrem Rathe erregte, veranlaßte ihn, den Oberbefehl m 
zulegen und feinen Feinden in London zu begegnen. Ohne die Kleider zu | 
fein, eilte er in das Schlafgemach der Königin und erhielt auf den Knieen 
Ueberraſchung Verzeihung. Aber dennody verlor er feine Stellen, bis auf den & 
befehl über die Reiterei. Die völlige Gunſt der Königin hätte ef leicht m 
gewinnen können, wenn ihn die Verweigerung eines einträglichen Weinmon— 
nicht bis zur Unvorfichtigkeit aufgebracht hätte. Er erlaubte fidy Aeußeru— 
welche die eitle Elifaberh, die ohnedieß fich zu wenig von &. geliebt und gefd 
chelt ſah, tief kraͤnken mußten, ließ fih in einen geheimen Briefwechfel mi 
Königin von Schottland ein u. ſchmiedete in der Berzweiflung einen Plan 
der Königin zu bemädhtigen, feine Yeinde zu entfernen und eine neue Regit 
u bilden. In der Meinung, dieſer fel entvedt, verfuchte er einen Aufftaı 
ondon zu erregen und hielt die an ihn gefchicdten Abgeordneten der Königti 
fangen. Der Aufſtand mißlang, er felbi ward gefangen und vom Gericht 
Todes ſchuldig befunden. Lange zögerte die Königin mit der Unterfchrift 
Todesurtheild; endlich entfchloß fie fich dazu, und der Earl flarb im Tomen 
25. Febr. 1601. Die Richtigkeit der Sage, es habe ihm die Königin einen $ 
ein Unterpfand von ihr, daß fie ihm jedes Vergehen vergeben wolle, burd 
Gräfin Nottingham eingehändigt, tiefe ihn aber zurüdbehalten, ift nicht verb 
E. war heftig und anmafend, aber tapfer und edelmüthig. Er war ein Beld 
der Wiſſenſchaft und fchrieb felbft eine fchöne Profa. Sein Schickſal gab 
zu 4 Tragödien. — 2) E (Robert Devereur, Earl von), Eohn dei S 
gen, geb. 1592, mußte ſich wegen eines ffandalöfen Prozeßes von feiner Ge 
lin trennen, diente 1620 unter dem Garl von Drford in der Pfalz und befel 
1624 in Holland unter dem Prinzen Moritz. Einige Züge gegen Spanien, F 
zei) und Holland folgten, bis er 1639 den Befehl über die Armee geger 
Ibottifchen Rebellen erhielt, WS ihm der König unbefonnen (eine Stellen en 





Effig. 3 


E. zur Dppofition und übernahm den Befehl über das Parlamentöheer. Die 
lacht von GEdgehill, die Einnahme Readings, die Aufhebung der Belagerung 
®loucefter und die erſte Schlacht bei Newbury waren feine Thaten, bis er 
k den Befehl niederlegte und 1646 farb. 
Eſſig heißt jene, feit den Älteften Zeiten befannte und in der Hauswirthſchaft, 
Asin und den Bewerben häufig angewandte, angenehm fauer ſchmeckende und 
eude Hlüffigkeit, deren Hauptbeftandtheil die, aus dem Weingeifte entſtandene, 
Säure und Wafler if, die aber nebenbei audy noch alle diejenigen Gtoffe 
mmengt enthält, welche in jener Flüſſigkeit, der fle ihren Urfprung verbanft, 
anden waren, foweit diefe Beſtandthelle nicht etwa durch die Gaͤhrung vers 
rt find. Der &. wird gebildet, wenn mit Waffer verbünnter Alkohol bei er- 
er Temperatur mit Subftanzen in Berührung gebracht wird, die den Gauer- 
wer Luft an fidy ziehen und ihn in den Stand fehen, fi mit dem Alkohol 
verbinden. Je nad) der Art und Eigenfchaft der zur E⸗Bereitung verwendes 
ESubſtanzen unterfcheivet man Bier-, Malzs oder Getreide⸗E., ObR- 
r Gider-E., eigentlichen Wein-E., Fünftliden Wein⸗E., der aus Brannt- 
4 Honig, Roſinen, Zuder ıc. bereitet wird. Die Stärke des E.s richtet 
allein nad) feinem Gehalte von &.» Säure, nicht aber nach jener erfünftelten 
ärfe; die Karbe ıc. bängt von feiner Bereilung, den Subſtanzen und Bei⸗ 
bungen ab; je nad) diefen iſt er oft farblos, ge b oder roth. Außer den er, 
uten gewöhnlichen Een lommt auch Holz⸗E. in den Handel, ber durch 
ene Defillation des Holzes von Buchen, Eichen ıc., auch in Menge bei der 
zbereitung, gewonnen wird; aber auch biefer iſt nur eine, durch Theerbeſtand⸗ 
e verunreinigte, verbünnte E.Säure. Bei der alten, auch jetzt noch gewoͤhn⸗ 
m Methode der longfamen E.s Bereitung werben bie zur Berwandelun 
E. beftimmten Ylüffigleiten mit heißem E. vermifcht und in kleinen Käflern mit 
nem Spunte und Zugloche, oder in weiten Steintöpfen in der erwärmten E.⸗ 
be 6— 12 Wochen aufgeftellt und nach beendigter Gaͤhrung abgezogen, ber 
5 aber wieder ald EM utter benüpt. Durdy Beachtung aller zur Oxy⸗ 
on günfigen Bedingungen, namentlich angemefiener Temperatur, freien Zutritt 
duft und möglichft große Oberfläche der Zlüffigfeit, fann die E.-Bildung aus- 
nend befchleunigt werden. Darauf beruht die neuerer Zeit immer mehr in 
nahme fommende Schnelleffigfabrifation, bei welcdyer man in hoben, 
idriſchen, aufrecht ſtehenden Fäflern (E.- oder Gradirfäſſer, E.⸗Bilder), 
einige 300 über dem untern Boden mit einem zweiten, burchlöcherten Boden 
then find, die weingeiftige Flüffigfeit in dünne Schichten über Hobelfpäne von 
jbuchenem Holze herabfidern läßt. Auf diefe Art wird die ganze Gährung 
? — 3 Tagen vollendet und felbft noch eine reichlicyere Ausbeute erzielt. Ein 
T €. fol durch eine Unze 30 — 32 Gran trodenes, Tohlenfaured Kalt fättts 
enthält dann faft 5 Prozent wafferfreie &.-Säure und hat ein fpecifiiche® 
sicht von 1,01 bis 1,02, muß audy frei von metalliichen Beimiſchungen feyn, 
mar Reagentien nennt. Zur Wbfcheidung der nicht flüchtigen, fremdartigen 
ffe wird der E. auch für technifche und chemifche Zwede, mit Zuſatz von 
le, aus einer fupfernen Blafe deftillirt. Es fommt indeß der durdy Schnell- 
fabrifation dargeftellte dem deftillirten E. an Reinheit gleich. Concen- 
ter E., als innerliches oder auch Riechmittel bei Ohnmachten dienend, wird 
4 Pfd. Bleizuder, 134 Unzen englifcyer Schwefelfäure und 24 Unzen Waſſer 
onnen. Die verfchledenen Riech- und Räuder-Ee find zufammenge- 
te &e, d. 1. mit E. bereitete Auszüge oder Auflöfungen verfchiedenartiger 
flanzen, die theild zu medizintfchen, theils zu öfonomifdyen Zweden verwens 
werden ; dahin gehören: Mutter:, PBeft-, Gift-, Gewürz-, Knoblauchs⸗, 
mpbers, Lavendel-, Zeitlofen:, Draguns, Maiblumen,, Rofens, 
erzwiebel- Myrrhens, Opium-, Himbeer-E. In der Regel fteht z 
Wein⸗E. feiner Stärke, Reinheit und Güte wegen oben an; indeß liefert 
ar, außer dem Weine, noch eine Menge Erzeugniffe, aus denen bei angemel, 





ner Hehanblung ebenſalls (&.e bereitet werben Können, bie benfelben Schalt e⸗ 
w..eAne beflgen, und man darf annehmen, daß alle diejenigen Subftanzen eim 
ten E, lleſern, Die In eine weinige Hährung überzugehen fähig find. Alle Bla 
aenfaper aber, welche (übe, fchleimige, mehlartige, fäuerliche Beftandiheile entha 
ten, ſſud zur weinigen und —8 zur ſauern Gährung geſchickt; je prüfe: da 
Verhaliniſi dra zuckerſtofſes in denſelben iſt, defto flärfer und beſſer wird der © 
del gehdriger Lärſtellung werden. Die Literatur über diefen nicht unwichtig 
teniichen weig IM fehr reich; wir führen davon an: Munz, Prakt. Unleitwg. 
zur Wereitung des Ra aus Wein, Bier ıc. 2. Aufl. Neuf., 18315 Leudk. 
Weſahrikallvn, +. Aufl, Rürnd, 18405 Aldefeld, Das Gcheimnig der Shui: 
eiftufatnifanlen, 3. Wufl, Wachen 1840; Jaguet, Die allerneuefte Geſchwisn 
Al, ahrifatten, Werl. 14413 Dorner, Das Ganze der E.Fabrikation, hr 
| \r Yeinrl ha, Lehrmethode des Bler- und E.»Brauend, Quedlinb. ; 
feiner Die technologiſchen Encyclopädien von Prechtl, Pop pe, Krünig 
Kinchhofu. U. Ss 

Fhdiaie, Kerdinand, einer der auögezeichneteften deutſchen Schaufpicker 
Ar7I am Wet In Slavonien geboren, betrat zuerfi die Bühne zu Innsbrud U 
mel, am von dert nach Paſſau, Prag, Augsburg und Nürnberg; im Jake 
AMT unternadm er eine arößere Kunftteife, blieb mehrere Jahre in Mannheim u 
füm von da andan daa Hofibeater au Karlerube; 1814 wurde er ald Regiffeur as 
Poſtoater zu Stuttgart u. ein Jabr nachher in gleicher Gigenfchaft in 
agents Mater wurde er penftonirt, unternabm aber noch Kunftreifen. Auf ein 
an Mrd er dort, wo er feine tbeateraliiche Laufbabn begonnen, nämlich j 
Innodruck. I November 140. Wie Heldenipieler ausgezeichnet, doch nicht frei ve 
unter, war er in der -Dürräellung bürgerlicher Gbaraftere unüberrrefflih. MR 

Eitingen, Stadt u. Sid eined Dderamts im mwürttembergifcdhen 
Ara ind Migi Gendiedoiee für dieſen Kreie, am Redar, tbeilmeife noch mi 

ann Srmen und Zwingern umgeben, bat 4 There, 5 Borkäpte, 1 Burg, 
3 Rulen. vasunter die Deensd- und Araucnfırde merfmürnig And, 1 
wm. yanttunttee Exhullehnriemmar, teiddea Svual, Eufumg zur 
RN Tem der Mid n Die Gravobraer ınchd dea Filialien 12, 
ae re TMAD merden Sun u Malmehnı Ausztel en? Herbalten Sabrifen 
mern en Wahemarır Acc Sumie. OM- Sure zur Reinbau wir 
Bart gie zur far Rd In meer Ira d nennt nut feine Gham 
umeiiiag a Nalstrarın — Ser Exxm mo Ink one frdie Keiche 

iM u ch ankam a8 mann Bertsmmg, lag aber ba 
Sarg wi Na Yaraa von Wiege m Eomı nginde nur bee 
Ner were 56 mar (EN RT sminide Bm erde m Die 
Serie werten Nat gelten Dos Senz em co :; _] Mel 
DEN 1 Dit u ze Se m SAN Eimnnmer. Se Eu werde m 
vr Aa RU ar Entahimirper Wursrahrot prinper En 
rum wi Bungee an? peniuenp Iochmeramt tor ver m 
Vroti Siunhahn 

Due, ei, ı Wer::'.2$.rr: 

EB ni mar sr Wahn m Rionz mmurd m: SRimpumg eis 
Kun ar em Apın? sms Worfmmernmun, pen mer. Vapnieen li 
Ur Er RN mr re Anne. dv Mn m ne Tomar ur Sihigung fein 
aut atlın. 

Bang drcr an.‘ Serum nmwice Semmallsummant, gi 
nee Ta Kam Burmizon nahe Tann Prupfnmie ı€ per Iutaı 
u. Br dann. ft Damdien ir 2 amsma m malte Sreianpemdit gi 
nz GUN unmmmühist chanıl vurn. Log umn Yreimımg heichligte 

Im Frarpälüah Kine un Ro nahammiimmoher Smumamer pepem E 
ar mw Bu Sr Rurommlin; ne Iauarın munum 2 BT Wrede 
PE, AT Beammankın. I: Rerrailie Garumalgate: ınt Bere al 





U 
ı 


] 


a7 


Estampes — Eſte. 25 


t Grenadier in der von Paris. Er ward audy angellagt, durch Unthaͤtig⸗ 
ne Gefangennehmung der königlichen Familie zum großen Theile verſchuldet 
F eb ward er Admiral, fiel aber 1794, verdächtig geworden, unter 
otine. 

Edtampes 1) (Anna von Piffeleu, Herzogin von), Tochter Antons 

auf Meudon, geboren um 1508, eine der einflußreichftien Maitrefien 
IL, Königs von Sranfreih, war Ehrendame der Königin Mutter, als fie 
König 1526 bei feiner Rückkehr aus ver fpantfchen Öcfangenihaft fennen 
* ch ihre Schoͤnheit u. ihren Geiſt wußte fie die bisherige Geliebte des 
96, die Gräfin von Ehateaubriand, zu verdrängen u. ihn 20 Jahre lange an 
m feffeln. Bel ihrer Berbeirathung mit einem gewifien Jean de Brofie bes 
fte er fie mit dem Herzogthume Estampes und überhäufte den Scheingemasi 
Ehren und Würden. Habfüchtig, parteilich, neidiſch u. räntefüchtig, übte fie 
s fehe verderblichen Einfluß. Ihre Eiferfucht gegen Diana von Poitiers, die 
kebte des Dauphines, bewog fle, diefem in der Perſon des Herzogs von Or⸗ 
6 einen Gegner aufjuflellen, wodurch Hof und Staat in zwei Parteien ges 
en wurden. In verfelben ya fuchte fie, al8 Karl V. 1540 durch Paris 
e, Franz I. zu überreden, den Kalfer gefangen zu halten und zum Widerrufe 
Madriver Friedens zu zwingen, u. deßhalb auch verrieth fie fogar diefem 
I V., der fie durch ein loſtbares Geſchenk zu gewinnen gewußt haben foll u. 
with VIEL von England die Dperationspläne des Krieges u. brachte den für 
atreich fo nachtheiligen Frieden von Grespy (1544) zu Stande. Nach dem 
e Franz I. 1547 wurde fle, auf Anftiften ihrer Rebenbuhlerin, auf ihre Güter 
‚ trat nun aus Oppofition gegen Diana von Poitterd zur reformirten 
he über u. flarb 1576 in gänzlicher Vergeſſenheit. — 2) E. (Jaques dv’), 
hal von Frankreich, früher Marquis de la Kertö-Imbaut, 1590 geboren, 
£ bereitö 1624 zum WMarschal de camp emporgeftiegen. Als Capitän-Pieutenant 

Sensdarmerie erfocht er 1630 bei Belllane einen glänzenden Steg über einen 
tüberlegenen Feind, u. focht noch in mehren Schlachten glüdlih. 1643 ward 
Beneraloberft der Schotten, die er für feinen König anwarb, 1651 Marſchall 
Branfreih und Ehrenmitglied aller Barlamente und longuhen Gerichtshoͤfe. 
ſtarb 1668. — 3) E. (Achilles d' E. Balencay), Cardinal, geboren zu 
n®6 1593, trat 1606 in den Malteferorden, diente bei den peren Ludwigs XL, 
sentlich bei der Belagerung von Montauban u. [a Rochelle, u. wohnte hierauf 
Maröcdal de camp dem Zuge über die Alpen bei. Zu Malta erhielt er das 
teralat über die Galeeren, erwarb fidy bei dem Angriffe auf St. Maura den 
ym eines tapferen Mannes und bewog dadurch Papft Urban VIIL, in dem 
ege um Caſtro fid) feiner Dienfte zu bepienen. Zum Lohne dafür erhielt er die 
dinalswürde, flarb aber ſchon 1646. — 4) E. (Henri d'E. Balencay), 
3 geboren, trat in den Malteſerorden, befehligte feinem 20. Jahre eine 
ren Sgaleere, mit welcher er zu dem verunglüdten Unternehmen auf St. Maura 
5 wirkte u. wurde fpäter von Richelleu berufen, um die Blokade ded Hafens 
la Rocyelle zu leiten. Als außerordentlicdher Geſandter am römiſchen Hofe er- 
t er von Ludwig XII. die Abteien Bourgueil u. Champagne. In dem Orden 
: er Sroßprior von Champagne u. feit 1670 Großprior von Frankreich, ale er 
'8 u Malta ftarb. 

Efte, Rame eines alten Fürftenhaufes in Italien, das von Muratori bis zu 
aifaciusl., Srafen von Lucca u. Herzog von Toskana, (um 811) zurüdgeführt 
d. Genannt ift diefes Geſchlecht nach der venetianifhen Stadt Efte am 
chiglione. Mit Azo's II. (Enkel des Markgrafen Oberto II, des Stammvatere 
fpätern Haufes E.) Söhnen — Yo farb 1117, — nämlid Welf IV. u. 
to I., fpaltete fi) das Haus, indem der erflere, welcher 1071 von Kaiſer 
nrich IV. die Belehnung mit Bayern erwarb, durch feinen Sohn Heinridy den 
um und befien Sohn, Heinrich den Löwen, der Stammvater ded Haus 
unfchiweig u. Hannover wurbe, und von dem zweiten der italleniſche Stamm 


26 Eſte — Eſther. 


ausging, welcher die Fürftenthümer Modena u. Reggio, Ferrara u. Correggio er⸗ 
ward und in männlicher Linie mit Herkules III. Reinald (+ 1797) — * — aber 
durch feine Tochter, die Gemahlin des Erzherzogs Ferdinand (+ 1806) fortge⸗ 
pflanzt wurde. — Ihr Ältefter Sohn Franz: IV., geboren 1779, feit 1814 Herzog 
von Modena u. felt dem Tode feiner Mutter (1829) audy Herzog von Maffa u. Garrara, 
+ 1845. Die Familie E. wird, als Haupt der Partei der Buelfen, häufig in der 
italieniſchen Geſchichte genannt und zeichnete ſich zugleich durch Prachtliebe und 
Förderung der Künfte u. Wiffenfchaften aus. Bor Allen verbienen in der legten 
a anung: Lionel (+ 1450), fein Bruder Borfo (+ 1471) u. Hertw 
eö l. . 

Efe, Auguf Friedrich von, Sohn des Herzogs Auguſt von Suſſer 
(+ 1843) u. der Lady Auguſte Murray, einer Tochter des fchottifchen Grafen 
Dunmore, ward 1794 geboren, erregte in neuefter Zeit dadurch Aufſehen, daß er 
die Rechte eines englifchen Prinzen beanfprudyte, um fich wenigfiend der Ra 
folge in Hannover zu verfichern. War auch die Ehe feiner Eltern kirchlich aül 
vollzogen (einmal in Rom, 4. April 1793, dann In London, 5. December 1793), 
fo war fie doch vom erzbifchöflichen Gerichte für ungültig erklärt worden, da bie 
Einwilligung des Könige gefeblt hatte, ohne welche fein Glied der Familie fidy 
nach englifchen, wie hannoverifchen Haudgefeßen, vermählen darf. Er, fo wie 
feine Schweiter Augufte Emma (geb. 1801), erhalten anftändigen Jahrgehalt. 

Eſterhaͤzy, ein altes, mächtiges, in der ungarifchen Geſchichte rühmlich 
genanntes, theils fürftliches, theils gräfliches Geſchlecht. Es tft die reichſte Fa⸗ 
milie in Ungarn, u. der Fürſt der begüteriſte Mann in der Monarchie. Der Ur⸗ 
fprung dieſes Gefchlechtes laͤßt fid, in das 13. Jahrhundert zurüdführenz aber 

chthum fowohl, als hiſtoriſcher Ruhm, beginnen erft im 17. Jahrhunderte; 
gtüdliche Heirathen, vortheilhafte Käufe u. große königliche Schenkungen bildeten 
damals den Kern der jegigen maßlofen Befigungen des Haufes. Die berühmteften 
der Familie find: 1) Niklas, Graf, Balatinus von 1625 bis 1645, der Stamm 
vater des fürftlichen Zweiges. 2) Lapislas, Franz, Thomas u. Kaspar, dieam 
26. Auguſt 1652 bei Bezelöny im Barfer Bomitat gegen. bie türkifche Uebermacht 
ritterlih fämpfend fielen. 3) Baul, Sohn des erwähnten Niklas; Palatinus wie 
ein Bater 1681—1713. Er wurde von Katfer Leopold I. 1687 F Fürften er⸗ 
oben, welches von Karl VI. fpäter fo regulirt wurde, daß bie Fürſtenwuͤrde 
mmer auf den Erfigeborenen übergeht; Fürft Paul hatte in 24 Gefechten gegen 
die Türken u. Töföly geftanden. 4) Graf Emrich, Erzbifhof von Gran u. ! 
mad von Ungarn unter Karl VI. 5) Für Baul, nody lebend, feit vielen Jahren 
Fatferlicher Geſandter am großbritannifchen Hofe. - 

Efther, eine jüpifche Gunafrau, Gefangene in Perfien, welche ihrer Schoͤn⸗ 
heit halber der König Affuerus zum Range feiner Gattin erhob, u.”die ſodann 
die Juden von dem allgemeinen Untergange, wozu fie Aman, der Miniſter umb 
Sünftling des Königs beftimmt hatte, befreite Die Geſchichte dieſes Ereigniffes 
it der Gegenfland des Buches Efther. Affuerus if der, von den Griechen 
Artarerzres genannte, perfiiche König. Ueber den Verfafler dieſes Buches if 
man nicht im Klaren. Der heilige Auguftin, der heillige Epiphanias, der 
heilige Iſidorus fchreiben e8 dem Esdras zu, während Eufebius einen 
fpäteren Schriftfteller für deffen Verfaſſer hält. Einige fchreiben es dem Joachim, 
jũdiſchem Hohenpriefter und Enkel des Joſedech zu, Andere wieder der Synagoge, 
die e8 aus den Briefen des Mordechat oder Mardochee zufammengefe 
Sk: Die Mehrzahl der Interpreten flimmen indefien damit überein, das Buch 

er dem Mardochee felbft zugufchreiben, weldye Anficht fie auf Bapitel 9, 20. 
begründen, wo gejagt wird, daß Marbochee diefe Dinge niedergefchrieben u. Briefe 
an alle, in den Provinzen zerfireute, Juden gerichtet babe ıc. ‘Die Juden nahmen 
das Buch awar in ihren alten Kanon auf, doch findet es fidy nicht in ven erften 

Berzeichnifien der Chriſten; erſt das Concil von Laodicka nahm es in den von 
Das aufgefellten Satalog auf, Der heilige Siemens von Rom u, der heilige Cle⸗ 











VWeißen ' Weſen 

w. Kunda geibeitt. E. if ein faſt ganz ebenes, mit vielen Sümpfen, Fri 
u Löden überfäctes Küftenland, in welchem fich- aber an manchen 
ı auch fruchtbarer Ackerboden befindet, ver viel Getreide, befonder® Roggen, 
U zum eigenen Bedarf des Landes, wie zur Bereitung und Ausfuhr von 
ranntwein nad) dem Innern von Rußland liefert. Namentlich fehr veich if 
and auch an Flachs u. Hanf, fo wie an Tannen» u. Birfenholz; au 

anch bedeutende Viehzucht getrieben. Bon Wild findet man Wölfe, Bären, 
„ zuweilen audy Elenihiere. Die öftliche Hälfte der Küfte, bis Baltiſchport, 
fg und body; 70 Kleine Inſeln liegen unweit des Feſtlandes, welches über 
‚een, darunter den ‘Beipusfee, zählt u. zu einem ttheile mit Wald. bebedt 
an zählt nur 5 Städte u. 1 Jlecken, dagegen 563 Lanpgüter. Als Beim 
es Landes find von Bedeutung: Reval, Hapfal und Kunda. Doch 

fahrt, wie die der Dftfechäfen überhaupt, fehr tm Stoden begriffen, ſeitdem 
burg, durch die immer großartiger werdende Rhede in Kronftabt, allen 
1 und Verkehr an ſich gerifien hat. Die Einfuhr beſteht hauptſaͤchlich in 
17, Woll⸗ und Baummollewaaren, verſchiedenen Hölzern, Süpfrüchten und 
die Ausfuhr in Flachs, Leinfamen, Werg, Roggen, Gerfle u. Kornbrannt⸗ 
wovon im Sabre 1830 30,602 Eimer verfendet wurden. Die Landleute find 
Erben, finnifchen Stammes, bier Tfchuden, d. h. Fremdlinge ober Bars 
genannt ; die Stäptebewohner und Beſitzer der Landgüter meiftentheils 
be u. Dänen, audy Rufen. Die Eflänver reden eine weiche, wohlflingende 
be in drei Hauptdialeften, dem revalfchen, dorpatifchen u. pernauticyen, und 
ich an herrlichen Volksliedern, von denen jedoch nur fehr wenige gebrudt 
vie man denn audy von Büchern in ihrer Sprache fat nur Bibel, Kate 
is u. Geſanabuch findet. Sie find wohlwollend, gutmüthig u. religiös, bes 
fi A proteftantifchen Eonfeffion, treten in neuefler Zeit aber, auf Beranlaf- 
ver Regierung, in Maſſe zur griechtfchen Kirche über. Wie alle unter 
bem u. geiftigem Drucke lebenden Völker, fo haben auch die Eſthen man⸗ 


‚im > 
ni, und wird in die ſechs e: er 





& 


26 Eſte — Eifer 


ausging, welcher die Fuͤrſtenthuͤmer Modena u. Reggio, Ferrara u. Correggio er⸗ 
ward und in männlicher Linie mit Herkules IM. Reinald 1797) erloſch, aber 
burch feine Tochter, die Gemahlin des Erzherzogs Ferdinand (+ 1806) fortges 
pflanzt wurde. — Ihr ältefter Sohn Franz: IV., geboren 1779, feit 1814 Herzog 
von Modena u. feit Dem Tode feiner Mutter (1829) audy Herzog von Maſſa u. Earrara, 
+ 1845. Die Familie E. wird, ald Haupt der Partei der Buelfen, häufig in der 
ttalienifchen Geſchichte genannt und zeichnete fidy zugleich durch Prachtliebe und 
Örderung der Künfte u. Wiffenfchaften aus. Bor Allen verdienen in der Ishtern 
Iihuns ung: Lionel (+ 1450), fen Bruder Borfo (+ 1471) u. Herku⸗ 
e . 

Efe, Auguf Friedrich von, Sohn des Herzogs Auguſt von Suſſer 
(+ 1843) u. der Lady Augufle Murray, einer Tochter des fchottifchen Grafen 
Dunmore, ward 1794 geboren, erregte in neuefler Zeit dadurch Aufſehen, daß er 
bie Rechte eine® englifchen Prinzen beanfpruchte, um fi wenigftend ber Nach⸗ 
folge in Hannover zu verfidhern. War audy die (Ehe feiner Eltern kirchlich gültig 
vollzogen (einmal in Rom, A. April 1793, dann in London, 5. December 1793), 
fo war fie doch vom erzbiichöflichen Berichte für ungültig erklärt worden, da bie 
Einwilligung des Könige „geiebtt hatte, ohne weldye fein Glied der Familie ſich 
nad) engliihen, wie hannoͤveriſchen Hausgeſetzen, vermählen darf. Er, fo wie 
feine Schweſter Auguſte Emma (geb. 1801), erhalten anfländigen Jahrgehalt. 

Efterhäzy, ein altes, mächtiges, in der ungarifchen Geſchichte rühmlidy 
genanntes, theils fürftliche®, theils gräfliches Geſchlecht. Es if die reiche Has 
milte in Ungarn, u. der Kürft der begüterifie Mann in der Monardyie. Der Urs 
fprung dieſes Gefchlechtes läßt ſich in das 13. Jahrhundert zurüdführenz aber 

chthum fowohl, als hiſtoriſcher Ruhm, beginnen erft im 17. Jahrhunderte; 
glädlihe Heirathen, vortheilhafte Käufe u. große königliche Schenkungen bildeten 
mals den Kern der jegigen maßlofen Beflgungen des Haufe. Die berühmteften 
der Familie find: 1) Niklas, Graf, Balatinus von 1625 bis 1645, ver Stamm 
vater des fürftlichen Zweiges. 2) Ladislas, Franz, Thomas u. Kaspar, die am 
26. Auguft 1652 bei Bezeföny im Barfer Bomitat gegen. die türkifche Uebermacht 
ritterlid) Fämpfend fielen. 3) Baul, Sohn des erwähnten Niklas; Palattnus wie 
ein Bater 1681—1713. Er wurde von Kaiſer Leopold I. 1687 zum Fürſten ers 
oben, welches von Karl VI. fpäter fo regulixt wurve, daß d rftenwürbe 
mmer auf den Erfigeborenen übergeht; Fü aul hatte in 24 Gefechten gegen 
die Zürfen u. Töföly geftanden. 4) Graf Emrich, Erzbifchof von Gran u. ! 
mad von Ungarn unter Karl VI. 5) Fürft Baul, noch lebend, feit vielen Jahren 
Fatferlicher Geſandter am großbritannifchen Hofe. - 

Efther, eine jüntfche Jungfrau, Gefangene in Perfien, welche ihrer Schöns 
heit halber der König Affuerus zum Range feiner Batıin erhob, u." die ſodann 
bie Juden von dem allgemeinen Untergange, wozu fie Aman, der Minifter und 
Günftling ded Königs beftimmt hatte, befreite. Die Gefchichte dieſes Ereigniſſes 
iR der Gegenfland des Buches Eſther. Affuerus if der, von den Griechen 
Artarerzes genannte, perfliche König. Ueber den Berfafler dieſes Buches ift 
man nicht im Klaren. Der heilige Wuguftin, der heillige Epiphanias, der 
heilige Iſidorus fchreiben ed dem Esdras zu, während Eufebiuß einen 
— Schriftſteller für deſſen Verfaſſer hält. Einige ſchreiben es dem Joachim, 
üdiſchem Hohenprieſter und Enkel des Joſedech zu, Andere wieder der Synagoge, 
die ed aus den Briefen des Mordechai oder Mardochee zufammengefellt 
—* Die Mehrzahl der Interpreten ſtimmen indeſſen damit überein, das Buch 

er dem Mardochee felbft zugufchreiben, weldye Anficht fie auf Gapitel 9, 20. 
begründen, wo gefagt wird, daß Marbochee diefe Dinge nievergefchrieben u. Briefe 
an alle, in den Provinzen zerfiteute, Juden gerichtet habe ıc. Die Juden nahmen 
das Buch war In ihren alten Kanon auf, doch findet es fich nicht in den erften 
Berzeichnifien ber Chriſten; erfi das Goncil von Laodicka nahm es in den von 
ibm Katalog auf. Der heilige Clemens von Rom u, der heilige Cle⸗ 


ie. - M 
mend von Wieranbrien, welche lange von Ki it bicha Iebten, er⸗ 
ala be Bra ah da im Cl Dr Kl Dan 

aft, im hebrẽ je 

i net nk Den im Rp ne Reden, HI8 auf Sirtus ». 


3 Zweite, (dem es bas M mje 
Bud) als lanoniſch anerkannte —— foigen der Anſicht des —9 


jerouyımus, indem fie in Kanon das Bu ır bi8 zum 
EHE er Der . ehe den in Sabre ‚2 zug bon 
rt car 
tchen, —— vr en re Eher in Haba er 


Sprache veröffentii —— — de urfprün ui aldalſch 
orden. — Eſther wird durch eine ganz 
mverbädhtige kin 55* 33 Get, welches bie —— ‚zum 
Monats Adar unter dem Namen 
SR ve >% Pr = Ber Loofe — ee ne das 
2. Madyab, 15, 37.) werd 


ve does [: I 
ae: ee 
Erd » sübife 


Ei 


er Codras Arche; von Artas 
on, ches u. Gemeinneien 


anern 6 

——— — Bey, gm, Ai vie 
40,000 Ginwohnern, Sinn en Dein, 20 buſen 
—8—— a * Die Offer, im’ 


Yeoland, und it in die fü Real 2 —** —* 
: 7 al, 
il u. Rumba gebe. @ iR en ER ganz Sr —— San 

ichen u. Granitblöden ül ſtenland, in welchem ſich aber an manchen 
ten auch fruchtbarer Wderboden eibe, beſonders , 
wohl zum eigenen Bedarf des Landes, wie zur g und 
Fa auch an 33 Sant fe ol an Tann, 1 Bita [iR 3 

u fo wie an 
auch bedeutende Viehzucht a m Wild findet mar Wölfe, 


füchfe, zumellen auch Eienthiere. lic je der Küfle, sis Baltife 
R Lido und — 70 a! Inſein — ae welches 
darunter den ‘Beipufee, u einem tiheile mit Wald bebedt 
N a gi nur 5 Stänte ui si m Yogegen 563 Lanpgüter. Als Hafen» 
zte des Landes find von Bebrutung: Meval, Salat 1 und Kunda. Doch ift ihre 
Schifffahrt, ale die —8 ——— —5 — ſehr im Stoden begriffen, ſeltdem 
3etereburg, durch die immer werdende Rhede in Kronftadt, ‚allen 
jandel und Verkehr an 33 Sen kt. Die Einfuhr befcht hauptjächlic in 
Selden-, Woll⸗ und Baumwollewaaren, verfchiedenen Höhern, Süpfrüchten und 
Salz; die Ausfuhr in Flache, Leinfamen, Werg, Roggen, Berfe u, Kornbrannt- 
sein, wovon im Jahre 1830 30,602 Eimer verfender wurden. Die Landleute And 
weiß Erben, ſinniſchen Stammes, hier Zfdhuden, d. 25 görsmplinge oder Bars 
aren genannt ; die Stäptebewohner und Befiper der meiftentheil6 
Yeutfhe u. Dänen, auch Ruffen. Die ERtänder reden eine Se wohlflingenve 
Sprache, in drei Hauptdialeften, dem revalſchen, dorpatiichen u. pernauiichen, und 
nd reich an herrlichen Bolfslievern, von denen jedoch nur je wenige gebrudt 
nd, wie man denn aud von Büchern in ihrer Sprache fa nur Bibel, Kate 
»6mmus u. Gelangbudh findet. Sie find wohlmoßlend, utmünhig u. ne lö6, der 
ann A) ur proteftantifchen Eonfeffion, treten A Is ben, au a 
je Wi gterung, in Maſſe zur —— a alle unter 
ſchen u, 9 ale Drude ‚fe auch die — man 


3 Eſtrͤes — Eſtremabura. 


cherlei Laſter, namentlich Tüde, Zähzorn, Rachluſt u. Hang zur Widerſetzlichkeit. 
— Die Urbewohner E.s, welche im 9. Jahrhunderte alles Land zwiſchen Düna 
u. Newa inne hatten, wurden 1201 von König Kanut VL von tmarf unters 
worfen u. mit Gewalt zum Chriftenthume befehrt, nachdem dieſes im Jahre 1190 
von einem Mönche, Mainhard von Sageberg, vergeblich eprebigt worden war. 
Kanut legte Reval an u, gründete dortfelbft ein Bisthum. I Sabre 1347 kaufte 
der deutſche Orden E. dem Könige Waldemar III. ab, u. dieſer erden nachdem er 
die legten Heiden vollends mit Gewalt zum Ehriftentfume befehrt hatte, pie Leib⸗ 
eigenfchaft ein. Im Jahre 1521 machte fi) der Heermeifter Walter von Pletten⸗ 
berg vom Orden unabhängig und erhielt von Katfer Karl V. die Würde eines 
deutfchen Reichefürften. Da aber die Ruffen von diefer Zeit an häufig in €. ein» 
fielen, fo begab fich dieſes 1561 freiwillig unter den Schup Erichs XIV. von 
weben, bei welch Iegterem Lande es au blieb, bis es 1711 von Peter d. Gr. 
erobert u. durch den Nyftäbter Frieden 1721 mit Rußland vereinigt wurde. Unter 
Alexander I. wurde 1818 die Leibeigenfchaft für aufgehoben erklärt u.von 1822—24 
wirklich aufgehoben. Allein, trogdem {ft die Lage des Volkes noch eine fehr ge 
drüdte, was fi, in den häufigen Gährungen unter bemfelben u. den maflenbaften 
Uebertritten zur griechifchen Kirche, in der Hoffnung, dadurch eine Verbeſſerung 
ihrer änßeren Lage zu erzielen, deutlich offenbart. Ow. 
Eftrees, ehr altes franzöftfcyes Gefchlecht (fo benannt von einem Land» 
gute in der Nähe von Arras), das viele bemerkenswerthe Familienglieder aufzu⸗ 
weifen hat. Wir nennen: 1) (Jean d’E.), geboren 1486, diente Anfangs als 
Page am Hofe der Königin Anna von Bretagne, dann Franz J. u. Heinrich L., 
zeichnete fi 1558 bet Eroberung von Calais aus, nahm die reformirte 
Lehre an und ftarb als Generalfeldzeügmeiſter (1567). Er tft der Schöpfer der 
frangöftfhen Artillerie. Unter ihm wurden” zuerſt Kanonen gegofien, die 100 
Scüfle aushielten, ohne zu fpringen. — 2) Antoine d' E., Sohn des Borls 
en, Großmeiſter der Artillerie, vertheinigte 1593 Royon gan den Herzog von 
ayenne und ward Gouverneur von Isle de Franc. — 3) Babrielle v’E, 
geboren 1571, Tochter des Borigen. Sie fland mit dem Herzoge von Bellegarde 
n einem Liebesverhältnifie, als fie Heinrich IV. 1590 auf dem Schloſſe zu 
Coeuvres Tennen lernte, der fogleicdy wegen ihrer Schönheit u. ihres Geiſtes bie 
gfte Neigung zu ihr faßte, fie von ihrem Geliebten Bellegarde trennte, mit 
icola8 d'Omerval verhetrathete, aber bald wieder fcheiden ließ, da er fie felbft 
auf den Thron gi erheben gedachte. Deshalb Hatte ihn auch Gabriele, nun 
Herzogin von saufort, berebet, zur katholiſchen Kirche zurüdzufehten, da er 
dann eher vom Papfte die Scheldung von Marguerite von Valois erhalten Fönnte. 
Sie ftarb aber ſchon 1599 an Gift. Gabrielle hinterließ vom Könige drei Kinder, 
Eöfar, Herzog von Bendome, Alexandre, Großprior von Frankreich, geftorben 
1629 u. Katharine Henriette, Gemahlin Karld von 2othringen, Herzogs von 
Elbeuf, geforben 1663. — 4) (2ouis Eefar, Derog von E.), geboren zu 
Paris 1695, hieß eigentlich Louvois u. nahm erſt fpAter (1793) den Ramen 
E. von Bictor Marie, feinem möütterlichen Oheim, ver ihn zum Erben einfete, 
an. Gr diente in Spanien, Böhmen u. 1744—45 In den Niederlanden, ward 
1756 Marſchall u. 1757 Commandirender der Armee in Deutfchland, ging über 
die Wefer, fchlug den Herzog von Cumberland bei Haftenbed, wurde aber durch 
es vom Heere entfernt und durch den weit unfählgeren Richelieu erfeht, 
edoch 1759, nach der Niederlage bei Minden, wieder zum Heere geichtdt, aber . 
Contades unfergeoronet. Er farb, 1763 Herzog geworben, im 3. 1771. 
Eftremadura, 1) eine ehemalige ſpaniſche Provinz, zwiſchen ven Flüffen 
Tajo, Guadiana u. der portugieflfchen Gränze, bildet feit 1833 einen Theil der 
wei ‘Provinzen Gazeres u. Badajoz. Gie bat einen Flächenraum von 675 [] 
eifen, mit 750,000 Einwohnern. Em Norden find die Fortfegungen des Guada⸗ 
ramagebirgs, tm Süden die der Sierra Morena , in der Mitte dad Guadalupe- 
Gebirge, faſt alle waldlos. Bon Klüffen find zu bemerken: der Tajo mit dem 


Eſtrich — Eat, 20 


letar, Fresnede, Alagon, Herja, Ibar, Salor, und die Buadiana mit dem 
lcollarin, Burdalo, Suja, Alcarrache. Der Boden iſt an einigen Stellen bürr, 
a Ganzen aber äußerſt frudytbar, jedoch nicht gehörig angebaut, da die, durch 
we Trägheit befannten, Bewohner die Viehzucht zu ihrer Seuptbefcäftigung 
chen. Die vorgüglichften Erzeugniffe ſind: eigen, Del, Kaſtanien, Wein, 
anifcher Pfeffer, Flachs, Wald; Bienenzudyt. Reiche Siibers u, Bleigruben, 
ud Platina; der Bergbau liegt übrigens völlig darnieder, und ebenfo iſt der 
Bewwerbfleiß u. Handel von gar feiner Bedeutung. — 2) Eine Provinz des Kös 
igreichs Portugal, gränzt im Weſten an den atlantiſchen Ocean, tim Norden 
n die Provinz Beira, im Oſten u, Süden an die Provinz Alemtejo, iſt 3414 
J Meilen groß und zählt 800,000 Einwohner. Der Tajo ſcheidet die Provinz 
ı zwei faft gleiche Theile. Die nördliche Hälfte iſt ſehr gebirgig durch Zweige 
ed Eſtrellagebirgs, das feine fleilen, dürren Kalf- u. Sandfeinberge dur) das 
anze Land ſendet; im Weflen der Mündung des Tajo iſt dad romantifch wilde 
Branitgebirge von intra, welches im Dorgebisge da Roca endigt, Im Süden 
es Tajo find dürre Haiden, zum Theile Ampfe. Sn ihnen erhebt fi das 
BYebirge Arrabiva, welches im Cap Espichell endigt. Bewäflert wird die Land- 
haft durch den Tajo u. defien Rebenflüfle: Zatas, Almanfor, Zegere, Lamaraza, 
wie den Küftenfluß Ealdao und andere. Hauptprobufte find: Del, Wein, Sübs 
rüchte, @etreide, Korkeichen, Flachs und Kaftanien. Die Viehzucht iſt unbe 
eutend, ebenfo Handel u. Gewerbsfleiß nur gering. Außer Marmor u. Geefalz 
sirb fein Mineral gewonnen; doch findet fich Hier die einzige Salgquelle des Lans 
ed. Die Steinfohlen find unbenügt. Die Provinz leidet fehr durch Häufige Erdbeben. 
Seit 1835 if fie in drei Diſtrikte: Leiria, Santarem und Liffabon getheilt, und 
mbet 20 Abgeordnete in die Kammer. v. 

Eſtrich, Fußboden, der mit einer zuſammenhaͤngenden Maſſe, ſtatt mit 
Dielen oder einer Seteinnflafterung, bevedt ff. Man bat Lehm⸗E.e, von 
verb geidtagenen Lehm, Gyps⸗E.e, von ame (bei der oberftin Schicht muß 
er Gyps mit Rindsblut vermengt ſeyn), Kalk⸗E.e, von weißem Kalk mit 
ſanz feinem Sande vermifcht, in welchen zur Verzierung auch biöwellen Ziegel 
latten von verfchievener Beftalt gelegt werden. Der E. hält ein Zimmer —* 
ühl; aber in den oberen Stockwerken angebracht, belaſtet er das Haus ſehr. 
jn weniger warmen Klimaten, wie Deutfchland, erfältet er im Winter die Büße zu 
ehr u. veranlaßt daher leicht Erkältungen, weßhalb man ihn mit Teppichen oder 
Strohdeden belegt. 

Etampes, Stadt im franzöfifchen Departement der Seine u. Dife, an ber 
zuine, die gute Krebfe bat, mit 8400 Einwohnern, weldye befonvers viele 
Strümpfe fertigen. Früher hieß E. Stampä, u. ward durch Kranz I. zu Gunſten 
jean’d de Breffe zu einem, Herzogthume erhoben. Die Stadt war befeftigt, ward 
sehrmal genommen u. 1590 wurden die Werke abgetragen. In E. wurden vers 
chiedene Concilien gehalten, als 1048, 1092, 1112, 1130, Snnocenz IL wurde 
tee gegen die Gegenpäpfte als rechtmäßig anerfannt, Das vorletzte war ein allges 
neines, die übrigen Rationalconcilien, 

Etape. Man verfleht darunter die Verpflegung der Soldaten auf dem 
Rarfche; ſeit 1727 die Rationen der Soldaten auf dem Marfcye, auch ven 
Berpflegungsort ver mar[ehltenben Truppen. Cin befonderer Etapencommans- 
ant forgt dort, daß die Verpflegung regelmäßig vor fich gehe, daß die Trup⸗ 
ven die nöthige Borfpann empfangen und daß alles Uebrige in der gehörigen 
Irdnung gebe. Meift ift derfelbe ein offule ; doch fleht ihm gewöhnlidh von 
em Staate, zu dem die ©. gehört, ein Civiliſt, als Een. Commiflär, A Seite. 

Etat (franzöffch), wörtlich: Zuftand, Beicyaffenheit; dann Koftenüberfchlag 
. die darnach getroffenen Sinrichtungen eines Staates (vgl. Budget); ferner: 
ie Ueberficht in den Hauptbücdhern einer Handlung, oder In einer Haushaltung, 
owie die Stärfe eines Perſonals, fo 3.8. E. einer Compagnie, der feyn follende 


» Etats giatraux — Etienne. 


Behand berfelben im je oder im Frieden, und enblich nennt man E. 
einen fchriftlichen Aufſat über den Beftand einer Anftalt u. berg, auch 

Etats généraux, 1) ehemalige Bezeichnung der holland fen General 
Gtaaten (f. 2.)5 2) fonft in Frankreich Zufammenkunft fämmtlicher 3 Stände: 
Mel, Geiftlichkeit u. dritter Stand (f. Frankreich 

- Eteofles, Sohn bed Dedipus und ber Jofaſte, Bruder des Polynikes. 
Belde vertrieben den Debipus und wollten in ber Regierung Thebens jährlich, 
wechfeln. @., ver ältere, herrſchte ein Jahr, wollte aber dann dem Bruder 
nicht weichen; Polynifes floh zu Adtaſtos, der ihm feine Tochter Argeia vers 

ite. Mit 6 anderen Fürften begann er den Kampf ber 7 gegen Shah. E. 
und Polynikes toͤdteten fi gegefeitg; ale fie auf dem Scheiterhaufen verbrannt 
wurden, thellten fi) $lamme und ich auseinander, zum Zeichen, daß ihre 
Feinpfchaft ſelbſt im Tode noch fortbauere, 

Siifotbrotogie IR Ir ber Rantihen Pölofophe die Begelhmung fr di 

Erbikotheologie in der Kan loſophie die mm; 
auf die Gittenehte baſitte Lehre von Gott, im Begenfage fi Bhy — 2*8 
logie (f. d.), welche den Glauben an Gott aus der Zwedmaßigkeit der Ratur 

et. Kant nannte im eihifotheologifchen Sinne dad Dafein Gottes ein Pos 

lat der praftifchen Vernunft, in jofen man daffelbe zwar nicht eigentlich bes 
weifen Tönne, aber aus fitilichen Gründen baran feſthalten muͤſſe. In fofern 
man Gott in der Ratur nicht findet, wenn man ihn nicht fchon im eigenen Ins 
9 im Bien, gefunden hat, muß die E. der Phyſilotheologie, als deren 
vorangehen. 

m— Wi. (vom grieätichen vos, Geflecht, Voll, und ypdyem, 
Schreiben), Bötterbefchreibung, Völkerkunde, iſt derjenige Theil der Geographie, 
der mit den Bewohnern der Länder befannt zu machen fucht und deren Eitten, 
Gebräuche, Eigenthümlichkelt im Köıperbaue u. in der Mifchung der befonderen 

eiſtigen Kräfte, fowie ihre Eulturfiufen befchreibt. In der eihnographiſchen 

Ser dichte werben die Begebenheiten nach einzelnen Völkern ober Ländern, in 
der hronologifchen oder ſynchrontſtiſchen dagegen bie gleichzeitigen Bege⸗ 
benheiten der verfchtedenen Völker u. Länder befchrieben. 

Etienne 1) (Andres), der Tambour von AÄrcole, geb. um 1776 zu Cadnel 
Bauclufe), geforben 1837 als Bataillonstambour der Kationalgarde von Paris, 
zeichnete fich feit dem Beginne der Revolution in allen Feldzügen durch feltenen Muth 
aud. Den Ghrennamen des Tambour von Arcole hatte er fi in der 
Schlacht von Arcole erworben, als er, an ber Spige der Angriffscolonne, den 
Sturmmarſch ſot und mitten unter dem euer des Feindes über den 
Kanal ſchwamm. Kapoleon erteilte ihm ein paar Ehrentrommelfchlägel u. ver- 
por ‚m unter bie Gonfulargarde, Seitdem machte &. far alle Feldzüge ber 

jepublif und des Ralferreihe mit und ward 1830, nach Wieberherfellung der 
NRationalgarde, Bataillonstambour des dritten Batalllone. Roch bei Lebzeiten 
verewigte ihn David in einem Basrelief an dem Giebel des Bantheon. — 2) €. 
& arles Guillaume), Pair von Frankreich, dramatifcher und politiſcher 
riftſteller, geboren 1778 zu Chamoulliy (Ober-Marne), warb nach Au 
zung bes Luſtſpiels »Brueys et Palaprat« Gecretär beim Serzoge, von Baflano, 
1810 Genfor des »Journal de ’Empıres, dann Aufſeher fämmtlicyer Zeitfchriften. 
en anzüglicher Stellen auf Rapoleon in dem Luftfpiele »L’intriguantee verlor 
ex feine Eenforftelle, die er zwar fpäter wieder erhielt, aber in der Reftauration 
2 lange 1920 i Ye Samen, I Ders Rei dr gemäßigten Dppofen am 
u. gelangte: ammer, er er gemäßigten on an⸗ 

e. Gene (1837) ward er Batr. Er ſchrieb außer var —8 Stücken 

»Hist, du thöätre francais« (1820); »Correspondence pour servir à 
Thnsire ge  Yeahliesment du gohvern. representstif a Frances (Paris 

) u. m. 

Elienne, St., 1) Beast im franzoſtſchen Departement Loire, mit 21 [[] Meilen 





ild gar nicht, nur, wenn bie | 
es unterfuchenden —— — oder wen! Mn Bunbeöaaten ſich 
—— kn oder ver⸗ 


——— — —— ST Ieuiliätet bei Gem sam. 
—— hen Krdfa de * az 
ei Geremonie . 
des —— — 5 ——— and Ents 
—— ea ange ‚und zur Ente 


"Vefhai Ssrument 









- 





300 et Ps 2 In Briten vie v * me 1a" te 
on ⸗ 
ihute Schule von E. ſt dieß eine Art nam oder Lyceum und * 


nders für die Iurikifhe Bord beſtimmt. Die Schule hat einen Probſt, 
iceprobſt n. meh ehe fie iR für 70 Scholaren u. über 300 PBenftonäre 
ngerichtet. erricht bat ie — und Eigenthuͤmliches, die 
ucht iſt ſehr ee m die Kor der Zöglinge einfach. Kinder aus den vornehm⸗ 
m 1 Gamllien erhalten hier Unt erricht. Eine aus alter Zelt herrührende — iſt 
daß ſich alle Jahre einmal die Schüler verkleiden und fi k egend 
4 u einem Schmaufe.u. zur Ausſtattung ihres ee a zu eryrefien fd. 
trurien, Landfchaft des alten Stallene (bet 

zriechen Tyrrhenia genannt), die zwiſchen dem etruskiſchen Care aifden) "ee 
m Macra, den Apenninen u. dem Does ein efchloffen u. größer, als das jetzig 
o6fana (f.d.) war. Nach den 1 auptfäbten, von denen die bedeuten zehn 
arquinii, Balerii, Beil, Cluſtum 3 e waren, zerfiel das Land in 12Be 

vr Staaten, Die, obfchen unter einander unabhängig, durch vie 243 
be Religion zufammengebalten wurden u., wenn von — Gefahr drohte, 

ı gleichen volitiſchen Zwecken vereinigten. Zuerſt war bie ſſung dieſer 
— monarchiſch; fpäter trat. an die Stelle des Königthums ein Senat, deſſen 
ieder — aus den edelſten Familien en Wurben. fi 

—*X* ie Etrurier Seehandel und wetteiferten hierin mit den Griechen, Ph 
em u. " Barihagem. Bon der ag dee ice en Bolkes zeugen viele Dente 
äler der Kunſt. Die Bewunderun die zielen fen, mo ko⸗ 
Aalen, ohne Bindemittel vundeung dir 34 Duadern aufgeführten, M 
9 9 eu Zahlreiche — zum Theile in Sell 

—8 Grad architektoniſcher Vollendung. Sehr befannt u. verbreitet find 
e en Gefaͤße, welche  gebptentgeite er — efunden werden 
id aus gebranntem Thon ( ootta) verfertigt fin efe ſowohl, wie die 
kabmäler, find mit A ve verziert, on weldyen E correcte Zeich 


— —X 3 — oe Fan Rage —— 





Paris ꝛc. — Die Gefchichte von E. if aus Mangel an Urkunden ziemlich dunkel. 
Pelasger u. Tyrrhener follen die Urflämme geweſen feyn. Zur Zeit der Grün, 
dung Roms fland das Land in feiner höchkken Blüthe. Innere Unruhen, Kriege 
nad) außen, vorzüglich die Kämpfe mit Rom, in welchen die Stadt Beil eine 
zart lange die Vormauer bildete, führten allmälig den Verfall des Landes herbei, 
3. Sahrhundert v. Ehr. war ganz E. von den Römern besivungen. Indeſſen 
erhielten fidy die volksthümlichen Gebräuche, Sitten u. die Sprache fort, bis die 
Wechfelfälle der römifchen Bürgerfriege, in welche E. verwidelt wurde, audy ſei⸗ 
ner Rationalität ein Ende machten. Es wurbe für das Land der Name Tus- 
cien gebräuchlidy, woraus fpäterbin die heutige Benennung Toscana entflanden 
if. Der alte Rame E. taudyte noch einmal unter dem Gonfulate Bonaparte's 
auf, als im Jahre 1801 das, nur 2 Jahre beftehenve, Königreich E. gefihen 
wurde. Bergl. DO. Müller, „vie Etrusfer,“ 2 Bde, Breslau 1828. — Res 
Ligion der Etrusfer fand im Altertbume in hohem Anſehen. Woher fie die 
felbe gefchöpft Haben mögen, iſt bei den bürftigen Nachrichten, die uns darüber zu 
Gebote ſtehen, ſchwer zu entfcheiden. Die Verehrung ihrer Götter gefchah in 
hoͤchſt feterlicher, ernfler Wetfe, wie denn überhaupt dem Cultus ein vüflerer, 
furchterregender Charakter eufgebrüdt war. Die Pflege u. Ausübung des Gere 
montaldienftes, welcher mit vielem Bompe vollzogen wurbd, lag in den Händen 
der Prieſter. Weiſſa ungen u. Deutung der Zufunft aus dem sgelftuge u, den 
Eingeweiden der Opferthiere bildeten eine befondere Wiffenfchaft, deren Befit 
allein der Priefterftand fich befand. Religiöfer werglau, weicher in dem Kleinften 
göttliche Offenbarungen fuchte, war in dem Bolle allgemein. Prächtige Opfer, 
wobei auch Menfchenopfer nicht ausgefchlofien waren, feierlihe Au Iiige und 
Kampffptele, dienten zur Berherrlichung des Gottesdienſtes. — Bon der Sprache 
dieſes merkwürdigen Bolfes find nur dürftige Spuren auf uns gefommen. Ins 
fchriften, unter denen die widhtigften die eugubinifchen Tafeln u. die yerufinifche 
Inſchrift find, bilden die einzige Duelle. Soviel man aus den bis jetzt erklärten 
Monumenten abnehmen fann, ift die Sprache von der römiſchen ebenfo fehr, als 
von jeder andern, unterfchieden. Die Schrift verräth griechifchen Urfprung. Die 
Literatur ſcheint fi) nach den Andeutungen römiſcher Schriftfieller auf Ritual⸗ 
vorfchriften befchränkt zu haben. WBergleiche, nebft ver oben angeführten Sarift 
®ort, »Museum etruscum.s — Die etrusfifche over hetruriſche Kunft if 
ein Mittelgliev zwiſchen der Aguptifchen und griechifchen, und ein Uebergang von 
der griechtichen zur römifchen Kunſt. Ihr Charakter ift feierlich, Rreng , düfter 
u. fletd auf das Alte, Beſtehende gerichtet; ihre Beiwerke find fchwerfällige Maſ⸗ 
fen; doc, bezeugen die Wölbungen an Bogen u. Thoren ihre techniſche Gefchid- 
lichkeit. Die Kunftwerfe der Etrusfer zeigen die Nachahmung der Ratur in einem 
weit höheren Grade, als die der Aegineten (ſ. d.), aud find fie in Stellung u. 
Gefichtszuͤgen freier u. einige nähern ſich faft dem Bortrattmäßigen. . Vergleiche 
Wendt, „Bertod. der Kunft.“ 
Eh (lat. -Athesis, ital. Adige), Strom in Sübtyrol, an Größe mit dem 
Inn wettelfernd, entfpringt bei dem Dorfe Refchen im Wintfchgau, unmelt ver 
Waflerfcheide des Inne, und burchfirömt dad mit Recht berühmte E.⸗Thal in 
einer Länge von 28 Meilen. Gleich nad) ihrem Urfprunge durdyläuft fie drei 
ochſeen u. bricht aus dem lehten bereit jugendlich ſtark ins tyroliſche Südge- 
trge herunter, das fie bei Salurn u. bet ‚Dorgbetto quer durchſchneidet u. enge 
Klaufen für den Durchzug bildet; auf ihrem Laufe von Meran bis ins Meer 
zuchtlo®, daher oft dem Landbau u, der Geſundheit durch ihre Ueberſchwemmun⸗ 
en verderblich. Das von Ihr burchgogene Thal, Anfenge ‚geöhtent eils Urges 
ge, von Salum bis nad) Verona Kalk, das eigentliche Wein» u. Seidenland 
Tyrols, heißt von Reichen bis Raturns Wintf 68 au, von dort bis Terlan 
Qurg geoten amt, hierauf bi6 in die Nähe von Trient E.Land (Land, Landl) 
u. von Trient bis Borghetto Lagarinathal, mit den Gtäbten: Glurns, Meran, 
Trient u, Roveredo. Der Strom felbR wirb von Meran mit Elößen, von 


Uldmishin— Eipuslsgie. 83 


drei Gtunden unter Bohen, mi it Schfien Befaheen, fonbers mit 

ach Italien. De —— tmann an Ber we in älterer 

Bollgbeamte in el, ber Brufident des Lands 
Re Stanter u — —— — au mem, 


im mälihen a wc — — — 


— aan —X der Eifat bei 

— unelt Trient, se — Ten 
Benebiger Gebiet und — ins adriatiſch 

ce Bintfhgau un Ag bildeten bie urfprün; 4 an 

yrolerlandes, an welche ſich die übrigen Theile allmälig angefchlofien haben, 


iadzin Cd. f. das par eigen des eingeb Soh 4 
rates op In ae ht, be —— * 


a fan Dr, ie Be 3 


Smung und | 
ildet de On Sanıcmdh — a Geiſtl — ee 1827 iR e8 aus 
ter —— Hoheit Dwighi, =) 


— 
neh, alte Em im ma >) am Gttenbadh, 
Gamts hat —— u. ‚San fon dei tut 
D Gulden) m. a an ve vie aufgehol 

enbeimmünfter —A— mit der Stadt @.. 1m 8 
: Straßburg gehörig, 1802 abet 


2 r 
Erle, dem 
— Iche —— ——— — 
unter dem dem Qrrioge von Wärttember; fie aber bald vor 
ae a % no 7 en Banmwolfpin- 
Do —E— mit Karlsruhe, Mannheim, ’ Raftadt, 


ven franz.) d. 6. Studien, nennt man in der Muſil bie FA 
Tonftüde. Diefe verlangen von Geite des Componiſten 

Ihreiten vom Leichten zum en, gute Auswahl ber 5* 

npt les, was mit dem Mi rl er Kenia zu 

vllendung in der muftfaltfchen Darftellun, 

fo Eönnen fle zu den en — —— —— der Ma, 

a 5 Stu diem, geiämmgen, deren einzelne Selle, nach 


egeichnet, zu re 

10; d.h. Wort urddtfäß, der Worter 

Be Ei —— 
t verwan 

were, u. meh Kuba, dan u Gnade, nicht in den Grin einer 
ale zu Salten, fonbern fan Tann in allen flammverwanbten Gpra 


—* ein di 
Sandttit, Zend, —& ——S—— — —— 
> fi) mit der Eiym alage it, befonbere bie Wörter Erde 
———— —— 
Du ht. — ———— si sd we 
depähle. uv. 


94 En — Euböe, 


hiſtoriſchen u. mythologiſchen Notizen ſehr ſchätzbar. Doch iſt es nicht ohne In 
terpolation; wenigſtens weichen die Handſchriften ſehr von einander ab. Heraue 
gegeben ward es zuerſt von Calliergus (Venedig 1499, Fol.), dann von Aldut 
1549, von F. Eylburg (1594, Fol. Lpz. 1816, 4.) und unter dem Titel Ety 
mologicum Gudianum von Sturz (Leipz. 1818—20, 2 Bde). Die late 
nifche E. behandeln Werke von 2. Döperlein (6 Bde, Leipzig 1826 — 38) um 
Schwenk (Etymolog. Wörterbuch, Darmfadt 1827). Für die deutfche E. Leif 
ten die neuern wifienfchaftlichen Grammatifer (3. B. Graff, Ziemann und Ar 
dere) Bedeutendes. 

- En, Stadt römifchen Urfprungs, im franzöflfchen Departement der unter 
Seine, bei Dieppe, an der Bresle, mit 3600 Einw. E. war felt dem 10. Jahıl 
eine Grafſchaft (Comitatus Aucensis) und gehörte fpäter verfchiedenen Häufen 
Bei E. auf der Straße nad) Tröport befindet fidh ein ſchönes Schloß, welche 
Louis Bhilippe, dem es feit 1821 gehört, bedeutend verfchönert hat. Man bi 
merkt bier eine treffliche Gallerie hiſtoriſcher Gemälve, welche 1844 durch ein 
Reihe Gemälde zur Erinnerung an den Befuch, welchen die Königin Victori 
von England vom 2,— 7. Sept. 1843 der franzöfifchen Koͤnigsfamilie abſtattet 
vermebrt worden tft. \ 

Euariſtus, der H., Papſt, wie man glaubt, aus Bethlehem gebürtig, erfamn! 
ſchon in frühefter Jugend die Göttlichfeit des chriftlichen Glaubens u. ging nat 
Rom, wo er in die Klerifei aufgenommen wurde. Sein warmer eier ehr bl 
hriftliche Religion, nebft einer ungemeinen wifienfchaftlichen Bilvung, erwarbe 
ihm eine fo hohe Achtung in dieſer Stabt, daß er nad) dem Martertobe be 
heiligen Anacletus, einmüthig auf, Dielen erftien Stuhl der Kirdye erhoben wur 
E. hatte damals nicht allein die Abgdtterel, fondern audy eine Menge neuer Kı 
gereien zu beftreiten; am meiften machten ihm bie fehr ausgebreiteten Gnoflife 
ihrer groben Glaubensirrthümer und abfcheulicher Grundfäge wegen, zu fchaffen 
Weil fie ſich doch Ehriften nannten, nahmen die wahren Chriften, zum Unte 
fchiede, den Beinamen Katholifche an, den fie nody bis auf den heutigen Ta 
ausfchließend behaupten. Aeußerft beforgt, feine Fatholtfche Heerde zu bewahren 
gab der heilige Papft den Orten, wo fich diefe entweder zur Gotteöverehrung 
oder zum Unterrichte zu verfammeln pflegten, gewiſſe Titel, nad) denen nody her 
tige6 Tags die Gardinäle genannt werden. Bel einer Verfolgung der Chriſte 
erlitt er wegen ftandhaften Belenntnified des Glaubens an Jeſum Chriſtur 
um das Jahr 119 den Martertovd. Die nähern Umftände feiner Todesart fin 
nicht befannt. Sein Gedäcdhiniftag: 26. October. 

Euböda (7 Evßoıa, jebt negroponte, oder auch wohl Egribo8), eine [an 
(24 Meilen), ſchmale (3—4 Meilen), tm Alterthume (Vgl. Herobot 5, 31.) f 
reiche u. fruchtbare Infel des griechifchen Archipelagus, liegt den öftlichen Küfe 
von Attifa u. Böotien gegenüber, von denen fie nur durch die ſchmale, bufen 
artige Straße Curipus getrennt iſt, u. erftredt fi) nach Tcheffalten hinauf, vo 
dem fie durdy den maliichen Meerbufen Getzt Bufen von Zeitun) gefchteden Hi 
Inter dem Ramen Euböa, den diefe Infel unftreitig von den ſchoͤnen Rinbertril 
ten (eü-Boös) erhalten bat, Eennt fie fchon Homeros, obwohl fie auch bei de 
Alten unter dem Ramen Chalcis, Chalfodontis, Makris, Mafra, Abantias un 
Aſopis vorkommt (Vgl. Zander in Erich u. Gruber unter dem Artikel Eubda) 
Die ganze Infel durchzieht von Süden nad Often eine ftetle, aber fchön bewal 
dete Gebirgskette, die eine Höhe von mehr als 5,000 Fuß erreiht und an de 
Dftküfte fchroff zum Meere abfällt, nach der Weftfeite hin dagegen ſich verflad 
u. fruchtbare Thäler und Ebenen, von Heinen Fluͤſſen u. Biden durchfchnitten 
bildet u. verfchienene bequeme Landungepläge darbietet. Die Oſtſeite der Inſi 
it wegen ber vielen Felſen und Klippen zum Landen nicht geeignet und befant 
durch den Schiffbrudy, den eine Abtheilung der Flotte des Kerres 490 v. Gh: 
bier erlitt, welche E. umfchiffen und den riechen bei Artemiflum in den Rüde 
fallen ſollte. Die weRliche Abpachung der Infel läuft fanft zum Guripus ab & 


= 
Rufe um, ve bie 









ilt Pie immels 
— Bere 
e 


n 


—— ». Gh ) die erflen Seeſiege über bi Kiake, als klar 
Ben en ei ac bei Salamis, feierte. Ben if io Allge⸗ 
—— — aber die häufigen N Urbbehen, die von den Alten 


bi ne —* — Ko a er —* 
u waren au 
ıenefler Zeit —F Banberere Heilquellen in —S Bande 
t werden. &. war für Nihen, was Siem ng 
mer. Das npöliche Cal fam-dem attifchen gl —— n, —* * 
vie fer lieferten, in deſſen ng die’ 
en ee Ba 
oo m ’ 
den man —* biegſame Fäden serfafern, — 
verfertigten Züchen urben Dee a Feuer, ee bie Beimmand ur 
‚ gereinigt. 8 atfer Karl V ran von Asbeſt, das er biswei⸗ 
luſtig ung feiner Gaͤſte, nad de aminfener | . Die älteften 
ohner waren die Abanten, ein Selasg licher Fortan 
) ee bie —e— — ; die jetzi —— Fb 
en, durchaus 16 Öriehen. 
— * Griechenland, verciedent ieige Eat he. 
son Athen gerieten. Unter den Gtädten waten im Witerthume Chal⸗ 
os und Rarufos die merfwürbigften. Chalcis, die jegt auch Garne 
—— genannt wird, eine der aueh — ber Erde, liegt an 
e des E. a bi auf 3 Bogen ruhe 
Meifterküd der alten Baukunſt if, mit dem —* iſchen Feſtlande in Ber- 
Die Stadt war ſchon im Iterthume von Natur u. durch Kunſt fo 
— daß fie Polybius (17, 11.), neben Korinth u. Demetrias, die S cafe 
Sriedyenlande nannte, Sept tft fie Die Hauptflabt der Infel, ur 2 
m vertbeidigt u. mit 2 Häfen verfehen. Süpöftlih von chalci 8 la 5 — 
alte und anſehnliche — die beim erſten Einfalle von den Perſern 
ihr.) zerftört wurde. Wieder aufgebe ward fie 2 Jahrhunderte nach N 
abermals zerftört u, liegt noch jept in Trümmern (Bgl. Kochnhorn’d Geo⸗ 
le u Agriecenlan 8 ©, 46.). Die ſuͤdlich Pre von E. war Kari 
einen Bufen, in deren Nähe fidy die Steinbrüche des befannten fas 
“m Marmors befanden. Seht hat bie Stadt ein fefle® Berafhloh, das 
amm Kartell Rofio führt, u. einen Hafen, der aber nur von Küfenfahrern 
cht wird, (Bgl. Cammerer's hiftorif — ia unter de 
ee ehr — ——— eb 
a r verna et iſt, ſo e 
Getreide, Obſt, Del, 4 u. Baumwolle, ſo wie (oe Sir Barmen 
teinkohlen rein he 
Eubulus, beiliger Martyrer. Als im 7. Jahre ver Dioffetianifehen 
folgung, welche Galerius Marimianus fortfehte, Firmilian, Statthalter von 
rn das Blut mehrer Chriften vergoß, kamen &. u. Hadrian von Mans . 
a Bu Gäfaren, um da Belenner zu befuchen. Als man fie am Stabdtthore 
fidht ihrer Reife fr ae © geftanden fe freimäthig die Wahrheit u. wur« 
fogleidy vor den Stattha eführt, der ihnen erft die Selten mit eiſernen 
Den aufteifien lieg, u. fle dat für die wilden Thiere verurtheilte. Zwei 
je darauf, nämlid am 5. März, an welchem die Heiden das Feſt der For⸗ 
i, ber Schubgättin der Stadt, feierten, wurde Habrian einem Löwen vorges 
far u. dann mit dem Schwerte durchbohrt; &. traf daffelbe Loos zwei Tage 
er, am 7. März. Gr wollte lieber jein Leben auf jede Art bingeben, ale 
nach Anbetung der Bötter, wie man ihm den Antrag machte, a alten. Er 
ı der Lebe, r ber au Caſarea, wo bie Berfolgung 7 Jahre uni auf einans 


lH; 


Ir 


X 





5 


ak 


Et pe 


_ Euchariſtie — Eubdämonitmund. 
den Statthaltern, Flavian, Urban n. Firmilian e, den Ma 
Be Uebrigen® beftrafte Bott auf bie —— ——— ben Ich 
weldyer feine beiden Vorgänger an Grauſamkein nody übertraf. Der Kaiſer 
ihn noch in demfelben Jahre, aus Gtrafe für feine emhaupten. 
Jahre früher hatte Urban daſſelbe Schickſal gehabt. E.s tnißtag: 7.8 
E ftie, ſ. Altarſakrament. | 
erind, der Heilige, warb zu Drleand von en, u. f 
men Eltern geboren. Als feine Mutter ihn noch unter ihrem Herzen | 
opferte fie ihn täglich dem ‚der ihr Gebet zu ihrem Trofte erhörte; 
€. folgte von dheit an mehr den Eindrücken u. Bewegungen der gött! 
Gnade, als den natürlichen Neigungen zum Böfen, und machte als anfotäh 
Jangling in der Tugend und in den Wiflenfchaften große Fortſchritte. A 
einmal auf die Worte des heiligen Apoſtels Paulus Fam: „Die Zeit if 
daher bleibt Nichts übrig, als daß, weldye Feider haben, fein, ale hätte 
feine, u. die da meinen, als weinten fie nicht, u. die da kaufen, als bejäße 
Nichte, u. die diefe Welt genießen, als genößen fe derſelben nicht, denn bie 
Rals diefer Welt vergeht“ 1. Kor. 7, 29—31., fo machten biefe Iepten ® 
einen fo mächtigen med auf fein Herz, daß fie für jeine Standeswahl 
ſchieden; denn er begab fi) nım in das Koker Jumieges im Bisthume Rı 
Hier „gelangte er bald zu fo großer Vollkommenheit, daß er nad) dem Tod 
nes Ohelms von väterlicher Seite, des Bifchof6 von Orleans, im Jahre 
ein zu deſſen Nach I erwählt wurde. Er war nun ale Biſcho 
ufludyt der Betrübten, er der Armen, für die er ben ehe 
ner bifchöflichen Einkünfte verwendete, und ein ermunterndes Borbild 
Als Karl Martel, unter dem Borwande, ben Krieg gegen die Sarazenen fo 
fegen, die geiſtli Guͤter angriff, verwies er ihm mit Ehrfurcht uud B 
dieſes Benehmen. Durch dieſe Freimüthigkeit zog er fidh aber den Haß 
Fürfken fo gu, daß er auf Antrieb feiner Feinde mit feinen Verwandten ; 
nach Köln, u. fpäter, weil man ihm die Liebe der dortigen Einwohner mißgo 
nady Lüttich verbannt wurde E., der ſchon lange das Himmelreidh als 
eigentliches Baterland angefehen Hatte, ertrug freudig dieſe Schmach um 
— der Robert, deſſen Aufficht er überwielen war, ae 
fehr hoch, ernannte ihn gu feinem Almoſenpfleger u. erlaubte ihm, ſich 
Klofer von St.. Tron zu begeben, wo er unter frommen Uebungen @ott « 
lebte u. am 20, Februar 73, ſechs Jahre nach feiner Berweifung, mit fri 
Herzen Rarb. Nie war, die ganze Zeit hindurch, auch nur die mindefte K 
weder über Karl Martel, nody feine übrigen zahlreichen Feinde, fo fehr om 
e 


5% 








auch durch Berläumbungen fäßerten, über feinen Mund gefommen. — 20. Fel 
Eudämoniömus, d. t. Slüdfeligkeitslchre, iR diejenige Lehre 
dad Streben nady einer bieffeitigen @tüdjeligfeit als das höchfte und eh 
Prinzip der Moral aufftelt. Je nachdem man nun die Btüdfeligkeit in finn 

oder geiftige en oder in eine Miſchung beider feht, unterfcheidet 
einen gröbern oder feinern E., fo daß verfelbe mehr oder weniger mit dem 
cureiſmus (f. d.) zufammenfält. Mehr noch aber, al6 den Hedonismus (| 
der Gyrenaiter u. teer, u. als den Materialismus eine de la Mettrie 
Helvetius, hat man das Beſtimmtwerden des fittlidyen Handelns burdy den 
blid auf das künftige und ewige Wohl &. genannt u. denfelben vorzüglich 
ber ge en Moral vorgeworfen. Allein die Hinwelfungen des Svangeli 
auf die Blüdfeligkeit Haben einen freieren u. mildern Sinn, als der judiſche 
woraus fie meiſt entiehnt find; fe berüdfichtigen vorgugsweife theils die im 
theils die himmliſchen, ewigen Güter, over find nicht eigentliche Bewegus 
fonbern Bekimmungsgründe und Tugenbmittel, d. h. es wird nicht ſowohl 
ezeichnet, weßwegen wir das einzelne Gute thun foller, als vielmehr angegı 
wodurch die Einficht in das Bute, oder die Liebe zu demſelben gefördert, 1 
a. Gemũth bereitet u. gebildet werden Fönnenz überhaupt, daß das 


Eudiometer — Eugen. 37 


m Weſen des Menfchen gehört u. feine urfprüngliche Ratur tft, fo daß er nur 
uch Gutſein glüdlidy oder alückfetig feyn kann. — ECudämoniſt iſt ein An⸗ 
inger, Lehrer des E.; eudaͤmoniſtiſch heißt: dem E. huldigend, ihm angehörig. 

Eudiomeler, Luftgütemeffer, nennt man verfchienene Apparate, welche 

dienen, die in einem Gasgemenge enthaltene Quantität Gauerfloffgas zu 

mmen. Der Name entfland aus eudia (gute Luft), weil man die Luft 

t defto beſſer hielt, um fo fauerfloffreicher fie war, und aus urrpov, Maß. 

as am häufigften gebrauchte E. ift das Bolta’fche, defien Einrichtung fich auf 
g ded Gasgemenges mit Waſſerſtoffgas gründet. aM. 

Eudorins, 1) Heiliger u. Martyrer, au Marianus genannt, war 
ter Trajan Heerführer von 11,000 Mann in Gallten, die fämmtliche mit ihm 
m Ghriftentbume übertraten und nach Mittlene verbannt wurden, als fie ſich 
Agerten, den Bögen zu opfern. In der erften Ehriftenverfolgung wurde er mit 
nen Freunden Zenon u. Makarius, nebft den oben genannten 11,000 Mann ums 
dracht. Sein Gedächtniß feiert die Kirche am 5. September. — 2) E., ges 
brier u. einflußreicher Kirchenfürft aus Arabiffus in Kleinarmenten, Sohn bes 
Markus, eines Martyrers unter dem Kaiſer Marimian, Schüler Lucians, zuerft 
iſchof zu Germanicia, feit 365 zu Antiochlen, wo durch ihn, einen eifrigen 
daner, die Partei der Anomder oder Astianer Beſtand und Macht erhielt. 
yäter ward er Bifchof von Konftantinopel. Seine Partei (Eudortaner ge 
ant), die Achnlichkeit des Gottesſohnes mit dem Vater annebmend, die We⸗ 
Wähnlichkeit aber unbeflimmt laſſend, oder wentaftens nicht offen u. ausprüdlich 
nwerfend, trennte fid) von den, einer foldyen Annäherung an die Gegenpartei 
holden Aötianern. Unter Valens jedoch, ald das Fünftlidye Unionswerf längft 
e Geltung verloren batte, fehen wir E. wieder als völligen Anomder feinem 
tferlihen Schüler zur Verfolgung der Homouftaner fowohl, als der Semiaria⸗ 
t, Rath u. Beiftand leihen. Er farb zu Nicka 370. Bon feiner „Rebe über 
e Fleiſchwerdung des göttlichen Wortes“ hat man noch Fragmente, 

Eudorss aus Knidos, namhafter Aftronom u. Geometer des Alterthums, 
übte etwa 30 Jahre vor der Mitte des A. Jahrhunderts u. machte ſich durch 
findung neuer, beſonders flereometrifcher Säge, durdy Begründung der Kurvens 
hre u. der geometrifchen Analyfis, um die Geometrie, ſowie durch Betrachtun- 
n am Himmel um die Aftronomie u. Chronologie feiner Zeitgenoflen verdient. 
r fcheint vor allen griedhifchen Philofophen u. Aftronomen Suerf richtigere Vor⸗ 
Hungen über die Krümmung der Erdoberfläche gehabt zu haben, die er theils 
f feinen Reifen nady Aegypten u. Griechenland, theils durch Nachrichten an- 
er Reiſenden fennen lernte. Bon feiner Meinung über die Geftalt der Erde 
fen wir nichts Sicheres; jedoch iſt es nicht unmahrfcheinlih, daß er die 
igelgeftalt gefannt habe. Um die Chronologie machte er fid) dadurch verdient, 
B er die DOctaeteris, den Sjährigen Eyklus, entweder einführte, oder wenigſtens 
befferte. Berühmt war endlich im Alterthume noch feine Sphärentheorte, ver- 
ttelft deren er die Erfcheinungen des Weltgebäudes in eine Art von Caufalzu- 
mmenhang zu bringen ſuchte. Bon feinen Werfen ift Nichts mehr vorhanden, 
Ber einzelne Eitate bei alten Schriftftellern, befonvers bei Hipparch in feinen »Exe- 
s Arati et Eudoxi phaenom.« Vgl. Ideler, Borlefungen über E.; Letronne 

dem »Journ. des savantss, 1840. ©. 741 ff., 1841, ©. 65, 538 ff. 

Engen, Name mehrer (4) Päpfte. 1) EI, ein Römer, ward ermählt 
it Zuftimmung des heiligen Papftled Martinus, noch bei Lebzeiten dieſes letztern, 
7 8. September 654, und verwaltete (von foldyer Zeit an gerechnet) die Kirche 
Jahre, 8 Monate, 24 Tage. Die Gefchichte hat uns von diefem Papſte fehr 
nig binterlaffen; wir wiſſen bloß dieſes nody von ihm, daß er Legaten nady 
nfantinopel ſchickte, die von Kaiſer Conſtans mit ungewöhnlicher Auszeichnung 
pfangen, aber vom Patriarchen Petrus getäuſcht wurden. Allein zu Rom 
derſegte ſich das Volk, und Papſt Eugen mußte ſich verpflichten, das verfäng- 
ve Glaubensbekenntniß des Batriarchen Petrus nidyt anzunehmen. — 2) GE. IL, 


x 


98 Eugen. 


ein Römer, warb im Jahre 824 erwählt u. verwaltete die Kirche 3 Jahre, einige 
Monate u. etliheZage. Seine Demuth u. Einfalt, die mit Kingheit verbunden waren, 
feine Wohlthätigkeit u. Herzensgüte, ließen an der Würdigkeit zu einem fo erha⸗ 
benen Amte keinen Zweifel abrie: Siſin (Zigin) fein Deitbewerber, warb durch 
den jungen Kaifer Lothar zur Ruhe gebracht. Man will E. IL. die Einfüh 
der Wafferprobe zufchreiben, wogegen er aber gerechtfertigt wird: denn 
Päpfte waren ftetd den Orbalien oder Gottedurtheilen entgegen. Im Bilderſtreite 
hielt er die Anficht des zweiten Concils zu Ricäa feft, und der Beichluß ber fran- 
zöflfchen Gelehrten, daß man die Bilder in den Kirchen zwar zum Unterrichte 
des Bolfes, nicht aber zur Verehrung beibehalten folle, warb von ihm verworfen. 
Er ſelbſt bielt bald darauf ein Concil zu Rom, um fowohl die Geiftlichen zur 
firengeren Zucht u. ernftlicheren Berlegung auf die Wiſſenſchaften anzubalten, als 
auch eingerifiene Mißbraͤuche, wie z.B. Gaſtereien u. dad Tanzen an Feſttagen ıc. 
abzuſchaffen. Papft E. machte zum Beflen ver Armen, deren Zahl ſich durch 
die Berheerungen der Erdbeben fehr vermehrt hatte, eine Verordnung, das Ges 
treive immer im geringften Breife zu verfaufen. „Die Fruchtbarkeit der römtfchen 
elver, nebft den zwei Meeren, fagte er, Tann viel leichter in den päpftii 
taaten, als anders wo einen anhaltenden Ueberfluß verfchaffen.” — 3) E. IL, 
von Pifa, ward im Jahre 1145 erwählt und verwaltete die Kirche 8 Sabre, 
4 Monate u. 10 Tage. E., ımter dem Ramen Bernardus vorher Abt in dem 
Klofter des heiligen Anaftaflus zu Rom, wartete feine in der Peterskirche veran- 
ftaltete Krönung nicht ab, fonvern, weil man ihm berichtete: „Die Anführer, 
weldye die alte Republif wieder herftellen wollten, verlangten: er folle fidy von 
ihrem Senate beftätigen laſſen“, verließ Rom und ließ ſich in dem Kloſter zu 
Farfa conferriren. — Sobald der heilige Bernhard (f. d.) vernommen, daß 
fein ehemaliger Schüler zur yäpftlicden Würde gelangt fei, eilte er, demſelben 
väterliche Ermahnungen für die gute Berwaltung feined heiligen Amtes zu ges 
ben, die der Papft gut aufnahm und fich wohl zu Nuten machte. Er ſchenkte 
feinem ehemaligen Lehrer fein ganzes Vertrauen und regierte auch in den flürmts 
ſchen Zeiten feines Papſtihums mit Gerechtigkeit u. Weisheit. Er gab fidh bes 
fonderd Mühe, die chriftlichen Mächte zur Fortſetzung der Kreuzzüge zu bewegen; 
er wendete fidy in dieſer dringenden Angelegenheit an den König Ludwig VIL 
von Frankreich, und der peulae Bernhard befam den Auftrag, den Kr zu 
predigen. (Bol. die Artikel Kreuzzüge u. beil. Bernhard.) Im Jahre 1150 
fchrieb der heilige Bernhard für &. die berühmten »De consideratione libr. V.« 
Befonderd unterhandelte damals mit E. der Kaifer Manuel Komnenus, indem 
er dem Papfte E. einen Bifchof als Geſandten fchidte, der jenem verfchie 
dene Einwürfe über den Ausgang des heiligen Geiſtes u. den Gebrauch des ums 
efäuerten Brodes machte. Der Papſt beauftragte mit der Widerlegung dieſer 
Einmürfe den Bifchof Anfelm von Havelberg in Riederfachen, der bei ihm zu 
Tusculum fidh befand. — Unter E. IH. gab der Camalduenſer-⸗-Moönch Gratian 
zu Bologna feine Sammlung der Eirchlichen Geſeze — Decretum — heraus, bie 
ſowohl den Charakter einer wifienfchaftlichen, als praftifchen Behandlung des Kir- 
chenrechts trägt. Auch wirkte unter diefem Papſte Petrus Lombardus 
(j. d.), berühmt durch feine »Sentimentarium libri IV.« Papft €. flarb 1153 in 
der Nacht vom 7. auf den 8. Julius. — 4) E. IV., Eondulmero, ein Bene 
tianer, ward im Jahre 1431 erwählt und verwaltete die u 15 Sabre, 11 
Monate und 20 Tage. Nach Bafel war bereitd vom Papſte Martin V. 
eine allgemeine Kirchen s Berfammlung berufen, und der Cardinal Julius Cefa- 
rini, einer der tugenphafteften und gelehrteflen Männer feiner Zelt, zum 
Bräfldenten ernannt. Papſt E. IV. wollte nun, daß daſſelbe abgehalten und 
darin audy gegen die Huffiten, welche weit umber Schreden verbreiteten und 
bar Bamberg und Nürnderg bevrohten, Vorkehr getroffen würde Das Concil 
atte ſchon eifrig begonnen, als der Papft daſſelbe wieder auflöfen wollte; allein 
der Garbinal Jultan machte ihm ſehr nachbrüdliche Worftellungen; der Kaifer 


Igtemuue u. Dad Concil befunden darauf, daß weder ein e Anflöfung, noch 
— in eine andere Stadt geſchehen bärfte, und ehten dem Met: 
Dro n 38, von feinem. Vorhaben abzuſtehen. Der Pay gab. 

Concil hielt feine Sitzungen fort. Alſein fpäter verlegte er es nach 
eine Unzufried die im 











5% 
4 


a T 








MEAER, odann S veranl Die Ba 
Esbey, ver: Im einen — F 
keyanen,-ber ſich Fellx V. nannte, br re Pr 

“me 254 erfannt. Was nachher 


; 
Be 


ber . wivergeb. Er war ber. Iehte u. 
cil ara ward am 8. Januar 1438 eröffnet. 
—ãAã 180 —— Sun u vom eo re. 
wurde bafel r —— arhriien Richts 2 
warb im. abe ur") na x 5 


e 


Die Eyaltang van aber — en ‚wo 
33 * fi vum Schr 
au 







3 
hi 
Her 
5 
55 






&s 
Das Concil eh Rad) v 

iber wie Abrigen Gtreitpunfte te über das euer. und 
en Zuſtand Seelen an gem hie; über Sala — 
es Broded im Abendmahle; über bad eben des heiligen Stuhles 
u Rom Marcus von Ephefus 
neriepie In angefommen waren, ent» 
un» der Geiſtlichkeit er Eini⸗ 
ang Beſta 


Bereinigung 
t, kam jeb t zu Stande. Deutfchland 
um Bank m Game 


ch 


1439 Die, 
cm erwa Streben nad) Unabhängigkeit gün dem, Bateler Reformationd- 
Deczete an, proteſtirte gegen die zu Be audg rochene Sufpenflon des Papſtes 
. wollte die weitern Verhandlungen auf ein neues Concil verwielen haben. Als 
Ich u 1443 Kaiſer Sriebrich IL u. vie meiften Fürften für E. erklärten u. 
um E. die Kurfürften Jakob von na und Gugm „on a, die. biöher. 
üicht die Reutralität zwiſchen dem Papſte Bafelern beobadptet, 
onbesn fi) für den Gegenpapft u Kalten, te befchlofien die dadurch 
m Frankfurt ),.&. IV. nur dann als Papſt anzuerfen- 
en, wenn er den Bahia om ber Superlorität der Soncilien über den Bapfk. 
me, ein neue ausfchreibe, die Bafeler Decrete beflätige und 
n der beiden Kurfürken aufhebe. Als Befandter warb der Mr rte u. 
e ®eorg v. Neimburg (f. d.) na R Rom gefandt. Der gab 
efcheid, und Neimburg f eie underni X über Rom, * bren⸗ 
= und den Papſt ſ d, nad) —ãã zurück. Auf —— Sons 
pe Branffart brachte endlich der Falferliche Geſandte Aeneas, burch Unter 








— 


lungen u. Beſtechungen des Mainzer General⸗Vicars Johannes v fura 
eler Eurfürfilichen Räthe, eine V ehrung mit dem Papſte zu Stande, 
— 435. noch auf dem Sterbebette unterzeichnen one Gr flarb 
en 
Eugen, Franz, von Savoyen, allgemein nur Brinz E. genannt. Sein 
Bater war E. Moriz, Herzog von Savoyen⸗Carignan, feine Mutter Olympia 
Rancint, Rice des Cardinals Magarin, fein Geburtsort Paris, fein Ge⸗ 
urtstag 18. Oct. 1663. — Er war er fünfte Sohn des erwähnten Paares, 
bwächlichen 24 u. —28 Stande beftimmt. Die —— — nann⸗ 
en ihn nur den kleinen Ab atte aber gar keine Neigung zum 
Stande u. bat Ludwig X um ei Anftelung im Heere. Sie wurde Hg 
blagen u. nun trat C. in des Kaiſers Dienfte, unter befien ahnen Igor 8 
ütere Ni von ihm fochten. In der Schlacht, welche den Entjah Wiens bewerk⸗ 
fligte, 42. Sept. 1683, zeichnete fi) E. dergeſtalt aus, daß e in Dragoner, 


40 Eugen. 


Regiment erhielt. Die nächftfolgenben 3 Jahre focht er unter Karl von Lothrin⸗ 
gen u. Ludwig von Baden die türfifchen Feldzüge mit, und war namentlich bei 
der Belagerung von Ofen. In der Schlacht von Mohacd 1687 hielt er fidh 
dermaſſen tapfer, daß er zum General befördert wurde. Zur Groberung Bels 
grade 1687 trug er weientlich bei. Nun bereute Ludwig XIV., ven Mann ents 
lafien zu haben, u. befahl ihm durch den Minifter Louvois, zurüd zu kommen, 
fonft habe er ewige Berbannung zu befürdhten. E. antwortete: „Ich werde Frank 
reich fehen, dem Minifter Louvois zum Trotze, aber mit den der 
Hand." Sm dem Kriege, welcher bald darauf zwiſchen Sranfreich u. Defterreich 
entbrannte, drang E. wirklich in das fühliche Frankreich ein. In dieſem Kriege 
(1690—1696) bewährte E. fein Feldherrntalent vergeftalt, daß ihm der Dberbes 
fehl der Armee in Ungarn gegen die Türken übertragen wurde. Mit böchftens 
50,000 Mann griff er die türkifche, über 100,000 Mann ftarke, Armee in. dem 
Moment an, als fie bei Zenta vom rechten 'Theisufer auf das linke binüber 
ging: die Türken erlitteg eine furdytbare Niederlage u. fammelten fidy erft unter 
den Mauern von Belgr Das Prinz E. dieſe Schlacht gegen den Willen des 
Kaiſers geichlagen, deshalb in Wien Falt empfangen worven fet, und fogar fels 
nen Degen habe abgeben müffen, iR eine Fabel, die in neuerer Zeit in der öfter 
reichiſchen militärifchen Zeitſchrift — neue Auflage, 2. Bd. — durch die Mits 
theilung amtlicher Aetenftüde aus dem hoffriegsräthlichen Archive binlän m 
widerlegt it; file wird bier nur darum erwähnt, weil man fie fogar tm —* 
gründlichen Geſchichtswerken findet. Der König von le ließ ihm num 
den Marfchallftab, das Gouvernement der Ehampagne u. Jährlich 2000 Louis'or 
anbieten. &. antwortete, „ich bin kaiſerlicher Feldmarſchall, bin durch Pflicht u. 
Dankbarkeit an den Kalfer gebunden u. brauche weder franzöfifches Geld, noch 
franzöftfchen Marſchallſtab.“ Im fpantichen Succeffions- Kriege waren die Feld⸗ 
züge E.s eine unausgefehte Reihe von Triumphen. 1701 Klug € den Marſchall 
Gattnat bei Carpi, u. Villeroi bei Chiari; am 2. Februar 1702 überfiel er Cre⸗ 
mona u. nahm Villeroi u. mehre franzöſiſche Generale gefangen; 1703 wurde er 
zum Hoffriegsraths- Präfldenten ernannt. Mit Marlborough vereint, erfocht er 
den Hauptfieg bei Höchftäbt 13. Auguſt 1704. Zwei Sahte darauf entjeßte er 
u. der Herzog von Savoyen das hartbenrängte Turinz die Franzoſen erlitten eine 
fo furdytbare Niederlage, daß fie, in Folge derfelben, durch die Beneralcapitulation 
ganz Italien aufgaben. Er drang zum zweiten Wale in das fühliche Frankreich 
ein; weil aber weder der Herzog von Savoyen, nody bie Engländer, in feine 
Dperationdplane eingingen, mußte er ſich wieder zurüdzteben. Im Jahre 1708 
ftand er abermals in den Nieverlanden; vereint mit Marlborough fehlug er Ben- 
dome den 11. Juli bet Oudenarde u. eroberte hierauf Lille. ide Helden ver- 
eint fiegten über die Kranzofen am 11. Sept. 1709 bei Malplaquet. Im Winter 
ping €. in diplomatifchen Aufträgen nady Holland u. Preußen. Indeſſen waren 
n England die Torys an das Staatsruber gekommen, und Kaifer Joſeph I. war 
lötzlich geRorben; dadürch waren die Berhältniffe der Friegerifchen Parteien ges 
dert ; E. ging felbfi nach Cnaland, um Marlborough an der Spite der engli⸗ 
fen Truppen zu erhalten und Englands fernere thätige Mitwirkung zum Kriege 
zu erwirfen: es gelang nicht, u. England u. des Kaiſers übrige Alllirte fchloßen 
den Frieden zu Utrecht. Der Kaiſer febte den Krieg mit ungünfigem olge 
fort, bis E. mit Villerot zu Raſtadt Frieden ſchloß. Er Fehrte nach Wien zurüd; 
es war ihm aber nicht vergönnt, lange Ruhe zu halten; der Krieg mit den Türs 
fen brach aus. Gin großes türkifches Heer belagerte Peterwardein; E. rüdte 
mit 60,000 Mann zum Entfage heran u. ſchlug die Türken am 4. Auguft 1716. 
30,000 Mann, das ganze Lager, alles Gefchüs, fielen den Kaiferlidhen im bie 
Hände; der Großweſir war in der Schladht geblieben; hierauf eroberte &. Tes 
meöwar u. den ganzen Banat. 1717 begann €, die Bela erung von Belgrad; 
der Großweſtr wollte die Stabt entfehen und GE. fland wild eRung und 
dem fehr zahlreichen türkifchen Heer. Während nun E. die Stadt heftig bes 


Eugnbinifche Tafeln — Euflides, 41 


jen Heß, wanbte er fidy gegen das türfifche Heer am 17. Anguſt u. ſchlug 
ı entfcheidender Feldſchlacht; die Keftungen Schabat, Orfova, Semendria u. 
yälfte von Serbien waren Erwerbungen diefed Sieged, dem der Friede von Paſ⸗ 
ig bald folgte. Bierzehn Jahre lebte er nun in Wien, als Generaliſſimus, 
riegerathöpräfldent u. Mintfter in den Gefchäften des Friedens fidh eben fo 
ewährend, wie im Felde. Seine freien Stunden widmete er den Künften u. 
mfchaften; er hatte eine fehr gewählte, zahlreiche Bibliothek, eine prächtige 
erſtichſammlung; das Belvedere in Wien und ver Palaft in der Himmel» 
— zeugen von feinem Geſchmacke in der Baukunſt. Als der franzöſtſch⸗ 
he Krieg ausbrach, mußte er, ſchon 7Ojährig, gegen feinen Willen den Befehl 
e8 übernehmen; er fagte voraus, daß man den ungünftigen Erfolg f 
ter, und nicht der ſchlechten Organiſation der Reichstruppen zufchreiben 
e Rad) dem Frieden kehrte er nad) Wien zurüd und wurde am 21. April 
des Morgens tobt im Bette gefunden; er wurde beerdigt wie ein Erzher⸗ 
E. war von kleiner, ſchwaͤchlicher Geftalt, trug ng fehr einfach; er kannte 
er Neid noch Ränfefucht u. war ein treuer Freund, wie dieß Alles fein Ver⸗ 
5 zu Marlborough beweistz dem Haufe Defterreih war er mit Leib und 
e ergeben; er hatte 10 Wunden im Dienfte desfelben erhalten; unter bie 
ken Freuden feined Lebens rechnete er es, daß ihm vergönnt war, bie Bers 
ung Maria Therefia’8 mit Franz von Lothringen zu erleben u. fo die Forts 
e der Monarchie gefichert zu fehen. Uebrigend hatte er dem Kalfer gera⸗ 
für die pragmatifihe Sanction feine Opfer zu bringen, fondern die Armee 
ermehren, und fidy überhaupt in den Stand zu fehen, für die pragmatifche 
etion Krieg führen zu können; daß der Kaiſer diefen Rath nicht befolgte, war 
Daupturfache des öfterreichtfchen Succeſſions⸗Krieges (fiche die Artikel prag- 
ſche Sanction, und öfterreihhifcher Erbfolgefrieg). Lieber die 
jertiche Laufbahn E.s fiche insbefondere Dumonts, von Rouflet fortgefeßte, 
oire militaire du Prince Eugene; Dumont war zum Theile &.8 Begleiter; 
er die öfter. militärtfche Zeitichrift in vielen Artikeln, u. Kausler, das Leben 
Prinzen E., mit Anmerkungen des Generalen Bismarf. Die Aechtheit der in 
rer Zeit erfchtenenen politifchen Schriften E.s wird mit Recht bezweifelt. Mailäth. 
Engubinifhe Tafeln heißen 7 große, eherne (davon 5 umbrifche und 2 
nische Infchriften enthaltende) Tafeln, die 1444 bei Eugubium (Iguvium, 
Gubbio im Kirchenftaate) ausgegraben wurden, u. wahrfcheinlich aus der Zeit 
erften punifchen Krieges flammen. Sie betreffen heilige Obfervanzen und 
tionen, u. werden noch in Gubbio aufbewahrt. Vergl. darüber Dtfr. Müller 
einem Werke, „vie Etrusfer“ (Bd. 1), ferner Demperfl’8 »Etruria regalis« 
n. 1.), »Gruteri inscriptiones« (Tom. I.) u. Goris „etrusfifche Aiterthümer, * 
drudt u. erklärt in Grotefend »Rudimenta linguae umbricaes (Hannov. 1835). 
Eubemeros over Euemeros, Philofoph der cyrenaiſchen Schule, Schüler 
Bion, lebte am Hofe des macedonifchen Könige Kaſſander. Er fuchte die 
nifche Volksreligion einfach zu erklären nnd nachzuweiſen, daß die, von den 
chen als Götter verehrten, Wefen nur ausgezeichnete Menfchen feien, wodurch 
ih den Namen eines Atheiften auzog. Diefe Erflärungsart der alten Mytben, 
hemerismus genannt, wurde fehr beifälltg von Vielen aufgenommen. Das 
t des E. hierüber „ispa avaypapy“ überfehte Ennius. Spätere Schrift: 
7, 3. B. Diodor, benügten daſſelbe vielfach, ſowie aud) die Kirdyenväter zur 
ämpfung des alten ©otterglauben®. 
Euflides, 1) der Bater der Mathematik, Tebte ungefähr 300 Jahre vor 
Ri Geburt, zur Zeit des ägyptiſchen Königs Ptolemäus Soter. Seine Bas 
adt iſt ungewiß. Die Mathematik, befonders die Geometrie, in der er unter 
ı Griechen der gründlichfte u. berühmtefte Schriftfteller ift, lehrte er zu Alexan⸗ 
ı u. trug ihre Anfangdgründe (oroıxeia) in fünfzehn Büchern, mit größter 
ärfe und Deutlichkeit vor. Man hat darüber zwei griechifhe Commentare 
Proklus u. Theon. Diefer letztere lebte im A. Jahrhunderte zu Alerandrien, 


42 Gulalie — Exlampie, 


und nur nach feiner Reviflon befihen wir die euflidifchen Anfangsgründe. Das 
14. und 15. Buch legt man m 


{ 


t großer Wahrfcheinlichkeit dem Wleranpriner 


Hypfifles bet, der um die Mitte des 2. Jahrhunderts nad) Chriſtus lebte. Außer : 
dem find von E. nody mehre einzelne mathematifche Schriften auf uns geloms 
men. Die fämmtlichen Werke find von D. Gregorius (Orf. 1703, Fol.) berauss ' 
gegeben. Die Elemente einzeln, qulegt von €. %. Auguft (Berl. 1826, 2 Thle ° 


8.). Borzüglicy brauchbar ift die veutfche Weberfegung der Elemente von 3. F. 


Lorenz (neuefte Ausgabe von Mollwelde, Halle 1825), und der Geometrie oder 


der 6 erfien Bücher, nebR dem 11. u. 12., befonders zum Gebraudye der Schu⸗ 


len, von Dems (Halle 1819). Die Elemente, volftändig überfegt von J. Dr 
Säule, : 


mann (Mainz, 1828). — 2) E. aus Megara, Stifter der megarifchen 

einer der aͤlteſten Schüler des Sofrates. In weiblicher Kleidung ging er n 
Athen (den Megarenfern war bei Todeöftrafe verboten, das Gebiet von Athen 
zu betreten) u. nahm an dem Unterrichte des Sofrates Thell. Rad) dem 


? 
[.d 


r 


des Meifers fliftete er Die megarifche (f. d.) Schule. Er farb um 424 ver 
Chriſti. Spisfindige Dinleftit war feiner Schule eigenthümlich, weßhalb fie auch 


die eriftifche, d. 1. die Rrelifüchtige, genannt wurde, 
Eulalia, heil. Jungfrau u. WMartyrerin, geb. I Barcelona in Spanien, 
wollte für die Ehre Jeſu Chriſti und für die Wahrheit 


der chriftlichen Religien : 
fterben, u. begab fi) deßhalb unter der Ehriftenverfolgung Dacian's, eined ah: pr 


ordnetem Diocletians, nach Barcelona (ihre Eltern waren früher ſchon mit 
aus der Stadt geflohen). Bei ihrer Ankunft in der Stadt ſaß Dacian eben auf 
dem Richterſtuhle und erließ feine blutigen Befehle Da drang fie unerfchroden 
durch den zahlreichen Volkshaufen u. redete den Richter mit einem Muthe und 
einer Entfchlofienheit am, welche ihr Alter und ihre fonfligen weiblichen Cigen⸗ 
fhaften weit übertrafen; fie warf ihm feine Grauſamkeit vor u. drohte ihm mit 
der ewigen u. gerechteften Strafe. Diefer ganz unerwartete Verweis, aus dem 
Munde einer noch fo jungen Frauensperſon, brachte den Richter gänzlidy aus ber 
Faſſung. — „Wer bift durdenn?" — —F er endlich — „daß du es wagſt, 
mit mir, der ich bier mit Anſehen u. kaiſerlicher Vollmacht fige, alfo zu reden? 
Fürdhteft du dieß nicht?“ Sie antwortete: „Ich bin eine Dienerin Jeſu Chriſfti, 
welcher ver Herr aller Herrfcher, der König aller Könige if; nur feine Macht 
fürchte ih; nur feine Befehle find mir 5 ig" Ueber diefe Antwort höchft ent» 
süftet, befahl Dacian den Schergen, fie mit Ruthen zu fchlagen, weldyen Befehl 
diefe Würheriche mit ſolcher Braufamkeit vollzogen, daß bald dad Blut von als 
len Seiten herabrann. E.s Stanphaftigkelt wurde durch dieſes empörende Ber 
fahren keinesweges erfcdyüttert, fondern de rief mit fefler Stimme aus: „Bott iR 
mit mir; er Rärkt mich u. fo empfinde ich eure Beinen nicht. Umſonſt verfucht 
ihr diefe an mir, Nichts wird mich von meinem Glauben abwendig machen." 
Durch diefe Aeußerung wurde Daclans Zorn nur nody mehr entflammt. Er ließ 
fie dann mit Fackeln brennen u. fievendes Del in ihre Wunden gießen. Aber den⸗ 
nody hörte fie nicht auf, Gott zu loben und für ihre Beiniger zu beten. So 
hauchte fie ihren feligen Gef aus. Ihr Todesjahr wird auf 303 angegeben. 
Ihr Gedaͤchtnißtag: 12. Februar. 

Eulampia die H. u. ihr Bruder Eulampius flammten aus einem alten, 
vornehmen u. reichen Geſchlechte Nikomediens; ihre Eltern waren gotteöfürdytige 
Chriſten. Nach dem Tode ihrer Eltern verließen beide Geſchwiſter die Stadt 
ganz u. zogen in einen etwas davon entlegmen Ort, dem reinften Gottesdienſte 
u. der Ausübung chriftlicher Tugend lebend. ulampius zog ſich nach einiger 
Zeit ganz in die Wüfte zurüd u. lebte als Ginfiedler. Als er nad) vielen Jah⸗ 
ten wieber nach Nikomedien Fam, wurde er, da er ſich offen als Chriſt befannte, 
eingefertert u. gegeißelt. Sobald dieß feine Echwefter E. vernahm, eiite fie uns 
verzüglidh ebnbakin u, erflärte ſich daſelbſt für eine Chriſtin. Da beide auf ihrem 
Sehänpniffe verbarrten, fo wurden dem Eulampius die Augen ausgeſtochen u. er 
dann enthauptet; die heilige E. aber bei den Haaren aufgehenkt, gegeißelt u. in 


Eule — Enlenfpiegel, 48 


ſem Feuerofen geworfen. Als fie aus dieſem ıumverfehrt hervorg erklaͤrten 
)mehr als 200 Zuſchauer zum chriſtlichen Glauben. Run wurde ſie enthaup⸗ 
u. noch an demſelben Tage alle die Bekehrten: im Jahre 290 n. Chr. unter 
tocletian® Regierung. Gedächtnißtag: 10 October. 

Eule (strix L.), Gattung aus der Ordnung der Raubvögel (bei Goldfuß 
ter der Familie accipitrini, bei Cuvier unter den nächtlichen Raubvögeln, bet 
en unter den Geichlechtsfalfen); mit zufammengedrüdtem, vom runde an ges 
genen Schnabel, der mit Borften umgeben tft, rundlichen Rafenlöchern, gefpals 
er Zunge, großem, rundem, dicht befiedertem Kopfe, großen, vorwärts gerich⸗ 
m Augen, mit fleifen Federn umgeben, ftarfen befieberten Beinen, 4 chen, 
en eine ſich nach vorn u. hinten wenden Tann; ſie haben ein beſſeres Geſicht 
. Radıt, wo fie nur auöfliegen, fcharfes Gehör, frefien kleinere Thiere, werden 
durch mehr nuͤtzlich ale ſchädlich, u. fliegen ganz leiſe. Die E. galt bei den 
tem als Zodesverlünderin u. überhaupt ald ſchlimmer Bote, befonders in ben 
mithen Aufpicen. In Athen aber hielt man fie für eine Berfünderin des 
Hüdes u. Sieges, well fie der Athene, der Echupgöttin der Stabt, heilig war 
aber fie auch auf athenätfchen Münzen, auch auf Kolonialmünzen, nebft dem 
opfe der Pallas, auch auf denen von Megara u. Kamarine, vorkommt). Diefe 
re, fo wie die, daß fie Symbol des unermüdeten Studiums in den Willens 
aften war u. noch tft, verdankt fle ihrem Aufenthalte in der Einſamkeit, ihrem 
schwachen der Nächte u. dem Ernften, Finftern, ſcheinbar Nachdenkenden ihres 
eſens. In neuerer Zeit hält fle (namentlich dad Käuzlein) der Aberglaube für 
beit end und verbindet fie mit allem Unheimlichen, mit Gefpenftern, pam 
f. w. Urſachen hievon find: daß fie des Nachts fliegt, daß fle hierbei den 
:anfenzimmern, weldye fpät Abends allein erleuchtet zu feyn pflegen, nadhfliegt 
fd) vor ihnen oft anflammert, dann ihr trauriged Geſchrei. Eo gibt eine Menge 
m Arten u. Unterarten; die befannteften der Uhu u. waun. 

Eulenfpiegel, Till. Das Befte über diefe ſtehende Figur des beutfchen 
olföwiged hat Bilmar (in feinen Borlefungen über die Geſchichte der deut⸗ 
ven Rationalliteratur S. 373 f.) zufammengeftellt. Er fagt: „Bel weitem bie 
deutendſten Streiche des T. E. waren fchon früher befannt u. an Iuftige Ber: 
nen anderer Namen geheftet; andere find bie traditionellen Wige einzelner 
tände u. Gewerbe, wie das Ermeleinwerfen u. Dal, u. fönnen nur von dieſem 
tandpunfte aus in ihrer Lächerlichkeit u. Luftigfeit recht gewürdigt werben. Es 
der Wig der Landfahrer u. wandernden Handwerfögefellen, der nicht gemacht 
nicht erfunden, fondern mit dem Handwerfe felbft erzeugt, wirklich erlebt und 
abren ift, u. fih unter den mannigfaltigften Geftalten unauflöslidy wiederholt, 
e dem Buche vom €. fein Dafeyn, feine unverwüftliche Dauer u. auch feinen 
läugbaren fomifchen Werth gegeben hat. Run mag ed in Norddeutſchland 
end einen, durch feine Streiche und Wite hervorragenden, Landfahrer gegeben 
ben, an dem ſich in dortiger Gegend gleichfam nothwendig die längft umlaus 
den Witze anhefteten ; der vieleicht mandhe derfelben abſichtlich oder unabfidhts 
b wiederholte, u. defien Leben dann die Veranlaffung zur epifchen Zufammens 
nung der, bis dahin vereinzelt umlaufenden, Hiftorien gab. Till mag er ges 
ißen haben u. zu Möllen im Medienburger Lande mag er im Jahre 1350 wirk⸗ 
h begraben ſeyn (wie denn vor noch nicht langen Jahren auf diefem Grabe 
te Linde land, in welche jeder wandernde Handwerksburſche einen Nagel zum 
‚abrzeichen einfchlug); E. hat er gewiß nicht geheißen, da diefer Name auf der 

16. Jahrhundert fändigen Revensart beruhet: „Der Menſch erkennt feine Feh⸗ 
: eben fo wenig, wie ein Affe oder eine Eule, die in den Spiegel fehen, ihre 
ene Häßlichfelt erfennen,“ u. neben E. auch die Bezeichnung Affenfpiegel 
: den doch vergeblichen Tadel der menſchlichen Narrheit vorkommt, alfo diefer 
ıme zu deutlich die Eigenſchaft des thörichten Weiſen bezeichnet, in dem die 
elt ihre eigene Thorheit belacht, ohne diefelbe zu bemerken, ald daß wir ihn 
den wirklichen Namen halten fünnten. In Süpdeutfchland war auch, obs 


u | | Erler Eulsgien. 


eg 
e E. no en die e un 
und es galt ber der Rame Bochart. Gr feit Diefer Fee bee br 
Jahrh., begann der Name ©. allgemein zu werben und alle frähern 
Rarrennamen völlig zu abforbiren.” — Die, nady ugs ro erfte 585 
tſche Ausgabe von 1483 iſt, fo ſcheint es, et n acht vo 
von circa 1495 nachgewieſen. Andere alte Ausgaben —— 
traßburg 1519 u. zu Augsburg 1540. 
uler, 1) Leonhard, berühmter Mathematiker, geboren 15 April 1700 
zu Bafel, * eines er6, ward von feinem Water —— vorgebifeeh 


ae A Bean * GE eee — 7 
v Mathematik u. 
— 3 Sünglin ——— he rem! Nede die Ga 1. Reiotonfäe 


vergl 
bilofopbie u. er hu e ürbe. re 1727 folgte e Bernoulfs 
Bee en Sum min Er 

‚und w ort zu or der Phy , 

soft u. 1733 der Bathematil. 1741 folgte er einem eh chen 3 
fefior der —— ‚nad Berlin; kehrte aber aber 1708 af eine —— 
ladung der ruſſiſchen Kalfı en Abechut St. Petersburg zuräd, 

* — mit Ehrenb bis Ai —— Tode als Direktor ber 

athematifchen Bla af vr geg et lebte. e raſtloſe — ug zeg 

ſchwere Krankheiten n. biefe a htm den tg des Se u 
rande büßte er fein Haus mit se a oe tothef ein u. 

— 


AFF 





3 


ſelbſt nur mit —* Er aus ben aber von der K 
ferin für feinen Ber 


£ 
8 
ep 
PER 
Br 
x 
ni 
+ 
Fr 
in 
hi 
SH 
FE 


. war * 
—* an 4 af: BR Feine eich, Sähneligf at ent 
neuerer Zeit kann man eine foldhe, faR un ne 
cin A eten, bei dee fig ı — Bruch tbaͤrkeit an neuen 

* föquellen rüh Alle Theile der Mathematil — er, und d 

el u under feinen Hinen € eine — neue ir In drei 
lößte er eine Aufgabe, für welche an en Sonate 
ten. Gilfmal wurden nur von der —* ale zu Paris feine Abhan 
in mit dem Preiſe gekrönt. Selbſt als er faft blind geworben war, 

eine mathematifchen Rechnungen mit Kreide auf einer Tafel, von der fie d 
feine Sefretäre 3 u. unter ſeiner Kufrpt zu eben, Yale, 
I wurden. E. war Mitglied der —2— t. —— — in m Don 
don, Paris u. BVlteffingen u. führte mit den igen von Preu 
den größten Gelehrten h iner Zeit einen a a, = fc * über 
Mechanik, Aftronomie, Integral: u. Differentialr ung, Op Mague⸗ 
tismus, Artillerie, Schiffbau, Muͤnzweſen ıc. u. einen eb ht wenlger ale 45 
größere Werke u. 681 fleinete Abhandlungen, die in den Annalen der Akademie, 
deren Mitglied er war, nebrudt wurben. einer eigenen Schrift („Rettung bes 
Dffenbarung gegen die Einwürfe der Sreigeifter.“ Berlin 1747) bewies er feine 
Religiofität u. innige Anbänglichteit an das Chriſtenthum. Unter feinen drei, von 
‚hm gebilpeten, Söhnen bat fidy beſonders ausgezeidhnet 2) Sohann Albert, 
geboren 27. Rov. 1734 zu St. Betersburg, fett 1754 Mitglied der koͤnigl. Aka⸗ 
Demie u. ſeit 1758 "Direklor der Sternwarte zu Berlin, 1766 Profeſſor ner PhyRt 
. Mitglied dir Alapemie zu St. Petersburg, geftorben dafelb 6. Sept. 1800, 

ale Staatsrath. Er fchrieb mehre eingeln erichienene ss en über Kun 
Aftronomie u. —— und viele Abhandlungen in die Denkſchriften 
Akademien von München, Berlin u. St. Petersburg. Weber Leonhard E * 
gleiche fein Leben von feinem Sekretär u. Schüler Fuß. 

Eulogien heißen jene gefegneten Diode, bie man, zum Selchen der Sräber 


Ci 





& 
3 










# 





Eumenes — Eumeniden, 45 


Eichen Liebe u. kirchlichen Gemeinfchaft, einander überfandte u. von einander ans 
sub. Beſonders that dieß jeder neu erwählte Bifcyof u. überfandten E.; die Ems 
Hänger aber erklärten bvurdy deren Annahme, daß fie jenen ale rechtmäßigen Hirten 
aerkennen und Gemeinfchaft mit ihm haben wollen. Bis ind A. Jahrhundert 
var es die Euchariftie — die als E. gebraucht wurde. Da jedoch das al⸗ 
inbeiligke Sakrament hiebei mancher Gefahr der Verunehrung ausgeleht war, 
R, da fhon das ungeziemend fchien, daß es zuweilen nicht angenommen, fonvern 
prüdgefhidt wurbe: fo verorbnete zuerft ein Provinzial⸗Concil zu Laodicea, fos 
dann die gefammte Kirche, daß, anftatt des fatramentalen u. confecrirten, bloß 
geſegnetes Brod, u. zwar entweder eigend benebicirtes, oder ſolches, welches bei - 
ver Opferung nad) der Auefheibung für die Conſecration übrig blieb, ale €. 
gebraucht werden dürfe. E. letzterer Art empfingen auch die Mönche an den Ta- 
gen, an welchen fie nicht communizirten, u. die Griechen reichen fie auch noch 
jest dei jeder Meſſe. Sie follen eine Erinnerung an die heilige Communion 
fen u. ver geiſtlichen Communion ald Subftrat dienen. T. 

Eumenes, 1) geboren zu Kardia In Thracten, Philtpp’s von Macedonien 
Freund u. Geheimfchreiber, trat fpäter zu Alerander dem Großen in das gleiche 
Berhältniß u. wurde nady deflen Tode (323 v. Chr.) durch Perdikkas zum Statts 
halter von Kappadocien ernannt. Diefem treu ergeben, widerfland er den Bers 
lstungen des Leonatos zum Abfalle, u. ſchlug (321) den Krateros in einer ents 
ſcheidenden Schlacht, in welcdyer diefer und Neoptolemos fielen. Als nach des 
Berviffas Ermordung Antipater die Obmacht erhielt u. E. ächtete, bielt ſich dies 
fer gegen den, wider ihn abgeſchickten, Antigono® mit einer Heinen Schaar über 
ven Winter in der Fefte Rora in Phrygien u. entfam glüdlih. Mehrere Jahre 
focht er, der einzige treue Freund von Aleranderd Familie, glücklich u. ruhmvoll 
gegen Antigono® überlegene Macht, bis diefer durch Beſtechung die Archiraspiden 
(die macebonifchen Kerntruppen) zur Auslieferung ihres Anführer vermochte. 
Zum Hungertode verurtheilt, ward er am 3. Tage von feinen Wächtern umges 
bracht (315 v. Chr.). Plutarch u. Cornelius Nepos befchrieben fein Leben. — 
2) E. I., Beberrfcher von Pergamum, erweiterte durch glüdliche Kriege gegen 
Eyrien u. durdy die Gunft der Römer fein Eleines Gebiet zu einem Königreiche 
u. farb 242 v. Chr. — 3) €. II, König von Pergamum, Sohn Attalos I., ers 
bielt von Rom, ald Preis der gegen Antiochos den Großen geleifteten Dienfte, das 
and bis an den Taurus, u. Pergamum wurde unter ihm die herrfchende Macht 
Kleinafiene. In feinen Kämpfen gegen Pruftad von Bithynien u. Pharnaces 
son Bontus hatte er an den Römern einen mächtigen Rüdhalt; als er aber in 
tem Kampfe derfelben gegen Perfeus von Macevonien Zweifel an feiner Treue 
eregte, mußte er, von ihnen im Stiche gelafien, ſchwere Demüthigungen erfahren u. 
karb 158 v. Chr. 

Eumeniden, over Furien. Unter den Gottheiten der Unterwelt gab es drei 
Töchter ver Nacht und des Acheron, oder des Pluto und der Proferpina 
ſelbſft, deren Geſchäft die Marter der Unglüdlichen im Tartarus, oft aber auch 
vie Beftrafung der Bewohner der Erde durch Wuth u. Wahnftnn war; befondere 
wurde diefe Strafe veranlaßt durch Frevel gegen die Eltern, u. in der Unterwelt 
üchtigten fie vornchmlidy die Meineidigen. Die Griechen nannten fie Erinnyen 
(Epıvvös oder richtiger "Epıwös) in Athen vorzugöweife oeuvar, die Ehrwür- 
digen, fonft auch in Hinſicht auf ihre Ausfühnung E., und die Römer Furien. 
Ihre Ramen waren: Tifiphone, die befonders zur Erregung anftedender Seu⸗ 
hen abgefandt wurde; Alekto, deren Gefchäfte die Verheerungen des Krieges 
waren, u. Megära, lirheberin der Wuth u. des Mordes. Sie hatten bei den 
Sriechen u. Römern befondere Tempel, u. bei den letztern ein eigenes Feſt, wenn 
anders die Furinalien ihnen, u. nicht etwa emer von ihnen unterfchiedenen Göt- 
tin Furina, zu Ehren gefelert wurden. Abgebildet wurden fie mit Schlangenhaaren, 
mit fchredlichem Gefichte, ſchwarzem u. blutigem Gewande u. die Badel der Wuth 
in der Hand. Bgl. Virg. Georg. 3, 551. Aen. 6, 595. 7, 341. 415. 12, 845. 


4 el Enyhrat. 


Ovid, Metam. A, 480. — cher nie tragiſche u. artiftifche Darftelung der Fu⸗ 
rien f. „Die Zurienmasten a Txrauerfpiele u. auf ben Vilderwerfen ber alten 
Stiedyen,“ eine ——— Unterſuchung von C. A. Böttiger (Weimar 
1801). K. D. Müllers Abh. Über die E. in feiner Ausgabe von Wefchylus €. 


65 ff. 
Eurtofpns (d. i. der ſchön Stegende), Sohn des Bofeidon u. der Ghione, 
ein Thrazier, welcher ald Sänger, Krieger u. Priefler der Demeter erfcheint. Er 
wanderte in Attifa ein, befriegte mit den Eleufiniern den König Erechtheus, und 
führte die eleufintichen Mufterien ein. Das Altertfum unterſchied Mehre d. R. 
on ihm leitete eine angefehene Familie in Athen, die Eumolpiden, ihren Urfprung 
ber, aus welcher die Briefter der Demeter in Eleuſis gewählt wurden. 

Eunuch (egentli Betthalter, Betthüter), eigentlich gleichbebeutenh 
mit Gafrat (ſ. d. Artifel Berfchneidung), heißen im Oriente feit den Altefen 
Zeiten entmannte Sklaven, befonderd zur Bedienung und zur Aufſicht über Frauen. 
E.en hoben fidy oft durch Anhänglichkeit und Berfchmigtbeit zu Bünftlingen ihrer 
Herren und erhielten die angefehenften Aemter; ja, man bezeichnete logar eine ger 
wiſſe Art von Hofamt damit, das etwa dem eined Kammerherrn bei und ent 
pricht. Noch jebt find Im Driente eine Menge Een, befonders zur Bewachung u. 

edienung des Harems, allgemein, u. diejenigen, weldyen die ganzen äußern Ges 
fchlechtstheile weggenommen find, find beſonders gefchäßt; eben fo die ſchwarzen 
Berfchnittenen aus Aethiopien; andere, mehr grau, fommen aus Golkonda, aus 
Dftindien; noch andere, olivenbraun, vom bengaliſchen Meerbufen; wenige weiße 
aus Georgien u. Eircafflen. 

Eunns aus Alerandrien, Martyrer u. Knecht. Als derfelbe ven, vom 
Podagta befallenen, heiligen Julianus mit feinem Kameraden vor den Richter in 
einem Sefiel tragen mußte, befannte ſich &. zum dhriflichen Glauben, fein Ka⸗ 
merad aber verläugnete ihn. Der muthige Belenner wurbe nun, mit feinem 
Herrn Jullanus, aufein Kameel gepadt, dem Bolfe zur Schau unter Geißelbieben 
durch die ganze Stadt geführt und zuletzt auf einem Gcheiterhaufen verbrannt. 
Sein Gedaͤchtniß: 27. Februar. 

Eupen, Stadt im preußifchen Regierungsbezirke Aachen, in einem mn hr 
men Thale an der Weeze, mit 12,000 Einwohnern, darunter viele franzoflf 

lüchtlinge; berühmt durch Tuch⸗ u. Gaftmirfabrifen, welche jährlich gegen 50,000 
de liefern. Auch beftehen Kabrifen in Seide u. Cichorien. 

Enphemismus tft eine rhetorifche Figur, vermöge welcher eine harte, widrige, 
unangenehme oder anfößige Sadye mit einem milderen Ausdrude bezeichnet wird; 
daher euphemiftifch: mildernd, befchönigend. 

Euphon (griehifh), wohlklingend, if der Name eines, von Chladni 
(1789—1790) erfundenen, muftfalifchen Snftrumentes eine Nachahmung der Hat 
monifa, in Geftalt eines Schreibepultes, mit AO horizontal liegenden gläfernen, 
cylindriſchen Röhren, welche mit einem Schwamme benept u. der Länge nady wit 
den Fingern geftricyen werden. Die Röhren geben die Töne vom kleinen o bis 
zum dreigeftridyenen f biatonifch-.chromatifch an, find zwar angenehmer, ale die 
der Harmonifa, Fönnen aber nidyt fo lange ausgehalten, dabei auch nidyt das 
Anſchwellen erwirkt werben. 

Euphonie (vom griechifchen govy Stimme, u. eu gut, wohl), Wohllaut, Stimme, 
Klang. Der Ausdrud wird hienady auf die Befchaffenheit des Tones, gi den 
Klang bezogen u. if daher von Euphemie, ald wohllautende Stellung der Worte, 
verfchteven. Daher euphoniſch: wohlflingend, 

Euphrat, Frat oder Prat, in der Bibel Phrath, der größte Strom 
Vorderaſtens, entfteht in Armenien aus zwei Quellflüſſen, dem ſuͤdlichen 
und größern Murad⸗Tſchai, vom Ararat fommend, und dem eigentlichen rat, 
der bei dem Dorfe Kifil⸗Kliß unweit Erzerum entfpringt, Beide vereinigen ſich 
zwei Stunden oberhalb des Städtchens Kieban-Maaden umd bilden von da an 

den eigentlichen, hier 120 Schritt breiten Strom. Bis hicher IR der Murad- 


7 





—IAn— 





eu 
ER 







11 
ER 





25 
E 





das fie Ihr führte, u. nahm 
fie abholen u. an einen vornehmen Ma 
leter. Befreit von allen irdiſchen Sorgen, firebte 
edem Tage nach höherer Bolllommenheit. Sie hatte 
‚ allein fie ging allezeit Repreich aus demſelben 
uchung — fie zu der Oberin und enideckt 
ar, den hoͤlliſchen Feind zu demuͤthigen u. heils 
enen fie Lebensweiſe einrichten konnte. 

Die — der Kenntniß innerer e ſehr bewandert, troͤſtete fie und 
gab ihr an die Hand, ſelbſt aus dieſen Prüfungen Nutzen zu ziehen; zu⸗ 
weilen fi fie ihr und demüthige Uebungen vor, um Fr immer mehr 
von fich ſelbſt ennen, u. ihre Seele dadurch zum Empfange noch größerer 
Gnaden vor en. Eines Tages -befahl fie ihr, einen großen Steinhaufen 
von zu fchaffen. Die Heilige gehorchte ohne Wider 
we, and zwar breißig Toge hinter der. Dieſer Gchorfam, mit andern koͤr⸗ 
unden, half ihr einen volllommenen Sieg über den 

Satan erringen, der fie dann nicht mehr beunrubigte. Da fie jeverzeit die nie 
häfe der Genoſſenſchaft allen andern vorzog, ſchaͤtzte fie ſich glücklich, 

fie beauftragt wurde, die Kammern ihrer Schweſtern zu reinigen, over Waſ⸗ 
in Die Küche zu tragen. en Zug mag beweifen, wie weit fie es in 
u. Ganftmuth gebracht hatte. ine Kloftermagd fragte fie einmal 

: warum fie nur einmal in ver Woche efle, und ob fie durch dieſe 
benderbarkeit fid, vor den übrigen Schweſtern ausgnjelchnen denfe, die feine 
Enthaltfamteit zu beobachten vermöcdhten? — E. erwieverte darauf: fie 

dieß nur au I der Oberin; da ſchalt fie die Magd eine Pendler 
weiche unter täufchendem Außenſcheine eine geheime Eitelkeit verberge. Ohne auch 
mr ein Wort zu erwicdern, warf ſich die Heilige ihrer ungerechten Anklaͤgerin 





' 
1 
— 


J 





J 
2 
& 
7 
SZ 
85 


Re} 
5— 
35 
78 
5 


23 


48 Euphrofyne — Enripide. 


zu Füflen, bat fie um Verzeihung, als wäre fie wirklich ſchuldig, und flehte fle 
zugleich um den Beiftand ihres Gebete an. E. ftarb 410, in einem Alter vom’ 
ne an ; on und nach ihrem Tode hat Gott fie durdy mehrere Wunder ver⸗ 

errlicht. — 19. T2. * 

Euphroſyne, heilige Jungfrau, war die Tochter eines ſehr angeſehenen 
Mannes, Namens Paphnutius, u. fühlte ſchon als Kind großes Verlangen, fh 
Jeſu tn Elöfterlicher Einfamtelt ganz zu weihen; jedoch flellten fid) der Ausfih 
rung ihres frommen Borfages gewaltige Hinderniſſe von Seiten ihres Vaters MM 
den Wen. Als fie endlich die Unmöglichkeit einfah, viefelben zu ae ea: 
floh fie heimtich, in einem Alter von 48 Sahren, wahrfcheinlicdh, um fidy X 
zu verbergen, in einem Mannskleide. Ohne Zweifel iſt zwar den natuͤrlichen 
den offenbarten, göttlichen Satzungen der Kirche eine ſolche Verkleidung g 
wider, infofern fie nicht die Außerfte Roth, wie die Rettung eines Menſchenle 
entfchuldigt. Allein bei unferer Heiligen Eonnte fie wegen unläugbarer Unten : 
niß diefer Vorfchriften und der geraden Einfalt' ihres Herzens einige a 
verdienen. E. gelangte unter dem Ramen Smaragbus zu dem Abte Theod 
der einem, nahe bei Alerandria gelegenen, Kiofter mit 350 Ordensbrüdern vor 
fon. Auf feinen Rath fchloß fie ſich allein in eine Zelle ein, wo fie unter ber 

eitung eines weifen Führers ihre Zeit in Handarbeiten, Werken der Abtöbtung 
u, verfchiedenen Uebungen der chriftlichen Frommigkeit zubrachte. Da ihr Bater 
ſehr oft ins Klofter kam, befudhte er auch fle zuweilen, ohne fle zu erkennen, » 
erhielt treffliche Welfungen von ihr, die ihm als Leitfierne auf der Bahn | 
Helles vorleuchteten. Erf auf dem Todbette enthüllte fie ihm das Gehetunif, 
feine Tochter zu feyn, und ftarb in feinen Armen, nachdem fie 38 Jahre in ber 
Einſamkeit zugebradyt hatte. Paphnutius wurde durch ihr Beiſpiel fo gerührt, 
daß er ſich in daſſelbe Kloſter zurüdzog, wo er noch 10 Jahre in der Zelle e 
ner Tochter lebte, ehe er im Rufe der Heiligkeit im 5. Jahrhunderte der chriß- 
lichen Zeitrechnung flarb. Die Kirche feiert das Andenken viefer Heiligen 
am 10. Yebruar. 

Euphroſyne, eine der drei Grazien (f. d.). 

Eurhythmie (griechiſch), überhaupt: fchöne Uebereinſtimmung der Theile zum 
Ganzen; in der Baufunft: Uebereinfiimmung der Thelle in der Zuſammenſtellung 
unter fi), und ſchönes Verhältnis zum Ganzen; in Muflf, Geſang und ZTang: 
wohlgeordnete Bewegung in der Ausführung; in der Eprache Rhythmus, und 
beim Vortrage einer Rede paflende und ſchöne Körperhaltung. 

Euripides, der jüngfte der drei großen griechifchen Tragifer, geboren auf 
Salamis im Jahre 480, am Tage des dort erfochtenen Stege über die Perſer 
Auf feines Vaters Mneſarchos, eines Echentwirıhes, Wunſch winmete er fi 
der Gymnaſtik, gab aber bald der Pbilofophie den Borzug und warb ein 
Schüler des Anaragoras und Protagoras, und des Sofrate® Freund. Auf 
foldye Weife reich vorgebildet, wandte er fi) als Dichter der Tragödie zu und 

emann 442 in ihr zum erftenmale den Preis. Er farb 407, während eines Bes 
—* bei dem Könige Archelaos in Macedonien, der über feinem Grabe zu Bella 
ein Denfmal errichten ließ. Die Athener, die vergeblich feine Gebeine zurückver⸗ 
langten, festen ihm ein zweites mit der Infchrift: „Ganz Griechenland iR des 
E. Denkmal, Macedoniens Erde bededt nur feine Gebeine,“ und ftellten feine Bild« 
fäule im Theater auf. Eine reiche und damals noch neue Welt des Gemüthes 
erjchlicht ſich in feinen Dichtungen; gewaltig ift er in den Schilderungen ber Lebs 
denſchaft, unerfchöpflich in der Wannigfaltigfeit feiner Geftalten, feflelnd und gewin⸗ 
nend durch die Anmuth und Zartheit, die feinen Schöpfungen eigen if, und be 
wundernewürdig in der Leichtigfeit, mit der er feinen Stoff behandelt. Dagegen 
iſt diefer nicht immer glüdlidy newählt, noch defien Anordnung künſtleriſch vollen- 
der; auch tritt zuweilen die Abficht zu rühren zu fihtbar hervor, und im Allge⸗ 
meinen mangelt ihm der erhabene Ernſt u. die tief religiöfe Richtung, die bei dem 
Aindern jo ergreifend wirken. Bon feinen 75, nady Andern 123, Tragödien find 


g 
\ 















sır noch folgende 18 übrig: Hefuba, Dreftes, die Phönikierinnen, Mebea, Hippo- 
108, Alleſtis, Andromadhe, die Flehenden, Iphigenia in Aulis und in Taurig, 
Ye Zrojanerinnen, die Bacchantinnen, der Cyklop, die Herafliven, Helena, Son, 
d raiende Herkules, Elektra und Rheſos (letzteres wahrſcheinlich unächt). Reue 
Mammtausgaben: von Matthiä (10 Bde., Leipz. 1813 — 37), von Hermann 
3 Dre, Leipz. 1833 — 41); deutſch von Bothe (3 Bde. Mannh. 1837 — 38) 
ab Donner (2 Bde, Heivelb. 1841—46) ; metr.. von Ludwig (9 Bochn., Stuttgart 
837— 16). Auch die einzelnen Stüde haben zahlreicdye Bearbeiter gefunden. So 
#3 B. der Hippolyt am beften bearbeitet von WBaldenaer, ebenfo die Phöniki⸗ 
zinuen; von Hermann bie Hecuba (Lpz. 1800); von P. Elmsley die Herakliden 
&p;. 1321), die Medea, die Bacch; von 3. H. Monf der Hippolyt (Bambr. 
1813); von Plugk die Medea, Hefuba, Andromache, Herakliden (Gotha 1829), 
helena (1831) und Alceſtis (1834); von Höpfner der Eyklop (2p3. 1789) u. f. f. 
lleberfegungen einzelner Stüde von Müller, Wieland, Bothe Berg. 
auch A. v. Schlegel’d Borlefungen über dramatifche Kunft u. Literatur (2, Aufl. 
Heel. 1817, 3 Bde. 8. Bo. 1.). 

Europa oder Europe, eine Tochter des Königs Agenor von Phönizien u. 

ver Zelepbaeffa, wurde von einer Dienerin der Juno mit einem Schönheitömittel 

ſchenkt, das jene ber letztern entwendet hatte. Zeus fah file auf einer Wiefe, 
sermandelte fich in einen Stier, auf deſſen Rüden fi E. feste, und entführte fie 
zam fehnell nach Kreta. Hier ward fie Gemahlin des Königs Afterion und durch 
in Mutter des Rhadamanthos, Minos u. Sarpedon. Rad) Andern- waren diefe 
Eöhne des Zeus. Nach ihrem Tode wurde ſie von den Kretern, welche ihr das 
FR Hallotia feierten, göttlich verehrt. Auch zu Sidon verehrte man eine E., 
vie vielleicht diefelbe Bedeutung hatte mit der Aftarte. E. hieß auch eine ber 
sielen Tochter des Dceanus und der Tethys; ferner eine Tochter des Tityos, 
son VPoſeidon Mutter des Euphemos. 

Europa, nächſt Auftralien der Eleinfte der fünf Erdtheile, eine halbinfelartige 
fortjegung des nördlichen Aftens, ift begränzt im Norden vom Eismeere mit dem 
veißen Meere, im Süden von Theilen des atlantifchen Oceans, nämlidy dem 
Rittelmeere mit dem adriatifchen Meere; im Dften von dem Archipelagus, dem 
Reere von Marmora und dem ſchwarzen Meere bis zur Mündung des Kuban, 
ann dem Kuban und Teref, den Gränzflüffen gegen Kaufaften; von dort bildet 
ie Scheide der Nordweſtküſte des Faspiichen Sees bis zur Mündung des Ural, 
er Uralfluß bis zu feiner Quelle, und zulcht das Uraliſch-Werchoturiſche Ge⸗ 
ge bis zum Eismeere; im Weften das eigentliche atlantifche Meer mit der 
Rordiee die Gränze E. liegt durchaus in der nördlich gemäßigten und der 
taltım Zone, zwiſchen 36° O' 40“ bis 71° 10’ n. B. und 8° 13° bis 83° 0. 8, 
Die Außerften ‘Bunfte in E. find: im Norden das Nordcap auf der Eleinen ſcan⸗ 
diaviſchen Infel Mageröe; im Süden die infelartige Landzunge von Tarifa in 
der Straße von Gibraltar; im Welten Cap la Rocca auf der iberifchen Halb- 
me. Gegen Often läßt fidh der äußerſte Punkt nicht mit Genauigkeit angeben. 
G. kat von Süden nach Norden gerechnet, eine Ausdehnung von 355° oder 520 
Reiten, von Weſten nady Often aber von 79° oder 750 Meilen. Der Flächen⸗ 
rabalt E.s beträgt, mit Ausfchluß der Infeln, welche zufammen 15,000 [JWei- 
Im haben, 160,000 [JMeiten, und das Berhältntß des flachen Landes zum Ge⸗ 
kirgelande wie 2,5 : 1; des flachen Landes zum Erdtheile wie 1: 1,4, des Hoch- 
Imdes zum ganzen Erdtheile wie 1 :3,4. Sept man den Flächenraum von E. 
= 4, fo if der Flächenraum von Afrifa = 3,2, von Amerifa faſt = 4, und 
vr ron Aſien = 5,2. Der Umfang E.s, die Hleinften Aus- und Ginbiegungen 
ter Küfte umgerechnet, beträgt 7600 deutſche Meilen. Berlangt man eine Ein- 
Seilung nad) natürlidyen Gränzen, fo finden fich letztere am beftimmteften in den 
Meeren und Waſſerſcheiden. Außerdem unterfcheivet man nach der Beichaffenheit 
33 Bodens. Nach den Waflerfcheiven zerfällt &. in zwei große Gebiete: 1) das 
küdöoſtliche mit dem Geblete des Mittelmeered und des kaspiſchen Sees; 2) 

Realencpclopädle IV. 4 


⸗ 


50 Europa. 


das Nordweſtliche mit dem Gebiete des atlantifchen Oceans und des Eis⸗ 
meerd. Zum Gebiete des Mittelmeers gehören, außer den Küftenflüßen : Ebro, 
Rhoͤne, Po, Donau, Bug, Dujepr, Don. In den faspifchen Eee ergießt fich die 
Wolga. Zum atlantifhen Meere gehören: Guadalquivir, Guadiana, Tajo, 
Duero, Garonne, Loire, Seine, Rhein, Wefer, Elbe, Oper, Weichfel, Riemen, 
Düna. Das Eidmeer nimmt auf die Divina. Den längften Lauf haben die 
Wolga (510 Meilen), und die Donau (375 Meilen). Die meiften biefer Flüſſe 
fönnen von ihrem Austritte aus dem Gebirge an befchifft werden. Mehre, von 
den Alpen herabfommende, Flüſſe bilden am Fuße dießes Gebirges Seen; nicht 
fo diejenigen der Pyrenäen, Karpathen, der übrigen deutſchen Gebirge und des 


"Ural. Die größten der zahlreichen Seen befinden fidy im nördlichen E. In 


Rußland der Ladoga-, Onega⸗ und Peipus-Eee; in Schweden der Mälars, Bes 
nern» u. Wetter-See. An der Gränze von Deutfchland und der Schwel; iR der 
Bodenfee; an der Gränze der Schweiz und Staliens der Genferſee; in Ungarn 
der Platten und Neufiedler⸗See. — Nach der natürlichen Beſchaffenheit des Bo⸗ 
dene zerfällt E. in 3 Theile: Oſt-⸗,Südweſt- u. Nord⸗E. Oſt⸗E. if das 
große Flachland, das aus Aſien hereinzieht über den kaspiſchen See bis an den 
untern Lauf der Wolga und des Don, und fi) nun welt und breit ausdehnt 
zwifchen dem ſchwarzen Meere auf der einen, und dem arftifchen Polar⸗ und dem 
baltiſchen Meere auf der andern Seite, indem es einen Ausläufer gegen Wehen 
fendet zur Küſte des deutfchen Meeres und des Kanals, fo daß fle zwiſchen dies 
fer Küfte und der Dſungarei eine Strede von 80 Längengraden einnimmt, ohne 
eine Höhe von 12 —1300 Yuß au überfteigen.. Südweſt-E. dagegen befteht aus 
einem Gemenge größerer und Eleinerer Hochlaͤnder, die bald als Gebirgäfetten, 
bald als Gebirgsgruppen, bald als niedrigere Bergebenen auftreten. Nordweſt⸗E. 
endlich iſt einzig und allein die ſtandinaviſche Halbinfel, deren Grundcharakter 
durch den des Hochlandes audgefprodhen iſt. Die größten Gebirge in E. find 
die Alpen in der Schweiz und Stalien, weldye einen Flächentnhalt von 4500 
[JReilen haben, durch die Cevennen mit den Pyrenden und ſuͤdlich mit den Apen⸗ 
nınen zufammenhängen. In dem öftlidyen Theile Es ſms die Karpathen zu bes 
merfen, die auf der einen Seite mit den Sudeten und auf der andern mit ven 
Sebirgen in der europälfchen Türkei in Verbindung ftelen. Mer höchfle Berg» 
gipfel in E. iſt der zu den Alpen gehörige, 14,760 Fuß hohe Montblanc in Se- 
voyen. Der Befuv (bei Neapel), der Aetna (auf Sicillen) u. der Hekla (auf der 
Inſel Island) find feuerfpeiende Berge. Die Schneelinte in den Alpen iſt im 
Norden 7800 Fuß, im Süvden 9500 Fuß; in den Pyrenäen im N. 7800 %., im 
©. 8600 %.; in den Karpathen 7500 bis 8000 F.; in Skandinavien im Norden 
2200 F., im ©. 5200 F. body. Body hebt und fenkt fie fich in verfchienenen 
Jahren u., nady manchen Einflüffen der Lage, in dieſen und jenen Gegenden fehr 
über und unter biefe Höhe. Das Plateau von Deutfchland Hat einen Flächens 
inhalt von 3800 [J Meilen; das Gebirgefyftem der griechifchen Halbinfel einen 
von 6300 [IM. ; der Bergzug der Apenninen von 2800 [IM.; das caftilifche 
Sodlan, Spanien und Portugal, von 10,000 [ JM. und das ffanbinavifche 

ebirge von 9500 [JMeiten. Die Fladylänvder haben folgende Größe: die ſar⸗ 
matifde Ebene, Rußland und Polen 100,000, die germaniſche Ebene, Nord: 
deuiſchland u, f. w 7400, die ungarifchen Ebenen 1800, das Flachland der Wals 
lachei 1400, das Flachland der Lombardei 600, die Küftenterraffen von Franfreich 
2100 und die der mittelländifchen Halbinfein 700 [IM. Die Küften bilden 
übrigens faft überall einen flachen Raum von verfchiedener Breite. — E. bat ein 
mildered Klima, ald das öftliche Amerifa und Aften unter den gleichen Breites 
graden. Der Grund dieſer auffallenden Erfcheinung liegt zum Theil in unbefann- 
ten Berhältnifien, theild in der Beftaltung und Befchaffenheit des Bodens, gros 
Bentheild aber auch in dem, in E. mehr als anderöwo verbreiteten, Anbau des Lan 
des. Milder find die weftlicdyen Länder, als die öftlichen; eben fo auch die Infeln 
der Rord« und Oſtſee milder, ald das benachbarte fefte Land, Die fuͤdli 


Europa. | 51 


aͤnder find fo warm, daß ſelbſt Caktus, Agave, Palme und Zuderrohr gedeihen. 
aft bis 42° nördlicher Breite wachſen Dliven, Drangen und Eitronen; bis 44° 
rd noch Baummolle gebaut, bis 47° Reis, bis über 50° tft noch trefflicher 
Beinbau, über 61° wird der Getreidebau ſchon ungewiß, obgleidy er noch unter 66° 
«trieben wird. Ueber 65° beftehen die Wälder nur aus Navelhölzern und Birken; 
me dauern bis 68°, diefe Fommt bis 70° fort, und noch weiter die Weiden, 
ber freilich nur als verfrüppeltes Geſtraͤuch. Moos und Flechten find im Aufer- 
en Norden faft die einzigen Pflanzen. Die wichtigften Obft- und Getreidelän- 
er liegen zwifchen 42° und 58°. Die Produfte E.6 find nicht fo manntafaltig, 
[6 in den übrigen Erdtheilen, u. viele derfelben erſt von dieſen hieher verpflangt 
nd einheimiſch gemacht worden. Aus dem Thierreiche hat es Pferde, zum Theil 
er edelften Race (26,922,000 Stüd, im Werth von 1'076,880,000 Rthir.); Rind 
ieh (80,077,000 Stüd, im Werthe von 1'201,155,000 Rthir.); Schafe (191,012,700 
5Stüd, im Werthe von 955,062,000 Rthlr.) allerwärts mit der feinften Wolle in 
England, Spanien und Deutfchland; Eſel (1,743,500 Stüd, im Werthe von 
.7,435,000 Rthir.); Ziegen (16,871,200 Stüd, im Werthe von 50,613,600 Rthlr.); 
Schweine (37,581,400 Stüd, im Werthe von 150,325,600 Rthlr.); Maulthiere 
793,000 Stüd im Werthe von 23,790,000 Rthlr.); ferner Hunde, Renntbiere, 
Speije-, Raubs und :Belzwild der verfchiedenften Arten; Wallfildye und Seehunde, 
iel zahmes und anderes Geflügel; eine große Menge von Fifchen in den ver- 
chieden Gewäflern; viele nugbare Infekten, wie Bienen, Seidenwürmer. Aus 
em Pflanzenreiche hat es Getreide aller Art und hinreichend zu feinem Bedarfe; 
Yartengewächfe, vieles Obſt und Sũdfrüchte; Flache, Hanf, Baumwolle, Färber- 
dthe, Tabak, die edelſten Weinforten und einen großen Borrath an Brenn-, 
Baus und Schiffbauholz. Das Mineralreicy liefert in annähernder Berechnung: 
dupfer 469,520 Eitr., im Werth von 16 Mid, Rthlr.; Blei 1,324,890 Etr., im 
Berihe von 6,624,450 Rihlr.; Glätte 87,250 Etr., im Werthe von 1,047,000 
Rtbir.; Eiſen aller Art (vornehmlidy in Schweden, Norwegen, Rußland u. Oeſter⸗ 
eich) 35,660,210 Etr., im Werth von 178,301,050 Rthir.; Zinn 93,780 Ctr., 
m Werthe vom 3,751,200 Rthr.; Arſenik 10,030 Etr., im Werth von 90,270 Rthir. ; 
> uedfilber 23,370 Etr., im Werthe von 2,313,630 Rthir. ; Kochſalz 53,582,800 Etr., 
m Werthe von 66,978,500 Rthlr.; Vitriole aller Art 234,630 Etr., im Werthe von 
138,520 Rihlr.; Salpeter 65,300 Etr., im Werthe von 914,200 Rihlr.; Alaun 
176,230 Ctr., im Werthe von 1,174,870 Cir.; Echwefel 22,440 Eir., im Werthe 
on 145,860 Rthlr.; Steinfohlen 536,419,830 Etr., im Werthe von 134,104,960 
Rıhir., Braunfohlen 10,130,000 Etr.; im Werthe von 675,330 Rıhlr., Torf 
331,8410,000 Etr., im Werthe von 331,840 Rıhlr. An Gold wurden im Jahre 
1831 gewonnen 5,222 Marf, an Eilber 276,245 Marf; die Summe des in E. 
urfirenden baaren Geldes wird annährend zu 2'360,000,000 Thlr. angenommen. 
$. verbraucht altjährtich im Durchichnitte: 446 Millionen Pfund rohe Baumwolle, 
vovon auf England 320 Millionen fommen; 4550 Millionen Pfund Butter, im 
Berthe zu 3034 Millionen Thlr.; 118 Millionen Tonnen Kaffee (die Tonne zu 
I9z Gtr.); 6'003,230,000 Pfo. Fleiſch; 83,040 Millionen Duart Mildy; 2314 
Pfo. Käſe zu ungefähr 1654 Miu. Rthlr.; 15,570,000 Pfd. Pfeffer ; 10,100,000 
Pfd. Seide, 63 Sillionen Pfd. Thee, und endlich 121,410,000 Eimer Wein. — 
Die Einwohner E86, zwifchen 240 u. 245 Millionen an der Zahl, find fehr uns 
zleich vertheilt; denn, während in Rußland und Schweden nur zwifchen 3—400 
Menichen auf einer [_J Meile leben, ernähren Belgien, wo vie Bevölkerung am 
tärfften ift, Italien, Frankreich, Großbritannien und Deutſchland eben fo viele 
Laufende auf demfelben Raume. In Beziehung auf Rationalverfchtedenheit Taffen 
Re fi unter folgende Hauptflämme bringen: 1) die Nachkommen der alten Gelten, 
Balen u. Britten; die Kimern in Wales, die Hocdyländer in Schottland, die Be- 
wohner der Hebriden, die Iren, die Breyzads in Bretagne. 2) Die Rachfommen 
der alten Sberer, die Basfen in den Pyrenden u. in Biscaya. 3) Die Germanen, 
über 60 Millionen. Dabin gehören alle Deutichen, die Dänen, zum, A 


52 Eurotas. 


länder, Schweden, Niederländer. 4) Die Slaven, zuſammen 61 Millionen; Ruſſen, 
Polen, Slowacken, Serbier, Bosnier, Slawonier, Kroaten, Bulgaren, Morlaken, 
Montenegriner, Dalmatier, verſchiedene Völkerſchaften im öſtlichen Deutſchland, 
als: Wenden, Winden, Tſchechen, Kafſſuben. 5) Die Tſchuden, zu denen bie 
Sinnen, die eigentlichen Ungarn oder Magyaren (etwa 44 Mill.), Ingern, Eſthen, 
Lieven, PBermier, Sirjänen, Mordwinen, Tſcheremiſſen u. andere Stämme in Ruß 
land gehören. 6) Die Ketten, zu ihnen gehören bie Litthauer, Kurländer und bie 
Nachkommen der alten Preußen. 7) Die Arnauten oder Albanefen. 8) Die Grie⸗ 
chen. 9) Die Türken, etwa 5 Millionen. 10) Die mongolifchen Tataren, Kal 
muden, Samojeden u. |. w. Als Nebenvölfer find zu erwähnen : Armenier (150,000), . 
Juden (1,800,000) u. Zigeuner (340,000). Hauptiprachen find a) die deutſche, von 
welcher die holländifche, engliice ſchwediſche u. päntiche abftammen ; b) die latein iſche 
oder römifche, jebt nur Gelehrtenſprache, aber die. Mutter der italienifchen, frans 
zoͤſiſchen, fpantfchen, portugieflfchen u. walachiſchen Sprache; c) die flavif he, 
wozu dierufftfche, polntiche, boͤhmiſche, wendiſche, bulgarifcye u. ferbifche gehören; d) die 
neugriechifche; e) die türfifch-tatartfche; £) die finntfche; g) die ung a⸗ 
riſche; h) die tymrifche in Wales u. der Bretagne; i) die Kbottifeh-irifihe 
in Rordfchottland u. Irland; k) die baskifche in ven Pyrenäen. Mit Ausnahme 
der Türken u. einiger tatartfcher Stämme in Rußland, weldye ſich zum Islam befennen, 
herrſcht überall die chriſtliche Religion (über 211 Mil.); im Often die griechifche 
(über 47 Mill.), im Weften die romifch »Fatholifche Kirche, welche bei weitem bie 
mehrften Befenner (115 Mil.) zählt, und der Proteſtantismus (gegen 50 MIN) 
mit feinen Secten. Außerdem gibt es audy noch wenige ‚Heiden unter den Lapp⸗ 
ländern und Samojeden. Italten, Spanten und Portugal find ausſchließlich von 
Katholiken bewohnt. E. zählt gegenwärtig 80 fouveräne Staaten, mit Einſchl 
der Schweizer Bantone, von denen 53 eine monarchifche, die andern eine republ 
kaniſche Verfaffung haben. In der Tärfel allein herrſcht Despotismus, u. eben fo 
{ft der Kaiſer von Rußland als Herrfcher uneingefchränft. Die Staaten find fol- 
ende: die drei Kaiferreiche Defterreih, Rußland u. die Türkei; 17 Königreiche: 
Sortugal, Spanien, Frankreich, Großbritannien, die Niederlande, Belgien, Däne 
mark mit Schleewig-Holftein u. Rauenburg, Schweven u. Norwegen, Sardinien, 
beide Sicilien, Griechenland, Preußen, Bayern, Sachfen, Hannover, Wärttems 
berg; ein geiftlicher Staat: der Kirchenflaat; acht republifanifche Staaten: bie 
Schweiz, die jonifchen Infeln, San Marino, Andorra, Hamburg, Lübel, Bremen, 
Frankfurt a. M.; ein Kurfürftentbum: Heſſen-Kaſſel; 7 Großherzogthümer: Bas 
den, Heflens Darmfladt, Sachſen⸗Weimar, Medlenburg- Schwerin, Medienburg- 
Strelig, Oldenburg und Toskana; eilf Herzogthümer: Sadyfen«Koburg = Gotha, 
Sachfen - Altenburg, Sachfen- Meiningen» Hildburghaufen, Braunfchweig, Raffen, 
Anhalt-Deffau, Anhalt-Bernburg, Anhalt-Köthen, Modena, Parma u. Lucca; ein 
Randgrafentfum: Heffen- Homburg; eilf Fürftenthümer: Hohenzollern» Hechingen, 
gebenpollem Sigmaringen, Schwarzburg-Rudolftadt, Schwarzburg-Sondershaufen, 
aldeck, Lippe- Detmold, Schaumburgstippe, Liechtenftein, Reuß⸗Oreiz, Reußs 
Schleiz u. Reuß⸗Lobenſtein⸗Ebersdorff. Bon diefen bilden Defterreich, Frankreich, 
Großbritannien, Preußen und Rußland die fünf Großmächte. Zu den Staaten 
zweiten Ranges rechnet man: Spanten, Schweren, Niederland, Portugal, Reapel, 
Sardinien, Dänemark, Schweiz, Belgien, Bayern und die Türkey. Staaten ded 
dritten Ranges find: der Kirchenflaat, Württemberg, Sachfen, Hannover, Gries 
chenland, die fämmtlidhen Großherzogthümer, Kurbefien und die Herzogthümer 
Braunfhweig, Raflau, Parma und Piacenza nebſt Modena, Alle übrigen felbfis 
Ränbigen Gebiete zählen zu den Staaten vierten Ranges. Ow. 
urotas, einer der großern Flüſſe im Peloponnes, entfprang in Arkadien, 
verſchwand dann eine Strede weit unter der Erde und Fam erft in Lakonika wieder 
zum Borfcheine, ftrömte bei Sparta vorbei u. mündete in den lakoniſchen Buſen 
(jetzt Solf von Colochina). Die Schwäne des E, die hier fehr zahlreich waren, 
find befannt, Auch fanden im E. die Schwimmübungen der Spartaner flatt. 


Euryalus — Euſebius. 53 


Euryalus; 1) d. h. Allerleuchter, Beiname des Apollo. 2) Sohn des Me- 
Meus, fämpfte unter den Epigonen unter Diomeded vor Troja, u. ward endlich 
‚ un Exeos befiegt. 3) Sohn des Opheltes, Geführte des Aeneas, Freund des 
ſus, fchlich ſich mit diefem ins feindliche Lager. Beide kamen aber um. 
| Dice, 1) Semahlin des Orpheus G. d.); 2) Gemahlin des Amyntas, 
| Großmutter Alexanders des Großen. Für ihren Schwiegerfohn Ptolemäos Alorites 
atbrannt, fuchte fie ihren Gemahl zu morden, ward aber von ihrer Tochter Eus 
mone verrathen. Amyntas verzieh ihr. Nach deſſen Tode unterftübte fie die ehr⸗ 
geiigen Plane ihres Geliebten Ptolemäos erfolglos. 

Enurypylus, Name mehrer mythifchen Perfonen, wie des Sohnes des Euä- 
men u. der Ops, gen ers von Ormenion (Theflalien), welcher mit 40 Schiffen 
nach Troja zog. Bei Pindar und den Spätern iſt er ver Sohn des Poſeidon, 
u. König in Kyrene, welcher aus Theffalien nach Libyen eingewandert war. 

Eurpfibens, Sohn des Sthenelos und der Niftppe, aus des Perſeus Ges 
ſchlecht. Da Zeus geſchworen hatte, daß der zuerſt geborene Perfide berrfchen follte, 
fo beſchleunigte Here die Geburt der Nikippe, und der fpäter geborene Herafles, 
Sohn der Allmene von Zeus, mußte dem E. unterthan feyn u. auf feinen Befehl 
die 12 Arbeiten verrichten. Nach deſſen Tode verlangte er von Keyr, ihm des 

Kinder auszuliefern. Dieſe flüchteten nady Athen, wo €. fie von The⸗ 
forderte, weßhalb cd zum Kriege kam, worin E. mit feinen Söhnen durch 
Hyllos, Herakles Sohn, umkam. 

Eujebia (griechiſch): die Frömmigkeit. Allegoriſch dargeſtellt bezeichnet fie 
bi uns die Gotteogelehrſamkeit. Euſebiologie iſt fo viel als Frömmigkeits⸗ 
lehre, oder vielmehr die praktiſche Religionslehre. — E. iſt auch ein weiblicher 
Name, und zwar hießen fo mehre Heilige, fo wie auch die Gemahlin des Kaiſers 
Konftantinus. Sie war aus Theflalonife; ihr Einfluß auf den Katfer war jehr 
groß, und fle benügte dieſen auch zur Erhebung des nachmaligen Katfers Julian. 

| Enfebins, Heiliger u. Papſt, ein Grieche, warb im Jahre 310 erwählt u. 
verwaltete die Kirche vier Monate und etliche Tage. Diefer Papſt lebte nicht fo‘ 
) lange, um das Gute, welches er wirfen wollte, zu vwollbringen u. befonvers bie 
' Epaltungen aufzuheben, weldye fidy unter feinem WBorfahrer, dem heiligen Papſt 
Narcellus, erhoben hatten. Das Ungeheuer, der Eifar Marentius, weldyes zu 
Rom fo große Sräuel beging, fol auch die Ruhe des heiligen PBapftes geftört u. 
ihn nach Steilien verbannt haben, was jedoch nicht gegründet zu feyn fcheint, 
weil er fonft den Titel eines Martyrerd verdient hätte, welchen ihm aber die 
Kirche nicht beilegt. Eein Todestag wird den 26. September gefeiert. — 2) E., 
Biſchof von Eäfarea in Paläftina mit dem Beinamen „Pamphili,“ den er nady 
dem Martyrtode feines Freundes Pamphilius, Presbyters von Cäſarea, wegen 
feiner innigen Liebe zu ihm, ſich beigelegt hatte, Iebte in den Jahren 26070 zu 
Caͤſarea, zuerft als Lehrer, Vater der Kirchengefchichte und Presbyter unter dem 
dortigen Bifchof Agapius; dann nad) deifen Tode als Nachfolger auf dem Bifchofs- 
kuble 314. Schon in feiner Jugend legte er durch weite Reifen nach Tyrus und 
Kenypten (Kirchengefchichte 8, 7.) den Grund zu feiner auögebreiteten Gelehrfams 
fü. Beim Entftehen der Arianifcdyen Härefie ward er auch in die dogmatifche 
Erreitfrage hineingezogen. Anfänglicdy fuchte er die Neutralität zu behaupten, indem 
a von dem Orundfage ausging : die Firchliche Eintracht nicht durdy eine Frage zu 
müben, welche, wie fie bisher unentichieven geblieben, auch fernerhin fo bleiben 
fenne. Auf dem Concil von Nicäa 325 fuchte E. einer feften u. firiften Faſſung 
des Symbols vorzubeugen, weil die Arlaner fich zur Unterftützung der Formel 
ouoovcıos nicht verftehen Eonnten ; er fand fich aber nad) einigem Bedenken, auf 
Inmahnung einiger anderer Bifchöfe, u. weil die Arianer gegen die Kirchenlehren 
ven grellen Gegenfag behaupteten, bewogen, das Fatholifche Glaubensbekenntniß 
zu unterſchreiben. Indeß bediente er ſich des dogmatiſchen Terminus in der Folge 
aicht mehr u. nährte dadurch den Verdacht, heimlich der Kirchenlehre entfrembet 
u ſeyn. 331 wirkte er an der Abfegung des Euſtachius zu Antiochien mit, lehnte 





54 Eufebins. 


aber den Wunfch der verfammelten Bäter zu Antiochten ab, Biſchof von An 
tiochien zu werden. Kaiſer Konftantin billigte diefen feinen Entſchluß mit ven 
fchmeichelhaften Beifage: er wiſſe wohl, daß ihm alle Kirchen zu ihrem Biſchof 
haben möchten (Eus. de vita Constant. Ill, 61.). Der Synode zu Tyrus 336 
wo Atbanaflus feines Bischumes entfegt wurde, wohnte €. bei u. gefellte ſich 3 
den vier Bifchöfen, welche bei Kaifer Konftantin die Verbannung des Athanaftuı 
beantragten. Seit dem Concil von Nicka fand E. bei dem Katfer in go 
Gunf, u. hielt zur Feier deſſen 30jähriger Regierungszeit in des Kaifere en 
wart die berühmte Feftrede, welche uns ald Anfang zu Euſebs Leben des Kaiſer 
noch erhalten iſt. Als Biſchof bewährte er, außer einer ewiffenhaften Hirtenforgfal 
für feinen Sprengel, außnehmenven Eifer für die kirchliche Literatur und für em 
fige Sammlung Eirchengefchichtlidyer Urfunden. Rur im Streite der Arianiſche 
Jirlehre zeigte er keine Eniſchiedenheit u. gab manche Blößen der Doppelzüngtg 
feit, fo daß man über feine wahre Denkungsart noch nicht im Reinen iſt, vie 
Geſchichtsforſcher ihn fogar der ‘Partei des Artaniem oder des Semiarianism bei 
zäblen, indeß andere feine Recdhtgläubigfeit vertheidigen. Diefer Schwäche u. Un 
entfchiedenheit ungeachtet, gehört E. zu den gelebrteften und, weil er aus de 
Schriften früherer Jahrhunderte Auszüge mit großer Treue liefert, die ohne ie 
für un verloren wären, da ihm die von Wlerander zu Jerufalem u. von Pham 
philus zu Caͤſarea errichteten Bibliotheken, fo wie audy die liberale Benügung de 
Archive ded Kaifers, Die zuverläffigen Hülfdmittel darboten, zu den wichtige 
Schrififtellern. (Er überlebte feinen kaiſerlichen Gönner und farb 338—40. DI 
ältefte unter feinen Schriften iR die Schugrede für Drigenes in ſechs Büchern 
Leider ift nur noch das erſte Bud, davon in Rufins Ueberſetzung und erhalten 
Die Ehrenrettung des GEhriftenthumes „wider Hierofles,* worin deſſen Ber 
gleich EChrifti mit dem Apolloniusvon Tvana zurüdgemwiefen wird. Als An 
bang aut Demonst. Evang findet es fich in vielen Ausgaben. Chronik in zwe 
Abtheilungen: die erfle enthält eine kurze allgemeine Geſchichte vom Anfange de 
Welt bis auf Konftantin, nach Ländern u. Völfern georpnet; die zweite gibt mus 
hronologiiche Tafeln bis zum Jahre 324 Das Werf war lange Zeit verloren 
und der zweite Theil nur in der überarbeiteten Leberfegung des Hieronymus be 
kannt. Die Aufiindung einer armeniichen Weberfegung brachte und den Verluſt zu 
tüd. Beſte Ausgabe von Angel. Mai in den script. vet. nov. collect. Tom. VI 
(Rom 1833, 4.), mit lateiniicher Ueberſezung, wobei auch auf Vergleichung von 
griech. Fragmenten fpäterer Chronographen, Enncelus u. A., großer Fleiß verwende 
wurde. Pracparatio Evangelica u. Demonstratio Evang., dem Biichofe Theodot ji 
Laodicãa gewidmet. In der erften Schrift von 15 Büchern wird Das Unzuver 
lürfige u. Irrige der beidniichen Religionen u. religiöſen Myiben au erweiſen ven 
ſucht. u. das nur allein in der jüdiſchen Offenbarung ſich eine fidhere Grundlag: 
religiöſer Wahrbeit vorfinde. Die Iegrere Schrift in 20 Büchern, ron denen abeı 
nur zchn auf und gefommen find, befaßt ſich mit der Erfüllung der alttceftament: 
lihen Meiftagungen u. zeigt Daraus, daß der Judaismus nur ald Vorbereitungs 
anftalt zu betrachten fei, binweiſend auf das Ehrittentkum, als vie Vollendung 
aller göttlichen Wohrkeit. Propkeriiche Eklegen: Aueiüge aus den Prophezeiunge 
auf Jeſus Cbriſtus. Dieſer Schritt wird (Kuchengeſchichte 1, 2.) erwähnt: fie il 
gleichſam Ergänzung der Demonst, Evang. u. führt umflindlicher aus die ‘Pro 
phezeiungen über Anfunfe des Erldiers u. feine Heileanftalt. Aus einer Wiener Hand 
ſchrijt bar erſt kürzlich der Engländer Gaitdorf ın vier, nicht ganz vollſtändigen 
Bũchern das Fragment edirt: Eclogae propheticae Oxon. 1842. Die Kirdyen 
geſchichte, um 324—26 verfaßt, entbält böcdit wichtige Data für die Geſtaltun— 
der außeren u. inneren Berbättniffe der älteſten Kirche, welche und außerdem nu 
höchſt lückenvoll bekannt wären. Häufig lüßt E. die Quellen ſelbſt ſprechen. Di 
beten Ausgaben von Baleflus, Var. 1650: Reading, Cantabr. 1720; Heinichen 
Lpı. 1382728, 3 Bde, momit deſſen Supplem. notarum sd Eus. H. E. !yı 
4530 zu verbinden iR; von Burton Orford 1839, 2 Bände). Bücher gegen War 


Euſtachio — Euftafhins. 55 


ellus, von dogmenhiſtoriſcher Wichtigkeit, um ein ſicheres Urtheil üben den dunkeln 
dogmariichen Charakter der Lehre des Marcelus zu gewinnen. Lebensgeſchichte 
vos Kaiſers Konftantin in A Büchern mit Beilagen, circa 337 gefchrieben; Feine 
undefangene und partellofe Befchichte, indem die Schattenfeiten des Kaiſers zu 
aingſtlich umgangen, oder ganz leife berührt, Dagegen dad apologetifche Moment 
darch zu große Schmeicheleten allzu einfeitig hervortritt. Unterfuchungen über bie 
Ortonamen der heiligen Schrift; uns nur im zweiten Theile erhalten, der ein 
alphabetiſches Berzeichniß über Lage und Ramen der bibliſchen Ortfchaften gibt, 
ſadeß der verloren gegangene erfte Theil eine zufammenhängenve, geographliche 
Beichreibung von Paläfina u. deſſen Hauptflabt Serufalem enthielt. Erklärung 
ver Palmen und des Jeſaias, jedoch größtentheils allegorifch gehalten; eben fo 
einige Fragmente vom hohen Liede. Die 10 fogenannten evangelifdyen Canones ; 
enthalten eine Zufammenftellung der verfchiedenen Urtheile und Be- 
richte über Die Wechtheit der Evangelien. Einige kürzere Abhandlungen, beſtehend 
mbomilimartiger Erklärung neuteftamentl. Stellen. Sirmond hat fie herauöge eben: 
opescula XIV. (Paris 1643). Fragmente über die fcheinbaren Widerſp de der 
Grangelien , deren Löfung verfudht wird. Am beften durch Ang. Mat herausge⸗ 
geben, u. damit zugleich einige Bruchflüde eines Commentars zum Lukas Evan- 
gdium (Script. vet, coll. T. I. (Rom 1825). — 3) E., Biſchof von Emifa, ges 
deren zu Edeſſa, unterrichtet von Euſebius von Cäfaren und von dem Arlaner 
Barrophilus, Bifchof von Scythopolis. Bon den Arianern wurde ihm, wie auch 
dem GEujebius Pamphili, 331 der Antlochifche Biſchofofitz an der Stelle des ab- 
esien Euſtathius angetragen, aber von ihm abgelehnt. Kaiſer Konftantin 
—* ihn ſehr u. er durfte ihn auf einem perſiſchen Feldzuge begleiten. Er war 
Semi-Arianer u. farb 360 in der Berbannung. Seine, bei Hieronymus verzeich⸗ 
neten, Werke find nicht mehr auf und gefommen. Homiliae ad populum et Mo- 
nachos; fowie Homiliae 145 in Evang. et fest. gehören einer |päteren Zelt an, 
vielleicht dem Euſebius Gallicanus; Einiges dem Fauſtus. Vergl. Gallandi 
Bibl. IV. Bıbl. Max. Lugd. T. VI. — 4) E., Bifchof von Nifomedien, ward auf 
dem Concil von Nicka 325 als Arlaner verbannt. Nach drei Jahren wieder zu⸗ 
rüdberufen, bildete er eine Partei, unter dem Namen Eufebianer in der Kirchen: 
geſchichte befannt, u. erwirfte von Kaiſer Konftantin die Abfegung des Bifchofs 
Athanaſtus von Alerandrien, welcher fih den Irrlehren des Artus am eifrigften 
widerfeßte. 337 taufte er den Kaifer Konftantin. 338 ward er Patriarch von 
Konftantinopel u. ftarb circa 370. — 5) E., Biſchof von Vercelli; zuerft lebte er 
in Rom, dann, von Konftantinus wegen feines Eifers für den katholiſchen Glau⸗ 
ben u. wegen Bertheidigung der Unſchuld des Arhanaftus verbannt, zu Scytho⸗ 
yolie. Nach Konſtantins Tode zurüdberufen, wohnte er 362 dem Goncil zu Ale⸗ 
sandrien bei u. ftarb 371 zu Bercelli, ver Grabfchrift zufolge als Martyrer. Bon 
ibm find uns einige Briefe erhalten: Galland. Bibl. T. V., u. eine von ihm ver- 
fertigte Abfchrift der Itala zu Bercelli aufbewahrt, abgevrudt in Bianchini 
Evangeliarium quadruplex (Rom 1749, Fol.). Cm. 
uftachio (Bartolomeo), berühmter Arzt, geboren zu ©. Severino, flus 
dirte zu Rom Medizin, warb Profeſſor der Anatomie dafelbft u. farb auch dort 
4574. Er fchrieb: »Opuscula anat.« (Vened. 1563 u. öfter; neue Ausg. Delft 
171236); »Tabulae anatomicae« (ſchon 1522 geftochen, aber von M. Lancifi erft 
m Anfang des 18. Jahrhunderts aufgefunden), Rom 1714, Fol.;en. Ausg. von 
Albin (Leyd. 1744, Kol. u. öfter); mit holländifcher Erklärung von Bonn (Am⸗ 
Rev. 1798); mit deutfcher von Kraus (ebend. 1800, Fol). Er gab auch den 
Grotian (Bened. 1565. 4.) heraus. 

Guftathins, 1) aus Side in Bamphylien, ward. Biſchof zu Berda in Sy⸗ 
rien, bterauf, nachdem des hi. Philogonius Nachfolger, Paulinus, geftorben war, 
325 vom Goncil von Nicäa zum Bifchofe von Antiochten erhoben. Auf der 
Ennode zu Antlochien. (331) wurde er, wegen feiner treuen Anhänglidyfeit an 
die rechtgläubige Lehre, boshaft von den Arlanern verläumdet u. abgefeht, u. an 


56 Eunterpe — Eutin, 

feine Stelle, ver Arianifche Bifhof au Tyrus, Paulinus, aufgebrängt. E. wurd 
nad Trajanopolis in Thrazien verbannt, wo er 360 ftarb, indeſſen bald daran 
feine Unſchuld an den Tag fam. Die Katholiken ihrer Seits verweigerten jebe @& 
meinfchaft mit dem ihnen aufgedrungenen Paulinus, u. bingen treu dem unge 
recht verfolgten Bifchofe an, woher fie ſich audy Euflathianer nannten. — De 
unter Euftathius Ramen befannte »Comentarius in Hexaömerons iſt ein Ehronifoı 
von der Erfchaffung der Welt bis zur Richterperiove;, feine Aechtheit it mehr at 
zweifelhaft. — Die Difiertation: »de Engastrimythos iſt wider des Drigene 
Deutung gerichtet. — »Allocutio ad Constantınum Imperat.s ift im Namen be 
Ricänifchen Concils gehalten. Beſte Ausgabe gried. u. lat. von 2. Allatin 
mit Anmerkungen. Leyd. 1629. 4. Bibl. Max. T. XXVII.; mit den Fragmente 
Galland Bibl. T. IV, Fabric. Bibl. graec. T. VIII. Pag. 167 sq. — 2) € 
Erzbifchof von Thefialonich, geboren zu Konftantinopel u. Diafon daſelbſt, zeich 
nete fidy durch feine gricchifche Sprachkenntniß vortbrilhaft aus. Er ftarb 1194 
Durch feine Commentare über Homer u. über Divnyd Geographie machte ei 
fit) als Scholiaft altclaſſiſcher Schriftwerfe fehr verdient. Unter feinen Rota 
finden ſich mitunter ganze biftorifche u. philologifche Abhandlungen; fle werfen au 
fchwierige Stellen griechifcher Claſſiker ungeahnete Licytblide. Die befte Ausgab 
des griehilhen Terted über Homer erfhien zy Rom 1542 in 4 Foliobänden: 
die über Dionys feit 1547, wo fie durdy Robert Etienne herauskam. Selbſt einig, 
Handausgaben der Homeriſchen Dichterwerfe haben Auszüge aus ihm gemacht 
z.B. Müller, zur Illade; Baumgarten-Eruflus, zur Odyſſee. In der kalſerlichen 
Hofbiliothet zu Wien foll von ihm eine »Commentatio in Canonem Ecclesi- 
asticum S. Joan. Damascenis zu finden feyn. Cm. — 3) E. von Sebafte, ein Armenie 
oder Kappadocier, Schüler ded Artus, Anfangs Mönch, Presbyter zu Eäfareg 
bald aber, Fegerifcher Meinungen wegen, auf der Eynode zu Reucäfarea abgefeh 
u. excommunicirt. Diefe Meinungen, die von feinen Anhängern, den Euftathianern 
die fi bis zur Verdammung ihrer Lehrfäge auf der Synode von Gangra Ir 
Baphlagonten hielten, noch mehr gefhärft wurden, betrafen zu firenge Anfichter 
über die Ehe, die fie ganz verwarfen, Yaften am Sonntage, Armuth u. f. w. — E 
ward fpäter um feines mufterhaften Lebens willen wieder aufgenommen u. Bifchof vor 
Sebafte. Er war audy Freund von Bafllius d. Gr., deſſen Schrift über dat 
Mönchsleben ihm auch von Einigen beigelegt wird, u. einer der Abgeordneten dei 
morgenländifchen Biſchöfe an den Papft Liberius. Er farb um 380, 

Euterpe, eine der 9 Mufen (f. d.). | 
Euthanafie, im Allgemeinen: Erleichterung des Todes durch eine zwed: 
mäßige Einrichtung des Lebens; dann in der mebizintfchen Wiſſenſchaft und der 
ärztlichen Praris: diejenige Anficht u. das Verfahren, das Sterben des Kranken 
zu erleichtern, ohne jedoch dabei deſſen Tod zu befchleunigen. Vgl. übrigens 
den Artikel Arzt. 

Euthymius Zigabenns, Bafllianermöndh, lebte zu Konftantinopel zu Ans 
fang des 12. Jahrhunderts u. ftand bei dem Kaiſer Alexius Komnenus in gros 
Bem Anfehen. Auf den Befehl diefes Kaiſers verfaßte er eine Sammlung ſchla⸗ 
gender Stellen aus den berühmten SKtirchenvätern, zur Widerlegung u. Berurtheis 
lung aller Häretifer. Es führt diefed Werk den Titel: „„IIavonlia doyuarıny 
ts Op9od. zicrews“‘ (Tergov. 1711), lat, ed. Zino, Venedig 1555. Bergl. 
Ulmann, Nicol. v. Methone, E. 3. u, Nicet. Choniat. oder die dogmatifche Ents 
widelung der griechifchen Kirche im 12. Jahrhunderte (Stud. u, Krit., Jahrg. 
1833, Heft 3). — Befonders zeichnete auch E. 3. die Lehrfäpe der Bogomilen 
auf, wobet noch die aufgefundene Abfchwörungsformel derer, welche zu den Bos 
gomilen übertraten, höchſt charakteriftiifch if. Außerdem fchrieb er: »Commen- 
tar. in IV. evangeliac, herauögegeben von Ch. %. Matthäl (Leipzig 1792, 3 
Thetle); »Comment, in psalmoss u. m, a. in Galland (Bibl. Patr. Thl. 14). 

Entin (im Mittelalter Uthin), Stadt im oldenburgifchen Fürftenthume 
Lübed, in anmuthiger Gegend am Eutinerfee, mit 3000 Einwohnern, Schloß mit 


Eutropins — Evagrius, ’ 57 
Fark; herrliches Gebäude für dad Gymnafium u. f.w. Badeanſtalt, Hofpital ıc. 


‚ früher Aufenchalt von Voß, Stolberg, v. Halem, Jacobi, Bredow, Bote, 


Gdermann, Tiſchbein, Marta v. Weber c. E. fol nach Einigen 1154 von dem 
Yiichofe Hartwig, nach Andern 1160 von Gerold von Lübeck angelegt worden 
ea. Auf dem daflegen Schloffe refldirten die Bifchöfe von Lübel öfter. Bon 
6. Batte die Linie Holftein-E. fett 1702 den Ramen (f. Holſteind. 

‚Eutropius, Flavius, vermuthlich Fein Grieche, fondern ein Römer, oder 
weniaftend aus Italien gebürtig, Geheimſchreiber Eonftantins des Großen, nach⸗ 
ber Begleiter Julian's gegen die Perſer u. im Jahre 371 Proconſul von Aflen, 
fhrieb auf Befehl ded Kaiferd Valens einen Furzen Inbegriff der römifchen Ger 
fhichte, von Erbauung der Stadt bis auf den Tod des Kaiſers Jovianus in 
10 Büdern, in einer leichten, fehmudlofen Schreibart, aber ohne Eritifchen 
Scharffiun. Man- hat davon audy eine griechifche Ueberfegung des Päantus, 
wiewohl nicht ganz vollſtaͤndig. Ausgaben: von Thom. Hearne, (Dsf. 1703,) 
ron ©. Havercamp (Leyden 1729), von E. H. Tzſchucke (Lpz. 1796), von ©. 
5. Große (2. Aufl., Halle 1825); von $. Hermann (Lübeck i818), von ©. 
Seebode (3. Aufl., Hannover 1828). Die Metaphrafe des Päanius von I. F. 
©. Kaltwafier (Goth. 1780) u. Ramshorn (Lpz. 1837). Deutfche Veberfeguns 
gen von Ph. 2. Haus (zweite Ausgabe, Frankf. 1821) und von F. Hoffmam 
(Stuttgart 1829). 

Eutyches, Archimandrit (Abt) eines Kloſters zu Sonftantinopel, Hatte fidh 
beſonders als heftiger Gegner des Reftorius hervorgethan, verfiel aber in ein 
neues, entgegengeleptes Extrem, indem er lehrte: „Bor der Bereinigung des Lo⸗ 
908 mit der Menfchheit hätten allerving® zwei Naturen beſtanden; nad) ver 
Bereinigung fei die menfchliche mit der göttlichen vermifcht, von ihr abforbirt 
worden, fo Daß nur die Gottheit geblieben fet u. diefe für uns gelitten u. erlöst 
habe. Der Leib Chriſti wäre nur feiner Außeren Geftalt u. Erfcheinung, nicht 


der Eubflanz nad, ein menfcylicher geweſen.“ E. ward deßhalb bei dem Bi⸗ 
ſchofe Flavianus als Apollinarift angeklagt u., als er nicht widerrief, von einer 


— - 


Epnode zu Konflantinopel 448 abgelegt. Er farb bald darauf im Eril. Eeine 
u. feiner Schüler (Euiychianer) Meinungen erhielt fi, obwohl modificirt, 
n den Monophyſiten (ſ. dv... — E. tft auch ver Name mehrer Heiligen 
und Martyrer. 

Eutychianns, Heiliger u. nad Einigen auch Märtyrer, ward ald Papft 
%5 ermählt und verwaltete die Kirdye 8 Jahre, 11 Monate und etliche Tage. 
Tiefer Papſt, der mit eigenen Händen 342 Martyrer beerdigt haben fol, hat 
m einem Schreiben an den Biſchof Marimus zu Alerandrien die Menfchwers 
dung des Sohnes Gottes preiswürdig dargeftellt u. die Irrlehre des Paulus von 
Eamofata gründlich widerlegt, auch durch feine Arbeit die fpäterbin erfolgte 
Kezerei des Neftorius ſchon im Voraus beftritten. Er verordnete oder beftätigte 
vielmehr die ſchon Ältere Gewohnheit, alle Feld- u. Gartenfrüchte, insbefondere 
vie Bohnen u. Weintrauben, vor ihrem Genufle auf dem Altare zu fegnen, um 
fo ven Manichätsmus, der um diefe Zeit entfland u. den Gebraudy diefer Dinge 
serdammte, zu befämpfen. Er vollendete fein rühmliches Leben am 8. December 
283, u. es ift auch der 8. December feinem heiligen Andenken geweiht. E. wird 
von Mehren für einen Martyrer erklärt, der fein Leben für die Ehre des chrift- 
lichen Ramens gelaffen habe. Nach Andern aber iſt er eines natürlichen Todes 
tig ae darüber Stolberg in feiner Geſchichie der Religion Jeſu 

it, 9. Theil. 

Eva, f. Adam u. Eva. 

Evagrins, Kirchenhiftorifer des 6. Jahrhunderts, geboren zu Epiphania in 
Exrin 536 oder 537. Er war Sachwalter, befchäftigte ſich aber nebenbei mit 
gelehrten Studien und führte die FKirchengefchichtlichen Werfe des Sokrates 
md Zheodoret in 6 Büchern von 431—593 fort, Die befte Ausgabe ift Die 
vn Reading (Cambr. 1720). 


38 Evalvation — Cvaugeliſtenſchule. 


Evalvation, Schaͤtzung des Inneren Werthes einer Sache. Beſonders ges 
braucht man den Ausbdruck von der Schätzung des Werthes eines Waarenlagere. 

Evander, ein Arkadier, der 70 Sabre vor Troja’ Zerftörung mit einer 
Colonie nad Stalten kam. Sie befand aus Pelasgern und Hellenen, und 
ließ fih in der Gegend nieder, wo hernady Rom fand. Rad) feinem Tode 
wurde E. vergöttert. 

Evangeliften heißen die Berfafler der vier heil. Evangelien: Matthäus, 
Markus, Lukas u. Johannes, von denen Matthäus u. Johannes Apoftel, Mars 
tus ein Schüler und Begleiter des heiligen Petrus, Lukag aber ein Mitarbeiter 
u. Gehuͤlfe des heiligen Baulus war, die alfo theils als Augenzeugen, theils 
aus erflee und befter Quelle, aus dem Unterrichte der Mpoftel felbft fchöpfend, 
competente, zuverläffige und glaubwürdige Berichterftatter des Lebens, Lehrene, 
Wirkens, ens u. Sterbens Jeſu, ſowie ſeiner nachfolgenden Verherrlichung 
find. Jeder von ihnen ſchrieb fein Evangelium ſelbſtſtaͤndig, ohne Einverſtaͤndniß 
noch mehr, ohne ein ſchon vorher beſtanden haben ſollendes Urevangelium, welche 
Meinung ſich durch Nichts ſtichhältig beweiſen läßt. Jeder von ihnen hatte auch 
eine eigene Abficht dabei u. ein beftimmtes Ziel im Auge, woraus ſich audy er 
Härt, warum der Eine diefes, der Andere wieder jened aus dem Leben und ben 
Lehren Jeſu mehr hervorhob. Matthäus fucht den Juden die Mefflaswürde Jefu 
zu beweifen, u. zeigt daher überall die in der Perſon Jeſu erfüllten Prophezeiun⸗ 
gen von dem Erlöfer. Markus fchreibt für Römer u. riechen u. will fie Jefum 
als den höchften Herrn u. König kennen lehren. Lukas will die, über die Perfon 
Sefu verbreiteten, falſchen Gerüchte widerlegen, indem er die wahre Lebensge⸗ 
ſchichte Jeſu ihnen gegenüberftelt. Johannes endlich will vornehmlich aus der 
übergroßen Liebe Jefu und aus feinen ausgezeichnetfien Wundern feine Gottheit 
darthun. Nach dem Inhalte, Charakter u. Seite brer Evangelien werden die E. 
mit eigens bezeicdhnenden Symbolen abgebildet: Matthäus mit einem Menfchen, 
weil er fein Evangelium mit dem Stammbudye u. der Geburt Jeſu beginnt und 
gottmenfchliche Erlöfermwürde Jefu zu begründen ſucht; Markus mit einem Löwen, 
weil er Ghriftum als König darſtellt u. auch, weil er fein —— mit der 
krafwollen und erſchuͤtternden Bußpredigt des Täufers in der Wüſte anfängt; 
Lukas mit einem Opferkalbe, weil er insbeſonders die prieſterliche Würde Jeſu 
hervorhebt u. ſchon Eingangs von einem Opfer ſpricht, nämlich vom Opfer des 
Zacharias; Johannes endlich mit einem Adler, weil er, während die übrigen drei 
E. mit dem Herm, gleichſam wie mit einem Menfchen, auf Erden wandeln und 
von feiner Gottheit nur wenig fagen — wie wenn er beffen überbrüffig wäre, auf 
Erden zu bleiben — nicht nur über die Erde, fondern audy über alle Sphären der 
Luft u. des Himmels, ja ſelbſt über alle Heere der Engel u. über alle unſicht⸗ 
baren Mächte fid, erhoben u. bis zu dem vorgedrungen ift, durch den Alles er- 
fhaffen wurde, indem er fagt: „Im Anfange ‘war das Wort und das Wort 
war bei Gott u. Bott war das Wort." (St. Auguftin.) Uebrigens kann man 
von den E. auch fo fagen: Sie zeichnen das gunze Wefen u. Amt Chrift. Die 
drei erfien zeichnen ihn hauptſaäͤchlich als Menfchenfohn, u. zwar Matthäus ale 
Bropheten, Markus als König, Lulas als Priefter Calfo nad) feinen drei Aem⸗ 
tern als Erlöfer), Johannes ald den ewigen Bottesfohn. T. 

Evangeliftenfchnle, eine, hauptfächlich von Dr. Salenti in der Schweiz . 
gegründete, Bergeielfhafung von meiſtens Pietiſten, zur Erhaltung des pofltiven 
Chriſtenthums gegen den Nationalismus u. alle anderen, baflelbe verflüchtigenden, 
Doctrinen der Neuzeit. Ein Freund des Chriſtenthums, freilich wieder in feiner 
Art u. Welfe, fah er mit Betrüben unter allen Claſſen der Gefellichaft, vornehm- 
lich aber aud) unter den Individuen des Handwerlftandes, den Glauben an den 
hiſtoriſchen Chriſtuq immer feltener werden und faßte daher den Entfchluß, vors 
gäglich diefe Iehteren am fich au ziehen, fle zu unterrichten, u. durch fie ſodam 
auch weiter zu wirken, wozu fie ihm theils als Arbeiter in Werkſtätten u. Fabri⸗ 
ken, theils als wandernde und weit Umherlommende ehr geeignet fcheinen. Er 


Evangelium, 59 


eiffnete daher eine Schule, in welcher fie in der heiligen Schrift, Moral und 
Sirchengefchichte unterrichtet u. angeleitet wurden, wie fie wieder Andere belehren 
Die Theilnehmer, und beſonders dann die zum Unterrichte Anderer Bes 
Mbigten, wurden &. genannt und verbreiteten fich nicht nur in der Schweiz, na 
Branfreidy und über einen ziemlichen Theil Deutſchlands, ſelbſt nach Defterrei 
md Wien aus, wurden aber da, fobald man von ihnen in Kenntniß kam, durch 
das Zuſammenwirken des Ordinariats u. der Behörven bald unichänlich gemacht. 
Ubgeiehen Davon, daß dem Separatismus dadurch eine neue Thüre eöffnet wor⸗ 
ben IR, fchlichen unter dem Dedmantel der Religion auch communiftifche Ideen 
in biefer Sekte herum, u. es lag u. liegt im Intereſſe aller Regierungen, fich 
ſeichem Treiben feft zu wiverfegen. Die Häupter einer jeden ſolchen Schule tn 
den einzelnen Ländern heißen Apoſtel. T. 
Evangelium (tvayyelıov), die frohe Botfchaft, wird in verſchiedener B 
ventung gebraucht. In der weiteſten Bedeutung iſt E.“ die eigenthümliche Bezeich⸗ 
mg des Chriſtenthums als einer, von Gott den Menfchen gebrachten, u. durch 
Beranftaltung noch fortwährenn verfündigten Religion. Das iſt das 
mlidye am Ghriftenthume, daß es nicht nur feinem Inhalte nad) von Gott 
Bammt, fondern daß auch die Anfündigung defielben fortwährend von Gott felbft 
außgeht, u. durch eine unmittelbare göttliche Veranſtaltung fortgefegt wird. ‘Das 
Ehrikenihum iſt dieſem nach nicht etwa eine gewiffe Summe von Lehren und 
Bahrheiten, die durch Gottes Offenbarung an die Menfchen gebracht, und dann 
mr Berwahrung u. Erklärung nur menfchlicher Sorge überlaflen wären, fonvern 
Gott fündigt ed als ein lebendiges, ewiges E., als eine vom Himmel kommende 
Botihaft den Menfchen ſelbſt an u. gibt mit diefer lebendigen Ankündigung zus 
gleid) Das wahre Veiſtaͤndniß; Gott will, daß alle, welche es hören, nicht nur 
ven Inhalt deffelden als wahr u. von Gott kommend annehmen, fondern bap fie 
auch den Berfünder defielben als Seinen Gefandten anerkennen, und aus feinem 
Munde das rechte Verſtaͤndniß empfangen. Da alfo das Chriftenthum ein €. iſt, 
6 ergibt ſich daraus von felbft, daß der Menfch es nicht aufzufuchen u. gewifler 
agen ausfindig zu machen habe, wie die rationaliftifchen Theologen lehren, 
welche Kennzeichen der wahren Offenbarung Gottes aufftellen, u. dann mit biefer 
ſelbſtangezündeten Leuchte in der Hand umherwandeln, um eine Religion zu fuchen, 
De nach ihren Kriterien ftichhaltig if; fondern daß das E., durch Ehriflus und 
Seme Kirche getragen u. verfünbigt, die Menfchen auffucht u. fi — feloft als 
eine Kraft Gottes, als ein von Gott kommendes Licht verfündigt. Gehet hin, 
Iprady der Heiland zu den Apofteln, in alle Welt, prediget die frohe Botfchaft 
aller Kreatur; wer glaubt u. getauft wird, fol felig, wer nicht glaubt, wird ver: 
dummt werden (Marf. 16, 15—16.). Den Beweis feiner Wahrheit trägt das GE. 
m tich ſelbſt u. kündigt fidy an als Gottes Kraft u. als Licht von Gott. Der 
Slaube an daſſelbe fommt nicht vom menfchlichen Beweife, noch auch hat derfelbe 
m mad immer für einem Ratfonnement der Vernunft feinen Halt, fondern er fleht 
in fih u. befommt feine unbefiegbare Stärke aus Gott, aus dem fein Licht wie 
aus nie _verfiegender Duelle ftrömt. Er nimmt gefangen die in Sırthum, in welt» 
lichem Sinne u. in kindiſcher Einfalt befangene Menfchenvernunft, und öffnet ihr 
Auge dem Einftrahlen des himmlifchen Lichtes; er macht fie frei u. ſtark in ſich, 
und führt fie hinan zu männlicher Kraft und Mündigkeit (2. Korinth. 10, 5.5 
1. Kor. 2, d—5., 6—16.; Ephef. 3, 18—20.; Kol. 2, 3.), wie denn auch aller 
wahre Bortichritt des menfchlichen Geiſtes auf jeglichem Gebiete der Wiſſenſchaft 
in feinem legten Grunde aus dem Glauben ſtammt. Auch ift das Ehriftenthum 
nicht etwas der gelehrten Forſchung der Menfchen Ueberlaffenes, über deſſen 
rechtes Verſtaͤndniß die Menfchen fd zu zanfen, oder unter einander ſich zu ent- 
jweien hätten; fondern es ift ein E., eine Ankündigung durch Gott, wo mit dem 
Inhalte das Verſtändniß zugleich durch den Verfündiger mitgegeben wird. Darum 
wurde Gottes Eohn Menſch, um der lebendige Träger Seines E.s zu werben. 
Er verlangte nicht allein Annahme der von Ihm verfündigten Wahrheiten, fons 


F 


60 U Evangelium, 


dern Er ſelbſt wollte ald der vom Himmel gefommene Berkünder dieſer Wahrhel 
anerkannt werden (Joh. 2, 11—18.; 4, 10.5 5, 38.5 6, 35. 2c.), Diefe Predigt 
worin der Heiland Gott Seinen bimmlifchen Bater u. fi) als deſſen Gefandte 
(ob. 17, 3.) verfündigte, nannte Er felbft E. (Mark. 16, 15.5 Matth. 11, 5. ıc.) 
Das Chriſtenthum follte aber nidyt allein feinem Urfprunge nady ein E., ein 
Ankündigung durth Gott feyn, fonvern es follte diefen wefentlichen Charafter bh 
an das Ende der Welt behalten. Chriſtus felbft ſetzt Seine “Predigt unter bei 
Menfchen mittelft Seiner Kirche bis zum Ende der Zeiten fort, u. verlangt vo 
allen Menfchen nicht allen die Annahme der von Ihm gelehrten Wahrheiten 
fondern Anertennung der Kirche, weldye die vom himmlifchen Water dem So 
übertragene Gefandtichaft aus Seiner De überfommen bat, und mit derfelbe 
Macht, wie der Erlöfer felbft, ausgerüftet iſt (Joh. 20, 21... Durdy den Muni 
der Kirche wird das Chriftenthbum wie ein ewiges u. lebendiges E. allen Bölken 
der Erde gebracht, und fein Berftänpniß zugleich mit gegeben. Es iſt Fein tobtel 
Wort, weldyes der Heiland etwa in einem Buche den Menſchen hinterlaffen hätte 
was nur die, während Seines fichtbaren Erdenwandels lebende, Generation da 
Menſchen durch Seinen Mund vorgetragen u. von Ihm erklärt befommen hätte, 
während die Nachkommen es ſelbſt auffuchen u. zu verftehen ſuchen müßten, fon 
dern es ift nody immer das von Ihm geprebigte und erklärte Wort des Lebens, 
Denn in der Kirche lebt u. wirkt Chriſtus fort. Sie iR Sein majeftätifcher Leib 
die Fortſetzung Seiner Menfchwerbung, u. durch fle ladet Er die Menſchen nod 
immer zu ihrem Heile ein, wie in den Tagen Seines fihtbaren Wandels au 
Erden. Das Lehramt der Kirche ift Chriſti Lehramt; fo wie ihr Prieftertbum u 
Koͤnigthum Sein Priefterthum und Sein Königthum if. Mit Chrifto innig ver 
mählt, gleichſam Ein Leib mit ihm geworben, nimmt bie Kirche Theil an Seinen 
göttlichen Leben, und iſt mit Seiner Auftorität bekleidet. Wer darum der Kirch 
glaubt, der glaubt Chriſto; wer ihr nicht glaubt, wer fie verachtet, der verachte 
den Heiland ſelbſt und den, der Ihn gefandt hat (Matth. 28, 18-19; Markut 
16, 15—16.; Joh. 14, 16—17.; 26, 15. 26—27.; 16, 7—13.; 20, 21.5 Luk 
10, 10—12. 16.; Apg. 15, 28.5 1. Kor. 1, 23—24.; 2, 4—16.; Galat. 1, 8 
11—12.). Chriftus bat alfo, nachdem Er Seine fihtbare Gegenwart der Well 
entzogen, nicht aufgehört, unter den Menfchen zu leben u. zu wirken, fondern a 
bat in Seiner Kirche zu feyn verfprodyen bis and Ende der Zeiten (Matth. 28, 
20.5; Marf. 16, 20.; Joh. 14, 18—19.). Sprit Er audy zu den Menfchen nur 
durch den Mund der Apoftel u. der mit dem Apoſtelthume an alle Völker audge 
rüfteten Kirche, fo tft Er es doch, der durch den Mund Seiner von Ihm ge 
wählten Organe zu uns redet, der fle mit Unfehlbarfeit ausrüftet, der durch iin 
Predigt die Welt rettet, u. über die, welche der Kirche nicht glauben, Sein Ge 
richt ergeben laflen wird. Das Nähere. über das fortwährende unfehlbare Lehrami 
Ehriftt in der Kirche fiche in dem Artikel „Kirche.“ Aus der bier gegebenen Dar: 
ftellung wird erhellen, daß das Chriſtenthum feinem Wefen nach ein &., eine bit 
an das Ende der Zeiten fortvauernde Anfünbigung an die Menfchen if. Die 
Bezeichnungen „evangelifches Chriſtenthum, evangeliſche Kirche,“ welchen leßtern 
Namen die vereinigten Lutheraner u. Reformirten, im Gegenfabe zu den getrennten 
Anhängern Lutherd u. Ealvind angenommen haben u. dergl., find darum an fid 
ein bogmattfeher Unfinn, u. fegen eine feltfame Verwirrung der Begriffe voraus, 
Denn das Chriſtenthum wird nur dadurch ein &., eine fortpauernde Ankündigung 
an die Menfchen, daß es von der Kirche, in der Chriſtus felbft lebt u. wirkt, ge 
tragen und allen Gejchlechtern der Menfchen geprebigt wird. Außer biefer 
weiteren Bereutung, wonadh das Wort „E.* mit Chriſtenthum gleichbedeutent 
ift, werben auch die 4 erften Adfchnitte des neuen Teftamentes, welche vorzugsweift 
bie Darftellung des Lebens, Lehrens, Leidens u. Sterbens des Heilandes enthalten, 
bie vier Evangelien, oder alle vier zufammen 70 Zvayyelıov, die Sammlung 
der vier Evangelien genannt. Sie find ein Eigenthum der Kirche, u. als ein amt: 
licher Erlaß von den erften Stiftern der Kirche zur Erleichterung des Unterrichteg 


Evangelium. 61 | 


igen gefchrieben. Die Stiftung Seiner Kirche u. die Fortführung Sets 
mtes hatte der Heiland Seinen Apofteln übertragen. Er hatte nicht ein 
me Lehre enthaltend, gefchrieben, noch audy ihnen den Auftrag gegeben, 
e Schrift ald Grundlage des Glaubens zu verfaffen, fondern ihr Lehr- 
wefentlidh ein münbliches feyn, fo wie auch fein Lehramt ein münd- 
efen war. Die Lehrauftorität der Apoftel, welcher jeder Menfch, der zu 
ommen will, fich unterwerfen muß, bat aber ein dreifaches Yundament, 
Raffen eine dreifache Wurzel, womit fie in dem Boden der Wahrheit 
ht. Ste beruhet zuerfi auf der Jüngerfchaft Jeſu, der Seine Apoftel zu 
er Seiner Lehren und Thaten gemacht hatte, um fie in den Stand zu 
e das Gefchehene u. Gehörte vor den Menfchen ein vongältigee Zeug. 
ven (oh. 15, 27.5 Apg. 1, 21—22.;5 2. Betr. 1, 16). Bon Ihm 
al8dann den Auftrag und die Bollmacht, alle Völker zu lehren, be- 
Ratth. 28, 18—20.). Zweitens beruhet das Lehranfehen der Apoflel auf 
:ochenen Beiſtande des heiligen Geiſtes (Joh. 14, 16—17.; 15, 26.5; 
.; Apg. 1,8.), der nichts Neues verfünden, fondern bie wahre Jünger- 
ı bei ihnen erhalten, und an alle8 von Ihm Gehörte und Befehene 
ı follte (Job. 15, 26—27.; 16, 14.). Drittens rubet ihr Lehranfehen 
ebereinftimmung mit ‘Betrus, dem Oberhaupte der ganzen Kirdye, der, 
rer Stellvertreter Chriſti, Oberhirt der ganzen gläubigen Heerde (Joh. 
7.), und darum der unverrüdbare Feld und Grundftein der Kirche ift 
6, 18.). Durch ihn, defien Glaube unter einen fpezielen Gnadenſchut 
teilt ift, follten alle Apoftel fortwährend befefligt und erhalten werben 
32.), weßhalb nur die Uebereinftimmung mit ihm die letzte u. volllän- 
brung der Glaubwürdigkeit eine Lehrers in der Kirche gibt (Sal. 1, 
9.). Auf diefer dreifachen Wurzel ftehet noch immer das Anfehen des 
in der Kirche, u. feßt den von Chriſtus empfangenen Apoftelruf, un⸗ 
und unerreichbar für alle Waffen menfchlicher Sophiftif, fort, bis das 
Tage kommt u. alle Völker der Erde zu Chriſtus werden geführt feyn. 
ı nothwendig für jeden Nachfolger der Apoftel oder Bifchof ift alfo feine 
aft Zefu, nebft der von Ihm fommenden Bollmadht ; feine Weihe durch 
en Geift, u. feine Mebereinftimmung mit dem Stuhle des heiligen ‘Bet- 
Züngerfchaft Jeſu geht auf ihn über durch die Aufnahme der vollen 
fümmerten Tradition der aus dem Munde Ehrifli empfangenen Lehre, 
Apoftel als ein heiliges Depofitum, als ein zur Bermehrung anver- 
at, fo wie fie es felbft aus der Hand Ehriftt befommen, fo hinwieber 
bfofger überliefert haben (1. Timoth. 6, 20.). Aus der Tradition alfo 
er Biichof feine Jüngerſchaft Iefu, und in feinem Munde wird das 
e ein lebendiges E. zur Belehrung der Völker. Damit e8 aber jedem 
Lehrer der Kirche um fo leichter würde, aus dem Strome der Leberliefe- 
‘höpfen und das, gleidhfam unmittelbar aus dem Munde Ehrifti ge- 
Bort den Gläubigen zu verfünden, haben fchon die Apoftel und die von 
ftragten Gehülfen dasjenige aus der Tradition; was ſich unmittelbar . 
eben u. Wirken Jeſu felbft bezog, niedergefchrieben und diefe Aufzeich- 
3 amtliche Schreiben dem Lehramte in der Kirche übergeben, um nad) 
Gläubigen zu unterrichten. Diefe Aufzeichnungen, weldye von der Kirche 
tem Namen erlaffen, und vom heiligen Geiſte infpirirt anerkannt 
eißen im engeren Sinne „Evangelien.” Daß fie nidyt die Stelle des 
Lehramts in der Kirche vertreten, und das E. nicht zu einem todten 
ı berabwürdigen follen, fieht Jeder, der Etwas vom Geiſte des Chri- 

erfaßt hat, leicht ein. Sie find nicht zu trennen vom apofloli= 
amte der Kirche, und find eine neue Urkunde der Jüngerfchaft Jeſu für 
rer der wahren Kirche Chrifli; aus diefem wefentlichen Verbande 
usgerifien, find fie ein, menfchlider Deutung untermorfenes Bud), 
zbrauch jedes chriftliche Herz um fo fchmerzlicher berührt, von je größe- 


62 Evangelium. | 


rer Verehrung gegen daſſelbe es durchdrungen if. — Es gibt von ber Kicch 
infpirirt anerfannte Evangelien. Diefelben fleben unter dem Namen des Ap 
Matthäus, des Apoſtelſchuͤlers Markus, des Apoftelfchülers und Gehülfen 2 
und des Apoſtels Johannes im Berzeichniffe der Schriften des Neuen Teſte 
tes, und nehmen bort den erften Rang ein. Es entflanven, außer den 4 ( 
gelien der katholiſchen Kirche, in der apoftolifchen Zeit noch viele andere ( 
gelien, die immerhin einen nicht unbeträglidhen Fond von biftorifcher Wa! 
enthalten mögen, aber von der Kirche nicht anerfannt, weil nicht in ihrem N 
erlafien wurden. In diefer Hinficht unterfcheiden fi) die A Evangelien ei 
Maßen von den apoftolifchen Briefen. Denn die Evangelien find amtlich: 
laſſe der Apoftel und ihrer Gehülfen, die zum Gebrauche für die ganze $ 
ſchon von denen, die fie verfaßten, von vorne herein beftimmt waren, währen 
apoftolifchen Schreiben von ihren Verfaſſern zunächft nur für einzelne Gemeind 
rechnet wurden, und fich auf die befonderen Ber hältmife diefer Gemeinden be; 
Daber kam es, daß bie 4 Evangelien der Geſammtkirche fogleich mit dem Namen ı 
Anfehen der Verfaſſer übergeben, und als von diefen erlafiene Ymtöfchreiben d 
nommen wurden, während die Aufnahme der apoftolifchen Senpfchreiben aı 
einzelnen Gemeinden von der Prüfung der Kirche über die Wechtheit und U 
. fälfchtheit dieſer Sendfchreiben abhing. Der Hauptgrundfag, wonach die $ 
die Zuläffigkeit einer angeblich apoſtolifchen Schrift in den Kanon der be 
Schrift prüfte, war die Uebereinftimmung mit der Firchlichen Tradition. WA 
alfo die Kirche die A Evangelien aus der Hand ihrer Berfafier empfing, u. 
felben unter deren Namen aufbewahrte, empfing fie die apoftolifchen Sch 
nicht aus der Hand ihrer Berfafler, fondern aus der Hand der einzelnen 
nden, deren Eigenthum fie waren, und mußte alfo deren Aechtheit und 
verfälfchtheit zuerft prüfen. Bekanntlich war dieſe Prüfung im 4. Jahrhur 
noch nicht beenbigt. Es leuchtet hieraus von felbft ein, daß das ganze An 
der heiligen Schriften, was ihre Wechtheit und Unverfälfchtheit betrifft, nur 
dem Anfchen der Kirdye und der Tradition beruhe. — Die 4 Evangelien 
volftändigen und ergänzen fid) gegenfeitig, obwohl fie öfter daſſelbe erzä 
Dffenbar bilden fie, wenn auch die Verfaſſer es nicht beabfichtigt haben, 1 
Inhalte nach eine vohRänbige Harmonte, die der Gelfl, der jene beim Scht 
leitete, in fie hineingelegt. un noch in einer andern Hinficht ergänzen fi 
in einer wunderbaren Welfe. Das ältefte der Evangelien und das der Re 
folge nach erfte if das des heiligen Matthäus; ed wurbe, einhelliger U 
Iteferung gemäß, vor der Trennung der Mpoftel, alfo unter den Auſpizien des 
Petrus vom Apoftel Matthäus zu Ierufalem verfaßt. Es war, als Zeugnt 
Predigt unter den Juden, in hebrätfcdyer Eprache gefchrieben. Als aber das 
denthum die Predigt verwarf und es einleucdhtend wurde, daß Serufalem ale 
des Firchlichen Primats von der Vorfehung verworfen fet, begab ſich Petrus 
Rom (Apg. 12, 16.), u. richtete dort den Sig des kirchlichen Primates auf. 
der vorzugsweie Apoftel der Juden (apostolus circumeisionis) genannt 
‚ fo lange das jüdifche Volk in der göttlihen Heilsöfonomte den erften Ran 
nahm (Wpoftel der Juden im Gegenfage zu Heidenapoftel drüdt nur den ho. 
Rang, nicht die Beichränfung des Wirfungsfreifes aus), wurde von nun an 
Rlel der Römer, während von der Kirche in Judda nur die griechiſch⸗redend 
meinde — und mit ihr auch nur der griechiſche Text des E.s von 
gen Matthäus. Zu Rom nun fchrieb der heilige Marfus unter den Aufı 
des heiligen Petrus das zweite E., während für die Völker zwifchen SJeruf 
und Rom, zwifchen den beiden Hauptpunften ver Wirkfamfeit des Apoſtelfü 
der heilige Lukas unter den Aufpizien des heiligen Paulus das dritte E. fd 
So ergänzte fi) die Evangelienharmonie mit dem Kortfchritte des Außeren 
baued der Kirche unter den Bölfern. Auf alle vorhergehenben legte Joha 
endlich den Schlußftein, indem er, durch Petrus von Kom aus der bebrä 
Kische in Afien zu Hülfe gefchitt (Vergl. 2. Petrt 1, 15.), die auf einen 


Evariſtus — Everett. 63 


Wen Auslegung der früheren Evangelien fidy fußenden Irrlehren durch fein 
nertes ©. vernichtete. Das E. des heiligen Matihäus iſt wahrſcheinlich zwis 
Wen ven Jahren 42 — 44 nady Ehriftus gefchrieben; das des Marfus einige 
fpäter. Lukas fchrieb fein E. wahrſcheinlich furz nach dem Jahre 50, bald 
dem Hingange Maria's, aus deren Munde er viele Nachrichten feines 
66 geichöpft hatte, und deren öffentliche Verehrung im Cultus der Chriften um 
Wefe Zeit begann. Vergl. E. Luc. 1, 26. 56. 2, A— 35. Das E. des Heil 

Johannes wurde erft fpäter, tief in der zweiten Hälfte des erſten chriftlichen 

bunderts, verfaßt. — Endlich wird E. auch noch in einem dritten Sinne ges 
baucht, als der Abfchnitt aus der Evangeliengeichicdhte, welcher beim heiligen Meß⸗ 
fer gelefen wird. In diefem Sinne fagt man: „Es iſt am E.,“ d. h. die hei⸗ 
ige Handlung ift bereits bis zur Leſung des E.s vorgefchritten. Die Lefung u. 
Erklärung des E.s gefchah in alten Zeiten vor dem Beginne ver eigentlichen 
Dpferhandlung, welcher alle, nicht zur vollen Firchlichen Gemeinſchaft ulgenom- 
wenen, wicht beimohnen durften. Die Sammlung der an den verfchiedenen 
Sehen und Sagen des Jahres in ver heiligen Meſſe gelefenen evangeltichen Ab⸗ 
feine (Berifopen), welche in der Predigt dem Wolke erklärt werben, heißt 
Fre Die Zufammenftelung und Auswahl diefer Lefeftüde ift nr der 

uralt. 

Esariftus. Papſt u. Martyrer, ein Syrer von Geburt, wurde im J. 100 erwählt 
a. verwaltete die Kirche ungefähr 9 Jahre. Man hält den €. für einen forgfäls 
tigen u. eifrigen Hirten. Ihm wird die Einführung der Kirchweihe zugefchrieben. 
—— f reibt man ihm die Einfegung der Cardinal⸗Prieſter zu, well er 

Rom in Titel oder Pfarrfprengel abtheilte, wovon er jenem Priefter einen 
wies. Auch ſetzte er die fleben Diafonen ein, weldye den Bifchof begleiten folls 
im. Diefem Papſte werden einige Sendſchreiben zugefchrieben, in veren einem 
befonder® gelefen wird: daß eine Heirath nur von Tenen zu Stande gebradht 
werden könne, welche über das Weib zu gebieten haben. Ob Er wirklich ale 
Martyrer geftorben fei, kann nicht beftimmt angegeben werben ; allein die erfien 
Räpfte waren ſchon Martyrer in der gefährlichen Erfüllung ihres Berufes u. In 
den vielen Widerwärtigfeiten, die fle zu ertragen hatten. In jedem Falle verdient 
daber auch E. den Martyrern beigezählt zu werden. Sein Andenfen wird den 
26. October gefeiert. 

Evection ift eine der 3 großen Ungleichheiten im Mondlaufe, u. zwar die 
größte, nämlich eine Veränderung in der Ercentricität der Mondbahn. Tycho de 
Brahe fagt daher ftatt E. prostaphaeresis excentricitatis. Die E. iſt am größ- 
ten, wenn die große Are der Mondbahn mit der Linie der Neu- u. Bollmonde 
wijammentrifft; am Fleinften aber, fobald gedachte Are in die Linie der Quadra⸗ 
tmen fällt. Einen, diefen Gegenftand ausführlich behandelnden, auch von Rech⸗ 
nung begleiteten, Aufſatz trifft man in Nürnbergers Popul. aftron. Handmwörters 

‚5. Heft, S. 397 — 401 an, eine gedrängte Darftelung aber in Lalande 
»Astronomie« ($. 3479). 

Everett 1) (Alexander Henry), aus dem Staate Maflachufetts, ftudirte 
m Boſton u. Cambridge u. fam 1818 als Gefandter der Bereinflaaten nach dem 
Haag u. 1825 nady Madrid. Seine Bemühungen, die erſtere Macht zu einer Ents 
(hädigung für meggenommene neutrale Schiffe, u. Spanien zum Frieden mit den 
abgefallenen Kolonten zu bewegen, fhlugen fehl. Später gab er in Bofton (fett 
1835) dad »Northamerican Reviews heraus. Seine ftaatswiffenfchaftlichen Werke 
»Europe« (2 Bde., deutſch, Bamberg 1823); »America‘* (2 Bde., deutſch, Hams 
burg 1825) u. ein Buch gegen die Malıhus’fcyen Befürchtungen (2. Aufl, Bo- 
kon 1826) find mit Kenntniß gefchrieben. — 2) E. (Edward), Bruder des 
Borigen, früher unitariſcher Beiklicher u. nad einer Reife durdy Deutfchland u. 
Griechenland Profeſſor der griechifcyen Sprache in Cambridge (Maffachufett). 
Später word er Gongreßmitglied, ſprach ale foldyes befonders für die Indianer, 
ward 1836 Gouverneur von Maffachufetts u, iſt jebt Gefandter in London. 


55 


66 Ewald. 


„Was follte der Adel jest thun?“ worin er den gutgemeinten Rath ertheilt, es 
follten die Adeligen mandye ‘Privilegien freiwillig aufgeben, nachdem die Zeit die⸗ 
ſelben tängft abrogirt habe — hätte beinahe einen Prozeß beim Reichehofgertchte 
onhängig gemacht, u. die andere: „Ueber Revolutionen, ihre Quellen u. die Mit⸗ 
tel Dagegen” 1792, führte vielfache Anfeindungen ihm zu, fo daß er die 2. Pre 
digerftelle zu St. Stephah in Bremen 1796 als erwünfchte Getegenheit ort 
um feinen bisherigen Wirkungsfreis verlafien zu können. In Bremen ließ er 
fi) das Erziehungs⸗Weſen beſonders angelegen feyn. Zur Gründung einer“ gus 
ten Bürgerfchule eiferte er u. fuchte, in Verbindung mit feinem gleichgefinnten 
Freunde Häfelt, durch Subfeription eine Normalfcyule zu fliften. 1804 unters 
nahm er eine pädagogiſche Reife in die Schweiz zu Peſtalozzi u. Fellenberg, und 
hielt nach feiner Rüdfehr öffentliche Borlefungen für Mütter und Lehrerinnen, 
1805, erfchlen „Geiſt der Peftalozzi’fchen Methode” u. er errichtete nach dieſem Bors 
bilde eine Schule. In Folge feines angeftrengten Prediger⸗Amtes ftellte ſich zu- 
weiten Blutſpeien ein u. fhwächte feine Bruft, fo daß er der Kanzel entjagte in 
Rückficht auf feine Geſundheit, und 1805 an die Univerfität Heidelberg als Pros 
feffor der Moral u: Kirchenrath abging. Zugleih war er Direftor des Sitten 
Ephorats der Stubirenden. 18:7 erhielt er die Beförderung zum geiftlichen Mi⸗ 
nifterial-Rathe in Karlerube und farb dort 19. März 1822. In, feinen vielen 
Schriften zeigte er ſich als einen guten Proſaiſten. Die Anzahl derfelben if 
ziemtidy beträchtlich u. mehre davon felbft in ausländifchen Sprachen überfeht. 
- Wir nennen nur: Chriftliche Familienpredigten; über die myibhlfcbe Lehre des 

Chriſtenthumes; Betrachtungen auf alle Tage im Jahre chriſtliche Monatsfchrift; 
Urania für Kopf u. Herz, 2 Jahrgänge 1793 — 95. Höchft gelungene biogra; 
phiſche Darfellungen von David u. Salomon. Ehelicye Verhältniſſe u. eheliches Les 
ben, 4 Bpe. 181011. Kunft, gutes Mädchen u. Sattin, Mutter u. Hausfrau zu 
werden, 3Bde. 1807. Das Seitenftüd, der aute Jüngling, Oatte u. Bater, over Mittel 
es zu werben, 1804. Briefe über alte Myftif u. den neuen Myſticismus, 1822 u.f.w. 
4) E. Georg Heinrih Auguf, DOrtentalift und Schrifterflärer, geboren 
16. November 1803 zu Göttingen, Sohn eines armen Leinewebers, widmete fich 
auf der dortigen Univerfität den altteftamentlidhen Studien, in Verbindung mit 
audgedehnten Eprachkenntniſſen in den mörgenländifchen Dialekten. Im 19. 
Lebensjahre verfaßte er feine erfte Schrift „Kompofition der Geneſis,“ Brauns 
fhweig 1823, worin er die Einheit des Planes u. der Erzählung der Geneſis bes 
— und die einſeitige Urkundenhypotheſe von Vater Ilgen u. Eichhorn ers 
chũtterte. 15. Januar 1823 Dr. der Philoſophie, lehrte er am Gymnaſium zu 
—ã und unterſuchte die dortigen orientaliſchen Handſchriften. Durch 
Eichhorns Empfehlung ward er Oſtern 1824 Repetent an der theologiſchen Fa⸗ 
eultät in Oöttingen, 1827 außerordentlicher, 1831 orbentlicher Srofeflor, und 
nachdem Pott und Tychſen, hochbejahrt, nur geringe Thätigkeit mehr für bie 
alademifchen Vorträge übten, beherrſchte E. ausſchließend altteRamenttiche Eregeie 
und morgenlaͤndiſche Sprachen an der Univerfltät. Die Akademie zu Kopenhagen 
beehrte ihn mit der theologifchen Doctorwürde. 1826 unternahm er eine wiflen- 
ſchaftliche Reife nad) Berlin, 1829 nad) Paris,“ 1836 nach Italien, um in den 
handſchriftlichen Schägen feine umfaffenden orientalifchen Studien zu bereichern, 
Auch über Sanserit dehnte er feine Forfchungen aus. Seine Methode iſi vie 
—VI aͤhnlich wie Grimm im Altdeutſchen und Fr. Bopp im Indie 
chen. Dabei zeigt ſich fein Scharfſinn u. ſeine architekioniſche Syſtematik in einem bes 
‚wundernöwerthen Grade. Er verfolgt die einzelnen Formen in ihrem Urfprunge, 
zeigt die rationelle Umbildung der Laute durch Erhärten, Erweichen, Verhauchen, 
und bemüht ſich, die Geſetze nachzuweiſen, wie die Umwandlung geſchah, und wie 
die gefchehenen Veränderungen ſich wieder auf die primitiven nein zurüdfüb- 
zen lafien. Daß bei diefen ſchwierigen Forſchungen viel Gewagtes und Hypo⸗ 
thetiiche® unterlaufen muß, befonderd, da ganz neue, unbetretene Wege erft anges 
/Dlagen wurden, laͤßt fidy wohl vorausfehen. Deßhalb kann die große Bitterkeit 


Evreur-—- Ewald, 65 


ser bald von den Portugiefen, nachdem fie die Schlacht von Almexial oder E. 
zwonnen hatten, wieder genommen. 

Esteur, Hauptflabt des franzöf. Departement Eure, am ton, mit etwa 

Einw., bat eine Kathebrale mit einem 252 Fuß hohen Thurme, 8 Kir⸗ 
den, 2 Hofpitäler; ift Sig eines Bisthums unter dem Erzbifchofe zu Rouen, 
beßeztum mit Bibliothek, Geſellſchaſt des Aderbaues, der Wiffenfchaften u. Künfte, 
sediziniiche Geſellſchaft. Die Einwohner unterhalten viele Fabrifen u. Gewerbe 
ı. treiben anfehnlidhen Handel. Bei der Stadt befindet ſich ein eingegangenes 
Ricker, in dem Sully als Abt ftand, u. } Stunde Davon das prächtige Schloß 
Ravama. €. vertaufchte feinen römifchen Namen Mediolanum im 4 Jahrhun- 
rte mit Ebroicae. In der Nähe von E, finden ſich noch viele Ueberreſte aus 
ver Römerzeit. 

Ewald 1) (Johannes), ausgezeichneter dänifcher Dichter, geboren 1743 
za Kopenhagen, geftorben 1781. Schon in frühefter Jugend in das Xeben hinein- 
Kürmend (er diente 1759—60 als Soldat in dem preußtfchen u. öfterreicdyifchen 
c), doch bald darauf zurüdgefehrt, von einer unglüdlichen Liebe zu tiefer 

uth geftimmt, verbrachte er den übrigen Theil feines Lebens, unbemerft u. 
mbelohnt von den Großen, nicht aufgemuntert von der Gefellichaft, die ſich ſeit 
1739 zur Aufnahme der fchönen Wiffenfchaften im Waterlande gebildet hatte, 
oft faum der bitteren Noth ald Gelegenheitspichter ſich wehrend, u. befchenfte in 
dieſer fümmerlicyen Lage Dänemark mit unfterblichen Geifteöwerfen. ir nens 
um von biefen: »Rolf Krage.« »Adam og Eva,« »Balder’s Död,« »Fiskerne.e 
As Lyriker iſt E. ausgezeichnet, beſonders auch in Bezug auf das geiftliche Lie. 
Aber audy die komiſchen Lebensverhältniffe wurden in feinen fatyrifchen Dramen 
‚Te brutale Klappere“ und „Harlefin Patriot“ berührt. Sämmtlidhe Schriften, 
2 Aufl., 4 Bde. 1814—16. — 2) E. (Johann von), dänifcher General, geb. 
1744 zu Kaſſel, begann feine militäriſche Lauftahn tn heſſiſchen Dienften 1760, 
focht jeit 1776 in englifhem Solde gegen Rordamerika u. befehte 1801, nach⸗ 
dem er 1788 in däniſche Dienfte eingetreten war, Hamburg und Lübel. Im 
Jabre 1806 fhühte er die dänifche Gränze gegen Blücher, weniger erfolgreidy 
gegen Murat, aber mit Glüd die Infel Seeland gegen die Engländer. Die Er- 
fürmung Stralſunds 1809 beförderte ihn zum Generallieutenant. Durch Krank⸗ 
beit geswungen, das Commando einer Diviſton niederzulegen (1813), ftarb er in 
Kiel ın demjelben Jahre. Der, durdy Bieverfeit u. wahre Humanität ausgezeich⸗ 
aete, Mann iſt aud) als militärifcher Schriftfteller befannt. Vergleiche feine „Be: 
kerungen über den Krieg,“ erläutert durch Beifpiel großer Helden (3 Bde. Als 
tena, 1798—1803). — 3) E. Johann Ludwig, geſchaͤtzter moraliſcher Schrift- 
tler, geboren am 16. Sept. 1747 zu Dreieichenhayn bei Offenbach. Bon ſei⸗ 
arm Bater, einem Prediger, frühzeitig zum Leſen der heiligen Schrift angehalten, 
andloß fid) der Süngling zum Studium der Theologie, weldyer er in Marburg 
mer dem geiftvollen Profeſſor Robert gründlich fi) widmete. Einige Zeit Haus- 
kbrer in Kaſſel, wurde er zu den jüngeren Prinzen von Heflen “Philippsthal als 
Srüeher berufen. 1767 nahm er eine Predigerftelle in Offenbach an. Seine 
beologiſche Richtung neigte fid anfänglich ganz der rationaliſtiſchen Seite zu, 
18 Lavaters Einfluß, u. Augenleiden in Folge der Pockenkrankheit, feiner religiö- 
in Denkart eine ernfte pofltive Grundlage gaben, da ihm für viele wichtige 2e- 
beneiragen bloße philofophifche Meinungen feine_ zunerläffige volung u. nachhal- 
tigen Troft gewährten. Das eifrig fortgefegte Stubium der heil. Schrift führte 
than mehr u. mehr ein in die Tiefe der göttlichen Heilanftalt, fo daß ihm Jeſus 
mt nur Borbild fittlichen Lebens, ſondern wahrer Heiland und troftreicher Er- 
isfer wurde. Ueber feine früheren Verirrungen u. deren Unhaltbarfeit machte er 
1778 freimüthige Belenntniffe. 1781 erhielt er einen Ruf nady Detmold als 
Hofprediger, Gonfiftorial-Rath u. Euperintendent. Durch Errichtung eines Echul- 
chrerfeminare beabfichtigte er das Echulwefen frudytbar zu beleben; allein 2 fei- 
ur Schriften vergällten ihm einen längeren Aufenthalt, Die eine Flugſchrift: 

Resiencpclopäbfe. IV. 9) 








68 Ewiges Liht— Excellenz. 


een Bearbeitungen Beranlaffung gegeben. Schubatt, und in neuer Zei 
- Zul, Mofen u. Lenau, benügten fie zu größeren Dichtungen, Bulpius brachte ſi 
in einen Roman, und mehre Erzählungen und Schauſpiele find auf diefe Idee ge 
gründet. Vgl. Görres, „die deutſchen Volfsbücher von 1807, ©. 200." — J 
unfern Tagen hat der franzöftfche Schrififteller Eugene Sue einem bänder 
Romanen den Titel „Juife errant‘‘ (Ewiger, oder vielmehr irrender Jude) 
geſetzt. Im Feuilleton des „Konftitutionell* war er zuerft enthalten. Jetzt Auf. 
bereits zahlreiche deutfche Ueberſetzungen davon vorhanden, und das deutſche Pak 
likum, befonvers das der mittlern Schichte angehörende, griff haftiger nady dieſch 
frangöfifhen Ragout, als es je nady ähnlichen oder befieren Erzeugnifien : 
ſcher Schrififteller gegriffen hat. * 

Ewiges Licht heißt in den katholiſchen Kirchen die, vor dem Hauptaltagg‘ 
Tag und Nacht brennende Lanpe, das Sinnbild der unaufhörlichen Xobpreifung 
und Huldigung, die dem, im Tabernafel faframentalifcy gegenwärtigen, Gottmess 
ſchen ebührt. — Ewiges Feuer mußte auch in der Stifishütte (3. Mof. 6 
und fpäter im Tempel der Juden unterhalten werben. T. 

Exact (lateiniſch exactus, franzoſiſch exact) heißt eigentlich vollbradk, 
vollkommen gemaächt, genau. Bon den Franzoſen hetübergenommen if Wie 
Eintheilung der Wifienfchaften in e.e u. ineracte, d. 5. in foldye, bei denen dia 
firenger Beweis moͤglich iſt, bei denen Zahl und Maß angelegt werden kann, ..®. 
bei den mathematifcyen und phyſikaliſchen, und ſolche, bei denen dieſes nicht ber 
Fall iſt, 3.8. bei der Sprachwiſſenſchaſt. I. Grimm ſchlug dafür die deutjche 
Benennung „genaue“ u. „ungenaue” Wifienfchaften vor, eine Benennung, bie 
gewiß Yufna me verbient. x. 

GEraltation, wörtli: Erhebung, tft die Bezeichnung eines Gemüthözus 
ftandes, in dem der Wenidy durch eine Idee, oder eine Reihe von Vorftellungen, 
lebhaft ergriffen ift u. dadurd) ſich zu Unternehmungen angeregt, ermuthigt und 
entſchloſſen fühlt, die Ihm außerdem gleichgültig, fchwierig oder ganz unausführ 
bar erfcheinen würden. 

Exanthem ift eine Benennung eines Hautausfchlages; nady Willan heißen 
fo befonderd die glatten Hautausihläge Eranthematifhe Krankheiten 
find folcye, die mit einem Hautausfchlage, als Hauptfymptom, verbunden find. 

Erxarch war urfprüngl:ch der Titel der byzanıinifchen Oberfeldherrn u, Statt 
halter in Stalten. Nach der Abberufung des Narfes (f. d.) nahm diefen Titel 
fein Nachfolger Flavius Longinus an (567). Das Gebiet der Statthalter 
haft hieß von nun an dad Exarchat. Der Sitz der E. — 16 folgten noch 
auf Longinus — war Ravenna. Die Een waren im fleten Kampfe mit den 
Longobarden begriffen, die die Losreißung der einzelnen Gebietstheile unter ben 
von ihnen eingefegten Herzögen, fo wie die Selbfiftändigfeitserklärung des röml 
ſchen Papſtes Gregor IE. nidyt hindern Fonnten und zulegt, auf Ravenna u, def 
fen Umgebungen beichränft, auch diefed dem Longobardenkünig Aiftalf (752) über: 
laffen mugten. Diefer aber war genöthigt, das Erarchat ihon nah 3 Sabre 
an Pipin den Kleinen abautreten, der es, zum Lohne der ihm geleifteten Dienſte 
dem römischen Papſte Stephan II. als Schenkung überließ. Diete wurde vor 
Karl dem Großen (800) beftätigt und erweitert, und der Papft fo zum anfehn 
lichen weltlichen Fürften gemadyt. — E.en wurden audy in der älteren Zeit vor 
ugsweiſe die angefehenen Bifchöfe von Antiocdhia, Ephefus, Alerandria und Kon 
Rantinopel genannt, 

Excellenz, (vom lateinifchen excellentia, excellens), Titel der Auszeichnung 
den zuerſt Die longobarbifchen und fräntifchen Könige, dann die römiſch⸗deutſche 
Kaifer bis auf Heinrich VIL, fowte die erwählten römifchen und andern König 
führten. Bon diefen ging er zunächſt auf die Faiferlichen und königlichen Stati 
halter, dann auf die Herzöge und Reichögrafen über. Alle dieſe vertaufchten bi 
E. mit andern Prädicaten, fobald man mit der Verleihung der erflern freigebige 
zu werden begann, — Bemerlkenswerih ift der langwierige, den in Rede flehenben 







Ereentrifche Kreife— Erceptionen. 69 


2 
‚Sal bencffende, Etifetteftreit unter den furfürftlichen und fürftlichen Geſandten in 
—8 jpärern Zeiten des heiligen römiſchen Reiche. Die erſtern nahmen das Prä⸗ 
ar ©. ſchon bei der Eröffnung der Friedensverhandlungen zu Münſter u. Os⸗ 
srüd (1645) mit Erfolg in Anſpruch. Die legtern aber mußten ſich begnügen, 
Ifelke unter einander ſich zuzugeftehen, ohne durch einen ausprüdlichen Reichs⸗ 
Nu u der Führung dieſes Titels berechtigt zu feyn. Und doch hatte man im 
Birtelalter, und noch fpäter fogar, Profeſſoren denfelben bewilligt (Schulercellen- 
»). In Zufchriften (3. B. viro perillustri ao excellentissimo) und in Anreben 
8. vir excellentissime) dürfen ihn die Gelehrten noch jeht ſich gegenfeitig 
en, während er eigentlidy bloß den höchften Beamten im Bivils und Militär- 

e aufommt. In Italien, wo ihn früher ausſchließlich die Fürften (Excellenza) 
heten, die, ald Cardinäle den Titel Eminenz (Eminenza) ſich beilegten, dafür 
e Altezza annahmen, iſt noch jetzt Excellentissimo ein den Doctoren allgemein 
geſtandenes Prädicat. Daneben hat der dortige Adel darauf Anfprudy; wie 
ber in Wien jeder fremde Gentleman von Kellnern und Lohnbedienten mit „Ew. 
Baaden” und „Gnädiger Herr oder Frau“ titulirt wird, ohne gerade von Adel 
u ſern, fo iſt man auch in Italien mit der Anrede »Excellentissimo Signores 
md „Vestra Excellenzas höchſt freigebig. In Frankreich werden, außer den Mi- 
ikern, die ihn 1830 ablehnten, aber feit 1833 wieder führen, und den Ambassa- 
kurs, die Princes mit Excellence titulirt, während die Ducs das Prädicat Altesse 
ibten. In Spanien ift Excellenzia eigentlidy der Titel der Granden u. derer, 
elche ihr Haupt vor dem Könige bededen; dody ward derſelbe in der neuern 
eit auch hohen Beamten, Bicefönigen, Mintftern, Generalcapitäns, Generallieu- 
nants und Gefandten bewilligt. In England fteht das Prädicat Excellency 
enfals den Miniſtern, den Generallteutenants, Gefandten und Gouverneurs zu. 
n Deutfchland werden wirkliche geheime Näthe, Staatöminifter, Gefandte erfter 
fafit (Ambassadeurs), Feldmarſchalle, Generale der Infanterie und Gavalerie, 
henerallieutenants, ebenfo die höchften Hofbeamten, wie der Oberhofmarſchall, 
er Dberhofmeifter, der Obermundfchenf u. 9. in der Regel, andere hohe Staats⸗ 
ramten, vote die Bräftdenten der Gollegien, nur zufolge befonderer Beftimmung 
it E. titulitrt. Denfelben Titel führt auch der Präfident der vereinigten nord» 
merifantjchen Staaten. 

Excentriſche Kreife find folche, die feinen gemeinfchaftlichen Mittelpunft 
ıben, deren Peripherien deghalb auch nicht parallel Laufen, im Gegenfage zu den 
sncentrifchen, dern Mittelpunfte zufammenfallen u. deren !Beripherien deßwegen 
ı allen entfprechenden Bunften in gleichem Abftande von einander fich befinden. — 
rcentrifhe Winfel find, im Gegenfage zu Eentrimwinfeln, ſolche Winkel, welche 
on zwei, fidh nicht im Mittelpunfte eines Kreifes ſchneidenden, Sehnen gebildet 
uıden. Je nachdem ſich die Schnen Innerhalb oder, wenn fie nämlich verlängert 
erden, außerhalb des Kreifes fchneiden, wird der ercentrifche Winfel entweder 
on der halben Eumme, oder von dem halben Unterſchiede derjenigen beiden Kreis» 
egen, welche zwifchen feinen Schenfeln u. deren Verlängerungen liegen, gemeflen. 

Ercentricität ift bei Kepler die Entfernung des Brennpunftes, a wel: 
sem ſich die Eonne befindet, vom zweiten Brennpunkte der Euipſe. Man be- 
immt diefe E. gewöhnlich im Verhältniffe zurgroßen Are, fo daß, wenn a Die halbe 
rohe Are ift u. e das Verhältniß der E. zur großen Are beveutet, die E. durch 

a e aufgedrüdt wird. — In der Geometrie nennt man E. die Entfernung 
des der beiden Brennpunkte der Ellipfe von dem Mittelpunfte derjelben. 

Erceptionen, eigentli Ausnahmen, nennt man in det Rechtswiſſenſchaft 
ie Einreden gegen Klagen. Dieß kann entweder dadurdy geſchehen, daß man 
ch auf Thatfachen bezieht (exceptio facti), oder auf Sätze des Rechte (excep- 
o juris). Doc) heißen bloß die lebteren im eigentlichen Sinne Einreden, die 
fteren aber Ausflüchtee Man theilt die exceptiones facli in dilatoriae (ver- 
jgerliche) u. peremtoriae (zerftörliche). Inter den erftern find die exceptiones 
»rı declinatoriae, die die Uebertragung des Prozeſſes an ein anderes Gericht 







70 Exeeß — Excommunication. 


zum Zwecke haben, beſonders wichtig; unter den letztern die fogenannten | 
tiones litis ingressum impedientes, weldye gleih an ver Spite des “Pro 

vorgebracht u. fofort dargethan (liquid) feyn muͤſſen, dann aber die Abwelfun 
der Klage zur Folge geben, f. Einrede. | 

Exceß, d. bh. Ueberfchreitung des Maßes, Ausichweifung, Unfiy- 
Frevel. Der Ausdrud wird befonders von lebertretung der Poltzeigefehe, wel 
die öffentliche Rube, Ordnung u. Sittlichkeit gefährben, oder pefäbrben 

ebraucht; fo 3. 2. nächtliche Nuheftörung durch Lärmen, Widerſetzlichkeit ou 
Bewaltihätigfelt gegen die Polizeimannfchaft u. dgl. mehr. Ä 

Exchequer (engl.), wörtlih: Schachbrett, heißt in England eine Fine 
liche Behörde, bet weldyer über alle Angelegenheiten, die die Rechte u. Ein 
der Krone betreffen, verhandelt wird. Einrichtung u. Name dieſes königlicke 
Lehnhofes ſtammen von Wilhelm dem Groberer her, unter welchem dieſes &e 
richt im föniglichen Palafte abgehalten u. dazu ein Tiſch benübt wurde, der wi 
einem fchachbrettförmig geſtickten Tuche (chequered) bebedt war. Gegenw 
bildet der E.sHof den legten der A Höfe in Weſtminſter u. wird von den Lorkl 
der Schapfammer beauffichtigt, denen der Kanzler ver Schagfammer (zugleld 
Minifter) präftvirt. — E.⸗Bills, englifhe Schatzſcheine; dieſelben machen & 
nen Theil der unfundirten (ſchwebenden) Schuld Englands aus und wurde 
zuerfi im Sahre 1696 ausgegeben, um bei den damaligen großen Umprägunge 
der Münzen dad baare Geld zu erfegen. Seitdem aber erfolgen, mit Bewilligung 
des Parlaments, faft alljährlich neue Ausgaben foldyer Scheine, indem die Re 
gierung dadurch im Voraus erhebt, was fie zur Dedung der laufenden Staats 
ausgahen nöthig hat, ehe fie über die Einnahmen verfügen kann. Sie laute 
auf 100, 200, 500 u. 1000 2. St. u. ihr Zinsfuß wird nad) den Zeitverhaͤlt 
niſſen feftgefebt. Da biefe Bills im Schabamte zu ihrem vollen Nennwerthe ein 

elöst werden, fo find die Inhaber derſelben Feinen Verluften durch Coursfchwan 

ngen ausgeſetzt; ja, fle ſtehen im Berfehre fogar noch etwas befier, als baares 
Geld. Um indefien die. Mafle dieſer Scheine nicht aflzufehr anwachſen zu laffen, 
beruft die Regierung von Zeit au Zeit einen Theil derfelben ein, um fle entweder 
zurüdzuzahlen, oder unter gewiffen Bedingungen in den Stods zu fundiren. 

Exclusiva (sc. sententia), ausföhließende Stimme, beißt das, dem 
Kaiſer von Oeſterreich (ſtatt des ehemaligen deutſchen Kaiſers), ſowie den Könl⸗ 
gen von Frankreich u. Spanien zuftehende Recht, bei einer Bayftwahl gegen bie 

ahl des einen ober andern Cardinals zu proteftiren, d. h. eine ausfchließenne 
Etimme gegen iin abzugeben. 

Ereommunication, Kirchenbann, Ausfchliefung aus der Kirchengemein: 
haft, war fchon bei den Juden üblich, u. zwar gab es bei ihnen 3 Arten ber 
jelben. 1) Die Ausftoffung von der ®emeinfchaft auf 30 Tage, die nur einfad 
verhängt wurde; 2) die Ausfchließung aus der Synagoge unter Verwünſchungs 
worten, in Folge deren auch die Hausgenofien mit dem Betreffenden nicht ver: 
kehren durften, die aber Wiederaufnahme zuließ; 3) die ewige Ausichließung ode 
Hinauswerfung aus allem religlöfen und politifchen Verbande mit den Anderr 
auf immer. Je nach dem Vergehen richtete fi) ver Grad u. die Art der E., u 
war die Verhängung derfelben entweder Sache des Berichtes der Sieben, oda 
des Gerichtes der kerunbawanjig, oder endlich des hohen Rathes oder Eyne 
driums. Cine derlei E. ward z. B. über den Blindgeborenen verhängt, den Se: 
ſus jehend gemacht hatte, war Allen angedroht, die Jeſum als dın Meffias bes 
fennen würden (Joh. 9, 22.). Das Recht zu ercommuntziren leitete Die Syna— 
Bone von göttlicher Anordnung ber; aud liegt es im Begriffe einer jeden Ges 
elichaft, ungefügige Glieder aus ihrer Mitte auszuſtoſſen, ja, es iſt von ver 
aficht der Selbfterhaltung einer jeden Gefelichaft geboten. Der Gebrauch der 
G. ging daher aus der Synagoge auch indie Kirche über u. iſt, außer durch die 
angeführten Gründe, die der Synagoge u. jeder Gefellfchaft dieſes Recht fichern, 
durd) Die Worte Jeſu gerechtfertigt: „Wenn Einer die Kirche nicht hört, ſei er bir, 


kn at Ehnber* (Math. 48,17). Sdon bie Apoflet 
1 . 5, 95 8, 20.)5 eb deren Na 
re Alm das ee der rd, = ie en a: 
und über obliegt. Und zwar wurden Anfangs nur 
uk vieſer Stu *35 vom Beginne des 8. Jahrhunderts 
° liche Macht der Unterftägung durch die 
Be a. felbe auch fand, ward: dann die E. 
jere gt den Muh Dann) Snekeonnan war 
Inlehrer u, deren Mnhang auegefprochen, was auf ben 


g 
:s 
nk 


; Unathema (f. d.) geſcheh ein Mort, bem, fo gehäfig € 
den 6 ang ee der firch) {4 —— 
der latholiſchen Kirche zu hr Denn,;hätte fie die Alle 
Er Eee Tue nina 

, De unter der en 

ut beufbar imäre. Uebrigene gab u. gibt cö 3 Mrten der €, 1) bie 
man fällt, wenn man mit einem im Banne NE 
ſteht u. von ber jeder Priefter abfolviren kann; 2 größere, in bie 
wenn man ein damit bedrohtes Verbre jeht (data sententia), 
uch förmlicen Urthellöfprudy verhängt wird, bie Ausfchli vom 
ver heiligen Saframente, vom gemeinichaftlichen Gebete u. Kir⸗ 
u je hat, z. von welcher nur der Bifchof abfolvirt; 3) das Ans 
ver eine gänzliche Ausfchl er 


leht, wie überhaupt alle 


‚dmal, fondern medizinal,m. wie ver heilige Paulus (1. Kor. 5, 4.) . 


bamit der Geiſt gerettet werde am Tage unfers em 


lat. excursio), eigenilich Auolaufꝭ dam tn der Mhriorit 
—X — & m — 


— 


ſton nennt man die Ausllagung 

om gegen ibn. Das beneficium excussionis iR tie, em Bürgen 

en a8, be Hauptſchuldner zuerft unbgefingt wire. Vyl. 
t 


sinart. . 
ation einer Kirche oder eines Altars, d. i. bie lee‘ 
enn die Kirche oder der Altar ganz, oder werigfien® Kri A 
a, wenn inöbefondere jene heile worben find, deucn die m 
er Weihe aleihfam inhaͤrirt, als: einer Kirche He Wände, ja 
er Anwurf, einem Altäre bie 


haben. IR 
Alıpke Mebopfer nicht dargebracht werden, wußer 88 gibt ver Bifcher 
e Erlaubniß, i ö 


€ 


jebracht wird. Roth) je Boranöfepuite 
ution find: 1) ein ee rechtskraͤftiged Urtheil; 2) cite ges 
mmung des Objecte® im Urtheile, m. Es fowohl der Oudantät, als 
ad, u. 3) em volfkiges Gefach Denigen, zu bel Gunfen 
Dem Unhette, Ycr Aufprug), uOnfekien vi AEBODRT. GUN 

jeilötenor, den Anfpruch, um 0 

: wird, fo wie die Art der Execution enthalten,” umd datf nur 
heilten oder beffen Rechtönachfolger gerichtet werben. 


einer befktmmten Frift die Befolgung des 


de Is 
esutiondantrag begränbet er. ‚fo: an Bere . 


ben, u. Ihr 


es 


Baunfiud), fi aus bi 
der Gläubigen if. ab biefer 1 und 
au bei teuiger —— 


Seit excursus auch eine enbhung über —— — J 


70 Exceß — Excommunication. 


zum Zwecke haben, beſonders wichtig; unter den letztern bie fogenannten 3355 
tiones lilis ingressum impedientes, welche gleich an der Spike des Prozeſſes 
vorgebracdht u. fofort dargethan (liquid) feyn müflen, dann aber die Abweifung : 
der Klage zur Folge gaben, f. Cinrede. m 

Ereeß, d. h. Ueberfchreitung des Maßes, Ausfchweifung, Unfug, 
Frevel. Der Ausdrud wird befonders von Uebertretung der Boltzeigefebe, welche - 
die öffentliche Ruhe, Ordnung u. Sittlichkeit gefährden, oder gefährden könnten, - 
ebraucht; fo 3. B. nächtliche Ruheflörung durch Lärmen, Wivderfeplichkeit oder - 
Bewaltihätigtelt gegen die Poltzemannfchaft u. dgl. mehr. - 

Exchequer (engl.), wörtlih: Schachbrett, heißt in England eine könig⸗ 
liche Behörde, bet welcher über alle Angelegenheiten, die die Rechte u. Einkünfte 
ber Krone betreffen, verhandelt wird. Einrichtung u. Name dieſes königlichen 
Lehnhofes ſtammen von Wilhelm dem Eroberer her, unter welchem dieſes Ge⸗ 
richt im röniglichen Patafte abgehalten u. dazu ein Tiſch benügt wurde, der mit 
einem fchacdhbrettförmig geftidten Tuche (chequered) bevedt war. Gegenwärtig 
bildet der E.»Hof den lebten der A Höfe in Wefiminfter u. wird von den Lord6 
der Schatfammer beauffiditigt, denen der Kanzler der Schapfammer (zugleich 
Minifter) praͤſidirt. — E.⸗Bills, englifhe Schatzſcheine; diefelben madyen eis 
nen Theil der unfundirten (ſchwebenden) Schuld Englands aus und wurden ° 
zuerfi im Jahre 1696 ausgegeben, um bei den bamaligen großen Umprägungen 
der Münzen das baare Geld zu erfegen. Seitdem aber erfolgen, mit Bewilligung 
des Parlaments, faft alljährlich neue Ausgaben folder Scheine, indem die Res 
gierung dadurch im Voraus erhebt, was fie zur Dedung der laufenden Staates 
ausgahen nöthig hat, ehe fie über die Einnahmen verfügen kann. Sie lauten 
auf 100, 200, 500 u. 1000 L. St. u. ihr Zinsfuß wird nad) den Zeitverhält- 
niffen feſtgeſetzt. Da biefe Bills im Schagamte zu ihrem vollen Rennwerthe eins 
ge t werben, fo find die Inhaber derfelben keinen Verluften durch Coursſchwan⸗ 
ungen ausgeſetzt; ja, fie flehen im Berfehre fogar noch etwas beffer, als baares 
Geld. Um indeſſen die. Mafle diefer Scheine nicht allzuſehr anwachſen zu laffen, 
beruft die Regierung von Zeit zu Zeit einen Theil derfelben ein, um fie entweder 
zurüdzuzahlen, oder unter gewiflen Bedingungen in den Stocks zu fundiren, 

Exclusiva (sc. sententia), ausfonliegende Stimme, heißt das, dem 
Kaiſer von Oeſterreich (flatt des ehemaligen deutichen SKaifers), forwie den Köni⸗ 
gen von Frankreich u. Spanien zuftehbende Recht, bei einer Papſtwahl gegen bie 

ahl des einen oder andern Cardinals zu protefliren, d. h. eine ausſchließende 
Etimme gegen ihn abzugeben. 

Ereommunication, Kirchenbann, Ausfchliefung aus der Kirchengemein⸗ 
haft, war ſchon bei den Juden üblich, u. zwar gab es bet ihnen 3 Arten der⸗ 
felben. 1) Die Ausftoffung von der Gemeinfchaft auf 30 Tage, die nur einfach 
verhängt wurde; 2) die Ausfchliegung aus der Synagoge unter Berwünfchunges 
worten, in Folge deren audy die Haußgenofien mit dem Betreffenden nicht ver- 
fehren durften, die aber Wiederaufnahme zuließ; 3) die ewige Augfchließfung oder 
Hinauswerfung aus allem religiöfen und politifchen Verbande mit den Andern 
auf immer. Te nad dem Vergeben richtete fih ver Grab u. die Art der E., u. 
war die Verhängung derfelben entweder Sache des Berichtes der Sieben, oder 
des Gerichtes ver ierunbawangig, oder endlich des hohen Rathes oder Eyne⸗ 
driums. ine derlei E. ward z. B. über den Blindgeborenen verhängt, den Je⸗ 
ſus fehend gemadyt hatte, war Allen angehroht, die Jeſum ald dın Meſſias be- 
fennen würden (Job. 9, 22.). Das Recht zu ercommuntziren leitete die Eynas 

Mi von göttliche Anordnung ber; auch liegt es im Begriffe einer jeden Ge⸗ 
eliſchaft, ungefügige Glieder aus ihrer Mitte auszuſtoſſen, ja, es iſt von der 
acht ber Selbſterhaltung einer jeden Gefelichaft geboten. Der Gebrauch der 
G. ging daher aus der Synagoge audy indie Kirche über u. ift, außer durch die 
angeführten ®rünbe, die der Synagoge u. jeder Gefellichaft dieſes Recht fichern, 
sur bie Worte Zefu gerechtfertigt: „Wenn Ciner vie Kichye widgt hört, (ci er in, 


= 


Exeurs — Execution. 71 


e ein Heide u. öffentlicher Suͤnder“ (Matth. 18, 17.). Schon bie Apoſtel be⸗ 
aten ſich daher dieſes Rechtes (Apoſtelg. 5, 9; 8, 20.); eben fo deren Nach⸗ 
ger u. vor Allem daher das Oberhaupt der Kirche, dem die Sorge u. Wach⸗ 
nfeit für und über Alle obliegt. Und zwar wurden Anfangs nur firdyliche 
geben mit dieſer Strafe belegt; vom Beginne des 8. Jahrhunderts an, zu eis 
' Zeit, wo überhaupt die weltliche Macht der Unterftügung durch die kirchliche 
ftorttät gar fehr bedurfte u. felbe auch fand, warb dann die E. audy über 
Ihe verhängt, die gerade fein Tirchliches, aber überhaupt ein öffentliches Ver⸗ 
ben begangen hatten (Vgl. den Artifel Bann.) Insbeſondere ward die ©. 
em die Irrlehrer u. deren Anhang ausgefprocdhen, was auf den Goncilten mit 
ı Worte: Anathema (f, dv.) geſchah, ein Wort, dem, fo gehäßig ed auch 
er Manchen if, die Erhaltung der Reinheit der Firchlichen Lehre u. des gan- 
Wunderbaues der Fatholifchen Kirche zu danken iſt. Denn, hätte fie die Alle 
midet, über die fie das Anathema ausſprach: wie fähe es auch in ihr dus, 
an dieß in der Fatholifchen Kirche, die unter der Obhut des heiligen Geiſtes 
t, überhaupt denkbar wäre. Uebrigens gab u. gibt es 3 Arten der E., 1) vie 
mere, in die man fällt, wenn man mit einem im Banne Befindlichen in Ge- 
infchaft fleht u. von der jeder Priefter abfolviren kann ; 2) die größere, In die 
m fält, wenn man ein damit beprohtes Verbrechen begeht (lata sententia), 
er die durch fürmlichen Urtheilsſpruch verhängt wird, die Ausſchließung vom 
apfange der heiligen Saframente, vom gemeinfhaftlichen Gebete u. vom Kits 
mbejuche zur Yolge bat, u. von welcher nur der Bifchof abfolvirt; 3) das Ana 
m, oder der eigentliche Bannfludy, der eine gänzliche Ausſchließung aus der 
tdye und Gemeinſchaft der Gläubigen if. Aber auch diefer ift auflösbar und 
zt Wieberaufnahme zu bet reuiger Umfchr, wie überhaupt alle Kirdyenfirafen 
bt bloß pöonal, fondern medizinal u. wie der heilige Paulus (1. Kor. 5, 4.) 
gt, dazu find, „damit der Geift gerettet werde am Tage unfere Herrn 
efu Chriſti.“ . 

Excurs (vom lat. excursio), eigentlich Auslauf; dann in ber Rhetorik 
fchweifung in der Rede u. Erzählung, ſei es zur Erläuterung, ober zur Zierde. 
isbeſondere heißt excursus aud) eine Abhandlung über einen einzelnen Gegenſtand. 

Ercuſſion nennt man die Ausklagung eined Schuldners u. die Anwendung 
* Srecution gegen ihn. Das beneficium excussionis ift die, dem Bürgen zus 
hende Rechtswohlthat, daß der Hauptfchulpner zuerft ausgeklagt werde. Bol. 
tigens d. Art. Bürgfchaft. 

Execration einer Kirche oder eines Altars, d. i. die Entweihung derfelben, 
tt ein, wenn die Kirche oder der Altar ganz, ober wenigſtens größtentheilß ger: 
rt worden, wenn indbefondere jene Theile vertilgt worden find, denen die Con⸗ 
ration oder Weihe gleihfam inhärirt, ald: bei einer Kirche die Wände, ja 
ch nur der Anmwurf, bei einem Altare die Stelle, auf welcher Keldy u. Hoſtie 
en Platz haben. Iſt eine Kirche oder ein Altar auf diefe Weiſe -erecrirt, fo 
ef das heiligfte Meßopfer nicht dargebracht werden, außer es gibt der Biſchof 
te ſpezielle Erlaubniß, u. fie tft von Neuem wieder au confecriren. T. 

Erecution (executio) oder Vollſtreckung eines Urtheils, erfcheint als dieje— 

e richterliche Handlung, durch welche, mittelft rechtlidher Zwangsmittel, das 

tefräftig Erfannte zur Erfüllung gebracht wird. Nothwendige Borausfeguns 
n jeder Grecution find: 1) ein definitives, rechtöfräftiges Urtheil; 2) eine ge- 
we Beflimmung des Objectes im Urtheile, u. zwar fowohl der Duantität, ale 
er Dualität nad), u. 3) ein volftändiges Geſuch Desjenigen, zu defien Gunften 
kannt worden iſt. Diefed Geſuch muß ganz genau, und zwar in lLebereinftim- 
ung mit dem Urtheildtenor, den Anfprudy, um defienwillen die Hülfsvollſtreckung 
ichgeſucht wird, fo wie die Art der Erecution enthalten,‘ und darf nur aenen 
n Berurtheilten oder deſſen NRechtönachfolger gerichtet werden. Hat der Rich: 
r den Grecutionsantrag für begründet erachtet, fo wird zunächft dem Berflag- 
ı binnen einer befimmten Erift die Befolgung des Urtheils aufgegeben, u. ihm 


72 Eredraä — Exegeſe. | 


zugleich die Ereeution für den Fall des Ungehorſams angebroht. Iſt bie grir 
fruchtlos verfirichen, fo beantragt der Kläger, unter Anführung des Ungehorfame ;; 
des Berurtbeilten, die nunmehrige Vollftredung der E., worauf der Richter daß. 
E.s- Mandat ertheilt u. davon beide Theile benachrichtigt. Rach dem gemeinen . 
deutfchen Brogeßrechte fann nur der Richter die E. vollfireden, welcher das 
rechtöfräftige Urtheil gefällt bat. Was nun die &,6- Mittel betrifft, fo find. 
dieſe nach dem Objekte, worauf das recdhtökräftige Urtheil lautet, verfchieden ; , 
jedody muß der Richter in allen Fällen diejenigen Mittel wählen, weldye ven 
Umftänden nady am zwedmäßigften erfcheinen, u. zugleich für den Schulpner den. 
eringften Rachtheil herbeiführen. 1) Sol nach dem Urtheile der Berurtheilte 
—** thun oder laſſen, ſo wird demſelben nach gemeinem Rechte zunächſt ein 
Executor einige Tage in's Haus geſchickt, welcher Beköſtigung u. Diäten zu for⸗ 
dern hat. Demnäaͤchſt läßt der Richter die Handlung, falls dieſelbe von einer 
andern Perſon vorgenommen werden Tann, auf Koften des Berurthellten verrichten. 
Kann die Handlung nur vom Berurtheilten geleiftet werden, fo wird dem legtern 
biefelbe bei Vermeidung von Geld⸗ oder Gefängnißftrafe anbefohlen, viefe im 
Richtleiftungsfalle vollfiredt, u. dem E.s⸗Sucher geftattet, fein Intereffe eidlich 
zu erhärten, und aus dem DBermögen des Erequenden beizutreiben. 2) Soll ver 
Berurtheilte eine Handlung unterlaffen, fo wird gegen denſelben entweder ein 
Strafbefehl erlaffen, oder eine Caution ihm auferlegt. 3) Lautet das Urtheil auf 
Herausgabe einer Sache, fo wird diefe, wenn ſie beweglich ift, durch den Erecu- 
tor weggenommen u. dem &.8- Sucher übergeben. Handelt es fid) aber um eine 
unbeweglicdye Sache, fo wird der Erequendus gerichtlich ermittirt, und der E.8- 
Sucher immittirt. 4) Wird die E. wegen einer Geldſchuld nachgefucht, fo erfolgt zu⸗ 
näon die Auspfändung von Mobilten durch den Ereeutor, wobei jedody Ader- 
u. Wirthfchaftögeräthe, ſowie das zum Ackerbaue nöthige Vieh, nicht fofort ange- 
griffen werben darf. Der Ererutor muß zunächft fehen, ob der Schuldner baares 
Geld Bat, und von diefem, foviel zur Befriedigung ded E.s⸗Suchers nöthig IR, 
wegnehmen. Findet der Erecutor fein Geld vorräthig, fo darf er die zum Ver⸗ 
kaufe beftimmten Waaren⸗ u, Fruchtvorräthe, ſodann die PBretiofen, die Hausge⸗ 
räthe, u. zulegt Kleider, Handwerkszeug und ländliche Inventarienftüde wegnet- 
men u, in die Pfandkammer fchaffen, oder verfiegelt beim Schuldner laflen. e 
gepfändeten Gegenftände werden ſodann gerichtlich, in der Regel nad) zwei Mo⸗ 
naten, verkauft u. der Erlös zur Befriedigung des Gläubigerd verwendet. Sind 
feine Mobilien vorhanden, fo werben die Immobilien angegriffen, u. der Glaͤu⸗ 
biger wird ſodann entweder durch Sequeftration oder Subhaftation befriedigt. 
Das legte E.» Object bilden ausftehende Forderungen des Schuldners. Iſt get 
fein E.s⸗Object vorhanden, fo muß der Schuldner auf Erfordern des Glaͤu⸗ 
bigerd den Manifeflationseid leiften. Die PBerfonalhaft des Schufpner® wird, 
nad) gemeinem Rechte, als E.8-Mittel nicht zugelaſſen, da das Fanonifche Recht 
fe nic anerfannt hat. Die Bollfiredung der E. wird gehemmt: 1) durdy Das 
Borbringen von Einreden, nad) weldyen die Schuld als getilgt erfcheint, 3. B. 
der Einwand der Zahlung, der Compenſation, des Erlaffes, Bergleichs u. ſ. w.; 
2) durch Geltendmachung der Anfprüche dritter. Perſonen an die E.s⸗Ohjecte 
im Wege der Intervention (f.d.); 3) durch Erlangung eines Moratorium 
({.d.) u. 4) durch Erbieten des Schulpners zur Güterabtretung (cessio bonorum) 
oder Eröffnung des Eoncurfes über dad Vermögen des Schulpners. Gr. 
Eredrä in der alten Kirche die geräumigen Woreingänge, in denen bie 
Weih s und zumwellen auch Taufwaffergefäße fanden, wenn zu letzterem feine 
eigenen Tauffapellen, Baptifterien oder Pis cinen genannt, vorhanden waren; 
auch der Aufenthaltsort der Büßer des erften Grades nach der alten Bußdis— 
eiplin (f. d.) nämlich der „Weinenden.“ . 
Eregefe (vom griechtfchen, ZEnyovuaı, ich gehe voran, leite, u. dem d 
von abgeleiteren Subftantiv: &&yynars, Anleitung, Erklärung) nennt man_ bie 
Erklärung einer Schrift, befonders bie Auslegung ber heiligen Schrift. Das 


Erelmans — Eremtion. 73 


iR eigentlich gleichbedeutend mit dem Iateintfchen interpretatio; body vers 
man unter lehterem mehr die Auslegung im Allgemeinen, ald: der Profan- 
ten, Geſetze u. f. f£e Die E. muß eines Thelld eine grammatiſch⸗phi⸗ 
ifdye, andern Thells eine hiforifchsantiquarifche Auslegung ſeyn. 
a relung der Regeln u. Hülfsmittel der Auslegung heißt 
seneutif (1. d.). 
Erelmand, Remi Joſeph Iſidore, Baron E., geboren zu Bars le» Duc 
ward fehr jung Soldat u. zeichnete fi) 1799 im nenpolitantfchen Kriege 
wurde Murats Adjutant, 1806 Brigadegeneral, ward in Spanien gefangen 
ch England gebracht. 1811 befreit, ging er in Murats Dienfte, Tehrte jes 
ald im frangöfifche zurüd. Er machte nun den ruffifchen Feldzug u. die von 
und 1814 mit. Rad) Napoleons Falle fing man einen Brief von ihm an 
önig von Neapel auf, worin er diefem zur Erhaltung feiner Krone Glück 
bte. Er follte arretirt werden, entkam jedoch, flellte fich invefien, als er 
daß er von dem Kriegägerichte zu Lille gerichtet werden follte und ward 
prodyen. Bel der Rüdfehr Napoleons ward er in die Pairokammer beru- 
führte 1815 eine Divifion u. begab ſich mit ihr Hinter die Loire. Er war 
ı der Verordnung vom 24. Juli begriffen und ging nad) den Niederlanden 
Deutfchland, bis er nach Frankreich Turüchufehren die Erlaubniß . erhielt. 
erhielt er vie ihm durch Ludwig XVIH. genommene Pairwürbe wieder. 
Eremtion, 1) nad dem fanonifchen Rechte: die Befreiung von ber 
hen Jurisdiction des Didcefanbifchofs, oder fonftigen ordentlichen Kirchen: 
ten, u. Unterftellung unter einen höheren Kircyenobern. E. findet alfo ſtatt, 
geiftliche Inftitute, welche eigentlich der Jurisdiction des Didcefanbifchofs 
jeben feyn ſollten, diefer entzogen u., entweder zum Nuben der Kirche, oder 
echtögründen, oder zur Aufmunterung, oder endlich um demfelben einen ge: 
ı Außen Glanz zu verleihen, einer höheren, über den Lokalen Standpunkt 
ögehenden, Leitung und Beauffichtigung unterftellt find. Früherhin gab es 
mehr eximirte Klöfter und Capitel, als jetzt; auch die Univerfitäten und 
ne Dignitäten genoſſen dieſes Privileglum. Ganze Orden, 3. B. die Eis 
nſer, Cluntacenſer, Prämonſtratenſer ꝛc. waren dem Papſte unmittelbar un⸗ 
rfen, u. auch die deutſchen Kaiſer eximirten einzelne Kloͤſter. Das Concil 
Trient gab die Jurisdiction über die Eximirten den Biſchöfen, wenigſtens als 
ichen Delegaten, in einigen Punften felbft fchlechthin zurück. Auch die E.en 
mzelnen Dignitäten und der Eapitel erlitten durch dieſes Concil große Ein- 
fung. Mit dem Aufhören der erimirten Inſtitute durch die Säcularifatio- 
tlofhen die E.en von ſelbſt. Nach neueren Gefehen, z. B. dem öfterreicht- 
Hofderrete vom 30. Mat 1782, Fönnen E.en nur unter Zuflimmung der 
tung eriheilt werden. Cinzelne eremte Bifchöfe gibt es jegt nody; ſolche 
. B. der Bifdyof von Ermeland und der Fürſtbiſchof von Breslau; ferner 
immtlichen fünf Bifchöfe der Schweiz (Bonn 1839). — 2) Im civilrecht⸗ 
n Sinne kommt E., befreiter oder erimirter Gerichtsſtand, zu: a) 
ffen Berfonen, zu weldyen vornehmlich der Landesherr zu rechnen iſt, 
rm derfelbe in perfönlichen Angelegenheiten in der Regel vor dem höchften 
tögerichte Recht nimmt. Die übrigen Mitglieder der landeöherrlichen Fa⸗ 
‚ der Adel; die höheren Staatsdiener, die Kirchen- und Schuldiener, wenn 
nicht befondern geiftlichen Gerichten untergeorpnet find, die Offiziere, fowelt 
ht unter den Militärgerichten ftehen, u. in manchen Staaten die fogenann- 
Zonoratioren überhaupt, : erfennen die Mittelnerichte über fih an. Einen 
en Gerichtsſtand haben audy häufig noch die fürftlichen Hofdiener unter dem 
arſchallamte (jurisdictio aulica), das dienftthuende Militär vom Feldwebel 
rts, zuwellen aud) einzelne Dffiztere unter den Milttär- u. Kriegögertchten (juris- 
militaris), die der Univerfität Angehörigen unter den Univerfitätö- oder akade⸗ 
m @erichten (jurisdictio academia); — b)gewiffen Sachen, die von der gewöhn- 
Serichtöbarteit ausgenommen u. an befondere Gerichte gewiefen find, z. B. Wech⸗ 


ee rpauſion — Erſtitpation. 


Expanſion, d. i. Ausdehnung. E.s⸗Kraft, bei Gaſen u. Dämpfen bie, 
der Kohaͤſion der Atome entgegenwirkende Ausdehnungskraft, ſ. AUsdehnung 
u. Dampf⸗E.⸗Maſchine, ſ. Dampfmaſchine. 

Erpenfen, d. h. Koſten (ſ. d.) z. B. Criminalkoſten. Expensbuch 1) ein 
Buch, worin die Ausgaben aufgezeichnet werden; 2) bei Gerichten das Buch 
im one der Prozeßkofen. Erpenfarium iſt das Berzeichniß der Ge: 
richtskoſten. 

Experimentalphyſik, ſ. Phyſik. 

Exploration, Ausforſchung, Prüfung; in mediziniſcher Beziehung: die 
Unterfuhung von Krankheiten durch Die Sinne, oder fie unterflügende MWerkzeüge; 
fo von Wunden durch eine Sonde (daher Erploratorium genannt). Beſon⸗ 
ders bezeichnet man auch damit die Unterfuchung der Geburtötheile während ber 
Schhwangerfchaft, die durch die Hebamme oder ven Geburtshelfer zur Verſicherung 
des Zuftandes der Geburtöthelle angeftellt wird. 

Exploſion. Man bezeichnet hiemit eine plößliche, mit heftigem Knalle ver: 
bundene, Ausdehnung elaſtiſcher Flüſſigkeiten nach allen Richtungen Bin. Dergleichen 
Erfhheinungen werden veranlaßt durch das, in engen Behältnifien, z. B. 
in Saiefganehren, eingefchlofjene Schießpulver, ſtark zufammengedrüdte Luft in 
den Windbüchſen, heiße eingeichlofiene Dämpfe, u. die Etektricität bei Gewittern. 
Die fürdhterlichften und mächtigften unter allen E.n find diejenigen, welche durch 
Erpbeben u. Ausbrüche von Bulfanen erzeugt werben. 

Erponent heißt in ver Potenzrechnung diejenige Größe, weldye angibt, 
wie oft eine andere Wurzel zur Bildung einer Potenz als Factor gebraucht wer: 
den fol, In 2° = 8 flelt die rechts überfchriebene (exponere) 3 den &. der 
ganzen Potenz 8 für die Wurzel 2 vor, fie zeigt an, daß 2 dreimal als Kactor 
gebraucht werden fol. Diefe kurze Schreibweife für foldye Größen ift erft durch Bieta 
eingeführt worden. — In der Lehre von den geometrifhhen Proportionen 
und WBrogreffionen fommt ebenfalls ein E. vor. Eine geometrifche ‘Broportion er; 
hält man befanntlid durch Zufammenftellung zweier gabe Duotienten, tie 
3:4=6 :8. Hiebei nennt man nun $ audy den E. des Berhältnifies, alfo 
den Duotienten aus einem Vordergliede u. einem Hinterglieve. Ebenfo ift der E. 
einer geometrifchen Progreffion oder Reihe der Quotient eines Gliedes durch das 
vorhergehende; 3. B. bei der Brogreffion 1, 3, 9, 27, 81 ift 3 ver E. Eine Er- 
ponentialgröße iſt eine Potenz, deren ©. eine veränderliche Größe iſt, 3. B. 
a“. Der E. kann in diefem Falle felbft wieder eine Erponentialgröße feyn. ine 
Gleichung, worin Erponentlalgrößen vorfommen, heißt eine Erponentialglets 
hung; eine krumme Linie aber, die eine ſolche Gleichung hat, eine Erponen; 
ttalcurve. ine folche iſt z. B. die logarichmifche ‚oder logiftifche Linie. Die 
Entwidelung der Erponentialgrößen heißt Erponentialrehnung. 

Erpromiffion, f. Bürgfchaft. j 

Erpropeiation, d. i. Ausfaufung, Enteignung, geswungene Eigen: 
thumsabtretung, iſt die auf gefeblichem Wege bewirkte Entstehung eines Private 
eigenthumß, gegen gehörige, vorher feftgefebte Entſchaͤdigung. Ueber die Verpflichtung 
hiezu beftehen in jedem Lande befondere Geſetze. Im Allgemeinen gilt die Obſer⸗ 
var , daß den zu Erpropriirenden etwas mehr, als die präfumtive Tarations- 
fumme, gewährt wird. Nur foweit die Geſetze eine ſolche Verpflichtung ausfpre: 
chen, bat der Landesherr das E.recht (Ausfaufungsrecht) u. fünnen die Unters 
thanın zur Abtretung ihres Eigenthums gezwungen werden. Befonders kommen 
die E.n bei Chauſſee⸗ und Gifenbahnanlagen vor. Geſetzlich Tann der Eigen⸗ 
thümer nur zur ©. gezwungen werden, wenn das zu erpropriirende Grundſtück 
zur unumgänglichen Nothwendigkeit, aber nicht, wenn es zur Berfchönerung einer 
Gegend oder Stadt gebraucht wird. 

Erpulfion, f. Abmeierungsrecht. 

Erfirpation, d. i. Ausrottung, wird gemeinhin diejenige chirurgifche 
Operation genannt, weldye in der Ausrottung einer krankhaften Reublfpung ( feus 


” en 


—.i 


nun. 


Ertenfion—Ertravaganten. 77 


wrlasıma), oder eines Franfhaft veränderten Körpertheil mittelft des Meſſers 
Kecht. Für manche E.en bat man jedody noch befondere Namen, die gebräudylicher 
cn; fo nennt man die E. der verdunfelten Kryftalllinfe allgemein die Operation 
derſelben durch Extraction; die E. kranker Knochen u. Gelente Refection. Manche 
kchrifiſteller rechnen noch zum Weſen der E. die nänzlicye oder theilweiſe Er⸗ 
vltung der Weichtheile, welche den auszurottenden Körpertheil, oder das auszu⸗ 
„uiende krankhafte Neugebilpe, bedecken und nach verrichteter E. zur Dedung der 
Sundfläche dienen. 

Ertenfion, Ausdehnung, Umfang, 3.3. eines Begriffes. In der Mufif, 
rer vielmehr fpeziell im Btolinfpiel, verfteht man unter E. die möglichft weite 
Austehnung des kleinen Fingers zur Grgreifung der einzelnen Rote, ohne die 
kage der Hand zu verrüden. 

Erterfteine, oder vielmehr Eggeft erfteine, heißen bie vier einzelnen Felſen 
en ungefähr 10) Fuß Höhe, mit Höhlen, an der Ehauffee gor dem Lippe'ſchen 
Städtchen Horn nad) Paderborn, die durdy diefelben führt. Coloſſale Bilder, die 
den Sieg des Chriſtenthums über das Heidenthum darzuftellen fcheinen, find in 
diefelben gehauen, u. eine Treppe führt auf den höchflen verfelben, wo eine Kas 
relle ſteht. Sehr wahrſcheinlich find die E. alte Opferaltäre der Sachſen geweien 
wvon Karl dem Großen, oder ſchon zu Bontfacius Zeit, zum chriftlichen Gottes⸗ 
vienfte umgewandelt worden. Jedenfalls fommen fie fchon tm 11. Jahrhunderte 
mfundlicdy vor, u. im 13. waren fie der Ste von Eremiten u. eine- Station zwi⸗ 
ihen den Kıiöflern zu Werber u. Helmftädt. 

Ertract nennt man einen wäjlerigen oder weingeiftigen Auszug aus Pflan⸗ 
zentheilen, der durch gelindes Abdampfen zu einer mehr oder weniger braunen, 
dicklichen Maſſe wird. If ein E. durch Ausziehen mit Wafler erhalten worden, 
jo iR er in Waſſer wieder löslidy und beißt wäffertger E. (Extractum aquo- 
sum); wurde er dagegen mit Weingeift außgezogen, h enthält er meift harzige 
Theile u. beißt dann geiftiger oder harziger E. (Extractum spirituosum seu 
resinosum). Die offisinellen &.e follen immer bei fehr gelindem euer, am beften 
ım Wufferbade, zu dem gehörigen Grade von Eoncentration gebracht werden. Sie 
müfſen den Geruch und Geſchmack der Pflanze, aus welcher fie bereitet wurden, 
ohne einen brenzlicdyen Nebengefhmad befigen, fich, je nach ihrer Natur, im Waſſer 
far oder trübe löfen und dürfen nicht fupferhaltig (überhaupt nicht metallhaltig) 
ieen, was durch die Bereitung in fupfernen Gefäßen leicht gefchehen Fünnte. In früs 
keren Zeiten bezeichnete man auch einige Metallpräparate mit diefem Namen, 
wie z. B. Bleiextract; diefe Benennungen find aber gegenwärtig fo ziemlich außer 
Gebraudy gefommen. aM. 

Ertravaganten bezeichnen nach dem heutigen Sprachgebrauche diejenigen 
Theile des Firchlichen Rechtöbuche® (corpus juris canonici), in der Form, wie es 
jehßt vorliegt, welche die, nad) Clemens V. von Johannes XXI. erlaffenen, 20 
Tefretalbriefe (extravagantes Joannis XXII.), fo wie 75 Dekretalen früherer 
Rüpfte, bis zum Sahre 1484 enthalten. Das Wort €. hat nady den verfdhle- 
denen Zeiten aud) verfchledene Bedeutungen gehabt. Nachdem der Camaldulen- 
fr Monch Gratian eine Sammlung des kirchlichen Rechtes gegen 1150 angelegt 
hatte, welche die Grundlage für die Bearbeitung ded kanoniſchen Rechtes in der 
Theorie u. Praxis geworden war, bezeichnete dad Wort E., diejenigen Kanonen 
u. Deeretalbriefe, welche in jener Sammlung (decretum Gratiani) nidyt enthal- 
tm waren, fei ed, daß fie von Gratian überfehen waren, fei ed, daß fie erft nad 
Bollendung der Sammlung zum Borfcheine gefommen waren. Diefe E., d. h. 
außerhalb des Gratianifchen Decrets circulirenden Decretalen, wurden bei ihrem 
immer fteigenden Umfange von verfchiedenen Perfonen gefammelt, bis endlich 
Bregor IX. eine umfafiende Sammlung veranflaltete. Die darin aufgenommenen 
Telretalen wurden mit dem Worte Extravagantes citirt, welches fodann in E. 
u. zulegt in &. abgefürzt wurde. — Nachdem die vier Sammlungen des kanoni⸗ 
ſchen Rechts: das Derret Gratiand, die Decretalenfammlungen Gregors IX., Bo⸗ 


* 


78 Ertremitäten — Eyb, 


nifacius VIIL, fo wie Clemens V. abgeſchloſſen waren, wurden feine neuen Zufams 
menftellungen der fpätern Decretalen unter päpftlicher Autorität veranftaltet. Die, 
von der Publikation der Decretalenfammlung Bontfacius Vill. bis auf Clemens V,, 
owie die nachher erlafienen Decretalen curfirten einzeln, u. wurden deßhalb, da 
‚fe außerhalb des nunmehr abgefchlofienen kanoniſchen Rechtsbuches (extra cor- 
juris Canonici clausum vagantes) in verfchievenen Handfihriften einzeln vors 
"handen waren, E. genannt. Man brachte fie in verfchtedene Sammlungen, welche 
fowohl in der Anorpnung des Ganzen, ald in der Zahl der aufgenommenen Des 
cretalen, fehr von einander abwichen Die wichtigften von dieſen Sammlungen 
find zwei Zuſammenſtellungen des Bartfer Gelehrten Johannes Chappius, welche 
bet der erften Herausgabe des vwollfländigen Corpus juris canonici in den Jah 
ren 1499—1502 gemadht, u. mit den vorbezeichneten vier Rechtsfammlungen abs 
gedrudt u. verbunden wurden. Die eine diefer Sammlungen mthält 20 Dekre⸗ 
talbriefe Johannes XXII. in 14 Titeln, unter dem Ramen Extravagantes Joan- 
nis XXI; die andere befteht in der erften Ausgabe aus 70, in der zweiten aber 
aus 71-Decretalen von 25 verfchiedenen Paͤpſten, von Urban IV. bis Sirtus IV., 
unter dem Titel Extravagantes communes. Diefe lebte Sammlung thellte Chap⸗ 
Due nad) den, in den früheren Eammlungen Gregors IX., Bonifacine VI. u. 
emens V. enthaltenen 5 Büchern in fünf Bücher, wobel jedoch das vierte Buch, 
da Feine in die Lehre von der Ehe einfchlagende Decretale vorhanden war, mit 
dem Titel Quartus liber vacat angedeutet wurde. Seit diefer Zeit bilden die bei? 
den Sammlungen Anhänge des Tanonifchen Rechtsbuches. Was die verbindliche 
Kraft derſelben betrifft, fo kann eine ſolche denselben, als Ganzes betrachtet, nicht 
beigelegt werden, wie fie die vier Theile des Corpus juris canonici unbeftritten 
haben. — Dagegen haben die einzelnen Decretalen in jo weit verbindliche Kraft, 
als eine fpecielle Reception in Deutfchland durch die Eoncordate, das Gewohns⸗ 
recht u. den Gerichts⸗Gebrauch, nachgegiefen werben kann. Iſt letzteres der Kal, 
fo gehen fle den Decretalen im corpus juris canonici clausum vor. Die meiften 
diefer Derretalen aber find unpraktiſch, theils weil fie fid) auf lokale oder folche 
Berhältnifie beziehen, welche dem jebigen Leben der Kirche fremd geworden find, 
theils aber auch, weil ſie wieder durch neuere Vorſchriften befeitigt find. Gr. 
‚Ertremitäten nennt man in den zeichnenden Künften die Hände u. Füße 
u, die äußerftien Enden aller Körpertheile, deren Behandlung fehr ſchwer ift und 
ein großes Studium erfordert. Denn, außer der Wirkung, weldye hierin eine Ge⸗ 
müthsbewegung hervorbringt, hat audy Alter, Stand u. Geſchlecht einen wefents 
lichen Einfluß. Man kann daher nicht behaupten, daß der Gemuthszuſtand oder 
der fittlihe Ausdruck bloß dem oberen SKörpertheile angehöre: es muß derſelbe 
vielmehr in allen Thellen fichtbar, und felbft in Figuren ohne Kopf zu erfennen 
feyn. Watelet bemerkt dieſes u. auch den Umſtand fehr richtig, daß unfere heus 
tige Kleidung der Mebereinftimmung aller Theile fehr hinderlich if u. der Künfts 
ler dadurch verleitet.volrd, den Ausbrud der E. zu vernachläffigen. ° 
Exultat ift jenes ſchwung⸗ u. begeifterungsvolle Segenegebet, welches am 
Gharfamftage bei der Weihe der Ofterlerze vom Diakon gefungen wird u, die heilt 
‚gen Gefühle und Empfindungen anregt, die am Dftertefte n dem Herzen eines 
Pen Gläubigen lebendig feyn follen. Als Berfaffer des E. wird ver heilige 
Augufſtinus genannt. T. 
Eyb, Albrecht von, Staatsmann, Redner und Dichter, geboren am 24. 
Auguſt 1420, fubirte zu Padua; Archidiakon in Würzburg, Domberr in Bams 
berg, fpäter zu Cichſtaͤdt, Doctor der Rechte u. Kämmerling des Papſtes Pius II., 
- geft. 24. Juli 1475. Als Schriftfieller machte Ihn das merkwürdige Buch berühmt : 
„Db einem Wanne fei zu nemen ein eelihes Weyb oder nicht," 
57 KollosBlätter ohne Jahr u. Ort (wahrfcheinlich aber in Nürnberg 1472 heraus, 
gekommen). ES. zerfällt das Werk im drei Theile Der erfle verbreitet fich über 
die Liebe u. Treue der Eheleute u, über den Begenfag zu der unordentlichen Liebe 
2, Unkenſchheit. Der zweite beantwortet die Frage: wie die Welt, wie die Mens 


lee 20 


yen und warum fie erfchaffen find. Gnolich- der Iehte Theil. gibt Vorſchriften, 
die Wirthſchaft zu Halten ſei. Nach der Borreve von 1472 wird die Schrift 
8 Reunjahr⸗Geſchenk dem Rathe zu Nürnberg zugeeignet. Heiterer Scherz, große 
Renfchenfenntniß, ungemeine Belefenheit, machten das Buch zu feiner Zelt 44 
liebt. Ein zweites Werk von ihm, betitelt: Spiegel der Sitten — speculum 
orum. Augsb. 1511, eine Art moralifcher Ehreftomathie. — Magarita poelica 
istolaris et oratoria. Rürnb. 1472, Kol. Rom 1475, enthält eine Sentenzfamms 
ng außgezeichneter Redner, Dichter und Bhilofophen. Eine wahrhaft enthufias 
fde Lodeserhebung fpendet der Verfaſſer der glüdlichen und reigenden Lage der 
tadt Bamberg. — Epistola praeparatoria s. tractatus de praeparstione ad 
ortem. — „Zwo Komedien des fonzeichen Poeten Plauti, nämlich in Mene⸗ 
mo un Bacchide. Nachvolgent ain Komedie Ugolini Philigenia genannt.“ 
ugeburg 1518. 4., enthält eine gelungene Ueberſetzung der beiden römiſchen Luſt⸗ 
tele. Ob endlich das merkwuͤrd de Geſpraͤch wich dem Tod. u. einem Bauern, 
377 0.53. u. D. von ihm fel, iſt mehr als zweifelhaft. Berg. Bervinus Nat, 
‚6. 362. eine Schriften gehören zu literariſchen Seltenheiten; ver In⸗ 
alt iſt heiter u. fcherzhaft, ferne von ascetiſcher Strenge, aber doch in feinen 
tlichen Brundfägen firenge. Die eingewebten Erzählungen find vortrefflidh vor⸗ 
tragen, wie audy zuweilen fein didaktiſcher Styl mit altväterlidher Gravität zu 
atorifchem Schwunge fich erhebt. Cm. 
Eybler, of ep, Edler von, warb am 8. Febr. 1765 in dem nieberöfter- 
ichiſchen Marktflecken Schwechat geboren. Sein Bater, Schullehrer u. Ehors 
gent des Ortes, entdedte das Talent ded Knaben umd brachte ihn nach Wien, 
o er Aufnahme im Seminar und von 1777—1779 von Albrechtsberger Unters 
ht im Generalbaſſe erhielt. 1782 hob Kaiſer Joſeph I. dad Seminar auf; 
‚ch hatte E. fich jegt fchon fo viele Kenntniſſe erworben, daß er ſich fortbrin« 
m Tonnte. 1793 ward er Ehordirector in der Kirche der Schotten und hatte 
um Gelegenheit, feine Compoſitionen zur Aufführung zu bringen. Haydn und 
Lozart hatten zuerft auf fein Talent aufmerkſam gemacht, das wirklich bebeus 
nd war. Seine ſchönſten Schöpfungen fallen in die Jahre von 1801-—- 1824. 
8 befinden fi darunter: ein Requiem: mehre Meffen und zwei Dratorien, alle 
zerke durch einen tiefen, heiligen Ernſt, eine begeifterte, religiöſe Weiſe ausge⸗ 
ichnet. In der Schottenfirche wurde auch die Kaiferin auf ihn aufmerffam u, 
. erhielt nun eine Stelle als Hofmufiflehrer, von der 1824 zum erften Hofcas 
Umelfter aufrüdte. 1835 erhob ihn der Kalfer in den Mbelfand. Er ftarb 1846. 
uch das Ausland erkannte &.8 Verdienſte an; er war Mitglied der ſchwedi⸗ 
sen Akademie der Muſik u. des Bereind zur Beförderung der Tonfunft in Holland. 
Eyck 1) (Hubert van E.), geboren zu Eyd bei Maaseyck im Lüttichfchen 
166, Bruder und Lehrer des unter 2) Angeführten, malte zugleich mit feinem 
suder Johann v. E. in Gent für Philipp den Guten dad bewunderte große 
emälde, die Anbetung des Ofterlammes, welches 330 Köpfe enthält. Hubert 
wb auch bier 1426. Er ſteht feinem Bruder Johann bei Welten in der 
unſt nad). — 2) GJohann van E.), geboren um 1390 zu Eyd bei Maaseyck, 
aupt der niederländifchen Malerfchule, Rath Philipps des Guten von Burgund. 
r gilt für den Erfinder, oder wenigfiend Verbeſſerer, der Delmalerei und bildete 
hlreiche u. ausgezeichnete Schüler. Bei einer durchaus edeln u. religtößserhas 
nen Auffafjungswelfe hatte er doch eine entichiedene Richtung auf Naturwahr⸗ 
it, bildete Scenen des Lebens nady u. nahm fie u. Biloniffe in feine Gemälde 
f. Sen Styl iſt Außerft forgjäl g in der Ausführung der Beiwerfe, ohne das 
th den Totaleindrud zu ſchwaͤchen. Seine Bekleidung huldigt zwar dem Zeit⸗ 
ſchmacke, verräth aber durchaus den Künfler. Audgegeichnet ift fein feurtg lebendi⸗ 
8, wohlberechnete® u. naturgetreues Colorit. Auch iſt er einer der Erſten, der die 
ıfts u. inearperfpective angewendet hat. Hauptwerk von ihm if: Die Anbes 
ng des Lammes, ein großes Altarbild in 12 ee lungen zu Gent, vom Jahre 
132, das fein Bruder angefangen u. er vollendet hat; 6 von vielen Bünern bes 


78 Erxtremitaͤten — Eyb. 


nifacius VIII. fo wie Clemens V. abgeſchloſſen waren, wurden Feine neuen Zuſam⸗ 


menſtellungen ver ſpätern Decretalen unter päpftlicher Autorität veranſtaltet. Die, 
von der Publikation der Decretalenfammlung Bontfactus Vill. bis auf Clemens V., 


3 
ä 


N 


fowie die nachher erlafjenen Decretalen curfirten einzeln, u. wurven deßhalb, da : 


‚fe außerhalb des nunmehr abgefdyloffenen kanoniſchen Rechtsbuches (extra cor- - 


—* juris Canonici clausum vagantes) in verſchiedenen Handſchriften einzeln vor⸗ 


nden waren, E. genannt. Man brachte fie in verſchiedene Sammlungen, welche 


fowohl in der Anordnung des Ganzen, als in der Zahl der aufgenommenen Des | 


cretalen, fehr von einauder abwichen. Die wichtigften von biefen Sammlung 
find zwei Zufammenfellungen des Pariſer Gelehrten JZohannes Chappius, welche 
bei der erfien Herausgabe des vollfländigen Corpus juris canonici m den Jah⸗ 
ren 1499—1502 gemadht, u. mit den vorbezeichneten vier Rechtsfammlungen abs 
gedrudt u. verbunden wurden. Die eine diefer Sammlungen enthält 20 Dekre⸗ 
talbriefe Johannes KXU. in 14 Titeln, unter dem Namen Extravagantes Joan- 
nis XXI. ; die andere befteht in der erſten Ausgabe aus 70, in der zweiten aber 
aus 71-Decretalen von 25 verfchievenen Paͤpſten, von Urban IV. bis Sixtus IV., 
unter dem Titel Extravagantes communes. Diefe legte Sammlung theilte Ehaps 
ius nach den, in den früheren Eammlungen Gregors IX., Bonifacius VIII. u. 
emens V. enthaltenen 5 Büchern in fünf Bücher, wobei jedoch das vierte Buch, 
da feine in die Lehre von der Ehe einfchlagende Decretale vorhanden war, mit 
dem Titel Quartus liber vacat angedeutet wurde, Seit diefer Zeit bilden die bei 
den Sammlungen Anhänge des fanonifchen Rechtsbuches. Was die verbindliche 
Kraft derfeiben betrifft, fo kann eine folche denſelben, als Ganzes betrachtet, nicht 
beigelegt werben, wie fle die vier Theile des Corpus juris canonici unbeftritten 
haben. — Dagegen haben die einzelnen Decretalen in fo weit verbindliche Kraft, 
als eine fperielle Reception in Deutfchland durch die Concordate, das Gewohns⸗ 
recht u. den Gerichts⸗Gebrauch, nachgegiefen werben fann. Iſt lehteres der Fall, 
fo gehen fie den Decretalen im corpus juris canonici clausum vor. Die meiften 
diefer Derretalen aber find unpraftifch, theild weil fle fi) auf lofale oder ſolche 
Berhältnifie beziehen, welche dem jegigen Leben der Kirche fremd geworben find, 
theils aber audy, weil fie wieder durch neuere Vorſchriften befeitigt find. Gr. 

Ertremitäten nennt man in den zeichnenden Künften die Hände u. Füße 
u. die Außerften Enden aller Körpertheile, deren Behandlung fehr fchwer. ift und 
ein großes Studium erfordert. Denn, außer der Wirkung, welche hierin eine Ge⸗ 
müthsbewegung hervorbringt, hat audy Alter, Stand u. Gefchlecdht einen wefent- 
lichen Einfiuß. Man kann daher nicht behaupten, daß der Gemüthezuftand oder 
der fittliche Ausdruck bloß dem oberen Körpertheile angehöre: es muß berfelbe 
vielmehr in allen Theilen fichtbar, und felbft in Figuren ohne Kopf zu erkennen 
feyn. Watelet bemerkt dieſes u. auch den Umſtand fehr richtig, daß unfere heus 
tige Kleidung der Uebereinſtimmung aller Theile fehr hinderlich if u. der Kün 
ler’ dadurch verleitet wird, den Ausdruck der C. zu vernachläffigen. 

Eruitat if jenes ſchwung⸗ u. begeifterungsvolle Segenegebet, welches am 
Gharfamftage bei der Weihe der Oſterkerze vom Diakon gefungen wird u, die heilt 
gen Gefühle und Empfindungen anregt, die am Dftertefte n dem Herzen eines 
jeden Gläubigen lebendig feyn follen. Als Berfaffer des E. wird ver heilige 
Augufiinus genannt. T 

Eyb, Albrecht von, Staatsmann, Rebner und Dichter, geboren am 24. 
Auguſt 1420, fludirte zu Padua; Archidiafon in Würzburg, Domherr in Bam⸗ 
berg, fpäter zu Eichſtäͤdt, Doctor der Rechte u. Kämmerling des Papſtes Pius IL, 
geft. 24. Juli 1475. Als Schriftſteller machte ihn das merfwürdige Buch berühmt: 
„Db einem Wanne fei zu nemen ein eelihes Weyb oder nicht," 
57 Kolto-Blätter ohne Jahr u. Ort (wahrſcheinlich aber inRürnberg 1472 heraus» 
gefommen). Es zerfällt das Werk in drei Theile Der erfle verbreitet fidy über 
die Liebe u. Treue der Eheleute u. über den Gegenfag zu der unordentlichen Liebe 
a, Untenfchheit. Der zweite beantwortet vie Frage: wie Die Welt, wie die Mens 


en 
che 


6 Bamberg. — Epistola praeparatoria s. traciatus de praeparstione ad 
m — „Zwo Komedien des fynreichen Poeten Plauti, nämlich in Mene⸗ 
an Bacchide. Nachvolgent ain Komedie Ugolint Whfligenta genannt.” 
burg 1518. 4., enıhält eine gelungene Ueberſetzung der beiden römtfchen Luſt⸗ 
. Ib endlich das merfwürd fe Geſpräch zwifchen dem Tod, u. einem Bauern, 
0. 3. u. D. von ihm fei, iſt mehr als zweifelhaft. Vergl. Gervinus Nat, 
5. 362. eine Schriften gehören zu literarifchen Seltenheiten; der In⸗ 
it heiter u. fcherzhaft, ferne von aBcetifcher Strenge, aber doch in feinen 
ben Grundfägen firenge. Die eingewebten Erzählungen find vortrefflidh vors 
gen, wie audy zuweilen fein didaftifcher Styl mit altwäterlidher Gravitär zu 
riſchem Schwunge ſich erhebt. Cm. 
Epbler, Iof ep, Edler von, ward am 8. Febr. 1765 in dem nieberöfter 
ſchen Marktflecken Schwechat geboren. Sein Bater, Schullehrer u. Chor⸗ 
t des Ortes, entvedte das Talent des Knaben und brachte ihn nach Wien, 
zT Aufnahme im Seminar und von 1777—1779 von Albrechtsberger Unter» 
im Generalbafie erhielt. 1782 hob Kaiſer Joſeph I. das Seminar auf; 
hatte €. ſich jet fchon fo viele Kenntnifie erworben, daß er ſich fortbrins 
tonnte. 1793 ward er Ehordirector in der Kirche der Schotten und hatte 
Gelegenheit, feine Compoſitionen zur Wufführung zu bringen. Haydn und 
art hatten zuerft auf fein Talent aufmerkſam gemacht, das wirklich beveus 
war. Sehne fchönften Schöpfungen fallen in die Jahre von 1801-- 1824. 
finden fih darunter: ein Requiem: mehre Mefien und zwei Dratorien, alle 
e durch einen tiefen, heiligen Ernft, eine begeifterte, rveligiöfe Weiſe ausge⸗ 
et. In der Schottenfirche wurde auch die Kaiferin auf ihn aufmerffam u, 
hielt nun eine Stelle als Hofmuflflehrer, von der 1824 zum erften Hofca- 
eifter aufrüdte. 1835 erhob ihn der Katfer in den Abelftand. Er ftarb 1846. 
das Ausland erkannte E.s Verdienfle an; er war Mitglied der ſchwedi⸗ 
Alademte der Muſik u. des Vereins zur Beförderung der Tonkunft in Holland, 
Ey 1) (Hubert van E.), geboren zu Eyd bei Maaseyck im Lüttichfchen 
‚ Bruder und Lehrer des unter 2) Angeführten, malte zugleich mit feinem 
er Johann v. E. in Gent für Philipp den Guten das bewunderte große 
ide, die Anbetung des Ofterlammes, weldyes 330 Köpfe enthält. Hubert 
auch hier 4426. Er ftebt feinem Bruder Nobann bei Meitem in der 





\ 


82 Eylert— Eynard. 


feicher -Zeit rechts hinter denfelben. Diefer erobert Auklappen u. KRutfchitten. Die 
Ruffen find dadurch von ihrer Operattonslinie auf Allenburg abgefchnitten u. auf 
die nach Königeberg befchränft. Während diefer Vorfälle hatte Leftorq, von Rey 
fortwährend angegriffen, fi) dem Schlachtfelde bis Aithof genähert, dort zwei 
Bataillone ald NRachhut Heben laffen u. mit ungefähr 6,000 Mann fich eilig auf 
den linken Flügel der rufflfchen Stellung begeben, um dort dem Feinde die ers 
rungenen Bortheile wieder zu entreißen. Er greift in mehreren Colonnen Kuts 
f&itten an, u. nach heißem Kampfe wirft er den Feind aus dem Dorfe. Hierau 
führt er, unterflügt von einigen ruffiichen Brigaden, einen nadyprüdlichen Angri 
auf das Davouft'iche Eorps aus u. treibt daflelbe Hinter den Wald von Saus⸗ 
arten zurüd. Das Gefecht dauerte hier bis in die Racht, und die Ruflen und 
Breußen bleiben im Befibe des nördlichen Waldrandes. Durch diefen fchnell und 
glüdlid) 3 geführten Angriff Hatte Leſtoeq die Straße nach Altenburg wieder erobert, 
u. die Ruͤckzugslinie gefichert. Auf dem rechten Flügel war unterdefien Marſchall 
Rey auf dem Schlachtfelve eingetroffen, hatte Althof und Schmobitten genommen, 
war aber bei einem Angriffe auf Schmobitten von den Ruſſen zurüdgeworfen 
worden. Die Dunkelheit macht jebt dem Kampfe ein Ende. Beide Theile bleiben 
bis Mitternacht auf dem von ihnen behaupteten Terrain fteher; alsdann vers 
läßt Benningfen das Schlachtfeld und zieht fich gegen Königsberg, Leſtocq gegen 
Domnau u. Friesland zurüd, Durch dieſes Verlaffen des Schlachtfeldes erflären 
fidh die Verbündeten für befiegt. Fragen wir nad) den Beweggründen, welche bie 
Berbündeten zum Verlaſſen des Schlacdhtfeldes bewogen haben, fo finden wir fie 
in dem Mangel an allen Rejerven auf verbündeter Selte, u. dem zahlreichen Ma- 
rodiren der durch anhaltende Märfche, Hunger u. Kälte erfchöpften Mannſchaft, 
die Benningfen fein günftiges Refultat von dem, am folgenden Morgen zu er⸗ 
neuernden, Kampfe erwarten ließen, befonders da Napoleon, feinem Grundſatze ge- 
treu, nie alle feine Kräfte ins euer zu führen, noch feine ganze Garde und 
einen großen Theil des Ney'ſchen Corps gar nicht ind Gefecht gebracht hatte. 
Der Sieg war jedoch für Napoleon nicht von großer Bedeutung, weil er, der 
rauhen Jahreszeit wegen; ihm nicht verfolgen konnte; er zog fich hinter die Paſ⸗ 
farge ins Winterquartier zurüd; die Rufen folgten ihm dahın langſam nady. Der 
Verluft der Verbündeten wird nach franzöftfchen Berichten auf 5—6,000 Todte, 
20,000 Berwundete, 24 Gefchüge u. 16 Yahnen, der eigene auf 2—3,000 Todte 
u. 16,000 Berwundete angegeben (f. Kaus ler's Schladhtenatlas). Ow. 
.Edpvlert, Rulemann Friedrich, erfter proteftantifcher Bischof und koͤnig⸗ 
licher Dofpredt er zu Potsdam und Bapitular zu "Brandenburg, ward 1770 zu 
Ham in der Marf geboren, flubirte in Halle, ward Prediger in Ham und 
dann Hof⸗, Garde⸗ und Onmnifondpeeb er in Potsdam. Nah Sads Tode 
ward er 1817 erfter proteftantticher Biſchof in Preußen und Mitglied des Staats: 
Rathes, bald auch des Minifterlums ver geiftlichen u. Unterrichtöangelegenheiten. 
Unter feinen Schriften verdienen beſondere Erwähnung: die "Berabtun en über 
bie Wahrheiten ded Chriſtenthums bet der legten Trennung von den Unfrigen“ 
(4. Aufl., Magdeburg 1834); „Predigten" (Halle 1813); „Homilien über die 
Parabeln Jeſu“ (2. Aufl, ebend. 1819); „Ueber den Werth und die Wirkung 
der für die evangelifche Kirche in den preußifchen Staaten beflimmten Liturgie 
und Agende” (Potsdam 1830) und feine, mit großem Beifalle aufgenommenen, 
„Sharafterzüge u. hiſtoriſchen Fragmente aus dem Leben Friedrich Wilhelms IL“ 
(3 Theile, Magdeburg 1842 — 1846). Hiervon erſchien auch eine Ausgabe 
(Auszug) für's Volk. 

Eynard, 3. ©., Banquier zu Genf, geboren 1775 zu Lyon, fievelte 1793 
nad) Genf über u. errichtete ein Banquiergeichäft in Genua, das er 1810 nad 
Genf verlegte, welches ihn 1814 ald Gejandten zum Wiener Congreß ſchickte. 
In gleicher Eigenfchaft fendete ihn der Großherzog von Toskana zum Gongrefie 
nach Aachen. Später nahm er fi der Sadye der Griechen eifrig an, reiste 
defhalb 1825 nach Paris, wo er Mitglied des Griechenverein® wurde u, 1827 


vophergoge don Berg, betrug, nebft den Garden, 68—70,000 Mann; bie 
unter ningfen waren 58,000, die Preußen unter Leſtocq 5,500 Mann 
Benuingfen lehnte feinen rechten Flügel unter General Tufchlow an Schmo- 
das Emntrum, unter den Befehlen des Generals Saden, war rechts und 
on der Straße nady Rampafch, der Verbindungsftraße mit Rußland, aufs 
u. der linfe Flügel unter General Oftermann-Lolftoy u fi bis Ser- 
aus, welches Dorf fchon den Abend zuvor flarf von ihm befeßt worden 
Die Referven unter dem Fürften Gallizin und General Doftorow hielten 
dem Centrum. Die Ruflen hatten zwei Rüdzugeftraßen hinter ihrer Stel⸗ 
Die eine, nad) Königsberg, befand. ſich in ihrer rechten, die andere über 
iſch nach Allenburg in ihrer linken Flanke. Benningfen eröffnet die Schladht 
ein heftiges Gefchüpfeuer gegen die Stadt u. gegen die, vor derfelben auf 
en, Armeecorps der Marfchälle Soult u. Augereau. Napoleon läßt, da die 
men Legrand, St. Hilaire u. Leval fehr dadurch leiden, AO Geſchütze feiner Garde 
die ruffiichen Batterien auf der Kirchhofshöhe auffahren, u, bald wird das Feuer 
ein. Während deſſelben rüden die Divifionen Heudelet u. Desjardins in die 
iufe ein, u. die Faiferliche Garde mit der Reſervecavallerie ftellt fid, hinter 
Risch fhügel In Referve auf, Bon der baldigen Ankunft Davouftd benach⸗ 
it, gibt Rapoleon der Divifion St. Hilaire Befehl, dad Dorf Serpallen, 
em linten Zlügel der ruffifchen Stellung, anzugreifen und dadurch die Ber- 
ig mit dem Davouſt'ſchen Corps Berzufiellen. ugereau u, "die Reſerve⸗Rei⸗ 
ollen zu gleicher Zeit das feindliche Centrum attafiren; aber lehterer, durch 
5 Schneegeſtöber geblendet, wendet fich zu weit links u. ftößt, flatt auf Die 
. auf den rechten Et el des Feindes, von dem er geworfen wird, nachdem 
Mt umd feine beiden Divifionsgenerale verwundet find. Napoleon, der Ben- 
n nicht Eh lafien will, aus feiner mißlichen Lage Bortheil zu ziehen, er 
ſchneli Murat den Befehl, mit der gefammten Lintenreiteret und der Garde 
erde auf die ruffifche Mitte zu chargiren. Diefe werfen die erfte ruffifdhe 
über den Haufen u. bringen fogar einzelne Bataillons des zweiten Treffens 
ordnung; aber dennoch prallen I Angriffe an der unerfchütterlichen Stand» 
keit der Ruffen ab, und Murat fieht fi nach lange ſchwankendem Stampfe 
lüdzuge genöthigt, Unterbeffen bat Davouft’d Vorhut die Koſaken vor fi 
ar mh an & 


di 
on um se Tin Hanfa V omifahon malloen ımR 





84 8 Babel, 


Tapferkeit die Burgen Onara u. Romano zu Lehen empfangen Hatte, denen feine 
Nachkommen mehre Beflgungen in Italien Hirt ten. Er warb im Sriegslager 
erzogen und 1222, als ſich ein Bater in ein Klofter zurüdzog und Möndy ward, 
mit der Regierung betraut. Als Haupt der Ghibellinen verſuchte er zugleich mit 
unerbörter Sraufamfeit die Macht feines Haufes zu vermehren. Er eroberte 
1235 Verona und leiftete dem Kaiſer Friedrich IL im lombardiſchen Kriege treff⸗ 
liche Dienfle. Der Kaiſer gab ihm Pabua'u. &. brachte fpäter die Marf Tre 
viſo, Vicenza, Trient, Bredca u. Feltre an "9 Seine Grauſamkeit verfchonte 
fogar feine nächflen Blutövermandten nicht. So brachte er felbft feinen Neffen 
E, von Egna, feinen Bruder Eiramont, feinen Schwiegervater u. feine Schwä- 
“ger, im Ganzen 55,000 Mann, um. anergebene chteten ihn die Päpfte und 
predigten gegen ihn einen Kreuzzug. Endl 


f 
9 


ch aber überwältigten fein Heer die 


gegen ihn verbündeten Fürſten; er warb, fchmwer verwundet TR und nad | 


Soncino gebracht, wo er den Berband feiner Wunden a und 1259 . 


Bon ihm handeln viele Sagen und Romane der Staliener. €, gel au für - 


einen eifrigen Aftrologen. Mit ihm erlofh dad Haus Onara u. Romano. 


F. 


F. H Als Lauts u. Schriftzeichen der fechste Buchſtabe in den Alpha⸗ 
beten der abendlaͤndiſchen Sprachen (mit Ausnahme des Griechiſchen, dad an 
feiner Stelle v u. 9 hat) tft ein Conſonant, defien Ausfprache durch Zufammen- 
ſtoßen der „open u. zifchendes Ausfloßen der Luft bewirkt wird. Bon den mor- 

enländifchen Sprachen bat ihn nur die arabifche, u. zwar an der 20. Stell. — 
) a8 Abkürzung: a) im Lateinifchen == Fecit; Filius; b) in der Logik: einer 
der 4 Anfangsbuchftaben der Namen der von den Altern Logifern aufgeftellten 
Schlußmoden, welcher bebeutet, daß jeder Schluß der anderen Figuren, deſſen 
Rame mit F anfängt, auf den Schluß der 1. Figur, deſſen Name ebenfalls mit 
F anfängt, auf ferio, reduckrt werde; c) in der Medizin — fiat; d) in der 
Chemie = flores, fluor; e) bei Thermometerbeobachtungen =Fahrenheit; f) auf 
Wechſeln —= fatto; g) ar Münzen: in Defterreih Hall (Tyrol; in 
Preußen Magdeburg; in Frankreich Angers. 3) Als Zahlzeichen F = 40; 
F = 40,000. 4) 5 der Muſik: die vierte diatoniſche Klangſtufe der Grund⸗ 
—* it dan als Vorzeichnung u. Abfürzung = forte, u. der F-Schlüffel 
er Ba el. 
aber (lat. fabula, von fari, reden), fchlechtiweg eine erbichtete — 
als eine eigene, zur epffchen Poeſie gere nete Dichtungsart, von ihrem angebli- 
hen Erfinder Aeſop die Afopifche Babel, irrthümlich jedoch der Apolog (|. d.) 
genannt, iſt eigentlich dad Geſtalten einer einzelnen natürlichen Erſcheinung zur 
allgemeinen Bedeutung durch ungezwungene Entwidelung des Allgemeinen aus 
dem Befondern; in weiterer Ausdehnung jedoch die Verfinnlichung einer allges 
meinen Wahrheit, einer praktifchen Lebensweisheit, durch Zurüdführung derſel⸗ 
ben auf einen eingelnen Fall, aha meiftens durch Thiere oder leblofe Dinge dar⸗ 
geftellt wird. Die folhergeftalt ſich ausfprechende Anwendung, die rfahrungeres 
gel, heißt die Moral der Kabel. Hiernach wird es als ein wefentliches Erfor⸗ 
erniß derſelben betrachtet, daß ſie ihrer Richtung nach didaktiſch fet, durch Per⸗ 
fontfication (Bermenfchlichung) bewußtlofer Raturwefen diefe zu Trägern der 
Handlung mache u. fo das menfchlicy bewußte Streben fomboliftre, d. t. zur in⸗ 
nerlich natürlichen Aehnlichkeit bringe. Dem zufolge verlangt der äſthetiſche Cha⸗ 
rakter der Kabel, daß fie nicht etwa ausfchlieglich die Bedeutung der bilplichen 
æÆAeranſchaulichung eines Gegenbildes habe, alfo nicht allegoriſch Mt . auch nicht, 


Faber. 85 


wie die Allegorie, bewußte Weſen handelnd einfuͤhre, ſondern daß fie, durch kuͤnſt⸗ 
liche Berbindung des didaktiſchen mit der Handlung, einen eigenen Selbſtwerth 
gewinne. So erklärt auch Hegel in feiner Äeſthetik die Fabel. Herder theilt die 
5 ein im theoretifche, in fittliche und in Echidfalsfabeln, deren erftere N auf 
8 des Berflandes beziehen, die zweiten Berhaltungsregeln für den Willen 
auffellen u. die dritten eine höhere Anordnung, als den bloßen Raturgang, anſchaulich 
machen. — Die F. findet ihren Urfprung im Driente, u. das erhe erühmte von 
dort in den Occident übertragene Babelud), die $.n des Pilpai (Bedpai), ſtammt 
von den Indiern. Es enthält finnreiche Lehren u. Sittenfprüdhe, deren Einklei⸗ 
wung, wie Wendt bemerkt hat, nicht bloß durch das Beoürfnig der anfchaulichen 
Rede, fondern auch durch den orientalifchen, zum verhüllten Ausprude gewiſſer 
Lebenswahrheiten nöthigenden, “Defpotismus bedingt war. Diefe treffende Be⸗ 
mertung bat Hegel audy auf Aeſop angewendet, welcher als Sklave feine Lehren 
offen nicht fagen darf, fondern fle nur verftedt, in einem NRäthfel gleichſam, zu 
verfieben geben kann, das zugleidy aber immer gelöst if. Der ältefte deutfche 
Fabeldichter ift Ulrich Boner zu Bern (in der erften Hälfte des 14. Jahrhun⸗ 
derts), defien Sammlung „der Edelſtein“ am Beften von Benede (Berl. 1816) 
herausgegeben wurde. Werthvolle &.n lieferten Herder, Lichtwer, Leſſing u. A.; 
dialogiiche F.n fchrieb Willamov, u. eine Fabelleſe, als bedeutendfle Sammlun 
erihien von Ramler (1783—90, 3 Thle. in 8.). — Endlich nennt man F., 
Beziehung auf die dramatifche u. epifche Poefle, dad wahre oder erdichtete Ge⸗ 
webe der Begebenheiten (das Sujet), u. unter Fabel⸗Epopöe wird ein fcherz- 
haftes Heldengebicht verftanden, in welchem, wie im Froſch⸗ u. Mäufekriege, im 
Reinede Fuchs ꝛc. die handelnden Hauptperfonen aus dem Thierreiche genom⸗ 
men find. Lebterer, nämlich Reinecke, erfchien in plattdeutfcher Sprache (friefl- 
fer Mundart) fchon 1498 zu Lübec. 
uber, der nach damaliger Sitte angenommene lateintfche Name mehrerer 
Gelehrten des 15. u. 16. Sahrhunderts. 1) ö- Felix (auch Kabri), eigentlich 
Schmied, Dominikaner und deutfcher Gefchichtfchreiber, geboren um 1441 zu 
ürih, trat 1460 in das Dominifanerflofter zu Bafel, warb fpäter Lektor zu 
Im und machte in den Jahren 1481 und 1483 eine Pilgerreife in das gelobte 
Sand. Er flarb 14. März 1502 zu Ulm. Seine »Historia Suevorum“ (abge: 
vrudt in Goldaſt's Suevicarum rerum scriptores), die bio 1490 geht, ift eine 
wichtige Geſchichtsquelle feiner Zeit. Von feinen beiden ‘Bilgerfahrten nach Je⸗ 
rufalem durch Aegypten u. Arabien hat er die erfle in Iateinitcher, die zweite in 
deutfcher Spradye ausführlidy befchrieben. Seine Schilderung bietet für die Na⸗ 
turfunde und Ethnographie höchft beachtenswerthe Auffchlüffe,, jo daß Robinfon, 
ber befte neuere Schriftfteller über Baläftina, fie für die genauefte u. zuverläßtgfte 
der älteren Reifebefchreibungen in das gelobte Land erklärt. Sie befindet fi) als 
Ranufeript auf der Stadtbibliothek zu Um. — L.— 2) F. Johann, eigent- 
ih Hetgerlin, nannte fi) Faber, weil fein Bater ein Schmied war. Er führt 
von feiner Thätigfeit gegen die Keber den Namen Malleus Haereticorum, d. i. 
Keperzermalmer. Geboren zu Leutkirch in Schwaben, trat er fpäter in den Do- 
minifanerorden u. widerfegte ſich befonders, als Vikar des Bifchofs gu Conſtanz, 
dem Ablaßkrame Samſons in der Schweiz. Uebrigens ſchrieb, predigte u. dis—⸗ 
putirte er mit Entſchiedenheit gegen die Reformatoren u. entwickelte auch in ge 
burg als Widerleger der augsburgifchen Confeſſion befondere Thätigkeit. Später 
erhielt er das Erzbisthum zu Wien. Er flarb den 21. Mat 1541, 63 Jahre 
alt. Geine zahlreichen Werke erfchienen zu Köln, 3 Bde. Hol. — 3) F. Baſi⸗ 
lius, berühmter Philolog, geboren zu Sorau in der Niederlaufig 1520, ftubierte 
zu Wittenberg, befuchte mehre andere Univerſttäten, war Rector zu Nordhaufen, 
Zennflädt, Dueblinburg u. endlich zu Erfurt, wo er 1576 farb. Große Ver: 
dienſte um das Stublum der römifchen Literatur erwarb er ſich durch feinen 
„Thesaurus eruditionis scholasticae“ Ceipiig 1571, Hol), von vielen Gelehrten, 
befonderd Geßner (Leipzig 1725; 1735, 2 Bde. Fol), neu edirt und verbeflert. 


36 Zaber — Fahre, 


F. war auch Mitarbeiter an ven 4 erſten magdeburgiſchen Eenturien.— 4) F. 
(Theodor von), ruſſiſcher Staatsrath, geboren 1768 zu Riga, erhielt feine Er⸗ 
ziehung in Deutfchland und gina von der Univerfität Halle nady Frankreich, wo 
er der Erflürmung der Baflille bewohnte, in die Armee eintrat u. 1793 in öfter- 
reichtfche Gefangenfchaft gerieth, aus welcher er entfam. Das Directorium flellte 
ihn beim Roer- Departement an, dann als Profefior in Köln. Im Jahre 1805 
nahm er eine Anftellung im ruffifchen Minifterium des Auswärtigen an, begrüns 
dete in Petersburg bie Zeitfchrift »Conservateur impartiele u. befand fich 1816 
am bdeutfchen Bundestage, fowie 1818 beim Bongreffe zu Aachen. Er iſt der 
Verfaſſer der vielgelefenen „Bagatelles ou promenades d’un desoeuvre“ 
(Bari 1811). 

Faber (Tanaquil), f. Lefebre. . 

Sabianus , h. Bapft u. Martyrer, von Geburt ein Römer, ward im 
Anfange des Jahres 236 erwählt u. verwaltete die Kirche ungefähr 14 Jahre. 
Nach der Berichterftattung des Euſebius konnte fidy die römifche Klerifel u. das 
Volk über die Wahl jener Berfon nicht vereinigen, welche auf den Stuhl Petri 
gefeßt werben follte. Als ſich nun eine Taube auf das Haupt des F. herabließ 
u. das Volk hierin eine göttliche Berufung erkannte, dieſer wurde F. einhellig zum 
Bapfte gewählt. Den heiligen Dionyflus ſchickte er mit andern Miſſtonarien nad) 
Franfreih (Gallien), um den Glauben zu verfündigen. Als Decius die Kirche 
Ehriftt Derfolgte erwarb fih F. als getreuer Hirte feiner ihm anvertrauten 
Heerde den Ruhm des Maͤrtyrerthums. Er flärfte durch fein muthiges Beifpiel 
die Gläubigen, die in großer Zahl die Marterkrone erhielten. Er ſelbſt flarb 
den Martyrertov im Jahre 250. Das Feſt dieſes „unvergleichlichen Mannes,“ 
wie ihn Cyprian nennt, wird am 18. Januar gefelert. 

Fabius, Name eined alten, berühmten römifchen Patriziergefchlechts, das 
über 300 feiner Glieder nebft 4,000 Blienten im Kampfe gegen die Bejenter 
477 v. &h. durch den Helventod verlor. Der bedeutendfte aus dem Geſchlechte 
ft Duintus Fabius Martmus, der zweite dieſes Namens, welcher fünfmal 
Conjul war u. unter dem Namen „Cunctator,“ d. i. Zauberer, befannt if. Er ret- 
tete den römifchen Staat im Kampfe gegen Hannibal, indem er diefen beftändi 
bedrohte u., ohne eine Hauptfchlacht zu wagen, allmälig aufzureiben fuchte. e 
Römer nannten ihn deshalb den „Schild der Republif” und feine zögernde Art 
der Kriegsführung die fabianifche. Seine größte Waffenthat war die Wiebers 
eroberung Tarentd, wobei ihn der Berrath des bruttifchen Befehlshabers unter- 
fügte. Hannibal behauptete ſich indefien in Italien, und ed war Scipio vorbes 
halten, ihn zu befiegen. Einen Sleden auf den ehrenwerthen Charakter des Mans 
ned wirft feine Eiferfucht auf den Ruhm dieſes jungen Feldherrn, dem er fich in 
jeder Weiſe entgegenftellte. %. ſtarb 203 v. Chr. 

Fabllau (franz), ein kleines Gedicht in provencalifcher Mundart, befons 
ders bei Feften von Troubadours gefungen. In der norbfranzöftfchen Boefte 
wurden die Romane und F., beſonders komiſchen Inhalts, im 13. Jahrhunderte 
fehr beliebt. Ste behandeln Scherze nicht blos im naiven, angenehmen u. muth- 
willigen, fondern nicht felten auch im höchſt unanftändigen Tone; denn als Anek; 
doten nahmen fle, wie die Contes als größere Erzählungen, ihren Stoff größten- 
theild aus der Wirklichkeit, aus dem Lebenskreiſe der verfchievenen Stände. — 
Indeß gab es neben diefen audy moralifche u. fatnrifche F., worin fich naments 
lich die Mönche Coinſi u. Farſi hervorthaten. Derlei Dichter aber hießen Fabliers, 
u. eine Sammlung ihrer Erzählungen von Legrand d'Auſſy befteht unter dem 
Titel: »Fabliaux ou contes traduits ou extraits de manuscrits du Xll. et du XIII. 
sieche« (Paris 1829. V. Tom.). Zwei bisher ungebrudte F. aus dem 13. Jahr⸗ 
hunderte: »Gautier d’Aupais“ u. „Le chevalier à la corbeille,‘* hat $ranc. Michel 
nad) Handfchriften der k. partfer Bibliothek u. des britifchen Muſeums in Lon⸗ 
don herausgegeben. 

Sabre D (8.dEglantine, Phil. Franc. Nazaire), franzöflfcher Dich- 


Fabretti — Fabricius. 87 


m und Revolutionsmann, geboren 1755 zu Earcaffonne, führte feinen Namen von 
xt wilden Rofe (eglantine), die er bei den Blumenfpielen zu Touloufe als Preis 
abalten hatte. Weniger glüdlidy als Schaufpieler, bereicherte er zu Paris das 
höhere Luftfpiel durch „‚Philinte“ worin er trefflich die leidenſchaftsloſe Selbſtſucht 


mb die leidenfchaftliche' Tugend fchildert, den höchſt fomifchen „Convalescent de 


galitd“ u. die gut bialogifirte „Intrigue Epistolaire“ ete.: Stüde, die troß des 


| Wledhten Styls eine fruchtbare Phuntafie, Kunft der Compoſition und fräftige 


— 


Darſtellung von Charakteren zeigen (Werke 2 Bde., Par. 1801). Sein Ehrgeiz 
Fürzte ihn in die Revolution, deren Greuel er häufte, bis er, der Fälſchung von 
Decumenten, der VBeruntreuung öffentlicher Gelder und politifchen Verraths an⸗ 
gellagt, auf Robeepierre'8 Betrieb guillotinirt wurde (5. April 1794). — 2) 
Maria Jof. Victorin), geboren 1785 zu Iaujac (Ardéche), machte fidy als 
Dichter in Paris bemerflidy u. verfaßte eine fchön gefchriebene Literaturgefchichte 
Sranfreich8 im 18. Jahrhunderte (Par. 1810). Seine Unabhängigkeit wahrend, 
ſtarb er 1831 ald Revacteur der »Bibliotheque franc.«. 

Babretti, Rafael, geboren zu Urbino 1618, Secretär des Papſtes Aleran- 
ver VIII. und Aufſeher der Archive in der Engeldburg, geftorben 1700 zu Rom, 
ausgezeichnet durch Umfang und Gründlichfeit feiner archäologiſchen Stenntniffe, 
vie er in Schriften über römifche Wafferleitungen (1680, 2. Aufl. 1688), die 
Srajansfänte (1683, 2. Auflage 1790) u. Snfchriften (1699, 2. Auflage- 1702) 
niederlegte. 

Fabri, Joh. Ernſt Ehrengott, befannter Geograph, geb. zu Dels 1755, 
er® Secretär der naturforfcyenden Gefelfchaft zu Halle, 1786 Profeſſor der Sta- 
tiſtik und Geographie zu Jena, 1794 :Brofeffor der :Philofophie zu Erlangen, farb 
1825. Bon feinen vielen Schriften nennen wir: Elementargeographte (Halle 
1780—1790, 4 Bde., 3. Aufl. 1794—1803) ; Handbuch der neueften Geographie 
für Aademien und Gymnaſien,“ 2. Abtheil. (ebend. 1784, 10. Audg.); „Abriß 
der Geographie für Schulen“ (ebend. 1785, 15. Ausg. 1817); „Encyclopädie 
der biftoriihen Hauptwiſſenſchaften“ (Erlang. 1808). Außerdem gab er heraus: 
Geographiſches Magazin (Deffau und Leipzig 1783—85, 4 Bde); Neues geo- 
graphiſches Magazin (1785 — 87) und Magazin für die Geographie (Nürnberg 
1797, drei Bünde). 

Habricius, Cajus %. Luscinus, ein römifcher Eonful, mit dem Beinamen 
ver Gerechte, lebte um das Jahr 280 v. Ehr. Er führte den Krieg gegen den 
König Pyrthus von Epirus und erwarb fidy deiien Dankbarkeit und Bewunde- 
tung dadurch, daß er einen Anfchlag auf das Leben des Königs, der von deſſen 
eigenem Leibarzte ausging, zurüdwics u. den Verräther jelbft dem Pyrrhus über- 
lieferte. Ob er gleich die höchften Ehrenftellen befteivet hatte, fo war und blieb 
ea doch arm, fo daß er feinen Töchtern nicht einmal ein Heirathgut geben fonnte ; 
an feiner Stelle übernahm der römiſche Senat die Audftattung derjelben aus dem 
örtentlichen Schage. Wegen feiner ausgezeichneten Berbienfte um das WBaterland 
und feiner unerfchütterlichen Eharafterfeftigfeit fand er in großem Anfehen und 
ward innerhalb der Stadt begraben: das höchſte Zeichen von Anerkennung, das 
während des Republik fonit feinem Römer zu Theil geworden: ift. 

Fabricius, Georg, Rector der Fürftenfchule zu Meißen, geboren 1516 au 
Ghemnig, geftorben 1571, hielt fi lange in Italien u. Straßburg auf u. wurde 
son Kaiſer Marimilian I. zum Dichter gekrönt. Als Iateinifcher Dichter zeich- 
net er fich durch Reinheit u. Eleganz aus; nur wollte er Nichts von heidniichen 
Gottheiten und Fabeln einmifchen. Er fehrich: Disticha etc. (Argent. 1546); 
Iinera etc. carmine descr. (Leipzig 1547, 4., Bafel 1587); Epithalamia (Leip- 
ig 1549 und 1551); Poematum sacr. libr. XV. (Baſel 1560 2c.). Bei feinen 
mebrmals gedrucdten Ausgaben ded Virgil und Horaz erwarb er fi dad Ver— 
dienſt, daß er befonders die alten Scholiaften, namentlicy den Donat u. Serviuß, 
verbefferter lieferte. Auch um die Gefchichte, hauptfächlidy feines Waterlandeg, 
machte er fich durch verſchiedene Werfe verdient, als: Rerum Misenicar. lib. VI. 


. 


88 Fabrieius. 


(Reipjig 1569); Rerum Germaniæo et Saxoniae memorab. lib. II. (ebenb. 1609, " 
Fol) u. m a. — 2) F., Johann Albrecht, berühmter Literärhiftorifer, geb. , 
am 11.Rov. 1668 zu Leipzig, wo fein Bater Organift an der St. Ricolai⸗Kirche 
war. Frübzeltig verwait, wurde feine Erziehung von dem proteftant. en 
Bal. Alberti ald Bormund geleitet. Zu ep ftubirte er Theologie, wo Ihm 
beſonders Thomas Ittig das Firchengefchichtl de Studium wertb machte, und 
die Lektüre von Morbore Polyhiftorie feine Vorliebe für Literaturgefchichte ent- 
ſchied. 1688 erhielt er die Magifterwürde. Gine Reife nach Hamburg 1693, 
um feine Verwandten zu befuchen, war entſcheidend für feine Tünftige Lebens 
ftellung. Der gelehrte 4 Fried. Mayer ward fein Gönner, behielt ihn 5 Jahre 
in feinem Haufe u. verfchaffte ihm die günftigfte Gelegenheit, ſich in der Litera⸗ 
turgefchichte zu vervollfommnen. 1699 übertrug man ihm das Lehramt der Bes 
rebfamfeit und praftifchen Pnitofophie, und in Kiel erwarb er fid) die theologifche 
Doctorwürde. Einen Ruf an die Univerfitäten Greifewalde und Kiel lehnte er 
ab; dagegen wurde er 1708 zum Rektor des Johanneums in —— erhoben. 
Um ungetbeilt der Literatur leben \ fönnen, legte er nach 3 Jahren diefe Stelle 
wieder nieder. Man bot ihm 1719 an der Univerfität Gießen die erfte theolo- 
aife Profeffur mit einer bedeutenden Erhöhung feines bisherigen Gehaltes an: 
allein fein ihm lieb gewordener Aufenthalt in Hamburg entſchied auch jegt wieder 
für fein Bleiben. Er farb hier am 30. April 1736. Durch anhaltende Uebung 
n gelehrten Unterfuchungen u. durch fleißige Lektüre ver beften Schriftfteller er⸗ 
warb $. fi ein —* es Urtheil, wodurch er Bücher jedes Inhaltes mit 
einer unbeſchreiblichen Leichtigkeit durchflog, um das Neue u. Merkwürdige, das 
fie enthielten, zu excerpiren. Dieſe anhaltende Beſchäftigung wurde von einer na⸗ 
türlichen Lebhaftigfeit des Geiſtes unterflüht, fo daß er, ungeachtet unausgeſetz⸗ 
ten Nachdenkens, Leſens u. Sähreibene, mit raftlofer Beharrlichkeit in feinen ums 
faſſendſten Arbeiten nicht ermüdete. Sein ungemein treued Gedächtniß erleich- 
terte er ſich durch methodiſch angelegte Auszüge u. NRepertorien, welche er ſchon 
vor feinem öffentlichen Lehramte 15 Jahre lange mit Genauigfelt aus den beften 
Werfen angefertigt hatte. Schon in der Jugend entwarf er ſich die Grundriße 
zu feinen größeren Werfen, und erweiterte fie fortwährend durch Nachträge und 
Golleftaneen, fo daß er ein weit höheres Lebensalter hätte erreichen müffen, um alle 
feine Entwürfe auszuarbeiten. Deſſenungeachtet muß man ftaunen über die Menge, 
den Umfang u. die Literarifche Volftändigfelt des Materials, was in jeinen vielen 
Büchern von fo verfchlevenartigem Inhalte mit der größten Genauigkeit gleidys 
fam aufge ert fi vorfindet; befonderd, wenn man erwägt, ba er in den 
erften 30 Jahren feines Lehramtes täglich 8-10 Stunden Borlefungen gehalten 
und einen bedeutenden Briefwechfel mit den gelehrteften Seitgenoffen unterhielt, 
Seine große Gelehrſamkeit umfaßte den ganzen Schatz des grie chen u. tömts 
joa Alterthumes, dann gründliche Sprachkenntniß u. fcharffinnige Kritik, welche fich 
n Beurtheilung der Gefchichte und der Alterthümer erprobte. Für —I 
ſchichte, Patriſtik u. Scholaſtik, wie für die theologiſche Literaturgeſchichte, hat er 
einen unermeßlichen Stoff gefammelt und in bequeme, Orbnung vertheilt. Man 
nannte ihn nicht mit Unrecht den Bibliothefar der gelehrten Welt, nicht nur, 
weil er ſich um die Gelehrtengefchichte bleibende Verdienſte erworben, fondern weil 
feine bändereichen Werke einer Bibliothek gleichen, deren Ramen auch ver Titel 
einiger führt. Dan zählt über AO Schriften, weldye ihm zugefchrieben werben. 
Sein Amtögenoffe, der berühmte Richey, ließ 1722 ihm zu Ehrem eine Denkmuͤnze 
in Gold u. Silber prägen. Seine vorzüglichſten Schriften: Bibliotheca latina 
s. notitia auctorum veterum latinorum. Hamb. 1697. Reue Aufl. von Ernefti 
1773—74, 3 Be. 4. Codex apocryphus Nov. Test. colleclus, castigatus tes- 
timoniisque illustratus. 1703. Bibliotheca graeca, s. notitia script. vett. graec. Ham- 
burg 1705—28, 14 Bde. 4., fein Meifterwerk, das alle griechifchen Schriftfteller 
618 zum Untergange des morgenlänpifchen Kalferthums umfaßt. Reue Aufl. und 
Fortſetzung von Harleß, 12 Bde. 17901809, wozu der Inder gehört. Leipzig 


Fabriken, 89 
‚ Codex pseudoepigraphus Vet. Test. 2 Bde. 1713 u. 1722. Bibliographia 
karia, 3. introducho in nolitiam scriptorum, qui antiq. hebr. gxgec. rom. 
ristianas scriptis illustrarunt. Mit Zufäten herausgegeben von Shafehan- 
[760. — Bibliotheca latina mediae et infimae aetatis. 5 Bde. 1734— 36, 
. Bd. von Schöttgen 1746 beigegeben. Neue Aufl. von Manſi, 6 Bänbe, 
1754. Seine trefflichen Yusgaben von Hippolyti opp. gr. et. lat. 2 Bde. 
Hol, die einzige Sammlung der Schriften biefes Kirchenlehrerd; Sexti Em- 
opp. gr. et lat. 1718. Bibl. eccles. in qua continentur de script. eccl. 
mymus, Gennsdius, Isidorus Hispal. IlIdephonsus Tolet. 1718.Fol. Philastrii 
ıeresibus c. emend. et notis. 1721. Seine Rotigen über Dio Cassius hat 
arius feiner Ausgabe von dieſem Gefchichtöfchreiber einverleibt. Hamburg 
Hol. Diefer bat auch feine Biographie verfaßt: Reimarii de vita et scrip- 
, A. Fabricii Commentarius. Hamburg 1737. Das verbienftvolle Wert „Ab- 
mer allgemeinen Hiftorie der Gelehrſamkeit.“ 3 Bde., Seipal 1751—54 uns 
em Kamen %. ift nicht von ihm verfaßt, fondern von dem Rektor zu Rorb- 
n 3. 9. Zabricius, welcher von 1696-1799 lebte u. wirkte (2 u. 3) Cm. 
Fabriken u. Manufatturen nennt man im Allgemeinen diejenigen Werk 
n der inbuftriellen Probuftion, in welchen die Umgeftaltung des Urfloffes u. 
Bollendung zur Gebraudsfäßlgtet nicht von.einer Hand, fondern von meh- 
Arbeitern, mit oder ohne Hülfe des Feuers, oder von Mafchinenwerfen be- 
wird; dadurch unterfcheiden ſich zugleich dieſe Werfflätten von jenen der 
werker, in welchen leßteren ein und derfelbe Arbeiter den Urftoff aus dem 
n bis zu feines Bollendung allein bearbeitet. Man bat außerdem noch einen 
tſchied zutichen F. u. M. felbft machen und unter erftern nur foldye Werk⸗ 





n, worin bie Umgeftaltung des Urſtoffs mit Hülfe des Feuers, unter Manus 
ven hingegen jene verftehen wollen, wo biefelbe durch Mafchinenwerfe bewirkt 
. Wein diefe Eintheilung iſt nicht haltbar, weil fie ſich praftifch nicht be⸗ 


rt, indem es induftrielle Produkte genug gin, die ohne Feuer und ohne alle 
chinenwerke, u. wieder andere, die mit Huͤlfe beider zubereitet werden u. ihre 
Vollendung erſt noch von atenfigenhänben erhalten, für welche Werfftätten 
jene Eintbeilung feine unterfcheidende Bezeichnung enthält. — Es iſt nie, 
doch nur felten der Fall, daß mehre Arbeiter ſelbſt zufammentreten, um eine 
it zu errichten, fondern dieß gefchieht immer nur durch einen oder mehre ver- 
iche Unternehmer, welche die nöthigen Geldmittel und Kenntniffe-befien, die 
iten ac. leiten u. den Faufmännifchen Bertrieb der gefertigten Fabrikate befor- 

Bei der Anlage derfelben muß man zuerſt den Ort berüdfichtigen, indem 
or Allem darauf anfommt, daß die zu wählende Gegend die möglidhft wohl- 
Herftelung u. den möglihft vortheilhaften Abſatz der Erzeugniffe verfpricht. 
soben Materialien müffen daber möglihft in der Rähe zu haben, oder mit 
ichft wenigen Koften anzufchaffen Ton: ebenfo die Betriebfraft: Waſſer, 
nmaterial für Dampfmafchinen u. dergl.; die benöthigte Anzahl von Arbei- 
muß vorhanden u. für die billigfte Bezahlung zu haben feyn ⁊c.; ferner müflen 
abrifgebäude, wenn fie nicht unmittelbar an einer Hauptftraße, Eifenbahn, 
barem Fluſſe 2c. liegen, durch gute fahrbare Straßen mit diefen verbunden 
oder cd werden fönnen, um die Erzeugnifle nady den Hauptfläbten, Meß⸗ 
m, Seehäfen ıc. ſchaffen zu können. Zur Beförderung des Abfapes der Fa⸗ 
rzeugnifle ift nöthig, daß fie in möglichft guter Qualität, von ſchönem äußern 
ben u. zu möglidyft billigen Preiſen geliefert werden. “Die mögl! fie Wohl: 
it, weldye der Zabrifant durch forgfältige Benügung aller möglichen Vor⸗ 
°, neuer Erfindungen und Berbefferungen, durch wohlfellere ——— 
rohen Materials, möglichfte Beſchränkung der Herſtellungskofſten u. Begnü- 

mit einem geringen Gewinne von einem Stüde oder einer andern beflimm- 
Duantität feines Grzeugniffed erzielt, iſt natürlihd das Hauptbeförberunge- 
{ ded Abfages, u. diefer kann, befonderd wenn die Wohlfellheit einen gewiſſen 
ft erreicht, wohurd die Benübung des Fabrikats auch den untern Clafien 


90 Fabriken. 
der Bevoͤlkerung, denen es früher, wegen zu hohen Preiſes nicht zugänglich wa 
möglich gpird, außerordentlich gefteigert werben, fo baß der Fabrikant viel mel 
daran gewinnt, al® vorher, wo ihm fein Erzeugniß theuerer bezahlt wurde. Ein 
befonder8 großen Einfluß auf Erzeugung guter, fchöner und wohlfeiler Fabrika 
hat die Eoncurrenz mehrer Fabriken, welche einen und denſelben Artifel Liefer 
ndem durch das vermehrte Angebot die Breife auf den möglihft niedrige 
. Standpunft herabgedrückt werden und jeder Fabrikant gezwungen wird, felr 
ganze Kraft u. feinen ganzen Scharffinn aufzumenden um fie für den moͤglich 
billigen Preis liefern zu fönnen. Natürlich aber darf die Boncurrenz nicht zu we 
gehen. Indeſſen dient eine zu große Goncurrenz oft auch dazu, den Yabrifantı 
zur Aufſuchung neuer Abſatzwege anzufpornen, und Tann fo von wohlthätigı 
Folgen für die Zukunft feyn. Jedenfalls aber wirken Be ünflgungen einzeln: 
5. durdy Privilegien oder Monopole auf das Ganze nachtheil n, weßbal 
man auch jegt meift davon zurüdgefommen iſt; bagegen bringen Patente, weld 
dem, der eine neue Erfindung gemacht hat, die Benützung verfelben für einig 
Zelt ausfchließlich zufichern, mehr Nuten, als Schaden, indem fie zur Au 
ſuchung neuer Erfindungen anfpornen und diefe nach Ablauf der Patentzeit zuı 
Gemeingute werden lafin. — Die F. baben im Allgemeinen vielfad) genügt, ir 
dem fie durch Benützung der, von der Wiffenfchaft gemachten, Entdedungen un 
Erfindungen und der, durch die Arbeitötheilung aufgehunbenen, Bortheile und Eı 
leichterungen, forte durch Ermöglichung großartiger Verfuche die Technik auf di 
nen hohen Grad der Vollkommenheit gebracht haben ; indem fie ferner den Men 
fhen eine Menge neuer Genußmittel und Bequemlicdyfeiten verfchafft, oder ſcho 
vorhandene durch Verwohlfeilerung zugänglicher gemacht haben, u. indem fie b 
fonder8 eine große Arzahl Menfchen ernähren, u. zwar vorzüglid in ärmern © 
genden, welche wegen der wohlfelleren Arbeitslöhne von den F. vorzugsweli 
aufgefucht haben. Dagegen find die Handwerker, denen fie den Berdienft fchm! 
lern, oder wohl ganz entziehen, natürlich ihre Gegner; audy macht man ihne 
häufig den Vorwurf, daß fie zwar billigere, aber auch fdhlechtere Erzeugnif 
liefern. Allein letzteres iſt ein nicht flichhaltiger Borwurf. Dagegen iſt es ein nid 
zu läugnender Uebelftand, daß die F., wad man namentlid in England fieh 
den Mittelftand ‚vernichten, indem fle nur die zwei Claffen: Reihe — di 
Fabrikbefitzet — und Arme — die Fabrifarbeiter — bilden, das wichtige un 
wohlthätige Berbindungdglied eines wohlhabenden, oder doch fein Ausfomme 
habenden, Mittelftandes aber ausfchliegen, was durch die in der neueren Zei 
öfter benügte Einrichtung von Fabrifunternehmungen auf Actien, durch weld; 
fid) der Gewinn an eine größere Zahl Individuen vertheilt, nur zum Fleine 
Theil verbeffert wird. Eben fo wenig dürfte zu läugnen feyn, daß die F., ot 
gleich fie die Deoölferung in der Regel vermehren, auch zumeilen Uebervölkerun 
hervorbringen und dabet eine zahlreidhe Claſſe von Menſchen erzeugen, weld) 
lebenslange Nichts als Mafchinen bleiben, indem fie nur eine einzige, nicht 
Ganzes darftellende und den Verſtand mehr abftumpfende Arbeit lernen; weld) 
nie die Ausficht haben, ihre Lage zu verbeflern, oder Etwas mehr zu werben, al 
fie find, wogegen der Handwerfögefelle immer die Ausfiht auf eine felbfiftändig 
Niederlaffung vor ſich bat; die ferner nur aus der Hand in den Mund lebeı 
und, fobald einmal ein Arbeitsftilftand eintritt, Bettler, wo nicht Verbreche 
werden, jedenfalls aber dem Staate zur Laft fallen. Ein fchändlicher, von de 
öffentlichen Meinung längft gebrandmarfter, von den Geſetzen aber noch viel zı 
nachfichtig behandelter und noch in manchen Gegenden fortdauernder Mißbraud 
des natürlichen Uebergewichts des Yabrifherrn über ihre Arbeiter ift Das foge 
nannte Drudfyftem, nad) weldyem die Fabrikbeſitzer fich nicht mit dem, in de 
Regel fehr anfehnlichen, Nutzen an den, von ihnen fo färglid als möglich be 
zahlten Kabrifarbeitern gefertigten, Erzeugnifien begnügen, jonbern diefen ihre 
fauer verdienten Lohn auch noch, anftatt in baarem Gelde, in Eonfumtibilien be 
zahlen, die meift von fchledyter Qualität find u. ihnen höher angerechnet werben 


Fabrikpflanzen — Fabvier. 9 


re Urbeiter fie an den gewöhnlichen Berkaufsorten fidy verfchaffen kann; fo 
fo der Fabrifherr einen unverhältnigmäßigen u. höchſt ungerechten Rugen 
nimmt. — Noch führen wir bier zum Schluffe den Unterſchied von Hal b⸗ 
nzfabrifaten an. Wan verfteht unter den erftern diejenigen Fabrik⸗ oder 
ralturerzeugniffe, welche noch nicht unmittelbar verbraucht werden Fönnen, 
ı von andern F. oder Handwerkern noch welter und auf mannigfaltige 
zu den Gansfabrifaten verarbeitet werben, die nun erſt aum wirklichen 
mdhe tauglich find. Zu den erftern gehören 3. B. Eifen u. Stahl in Stä- 
ifens, Kupfer, Meffingblechdraht u. f. w., dann rohe Seide, Baumwollen⸗, 
(s und leinene® Gar, Del, Pech, Leder, Wachs ıc. 

abrifpflanzen werden jene Gewächſe genannt, weldye in Fabrifen ale 
iterialien, oder auch ald Werkzeuge für mancherlei Arbeiten dienen. So 
man 3. B. kein, Hanf, Tabak, Cichorie u. f. w. F. Mit ihrer Eultur 
tigt man ſich vorzugsweife in Defterreihh, Preußen, Hannover, Bayern, 
mberg u. Baden. aM. 
abriffchulen heißen die Elementarfchulen für die in Fabriken arbel- 
Kinder, die in der Regel von den Fabrikherren felb unterhalten werben. 
irfen nirgends ohne Genehmigung der betreffenden Behörden errichtet wer⸗ 
müßen denfelben Anfprüchen genügen, welche man an bie gewöhnliche 
chule ſtellt, mit welcher fie einen gemeinfchaftlichen Lehrplan haben müßen, 
tlegung der Schulftunden auf den Abend in den F. follte unter Feiner Bedingung 
t werden. Preußen bat unter den deutfchen Staaten zuerft (Regulativ 
März 1839) diefen Gegenftand in's Auge gefaßt; Baden (Berorpnung 
März 1840); Bayern (28. Fan. 1840), Seffen-Darmfadt (10. März 
find gefolgt. In Sachſen gilt bloß die Beftimmung, daß F. nicht ohne 
m der betreffenden Kreiöbirection geprüftes u. beftätigtes, Speclalreglement 
et werden dürfen. England, welches fchon 1802 mehre Geſetze über F. 
bat diefe Angelegenheit durch ein Gefet vom 29. Aug. 1833 aufs Neue 
t, u. noch in jüngfter Zeit (1844) über diefen Gegenttand im Unterhaufe 
ene Berbandlungen beurfunden, daß eine ernftliche Verbeſſerung biefes Zu⸗ 
allen wahren Volköfreunden als eine heilige Pflicht erfcheint. — Wenn 
18 die, durch die traurige Fabrifarbeit um ihre fröhliche Jugend jämmerlich 
nen Kinder, der Natur der Sache nad), nur höchſt dürftige Fortfchritte 
n den Elementargegenftänden machen fönnen: fo wird noch zu allem dem 
18 der Mangel einer fittlichen u. religiöfen Durchbildung fühlbar, u. es 
feltener Fall, dag auf dieſe Weiſe gebildete Menfchen zur Erfenntniß der 
Würde der menfchlichen Natur fommen. 

abvier, Eharles Nifolas, Baron, geb. 1783 zu Pontsa:Mouffon, trat 
ıu8 der polytechnijchen Schule zu Parts, ward 1807 mit mehren andern Offi⸗ 
nach Konftantinopel gefandt, um diefe Stadt gegen die Engländer zu ver: 
n, begleitete dann den General Gardane als Gefandter nad) Perſien, er: 
dort einen Artillerteparf u. ſchloß ſich 1809 dem Heere Poniatowski's an. 
f Fam er al8 Hauptmann in die kaiſerliche Garde. Als Adjutant Mars 
‚ dir ihn aus Spanien an den Kaifer gefendet hatte, Fämpfte er in ver 
dt an der Moskwa, u. führte nad) der Schlacht bei Reipzig die Trümmer 
. Armeecorps. Er war ed, der nebft dem Oberſt Denis die Eapitulation 
arid unterzeichnete. Wegen feiner Ergebenheit an den Kaifer feste ihn die 
Reftauration außer Thätigfeit, fchidte ihn jedoch 1817 zur Unterbrüdung 
yaliftifchen Umtriebe nady Lyon, wobei er fi) Anfeindungen zuzog, die er 
‚Lyon en 1817“ (Bar. 1318) abwies. Andere Anfchuldigungen (1820 und 
leideten ihm Frankreich; er trat 1823 in die Dienfte Griechenlands, wo er bie 
j regelmäßiger Truppen betrieb, ohne bedeutende Waffenthaten verrichten 
en. Er war faum (1828) ausgefchieven, als er die zweite franzöfifche 
on nach Morea begleitete. Die Julitevolution fand an Ihm einen thätigen 


92 . Bagabe — Farciolati, 


Beförderer und ernannte ihn zum Chef der Pariſer Nationalgarde. Doc, ſchon 
1831 zog er fih in feine Vaterſtadt zurüd. 
Facade (vom lateinifchen facies, Geſicht) nennt man die äußere Anſicht 
eined Gebäudes, die Außens oder Borberfeite mit dem uptelngange- Diefe IR 
für den Baumelfter der vorzüglichfle Gegenftand der Aufmerkſamkeit, weil von 
berfelben ver Einprud abhängt, den dad Gebäude felbft auf den Betrachtenden macht. 
Facciolati, Jacopo, geboren 4. Januar 1682 zu Toreglia bei Babua, 
wegen feiner vielverfprechenden Talente vom Carbinal Gregor Barbadigo im 13. 
Lebensjahre in das Seminar von Padua aufgenommen, wo er fich zu den theo⸗ 
logiſchen Studten u. zum Prieſterthume vorbereitete. Ganz befonderen Fleiß ver 
wendete er auf die claffifchen Studien, da fie zu feiner Zeit allzufehr in den Hin 
tergrund Yu treten fchienen. 1704 erhielt er die theologifche Doktorwürde. 
Stellvertreter des vielbefchäftigten Rektors an der Anftalt ward ihm das Lehrami 
der Theologie übertragen, dad er fchon im folgenden Jahre mit dem der 
fophte vertaufchte u. diefe befonderd von gefchichtlichem Standpunkte aus bebay, 
delte. 1707 warb ihm bie — des Seminars als Studiendirektor überwieſen 
u. er ſuchte in dieſer Eigenſchaft die fig Studien emporzubeben. Alle fein: 
afademifchen Reden bezogen ſich auf diefen Zweck. Für die ſtudirende Sugend ver 
faßte er zwedmäßige Schulausgaben, Wörterbücher und Grammatifen, -Iegte ein 
eigene Bibliothef an u. bereicherte diefelbe mit ben beften Außgaben der griecht 
den u. lateiniſchen Claſſiker. 1723 übernahm er die Profefiur Logif und ev 
flärte des Ariſtoteles Logik u. Analytik, bis er 1740 das Vorrecht erlangte, nach 
feinem Belieben Borlefungen zu halten u. der Fakultät noch ferner anzugehoͤren 
Die Gefchichte der Univerfität Padua hatte bereit Pappadopoli zu ſch bes 
gonnen: allein wegen der vielen Unrichtigfeiten u. der Mangelhaftigfeit der hiſto⸗ 
rifchen Dofumente unternahm F. eine genaue Durchſuchung der Archive, um auf 
den Grund feiner reichhaltigen Urfundenfammlung eine ggenane biftorifche Dar 
ftellung der Univerfität zu erfaſſen. Nach zehnjähriger Borarbeit erfchien 1752: 
»Syntagmata XII de nasio Palavino ex ejusdem Gymnasii fastis excerpta u 
1757 „Fasti gymnasii Patavini studio atgue opera collecti,‘“ worin bie Berfaffung 
u. ——— der Hohfaule und eine kurze Ueberſicht über die wichtigften Be 
gebenheiten mit einzelnen Nachrichten über die Profefioren enthalten if. Wegen 
der Genauigkeit der chronologifchen Beftimmungen ift das Werk von bleibenden 
Werthe: allein die fcharfen und oft ungerecdhten Urtheile beeinträchtigen ehr die 
verdienftliche Arbeit. 1755 nahm F. als emeriter Profeſſor, mit Beibehaltung 
feined ganzen Gehalte und feiner Fakultaͤtsrechte, feine Sntaffung. Der 8 
. von Portugal lud ihn ein, über eine Anftalt für Adelige in Liffabon die 
tion zu übernehmen, allein er gab fein vorgerüdtes Alter zur Entfchuldigung vor 
u. begnügte fidy, für das ehrenvolle Zutrauen, dad man ihm fchenfte, einen int, 
wurf mit Ratbfchlägen für eine ſolche Anftalt fchriftlich mitzutbellen. Als Dani 
folgte ein prachtvolles Service von dhinefifchem Porzellan. F. flarb 26. Augufl 
1769. Unter feinen Schriften find bemerfenswerth: Horazius Tursellinus „parti- 
culae linguae latinae collectae, nunc ex aliis scriptoribus purgatae et auctaos 
(Bad. 1715) mit polemifcher Schärfe gegen den deutfchen Herausgeber Konrad 
Schwarz (Leipzig 1709) reichlich ausgeftattet. Lexicon latinum variarum lingus- 
rum interpretalione adjecta (Bad. 1719). Sein ausgezeichneter Schüler Forcel 
lini ging ihm dabei Hülfreich zur Hand. Neue Bearbeitung von Nizolii Lexicon 
Ciceronianum (Pad. 1734, Fol.), wozu ald Anhang auf 87 Folioſeiten Dolct’s et 
phrases et formulae latinne. Sammlungen feiner afademifchen Reden u. Briefe, 
iegtere 171 an der Anzahl (Papua 1765), wozu erft 1843 ein Nachtrag aus 
feiner Eorrefpondenz zu Venedig „Clarorum Germanorum Hungarorum etc. ad 
Facciolatum epistolae ex autographis editae. Logicae disciplinae radimenta 
ex optimis fontibus ducta et Iatine explicata” (Benebig 1728) groͤßtentheils 
nad) Ariſtoteles bearbeitet u. m. 9. Cm. 






Facetten — Factor, 93 
Sareften heißen die, durch Schleifen auf Evelfteinen, Glaswaaren und der⸗ 
n angebrachten, edigen Fläächen (vgl. Diamant u. Edelſteine). aM. 
a, 1) Benennung mehrer neben einander ftehenden Drgelpfeifen, die 
Riederbrüden einer Tafte zugleich ertönen. 2) Im gemeinen Baumwefen 
te, mit Steinen oder dergleichen auszufüllende, Raum einer Holzeinfafiung, 
einen Theil der Wand bildet. 3) In der Theaterfprache eine beftimmte 
29 von Rollen, zu deren Drehung in Schaufpieler fidy verpflichtet Bat. 
'achingen, herzoglich naffaulfches Dorf an der Lahn, in angenehmer Ge- 
mit flarken, alkaliſch⸗ſaliniſchen Brunnen, deren an Kohlenſäure reiches 
in 2—-300,000 Flaſchen jährlich verfendet wird u. befonders gegen’ Ver⸗ 
ungen, auch bloß zur Crantdung u. Stärtung im Sommer, genofien wirb. 
ſyſtem heißt in ver Unterrichtöfunde (Divaktif) diejenige Einrichtung, 
peicher die Schüler einer Lehranftalt nach ihren Kenntnifien in den einzelnen 
ichtögegenfländen in befondere Elafien vertheilt find, während diefelben nady 
laſſenſyſtem, auf ven Grund ihrer Gefammtfortfchritte in fämmtlichen 
jekten, einer u. derfelben Claſſe zugeteilt werden. Entfprechend dieſem Be⸗ 
R das Fach lehrer⸗ u. Claſſenlehrerſyſtem, nad) weich erfterem der: 
ehrer denfelben Gegenſtand in allen Claſſen einer Unterrichtsanftalt, nach 
n hagegen in jeder Gefammtclaffe derfelbe Lehrer alle Unterrichtögegen- 
vorträgt. 
ſackel nennt man ein harziges u. brennbare Stoffe enthaltenves, flangenartt- 
olz, deſſen oberer Theil, angezündet, eine große Flamme bildet. Die &.n 
ı bet feftlichen Aufzügen oder Leichenbegängnifien gebraucht, indem fie von 
: Berfonen getragen werben, die Theilnehmer bei Tolchen Gelegenheiten find. 
Izüge find befonders auf Univerfitäten berfömmlich und werben von den 
senden folchen Berfonen (Profefioren beſonders) gehalten, welche erftere 
ders ehren wollen. lleberhaupt aber find Yadelzüge, von Communen barge- 
:,_bobe Ehrenbezeugungen, u. felbft Fürften u. gefrönte Häupter werben das 
sehrt. — Bel Leichenbegängnifien waren die Fackelzuͤge fchon bei den Alten 
imlich, wie noch jet bei und. In der alten chriftlichen Kirche veuteten 
üge am heiligen Dfterfonnabenvde an, daß audy in der tiefften Trauer das 
ver Hoffnung u. des Lebens nicht ganz erlofchen fel. — Bei den Athenern 
Sadelläufe (Lampadodromia) herfümmlih. Es waren dieß Wettrennen 
ennenden Wach3-F.n, die an den Schildern der Wettläufer auf einem Licht- 
‚angebracht waren. Es Fam dabei darauf an, daß man am fchnelften lief 
ine 5. bis ans Ziel brennend erhielt. Auch feierten die Griechen ein brei- 
F.⸗Feſt, von den dabei brennenden F.en fo genannt. Mit den F.⸗Feſten 
nicht felten F.Tänze verbunden. Lehtere waren auch an Konſtantins des 
ı Hof, dann an anderen Höfen, befonderd im Mittelalter, gewöhnlich und 
fid) noch bis jetzt an einigen Höfen (wie in Preußen) bet hohen Bermäh- 
erhalten. Der Bräutigam geht, unter einer anethümlichen Mufik von 
eten und Pauken, mit jeder — *— von der fürſtlichen Familie einige Male 
iſenartig im Saale herum, und die Braut thut dann ein gleiches. Die 
er tragen hiebei eine Wachs⸗F. in der Hand. 
facfimile (vom lateinifchen fac simile, d. i. mach’ es Ahnlich!), iſt die, einer 
ift treu nachgebildete, Copie einer alten Handſchrift oder Orginalhandfchrift, 
ers berühmter Berfonen. Man bat es in der neueften Zeit in täufchender 
dung ſolcher Schriftzüge fehr weit gebradt. Kacfimile-fammlungen 
n viele, unter Andern von Dorow (Berl. 1836-38). - 
factor, 1) in der Arithmetik eine Zahl, welche man mit einer andern 
licirt, oder welche in einer andern ohne Reft aufgeht; fo find 3.8. 3, 5, 6, 
: &.n der Zahl 30. Man theiit die F.n in einfache und aufammengefehte ; 
unterfcheiden fich von leßteren dadurch, daß fie durch Feine andere Zahl, 
arch ſich ſelbſt, theilbar find. — 2) 5. heißt auch der Borfteher einer Fabrik, 
Auffeher von Eifenhütten, Farbenwerken, ſowie überhaupt jedes Geſchäfts, das 


94 | Facultaten — Faͤlſchung. 


mehr als Handwerk iſt, ſo z. B. einer Buchdruckerei, Schriftgießerei. — 3) Bei 
kuranzen beißt der F., der von Schiffseigenthümern, Güterverladern, andern ( 
pagnien ac. Ordre zur Berficherung derjelben erhalten bat. Factorei iſt im 
gemeinen die Wohnung, das Bureau eines F.s; dann eine gewöhnliche Com 
dite, eine Filialhandlung, befonders zum Betriebe eines Waarengeichäftes, naı 
lidy aber die Comptoire der englifchen u. fonftigen Handelsgeſellſchaften in 
indien u. dergleichen andern europäifchen Riederlaffungen in fremden Weltth 
ferner: die Werkſtätte, das Babrifgebäube, befonders in England. Fakt: 
handel, Commiſſions⸗ oder Commanditenhandel, wird hauptfächlidy aber nu 
dem Handel der Faktoreien in fremden Welttheilen gefagt. 

acultäten, f. Univerfitäten. 

aden, ein Längenmaß, ſ. Maße u. Gewichte. 

ähnrich, fonft in den meiften Armeen der jüngfte Offizier einer Eon 
nie, beftimmt, die Fahne zu geleiten, die von einem Bahnenjunfer, ver 
den Unteroffizieren den Rang hatte oder auch nur von einer Unteroffizi« 
tragen wurde. Seht befteht dieſe Charge in Feiner Armee mehr; in der 
reichifchen chier erft 1838), preußifchen, beffiichen ac. find die F. in Seconb: 
tenants verwandelt, u. die Fahne wird, wenigftens in Preußen u. den auf pı 
ſchem Fuße organifirten Heeren, von einem Port⸗d'epée⸗Fe, einem auf 9 
cement dienenden Unteroffizier, der vor dem Feldwebel rangirt u. audy, um | 
werden, ein Examen madyen muß, getragen. 

Tallig, beißt: zur Zahlung Derfalien. Dieß iſt dann der Kal, wen 
Zeitpunkt vorhanden ift, in dem eine gewiſſe Verbindlichkeit erfüllt werben 
Mer die beflimmte Berfallzeit verftreichen läßt, ohne zu zahlen, muß die Rad) 
des Verzugs tragen. Es wird indefien, nach gemeinem römifchen Rechte, 
Einigen behauptet, daß dazu nicht das bloße Eintreten des Verzugs, fo 
nody neue Aufforderung (interpellatio) des Gläubigerd nöthig fei. 

Fälſchung (crimen falsi, falsum, falsificatio) ift diejenige Entſtellung 
Wahrheit, weldye in der Produktion eines Gegenſtandes befteht, der den © 
von Etwas Anderem, ald er in der That ift, an ſich trägt. Zu den Erforber 
der F. gehen alfo eine finnlih wahrnehmbare Sache, und eine mit der A 
(dolofe) eines rechtswidrigen Gebrauchs, alfo nicht aus Verſehen (culpoſe) 
genommene Handlung, wodurch der Gegenſtand entiveder verändert, oder 
andern Sache täufchend nachgebilbet wird. In fo weit bei der F. immeı 
Abficht vorhanden if, einen Andern zu täufchen, hat man fie auch unter dei 

riff des Betruges im weitern Sinne, ald einer vorfählichen Entftellung ver A 
Bein, rubricirt und daneben den Betrug im engern Sinne ald jede betrügliche 
lung aufgefaßt, die nicht unter den obigen Begriff der F. paßt. Die. wir 
der Regel durch die Begehung der Handlung, ohne Rüdfidyt auf den Eintriti 
dadurch beabfichtigten Erwerbes, vollendet, während zur Zeftftellung des Betr 
der Nachweis der Erlangung eines unerlaubten Voriheils, oder der 3 u fügung 
wirflidyen Schadens eined Dritten, voraudgefeht wird. Die Beftimmungen 
die 5. find aus dem römifchen und kanoniſchen Rechte und aus der Carı 
zu entnehmen. Schon unter Sylla bebrohte die lex Cornelia de falsis di 
von STeftamenten und von goldenen und filbernen Münzen mit der Straft 
Deportation und der Konfidcation des ganzen Bermögend. Der in der lex ı 
nelia in Betreff der Teftamente aufgeftelte Begriff der F. wurde, unter der 
zeichnung Quasi falsum, theils durch Senatöbeihläffe und Fatferlidye Gonftit: 
nen, theild durch die Interpretation der Juriften, auf Beränberungen oder A 
machen von Urkunden jeder Art auögebehnt: dabei jedoch eine mildere Strafe 
Anwendung gebradht, weldye in zeitlichem Eril ohne Vermögendeinziehung, 
in Geldbugen oder endlich in Berluft von Aemtern und Würden beſtanden. 
kanoniſche Recht behandelt in dem Titel über das Verbrechen der F. die Verfälſch 
päpftlicher Decretalen, ohne jedoch eine felbfiftändige Begriffsbeflimmung u. fe 
Rändige Straffanctionen aufzuſtellen, aber audy ohne ein culpoſes firafbares Zal 


Faenza. 95 


rie Cinige irrig annehmen, anzuerkennen. Auch in der peinlichen Halsgerichts⸗ 
admung Karls V. iſt der Begriff ver F. vergeblich zu ſuchen; dagegen haben bie 
irt. 112— 114 derfelben die Strafbeftimmungen des römilchen Rechtes ftillfchwei- 
gend aufgehoben, indem Diejenigen, welche faliche Siegel, Briefe, Urbarten, Rent- 
ser Zinsbücher oder Negifter machen, fo wie die Fälicher von Map, Wage, Ges 
wicht, Spezerei oder anderer Kauflmannfchaft)gegenftände, u. endlich Diejenigen, 
welche fälſchlich u. betrüglic, Untermarfung, Rainung, Mabl- u. Markftein vor- 
niden, abbauen, abthuen oder verändern, nad) Rath, d. i. willfürlich, geftraft wer- 
ven follen. Zwar hat der Art. 113 beftimmt, daß die, oft gräßlich und boshaftig 
geihihene, 5. an Manag, Waage, Gewicht und Waaren mit der Todeöftrafe ge: 
abndet werden folle; allein die :Brarid des gemeinen Rechts hat diefe Beftimmung 
wingft abgeändert, und läßt in ſchweren Fällen der F. harte und lange dauernde 
Freibeitöftrafe, und in geringen Fällen nur einfaches Gefängniß oder Geldbuße ein- 
weten. Bei der Abwägung der Schwere der Strafe wird in jedem concreten Falle 
auf die erfchwerenden oder mildernden Umſtände, namentlidy auf den Zwed, auf 
ven Gegenſtand der F. und auf die Größe der daraus entipringenden Gefahr, 
des dadurch bezwedten und entftandenen Schadens, Rüdficht genommen. Rad 
Neien Grundfägen find auch die Strafbeflimmungen in den einzelnen Partikular⸗ 
uchten abgefaßt. Man theilt die F. en ein in öffentliche u. Brivatfälfchungen, 
k nachdem fie in üffentlihen oder PBrivatangelegenheiten Statt finden. Zu den 
aftern kann man die Nachmachung und Berfälfhung von Stempelbogen, von 
oͤffentlichen Urkunden, insbefondere —* u. ſ. w., Verfälſchung der Münzen, 
insbeſondere auch des Papiergelds (ſ. Münzverbrechen), und die von Beam⸗ 
ten in ihren Amtsgeſchäften begangenen rechnen. Was die Privatfälſchungen bes 
trifft, ſo find diefe fo mannigfaltig al8 die Gegenftände, worauf fie fidy erftreden 
fönnen, Als die wichtigften kommen hier 1) die Berfälichungen von Waaren, 
indbejondere von Wein u. f. w. in Betracht. Die Reichsgeſetze drohten 100 fl. 
rhein. als Etrafe für jenen Eimer verfälfchten Weines und Konfiscation des letz⸗ 
tern; 2) die Rachahmung von Waarenftemveln u. Fabrikzeichen, welche in Sach⸗ 
fen, auf Antrag der Betheiligten, mit zwei Monate nidyt überfteigenvder Gefüngniß- 
frafe oder entfprechender Geldftrafe geahndet wird; 3) Gränzverfälſchung (f. d.); 
4 Galumnie (calumniae), die %., welche mittelft wiſſentlich falfcher Anklage eines 
Unichuldigen begangen u. mit der, auf das angedicdhtete Verbrechen gefegten, Strafe 
gerühnt wird. Das preußifche Recht ftellt diejenigen Betrügereien, wodurch ge⸗ 
wiſſen Perſonen oder Sachen Merkmale von Eigenfchaften, die ihnen nicht zu⸗ 
bommen, zur Bevortheilung Anderer beigelegt, oder wodurch wirklich vorhandene 
Eigenjchaften in gleicher Abficht verheimlicht werden, unter den Begriff der 8. 
md drobt dem Fälfcher von Urfunden, außer der ordinären Strafe des quali- 
karten Betrugs, das ift, einer dem doppelten Betrage des gefuchten Gewinns⸗ 
gleihfommenden Geldſtrafe, noch verhältnigmäßige Leibes- oder Ehrenftrafen, 
md wenn die verfälfchten Urkunden öffentliche find, die Strafe des qunlificir- 
tm Diebſtahls, welche bei einer, öffentlich zur Verfertigung, Aufnehmung oder 
Berwahrung foldyer Urkunden beftallten, Perfon in der Dauer verdoppelt u. durch 
Caffation und öffentliche Bekanntmachung gefchärft werden fol. Neben ver %. 
der Urkunden führt das preußifche Recht falfdyes Spiel, ald Gewerbe getrieben, 
berrügliche Gauflereien, als: Goldmachen, Geifterbannen, Wahrfagen, Schaßgraben 
u, Oränzverrüdung, unter den Zälfchungen auf. Gr. 
Faenza, eine Stadt im Kirchenftaate, in der Delegation Ravenna, unter 
4° 10° 47° nördl. Br. u. 29° 32° 48" öfll. Länge, am Flüßchen Amone ge- 
iegen, hat 19,000 Einw., iſt fchön, in Form eines rechtwinfelihen Dreicds er⸗ 
baut, mit Mauern umgeben u. Sig eines Biſchofs. Die Stadt hat einen fchönen 
Marktplatz, auf welchen die vier Haupiftraßen einmünden, mit einem Springbruns - 
nen geziert. Unter den öffentlichen Gebäuden zeichnen fi aus: das Theater, 
das Rathhaus, der Dom u. mehrere andere Kirchen. Lyceum mit einer Gemäl- 
degallerie u. Malerſchule. Mehrere Wohlthätigfeitsanftalten. Starfer Wein⸗ und 


an 
Flachsbau. Berühmte Fabriken von einer Art Fayence (Majolica), vie bier im 
16. —— efinben u. benannt feyn fol; ſtarke Seidenweberei. Bier Bige _ 
lien von der Stadt liegen die warmen Bäder von St. Chriftoforo. Ow. 
Färben. Um gemwiffen Stoffen eine gewünfchte Farbe zu ertheilen, if es 
nöthig, fie mit Kärbeftoffen over Pigmenten (. d.) innig zu verbinden, was : 
in der eigentlichen Yärberet gefchicht. a8 F. unterſcheidet ſich daher —3 
vom Malen dadurch, daß bei jenem die Farbſtoffe eine chemiſche Verbindung 
(durch Affinität) mit der ganzen Maſſe des zu färbennen Körpers eingehen, " 
während bei dieſem die Pigmente nur mit der Oberfläche des Körpers eine mecha⸗ 
nifche Bereinigung (durch Adhäſion) erleiden. Gewöhnlich find die Stoffe, welche 
efärbt werben, entweber aus der Thiers oder Pflanzenwelt, und zwar Wolle u ” 
Seide aus der erftlern, Baumwolle u. Linnen aus der zweiten. Da nun das : 
Berhalten dieſer Stoffe gegen bie Pigmente ein fehr verfchledenes if, u. aus die ° 
fem ®runde aud) verſchiedene Behandlungsweiſen nöthig werben, fo unterfcheibe 5 
man a die Wollen, Seivens u. Baummwollens (ober Linnen-) Faͤrberei. 
Um eine gleichförmige Aufnahme des Pigments zu erzielen, und um G md 
Schönheit der herzuftellenden arbe zu erhöhen, müflen die zu färbenden ma 
oder Zeuge vor dem F. erft möglichft rein u. weiß gemacht werben, welches durch 
Waſchen, Entfchlichten u. Ble hen geſchieht. Die Pigmente erhalten eine Vor⸗ 
bereitung, indem man fie in hölzernen Kufen oder metallenen Keſſeln mittelſt 
Waſſer, zuweilen auch mittelft Säuren oder Alkalien, (in neuerer Zeit mei durch 
Dampfbelzung) auflöst. In dieſen aufdfun en, welche Farbebaͤder, Flotten oder 
Küppen heißen, beivegt man die Zeuge mit —*— herum, oder man taucht ſie, 
auf Rahmen geſpannt, bloß in dieſelben. cht alle Pigmente aber verbinden 
fi) unmittelbar mit dem zu färbenden Stoffe, fondern bei den meiſten find noch 
Zwiſchenmittel nöthig, die man Beizfloffe oder Mordants nennt. Die erſten Er⸗ 
one eined Beizmitteld find, daß ed fowohl mit dem Seuge als mit dem 
igmente eine unauflösbare Verbindung eingehe, u. daß ed auf eine6 dieſer beis 
den eine ſchaͤdliche Einwirfung äußere. Diefen Auforberungen genügt vorzüglich 
die Thonerde, u. vephalb find Alaun (f. d.), effigfaure Thonerde u. f. w. bie 
einzigen reinen Beizmittel. Man reicht jeboch mit dieſen nicht aus, ſondern 
wendet noch mehrere andere Mordants an. Von den Farben, welche zum F. ge⸗ 
braucht werden, unterſcheidet man vier, nämlich: Blau, Gelb, Roth u. Schw 
als Hauptfarben ; die übrigen, ald Rebenfarben u. Rüancen betrachtet, werden burd 
Verbindung u. Umänberung der Hauptfarben hervorgebracht. Zur Erzeugung blauer 
Farben nimmt man vorzüglid) Indigo (f. d.), Campecheholz (f. d.) u. blaufaures 
Eifen (f. Berlinerblau). Letzteres wird in der Art angewendet, daß man es 
erfi auf dem Zeuge darſtellt. Man firtrt zu dem Ende den aufgelösten Eiſen⸗ 
pitriol auf dem Zeuge u. taucht diefen Hierauf in ein heißes Bad von Blutlaus 
genſalz. Diefe Karbenherftelung war fonft mit vielen Schwierigkeiten verbunden, 
bis Raymond in Lyon (deßhalb Raymondblau) eine fehr große Bervollfommnung 
zuwege brachte. Zum Gelbfärben Liefern viele Begetabilten die Pigmente, von 
denen der Wau, dad Gelbholz u. der Drlean die häufigft gebrauchten find; auch 
mineralifche Farbſtoffe, wie 3. B. das chromfaure Blei (f. Ehtom), dienen hiezu. 
Beim Rothfärben werden Cochenille (f. d.), Krapp u. Deafiltenbola 
(f. d.) am melften verwendet; erftere dient vorzugsweiſe in der Seidenfärberel, 
um fchöne u. feurige Farben herzuftellen. Zur Erzeugung von Türfifch = ober 
Adrianopelroth wird Krapp verwendet; das abren dabei ift ziemlich compli⸗ 
cirt und Täßt fih in 4 Stapien abihelien, nämlidh: 1) das Präpariren ber 
Baumwolle, wobei diefe durch eine gewiſſe Behandlung mit Del für die Faͤrberei 
empfängliher gemacht wird; 2) das Beizen; 3) das Ausfärben mit Krapyp, u. 
- 4) das Aviviren, Kochen der Waare mit Wafler u. Seife, oder audy mit Ilnn⸗ 
—2 u. ſ. w., wodurch der Ton der Farbe erhöht wird. Das Schwarzfaͤr⸗ 
en, ade im Allgemeinen durch Eiſenſalze mit Gallusfdure halllam Nee N 
sie Galläpfel, Anoppern (ſ. Eiche) x. geſchieht, har beinndere Scymteriak 


Faͤrberroͤthe — Faͤnlniß. 97 


zb es iR namentlich dad Berfahren mit der Seide ein fehr umſtaͤndliches. Die 
Figmente, welche beim %. überhaupt verwendet werden, follen reich an färben- 
vn heilen ſeyn. Vollkommen ächte Farben müffen der Einwirkung des Lichtes 
ı der Luft, wie audy der von verdünnten Säuren u. Alfalien widerſtehen. Man 
sennt Daher die Farben unäcdht, wenn fie an der Luft verfchießen, oder durch 
Saſchen mit Seife, Eifig u. |. w. ſich verändern u. mehr oder weniger verlieren. 
Die Kunft des F.s felbft recurrirt in allen ihren Zweigen auf die Erfahrungen 
ver Chemie; dieſe lehrt die Bedeutung der Belzen, gibt die vortheilhafteftet Me⸗ 
Koden zur Erzeugung ber Farben an u. beleuchtet bie fehlerhaften. Daher 
Ft fehlen tüchtigen Faͤrber wenigftens die nöthigften chemifchen Kenntniffe 
t teblen. . aM. 
Farberrothe, Krapp (Rubia tinctorum), eine Fräuterartige Pflanze aus der 
4 tinne’fchen Glaffe. Der Stengel wird oft mehrere Fuß hoch u. ift je von 4—5 
Blättern fternförmig umwachſen. Die Blüthen beftehen in einem fehr kleinen 
Keldye u. einer fünfz, viers oder dreifpaltigen, gelben Krone u. bilden eine Rispe. 
Die 5. wächst im fühlichen Europa wild und wird in mehren Gegenden, z. 2. 
in Elſaß, Schlefien u. f. w. angebaut. Recht fetter Boden iſt zum Anbaue der- 
\dben am beften; man gewinnt dann auf einem etwa 30 Ellen langen und eben 
ie breiten Felde 2—3000 Pfund Wurzeln, welche als Färbemittel (. Färben) 
nen bedeutenden Hanbeldartifel ausmachen. Die braunrothen Wurzeln müffen 
aber wenigſtens ein Alter von drei uhren erreicht haben, bis fle vortheilhaft 
verwendet werben fünnen. Die befte und farbereichfte Sorte iſt der levantiſche 
oder EmyrnasKrapp, der unter dem Namen Alizart in den Handel fommt. 
Gemahlen unterliegt er vieler Verfälfhung mit Sand, Ziegelmehl ıc., was jedody 
beim Schlemmen mit Waſſer erfannt wird. aM. 
Fäfi, Job. Kafpar, ruffifcher General, geboren 1795, zu Züri, fand 
1815 bei der Belagerung von Hüningen als Freiwilliger im eldgenöfftfchen 
Dienfte u. begab fid) bald darauf mit Empfehlungsfchreiben an den Großfürften 
Konftantin nad) Rancy zur ruf njhen Armee. Gr wurde zum Stabecapitän mit 
Majorsrang bei einem Garderegiment ernannt u. Fam mit demfelben nad) War- 
hau. Beim Ausbruche der polnifchen Revolution befand er fi) zwar nicht da- 
felbit, nahm aber fpäter an dem blutigen Kampfe Ichhaften Antheil. Bald darauf 
emannte ihn Kalfer Nikolaus zum Öencralmaior, übertrug ihm ein Commando 
m Beffarabien und 1834 dasjenige über ein beträchtliche Corps im Kaukaſus, 
wo er 7 Jahre lange gegen die Friegerifchen Bergvolfer mit Auszeichnung kämpfte. 
JIetzt iſt F. Generallieutenant der Infanterie u. Commandant einer Diviflon von 
12,000 Mann in Podolien. C. 
Fäulniß nennt man eine Zerſetzung organiſcher Verbindungen oder Stoffe, 
bie bei Gegenwart von Waffer u. Luft (Suuerftoff), neben einer mittleren Tempe⸗ 
ratur, freiwillig ftatt findet. Je einfacher die Miſchung einer organlichen Verbin⸗ 
dung, je geringer die Anzahl der darin enthaltenen Grundſtoffe iſt, deſto weniger 
it fie der F. unterworfen; dagegen wächst mit der Anzahl der chemifchen Ele: 
mente einer Berbindung auch die Reigung in Faäulniß überzugehen und hiedurch 
fih in andere, einfachere, meift gasformige Verbindungen umzufegen. Vorzugs⸗ 
weite find es die fticfloffhaltigen Körper, welche wegen ihrer großen Beränder- 
lichkeit die F. einleiten und dieſe auch auf ſolche, mit ihnen in Berührung befind- 
lie, Subftangen übertragen, die für fih der Zerfegung hartnädig widerſtehen 
würden. Die Probufte der. F. find im Allgemeinen: Koblenfäure, Waffer, Stid: 
ſoffgas, Amoniak, Kohlenwaſſerſtoffgas und, wenn die organifchen Stoffe aud) 
Phosphor u. Schwefel enthielten, Mengen von Phosphor: u. Schwefelwaſſerſtoff⸗ 
ga8, die einen unerträglichen Geftanf verbreiten. Außer dieſen befindet fi) noch 
unter den Probuften der %. Humus (f. d.). Die Bermefung bat ihren Grund 
in einem einfachen Orydationsprogeffe; hier tritt nämlich eine Zerfegung ſtickſtoff⸗ 
freier, organifcher Körper, 3. B. der Holzfafer, ein, wobei der Zutritt der Luft 
enumgänglih nothiwenbig if. Die Bermoderung dagegen IR zwar eheniali® 
Keelencyclopödie. IV. r 


98 Fagel — Fahne, 
ein Zerſetzungsvorgang ſtickſtofffreier Körper, der aber nur in Gegenwart vo 
Wafler unter gehemmtem Luftzutritte vor fich geht. Fäulnifwidrige Mittel fin 
alle jene, welche den Sauerfloff abzuhalten, oder ſich mit dem organifihen Stof 
zu einer befländigen Verbindung zu vereinigen vermögen; auch höhere und tiefe 
Temperatur wirken gegen die F. Man kann deßhalb genießbare Gegenſtaͤnde ve 
5. entwever bewahren durch: Alkohol, Cffig, Zuder, Kochſalz, Räudyern, Eu 
legen in gefchmolzenes Fett oder Kalfbrei (bei Eiern), — oder, daß man luftdich 
verſchloſſene, vollfommen gefülte Gefäße anwendet, die man kurze Zeit in Tocher 
des MWaffer bringt; der Sauerftoff der dabei eingefhmolenen Luft wird biebur« 
vom Extractivſtoffe der zu confervirenden Gegenflände .verfchludt, ohne daß er b 
den hdhofiheltigen Stoffen die F. bewirken Tann. aM. 
Fagel 1) (Kaspar), geboren zu Harlem 1629; 1663 Rathöpenflonär dx 
felbft u. 1670 Generalfecretär der Generalftanten. Beim Einfalle Ludwigs AT 
in Kr 1672 ward er an der Stelle des ermordeten de Witt Rathöpenftond 
u. hatte großen Theil am Nimweger Frieden 1678, legte diefe Stelle aber nieve 
bekleidete ſ jedoch 1682 bis 87 wieder, verfaßte bei Wilhelms III. Thronbeſtei 
das Manifeſt u. ſtarb 1688. — 2) F. Franz Nico Jl.), Reffe des Vorigen, hollaͤnd 
cher General der Infanterie u. Feldmarſchalllieutenant in oͤſterr. Dienſten, zeichne 
ch in den Kriegen gegen Ludwig XIV., beſonders im ſpaniſchen Erbfolgekriege, au 
befehligte 1704 ein hollaͤnd. Corps in Portugal, dann bei Malplaquet 1709 de 
Iinfen $lügel der Verbündeten, belagerte 1712 le Quesnoy u. zog fich nady dem U 
rechter Frieden 1713 nach Flandern zurüd, wo er fur; darauf als bolländifch: 
General der Infanterte und kaiſerlicher Keldmarfchalllieutenant art. — 3) | 
(Heinrich, Baron von), Sohn eines Neffen von %. 1), hollaͤndiſcher Staat 
fecretär, fchloß 1794 die Allianz zwiſchen Holland, Preußen und England , folg 
dem Grbftatthalter, als diefer die Niederlande verließ, nach England u. “Deutfd 
land u. fehrte 1813 mit Wilhelm I. nady den Niederlanden zurüd, unterzeichne 
1814 als Gefandter in London den Frieden zwiſchen England und den Niebe 
- landen u. blieb bis 1824 in England, warb dann Mintfter des Auswärtigen ı 
farb 1834. — 4) F. (Robert, Freiherr von), Bruder des Vorigen, vertheidig 
1793 und 94 fein Baterland gegen die Zranzofen, begab fi) dann ind Yuslar 
und kehrte erfi 1813 wieder zurüd,. Er ift General der Infanterie und feit 181 
Geſandter in Paris. 
Fagott (italieniſch Fagotto, Bassone, franzöſiſch Basson de Hautbois 
ber Baß⸗Oboe genannt, iſt eines ber fchönften und brauchbarſten Blasinfr 
mente, vol Lieblichfeit und Zartheit, beftehend aus einer acht Fuß langen Röh: 
von Ahornholz, mit ſechs ZTonlöchern für die Singer, mit zwei andern für d 
Daumen, angeblafen vermittelt eines, tin eine dünne Metallröhre (Es genann 
gefedien Rohres, defien Intonation aber fehr ſchwierig u. daher in Reinheit ı 
‚Klang nur felten ifl. Seine Borzeidynung ift gewöhnlich der F.- oder Baßſchlüſſe 
in höheren Tonen aber audy der Tenorjchlüflel, der Umfang vom Contra-A bi 
zum zweigeftrichenen d (4) u. felbft bis a; feine Wirfung ald Begleitungsinftrumen 
weit bedeutender, als im Solo. Um eine Quarte tiefer, wie der gewöhnliche, ſte 
der in Harmonies u. Militär-Muflfen gebräuchliche Duart-%., u. um eine Dctaı 
tiefer der Doppels oder Contra⸗F. Beide erfordern von Seite des Bläfe 
viele Kraft, und nur gehaltene Töne fagen ihnen vorzüglich zu. Der Erfinder de 
8. pi Afranio, ein Kanonifus von Ferrara, fıyn (1539). Stgmund Schnitz 
in Nürnberg fertigte fchon zu Ende des 16. Jahrhunderts ganz vorzüglidye F. 
die häufig fogar nady Stalten und Frankreich verfauft wurden. In neuefter 
iR der F. hauptſächlich von C. Almenröder verbefiert u. bis auf 15 Klappen ve 
mehrt worden. — Außerdem wird %. ein 8 füßiges Drgelie ifter genannt, welch 
nur durch die untere Hälfte des Claviers geht h albirt if). Fagottiſt hei 
der Fagottbläfer. 
ablun, f. Falun. 
abne des Propheten, oder Sandſchak Scheriff, die heilige Sahne d 


Fahnen. 99 


igen, gefertigt aus dem Turban des von Mahomed gefangenen Koreiſchi⸗ 
ar weiß, bis fie durch die ſchwarze aus dem Vorhange vor der Thüre der 
ih, der Lichlingsfrau des Propheten, erfebt wurde. Sie gelangte von den 
en an die türkiſchen Kaiſer. Mit 42 feidenen Heberzügen veriehen u. in 
er Kapſel verfchloffen, wird fie im Innern des Seralls von Emirm bes 
1 ur pet den größten Gefahren des türkifchen Reiches und des Islams 
e enttaltet. 
sabhnen, als Heerzeichen, finden fidy mit verfchtedenen Emblemen bei allen 
m. Man verfteht darunter ein, an einer Stange befeftigtes, jebt meift in 
rat gefehnittenes Stüd Zeug, dad an der Spite der Stange mit einer 
vergoldeten Epige verfehen ift und Truppen zum VBerfammlungszeichen dient. 
ı bei den älteften Volfern kommen %., oder vielmehr auf einen Stod befeftigte 
ichen von Holz, Metall ıc. vor, Dur deren Erhebung man das Seien 
Borrüden, durch ihr Senken das Zeichen zum Rüdzuge gab, Die He 
re Tannten fle u. Moſes gab, als er die Israeliten in 4 Heere theilte, jenem 
en ein befonderes Sinnbild: fo den Stämmen Juda, Iſaſchar, Sebulon 
Löwen; den Stämmen Ruben, Simeon, Gab einen Menfchen 1. Das 
schen der Berfer war ein goldener Adler auf einer Lanze; die Feldzeichen 
egypter befanden größtentheils in metallenen Thier⸗, fpäter aud) Götter» 
n. Die Griechen kannten weber F. noch Feldzeichen im Heere, nur an 
en kommen fleine F. als Flaggen vor. Die Römer führten frühe fchon 
ichen (signum); dad Zeichen der Legionen befland in einem, auf einer 
befeftigten Adler (Aquila), over aus andern Thierbildern, die der Cohor⸗ 
us den verfchtedenften Zeichen, ebenfalld an Stangen befefligt. Die eigent- 
F. (flammula) ward erft fpäter eingeführt u. nur die Reiter führten fi. Sie 
von verfchtevener Yarbe, meift purpurrotb mit Gold. Während bei der 
wmla das Kahnenblatt flatternd an dem Fahnenſtabe hing, waren bei dem 
kum (bandum) die Ränder gefteift, und die Kahnenblätter hingen rahmartig 
er Kahnenfpige u. gaben fo der Oriflamme (f. d.) der chriftlichen Kirche das 
el. Die Träger ver Yeldzeichen hießen Signiferi, die der Reiterei F. 
iNarii, bandiferi). Das Senfen der 5. u. Abnehmen der Bilder auf denfelben 
in Zeichen der Unterwürfigfeit. Ueber das Fahnenweſen bei den Römern ftehe 
nd „Das Wappenwefen der Griechen u. Römer.” Die Germanen führten 
wahrfcheinlich Thierbilder anf ihren Heerzeihen. Die F. der Deutfchen 
Rittelalter waren, neben den Schildern, Kennzeichen für fie u. daher ihre 
m verfchieden: fo war Dietrich8 von Bern %. weiß u. golden, dazu mit 
en Schellen behangen, Ermrichs F. ſchwarz, golden u. grün. Im ſpaͤ⸗ 
Mittelalter gehöfte die Lanze mit dem Fähnlein zur Ausrüftung des Rit⸗ 
dafielbe enthielt die Wappenfarbe u. das Wappen des Ritterd u. ed war 
1 defien Kennzeichen, ald auch der Anhaltspunft für die Reifigen im Kriege. 
Allgemeinen tragen nun die F. der europäiſchen Bölfer dad Wappen 
Kürften und die Nationalfarben. Oft find fie mit Inſchriften verfehen, bie 
wf den Zwed des Krieges beziehen in dem fie geführt werden. Das fran- 
he Katferreich führte Feine F., fondern Adler. Jedes Jegiment führte einen 
nen Adler auf einer Furzen, reidy verzierten Stange Mit dem Falle Nas 
nd wurden dieſe Adler durch F. mit Pillen verbrängt, fpäter durch dreifar⸗ 
5. mit dem gallifhen Hahn. — Im Mittelalter verftand man unter F. oder 
nlein einen Haufen Zußvolf oder ein Cornet (Schwadron) Reiter von ver- 
ıener Stärke, weßhalb die Angaben der Altern Schriftfteller, weldye gewöhnlich 
F. zu rechnen pflegten, über die Stärfe der Heeredabtheilungen —* unbe⸗ 
ıt find. — Bor der F. als militäriſchem Ehrenzeichen werden die höchſten 
ärifchen Honneurs gemacht und da, wo fie aufbewahrt wird, ſteht auch eine 
ldwache. Früher wurden die %. nur vor dem Landesherrn gefenft, gegen- 
ig vor jedem höhern Offizier, der eine ‘Parade abnimmt ober eine Truppe 
rt. — Stets wurde der 5. eine außerordentliche Derehrung „on den Sol⸗ 


u y . 
Dminnraın 


400 Fahnenjunker — Fahrende Artillerie. 


daten erwieſen. In Gegenwart der enthuͤllten F. ſchwoͤren die Soldaten bei 
ihrem Eintritte im den Dienft den Eid der Treue (F.⸗Eid) u. zugleich, fie nte 
zu verlaffen. Deßhalb werden neue $. den Truppen, durch eine folenne %.- Weihe, ' 
die durch den Feldgeiftlichen in Gegenwart der paradirenden Truppe, für die die F. 
beftimmt ift, gefchtebt, übergeben. Jeder Offizier fchlägt einen Ragel, w 
das Blatt an der $.- Stange befeftigt ift, ein; eine Deputation von Nirnmtlichen 
Sergeanten, Unteroffizieren, Gefreiten und Gemeinen thut din Gleiches. Die $. 
dient auch dazu, um durch Schwenfen (%.-Schwenfen) das Stäbchen ober‘ 
ea Fra ansdchige Perſon wieder ehrlich zu machen. — Ueber die Kirchen: 
fahnen f. d. Art. | 

Fahnenjunker, früher Unteroffizier oder gefreiter Eorporal, zum Tragen ber 
Fahne beftimmt, jest ſoviel als Fähnrich (f. d.). \ 

—I ſ. Lehen. Bu 

abnenfchmied heißt der bei der Cavalerie u. Artillerie befindliche Schmied, : 
welcher dad Beichlagen der gefunden Pferde u. die Heilung der erkrankten zu beforgen - 
hat, auch im Allgemeinen Kurfchmied genannt. Gegenwärtig unterfcheldet man 
in diefer wichtigen Charge folgende Kategorien: Thier- oder Roßarzt, Kurfchmieb, 
Hufſchmied, Beſchlagsſchmied u. bei der Artillerie auch noch Zeugfchmien, welcher 
Icgtere die Reparatur ſchadhafter Fuhrwerke zu beforgen hat. 

Fahnentrupp (Zahnenmarfch) wird ein von den Tambours oder Trom⸗ 
petern nad) gewiſſen Rythmus gefchlagener oder geblafener March beim Abholen 
oder Abbringen der Bahnen und Standarten von oder nad) dem Quartiere ober 
Lager, wo fe aufbewahrt find, genannt. Auch nad) der Beftattung eines Kries 
gers verläßt die fogenannte Leichenparade den Kirchhof mit dem F. 

Fahnenwache heißt die zur hung einer Sahne commandirte Marn- 
ſchaft, fo 3. 3. in Lagern und Bivouaks. Es werden gewöhnlich zwei Schild- 
wachen dabei aufgeitellt. Diefe Wache pflegt nur vor dem Striegäheere, ven 
Bringen u. Prinzeſſinen des fürftlihen Haufe u. dem commandirenden Generale 
ins Gewehr zu treten. 

abnenweihe, f. Fahne. 
Fadr, Benedictinerabtei im Aargau (Schweiz) an der Limmat, 2 Stun: 
‚den von Zürich, 1130 von dem Freiherrn Luitpold von Regensperg gegründet u. 
an das Kloſter Einftedeln gefchenkt, doch mit dem Vorbehalte, daß die Klofter 
voigtei Immer auf den Melteften feines Haufes falle. Das Klofter ward 1841 
bei der befannten Aargauer-Klofterfäcnlarifation aufgehoben. S. d. Art. Aar⸗ 
gauer Klofterfache. | 

Bahrende Artillerie heißt diejenige Artillerie, bei Kar die Bedienungsmann⸗ 
ſchaft weder reitet (reitende Artillerie), noch zu Buße geht ($ußartillerie), 
fondern auf befondern Wagen — 35— wird. Dieſe Wagen heißen Wurſtwagen. 
Auf die Conſtruction der Geſchühzröhren hat dieſe Einrichtung begreiflicher Weiſe 
feinen Einfluß; häufig aber auf die der Laffetten. Es kann nämlich die Bedie⸗ 
nungsmannſchaft untergebracht werden: 1) auf Wurftlaffetten. Diefe find länger, 
als die gewöhnlichen Wanblaffetten u. haben In der Mitte einen Kaſten mit ger 
polftertem Dedel, Worauf ein Theil ber De hlemungemannfchaft fitzt. Diefe Con⸗ 
ſtruction erſchwert die Geſchütze, verringert deren Beweglichkeit u. bietet dem feind⸗ 
lichen Feuer eine größere Zielſcheibe dar, als dieß bei gewöhnlichen Wandlaffetten 
der Hall if. 2) Auf Wurfimunttionswagen. Hier iſt die Einrichtung des Ge 
joühe® unverändert; nur auf dem ‘Proßfaften finden 2 Mann Piatz. Dagegen 
ſt der Munittonswagen zur Aufnahme der Bedienung vorgerichtet. Diefe Ein. 
richtung vermeidet die Nachtheile der norhergehenben Art, trennt aber die Bedie⸗ 
nung von dem —2— Bel der Fußartillerie hat dieß keinen Nachtheil, da 
dieſe demnach ſchneller ſich bewegen wird, als zu Pferde; ein Erſatz der reiten⸗ 
den Artillerie iſt aber hiedurch nicht moͤglich. Vgl. die Schriften von Jacobi, 
Sdambom u, Rouvroy. 


Bahrende Babe — Fairfar. 101 


Fahrende Babe, audy Fahr niß, iſt nad, dem deutſchen Rechte eine Be⸗ 
uchnung aller beweglichen Güter oder Mobilien, im Gegenfage der liegenden Gründe, 
Fabrenbeit, Gabriel Daniel, der Verbeſſerer der Thermometer u. Baro⸗ 
seter, gegen Ende des 17. Jahrhunderts in Danzig geboren, war für den Han» 
xiſtand beflimmt, wendete ſich aber aus Neigung dem Studium der praktiſchen 
Rerurwiflenfchaften zu u. wurde Verfertiger phyfifalifcher Inftrumente. Nachdem 
a Deutfdyland u. England bereist hatte, ließ er fidy in Holland nieder, wo bie 
krühmteften Männer feines Faches feinen Umgang ſuchten. Die Berfertigung 
von Wettergläfern führte ihn auch auf die Anfertigung von Ihermometern; es 
lang ihm, Inftrumente mit ganz übereinftimmendem Gange zu conftruiren, deren 
ma er 1714 an Wolf fchidte, welcher feine Bewunderung öffentlih ausſprach. 
Kıfangs bemügte er erft Weingeift als thermoftopifche Ylüffigfelt, biß er auf die 
Ice Fam, fidy ſtatt defien des Duedfilberö zu bedienen, wodurch die Inftrumente 
mgemein an Genauigkeit gewannen. Dabei nahm er die Kälte im Winter 
1209 zu Danzig als den höchften möglichen Grad feiner Skala an. Er ent 
xedte, Daß der Gefrierpunft des Waſſers keineswegs eine unter allen Berhältnijs 
; a unveränberliche Größe ſei, fand vielmehr, daß ganz ruhig fichendes Waſſer 
: mem, unter dem gewöhnlichen Gefrierpunkte Legenden, Kältegrade ausgeſetzt ſeyn 
bnne, obne in den feften Zuſtand überzugehen, daß aber dann bei der geringften 
: erkbütterung fi) ſogleich Eiskryſtalle bilden, u. deßhalb bezeichnete er den Siede⸗ 
: zunft des Wafſers mit 212°, den Gefrierpunft aber, dem O des Roͤaumur und 
‚ Gelius entfprechend, mit 32°. Ferner conftruirte er auch ein Aräometer, weldyes 
das Borbild für die fpätern von Tralles, Nicyolfon, Eharles geworben tft; feine 
Naſchine zum Austrodnen überſchwemmter Ländereien, auf die er von der Res 
‚ gierung der Niederlande ein ‘Brivilegium erhielt, konnte er nicht vollenden, da ver 
Tod ihn ereilte, 1740. Die »Philosophical Transactions for 1724, 33 Vol 
: enthalten 5 Abhandlungen von ihm. 
abrten, beim Bergbau Leitern, worauf man in die Gruben fteigt. Gie 
find 12 Glen lang. Fahrſchacht heißt eine Schacht bloß zum Eins u. Aus; 
fahren der Bergleute, im Gegenfage zur Foͤrderſchacht, in ver die Erze herauf 
oder zu Tage gefördert werben. 

Hain, Agathon Jean Fred., Baron von, erſter Geheim-Secretär Na- 
voleond, geboren 1778 au Paris, erhielt ſchon 1794 eine Anftelung im Militär- 
ausſchuße des Nationalconvents, ward 1799 Divifionschef der Archive, dann 
Etagidjecretär u. kam 1806 in das abinet des Kaiſers. — Im Jahre 1809 
zurde er zum Baron ernannt. 1813 ward er geheimer Secretär des Kuifers, 
Kin ganzes Vertrauen er genoß u. den er auf allen feinen Zügen bis zur Ab- 
ynkung in Sontainebleau, wo er die Abdicationsafte entwarf, begleitete. Die 
Relauration raubte ihm feine Stelle als Vorſteher des franzöflfchen Archive ; 
doch trat er nady Rapoleons Rückkehr wieder in feine frühere Stellung. 1815 
ward er auf ganz kurze Zeit zum Staatdjecretär ernannt. Nach der zweiten 
Reſtauration lebte er ohne Anftellung bis 1830, wo er erfter Kabinetsjecretär 
des Könige Ludwig Philipp u. fpäter Intendant der Civilliſte, Staatsrach und 
Großoffizier der Ehrenlegion ward, Wichtig find feine „Manufcripte” vom Jahre 
1814 (Baris 1823), vom Jahre 1813 (2 Bde., ebend. 1824), vom Jahre 1812 
(Paris 1827) u. 9. 

Fairfax, Thom., Lord, General der ‘Barlamentötruppen in England zur 
Zeit der Bürgerfriege unter der Regierung Karls I., geboren 1611 zu Denton 
m der Grafſchaft Dorf, flubirte zu Cambridge, diente dann als Freiwilliger in 

olland unter Lord Bere u. ward beim Ausbrudye des Bürgerfrieged in feinem 
aterlande vom Parlamente zum General der Reiterei . ernannt. Gr zeichnete 
kh durch Tapferkeit, Klugheit u. Thätigfeit fo rühmlidy aus, daß ihm 1645 an 
des Grafen von Ejjer Stelle der Heerbefebl mit der Vollmacht übertragen wurde, 
De jeine @enerale felb zu ernennen. Bald gewann Cromwell, ver ihm mit 
Km Titel eines ©enerallieutenants beigegeben war, den audgevehnteiten Eintus 






‚Zn ppietew 


om 


402 Fakir — Falernum. 

über ihn, u. auch fpäter ließ er ſich noch manchmal von ibm beherrſchen, ſo z. B. 
bei der Stürzung des Parlaments, obgleich er allen äußerſten Schritten abge⸗ 
neigt war und den König mit Achtung behandelte, auch fpäter zu retten ſuchte. 
Dennody blieb er aber auch nach des Könige Tode auf Seiten des Parlaments, 
bis er, als ihm die Stellung des Aufftandes der. fchotttichen Presbyterianer aufs 
getragen wurbe, in den PBrivatftand trat. Bei der Reftauration begab er fid) : 
nad Holland, um Karl II. Glück zu wünfchen u. fühnte fidy mit diefem Yürften : 
völlig aus. Er farb 1671 und hinterließ eine intereſſante Selbfibiographie - 
(London 1699). ; 

Falir, nach dem Arabifchen ein Armer. Es ift übrigens auch die Benens . 
nung der mohamedaniſchen Dermwifche (f. d.), fo wie auch ver Büßenden 
oder Sanjaſſis (Entfagenden) in Indien. *_-.b, 

Falck 1) (Anton Reinhard), geboren 1776 zu Utrecht, in Amſterdam 
und Göttingen gebildet, begann feine Laufbahn als Advocat in Amfterdam, 
war 1802 — 1806 Gefandtfchaftöfecretär in Madrid und trat 1808 als Ges 
neralfecretär in das Departement des Geeweiend und der Golonin. Im 
Sabre 1813 war er als Hauptmann die Seele der Amftervamer Bürgers 
wehr und war nad der Rückkeht des Prinzen von Dranten in dem höchſten 
Staatsdienfte u. diplomatiſchen Sendungen (1819 u. 1820 nad) Wien), 1830 in 
der Trennungsfrage Belgien u. Holland thätig. Nach einigen Jahren der Ruhe ging 
er 1841 als erfter niederlänvifcher Gefandter nach Brüffel, wo er 1844 flard. — 
2) E. (Niels Nikolaus), geboren 1784 zu Emmerlef (Schleswig), feit 1814 
Lehrer des Rechts in Kiel, wo er durch Lehrergabe und Schriften, deren bedeus 
tendfle die Staats⸗ u. Rechtsgeſchichte Schleswigs u Holfteind betreffen (darun⸗ 
ter „Handbudy des fchleöwig -holfteinifchen Privatrechts“, 4 Bde., Altona 1825 
—40), Vi einen auögebreiteten Ruf erworben hat, wirkte zugleich feit 1815 für 
die Wiederherftellung der alten, auf Privilegien des Adels gegründeten ſchleswig⸗ 
holfteinifchen Verfaſſung. Rad der Einführung ver Provinztalftände, warb er 
von der Regierung 1835 und 1836 zu denfelben gefenvet, nahm auch 1838 ben 
Bräffventenftubl en nenlgte aber den Erwartungen der Liberalen nicht. 

Falconer Bil tam), geboren um 1730 zu Edinburgh, ging frühe zur 
See und gründete, nachdem er Fr 1751 den Tod des Prinzen Kriedrich von 
Wales befungen hatte, feinen Dichterruhm auf das Gedicht „Der Schiffbrudy® 
welchem eigene Erfahrung zu Grunde lag. Er erwarb fich dadurch Die 
der Herzogd Eduard von Dorf und flieg zum Schiffszahlmeifter, ald wel er 
1769 in den indiſchen Meeren mit dem ganzen Schiffe verunglüdte. Sein Vers⸗ 
bau ift harmoniſch und die Befchreibung naturgetreu. Gefchägt {ft fein Lericon 
von Seeausprüden (Universal marine dictionary, zuletzt London 1809). 

Balconet (Etienne Maurice), berühmter franzöftfcher Bildhauer, ge 
boren 1716 in der Grafſchaft Vaud, durch Lemoine zu Paris, wo er Lehrling 
eines Holzfchneiverd war, gebildet, ſchuf die herrliche Statue des Milon von 
Kroton, und in Petersburg 1766 die meifterhafte große Reiterftatue Peters des 
Großen. Andere Statuen von ihm find: Pygmalion, Amor, die Badende, ein 
Chriſtus ꝛe. Er ftarb 1791 zu Paris. Seine Schriften über alte u. neue Bild⸗ 
hauerkunſt erſchienen zulegt in 3 Bänden, Parts 1808. 

Falerii, Stadt in Hetrurien, nahe am Tihris, jetzt St. Marta di Fu 
lari. 394 v. Ehr. wurde eine Schladht den Einwohnern diefer Stadt von M. 
Furius Camillus geliefert; die Falis ker flohen beim erſten Anrüden der Römer, 
verloren viele Mannſchaft n. ihr Lager. Camillus belagerte hierauf F., das er 
dadurch, daß er den verrätherifchen Sugendlehrer, der ihm die Kinder der Kalte 
fer überliefern wollte, durch diefelben gebunden zurückſchickte, ohne Blutvergießen 
in feine Gewalt befam, Die Stadt wurde nun römtfche Colonie mit vollem 
—— und dem Beinamen Junonia Faliski. Einige ſuchen fie in 

Civita Eaftellana. 
Faleraum, Gtabt in Latium, im Gebiete der Volsker. Ihr Gebiet hieß 





Falleri — Falk. 403 


hernus ager, bie falernifche Gegend, in Campanien zwiſchen Cales und 
Etnuefia, um das Gebirg Falernus (Mafficud), das von Sinuefla aus 
zen Mitternacht und Morgen lief. Hier wuchs der berühmte Wein, Falernum 
mem (Falerner Wein), Massicum v., ein Musfatellerwein. Die geſchätz⸗ 
we Eorte lieferte der Faustianus ager, der fidy ſüdlich unter den F. a. am öft- 
! iien Abhange des mons gegen Sinueffa hinzog. Diefem fland der Gaurionum 

usum u. dieſem ber eigentliche Falernum vinum nad). Der Wein, der jept in 
neier Gegend gefeltert wird, gehört nicht unter die vorzüglichften. 

Falieri (Marino), der berühmtefle unter ven drei venetianifchen Dogen 
rieſes Ramens, geb. 1278, wurde 1354 zur Dogenmwürbe erhoben, u. war ſchon 
1316 Befehlöhaber der Truppen der Republik bei der Belagerung von Zara, wo 
a einen glänzenden Sieg über den König von Ungarn erfocht, dann Gefandter in 
Omua u: Rom. — Gatte eines jungen ſchönen Weibes, wachte er mit Cifer⸗ 
wchr über feinem Schage, und fein Werbacht fiel” beſonders auf einen Patrizier, 
Richel Steno, einen der drei Präftventen der Bierzig, defien Aufmerkſamkeiten 
jedoch nicht fowohl der Gemahlin des Dogen, als vielmehr einer der Damen 
ired Gefolges galten. Bei einem öffentlichen Fefte bemerkte F. eine bid zur Unans 
kindigfeit gehende Vertraulichkeit zwifchen Steno u. dieſer Dame u. wies biefen 
as der Geſellſchaft. Zorn⸗ u rachefüchtig fchrieb der Beleidigte auf den Thron 
des Dogen einige Zellen, die hämiſch auf die Treue der Dogareffa anfpielten, 
Ter Doge forderte ftrenge Beftrafung des Thäters; der Rath der Bierzig, dem 
die Sache übermwiefen wurde, entichled aber mild u. erfannte nur auf einmonats 
liche Gefängnißſtrafe. Nun wendete fih 5.8 Zorn gegen die Vierzig u. die Ari⸗ 
Rofratie überhaupt. Gr bildete mit dem Bürgerflande eine Verſchwörung, um 
an einem beftimmten Tage, wozu der 15. April 1355 beflimmt war, alle Sena- 
soren und alle Robili zu ermorden; allein am Borabende der Ausführung wurde 
die Sache durch einen Berfchworenen, Namens Bertrand verrathen u. der Doge 
mit den Berfchworenen verhaftet, vor eine Junta geftellt u. am 17. April 1355 
bingerichtet. Sein Charakter ift hiſtoriſch treu gezeichnet in Byrons Trauerfpiele 
„Falieri“; E. 3. M. Hoffmann verarbeitete den Stoff in einer meifterhaften No: 
le „Doge u. Dogareffa” in den „Seravionsbrüdern ;" auch Delavigne brachte 
1929 F. al8 Helden eines Trauerfpield auf die Bühne. 

Halt, Joh. Daniel (psend. Johannes von der Dftiee), geb. 1770 zu 
Danzig, Sohn eines Perückenmachers, bilvete fi unter fehr ungünftigen Um- 
Aimdın, da fein Vater äußerſt arm war, ftudirte endlich in Halle Philologle u. 
nexere Literatur u. ging 1793 nach Weimar, um dort als Privatgelehrter unab- 
kangig au leben. Durch Wieland empfohlen, erhielt er nad) der Schlacht bei 
Ima eine Anftellung bei der franzöflfchen Behörde daſelbſt, fliftete durch feine 
Bermittelung zwifchen diefer und feinen Mitbürgern großen Nutzen, warb dafür 
1506 zum Yegationsrathe mit Gehalt ernannt, gründete den Verein der Yreunde 
in der Roth für die Bildung verlafiener u. vermilderter Kinder u. farb 14. Febr. 
126. F., der in verſchiedenen Fächern der Literatur fidy verfuchte, ward am 
befannteften als Satyrifer, obwohl er als folcher ohne höheren Aufſchwung ift. 
Scharf urtheilt Hildebrand über ihn, wenn er unter Anderm fagt: „Seine faty- 
riichen Productionen befunden mitunter geiftreihe Auffaffung, Gewandtheit der 
Behandlung, Selbftfländigfeit des Urtheils bei einem gewiſſen Grade der Phan⸗ 
tafte, u. hinlänglichen Freimuth; allein F. konnte feine Lebensanfichten um feinen 
feften perfönlichen Mittelpunft fammeln u. deßhalb audy zu feiner rechten Conſe— 
auenz u. Bediegenheit in der fatyrifchen Kunft gelangen. Eitelfeit u. eine gewiſſe 
Oberflächlichkeit der Bildung trieben ihn mehr und mehr zur literarifchen Ge⸗ 
fhwägigfeit, an der er audy im Umgange litt. Er wurde mehr u. mehr klein⸗ 
Rüdriiy-plauderhaft u. fiel zuletzt von ſich felber ab, indem er derſelben pietiftis 
ſchen Dämmerunggfeligfeit anheimfam, welche er einft in feinem ſatyriſchen Drama 
„die Uhue“ (1797) nicht ohne ariftophanifchen Anftridy verfpottet hatte.” Wir 
haben von ihm: Die Gräber von Rom u, die Gebete, Lpz. 1796. Der Menſch 


104 . Falke — Falkenftein. 


u. die Helden, daſ. 1798. Taſchenbuch fuͤr Freunde des Scherzes u. der Sa⸗ 
tyre, Weimar 1797 - 1803. Swifts u. Arbuthnots vorzüglichſte prof. Schriften, 
Leipzig 1798, 6 Bde. Prometheus, Tübingen 1803. Amphitruon, Halle 1803. 
Leben, wunderbare Relfen und Srrfahrten bes Joh. v. d. Oftfee, Tub. 1805 f. 
Deeaniden, Amftervam 1812. Claſſiſches Theater der Engländer u. Franzoſen, 
daſelbſt 1812. %.8 Liebe, Leben u. Leiden in Gott (zwei Gedichte zur Reformas 
tionszeit, herausgegeben von A. Wagner), Altenburg 1817. %.8_ auserlefene 
Schriften, herausgegeben von A. Wagner, Leipzig 1818, 3 Bde. Das Bater- 
Unfer in Begleitung von Evangelien u. uralten chriftlichen Ghorälen, daſ. 1822. 
Sämmtliche Werke, Leipzig 1826, 7 Bände. Goͤthe aus perſoͤnlichem Um⸗ 
gange bargehent daſelbft 1832. 2. A. 1836. Bolföfpiegel zur Lehre und Wars 
nung, daſelbſt 1826. ' x. 

Falke (Falco) ggamilie aus der Drbnung der Raubvögel. Der Schnabel 
der EA it von der Wurzel aus bogenförmig gefrämmt, an der Wurzel mit einer 
Wachshaut verfehen. Kopf u. Hals find dicht mit Federn befleivet. Hierher ges 
een: der Steinabler, der Hühnerhabicht, der gemeine Buffarb u. der and» oder 
&länd. F. (F. candicans), welcher im gemeinen Leben fchlechthin F. heißt, Er 
wird 20—22 Zoll hoch, fein Gefieder fpielt Ins Weiße u. erhält durch viele dun⸗ 
felbraume Flecke eine befonvere Zierbe; die Küße find flarf u. gelb gefärbt. Das 
Baterland des Jagd⸗F.en iſt ver Norden von Europa, befonders Island, wo er 
in Kelfenrigen Horftet. Selten und nur im Winter verirrt er ſich nach Deutfchs 
land. Die Sitte, Bögel durch abgerichtete F. zu jagen, gehörte im Mittelalter 
zu den DBergnügungen der Fürften u. Ritter, war befonderen Geſetzen unterwors 
fen u, —* kunſtmaͤßig ausgebildet. Noch jung wird ver F. aus dem Neſte ge⸗ 
nommen, durch Hunger zahm gemacht u. fein Naturtrieb unterdruͤckt. Wenn er 
fih an die Stimme des Jaͤgers gewöhnt hat, nimmt ihn diefer mit ins Freie, 
zieht ihm die Kappe ab, mit welcher bisher der Kopf bevedt war und gibt ihm 
8 freſſen. Hierauf lehrt man ihn nach dem Raube fliegen, zuerſt an der Leine. 

a dieſes Geſchaͤft ſehr viel Zeit u. Geduld verlangte, fo wurden gut abgerich⸗ 
tete F.en mit außerorventlich hohen Summen bezahlt. Am beliebteflen war die 
Jagd auf Reiher (Reiherbeize). Um ven F. adcnttipgen, wenn er ſich ver⸗ 
flogen hatte, wurde ihm das fogenannte Federſpiel, ein höfzerner, mit Federn bes 
dedter, roth angeftrichener Vogel zugeworfen. Während die F. en⸗Jagd im Mits 
telalter allgemein verbreitet war u. in fo hohem Anfehen fand, dag an Höfen 
der Oberfalfenmeifter mit feinen Falkenieren eines ver wichtigften Aemter beklei⸗ 
dete, verlor fie, vorzüglich feit Erfindung des Schießpulvers, allmälig fehr an 
Theilnahme, u. ift in neuerer Zelt an einigen Höfen nur noch als @urtofität zus 
weilen wieder hervorgezogen worben, 

Falkenſtein, 1) ehemalige Grafichaft in der Schweiz, deren Gebiet inner: 
halb der Graänzen des jetigen Cantons Solothurn lag. Die Dynaften von F. hats 
ten ihren Sitz auf dem Schloffe Alt⸗F., furben zu Ende des 14. Jahrhunderts 
aus, worauf die Allodialerben das Laͤndchen 1402 an Solothurn verkauften. — 
2) F., Herrichaft am Harze, zwifchen Halberftadt u. Mansfeld. Rad) dem Aus⸗ 
fterben threr alten Eigentoämer 30 lberſtadt die Landeshohelt an ſich; die 
Güter fielen an die Grafen von Afleburg, in deren Befige fie ſich noch befinden. 
Die HM.e Burg gleiches Namens, einft der Sig derer von %., im Mansfelver 
Gebirgsfreife des preußifchen Regierungsbezirkes Merfeburg, 4 Stunde vom Selle⸗ 
thale, auf einem Berge im Walde, ift größtentheild noch erhalten u. gewährt eine 
weite Ausſicht. Einer unverbürgten Sage aufalge fol Epfow von Repfow 
ter den Sacdhfenfpiegel verfertigt haben. Auf diefe Burg %. bezieht fih auch 

ürgers berühmte Ballade: „Des Pfarre Tochter von Taubenhain“ (Pausfeld). 
—* Zurgen dieſes Namens finden ſich noch in Württemberg, Baden, Bayern, 
am ne u. f. w. 

Falkenſtein, Chriſtian Karl Konftantin, hiſtoriſcher Schriftfteller, ges 
boren 12, Roy. 1801 auf dem Forfihaufe Wohlfahrtömarkt in Baden, Tam In 


Faltlandsinſeln — Fall, 105 


früher Jugend mit feinem Vater nach Solothurn, wo biefer als Oberförfter ans 
geRellt wurde u. das re t erhielt, bildete fih zu Solothurn und 
auf deutfchen Hochfchulen, u. war Erzieher zu Wien, Prag u. Dresden. Seit 
1825 Bibliotheffefretär zu Dresden, fam er 1835 als Oberbibliothefar an des 
verſtorbenen Ebert's Stelle, erhielt den Hoftathstitel, 1839 von der Univerfität 
Leipzig, das Ehren⸗ Doctordiplom der Philofophte und mehre Orden, darunter 
andy 1844 von Gregor XVI. den Syivefler-Orden. Bon feinen Schriften find 
befonber& anzuführen: Thaddaus Kosciuslo nach feinem Öffentlichen u. Häusli- 
den Leben“ (Leipzig 1827, 2. Aufl. 1834), „Geſchichte der geographifchen Ent- 
befungsreifen“ (5 Bbe., Dresden 1828— 29), „Geſchichte ber drei wichtigſten 
Nitterorben des Mittelalter, Templer, Johanniter, Marianer“ (ebend. 1833. 2 
Be.) u. „Befchreibung der Föniglichen öffentlichen Bibliothek in Dresden“ Cebend. 
1839). Er gab aud) „Ch. A. Tiedge's Leben u. poetiſcher Nachlaß" (Lpz. 1842, 
4 Bände) heraus. L. 
Foaltlaudoinſeln oder malouinifche Infeln, ein Archipel im ſüdatlan⸗ 
gen Ocean, 60 Meilen von ver Dfiküfte Patagoniend entfernt, nicht weit 
vom jange in die Magelhaend Straße, zwiſchen 40° — 45° weft. 2. u. 51° 
bis 53° fühl. Br., beftcht aus den 2 größern Infeln Offalfiand u. Weffalkiand 
u. etwa_90 Heineren Eilanden, die alle zufammen 3—400 [IM. Fläcyeninhalt 
haben. Of: u. Weft-$. find durch den Garlisle (Falkland) Sund von einander 
yamatı jene iſt 17 Meilen lang u. 10 Meilen breit, diefe 22 Meilen lang und 
4 Meilen breit. Durch feine Lage an der großen Handelsſtraße von Europa 
nach der Werküfe von Amerifa hat der Archipel eine gan befondere Bedeutung. 
Der Boden if Belfen, mit fruchtbarer Erde bebedt, bringt aber wenig nupbare 
Brobufte hervor. Der Graswuchs iſt Außerft üppig, dagegen aber völliger Mans 
H an Baͤumwuchs, u. diefer Umſtand trägt Gauprfächtl audy die Scun, (3 
Ather noch Feine Kolonifation gelungen if. Auf OR-%. liegt der 2400 5. hohe 
Berg Usborn. Das Klima iſt gemäßtgt, die Temperatur fehr gleichförmig; milde 
Winter, üble Sommer, mittlere Jahreswärme 84°. Weizen foll nicht reifen, 
dagegen auf der Öfl. Infel Flachs fehr gut gedeihen; andere, zum Theile eßbarc, 
Wangen gibt es in Menge u. Kartoffeln gedeihen herrlich. Kinder, Pferde und 
Schweine, weldye die Engländer u. Spanter hieher brachten, find verwilvert und 
nftere haben fidy zu großen Heerden vermehrt; auch Füchfe u. Kaninchen finden 
Rh. Zahlreich find die Wallfifche in diefer Gegend, u. die Infeln dienen, da fie 
viele fihhere Häfen haben, den auf den wenfifhiung nady den antarftifchen Mees 
ten 1 gaben Schiffen zur Sicherheitöftation. — Die F. wurden 1593 entbedt; 
1760 gründeten die Franzoſen auf Oſt-F. eine Eolonie Ct. Louis, traten fie 
aber 1767 an Spanien ab, welches fie fpäter ganz verließ u. 1780 an England 
abtrat. Diefer Staat benügte die Erwerbung nicht, dagegen legte die Republif 
Buenos-Ayres eine Eolonte an, welche aber 1831 von den Rordamerifanern aufs 
gehoben wurde. Seit 1832 hat nun England von den Infeln wieder Befig er» 
griffen u. auf Weſi⸗F. cine Colonie unter einem eigenen Gouverneur gegründet, 
die über 100 Köpfe zählt u. noch befteht. Ow. 
Fall, die Bewegung, vermöge deren alle Körper von geringerem Maflenge- 
halte, die ſich über der Oberfläche eines größern Körpers befinden, nach dem Mit- 
telpunfte des letztern Hinftreben. Ste ift Folge des Uebergewichts an Kit, wo⸗ 
mit ein größerer Körper einen Heineren anzieht (Schwerkraft), u. kann daher nur 
da wirflidy eintreten, wo der eine von zwei Körpern den anderen an Maffengehalt 
bedeutend übertrifft, diefer letztere aber durch Nichts gehindert iſt, der Attraktion 
des erſtern zu folgen.— Der freie F. der Körper erfolgt nach gewiflen Geſetzen. 
Das erfie Hauptgefeh if: feine freie Bewegung nad der Erde, oder 
fein 8. ift gteic Förmig befchleuntgt. Denfen wir uns einen äußerſt klei—⸗ 
nen Zeitraum, z. B. den zehnten Theil einer Sekunde, fo treibt die Schwere den 
fallenden Körper im erflen Zehntel durch einen Kleinen Raum, etwa durch den 
jehnten Theil ver Länge eines Stabes von einer beftimmten Länge, Weun von 


106 Sal. 


nun an auch bie Schwere nicht mehr wirkte, fo ginge doch ber Stein in berfels 
ben Richtung nach der Erde hinab, und dieß vermöge feiner Trägheit, weldye mit 
fih bringt, daß einmal in Bewegung gefester Körper nicht eher zur Rube 
fommt, bis eine hinlaͤngliche Kraft ihm entgegen wirkt. Die Schwere hört indeß 
bet dem fallenden Körper nicht auf zu wirken, folglih muß er in jedem Augen⸗ 
blicke des Falles einen neuen Stoß durch fie erhalten, was die Folge hat, daß er mit 
befchleunigter Bewegung fortfährt zu fallen. Wenn er in dem erſten Zehn» 

- tel der Sekunde durch 1 Zehntel des beftimmten Raumes fiel, und ohne Schwers 
fraft im zweiten Zehntel der Zeit, bloß vermöge feiner Trägbeit, durch das zweite 
Zehntel ded Raumeß gefallen wäre, fo wird ernun, da die Schwere zugleich mit⸗ 
wirft, durch 2 Zehntel des Raumes, im dritten Zehntel der Sefunde durdy 3, im 
vierten durdy 4 und im lebten durch 10 Zehntel, d. 1. durch den Raum der gans 
zen Gtabedlänge fallen. — So fährt er nun fort in der zweiten Sekunde, die 
man wieder in 10 Theile getheilt denken kann, im erften Zehntel 11 Zehntheile 
des Stabes, im zweiten 12 und im zehnten 20 Zehntel Raum zu durchfallen. In 
der zweiten Sekunde legt er fchon einen Raum von 155 Zehntel des Stabes ober 
154 Längen deflelben zurück. In der dritten Sekunde fährt er mit gleihförmig 
beſchleunigter Bewegung fort, und durchfaͤllt darin 253 Stabeslängen, in ber 
vierten 354, in der fünften 453, tn der fechften 554, in der fiebenten 654, in ber 
achten 754, in der neunten 853 und in ber zehnten Sekunde 954 Stabeslängen. 
Wenn man bei diefen Zahlen nicht auf die Brüche flieht, fo bat man 5, 15, 25, 
35, 45, 55, 65, 75, 85, 95. Diefe laſſen fidy alle mit 5 dividiren, und dadurch 
erhält man die ungeraden Zahlen 1, 3, 5, 7, 9, 14, 13, 15, 17, 19. So wie 
biefe ungeraden Zahlen ſich gegenfeitig verhalten, oder wie fie 
wachfen: fo wachfen die Räume, welche ein Körper in jeder Se 
funde durchfällt. — Ein zweites Grundgefeb bei freiem F.e der Körper if, 
daß alle Körper an denfelben Drten der Erde mit gleider Ge—⸗— 
fhwindigfeit fallen. Dieß gilt, wie man leicht einſteht, nur vom leeren 
Raumes; denn der Widerfland der Luft macht an demfelben Orte zwiſchen der 
Geſchwindigkeit, womit ein Stein, und der, womit eine Feder fällt, einen maͤch⸗ 
tigen Unterſchied. — Da die Erde Feine vollfommene Kugel ift, und am Nequas 
tor die Schwere überdies durch dia, Schwungfraft der Erde fehr gemindert wird, 
(ſ. d. Art. Erde) fo folgt, daß dit Körper unter dem Aequator langfamer nies 
derfallen müfien, al8 an den Polen. Die beweifet auch der Gang des Pendels. 
Was den F. der Körper auf vorgefchriebenen Wegen betrifft, fo eichicht er nad) 
denfelben Gefegen, nur daß biebei der Widerſtand des vorgefchriebenen Weges tn 
Betradytung fommt. Liegt ein ſchwerer Körper auf einer feften, horizontalen bene, 
fo fällt die Ridytung feiner Schwere fenfredht auf diefelbe; er kann weder nad) 
der einen, noch nach der andern Seite ſich bewegen und wird alfo liegen bleiben. 
Reigt fid) aber Die Ebene unter einem Winkel von ihrer horizontalen Lage ab, 
d. i. nimmt fie eine fchiefe Richtung an, fo muß fi) audy der darauf liegende 
Körper nach der Richtung diefer Neigung bin bewegen. Bet viefer Bewegung 
wirft aber dennody die Schwere in jedem, auch nody fo Heinen, Zeittheilchen nady 
der fenfrechten Richtung ununterbrochen fort. Zwar ſchwächt der Widerfland 
der Ebene diefe Wirfung in jedem NYugenblide; da aber die Richtung der 
Ebene @inerlei bietbt, jo muß auch die Schwächung der Bewegung fich ebenfalls 
beftändig gleich bleiben. Daraus folgt denn, Das die Bewegung oder der F. 
eines Körpers auf einer ſchiefen Ebene gleichfeite eine Befchleunigung erhalte, 
Weil die nun von jedem, auch noch fo Eleinen, Zeittheilchen gilt, fo folgt daraus, 
daß der Körper, welcher von einer ſchiefen Ebene herabgeleitet, nady einer belies 
Pe Zeit, 3. B. nach einer Sekunde vom NAnfange feiner Vewegung an, eine Ge⸗ 
ſchwindigkeit erhält, die ſich zu der Geſchwindigkeit, welche er In der nämlichen 
Zeit bei freiem Falle erhalten hätte, verhält, wie die Länge der Ebenen zu ihrer 
fenfredhten Höhe. Enthält 3. B. die Höhe der Ebene nur + ihrer Länge, e 
wird ber herabgleitenve Körper audy nur 4 des Raumes durchlaufen, ven er 


Falliment — Falſch. 407 - 


n Sekunde bei freiem F.e durchlaufen ſeyn würbe. Bet diefem durchläuft 
T_erften Sekunde 15°; auf der angegebenen Ebene alfo nur 3°. Bel fort 
Berechnung des F. es der Körper auf fchiefen Ebenen fRößt man endlich 
merkwürdige Gefeh, daß diefelben, bei ihrem Herabgleiten auf der fchiefen 
an jeder Stelle derfelben gerade die Gefchwindigfeit haben, wie wenn fie 
te ſenkrechte Tiefe diefer Stelle gefallen wären. 
Himent, |. Bankerott. 
Alehen oder Schupflehen in Schwaben ein But, das bei jenem Todes» 
8 Beflgerd wieder dem Herm zufiel. In Württemberg wurden die F. 
ıfgehoben und für erblicy erklärt. Vgl. die Art. Lehen, Lehenrecht. 
Umerayer (Jakob Philipp), Vrofeſſor und orbentlidyes Mitglied 
rifchen Claſſe der Afademte der Wiffenfchaften in München, geboren zu 
f bei Briren 1790, ſtudirte unter bebrängten Berbältniffen zu Salzburg 
te und zu Landshut Rechtswiſſenſchaft, 85 1813 als k. k. Lieutenant 
au und machte beide franzöſiſche Beige mit. Zu 2indau, wo er nach 
eden in Sarnifon lag, widmete er ſich den Wifienfchaften, namentlich dem 
a der türkischen und perfifchen Sprache, nahm 1818 feinen Wbichied und 
ine Lehrftelle in Augsburg, 1821 in Landshut. Nach Verlegung der Unts 
nad) München 1826 wurde er Profeffor der Gefchichte u. ‘Philologie an dem 
teten Landshuter Lyceum; er fchloß aber bereits im Sommer 1831 feine 
e daſelbſt, um mit dem ruſſtſchen General Oſtermann⸗Tolſtoi den 
zu bereifen. Während der dreijährigen Dauer dieſer Reiſe befuchte 5 
n, Rubien, Baläftina, Syrien, die Sporaden, Eycladen, das griechifche 
„und verweilte längere Zeit in Konftantinopel. In die Heimath zurück⸗ 
fand er feine Stelle befegt, wurde aber 1835 ordentliche Mitglied der 
ben Claſſe der Afademie der Wiffenfchaften in Mündyen und trat 1840, 
ehren Fleineren Ausflügen In Deutichland, nach Stalien, Frankreich und der 
3, feine zweite Reife in den Drient an, deren Ziel dießmal Trapezunt war. 
ı fehrte er nach Konftantinopel zurüd, wo er ein Jahr verweilte; hierauf 
: er dad Klofter Hagton-Oros, durchwanderte Theffalien u. fam, nad) 
n Aufenthalte in Athen, im Sommer 1842 nad) Müncyen zurüd. Die 
diefer Reife waren die „Fragmente aus dem Orient“ 2 Binde, Stuttgart 
bingen 1845, worin er, wie in feiner „Geſchichte der Halbinfel Morea“ 
jelbft 1830, zwei Theile) und in feiner „Abhandlung über die Entftehung 
ngriechen (ebendafelbft 1835) eine neue Anficht über die nengnechiiche 
alität aufftelt.e Außerdem fchrieb er noch: „Geſchichte des Kaiſerthums 
nt“ München 1827; „Orig nalfengmente Ehronifen u. f. w. zur Ge 
Trapezunts“ ebend. 1843—44, 2 Adtheilungen. 
alſchirm, |. Luftballon. 
ılopia, Gabriel, berühmter Anatom, 1523 zu Modena geboren, ſtudirte 
ara und unter Befalius (f.d.) zu Padua und lehrte fpäter zu Ferrara, 
nd Padua, in welch letzterer Stadt er 1563 flarb. %. war der erfte Ana- 
elcher die Gefäße und Knochen des Fötus genau befchrieb, und die weib⸗ 
ıba Falopiana hat nad) feiner Befchreibung den Namen erhalten. Sein 
yerk find die »Observationes anatomicae.s Vened. 1561. 
isch ift im Allgemeinen Alles, was anders erfcheint oder bargeftellt 
[8 es wirklich ift; im moraliſchen Sinne fleht ed dem Wahren ent- 
und Falſchheit tft die Fertigkeit, Andere über feine wahre Gefinnung zu 
ı. Sn äftbetifcher Sereutung tft f. = unnatürlich, unridytig, abweis 
on dem Naturgeſetze der Erfcheinung, demſelben widerfprechend oder wi⸗ 
end. In der Malerei heißt falſches Licht das Einfallen desfelben auf 
mälde von einer anderen Seite, ald von welcher der Maler die Beleuch⸗ 
ıögehen ließ, oder, wenn der Befchauer einen Standpunft eingenommen 
f weldyem ihm das Gemälde in blendendem Glanze erfcheint, wodurch ein 
heiden der Gegenflände unmöglich wird. Man fagt alddann: „das Ge⸗ 


408 Falſet — Zalſtaff. 


malde ſteht im fun Lichte.” Im der Muſik bezeichnet f. einen nicht rein, d. h. 
entweder zu hoch, oder zu niedrig, oder zitternd angegebenen Ton; ferner eine fehs 
lerhafte Kortichreitung der Intervalle, die Kleine verminderte Quinte u. die große 
übermäßige Quarte u. |. w. 

Falfet, Kopfftimme, Fiftel, Kifkels oder Halsflimme, nennt man in 
der Singfunft die, durch ein gewiſſes Preſſen des Kehlkopfs erziwungenen, durch 
die Stirn» u. Nafenhöhlen gebilveten, den Umfang der natürlichen Stimme übers 
ſchreitenden Töne, weldye demnach den Gegenſatz der Brufifiimme bilden. Wo 
nun diefe in der Höhe nicht ausreicht, bedient der Sänger ſich des F.s; fo die 
Sopranflimme vom zweigeſtrichenen e over f aufwärts; der Tenor vom einge 
firtichenen f oder g; der Bariton vom e, der eigentliche Bag vom c und d, und 
bier kommt Alles auf die Verbindung der F.⸗Toͤne mit der Bruftfiimme an, wozu 
ein eigened Stublum und viele Uebung gehört. Man nennt dieß Fiſtuliren, 
vom lateinifchen fistula, Röhre, Pfeife, vielleicht von der Aehnlichkeit mit dem 
Tone der Pfeife. — Ehemals wurden auch die böchflen und tiefften, gleichſam 
durch Kraftanfirengungen hervorgebrachten, Töne der Blasinftrumente mit dem 
Kamen F.⸗Töne belegt. 

Falſirechnung (regula falsi), in der Arithmetif und Algebra die Annahme 
einer willfürlichen Größe als der gefuchten, um aus dem Fehler, der ſich hieraus 
ergibt, auf die wahre Größe zu fchließen. 

Falso bordone (faux bourdon), wird in der Alteren Muſik gewöhnlid) 
erflärt als bie Auöfülung einer großen Note (longa oder maxima) mit mehren 
Syiben, und dann als die fpätere Berlegung des cantus firmus in die Unterflimme. 
Eine zweite, fpätere Art von f.b. befleht in einer regelmäßigen Gompofition, aber 
ohne beftimmten Rhythmus in der Ausführung von vier Stimmen im Gontras 
punfte von lauter Confonanzen, mit einigen Ligaturen in der Cadenz, wo in einer 
der vier Stimmen die Kirchenmelodie des canto fermo liegt. Diefe Art erhielt 
ſich ausfchließlich in allen Kapellen bis auf den heutigen Tag. Eine dritte Art 
von f. b. endlich, die jedoch zu Ende des 16. Jahrhundertd wieder verfchwand, 
beftand darin, daß immer eine Stimme mit Begleitung der Orgel fang, und 
dabei alle Arten von Baflagen, Trillern, Wppoggiaturen und viele andere Küns 
ſteleien zur Schau legte. So wechfelten die Stimmen von Vers zu Vers, jede 
trug den ihrigen nad eigener Erfindung vor, ohne daß jedody der Baß geändert 
werden durfte. Die älteften italienifchen Schriftfteller, welche des f. b. erwaͤh⸗ 
nen, find: Franchino, Gaffurio und Adamo di Fulda um 1490. 

Falſtaff (John), ein höchſt gelungener komiſcher Charakter in Shakeſpeare's 
Heinrichs Dramen und in deſſen „luſtigen Weibern von Windſor,“ in erſteren der 
ftete Begleiter des ausjchmweifenden Prinzen Heinrih von Wales, nachmaligen 
Königs Heinrich V. von England. In hohem Grade begabt mit den vortreffs 
lichften gefelligen Talenten, reich an Wit, Geiſtesgegenwart, Scharffinn u. Men- 
ſchenkenntniß, ift er durch verkehrte Anwendung diefer Gaben, indem er lediglich der 
Genußfucht nadyftrebt, ein Abentheurer, ein Muſterbild der Taugenichtfe geworden. 
Er iſt Soldat, aber eben fo feig, als Tügenhaft prahleriſch; im Wohlleben ergraut, 
aber nody im Alter gleich Lüftern und lieverlih. Aber auch über feine verächt⸗ 
lichften und liederlichſten Handlungen tft immer noch ein edler Schimmer, Webers 
bleibfel einer beſſern Vergangenheit, gebreitet. Ein volllommener Menfchenkenner, 
weiß er immer geſchickt einzulenfen, wenn die Dreiftigfeit feiner Späße anfängt 
übel empfunden zu werden. Er ift in fo hobem Grade witzig, daß er, völlig par⸗ 
teilos, ſich felbft ein Gegenftand des Witzes tft, fobald er ſich nur daran amüflren 
kann. Er ift wohl did und ſchwammig, aber gewis nicht formlos, u. der Schau⸗ 
ſpieler muß ſich wohl hüten, ihn karrikaturmäßig vorzuführen; denn des Prinzen 
Spöttereien über die Talggrube und den Fleiſchberg find eben ſo gut luſtige Hy: 
perbein, ald wenn F. den Prinzen eine Aalhaut nennt. Ebenfo wenig darf das 

Drfpt bes. In KRarrifatur ausarten, wenn er widht zum \ürgerliigen Sansunt, 


Falfter — Familienrath. 4109 


krabfinfen, alien Humor vernichten fol. Einer der trefflichften Darfteller des 
5 war Ludwig Devrient. 

Falfter, däntiche Infel des Stiftes Laaland, in der Oftfee, 83 [J Meilen 
ait ungefähr 20,000 &., tft gut angebaut und fruchtbar an Getreide, Hülfen- 
früdhten, Sartoffeln und befonders an Obſt. Viehzucht wird ftarf getrieben, und 
ach Wildpret findet fi) in Menge auf der Infel. Eintheilung in 28 Kirchſpiele, 
weiche 2 Städte, 107 Dörfer und über 1U00 Bauernhöfe enthalten. Die Haupt: 
Rad iſt Nykiöping an der Weftlüfle, mit 2700 Einwohnern, einem Schlofie 
2. Gymnaſtum; die zweite Stadt Stubbefiöping am Grönfund mit 1200 €. 

Faltenwurf, f. Draperie und Gewand. 

alun, Hauptftadt der ſchwediſchen Provinz Dalarne oder Dalefarlien 
(f. d.), liegt zwiſchen den beiden Seen Warpan und Runn, in einem engen, mit 
Schlacken angefüllten Thale, iſt Sit der Provinztalbehörden und der Berghaupt- 
sannfchaft, hat verſchiedene Wohlthättgkeitsanftalten u. 5000 Einwohner, welche 
ſich vom Bergbaue u. Hüttenwefen nähren, ferner Tabakpfelfen- u. Baumwollens 
fafrifen betreiben. Reben der Gewinnung von etwas Gold und Silber wird der 
Bergbau vorzüglidh auf Kupfer betrieben, Achtzehn Kupferöfen ſchmelzen das Erz. 
Die Ausbeute, welche früher 50,000 Ctr. Lieferte, beläuft fich jegt nur noch auf 
13,000 Etr. Den Haupteingang bildet eine große, 100 Klaftern weite und 40 
Kiaftern tiefe Grube. Die Arbeiten werden in einer Tiefe von 200 Klaftern be- 
trieben. wohin man durdy fchräge Gänge auf hölzernen Treppen gelangt. 

Fuma (Mheme, Dffa), vie Göttin der Sage over des Gerüchte, war 
nad Birgil (Men. IV.) eine Tochter der Erde, welche fie gebar, um fich wegen 
der Ermordung ihrer Söhne, der Giganten, dadurch zu rächen, daß %. die Schanp- 
ihaten der Götter allenthalben befannt machen follte Ste wird geflügelt, mit 
zahtreichen Augen und Ohren und einer Pofaune an dem Munde, abgebildet. — 
Daher das Eigenſchaftswort famös (famosus) — berüdhtigt, verrufen. 

Familie, 1) bei den alten Römern bezeichnete Familia im weitern 
inne alles einer Perſon Angebört e, fowohl PBerfonen, als Sachen, dad ganze 
bewegliche und unbemwegliche Eigenthum; im engern Sinne aber die Gefammt- 
heit, entweder der einem Haufe angehörenden SBertonen, fowohl freie, als Sclaven, 
oder der Bermögensflüde. — 2) Im mittelalterlichen Lehens- oder Feudal—⸗ 
wefen a) im engften Sinne die Gefammtheit der Glieder einer im Verhältniſſe 
der Leibeigenfchaft befindlichen %.; b) im weitern die Gefammtheit der, einem 
gm untergebenen, vdienftpflichtigen Unfreien überhaupt (die Größe eines ſolchen 

mplere® von Hörigen hing von der Größe des Grundbeſitzes, des fonftigen 
Reichihums u. dem Range des Herin ab); c) im weiteften Sinne die Gefammt- 
keit der Dienftmannen überhaupt, auch die höher geftellten Minifterialen (ministe- 
riales) eingefchloffen, die ſich im Range nicht bloß über den hörigen Bauern, 
iondern auch über den gemeinen Freien zu erheben fuchten und auch wirflicy er- 
oben. — 3) In unfern jetzigen Berhältniffen verfteht man unter $. entweder 
ı) die aus Eltern, Kindern und fonftigen Hausgenofien, — ohne Rüdficht, ob 
legtere mit jenen oder unter fich verwandt find, oder nicht — beftchenve u. durch 
den Hausvater oder die Hausmutter repräfentirte häusliche Geſellſchaft; oder man 
dezieht b) den Ausdrud auf bloß verwandtfchaftliche Verhältniffe u. begreift dann 
mter F. die Gefammtheit der, durch die Ehe und unmittelbare Abftammung unter 
fi verbundenen ‘Berfonen (Ehegatten und Kinder), oder die von einem gemein- 
ſchaftlichen Stammvater Abftammenden, oder endlich überhaupt eine Gefammtheit 
näher oder entfernter mit einander verwandter Perfonen. 

Familienrath heißt nach älterem deutfchem und franzöſiſchem Rechte, jetzt 
aber überall da, wo die franzöftfche nulgefengrbung (Code Napoleon) befteht, 
eine Vereinigung der nächften Anverwandten Desjenigen, ver feine Rechte aus 
irgend einem Grunde nicht felbft vertreten kann, u. die nun, unter dem Borfige 
des Friedensrichters, gewiſſe Gejchäfte des Bormundfchaftswefen zu beforgen hat. 
Der & ernennt bie Bormünber ber Minderjährigen u. Solcher, worldye Ihre hürs 


440 Familienrecht — Familienſtatut. 


gerlichen Rechte nicht ausüben können oder dürfen, u. feht fie ab. Im Kalle des 
iderſpruches entfcheiden die Gerichte. Er ermächtigt die Vormünder Fr Klagen 
u. zur DBeräußerung unbeweglicyer Güter unter Genehmigung des Gerichtes, bes 
ſtimmt die Summe des jährlichen Unterhaltes für die unter Bormundfchaft ftehen- 
den Samiliengliever, ertheilt Exrlaubniß zur Ehe u. hat das Recht der Befreiung 
von vormundichaftlicher Gewalt. Der %. wird vom Arievensrichter, entweder von 
Amtöwegen, oder auf dad Geſuch eines jeden Betheiligten, zufammenberufen, Drei 
Biertheile der Mitglieder find zur Berathung, bei welcher der Friedensrichter eine 
überwiegende Stimme hat, nöthig. — Diefe Anftalt, deren Mitglieder nicht ver- 
antwortlidh find, iſt zwar für das Intereſſe des Minderjährigen von Gewicht, 
macht aber zugleich eine firenge Aufficht von Seiten des Friedensrichters noth⸗ 
wendig, indem die eigentlich reine Berwaltung des Vermögens fich ganz in ven 
Händen des Bormundes befindet, welcher, in fo fern er Feine unbeweglichen Guͤter 
efigt, die Lage des Pupillen leicht zu gefährden die Gelegenheit hat, beſonders, 
wenn ber Vater oder die Mutter die Bormundfchaft führen, indem biefe während 
berfelben von aller Rechnungsftellung frei find, und der F. nach dem Rapoleon- 
ſchen Geſetzbuche nicht berechtigt ift, felbft bei anfcheinenvder Gefahr, wenn Feine 
Gründe zur Abfegung in einem unmoralifchen Betragen des Bormundes zu finden 
find, ihn rüdfichtlid) der Einnahme des baaren Vermögens zu befchränfen. — 
Die Idee, weldye diefem Inſtitute zum Grunde liegt, würde fich Leicht zu Vervoll⸗ 
fommnung des Bormundfchaftswefens in Deutfchland benügen lafien, u, ein zwegfs 
mäßig angeorbneter F., mit genauen gefelichen Beftimmungen, den in mehreren 
deutfdyen Landen beftehenven fogenannten Waiſenrichtern weit vorzuziehen feyn. 
Familienrecht, fowohl dad Recht der Familien überhaupt, als das Recht 
awiichen den einzelnen Gliedern einer Familie (f. d.), zwiſchen Ehegatten, Eltern 
u. Kindern, Gejchwiftern u. entferntere Seitenverwanbten; befonderd die, den eins 
‚ zelnen Bamilien in Folge von Teftamenten, Verträgen (f. Familienflatut) zus 
ftehenden Befugnifie. 
Samilienkatut, Familienpakt, ift ein Bertrag, welchen die lieder einer 
Familie unter ſich abfdyliegen, um dadurch über ibre emeinfamen Angelegen- 
eiten, wie über daB Familienvermögen u. defien Unveräußerlichkeit, Benügung u. 
ererbung, über dad Heirathen, über die Aufftellung eines Familtenhauptes oder 
Sentorg u. dergleichen, fefte Beftimmungen zu trefen. ur Errichtung eines foldyen 
5.8 iſt natürlich die Zuſtimmung aller lebenden gt eder, nicht bloße Stimmen- 
mehrheit, erforderlich; iſt aber daſſelbe auf dieſe Welfe zu Stande gefommen, fo 
find auch bie Rachfommen zu deſſen Aufrechthaltung verpflichtet, u. zwar fo lange, 
als fie es nicht, unter Zuftimmung aller lebenden Fam liengtieber, ausdrůcklich 
ander Soldye Familienverträge find, da fie ſich hauptfächlich auf den Grund⸗ 
befig beziehen und legteren für wenige Individuen fidyern follen, für das ganze 
Staatd» u. Bolksleben von tiefgreifender Wirkung, und die Regierungen find da- 
her ganz in ihrem Rechte, wenn fie die Errichtung derfelben unter ihre Aufficht 
nehmen u. deren Gültigkeit von ihrer Genehmigung abhängt machen. Mit Uns 
recht wollte man in diefer Binmifchung des Staat eine ehränfun des Rech» 
tes der Autonomie erbliden; denn von lebterer Tann offenbar nur in —** An⸗ 
gelegenheiten die Rede ſeyn, welche in keinem Bezuge zu den allgemeinen Intereſſen 
des Etaates ſtehen. Die deutſche Bundesakte fichert (Art. 14) den ehemaligen 
reihöftänpifchen fürftlichen und gräflidhen Häufern das Recht, eigene F. en zu ers 
richten, audy nur unter der Bedingung zu, daß lehtere dem Souverän und ben 
höchſten Landesſtellen zur Kenntnißnahme u. Genehmigung vorgelegt werden. In 
den meiften regierenden Häufern beftehen zwar noch jcht dergleichen F.; jedoch find 
fie im Laufe der Zeiten ziemlich in Bergefienheit gekommen; auch laflen fie, weil 
fie unter ganz anderen Umftänden, als die jetzt beftehenven, verfaßt find, oft über 
fehr wichtige Punkte in Ungewißheit. Berüchtigt ik Napoleons F. vom 30. März 
1806, weldyes durch die Beflimmung, daß alle Könige aus ber napoleonifchen 


Familienwappen — Farabay. 111 


Famille unter der väterlichen Gewalt des Kaiſers ſtehen ſollten, jene zu bloßen 
Vaſallen der Krone Frankreichs herabdruͤckte. 
nwappen, ſ. Wappen. 
‚ Sanal 1) (Hanar), die Vorrichtung zum Leuchten auf. den Leuchtthürmen, 
beim Eingange in die Häfen, oder an der Mündung der Klüffe, um die Schiff- 
fahrt zu ſichern. Früher dienten hiezu große Feuer, jebt Lampen mit parabolifchen 
Epiegeln. 2) Die große Schiffölaterne auf dem Mafte oder an den Raaen, zum 
Auchten fowohl, ald zum Signalgeben. 3) Bel der Artillerie: die Lärmflange. 

Sanarioten, find angefehene griechifche Familien in Konftantinopel, fo ges 
nannt nach dem Griechenviertel, weiches ‘von dem dort befinnlichen Leuchtthurme 
ven Ramen Fanar hat. Die 5. find meiſtens Kaufleute; aus ihrer Mitte wur- 
den bisher die Dragomans (Dolmetfcher) der Pforte u. feit 1716, bis zum Aus⸗ 
bruche der griechtfchen Inſurrektion, aud) die Hofpodare der Moldau u. Walachei 
gewählt; doch befchränkte ſich dieſe Wahl nur auf wenige der angefehenften Fa⸗ 
milien. — Bei dem Nufftande der Griedyen zeigten die F. nur geringe Theil⸗ 
nahme, u. über ihre Umtriebe u. Erprefiungen in den Zürftenthümern vgl, Zals 
lony »Essai sur les F.« (Marfellle 1824, 2. Aufl. 1830). 

Fanatismus if der blinde Eifer eined oder mehrer Menfchen, Anderen ‚mit 
Gewalt diefelbe Anficht, der man felbft huldigt, in Hinfiht auf Dinge aufjus 
dringen, worüber diefe — nach natürlicyen u. vernünftigen Geſetzen — dem freien 
Willen jeded Einzelnen überlafien bleiben muß. Gine foldye Anmaßung iſt ents 
weder das Refultat eines Leivenfchaftlichen Unverftandes, ober die Folge einer 
falten Berechnung der niederen Seelenfräfte der Mafien, die man in Bewegung 
feat, um eine Herrfchaft über fie auszuüben. Der %. Tann veltolöfer, oder 
yolttifcher Natur je; er tft ſtets verwerflich, weil er dad Heilige und Ehr⸗ 
würdige verlegt und in den Schlamm menfchlicher Leivdenfchaften herabzieht. Wie 
jener feine Duelle in den Schwärmereien Soldyer hat, die ſich durdy ihre Ein» 
bildungen und Gefühle bis zum wüthenden und verfolgenden Religionseifer fort» 
reißen laſſen: ebenfo will der politifche F. die ganze Welt entweder mit Ges 
walt republifanificen (Cromwell, die Revolutiondmänner des 18. Jahrhunderts 
und unfere heutigen Radifalen), oder, im Gegenfage hievon, ein fortgefchrittenes 
Zeitalter mit Balonneten wieder zur Anerfennung von Grundfäben zwingen, nad) 
denen etwa der Bürger aus anderem Stoffe geformt wäre, als der Mel u, f. w. _ 
— Die Barteien aller Zeiten haben leider den F. zur Erreichung ihrer Zwecke 
zu Hülfe gerufen; er iſt aber im 19. Jahrhunderte wohl außer der Zeit und hat 
deßwegen auch nirgends mehr einigen Credit. BA. 

Fandango, ein fpanifcher u. portugiefifcher Nationaltanz von mäßiger, ſtu⸗ 
fenweife ſteigender Bewegung, tm $ Tafte u. ſtets in Mol gefebt. Er wird immer 
mr von Einem Paar nach einander mit Caſtagnetten getanzt, von der Zither u, 
auch von Gefang begleitet, wozu in Spanien die weniger fchroffen und mehr 
gehenden Seguidillas (f. d.) verwendet werden. “Der 3 befteht aber weniger 

fdyöonen Bewegungen der Füße, als des ganzen Körpers, theild im ernften 
gemefienen, theils im feurigen, ungeftümen Annähern und Entfernen der Taͤn⸗ 
* — feiner urſprünglichen Geſtalt unter den höheren Ständen 

t gebrau . 

Fanfare (franz.), in der Muſik ein Kleines Stüd für Trompeten u. Paufen 
im kriegeriſchen Gharafter, oder ein Jagdſtück von munterer Befchaffenheit für 
zwei Hörner; mitunter fo viel, wie Tuſch, obgleich dabei die Regelmäßigfeit vers 
mißt wird. Bon F. ſtammt Fanfaron, Auffchneiver, Broßfpredyer u. Fanfaro⸗ 
naden, Oroßfprecdyereien. 

Faraday, Michael, berühmter englifcher Phyſiker u. Chemiker, zu London 
1790 geboren, der Sohn eines unbemittelten Grobſchmieds, leınte dad Buchbin⸗ 
derhandwerk u. arbeitete bis zu jeinem 22. Jahre in diefem, befchäftigte fich aber 
daneben mit der Lectüre phyfifallicher u. chemiſcher Werke. Später Fand er Ge⸗ 
Isgenheit, die Borlefungn Humphrey Davy's (f. d.) zu befuchen, ward deſſen 











112 Farbe — Farbenlehre, 


Gehuͤlfe u. Sefretär u. nach dem Tode feines großen Lehrers Direktor des Labarato⸗ 
riums der Royal Institution zu London, Mitglied der königl. Gefellichaft das 
felbft und correfpondirendes Mitglied der Akademie ver Wiftenfchaften zu “Paris, 
Seine wichtigften Entvedungen find: die Verſuche über Legirungen des Stahls 
mit edeln Metallen, und die ausgezeichneten Gigenfchaften, die diefer dadurch er 
langt; bie Berwandlungen mehrer, bis dahin für permanent gehaltener, Gasarten 
(Koblenfäure, Ehlor) in tropfbare Flüffigfeiten; die Darftellung berfchlebener flüfs 
figer Verbindungen von Kohlenſtoff u. Waſſerſtoff; die Darftellung eines zu op 
dem Zweden tauglicdhen Glaſes aus Kiefelerve, Borarfäure u. Bleioryd; befon- 
ders aber feine Entdefung des Vermögens im Magnet, elektrifche Ströme zu ers 
zeugen. Er ſchrieb audy: „Ueber chemiſche Manipulation” (Lond. 1830). 

Farbe nennt man 1) den — wohl nicht näher zu definirenden — Eindruck, 
welchen das, von den Gegenftänden ver fichtbaren Welt in unfer Auge gelangen, 
Licht auf daſſelbe macht, welcher Einprud zwar ein fubjectiver, N wie die Er⸗ 
fahrung lehrt, auf bie verfchienenften Arten ziemlich übereinftimmend fich Außern- 
der tft. Indeſſen gibt es doch auch Menſchen, weldye gewiſſe F.n nicht zu unters 
fdyeiven wiflen, fo daß das Kennzeichen bes Eindrudes, ben eine F. madht, immer 
mannigfache Täufchungen zuläßt. — 2) Diejenige Beſchaffenheit der Dberfläce 
eined Körpers, welche diefen Eindruck bedingt; daher — 3) in der M bie, 
auf einen Körper aufgetragenen (mineralifcyen oder andere) Subflanzen, deren 
man ſich bedienet, um die, den barzuftellenden Gegenſtänden eigenthümliche, F. 
nachzuahmen; dann 4) der Schein, den die Lichtftrahlen den Gegenſtaͤnden geben, 
u. endlih 5) da8 Refultat der Kunft, weldye der Maler anwandte, um die F. 
der Ratur nachzuahmen; in diefem Sinne gleichbedeutend mit Eolorit (f. d.). 
Die 5. gibt dem Körperlichen das Leben, denn durch fie allein wird in der Mas 
lerei dad Sinnlidyfte und das Geifligfte, Geftalt, Entfernung, Rundung u. alles 
Unterfcheidende im Erfcheinen hervorgebracht. Berg. Field, Chromatographie, 
(Weimar 1836, 8.). 

Barbenbrechung, in der Malerei die Mifchung der Farben, durdy welche 
in einem Gemälde ein Gegenftand vor dem anderen ausgezeichnet erfcheint. 

Tarbendrud; ein mehrfarbiger, die Malerei nachahmender Kupferſtich. Le 
Blond erfand denfelden in Frankreich, und Götz, ein Mährer, von welchem ber 
Benetianer Bartolozzi das Berfahren erlernte, vervolllommente ihn. Der $. 
wird vermittelft mehrerer, genau auf einander paſſender Platten, deren jebe nur 
die Bartieen von einer Farbe enthält, ausgeführt; alle dazu verwendeten Karben 
aber müffen durchſichtig feyn, damit im Abdrude an Stellen, wo fie ſich mifchen 
follen, eine die andere durdhfcheinen läßt. Anatomiſche u. ei Gegen⸗ 
ſtaͤnde, Pflanzen und Früchte eignen, ſich vorzugsweiſe zum F.; doch iſt derſelbe 
auch ſchon mit dem beſten Erfolge bei Bildniſſen in Anwendung gebracht. Eine 
aͤhnliche Art von Malerei verfuchte Thomas Woodman zu London, 1837, 
durch das von ihm erfundene Verfahren, geftochene Kupferplatten an einigen 
Stellen mit Firniß, an anderen mit ſtarken Farben zu bededen, welche alddann 
im Abdrude eine, den Delgemälden nahe kommende, Wirkung bervorbringen. Bergl. 
d. Art. Delbilderbrud. 

Shen ebung, f. Eolorit. 

Farbenlehre. Es tft zu allen Zeiten eine eben fo intereffante, als wichtige 
Aufgabe der Wiffenfchaft gewefen, zu unterfuchen, wodurdh die verfchievenen Ers 
fheinungen des Lichtes, welche man Farben nennt, hervorgebracht werben. Im 
neuerer Zeit hat man verfucdht, dieſe Frage vermittelt der fogenannten Undula⸗ 
tionstheorte zu löfen, wonach man annimmt, daß die Berfchiedenheit der Farben 
bedingt iſt durdy die größeren oder geringeren Schwingungen, welche die Licht 
wellen in dem Atßerifchen Elemente zurüdiegen. Die weiße Farbe iſt der farblofe Ins 
halt aller übrigen Farben, fo lange verfelbe nicht in feine einzelnen Elemente zer: 
egt erfcheint. —2 iſt eben F wenig eine Farbe, ſondern vielmehr die Ab⸗ 
weſenheit alles Lichtes. Das einfache reine Licht zerlegt man in ſeine Elemente 


BaJE WERTISJETVEN VYesyuuscı Jiiy Dic 6 PVVYSIIMIIIIIXII y.ımınunsjıyeit yusvaı 
ch ihrer Leuchtfähigfeit; am ftärfften ift diefelbe an dem Gelb, am ſchwäch⸗ 
Biolet. Ein aͤhnliches Verhältniß findet in Rüdficht auf die von den 
Karben ausgehende Wärmefraft Statt. Denkt man ſich nun nach dem 
die Karben als Lichtwellen von unendlicher, aber verſchiedener Gefchwin- 
o wird dadurch, daß fie dad Auge treffen, die Empfindung u. Wahrneh- 
r Farben hervorgebracht. Aber nicht jedes Auge ift auf gleiche Weiſe 
idy für alle Farben; daher gibt es Menfchen, welche 3. B. Grün und 
ht zu unterfcheiden wifien. Das Auge empfindet die Farben auch dann 
e Zeit lange, wann der Eindrud fchon aufgehört hat. Daher die Ers 
j, daß man nach einem lebhaften Karbeneindrude die Farbe noch mit ge- 
m Auge fortempfindet. Den flärkften u. dauerndflen Eindruck hinterlaͤßt 
nn Rotb, dann Blan. Auf diefer Erfcheinung beruht die Erfindung der 
pifchen Scheiben von dem Phyſiker Stampfer. Als Hauptfarben werben 
men: Gelb, Roth und Blau. Diejenigen Farben, welche mit biefen in 
wiffen Berwandtichaft ftehen, nennt man complementäre. Die comple- 
Farbe von Gelb ift Violet, von Roth Grün, von Blau Orange; wird 
uptfarbe mit ihrer complementären zuſammengeſtenn ſo gewinnen beide 
te u. Lebhaftigkeit. Hat das Auge einen kräftigen Eindruck von einer 
feuchteten Farbe empfangen, fo ericheint demfelben, wenn es ſich von dem 
n Gegenftande ſchnell abwendet, flatt der Hauptfarbe die complementäre. 
tet man 3. DB. ein rothed Kreuz auf weißem Grunde im hellen Sonnen- 
» erfcheint an diefer Stelle, wenn man es ſchnell entfernt, ein grünes Kreuz. 
Schatten gntfehen, wenn der Schatten eines beleuchteten Gegenſtandes 
m hellen Hintergrunde von einem zweifarbigen Lichte beleuchtet wird; die 
denheit u. Schönheit derfelben hängt von der Befchaffenheit ver Beleuch⸗ 
. In größter Mannigfaltigfeit fann man fie fünftlidy erzeugen; fle bie- 
aber auch häufig in der Katur dar: fo die blauen Sogar auf dem 
bei heiterem Himmel, ehe die Sonne hoch fleigt. Hierher gehört auch 
englüben in violetem Lichte, wenn dad Roth des Horizonts mit dem 
8 Schnees ſich vermiſcht. Endlich iſt noch der Farbenbildung durch die 
tion des Lichtes zu erwähnen. Läßt man einen Lichtſtrahl polarifiren, 
if eine Glastafel auffallen, fo daß derfelbe newiflermaflen nefpalten wird, 





4114 Farbige — Farel. 


farbigen Lichtes im jedem, muß durch die Hauptfarbe bis auf einen gewiſſen Grat 
gemäpigt werden, damtt eine Uebereinfiimmung in ber Mannigfaltigfeit der Far: 
en berrfche, u. keine verfelben vorzugsweiſe oder einzeln hervortrete. “Die fol: 
cher Geſtalt entſtehende oder erwirkte Harmonie der Farben iſt der F. des Gemälden, 
Farbige heißen im weitern Sinne alle, nicht mit weißer Haut geborene 
Menſchen, mithin ſowohl Indianer u. Neger, als deren Miſchlinge; im engern 
Sinne verfteht man darunter die, auf der weſtlichen Halbfugel von Perſonen vers 
ſchiedener Racen erzeugten Mifchlinge, die einen Mittelfchlag bilden, der fidy aber 
nicht fo forterbt, wie der Charakter der Racen. Hieher gehören: die Greolen, 
Mefttzen, Mulatten cf. dd.), nebft ihren zahfreichen Unterarten. — Sie 
Iebbaft, thätig, Träftig, gefund, zumellen erfinverifch; fle fehen einen Stolz dareln, 
einige Stufen von den Negern abzuftehen, u. ahmen vie Eitten der Weißen nach. 
Die farbigen Frauenzimmer halten es für eine größere Ehre, die Mattrefie eines 
Weißen, als die rechtmäßige Gattin eines Farbigen oder Negerd zu feyn. Im 
Banzen befaß bisher Fein Karbiger im fpantichen Amerika die Rechte der Weißen, 
und felbft im freien Nordamerika findet noch immer ein eraltiger Unterfchieb 
Statt; indeß haben wenigftend die neuern republifanifchen 5*— onen den Far⸗ 
bigen die Menſchenrechte, wenn nicht ganz, doch bedingt zurückgegeben, und in 
Hayti ſtehen Weiße, Farbige u. Schwarze in ganz gleichen Verhaͤltniſſen. 
arbſtoffe, ſ. Pigmente. 
arce, vom franzdf. farco, 1) das Füͤllſel (in ver Kochkunſt); 2) eine 
dramatifche Pofle, was bilblich ein durcheinander Gemengtes bedeutet. Zum 
Grunde liegt daß lateinifche farcire = vollftopfen, woher farsum u. daß ita⸗ 
lienifche farsa. Nach Adelungs unbegründeter Bermutbung fol Farſe (wie Lef- 
fing das Wort gefchrieben haben will) eine Art Gefänge gewefen feyn, weldye 
zwiſchen den Gebeten gefungen wurden, wornach das Wort fo viel al8 Zwifchens 
ſpiel (Intermezzo) beveuten würde. Der Provenzale Abbate Baolo Bernarby 
leitet da6 Wort von einem provenzalifcyen Gericht »farsuma her. Wir nennen ges 
gen wärtig ein Luftfpiel, in welchem das Niedrigkomiſche, das jedoch nicht in daß 
emeine und Widerwärtige fallen darf, vorberrfchenn iſt, mit veutfchem Namen 
eine Poſſe, mit fremdem eine F., ohne zwiſchen beiden Ausdrüden einen Unter: 
ſchied anzunehmen. Für Luſtſpiele der Art hat fo ziemlich jedes Volk eigen flehende 
Gharaftere, das deutfche ven Hans wurſt oder Kasperle. x. 
Farel, Wilhelm, geboren 1489 zu Gap in der Dauphins aus einem reis 
hen adelichen Geſchlechte, ftudirte zu Parts und gab ſich mit zelotifchem (Eifer 
der fogenannten Reformation und der Verbreitung ihrer Srundfäpe bin. Zuerſt 
trat er zu Meaus, dann in feinem Geburtsorte gegen bie Fatholifche Kirche auf. 
Aus beiden Städten vertrieben, kam er 1524 als Flüchtling nad) Bafel u. hielt 
dafelbft eine Difputation mit den Profefforen der Univerfität. Wegen feiner 
Schmähungen, in denen er felbft den Erasmus nicht fchonte, ward er auch aus 
Baſel verwiefen. Richt befier ging es ihm in Mömpelgard, wo er eine Prozeſ⸗ 
fion flörte u. das Heiligenbild, das bei derſelben getragen wurbe, unter Läfterun- 
gen Ind Wafler warf. Dann ging er über Neufcyatel, wo man ihm die Kanzel 
verbot, nad) Bern u. auf Berchtold Haller’ Rath 1526 nach Aigle in der Waadt, 
Unter fremdem Namen u. als Schulmeifter fuchte er feine Lehre zu verbreiten u. 
predigte zu Murten, zu Orbe, ©ranfon ımd Genf. Ueberall reiste er mit feiner 
Heftigfeit zum Aufruhr und Bürgerfrieg, und nur mit Waffengewalt konnte das 
mächtige Bern, das durch ihn die Waadt von dem Fatholifchen Savoyen loe⸗ 
reißen wollte, feinen Prediger gegen die Volkswuth fchügen u. die Reformation 
einführen. In Genf, wohin fid) 3. 1532 begab, dauerte der Kampf zwei Jahre 
u. wurde mit großer Grbitterung geführt, bis endlich F. im Auguſt 1534 an der 
Spitze roher Volkshaufen unter Zrommelfchlag in die Kirchen einprang, die 
Bilder zerflörte u. von dem Raihe ven Befchluß ertrogte, daß der katholiſche Gots 
zröblenft abgefchafft und den Katholiten die Bitte abgeſchlagen fei, täglich nur 
eine Meſſe gu halten, Dennody wurde F. 1538 wegen \eiueb Tonanigen Ekea 


Beſonders wandte er feine Unterfuchungen ber yportugiefifchen Geſchichte 
welchem Fache er ſich bald großen Ruf erwarb. Er farb, nachdem er zu 
a feines Neffen reflgnirt hatte, 1755. Unter feinen Schriften, die fich durch 
e des Urtheils, geſunde Kritik und correften, eleganten Styl auszeichnen, 
e bedeutendſten: »Varios discursos politicos,« die eigentlich den 3. Theii 
m »Noticias de Portugals (Evora 1624; Liffabon 1791) bilden u, unter 
eine Biographie von Camoens (f. d.) enthalten, welche, ihrer Genauig⸗ 
a ©rundlage aller fpäteren if, — 2) F, Manoely Soufa, por: 

Geſchichtſchreiber u. Iyrifcher Dichter, 1590 zu Souto aus adeligem 
chte geboren, zeigte fchon in früher Jugend treffliche Anlagen und konnte 
m 10. Jahre die Univerſitaͤt Braga beziehen. Hier machte er ſolche aus⸗ 
rete Fortfchritte in den Sprachen u. in der Philoſophie, daß er in feinem 
bre als Sekretär in die Dienfte feines Verwandten, des Bifchofs von 
', treten konnte, unter deffen Leitung er fidy weiter in den Wiſſenſchaften 
ete. Seine nerheirathung mit einem fchönen adeligen Fräulein, das er 
yem Namen Albania in feinen Gedichten feierte, hatte feine Trennung vom 
'e zur Folge, der ihn für den geiftlicden Stand beftimmt hatte. Doch blieb 
t wifienfchaftlichen u. poetifchen Arbeiten befyäftigt, bis 1618 in Oporto, 
san mit feiner Familie zu feinen Eltern und ‚im folgenden Jahre nad) 
id, in der Hoffnung, dort fein Glück zu machen. Da diefe Hoffnung ſchei⸗ 
kehrte er nach Portugal zurüd, begleitete dann den Marques von Caſtello 
30 1632 na) Rom u, zog hier durch feine Kenntniffe die Aufmerkſamkeit 
apftes Urban VIIL u. aller Gelehrten auf fi. 1634 nad) Madrid zurüds 
‚ widmete er ſich ganz den Wiffenichaften u. flarb dafelbft, vielfach ange⸗ 
‚in zoarfügfet den 3. Juni 1649, von der Nachwelt bis zu den Sternen 
ı. Bon feinen zahlreichen, in fpanifcher Sprache gefchriebenen, Schriften 
wähnenewerth: Discursos morales y politicos, Madrid 1623—26 u. Lifs 
1674; Epitome de las historias portuguezas, ebendaf. 1628, 2 Bde. und 
befte Ausgabe, Brüffel 1730, Fol., mit den Bifoniflen der Könige von Por: 
neuefte Brüffel (Liffabon) 1779, %ol.; Lusiadas de Luiz de Camoöns 
ntadas todas, Madrid 1639, 4 Bde., Yol.; Imperio de la China, Madrid 


bon 17 t Liffabon 1666—75, 3 Bp . 
mb Bifie von 17305 Asia portugueza, Ki 2 Me. ır nom. 1. 3 end 





116 Farnefifher Stier — Faröer. 


ſtaate trägt. Es kommt ſchon vor dem 13. Jahrhunderte vor, wo ein Ranuzio 
3. als Befehlöhaber der päpftlichen Truppen genannt wird. 1545 erwarb es 
die Herzogthümer Parma u. Piacenza, die es bis zum Tode des Ichten Herzogs 
Anton (+ 1731) behielt, worauf fle an das Haus Bourbon übergingen. Bes 
rühmte Glieder dieſes Haufes find: 1) Pietro, Anführer der Slorentiner gegen 
die Piſaner, die er 1363 gänzlich beflegte, in’ welchem Jahre er audy an ber 
Vet farb. — 2) Aleſſandro, fiehe Bapft Paul IL. — 3) Pietro Zutg 
ward 1547 von dem Adel Parma's u. Piacenza's ermordet, den er durch ſeine 
Tyrannei zu einer Verſchwörung getrieben hatte. — 4) Ottavto, Sohn des 
Vorigen, fegte fi nad) langen Kämpfen in den Beflg der väterlichen Domänen. 
Sein: Leben, das er dem Glüde feiner Unterthanen widmete, endete 1586. Seine 
Grmahlin, Margaretha von Defterreich, war von 1559 — 1967 Statthals 
terin in den Niederlanden — 5) Aleffandro, Herzog von Parma u. Piacenza, 
geboren 1546, folgte Ottavio 1586. Er verrichtete feine erfien Maffenthaten 
unter Don Juan dMuſtria, zeichnete fich in der Schladyt bei Lepanto 1571 aus, 
länzte als unerfchrodener, flegreicher Kührer gegen die empörten Ricderlande u. 
te das fpanifche Eroberungdheer nady England führen, wann die Armaba bie 

eere gereinigt hätte. Er unterftügte dann die Riguiften gegen Heinridy IV., den 
er zur Aufhebung der Belagerung von Barid u. von Rouen nöthigte. Er flarb an 
be delgn einer Wunde, die er bei der Belagerung von Caudebec empfangen 
atte 

Farneſiſcher Stier heißt die berühmte, jetzt im Muſeum zu Neapel be⸗ 
findliche, antike Marmorgruppe, ein Werk des Apollonios u. Tauriskos, welche 
einen wilden Stier darſtellt, an deſſen Hörnern Dirke von ihren Brüdern Am⸗ 
phton und Zethos, wegen Mißhandlung ihrer Mutter, gebunden wurde. Schon 
Plinius erwähnt ver eberfiebelung diefer Gruppe nah Rom, wo fie, nachdem 
fie früher die Bibliochef des Afintus Pollio und die Bäder Caracalla's geztert 
hatte, 1546 wieder aufgefunden u. mit mehren antifen Meifterwerfen (. B. dem 
auf der Keule rubenden koloffalen Herkules, der Flora u. U.) in den von Mich. 
Angelo erbauten Palaft Farnefe u. von da 1786 mit der Farneſiſchen Erbichaft 
nach Neapel kam. 

Barder oder Kärder, eine zu Dänemark gehörige, aus 25 Eilanden bes 
fiehende, Injelgruppe in der Rordſee, zwifchen 61 — 62° 20‘ nördlicher Breite u. 
18° 50° — 20° +4° öftlidyer Ränge, 85 Meilen von Norwegen entfernt, mit 
einem Flaͤcheninhalte von 234 [J Meilen und ctwa 7,500 Einwohnern, die fich 
auf 17 Inſeln vertheilen, da die übrigen unbewohnt find. Das größte der Ei⸗ 
lande iR Strömoe, mit einem Areal von 64 [J Meilm u. 1,700 Einwohnern. 

Die Infeln find bloße Felſen, zum Theile bafalııfch, von großen Höhlen burdy 
zogen; die Ufer, die mit oft mehr ald 1000 Fuß hohen Felswänden — in's 

Meer hervorragen, find voll zerriſſener Buchten. Zahlreich find Heine Sen, 
oft in tiefen fchaurigen Thälern, u. hohe Waſſerfälle. Der Boden iſt nur zum 
Theile mit Erde, in manchen ®egenden aber das ganze Jahr mit Schnee be 
det. Das Klima if in hohem Grade ein Infelflima, u. der Winter, im Ber 

hältniffe zur hoben nördlidyen Lage, fehr mild, der Sommer aber feucht u. die 

Witterung unbefländig. Der längfte Sommertag dauert 20 u. der kuͤrzeſte Win⸗ 

tertag 4 Stunden. Bäume gibt es der furchtbaren Stürme wegen nicht; dafür hat 

man Torf und Steinfohlen. Der Aderbau iR unbedeutend, Gerſte wird felten 

teif, Dagegen gedeihen die Kartoffeln. Bon Bedeutung {ft die Viehzucht, namentlich 

die der Schafe, von denen ein Bauer oft 3—400 Stüd hat. Unermeßlich iR vie 

Zahl der Seenögel, worunter auch die Eidergans u. weiße Raben. Die Ein 

mwohner find den Isländern nahe verwandt u. reden auch einen Dinleft derſelben. 

Ausgezeichnet iſt ihre Gefchidiichkeit ald Schiffer. Sie weben Wollzeuge und 

Rriden Strümpfe und Handſchuhe, die ausgeführt werden. Der Verkehr mit an« 

dern Laͤndern iſt übrigens, der ftarfen Meereöfrömungen n. faft andauernd wehen⸗ 
Den Seftigen Winde ‚halber, nicht von großer Beveutung. Eine hoͤchſt merkwür⸗ 


Farquhar — Farniſtau. 117 


ber beglaubigte Erſcheinung iſt der Ausbruch einer Schnupfenfrankheit unter 
ngeborenen, fobald ein fremdes Schiff hier landet. Die Inſeln flehen unter 
Imtmanne, der zugleich Commandant iſt. Ow. 
ırqubar, George, geboren 1678 zu Londonderry in Irland, verließ die 
zät zu Dublin, um die Bühne zu betreten. Wis er während feines 
ptelerlebens einft aus Verfehen in einer Tragödie einen andern Schau- 
perwundete, begab er fidy nad) London, wo er ſich nun der dramatifchen 
Relerei ausſchließlich widmete. Beſonders gelungen find feine Zuftfpiele. 
das erfte derfelben, »Love and a bottles (1698) hatte großen Erfolg. 
le Zeit erhielt er durch Lord Orrery's Gunft eine Lieutenantsftelle. Bon 
brigen Stüden gelten für die gelungenften: »The constant couples (1700); 
ırry Wildairs (1701); »The recruiling oflicess (1706) u. »The beaux 
ms (1707). — Roc ſind 5.8 Stüde nicht ganz von den Repertoire der 
nm Bühnen verfchwunden. 
arru oder Farrnkräuter (Filices), eine Planzenfamilie der Krypto⸗ 
(ſ. d.), unter denen die %. größten und entwidelften find. Sie haben 
'inen deutlichen, im Innern mit einem harten, mannigfady geformten Ge⸗ 
el verfehenen Stamm, der bei unferen einheimiſchen Arten unter der Erbe 
n oder kriechend, bei einigen ausländifchen aber aufredht, baumartig iſt 
an eine Höhe bis zu 30 Fuß erreiht. Ihre Biätter, welche Wedel 
5) genannt werden, find bald einfach, bald auf die mannigfachfte Art ein- 
ten und in der erftern Zeit ihrer Entwidelung ſchneckenförmig eingerolt. 
imkörner befinden fich in einer Art Keiner Kapfeln auf der Rüdfeite, oder 
nde der Wedel. Die 5. haben gerne Feuchtigkeit, Wärme u, Schatten. 
leben die meiften Arten in heißen Gegenden, wo mehrere einen nährenden 
tot enthalten. Viele von den Arten bei uns enthalten einen bitteren Grund⸗ 
der manche Species darunter nüglich in der Heilfunde macht, indem fie 
ittel gegen Eingeweidewürmer dienen. Faſt alle F. find reich an Laugen 
onnen auf Potaſche benügt werben. aM. 
arfiltan oder das Land Fars, eine Provinz des perfifchen Reichs, grängt 
rden an Irak-Adjem, im Often an Kerman, im Süden und Wellen an 
fiichen Meerbufen und im Welten an SKufiftan, hat einen Fläcdheninhalt 
131 [I Weiten und 1,700,000 Einwohner. Bodenverhältniffe und Klima 
s verſchieden. Die weite Küftenftrede ift größtentheils fteil u. ſchwer zu- 
), mit den Vorgebirgen Boftana, Sertes u. f. f. u. den Häfen Abuſchär, 
- Kongun, Bender-Nakhilu. Das Innere wird von den füpöftlichen Fort: 
n des Zagrosgebirged durchzogen, die eine Höhe von 8000 Fuß erreichen 
) auf der einen Seite nady der innern wüften Hochebene Irans, auf der 
in mehreren Terraffen nach dem perfiſchen Vleerbufen abdachen. Im 
ften tritt das Baktiarigebirge mit feinen verfchicdenen Zweigen ins Land, 
egen feiner phyfiſchen Befchaffenheit und feines verfchiedenen Klima’s, in 
ir (d. h. das heiße Land), an der Küfte, u. in Serdfir (d. h. das kalte 





120 Baften. 


in der Zeit vom Afchermittwoche bis zum Gharfamftage inclusive, in welche 
an Sonntagen zwar weder das jejunium, noch die Abſtinenz geboten, jedo« 
vermifchte Gebrauch erlaubter u. verbotener Speifen unterfagt ift; b) am 
woch, Freitag und Samstag der Duatemberzeit (die Duatember- und Ftol 
fallen in jede der vier Jahreszeiten, auf daß alle Zeit durch F. Gott gewe 
geheiligt werde). c) An mehreren Vigillen oder Borabenden grober Ser 
ern, der allerfeligften Jungfrau, ver Apoſtel und anderer Heiligen; d) a 
ittwochen und Freitagen ded Adventes. Zur bloßen Abſtinenz An die $ 
Hifen verbunden an allen Freitagen (einft au Mitiwochen) u. Samdtage 
Jahres. Es Hat indeſſen die fatholifche Kirche in Betreff der eben angegt 
Fafentage die Indulgenz eintreten laffen, daß in der Quadragefima nur da 
junium opder eigentliche J., nicht aber auch zugleich die Enthaltung von F 
peifen (abstinentia) zu beobachten if. Nur an wenigen Tagen der 40tägige 
nänlih am ittwoch, an allen Freitagen und den drei letzten Tage 
Eharwoche, oppelte F., jejunium cum abstinentia, zu halten. Yu 
Tauben Decennien die Bifhöfe des fatholiichen Deutfchlande 
J an den gewöhnlichen Sameiogm des J 
im ihren Fafttagen von der römijchen etwa 
j firengere Duadragefimalfaften ſchon in ! 
ac) dem Sonntage Quinquageſtma, 
usnahme des Charfamstages, ein g 
en Photius, eine gar arge Keherei. — 
Eremtion vom Kirchlichen Faftengebote Tann eintreten, und zwar 1) von de 
ſtinenz: bei Kranken, Armen, Reifenden, Soldaten und Dispenfirten; 2) vor 
junium: bei Leuten von einem Alter unter 21 und über 60 oder 70 Jahre 
Kranken, ſchwere Arbeiten Berrichtenden, Schwangern und Säugenden. S 
über die Art u. Zeit des F.s in der Fatholifchen Kirche. Das Gebot zu faf 
auf das göttliche Wort gegründet (Joel 2, 12.; Matih. 6, 17.; 9, 15.5 
13,2.). Das F. wird in der fatholifhen Kirche nicht bloß als ascetiſches? 
zur Erleichterung der Herrfchaft des Geiſtes über den Leib betrachtet, fc 
lt auch ala ein, an ſich verbienftliches, heiliges Werk. Wie Unrecht ma 
Katholiken thut, wenn man fie ihrer Faſten halber inſultiren wollte, le 
ſchon aus dem faſt allgemeinen Bölterconfens ein. Denn nur bei den Proi 
ten iſt das F. faſt gänzlich abgefommen. Bei den Indiern machte daffelbe 
in den Älteften Zeiten eine der Kaflelungen der Fallrs aus. Wer ſich b 
„Aegyptiern dem Dienfte der Iſis weihen, oder diefer Göttin opfern wollte, 
fi) durch langes F. abtödten. Die Griechen fafteten bei ver Einweihung, ı 
eleufinifchen Myfterien; die Römer ale 5 Fahre zu Ehren des Gerd. Die 
Juden fafteten am großen Verſoͤhnungsfeſte, und die heutigen haben, außer 
Menge Heinerer 5., fünf Hauptfafltage. Selbft die Amerifaner Fannten, a 
Europäer zu ihnen kamen, das von der Religlon gebotene F. u. hielten e®. 
firengfte F. beobachteten indeſſen die Mohammebaner und Griechen. Im M 
Ramadan darf fein Mufelmann, vom Aufgange der Sonne an bis zum Sid 
erben des erflen Sternes, einen Biſſen eſſen. Sogar Kiyfiere oder Medlı 
nehmen, iR zu baden, ein Weib zu küffen, Parfum zu gebrauchen u. vergleich 
frafbar. Die Griechen aber dürfen von Oufnquagefima bis zum Oftertage 
Fleiſch, noch Gier, noch Lakticinien, noch Wein u. Del genießen. In der Ehar' 
aber faflen fie an den drei lebten Wochentagen janz; höchftens nehmen 
Waſſer und Brod ein. — Was die Irrthümer ir, welche gegen das 5. fi 
hoben haben, fo theilen fie +) in zwei einander biametral entgegeng 
Elaffen, zwiſchen welchen die Kirche fich ſtets in der rechten Mitte gehalten 
Einige Ketzer haben nämlich gelehrt, manche Speiſen ſeien ihrer Natur nad 
rein. Dieß wurde über das Fleiſch allein von den Ebioniten, Enfratiten, € 
flanern, Arlanern, Priscillianiſten u. Apoftolifern behauptet. Die Manichäer 
den Im Weine etwas Böfeb u. Unreines. Der Koran hält für unrein: das 





rast — Trtnade. ge: 
se Gier ı BD: nr Einer Heuer Soden Dapaa gen u in N 
mar Icz Ext. more ir mmr nnd .: mmdma man Blon na isn 

WITZ Ironman no3 Sir mon $erarder hr neiuaee run nr dr 
aa r Summer art mr men I were Si un Sen W 
uätmer Benni Bart Enemy Tobit ı Ro mrpetage no gyer in 
tale Bei: nam sa 

Fass 8: ües. vor Far gr::.:2:8 Kia Noer N den Nöwen v 
sche Ir Zap sr pm nn: Üirıgınn I Ro,zor vor Va War 
naehasber nororı:: more Sm. Mi WU om Termine, were 
ee Jane snocme®= meer wine Nmicle Fo xmerr. . en meine Mer 
kaier ır an Br: ter midi Ar Wir ni mir. 1 Fıesacr am 
Kaleadares 84 22 fir armen mA u Bart. Nom un? 
sb ve Reuririh 2 Sartre Re N te Wan 
derie: dex Hadictt tesc.zihn: Ne Erdnaung et Nam u. zugliud den ut- 
taca zmuber der Rıemd.n z. ea Dann an. Ri den Namen wirmmmiic A 
ne Laneef m Rım, um non iu Rex Satan Ne ZaN und Ne Sagce Mi 
Eee währen ma Minsk cu efisiren Gden Na wire die vprivrioanien We 
mgen beiragt, an meiden Tagen Gerichtäſachen cingedraht werden Finnen 
Deſe artibi:rklicde, arräcdng mare Kenntnta. dic zugleich eine Qucle der 
Nacht und des Sewinnck war, wurde endlich von einem Schreider des Appiv« 
EUcas, Dem Cutiuâ Klariuf, veröftenttict und auf Tafeln auf dem Norm dem 
gazıen Bolfe maingiih gemacht. Dieſe &. mibichten mar die Monate u. Taue 
des Jahres, tie Nenn, Iden, Nundnien, dies fasti, nefasti !c., eh Angade Ber 
dee, aſtronomiſchen Bemerkungen, kurzen Berichten üdır Keſte, Wertung von 
Tempeln, Siegen u. Unfäßen. Tas berühmte gleichnamige Wat Ovid'e u cine 
yoettihe Bearbeitung der F. des Julius Cãſar, welcher Dad röomiſche Yabr nen 
gekattete. Bruchflüde iener F. find au verſchiedenen Zeiten entdedt wenden, dodh 
reichen ſie nicht über das Zeitalter des Muguftue binauſ. Um demerlendwertheſten 
find die F. Verriani oder dad Kalendnrium Pramestinum, welchea Suetonindeen 
wähnt u. 1770 in dem heutigen Raleſtrina (früher Riäneſte) aufgefunden u won 
dem Jtaliener Foggini (Rom 1779) veröffentlicht wurde, 88 enthalt nun bar 
Monate Januar, Mürz, April und "December, won fpilter ein Meiner Theil den 
Monats Februar kam. Foggini zäblt zugleich alle übrigen 11 Vruchflucke ſolchern 
F. auf. Bergl. Ideler, „Handbuch der Chronologle a.” (Vecil 1020) p. 
annales oder historici; dieſe ſind Chronilen, welche Die Namen der böchſten 
Magiſtrate u. eine kurze Angabe der Ereigniſſe ded Jahrro enthlelten, und wegen 
ihrer Aehnlichkeit mit den F. sacri fo genannt wurden. "Dichter gebrauchen dalıı 
F. oft in dem Sinne von Gefhichtsbud; Proſailer veiſtehen darunten meifl 
einen Theil der öffentlichen Archive, nämlich Die Regiſter der Bontuln, "Dietutoren, Ar 
foren u. a. Magiftrate. Ein fehr wichtiges Bruchſtück ſolcher 4., die wahrſchelnllh 
gi Anfang der Regierung des Tiberlus angefertigt winden, IM 19-47 au Mom 
wieder aufgefunden worden u. als F. Capitolini belannt, weil cd Gardinal Ar 
nefe (Paul 1.) auf das Capitol bringen lich. In den Jahren 1417 und dm 
famen neue Bruchftrüde dazu, wovon Bor gheſe (Mallınd 1414 ein Auneflnlie 
druden ließ. 

Faſtnacht (Fasnacht, oberveutfh Faſching, wahrfchrintih vom mttrl- 
bochdeuiſchen vafen = ausſchweifen; im 15. u. 16. Jahrhunderte Aafınacht mm 
F., mit dem Hinblide auf die unmittelbar darauf eintretende Mirchliche Auflenaelt) 
— heißt feir vem 6. Jahrhunderte die Bigille der Quadrageſimalfaſten, uner nei 
ne dem Afchermittwoch; audy die drei Tage, welche viefem vordngehen 
Eden im Mittelalter wurde die A. durch allerlei Lufbarlelten u. Utoſſen gefelen 
(ĩ. Rarrenfefte). Befonderd in Italien hat ſich dieſe Sitte erhalten, aber auch 
ta Eüddeumchland und andermärs ift man felt einer Reihe vun Jahren hemuht, 
pre audeutſche derbe Froöblichkeit Dieter Tage wieder ins Lehen surlidaurufen (Bine 
were Wuspehnung ver 3. war ber Carneval (von carı alu), vn A Wer 


\ 


120 daſten. 


in ber Zeit vom Aſchermittwoche bis zum Charſamſtage inclusive, in welcher Je 
an Sonntagen zwar weder das jejunium, noch die Abftinenz geboten, jedoch de 
vermifchte Gebrauch erlaubter u. verbotener Speifen unterfagt if; b) am Mitı 
woch, Freitag und Samstag der Duatemberzeit (die Duatember- und Brohns? 
fallen in jede der vier Jahreszeiten, auf daß alle Zeit durch F. Gott geweiht ı 
jeheiligt werde). c) An mehreren Vigillen oder Worabenden großer Befte de 
kam, der allerfeligften Jungfrau, der Apoftel und anderer Hal en; d) an be 
tttwochen und Sreitagen ded Adventrs. Zur bloßen Abſtinenz find die Kathe 
Uifen verbunden am allem Freitagen (einſt auch Mittwochen) u. Samdtagen de 
Jahres. Es hat indeſſen die Fatholifche Kirche in Betreff der eben angegebene 
Fafterttage die Indulgenz eintreten lafien, daß in der Quadragefima nur das je 
junium eigentfiche F., nicht aber auch zugleich die Enthaltung von Sie 
peifen inentia) zu beobachten iſt. Nur an wenigen Tagen der A0tägigen F 
nämlid am ittwoch, an allen Freitagen und den drei legten Tagen de 
oppelte $., jejunium cum abstinentia, zu halten. YAud cı 

Decennien die Bifchöfe des fatholiichen tfchlands vo 


Fletſch⸗ an den gewöhnlichen —— des Jahre 


Die gi ft he w, im ihren Fafttagen von ber röm — etwas al 
Denn in ber erſere das firengere Duadragefimalfaften ſchon in der 7 
Woche vor * ana dem Sonntage Dufnquagefima, u. i 
das F. an einem Ft usnahme des Charfamstages, ein große 
Uebel, ja, nach dem rten chen Photlus, eine gar arge Keherei. — Ein 
Eremtion vom kirchlichen Saftengebote fann eintreten, und zwar 1) von ber Al 
ſtinenz: bei Kranfen, Armen, Reifenden, Soldaten und Dispenfirten; 2) vom Jı 
junium: bei Leuten von einem Alter unter 21 und über 60 oder 70 Jahren; bi 
Kranken, ſchwere Arbeiten Verrichtenden, Schwangern und Säugenden. So viı 
über die Art u, Zeit des 5.6 in der kathollſchen Kirche. Das Gebot zu faften i 
auf das göttliche Wort gegründet (Joel 2, 12.; Matth. 6, 17.; 9, 15.5 Apr 
13,2.). Das 8. wird in der Fathofifchen Kirche nicht bloß als ascetiſches Mitt: 
zur Erleichterung ber Herrfchaft des Geiſtes über den Leib betrachtet, fonder 
gu aud als ein, an ſich vervienftliches, heiliges Wert, Wie Unrecht man de 
atholifen thut, wenn man fie ihrer Faſten halber infultiren wollte, leucyt: 
ſchon aus dem far allgemeinen Bölferconfens ein. Denn nur bei den Proteftar 
ten iſt das F. faſi gänzlich abgefommen. Bel den Indiern machte daffelbe ſcho 
in ben Alteften aut eine der Kaftelungen der Falls aus. Wer fich bei de 
„Aegyptiern dem Dienfte ver Iſis welhen, oder diefer Göttin opfern wollte, muß 
fid) durch langes F. abtödten. Die Griedyen fafteten bei der Einweihung in di 
eleufinifchen Myferien; die Römer ale 5 Jahre zu Ehren des Geres. Die alte 
Juben fafteten am großen Verföhnungöfefte, und bie heutigen haben, außer eine 
Menge Heinerer $., fünf Hauptfafltage. Selbft die Amerikaner kannten, als di 
Europäer zu ihnen kamen, das von der Religion gebotene F. u. hielten ed. Da 
firengfte 5. beobachteten indeſſen die Mohammebaner und Griechen. Im Monat 
Ramaban darf fein Mufelmann, vom Aufgarge der Sonne an bis zum Gichtbaı 
werben des erſten Sternes, einen Bifien efjen. Eogar Klyſtiere oder Medizin z 
nehmen, ig zu baden, ein Weib zu kuüͤſſen, Parfum zu gebrauchen u. dergleichen I 
firafbar. Die Griechen aber dürfen von Dulnquagefima bi zum Dftertage wede 
Fleiſch, noch Eier, noch Lalticinien, nody Wein u. Del genießen. In der Charwoch 
aber faſten fie an den drei legten Wogyentagen ganz; hoͤchſtens nehmen fie d 
Waſſer und Brod ein. — Was die Jrrihümer betrifft, welche gegen das $. ſich cı 
hoben haben, fo theilen fie ſich in zwei einander biametral entgegengefeht 
Claſſen, zwiſchen welchen die Kirche fich ſtets in der rechten Mitte gehalten hai 
Einige Keger haben nämlicy gelehrt, mandye Speifen feien ihrer Natur nach un 
rein. Dieß wurde über das Fleiſch allein von den Ebioniten, Enfratiten, Euſta 
flanem, Arlanern, Priscillianiſten u. Apoftofifern behauptet. Die Manichäer fan 
den im Weine etwas Böfes u. Unreines. Der Koran Hate für unrein: das Blut 





Fastt— Faſtnacht. 121 
bad Erftidte u. die von Wölfen berührten Sachen. Dagegen ging die Lehre, bap 


mar feine Speife, weder für immer, noch für manchmal, weber Allen, noch Gin 
Kr weder überhaupt noch aus einem befondern Grunde verbieten fünne, von den 
olaiten u. Balentinianern aus, und wurde in neuerer Zeit durch Luther, Me: 
lanchthon, Brentius, Calvin, Ehemnig, Dalläus u. A. vorgetragen u. gegen die 
latholiſche Kirche behauptet. 24. 

Fasti (sc. dies; von Fas göttliches Recht), hießen bei den Römern ei⸗ 
gentlidy die Tage, an denen, ohne Verlegung der Religion, von dem Prätor Ger 
richtsſachen verhandelt werden Fonnten. Die Bücher oder Berzeichniffe, worin 
dieſe Tage angemerkt waren, wurden cbenfalld F. genannt, u. im weiteren Sinne 
beißen fo auch Regifter verfchiedener Art. Man unterfcheidet: 1) Fiesaori oder 
Kalendares. Bis ins fünfte Jahrhundert nady der Gründung Roms befund 
ſich die Kenntniß des Kalenders im ausfchließlidhen Beſitze der Prieſter. Einer 
derfelben Fündigte regelmäßig die Ericheinung des Neumonds u. zugleich den Zeit⸗ 
raum zwiſchen den Kalenden u. den Nonen an. An den Ronen verfammelte fidy 
das Landvolk in Rom, um von dem Rex Sacrorum die Zahl und Die Tage der 
Feſte während des Monats zu erfahren. Eben fo wurden die privflegirten We- 
nigen befragt, an welchen Tagen Gerichtöfachen eingebracht werden könnten. 
Diefe ausfchließliche, eiferfüchtig bervachte Kenntniß, die zugleich eine Duelle der 
Nacht und des Gewinnes war, wurde endlich von einem Schreiber des Appius 
Cacus, dem Enejus Flavius, veröffentlicht und auf Tafeln auf dem Forum den 
ganzen Bolfe zugänglidy gemacht. Diefe 3. enthielten meift die Monate u. Tage 
des Jahres, die Nonen, Iden, Rundnien, dies fasti, nefasti ıc., nebft Angabe der 
Gefte, aftronomifchen Bemerkungen, kurzen Berichten über Feſte, Weihumg von 
Iempeln, Siegen u. Unfällen. Das berühmte gleichnamige Werk Opid's ift eine 
poetiiche Bearbeitung der F. des Julius Gäfar, welcher das römiſche Jahr neu 
geftaltete. Bruchflüde jener F. find zu verfchienenen Zeiten entdedt worden, doch 
reichen fie nicht über das Zeitalter des Auguſtus hinauf. Am bemerfenswertheften 
find die F. Verriani oder das Kalendarium Praenestinum, welches Suetonius er⸗ 
wähnt u. 1770 in dem heutigen Paleſtrina (früher PBränefte) aufgefunden u. von 
dem Italiener Soggint (Rom 1779) veröffentlicht wurde. Es enthält nur die 
Monate Januar, März, April und December, wozu fpäter ein Kleiner Theil des 
Monats Februar fam. Foggini zählt zugleich alle übrigen 11 Bruchftüde folcher 
F. auf. Bergl. Ideler, „Handbuch der Chronologie 20.” (Berl. 1826). — 2) F. 
annales oder historici; dicfe find Ehronifen, welche die Namen der höchſten 
Magiftrate u. eine kurze Angabe der Ercigniffe des Jahres enthielten, und wegen 
isrer Aehnlichkeit mit den F. sacri fo genannt wurden. Dichter gebrauchen daher 
F. oft in dem Einne von Geſchichtsbuch; Proſaiker verftchen darunter meift 
anen Theil der öffentlichen Archive, nämlich die Regifter der Conſuln, Dictatoren, Gen: 
foren u. a. Wagiftrate. Ein fehr wichtiges Bruchſtuͤck ſolcher F., die wahrfcheinlich 
a Anfang der Regierung des Tiberius angefertigt wurden, ift 1547 zu Rom 
wieder aufgefunden worden u. als F. Capitolini befannt, weil e8 Cardinal Far— 
nefe (Paul 1.) auf das Capitol bringen lich. In den Jahren 1817 und 1818 
famen neue Bruchftrüde dazu, wovon Borghefe (Mailand 1818) ein Facſimile 
druden ließ. 

Faſtnacht (Fasnacht, oberveutfch Faſching, wahrfcheinlidy vom mittel: 
bochdeutfchen vafen = ausfchweifen; im 15. u. 16. Jahrhunderte Faßnacht und 
F., mit dem Hinblide auf die unmittelbar darauf eintretende kirchliche Faftenzeit) 
— heißt feit dem 6. Jahrhunderte die Vigilie der Duadragefimalfaften, oder der 
Tag vor dem Afchermittwoch; aud) die drei Tage, weldye dieſem vorangehen. 
Edon im Mittelalter wurde die %. durch allerlei Luftbarfeiten u. Poſſen gefeiert 
(. Rarrenfefte). Befonders in Italien hat ſich diefe Sitte erhalten; aber aud) 
in Süddeutfchland und anderwärts ift man feit einer Reihe von Jahren bemüht, 
bie altbeutfche berbe Froöblichkeit biefer Tage wieder ind Leben zurüdgurufen. Kine 
weitere Yusbehnung ber &. war ber Karneval (von caro vale?) , ver Ah ar 


122 Faſtnachtſpiele — Fatimiden. 


erſt in Italien bildete, aber nun überall Rahahmmg gefunden bat, und bie Zeit 
vom Tage nach dem Dreiföntgöfefle bis zum F.⸗Dienſtag vorzüglich der öffents 
lichen Luſtbarkeit widmet. | 

Faſtnachtſpiele, niedrigkomiſche Burlesken, welche im 13. Jahrhunderte in 
Deutfchland aus den Mummereien bervorgingen, die in den legten Sagen und 
Nächten vor Beginn der Faſten gebräuchlidh waren; die erflen Spuren einer 
Bühne in Deutfchland. Man pflegt ihren Urfprung auf die lateinifchen Spiele 
der Alten zurüd zu leiten, u. wirklich erinnern fie ſiark an die römifchen Satur⸗ 
nalten: denn auch bei ihnen wurde ben darftellenden PBerfonen von dem Gaſt⸗ 
geber, vor dem fie aufgeführt wurden, eine gaftliche Bewirthung zu Theil, wie 
man im Alterthume den Spielern ein Faß Wein oder einen Bod zum Opfers 
ſchmauſe verehrte. Gottſched u. Flögel erflären ihren Urfprung dadurch, daß um 
die Zeit der Faften junge Burfche fidh verfieideten und aus einem Haufe in das 
andere zogen, um ihre Freunde und Belannte gu beluftigen. Dieß führte allmälig 
zu wirklichen Borftelungen, bie mit einem Dialog, zulegt fogar mit fcentichen 
Anordnungen, verbunden waren u. das weltliche Element, dad fie aus den Myſte⸗ 
rien fchted, Hanswurſte an der Spike, in fi) aufnahmen. Im Anfange wurden 
die Stüde, nachdem man Form und Inhalt befprochen, improvifirt; der anord⸗ 
nende Dichter, der zugleich Schaufpieler war, hieß Schaufprecdher; die Spieler, 
zu Nürnberg meift aus Tünchern, Bürftenbindern, Scheibenziehern, Dadydedern 
ıc. beftebend, führten ihre ganze Garderobe, ein paar Schäferfleiver u. Bärte, In 
einem Sade mit; ſie flellten 4 Bänke ind Quadrat und legten ein paar Bretter 
darauf und die Bühne war fertig. Beſonders blühten die %. in den fündeutfchen 
Reichsſtädten: Memmingen, Augsburg u. namentlidy Nürnberg; letzteres hatte fo- 
gar ein eigens dafür gebautes Theater, freilich ohne Dad, und die Schaufpieler 
gehörten zur Zunft der Meifterfänger u. hatten ihre eigenen Herbergen, ihre Alt 
gefellen und ihren Gruß. Die Reihe der namhaften Dichter gefchriebener F. er- 
öffnet der Meifterfänger H. Folz; ihn ‚übertrifft an ungegügelten Scherzen H. 
Roſenplüt, während Hans Sachs das F. zu kunſtmäßiger Geſtalt erhob. 
Ihm nad eiferten Widram, P. Probſt u. Ayrer. 

Fatalismus oder Schickſals glaube, heißt diejenige Meinung, daß die Reihe 
der Weltbegebenheiten durch eine blinde, nach keinen vernünftigen Zweden beftimmte, 
unabwendbare NRothwendigfelt (Fatum f. d.) erfolge. Diefer Glaube an einen 
unabänderlidhen Schidfalsfprudy, wornady das Geſchick des Menfchen bis in das 
Einzelnfte fo feft beftimmt ift, daß ihm die Freiheit, feinen eigenen Weg zu gehen, 
oder zwifchen mehren Entfchlüffen eine Wahl zu treffen, völlig genommen erſcheint, 
iſt ſchon uralt, und bildet einen eigenen Blaubensartifel im Islam (ſ. d.). Die 
Encyelopädiften (f.d.) fuchten den F. theils philofophifch zu begründen, theil® 
durch populäre Schriften, (wie 3. B. in dem berüchtigten Roman Jacques le fa- 
talish) im Publifum zu verbreiten. Zu welcher Unmoralität der F. nothiwendig 
führen muß, legt jedem Ghriften, audy ohne nähere Hinweifung, Far vor Wugen. 
Bol. übrigend die Art. Determinismus und Prädeftination, 

Fata morgana, oder Seegeftichte, find — befonders auf der Küfte der 
ſicilianiſchen Meerenge — bei heiterem, warmem und ftillem Wetter über dem 
Meere kurz nad) Sonnenaufgang auffteigende Lufterfcheinungen, die fidy oft zu 
feltfamen Bildern von Schiffen, Thürmen, Schlöffern, Kirchen, Kiöftern, Män- 
nern, Frauen, Reitern, Gärten, Feldern, pflügenden Ochfen, mit Obft beladenen 
Laſtthieren ıc. gefalten u. aus den, von der Sonne emporgezogenen, Meereödünften 
entfiehben. Mit den emporfteigenden Dünften ſcheinen fi) die Geftalten in die Luft 
au erheben, bilden ein Chaos und verſchwinden nach völligem Aufgange der Sonne. 
Der Bolföglaube fchrieb dieſe Erfiyelnungen der See Morgana (F. M.) zu, 
und benannte fie auch nach ihr. 

Fatimiden, Name einer arabifhen Dynaftie, deren Gründer - Mahapi 
Obaidallah (910—934) iſt, der fidy für einen Abkömmling der Fatime, ver 
Tochter Mohammeds und des IJs mael, eines Enfeld des Ali, ausgab. — Die 


Fatum — Faulthiere. 123 


8. übernahmen im Anfange des 10. Jahrhunderts die Regierung über Afrika, 
Aegypten und Enrien, gaben diefen Reichen 14 Fürflen, verloren'aber gegen da 
Ende des 12. Jahrhunderts ihre Herrfchaft an den Türfenfultan Saladin. 

datum ift bei den alten Römern theils, gleidy ver griechifchen Aida, 
ver auegeſprochene, unabänberliche Wille der Gottheit; theils die Schidfaldgöttin, 
As legtere auch Parca genannt. Diefe war urfprünglid nur ine, und be⸗ 
nimmie das Schidfal des Menfchen gleidy von feiner Geburt an: daher aud) 
Barro bei Gellius Parca von partus ableitet. Später hat man, zur Llebereinftim- 
mung mit den drei Moipaı der Griechen, drei Barzen (f. d.) angenommen. — 
Ver Rama »fata scrıbendas für die Schidfaldgottheit weist offenbar darauf hin, 
daß man ſich diefelbe dachte, wie fie die Schidjale des neugeborenen Menſchen 
n ein Buch, oder auf eine Tafel aufzeichnet, worauf nicht allein bie Mobil: 
dungen, fondern auch die Sitte, am legten Tage der erften Lebenswoche. ded Kins 
des u. U. auch die fata scribenda anzurufen, hindeutet. — Man bat indeflen das 
5. nicht für eine Macht zu halten, die über der der übrigen Götter ſteht (eine 
Vorſtellung, die der roͤmiſchen Mythologie ganz fremd if), fondern vielmehr für 
cın bloßed Werkzeug der höheren Mächte und eine Mittelöperfon zroifchen diefen 
und den Menfchen. — Die romiſchen Dichter fchließen ſich bei Ihren Schilderun⸗ 
gen der Parzen ganz der griechiſchen Mythologie an (Batull. 64, 306), nur ſpin⸗ 
nen fie bier hänfene Fäden, bei den Römern dagrgen wollene. — Ueber die Tria 
Fata auf dem römifchen Forum f. Procop. Bell. Goth. 1, 25; Bunfen, Be 
fihreibung Roms 3, 109, 118. 

Bauche-Borel, Louis, geboren zu Neufchatel 1762, Tieß fih als Buch⸗ 
pruder in Paris nieder, wo er beim Beginne der Revolution in Verbindung mit 
der öntalicyen Kamille fam, deren Intereſſen er nun unausgefegt zu dienen bemüht 
war. Mehrmals verhaftet, aber jedes Mal, tbeild durch eigene Gewandtheit, 
theil® durch die Verwendung Preußens, wieder auf freien Buß gefeht, flarb er 
1829 als vreußiſcher Generalconful in feiner Vaterſtadt, nachdem er erft von 
Karl X. eine Benflon von 5000 Fr., als Entfchädigung für die Aufopferung ſei⸗ 
ned Vermögens für die Sache der Bourbons, erhalten hatte. 

Faujas de Saint-Fond, Barthelemy, ein gelehrter, franzöfifcher Na⸗ 
turforgcher, geboren 1750 zu Montellmart (Dröme) bereiste im Intereſſe der Nas 
turgefchichte, befonders der vulfantfchen Bildungen und der Geologie, den ge 
tin Theil Europa's und Amerifa’s, entdedte 1775 am GChenavary, einem Berge 
Belang, eine reihe Grube Puzzolanerde, das VBergmehl und die Eiſenmine la 
Boulte (Ardoche). Er ftarb 1819 als Profeſſor am Mufeum der Naturgefchichte 
u Paris. Man hat von ihm „Naturgefchichte der Dauphine” (1782), „Mine: 
slogie der Vulkane” (1784), „Reifen nady England“ (1797). 

&aulfieber (Febris putrida, septopyra), eine felbftftändige, nicht felten aus 
anderen Krankheiten ſich entwidelnde Yıcberform, mit aufgelöstem Zuftande des 
Yured und gleichzeitigem Grgriffenfeyn des Nervenſyſtems. Ihm eigenthümlid) 
md: Erfchlaffung ver feften Theile, beveutender Verfall der Kräfte, heftige Hiße, 
itilriechende Durchfülle, Blutungen, Neigung zum Brande u. A. m. Die Ur⸗ 
uchen diefer Krankheit find hauptſächlich foldye Einflüffe, die zur Verderbniß des 
Blutes u. der Eäfte unmittelbar Veranlaſſung geben: Genuß verdorbener Spei⸗ 
in, durch faulende Eubitanzen verderbte Luft, endemifche und epidemifche Ein⸗ 
Rune u. f. w. Die Gefahr ift größer, als bei andern Fiebern, denn von der 
Thätigfeit der Natur ift beim %. nur wenig zu hoffen. Unter Berüdfihtigung 
der Umftände im gegebenen alle gelten im Allgemeinen als Hauptmittel: die Mis 
seralfäuren, fohlenfaures Gas, Kälte, ftärfend zufammenzichende und flüchtig rei- 
ade Subſtanzen. Heder, über Ratur u. Heilart der F., Berlin 1809. Kilian, 
das F.⸗ und Nervenfieber, Bamb. 1809. 

Saulthiere (tardigrada, bradypus), bei Goldfuß Ordnung der Säugethiere, 
bißupier Zunft aus der Ordnung der zahnlofen Säugethiere, haben feine Schneide: 
abne, plumpen, rauhhaarigen Leib, rundes, abgeumpftes Geſicht, kurzen oder kei⸗ 


124 Ä Fauna — Fanfine. 


nen Schwanz, lange Vorderbeine, lange Krallen; einige Wehnlichfeit mit den Affen, 
find fehr langfam in ihren Bewegungen, fcheinen mehr für das Leben auf Bäu- 
men, als auf der Erde eingerichtet zu feyn u. leben von Blättern. Dazu werden 
die Gattungen F. (bradypus), Krüppler (choloepus) und Großthier (megathe- 
rium, letzteres nur foflll) gerechnet. 

Fauna nennt man die Aufzählung und Befchreibung aller, in irgend einer 
Gegend, einem Lande oder Erdtheile einheimifcher Thiere. | aM. 

_. Baunus, des Picus, Mar oder Merkurius Sohn, uralter König der ita⸗ 
Itfchen Aboriginer, durch die Nymphe Marica Vater des Latinus. Nach feinem 
Tode wurde er ein weisfagender Feldarzt. Mit feiner Gemahlin, Fauna oder 
Batua, zeugte er die Faunen, Waldgdtter, deren Stimme in Wäldern und, 
mit paniſchem Schreden, auch in Schlachten gehört wurde. ALS die griechifche 
Religion in Stalten befannter wurde, nannte man ihn auch Pan (f. d.) oder 
Lupercus, und feine Prieſter Luperci. Die Saunen dachte man fidy, wie bie 
griehtichen Panen, al8 frummnafige Waldgötter, mit Hörnern, Schwänzen und 

odfüßen. Ste wurden auch als Beichüger und Mehrer der Heerven verehrt. 
Da aber den ländlichen Gottheiten überhaupt die Kraft der Bermehrung beigelegt 
wurde, machten fie die Dichter zu Tüflernen Weſen, welche wegen ihrer täpptichen 
Zärtlichfelten von den Nymphen überall geflohen wurden. 

Vauriel, Elaude Charles, bedeutender Gefchichtöfchreiber und Literat, 
geboren 1788, geftorben 1844 als Profeffor der neueren Literaturgeſchichte und 
Adjunct an der Föniglichen Bibliothef in Paris. Hauptwerk: „Geſchichte des 
füdlihen Galliens unter der Herrfchaft der veutfchen Eroberer“ (4 Bde., Bar. 
1836). Außerdem lieferte er eine Ausgabe der provengal. Ehronif »Croisade con- 
ire les Albigeois“ (1838), eine Sammlung neugricchifcher Volkslieder, literaͤr⸗ 
biftorifche Vorlefungen, abgedrudt in bes Revue des deux mondes. 

Fauſt over Fuſt, Johann (1466), ein reicher Goldſchmidt in Mainz, der 
fi) mit Quttenberg (f. d.) und Peter Schöffer, feinem Schiwiegerfohne, 
dem es zuerft gelang, die Druderfchwärze zu bereiten, verband, um die Buch⸗ 
druderfunft zu vervollflommnen und in größerer Ausdehnung zu betreiben. In 
Folge eined Streited mit Guttenberg trennte er fi) von dieſem und fegte die 
Druderei mit eigenen Mitteln fort, woher ed gefommen feyn mag, daß %. früher 
allgemein felbit Für den Erfinder der Buchdruderfunft gehalten wurde. 

Fauſt (Dr. Johann). Eine Bolföfage des fünfjehnten Jahrhunderts, wahr- 
ſcheinlich auſgebracht und genährt von Soldyen, die durch %.8 (f. d. v. U.) Be- 
förderung der Buchdruderfunft ihren bisherigen Erwerb durch Bücherabfchreiben 
beeinträchtigt fahen, ließ einen Dr. Johann F., einen berüchtigten Schwarz⸗ 
fünftler tangeblid aus Knittlingen im Württembergifchen gebürtig) auftreten, 
der in Krakau die Magie flubirt haben follte, worin er fpäter auch feinem Fa⸗ 
mulus Wagner Unterridt gab. F. follte einen Bund mit dem Teufel ge- 
ſchloſſen und viele wunderbare Thaten verrichtet haben, zulegt aber vom Teufel 
geholt worden feyn. Kin Volksbuch, %.6 Leben, Thaten und Höllenfahrt, zuletzt 
1834 herausgegeben, befchäftigt fi) ausführlid) mit feinen Schickſalen. Bon 
Dichtern wurde diefe Sage mehrfach benützt; dramatifch bearbeitet vor Allen von 
Göthe, dann von Klingemann und Grabbe; epifh von Bechſtein und 
genau. Zum Ergögen des Volkes fieht man F.s Abenteuer traveftirt auf Ma- 
rionettentheatern aufführen (den Tert des Puppenfpield F. hat Simrod, Frankf. 
1846, zufammengeftellt). Ein berüchtigtes Buch, Fes Höllenzwang, neu aufs 
gelegt Leipzig 1802 und 23, enthält geheimnißvolle Formeln und Vorſchriften über 
die Kunft, Geifter zu beſchwören, gehört aber einer fpätern Zeit an, als die %.-fage. 

Fauſtina, Mutter u. Tochter. Jene, Annta Baleria F., war die Gemahlin 
des römischen Kaiſers Antoninus Pius, und berücdhtigt durch ihr zügellofes 
Leben. Nach feinem Tode vermählte fie fid) mit feinem Nachfolger M. Yure- 
tus Antoninus und farb 141 n. Chr, Diefe, Annia $., übertraf ihre Mut⸗ 


Fauſtinus — Fauftlanpf. 125 


ter noch an Lieberlichkeit: fie wurde allgemein nur die „Soldatenmutter“ ge- 
nannt und ftarb 175. 

Fauſtinus, Heiliger u. Martyrer, gemeinfchaftlich mit feinem Bruder 
Jovito. Zu Bredcia von frommen Eltern adeligen Standes geboren ,' waren 
beide ſchon in ihrer Jugend wegen ihres brennenden Eifers für die Religion und 
ibres mufterhaften Wandels allgemein geiaäst u, ausgezeichnet. — Apollonius, 
Biſchof von Brescia, welcher, um der Verfolgung zu entgehen, fich in eine weit 
entfernte Einöde begab, erfuhr, wie eifrig diefe beiden Brüder geiftliche Liebes⸗ 
werfe übten; er wünfchte deßhalb, fie näher Fennen zu lernen u. glaubte, für 
keine Kirche nichts Erſprießlicheres thun zu fonnen, als die beiden Brüder durch 
die heilige Weihe zum Dienfle Gottes einzuführen. Demnach wurde F., als der 
ältere, zum Prieſter, Jovito aber zum Diakon ordinirt. — Vol res heiligen Gei- 
ſtes traten fie die Verrichtungen ihres neuen Standes an, und ihre eifrigen Pre⸗ 
digten waren um fo wirkfamer, je mehr ihr Anfehen u. ihre falbungsvolle Beredt⸗ 
jamfeit dazu diente, die Gemüther der Zuhörer zu rühren. — Auf Beranlaffung 
eines gewiflen Grafen Italikus entfpann ſich fehr bald eine graufame Verfolgung 
gegen die beiden apoftolifchen Männer, und jener, von Kaifer Hadrian mit aller 

walt audgerüftet, ließ ſogleich die beiden Brüder gefangen ſetzen. Er gebot 
ihnen, den Goͤttern zu opfern, oder der härteften Strafen gewärtig au feyn. Gie 
opferten aber nicht und vereitelten dadurch dem Stalicud jede Hoffnung, feinen 
Zwed zu erreichen; da man aber mit jedem Tage die Anfunft des Kaifers felbft 
erwartete, bielt man es für rathfamer, aus feinem eigenen Munde die Beftim- 
uung des Todesurtheils zweier, von allen Einwohnern fo hoch geachteter, Männer 
zu vernehmen. — Nachdem der Kaiſer die ganze Begebenheit vernommen hatte, 
ließ er die beiden Brüder mit fi) in den Tempel der Sonne führen; aber faum 
waren fie eingetreten, fo verfinfterte ſich augenblidlih das Bild der Sonne, es 
wurde fogar ſchwarz. Zwar befahl der Kaifer es zu reinigen; allein, indem man 
es nur berührte, zerbrady e8 auf das eifrige Gebet der Brüder in taufend Etüde. 
Dieb ſchrieb der Kaifer einer Zauberfraft derfelben zu: vier hungrige Löwen foll- 
ten fie zerreißen; aber dieſe legten fidy zu den Füßen der heiligen Männer ntever 
und drückten durch fchmeichelnde Geberden ihre Unterwürfigfeit aus. Alle Zu- 
fhauer flaunten darüber; felbft der Kaifer, der einen Aufruhr des Volkes befürdy- 
tete, flůchtete in der Angft auf einen feiner Landfiße vor der Etadt. Noch im- 
mer im Wahne, daß die ganze Begebenheit mit F. u. Jovito ein Zauberweırf fei, 
glaubte er demfelben alle Kraft zu benehmen, wenn er die Brüder von Brescia 
fort, durch verſchiedene Städte des Reiches führen ließe. Sie mußten demnad) 
mit einem feiner vorncehmften Offiziere, Balocerus genannt, der als Zeuge fo 
großer, vor feinen Augen gefchehener Wunder ein Chriſt geworden war, in Ket- 
tin nach Mailand wandern. Die Martern, welche ihrer harıten, find kaum zu 
beichreiben. Man goß ihnen gefchmolzenes Blei in den Mund, brannte fie mit 
glübenden Eifen u. fchlug fle auf die graufamfte Weiſe. Während dieſer Beint- 
gungen rief Balocerus mit lauter Stimme: „Hochheilige Martyrer, bittet für 
mid), daß mich Gott ftärfe, in dieſem Eifer bis an mein Ende zu verharrn !“ 
Wen:ge Tage darauf ftarb er, mit der Martvrerfrone geziert. — Als der Kaifer 
wieder nach Rom zurüdfehrte, ließ er auch die beiden heiligen Brüder dahin, fo 
wie nady Neapel führen, u. ahnete e8 nicht, daß es fo in Gottes unerforfchlicher 
Zügung lag, damit fein Rame in ven drei vornehmften Städten Italiens ver- 
kündigt u, eine Menge Heiden befehrt würde, nicht fowohl durch die ‘Predigten 
biefer frommen Brüder, als vielmehr durdy ihre bemunderungswürdige Geduld in 
Ertragung der graufamftn Oualen. Endlich baben fie ihre Siege durch Ent- 
bauptung zu Brescia, um das Jahr 122 vollendet und fidh die glorreihe Marty⸗ 
terftone erworben. 

Fauſtkampf (lat. pugilatus, griedh. ruyun) erfcheint im Alterthume als ei- 
ner der fünf Hauptthetle der gumnaftifchen Uebungen. Als Erfinder deſſelben 

ge Thefeus (ſ. vd.) Bel den olympifchen Spielen führten ihn feit DL 23 


128 Fauſtpfand. 


Männer, ſeit OL. 37 Knaben aus. Das Hauptſtreben beim F.e war, ven Kopf 
und oberen Körpertheil des Gegners mit der Fauſt, welche mit ledernen Riemen 
ummwunben war, zu treffen. Beſonders berühmt in diefem Kampfe waren unter 
den Griechen die Jonier, unter den Römern die Etrusker. In Sparta verboten 
die Geſetze Lykurgs den F. 

| Vauftpfand (pignus, pignus depositum) {fl eine dem Gläubiger vom Schuld» 
ner zu dem Zwecke übergebene Sadye, um am Berfalltage der Schuld, falls die 
verfprochene Zahlung nicht geleiftet werde, veräußert zu werben und in dem er⸗ 
lösten Kaufpreiſe ein ficheres Befriebigungeobjekt des Glkläubigers zu bilden. Da 
jede Obligation die Erfüllung der in Ihr liegenden Verbindlichkeit des Schuldners 


nur als eine Möglichkeit in Ausficht flellt, fo forgt jeder vorfichtige Gläubiger 


bet der Begründung einer Obligation für die Gewißheit dieſer Erfüllung dadurch, 
daß er nur mit einem, zur Zeit zahlungsfähigen, Schuldner Fontrahirt und zugleich 
dahin wirft, daß zur Dedung hinreichende Bermögendobjefte der Dioſpoſition 
des Schuldners entzogen werben, aus weldyen unter allen Umftänden die Befries 
digung erlangt werden kann. Die einfachfte u. natürlichſte Art, im der befchries 
benen Weiſe eine Forderung zu fichern, iſt die Beftellung des F.s, die Hingabe 
ber Sache des Schuldners in die Hand des Gläubigers, weßhalb man auch be⸗ 
haupten fann, daß das F., ald die urfprünglichfte und Altefle Art der Sicherſtel⸗ 
lung der Forderungen, bei den Römern der Fiducia und Hypothef vorausging. 
Das %. fest zu feiner Gültigkeit voraus: 1) eine wirffame Forderung, Weide 
gededt werden foll; 2) eine Sache, weldye überhaupt Sicherheit gewähren Tann, 
und im Oagenthume bes Berpfänbers ficy befindet, oder doch mit Einwilligung 
ded Eigenthümers verfegt wird, da man nach allgemeinen Rechtsgrundſätzen an 
fremden Sachen in der Regel keine Rechte einräumen kann, u. 3) die Uebergabe 
der Sache an den Gläubiger, welche im römifchen Rechte einen felbfiftändigen 
Realcontract bildete. Wie jede erpfändun ‚ fo enthält aud) das F. einen ar. 
trag des Berpfänverd an den Pfandgläubiger, am Verfalltage die verpfändete. 
Sache zu feiner Befriedigung zu veräußern. Hieraus folgt, daß nur derjenige 
rechtlich ein F. beftellen kann, welcher felbft die Veräußerung der Sache gültig 
Dorgunchmen befugt if, alfo nur der wahre Eigenthümer der Sache, welcher 
freie Dispofition über fein Bermögen hat. Die, burdy Beſtellung des F.es er- 
zeugten, Wirkungen beftehen darin, daß 1) der Berpfänder Ei eniümer der Sadye 
bis zur ordnungsmäßigen Veräußerung im Wege des jetzt öffentlich vorzunehmen- 
den Berfaufes bleibt u. deßhalb alle, aus der Sache ſich ergebenden, Rübungen 
zu beanfpruchen beredytigt ifl, wenn nicht etwa Durch ein befonveres Abkommen 
(pactum antichreticum) ausgemacht iſt, daß der Gläubiger, neben dem zur Si⸗ 

erung felner Forderung eingeräumten Beflge, den Gebraudy und die Benügung 
der Sache gegen bie Zinfen der Forderung haben folle. Die heimliche Benägung 
der Sache durch den Pfandgläubiger begründete nad) römiſchem Rechte einen 
Diebflahl am Gebraudye der Sache (furtum usus), jet eine Veruntreuung, 
welche den Berpfänder berechtigt, allen, durch den angemaßten Gebraud) entkan- 
denen, felbft zufälligen Schaden vom Pfandgläubiger erfeht zu verlangen. Die 
fernere Folge der angegebenen Wirkung zeigt fich darin, daß ber Berpfänder al⸗ 
len zufälligen Gewinn und Verluſt, der ih am F. beim Pfandglaͤubiger ereignet, 
in Anfprudy nehmen Tann, resp. tragen muß; daß er über die Sache von Todes 
wegen verfügen, und bie Bindicationsflage gegen jeden Dritten, ver fich wider⸗ 
rechtlich in den Beſitz der Sache gefeht hat, und gegen den Pfandgläubiger, 
wenn berfelbe nach Bezahlung der Schuld den Beflg der Sache fortjegt, auf 
Herausgabe der Sache anftellen Fann. Die Wirkungen der Beftellung des % «8 
zeigen fi 2) darin, daß der Pfandgläubiger, a) fo lange das Schuldverhätmif 
befteht, den juriftifchen Befitz des F.es (jus possidendi) u., als Folge dieſes Be 
fitzes, die poflefforifchen Rechtsmittel (interdicta retinendae et recuperandae pos- 
sessionis) gegen Jeden, der Diefen Beſtz verlegt oder aufhebt, felbft gegen ten 
verpfaͤndenden oder in bie Berpfänbung einmwilligenden Bläubiger, auf — 


Bauftreht, . 22 


er Befibverlegung, resp. der Beſthentziehung Kat, und b) wenn am Ber- 
ver Schuld Feine Sehtung erfolgt iſt, bie Ingegebene Sache zu feiner 
ng zur Beräußerung gen darf. Diefe Veräußerung, weldye nad) 
ı Rechte privatim, jedoch unter Beobachtung mehrerer ſpeziellen Bors 
erfolgen Fonnte, muß nach den Grundfägen des deutſchen tes jetzt 
teiften Partikularrechten gerichtlidy resp. öffentlich gefchehen. Uebrigens 
bort, wo noch das römiſche Recht ſich frei von dem germaniſchen Grund⸗ 
(ten bat, daß die beim Verſatze durch den Richter zu ſchüzende Gewähr 
gerichtlichen Verlauf nady ſich zieht, die üffentliche Verſteigerung des 
b den Richter für den Gläubiger am ficherften, da er beim atvers 
wie ein guter Hausvater (bonus paterfamilias) benehmen und, wegen 
Nachlaͤßigkeit in der Leitung des Bertaufes, dem uldner in fo weit 
n muß, ald er den hiedurch bewirkten geringeren Kaufpreis auf den, bei 
Sorgfalt nachweislich zu erlangenben, ergänzen muß. Go’ weit ver er- 
: zu erzielende Kaufpreid die Höhe der Schuld überfteigt, muß berfelbe 
uldner herausgegeben werben (superfluum, hyperocha). Jedoch iſt hie: 
merfen, daß der F.⸗Glaäubiger wegen jeder ihm gegen den Schuldner zu⸗ 
Forderung, wofür ihm an der Sache kein Pfanprecht beftellt if, das 
Brecht nach der Zahlung der Pfandſchuld ausüben, auch fein Pfand» 
t, keineswegs aber die Sache, weiter verpfänden (subpignorare) darf. 
Berabredung, daß bie, als F. beftelite, Sade vom Bläubtger nicht ver 
erden dürfe, ald dem Weſen des Pfandrechts wiverftreitend, nichtig if, 
bererfeitö aud) der Bertrag, daß der Bläubiger, wenn am Berfalltage 
d nicht getilgt werde, das Pfand ohne Weiteres für fi) behalten e, 
Wirkung (lex commissoris, pactum commissorium). “Diefer Bertrag 
er Konftantin, wegen des dabei häufig vorfommenven Wuchers, verboten, 
icherliche Erebitoren, die Noth des armen Schuldners mißbrauchend, 
? Sadyen gegen geringe Summen ſich verpfänven ließen, und ſich den 
es Pfandes Air den Richtzahlungsfall auszudingen bemühten, wozu ber 
: Schuldner ſich um fo eher verftand, ale er hoffte, am Berfalltage we- 
diefe geringe Summe auftreiben zu Tonnen. Das %. erlifcht zunädhft 
Tilgung der Schuld, für weldye es beftellt worden iſt. Diefe Tilgung 
d fann nun entweder durch Zahlung, oder durch Erlaß, oder durch No⸗ 
er Schuld gefchehen. Eben fo hört das %. auf, wenn eine Berjährung 
drechtes, eine Confuſion oder Conſolidation eintritt. Die regelmäßigfte 
z8art des F. es aber befteht in dem orpnungsmäßigen Verkaufe deffelben, 
“Käufer der Sache eine ganz pfandfreie Sache erwirbt, u. zwar felbft 
an der Kaufpreis zur Tilgung der Schuld nicht binreichen follte. Gr. 
ſtrecht (jus manuarium), oder die Befugniß zur Selbfthülfe mit gewaff- 
ad, ift ein Uebelftand, der überall da Statt zu finden pflegt, wo ber 
ter geordneten Rechtöverfafiung u. Fraftvollen Regierung entbehrt. Bor- 
aber bezeichnet man mit dem Namen F. jened Unweſen, pas in den 
hen Staaten in der erſten Hälfte des Mittelalters allgemein vorherrfchte 
geordnetes bürgerliche Leben nicht auffommen ließ. In Deutfchland 
iſſelbe am längften, weil die Zerftüdelung des Reiches und die dadurch 
: Schwäche der Gentralgewalt feine nachdrücklichen Maßregeln dagegen 
Es find indeffen die Anfichten über dieſe fauftrechtlichen Zuſtände fehr 
ıder abweichende. Während 3. B. die Einen behaupten, es haben ba- 
Freien das Recht gehabt, willfürlid Fehde (f. d.) zu beginnen, felbft 
: Anlaß zur Rache vorgelegen babe, u. es habe hiezu bloß einer fürm- 
ffündigung des Friedens bepurft, nahmen Andere den Landfrieden zu 
als den gefeglichen Zufland an, der, ohne fidy einer Strafe auszus 
yt verlegt werden durfte. Und in der That fpridyt für dieſe letztere Ans 
ht bloß die natürliche Borausfegung, daß ein, auch nur einigermaßen 
, Staat Riemanden eine folche, sein der Wilfür anheimgegebene, Be 


128 Favart — Favras. 


fugni6 ohne Gefahr der Auflöfung aller Rechtöverhäftnifie zugeſtehen konnte, fons ' 
dern das, unter den Germanen von Alters her gültige, Fehderecht beweist auch ° 
wirklich das Vorhandenſeyn gewiſſer gefeßlicher Schranfen. Nicht in den mans 
genden Geſetzen lag der Grund jenes ungeorpneten Waffenrechts, fondern in der : 
Schwäche der vollztehenden Gewalten. Die erfte Duelle des Webeld waren die ° 
Gewaltthätigfeiten, welche ſich die mächtigeren Reichsſtände gegen die minder : 
mächtigen erlaubten. Letztere fanden Fein Recht, da der Talferliche Hof in foldyen 
Fällen nur zu oft mehr nach Gunft, ald nach firengem Rechte aburtheilte und, : 
wenn er letzteres auch ernftlich hätte thun wollen, zu obnmädytig war, um zu 
Gunſten der Schwächeren nadyprüdlich einfehreiten zu Tonnen. Die Folge das - 
von war, daß der Verletzte I bei Gelegenheit wieder andere Gewaltthätigfeiten 
als Repreffalien erlaubte. Bel der Anarchie, die in Deutfchland nad) dem Falle 
der Hohenftaufen, zur Zelt des fogenannten Interregnumß (f. d.), ihre höchſte 
gie erreichte, mußte ein ſolches Unweſen ganz unvermeidlich zu einer völligen 
ertoilberung der focialen Zuftände führen. Die Gerichte, in ihrer Wirkſamkeit 
gänzlich gelähmt, mußten nicht nur das Recht der Selbfihülfe für die Fälle, tn 
denen fie felbft Feine Hülfe gewähren Tonnten, anerfennen u. das Fehderecht mit⸗ 
hin als einen Reh] eftatten, von. weldyem dann Gebrauch gemacht werben 
ſollte, wann die Rechts nfitute felbft Teinen Schub mehr zu leiten im Stande 
- waren: fondern fie konnten überhaupt nirgends, wo ein Stärkerer fein Schwert . 
in die Wagſchale legte, dem Schwächeren zu feinem Rechte verhelfen. — Das $. 
war im Grunde weiter Nichts, als die, der vollziehennen Gewalt durch die Roth 
abgedrungene Befugniß, Recdytöverlegungen, welche pie Gerichte nicht 1% indern 
vermochten, mit bewaffneter Hand abzuwehren oder zu raͤchen. Vergl. Eichhorn 
deutfche Staats⸗ u. Rechtögeichichte $. 403. Anm. 2. 

Fovart, 1) Charles Simon, ein fruchtbarer Opern⸗ u. Luftfpieldichter, 
1710 zu Paris geboren, erhielt feine wifienfchaftliche bung an dem Föniglichen 
Eollöge und folgte dem Marfhal Moritz von Sadıfen mit einer Schaufpielers 
truppe nach Ylandern. Er fehrte jedoch, des unftüten Lebens müde, wieder nach 
Paris zurüd, widmete fidy ausſchließlich der dramatifchen Poefle u. ward Schö⸗ 
pfer der feineren fomifchen Oper. Sein Tod erfolgte 18. Mai 1793 zu Paris. 
5. fol mehr als 90 Theaterftüde gefchrieben haben, die zum Theile mit den 
Merten feiner Gattin gefammelt erfchienen, als: »Oeuvres de Msr. et Mad. F.s 
Paris 1763—72. 10 Bde. Die beften unter feinen Stüden, die fi) alle durch 
Speen-Frifche, Anmuth u. Natürlichkeit im Ausdrucke u. lebenswahre Eharafters 
züge auszeichnen, find: »Le coq du village,« »l’amitie à l’&preuve,« »Ninette 
ä la cour« „la cherche use d'ésprit,“ „la file mal gardee“ u. m. a. — 2) 
Marie Juſtine Benoite, geb. Eabaret vu Ronceray, Gattin des Vori⸗ 

en, geboren zu Avignon 1727, betrat 1744 das Theater der fomifchen Oper zu 
Marie, wo fie al8 Echaufpielerin u. Tänzerin großen Belfall fand. Sie machte 
zuerft den Verſuch, Soubretten u. Landmädchen in dem, diefen Rollen riatürlichen, 
Koftüm zu Iplelen. 1745 folgte fie ihrem Manne nach Ylandern, wo fie den 
Marſchall Morig feffelte, der ſie, weil fie ihm nicht gleich erwünſchtes Gehoͤr 
ab, einfperren und erfl, nachdem fie fein Verlangen gewährte, wieder frei ließ. 
it ihrem Gattın nad) Paris zurüdgefehrt, ward fie Mitglied des italtenifchen 
Theaters u. farb 1772. Auch fie trat als dramatifche Schriftflellerin auf (ſ. o.). 
— An ihren Namen erinnert nody heute „La salle F.“ im ital. Theater zu Paris. 

Favorit heißt der Günftling u. %.e die erflärte Geliebte eines Fürften; 
daher in der Türkei 5.-Sultanin dieienige Sultanin, mit welcdyer der Sultan 
den erſten Sohn erzeugt, die indeſſen ihre Rechte wieder verliert, wenn der Sohn 
vor dem Vater verftirbt u. ein, mit einer andern Sultanin Erzeugter in die Rechte 
der Erfigeburt eintritt. — F.e heißen auch mehre Luftfchlöffer, fo 3. B. in Wien; 
bei Ludwigsburg in Württemberg ; bet Raftadt, u. a. 

Favbras, Thomas Mahy, Warauts von, geboren zu Blois 1745, machte 

als Wubfetier ben Feldzug von 1761 wit, ward danıı Lleutenonmt In er Schyud- 


Favre — Fea. 129 


zigarbe Monfleurd (nachmals Ludwig XVIII.), gab aber 1775 feine Stelle auf 
L — ſich nach Wien, wo er feine Gattin, die einzige Tochter des Fuͤrſten 
sm Schauenburg, kennen lernte. 1787 befehligte er eine Legion in Holland bei 
vn Aufſtande gegen den dortigen Statthalter; doch ſchon in demſelben Jahre 
wurd er geheimer Plane gegen die Revolution angellagt, indem man ihn befchul- 
Ye, er babe zur Nuchtzeit bewaffnete Leute nach Baris bringen wollen, um 
Saly, La Fayette und Neder aufzuheben, die königliche Garde anzugreifen, des 
Enatöftegels fidy zu bemächtigen u. den König mit defien Familie nach ‘Beronne 
‚ zatführen. Bor Gericht geftand er, auf das Zeugniß mehrerer Soldaten, daß 
am Wontergis 12000 Schweizer u. eben fo viele Deutfche habe verfammeln wolr 
ia, daß aber diefelben zur Verbreitung der Revolution in Belgien beftimmt ges 
wien feien. Obgleich er ſich mit Feſtigkeit u. Geſchick vertheidigte, ward er doch 
# Hochverräther zum Tode verurtheil. Man hatte auf dem Greveplap einen 
ı him Galgen errichtet, zu dem er am 19. Febr. 1790 abgeführt wurde. ALS 
! X geboffte Begnadigung nicht erfchien, machte er auf dem Stadthaufe noch 
| age Ausſagen, die ihn als Opfer des Bringen oder des Hofes erfcheinen Tießen. 
&r wurde hierauf bei Fadelichein gehentt, aber bald wieder abgefchnitten, u. fol 
afnachher, während eines Arerlaftes, geftorben feyn. Die Königin u. Monfleur 
juchten die Familie des Unglüdlichen durch reiche Jahrgelder aufeienen zu ftellen, 
md Ludwig gie der Wittwe eine Penſion aus feiner Privatkaffe, 
avre, f. Faber. 

Be eine feine, weiße ‚oder lichtfarbige u., wenn die Glaſur von befon- 
derer Weiße iſt, auf den erften Anblick faum vom ächten Borzellan zu unterfchei- 
dende Thonwaare. Im gewöhnlichen Leben wird ed häufig audy unter dem Namen 
Eteingutwerftanden, wiewohl es von diefem, wie vom Worzellan, weſentlich ver- 
ſchieden if, indem das eigentlie Steingut, das F. fine, Wedgewood der Eng⸗ 
länder, eine viel härtere Maffe tft, die am Stable Funken gibt, was bei dem 
gewöhnlichen deutfchen F. nicht der Kal if, und es daher auch nicht die harten 
Olafuren des eigentlichen Steinguts haben kann. Gleichwohl gibt es in neuerer 
Jeit fo viele Barletäten von diefen beiden Töpferwaaren, daß e8 oft ſchwer wer- 
vn möchte, einen fcharfen Unterfchied zwifchen beiden feflzuftellen. Mit dem 
ihten Porzellan näher verglichen, bleibt dagegen ftetö der wefentliche, in bie 
Augen fallende, Unterfchiev der: daß das F. u. das Steingut nicht durſch⸗ 
Iheinend if, wie das Porzellan, nicht wie diefed Flingend, ferner wegen 
ver Bleihaltigfeit der Glaſur, dieſe emalllartig, undurdhfichtig u. endlich die Bruch⸗ 
lühe erbig rauh ifl, wogegen fie beim Porzellan ſtets glafig glatt if. Die viel- 
fah in Deutfchland verbreitete Fabrikation dieſer Gefchirre tft immer noch hinter 
ver Englands und Frankreichs zurüd, indem letzteres fchönere Formen, ald Die 
Tetichen, Liefert u. erfteres vorzüglichere Qualitäten. Am weiteften nody iſt man 
in des Malerei, fowte dem Bebruden diefer Gefchirre mit fortgefehrtiten, worin 
uchte deutfche Fabriken Ausgezeichnete Tiefern. Wefentliche Eigenfchaften eines 
guen 5. find: Leichtigkeit der Geſchirre, feine gleichmäßige Glaſur, Zartheit der 
Faben derſelben, rte u. Feſtigkeit der Maſſe u. der Glaſur u. daraus ents 
imingende Dauerhaftigfett, verbunden mit gefälligen Formen. Fabriken, die ſich 
Kionders auszeichnen, fowohl wegen der Güte des Yabrifats, als auch wegen 
Schonheit der Formen, der Malerei u. Bergoldung, gibt es mehre, namentlich in 
Berlin, Mainz, Magdeburg u. a. O. 

Sea, Garlo Domenico Francesco Ignatio, Geiftlicher, Jurift, 
Bhilolog u. Kunftfenner, am 4. Juni 1753 zu Pigna bet Oneglia geb., flubirte 
in Rizza u. Rom u. erhielt dafelbft die —— u. den Doctorgrad. 1798 
mußte er, als Geiſtlicher von fremder Herkunft, den Kirchenſtaat verlaſſen u. nad) 
zlorenz entweichen, u. bei feiner Rückkehr 1799 wurde er von den Reapolitanern, 
Ye damals Rom befept hielten, als Jakobiner verhaftet, bald aber wieder in 
freiheit geſept u. hierauf zum Commissario delle antichitä, fowie zum Workeher 

KHesleacpcdopäbie IV. 


180 Fearu — Fechner. 


der koſtbaren Bibliothek des Fürſten Chigi ernannt. ALS ausgezeichneter Alter⸗ 
thumsforſcher leitete er die Nachgrabungen zum Beſten der Wiflenichaften, u. legte 
fchägbare Notizen über feinen Bund in feinen Schriften nieder. Er flarb zu Rom 
am 17. März 1836. Man bat von ihm unter Andern: Miscellanea filologica, 
critica e antiquaria, Rom 1790; L’integritä del Panteon rivendicata a M. Agripps, 
Rom 1801; Concluzione per lintegritä del Panteone di M. Agrippa, ebendaſ. 
1807, 2. Aufl. 1820; Descrizione di Roma e dei contorni con vendute, ebend. 
1822, 3 Bve., 2 Aufl, Mailand 1823; Notizie intorno Raflaello Sanzio d’Ür- 
bino ed altri autpri, ebend. 1822. Er überfegte auch Winckelmann's „Geſchichte 
der Kunft,“ Rom 1787 u. gab den Horaz, ebendaf. 1811, 2 Bände, von Bothe, 
Helvelberg 1819, u. Raph. Menge Werke heraus. 

Fearn, Sohn, englifcher Phtlofoph, um 1767 geboren, kam ald Seemann 
im Dienfte der oftinvifchen Kompagnie frühzeitig nach Dftindien, wo Locke's 
— über den menſchlichen Verſtand“ ibm in die Hände fiel u. die Luft zu 
philoſophiſchen Forſchungen in ihm erwedte. . Sein erfted, bereits in Oſtindien 
verfaßte® Werfchen „An essay on human consciousness,“* London 1811, enthielt 
neben manchem Barofen eigenthümlicdye, helle u. überrafchende Geiftesblige. Darin, 
wie in feinen folgenden Werfen: Areview of Ihe first principles, London 1813; 
First lines 6f iho human mind, ebend. 1820, u. Anti-Tooke, or an analysis of 
language, ebend. 1824—27, 2 Bde., in denen er der Pſychologie u. der philo⸗ 
ſophiſchen Sprachlehre eine neue Bahn brach, verfucdhte er die reine metaphyfifche 
Spekulation dem praftifhen Tendenzen ergebenen Volke zugäygig zu machen; da 
aber dad Volk feinen Beftrebungen immer fremd blieb, verfiel er in gänzlidye 
Berfiimmung u. flarb am 3. Dec. 1837 zu London. 

ebronius, ſ. Hontheim. , . 

Februar oder Hornung if der zweite Monat in dem Kalender der Chri⸗ 
ftenheit, u. zwar, wenn das Jahr ein Schaltjahr (f.d.) ift, der Schaltmonat. 
In dieſem alle hat der F. 29 Tage, font aber, in gemeinen Jahren, als ges 
wöhnlicher Monat nur 28 Tage. Er fällt nahe an den Ausgang des Winters 
und {ft der ehemalige Februarıus der Römer, d. h. der zweite ber beiden, von 
Numa Pomwilius den 10 Monaten des alten römlichen Kalenders hinzugefügten 
Monate, der auch 28 Tage hatte, Der F. war demnach im römtfchen Kalender der 
42. oder lebte Monat des Jahres. Seinen Namen bat er von dem altitalifchen 
®oit Februus (februare, reinigen), welchem zu Ehren in biefem Monate ein 
nah und Reinigungsopfer für die Lebenden und die Todten darge⸗ 
racht wurde. 

Fechner, Guſtav Theodor, orbentlicher Profeffor der Phyſik an der 
Untverfliät Leipzig, 1801 zu Großfährchen bei Musfau in der Nieverlaufib ges 
boren, befuchte, früh verwaist, die Schulen zu Wurzen und Sorau, dann bie 
Dresdener Kreuzfchule u. bezog, 16 Jahre alt, die Untverfität Leipzig. Seinen 
urſprünglichen Plan, Medizin zu fludtren, gab er aus Neigung zum Studium 
der Naturwiſſenſchaften auf, habilitirte fidy für dieſes Fach bei der Univerfität 
und erhielt an derfelben 1834 die ordentliche Profeffur der Phyſik. Gin Leiden 
der Kopf» und befonderd der Mugennerven, das ihn zum beftändigen Aufenthalte 
in einem dunfeln Zimmer nöthigte, unterbrady in den legtern Sabren feine Thaͤ⸗ 
tigfeit faft ganz. Seine Unteriuchungen über den Balvantsmus finden ſich theils 
in einzelnen Abhandlungen in Poggenvorff „Annalen“, theild in feinen „Maß 
beftimmungen über die galvanifche Kette“, Leipzig 1831, und in dem, von ihm 
alletn bearbeiteten, 3. Bande von Biots „Lehrbuch.“ Er gilt als einer der geiſt⸗ 
reichten Bearbeiter der Bolta’fchen Theorie. E chriften: „Beweis, daß der Mond 
aus Jodine beſteht“, Germanien (Penig) 18215 2. Auflage, Leipzig 18325 — 
„Panegyrikus der jegigen Medizin u. Raturgefchichte”, Leipzig 1822; unter dem 
Kamen Dr. Mifes: »Stepelia mixta«, Leipıiig 1824, eine Sammlung humori⸗ 
ftlicher Auffäge, die ſelbſt Jean Pauls Aufmerkſamkeit auf ſich zogen; — „Bers 
gleichende Anatomie der Eugel“, ebend. 1825; „Refultate der bio jeht unser 


Fechtkuuſt — Feder. 131 


men Pflanzenanalyfen”, ebend. 1829; „Elementarlehrbudh des Elektromagne⸗ 
#, ebend. 1830; „Scyußmittel gegen die Cholera”, ebend. 1832; „Büdys 
m Leben nad) dem Tode“, ebenvaf. 1836; „Gedichte“, ebendaf. 1842; 
te Biotd „Lehrbudy der SBeyfil“, Leipzig 1828 — 29, 5 Bde, Thoͤnards 
uch der Chemie“ u. 2. Roftans „Unterfuchungen über die Erweichung des 
8“, Leipzig 1824, redigirte bis 1835 das von ihm begründete „Pharmas 
ve Gentralblatt” u. das bei Breitkopf u. Härtel erfchlenene „Haußlerifon“, 
ib heraus das „Repertorium der Erperimentalphyfif“, Lpzg. 1832, 3 Bde., 
Repertorium der neuen Entdedungen in der unorganifdyen Chemie“, ebend. 
3 Bde., und dad „Repertortum der neuen Entdedungen in ber organts 
Themie“, ebend. 1834, 2. Bode. . 
echtkunſt ift die Lehre vom zweckmäßigen Gebrauche der Hands oder 
yaffen, um den Gegner vermittelft diefer nach einem gewiſſen Eunftgerechtın 
anzugreifen, oder deſſen Angriff vermittelft einer gwedmäßigen Parade zus 
seifen u. bierauf einen wohlgeordneten Gegenangriff folgen zu lafien. Hier⸗ 
wird die 5. nicht bloß als eine körperliche, fondern audy ald eine geiftige 
3 bezeichnet. — Die regelmäßige F. zerfällt in das Stoßfehten, das 
echten (das Reflcontregefecht, auf Hieb u. Stich zugleich, iſt nicht regels 
‚ u. daß Baionnetfedten (1. d.). Dem Anfänger in der F. iſt zu Tas 
ſich zuerft im Stoßfechten zu üben, ehe er zum Hiebfechten übergeht. — 
‚ weldye eine Theorie über die %. aufftellten, waren die Staliener 
3330 (1536) u. Puteo (1544). Das erfle deutſche Werk über die $. 
teyers „Beichreibung der freien Kunft des Fechtens“ (1670) gewefen ſeyn. 
er zahlreichen neuen Literatur über dieſen Gegenftand führen wir an: Las 
te, „Art des armes“ (Parts 1815); Pönitz, „Die F. auf den Stoß“ 
den 1821); Werner, „Die F. auf den Hieb“ (Leipzig 1825). | 
Feder, 1) Johann Georg Heinrich, geboren den 15. Mat 1740 tm 
Schornweißach bei Balreuth, Sohn ded dortigen Paſtors, empfing den 
Unterricht in den claffliyen Sprachen von Rektor Dertel in Reuftadt an 
tfch, u. bezog 1757 die Univerfität Erlangen, wo er Philoſophie u. Theologie 
e. Auf Empfehlung feines Jugendlehrers Oertel erhielt er bei dem Freiherrn 
Böllwarıh eine Hofmeifterftelle u. begleitete feine Zöglinge auf die Schulen 
Reuftadt an der Aifch und nad) Ansbach, wo er mit dem Dichter Up be: 
wurde. 1764 ertheilte er ihnen auf der Univerfität Erlangen eine kurze 
ing zum Studium der Philofophie, und biefe bildete die Grundlage, nad) 
r er fpäter feinen „Grundriß der philofophifchen Wiffenfchaften,* Koburg 
bearbeitete. Eine Bocation an das Baflmirtanım nad) Koburg ale Pro⸗ 
der Metaphyfik u. morgenländifchen Sprachen nahm er 1765 an u. ſchrieb 
ntrittöprogramm „De simplici animae natura.“ 1768 wurde er als Pro⸗ 
der Philofophte nady Göttingen berufen, wo er fein Lehrbuch über Logik 
Retapbufif ausarbeitete 1769, und dem ſchon in Koburg herausgegebenen 
Theile des „Neuen Emil”, 41774 einen zweiten Theil folgen ließ. Durch 
derung ded allzu Spealiftiichen in Rouſſeau's bekannter Schrift gleiches 
as wollte er deffen gute Ideen für die Pädagogif befruchtend machen. 
ı Werk über den menfchlichen Verſtand veranlaßte ihn zu einer Ähnlichen - 
ft „Anternehmungen über den menfcdhlichen Willen“, 1779 — 93, 4 The. 
Jirector des hannoveranifchen Pageninſtituts verlich er 1797 Göttingen u. 
ı die Haupıftadt, wo er feinen Zöglingen mit befonderer Vorliebe Naturges 
e vortrug, bis zur Aufhebung des Inftituts 1811. Zum Ritter des Buel- 
tdens erhoben, wurde er ordentliches Mitglied der biftoriich = philofopbifchen 
- der Göttinger Societät der Wiflenfchaften, 1819 geheimer Juſtizrath, 
von der jurijtifchen Kacultät in Göttingen zum Doctor ernannt. Er ent- 
amerte fanft an Altersſchwäche in der darauffolgenden Woche, nachdem er 
82. Oeburtstag gefdert hatte, am 22. Mai 1821. Seine yhilo\entuiiige 
wungewelfe war mehr praktifcye Rebensweishelt, ala Veffinnige Sperulas 
d 


132 Ä Feder. 


tion. Das Ziel des Philoſophirens beftand ihm in einer, durch gründliches Rach⸗ 
denken gewonnenen, Auftiärung richtiger Vorftellungen, um eine möglichft gefunde 
u. fefte Denf » u. Handlungsweiſe ſich anzueignen; er verfolgte daher großen Theils 
praftifche Endzwede. Yür die Hauptbedingungen der menfchlichen Glückſeligkeit 
erkannte er, wie er e8 auch durch fein eigenes Leben bethätigte, Genügſamkeit 
tn Ubſicht auf Beſitz u. Genuß u. unverbrofiene Thätigfeit im Guten, nad) dem 
Maße der menfchlichen Kräfte, um des Gewiſſens willen, ohne gierigen over 
neidifchen Hinblid auf äußeren Lohn irgend einer Art. Darin beftand ihm das 


Weſen der menfchlihen Tugend. Außer vielen zerftreuten Auffägen in der Ers 


langer gelehrten Zeitung, tn Schulin's Monatfchrift, Göttinger gelehrten Ans 
zeigen, Meiners philofophifcher Bibliothek u, mehreren Heinen Abhandlungen, die 
Butter verzeichnet hat in feinem Verſuche einer Gelehrtengefchichte von Göttin- 
gen, 2 Thle. ©. 165, ift noch hervorzuheben: „zur Bereinigung verfchlevener Res 
ligiondgenofien in gemeinfchaftliche Schulen“; „über Raum u. Baufalität” (gegen 
Kant gerichtet); Grundſaͤtze der Logif u. Metaphyfik; Camillus 1809, worin er 

as Bild eines im, Glücke u. Unglüde großen. Mannes“ zeichnete. Das interef- 
ante Lebendgemälde von der Kurfürflin Sophie von Hannover 1810. „Precis 
historique et critique de la philosophie deKant et des öffets qu’elle a produite en 
Allemagne; presente ä la societ& philotechnique de Paris par son membre 
correspondant”“, J. G. H. Feder, 1803, %ol., 32 S. Die gefrönte Preid- 
ſchrift „De juris jurandi vi rectoque usu.* Unter feinem Nachlaſſe fand fich 
eine reichhaltige Golleftaneenfammlung mit der Meberfchrift „Unvollendete vers 
mifchte a und Entwürfe;” einige darunter auch in franzöftfcher und italients 
ſcher Spradye. Eine feiner legten literarifchen Arbeiten war die Selbfibiographte, 
erft nad) feinem Tode überarbeitet erfchienen von feinem Sohne unter dem Titel: 
„8.8 Leben, Ratur u. Maximen.“ Leipz. 1825. — 2) %., Michael, füuͤrſtlich 
Würzburgifcher geiftlicher Rath, war geboren den 25. Mat 1753 zu Dellingen, 
einem Dorfe in dem großherzoglich Würzburgifchen Sandgen te Röttingen, wo 
fein Vater Schullehrer war. 1772 in daß Fürtbifchöfliche geiftliche Seminar aufgenom- 
men, ließ ihn Yürfibifchof Adam Friedrich, auf warme Empfehlung des deutfchen 
Geſchichtsſchreibers Michael Ignaz Schmidt, zum Licentiaten der Theologie pro⸗ 
moviren, den 10. Januar 1777. Nachdem er einige Zeit Kaplan in dem Ju⸗ 
Uushofpitale zu Würzburg gewefen, ernannte ibm Be! Franz Ludwig, mit 
Beibehaltung feiner Kaplanet, zum außerordentlichen PBrofeffor der Sheoiogie. Mit 
Auszeichnung am 1. Mai 1786 mit der Doctorwürbde der Theologte beehrt, er 
hielt er 1791 die Bibliothefarftelle an der Untverfität, und hatte als Bräfes der 
Marianifchen Sodalität jährlich 9 Predigten vorzutragen, die er (ümmitiche auch 
dem Drude übergab. 1795 ordentlicher Profeſſor, ward ihm zugleich die theos 
logifche Büchercenfur anvertraut. 1798 wurde er zum geiſtli Rathe erhoben. 
1803 —4 ging unter der Furfürftlich bayerifchen Regierung eine neue Organtfas 
tion der Univerfität vor fih, und F. wurde audfchließlic als Oberbibliothekar 
verwendet. Seit dem 19. November 1811 trat er in den Penfionsſtand. (Sein 
Todes⸗Jahr tft unbekannt.) %.8 (ehrifteliertfche Thätigfeit zeigte ſich weniger in 
felbftftändigen Erzeugniflen, als vielmehr tn Weberfegungen und Bearbeitungen 
ausländifcher Werke. Chryſoſtomus „Reben über Matthäus u. Johannes“, tn 
Berbindung mit Eulogius Schneider überfeht, Augsburg 1786—1788, Band 7. 
Bincenz von Lerin, „Weber das Alterthum des Tatholiichen Glaubens“, 1785. 
„Schriften des heiligen Eyrillus v. Jeruſ.“ überfeht 1786. Theodorets „10 Reben 
von der göttlichen Borfehung”, 1788. Gerards „Borlefungen über die Führung 
des Paſtoralamtes“, aus dem Englifchen, 1803. „Die heilige Schrift des alten 
und neuen Teftaments“, von Dr. Braun überfegt, von %. durchaus verbeffert; 
2 Bde., 1803. Bauffet, „Lebendgefchichte Fenelons“ überf., 3 Bde. 180912. 
Bauffet, „Lebensgeſch te Bofſueis“ überf., 1820. „Anmerfungen zu »Cic. de 
ofieüs«e, 1796; zu »Cato majors und »Laeliuse, 1798. „Cornelius Nepos“ 
überf., 1800. Faberto „Betrachtungen über die vornehmfen Punkte der chriſt⸗ 


Federharz — Feberfee. 133 


lichen oral, überfept 1786. „Magazin zur Beförbesung des Schulweſens“, 
3 Vde., 1791—97. „Braftifch «theologiiches Dtageuin für Fatholifche Geiſtliche“, 
1798— 99. Mehre Predigten: Kaflenpredigten; Sonn - u. Zeftpredigten in eini⸗ 
gen Jahrgängen 1815—19. Cm. 
Federharz, ſ. Bummi. 
ederici, 1) Ludovico, italieniſcher Dichter, um 1540 zu Brescia ge⸗ 
bhoren, war Abvocat daſelbſt u. einer der Gründer der Akademie der Ocoulti, in 
ren Sammlung er unter demRamen il Sepolto mehre italienifdhe u. Iateinifche 
Gerichte, die ſich durch Einfachheit u. Eleganz auszeichnen, veröffentlichte. Er 
Rarb um 1607. — 2) E., Camillo, eigentlich Giov. Battiſta Biaffolo, 
nady Anderen Operi, einer ver vorzüglichften unter den neueren ttalienifchen 
Eußfpieldichtern, der Begründer einer neuen dramatifchen Echule, 1755 zu Pog- 
giolo di Bareffio in der Provinz Mondovi geboren; flubirte zu Turin die Rechte 
und wurde 1784 Richter zu Govon in der Provinz Aſti. Hier lernte ihn der 
König Biltor Aniadeus II. fennen, u. ernannte ihn zum Richter in Moncallert 
bei Zurin; doch gab er aud Liebe zu einer Schaufptelerin, Camilla Ricct, viefe 
Stelle auf u. ſchloß fidy einer Schaufpielergefellfchaft an, bei welcher er ſich nun 
8, aufammengezogen aus Fedele alla Ricci nannte. Er farb zu Turin im Febr. 
1803. Unter feinen Luftfpielen find ald die vorzüglichften zu nennen: »L’avviso 
ai maritie, »Le scultore e il ciecos, »Enrico IV. al passo della Marnas, und 
z bugia vive poco“, das unter dem Titel: „Gleiches mit Gleichem“ durch 
ogel auf die veutfche Bühne fam. Seine „Opere teatrali* erfchienen zu Florenz 
1794—97, 10 Bde., Venedig 1807, 10 Bde., u. Turin 1808, 5 Boe. 
Federn, die befannte Hautbebedung der Bögel, welche dieſelben periodiſch 
—X im Herbſte) erneuern, was man maufern nennt. Man unter⸗ 
ſcheidet an den F. beſonders die Fahne und den Schaft, deſſen vorderer Theil 
Kiel (Spule) genannt wird. Die größern F. der Flügel beißen Schwung -$., 
des Schwanzes Steuer:%. Die Ded:%. mit breiter Fahne u. ſchwachem Siele 
bebeden den ganzen Körper; unter ihnen flehen vie allerfleinften dicht auf der 
Sat die Flaum⸗F. oder Dunen, mit kaum bemerfbarem Kiele und Außerft 
einer, wolliger Fahne. Leichtigkeit, Weichheit und Glafticität find ihnen eigen, 
Ihre Benügung iſt dreifach: 1) zum Schmude (Strauß-, Reiher-, Marabou-, 
Paradiespogel-, Papagei, Kolibri-, Pfauen-, Geler-, Raben= ıc. F.). Sie 
werden vor dem Berfaufe einer Menge Arbeiten unterworfen; 2) zum Ausflopfen 
der Betten. Am meiften find hierfür gefucht die Flaum-%. der Eidergänfe 
(. d.) u. der wilden Gänſe; doch wird der größte Theil von der zahmen Gans 
abalten. Die F. von lebendigen Gänſen (man rupft fie mehrmals im Jahre) 
ind haltbarer u. elaftifcher, als von geſchlachteten. Durch Schlagen nad) vor: 
bergegangener Ttodnung werben fie gereinigt. Ste werden in großen Duanti- 
säten aus den nördlichen Thetlen Europa’8 und Amerika's bezogen; 3) zum 
Echreiben. Dazu taugen bei der Sand nur die 5 äußerſten, wovon die erfte 
(Edpofe) die härtefle und rundefte, aber audy die Fürzefte und fchlechtefte, die 
barauf folgenden zwei Schlachtpofen die beften find u. die zwei Breitpofen 
ein Mittelgut liefern. Die beften find die zur Mauferzeit im Mat u. Juni aus- 
gefallenen; auch zieht man, der Bequemlidykeit beim Schreiben wegen, die aus 
dem linken Flügel vor. Ehe fie zum Schreiben tauglich find, muß ihnen bie 
Fetthaut genommen u. durch Austrodnen der nöthige Grad von Härte u. Ela- 
Ricität ertheilt werden. Es gefchieht, indem man fie in heißem Sande (65° C.) 
erweicht, fie auf einem warmen geglätteten Eiſen (175° C.) dem Drude eines 
Rumpfen Meſſers ausfegt u. dann mit rauher Haifiſchhaut abreibt. Ihre Güte 
Ihägt man im Allgemeinen nad) der Schwere. Für die beften gelten die aus 
Riga kommenden; auch die holländifchen flehen in gutem Rufe. — Leber 
Ehreib-$. aus Stahl u. elaftifche 3. fiehe den Artikel Stahlfedern. 
„..&eberfee, ber, im Dberamte Riedlingen ded württembergifchen Donaukreiſes. 
aoördlich von ber Stabt Buchau, In einer Moor: und Torjebene, die x Kemald 


\ 


a Bern — Fegfeuner. 


anz bededte, gelegen, trägt feinen Ramen von den an feinen Ufern wachfenden 
[eratigen Bräfern u, Geſtraäͤuchen u. hat, bei 1 Stunde Länge u. 4 Stunde 

teite, einen Flächeninhalt von 8115 württembergifchen Morgen. Die Stadt 
Buchau lag vor dem Jahre 1787 mitten im See u. bildete eine förmliche Inſel 
deffelben. Noch im Anfange des jeigen Jahrhunderts war der %. 3474 Mor 
gen groß, weßhalb audy feine nächſte Umgebung die Seemarkung heißt; nad) u. 
nad) wurde er troden gelegt und in urbares Land verwandelt. Cine derartige 
Operation im Jahre 1789 machte etwa 1300 Morgen urbarz die neuefle Trodens 
legung, durch welche genen 1350 Morgen gewonnen wurden, fand 1808 flatt; 
das gewonnene Land N jedoch nicht fehr fruchtbar. Die größte Tiefe des Sees 
beträgt jebt 18 Fuß. Sein Wafler erbält er theils aus eigenen Quellen, theils 
durch das in ihm fich ergießende Flüßchen Aach. Die Fifcheret im 5. bat in 
neuerer Zeit fehr abgenommen; dagegen wirb das Seegras fein benüßt , obs 
gleich deſſen Sinärndtung, wegen des fumpfigen Bodens, manche Schwiertafeltten 
ietet. — Das %.:Ried (die Ebene um den F.) iſt eine der größten Ebenen 
im ganzen Lande; fie erftredt fich bis genen Waldſee hinauf, beſteht aber meiſt 
aus nicht ſehr fruchtbarem, fumpfigem Moor» u, Torfboden. 

Feen (nady Einigen vom lateinifchen fatua, ttal. fata, nad) Andern vom 
celttfchen Fa er) find nach der Volksſage weibliche Weſen, befonderd über Gal⸗ 
lien, Britannien u. Irland verbreitet, wo fie mit den Elfen (f. d.) in nächſter 
Berbindung und faft identiſch mit diefen waren. Sie bewohnten das Luftgebtet 
u. fliegen auf Woltenwagen herab, konnten fid, ihren Geliebten zeigen, fuchten 
deren vertrauten Umgang, verfchiwanden wieder u. verbargen fich nady Gefallen. 
Die berühmteften Dieter find: Efrella, Maliure, Meluſine u. A. De 
fpätere Bolföglaube nahm gute u. böfe F. an, die oft in Gegenwirkung flchen, 
ftellte fie al& unfterbliche Wahrfagerinnen u. Zauberinnen, doch mit befcyränfter 
Macht, dar, Die zum Theile ald Schügerinnen einzelner Menfchen dienten und 
über vie alle eine % Königin herrſchte. Später legte man ven %. Talis⸗ 
mane bei, durch die fie ihre Macht ausüben, u. die ihnen durch Zauberer ent- 
riffen werden u. |. w. So fpielten die Feen eine bedeutende Rolle in den Ritters 
fügen u. Fabliaur (f. d.) u. machten die Mafcyinerie der romantifchen Poeſie 
durch das ganze Mittelalter aus. 

Feenmährchen. Die Phantafle fchmüdte im Berlaufe der Zeit die Sagen 
von den Feen immer mehr aus, und fo entflanden die F., meift proſaiſch abges 
faßte Erzählungen, in denen der Held der Gefchichte aus dem Unglüde, das ihn 
betroffen bat, durdy eine Bee gerettet wird. Die F. wurden nad) Sagen des Mors 
genlandes, befonders Arabiens, wo fie in den Dſchins u. Peris längft befanden 
u. auch in der Taufend u. Eine Nacht eine bedeutende Rolle fpielen, beſonders 
durch die Troubadours bedeutend vermehrt u. beide Ideen mit einander vermengt, 
Borzüglicdy gehörten in Frankreich unter Ludwig XIV. die F. zur Mobdeunterhal- 
tung und es erfchien 1786 in Parid und Genf ein „Cabinet de fees“ in 37 
Bänden. Auch in Deutfchland fpielten die 5. um die Mitte des vorigen Jahr⸗ 
hunderts eine bedeutende Rolle, find aber jegt zu bloßen Kindererzählungen herab⸗ 
gelunfen, Bergl. „Mythologie der Feen u. Elfen”, aus dem Englifchen von 

olff, 2 Bde., Weimar 1828. 
Fegfener (Purgatorium, Reinigungsort) heißt nach Fatholifcdyem Lehr: 
begriffe ıheild der Aufınthaltsort, theils der Zuſtand jener abgeleibten Seelen, 
welche wegen der, auf Erven nicht abgebüßten, zeitlichen Strafen und läßlidyen 
Sünden von der ewigen Glüdfeligfeit fo lange ausgefchloffen find, bis fie ihre 
Schuld bie au den legten Reſt abbezahlt haben. Die Wirklichkeit des F.s beweist 
die katholiſche Kirche a) aus Matth. 12, 31. wo von einem Sündenerlaß im andern 
Leben die Rede ift, fo daß, da weder im Himmelreich, noch in der Hölle Sünden 
vergeben werden, nothwendig an einen dritten Ort gedacht werden muß. b) Aus 
Pl. 2, 10, wonach es Unlerirdiſche gibt, die im Ramm Ye ie Anke beugen, 
welde Untertsbifche, da wir aufer den In ver He Verdammen und Eurikum 


Fehbe — Fehrbellin. 135 


ht Unbetenden Feine andern Infernen fennen, wieberum nothwendig die Seelen 
3 5.8 feyn müflen. c) Auch die Stelle Bauli 1. Kor. 3, 11—15. u. Johannis 
of. 21. 27. werden als Belege für die wirkliche Exiſtenz des 58 allegirt. 
“nio Apok. 21, 27. Aus legterem Citat bildet die Kirche den Sollogismus: 
egen einer läßlichen Sünde wird man weder ewig verdammt, noch gleidy felig; 
n aber fterben Biele in bloß läßlichen Sünden, alfo werben fie weder ewig 
bammt, no gleich glüdfelig, müſſen daher, da fle doch irgendwo find, an einem 
ten Orte eine Zeit lange zu verweilen haben. — d) Die Hauptftelle iſt indeß 
Macc. 12, 37. u. f. Da wird für die Verftorbenen gebetet und geopfert, „auf 
ßz fie von ihren Sünden befreit werden.“ Webrigens befigt die katholiſche Kirche 
8 Hauptargument für das Dafeln des F.s in ihrer fubjektiven und objektiven 
:adition. In ihrer fubjektiven, weil fie ſich diefer Lehre ſtets lebendig bewußt if; 
ihrer objektiven, weil fie für dieſes Dogma die in den Schriften der Bäter 
wergelegten Zeugnifie aller Jahrhunderte hat. — Die Lehre vom Reinigungss 
te erfennnt, außer der Fatholiichen Kirche, auch die griechiiche (Conc, Florent, 
dal. deputatorum de purgat. Hard. X. p. 954. Act. Syn. anteced. p. 18.), 
ſyriſche (ſogar die jakobitiſche) u. armenifche Kirche an. Ja, felbft die Heiden 
aubten an eine Art Reinigungsort, indem fle zur Sühnung der Berftorbenen 
s dritten (za zpira) und neunten (ra Evvara) Tage Todtenopfer barzubringen 
egten. Plut. sera numin. vindiet. c. 22. Ueber einen oder den Drt des %.8, 
wie über die Welfe der Purgation, tft in der Fatholifchen Glaubenslehre Nichts 
tichieden. Hierüber, fowie über die Art des reinigenden (wohl geiftigen u. nit 
teriellen) Feuers haben fidy die Väter nur problematifch u. hypothetiſch aus⸗ 
ſprochen. Das Eoncilium von Trient befiehlt in dieſem Betreffe, ed follten bie 
ſchwerlicheren u. feineren Fragen, welche Nichts zur Erbauung beitragen, von den 
tedigten ausgeſchloſſen werden. Auch fol dasjenige, was über dad F ungewiß, 
yer nur wahrſcheinlich ift, nicht verbreitet werden. Conc. Trid. Bess. XXV. 
ecret. de purgat. Uebrigens ift ed fatholifches Dogma, daß die im %. zurüdbes 
ıltenen Seelen mit zur Einheit des myſtiſchen Leibes Chriſti gehören, daß fie die 
idende Kirche bilden, und daß ihnen von der freitenden Kirche durch „Gebete, 
Imofen u. andere Werke der Frömmigkeit, beſonders aber durch das angenehme 
;pfer des Altare, geholfen werden fönne.” Trid. Sess. VI. can. 70. Sess. XXV. 
. Flor. def. fid. Die Proteſtanten verwerfen die Lehre vom Purgatorium, weil 
e die läßlichen Sünden läugnen, weil fle mit der Tilgung der Schuld u. Sünde 
m Radylaß aller, alfo auch der zeitlichen, Strafen zufammenfallen laſſen; end⸗ 
ch, weil fie dem Menfchen die Fähigkeit zu mas immer für einer Satisfaf- 
ten abſprechen. zA. 
Fehde, langobard. in den alten Geſetzen Faida, neben dem althochd. geféhida, 
sittelhocdyd. gevéhede u. vöhede, auch ohne Ableitungsfylbe véhe, aliſächſ.féöheta, 
on althochd. véhjan, mitthochd. véhen = hitzig, feindſelig ſeyn), bedeutet eigent⸗ 
ich Feindſchaft, dann gewöhnlich: öffentlich eiklaͤrte, nach einer (aͤußern oder ins 
wm) Genugthuung trachtende Feindſchaft, beſonders einzelner Familien, hauptſäch⸗ 
ich als Blutrache (f. d.) für einen erſchlagenen Verwandten. In der deutſchen 
Beichichte bilden die F.n einen nicht unbedeutenden Abſchnitt, indem es erſt nach 
mgen Anſtrengungen gelang, die, durch beſondere Geſetze anerkannten, jedoch ir 
ewiſſe Gränzen gewieſenen, F.n zurückzudrängen und den Landfrieden (I. d.) 
egen u. über diefelben in volle Aufnahme zu bringen u. zu erhalten. Vergleiche 
nter Andern ©. Phillips: Deutfche Geichichte, 1. Thl. S. 7, 2. x. 
ehmgerichte, |. Behmgerichte. - 
chrbellin, ein Städtchen von 1470 Einwohnern im ofthavelländifchen Kreiſe 
ed preußifchen Regierungsbezirks Potsdam, liegt an dem Flüßchen Rhin, zwi⸗ 
chen dem 30—31° öftl. Länge u. 52— 53° nördl. Br., it Sit eines Juſtizam⸗ 
es, einer Superintendentur, u. hauptſächlich durch den enticheidenden Sieg berühmt, 
seldhen ber große Rurfürf griedrich Wilhelm am 18. Juni 1685 bel denken 
ser bie Schweden unter bem Benerale Woldemar Wrangel danontug, D Velen 


Andenken ſich /auch ein Denkmal auf einer, dem Stäntchen nahegelegenen, Anhöhe 
befindet. Um den großen Kurfürften von dem Kriegsſchauplahe am Rheine, wo 
er mit feinen Truppen zur Bertheivigung der Reichsgränze fland, abzuziehen, 
hatte das franzöflfche Kabinet die ſchwediſche Regierung . vermocht, ſchwediſche 
Truppen, ohne voraußgegangene Kriegserflärung, in.die branbenburgifchen Bros 
vinzen einfallen zu Laffen. efe hatten bald das platte Land, mit Ausnahme 
weniger feſter Städte, wie Berlin, Küfttin, Potsdam, Spandau, erobert u. haus⸗ 
ten ſchrecklich auf demfelben. Der Kurfürft beichloß, fih dafür genügende Rache 
zu verfchaffen. In Eilmärfchen brady er mit feinem Heere vom Rheine auf 
hatte am 12. Auguf Magdeburg erreicht u. ging auf Rebenwegen, die Reiterel 
Immer um einen Sagmarfch voraus, dem Feinde entgegen, um ihn zu überfallen. 
Unter fortwährend nachtheiligen Gefechten mußte fidy derfelbe, ver meift aus In⸗ 
fanterie befland, vor den Eurfürftlichen Reitern zurückziehen. Endlich wurden bie 
Schweden durdy Abbrechen einer, in ihrem Rüden liegenden, Brüde genöthigt, 
dem Kurfürften bei F. Stand zu halten, der aber den 11,000 Schweden nur 
7000 abgemattete Reiter u. 500 Mann Zußvolf entgegenftellen konnte. Was je 
doch dem brandenburgifchen Heere an Zahl abging, das erfehte reichlich der 
Durft nach Rache, den daſſelbe empfand, als es die Wohnungen feiner Angehö- 
rigen niebergebrannt, ihre Felder verwüftet fab. Mit feiner abgematteten Rei- 
teret wagte es der große Kurfürft, die feinvliche ftärfere Infanterie anzugreifen, 
die er audy, nachdem der Kampf lange gefchwanft hatte, durch einen, mit 4 Reis 
Wreaimentern zumal ausgeführten, entſcheibenden Angriff warf und dadurch bie 
Race nöthigte, das Feld zu räumen. Diefe festen, immer bigig vom Kurs 
fürften verfolgt, in der Nacht und dem darauf folgenden Morgen ihren Rädzug 
I u. bald hatte Friedrich Wilhelm nicht nur fein Land vom Feinde gefäubert, 
onvern konnte felbft in das feines Gegners einfallen u. Wiebervergeltung üben. 
Der Berluf auf Selte der Schweden betrug A000 Todte u. Verwundete, 9 Ge⸗ 
fhübe, 10 Fahnen u. eine Menge Bagage; der preußifche Verluſt if nicht genau 
angegeben, doch fol er viel geringer gewefen fenn. In der Kriegsgeſchichte wird 
biete wehrhafte Reiterſchlacht immer einen Glanzpunft bilden, nicht nur wegen 
ihrer Entwürfe und Ausführung, fondern audy wegen ihrer politifchen Folgen; 
denn durch fie wurde ber Nimbus, der feit Sufav Adolph die ſchwediſchen 
Waffen umgeben hatte, zuerft geftört. Ow. 

Feigenbaum (ficus carica), Art aus der Familie der Urticeen, befteht aus 
Däumen u. Sträucyen, welche einen Milchſaft enthalten, mit dunkelgrünen, ge 
lappten Blättern. Der gewöhnliche F. erreiht im Süden Europa's eine Höhe 
von 15—30'; feinen Stamm dedt eine grauliche Rinde, dad Holz ift hellgelb u. 
weich, im trodenen Zuſtande elaftifch, der Saft ſtark ätzend. Beim bengalifchen 
5. ſenken fidy die Zweige auf die Erde, faflen Wurzel u. bilden fo einen bichten 
Wald. Die reife Frucht wird In Trodenöfen zubereitet u. in Keinen Kiften ver 
I Die vorzüglichften fommen von Smyrna, die füßeften von Kalamata 
auf Morea. 

Feijo, Diego Antonio, Regent von Brafllien von 1834 — 1837, gebe: 
ven 1780 zu Stu In Drafilien, genoß den Ruf eines ausgezeichneten “Brebigers, 
als er 1821 als Deputirter zu den Cortes nach Liffabon gefchidt wurde Gr 
bethetligte fich fo fehr bei den Intriguen für die Unabhängigkeit Brafiliens, dag 
er, als Diefe erfolgte, ed für gerathen fand, nad) England zu fliehen, von wo er 
1823 nad) feinem Baterlande zurüdfehrte. Als Demokrat befannt, ftellte er ſich 
1826 an die Spige der Oppofition, bewirkte Dom Pedro's Sturz 1831 u. übers 
nahm das ZJuftizminifterium, dad er zwar nady14 Monaten nieverlegte, dafür 
aber 1834 zum alleinigen Regenten auf 4 Jahre gewählt wurde. Seine Birk, 
famfeit dauerte indeß nur bis September 1837, al& er durch verfuchte Zügelung 
ber Preffe mißfällig geworden war. Gin wichtiges Moment in feiner politif 

Faufdahn IR fein Streit mit dem Papſte u. der Antrag auf Toikgaftung Id Ghs 







hate. Ju Jahre 1842 erfcheint er an der Spitze des Aufftandes der Pro⸗ 
nz San Paolo. ‘ 
Feilmoſer, Andreas Benedikt, Profeſſor der katholiſchen Theologie in 
Tübingen, geboren zu Hopfgarten bei Briren am 8. April 1777, flubirte in Salz⸗ 
ug, wo er in dem Stifte St. Peter A Jahre lange die wohlthätigfie Unter- 
kisung genoß. 1794 machte er an der Univerfität zu Innsbruck feinen pbilofo- 
wbiichen Blährigen Curs u. trat hierauf im September 1796 in das Benediftiner- 
Erift zu Fiecht bei Schwaz, wo er bei Dr. G. Maurer in den orientalifchen 
Sprachen fruchtbaren Unterricht empfing. Nach geendigtem Noviziate dafelbft 
tubirte er feit 1798 im Benebiftinerftifte zu Villingen am Schwarzwalde Theo- 
sgie unter Lumper und ward 1800 al& Lehrer des Bibelſtudiums aufgeftellt; 
mh Moral und Kirchengefchichte wurde ihm abmechielnd zum Bortrage zuge: 
beit. Schon jept riefen manche, für die damalige Zeit außergewöhnliche, Bes 
muptungen in der Einleitung des A. T. u. in der Moral, welche nady Kanti⸗ 
den Prinzipien gemodelt war, bedenkliche Rahnungen u. Genfuren von Seiten 
#6 Brirener Orbinariatö hervor. Die eingeleiteten Unterfuchungen bei dem Gu⸗ 
emium in SInnöbrud fielen indeß zu Gunften des beflagten‘. aus u. man ließ 
he Sache auf fich beruhen; jedoch wurde er von der Stelle eined Novizenmei⸗ 
ters entfernt. Nach dem Tode des Prälaten Alphons Pacher ward %. 1806 
Bapitelfefretär; den 13. Novbr. desfelben Jahres von der bayerlfchen Regierung 
um Lehramte der morgenlaͤnd. Sprachen u. der Einleitung in das A. T. an der 
Univerfität Innsbrud berufen; wo er 1808 die theologiſche Doctorwürde fidy &- 
varb und auch Borlefungen über dad Neue Teftament hielt. Zum ordentlichen 
Brofefior des Bibelſtudiums ernannt, ward ibm zugleidy der Eharafter eines 
pirklichen grign Rathes beigelegt. Am 19. Auguſt wurde er, nad) dem Ab⸗ 
juge der Defterreicher, mit mehren andern Brofefioren auf Befehl des Sandwir⸗ 
hes verhaftet u. nach Pufterthal gebracht. Als 1810 die Univerfität Innsbrud 
in ein Lyceum verwandelt wurde, blieb F., mit Beibehaltung feines Ranges, Leh⸗ 
rer bafelb; 1811—12 trug er griechifche u. lateiniſche Philologie vor. Bei der 
Organifation des neuen öfterreichiichen Schulplanes 1817 wurde ihm wieder der 
Echrfluhl des Reuen Teftaments eingeräumt; er folgte aber nady 3 Jahren, der vic- 
len gebäffigen Anfeindungen müde, dem ehrenvollen Rufe als ordentlicher Pro- 
fejor an die theologifdy-katholifchen Fakultät zu Tübingen um Oſtern 1820, wo er 
an Lungenkrantheit 20. Juli 1831 verftarb. Seine — 5 — hingen mit ſeltener 
Siebe an ihn. Tiefe u. umfaſſende theologiſche Gelehrſamkeit bezeugen alle feine 
Ehhriften, von denen befonders fein Hauptwerk, „Einleitung in die Bücher des 
Reuen Teſtaments 1810; neuc Aufl. 1830”, ihm einen ehrenvollen literarischen 
Zubm verſchaffte. Cäbe aus der chriftlichen Sittenlehre für die öffentliche ‘Brü- 
fung in dem Benediftiner : Klofter zu Fiecht. Innsb. 1803. Säge der Einleitung 
m die Bücher des Neuen LTeftaments u. der hebräiſchen Alterthümer, 1803. 
Animadversiones in hist, eccl. 1804. Cäbe aus der Cinleitung u. Hermeneu- 
nf des Neuen Teftaments 1803. Auszug aus der hebräifchen Sprachlehre von 
Jahn, 1813. Die Berkegerungsfudht in einem Beifpiele, den fatholifchen Theo⸗ 
logen zur Würdigung vorgelegt, Rottweil 1820. Viele Beiträge u. Recenfionen 
in den Annalen der öfterreichtfchen Literatur u. Kunft. 1804—5. Tübinger theo- 
logiſche Duartalichrift. m. 
Belbiger, Johann Ignaz von, ein um das katholiſche Schulweſen Deuiſch⸗ 
lands hochverbienter Mann, geboren zu Großglogau 6. Januar 1724, fludirte 
auf der Univerfität zu Breslau, widmete fi) dem geiftlichen Stande u. that im 
fürftlichen Etifte der regulirten Chorherrn des heiligen Auguftins zu Sagan Pro⸗ 
eb, wo er 1746 Canonicus regularis u. 1758 Prälat wurde. Da er das Echul- 
weien in einem äußerft vernachläfftgten Zuftande antraf, fo forgte er für die Ver⸗ 
erung deſſelben mit mufterhaftem Eifer. Die Verdienſte, die er fich im dieſer 
binficht erwarb, waren Urfadye, daß er 1774 als Generalvirettor ded Styulme- 
ne nach Bien berufen wurde. Seit 1782 lebte er als Probk ded Koeat- 


189 Belbbauf — Felbkaplane. . 


flifte® au Prag, u. ſtarb dafelbft den 17. Mat 1788. Edhon zu Sagan fliftete 
er daFerfte Schullehrerfeminar in Schlefien, dem alsdann noch mehre folgten. 
Er belehrte den Landmann über die Unfchäplichkeit der Gewitterableiter und ars 
bettete verſchiedenen Mißbraͤuchen durch beſſere Lehrbücher entgegen. Wenn er 
gleich ein zu fleifer Anhänger der Häbnfchen Literalmethode war, fo verbient er 
doch eine Stelle unter den erfim Schülreformatoren des 18. Jahrhunderte, — 
1782 von Kaifer Joſeph IT. feines Amtes enthoben, ging er nady Preßburg, wo 
er am 17. Mat 1788 flarb, Ä 

Feldbauſch, Felix Sebaftian, ein tüchtiger Schulmann, 1795 zu Mann⸗ 
heim geboren, machte feine Studien in Heidelberg und if gegenwärtig !Profeflor 
am Lyceum zu Raftadt. Er lieferte griechifche und lateiniſche Grammatiken für 
Schulen, ſowie recht brauchbare Ausgaben alter Glaffifer. Sein neueſtes Werk 
iR: „Deutfche Metrik nach Beifpielen aus alten Glaffitern,” Heivelb. 1841. 

Beldequipage, die, der Truppen, begreift Alles in fidy, was biefe Im Suege 
nöthig haben und mit fidy führen, wie 3. 8. alle Arten von Koch⸗ und fges 
ſchirren, Tornifter, Schaufeln, Belle, Haden, Badfättel, Provtants u. Munitions⸗ 
wagen, Zuggefbirre u. dergleichen. Ratürlidy gehören aber auch bicher alle Bes 
waffnungs⸗ u. Befleivungsgegenftände, die auch während des Friedens bei ihnen 
im Gebrauche find. Seit den Revolutiondfriegen bat man angefangen, bie F. 
nur auf das Nothwendigſte zu befchränfen; indeß führten noch in den Feldzügen 
von 1805 u. 1806 die Öfflziere Feldbetten, Tifche, Stühle u. andere Gegenflände 
des Comfort mit fi) in den Krieg nach. 

Felder, (lacunae) heißen in der Baukunſt alle, gewöhnlich wit Geſtmſen 
eingefußte, Bertiefungen an Deden, Wänven u. Thüren, fowie diejenigen leeren 
Räume, weldye, bei den in Riegel gebauten Wänden durch die Verbindung ber 
Ständer mit den Bändern u. Riegeln entflanden, mit Steinen ausgemauert find. 

Feldgeſchrei, ein verabredetes Zeichen (gewöhnlicdy in einem Bornamen und 
Ortönamen beflehend) das im Kriege ausgegeben wird, um ſich daran ale bes 
hemmt zu erfennen, vorzüglid aber, um die Borpoften, Patrouillen u. f. w. 

ierdurch in Stand zu feßen, Freund und Feind von einander zu unterfcheiden. 
Deßwegen muß es ſchlechterdings vor Jedem, der nicht wirklich zur Armee ge 
bört, geheim gehalten u. ſogleich verändert werden, fobald man irgend nur Urs 
ſache hat, zu vermutben, daß es verraihen feyn koͤnnte. Uebrigens wird regels 
mäßig alle Tage ein anderes Wort als %. ausgegeben und damit des Nachts, 
wenn man fehr nahe vor dem Feinde fleht, oft mit jeder Ablöfung gewechſelt. 
Siehe Borpoften, Feldwache, Batrouille ıc. 

Feldgefchüge heißen, tm ®egenfage zu ven Feſtungsgeſchützen, foldye Ge⸗ 
füge, deren man ſich gegen ven Feind in Feldſchlachten u. Gefechten bedient und 
die daher leichter, überhaupt einer größeren Bewegbarkeit fählg find. Es find in der 
preußiichen Armee 6: u. 12pfündige Kanonen u. 7⸗ u. 10pfündige Haubigen ; 
man theilt fie ein in Liniengefchüge, welche allen Bewegungen der Truppen 
folgen müflen: dieß find Gpfündige Kanonen u. 7pfündige Haubigen; u. in Po⸗ 
fttionsgefchüge, welche man mehr dazu benügt, daß fie an gewiffen Bunften 
auf nee Zeit aufgeftellt werden: bieß find bie 12pfündigen Kanonen u. 10pfün« 

ge Haubigen. 

Feldjäger find eigentlich gelernte Jäger, welche für den Dienſt im Felde 
angerichtet find (f. Jäger). — In einigen Armeen beftehen aber audy beſondere 
Elitencorp8 unter dem Namen F., welche, (wie in Rußland) den Rang eines Of⸗ 
figters, oder (wie in Württemberg) den eines Unteroffiziers haben und nicht bloß 
im Kriege bei den commandirenden Generalen attachirt, fondern auch im Frieden, 
am Hoflager flationirt, zu Courier» und Ordonnanzdienften verwendet werden. 

eldiaplane (bei den Proteftanten Feldprediger), heißen die Geiftlichen, 

welche beſonders angeftellt find, ven Truppen ins Keld au folgen und, einer ältern 
Berorbnung gemäß, „ſelbſt die Pflicht haben, b18 an vie Spike der Ayyıoigen ıı 
um ben töbtlidy Berwundeten die lehten Txrökungen der Rellakon au Inete 


Felbkirch — Feldyoſt. 189 


Schon durch Konftantin den Großen eingeführt, wurben bie F., in Folge 
Beichluffes des Concils von Regensburg vom Jahre 742, auch in Deutfch- 
gemein. Früher hatte jedes Regiment feinen eigenen F. Die franzöflfchen 
uttondfriege hoben auch diefes fo heilfame SInftitut auf, bis es im den deuts 
Sreiheitöfriegen, nady dem Borgange Preußens 4813, wieder in's Leben 
jedoch mit der Mopification, daß flatt der Regimentögeiftlichen Brigade, 
Diviftondgeiftliche angeftelt wurden. Die F. fleben unter einem Feldſu⸗ 
t, (bei den Proteftanten Feldpropf). Die k. k. öfterreichifche Armee hat 
eigenen Feld biſchof, weldye Würde dermalen der Abt des Stiftes Schots 
A beffeidet, der zugleich Prälat des militärlichen Marla» Thereftens 


8 if. 
Feldkirch in Vorarlberg, einft eine eigene, von Oeſterreich im Jahre 1375 
Kauf erworbene Braffchaft, jeht ein Kandgericht mit 27 Gemeinden, wovon 
tadtgemeinde %. im engften Sinne des Wortes, am Illfluſſe, 1900 Bewohs 
sie Die Stadt hat ein freundliches Ausfehen, hübſche Gartenanlagen u. 
rau in der Gegend, mehre Fabriken, eine Buchhruderei, ein Gymnaflum, 
apuzinerflofter und eine gothiſche Pfarrkirche vom Jahre 1478, mit dem 
Ne Schattenburg auf einer öftlicdyen Anhöhe. Die Einwohner find fehr ges 
gewerbfleißig, und erfreuen fich für die geiſtlichen Angelegenheiten Vorarl⸗ 
eines Brirmer’fchen Weihbifchofd in ihrer Mitie. W. 
KeidErenze find von Stein oder Holz geformte Kreuze, mit oder ohne Bildniß 
freuzigten Heilandes, weldye auf den Landſtraßen an den fogenannten Kreuz: over 
an Feldwegen aufgerichtet find. Es ift Sitte, daß jeder Kaıholif beim Vor⸗ 
then an einem %., in Erinnerung an den Grlöfungstod Jeſu Chrifti, das 
t entblöße, Kraueneperfonen ‚dagegen eine Knieverbeugung‘ madyen u. fich 
em heiligen Kreuzeszeichen bezeichnen, Die Errichtung von %.n unterliegt 
miR aud) der polizeilichen Bewilligung, und ihre Benediction darf nur m 
zflicher Erlaubniß peicheben. 
Feld e, (nicht zu verwechfeln mit Milttärhofpttälern, welche zur Auf⸗ 
e Franter Rılitärs an Orten, wo flehende Garnifon iſt, dienen) werben in 
özeiten an dazu nach Umftänden tauglichen Orten eingerichtet und beftehen, 
einem befondern Dirigenten, aus ver nöthigen Anzahl Aerzte und Wund- 
nebfl zum Transeporte der Kranfen und Berwundeten eingerichteten Wagen, 
: der Armee bei allen Bewegungen und vorzüglidd auf das Schlachtfeld u. 
euer Torgen; fie heißen deßwegen auch Ambulancen (f. d.). Die F. ſor⸗ 
ir die Bedürfniſſe des erften Augenblids, während die Berwundeten und 
en, die einer längeren Pflege bedürfen, aber der Armee folgen fönnen, den 
rüdwärts befindlichen snauptingareihen übergeben werden. — In jeder 
eordnneten Armee wird Alles, was zur Ausrüftung eines %.8 gehört, Inſtru⸗ 
, Bandagen und Geräthfchaften aller Art, fchon Im Frieden angeſchafft und 
reitfchaft gehalten, wie dieß auch die Bundesmatrifel für die deutfche Bun⸗ 
mee vorfchreibt. 
Feldmarſchall (Beneral:%.), in den meiften Armeen die höchfte militärifche 
re, deren Inhaber von feinem andern Generale, fondern nur von dem Mos 
m unmittelbar Befchle anzunehmen hat. In Frankreich iſt feit Napoleon 
atmäßige Zahl der Marfchälle des Reichs auf 12 feftgefeht, aber in ber 
s nie genau feftgehalten werden. In Defterreich folgen den F.en in der 
edie Feldzeugmeiſter u. Generale der Cavalerie (im Range coorbinirt), 
die F⸗Lieutenants oder Diviſtonärs, deren Titel anderwärts General: 
nant iſt; endlich die Generalmajors oder Brigadiers. — Preußen hat der- 
ı keinen afıiven %. — In Bayern befleivet dieſe Würde Prinz Karl, Bru⸗ 
es Könige. 

eldmeflen, ſ. Meffung. 

Idpoft, eine, zur Erleichterung bes Briefwechfeld der Im Felde Aeyenten 
eigens eingerichtete Boftanftalt, dergleichen ſich bei jever größeren Herird- 


wo Beldprebiger — Jelbwebel. 


abtheilung eine befindet. Saämmiliche F. en ſtehen unter dem Generalfeldpo 
meiſter, der ſich im Hauptquartiere befindet. 

eldprediger, f. Feldkaplane. 

eldfchange, überhaupt jedes, aus Bruſtwehr und Graben beftchende Wer 
welches im Felde für einen vorübergehenden Zwed, alfo nur auf Furze Zeit, ang 
legt wird. Die $.n find ihrer igur und Größe nach fehr verfchieden; oft we 
den fe bloß nad) der Zahl ihrer Seiten oder vorfpringenden Winkel benannt, o 
aber haben fie auch eigene Ramen, die ſich theils auf Ihre Figur, theils auf ihre 
Zwed oder ihre Lage beziehen. So hat man Fleſchen, Redouten, Ster: 
ſchanzen, Lunetten, BRedans, Kremailleren, Brüdens, Bergſchanze 
Blodhäufer u. f. w. (f. dd. Art.). . 

Feldſcheerer, veralteter Ausprud für Feldchirurg, defien Wirkungsfrei 
je nad) dem Grabe feiner wifenfchaftlichen Bildung, entweder nur für eine Kon 
pagnie, oder für ein Bataillon, Regiment, Divifion u. f. w. beftimmt feyn kam 

eldſchlange, f. Golubrine, . 

eldfchmiede, die, zur Anfertigung der tm Felde bei der Artillerie vorkon 
menden Eifenarbeiten, befteht aus einem Heerde von flarfem Sturzbleche, und eine: 
dahinter angebrachten Blafebalg; beides ruht auf zwei Schwungbäumen und viı 
Rädern, welche mit eifernen Achfen fahren. Die Einrichtung im Einzelnen it b 
den mehrften Artillerieen verfchieden. — Die %. dient theild zum Beichlagen de 
Pferde, theils zur Serftellung der Eleineren Reparaturen an den Fubrwerten. 

Feldſpath. Mit diefer Benennung bezeichnet man in der Mineralogie 
Species, nämlidy den Kalt-$. und den Ratrum-$. Ihre Kıyflallifatidh gi 
bört dem Flinorhombotdifchen Syfteme an; beide find Verbindungen von Kick 
erde, Thonerde und (je nach der Species) Kali oder Natrum. Der Kalist 
(Orthoklas) fommt in verfchtedenen Karben und allen Durchfichtigkeits - Grabe 
vor; die reinften Barietäten werden Adular (f. d.), die grünen (vom Ural un 
aus Südamerifa) Amazonenfteine genannt und zu Schmudfteinen gefchliffe 
Der reine weiße Kali⸗F. Beunf e der Ehinefen) dient als Zufchlag zur Porze 
lanmafle. Der Natron. (Albit) ift meift weiß, bläulich, gelblich u. f. w. ı 
durdhfichtig, oder nur an den Kanten durchſcheinend. aM. 

Veldverpfleguug heißt, im Gegenſatze zur Verpflegung im Frieden, die Be 
pflegung nad) einem höheren, auf die größeren Anftrengungen im Kriege ſich grür 
denden Maßftabe, und zwar erftredt fie ſich fowohl auf die Wundportione 
für die Mannſchaft, als auf die Kationen für die Pferde. In einigen Armee 
gehören auch Branntwein und Rauchtabaf zur F. 

Feldwache ift diejenige Wache, welche zur Sicherheit der Lager, Bivouakt 
Gantonnirungdquartiere und poflirten Detachements ausgeſetzt wird, um jeden ur 
vermutheten Angriff des Feindes zu verhindern. Jede F. hat wieder ihre Schift 
wachen (gewöhnlidy zwei Mann) nad) dem Feinde zu, welche im Allgemeine 
Borpoften, bei der Eavallerie Vedetten heißen; ferner hat fie einen ode 
mehre Poften, nady Beichaffenheit des Terrains, in ihrer Rähe, welche fo geftel 
find, daß Nichts fich der F. nähern Tann, ohne von dieſen Poften angerufen ;ı 
werden. — Die F.n machen feine Honneurs; fommt ein Stabsoffizier, fo tritt be 
die %. fommandirende Offizier zu demſelben und meldet ihm, ob etwas Neue 
vorgefallen ſei; ift dieß der Stabsoffſizier du jour, fo gibt er ihm die Parole 
Nur wenn bewaffnete Truppe, eine Anzahl Gefangene u. ſ. w. vorbeiziehen, trit 
die 5. in's Gewehr. 

Feldwebel (bei der Gavallerie Wachtmeifter), if der erſte Unteroffigter tı 
jeder Bompagnie oder Escadron, welcher die ynmittelbare Aufficht und Leitum, 
über Alles bat, was den inneren Dienft und die innere Ordnung betriffl. Zu 
gleich führt er alle Xiften und Rapports im Namen des Compagniechefs u. fieh 
daper mit bem Regiments- oder Bataillonsapfutanten in enger Berührun 

‚Per Compagnie fommandirt er alle Dienfte, zahlt vie Lühnung ad und tar be 
ers bie moralifcye Aufführung ver Mann choft zu — WWxW 


Felbgelchen — Felleianus, a 


guter F. die wichtigſte Stüge des Gapitäns und muß, außer genauer Dienftfennt- 
sis, auch einen foliden Charakter befiden. Aus diefen Gründen genießt audy dieſe 
Elaffe von Linteroffizieren in einigen Armeen eine befonvere Auszeichnung, wie 
, BD. in der preußifchen, wo die F. das Port d’Epse, und in der württember- 
giichen, wo fie eine, jedoch von der der Offiziere verſchiedene, Schärpe tragen. 

Feldzeichen, ein gewiſſes Zeichen, welches alle Individuen einer Armee tra⸗ 

‚ um daran zu erfennen, daß fie zu verjelben gehören; vergleichen find Ko⸗ 
‚ Armbinden, Schärpen u. dgl. 

Beldzeugmeifter war eigentlich früher ver Oberbefehldhaber der Artillerie, 
and eine der erften Kriege-Würden. In der öfterreichifchen Armee führen die 
Generale der Infanterie diefen Titel. 

Feldzug heißt nicht bloß (im eigentlichen Sinne) der Auszug einer Armee 
ia den Krieg, fondern auch die ganze Zeit, währenn welcher eine folche im Felde 
biegt, d. 5. die Dauer des Krieges. Da man früher gewöhnlid im Winter 
Eantontzungsdquartiere bezog, um auszuruhen, je begannen die Keindfeligfeiten erft 
wieder mit dem kommenden Frühjahre. Auf diefe Art eröffnete man dann jedes⸗ 
wal einen neuen %., welcher fo lange dauerte, bis die Armee durch die raube 
Witterung wieder in die Winterquartiere getrieben wurbe. Seht wird zwar biefe 
Rüdficdyt auf die Jahreszeit nicht mehr genommen; allein man rechnet doch, wäh- 
send eined länger dauernden Krieges, mit jedem Jahre einen neuen F. — Das Jahr 
eines 5.8 wird dem Soldaten für zwei Dienfljahre gerechnet und hat Einfluß auf 
den Bold beim Abſchiede und der Penflonirung. 

Felieianus und fein Bruder Primus, hh. Martyrer, lebten beide zu Rom 
und widmeten fi) aus Liebe zu Jeſu ganz den Werfen der Rächftenliebe, indem 
fe ihre Güter unter die Armen vertbeilten und bie Bekenner Ehriftt in den Ge⸗ 
fängnifien befuchten, um fie zu erquiden, zu tröften und zu ermuntern. Selbfl auf . 
den Hfentlihen Pläpen erfchienen fie, wo die Ehriften gemartert und zum Tode 
verurtbeilt wurden, um fie im Glauben u. in der Liebe zu ftärfen; ja, i fuchten 
fogar die Wtrünnigen auf, um fie wieder zum Glauben zurüd zu bringen. So 
lebensgefährlih alle diefe frommen Bemühungen u. fo groß deren Erfolge waren, 
ß entgingen die beiden Brüder dennoch mehren blutigen Verfolgungen; denn an 

nen erfüllte fi) die Verheißung Jeſu: „Sogar die Haare eures Hauptes find 
le gezählt;“" fürchtet euch alfo nicht. — In ihrem fpäten Alter wollte fie aber 
Bett auch durch den Martyrertod verherrlihden. Um das‘ Jahr 286 verlangten 
bie Götzenprieſter mit lautem, ungeftümem Gefchrei ihren Tod. Da befahlen die 
Katfer Diocletian u. Marimian, fie zu ergreifen u. in ein Gefängniß zu werfen. 
Me Verſuche, fie durdy Eörperlihe Qualen zur Berläugnung ihres Glaubens zu 
bewegen, blieben fruchtlos; fie wurden daher dem Statthalter Bromotus von Nomento, 
einer nur wenige Meilen von Rom entfernten Stadt, übergeben, um fie durdy andere, 
noch araufamere Martern zu zwingen, ben Göttern zu opfern, oder fie im Weige- 
nıngöfalle, als Wiederſpenſtige u. Empörer gegen die Faiferlide Macht, mit dem 
Tode zu beftrafen. Promotus gebot demnach, ke in einen finftern Kerfer zu fperren, 
wo er fie mehrere Monate im Elende fchmachten ließ, um ihren Muth zu 
fhwächen u. dann feine böfe Abficht, fle zu einem heidniſchen Opfer zu verleiten, 
um fo eher zu erreichen. Doch fah er feine Hoffnung bald vereitelt; denn, als 
man die beiden Brüder vor feinen Richterftuhl führte, Fand er fie im Glauben an 
Jeſum Chriſtum wo möglid noch ſtandhafter u. feft entfchloffen, eher das Leben 
m veriieren, als der chriftlichen Religion zu entfagen und den von ihnen ange- 
beteten Gott zu verläugnen. Er ließ fie demnach mit Bleikolben fchlagen, wodurch 
ihnen unter grimmigen Schmerzen die Beine zerfchmettert wurden; doch fie riefen 
während dieſer Qualen den Namen ded Herrn an u., durdh feine mächtige Gnade 
geſtärkt, flegten fie über den Iyrannen, der knirſchend fie in das Gefängniß zu⸗ 
rüdführen u. von einander trennen ließ, damit fie fidy nicht gegenfeitig zur Stand- 
baftigleit ermunterten. Nach einiger Zeit ließ Promotus den 5. vorführen, ven et, 
alb anen gebrechliden, 8Oiährigen Mann leichter zu überwinden wöhnke, ir 


12 delicitas. 


wendete alle veraͤchtlichen Kunſtariffe an, um des Greiſes Standhaftigkeit zu er⸗ 
ſchüttern; er ließ ihn auf's Neue peinigen, allein vergebens; denn Gott, ſuͤr den 
der Fromme ſtritt, machte ihn unuͤberwindlich. Er ſchickte ihn daher noch einmal 
in ven Kerker zurüd. Drei Tage darauf ließ Promotus ven Primus vor ſich 
bfingen, dem er vorlog: fein Bruder F. habe ſich doch am Ende der Unvermeidlich⸗ 
fett gefügt u. den Befehlen der Kaiſer Folge geleiftet; er ermahnte ihn demnad), 
daffelbe zu thun. Wein, was vermag alle Lift gegen ein unerfchütterliche® Ver⸗ 
trauen auf Gott? Der heilige Martyrer, durch ein himmliſches Licht erleuchtet, 
- erkannte ſogleich den feinen Betrug, durch den Ihn Promotus verführen wollte u. 
antwortete in vollem Vertrauen auf des Barmberzigen Güte: er werde Gott eben 
fo getreu bleiben, als fein Bruder u. hoffe, gleich ihm, über des Tyrannen Graus 
‚ſamkeit zu flegen. Sowohl über biefe Dermeitene Antwort, ald auch über das Miß⸗ 
lingen des beabfichtigten Betruges Außerft aufgebracht, befahl Promotus, ihn auf 
die Folter zu fpannen, ihm die Seiten mit eifernen Haden zu zerreißen und bie 
Wunden mit brennenden Yadeln zu fengen. Der ungerechte Richter ließ au F. 
bet den Qualen ded Primus gegenwärtig feyn, weil er wähnte, der Anblid der⸗ 
feiben werde ihn mit Schreden erfüllen u. feinen Muth lähmen. Allein die beiden 
heiligen Brüder flärkten einander und ermuthigten fich durch das gegenfeltige Ges 
Löbniß, ſowohl diefe, als jede andere Bein, die man noch an ihnen verfuchen Fönnte, 
ſtandhaft auszuhalten. Mit heiterem Geifte fangen fie aus dem 132. Pfalme den 
Ders: „Sieh, wie vortrefflid und erwünſcht iſt es, wenn Brüder in Gintracyt 
wandeln?” Denn fie waren Eins im Dienfte Gottes während des Lebens u, hoff: 
ten es auch während des Todes zu bleiben. Ald nun der Tyrann alle Hoffs 
nung, fie wanfend zu machen, aufgeben mußte, ließ er Beide am 9. Juni des 
Jahres 287 enthaupten. | . 
Felicitas, Heilige u. Martyrin, lebte zu Rom in der Zeit des Kaifers 
Marc Aurel und blieb nad) dem Tode ihres Gatten, eines angefehenen Mannes, 
ſtets Wittwe, um fich defto ungeftörter dem Dienſte Gottes und den Werfen der 
Liebe widmen zu fönnen. Ihr belliger Wandel, der felbf von den Helden gerühmt 
wurde, erregte die Ciferſucht der Götzenprieſter, die nicht fäumten, fle mit ihren 
Söhnen beim Kaiſer als Menſchen anzuflagen, welche die Götter verhöhnten u. 
die Rache derfelben über dad Reich bringen würden, wenn fie ungeftraft blieben. 
Der Kaifer befahl dem Präfeeten der Stadt, Publius, die Sache zu unterfuchen 
u. nöthigenfalld fowohl die Mutter, ald die Söhne zu zwingen, den Göttern zu 
opfern, um deren Zorn zu fühnen. Zuerfi ließ nun Publius die Mutter allein zu 
ſich rufen und ſprach ihr ganz freundlich, dann drohend zu; doch vergebens. Sie 
antwortete ihm: „L2erne mich Fennen, dann wirft du dir nicht fchmeicheln, mich 
durch deine Drohungen zu fdhreden, oder mich durch glatte Worte irre zu führen. 
Durch die Kraft des göttlichen Geiſtes, der in mir kaͤmpfen wird, will ich über 
den Satan fiegen, um deine Anfälle auf meinen feften Glauben zu überwinden. 
Bin ich getödtet, fo iſt mein Steg noch ficherer,” „Bethörtes Weib!“ — rief ver 
zornige Publius — „wie fann der Tod dir wünfchenswerih erfcheinen, da du deine 
Kinder der Gefahr ausfegeft, Ihr Leben zu verlieren, u. mich zwingft, es ihnen durch 
graufame Martern zu rauben.” — „Meine Kinder” — erwieberte 5. — „werben ewig 
leben, wenn fie den Göttern nicht opfern; thun fie es aber, fo flürzen fle im’8 
ewige Verderben.“ Am andern Tage ließ der Präfeet die Mutter mit den Söhnen 
vor feinen Richterſtuhl auf das Marsfeld führen und richtete an F. folgende 
Worte: „Erbarme dich deiner Söhne, diefer guten, blühenden Sünglinge, die 
nody zu den erften Ehren des Reiches gelangen können.” — „Dein Mitleid If 
Frevel“ — erwieberte die Mutter — „deine Ermahnungen würden mich zur graus 
famften Feindin meiner Kinder machen.” Sie wandte fidy hierauf zu ihren Söh⸗ 
nen und ſprach: „Sebet den Himmel an, blidet empor; dort oben harret Jeſus 
Ebriſtus eurer mit feinen Heiligen; fämpfet für eure Seelen, erweiſet eudy treu 
/n ber Liebe Ehrifii!" Auf diefe Worte ließ Publind Ihr Bartenkreiche qeben, Go- 
Dei es fagte: „Erkübnf du did), in meiner Begenwart Te aa erahnen, Tr Wes. 


Felix. 143 


keble unferer Herren zu verachten?” — Hierauf rief er die fieben Söhne: Ja⸗ 
marius, Felix, Philippus, Sylvanus, Alerander, Vitalis u. Martialis, herbei u. 
hchre jeden einzeln durch Verheißungen zu loden, oder durch Drohungen zu 
ſchrecken. Uber gleichfalls vergebens; denn einer nad) dem andern befannte freubi 
vn Glauben. Wlerander, nody ein Kind, fprady: „Ich bin ein Knecht Chrift 
zen befenne idy mit dem Wunde, Ihn trage ich im Herzen, Ihn bete ich an 
sine Unterlaß.“ Zulegt fagte Martialis: „Ale, Die nicht befennen, daß Jeſus 
ekriftus Der wahre Gott ift, werden in ein unauslöfdylicyes Teuer geworfen.” — 
Vnblius ließ nun die Brüder indgefammt nad) dem Gefängniffe zurüdbringen u. 
afattete einen fchriftlihen Bericht über den ganzen Hergang an den Kaifer, 
ver die ftandhaften Bekenner verfchievenen Richtern übergeben ließ, doch jeder 
iprad) über den an ihn gewiefenen das Todesurtheil aus. Januarius wurde mit“ 
Geißeln, die bleierne Kugeln in np fahtm; Felix u. Philippus mit Kolben tobt 
geichlagen. Sylvanus wurde von einer Höhe herabgeflürgt; Vitalis, Alerander u, 
Martialis, als die Jüngſten, enthauptete man. Die Mutter mußte diefen Martern 
zuſehen, wobei fie ihre Söhne zur Stanvhaftigkeit in der Liebe ermahnte; nach⸗ 
dem fie 4 Monate im Kerfer geichmachtet hatte, wurde audy fe enthauptet. Auf 
ver ſalariſchen Straße fland eine Kirche auf der Brabftätte der heiligen F. zu 
veren Ehren. — Jahrestag 23. Rovember. 
Belir. Name mehrer Heiligen u. Martyrer. — 1) $. aus Nola, 
der Sohn reicher Eltern, wurde von dem heiligen Marimus, Biſchof daſelbſt, 
unmittelbar gebildet u. zum Prieſter geweiht. Bei einer Ehriftenverfolgung fluͤch⸗ 
tete ih der Biſchof, an deffen Statt nun F. ergriffen u. in einen dunkeln Kers 
fer geworfen wurbe, defien Fußboden, um ihn der nächtlichen Rube zu berauben, 
mit Scherben bevedt war. Hier erfchien ihm einſt Nachts ein ftrahlenver En, 
gel und befahl ihm, fi zu Marimus zu begeben, nahm ihm die Bande ab und 
führte ihn durch die Thüre vor den fdhlafenden Hütern vorbei. Bon Gott gelels 
tet, ging F. nun auf ganz unbefannten Wegen weiter, bis er den Ort erreichte, 
wo er den geliebten Greis, aber ganz entfräftet und in den letzten Zügen, fand. 
Vergebens ſah fid) F. nad) einem Labfal zu feiner Erguidung um; nun fing er 
an, mit Snbrunft zu beten, u. plöglicdy erblidte erseine Traube an einem Dorn 
fraudye hängen; er nahm fie u. drüdte den Saft derfelben durch die erbleichten 
Sispen und fchon feft gefchlofienen Zähne des Bifchofe. Der Eegen Gottes bes 
Ittete die Babe der-Liebe; Marimus öffnete die Augen, erfannte feinen F. und 
hpte: „Schon lange habe ich dich erwartet, denn Gott hat didy mir verheißen. 
Die Stätte u. mein Zuftand mögen dir beweifen, daß ich mich der Verfolgung 
nicht aus Todedfurcht entzog; ich traute der Schwädje meines Leibes nicht.” — 
% nahm nun die theure Bürde auf feine Echultern u. Gott verlich ihm Kraft, 
ven Bifchof auf feinen Wunſch in einer Nacht nad Haufe zu tragen. F. 
kehrte fodann in feine Wohnung zurüd, wo er fi) bis zum Aufhören der Vers 
folgung verborgen hielt. Die Gläubigen freuten fid) herzlich, ihn wieder zu fes 
ben; er tröftete die Betrübten, welche durch die Verfolgung in tiefen Kummer ges 
raihin waren u. lehrte fie, nur nach den ewigen Gütern trachten, miıhin Nichto 
fürdten, als das Mipfallen des ewigen Richters. Ald Marimus hoch betagt 
geforben war, verlangte die ganze Gemeinde F. zum Nachfolger; er leitete jedoch 
aus Demuth die Wahl auf den Priefter Quintus, der früber, als er, wiewohl 
nur um ficben Tage, die Prieſterweihe erhalten hatte u. älter war ald er. Der 
neue Bifchof, die großen Gaben u. %. Frömmigkeit ſchaͤtzend, überließ ihm jedech 
aus weifer Demurh den größten Antheil an der Führung der ihm anvertrauten 
Herde. — 5. fuhr fort, die Kirche durch feine Zugend zu erbauen. Wie er 
duch die Gnade Gottes Martern, Todesfurcht und das Verlangen nach Wür⸗ 
ven beftegt hatte, fo überwand er audy die Lirbe zu irbifchen Gütern. Die reiche, 
ifm durch den Tod feines Vaters sugefallene, Erbfchaft überließ er Andern; in 
finen Mugen galten die @üter diefer Welt nicht mehr als Auskehricht; er fürchs 
ie, bie WBiebereriangung felned Bermögend möchte ihn des Xebend berauben, 


144 | Belle. 


welches denen verheißen ift, welche die Reichthümer aus Liebe zu Jeſu verlaflen. 
Demnach fchlug er auch das Vermögen aus, das ihm Archelais, eine adelige, 
fromme Frau anbot; er zog es vor, ſich Lieber nur ein Feines Stüd Erdreich zu 
miethen; die daraus gezogenen Erzeugnifie dienten ihm zum eigenen Unterhalte 
und zur Hilfe irgend eined Dürftigen; denn er ließ fletd an dem Wenigen, was 
er genoß, die Armen Theil nehmen. Er liebte die Armuth fo rt daß er nie 
mehr ald ein Kleld haben wollte; fah er einen Armen, der ſchlechter als er ge- 
Feldet war, fo zog er feinen Rod gus u. taufchte ihn mit dem ded Armen. 
der Ausübung foldyer Tugenden wechfelte $., in hohem Alter und reich an Ver⸗ 
dienften, fein Leben mit einem befferen am 14. Januar 266. Zwar flarb er Fels 
nes gewaltſamen Todes; die Kirche beehrte ihn aber dennoch mit dem Titel ei 
ared Blutzeugen, weil er um des Namens Jeſu Ehriftt willen fo viele Leiden 
ausgeftanden hatte. Bott wirkte bei dem Grabe dieſes Heiligen unzählige Wun- 
der, die deſſen Ramen in der ganzen Kirche berühmt machten; man empfahl fi 
von allen Seiten feiner Fürbitte, um Gnaden von dem Herrn zu erlangen, und 
der heilige Baultn, nachdem er die höchſten Würden des römifchen Reiches bes 
fletvet hatte, hielt es für feine größte Ehre, Thürhüter jener Kirche zu werben, 
in welcher der Leichnam des heiltgen F. ruhte. — 2) %. de Baloid, mit dem 
heiligen Sohannes de Matha Stifter des Ordens Wer heiligen Dreifaltigkeit 
von Srtöfung ber Gefangenen, flammte zwar aus der Provinz Baloid, von wels 
cher er den Ramen führt, ber, aber auch zugleidy aus einer, dem ldniguchen 
Stamme von Balois verwandten Familie, in welcher er am 19. April 1127 ges 
boren wurde; indeß überftrahlten feine Tugenden noch das vornehme Geſchlecht, 
aus dem er entfproffen war. Er legte ſchon von Tugend auf eine vorzügliche 
Liebe gegen die Armen an ven Tag, beichäftigte fi) nur mit Liebeswerken und 
bereitete Hd) mit innigem Eifer zum geffllichen Stande, für welchen er einen ins 
neren Beruf zu fühlen ‚glaubte. Rad empfangener Priefterweihe folgte er feinem 
Antriebe, die Welt ganz zu verlaffen und ſich in die Einfamfeit zurückzuziehen. 
Allein der Herr hatte ihn zu einer ganz andern Beitimmung auderfehen. in 
Doctor der hohen Schule zu Paris und eifriger Priefter, Johannes de Matha, 
wurde in feiner erften heiligen Meſſe zu einem wichtigen Liebeswerke aufgemun- 
tert u. innerlich ermahnt, den heiligen inftebler, von deſſen Tugenden der Ruf 
fo viel Löbliche® verbreitete, aufzufuchen, ſich feiner Leitung zu unterwerfen und 
durch feinen Beiftand zu einem großen Werke, zu bereiten. Kaum war Johannes 
de Matha in der Nähe des be Higen %. angelangt, als er fi) von demfelben 
Geiſte befeelt fühlte. Beide wettelferten mit einander in der Nachahmung jener 
firengen Tugendübungen der alten Einfledler; Beide gewöhnten ſich an Buße, Be⸗ 
ftändigfett im Beten, an dad Gelpräd, von göttlichen Dingen, an die Unterhals 
tungen mit Gott u. feiner Liebe. So brachten fie einige Jahre zu, bis endlich 
Sohannes dem heiligen 5. feine Gedanken wegen Erlöfung der gefangenen Chris 
ſten eröffnete und ihm die dahin abzielende Erfcheinung bei feiner erften heiligen 
Mefie erklärte. F., zu Liebeswerfen ohnehin ſtets von ganzem Kerzen bereit, 
hörte Johannes Anſchlag mit Entzüden an; Beide erwogen die Sache reiflichkt, 
befonder6 den gefährlichen Stand der armen Ehriften, die in der Sclaverei ber 
Ungläubigen fo leicht ihr Seelenheil verlieren konnten, wobei fie Gott um Ers 
Leuchtung anflehten. Der Herr gab ihnen endlich feinen Willen deutlich zu ers 
fennen und fügte es fo, daß ſich fehr viele Jünger aus gleichen Abfichten zu ibs 
nen gefellten und ſich zur Ausführung dieſes vortrefflichen Liebeswerkes bereitwil⸗ 
ligſt mitzuwirken erboten. Ste hielten es nun für nöthig, fih nad) Rom zu 
begeben, um von dem Statthalter Ehriftt die Beftätigung ihres neuen Ordens 
zu erlangen. Der betlige F., obgleich fchon 60 Jahre alt, ließ ſich durchaus 
nicht abhalten, dem heiligen Johannes Geſellſchaft zu leiſten; er übergab daher 
bie Sorge für feine Gemeinde einigen aus ihrer Mitte gewählten verſtaͤndigen 
Wännern und Belbe traten, nad) empfangenen en DI BCE 
von Paris, ihre Reife nady Rom zum Pavſte Innorenttu® W. unter Worhe⸗ 


Felix. 145 


igtem Gebete an. Sie fanden den Papſt wohl geneigt; er überlegte die Ange⸗ 
agenheit mit den Gardinälen und vernahm Beide öfter; endlich erlangten fie 
um? Genehmigung: ihre Gemeinde wurde als geiftlicdyer Orden unter dem Na- 
nn der heiligfien Dreifaltigkeit zur Erlöfung der Gefangenen beftätiget u. ver 
wiige Johannes de Marha zum oberften Borfteher ernannt. Beide kehrten nad 
zinfreicy zurüd u. legten zu Gerfrot bei Melun den Grundſtein zu ihrem erften 
Kefter ; durch göttlichen Eegen u. die Freigebigfeit frommer Seelen wurden jes 
sh bald mehrere geftiftet. Inzwiſchen war der heilige Johannes de Matha 
sit den Ordensſatzungen u. deren Gutheißung in Rom befcyäftigt, während ber 
kilige F. die Obforge über die Klöfter in Frankreich führte und dem zuerſt ger 
zründeten berfelben zu Cerfroi vorſtand. In diefem wurde, ihm die Gnade zuges 
tanden, einmal vor dem Anfange der Metten in der Kirche die allerheiligfte 
Jungfrau u. die bimmlifcyen Geifter in Kleidern, auf welchen dad Ordensgewand 
glänzte, zu erbliden u. ihre Lobgefänge zu vernehmen. Dem darüber ganz ent- 
‚üdıen Heiligen, der in das Lob Gottes mit ihnen fingend einfiimmte, wurde 
dabei von einem Engel fein baldiger Tod angefündigt. Er bereitete ſich fogleich 
mit außerorbentlichem Eifer auf denfelben vor, ermahnte no feine Brüder zur 
Yiebe und Mitleiven gegen die armen Gefangenen u. hauchte im 85. Lebensjahre 
ine reine Seele am 4. Rovember 1212 in Gottes Hände. Seine Gebächtniß- 
feier bat Imnocenz XI. auf den 20. deſſelben Monats verlegt. 
Selir. Name von vier Bäpften. 1) F. J, Hetliger und Wartyrer, 
ein Römer, wurde erwählt im Jahre 269, u. verwaltete die Kirche ungefähr 5 
Jahre. — An ihn gelangte dad Synodalfchreiben des Conciliums von Antiochien, 
weihes an Papft Dionys gerichtet war, der aber bei defien Ankunft in Rom 
ihon geftorben war. F. erflärte trefflich in einem werthvollen Schreiben an Mart- 
mus, Bilhof von Alexandrien, die. karholifche Lehre über dad Geheimniß ver 
Menſchwerdung Jeſu Chrifti, welches Paulus von Samofata läugnete u. Jeſum 
Chriſtum gottlofer Welfe nur für einen bloßen Menfchen ausgab, u. machte fidy 
um die chritliche Kirche, welche durch die herrfchenven Ketzeereien fehr litt, bes 
ſtens verdient. — Ihm wird auch die Verordnung zugefchrieben, daß das 
beilige Meßopfer über den Gräbern der Martyrer gehalten werben follte; es 
ibeint aber, er babe diefe Gewohnheit, die durch das Verbot, die Begräbnißorte 
m befuchen, mochte gelitten haben, nur erneuert. — Kaiſer Aurelian licß bie 
Chriſten die erften Jahre feiner Regierung über in Frieden u. füllte fogar, wie 
wir oben gehört haben, zu ihren Bunften ein Urtheil gegen Paulus von Samo- 
fta; allein gegen dad Ende feines Lebens wollte er auch Ehriftenverfolger wers 
va; jedoch hat ihn ein gewaltfamer Tod überrafcht, ehe er fein Vorhaben aus- 
rühren konnte. Papſt %. flößte bei bevorftehender Gefahr durch fein eigenes 
Beifpiel den Gläubigen Murh ein, die Martern flandhaft zu ertragen, da er 
ia um Jeſu willen Alles zu leiven fich bereit zeigte; den Martyrertod felbft aber 
iheint es nicht, daß er gelitten habe; er wird jedoch aus ſchon bifannten Ur- 
fühen den Martyrern beigezählt. Sein Feſt wird den 30. Mai gefeiert. — 
2%. 1, der Heilige, ein Römer — welcher eingereibt wird, um unter den 
Küipften dieſes Namend die Zahl audzufülen — übte während der Verbannung 
des Liberiud in einem Zeitraume von mehr ald 2 Jahren die päpftliche Ge⸗ 
walt auß, entweder als deſſen Stellvertreter, oder weil er mit diſſen Einwilli⸗ 
gung , vielleicht auch, wie noch einige Gelehrte dafür halten, unrechtmäß'g zum 
Vapſte gewählt worden war. Als Liberius aus feiner Verbannung wieder nady 
Rom zurüdgelommen war, mußte F., ohngeadhtet man ihn wegen feines gegen 
die Ketzer bezeugten Muthes hochſchätzte, doch abtreten, wurde verfolgt u. ftarb 
old Martyrer, in welcher Eigenfchaft fein Andenken den 29. Julius geehret 
wid. — 3) 5. Ml., der Heilige, ein Römer, wurde ermählt entweder zu 
Inde des Jahres 482, oder bald nad) dem Anfange des Jahres 483 und ver: 
valtete Die Kirche ungefähr 9 Jahre. Diejenigen, welche den vorigen 8. aus 
M Zahl ber. :Bäpfle auoſtreichen, nennen biefen F. U., was wit unbemett are 
Aelsacydepätte IV. 10 


146 Fellenberg. 


laſſen werden darf. Diefer Papft war, che er die prieflerliche Weihe angenoms 
men hatte, verehelicht und einer der Ahnen bes ee 0 L— 
Wurde ein verehelichter Mann zum Priefter ober Biſchofe geweihet, fo fonderten 
fi Mann u. Frau von einander u. burften feine eheliche Gemeinichaft mehr 
pflegen. Auch in unferen Tagen wird nody ein Gleiches beobachtet. Die Frau, 
Teiche einwilliget, daß ihr Ehegatte Priefter werden Tann, muß ſich verbind- 
lich machen, ehelos Ieben zu wollen. Wis die Klöfter noch befanden, traten 
folche Priefterfrauen in ein ſolches Kloſter. F. trat gemiflenhaft in die Fuß⸗ 
Rapfen feines würdigen Borfahrers, des heiligen Eimplicius, u. mißbiligte das 
Henotifon. Den Acacius ſchloß er aus der Kirchengemeinfchaft aus, weil er 
die Keher, bie vom apoſtoliſchen Stuhle waren verdammt worden, zu Bifchöfen 
ober Prieſtern weihte, mit den eingedrungenen Biſchöͤfen von Alerandrien u. Ans 
tiochien, die der eutychlanifchen Ketzerei zugethan waren, in vertrauter Freund⸗ 
ſchaſt lebte, den päpftlidhen Regaten hatte Gewalt anthun laſſen und fie ſodann 
durch fchändlichen Betrug bewogen hatte, mit ihm in Gemeinfchaft zu treten. 
Das Uriheil, welches vom Papfte und 67 Biſchdfen unterfchrieben war, wurde 
dem Tutus, Defenfor der römifchen Kirche, zur Beforgung übergeben; allein leider 
ließ dieſer fi audy bewegen, mit Acacius in Gemeinſchaft zu treten, und ents 
kraͤftete fo den Gindrud, welchen das Berdammungsurtheil auf das Volk machen 
mußte. Ucacius, von der kaiſerlichen Macht unterügt, verdammte nun 
Bapft_ u, Ale, die es mit ihm’ hielten, u. würhete graufam gegen Alle, welche 
ihre Gemeinfchaft mit Rom fortfegten. Es trennten ſich daher faſt alle Kirchen 
des Morgenlandes; namentlich fand Konfantinopel mit feinem Ainhange lange 
außer Werbindung mit Rom; doch Fam fpäterhin bie giereingun wieder zu 
Etande. Auch trug der Papft befondere Sorge für die Kirche In Afrika, wel: 
von den Vandalen verfolgt war; die Braufamfeiten, weldye gegen die Katholiken 
von den Arianern u, ihrem Könige Hunerich ausgeübt wurden, waren über alle 
Beichreibung groß. — Während der Gräuel der Verwüfung an den heiligen 
Etätten zunahm u. vom Katfer Anaftaflus die Verwirrung heimlich oder öffent» 
lich unterhalten wurde, ftarb F. am 24. Februar 492. Sein Andenlen wird 
den 25. Februar gıfreiert. — 4) &. IV., der Heilige, geboren zu Samntum, 
wurde erwählt im Jahre 526 u. verwaltete die Kirche 4 Jahre, 2 Monate und 
etliche Tage. Er hatte feine Sehebung auf den päpflidyen Sud der Macht 
des Königs Theodorich zu verdanken; indeſſen gebührt ihm das Lob, daß er for 
wohl wegen feiner Gelehrfamfeit, als wegen feiner Srömmigfeit, auf den Stuhl 
des heiligen Petrus erhoben zu werden verdiente. — Während F. auf dem päpf 
lichen Stuhle faß, wurde — Im Jahre 529 — das fo berühmte Eoncilium zu 
Drange in Franfreih — Arausicanum secundum — gegen die Semipelagianer, 
unter dem Vorfige des Heiligen Cäfarius von Arles, gehalten. Obſchon e8 nur 
ein Provinzialconciiium war, wird es doch den allgemeinen beigenähie; weil feine 
Beſchluͤſſe In Glaubensſachen von dem nachfolgenden Papfle Vonifäcius beftäs 
tiget und von ber ganzen fatholifchen Kirche angenommen find. Bonifactus ers 
tannte die Entſcheidüngen dieſes Concillums über die, dem Menfchen nothwendige, 
örtliche Gnade fo voltommen, daß fie alle Einwendungen der PBelaglaner und 
Said Pelaglaner vernichten. — Nachdem F. der Kirche mit erleuchteter Weisheit 
vorgeftanden war, vollendete er den 12. October 529. 
Fellenberg, Philipp Emanuel von, berühmter Volkserzieber, geboren 

27. Zunt 1771 zu Bern und entiprofien aus einer alten Patrizierfamilie dieſer 
Stadt, winmete, ſich, von, feinem trefflichen Water angeleitet, von Jugend an 
der Verbefierung der Wolfderziefung. Schon als Jüngling wurde er mit Peftas 
Kozıt ‚befannt, u, durch dieſen noch mehr in feinem Entfchlufie befetigt, übte er ih 
An Mancherlet & ehrungen, —8 fich auf der Univerfität Tübingen mit 
politth hr n u. phllojophifchen Stublen u. bereiste zehn Jahre Lange die vorzügliche 
fen Erzlehungsanftalten Europa’ u., um den Zuftand ded Bolfed aus eigener 
Beoba tung, kennen au, lernen, zu Zuße und, ſich jede Bequemlichkeit verfagend, 


Fellows — Felonie, 147 


en Gebirgsthäler der Schweiz. Im Jahre 1795 begab er fid) nach 
» er den Siuungen des Comité für den öffentlidyen Unterricht tägli 
und mit mandyem hochgeftellten Manne Bekanntichaft machte. Ra 
fehr in die Vaterſtadt warnte er vergeblidy vor dem der Schweiz be⸗ 
ı Schidjale, u. rief 1798 den Landflurm vergeblich gegen die eindrin⸗ 
anzofen aufs Die alte Eidgenoſſenſchaft warb vernichtet, F. felbft 
und genöthigt, unter mancherlet Verkleidungen nady Deutfchland zu 
Als er eben nad) Amerifa auswandern wollte, ward er amneftirt u, 
and zurüdberufen, ja fogar zu einer Geſandtſchaft nach Paris und 
atöämtern verwendet. Er gab fie bald auf, Faufte 1799 den zwei 
on Bern entfernten, ſehr vernachläffigten Wylhof, und gründete auf 
rie weit berühmten landwirthſchaftlichen Mufter- u. Erziebungsanftalten 
l. Der große Gedanke, Land und Bolf zugleich zu verbeſſern, leitete 
n Einrichtungen derfelben, u. er führte ihn mit eiferner Beharrlichkett 
einem glänzenden Erfolge. Neben der Iandwirthfdyaftlichen Erziehungs» 
: mit threr verbefierten Bodencultur, mit ihren Verſuchen von neucons 
ergeräthichaften u. ihren rationellen Einrichtungen über Europa hinaus⸗ 
den nad) und nad) die unter dem Director Wehrli fo berühmte Ar: 
eine wifienfchaftlicdye Anftalt für Knaben höherer Stände, und endli 
teals u. Rormalfchule errichtet, u. fie alle leitete der fletö jugendli 
nermüdlich thätige Geift ihres Stifters. Einige Zeit verband er fi 
338 und trug fid) mit dem Gedanken, ihre beiderfeitigen Anftalten zu 
aber der gemũthliche, unpraftifche Peſtalozzi u. der verftandesüberlegene, 
5. waren zwei allzu ungleiche Raturen; flatt der Bereinigung erhob 
ihnen bald eine bittere Fehde, welche F. zu mehren Steeitfihriften 
Borte über Peſtalozzi u. feine Gehülfen“, Yarau 1818 u. A.) Vera 
gab. Nach der Berfafiungsänderung von 1831 trat auch F. wies 
n politifchen Schauplad und war ganz furze Zeit Landammann des 
Bern; er hatte aber kein Gefchid zum Staatsmanne; feine Ideen wur: 
oßen Rathe, dem er bis zu feinem Tode (21. Rov. 1844) angehörte, 
nden und nicht gewürdigt, und in mandhen Lebendfragen der Schweiz, 
rargauifchen Klofteraufhebung, geriet er mit dem Radikalismus, dem 
Manchem anjchloß, in entfchiedenen Widerſpruch. Bon feinen Schrif- 
en befonders hervorgehoben zu werden: „Notizen über die Entflehung 
nasanftalten zu Hofwyl“ (Bern 1805); „Anfichten über die ſchweiz. 
haft u. die zwedmäßigften Mittel, fie zu vervollkommnen“ (ebenvafelbft 
indwirthichaftliche Blätter von Hofwyl* (5 Hefte, Aarau 1808-17); 
a des religtöfen Bildungsganges der Erziehungsanftalten in Hofwyl“ 
2); „Badagogifche Blätter für Hofmyl“ (Bern 1843). C. 
vs heißen auf den engliſchen Univerfitäten die Mitglieder eines Colle⸗ 
lche fidy unter die reinen Einkünfte deflelben theilen und daſelbſt audy 
be Wohnung u. Beköftigung genießen. Nur in gewiſſen Källen, wie 
er Berbeirathung, Erwerbung von Grundeigenthum, oder, wenn ver 
‚ere Stelle bei der Univerfltät erhält u. f. w., geht der Genuß einer 
ehrtenpfründe (fellowship) verloren. 
ie (Felonia) {ft die Verlegung der in dem Lehndnerus (f. Zehen) 
yen, von dem Lehnsherrn und Vaſallen gegenfeitig zu beobachtenden 
Sie ift wegen ihrer, fowohl für den Sehnahern, al8 für den Ba- 
etenden, Folgen von der größten Wichtigfeit. Die F. der Vaſallen, 
er Regel 1) in der Verweigerung des gehnöcides oder des Lehnsdien⸗ 
der Vernachläſſitgung des Lehnserneuerung oder Lehnsmuthung, 3) in 
Conſens des Lehnsheren vorgenommenen, Beräußerung des Lehens, 
böswilligen Abläugnen der Lehnseigenfchaft, 5) im Mißbrauche des 
in Rachſtellungen nad) dem Leben des Lehnshern, 7) in Verlaſſen 
ern in der Schlacht, 8) im Berrathe des Sehnäheren, e1 [eine Kenne, 





448 Felsarten — Fenchel. 


9) in Verbreitung der Geheimniſſe des Lehnsherrn, 10) in verfäumter Ar 
einer ihm drohenden Gefahr, 11) in vernadyläffigter Befreiung defielben aus 
Gefängniffe, 12) in ©ewaltthätigfeiten, in Reals oder groben Berbalinj 
gegen den Lehnsherrn, 13) in peinlicher Anklage u. Zeugniß in peinlichen S 
gegen den Lehnsherrn, und 14) in Beleidigung, oder in unzüchtigem Umg 
mit der Frau, der Tochter oder den nächften Seitenverwandten des Lehne 
beftehen kann, begründet für ven Lehnsheren die Befugniß, binnen Zahre 
nach erhaltener Kunde der eingetretenen F. gegen die Bafallen dahin zu Fl 
daß er des Lehns für verluftig erflärt werde u. fodann, wenn diefe Erklärung erları 
rechiöfräftig geworben ift, ihn u. feine leibliche Descendenz aus dem Belt 
Lehns zu entfernen u., fo lange die Dedcendenz lebt, das Lehm einzuziehen ( 
solıdatio). Diele Wirkung der F. erklärt fi) aus dem Umftande, daß ma 
Verlegung der Lehnstreue dem Verbrechen der Majeſtätsbeleidigung gleidy | 
und fomit auch die Kinder den Treubruch des Vaters büßen ließ. Iſt abe 
Descendenz des, der %. überführten, Bafallen ganz audgeftorben, fo fuccı 
diejenigen Agnaten ins Lehn, weldye auch darin fuccevirt haben würden, 
die legten Sprößlinge des entſetzten Bafallen im Befige des Lehns geweſen w 
Neben der jeht beiprochenen, eigentlichen oder wahren F., erfennt das geı 
Lehnrecht nody eine fogenannte Quaſi⸗F. an, welche in Vergehen, weldye 
den Lehnsherrn, fondern dritte Perſonen aum Gegenſtande haben, befteht u. 
fo, wie die wahre F. zum Berlufte des Lehns für den Bafallen führen kann 
diefer Quaſi⸗F. rechnet man 1) den Verwandtenmord oder das Parrici 
2) das Mujeftätsverbrechen, 3) den Berrath an Mitvafallen und 4) jedes 
brechen, weldyes die Infamte des deutfchen Rechtes zur Folge bat. Der 
eintretende Verluſt erſtreckt ſich aber nur auf die Perſon des fchuldigen Ba 
ſelbſt, nicht auf feine Descendenz. Die F. des Lehnsherrn tritt, der © 
eitigfeit der Lehnstreue, in vdenfeiben Fällen analog ein, in welchen ver 2 
ch einer Berlegung der Lehnätreue, ſchuldig macht. Die Kolgen diefer F. f 
zur Mppropriation des Lehns in der Hand des Vafallen, jedoch ohne Berl 
der Rechte der Agnaten, fo daß alfo, rüdfichtlidy diefer letztern, das allopii 
Lehn alle füheren Lehnselgenfchaften behält. Uebrigens ſetzt jede F. in der ! 
voraus, daß fie vorfäglich begangen, und daß 2) die fie begründende Han! 
volftändig vollzogen iſt, weßhalb eine, ohne Genehmigung des &hneheren g 
fine, legtwillige Dispofition, wodurch der Vaſall das Lehn an fremde Pei 
vermadht hat, nie als F. betrachtet werben ann. | | 

el6arten, f. Geologie. ’ 

eltre, Deriog von, f. Blarde 4). 

elude, ein Kleines, fchmales, dabei aber verhältnigmäßtg langes ' 
zeug, mit zwei Maften, Segeln und Rudern verfehen. Die %. führt zwei 
nonen und ß a Vrehbaſſen und dient im Mittelmeere zur Küſtenfahrt, ſowie 
als Kriege . 

Femern, daniſche Inſel in der Oſtſee, zu Schleswig gehörig, durd 
Femerſund von der holſteiniſchen Küfte geſchieden, hat 23 Meilen und 
Einwohner, weldye Aderbau, Viehzucht, Strumpfwirferei, Fiſcherei u. Echif 
treiben. Hauptfladt Burg oder Borg, mit 1800 Ginw. u. fchlechtem Hal 

Fenchel (Anethum fveniculum). Bon diefem, in Südeuropa einheim 
und auch in nörblicheren Gegnden angebauten, Doldengewächfe wird vorzi 
der Same des gemeinen %.8 (a. f. vulgaris ofleinale) als Arzneimtite: 
Gewürz verwendet. Es find dieß länglicy ovale, außen gewölbte, fünfri 
2—3 Linien lange, % Linie breite Samen, der bifle von grüner (Trauben 
geringerer von brauner Farbe (Stroh %.). Der Geruch if ſtark gewürzhafl 
anisartig, der Gefchmad ähnlich, doch etwas fchärfer. Aus dem Samen fo' 
als auch aus den, noch mit Kleinen unreifen Samen vermengten Brüthenfl 
gewöhnlidd Spreu genannt, wiıd das F. Oel deſtillirt, welches, rectificiıt, 

weißes Basbe if u. an Geruch und Geſchmack dem Samen gleicht; der Ge 


Foͤnslon. 149 


gibt ımaefähr 3 Pfund Del. — Die Eamen dves f. dulce, einer Abart 
gen, welche unter dem Namen Eretifcher oder römifcher F. in ven 
fommen, find doppelt fo aroß. als erfterer, bläßer u. von etwas milderem 
ade. Auch die vielfach gıfi:derten, borftenförmigen Blätter und die weißs 
olzartige Wurzel (herba u. radix foeniculi) werden noch manchmal als 
tel angewendet. In Schlefien, Böhmen und Polen ift der F.⸗Liqueur 
lebt u. der Verbrauch des 58 hiezu bedeutend. 
Snelon, Francois de Salignac de la Motte, der fromme Bifchof 
mbrai, war geboren am 6 Wuguft 1651 auf dem Schloffe Fenelon ım 
ment Dordogne, abftammend von einem fchr alten Gefchlechte, das fich 
at u. Kirche bereitö die größten Berdienfte erworben hatte. Sehr glüds 
tlagen u. ein ſanftes Raturell verbanden ſich mit einem Außerft lebhaften 
1. ließen ſchon frühzeltig ungemeine Tugenden u. vortreffliche Geiſtesgaben 
Sein Oheim, General⸗Lieutenant der Föniglichen Kriegätruppen, von auds 
etem Tugendwandel, nahm fid) des Knaben wie feined eigenen Sohnes 
ieß ihm unter feinen Augen zu Cahors erziehen. Der junge F. machte 
zwerthe Kortichritte, u. die fchwerften Fächer lernte er faſt fptelend. In 
19. Lebensjahre bielt er feine erfle ‘Predigt, und mit fo außerordentlichem 
‚daß der Oheim beforgte, e8 möchte der zu reichlich geftreute Beifall die 
: des jungen Mannes weden. Er beſchloß daher, diefen Schatz von Tu⸗ 
u. Talenten nicht dem öffentlichen Lobe Preis zu geben und fagte eines 
Lieber Neffe! ich kenne dich zu gut; du wilft ein treuer Schüler deines 
8 werden, ein würbiger Diener der Religion, die du zu predigen beginnft. 
ehe in eine der geiftlichen Freiftätten, wo man feine Pflichten lernt u. 
vöhnt, fie zu erfüllen; wo du die nöthigen Ginfichten deines Standes ers 
tannft u. den Eifer u. die Kraft, der geiſtlichen Würde vollfommen zu 
Yen." F. trat in das geiftliche Seminar zu St. Sulpice, weldyes unter 
treflichen Leitung des Abbe Troncon ftand. 24 Jahre alt, empfing er die 
rweihe u, übte fodann einige Zeit in dem Sprengel St. Sulpice die Seels 
uf das Eifrigfte, indem er die Armen pflegte, die Kranken befuchte und 
und fo anſpruchlos fein gebeihliches Wirfen zu verbergen fuchte, daß der 
of von Paris, von Harley, einft ungehalten zu ihm fante:. „Run, 
len vergefien feyn; Sie werden auch vergefjen werden." Indeß öffnete 
a bald ein höchft fegensreicher Wirfungafreis. Rachdem er 3 Jahre lange 
ıterricht der zur katholiſchen Kirche zurüdgetretenen Proteftanten mit eben 
fanfter Ueberredungsgabe, als eindringlicher Ealbung beforgt hatte, wurde 
n König Ludwig XIV., der fo eben das Edikt von Nantes aufgehoben 
ver Auftrag, an der Epige einer Miffton mit militäriſcher Begleitung die 
ıtten an den Küften von Eaintonige für die römifche Kirche zu gewinnen. 
verbat fich jeden milttärifchen Beiftand, indem er dem Könige vorftellte, 
: Diener der Religion Boten des Friedens wären; daß Schwert u. Waffen 
ı Schreden ſetzen, nicht aber übrrzeugen Fönnen; daß das Schwert des 
ı u. die Kraft der Gnade die einzigen Waffen der Apoſtel geweien feien 
‚ er, nach ihrem Beiſpiele, feine anderen wünfche. “Der König belobte ihn 
6 ihn ohne Waffenbeiftand dahingehen. Er ftattete demfelben Bericht ab 
ine Senbung u. zog fi in die Stille zurüd. Allein feine fruchtbare geift- 
Zirffamfeit in den Provinzen u. feine erften Schriften: »l’education des 
u. »sur le ministere des pasteurs,« zogen die Aufmerffamfeit des Königs auf 
Werth, u. gleichwie er Boffuet zum Lehrer des Dauphin gewählt hatte, 
er 3. 1689 zum Lehrer feiner Enkel, ver Herzoge von Burgund, Anjou u. 
von denen der Erftere zum Thronerben beftimmt war. Diejer Prinz hatte 
Tugenden, aber auch die gefährlichen Gebrechen, befonderd Stolz u. Jäh- 
*— Sanftmuth u. Milde, ſowie mit Ernſt u. Anſehen, befiegte F. in ihm 
ehler. Einer der Unterlehrer, Fleury (ſ. d.), ſchrieb für den Prinzen einen 
hen Katechismus nach F. s Auftrag, welcher zu ſagen pflegte, man brauche 





190 Foͤnolon. 


die Religion nicht erſt au beweiſen u. zu vertheidigen, ſondern fie nur klar 
rein darzuftellen, denn fie beweife u. vertheidige ſich ſelbſt. Weil Thatfachen 
tieferen Eindruck zurüdlafien, als Lehrfäße, fo hielt er für eine vortreffliche 
den Religionsunterricht fruchtbar zu ertheilen: in einfadyer Ordnung zu erzl 
was Gott von Anfang für die Menfchen getban, u. fo alle göttlichen ir 
tungen in ihrem Urfprunge u. Zwede zu Gemüthe zu führen. Cr felbft waı 
erfehöpflich in Erfindungen, um mit Fabeln u. Kleinen Erzählungen, mit Spi 
Ernft den Prinzen zu unterrichten und fein Herz zu veredeln. Die Fortſch 
welche der Prinz in den Wiſſenſchaften machte, bewogen den König, als Bi 
feiner Erfenntlichkeit, ihm die Pfründe von St. Balery zur ertheilen, mit der 
ſchuldigung, daß er fo wenig u. fo fpät gebe. Einige Monate fpäter ern 
er ihn zum Erzbifchofe von Cambrai (1695) u. F. gab die Pfründe zurüd, 
die Erzbifchöfe vor ihm nicht alle zu thun pflegten. Bald indeß entipann 
die theologiſche Streitfrage in Bezug auf den Duletismus zwiſchen ihm u. 
Bifchofe von Meaur, Boffuet, feinem ehemaligen Lehrer, in Folge deſſen F. 
Hofe verwiefen u. feine Schrift »maximes des saintse von Papſt Innocenz 
1699 verdammt wurde; jeboch tn der gelinveften Faſſung, mit lobender Ane 
nung feiner Frömmigkeit u. Sanftmuth. Sobald die Entſcheidung des Pa 
erfolgt war, unterwarf fi) %. ohne weitere Grilkrung u. Bertheivigung, veı 
dete ſelbſt das Breve von der Kanzel herab u. ließ im feinem Sprengel den 
jeht ergeben, daß Niemand feine Schrift leſen u., wer Exemplare Hatte, fie 
ngen follte, damit fie verbrannt würden, u. er verbrannte fie im Borhofe f 
erzbiichöflichen Palaſtes mit eigenen Händen. Diefe fchlichte Unterwerfung m 
überall einen fo günftigen Eindruck, daß er noch nie fo viele Freunde in F 
reich u. Rom being, als feitdem feine Schrift verurtbeilt war. Seine Entfer: 
vom Hofe machte ihn natürlich der herzloſen kalten Höflinge verluftig; aber 
Prinz u. die edeln Derioge von Beauvilliers u. von Chevreuſe blieben ihm bi 
ihrem Tode mit der zärtlichften Freundſchaft innig ergeben. In feiner Di 
bewährte er fi) ald der gewifienhaftefte Oberhirte und ertheilte in allen Mn 
genheiten die weifeften Rathfchläge, wie feine lettres spirituelles Binlänglid) 
urfunden. Selbft die franzöftfche Akademie ließ ihn durdy Dacier um fein ( 
achten .erfuchen, als fie eine neue Ausgabe ihres Dictionnaire beabfichtigte. 1 
fandte F. dem Herzoge von Beauvilliers einen ‘Blan, der, wenn er angenon 
worden wäre, vieleicht den fpanifchen Succeffiondfrieg erfpart hätte. Linter 
3 Marfhällen Billars, Bendome u. Gatinat, die unter dem Bringen das ( 
mando führen folten, empfahl er mit Föhtigen Blide angelegentlichft Catinat, 
Eugend übereinflimmendes Urihell über diefe Generale iR binlänglich befa 
Den Billard fchlage ich; mit dem Vendome fchlage ich mich; aber Eatina 
ſchlaͤgt mich. An bewährte ſich des Apoſteis Ausſpruch: die „Gottſeligke 
zu allen Dingen gut” beſonders in dem Kriege, deſſen Schauplatz ganz in f 
Nähe war. Sein erzbifchöflicher Palaft war voll von Offiziere, von Verwu 
tem u. Kranken, die bei ihm Troft und Pflege hatten. Eugen und Marlborı 
befuchten ihn und ließen Ihn, wenn er in der Gegend Reifen zu machen h 
durdy ihre Truppen esfortiren u. feine Ländereien u. Befigungen mit militärif 
Schugwachen umgeber, fo daß die Einwohner aus der Umgegend ihre Habj 
feiten auf fein Gebiet flüchteten, um vor feindlicher Beraubung ficher zu | 
Wenn der Herzog von Bourgogne in Flandern commandirte, war F. mit fi 
Sorge u. Liebe um ihn. Als die Generale mit dem Herzoge unzufrieden w 
u. ihn der Bigotterie u. Unthätigfeit befchuldigten, theilte ihm F. Alles un 
wunden mit u. ermahnte ihn ganı fretmüthig: die Religion beftehe nicht in « 
ängftlichen Beobachtung Heinlicher Formalitäten, fondern in ven, einem j 
Stande eigenthümlichen Tugenden. Ein großer Prinz, an der Spite der Ar 
darf Bott nicht auf gleiche Art dienen, wie der Einfledler und einfache Pri 
mann; er darf die Soldaten nicht wie Klofterleute behandeln u. f. w., u. rül 
ihm das mannhafte Benehmen des Marſchalls Buflers. 3.8 liebfter Gedanke 


| a verfloffen, fo ergriff eine ſchreckliche u. unerflärbare 
Dauy 


Foͤnoͤlon. 451. 


ef eine befiere Zufunft Frankreichs gerichtet, welche einft fein Hoffnungsvoller 
Zögling herbeiführen würde. Noch hat man die Sfiyze, von 5.8 Hand gefchrie- 
kn, aufbewahrt, worin für den Herzog alle einzelnen Zweige der Replerun 
lichtvoll dargeftellt wurden; über die Reformen in der Armee, in der Politik na 
Lufien, im den Ausgaben des Hofes, in der inneren Verwaltung und Geredhtig- 
kiröpflege; über das Syſtem der Wuflagen, über die Stände des Adels, der Gelk- 
ichkeit — über Handel und Manufakturen, Marine u. f. w. werben Borfchläge 
1. Anſichten entwidelt. Kaum aber waren 3 Monate feit Aefaffung biefes Re: 
anfheit den 

in, feine Gemahlin u. feinen älteften Sohn, den Herzog von Bretagne, u. 

raffte die Familie in dem Furzen Zeitraume weniger Tage 12.—18. Febr. 1712 
dahin. Bei der zerfchmetternden Todeönachricht entfuhren 5.8 Lippen nur dieſe 
Borte: „Ale meine Bande find zerrifien, Nichts feffelt mich mehr an biefe 
Erde.” Im demfelben Jahre, 5. Nov. 1712, erlitt er den Verluſt feines theuern 
rreunde®, des Deroge von Chevreufe; 2 Jahre darauf des —* von Beauvil⸗ 
herd 31. Aug. 1714, fo daß F. dieſes ſchmerzliche Ereigniß nur 4 Monate über⸗ 
lebte. Er wollte in dieſen betrübenden Vorfällen nur die Anordnung der Vor⸗ 
ſchung erfennen, die alle feine Bande löste und ihm den Fingerzeig gäbe, alle 
feıne Gedanken der Ewigkeit zuzuwenden. In dem Troftfchreiben an ‘die Herzo⸗ 
gin- Witwe läßt er die Ahnung feines nahen Todes durchfcheinen, und 3 Tage 
nach dem Briefe (1. Jan. 1715) ward er auf das Kranfenbett geworfen, von dem er 
nicht wieder aufitand. Am Tage vor feinem Singange ließ er alle Glieder fei- 
ned Gapiteld verfammeln u. empfing in ihrer Gegenwart feierlich die legte Weg⸗ 
x . an! erbat er ſich in einem rührenden Briefe an den König 2 Gna⸗ 
den: einen frommen Rachfolger, u. für fein Seminar bie Congre ation von St. 
Sulpice und entfchlummerte, in Folge einer Bruftentzündung, 6 Fahre alt, fanft 
bei TZaged-Anbrud) des 7. Januard 1715. Glemens XI. vergoß bet der Todes⸗ 
tunde die bitterflen Thränen u. bereute jept, einen folchen Mann, aus Beforgniß, 
dem Könige zu mißfallen, nicht mit der Cardinalswürde geſchmückt zu haben. 
Glaͤnzende Berevfamtett, wie Bofjuet, befaß F. nicht; aber dafür hatte er Sim- 
vlicitaͤt, Denlihteit u. durchfichtige Klarheit in feinem Style u., was mehr ft, 
freimuth, Die Wahrheit unter allen Umſtänden zu fagen und die edle Gabe, fie 
biicheiden u. fanft zu fagen. Seine Echriften in der Theologie, Philofophte u. 
der fchönen Literatur zeigen eine wundervolle harmoniſche Darftellungdgabe, welche 
ih in dem Studium der clafflichen Werke des Alterthums gebildet hatte. Eeine 
lebhafte Einbildungsfraft ergoß einen unnennbaren Zauber fanfter Gefühle über 
finen Styl, wie das befonders in feinem Meifterwerfe „les aventures de Tele- 
maque“ fo reizend der Fall ifl. Er wollte darin das Mufter einer fürftlichen Er- 
ziehung auffl.lien. Kaum waren davon 208 Selten gedrudt, fo wurde die wei: 
tre Herausgabe verboten, indem der König darin eine Satyre auf feine Regie⸗ 
ung zu erbliden u. in dem Sefoftri6 fidy zu finden glaubte. Erft nady F.s Tode 
gaben feine Erben den Telemach vollfländig heraus, ‘Baris 1717, 2 Bde., weldyer 
200 Auflagen erlebte und in alle lebenden Eprachen überfegt ward. Gute Aus⸗ 
gabe von Billemain 1824. Dialogues des morts; dialogues sur l’eloquence en 
general et sur celle de la chaire en parliculier, 17158 mit einem Briefe an 
die Akademie gerichtet „über Rhetorik u. Poeſie.“ Direction pour la conscience 
den Roi. 1748. Abrégé des vies des anciens philosophes. Oeuvres philoso- 
phiques, ou demonstration de l’existence de Dieu par les preuves de la nature, 
bernorgerufen durch den Auftrag des Herzogs von Orleand. Oeuvres spirituel- 
les, 4 Bve. Des sermons, Jugendarbeit des Verfaſſers. ine verloren gegan: 
gene, meifterhafte Weberfigung von Virgils Aeneide In neuerer Zeit wurde auf- 
gefunden: lettre de F. a Louis XIV. avec facsimile, Paris 1825, worin er mit Srei- 
much dem Könige die Wahrheit fagte. Aus Originalhandſchriften erſchien, Parts 
1828; „Correspondence de F. Biographien fhrieben Ramfay u. Bauſſet, welcher 
vie beſte Ausgabe feiner Werke veranftaltete, Berfaill, 1820—24, 20 Bände. — 


u Fenſter — Feodoſia. 


Oeuvres choisies, 6 Bde. 1825 und 1829 von Villemain. Deutſche Ueber 
feßung von Elaudius u. Gilbert. Cm. 
enter heißen die, in den Umfafjungsmauern der Gebäude angebrachten 
durch Glasſcheiben oder auf andere Welle verfchließbaren Deffnungen, durd 
weldye den innen Räumen Licht u. Luft zugeführt wird. Die Größe u. Anzah 
der %. richtet fi) nad) dem Zwecke, den ein Gebäude hat; ebenfo iſt das Ber 
hältnıß der Höhe der F. zu ihrer Breite von dem Charakter deſſelben abhängt. 
(Kredin, Wohnhäufer, Magazine, Ställe), — Die Hebräer fchloffen die 5: nich 
mit Glasfcheiben, fondern mit Gittern oder Chaloufien, oder fie ließen fie gan 
offen; auch gingen diefelben bei ihnen, wie überhaupt im Oriente, nicht auf di 
Straße, fondern in den Hof. Die Ehinefen bedienten fich gefchliffener Auftern 
ſchalen, des Horns u. a. glänzend ladirter Stoffe als %.= Scheiben. Bel dei 
Römern wurden die %. in den ältehen Zeiten mit Laden verfchloffen; Scheiben 


kamen erſt unter den Kaliern auf. Diefe beftanden gewöhnlid) aus Frauenglad 


aber auch aus geöltem *Bapiere, Leinwand, Horn, dünn geichliffenem Achat um 
Marmor ıc. Die bei Herkulanum und Pompeji ausgegrabenen Glastafeln be 
weifen nidyt gerade — wie Biele wollen — daß man damals bereit Glasſchei 
ben gehabt habe. Diefer erwähnt mit Sicherheit erft Gregor von Tourt 
im 4. Jahrhunderte. Kirchen-%. von Glas gab ed in Engtand im 7., in Ita 
lien im 8. und in Deutichland im 10. Jahrhimderte. Die Wohnhäufer mi 
Glab-F. zu verfehen, begann man in England im 12. und in Frankreich im 14 
Jahrhundertes dagegen meldet es Aeneas Sylvius ald etwas ihm Aufgefallene: 
noch im Sabre 1458, daß in Wien die meiften Häufer Glas⸗F. hätten. 

Senfterfieuer, Senftergeld, in manchen ändern, wie 3. B. in England 
eine, nach der Zahl der Fenfter in einem Haufe fich beflimmende Abgabe, die in 
defien auf böchft unficheren Grundlagen beruht, da die Zahl der Fenſter für dei 
Werth u. das Erträgniß des Gebäudes nicht immer maßgebend iſt u. durch Zu 
mauern der entbehrlihen Deffnungen vielfady umgangen werden kann. 

Feodor (ruffifcher Name für Theodor) hießen drei ruffifche Großfürften 
1) 8. L, Sohn Iwans, des Schredlichen, der letzte Beherrſcher Rußlands au 
dem Stamme Rurifs, regierte von 1584 — 98, jedoch nur dem Namen nad) 
indem er, ſchwach u. wollüftig, die Zügel ganz feinem Sünftlinge und Schwage 
Boris Godunow überließ, der, nachdem er %.8 unmündigen Bruder Dimitr 
1591 hatte aus dem Wege räumen laffen, nicht ohne Verdacht, 5.8 eigenes End 
durch Gift befchleuntgt zu haben, nad) des lehtern Tode den Thron beftieg. — 
2) F. I, Boriſſowitſch, Sohn von Boris Godunow, geboren 1598, Bi t 
feinem Vater auf kurze Zeit in der Regierung (1605), wurde aber von dem faul 
fen Dimitri cf. d.) geflürzt und ermordet. — 3) F. III., Sohn des Czarer 
Alerei, beftieg den zuffiichen Thron 1676. Die Koſaken u. die Ukraine kamen 
unter feinen Schug. Er ließ die Adelöregifter verbrennen, baute zuerft fleinerne 
ftatt hölgerner Häufer, mehrte die Zahl der Schulen und führte den einfacher 
Geſang in der Kirche ein. Er farb 1682. — 

Feodor (Iwanomwitfch), geboren in einer kalmukiſchen Horde an der chine 
ſiſchen Gränze, fam 1770 als Gefangener nady Petersburg und durch die Erb: 
prinzeffin Amalie von Baden nady Karlaruhe, wo er fi) zum Maler ausbilpete 
Bon Rom begleitete er Lord Elgin nach Griechenland u. ſtach dann in Rondon 
die Elgin'ſchen Marmorwerke, Er ftarb als Hofmaler zu Karlsruhe 1821, grof 
al8 Maler im Styl der Antife. 

Feodofia (Theodoſia, Kaffa), Stadt im ruffifchen Gouvernement Tau: 
rien, an einem Bufen des ſchwarzen Meeres mit 6000 E., vielen Trümmern ih: 
rer vormaligen Pracht, namentlidy einer prächtigen Mofchee, einem geräumigen 
Freihafen, Duarantaine, Handel mit türftfchen Segen , Confekt, fügen Weinen, 
Reis, Kaffee, Kom, Wolle ıc. Aufternfang, Eaviarbereitung, Tabaksfabriken; grie: 
chiſches Theater; Mufeum der in der Gegend gefundenen Denkmäler des Alter: 
thums an Basreliefs, Bafen, Torſo's, Bilvfäulen u. Medaillen mit griechifchen 


Ferdinand. 458 


Snfchriften; botanifcher Barten, der alle in Rußland wildwachſenden Kräuter 
entbält; Bibelgeſellſchaft. Huuptftapelplag von der Krılmm, der Nogai und bes 
fonderd für den levantifchen Handel; Aflefuranzcompagnie für Schife auf dem 
ſchwarzen und afowichen Meere. Die Stadt ift nicht das alte Theodofla, das 
vielmehr bei Etara Crim fand; fie hieß wegen ihrer Wichtigfeit Kyrym Stans 
tuli oder Jarim Stambul, das frimiiche Konkantinopel oder Halb⸗Konſtantinopel. 
Sie verdantte die Blüthe ihres Handels von der Hälfte des 13. bis gegen das 
Ende des 15. Jahrhunderts den Genuefen, denen die Türfen fie 1474 abnahmen. 
Damals ſtieg die Bevölkerung auf etliche 100,000 Menidyen. Im Frieden 1774 
ward die Siadt dem frimiichen Ehan abgetreten, der fie zu feiner Reſidenz machte; 
ke hatte damals in 20,000 H. 80,000 Einwohner. Im Jahre 1783 trat der 
Chan feine Länder an Rußiand ab, dad Manches zur Wicderaufnahme der Stabt 
that, 1793 fie zum Freihafen erflärte u. fremden Coloniſten, befonders Griechen, 
anſehn liche Vortheile, 3. B. 25jährige Befrelung von Abgaben, bewilligte, 
Ferdinand, I. Kaiſer u. Bringen aus dem öſterreichiſchen Haufe. 
1) 8. L, deutſcher Katfer, Enkel Kaiſers Martmilian I., zweiter Sohn Philipps 
von Defterreihh u. Johanna’ von Epanien, geboren in Epanten zu Alcala am 
10. März 1503. Nach Maximilians Tode, als Karl, %.8 älterer Bruder, bes 
rend König von Spanien, die deutfche Kaiſerkrone erhielt, überließ er %.en 1526 
fümmtlidye deutfche Länder de Haufes Hubeburg. So trennte ſich dieſes Ges 
ſchlecht in die ſpaniſche und öſterreichiſche Linie. Der Stammbalter der legteren 
in 5. Als Ludwig, König von Ungarn u. Böhmen, in der Schladht bei Mohacs 
1526 das Leben verlor, wurde F. In Böhmen u. Ungarn zum Könige ermählt, 
u. fo vereinigte er unter feinem Ecepter jene Ländermaſſe, die jett den größten 
Theil des öfterreichifchen Katferftaates bildet. In Böhmen hatte %. nur einmal 
mit Unruhen zu ringen; dieß war, als Kaifer Karl gegen den Kurfürften von 
Sachfen u. den Landgrafen von Heflen zu Felde zog; die proteftantifchen Böh- 
men wollten, obſchon von F. hiezu aufgefordert, Feine Hülfe leiften. Als aber 
der Kurfürkt von Sachfen gefchlagen war, fügten fi die Böhmen u. die rechts 
zeitige Strenge F.s hatte zur Folge, daß Böhmen unter feiner Nenierung fortan 
tuhig blieb. Zn Ungarn war in Johann Zäpolya (f. d.) ein @egenfönig ge: 
wählt worden. Mit diefem und den Türken hatte F. lange u. harte Kämpfe zu 
befühen. 1529 ſtand Suleiman belagernd vor Wien, aber die tapfere Bertheidt- 
digung durch den Grafen Niklas Salm (f. d.) vereitelte die Anftrengungen der 
Zurfen. %. mußte aber doch Zapolya audy als König von Ungarn anerk;nnen. 
As Zapolya ftarb, bemäcdhtigten die Türken ſich des größten Theils von Ungarn, 
u. für den Reft zahlte F. der Pforte jährlichen Tribut. Als Karl V. die deutfche 
Krone niederlegte, wurde F. zum Kaiſer gewählt 1556 — 64. Bon ihm ift eine 
neue Müngordnung und eine Keichehefrathborbnung. Den Paſſauer Bertrag 
ſchloß F. für Karl V. — Er hatte mit feiner von ihm fehr geliebten Gemahlin 
Anna, Schwefter des bei Mohacs gellebenen Königs Ludwig, 15 Kinder. — 8. 
beging den Fehler, feine Staaten zu theilen. Die Wahl feines älteften Sohnes 
Rarımilian zum römijchen Kaiſer, Könige von Böhmen u. Ungarn, ſetzte er durdy; 
die ftenriichen Lande überließ er feinem zweitgeborenen Sohne Karl; Tyrol fiel 
dem drittgebornen, $., zu. Er ftarb am 25. Juli 1564 und liegt zu Prag in 
der Domfirche begraben. (Siehe Buchholz, Geſchichte der Regierung Kaiſer 8.8 
des 1. 8 Dove. Wien 1831—38.) — 2) F. IL, deutfcher Katfer, Enkel $6 L, 
Eohn Karl von Stenermarf u. Maria's von Bayern, geboren 9. Jull 1578, 
Railer von 1619 — 1637. — Bei feines Oheims Matthias Leben wurde %. zum 
Könige von Ungarn u. Böhmen gewählt. Als Matthias ftarb, hatte der Auf⸗ 
ruhr ın Böhmen fchon begonnen; %. trug den Böhmen zweimal die Beftätigung 
aller ihrer Privilegien an; aber die Böhmen flillten Bedingungen, die 5. zu we⸗ 
niger noch, als einem Schattenkönig, herabgewürdigt hätten. Es mußte alfo das 
Schwert entfcheiden. Die böhmifcyen Rebellen unter Graf Matthias Thurn 
Randen vor Wien; fie waren im Ginverftänpniffe mit den Proteſtanten in der 


454 Ferbinand. 


Stadt; ſchon war eine Deputation derſelben im —— des Kaiſers, um ihn 
zur Annahme entehrender Anträge zu zwingen, als Trompetenſtöße auf dem Burg- 
hofe die Ankımft von Hülfstruppen verfündeten. — Es war das Küraffierreg 
ment Dampierre, welches unvermuthet eingerüdt war u. fi auf dem Burgplape 
aufftelte. Die Rebellen zerfläubten u. Thurn eilte nach Böhmen zurüd, wo des 
Kaifers Feldherr Bouquot den Feldherrn der Proteftanten, Mansfeld, gefchlagen 
hatte. F. eilte — kaum von diefer Bedrängnig befreit — nach Deutſchland u. 
wurde zum Kalfer gewählt. Die Böhmen erklärten ihn zwar des Thrones ver- 
Iuftig u. wählten Friedrich von der Pfalz zum Könige; aber F. verbünvete ſich 
mit dem Derioge von Bayern, Martmiltan, und der Tatholtfchen Liga: Friedrich 
wurde von Tilly am meißen Berge gefchlagen, Böhmen war wieder dem Kalfer 
unterworfen u. Oberöfterreidy, weldyes dem Herzog Marimilian für die Kriegs: 
foften war verpfänbet worden, wurde dadurch eingelöst. daß Maximilian, flatt 
des geächteten Friedrich, Kurfürft wurde. Seht, Im ruhigen Beſitze aller feiner 
Länder, brachte F. den Grundſatz in Anwendung, den die proteftantifchen Fuͤrſten 
fhon felt einem Jahrhunderte ausübten: „Wehien die Region, defien die Reli: 
gion:* die proteflantifchen Prediger wurden abgefchafft, die übrigen Proteſtanten 
ehrt ed nn hole —A * hen u an ein, 
gerührt. t weldyem ge, zeigte ahre na ‚a e weden 
vor Prag ſtanden (S. F. IL). —*— der Nieverlage Friedrichs von der Pfalz 
war der Krieg von Seite des Kaiſers geendigt; aber 3 Abentheurer, Ludwig von 
Baden, Ehriftian von Halberfladt u. Mandfeld ergriffen die Waffen (ſ. 30jäh⸗ 
tiger Krieg). F. flellte dur Wallenftein ein neues Heer auf die Beine 
(fe Wallenftein) u. diefer u. Tilly fiegten. Der König von Dänemark, ver 
nun zu den Waffen griff, wurde ebenfalld gefchlagen und zum Frieden geswungen. 
Der überall fiegreiche Kaiſer ächtete nun die Herzoge von Medienburg, vie es 
heimlidy mit dem Könige von Dänemark gehalten hatten u. verlich das Herzog» 
tum an Wallenflein. Zugleich erſchien das Refitutionsediet, in Folge 
defien die Proteftanten ebalten wurden, alle geifllidhen Güter zurüdzuflellen, 
die fie fich feit dem Bafauer Bertrage widerrechtlich zugeelgnet hatten. Auch 
wollte der Kaiſer auf dem Aeipötane zu Regensburg bie Wahl feined Sohnes 
zum römtfchen Könige durchfepen. Aber die Liga fürdhtete den Kaiſer; fle drang 
zuvörderfi auf die Entfernung Wallenfteins, und als biefer entfernt war, wurbe 
des Kaiſers Sohn doch nicht gewählt. Zur felben Zeit landete Guſtav Adolph 
in Deutfchland, angeblich, um den deutfchen Proteſtantismus zu retten, in Wahr⸗ 
heit aber, weil Wallenftein ven Polen Hülfsvölfer gegen die Schweden gefchidt 
u. es verfucht hatte, Stralfund zu erobern u. fich fo am baltifchen Meere feft zu 
ſetzen. Tilly wurde bei Breitenfeld gefchlagen. Da berief der Kaiſer Wallenſtein 
abermals an die Epige des Heeres mit bisher unerhörten Vollmachten. In der 
Schlacht bei Lügen blieb Guſtav Adolph; aber Wallenftein ließ fidy mit Frank⸗ 
reich in verbrecherifche Verbindungen ein u. wurde zu Eger burdy feine eigenen 
Offiziere ermordet (f. Wallenftein). Bald darauf wurden die Schweden bei 
Nördlingen auf das Haupt gefchlagen 1634, worauf Sachſen fich von den Schwe⸗ 
den trennte. Der Krieg aber wüthete fort, denn die Kranzofen nahmen ſich jebt 
der Schweden an u. das Ende des Kampfes mar nicht abzufehen, al8 der Kai- 
fer am 15. Februar 1637 ſtarb. Er war ein Mann von feltener Eharafter- 
ſtärke, der jeden fremden Einfluß von Deutfchland abzuhalten bemüht war 
und nur wider Willen in den Krie, hinein gerifien wurde. Das Fortbeſtehen 
der Fatholifchen Religion in Deutichland und der öfterreichifchen Monarchie 
dankt man ausschließlich ihm (vergleiche Mailaͤths Gefchichte des öſterreichi⸗ 
fhen Kaiſerſtaates 1. u. II. Band. Hamburg bei Perthes 1837 — 1842). 
3) F. IL, deutfcher Katfer, Sohn Ferdinands IL, geboren am 13. Juli 1608 
zu Graz, zum römifchen Katfer gewählt bei des Vater Leben, Kaifer von 1637— 
57. Er hatte die fiegreicdhe Schlacht von Nörblingen gegen die Schweden mitges 

Atem, hielt fi) aber als Kaiſer gegen Erwarten vom Heere fern. Noch 13 





Ferdinand. 155 


Sabre mwüthete der Krieg in Deutfchland ; der urfprüngliche Charakter deſſelben 
war ganz verfchwunden: Raub, Ländererwerb ober Abwehre waren die Aufgabe. 
Die taljerlichen Feldherrn waren den Schwebifchen nicht gewachſen, und fo der 
Kaifer immer im Rachtheil. Während ded Kampfes hatten die Friedensverhand⸗ 
Imgen flatt; acht Jahre dauerten biefelben fort, bis endlich ver Weſtphä⸗ 
liche Friede zu Stande Fam (f. Weftphälifcher Friede). Bemerfendwerth 
iR die, feit dem Beginne des 30jährigen Krieges veränderte, Gefinnung ver Böh⸗ 
men, die ſich unter F. II. Fund gab. Nach der Schlacht am weißen Berge hatte 
8.IL die Prager entwaffnen laflen; als 1648 die Schweden die Kleinfeite Prag 
erobert hatten, wurden dieſelben Waffen in Prag — und gegen d 
Schweden gebraucht, Nach 28 Jahren war das einf antikaiſerliche, proteftantifche 
Böhmen kaiſerlich gefinnt und Fatholifch geworben. Auf dem Reichötage 1653— 
54 wurden bebeutende Veränderungen im Juſtizweſen eingeführt. F. hatte den 
Schmerz, feinen bereitö zum röm. Könige gewählten Sohn, Ferdinand, zu verlieren. 
Kurz bevor der Kalfer flarb, ging er ein Bündniß mit den Polen ein „gesen die 
Schweden. Er flarb am 2. April 1657. Sein Nachfolger war fein zweitgeborner 
Eohn Leopold eJ (f. d.). — 4) $.L, (Karl Leopold Franz Maximilian) 
Kaifer von Defterreich u. ſ. w. Sohn Kalfer Franz J. u. Marta Therefta’s, 
ber zweiten Gemahlin defielben, geboren 19. April 1793. Bon frähefter Jugend 
an hatte er mit ſchwächlicher Geſundheit zu kämpfen. 1815 unternahm er eine 
Reife durch einen großen Theil der öfterreichifchen Monarchie, Italien, ver 
Schweiz, das ſüdliche Frankreich. Als Kronprinz begründete er ein teämicee 
u. ein heraldiſches Babinet. Am 28. September 1831 wurde er zum Koͤn pe von 
Ungarn zu Preßburg —— am 27. Februar 1837 vermählte er ſich mit Ka⸗ 
roline, der dritten Tochter des Königs von Sardinien, Bictor Emanuel. Seine 
Ehe iR kinderlos. Im Sommer 1832 wagte der penflontrte Hauptmann, Franz 
Reindl, einen Mordanfall auf ihn, dem er aber glüdlich entging. Nach feines 
Barers Tove ließ er fidy zu Prag am 7. September 1836, u. in der Lombardei 
am 6. September 1838 trönen. In Ungarn und Böhmen hatte er das übliche 
Krönungegeihenf der Reichsſtände twohlthätigen Zweden in den betreffenden Zän- 
dern gewidmet; in Italien verfündete er eine allgemeine Amneftie für alle politi- 
hen Bergehen. Seitdem ift Italien ruhig. Das Aufblühen der öfterreichifchen 
Monarchie, die Folge langen Friedens u. weiſer Maßregeln, wurde in einer ein- 
igen Provinz — in Galizien — durdy revolutionäre Umtriebe einen Augenblid 
dedroht. Die polniſche Propaganda leitete 1846 von Parts aus einen Aufftand 
en u. wollte die Bauern gegen die Regterung aufivtegeln; aber die letztern er⸗ 
griffen die Waffen gegen die Empörer, erfchlugen, oder lieferten fie gefangen ein. 
Jugleih aber griffen fie auch die Grundherrn an; es gefchahen entfegliche 
Graͤuel, bis es der Regierung gelang, den Aufruhr zu erdrüden. Um den Revo⸗ 
Iutionsheerd zu fprengen, wurde die, feit dem Wiener Congreß beftehende, frete 
Eradt Krafau mit ihrem ganzen Gebiete der öfterreichiihen Monarchie einver- 
kibt. Unter die merfwürdigften Maßregeln in 5.6 Regierung gehört der Bau rie⸗ 
iger Eifenbahnen, auf Koften der Regierung; die Ginleitung der Ablöfung der 
Ürbarialleiftungen u. die ungarifchen Reichötage, auf denen folche Veränderungen 
zu Spracdye fommen, durdy welche das Land auf gefehlichen Wege ganz unge 
Raltet wird. — 5) F. IV., Sohn Kaifere F. III., geboren 8. September 1633 
wurde 1646 zum Könige von Ungarn erwählt und gefiönt, und erhielt 1653 auf 
dem Reichetage zu Augsburg au die Wahl zum römifchen Könige. Er war 
vermählt mit Maria von Spanien, farb aber nody vor feinem Vater an den 
Boden, am 9. Juli 1654. Seine Ehe war kinderlos. — 6) F., Erzherzog 
von Defterreich, Graf zu Tyrol, dritter Sohn Kaifers F. L, geboren 1529. 
19jührig war er unter Karl V. bei der Schladht von Mühlberg zugegen; auf dem 
Reihötage zu Augsburg fah er die Patrizierstochter Philippine Reif er u. ent- 
brannte der Geftalt in Eiche für fle, daß er fie heimlich ehlichte. Der Kaiſer ge: 
nehmigte erſt ſpaͤt dieſe Ehe, und auch dann mußten die beiden Gheleute geloben, 


156 Ferdinand, 


dieſelbe geheim gu Halten. Als der Kaiſer flarb, wurbe F. durch feine beiden 
Bıiver, Martimilian den Kaifer, und Karl von Steiermark, der Pflicht des 
Schweigene entbunden. Nach langer glüdiicher Ehe verlor er Philippinen; 
zwei Eöhne überlebten fie: Andrea 6, der Cardinal wurde, und Karl, genannt 
Markgraf zu Burgau, der 1618 finderlos ftarb. Zum zweitenmale vermäbhlte fich 
5. mit Anna, PBrinzeffin von Mantua ; fie gebar ihm zwei Töchter: Anna, 
nachmalige Gemahlin des Kaifere Matthias, u.- Katharina, die den Schleier 
nahm. F. war ein ritterlicher Fuͤrſt u. gefiel in den türkifchen Selbaan den Un⸗ 
garn dermaßen, daß der Gedanke entftand, ihn ſtatt feines Älteren Bruders Mas 
ximilian zum Könige zu.wählen. Er if der- Stifter der Ambrafer Sammlung. 
Die von ihm ‚eingeführte Landesordnung in Tyrol befland 200 Jahre. Er ftarb 
1595 zu Innsbrud, — 7) F. Joſeph Johann Baptiſt, Erzherzog von Defters 
reich und, nachdem fein Vater Leopold I. den deutfchen Ralferibron beftiegen 
hatte, Großherzog von Toskana, als folcher der III. Unter den Einflüffen Engs 
lands u. Rußland ſchloß er fidy der Coalition gegen Kranfreidh an, von der er 
aber, nad) dem Einfalle der Franzoſen in Piemont, wieder zurüdtrat. Die Be⸗ 
ſchimpfung der franzöflichen Flagge in dem Hafen von Livorno durch bie Eng⸗ 
länder (1796), woran jepoch %. durchaus Feine Schuld trug, diente den Fran- 
zofen zum Börwande, Toskana gu beſetzen. Ein zweiter franzöfticher Einfall in 
das Land erfolgte 1798, und bei der gänzlichen ee im folgenden Jahre 
‚flüchtete F. nad Wien, Er erhielt hierauf auf kurze Zeit das neue Kurfürften: 
thum Salzburg, das er 1805 mit dem Großherzogthume Würzburg vertauichte u. 
fchrte 1314 wieder nach Toskana zurüd. Diefer milde u. thätige Fürft flarb am 
17. Zunt 1824; ihm folgte in der Regierung fein einziger Sohn Leopold I. — 
8) 5. Karl Joſeph von Efte, Erzherzog von Dekerreih, zweiter Sohn 
5.8 von Oeſterreich u. der Beatrir von Eſte, ‚geb. den 25. Wpril 1781 zu Mos 
dena. 1805 befehligte er mit Mad die öfterreichifche Armee, die ſich gegen Nas 
poleon bei Ulm aufftellte. "Nachdem viefelbe umgangen worden war, hieb ſich 
der Erzherzog mit 12 Escadronen Gavallerie durch und, obfchon von Murat hart 
gedrängt u. verfolgt, gelangte er Doch nach Eger. Nach dem Prefburger Frieden 
wurde er commandirender General Mähren und Schlefien. 1809 führte er 
30,000 Mann nady Polen und kämpfte mit abwechſelndem Glücke gegen Ponia⸗ 
towöfy. 1816 wurde er commandirender General im Königreiche Ungarn. 1830 
General: Eivils und Militaͤr⸗Gouverneur von Galizien. Nach den Bewegungen 
in Balizien (1846) legte er diefe Stelle nieder u. wohnt nun in Italien. Matlath. 
Ferdinand, II: Künige von Spanien. — 1) F. I, zweiter Sohn 
Sando’s'Ill., Königs von Navarra, vereinigte durch Belegung feines Schwa⸗ 
gers Bermudes Ul. das Königreich Leon mit feinem väterlichen Reiche Eaftilten, 
über das er feit 1035 regierte. 1044 befriegte er Portugal, vertrieb 1046 vie 
Mauren aus Gaftilien, und lieferte feinem Bruder Garcia II. von Ravarra 
1054 eine Schlacht, worin diefer das Leben verlor. Mancher Heldengefang ver; 
berrlicht feine. u. feiner Ritter Thaten, unter letztern beſonders die des Cid (f.d.). 
Er ftarb 1065. — 2) F. IL, der Sohn und fit 1157 Nachfolger Könige Als 
phons VI. in den Königreichen Baftilien, Leon, Aſturien u. Galicien, kämpfte 
fiegreich gegen die Mauren und die Portugiefen, deren König Alphons er gefan- 
gen nahm. Sa feine Regierungszeit fällt die Stiftung des Alcantara-DÖrdens 
({. d.). Er ftarb 1187. — 3) a DL, der Heilige, König von Gaftilien und 
Leon, geboren 1198, war ein Sohn des Könige Alphons von Leon u. der Prin- 
zeſſin Berengarta von Eaftilien, einer Schwefter der Königin Blanfa von Frank⸗ 
reidy, der Mutter des heiligen Eubinig. Hs König Alphons von Gaftilien 1216 
ohne Leibederben ftarb, fiel das erledigte Königreich an Derengara, die es ihrem 
Sohne %. abtrat. Run wurde derfelbe aber fogleich durch | nen eigenen Vater, 
den der mächtige Graf Alvarus aufgereizt hatte, ‚mit K N bedroht, weil es 
ihn verdroß, daß der junge König in der Regierung feines Reiches nicht unter 
der väterlichen Leitung fland. Indeß wurde Alpbons Bald gefangen feinem Sohne 


Ferbinand. 157 


F. überliefert, der, weit. entfernt von jeder Rache, hm Kerle auf freien Fuß 
Rellte. „Warum zürnft du mir und überzichft mich mit Krieg?“ fchrieb er bald 
darauf an feinen Bater, um ihn zum Frieden zu bewegen — „id habe body 
dergleichen nidyt von bir verdient. Es fdyeint, daß did, mein Glüd betrübt, über 
das bu did) freuen follteft; denn es gereicht Dir ja zur Ehre, daß dein Sohn ben 
Ecepter von Gaftilien führt. Zwar könnte ich dir auch, und zwar mehr, als ir⸗ 
gend Jemand auf der Welt, in deinem Reiche Unruhe machen; doch das ſei fern 
ron mir, weil id) dich als meinen Vater liebe und ald meinen Herrn ehre. Ich 
werde demnach fo lange dulden, bis: du ſelbſt das mir sugefügte Unrecht erfennft.“ 
Dennody hatten fidy die Heere beider Könige bereits genähert, Bater und Sohn 
fd) bei ihren Truppen eingefunden; da erklärte F. feiner Ritterfchaft, daß er gegen 
feinen Bater nicht perfönlid) fämpfen wolle. Aber Gott firitt für den ehrfurchis⸗ 
vollen Sohn; denn, als ſich Alvarus, dem F. die Freiheit gefchenft hatte, obgleich 
dieſer Graf die eigentliche Beranlafiung des Kriege war, wieder gegen ihn rüften 
wollte und ben Harnifch anzog, fühlte er ſich augenblidlid von einer fchweren 
Krankheit überfallen, wodurdy der Friebe zwiſchen Bater und Sohn fogleidy her- 
geRellt wurde. — Auf Anrathen feiner Mutter vermählte ſich F. 1219 mit Bea- 
tris, der gotteöfürchtigen Tochter des Herzogs Philipp von Schwaben. Diefe 
ſehr frievlidye Ehe wurde durch die Geburt von fieden Söhnen und drei Töchtern 
gefegnet, die in der Furcht Gottes heranwuchſen. Bon jenen Unterthanen wegen 
jeiner weifen und milden Regierung als Bater geliebt, ftiftete er viele Bisthümer, 
flellte mit großer Pracht mehre Domlirchen ber und erbaute eine große Anzahl 
neuer Kirchen und Klöfter, ohne feine Unterthanen deßhalb mit vermehrten Ab⸗ 
gaben zu beläfligen. Als ihm einmal ein weltlich Gefinnter dazu Borfchläge 
machte, antwortete er mit edlem Unwillen: „Bewahre mich der Himm:l vor 
ſolchen Borfchlägen; die göttliche Vorfehung fann mir auf andern Wegen helfen. 
Ich fürchte mehr dfe Berwünfchungen eines Armen, ald ein ganzes Kriegäheer 
von Mauren.“ Im Jahre 1230 gelangte er durdy den Tod feines Vaters auch 
zum Königreicdhe Leon, — Sein größtes Werk war die Befreiung eines großen 
Theils Spaniens, durch feine gefegneten Waffen, von der drückenden Sclaverei 
der Mauren. Er hatte den Erzbifchof Rodrigo Kimenes von Toledo bei der Armee, 
um feine Truppen in der Gottesfurcht zu erhalten, und ließ fie durch ein Bild der 


madenvollen Jungfrau zum Vertrauen au deren Fürbitte ermuntern; er ſelbſt trug 


denſelben Zweck ſtets ihr Bild auf feiner Bruſt und pflegte vor jeder Schlacht 

die Nacht im Gebete durchzuwachen. — Bald nad) feinem Siege über die Maus 
ren wurde %. von einer Krankheit heimgefucht, in der er fein Lebensende heran⸗ 
nahen fühlte; er ertheilte feinen Söhnen noch vortreffiiche Ermahnungen, empfing 
unter Thränen der Liebe und Reue die heiligen Eterbfacramente, ließ von ben 
gegenwärtigen Geiſtlichen die Litanet und den Lobgefang des heiligen Ambrofius 
anftimmen und entfchlief, unter denfelben betend, am 30. Mai 1252, im 56 Jahre 
ſeines Alters und 35. feiner Regierung. Papſt Clemens X. verfehte ihn 1671 
in die Zahl der Heiligen. Sein Leben und feine Thaten befchrieb der obenge- 
nannte Cardinal Zimenes in der »Chronica del santo rey Don F, Iil., sacada 
de la libreria de la iglesia de Sevilla. — 4) $. IV. geboren 1285, felgte fets 
nem Bater Sancho IV. (geftorben 1295) unter Bormundfchaft, weiche die Kö⸗ 
nigin Maria dem Grafen de la Gerda gegenüber weife führte. In reifeıen Jab- 
ren zwang F. die gegen ihn verbundenen Könige von Aragon und Granata zum 
Fri.den, legteren durch glüdliche Kriegethaten au zum Tribut. — 5) F. V. 
oder der Katholiſche, Eohn Johannes II, Königs von Navarra und Ara⸗ 
non, geboren 1452, vereinigte die Kronen von Navarra, Leon, Aragon u. Caſti⸗ 
lien, ındem er fi mit Iſabella von Gaflilien vermählte (1469). Argwöh iſch 
arbeitete er auf die Brechung der Macht der Stände bin, welches in dem aus⸗ 
rteten Gaftilien gelang. Die Großmeifterwürve der Drden von San Jage, 
alatrava und Alcantara, einflußreich durdy viele ‘Bfründen, mächtig durd) Maı ns 
ſchaft und fefte :Bıäge, ward mit der Krone vereinigt; die Raubburgen zerfiört 


| 


458: Ferbinand. 


und gute polizeiliche Ordnung gehalten (Hermandad 1476). Ein Hauptmittel 
war die, zu politiſchen Dipeden erweiterte Inquifition, deren Einrichtung fogar ver 
Papſt Anfangs beharrlich verwarf, und die den Ständen von Nragon nur mit 
Gewalt aufgenrungen werben konnte. Yür den Berluft fo mancher verlorenen 
Rechte fuchte der König die Nation durdy einen Glaubensfrieg zu erheben, ver 
nad 10 Jahren (1492), zum Theile durch innere Spaltung der Mauren, fleg- 
reich endete. Mohammed el Zagal gab fein Reid, Granada auf. Auch in Rea- 
yel, Navarra und auf der Rordfüfte Afrika's waren F.s Waffen flegreih. Unter 
ihm wurde auch Amerika (f. d.) entdeckt. F. farb, nachdem ihm Iſabella 1504 
im Tode vorangegangen war, im Jahre 1516. — 6) %.'VL., geboren 1713, vers 
mäßlte fi} 1729 mit Maria Therefla, Königs Johann V. von Portugal Tochter 
und folgte 1746 feinem Bater Philipp V., von dem er. einen Hang zur Mes 
lancholie erbte, weldye der Geſang des italtenifchen Birtuofen Farinelll am beften 
zerfireute. Unter feiner Regierurig enbigte ſich 1748 ver öfterreichifche Succeffions- 
frieg, in den Spanien mit verwidelt war, nicht ohne Bortheil für fein Haus, 
das Parma und Piacenza erhielt. Er ftiftete 1752 die Akademie de San Fer⸗ 
nando, oder Afademie der bildenden Künfte, und 1753 fchloß er mit dem Papſte 
Benediet XIV. ein neues Concordat, wodurch die Gerechtfame der Krone in Be- 
fegung geiflicher Pfründen noch mehr erweitert wurden. Was zur inneren Ber- 
befferung von Spanien von den Miniftern Caſenada, Cavajal und Wal ges 
fdyab, war weder tiefgreifenn, no) fortdauernd. Der König verſank zuletzt in 
eine Schwermuth, die in Wahnſinn ausartete, und flarb den 10. Aug. 1759 uns 
beerbt, worauf Karl II., Philipps V. ättefter Sohn zweiter Ehe, den Thron bes 
fiteg. — 7) 8. VII, Sohn Karls IV., geboren 1784, fah feinen Haß gegen Don 
Manuel Godoy (f. d.), den Urheber von Spanlens Knechtſchaft, von den 
Großen feines Reiches getheilt. Da fowohl diefer, als feine Eitern, die ihn haß⸗ 
ten und verfannten, ihn von allem politifchen Einfluffe ferne zu halten fuchten 
u. der Herzog von Infantado (f.d.) ihm fogar vorftellte, wie er durch die Ma⸗ 
hinationen des allmächtigen Günftlings fogar um die Thronfolge gebracht wer- 
den fünnte, fuchte F. bei Frankreich Schug, und gab nach dem Tode feiner Ge⸗ 
mahlin Antoinette Thereſe von Neapel (geftorben 21. Mat 1806) Napoleon in 
einem Schreiben vom 11. October 1807 den Wunfch zu erfennen, fih mit der 
älteften Tochter Lucian Bonaparte's zu vermählen. Allein Godoy, der alle Schritte 
des Prinzen auf's Sorgfältigfte überwachen ließ, wußte fi) der Papiere deſſelben 
zu bemächtigen, und %. wurde in Folge davon verhaftet und für einen Verräther 
erllärt. Die hierüber entflandene Bolfserbitterung gegen Godoy veranlaßte die 
Revolution von Araniuez, die Feſtnehmung Godoy's und die Abdankung Karls IV. 
(19. März 1808). Diefer hatte indeſſen feine Thronentfagung gegen Napoleon 
für eine gezwungene erklärt; %. aber wurde von dem Kaiſer gleichzeitig nach 
Bayonne befchteden, zur Abdanfung genöthigt und nach Balencat erllirt Erft 
gegen Ende 1813 bot Rapolen F. die Wiedereinfegung auf feinen Thron an, u. 
im März 1814 kehrte er, unter den rührendften Bezeugungen der Treue u. Liebe 
feiner Unterthanen, nach Spanien zurüd. Die Kufhehung der Gorteöverfaffung 
und fchwere Strafen gegen Alle, welche bei derfelben mitgewirkt hatten, bezeichs 
neten die erften Schritte der Reftauration in Spanien. Dieß führte zu einem Auf: 
ftande der Truppen in Cadiz (1. Fan. 1820), welcher dem Könige die Wiederher- 
ſtellung der Conftitution von 1812 aufdrang. Allein die Unvorfichtigkelt der con- 
ftttuttonellen Regierung bewirkte mehrfache Aufftände und, in Folge diefer, das bes 
waffnete Einfchreiten der Franzoſen (1823), welches F. wieder in den Beflg der 
unumfchränften Macht einſetzte. Die liberale Partei mußte ihre Widerfehlich- 
feit gegen ihn fchmerzlich fühlen; allein aud die Royaliften zeigten offen ihre 
Umufriedenheit mit dem Könige, als diefer ſich 1829 zum vierten Male mit der 
neapolitanifchen Prinzeffin Marie Ehriftine (. d.) vermählte. Die Auf 
bebung des falifchen Geſezes (29. März 1830), weldye die Ausſtchten feines 
Bruders Don Carlos auf die Ihronfolge vernichtete; die Beburt zweier Töchter, 


Ferdinand, ‚3189 


egenwärtigen Königin von Spanien, Iſabella L, geboren 1830, und 
fe, neboren 1832, nährten die Erbitterung der Royaliften, die durch den 
ter Calomarde (f. d.) dem Franken Könige den Widerruf der Aufhebung 
liſchen Geſetzes zu entreißen fuchten. F. ward dadurch, gegen feinen Willen, 
deralen, Barıcl wieder in die Arme geworfen, flarb aber ſchon am 29, 
mber 1833. 

Ferdinand. II) Könige von Bortugal.— 1) F. J. geboren zu Coimbra, 
feinem Bater Beier L 1367 auf dem Throne. Vergebens fuchte er mit 
3affen feine Anfprüche auf Eaftilien durchzuſetzen. Mit ihm flarb 1383 der 
gundifche Mannsftamm aus. — 2, 5.1, Auguſt Franz Anton, Sohn 
ringen Ferdinand von KoburgsKohary, geboren zu Wien 1816; 1836 mit 
önigin Donna Marta da Gloria (f. vd.) von Portugal vermählt, ers 
1837, nach der Geburt eined Kronpringen, den Koͤnigstitel. Er bekleidet 
Zürde eined Feldmarſchalls der portugiefifchen Armee und genießt, da er 
dets ferne von dem Treiben der politifchen Parteien bält und wifien- 
3 und nuͤtzliche Zwecke zu befördern ſucht, die Liebe und Achtung 

taͤnde. 

Ferdinand. IV) Könige beider Sicilien. — 1) F. L, dritter Sohn 
8 III, Königs von Spanien, geboren 1751, beſtieg 1759, als fein Vater 
en Thron von Spanien berufen wurde, den von Reapel unter Bormund- 
und übernahm 1767 die Regierung felbfiftändig, Seine Gemahlin, Marie 
ine von Defterreich, übte, in Berbindung mit feinem Minifter Aceton (f.d.), 
übermäßigen Einfluß über diefen, an fi gutmüthigen und darım vom 
geliebten, Fürften aus. 1799 wurde F. durdy die franzöfifcdye Armee aus 
et vertrieben und die parthenopätfche Republik improvifirt, die aber nur 
phemerer Dauer war; denn fchon 1800 kehrte F. von Sicilien nad) Reapel 
t, das er jedoch zum zweiten Male verlaffen mußte, als Rapoleon, entrüftet über 
ertragöwidrige Landung eines ruffiicyen Heeres in Reapel (Nov. 1805), das 
befeßentieß, nem Bruder Joſſeph u. bald varauf feinem Schwager Rurat bie 
e von Reapel gab. Nun war F. bloß auf Sieilien befchränft, bis er 1815 wieder 
ı Befig Riapeis kam. In demfelben Jahre vermählte er fidy (Marie Karoline war 
zu Wien geftorben) mit der Brinzeffin von Partana, nachmaliger Herzogin von 
ya. Die Revolution von 1820, welche die Berfaffung der ſpaniſchen Cor⸗ 
on 1812 einführte, wurde 1821 durch ein öfterreichifches Heer untervrüdt. 
, mehrere wohlthätige inrichtungen um fein Land verdient, ſtarb %. am 4. 
ar 1825. — 2) 5. IL, geboren 12. Januar 1810, folgte feinem Vater 
; II. 1830 auf dem Throne. Seine erſten Regierungsbandlungen, naments 
ie Begnadigung der wegen Staateverbrechen Berhafteten, vie öffentliche 
gung des — des Staates u. m. A. erregten die günftigften 
ftungen von diefem Könige u. wandten ihm die Herzen aller feiner Unter- 
a zu; aber wiederholte, mehr oder minder heftige Unruhen (beſonders auf 
m 1837), welche das Reich bis auf die neuefte Zeit durchzudten, hemmten 
jegonnene Gute vielfach. 1832 vermählte fid) F. mit der Brinzeiftn Marte 
ine von Sardinien, die ihm den Kronprinzen Kranz d'Aſfiſt gebar, und 
deren 1836 eıfolgtem Tode im darauffolgenden Jahre zum zweiten Male mit 
Eraherzogin Therefe, Tochter des Erzherzoge Karl von Defterreih, — 
Könige Altefter Bruder, Prinz Karl von Capua, vermählte ſich befannt- 
gegen des erftern Willen, 1836 zu Gretna» Green (f. d.) mit der fchönen 
derin Benelope Smith. 

Ferdinand, Herzog von Braunſchweig und Lüneburg, geboren den 
tanuar 1721, war der vierte Sohn des kaiſerlichen Generalfeldmarſchalls, 
96 Albert F. von Braunfchweig. Rad Vollendung feiner mufterhaften 
hung, und nach feiner Rüdfehr von Reifen, die er im 18. Jahre durdy 
ihland, Frankreich, Holland u. Italien gemacht hatte, ernannte Friedrich der 
te, den, mit den herrlichſten Gaben ausgeftatteten, Süngling zum Oberen u, 


"480 Berbinanden — Fergufon. 


Chef eines Regiments. Als ſolcher wohnte er den belden erſten ſchleſiſchen Kriegen 
bei, wo er ſich beſonders in den Schlachten bei Hohenfriedberg und Eorr aus⸗ 
zeichnete. Beim Beginne des jährigen Krieged führte er eine ver drei Colonnen, 
mit welchen Friedrich in Sachfen einfiel; bei dem Einrüden in Böhmen führte 
er die Avantgarde; in der Schlacht bei Prag, im Jahre 1757, trug er durch glück⸗ 
lich audgeführte Angriffe und kühn entworfene Combinationen —* viel zur Er⸗ 
reichung des Sieges bei. Aber erſt im Jahre 1758 beginnt fein ſelbſtſtändiges 
Wirken. In dieſem Jahre nämlich übergab ihm Friedrich, nachdem der Traftat 
vom Klofter Seven für aufgehoben erflärt worden war, den Dberbefehl über bie 
alliirte Armee, welche aus Hannoveranern, Heflen, Braunfchweigern, ®othaern, 
Büdeburgern und einigen Regimentern: preußiicher Cavallerie zufammengefegt war 
und in Weftphalen u. am Rheine agiren follten. Mit derfelben hielt er bis zum 
Ende des Tjährigen Krieges die ihnen gegemüberfichende, überlegene franzöflfhe 
‚Armee nicht nur im Schach, fondern er errang audy über fie bedeutende Vortheile. 
Wir erinnern bier nur an den Sieg bei Krefeld 1758, die Eroberung Düflels 
dorfs in demfelben Jahre, die Siege bei Minven 1759, bei Wartburg 1760, bei 
Billinghaufen 1761, bei Wilhelmsihal 1762, bei Lutterberg. Rach dem, zwifchen. 
Frankreich und England abgefchloffenen Frieden, 1. Rovember 1762, ging die 
allitrte Armee auseinander und F. erhielt von dem englifchen Parlamente eine 
Penflon von 3000 Pfund. Während ver ganzen Dauer des "Tjährigen Krieges 
hat F. wefentlidy zu dem Erfolge beigetragen , der die flegreichen Waffen Fried» 
ichs des Zweiten begleitete, u. obgleich neben dem Feldherrngenie dieſes lehteren 
fein Talent, das zu anderen Zeiten als erfles gegolten haben würde, oft in den 
Hintergrund treten mußte, darf es doch deßhalb nicht minder hochgeichägt wers 
den. te fein Lehrer, verfland auch er fidy vorzüglich auf die Kunft des Mar 
növerirens, u. feine ftrategifchen Siege überragen noch bei weitem feine taktifchen. 
Nach Beenvigung des Krieges wurde er Gouverneur der Feſtung und Provinz 
Magdeburg. Edyon im Jahre 1766 nahm er aber, einer zwifchen ihm u. Fried⸗ 
rich dem Zweiten eingetretenen Spannung wegen, feine Entlaffung und lebte bis 
zu feinem Ende, 3. April 1792, abwechjelnd zu Braunfchweig u. auf feinem Luft- 
fchloffe Vechelde, nur den Künften und Wiffenfchaften, die an ihm einen warmen 
Beichüger fanden. Er war freundlich, großmüthig, freigebig u. ein großer Wohl⸗ 
thäter der Armen, von denen er tief betrauert wurde, Ow. 

Terdinanden (fo von den Neapolitanern, von den Engländern Graham 
infel genannt), eine Inſel, weldye unter 37° 7° 30" nördl. Br. u. 42° 14 ÖRL, 
Länge im Juli 1831 durdy vulfanifche Ausbrüche auf einer Korallenbanf an der 
Nordküſte Siciliens entftand, aber ſchon 1832 wieder verfchwand. 

erdufi, f. Firduſi. 

eretrins, römifcher Beiname des Jupiter, weil ihm die, den feindlichen 
Feldherrn abgenommenen, Waffen auf einer Bahre (factrum) zugebracht wurden, 
Bon Romulus wurde ihm auf dem Capitol ein Tempel erbaut. 

Tergufon, James, 1710 in ver Graffchaft Banff in Schottland geboren, 
zeigte außerordentliches Geichi für mechanifche Arbeiten u. verfertigte fhon als. 
Knabe eine Uhr, u. als Schäfer einen Himmeldglobus. In der Folge lernte er die 
Decimalrechnung, Algebra, das Zeichnen uhd Malen, und verfchaffte fid, Damit 
feinen Unterhalt. Rach Erduldung vielır Mühfeligfeiten hielt er zu London Bor: 
lefungen über die Phyſik und Moralphilofophie, wurde Mitglied der Föniglichen 
Societät daſelbſt u. flarb aud) dort den 16. Rovember 1776. Dan bat von ihm 
mehre gute phyſikaliſche und aftronomifche Schriften, unter denen folgende audy 
in Deuiſchland mit vielem Belfalle aufgenemmen wurde: Die Aftronomie nad) 
Newtons Grundfägen erflärt. Umgearbeitet und mit Zufägen verfehen von A. 9. 
Kirchhof, 3. vermehrte Wuflage, (Berl. 1793, 8.). F. verfertigte auch aftrono- 
miſche Tafeln u. verfchiedene chronomijche Inftrumentee — 2) $., Adam, eng⸗ 

Mer Geſchichiſchreiber u. Philoſoph, geboren 1724 zu Loglerait im fchottifchen 
Dodlande, der Sohn eines Predigers, bezog, 15 Johte ak, Wr Wnkuertuht Ex, 


% 


Ferguſon — Feriae. 161 


6, wo er fi) vorzugsweife mit dem Studium der Mathematik u. Philos 
befchäftigte u. in einem gelehrten Freundesbumde, genannt the speculative 
‚ mit Robertfon, Blair, Hume u. 9, feine anlagen allſeitig entwidelte. Nach 
tem Studium der Theologie ward er 1745 Kaplan bei einem fdyottifchen 
nte, wo ihm der mgang mit Offizieren Kenntniß von den kriegeriſchen 
onen verſchaffte, die ihm für feine römifche Geſchichte nützlich wurden. 
erließ er die Yelopredigerftelle beim Regimente, dem er, flatt populärer 
ver Borträge, meift .philofophifche Abhandlungen zum Beten gab, u. nahm 
Kamtlie des Lord Bute feine Stellung als Onudlehrer. Nach zwei Jahren 
er einen Ruf als Profeſſor der Phyfik nach Edinburgh. Seine befondere 
e für pſychologiſche Unterſuchungen machten ihm die Profeſſur der Moral 
hter, fo wie auch feine gediegendſten Arbeiten dieſem Gebiete angehören. 
yurde ihm das Doctorat der Rechte (of laws) ehrenvoll übertragen. 1773 
er auf einige Zeit (anderthalb Jahre) Edinburgh, um den jungen Lord Chefter- 
3 Ausland zu begleiten. Zurüdgefehrt in die Helmath, zog ihn das hifto- 
Studium, gepaart mit philofopbifcher Auffafiung der Natur des Menfchen, 
ftehlich an, fo daß er feine Profeſſur der Moralphiloſophie 1784 nieders 
nach einigen Jahren eine wifienfchaftlicdhe Reife nach Italien antrat, um 
dortigen Bibliothefen Sto r feine gelchichttichen Arbeiten zu fammeln. 
b 1816. Bon feinen philofophifchen Schriften nennen wir: Institutes of 
}hilosophy, Edinburgh 1764, deutfch mit Anmerf. von Barve: „Grundfähe 
ralpbilofophie” (Leipzig 1776). Principles of moral and political science 
1784, deutfdy von Schreiter, Züri 1795, 2 Bände. Treatise on moral 
litical science 1793. Essay on the history of civil society, deutfch von 
„Lpz. 1769, ein ziemlidy vollftändiges Syſtem der praftifchen Philoſophie, 
nichluß der Raturrechtd: u. Staatswiffenfchaften, wobei der Berfafler das 
n nach fortichreitender Entwidelung aller geiftigen Anlagen als höchſtes 
dgeſetz anipricht u. hierauf alle übrigen Vorſchrift der Moral bezieht. Ein 
olles Erzeugniß feiner hiſtoriſchen Studien tft feine römtiche Befchichte: 
of the progress and termination of the roman republic (2ondon 1783, 
4., deutſch von Bed, 3 Bde. 1784—86, mit Kupfern). Nachrichten von 
Leben in den Public Characters (2ond. 1799) u. Catalogue of five hun- 
ılebrated authors of Great-Britain (Xond. 1788, pag. 82 ff.). Cm. 
ergufon, Robert, Dichter, 1751 zu Ebinburgb gpeboren, wurde, nach⸗ 
fidy auf den Univerfitäten zu Edinburgh u. St. Andrews wiſſenſchaftlich 
: hatte, Gehülfe bei einem Advofaten. Seine, im ſchottiſchen Dialekte vers 
Lieder haben viel Anziehendes; von ungleich geringerem Werthe find feine 
en Gedichte. Er ftarb 1774 zu Edinburgh, wo ihm von Bures ein Dent- 
ichtet wurde. Cine Gefammtausgabe feiner poetifchen Werke wurde von 
g (Glasgow 1799) veranftaltet. 
eriae, aud) dies feriati (von ferior, ausruhen, feiern), u.davon das 
: Serien, nannte man bei den Römern foldye Tage, an welchen bie ges 
hen Gefchäfte u. Arbeiten nicht verrichtet wurden. Alle Befttage waren F., 
dt umgekehrt. — Die F. waren entweder der publicae oder privatae, je 
n fie vom Staate angeordnet waren, oder nur von Familien oder Kinzels 
geftellt wurden. Die F. publicae theilten fich wieder in stativae, concepti- 
ıd imperativae. Unter erfteren verfland man diejenigen Feſte, welche an 
heſtimmten Tage gefelert wurden. F. conceptivae nannte man jene, welche 
iefter oder Magiftrate an beflimmien Tagen hielten. F. imperativae waren 
rdentliche Hefte, die bei befonderen Beranlaffungen auf Befehl des Senats 
holte angeordnet wurden. Da an den feriis die Ehriften die gewöhnlichen 
fte audfesten, fo übertrug man dieſes Wort auch auf die Feſitage in der 
hen Kirche. Uebrigens ih es nicht anöge acht, was man gerade in der 
Kirche unter dem Worte F. verftanden habe. Biele find der Meinung, man 
tfes Wort ſowobl von ben Feſte ald Wochentagen gebraucht. — Au in 
seyehopädle IV. 41 


162 Ferman — Fernow. 


aͤlteſten Zeiten fing das Kirchenjahr, vor Oſtern an, u. die ſieben darauf folge: 
den Tage nannte man dies feritati, ſowie jeder einzelne Tag derfelben, für fi 
genommen, F. u. zwar F. prima (Sonntag) secunda (Montag) tertia (Dienfla 
u. f. w. hieß. Ghemald wurden audy der Montag, Mittwoch u. Freitag F. g 
nannt, weil an diefen Tagen das Faſten der Büßenden ftatt fand. Srhliche Feri 
waren fonft überhaupt alle Sonn⸗ u. Feiertage; gegenwärtig werden mit dieſe 
Namen nur jene Tage bezeichnet, auf welche Fein Feſt fällt, übrigens beziehen fi 
diefelben zunächft auf die fanonifchen Tagszeiten. — Bet Gerichtshöfen u. Coll 
gien heißen Ferien diejenigen Tage, an weldyen Feine Sitzung flattfindet, u. a 
Univerfitäten und Schulen die Zeit, während welcher die Borlefungen und Schu 
ſtunden ausgeſetzt werden. 

Ferman heißt in der Türket ein, vom Großveſir im Namen des Gultaı 
ausgefertigter Befehl, namentlich ein von diefem ertheilter Reiſepaß. Ein foldy 
5. genießt das größte Anfehen und wird von Dem, der ihn liest, vor dem Lefi 
ehrfurchtsvoll an die Stirne gevrüdt. — Im mongolifchen Reihe u. in Indie 
ifi ein F. die ſchriftliche Erlaubniß, Handel zu treiben. 

Fermat, Pierre, Parlamentsrath zu Toulouſe, geboren dafelbt 1590, e 
berühmter Mathematiker, Zeitgenofie und würbiger Nacheiferer von Descarte 
(f. d.), bereicherte die höhere Analyſis mit verfchievenen wichtigen Wethobei 
fchrieb „de maximis et minimis, de .locis planis et solidis« u. gab Anmerkunge 
zu Diophantus (ſ. d.) Theon von Smyrna u. 9. heraus. Seine Werte e 
fchienen 1670 zu Touloufe unter dem Titel: „Opera mathematica“ in zwei Bor 
ol, Er farb 1664. — Sein Sohn Samuel ift durch einige Ueberfegung: 
aus dem Griechifchen ind Sranzöftfche bekannt. Vergl. Genty, „L’influence ı 
F. sur son siecle,s Orleans et Paris 1784, 

Termate (italienifdh fermata) in der Tonkunft das „Halt,“ das Aushalt 
eined Tones über bie eigentliche Geltung der ihn bezeichnenven Note, was w 
dem Zeichen ”* bemerkt wird. Die %. fchließt indeffen nicht durchaus Die muflf 
liſche Pertiode, denn fie kommt fowohl im Anfange, als im Laufe und am En! 
eine® Stüdes vor, u. tft mitunter auch .mit einer künſtlichen Cadenz einer Sol, 
ftimme verbunden. 

Fermo (das alte Firmum), Seeftabt und befeftigte Hauptſtadt der gleichn 
migen Delegation im Kirchenflaate, Sit eines Erzbiſchofs (feit 1589), IR wo 
gebant, hat 16 Klöfter und viele hübfche Gebäude (Theater, Baferne) und geg 

0,000 Einwohner, weldye Getreidehandel, Linnen- und Tuchweberei, Brauerel: 
u. Bapierfabrifation betreiben. Srüher beftand hier eine Univerfität; a re 
Stadt einen Eleinen Hafen. — Im Mittelalter war F. der Sit einer Marf 
iſt auch die Geburtsſtadt des Lactantius (f. d.). 

rnambukholz, ſ. Braſilienholz. | 

ernando Po, eine Infel aus der Gruppe der Gnineainſeln in Beat 
ungefähr 6 Meilen lang u. 4 Meilen breit, bergig und hügelig, waflerreich un 
fruchtbar an Waldung, von ungefähr 1200 Schwarzen bewohnt, die eine eige 
Sprache reden. 1778 wurde die Inſel von den Portugieſen an die Spanier a 

etreten, von dieſen aber nie felbft, ſondern erft 1827'von den Engländern b 
* die bier die Colonie Clarencetomwn anlegten und 1841 die foͤrmliche A 
tretung von Spanien verlangten. — Die Bat 5. heißt die St. Georgesba 

Ferney, ein Bleden mit etwa 1,000 Einwohnern, im franzöflfhen Depart 
ment Yin, nicht weit von &enf, befannt als Aufenthalt Boltaire's, der 177 
bier ein Schloß u. eine Kirche baute u. den Ort durdy Herbeiziehung von Lan 
leuten u. Uhrenmachern emporbrachte. . 

Fernow, Karl Ludwig, Bibliothekar zu Weimar, geboren 19. Rovemb 
1763 zu Blumenhagen, einem Dörfchen tn der Ukermark, war der Sohn ein 
Knechtes, der auf einem Edelhofe diente, fpäter aber ein Eleines Eigenthum e 
warb, durfte an dem Unterrichte der Kinder des Butsheren Theil nehmen, erhie 
dann In der Schule zu Bafewalf freien Unterricht und kam ale Copiſt zu eine 


Fernroßr, 463 


Sn feinem 15. Jahre nahm ihn ein Apotheker zu Anklam in die Lehre, 
er nad) 7 Jahren als Proviſor in eine Apothefe nach Lübeck kam. Hier 
hn fein Freund Carſtens (f. d.), deſſen Leben er nachher beichrieb, in 
ft ein. Seine Fortſchritte waren ſchnell: er verließ nun die Apothefe und 
Rapeburg, Ludwigsluſt u. Schwerin vom Portraitiren und Zeichnenunter- 
ibte fich nebenbei auch in der Dichtkunft; aber feine Arbeiten, fowohl in 
ils jener Kunft, bewieſen bei manchen löblidyen Eigenfchaften doch, Be 
ruf nicht in der Ausübung derſelben beftehe. Indefien erwarb er dadur 
daß er nicht nur eine Reife nady Zena machen, fondern auch feine Zeit 
gröstentheild der Ausbildung feines Geiſtes widmen konnte. Den reichften 
Jog er aus den BVorlefungen u. dem bald fehr vertrauten Umgange mit 
:ofefjor Reinhold. Bon hier aus unternahm er 1794 mit dem bänifchen 
Baggeſen eine Reife nad) Italien u. blieb nun in Rom, größtentheils 
Uſchaft Carſtens', 8 Jahre, die er dem Studium der Kunft, der Sprache 
ratur Stallens widmete Krank fehrte er 1803 nach Deutſchland zurüd, 
‚ er in Sena ein außerorventliches philofophifches Lehramt erhalten Hatte, 
r ein halbes Jahr Vorlefungen u. trat dann an bie Stelle des verftorbenen 
nn als Bibliothekar in Die Dienfte der verwittweten Herzogin Amalie von 
. Seit feiner Rüdfehr aus Italien duldete er aber viele Eörperliche Leiden 
mer Reflgnation, und flarb den 4. December 1808 an einer unbeilbaren 
rgefchmwulft. Die Literatur u. Kunſtkritik verlor an ihm einen ihrer gründ- 
u. fdarffinnigften Bearbeiter, deſſen rühmliche Beftrebungen fletd auf das 
und Edelſte im Leben und in ver Kunſt gerichtet waren. — Sein, als 
buch 1802 in Gotha erfchienenes, Sitten- u, Eulturgemälde von Rom if 
an Reichhaltigfeit u. Wahrheit der Anfichten noch nicht übertroffen wors 
Trefflich iſt auch feine „italieniſche Spradylehre für Deutfche,” Tüb. 1804. 
den Werth, wegen der überall beigefügten fritifchen u. hiftorifchen Bemerkungen 
eitungen, haben feine Fritifchen Bearbeitungen des Orginaltertes von Dante, 
u. Betrarca, die er unter dem gemeinfchaftlichen Titel »Racotta di autori 
italianie in 10 Bon. herausgab. Ihm verdankt man auch die befte Bio- 
Artofo'8 (Züridy 1809, 8.). — Seine „röm. Studien” (ebend. 1806, 3 Bde., 
jyalten vortrefflihe „Beiträge zu einer Aeſthetik für Künftler,” und von 
tiefen Gindringen in den Geift Windelmanns jeugt feine Ausgabe ver 
yeflelben (Dresd. 1808), wovon er aber nur 2 Bände vollendete. — Bal. 
enbauer (Johanna) „F.s Leben ,* (Tübingen 1810), vervollſtändigt in 
gabe ihrer fämmtlichen Schriften. 
rurohr, Teleſkop, Berfpectiv, if ein Rohr, in welchem mehrere 
ſchliffene Gläfer, die entweder in der Mitte dicker (Boncavgläfer), ald am 
find, und die man im Allgemeinen Linfen nennt, audy zuweilen in Ver⸗ 
mit Spiegeln, fo angebracht find, daß man dadurch in den Stand ges 
d, entfernte Gegenftände deutlich u. vergrößert, u. daher fcheinbar näßer 
i, als mit den bloßen Augen. Diefe Vergrößerung entfleht in Folge ver, 
ie Linfen hervorgebrachten, Berechnung der von den Gegenfländen durdy das 
as Auge gehenden Lichtftrahlen, wovon die nähere Erklärung in Die Optif 
Die Röhre, in weldye die Gläſer eingefchlofien find, ift, zur Abhaltung 
Lichtes, inwendig gefchwärzt, und da bie größere oder geringere Ent⸗ 
der Gläfer von einander, um die Gegenftände möglichft deutlich zu fehen, 
ıeile von der verfchievenen inneren Beſcha enheit des Auges beftimmt wird, 
’t fie in der Regel aus zwei oder mehr In einander verſchiebbaren Theilen, 
man die Glaͤſer mehr oder weniger entfernen kann, und durch diefe Ein- 
| wird das Snftrument zugleich transportabler gemacht. Die Röhre tft 
on Meffing, zumellen auch von Holz, u. bei geringeren u, wohlfeileren F. 
ppe, in Berbindung mit verfchiedenen, hölzernen, metallenen oder hornenen 
Weſentlich if, daß an jedem Ende der Röhre eine Linfe angebracht if, 
nen man diejenige, an die man beim Hinburchfehen das ge legt, das 


— — — —— —— — 


164 Fernrohr. 


Dcularglas, die entgegengefehte, dem Begenftande zugefehrte, aber das Objectivglas 
nennt. Die befte Vergrößerung und zugleich das größte Sehfeld gewährt ein %., 
deſſen Deulars und Obijectivglas conver find; allein ein ſolches zeigt das Bild 
des Gegenftandes verkehrt, u. es kann daher nur zu aftronomifdyen Beobachtungen 
gebraucht werben, bei denen diefe Umfehrung nicht fchadet. Bei F., welche auf 
der Erde gebraucht werden follen, muß daher das Ocularglas concav feyn, damit _ 
fie ein aufrechtes Bild zeigen, u. in diefer Beziehung thellt man die F. in aftro- 
nomiſche u. terreftrifche oder Erd⸗F. ein. Gewöhnlich iſt aber bei den aftro- 
nomifhhen %. Hinter dem Ocularglaſe in angemeflener Entfernung noch 
ein, und bei den terrefirifchen find noch drei convere Glaͤſer angebracht, wos 
dur das SInftrument bedeutend vervollflommnet wird. Cine nody. größere 
Bervollfommnung aber befteht darin, daß das Objectivglas aus zwei u. fogar aus 
drei genau zufammenpaffenden 2infen von verfchiedenen Krümmungen u. verſchie⸗ 
denen Brechungs⸗ und Zerfirteuungsvermögen, gewöhnlich die eine aus Crown⸗ 
glas, die andere aus Flintglae, zuFammengefept ‚ wodurch die farbigen Rän- 
der an den Gegenftänden vermindert werden, weldye einfadye Objertivgläfer im⸗ 
mer zeigen. Befteht dad Objectivglas aus 2 Linfen, fo tft die eine auf beiden 
Seiten conver (biconver), die andere auf einer Seite concav, auf der andern 
conver (concavsconver); befteht es aber aus dreien, fo befindet ſich zwiſchen zwei, 
auf beiden Seiten converen, Linfen eine auf beiden Selten concave, fo daß alle 


3 zufammen eine einzige convere Linfe bilden. %. mit diefer Einrichtung nennt 


man achromatiſche F. oder Achromaten. Die mit dreifachen Objectiv 
nennt man von ihrem Erfinder auch Dollonds. Dialytifche $. find foldhe, 
bei denen in einiger Gntfernung hinter dem einfachen, aus Crownglas beflehens 
den, Objectivglafe eine kleine Doppellinfe aus Crown⸗ und Zlintglas angebracht 
it, wodurch die Zerftreuung der Lichtftrahlen zu farbigen Rändern noch beffer 
aufgehoben wird. Hand⸗ oder Zug-Fernröhre nennt man ſolche, welche aus 
mehren, in einander verfchiebbaren, Auszügen beftehen, um bequemer mitgeführt 
werden zu können; Stand-Fernröhre dagegen ſolche, die auf einem Geſtelle 
oder Stativ befeftigt find, das zugleich fo eingerichtet tft, daß man das F. leicht 
und genau in allen Richtungen drehen kann. Ein F., welches gezogen werben 
kann, nennt man auch einen Tubus. Kometenſucher oder Nacht⸗Fern⸗ 
röhre find aſtronomiſche Fernröhre, die jedoch auch befonders auf Schiffen ges 
braucht werben, u. bei denen weniger auf flarfe Vergrößerung und Deutlichkett, 
al8 auf großes Geſichtsfeld u. möglichft große Helligfeit gefehen wird. Sie dies 
nen dazu, am Himmel Kometen, Kleine Sterne ıc., deren Standpunft man nicht 
fennt, aufzuſuchen, und auf Schiffen während der Nacht Gegenſtände am Lande’ 
ober andere Schiffe zu fehen. Opernguder oder Theaterperfpective find 
kleine Tafchensgernröhre mit einem Auszuge von’ Meffing, mit Bronze, Eifen- 
bein, Perlmutter und dergleichen audgelegt, von denen man auch doppelte hat, 
weldye aus zwei, durch ein Geſtelle verbundenen u. mit einem Griffe zum Halten 
verfehenen, PBerfpectiven beftehen. Alle vorftehend erwähnten Sernröhre, bet denen 
das Bild ded Gegenftandes durch eine Linfe (ein Objectivglas) entfleht, nennt 
man dioptriſche; Fatoptrifche, Spiegeltelestope aber foldye, bei denen 
das Bild des entfernten Gegenftandes buch einen ohlipiegel entfleht und dann 
durch ein oder mehrere Oculare betrachtet wird. “Diefe E neichtung findet ber 
ſonders bei aftronomifchen Sernröhren flatt, iſt aber jebt wenig mehr im Ge⸗ 
braudye. Große dioptriſche Bernröhre nennt man auch Refractoren u. katop⸗ 
trifche Reflectoren. ernröhre, welche von befonderd geſchickten u. berühmten 
Berfertigern herrühren, benennt ma auch mit dem Namen verfelben, und man 
fpricht daher 3. B. von einem Ramsden, einen Dolland, einem Fraunho⸗ 
fer 10. Die Größe der Zernröhre bezeichnet man gemöhnlich nach der Brenn⸗ 
weite u. de Durchmefer der Deffnung des Objectivglafes, u. man nennt z. B. 
ein Afüßige® F. mit 27 Linien Deffnung ein folches, deflen Objectiv eine Brenns 
weite von 4 Buß u, eine Deffnung von 27 Linien bat, — Die ausgezeichnetſten 


Berrand — Ferrari. 165 


u. zugleich die größten Fernröhre (bis zu 12 Zoll Deffnung) liefert jebt das Utz⸗ 

fchneider » Fraunhoferſche Imftitut in Benedictbeuern bei Mündyen, außerdem PIößl 

in Wien, Ramsden in London, Caudyoir in Paris, u. auch fonft gibt es in ven 

weiten großen Städten Inftitute, welche gute Fehrnröhre verfertigen. Bon mitt 

ler u. geringer Qualität werben fie fubrifmäßig in London, Birmingham, Paris, 

—— art, Rathenow an der Havel, Berlin, Bamberg, Wien und andern 
rien ertigt. 

Berrand, Antoine François Elaude, geboren 1751 zu Parts, Bars 
lamentsrath Dafelbfi, wanderte nach dem Ausbrudye der Revolution aus und 
machte zwar 1801 von der Erlaubniß gurlidgufchren Gebrauch, jedoch, ohne un⸗ 
ter dem Gonfulate u. dem Kaiſerreiche ein öffentliches Amt anzunehmen. Rad) der 
aften Reftauration wurde er Pair, Staatöminifter u. Generaldirektor der Poſten, 
nad) der zweiten Mitglied des Comitoͤ zur Ausarbeitung der Berfaffungsurfunde, 
1816 Mitglied der Akademie u. flarb 1825. Schriften von ihm find: L’6sprit 
de I'kistoire, 6 Aufl. Paris 1826, 4 Bde.; La theorie des r&volutions rappro- 
chees des princıpaux evenements, qui en ont etöl’origine ebend. 1817, 4 Be. 
Histoire des trois d&membrements de la Pologne (#ortfegung von Roulhiäre’s 
polnifcyer Sefchichte), ebend. 1820, 3 Bde. Testament politique, ebend. 1830. 

ara, ehemaliged Herzogthum in Italien, dad im Norden an das venes 

tianiſche Gebiet, im Weften an die Herzogthümer Mantua und Miranvola, im 
Süden an das Bolognefifche u. die Romagna, im Oſten an den venetianifchen Meer: 
bufen gränzte, und über 235,000 Einwohner enthielt. Es hatte ehemals feine 
eigenen, um Kunft und Wiffenfchaften hoch verdienten, Hergoge aus dem Haufe 
e, das aus Toscana flammt u. über diefed Land das Bicariat hatte. t 
Alphons IE erloſch 1597 der Mannsſtamm der Yale des Haufes Eſte, u. 
obgleich ihm fein Better Caͤſar aus der Nebenlinie folgte, fo zog doch Elemens VII. 
1398 das Lehen 5. ein. Die Herzöge von Modena haben ihre Anfprücdye mehr: 
mals emeuert, aber nicht zum Beflte gelangen Tünnen. Im Frieden von Campo 
Formio vom Jahre 1797 ward vieles Land ein Theil der ciöalpinifchen Republik 
(des nadymaligen Königreichs Stall, und bildete das Departement Niederpo 
(wo die Hauptfladt F.) u. einen Thell des Departement Reno. Im Iahre 1814 
fam das Land, mit Ausnahme des im Norden des Po liegenden und mit dem 
lombardiſch⸗venetianiſchen Koͤnigreiche vereinigten Theils, wieder an den Kirchen⸗ 
Raat, und bildet eine Legation, die auf 56 [_J Meilen über 200,000 Einwohner 
bat, am Po u. adriatifhen Meere liegt, aber der Moräfte wegen ungefund iſt. 
— 2) F., Hauptſtadt darin, an einem Arm des Po, in einer fumpfigen Gegend, 
groß u. gut gebaut, aber öde, mit 4 Borftädten, hat kaum 24,000 Einwohner 
worunter an 2000 Juden in einem eigenen Ghetto oder Quartier; Citadelle mit 
öfterreichifcher Beſatzung, Zeughaus, 2 Schlöffer (morunter der fchöne Diaman- 
tenpalaft), über 100 Kirchen, worunter die prächtige Kathebralfirdhe, Die Bene⸗ 
bietinerlirche mit dem marmornen Grabmal Ariofto’® und 38 Klofterfirchen, das 
Anmenfpital, wo Taſſo 7 Jahre lange unter dem Borwande des Wahnfinns eins 
geiperrt lebte, jebt aber ein Denkmal auf einem der Plätze der Stadt hat, Erz⸗ 
bisıhum (1735 von Clemens XII. errichtet, unter dem die Bisthümer von Man- 
ma, Commacchio, Adria und Berona ftehen), Univerfität mit einer prächtigen 
Bibliothek, dem Palazzo del Paradiso, einem Mufeum von NAlterthümern, einem 
botanifchen Garten u. anatomifchem Theater ; Ingenteurfchule, Jeſuitenkollegium, 
Academia delle intrepidi; fehöned Schaufpielhaus, Seidenfabrifen; Handel mit 
Seide u. f. wm. — F. iſt der Geburtsort ded Dichters Fulvio Kefti (+ 1646). 

Ferrari 1) (&audenzio), geboren 1484 zu Baldugla, geftorben 1550, 
ein Maler, der im Golorit, wie in der Zeichnung hervorragte. Er unterflüßte 
Raffael D’Urbino beim Schmude des Baticand. — 2) %. (Luigi), geboren zu 
Bolsgna 1521, geftorben als Profeffor der Mathematik zu Bologna 1565, ent⸗ 
derfte die erſte Methode, Gleichungen des 4. Grades zu löfen. — 3) (Bartolo:- 
weo), geboren zu Venedig 1780, bilvete fih unter Giovanni Ferrari: Torreti 
um Bildhauer, Er farb 1844, Seine Arbeiten find zahlreich u. wertkond, 


„Rh 


Serraris (Joſeph Graf von), öÖfterreichifcher Feldmarſchall, geboren 1726 
zu 2üneville, trat 1741 in öfterreichiiche Kriegsdienſte, in denen er Ach auszeich⸗ 
nete. Als Generaldirektor der Artillerie in den Niederlanden ließ er die bekannte 
treffliche Karte der belgiſchen Provinzen im Mafftabe der Caſfini'ſchen von 
Frankreich aufnehmen (1777). Er nahm 1793 feine Entlafjung aus dem actt- 
ven Dienfte u. ftarb 1807 zu Wien. 

Ferreira (Antonio), portugieflfcher Dichter, geboren zu Liffabon 1528, 
geftorben 1569. Er vervollfommnete die legte u. Coifel und führte bie Ode, 
das Epigramm, das Epithalamium u. die Tragödie in die portugiefliche Literatur 
ein. Seine Tragödie »Ines de Castros iſt bejonvers berühmt. Seine fämmtli- 
hen Dichtungen erfchienen Liffabon 1781. 

Berreira Borged (3036), geboren 1786 zu Porto, Advokat, nach der 
Revolution von 1829, an welcher er Thellnahm, Mitglied der Eortes, mehrmals 
beim Schwanfen der Sache des Dom Bebro flüchtig, warb durch dieſen ‘Präf- 
dent des Handelsgerichtes. Gr genießt feit 1838 eine Penſion von den Cortes 
und iſt der Berfafler des portugiefifchen Handelöcoder. 

Berrer (Don Joaquin Maria de), geboren 1777 zu Paſages (Gu i⸗ 
puzcoa), lebte ald Kaufmann in Süpamerifa, bis er in Madrid eine politiſche 
Rolle fpielte, erſt als Deputirter der baskifchen Provinzen, dann als Mitglien der 
Bank von San Carlos, u. 1822 als Deputirter der Eortes. Nach einem Eril 
von 10 Jahren, das er zum Abprude mehrerer fpaniicher Glaffifer verwendete, 
trat er 1834 wieder in die Cortes u, erhielt ald erfahrener Geſchaͤftsmann unter 
Edpartero ein Miniftertum, 

Ferreras, Juan de, geboren zu Labañeza 1762, war Pfarrer zu Tala⸗ 
vera, fpäter zu Madrid, arbeiter an dem Wörterbuche ver ſpaniſ Ala- 
demie u. Töniglicher Bibliothekar. Er ftarb 1735. Bon feinen gelehrten Werken 
find zu erwähnen: »Synopsis hist. de Espana«, Madrid 1700—27, 4. bis zum 
Jahre 1589, verdeuticht und fortgefeht bis 1648 von Baumgarten, Semler, 
Bertram, Halle 1754—72, 13 Bde, 4. 

Ferro, die weftlichfte unter ven canarifchen Infeln (f. d.), 5 [J M. 
mit 6000 Einwohnern, ift reih an Honig, Wachs und Orſeille, aber nur mit 
drei Brunnen verfehen. Seit 1634 ziehen die Kranzofen auf Befehl Ludwigs XIL 
den erften Meridian durch diefe Infel, von dem der Mittagskreis der Sternwarte 
zu Parts 20 Grad oflwärts entfernt if. Auch die Niederländer und Deutfchen 
folgen ihnen hierin. Die Engländer dagegen rechnen nach ihrer Sternwarte 
zu Greenwich, die 17° 40° öftlih von F. gelegen if. — Merkwürdig ift auf 
diefer Inſel ein Lindenbaum, in der alten Spracdye der Einwohner Garfe, d. i. 
heiliger Baum genannt, der 40 Spannen hoch if, und mit allen Zweigen 120 
Fuß tm Umkreiſe hat. Ueber ihm ruht immer eine Wolfe, die fi) auf ben 
Blättern in Tropfen fammelt, und als ein fehr klares Wafler in foldyer Menge 
herabfält, daß die Ciſternen am Fuße des Baumes nie leer werden, fondbern 
kr ntenfchen und Vieh Immer genug Waſſer enthalten. Die Hauptflabt iſt 

alverde. 

Ferſen, Axel, Graf von, königlich ſchwediſcher Reichsmarſchall, ſtammte aus 
einer alten u. angeſehenen ſchwediſchen Familie, geboren zu Stockholm 1750, er⸗ 
hob fich unter der Regierung Guſtavs DI. und ward Obriſt des in franzöſiſchen 
Dienften flehenden Regiments Royal Suedois. Als Ludwig XVI. 1790 aus 
Paris flüchtete, erleichterte F., weldyer insbeſondere der Königin ergeben war, 
dieſes Unternehmen durch Beforgung eines Wagend. Er begleitete den König 
felbft auf der Reife, und wurde mit ihm als Gefangener nad) der Hauptſtadt 
zurüd geführt. Die Amneftie, weldye der Annahme der Eonftitution folgte, ſetzte 
Ihn wieder ig, Freiheit. Er ging hierauf nach Schweden zurüd, und wurde von 
Guſtav IT. Am Garbehauptmanne ernannt. Im Auguſt 1791 fandte ihn fein . 

— mit geheimen Aufträgen in Beziehung auf die Trangatiche Kevoiukien 

nad ten, Rach Guftavs Tode verminderte de Fein Anlegen, AB ae heien 


; batte im 


Fesceniunen — Fehler. 167 


Eohn die Regierung übernahm, wurde F. Hofmarfhall. Im Juli 1797 ward 
. a für bie Briebmöcngelenenhelten zum Minifter beim Reichstage in Regensburg 
emannt, gns als Mitglied der ſchwediſchen Gefandtfchaft nach Raftadt, und 
Ä ovember 1797 eine Unterrebung mit dem General Bonaparte. Im 
Eeptembetr 1805 befand er ſich als fchwebifcher Botfchafter in Dresden, ward 
nach feiner Rückkehr Oberhofmeifter, und nahm wegen Antheil an den revolutio- 
niren Bewegungen in feinem Baterlande.: Als er aber die Leiche des unglüd- 
lichen Kronprinzen von Auguſtenburg nach Stodholm begleitete, wurde er am 
20. Juni 1810 von dem wüthenden Pöbel, der ihm den Tod des geliebten 
Bringen zur Laſt legte, aus dem Wagen geriffen und graufam ermorvet. Sein 
nadter Leichnam wurde zur Schau audgeftellt, u. erft fpät gelang es, die Wuth 
des Volkes, das noch andere blutige Opfer forderte, zu dämpfen. Spätere Un- 
terfuchungen haben feine Unſchuld bewieſen. — Bergl. „Geheime Gefchichte des 
Hofed zu St. Cloud“, Bd. 2, ©. 182. 
Fesceninnen oder Fescennifche Verfe, von der Stabt Fescennia in Etru- 
rim fo genannt, find Berfe, weldye des eigentlichen Siibenmaßes entbehren und 
urfprünglich bei Erndtefeften u. f. w. abgefungen wurden. Als eine Art dramatiſcher 
Gedichte, vielleicht aus dem Stegreife, waren fle mutbtoiligen, oft fchlüpferigen 
Inhalts, oder enthielten grobe perfönliche Angüglichte ten, fo daß Kaiſer Au⸗ 
guſtus fie endlich verbot. — Bei Horaz (Epist. 2, 1. 145) bezeichnet fesceninna li- 
centia die übliche Gewohnheit, bei Gelagen u. dgl. ſich mit Scherzen u. Anzüg- 
ligfeiten in der oben erwähnten Richtung zu beluftigen. 

Feſch, Joſeph, Cardinal und Erzbifhof von Lyon, geboren zu Ajaccio 
1763, war der Sohn eines Schweizeroffizierd (aus Bafel) in genueſiſchen Dien⸗ 
in, Franz F., u. der Wittwe Ramolinti, Mutter der Lätitia Bonaparte. 
Anfangs Geiftlicher, verließ er biefen Stand beim Ausbruche der franzöfifchen 
Revolution u. wurde Kriegscommiſſär bei der Alpenarmee. Nachdem Napoleon 
1801 das Concordat mit dem römifchen Stuhle gefchlofien hatte, kehrte 8. zum 
geiſtlichen Stande zurüd, wurde 1802 Erzbifchof von Lyon, 1803 Earbinal und 
franzöftfcher Geſandter in Rom, begleitete 1805 den heiligen Vater nad) Parts 
u. wurde in demfelben Jahre Großalmofenier von Sranfreich u. Senator. 1806 be: 
gehrte ihn der Kurerzfanzler Dalberg (f. d.) zum Goadjutor; allein Napoleon 
verfagte feine Einwilligung, weil F. ſich als entfchiedenen Anhänger des heiligen 
Etuhles erwiefen hatte. Diefer ſchlug daher 1810 auch das Erzbisthum Paris 
aus und febte in Ungnade zu Lyon bis 1814, wo er nad Rom ging. Nach 
Kapoleons Rüdfehr von Elba fam auch F. wieder nad) Franfreih und erhielt 
tie Pairswürde, kehrte aber nach der Schlacht bei Waterloo wieder nach Rom 
wrüd. Hier beharrte er lange feft auf der Ausübung feines erzbifchöflichen Am- 
3, unerachtet ein päpftliches Breve ihm dieß, auf Anfuchen der franzöftfchen 
Regierung, unterfagte; er fügte fid) aber 1825 dem oberhirtlichen Befehle u. lebte 
ven nun an ruhig, vom Papfte ſelbſt geſchützt. Ein im Jahre 1837 von feiner 
Diocefe nah Rom ergangenes Gefuch, ihn zurüdsurufen, ward abfchlägig befchie- 
ten u. er ftarb den 13. Mat 1839. Er binterlich eine herrliche Gemäldeſamm⸗ 
lung, die nach feinem Veftamente nicht vereinzelt werden follte, gleichwohl aber 
im Interefle der Erben in Rom nad) u. nach verfteigert wurbe. 

Feßler, Ignaz Aurelius, geboren 1756 au Preßburg, Sohn eines verab- 
ſchiedeten Wachtmeifters und Gaftwirths, trat 1773 zu Mödling in den Orben 
der Kapuziner, ward 1781 in das Klofter zu Wien verfegt, 1783 von Kaifer 
Joſeph I. zum Lector u., nachdem er zum Dr. der Theologie befördert worden, 
um ordentlichen Brofeffor der orientalifchen Epradyen u. Hermeneutif des alten 
Teſtaments auf der Univerfität zu Lemberg ernannt u. zugleich aus dem Kapu- 
jinerorden entlajien. Im Jahre 1788 legte er, der inzwifchen Freimaurer gewor- 
den, fein Amt nieder u. flüchtete nady Echleften, weil er wegen ſeines irreligiöfen 
Trauerſpiels „Sipney" üble Folgen befürchtete. Im Jahre 1798 trat er zur 
evangelif-lutherifchen Kirche über, verehelichte fi, 1792 und \ehte in Bern, 


168 Zeſtigkeit — Jeſt · n. Feiertage, 


wo er als Conſulent fuͤr die katholiſchen Angelegenheiten der polniſchen Provinzen 
Gehalt bezog, ſich beſonders aber der Freimaueret widmete und ſchriftſtellerte. 
1809 ward er in Petersburg Profeſſor der Philoſophie und der orientaliſchen 
Sprachen, gab dieſe Anftelung jedoch, von einem griechifchen Priefter des Atheis- 
mus befchuldigt, bald wieder auf u. ward Eorrefponvent bei der Geſetzcommiſſton, 
ward 1820 Guperintendent zu Saratow u. bald darauf Biſchof, 1834 Kirchen⸗ 
rath in Betersburg, wo er 1839 farb. %. war ein bändereicher Bielfchreiber, 
Berfaffer von Romanen, biftorifchen, dramatiſchen, homiletifchen u. andern Wers 
fen, ohne höheren Aufſchwung, ohne rege Einbildungskraft, ohne Gedrungenheit 
in der Darftelung Wir haben u. 9. von ihm bie Bio fhen Romane: „Marl 
Aurel“, Breslau 1790— 92, 3 Bde., 3. Aufl. daſ. 1799, 4 Bde.; „Ariſtides 
u. Themiftofles*, Berlin 1792, 2 Bde., 3. Aufl. daf. 18185 „Matthias Cowi⸗ 
nus“, Breslau 1793, 3 Bde, 2. Aufl. 1806; „Attila”, daſ. 17945 ferner: 
„Eunomia“, Zeitfchrift, Berlin 1801—5; „Schriften über Freimaurerei“, dal. 
1801—7, 3 Bde.; „Geſchichte der fpanifchen Nation”, daſelbſt 1810, 2 Bde; 
„Geſchichte der Ungarn”, Seipalg 1812 — 25, 10 Theile; „Chriſtliche Reben“, 
Riga 1822, 2 Bde.; „Liturgiſches Handbuch“, daſ. 1823; „Rüdblid auf feine 
70jährige Bir erſchaft“ (Selbfibiographte), Breslau 1824. x. 
Feſtigkeit ift diejenige Beichaffenheit eines Körpers, in welcher feine Theile 
nicht durd) jede Kraft fogleich aus ihrer Lage verſchoben werben, ſondern mehr 
oder weniger Widerftand dagegen elften. Der F. fteht die Fluͤſſigkeit ent- 
egen, bei welcher ſich die Körper im entgegengefebten Zuftande befinden. “Die 
1 beruht nicht allein auf dem Zufammenhange der Theile, welcher bei vielen 
üfftgen Körpern, zumal bei Schleimen, ebenfalls in beträdhtlichem Grabe ftatt 
ndet, fondern es muß dabei wohl bie Reibung der Theile an einander in Be⸗ 
trachtung gegogen werden. — Daß man übrigens das Wort F. auch no in 
einem andern Sinne von den Körpern gebraucht, nämlich infofern fie ein Bers 
mögen befiten, einer ſtarken, auf fie wirfenven, Kraft zu widerftehen, im Gegen- 
fage der zerbrechlichen Körper, tft befannt. Beide Zuflände fließen aber 
fehr in einander. 
Dt f. Continent. 

eſton (vom lateiniſchen festum), eine Verzierung in Geftalt von Blumen- 
ewinden, zufammengefügt aud Blättern, Blüthen u. Krüchte, an Feſttagen an ben 

empelthüren angeheftet; ferner eine folche gemalte, oder aus Stein und Stucco 
erhaben gearbeitete, ardhitektonifche Verzierung, Laub-, Blumen» und Frucht⸗ 
fdynur, fowohl am Aeußern des Gebäudes, als in Zimmern u. Sälen. Bel Ans 
dringung von %.8 ift ſtets eine leichte Behandlung Bedingung, u. eine zu häufige 
Anwendung derſelben verftößt gegen ben guten Kunftgefchmad. 

eripien, eine dramatifche Darftellung, durch irgend ein feftliches Ereigniß, 
3. B. ein Volksfeſt, Jubiläum, Bermählung oder Durchreife fürftlicher Perfonen 
u. dergl. veranlaßt. Die F.e waren befonders in der zweiten Hälfte des vorigen 
Jahrhunderts üblidy u. hatten in der Regel Allegorien zum Gegenſtande. Selbft 
be u he wie Göthe, Schiller (die Huldigung der Künfte), huldigten dieſem 
geſchmacke. 


3 
Te - und Feiertage find pertobifch wiederkehrende Tage, welche von ber 
Kirche zur religiöfen Grinnerung an wichtige Begebenheiten des Chriſtenthums 
angeorbnet find, u. die wir vor andern Tagen zur gemeinfamen Feier ded Gottes⸗ 
dienftes, zur Ehre Gottes, zu unferem Seelenheile u. zur Erwerbung der ewigen 
Güter anwenden follen. — Alle Bölfer begingen an beflimmten Tagen eine ge: 
wife religiöfe Feier. So finden wir im mofaifchen Geſetze die Feier des Sab- 
bats angeorbnet, wonach von den Sfraeliten der fiebente Tag jedesmal ale 
Ruhetag geheiligt, Gott öffentlich angebetet werden u. gemeinfchaftliche Religions: 
übungen geſchehen follten (Erod. 20, 8.). Die altteftamentifche Feier des Sab⸗ 
Datd mwurbe In ben erften dyriftlichen Zeiten in die Sonntagdieler, num Andenten 
an bie Auferftebung des Herrn, weldye am erften Taae nad dem Solhate et 


Feſt⸗ u. Feiertage. 169 


ten erfolgte (Matth. 28, 1. Mark. 16, 1.), umgewandelt und daher vors 
iſe der Tag des Herrn (yuepa roö xupiov — Dies Dominica) ge⸗ 
Auch in den erſten Zeiten der Kirche behielt man, ber Suden-Ehrifien 
felbft die Sabbatöfeier neben dem Feſte der Auferfiehung des Herrn noch 
Zeit lange bei. Nach u. nad) fam jevody, vorzüglich bei den Ehriften aus 
eidenthume, die Feier des Sonntags an die Stelle des Sabbais, u. ers 
wurde ausfchließenn ein allgemeiner Feſt⸗ u. Ruhetag bei den Ehriften, be- 
Rals Konftantin der Große ihn 321 gefehlich anordnete. “Das Ans 
an die Hauptbegebenheiten aus dem Leben Kr u, fowie die dankbare Er⸗ 
ig an die erhabenen Tugendbeifpiele fo vieler Heiligen, welche ald Kämpfer 
aubend u. Borbilder der Tugend ein beſonderes, religiöfes Interefle er⸗ 
erzeugte in der katholiſchen Kirche noch mehrere Feſt⸗,, Ruhe⸗ oder eis 
e Feiertage. — Hicher gehören die Feſte des Leidens, der Aufer⸗ 
a Iefu Ehrifti, ſowie auch das Pfingfifeft, welche fämmtlicdy apoftos 
Urfprungs find. - Bald nad) diefen Feſten wurde das Feſt der Geburt 
ti (Weihnachten), weldyem die A Sonntage des Advents vorhergehen, mit 
ıfterem fid) das Kirchenjahr eröffnet, fo wie auch das Feſt der Erſch eis 
des Herrn (f, d. Artikel Epiphanie) eingeführt. Das Feſt des heili⸗ 
oftels Johannes des Evangeliften (der dritte Weihnachtötag), und 
ft der unfchuldigen Kinder folgen unmittelbar auf diefed Hauptfeſt. Am 
er unfchuldigen Kinder trauert die Kirche wegen der, an biefen Unfchulbi- 
übten, Oraufamfeit des Herodes; an diefem Tage ift die blaue Farbe 
jrieben u. in der Mefie ift werer Gloria noch Alleluja, in ber Octav 
u. fo oft dieſes Feſt auf einen Sonntag fällt, wird die rothe Farbe ge 
;, und dann fowohl Gloria ald Alleluja gebetet. Das Feſt der Des 
ing (Reujahrstag), obgleich es mit dem Fefte der Geburt Ehrifti in in- 
Verbindung fteht, fcheint doch fpäter, als dieſes, angeordnet worden zu 
Am zweiten Sonntage nach der Epiphanie wird dad Namensfeft Jeſu 
n nominis Jesu) begangen. Den Zelten des Herrn folgen die Feſte der 
rer, weldye zu den älteften Feſten der Kirche gehören, an denen man ihres 
»rertodes gedachte, und deren Todestage, an denen fle ihr Leben für 
ligton Jeſu Chriſti aufopferten, natalitia martyrum, ober dies natales 
40) biegen. An den Jahreöfeften derfelben verfammelten fidy die Gläubi⸗ 
Beier ihres erlittenen Martyrertodes bei den Gräbern derfelben (koıunrnpia), 
ich in eigens hiezu beflimmten Gebäuden, welche, da der Gottesdienſt von 
ten Ehriften oft, der Verfolgungen wegen, in unterirpifchen Höhlen abges 
werden mußte, cryptae oder catacombae genannt wurden. — Nebft dem 
sfefte des heiligen Johannes des Taufers wurden aud) jene bald die 
eftle, welche man wahrfcheinlich früher an einem Tage beging, gefelert. 
yegen des gleichzeitigen Martyrerthumes gemeinfchaftliche, 34 der heiligen 
u. Säulen der Rirche Petrus u. Baulus (29. Junt), tft eines der Al- 
ı. zwar fchon im 4. Jahrhunderte angeordnet. Eben fo werben die Feſte 
igen Apoftel Philippus u. Jakobus des jüngern am 1. Mat, der 
Simon u. Judas am 28. October gemeinfchaftlidy begangen, u. von 
igen Apofteln (Matthias für Judas fubflituirt, nebft den Evangeliften 
18 u. Lukas) hat jeder feinen eigenen Fefttag. Nebftvem hat der heilige 
Petrus noch 3 Fefte, nämlich cathedra Petri Romana (Petri römifche 
ier am 18. Januar), cathedra Petri Antiochena (Petri Stuhlfeier zu 
ia am 22. Februar) u. festum Petri ad vincula (Petri SKettenfeler am 
uft); auch der heilige Apoftel Baulus hat noch 2 Feſte: nämlidy Die 
noratio s. Pauli (Bauli Gedächtniß, den 30. Juni) u. conversio s. Pauli 
i Belehrung am 25. Januar), u, für den heiligen Evangeliften Johannes 
ein befondered Feft, am 6. Mai, festum s. Joannis ante porlam latinam 
‚ angeorbnet; ebenfo wird, nebfl dem Geburtäfefte des heiligen Johannes 
ufers (am 24. Junlus), audy noch, zum Andenken an \eln Marigter 


170 Feſt⸗ u, Feiertage. 


thum, am 29. Auguſt die decollatio s. Joannis Baptistae gefeiert. — Seit dem 
7. Jahrhunderte wurden die Fefle Martens eingeführt, Die Anorpnung des 
erfien Martäfeftes im Kirchenjahre — Mariä Empfängniß (immacalata 
conceptio am 8. December) — einer der widhtigften Streitpunfte zwiſchen den 
Thomiften u. Scotiften gefchah in ver erften Hälfte des 12. Jahrhunderts. 
Bon dem Bafeler Concil warb es jeboch zu einem allgemeinen Kirchenfefte 
erhoben (Sess. XLII.). Die Beier der Feſte Mariä Geburt (nativitas S, 
Mariae virginis) am 8. September, alfo 9 Monate fpäter als erflered, Opfe - 
tung (praesentatio) am 21. November, Berfündigung (annuntiatio) am 25. | 
März, Reinigung (purificatio) am 2. Februar, Himmel jehrt (assumptio) 
am 15. Auguſt, gingen ſchon vorher. Das Feſt Mariä Heimfuchung (visi- 
tatio) if daß hingfte von allen Mariäfeften, indem es erft vom 13. auf das 
14. Jahrhundert eingeführt wurbe. Reuere Mariäfeſte find: das Feſt der fieben 
Schmerzen Mariä, Maris Schnee, festum nominis B. M. V.; das Fe 
des Rofenfranzes kann gleichfalls hieher gezählt werben. Im Brevier wurde 
der heiligen Jungfrau Maria ein eigened oflicium — officium B. M. V. in 
Sabbato genannt, gewidmet. — Feſte der Gonfefloren u. anderer Heiligen, unter 
denen zuerft jenes des heiligen Martin, Biſchofs von Tours, begangen wurde, 
bielt man Anfangs nur in einer oder der andern Kirche, nach u. nach aber ward 
ihre Feier auch auf andere Kirchen übertragen. ben hieher gehören audy vie 
Feſte der heiligen Kirchenväter, welche die Kirche als ihre erften u. vorzäglichften 
Kirchenlehrer ehret. Das Feft Allerheiligen xupıany) zwv dyıov) ordnete ſchon 
Bonifaz IV. für Rom an, u. ®regor II. führte daffelbe in dem Jahre 731 
für die ganze Ehriftenbeit ein; in Frankreich u. Deutfchland wurde es aber 
erſt um das Jahr 825 begangen u. von Ludwig dem Frommen, im Einver⸗ 
fländniffe mit Gregor IV. verorbnet, daß dafelbe jedesmal am 1. November 
gefeiert werden fole. Der Allerfeelentag, gewinmet der Gedächtnißfeier der 
Verftorbenen, wurde zuerſt von dem Abte Odilo von Sluony um das Jahr 
998 für die Eongregation feines Ordens am 2. November zu feiern angeordnet, 
Diefe —— nicht nur alle Clugnyacenſer⸗Kloöſter, ſondern fle fand 
audy bei dem Säcular⸗Klerus großen Beifall. Die :Bäpfte hießen dieſelbe gut 
und führten ben Alerfeelentag für die ganze Ghriftenheit ein, Die Kirchenver- 
fammlung von Drford (1222) beflimmte, daß verfelbe ein Feſt zweiter Klafie 
feyn folle, u. in einigen Diözefen wird diefer Tag wenigftens als ein halber Feier: 
tag am Bormittage gefeiert. — Die Zelte des Herrn wurden in der Folgezeit 
mit dem Feſte der Verklärung Chriſti Cam 6. Auguſt), dem Feſte Kreuzer - 
findung (3. Mai), dem Fefte Kreuzerhöhung (14. September) u. dem Fron- 
leihnamsfefte (am Donnerstage nach dem Dreifaltigfeitö-Sonntage) vermehrt. 
Außerdem hat auch jede Diözefe mit ypäpftlicher Bewilligung einen “Diözefans 
und meiſt aud) jedes Land einen Landes» Patron, defien Tag ein Feiertag if. 
Auch gibt & Dankfeſte, welche der beſondern Danffagung für empfangene gött- 
liche Wohltbaten gewinmet find. Gewöhnlich werden foldye auf einen Sonntag 
verlegt. Diefe lebteren begeht audy die Kirche auf die Aufforderung des Staats 
wegen glüdlidyer oder frober Ereignifie für das Baterland. — Bel der Einwel- 
bung einer Kirche wird ihr ein Heiliger ald Patron gegeben, deſſen Jahresfeſt 
Batrocinium beißt; auch wird jährlih das Kirchweihungsfeſt (anniversarium 
dedicationis ecclesiae) begangen. — Endlidy gehören hieher noch die ſogenann⸗ 
tn Bruderfchafts-Fefte, 3. B. das Sfapuliers, das Herz: Jefu-Feft 
u. a. m. — lieber die Entftehung u. Einführung der übrigen Fefte in der Fatho> 
liſchen Kirche wird auf Martene, Tractat. de antiqua ecclesiae disciplina p. 
556 u. auf Binterims Denfwürdigfeiten V. Band, I. Abth. S. 306 ff., dann 
auf die, in den einzelnen Artifeln noch eigens behandelten, Feſte verwiefen. — 
Die Haupteintheilung der Feſte gefchieht, wie ſich fhon aus dem Gefagten er- 
aibt, In Feſte bes Herrn u. in Tefte der Heiligen, Echexe gründen fich 


auf bie göttlidyen Geheimniſſe und vie Geſchichte der Relaion Sein Ehritt, 


Feſt⸗ u. Feiertage 17 


find der Berherrlichung des Andenkens folder Denfchen gewidmet, die ent⸗ 
urch den Martyrertod als Dlutzeugen Chriſti, oder ald vorzüglidhe 
lehrer, oder durch einen heiligen Wandel die chriftlichde Religion und 
verberrlicht haben. Andere theilen die Feſte in drei Klafien, als a) 
Re des Herrn und ver billigen Jungfrau Marta, b) in Fee 
poftel und heiligen Martyrer, und c) in Feſte der Beidy 
Kircyenlehrer und Jungfrauen. Manche find allgemein und wers 
tal gleichmäßig gefeiert, andere find Iofal, d. h. ihre Feier wird nur an 
Drten begangen. Man unterfcheivet auch zwifchen unbeweglichen 
sti immobiles) und beweglichen F. (mobiles). Erſtere find jene, welche 
re auf einen beflimmten Tag fallen, und an diefem auch gefelert werben; 
hingegen find nicht auf einen beflimmten befchränft‘ und Fönmen vers 
den. Die vornehmften unbeweglichen F. find: a) das F. der Bes 
ng unferd Herrn — der Reujahrstag, b) das %. der Erfcheinung am 6. 
; c) Mariä Reinigung am 2. Februar; d) Mariä Ba am 25, 
e) Johannes der Täufer am 24. Junius; f) Peter und Paul am 29. 
z) Mariä Himmelfahrt am 15. Auguft; b) Mariä Geburt am 8. Seps 
i) Mariä Empfängnis 8. December; k) das Feſt der Geburt unfers 
1) die übrigen Marien» u. dann die Apoſtel⸗Feſte. Das vorzüglichfte 
mn beweglichen F. ift die Oſtern, nach welchem (3 die übrigen richten. 
Wochen vorher beginnt die Quadrageſima mit den Sonntagen rüdwärts 
Dominica Palmarum, Passionis, Laetare, Oculi, Reminiscere, Invocavit, 
foria quarta cinerum. Der Duadragefimalfaften gehen unmittelbar vor« 
: Sonntage Septuagesima, Sexagesima u. Quinquagesima. Die Griechen 
n ehemals die Faften vom erften Tage nady der Sexagesima, weßwegen 
bei ihnen aroxpews h. e. carnis privium genannt wurde, woher ver Rame 
val cf. d.) feinen Urfprung haben mag. Bon der Zahl der Wochen, die 
n dem Feſte der Erſcheinung u. zwifchen dem Sonntage Septuagesima ein» 
hängt die Zahl der Sonntage nad) der Erfcheinung ab; dieſer fünnen je- 
e weniger ald einer, und nie mehr als ſechs feyn, indem der Aſchermitt⸗ 
te früher, als am 4. Kebruar, und nie fpäter, als am 10. März, u, fonady 
tuagesima nur zwifchen den 18. Jänner und 22. Yebruar fallen kann. — 
fern folgen ſechs Sonntage; am fünften Sonntage nad) Oftern iſt die 
be, und an der feria quinta wird jedesmal das F. Chriſti Himmel- 
gefeiert; am fechöten Sonntage nach Oſtern ift die Dominica infra Octa- 
censionis Domini, welcher Sonntag audy Dominica Exaudi heißt. Sieben 
nach Oftern ift Pfingften; am erften Sonntage nad) Pfingſten das 
ntgfeitsfeft, u. an der darauffolgenden feria quinta Das Fronleich⸗ 
F. Die einzelnen Sonntage nach Pfingſten werden mit Zahlen bezeichnet. 
ehr als 24 Sonntage nach Pfingſten, was eintrifft, wenn die Oſtern früh 
werden an den übrigen, nach Anmelfung der Rubrik, die Mefien, welche 
ı Sonntagen post Epiphaniam übrig geblieben find, genommen. 
mntag im Advent wird jederzeit an jenem Sonntage gefelert, der dem 
ember der nächfte ift, und der zwiſchen dem 26. Rovember und 4. De- 
einfallen fann. — Festa ad libitum fünnen nicht trandferirt werden, ſon⸗ 
n Falle diefes nady der Rubrik gefchehen müßte, werben fie ee 
te Translation eines Feftes über den Advent hinausfallen würde, jo wird 
an dem betreffenden Tage (in die cadenti) ald simplex behandelt. — So⸗ 
e beweglichen, als unbeweglichen F. fünnen höhere 8. feyn. Diefe Bes 
kommt aber, zum Unterfchiede von den gemeinen %. (fosta simplicia), 
„ an denen die Gcheimniffe der drei göttlichen Perſonen gefeiert werden. 
It: %. (festa duplicia) find folche, wo zwei 5. auf einen u, denfelben Tag 
— Festa chori nennt man diejenigen, deren Feier nur in der Kirche 
‚ bie jeboh im bürgerlichen Leben feine Ruhetage \ind. “Die festa chori 
# In ber Regel nur bei verlegten Feſten Statt; z. B. wenn Rd AR 


170 Feſt⸗ u. Feiertage, 


thum, am 29. Yuguft die decollatio s. Joannis Baptistae gefeiert. — Seit dem 
7. Jahrhunderte wurden die Feſte Mariens eingeführt. Die Anordnung des 
erftien Martiäfeftes im —2 — — Marti Empfängniß (immaculata 
conceptio am 8. December) — einer der wichtigſten Streitpunkte zwiſchen den 
Thomiften u, Scotiſten geſchah in ver erfien Hälfte des 12. Jahrhunderts. 
Bon dem Bafeler Concil ward es jedoch zu einem allgemeinen Kirchenfeſte 
erhoben (Sess. XLIII.). Die Feier der Zee Mariä Geburt (nativilas S. 
Mariae virginis), am 8. September, alfo 9 Monate fpäter als erfteres, Opfer 
rung (praesentatio) am 21. Rovember, Berfündigung (annuntislio) am 25. 
März, Reinigung (purificatio) am 2. Februar, immelfabrt (assumptio) 
am 15. Auguſt, gingen fchon vorher. Das Feſt Mariä Heimſuchung (visi- 
tatio) iſt das jüngfe von allen Mariäfeften, indem es erft vom 13. auf das 
14. Jahrhundert eingeführt wurde. Neuere Martäfefte find: das Fer der fieben 
Schmerzen Mariä, Mariä Schnee, festum nominis B. M. V.; das Fe 
des Rofenfranzes fann gleichfalls hieher gezählt werben. Im Brevier wurde 
der heiligen Jungfrau Marta ein eigened oflicium — oflicium B. M. V. in 
Sabbato genannt, gewidmet. — Feſte der Gonfefloren u. anderer Heiligen, unter 
denen zuerſt jened des heiligen Martin, Biſchofs von Tours, begangen wurde, 
telt man Anfangs nur in einer ober der andern Kirche, nady u. nad) aber ward 

te Feier auch auf andere Kirchen übertragen. Eben hieher gehören audy die 
Sehe der heiligen Kirdyenväter, welche die Kirche als ihre erftien u. vorzuͤglichſten 

tchenlehrer ehret. Das Feſt Allerheiligen upıany rwv ayımv) ordnete fchon 
Bonifaz IV. für Rom an, u. Gregor II. führte daffelbe in dem Jahre 731 
für die ganze ritezhen ein; in Frankreich u. Deutſchland wurde es aber 
erſt um das Jahr 825 begangen u. von Ludwig dem Frommen, im Einver⸗ 
ftändniffe mit ®regor IV. verorbnet, daß daſſelbe jededmal am 1. Rovember 
gefeiert werben folle. Der Allerfeelentag, gewidmet der Gedächtnißfeier der 
Berftorbenen, wurde zuerfi von dem Abte Odilo von Slugny um das Jahr 
998 für die Eongregation feines Ordens am 2. November zu feiern angeordnet. 
Diefe Anordnung befolgten nicht nur alle Blugnyacenfer-Klöfter, fondern fie fand 
audy bei dem SäcularsKlerus großen Beifall. Die Paäpſte hießen dieſelbe gut 
und führten den Allerſeelentag für die ganze Ghriftenheit ein. Die Kirchenver⸗ 
fammlung von Oxford (1222) beflimmte, daß verfelbe ein Feſt zweiter Klafie 
ſeyn folle, u. in einigen Diözefen wird dieſer Tag wenigftens ald ein halber Feier⸗ 
tag am Bormittage gefeiert. — Die Felle des Herrn mwurben in der Folgezeit 
mit dem Feſte der Berflärung Chrifti (am 6. Auguſt), dem Feſte Kreuzer - 
findung (3. Mai), dem Fefte Kreugerhöhung (14. September) u. dem Fron⸗ 
leichnamsfefte (am Donnerötage nad) dem Dreifaltigfeitö-Sonntage) vermehrt. 
Außerdem Hat auch jede Didzefe mit ypäpftlicher Bewilligung einen Diözeſan⸗ 
und meiſt auch jedes Land einen Randeds Patron, deſſen Tag ein Feiertag if. 
Auch gi & Danffe Re welche der befondern Danffagung für empfangene gött- 
Itche Wohlthaten gewidmet find. Gewöhnlicd, werden foldye auf einen Sonntag 
verlegt. Diefe leuteren begeht auch die Kirche auf die Aufforderung des Staats 
wegen glüdlidyer over frober Ereigniſſe für das Baterland. — Bel der Einwel- 
bung einer Kirche wird ihr ein Heiliger ald Patron gegeben, veflen Jahresfeſt 
Patrocinium heißt; auch wird jährlidy Dad Kirchweihungsfeft (anniversarium 
dedıcationis ecclesiae) begangen. — Endlich gehören hieher noch die fogenann- 
tn Bruderfchaftö- Fette, 3. B. das Stapuliers, das Herz⸗Jeſu⸗-Feſt 
u. a. m. — Ueber die Entflehung u. Einführung der übrigen Fefte in der katho⸗ 
lifchen Kirche wird auf Martene, Tractat, de antiqua ecclesiae disciplina p. 
556 u. auf Binterimd Denkwürbigkeiten V. Band, IL Abth. S. 306 IR dann 
auf die, in den einzelnen Artifeln noch eigens behandelten, Feſte verwiefen. — 
Die Haupteintheilung ver Feſte geichieht, wie ſich ſchon aus dem Gefagten er- 
gibt, in gehe des Herrn u. in Hefte der Heiligen. Erſtere gründen fidh 
auf die göttlichen Geheimniſſe und die Geſchichte der Religion Jeſu Ehrifti; 


entrernter %.en, durch welcdye dem YYeinde Das Xand veriperrt werden 
onnte nur fo lange die erwartete Wirkung tbun, als wilden den Ber 
ı der F.en u. der angreifenden Armee, im Punkte der Stärke, noch eints 
hältniß beftand; nur fo fange, als jene Beſatzungen diefer Armee eine 
on Streitfräften abnötbigten, die fo bedeutend war, daß von dem Ueber⸗ 
yts Erhebliches mehr ausgerichtet werden konnte. — Die Heere der neuern 
n 200,000 bis 300,000 Mann fühlen dagegen nicht den Abgang von 
bis 40,000 Mann, die fie zu Beobachtung 1 unbedeutender Befagungen 
jen müflen, u. werden dadurch in ihrer vorfchreitenden Bewegung keines⸗ 
fgehalten. Um ihren ehemaligen Einfluß wieder zu üben, müßten die F.en 
jeräumig feyn, daß jede derfelben eine Befakung von 30,000 Mann aufs 
fonnte. — Dieß würde aber nicht nur einen unerfchwinglichen Aufwand 
ven, fondern auch eine zweckloſe u. gefährliche Zerfplitterung der activen 
ifte zur Bolge haben. — Die F.en müffen fortan mit den Armeen in bie 
erbindung gebracht werben. Sol eine F. den Forderungen der neuern 
eife entfprechen, fo muß fie zur Aufbewahrung der größten Borräthe ein- 
und mit einem fturmfreien Lager umgeben feyn, das, aus einzelnen feften 
beftehend, zu feiner Bertheidigung nur einer fehr ſchpachen Beſatzun 
md gleichwohl eine Armee von 60,000 bis 100,000 Dann in ſich auf⸗ 
kann. — Die zweckmäßigſte u. wohlfeilfte Gonftruftion eines folchen Lagers 
der wichtigften Aufgaben der Kriegsbaufunft, eine Aufgabe, die in der 
Zeit Erzherzog Maximilian von Defterreich, mittelft der nach ihm be; 
cafematirten Thürme, am fchönften und glüflehften gelost hat. — Ein 
Das mit folchen Thürmen, die nur 750-850 Schritte von einander ab- 
eingefaßt iſt, kann nur mittelft Belagerung genommen werben, die man 
nde nicht wenig erfchweren wird, wenn man die Zeit, deren er zur 
affung feines Belagerungsgefchüges bedarf, benübt, um zwiſchen den 
men Thürmen Erdwerke aufzuführen, und foldye mit dem Gefchübe 
nicht bedrohten Thürmen zu armiren. Sf aber die ganze Armee, oder 
bedeutender Theil derfelben, im Lager, fo kann ſolches gar nicht ange⸗ 
erden, weil der Feind ſich in unermeßillche Arbeiten einlaften müßte, um 
n das Feuer von 55 bis 60 Geſchützen, das aus den Thürmen u. Zwi⸗ 
erien auf einen Nunkt concentrirt werben fann. fowie aeaen bie Ausfälle 





174 Feſtungsban — Feſtus. 


u. atigteit: Sen erfien (mit 10—20,000 Mann Beſatzung), zweiten (mit 
4—8000 Dann) dritten Ranges (mit 2—-3000 Wann); die fogenannten 
Forts Haben gewöhnlid nur lofale Zwede und dienen ald Sperrpunfte im 
Gebirge, oder zur Beherrfhung von Strommündungen ıc. Sie erhalten nie 
über 800-—1,000 Wann Befatung und können, wenn ihre Lage die Be 
fe ung nicht ganz befonderd begünftigt, nur vorübergehennen Widerſtand 
en — Man hat vielfady die Frage aufgeworfen, ob überhaupt F.en für alle 
Staaten von gleicher Wichtigfett find, u. diefe Frage fcheint aus folgenden Grüns 
den verneint werben au dürfen. In einem felbfifländigen Staate, d. b. in einem 
foldyen, der fich nöthigenfalls ohne fremde Hülfe feiner Gegner zu erwehren ver- 
mag, find F.en ſchon aus dem einfadyen Grunde nöthig, um nach ungünftigen 
Pefultaten das Land nicht ganz in Feindes Hände fallen zu laffen. Welchen 
Schaden tapfere Befagungen unter Anführung thätiger Befehlshaber dem Feinde 
zufügen Tönnen, hat die neuefte Kriegsgeſchichte bewiefen. In dieſem Falle werben 
babe die beträchtlichen Koften, welche der Bau u. die Erhaltung der F.en ver- 
urfachen , durch überwiegende Dorineile bedingt. In Eleineren Staaten dagegen 
müffen F. im Laufe eines unglüdlichen Feldzuges nothwendigerweiſe zum Ver⸗ 
derben der Landesbewohner, und jomit der Staaten felbft, beitragen, indem bie 
Blockadecorps durch ihre Bebürfniffe und durch die Art, wie diefe in feindlichem 
Lande beigetrieben werben, ben fleineren Staaten bald zur unerträglidhen Laft 
werden müflen. In größeren Staaten wird die Beifchaffung dieſer Bebürfnifie 
wegen der größeren Volksmenge minder brüdend, u. es handelt fid) dort größten- 
the 18 immer um den eignen Vortheil, während in kleineren Staaten F.en nur 
die Bormauern größerer Staaten bilden; — mit einem Worte, erfolgreicher Wi⸗ 
derftand überhaupt nur da denkbar if, wo ſich einigermaßen gleiche Kräfte be⸗ 
gegnen. — Kleinere Staaten fcheinen fidy daher auf ſogenannte Waffenpläpe 
beichränfen zu fönnen, wo, bermöge einer minder Eoftfpiellgen Befeftigung, die 
Zeughäufer, die Waffen u. Munitionsdepots 2c. gegen Meberfall gebedt find, u. 
wo ſich ein Armeecorps gegen eine vorübergehende Gefahr halten kann. Jeder 
Staat aber fol wenigftend einen Waffenplat haben, der ald Schlüffel des Lan- 
des feine Selbfifländigkeit fügt, ohne defien ‚Eroberung die Invaflonen des 
Feindes nur prefär, u. die geſchlagenen Wunden nicht unhellbar gem werben. 
Bear f. Befeſtigungskunſt u. Kriegsbaufun 
ehungeftrafe, ober Gintperrung in eine Feſtung, welche dann in biefer 
Eigenfchaft „Stantögefängnip ift, wird in mandyen Staaten gewöhnlich 
über Staatöbürger von höherer Bildungsſtufe, wegen politifcher Vergehen, Buell 
und dergleichen, überhaupt wegen Berfehlungen, die nicht in niedriger Gefinnung 
ihre Duelle haben, verhängt. Der Sefungegefangene wird daher auch nicht zu 
harten Strafen verurtheilt, fondern ed wird ihm eine, feinem jonftigen Berufe 
entfprechende, Beichäftigung geftattet. — —— ſollen daher nie zugleich zur 
Aufbewahrung von politiſchen und Griminalverbrechern dienen, indem das große 
Publikum die Unterfcheldung der Gefangenen an einem und demfelben Orte ges 
woͤhnlich nicht in Anfchlag bringt, und bet einem foldyen Rebeneinanverbeftehen 
zweiter ganz verfhievenen Strafanftalten an einem u. vemfelben Orte Seven, ber 
auf einer Zeftung war, als einen Verbrecher betrachtet. Noch unverantwortlicher 
iſt es, wenn über eine Feſtung ald Strafort gar Nichts — ausgeſprochen 
iſt u. daher deren Anwendung lediglich von der Willkuͤr abhängt. 
eſtus, Sertus Pomponius, ein römifcher Grammatiker, deſſen Le⸗ 
benszeit ſich nicht genau beſtimmen laßt Er führt z. B. den Martial an, ber 
um das Jahr 101 n. Ehr. ftarb, muß alfo nad) demfelben gelebt haben. Gr 
felbft wird von feinem Schriftfteller der 3 angeführt, in denen noch heidniſche 
Kaiſer herrſchten. Nicht unwahrſcheinlich ſetzt man ihn darum in's 4. Jahrhun⸗ 
dert n. Chr. Der, unter Kaiſer Auguſtus lebende, gelehrte M. Verrius Flacius 
ſchrieb u. A. ein ‚grobe Sammelwert: »De verborum significationes, das fo- 
wohl ſprachlich, als fachlich, der Grläuterung des en, beſonders zömi- 


Fetialen — Fett. 175 


„Alterthums gewidmet war. Daraus machte F. einen doppelten Auszug, 
einen von 20, von der alphabetifchen Ordnung unabhängigen Büchern (deren 
tfte verloren find) unter dem Titel: »De verborum significationes, den ans 
unter der Ueberſchrift: »Priscorum verborum cum exemplise (dieſe iſt ganz 
gegangen). Bon jenem machte im 8. Jahrhunderte Paulus Diakonus einen 
dem Großen gewinmeten Auszug, über dem man allmälig das Werf von 
rgaß. Ein nicht unbedeutenvder Theil (von der Mitte des Buchflabene M 
jegen das Ende des B) gelangte gegen Ende des 15. Jahrhunderts in bie 
ve des Italieners Pomponius Lätus, der ed dem Manilius Ralus gab, 
Jahre 1736 Fam diefes Stück nach Neapel, wo es ſich noch befindet (cod. 
farnesianus), Die erfte (von Paulus getrennte) Ausgabe beforgte Anton. 
ftinus 1559. Andere Ausgaben beforaten: Scaliger 1565, Urfinus 1582, 
er 1681; die neueſte und befle K. O. Müller 1839. Vergleiche weiter 
zaumſtark u. Pauli’ Reals Encyclopädte der claſſ. Alterthumswifienfchaft u. 
:afelbft Angeführten. x. 
Fetialen (Fetiales), ein Prieſterorden, der, ſchon lange vor Roms Erbauung, 
ven Rutulern und andern altitalifhen Bölferfchaften befannt war. Zu Rom 
ve dad Collegium der 5. von Numa (f. d.) eingeführt; ed dauerte bid zum 
nge des Kaiſerthums u. beftand aus zwanzig, bisweilen aus weniger Mits 
en. Wan kann fie als Bundesbrüber betrachten, deren Geſchaͤft vorzüglidy 
erifche u. friedliche Verbindungen u. Verträge betraf. Ihr oberfter Borfieher 
Pater patratus. Bon ihm oder den ihm untergeorbneten F. geſchah audy die 
Ankũndigung des Krieges (clarigatio) nad) vorgängiger Drohung deſſelben durch 
feierliche Kormel, u. mit Hinwerfung einer Zanze (hasta sanguinea) über bie 
azen. Auch bei Errichtung eined Waffenſtillſtandes pflegte man ſich der Ver⸗ 
lung diefer Priefter zu bedienen. Noch unentbehrlicher aber waren ſie bei Buͤnd⸗ 
n u. den dabei gewöhnlichen Opfern. Ihr Amt war ed auch, auf die Aus⸗ 
rung der Bundbrücdhigen zu dringen u. die Unverleplichkelt fremder Gefandten 
Rom zu ſchützen. 

Fetis (Franz Joſeph), geb. 1784 zu Mons in Belgien, fam 1800 ins 
fervatorium zu Parts u. ward befonders Boyeldieu's Schüler, reidte 1801 
1803 in Deutfcyland u. Italten, befchyäftigte ſich nach feiner Ruͤckkehr vor- 
ch mit Gefchichte der Muſik, zog fi) 1811 in eine einfame Gegend in den 
nnen zurüd u. ward 1813 Organiſt bei St. Peter u. Brovifor an der 
kſchule zu Douay, 1818 Provifor am Bonfervatorium zu Baris, wo er feiner 
ı Unterrichtsmethode Bahn brady u. 1827 die »Revuc musicales gründete. 
e biftorifchen Eoncerte fanden in England u. Deutſchland Nachahmer u. feine 
efungen Beifall; 1833 ging %. ald Kapellmeifter des Königs u. Director 
Tonſervatoriums nach Brüffel; er fchrieb unter A.: »La musique mise a la 
:e de tout le monde,« eine Abhandlung über den Contrapunft u. die Zuge, 





: 176 Fendum — Fenerbach. 


ſehr vielen Geweben des thieriſchen Körpers abgelagert, beſonders in dem Jell⸗ 
— unter der Haut. Im natürlichen Zuſtande beſteht es aus kleinen harten 

oͤrnchen von nierenförmiger (beim Schweine), zum Theil auch polyebrifcher Bes 
ftalt (beim Menfchen, Rind), die durdy höchſt zarte Membranen aufammengehals 
ten werden. Die Körndyen foll eine fefte äußere Hülle von Stearin umfchließen, 
während da® Innere Elain füllt. Form und Größe der Körnchen find bet den 
verfchiedenen Thieren verfchieden. Als F. wird der übrige Nahrungsftoff des 
Körpers zu fpäterer Ernährung aufgelpart; an einigen Körpertheilen bient es 
zugleich als Schuß. Durchſchnittlich bildet e8 „5; des Gewichts der Thiere. Bes 
nügt wird ed als Speife, doch nur in Verbindung mit andern Stoffen, u. durch 
Verbindung mit Bafen zu Geifen, Kerzen u. f. w. 

endum u. Feudalrecht, f. Lehen u. Lehenrecht. 
euer, 1) nad) der Anficht der Witen eines ver vier Elemente. 2) Das 

Prinzip der Wärme (f. d.). 3) Licht, in fo fern es zugleich einen höheren 
MWärmegrab (Hige) erregt. In diefem Sinne fpridt man, wie vom Sonnen» 
lichte, auch von Sonnen⸗F. 4) Ein durdy hohen Hitzgrad zum Glühen (Leuch⸗ 
ten) gebrachter oder in wirkliche Flamme ausfchlagenver Körper. 5) Die Flamme 
allein, in welchem Sinne man von F. anmachen ſpricht. — Die Erfindung des 
F.⸗Anmachens gehört unter die allerfrübeften Erfindungen des Menfchengefchlechte. 
Waren Kaind und Abeld Opfer (1. Mof. 4, 3. 4.) Brandopfer, jo mußte das 
Flammen⸗F. fchon den erfien Eltern befannt feyn; Tubalkain (1. Mof. 4, 22.) 
hätte ohne baffelbe nicht Metalle bearbeiten fönnen. Man bat in neuerer Zeit 
fein Volk aufgefunden, das nicht F. zu erzeugen verfland. Die Natur felbft bies 
tet in einzelnen Fällen, im zündenden Blisftrahle, in Eruptionen von Bulfanen, 
in an der Luft a entzündenven Raphbihaquellen, oder durch andere Selbfientzün- 
dungen, F. ohne Bermittelung des Menfchen dar. Ein, auf einem ‚oder dem ans 
dern Wege gewonnened %. zu erhalten, war den Völkern in der Periode ihrer 
Roheit eine leichtere Aufgabe, als die, folcyes fich zu erzeugen. Wahrfcheintich 
entftand hieraus die, felbft in religiöfe Gebräuche übergegangene, Geflifienheit der 
Erhaltung eines einmal angefachten Cheiligen, ewigen) Feuers. Rach der griechi⸗ 
fchen Mythe wurde die Heftia Ci. d.), aber auch Bulfan als Erfinder des F. 
verehrt. Die Dichter fchrieben die $.-Erfindung dem Prometheus (f. d.) zu, 
mit dem Bemerfen, daß er das %. mit Hülfe der Pallas vom Himmel geftoh- 
len habe. In einem Orphifchen Gedichte wird ſchon der Kunſt gedacht, durch 
einen Kryſtall (in Art eines Brennglafes) Kienholz anzuzünden. Das verlofchene 
heilige %. der Veſta mußte fchon zu Numa's 8 eiten durch eherne Hohlfpiegel 
wieder entzündet werden, u. auch die Sonnenjungfrauen ber Inka's bevienten 8 
bei Peru's Entdeckung goldener Sehtipie el zum MWiederentzünden des verlofches 
nen heiligen Sonnen⸗F.s. Das F.Anſchlagen mittelft Kieſelſteinen wird von 
Plinius dem Pyrodes zugefchrieben. Auch bei den Wilden in Amerika war biefe 
Art der F.bereitung üblih; doch iſt auch bei den wilden Völkern die ebenfalls 
von Plinius erwähnte Art, F. durch Zufammenreiben trodener Hölzer (fo des 
Epheu⸗ u. Lorbeerholzes nach Plinius) zu erhalten, häufig gefunden worden. In 
neuerer Zeit it man durch Vermiſchen verfchiedener Körper mit einander, aus 
denen fi) dann Wärme in Uebermaß entbindet, mit einer Menge Berfahren bes 
fannt geworden, $. zu erhalten; audy durch Eleftricität. 

Feuerbach, Paul Anton Johann Anfelm von, berühmter Griminalift, 
geboren am 14. Nov. 1775 zu Jena, wo fein Vater Advocat war. 3 Jahre 
nach feiner Geburt überfiedelte fich der Vater nach Frankfurt am Main, wo der 
hofmungssolle Sohn feinen vorbereitenden Unterricht für die Univerfitätsftubien 
in Jena empfing. Aufler feinem Fachſtudium der Rechte zog ihn befonders das 
Stubtum der Philofophie an, fo daß er, außer den Vorlefungen bei Reinhold, die 
Schriften von Hume, Lode, Lambert u. Kant eifrigft flubirte, ungeachtet feiner 
fdtwächlichen Reibeöbeicdyaffenheit, welche für geiftige Anfirengungen große Scho⸗ 

mern 2 1799 Doctor der beiden te, trat er 08 RR RK}, 


‘ 


| Fenerbach. 177 


m außerordentlichen Profefior beförbert, erhielt er zugleich den Eintritt 
Schöppenftußl.e Bon 4 Univerfitäten erhielt er einen ehrenvollen Ruf, u, 
r diefen 1802 Kiel den Borzug. 1804 ging er als bayeriſcher Hofrath 
adshut und eröffnete dort feine Vorlefungen mit der Antrittöreve „über 
bie und Empirte in ihrem Berhältniffe zur pofltiven Rechtswiffenfchaft.“ 
nannigfacher Berwidelungen, an denen %. felbft nicht geringe Schuld 
ıt er unmuthig um feine Entlaffung, welde ihm auch 1805 gewährt 
edoch ſchon am 16. Dec. deöfelben Jahres kam er mit dem Charafter eines ge 
Referendard als außerordentliches Mitglied des dortigen geheimen Mints 
Zuflizs und Polizetvepartements nady München. 15. Rovembr. 1806 
zum ordentlidyen Mitgliede und 1. Oct. 1808 zum wirklichen frequentts 
eheimen Rathe erhoben. Auf Berbefierung der bayerifchen Eriminaljuftiz 
jenmerf richten, verfaßte er einen Entwurf zur Abfchaffung der Folter; 
ı einem Strafgefegbudye, welches, durch eine Commtifion geprüft, ale 
etzbuch des Königreich Bayern amtlidy eingeführt. wurde. Es erſchien 
. Drude u. fand audy bei mehren Staaten theilmelfe Benuͤtzung. Richt 
ſamkeit trat die Umarbeitung des Code Napoleon für Bayern, obwohl 
ndzüge unter dem Namen „eines allgemeinen bürgerlichen Gefegbudyes 
Königreich Bayern“ bis zum 11. Theile des II. Buches im Drude (1809) 
ı waren. In Verbindung mit Joh. v. Aretin u. dem Staatsrathe Gönner 
e er fih an der Revaftion des Codex Maximilianus, der bisher nur für 
n Geſetzeskraft hatte, nun aber für die allgemeine Civiljuſtiz des ganzen 
chs Öeltung zu erhalten beabfichtigt wurde. Radh einer notbwenbipem 
zoreiſe in die Schweiz 1813, um feiner angegriffenen Geſundheit Erleich- 
u verfchaffen, warb er 1814 zweiter Präſtdent des Appellationsgerichtes 
berg, welchen Boften er 1817 mit der erften Präftventenftelle des Appels 
erichted des Rezatfreifes in Ansbach vertaufchte. 1821 trat er eine Reife 
ankteich an, um die Rechtsverhältniſſe dortfelbfi genauer aus eigener An⸗ 
tennen zu lernen. Nach feiner Rüdkehr wurde er zum wirklichen Staats» 
doben. Er ſtatb am 9. Mai 1833 zu Franffurt am Main, hochgeach⸗ 
Schrifikeller, Stantemann u. Geſetzgeber, von den Fürften mit Auszeich- 
u. vielen Orden beehrt, 3.8. Civilverdienſt-Orden der bayerifchen Krone, 
u3 des ruffifchen Anna Ordens und des Föniglichen ſächſiſchen Hauss 
vom weisen Falfen. Sein erftes ſchriftſtelleriſches Werf von Bedeutung 
Leipzig 1795 „über die einzig möglichen Deweiögtinde gegen das Da⸗ 
yte Gültigkeit der natürlichen Rechte.“ 1796: Kritik des natürlichen Rechts. 
hobbes, Erfurt 1798. Gegen Kants Anficht der Wiedervergeltung als 
er Strafen erfchien: Revifton der Grundfäge des pofltiven peinlichen 
Gießen 1800, 2 Bände; worin F. das pyeinliche Recht bloß mir Rüds 
Rechtsverletzung u. Eicherheitöftörung in Betracht zog. Als fein Haupt: 
t „Lehrbuch des gemeinen, in Deutfchyland geltenden peinlichen Rechts," 
1801 (2. Ausg. mit Anmerkungen u. Zufägen von Mittermaier 1836), 
als beliebted Compendtum auf den Univerfitäten große Verbreitung fand, 
er fich gleichſam an die Spige der fogenannten Rigoriften geftellt ſah. 
das Griminalrecht wirkte er durch feine Kritif des SKleinfchrod’fchen Ents 
zu einem peinlichen Gefegbuche für die Furpfalzbayerifchen Staaten, 3 
Gießen 1804. Sammlung merkwürbiger Criminal-Rehtöfälle, Gteßen 
2 Bünde 3. Auflage 1839. Actenmäßige Darftellung merkwürdiger Bers 
2 Bände, 1828 — 29. Außer feinen civiliftifchen Verſuchen 1803, 
jedoch nur der erfte Band erfchienen iſt, war er ein eifriger Vertheidi⸗ 
Deffentlichkeit und Mündlichkeit des Verfahrens, für Geſchworenen⸗Ge⸗ 
„Betrachtungen über das Gefchwornen Gericht." Landshut 1813. Ers 
über meine angeblich geänderte Ueberzeugung in Anfehung der Ges 
engerichte, Erlangen 1819. Betrachtungen über die Deffentlichfeit und 
bit gerichtlicher Verhandlungen, Gießen 1821 — 25, 2 Bre., worin fies 
yelopäbie IV. 12 


4178 Feuerdienſt — Feuerland, 


fonder8 die hiſtoriſchen Epiſoden über die frühere deutfche Gerichtöverfaſſung umb 
über die Elemente des romifchen Prozeſſes böchft interefiant find u. als Refuls 
tat der Unterfuchung fich berausftellt, daß wohl eine Verbindung des Mündli- 
hen mit dem Schriftlichen in gegenfeitiger Ergänzung am beften die Herftellung 
einer zwedmäßigen Prozeßgeſetzgebung ermöglichen lönne. Seine Mußeftunden vers 
wandte er eben fo nupreich, ald angenehm, für die fchöne Literatur und verfuchte 
fiy, von, dem indifchen Gedichte Gita Gowinda eine metrifche heregung mit 
einem Commentare begleitet, zu liefern u. theilte einzelne Bruchftüde 1821 in der 
Zeitfchrift Eos mit. der unglüdtiche Findling Kafpar Haufer (f. d.) nahm 
gleichfal® feine befondere Aufmerkfamkeit in Anſpruch; %. lieferte fowohl einzelne 
Ihäßbare Abhandlungen, als auch ein felbftfländiges, auf die UnterfuchungesActen bes 
gründetes Werk. - Einige Actenflüde, den unglüdlichen Yindling Ralpar Haufer 
betreffend, in Hitzigs Annalen der Criminal⸗Rechtspflege. Kafpar Haufer. Bel 
fpiel eines Berbrechene am Geelenleben bes Menfchen, Ansbach 1832. Die 
vielen anderen zerftreuten Abhandlungen aus den mannigfaltigften Gebieten des 
Rechtslebens Fönnen hier Feine weitere Erwähnung finden; es genüge u bemer⸗ 
ken, daß ſeine erſten ſchriftſtelleriſchen Verſuche —2* in —38 Apollo 
von Meißner herausgegeben, in Niethammers philoſophiſchem Journale, in ſeiner, 
in Verbinduns mit Harfe, Almendingen u. Grolmann herausgegebenen, Biblio- 
thek der peinlichen Rechtswiffenfchaft u. Geſetzkunde; in der Themis, oder Bel: 
träge zur Geſetzgebung. Endlich veranftaltete er felbft Nürnb. 1828 in Abthei⸗ 
lungen : Sammlung, kleiner Schriften vermifchten Inhalte. Cm. 

Feuerdienſt, eine Art Naturdienft, indem man das Feuer ald göttliches 
Element, als Symbol der Gottheit felbft verehrte. Der F. war befonders bei 
den Berfern üblich. Ein ewiges Feuer wurde am heiligen Orte unterhalten, von 
welchem man zu beftimmten Stunden die Gebete verrichtete. Auch bei Griechen 
und Römern brannte in gewiflen Tempeln ein heiliges Feuer, als wegen feiner 
Reinheit und Allgemeinheit am geelgnetften, die Idee des Göttlichen zu verfinn- 
lichen und zu beleben. 

Feuergewehr bezeichnet gewöhnlich nur das tragbare oder Fleine Schießge⸗ 
wehr, zum Unterfchlevde von dem groben Gefchühe; es wurde um bie Mitte des 
14. Jahrhunderts wahrſcheinlich zuerft in Italien erfunden und bald darauf im 
Deutſchland üblich. Das noch jet gebräuchliche 3. beſteht aus Büchſen, 
Flinten, Karabinern und Piftolen (f. dd.). 

Due 1) f. Brandgranaten; 2) f. Meteore, 

enerland, 1) F, Tierra del Fuego, 52° 41’ — 55° 47' füblicher Breite, 
Infelgruppe an der Süpſpitze von Südamerifa, wovon fie durch die Magellans⸗ 
ftraße getrennt wird; im Dften tremmt fie die Straße le Maire von der Staaten⸗ 
infel. Die, unter diefem Namen befannten, 11 großen und mehr ald 20 Hleinern 
Infeln enthalten 1522 [JMeilen. Im Innern find Berge mit ewigem Schnee, 
und an der Küfte hohe wilde Klippen. Das Klima Ift Außerfi raub, im Winter 
fireng falt; im Sommer felbft friert es. Dide Nebel liegen faft immer auf den 
Küften. Tief im Süden 309 — 310° 2. ift ein raudyenver Bulfan (von dem 
auch der Name herfommt), und an der fünöftlichen Küfte bei der Balen- 
tiabat ift der von Cook genannte Pic Zuderhut. An den Küften find unzaͤh⸗ 
ge Vorgebirge und Baten. Der Boden iſt im Rorden mit Schnee bevedt, im 
Oſten und Weften mit Löffelfraut, wildem Sellerie und etwas Holz; auch findet 
man Hunde, Seefälber, Seelöwen, Wallfifche, Lande und Waffervögel, beſonders 
Pinguine, Habichte, Geier, Enten, Mufchel- und Schanlenthiere, Fiiche. Der 
Einwohner find etwa 2000, Pefcherähs genannt, klein u. häßlich, zwar muns 
ter, aber höchſt ungebildet. An der Oftfüfte iſt die oft von Schiffern befuchte 
Baye du bon succes. An der Eüpfüfte Itegen mehre Infeln, 3. B. Heremite 
mit dem Eap Horn. — 2) F., Gunung⸗Apy, Gunnanapi, Banape, mos 
lukliſche Infel in Oftindien, von Neira durch einen fleinmwurfbreiten Kanal getrennt, 
befteht aus einem 559 Schritt hohen und 4 Meile umfaflenden böderigen Berg. 


Orr, — QVNSSPYRTE 109 


n, voll Feuerfchlände, der durch die heftigen Nuswürfe viel Schaden thut. 
t bier viele Schweine und Büffel. Mur Fuße des Bulfans wohnen einige 
n, weldhe die Bärten ihrer auf Neira wohnenden Herren bauen. 
euerlinie, 1) in der Taktik, eine Reihe neben einander aufgeflellter, im 
ee Truppen (Infanterie oder Bavallerie) und Geſchütze. Beim Ti- 
» heißt die vordere Schwärmlinie die F. — 2) In ver Befeftigungs- 
bie oberfie Kante der Bruftiwehr, die durch Zufammenfloffen der Bruftwehr- 
ı. der Bruftwehrböfchung entſteht. Sie heißt auch innere Gretenlinte oder 
ie, la ligne de feu, la cr&te interieure, la ligne couvrante. Bei allen 
ıngen der Feldſchanzen ift fie die Hauptüinie und wird zuerft ausgefledt. 
euerlöfhanftalten, f. Keuerpolizei. 
enerpolizei, ein Zweig der Staatöpolizel, mit dem befondern Zwede, vie 
:en möglich zu verhüten, welche durch die ſchädliche Wirkung des Feuers 
ven und Eigenthum der Bürger entftehen können, ſolches, wann ed ausbricht, 
den und fir die Berunglüdten, fowie für Rettung ihres Eigenthums zu 
— Die Berhütung der Beuergefahr wird möglih a) durch Berbannung 
gefährlidher Bauart. Es dürfen nur erlaubt werden Gebäude von 
nperbrennbarem Material, oder mit einem unverbrennbaren Ueberzuge von 
und außen verfehen, und dürfen daher nicht angelegt werden foldye, die 
bie Brennbarkeit ihres Materials das Feuer leiten und es in der Nachbar⸗ 
audbreiten. b) Durch die, die Feuergefahr entfernende, Benügung von Ge⸗ 
- Handlungen, durch deren Begehen nothwendig Feuersgefahr veranlaßt 
und Bernachläffigungen von gleicher Wirfung, find zu verbieten und mit 
zu bedrohen. c) Durch unvermuthet und oft vorzunehmende Unterfuchung 
affenen Borfchriften; d) durch Anfchaffung, Unterhaltung und öftere Unter: 
5 ber zum Löfchen nöthigen Geräthe. e) Durch öftere Uebung der zum 
uche diefer Geräthe nöthigen Menfchen, befonvers bei denen, weldye Kennts 
z Einrichtung und eigenthümlichen Behandlung erfordern. f) Durch all 
ae ver hänn liche Teuerfignale. g) Durdy Anordnungen, welche nach den ürt- 
Berhältnifien nöthig und nüglich find. Diefe Fönnen allgemein nicht ans 
n werben, weil ihre Anivenbung nicht überall möglich if. Dahin gehören 
Brandweiher, Schleufen, um fließende Wafler zu dämmen, Zuleltungsfanäfe, 
leiter ıc. ıc. Die oberfte Staatöbehagde hat die deßhalb nöthigen allgemet- 
orfchriften zu erlaffen. Den Lokalbehörden liegt ob, über ihrem Bollzuge 
ben, auch die, den örtlichen Verhältniſſen angemeffenen, befonderen Anord⸗ 
zu treffen, welche mit den allgemeinen Gefegen nicht im Widerſpruch ſtehen 
Die Koften aller diefer Anftalten, mit Ausnahme der von dem Staate 
Iten Auffichtsbehörden, fallen der Dertlichfeit anheim, zu deren ausfchließ- 
Nutzen fie dienen. — Die zweite Verpflichtung der Polizei ift darauf zu 
: a) gleich von einem audbrechenden Brande unterrichtet zu werden, um 
feinem Entſtehen Iöfchen au fünnen. um fichern Röfchen eines Brandes 





180 Feuerprobe — Feuerſpritze. 


zu Paris in den Sapeurs- Pompiers auf das Muſterhafteſte beſteht (welche Eins 
richtung in neuefter Zeit, namentlich feit dem fchrediichen Theaterbrande in 
Karleruhe, audy in Deutfchland Nachahmung gefunden bat), iſt von grö 
Nutzen, als eine zehnfach überlegene, planlos arbeitende Menſchenmaſſe. enn 
auch eine ſolche Einrichtung auf dem platten Lande nicht ausführbar ift, fo wird 
fie doch in größeren Städten immer anwendbar feyn. — Die letzte Obliegenheit 
der Polizei iR: a) dafür zu forgen, daß nach dem Brande aus dem Schutte das 
Brauchbare gerettet und jedem Kigenthümer das Geborgene zurüdgegeben werde. 
b) Daß durdy Bernadhläffigung der Branpflätten nicht aufs Neue Feuersgefahr 
entfiehe. c) Daß die Berunglüdten untergebracht und nach dem Bedarfe unters 
flügt werden. d) Daß diefe ihre Gebäude feuerfeft wieder aufführen, mit Befeitis 
gung der etwa vorher beftandenen Gebrechen. Die Möglichkeit der Wieneraufs 
auung niedergebrannter Gebäude wird, beffer ald durch Wolleften, welche im Er⸗ 
trage unficher und Bettelei befördernd find, durch Beuerverficherungss Ans 
ftalten (f. d.) bewirkt, für deren Einrichtung jede weile Staatöverwaltung fors 
en wird. — Es ift übrigene auffallend, daß, mit Ausnahme weniger Haupts 
—* (wie z. B. Paris, Wien, Berlin, Brüffel, Hamburg, Luͤbeck u. a.), in un⸗ 
ferer, in mechaniſchen Gewerben aller Art fo weit vorgefchrittenen, Zeit die Feuers 
löfchanftalten faſt überall nody fo weit zurüd find; dag man felbft in bedeutenden 
Staͤdten (gefchweige denn auf dem Lande) nicht einmal die nothwendigften Be⸗ 
dingungen einer zwedmäßigen u. fchnellen Hitfeleiftung bei vorfommendem Brand 
unglüde anerkannt und in Anwendung gebracht fteht. Ä 
euerprobe, ſ. Ordalien, 
euerfhwanmm, f. Zunder. 
euerfprige nennt man befanntlich die, einen Waſſerſtrahl auf einen bren, 
nenden Gegenſtand fprigende Mafchine, um das Feuer zu löfchen. Es gibt eins 
fache u. Doppelfeuerfprigen, jene nämlidy mit einfachem u. biefe mit dop⸗ 
peltem Drudwerke, in einem, die Sprigenfumme genannten, Kaften von Holz 
oder Eiſenblech befindlich, mit Kolben- oder Zugftangen, die von der Drudkange 
mittelft der Kräfte von 6—12 Menſchen in Bewegung gefeht werben. Die ganze 
5. wird auf einen zogen oder auf eine Schleife geiebt. u. beißt demnach Fahr⸗ 
oder Kufenfprige; Brabmfprige dagegen, wenn fie auf einer (Prahm ges 
nannten) Führe fich befindet. Hat dig F. feinen Windfeffel, fo. heißt fie Stoß 
fprige, weil ohne Windfeffel ein fortdauernder Waflerftrahl unmöglich iR; F.n 
mit Windfeffel nennt man Gußſpritzen. Ale diefe Arten von F.n begreift man 
unter dem gemeinfchaftlichen Namen Rohrfprigen, zum Unterfchieve von ven 
Schlaud- (Schlangen) Sprigen, deren legtere Beftimmung das Löfchen bes 
Feuers in fehr engen Gäßchen, Höfen, im Innern eines Gebäudes u. ſ. w., bie 
Gonftruction aber diefelbe, wie die der vorigen if. — Die zweite Hauptgattung 
von 8. find die Handfpripen oder 3. von Fleinfter Dimenfton, weldye zwar 
mit der Hand leicht u. ſchnell überall hingebracht werden Fönnen, die aber wegen 
ihrer geringen Wirkung nur im Augenblicke des entſtehenden Feuers mit Vortheil 
zu gebraudyen find. Sie gleichen tim Allgemeinen großen Kiuftierfprigen u. heißen 
auch Standfprigen, wenn man fie in ein Gefäß vol Waſſer ſtellt. In neues 
rer Zeit find noch 2 andere Arten von F. in ziemlich häufigen Gebrauch gekom⸗ 
men: die fogenannten Brunnenſpritzen u. die Dampfiprigen. Die erftern 
find ſolche, welche an einem, in dem Hofe eine® großartigen Gebäudes befinblis 
hen, Brunnen Entweder für immer bereits feft, oder bei einem entſtehenden Feuer 
fofort angebracht werden können. Die Dampfiprigen, die man befondbers in 
England anırifft, werden durch eine Fleine, auf dem Spritzenwagen angebradhte, 
Dampfmafcyine in Bewegung gefegt u. treiben zwar allerdings den Wafferftrahl 
weit höher, ald alle andern Arten von F, auch wirken fie Eräftiger und wirklich 
ununterbrochen. Allein fle haben den großen Nachtheil, daß eiſt eine halbe, bis⸗ 
æellen eine gange Stunde gehelzt werden muß, bevor fie wirken lönnen, wodurch 
aatörlih ber wichtigfie Moment, nämlich die Zeit, In weldger wur eben ik E 


Feuerſtein — Feuerverſichernug. | 181 


fanden u. daſſelbe noch am leichieften gelöfcht werben Tönnte, verfäumt 
ve gelaffen wird. Aber auch alle anderen Arten von F. haben nody viele 
mtlicye, zum Theile fchwer zu beſeitigende, Mängel u. Fehler, daher bie 
Mechaniker unabläffig bemüht find, dieſe Mafchinen eh und mehr zu 
mmnen. Eine der gelungenften Verſuche diefer Art fcheint im Jahre 
'pfold in Hamburg mit der rotirenden F. gemacht au haben, ber viels 
ie ganz neue Epoche in der Gonftruction wirklich brauchbarer, von gros 
te begleiteter, F.n herbeiführen wird. 
erflein, ein zum SKiefelgefchlechte gehöriges Mineral, an Farbe heil oder 
mlidy, oder tauchgelb, bräunlidy, grau oder fait ſchwarz, an den Kanten 
inend u. fo hart, daß er das Glas rikt u. am Bellen von allen Stets 
fen gibt, ohne doch den Stahl zu fehr anzugreifen. Der %. findet ſich 
ı Norddeutſchland, an den Ufern der Offee, befonders aber in Frank⸗ 
ıgland, Tyrol, Galizien ꝛc. Auffer zum Feuerfchlagen wird er zur Bers 
verfchiedener Gefäße, ferner gebrannt u. gepulvert zur Bereltung des 
8, Porzellains, englifchen Flintglafes, zum Glasfchleifen u. f. w. ge: 
Seine vorzüglichfte Verwendung iſt aber zu Klintenfleinen, deren 
y indefien in der neueren Zelt durch die faft allgemein gewordene Ein- 
ber Perkuſſtonegewehre, fo wie der Zünbbölschen und anderer verbeſſer⸗ 
zeuge, fehr abgenommen bat. Die beften Ylintenfteine lieferte von jeher 
isſchließlich Frankreich; man verfertigt fie befonders in der Gegend von 
gnan u. Romorantin im Departement Loire u, Eher, ferner in den Des 
ten ded Indre, Ardeche, Donne, Seine u. Dife. Die galtzifchen u. po⸗ 
Slintenfteine follen übrigens den franzöftfchen gleich kommen und fle an 
ch übertreffen; auch liefert Dänemarf und England gute Ylintenfleine. 
ß fie an einem feuchten Drte aufbewahren, und beim Einfaufe hat man 
ı fehen, daß die Steine Feine Fehler haben, fowohl überhaupt ale an ver 
nicht zu dünn find, u. daß fie regelmäßig geformt, befonders nicht krumm 
em dieſe beim Aufichrauben leicht Tpringen. Man verfertigt zuweilen auch 
te Blintenfteine von Achat, auch hat man fie in Berlin aus Porzellan» 
nacht; doch find diefe alle nicht hart u. feharf genug u. zu theuer. 
ervergoldung, |. Bergoldung.: 
erverficherung. Wegen des Allgemeinen, over bei jeder Art von Bers 
n Geltenden auf den Eingang des Artikels Affecuranz verweifend, 
e bloß das Weſen der Feueraffecuranz, d. b. der Berfidherung ge 
erögefahr zu erörtern u. das Prinzip heraudzuftellen, nad) welchem 
n Anftalten verfahren, indem fie dadurch in 2 verfchiedene Claſſen zer: 
3on der Zwedmäßigfeit u. Nothwendigfeit überzeugt, einen vorkommen 
dſchaden nicht dem Betreffenden allein zur Laſt fallen zu laffen, fondern 
ehr ſchadlos zu halten, oder Erfah zu leiften bei einem derartigen Un- 
:, Indem die Entihädigungsfumme von allen Betheiligten (Berficherten) 
mäßig, d. h. nady Maßgabe des Berfiherungequantums eines Jeden, 
würde, begründeten die meiften deutfchen Regierungen, nach Preußens 
im Sahre 1742, foldye %.8-Anftalten (Brandfaflen). In Sachſen gab 
früher (feit 1729) eine Art Brandfaffe, gebildet jedoch nur aus freis 
Beiträgen, um mittelft derfelben den Abgebrannten zu Hilfe zu kommen. 
nun in früherer Zeit bet diefen Staatd-Brandaffecuranzen bin u. wies 
jährliche Beiträge von den Verſicherten zu zahlen waren, hat man mit 
gewöhnlich den Grundfag angenommen, daß jedesmal nur fo viel an 
von den Berficherten eingefordert werde, als gerade zur Beſtreitung der, 
des Jahres fih herausgeftellten, Entſchädigungsſumme nöthig iſt. Uebri⸗ 
der Beitritt hiezu nicht freigeftellt, fondern Zmangsverbindlichkeit, d. 5. 
luß fein Gebäude verfidhern laffen. In fofern alfo dergleichen Anftalten 
r Ginrihtung ber Regierung find, im Gegenſatze der Krivar-Afkreurang 
beruben fie gewöhnlid auf Begenfeitigkettz ver Bertritt IR ars 





182 Feuerwerk, 


feglich geboten, u. die Entſchädigung geſchieht für einen Theil des 
Mertbes der abgebrannten Gebäude. — Wir haben jeht noch die Privat⸗Ge⸗ 
jelfcpaften zu betrachten, welche Verſicherungen gegen Feuerögefahr für unbeweg- 
iche u. bewegliche Gegenflände übernehmen. Dieſe find nun entweder 1) Actien- 
Berfiherungsgefellihaften, oder 2) fogenannte gegenfeitige Ber; 
fiderung®- nfalten. Das Grundkapital bet den erfteren ift, wie ſchon ihr 
Name befagt, durch die Ausgabe von Actien befchafft; alfo dad Unternehmen, 
wie bei jeder andern Actiengefellfchaft (f. d.), auf zu machenden Gewinn berechnet. 
Diefer muthmaßliche Gewinn (die Dividende) ergibt fich hierbei durdy dad, um 
wieviel die, von den Berficherten gezahlten, Prämien bie für vorgefommene Brand- 
fchäden gezahlten Summen überfteigen, Wwogegen aber eine foldye Ka na⸗ 
tuͤrlich inſolvent wird, oder fi tm Zuſtande des Falliments befindet, ſobald bie 
von ihr zu zahlenden Entfchäpigungsfummen eine foldye Höhe erreichen follten — 
ein Kal, der natürlih nur zu den Ausnahmen gehört, aber doch vorfommen 
Tann — daß fie durdy die Prämiengelder u. dad Grundeapital der Gefellichaft 
nicht gededt werden Fönnen. — Was 2) die auf Gegenfeltigfeit begründeten 
Berficherungs-Anftalten anlangt, fo beſteht das Weſen derfelben darin, daß hiebei 
jeder Eintretende (Berficherte) Mitglied u. Thellnehmer der Geſellſchaft zugleich 
ift, indem der bei einer derartigen Gefellichaft fidy herausftellende Gewinn, und 
andererfeit8 auch der etwa eintretende Verlurſt auf even Theilhaber nad) Ber- 
hältniß des Betrages repartirt wird, de den er verfichert bat. Der fidy ergebende 
Ueberſchuß wird nämlid den Verſicherten al8 Dividende zurüdgezahlt ober gut⸗ 
gerechnet, wogegen fie aber auch nöthigen (unglüdlichen) Falls Fr verhältnißs 
mäßiger Radyzahlung verpflichtet find. Sn Betreff diefer Rachſchuͤſſe iſt jedoch 
eine beſtimmte Graͤnze vertragsmäßig feſtgeſetzt, ſo daß, kraft der Statuten, bie 
Auflöfung der Geſellſchaft erfolgt, falls der für Brandſchaden von der Geſell⸗ 
Gh zu leiftende Erfag fo beträchtlich wäre, daß dadurch jene Graͤnze über- 
ſchritten würde. — Zwiſchen den auf Begenfeitigfeit baflıten Berficherumge- 
anftalten, deren Borzüge übrigens von Eon einleuchten, und den auf Actien 
begründeten, findet alfo hinfichtlich der Verſicherungs⸗Praͤmie der Unterfchied flatt, 
daß der Prämienfab bei den erfleren nicht feft if, oder fih im Voraus nicht 
beftimmen läßt. Denn da er nad) dem jedesmaligen Bebürfniffe (mit Hinzurech⸗ 
nung der Verwaltungskoſten) fidy richtet, d. h. nach der im Laufe des Jahres 
nöthig gewordenen Entſchädigungsſumme, fo kann er zu Zeiten fehr gering ſeyn, 
wie es, den gemachten Erfahrun en nach, gewöhnlich der Fall if, ein anderes 
Mal aber auch wieder fehr hoch, wenn von der Gefellfchaft für ungewöhnlich 
viele Brandichäden Erfah zu leiſten iſt. Bei der Actien⸗Verſicherungs⸗Anſtalt 
dagegen find die Prämien feſt u. müffen natürlich hier auch höher ſeyn, weil 
ungludlichen Falls die Gefahr auf die Actionäre allen zurüdfält, u. überhaupt 
hier ein ganz anderes Verhaͤltniß obwaltet, als bei den gegenfeitigen Gefellichafs 
ten. Denn bier (bei den Actiengefellfchaften) if das Ganze von Selten ber 
Unternehmer (der Verficherer, Actionäre) nur reine Gefchäftsfache, d. b. mit Hoff- 
nung auf Gewinn unternommen, obſchon allerdings, wie bei jevem andern Unter⸗ 
nehmen, Berlufte vorfommen fünnen, während bei den gegenfeitigen Geſellſchaften 
nur das zum Grunde liegt, daß alle Thellnehmer für den Schaden bes Einzelnen 
auffommen. — Die binfihtlich der durdhfchnittlichen Entfchäpigungsfumme ge- 
machten Erfahrungen, fo wie überhaupt die flarfe Concurrenz der WetienF.8- 
Geſellſchaften wahren jedoch davor, daß auch hier nicht allzuhohe Prämientäße 
feftgetellt oder verlangt werden. — Uebrigens fehe man v. Reden’ ® allgemeine 
vergleichende Handels⸗ u. f. w. Geographie (Berlin 1844) ©. 423 ff., 
—* oe ’ en ftatiftifchen Rachweiſungen über die wichtigften Ber- 
erungs-®efellfchaften. 

Fenerwerk, das Eunfigemäß flattfindenbe, allmälige Abbrennen ſchießpulver⸗ 
artiger Mifchungen, die theils durch Helle, Farbenpracht umd Lebendigkeit des 
Feuers, theils durch die vielfältigen raſchen Bewegungen dem Auge ein unter 


| Feuerzeuge — Feuillse. 183 


baktendes Schaufpiel gewaͤhren. Hauptbeftandtheile find: Salpeter, Kohle und 
Schwefel, außerdem noch mancherlei Rebenmaterialten; auch Schießpulver, geförnt 
sa. ungelörnt, wird ald Mehlpulver angewendet. Roſtfreie Eifenfeilfpäne, befon- 
ders lang u. fein, geben fprühende rothe u. weiße Zunfen; Fels u. Bohrfpäne 
von Stahl⸗ u. Gußeiſen noch glänzenderes, heftiger ſprühendes Feuer. Kupfer 
filfpäne bewirken eine grüne, Zinkſpäne eine fchöne grünlidy blaue Farbe; dem 
Zink äbnlidy wirkt Schwefelantimon. Bernftein u. Kolophonium, auch Kochſalz, 
fürben gelb, Lampen⸗ over Kienruß mit Mehlpulver dunfelroth, mit Salpeter 
bellroth, Srünfpan hellgrün, Eifenvitriol u. Salmiaf palmgrün, Kampher weiß, 
Hexrenmehl fdyöon roſenroth. Den brennbaren Cap fchlicht eine papierne oder 
yappene Hülfe ein. Form der Hülfe u. die befondere Mifchung des Sapes bes 
dingen die verfchiedenen %.8ftüde, wie Sonnen, Bränder, Glorien, Mofait, Cas⸗ 
aden, Birfterne, Räder, Spiralen, Raketen ıc. Werden dirfe auf dem Waſſer 
sögebrannt, fo ift die Befeftigung auf einer hölzernen Scheibe nöthig, damit fie 
dw fönnen. Die fchönften F. fol Rugiert u. fein Sohn gefertigt ha⸗ 
ben; namentlich gilt von ibm eine Schlange, die in rafchen Windungen einen 
vor ihr fliehenden Schmetterling verfolgt, als fein Meiſterſtückk. Auch Stuwers 
Fe im Prater zu Wien find weit u. breit berühmt. Vgl. auch d. Art. Kunftfeuer. 

Beneräenge find Apparate, um glimmendes oder flammendes Feuer zu er: 
halten. e älteftlen F. find: Stahl, Stein u. Zunder ; die neueren u. neueften: 
y das 5. mit zufammengebrüdter Luft, pneumatifches %., ein Eylinder (von Metall, 
Glas), in weldyen ein Kolben eingeftoßen wird. Die Luft entwidelt beim Drude 
fo viel Wärme, daß ein Feuerſchwamm ıc. auf dem Boden entzündet wird. Sie 
find wenig praktiſch; 2) eleftrifche 5. beftehen aus einem Gefäße, in welchem 
durch Zink u. verbünnte Schwefelfäure Waflerftoffgas entwidelt wird, und einem 
Glektropbor, durch welchen fi) ein Funke erzeugt, fobald man das Waſſerſtoff⸗ 
gas aus einer feinen Deffnung bervorftrömen läßt. Der Funke entzündet den 
Docht eined Heinen Wachsſtockes. Diefes F. ift theuer, aber praftifch, nur muß 
die Säure u. das Zink zuweilen erneuert u. der Harzfuchen am Eleftrophor mit 
einem Katzenfelle gepeitfcht werden; 3) Platina-F., ein Gylinder, in welchem 
rd Zink u. verdünnte Schwefelfäure Waſſerſtoffgas erzeugt wird, dad man 
durdy einen Hahn auf einen Platinaſchwamm leitet, welcher ſich bei diefem Ge⸗ 
miſche von Waflerftoffgad und atmosphärifcher Luft entzündet. Werfagt der 
Ehwamm, wie gewöhnlidy, wenn man das F. mehre Tage nicht gebraucht hat, 
weil er Feuchtigkeit an der Luft angezogen hat, fo muß man ihn in einer Wein- 
geifflamme ausglühen. Man verdankt diefed brauchbare F. Döbereiner; 4) Pho &- 
phor⸗F., wegen ihrer Gefährlichkeit außer Gebrauch; 5) F. mit hlorfaurem 
Kali u. Schwefelfäure (chemiſche $.), Glasfläſchchen mit concentrirter 
Schwefelfäure auf einer Füllung von Federasbeſt. Hölzchen, die an der Spike 
zit einem Gemifche von chlorfaurem Kali u. Schwefel überzogen find, entzünden 
fh, fobald fie eingetaucht u. ſchnell zurüdgezogen werden, indem die Säure das 
Kalt zerfegt u. der Schwefel in Brand gefegt wird; 6) 5. mit hlorfaurem 
Kali durch Reibung, auf demfelben Prinzipe wie die vorigen beruhend, find In 
mehren Ländern verboten. 

Fenillants hieß ein, im Jahre 1577 von Jean de la Barriere geflifteter, 
Zweig ded Eiftercienferordens (f. d.), der fi vor der Revolution weit 
über Frankreich verbreitete. Die 3. hatten ein SKlofter zu Paris, in deſſen Kirche 
fih en, 1791 von Lafayétte (f. d.) geftifteter, politifcher Club verfammelte, 
der davon den Namen 5. erhielt, aber bald von den Jakobinern (f. d.) geftürzt 
wurde. ©. d. Art. Frankreich, Geſchichte. 

Fenillee, Lo uis, berühmter Botanifer u. Aftronom, 1660 von armen EI- 
tern geboren, ftubirte die Aftronomie unter Baffini (f. d.), machte 1700 und 
1701 auf Befehl Ludwigs XIV. eine aftronomifche Reife nad) der Levante u. den 
afrifanifchen Rüften und_1703 nad Amerifa, wo er nee Jahre verweilte. 

her beſudote er bie Sübfee, auf weldyer Reife er vorzüglidy vie geograntiidge 


\ 


184 Fenquieres — Fey. 


Länge durch die Mondespiftanzen au’ beflimmen fuchte (welche Methode er zuerft 
im Großen anwandte) und die Abweichung der DMagnetnabel genau beobachtete. 
Seine Meffungen trugen viel zu der Annahme des erften Meriviand auf ber 
Inſel Ferro (f. d.) durdy die Geographen des Continents bei. Er flarb ale 
Director der Sternwarte zu Marfellle 1732. Schriften: »Journal des observe- 
tions faites sur les cötes orientales de l’Amerique me£ridionale et dans les 
Indess (3 Bde:, Parts 1714— 25, 4.); »Histoıre des plantes medicinales, 


qui sont le plus en usage aux royaumes de Perou et du Chile, en 1709 — j 


17110 Geutſch von Huth, 2 Bde, Nürnberg 175657, 4.). \ 


h ce "En 5 u y GE 


3 


Tenquiered, 1) Manaffes de Bas, Marquis de, geboren zu Saumur ° 
1590, erhielt, noch ungeboren, von Heinrich IV. die Penfion feines bei Jury 


gebliebenen Vaters, trat 
por. Bor sarochell gefangen, trug er durch Ueberredung viel zur Uebergabe 
dieſes Platzes bei, wurde nach Guſtav Adolphs Tode nach Deutfchland gefchiet, 
um das Buͤndniß Schwedens und Frankreichs mit den dortigen proteftantifchen 
Fürften zu erhalten, befehligte 1637 mit Bernhard von Welmar eine franzöftfche 
Armee gegen die Kaiſerlichen, belagerte 1639 Thionville mit 8000 Mann, ver- 
ſuchte auf Befehl des Königs fi gegen einen Entfat von 14,000 Mann unter 
Piccolomint zu halten, wurde jedoch abgefchlagen, verwundet und flarb gefangen 
1640 zu Thionville. Schriften: »Leitres et negocistions d’Allemagne en 
1633 et 1634« (Paris 1753, 3 Bde). — 2) F. (Antoine de Pas, Mar: 
quis de F.), Enkel des Borigen, geboren 1648, trat 1667 in Dienfte, warb 
1688 Brigadier und zeichneie ſich als Parteigänger 1688 bei einem Streifjuge 
von Heilbronn bis vor Nürnberg aus, ward deßhalb Marschal ve Camp, wirkte 
1689 mit zur Schlacht von Staffarde, zur Eroberung von Sufa, Garmagnole ıc,, 
hielt 1691 mit 3000 Mann zu Speierbady die badiſchen Truppen auf, wurde 
1693 Generallieutenant, diente als ſolcher unter Lurembourg und Billeroy bie 
1697 in Slandern und flarb 1711. Schriften: »Me&moiress, Amfterdam 1731, 
zulegt Paris 1770, deutfch 1786, wie feines Großvaters Schrift eine treffliche 
Duelle der Zeitgefchichte. 
ez, Fes oder Faß, 1) ein jum Katferthume Marokko gehörige® Sultanat, 
die nördlichfte u. größte Provinz dieſes nordafrifanifchen Reiches, auf der Rord⸗ 
Weſtſeite des Atlas gelegen, gränzt im Nordweſten an den atlantifchen Ocean, 
im Norden an das Mittelmeer, im Often an Algerien, im Süden an Marokko 
u. Tafilet u. hat einen Flächenraum von 5,540 Meilen u. 3,200,000 Einwoh⸗ 
nern, die aus Berbern (Kabylen), Mauren und Beduinen beftehben. Das Land 
wird von zweien Zweigen des Atlas, Alcat und Matagarda durchzogen, die es 
gan gebirgig machen, u. von den Flüffen Muluvia, Sebu, Buregreg bewäffert. 
ad Sultanat theilt fi in die 10 Provinzen: Fez, Benihaffen, Schemoja 
(Schavia), Temedna, Hiaina, Schaus, Angad, Errif, Gart, EI Garb. Ueber 
das Nähere fiehe Marokko. — 2) F. Hauptfladt des gleichnamigen Sultanats 
und die größte und volfreichfle Stadt Maroffo’s, beinahe mitten im Lande, am 
leichnamigen Fluffe, unter 34° 6' 3 nördlicher Breite u. 7° 21° 34" weftlicher 
änge, zwiſchen anmuthigen Gärten gelegen u. durdy den vorbeifließenden Fluß 
in zwei Theile, Alt- u. Neu-%. getheilt, zählt nahe an 90,000 Kinwohner, und 
hat enge, ungepflafterte Straßen, fowie hohe, über den Straßen bisweilen durch 
Gänge verbundene Häufer. Die Neuſtadt (Fas⸗Dſchedida) if ſchön gebaut und 
Aufenthaltsort der Chriſten und Juden, welche ohne die Erlaubniß die Altftabt 
(Fas⸗Belli) nicht betreten dürfen. %., das bis um die Mitte des 16. Jahrhun⸗ 
derts die Refidenz der Sultane war, galt früher für eine der prächtigften und 
rößten Städte der ganzen mohamedaniſchen Welt. Sie befag früher 785 Mos 
hen, von denen 50 von der größten Pracht u. mit Reihen prachtvoller Mars 
mor/äulen pl müdt waren; jetzt gibt es noch ANO Gottedhäufer, darunter bie 
Maidine & Karubin, von mehr als 300 Marmoridulen getragen. Ber Sullın 


n dad Militär und ftien fchnell zur Generaldwürbe em» 


Ben Palaſt, der, ald eigenes Daarter ver Stadt, on einer Yınklır 


Fezzan — Fichte. 185 


Regt. Die Stadt befipt viele Badehäuſer, über 200 Karavanferats, jebe mit 
H—100 Zimmern, u. 7 große Schulen. F. iſt der Hauptfig mauriſcher Gelehr⸗ 
ſamkeit, des maroffanifchen Gewerbfleißes und des Handels im noͤrdlichen Theile 
des Reihe. Die Feftungswerfe find dürftig und zerfallen. In der früher hier 
beſindlichen Bibliothek follen die verlorenen Bücyer des Livius aufbewahrt ger 
wein feyn. Die Stadt wurbe 1. 3.208 von dem Fürften Edris gegründet. Ow. 

Bezzan oder Feffan, eine Dafe in der afrikaniſchen Wüſte Sahara, zwi⸗ 
fhen 24°— 30° 30' nördlicher Breite u. 29° — 35° öftlidyer Länge, ſüdlich vom 
Meerbufen von Sidra u. der Regentfchaft Tripolis gelegen, 60 Meilen lang u. 
0 Weiten breit, ein von fahlen Felſenketten durchzogenes, 3 — 4,000 [J Meilen 
großes Land, das im Dften durch die Bergrüge des ſchwarzen u. weißen Harudſch 
von der Inbifchen Wüfte, im Welten durch das Agrouhgebirge, im Süden aber 
durdy die Tubentberge von der Sahara gefchteden wird und 60 — 70,000 Eins 
wehner berberifcher u. arabischer Abkunft zählt. Im DOften und Süden wohnen 
De Tibbos, im Weften die Tuariks. Das quellenreiche, aber fandige und dürre, 
kand iſt wenig bebaut und der Wuͤſte faft gleich; das Klima im Sommer fehr 
heiß, im Winter fehr Falt. Die wenigen Produkte find: Datteln, etwas Ges 
treide, Wein, Waſſermelonen, viel Salz, Raubthiere, Raubvögel und Strauße, 
Die Bewohner, weldye ſich fämmtlichh zum Islam befennen, flehen unter einem 
Eultane, der fonft dem Paſcha von Tripolis, feit 1838 dem türkifchen Kaiſer 
tributpflichtig, fonft aber völlig unabhängig iſt und defien Haupteinnahmödquellen 
EHavenjagd und Sflavenhandel bilden. F. ift wichtig ald Sammelplag für die 
Karawanen, die von hier nach der Berberei, Aegypten und Sudan gehen. Die 

uptftadt ded Landes It Murfuf. — Im 7. Jahrhunderte wurde F. von ben 
rabern erobert, welche bier den Jolam einführten, und hatte von da an eigene 
Fürften, deren Familie aber 1811 von dem Bey Muhammed el Mofny ausge⸗ 
Tottet wurde, Ow. 
Fiaere's heißen die, faft in allen größeren Städten an beſtimmten Plaätzen 
aufgeftellten, Miethwagen zum jederzeitigen Gebraudye im Innern der Stadt oder 
in deren nädfter Umgebung. Ste find in der Regel mit Nummern verfehen u. 
ſtehen auch hinſichtlich der Fahrpreiſe unter pollzeilichem Regulativ. Nur allein 
m Wien u. Hamburg ift, zur großen Laft aller Fremden, den F. unbegreiflicher 
Weiſe immer noch die Befugniß eingeräumt, mit jedem Miether hierin willfürlidy 
m verfahren. In London findet ſich diefe Anftalt ſchon fett 1643; in Paris da- 
egen Fam 1650 ein gewifler Martin Sauvage auf den Gedanken, befpannte 
gen jederzeit zum Vermiethen bereit zu halten. Derfelbe wohnte in der Straße 
&. Martin in einem Haufe, worauf das Bild des heiligen Fiacre gemalt war 
Derfelbe fol der Eohn eines fchottifchen Königs gewefen feyn); daher der Name. 
nn: f. Calvaert. 
iusco (ttalienifch), eigentlich ein Maß in der Größe einer Flaſche, dann 
ene Fiafche ſelbſt; If ein Thenterausbrud geworben, indem %. machen, far 
fisco Flaſchen machen ohne Inhalt), die Falte Aufnahme einer dramatiſchen 
Vorſti lung, befonders einer Oper, wohl auch ein gänzliches Mißlingen, ein 
Burchfallen bezeichnet. 
Er f. ABE-Bud. 
ibein, lange, ſchmale, mehr oder weniger dichte Fäden oder Faſern von 
N verſchiedener Beichaffenheit, welche die Grundbeſtandtheile der animalifchen und 
regetabilifchen Gewebe ausmachen; fibrös, aus %. beftehend. 

Fibrin oder Faferftoff, ein befonderer, bei den Thieren fehr häufiger Stoff, 
weicher zumeift das menfcyliche Fleiſch bildet u. fi) im Blute, dem Magenfafte ıc. 
findet. Es ift feft, weiß, geruch- und geſchmacklos, weich, elaftifch u. fchwerer, 
ald dad Waſſer. Schlägt man Blut mit Birfenruthen, fo hängt es fih an 
das Holz; durch Waſchen wirb es bann gereinigt. Es beſteht aus S0,360 Kobe. 
14,685 Sauerfloff, 7,021 Wafjerfoff u. 19,934 Stidftofi. 

Bichte (Pinas). Go gibt bavon 2 Arten: die Rothfichte, auch Roihtanne, 


186 Fichte, 


Harztanne genannt (P. picea), u. Die Weiß fichte (P. alba). Lebtere wächst 
nur Im nördlichen Amerika in hohen und falten Lagen, während bie erflere im 
mittleren u. nörblichen Europa große Waldungen bildet, indem fie bis zu einer 
Höhe von 3000 Fuß über dem Meere, im füblichen Deutfdyland noch höher, 
fortfommt. Ste wädhst etwa 100 Jahre lange u. erreicht eine Höhe von 80 — 
100 Fuß bei 2—3 Fuß Stärke; in befonderd günftigen Lagen aber wird fie 
noch bedeutend älter, höher u. ftärferr. Der Baum hat eine pyramidalifche Form, 
mit faft wagrecdhten Heften; die 1 Zoll langen, vieredigen, glatten Radeln figen 
in kurzen Scheiden, unregelmäßig zerftreut, bilden aber ziemlich zwei Reiben. 
Der walzenförmige, rothbraune, zur Zeit der Reife im Borwinter 6 Zoll lange 
Zapfen fireut die Samenkörner im nächftn Borfommer aus. Das weiße oder 
röthliche, feinzähnige, zumellen etwas harzige Holz liefert fehr gute Maften, fos 
wie vortreffliche Balken zum Bauen, Bretter zu Tifchlerarbeiten, Refonanzböben 
zu muftfalifchen Inftrumenten, Schinveln, Stebränder; auch iſt es ein fehr gutes 
Böttcherhol,. Dünne Stämme geben Latten u. Hopfenflangen, die de wird 
baue Berben gebraudht, und aus den Wurzelföden wird Beh), Theer und 
uß aebrannt, 
| Fichte 1) (Johann Gottlieb), geb. zu Rammenau in der Oberlaufig 1762; 
ward 1793 Profef[or der Philoſophie zu Jena, privatifirte von 1799 — 1805 In 
Berlin u. Königsberg, 1805 Brofeffor in Erlangen u., nad öfterem Ortswechſel, 
1809 in Berlin, wo er 1814 farb. Wichtigſte Schriften: Verſuch einer Kritif 
der Offenbarung, Königsb. 1792, 2. Aufl. 1793; Grundriß der gelammten Wiſ⸗ 
ſenſchaftslehre, Jena 1794, 3. Aufl. 1802; Vorſchrift über die Veſtimmung des 
GSelehrten, ebend 1794; Grundlage des Naturrechts, ebend. 1796-97, 2 zielt, 
Syftem der Sitrenlehre, ebend. 1798; Anweifung zum feligen Leben (Religions⸗ 
lehre, Berlin 1806; die Beftimmung des Menfchen, ebend. 1800, 1. Aufl. 1838; 
Borlefung über das Wefen des Gelehrten, ebend. 1806; Reden an bie beutfche Ra- 
tion, ebend. 1808; die Wiſſenſchaftslehre in ihrem ganzen Umfange, ebend. 1810; 
bie Ihatfachen des Bewußtfeyns, Stuttgart 1817; die Staatslehre, 1820; Rach⸗ 
gelafiene Werke, herausgegeben von 3. H. F., Bonn 1834 — 1836, 3 Bde; F. 
war auch in den Jahren 1797—1798 an dem, von Riethammer angelegten, phi⸗ 
loſophiſchen Journal als Mitherausgeber fehr thätig. — Die von ihm vorges 
tragene Wiffenfchaftslcehre machte in deutſchen philoſophiſchen Schulen eine 
Zeit lange Epoche, indem fie darauf ausging, an die Stelle des, in den beiden 
legten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts vorwaltend ſich geltend machenden, 
Kant’fcyen kritiſchen Syſtem's zu treten, die darin vermißte Einheit Herzuftellen 
und die Bernunft in Pinficht des fchwierigften Problems, wie unjere Borfelluns 
gen mit den Gegenfländen zufammenhängen, zu befriedigen. — F. ging von 
einer urfprünglichen Thathandlung des Subjectd aus, wodurch das Bewußtfeyn 
ſelbſt conftruirt wird. — Wiffenfhaft if nad 5.8 Syſtem die Erkenntniß, 
durch einen oberen Grundfaß, welcher den Gehalt u. die Form des Wiſſens aue⸗ 
drückt, beftimmt; Wiffenfchaftslehre die Wiſſenſchaft, welche die Möglichkeit 
und Gültigkeit der Grundfäge der Form und dem Gehalte nach, die Grundſätze 
felbft und dadurch den Zufammenhang alles Willens nachweist. — Das ganze 
Syftem beruht auf folgenden Grundfägen: AA; den Zufammenhang bezeich⸗ 
net X. Da A u. X im Ich gefeht find, fo Tann man fubftituiren: Ich bin Ich 
(Sap der Einſtimmung des Sage); b) das Ich if nicht Nichtich (Gap 
des Gegenſatzee); c) das Ich ſetzt dem theilbaren ein untheilbares Richtich 
entgegen (Grundſatz des Grundes). Beide ſind in dem abſoluten Ich und 
durch daſſelbe, als durcheinander gegenſeitig beſtimmbar, geſetzt. Hierin liegen „fol 
gende 2 Sätze. an) Das Ich ſetzt fi) als beſtimmt durd ein Richtich, ale 
chranke der abfoluten Thaͤtigkeit (intelligente Ich); bb) das Ich feht 
fid) als beflimmend das Nichtich. — Dieb führt zum prakt iſchen Theile der 
Wiſſenſchaftslehre. Das abfolute, das Nichtich beftimmende, Ich IR frei, un- 
endlich, unabhängig, wie einzig wahre Realität, da hingegen das Ich als Intelli⸗ 


Fichtelgebirge. 4187 


genz, durch ein Nichtich determinirt, endlich befchränft ik. — Der Hauptge 
danke des Syſtems if: Das Ich ift abfolute Thätigkeit; Alles, was außer 
dem Ich wirklich ift, {ft ein Produkt des Ichs durch Sehen, Entgegenfeßen und 
Bleicyfegen (Befchränfung) ; das Ich iſt Subject-Object. Diefes — * Syſtem, 
das alſo auf einen transcendentalen Idealismus hinauskommt, zeichnet ſich nun 
war durch Scharffinn, ſtrengſte Einheit u. Conſequenz aus; es hebt viele Schwie⸗ 
igleiten, aber erzeugt audy neue; beſonders fegt es an die Stelle einer Unbegreif- 
feit eine andere, noch größere, und macht diefe zum Erflärungsgrunde. Rad) 
ven Grundfägen der Wiſſenſchaftslehre fuchte F. nun auch einzelne philoſophiſche 
Diciplinen zu begründen. — In der Moral fuchte er durdy das Gemifien 
den Glauben an die Wirklichkeit der Sinnenwelt, an eine von der erfleren unab- 
hängige, intelligible Welt u. eine überfinnliche Ordnung derfelben, fowie die Mög- 
lichkeit des Handelns für einen, durch die That zu realifirenden, Zwed zu begrün- 
ven... Das Prinzip der Moral beſteht hienach in dem nothwendigen Gedanken 
ver Intelligenz, ihre Freiheit nad) dem Begriffe der Selbfiftändigfeit unbedingt 
zu beflimmen, d. i. dem Gewiſſen unbedingt zu folgen. Es beftimmt das Sol⸗ 
Im Die Tugend befteht in der völligen Lebereinftimmung mit fich felbfl. — 
Das Raturrecht erklärt das Rechisverhältniß, oder die Wechſelwirkung freier 
Weſen u. deducirt daſſelbe als noihwendige Bedingung des Selbſtbewußtſeyns. 
Ein Urrecht wird gelaͤugnet; alles Recht bezieht ſich nur auf Gemeinſchaft; doch 
möäflen vernünftige Weſen in einen Staat zuſammentreten. Die Beſtimmung 
des Staates if die Verwirklichung des Vernunftrechtes. — In feiner fpäteren 
Darkkellung nennt F. das Ideal des Staates die Verwirklichung des Reiches 
Gottes auf Erden, eine Gottherrſchaft gegründet, auf die Hare Einficht, dag 
Gott erſchienen iſt u. erfcheinen foll in der Menfchheit. Meberhaupt if es Auf: 
gabe der Gegenwart, der Einficht des Bernunftbegriffes Alles zu unterorbnen; 
daber die Forderung einer allgemeinen Bolfderziehung u. einer ſtehen⸗ 
den Gelehrtenfhule — Das meifte Auffeben erregte 5.8 Religions— 
Philoſophie, in der er Gott unmittelbar für Die monarchiiche Weltordnung 
erflärte, zu deren Annahme das Ich durch das Bewußtfeyn fomme, daß es in 
feiner freien Thätigfeit durch den Beariff der Pflicht gebunden ſei. In diefer 
monarchiſchen Ordnung werde durch Sittlichkelt audy Seligfeit (nicht aber Glück⸗ 
ſeligkeit) bewirkt. Durch mehre, hieraus, nicht ohne Anſttich von Barabozte, 
abgeleitete Säge z0g ſich F. den Vorwurf ded Atheismus zu. Indeß weichen 
fine fpäteren Darftellungen wefentli von jenen früheren ab. Es erfcheint die 
Biffenichaftslchre in ihrer neuen Geftalt mehr realiftifch, als idealiftifch, indem 
$. darin, ftatt von der Thätigfeit des Ichs, von dem abfoluten Seyn Gottes 
asgeht, was fchlechthin durch fich felbft u. lauter Leben, und deſſen Bild oder 
Ebema die Welt u. das Bewußtſeyn ſei, fo daß alfo die objective Ratur bie 
abjolute Schrante für das göttliche Leben bilde. — Zu den vorzüglichften An⸗ 
bängern der $fchen Philoſophie (Hiechtianer) gehören: Forberg, Niethams 
mer, Reinhold, Schad, Abicht, Mehmel u. A; doch fand fie auch vielen 
Wiederfpruch ,„ befonderd von den Kantianern. Die F’iche Philoſophie hat 
befonders das Verdienſt, der fernſten Richtung auf das Lieberfinnlicye Forderung 
geleiftet zu haben. — 2) $., Immanuel Hermann, Sohn des V., geb. 1797, 
Brof. der Philoſophie in Bonn u. neuerdings in Tübingen, hat fi) an ein beftimm: 
ted Syſtem nicht angefchloffen. Schriften: Beiträge zur Charakteriſtik der neueren 
Philoſophie, 1829; 5.8 Leben u. literarifcher Briefwechfel, 18305 über Gegenſatz, 
Wendepunkt u. Ziel heutiger Philofophte, 1836; die Idee der ‘Berfönlichkeit u. 
individuellen Fortdauer, 1834; außerdem ift er Herausgeber der Zeitfchrift für 
Philoſophie u. fpeculative Theologie, 19 Bde., Bonn 1837 —42. 
Fichtelgebirge, ein Bentralgebirge oder Blateau im bayeriſchem Kreife Ober: 
franfen, aus weldyem mehre Bergreiben nach allen Gegenden binauslaufen: der 
Thüringerwald im Norden, dad Rhöngebirge im Nordweſten, mit weldyem der 
Spefiartwald im Weften verbunden ift, der Steigerwald u. Odenwald im Süd⸗ 


4188 icinus — Fidelcommiß. 


weſten; 64 Meilen lang, 44 Meilen breit. Die Hauptmaſſe iſt Granit, die Sets 
tenfetten beftehen aus Kaltftein. Die vornehmften Epiten find: der Schneeber 
3682 Fuß hoch, der Ochſenkopf 3621 Fuß hoch, der Siötelberg 3521 Ku 
body, der Zainberg oder hohe Yahrnleiten 3316 Fuß hoch, Köſſein, Weißen⸗ 
fein, Staffelberg, Armansberg, Nußharbt, PBlattenberg, Silberanger, Schie⸗ 
ferflein, Looß⸗ oder Luchsberg, Schloßberg, Neubürg, Döbraberg, Epigberg 
oder Steglig, der rauhe Eulmen, Todtenkopf, die hohe Müpe, der große 
Kornberg, der große Waldſtein, die Keues oder Seinenburg. Auf dem Schloß⸗ 
berge ift in der Wildniß Seelohe der Fichtelfee, 154 Schritte im Umkreis, 
anz mit Moos u. Binfen überwachfen. Auf dem Gebirge entfpringen: die Saale, 
ger, Rabe u. ver Main. Man findet bier Eifen, Bitrtol, Schwefel, Kupfer, Blei, 
Marmor, Hola, beſonders Fichten ꝛc. — Der Fleine-Fichtelberg bei Wielen- 
that, der höchfte Berg im (Erzgebirge des Koͤnigreichs Sachſen, 3731 pariier Buß 
oh. Auf ihm entfpringen: die Zichopau, Sehme, Mitweyda, Kaffbach, Os⸗ 
— x , die mehre Wafferfälle bilden u. der Gegend ein fehr romantifches 
ehen geben. . 

—2 Marſilins, geboren 19. Oct. 1433 zu Florenz, wo fein Vater, 
ein audgezetchneter Chirurg, wie es fcheint in näheren VBerhältniffen zu den Mes 
biceern Han. Nachdem %. in feiner Vaterſtadt ſich mit dem Studium der la- 
teinifchen Literatur, namentlich des Cicero, befchäftigt hatte, wurbe er von feinem 
Bater nad) Bologna zum Studium der Arznelfunde —5 — dem er ſich nur ungern 
widmete, daher er denn auch, bei einer zufälligen Rüdfehr nach Florenz, bie hm 
von Eodmus von Medicis gebotene Selegenbeit, fih ganz dem Stublum der 
Philofophte zu winmen, mit größtem Eifer ergriff und die Arzneikunde Aufgab. 
Später fland er mit feinem Gönner Eosmus in den freundlichften Berhättniffen, 
wurde von ihm mit Gütern befchenft u. zur Iateinifchen Ueberſetzung der fämmts 
lichen Schriften Plato's aufgemuntert. Bon Cosmus Sohn u. Rachfolger Peter 
wurde er zu Öffentlichen Borlefungen über den Plato aufgefordert, die er fortan 
mit dem größten Beifall u. unter einem Zulaufe aus allen Ländern hielt. Sein 
Hauptbeftteben ging dahin, die Uebereinftimmung des Chriſtenthums mit der Lehre 
Plato's nachzuweiſen u. zu begründen, zu welchem Zwecke er auch die Werke: 
Theologia platonica und De religione christiana ſchrieb, in denen er aber die 
Lehre Plato's u. die fpätere Reuplatonifche Schule nicht immer genugfam unters“ 
ſchied. 1477 trat $. in den geiftlichen Stand; 1484 wurde er Kanonicus an 
der Kathedrale zu Florenz, überfepte nım den Plotinus, Syneflus, Samblichus 
u. andere Echriften der Neuplatoniker; zulegt verlegte er fi) neuerdings auf bie 
a von Bommentaren über Plato, u. ſtarb am 1. Dct. 1499. E. Buchner. 

on, 1) in’der Redhtswiffenfchaft (fietio juris), die auf eine geſetz⸗ 
liche Borfchrift fi) gründende Annahme, daß eine Handlung ober ein Ereigniß 
wirflich eriftire, obgleich dieſe faktiſch nicht vorhanden find. Solche Thatſachen 
werben nun unbedingt al8 vorhanden angenommen, und felbft der Gegenbeweis, 
daß fie in der That nicht eriftiren, hebt das juriſtiſche Dafeyn derſelben nicht 
auf. — 2) So viel ald Dichtung, Erbichtung, Erfindung, In einer Erzählung, 
im Drama u. f. w. 

— ſ. Hidalgo. 

Deicommiß (Fideicommissum) iſt jede letztwillige Verfuͤgung, wodurch der 
Erblafier (Fideicommittens) dem Erben (heres fiduciarius, Fiduciarerbe) oder 
Demjenigen, auf welchen Etwas aus dem Nachlaſſe gelangt, (fiduciarius), aufgtbt, 
entweder den ganzen Erwerb, oder einen Theil deſſelben, over eine einzelne Sache, 
oder eine. Summe aus dem Nachlaſſe fpäter einer dritten Perſon herauszugeben. 
Die Entflehung der F.e hängt mit den firengen Formen des äfteflen römifchen 
Erbrechtes ‚ufommen (f. Erbrecht). Wollte Jemand über fein ganzes Bermögen 
ober über einen Theil deſſelben letztwillig disponiren, hatte aber zur Errichtung 
eines vorfchrifts en förmlichen Teflamentes weder Zeit, no Gelegenheit, 
oder beabſichtigte er ſolche Zuwendungen, die im Teſtamente nicht gemacht wer, 


Fidelcommiiß, 189 


ten, fo blieb ihm Nichts übrig, als In einer befonderen Weiſe das von 
irben zu erbitten, was er ihm in ber frengen Form des Teſtamentes 
efehlen Eonnte. Die Erfüllung foldyer Bitte hing urfpränglidy lediglich 
. gutem Willen und Gewifien des Belafteten ab (Testator fidei heredis 
bat). Allein die Pietät gegen dem Erblaſſer erhob es zur Vollsanficht, 
derartigen, dem Gewiſſen überlaffenen, Serfügungen nachkommen müſſe. 
nter Auguſtus, welcher den Conſuln über die gewiſſenhafte Erfüllung ber 
ıdyen auftrug, wurde bie verbinbliche Kraft dieſer geſetzlich anerkannt. 
immungen der Lex Jalia und Papia Poppaea verfchafften ven F. en eine 
nerkennung, indem man fidy der, in ganz —* Erklaͤrungen errichte⸗ 
bediente, um fich den, den Erwerb teſtamentariſcher Zuwendungen bes 
den, Beflimmungen der Lex Julia zu entziehen. In der Kolge wurde das 
e $. durchaus nach den Grundſätzen der Billigleit (aoquitas) entwidelt; 
ın den Willen des Erblaſſers durchaus über die Strenge des Geſetzes 
ährend die Legate (ſ. d. nur im Teſtamente oder beflätigten Codicille, u. zwar 
ıefehlender Redeweiſe in lateiniſcher Sprache, nady der Ernennung des 
rrichtet werden Eonnten, genügte es für die F, wenn der Wille des Erb⸗ 
ı irgend einer Weile z. B. durch einen bloßen Wink ausgebrüdt war. 
wurde theild unter Vespaſian, theild unter Hadrian beflimmt, daß auch 
zu Gunften folcher Perſonen follten angeorbnet werden können, denen ein 
ıterlaflen werben bürfe, von weldyer Regel jedoch mehrfacdye Ausnahmen 
ven. Die Söhne Konftantins hoben die alte feierliche Form bei den’ Les 
f, und vernichteten fomit den charafterififchen formellen Unterſchied zwi⸗ 
ten u. $.en. Dazu kam nod), daß ganz algemein für die Errichtung 
er Berfügungen beflimmte Formen vorgefchrieben wurden (f. Te ſta⸗ 

Auch verſchwand bei der Aenderung des Prozeſſes der frühere Unter 
üfchen den Rechtömitteln aus Legaten und F. u. fomit erfcheint es ganz 
at, daß Juſtinian vie zegate u. F.e einander gleich Rellte, indem er vers 
daß die Beflimmungen über die Gültigkeit beiver Dispofitionsarten aus 
e über F., die über die Wirkungen bagenen aus der Lehre über Legate 
et werden follten, u. daß im Zipeifel das Recht der %.e entſcheide. Nach 
leichſtellung der Legate u. F. unterſcheiden fich die ſogenannten Rugular⸗ 
h. ſolche, wodurch der Belaſtete zur Herausgabe einzelner Sachen oder 
imme aus dem erworbenen Rachlaſſe verpflichtet wird, in keiner Weiſe 
Legaten, weßhalb auf den Artikel Legate hier verwiefen werben muß. 
gegen die Univerfal-%.e betrifft, durdy welche Jemanden die Heraus⸗ 
ganzen Erbſchaft oder eines aliquoten Theiles der Erbſchaft aufgegeben 
konnte der Fiduciarerbe nur dann in Anſpruch genonmen werden, wenn 
rbfchaft antrat. Hatte er angetreten, fo gingen alle Bortheile und Laften 
haft auf ihn über, u. er mußte dem finelcommiflartfchen Erben (heres fidei- 
arius} die ganze Erbſchaft, oder den Theil derfelben herausgeben, ohne 
ı allein aus den Verpflichtungen, welche die Antretung der Erbfchaft für 
Erbichaftögläubigern gegenüber, erzeugt hatte, herauszutreten. Es mußte 
der Fiduciarerbe fi) bei der Herausgabe des F.es durch befondere Sti⸗ 
n diefe Verpflichtungen vom fideicommiſſariſchen Erben abnehmen laffen. 
a trebelltanifchen Senatsbeſchluß unter Rero (u. a. 814 d. St. over 62 nady 
arde verordnet, daß durch die Reftitution des F. alle Klagen für u. gegen 
en, resp. alle Forderungen u. Schulden, von felbft auf ben fideicommilfas 
trben, nach feinem Antheile übergehen follen, fo daß der Fivelcommiflar 
ald Untverfalfucceffor erfchien. War nun aber dem Fiduciar die Reſti⸗ 
er ganzen Erbſchaft oder eines fehr großen Theiles derſelben aufgegeben, 
g er, da die falcidiſche Vorſchrift ausfchlieglih nur Le⸗ 
iwendung fand, die Erbſchaft aus, u. das F. erloſch. Deßhalb verorbnete 
fiantfche Senatsbefhluß unter Bespaflan, daß das falcivifche Geſetz auch 
erfals$.e Anwendung finden folle, fo daß der Fidutiax \umer wur TrA 


J 


190 Zihbells. 


Viertheile der ihm zugedachten Erbſchaft oder Erbſchaftsquote herauszugeben hatte, 
u. daß der Fiduciar zur Antretung der Erbſchaft und Herausgabe des F.es ge⸗ 
zwungen werden Tönne, in welchem Kalle er jevoch das ganze %., ohne Abzug 
des vierten Theils, herausgeben mußte. Machte nun der Fiduciar vom bega As 
nifchen Senatsbefchluffe Gebrauch, j fanden die Beflimmungen des trebellianiſchen 
nicht ftatt. Hatte alfo der Erbe freiwillig angetreten u. die Ihm gebührende Quart 
frei, fo reftitutrte er die Erbfchaft unter Bezugnahme auf das trebellianiſche Ges 
natusconfult, und es traten dann die Wirkungen des leßteren ein; hatte ex aber 
jene Duart nicht frei, fo gab er das F. auf Grund des pegaſianiſchen Senatus⸗ 
confultes, unter Abzug der Duart, heraus, in welchem Falle er, wie früher, ſchlecht⸗ 
bin als Erbe und der Fidelcommiffar ald Singularfuccefior galt, und fomit vie 
frühere Stipulation zur Sicherftellung in Betreff der Erbſchaftoſchulden, wie vor Dem 
trebellianifchen Senatusconfult, vorgenommen werden mußte. Juſtinian fand dieſe 
beiden Reftitutionsarten noch vor u. beftimmte zur Vereinfachung des Verfahrens, 
daß das pegaflanifche Senatusconfult ganz aufdören, der Zwang zur Antretung 
der Erbfhah nach dem trebelliantfchen Senatöbefchluffe mit den früheren Wir⸗ 
kungen fortbeftehen, u. daß der freiwillig antretende Fiduciar die Quart abziehen 
und nur für diefe Quart aus der auf aft beredytigt und verpflichtet feyn folle, 
während der Fideicommiſſar zu drei Viertheilen bexechtigt und verpflichtet würde, 
ohne daß ed der frühern Stipulationen bevürfe. Siermad) find in den PBandeften, 
fo wie im Goder, die Stellen, in welchen das pegaflanifche Senatusconfult ges 
nannt ift, interpolirt worden, fo daß überall, wo früher veflelben g t war, 
das trebellianifcdye Senatusconfult eingeſchoben ift, weßhalb auch die pegaftaniiche 
Duart unter dem Ramen trebellianifhye Duart erſcheint. Fiduciar und Fideicom⸗ 
miffar erfcheinen fomit überall als Univerfalfuccefforen. Das F. konnte nach rös 
mifchem Rechte nur in fo weit ald Bamilten-%. beftellt werden, ald es die Aufs 
lage an den Onerirten enthält, das Vermächtnis Einem aus der Familie zu hin⸗ 
terlafien, wo biefen wieder diefelbe Pflicht trifft. Jedes F. erlifcht 1) wenn ver 
Fideicommiſſar darauf verzichtet, oder wenn er vor dem Erwerbe deſſelben flirbt; 
2) wenn die Bedingung, von deren Gintritt ed abhängig gemacht ifl, ausfällt u. 
3) wenn die Kamilte bei dem Familien⸗F. ausfttrbt, oder in die Beräußerung oder 
Aufhebung deflelben williget. Verſchieden von den römiſchen Fideicommiſſen find 
unfere heutigen F., d. 5. ſolche Büter, welche durch Hausgeſetze für unveräußer- 
ih erflärt find und bei einer Familie bis zu ihrem Erlöfchen erhalten werben 
folen. Zur Erridytung folcher Familien⸗F. ift Jeder berechtigt, welcher über fein 
Bermögen frei verfügen kann, foweit PBarticularrechte Feine befondern Borfchriften 
hierüber enthalten. Der deutſche Adel hat durch Begründung von Familien⸗F. 
den Familienglanz zu erhalten gefucht, indem er in autonomifchen Beflimmungen 
die Unveräußerlichkeit ſolcher Güter u. die befondere Succeffiondart feftießte, und 
fomit der Güterzerfplitterung, die ſich nad) der Reception des römiſchen Rechtes 
in Deutfchland unvermeidlich zeigte, vorbeugte. Wenn audy die Errichtung ber 
Familien⸗F. meift beim hohen Adel vorfam, fo ift fle doch gemeinrichtlich Kein 
Vorrecht des hohen Adeld. In der Regel jet die Errichtung eins Familien⸗F. 
die befondere Qualität eined Gutes, Berüdfihtigung, der Notherben und häufig 
auch noch landesherrliche over gerichtliche Beftätigung, fo wie Die Eintragung in 
die F.⸗Matrikel voraus. Die Succeffion fleht in der Regel nur der Descenvenz 
des Errichters zu, wobei jedoch folgende Succeſſtonsarten: Primogenitur, Majo⸗ 
ratd-, Seniorats⸗ oder Minoratdorbnung (f. d.) zur Sprache fommen. Die Fa⸗ 
milien⸗F. erlöfchen durch Ausflerben der berechtigten Yamiliengliever, wo das F. 
in der Hand des legten Beſitzers freied Eigenthum wird, und durch aufs 
hebende Geſetze. Gr. 
Fidelis, Heiliger und Martyrer, geboren zu Sigmaringen im Fürſten⸗ 
thume Hohenzollen 1577, hieß eigentlich Marcus, flubirte auf der Untverfität 
gu Freiburg bie Rechte und führte, wie von Kindheit an, fo auch während feiner 
Stuptenjahre, ungeachtet ber vielen verführerlichen Belipiele, ein Kchr Ktummrs 1. 


Fidena — Fides. 191 


renges Leben. Nachdem er die juridiſche Doctorwuͤrde erlangt, wählten ihn im 
abre 1604 drei abelige SJünglinge als Gefelifchafter auf einer Reife, vie fie 
ad) verfchienene Länder Europa's machten. Ueberall, wo fie fidy aufbielten, bes 
ichte F. vor Allem die Kirchen, nicht ſowohl, um feine Augen an ihrer Pracht 
ı ergößen, fondern zunächft, um Jeſum Chriſtum im allerheiigken Altarfafras 
ente zu verehren. Huch befuchte er allenthalben die Spitäler, tröflete feine armen 
. leidenden Mitbrüder und beraubte ſich nicht felten feiner eigenen Kleider, um 
ie Blöße Anderer zu deden. Nach feiner Rüdkehr wurde ihm zu Kolmar im El⸗ 
5 die Stelle eines Rathöbeifigers zu Theil. Auch bier nahm er ſich um Jeſu 
Bilicn vorzüglich der Armen, deren Anwalt man ihn allgemein nannte, an; allein 
nige Ungerechtigfeiten, die er nicht verhinnern Eonnte, verleiveten ihm fein Amt 
„daß er fidy ganz aus der Welt, in das Kapuzinerklofter nach Freiburg zurüds 
g. Seine Bücher und fonftige Feine Habe ſchenlte er dem dortigen bifchöflichen 
jeminar zum @ebrauche der jungen Geiſtlichen, u. nahm unter dem Namen F. 
18 Ordenskleid. — Um täglidy volllommener zu werben, verdoppelte er num 
inen Eifer in den frommen Webungen und unterwarf feinen Willen unbedingt 
en Gehorſam feiner Oberen. Dadurch warb er ein fo auserforenes Gefäß der 
öttlichen Gnade, daß feine Predigten und Ermahnungen als Oberer im Kloſter 
ı Feldkirch, ſowohl in diefer Stadt felbft, ald in der Umgegend, Wunder der Bes 
hrung wirkten. Dieb bewog die Eongregation zur Beförderung des Glaubens 
ı Rom, ihn als erften Mifftonär zu den Sraubündtnern nach ihrem Abfalle 
ım Galvinismus zu ſchicken. — %. übernahm mit 8 Geiftlichen feines Ordens 
ie Sendung, ohne fidy, im DBertrauen auf den Herrn, weder durch Beſchwerden, 
sch durch die Drohung ihm das Leben zu nehmen, abfchreden zu laſſen. Es gelang 
m, Biele in den Mutterfchooß der Kirche zurüdzuführen, wodurch er aber bie 
Suth der Sekte auf fich Iub, fo daß man ihm den Ton ſchwur. Als er von Gurk 
ad) Sevis ging, um bie dortigen Katholiken zur Standhaftigkeit zu ermahnen, 
rannte ein Galvinift eine Flinte auf ihn ab; dennoch Eehrte er ganz ruhig, ſtets 
ereit, dad Leben für Jefus und die Kirche hinzugeben, nach Gurk zurüd. Unters 
sg6 überfiel ihn ein Haufe calviniflifcher Soldaten mit einem ihrer Prediger, 
te ihm zwingen wollten, zu ihrer Sefte überzutreten. Er aber antwortete: „ch 
im nicht gefommen, euere Irrthümer anzunehmen ; die katholiſche Religion bleibt 
ee Glaube aller chriftlichen Jahrhunderte; ich fürchte den Tod nicht.” — Auf 
tefe Worte fchlug ihn Einer aus der Rotte mit einem Sübelhiebe zu Boden; 
oh er erhob fich wieder auf feine Kniee, betete, wie Stephanus, für feine ver- 
Imdeten Feinde u. ſtarb, als fie ihn mit den Bajonetten erftachen und ihm den 
inſen Fuß abhieben, mit den Worten: „Heilige Maria, Mutter Jeſu, fleh’ mir 
A — dieß geſchah im Jahre 1622. Am folgenden Tage wurde F. von dem 
Reiner beervigt; am 15. October aber fein Leichnam wieder erhoben u. in das 
tapuninerklofter nach Feldkirch gebradyt, wo er ſich noch befinvet; fein Kopf und 
ein Iinfer Fuß find in der Domkirche zu Chur aufbewahrt. Die Uebertragung der 
Reliquien” fand mit der größten Seierlichkeit ftatt; bei den Gebeinen verberrlichte 
Ih Gott durch viele Wunder. 5. wurde im Jahre 1729 den Seligen, 1746 aber 
en Heiligen beigezählt. — Sahrebtag 24. April, 

Fidenä ehemalige fehr große Stadt der Subiner an dem Tiber, Collatia 
egenüber, Colonie von Alba, die häufige Kriege mit den Römern führte. 737 
or Chr. wurden die Fidenaten von Romulus, 665 u. 663 v. Tullus Hoftiliug, 
69 v. Targ. Priscus, 503 v. Lucretius Trietpitinus, 497 v. T. Largius Fla- 
tms, 436 v. Mamercus Aemilius, 434 v. A. Servilius, 427 v. Mamercus 
lemilius beflegt, ihre Stadt öfters erobert u. das lebtemal die Einwohner in die 
Befangenfchaft geführt; an ihre Stelle kam eine römifche Colonie; jetzt vieleicht 
Saftro Oiubileo. 

Fides, die Göttin der Treue, hatte einen Tempel in Rom. Auf alten 
Münzen findet man fie häufig mit einer Turteltaube und verſchlungenen Händen, 
wifchen benen Merfurtushäbe, Aehren u, f. w., abgebilvet, 


Fieber nennt man jenen frankhaften Zufand des thieriſchen Körpers, bei 
weldyem Beichleunigung des Pulſes ftatt hat, u. nad) gewöhnlid, vorausgegan⸗ 
genem, mehr minder ftarfem Stältegefühl, Vermehrung der Wärme bis zur brens 
nenden Hitze, mithin Wechſel von Froſt u. Hitze eintritt. Die begleitenden Er⸗ 
ſcheinungen beruhen meiftend auf Störung der Zunctionen, wie behinderte Athmung, 
allgemeine Abfpannung, Durft, Appetitlofigfeit, veränderte Ausicheldungen, Des 
lirien 2c. u. find in den verſchiedenen F.n verſchieden. Man unterfcheidet die F. 
ihrem Wefen nach in effentielle, welche unabhängig von vorausgegangener 
Affection irgend eines einzelnen Organs fidy einftellen, u. in fyomptomatiiche, 
weldye zu entzündlichen Leiden einzelner Organe fidy gelelen, entzündliche %. 
— oder in Folge von Zerflörung, befonders von Bereiterung organifcher Gebilde 
entftehen, — che F. In neuerer Zeit wurde, namentlich von Brouffais, das 
efent elle F. geläugnet, u. behauptet, jedes F. fei ein ſymptomatiſches, jedem läge 

ne Örtliche Affertion zu Grunde Dem Verlaufe nach unterfcheidet man das 
Tag⸗F. (F. ephemera), welches in einem Anfalle binnen 24 Stunden verläuft; 
ferner anhaltende F. (F. continuae, continentes), welche in gleicher Stärfe 
fortdauern und fehr felten find; nachlaſſende %. (F. continune remiltentes), 
welche weit häufiger find u. zwar anhaltend fortvauern, aber in regelmäßig wies 
derfehrenden Zeiträumen etwas nachlaffen (remissto), um dann mit neuer Hef⸗ 
tigfeit ſich wieder einzuftellen (exacerbatio); endlich Wechfel-%, oder kalte F. 
(F. intermittentes), bei denen die %.: Symptome zeitwelfe gänzlidy verfchwinben, 
um nad) 12 Stunden, 1, 2,3 Tagen oder noch längeren Saufen wiederzukehren. 
Man bezeichnet ferner die F. als Nerven⸗Fe., Faul⸗F., wenn bedeutende und 
weit ausgedehnte Alterationen in den beiden Hauptſyſtemen des Körpers, im Ner⸗ 
venfyfteme oder im Blute, vorhanden find — u. als gaftrifches, rheumati- 
ſches, kata hatt des F. ıc., wenn biefe Alterationen mehr auf einzelne Ge⸗ 
bilde fidy befchränten. — Jedes F. endet in der Regel unter Ausſcheidungen ver⸗ 
[ölebener Art, indem die gewöhnlichen Abfonderungen in verftärftem Maße und 
n veränderter Befchaffenheit vor ſich gehen, oder Indem eigenthiimliche Franfhafte 
Ausſcheidungen zu Stande fommen, oder indem endlich Blutungen aus verfdhie- 
denen Körpertheilen fidy einftellen. Man nennt diefe Ausfcheidungen kritiſche, 
heilfame, wenn durch fie das F. ſich entfcheidet; dagegen fumptomatifche, wenn bieß 
nicht gefchteht, in welchem Falle fie denn auch oft mehr ſchaden als nügen. Buchner. 
Bielding, Henry, englifcher Romanjchreiber, geboren 1707 zu Sharpham- 
Park tn amerjeibite ſtudirte auf dem College zu Eton und machte bier die Ju⸗ 
gendfreundfchaft mit den berühmteften englifchen Staatsmännern, For und Pitt. 
18 Jahre alt befudyte er die Univerfität Leiden, um die Rechte dort zu fludiren, 
fehrte aber nady kaum 2 Jahren wegen Mangel an fernerer Unterflügung nad) 
England zurüd, wo er in der Hauptftabt fi) einem ausfchweifenden Leben über; 
ließ und feine Gefundheit zerrüttete. Nahrungsforgen nöthigten ihn, Yuftipiele u. 
komiſche Opern zu fchreiben, welche er von einer verabſchiedeten Schaufpuiertruppe 
aufführen ließ, für welche er eine Zeitlang als Director fungirte. De meiften 
diefer Zargen, etwa 18 an der Zahl, waren Singebungen des Augenblid:3 und 
konnten auf fpäter bleibenden Werth feinen Anfpruch machen, fo daß ſie großen⸗ 
theils bis auf den Namen der Bergefienheit anheimgefallen find. 1736 ftaıb feine 
Mutter und ihm fiel ald Erbe ein Gütchen zu Stower in Dorfetfbire zu, das 
für kurze Zeit feiner beprängten Lage abhalf. Er zog fich in die laͤndlidde Ein- 
ſamkeit zurüd und vermählte ſich mit Miß Craddock. Allein prahlerifche Ver⸗ 
ſchwendung bei feinem nur höchſt mäßigen Einkommen verfebte ihn fammt feiner 
Familie in Außerfte Armuth, fo daß er 1740 ſich genöthigt fah, fi) in London 
als Rechtsgelehrter feine Eriftenz zu friften. Gichtleiven, eine Kolge feiner jugend⸗ 
lichen Ausichweifungen, ließen ihn feine Laufbahn in Weftminfterhall nicht weiten 
verfolgen; er fah fi) wieder auf Schriftftellerarbeiten befchränft, und gab einige 
Sournale heraus, 3. ®. the Champion, the true Patriote, Jacobite-Journal. Bald 
Jebod wandte er ſich wieder der dramatiſchen Dichttunt au und ſchrieb unter 


Fieschi. 193 


jſten Leiden Luſtſpiele und Poſſen, fo wie die humoriſtiſche aber dunkele 
journey from this world 10 the next.“ Unter feinen Romanen ihe hi- 
Jonathan Wild, Amelia, History and aventures of Joseph Andrews (ein 
Seitenftüd zu Richardfons Pamela) nimmt History of Tom Junes den 
ı8 ein und verdunfelte fogar den Lieblingsroman Glariffa feines literari- 
venbuhlers. Als Friedensrichter von Weftminfter und Middleſer hatte er 
wendung feines Jugendfreundes, Lords Lyttleton, eine Kleine Penfion er- 
id fuchte ein forgenfreied Ausfommen auch durch die Herausgabe ber 
the Coventgarden-Journal fidy zu ermöglichen. Allein feine Kränt: 
thigte ihn, das wärmere Klima von Portugal aufzufuchen, wo er nad) 
tlichem Aufenthalte, an Kräften gänzlich erfchöpft, im October 1754, 48 
‚ farb, nachdem er hier ein Intereffantes Tagebuch über diefe legte Reife 
Nachlaſſe niedergelegt hatte, weldyes unter dem Titel »ihe Journal of 
ı to Lisbon.“ London 1755, nach feinem Tode veröffentlicht wurde. Ge⸗ 
gaben feiner Werke erfchienen zu London 1767 in 8, und 1775 in 12 

eine Biographie verfaßte Murphy: Essay on the life and genius of 
; audy im British Pluterch by Mortimer Vol. VI. p. 312 sqq. Die 
: des Thomas Jones, eines Findlings, ift mehrmals ind Deutſche übers 
en: von Bode 178688, 6 Bde. Lpz.; von Schmitt, Rürnb. 1780, 4 
n 2üdemann, Lpi. 1826, 4 Thle; von Diezmann, Braunfchweig 1841, 
Im fomifchen Familienromane der Engländer ſteht 5. an der Spitze 
ıtur, wenn gleidy feine erften Erzeugniffe in Styl und Darſtellungsweiſe 
nier Gervantes als Muſterbild zur Nachahmung fich vorfegten und er 
m Werken nicht ganz edel feinen literariſchen Nebenbuhler Kfkyarbfon 
(chen Seitenbliden verunglimpfte. Seine Eittengemälde find ganz der 
bgelaufcht und enthalten einen reichen Schag tiefer Menſchenkenntniß; 
m die häufig wiederfehrenden Reflexionen über die menſchliche Ratur, die 
idelnd, als witig gehalten find, nicht fo weitfchweifig ausgeſponnen 

m 


n. 
Schi, Joſeph Maria, geboren 1790 zu Murato auf Corſika, im Be⸗ 
Ria, aus einer Schäferfamilie, die aber viele Bagabunden u. Verbrecher 
Ibft fein Vater fol wegen verübter Räuberet auf den Galeeren geftorben 
den Namen F. nur angenommen haben; wentgftend war in dem Tauf⸗ 
ein Familienname angegeben, und %. felbft konnte nicht fagen, aus 
Grunde feine Familie folchen geführt Habe. Anfangs ſelbſt Schäfer, 
1803 Dienfte in einem to@fanijchen Bataillone, kam aber bald in bie 
Region zu Neapel, machte mit Diefer ben Selbug 1812 in Rußland 
Divifion Franceschetti mit, trat tm April 1813 in neapolitanifche 
wurde Sergeant, erbielt 1814 den Abfchied, kehrte num nach Gorfifa 
ngagirte fidy beim Regimente Provincial Corse, und erhielt nad) den 
Tagen 1815 feinen Äbſchied. General Franceschetti organiflite da- 
en in Gorfifa die Hand voll Leute, welche Murat nad) dem Feſt⸗ 
aliens begleiteten, um fein Königreich wieder zu erobern; unter diefen 
Dienfte, begleitete Murat, ward mit biefem zum Tode veruriheilt, aber 
wfischer Unterihan begnadigt u. kehrte nad) Corfika zurüd, wo er Ende 
en Viehdiebftahl und eine Fülfchung beging und deshalb zu öffentlicher 
ag und 10 Jahren Einfperrung verurtheilt wurde. Er überftand dieſe zu 
und wurde nun 1826 entlaffen, arbeitete, bis 1830 in den Tuch⸗ und 
rifen zu Lodéoe, Vienne, Lyon und Glermont, ging dann nad) Paris, 
te dort ſich mehre Protectionen zu verfchaffen, durch die er der 3. Be- 
Interoffizier: Compagnie einverleibt wurde. Später Aufſeher in einer Mühle, 
er zwei Beamten in der Eholera und wurde Auffcher über die Arbeiten 
il. In diefer Zeit lebte cr mit einer Frau, Laſſave, die er im Zucht- 
Gmbıun fennen gelernt hatte; doch löste ſich dieſes Werhäluig ne 
slepäbte IV. 13 


186° Figueroa — Figuricte Zahlen, 


Bigneron 1) (Frances co de), geboren zu Alcala de Henares (Spanien) 
1540, zeigte ſchon früh dichteriſches Talent, welches er fpäter fo glänzend entwidelte, 
daß man ihn den „Bdttlichen” nannte. Später diente er im fpantfchen Heere 
in Italien und farb in großen Ehren. Zwar ließ er feine Gedichte vor feinem 
Tode verbrennen, doch erſchienen fie nad) Abfchriften, Liffabon 1625, Madrid 
1804. — 2) 5. (Eriftoval Suarez), Doctor der Rechte, geboren zu Ballas 
dolid, bemerkenswerth durch den Echäferroman »La constante Amarilis« (1609), 
den „Spiegel der Jugend“; „das geräcdhte Spanien“, ein Heldengedicht; „Bes 
ſchichte der Jeſuiten im Orient” (1607—8). 

Figur (figura), Äußere Geſtalt, welche durch jeden begränzten ober um⸗ 
en Raum befteht, und daher fowohl eine Fläcdyens, als eine Koörper⸗F. 
eyn kann. 1) Im Sinne der Grammatik u, Aeſthetik verſteht man unter F.en 
(oxyuara, ornamenta) gewiffe Wendungen des Sprachauspruds, welche, aus 
höherer Thätigkelt der Phantafle, des Gefühle u. Be ehrungövermögens entfprins- 
gend, auch auf jene Kräfte beſonders einwirken. Die Ken dienen zur Berfinn- 
lidyung der Rebe, des Gedankens. Die Rhetorif unterſcheidet zwei Hauptelaflen 
von figürlichen Ausdrücken: F. en im eigentlichen Sinne und Tr open (f.d.), und 
verftebt, unter jenen eine foldye Darftellung, welche neben ver eigentil Bor: 
ſtellung noch ein verfchönerndes finnliches Bild enthält, unter dieſen diejenige 
bildliche Darftelung des Begriffs, durch weldye die eigentliche Bedeutung des 
Wortes in die ihr verwandte uneigentlidye umgewandelt wird. Die Lehre 
von den Rede-%.en fand von ber Al hen bis zur neueften Zeit vielfache Pflege ; 
man erinnere fill} nur der Namen: Cicero, Quintilian, Ernefti, Gottſched, Ade⸗ 
fung, Heinflus, Yüleborn, Maaß, Bernhardt, Reinbeck, Pölig, Falkmann, 
Mayer, Marvoͤes, du Marfald u. Anderer. Belfpielfammlungen aus deutſchen 
Giaffifern finden fih u. 9. in Beiſpielſammlungen zu der Lehre von den Tropen 
u. Fen von J. Kehrein, Berlin 1839 u. in Heidelberg. Programm 1839 von 
Wilhelmi; aus den Werfen der Kirchenväter im 7. Bande der Beredtſamkeit der 
Kirchenväter von M. A. Ridel u. 3. Kehrein, Regensburg 1844. x. — 2) In 
der Muſik mehre, neben einander liegende Töne, die man ſchnell folgen läßt, u. 
die als Verzierung dienen, wenn ſie nicht durch allzu häufigen Gebraudy alltäglich 
werden. Eine Zerglieverung melodifcher Hauptnoten in Noten von geringerem Werthe 
wird mitunter audy 8. genannt. Gefangführende $.en müflen verbunden vorges 
tragen werden. Die Benennung %. hat ihren Grund darin, daß vergleichen 
Noten durch Stridye gewöhnlich verbunden find, die mandherlei $.en bilden. Sn 
der Tanzfunft der verfchledenartige (kreis⸗ u. fdylangenförmige, gerade, ungerade ıc.) 
Weg, auf weldyem der Tänzer fidy zu bewegen Bat. und der mit Linien auch 
vorzuzeichnen if. In der zeichnenden Kunft die Menfchengeftalt in ihren 
mannigfaltigen Stllungen. Oft wird F. gleichbeveutenp mit Statue genoms 
men; alein der Ausdrud Statue, von stare, flehen, kommt nach Levesaque 
nur den F.en zu, welchen der Künftler eine fichende Etellung gab, nicht aber 
jenen, die er ſitzend, knieend, liegend darſtellte. leine F.en endlich nennt man 
Heine gemalte, gefchnigte, oder aus Metall gegoflene F.en. 

Fıguralmufik, theil die, von mehren Stimmen unter Berzierungen ausge⸗ 
führte Vuſik, theils, im Gegenfage zur Choralmuflf, die ſtreng an den Takt ge 
bunvdene; Figuralgefang, der ausgefhmüdte Gefang, entgegen dem planen 
Ehoralgefange, welcher bloß Melodie ohne Tatteintheilung war. 

Figuranten, Perſonen verfchiedenen Geſchlechis, die in untergeorbneten Bars 
tien, towehl im Ballet, wie im Echaufpiele, vırmendet werden. Dort dienen fle 

leichſam nur zur Auefüllung der Ecene u. führen gemeinfchaftliche Tänze aus, 
ler aber füllen fie, ohne zu fprechen, den leeren Raum aus, und helfen bie 
Scene oder die Handlung charakterifiren, u. heißen dann eigentlidh Statiften. 

Figurirte Zablen heißen die Glieder arithmetifcher Summenreihen, deren 

erfted Olteb bie Einheit iſt, nämlidy: 


Fiefole— Figuerad. 195 


en genuefifchen Adel behandelten. Er verband ſich Anfangs mit dem Tapfte 
Frankreich, bildete jedoch fpäter, nachdem alle diefe Berfuche zum Sturze 
aare® mißlungen waren, eine eigene Verſchwörung, die ihn zum Oberherrn 
8 machin follte. In der Nacht vom 1. auf den 2. Januar wurden die 
porenen Meifter der Stadt: Johann Doria wurde niedergeftochen; der Doge 
atfam. F. eilte in den Hafın zu den Galeeren und wollte eine derſelben 
n; allein er fiel von einem Brette ins Meer u. ertranf. Sein Tod entmutbigte 
ſchworenen; F.s beide Brüder wurden mit dem Tode befiraft, feine ganze 
: u. die vornchmften Mitverfchworenen auf ewige Zeiten aus Genua ver⸗ 
u. fein Palaſt der Erde gleich gemacht. Schiller benügte dieſen Stoff 
m Srauerfpiele %. 
ıefole (Giovanni da), eigentlih Santi Toſini, der berühmtefte unter 
tederberftellern der Malerfunft in Stalten, geboren 1387 zu Wugello, ges 
1454 in Rom, lieferte die fchönften Verzierungen u. Gemälde für Mas 
te in aummirten Wafferfarben (miniatori) u, fchuf für Klöfter feines (Dos 
Iet)s Drdend große Frescobilder und andere Gemälde, die ein eigenthüm⸗ 
Reiz der frommen Stimmung u. der Andacht umfchwebt. Auch die Fär⸗ 
% glänzend, nur die Zeichnung läßt zu wünfchen übrig. Seine Werke fin- 
, meift in Hlorenz und Rom; nur der Louvre in Paris befigt noch ein 
Gemälde von ihm, 
ieude (Joſeph), franzoͤſiſcher Schrififteller, geboren 1767 zu Paris, ges 
1839, widerfette fi) den Grundſätzen der Revolution, mußte flüchten u. 
gen Verbindung mit den Bourbons in Gefangenfchaft. Durch feine „Lettres 
ingleterre‘ empfahl er fidy Napoleon, der ihn zulegt zum Präferten eines De⸗ 
end ernannte; die Reftauration fah ihn in ihren Reihen, bis er, durch 
Prozeß verftimmt, zur Oppofition übertrat. In der legten Zeit ſchrieb er: 
ondance et relations de J. F. avec Bonapartes (Bar. 1837). 
fife, Grafichaft in Eüpfchottland, am Frith of Korth, hat 224 D Meilen 
30,000 Einwohner, ift mei eben (in der Mitte die Lomond Hills, 
Epige Wet Lomond 1721 Fuß), bewäflert vom Leven, Even u. a., 
ı Seen, bringt ©etreive, Tang, Eiſen, Kupfer, Steinfohlen, Kalt; man 
Bifcherei, zieht ſchönes Rindvieh, Tauben, Kaninchen, verfertigt Leins 
u. baut Schiffe. Hauptſtadt St. Andrews. 
ife, James Duff, Biscount Macduff, Graf von F., geboren 1770, 
20 Pair von England, wohnte, wiewohl ohne offiziellen Auftrag, dem 
8 zu Rafladt bei, wirkte im Sntereffe Englands an den Höfen von Wien 
lin, war in Spanien gegen dte Franzoſen ıhätig, zeichnete fidy bei Ocaña, 
ta u. bei dem Angriffe auf Matagarda aus, ward dafür von den Cortes 
ieneralmajor ernannt, ftand in hoher Gunſt bei Georg IV. u. Willlam IV,, 
Dberfammerbert er wurde, und gilt al& edler Befoͤrderer der dramatiſchen 
n England. 
igaro" eine poetifche Berfon, die Beaumarchais (f.d.) zuerft, vielleicht 
iner fpanifchen Novelle, vielleicht aber nady eigener Erfindung, dramatiſch 
elte u. im »Le barbier de Seville« und »Le mariage de F.« auf die Bühne 
. Sie erlangte in Paris ungeheueren Beifall und wurde in vielen Opern, 
tlich im „Barbier von Sevilla” von Roffini, und in „Es Hochzeit“ von 
t behandelt. Seitdem gilt F., der fpantfche Barbier, ald das Bild der 
ue, Gewandtheit u. Verſchmitztheit. 
:iguerad, Studt in der fpanıfchen Provinz Batalonten, unweit der Fluvia, 
00 Einwohnern, die bedeutenden Handel treiben. Dicht daneben, auf einer 
e, das Caſtello de S. Fernando, fonft eine der flärkften Keftungen Spaniens, 
iered mit weltläuftigen Außenwerfen, bombeufeften Kafernen u. ‚Hofpitälern, 
er eine Beſatzung von 10— 16,000 Mann forderten und am 18. Auguft 
von ben ſich zurüdziehenden Franzoſen gefprengt vourden. en ATIK, 
1 


ws En 1 


13, Calthochbeutfch ı. willtelhochdeutſch v Hil ana Tel t, woher! 

J — filtrare, Ale 9 iſt el — — ae 

Wirrgewebe aus Wolle oder Haar. Gemöhnli 2 man darunter ben 

Farvätfchter Wolle u. farbätfehten Haaren von dem — bereiteten ae 

der zu Hüten, Deden xc. verarbeitet wird. Bon dem Jneinandertreiben 

en an E 8. di oe He > i. — in harten Tot m 
ommt 


) 

er mas auf Die — tlien & &® hinbeutet, mm 
N inale von finis) ii ie Yan hi — —— oder ver ia 
Sap eines, aus verfchledenen Sägen —— Ganzen, auch Schluf a 
fommt beſonders in der —— vor u, hal daſelbſt aus —— Bee 
en ee ern — 

a if un en! ‚ ba um wenn 
Ben Me ab uSgeführteße, 68 hat m Hehe den hanatier 


hat, be — ausgeführt ei! ! 

der * leit, erfordert daher ME range Bewegung und müunteren Vor⸗ 

trag; in der eikingten 3 en. waren jeb 34 die Meinungen von 
jeher beein ob man {m ien die F. als Mittel betrachtete, durch 


jegengefegte aftere u. Behberfähe (en das In zu fleigern. — In die 
—— wurde das F. durch Ran ne jeboren 1728), im die 
Ba Durch Patftello (geboren 1741) eingeführt. — rangofert bi 
unter F. noch den Grundion eines Stüdes, die — mit welcher auch das 
Stid iu (erlegen pflegt, die 8. — * 8.:Saite 
Ben ole Mittel, welde die Staatöverwaltun; bu um das 
jelben tft, u. 


je georbneter fie verwaltet werben, deſto beffer iſt Khan — erften 
Miütel, die der Sinanz-Berwaltung zu Gebot ftehen, Abgaben, welche 
auf dem Grunbeigenthume ruhen, u. bie — Ye * dem Domanial⸗ 
Sale ad m he Voriger, Tl Wie Stontebinge Dur 
un; aa e rei A, jollen die aat nr 
—“ Ne mit baum das 


—— ne: an —— En ben deren db) mit 
„pielietigen en v sonigliäen 8 Behand» 
1 Bart onbere für 


e ung iſt ab 
—— bei d genden 

55 SE — 

w· 

Ginen weiten ki ei — Se —8 du bilden die 

Regatln dd. E).— ewöhnlichen 8. nicht bir, fo fchreitet man 

ſchledenen PT als außerorventlidhen Maßregeln. 

jede derfelben, wenn fie nicht durch außerordentliche Umflände ver- 

* an ſich fc (dm ein Me ie Aufn hr on dem —8 aushalte, 

beweiſet daj on! nur für je Gegen» 

art geforgt habe, ©roße, —ãA nn ren, wer Wamhe 


Finanzwiffenfchaft. 19 


euern, waren biöher die directen Begenftände foldyer Finanzoperationen. Die 
sten befteben in dem Berfaufe von Realitäten, in der Einziehung von Ab⸗ 
sichillingen für Orundgefälle, Theilgebühren u. f. w., in fofern die dadurch 
men Gelder zu laufenden Ausgaben verwendet werden. Nur Nothfaͤlle koͤn⸗ 
lche Finanzoperationen rechtfertigen; treten aber jene ein, fo find doch freis 
: Unlehen die zwedmäßigfte Finanzoperation. ar zeigt dieß, da es 
r unendlichen Größe friner Staatöfchuld zu jeder Zeit große Summen an⸗ 
weife erheben fann. Wenn auch gleich höhere Zinfen biefür bezablt wers 
üflen, fo wird doch jeder wahre Patriot Lieber zu dieſem Opfer beitragen, 
e Rechtlichkeit der Regierung oder deren Brundvermögen zu Grunde gehen 
en, was bei Zwangsanlehen oder Beräußerung von Staatdrealitäten (wenn 
aicht überflüffig find, oder vorzüglich gut angebracht werden können) im⸗ 
mehr oder weniger der Kal if. ’ 
Finauzwiffenfcaft, auch Finanzwirthſchaft, Finanzkunſt und Fi⸗ 
tunde genannt, iſt die Wiſſenſchaft, welche lehrt, wie die Staatseinkünfte 
as Vortheilhafteſte zu erheben, zu verwalten und wieder zu verwenden ſind. 
andelt demnach in drei Hauptabtheilungen von der AUsgabe, ver Einnahme 
eßt von der Art u. Weife, wie deren Bertheilung, Erhebung u. Verwendung 
birken iſt. Erftere zerfällt in zwei Hauptrubrifen: 1) in ordentliche u. 2) 
ıBerordentliche Ausgabe. Unter jener verficht man biejenige, weldye im ges 
lichen Zuftande des Staates, d. h. in dem der Ruhe u. des Friedens, bes 
wiederfehrt; hingegen unter dieſer diejenige, weldye durch Krieg u. unges 
Ice Unglüdsfälle, wie 3. B. epivemifche Krankheiten, Ueberſchwemmungen 
w. herbeigeführt wird. In fo fern Durch die ordentliche Ausgabe diejenigen 
a für Staatsunftalten beftriiten werden, welche ununterbrochen allen Staats» 
m Bortheile, fet ed nun In Anfehung der Sicherheit ihrer ‘Berfon, oder ihres 
uhumes, gewähren, wie z. ®. die allgemeine Landespolizei, die Vertheidi⸗ 
„vie Verfaſſung ıc., fo if die Ausgabe eine allgemeine, weil fie theild aus 
Staatsdermögen überhaupt, theil8 aus den allgemeinen, auf dem Wege der 
uerung aud dem Bermögen der Unterihanen erhobenen, Beiträgen beftritten 
Hieran fchließt fi) die befondere Staatdausgabe, weldye durdy Beiträge 
er beſtritten wird, die von Staattanftalten, weldye nur durch den jevesmali- 
Hebrauch befonderen Nugen gewähren, Bortheile ziehen, wie 3. B. von der 
verwaltung, dem öffentlichen Unterrichte, den Land- und Waflerftraßen ıc. 
wußerordentlihe Staatdausgabe fann in einer dreifachen Beziehung betradh- 
erden. Sie tft 4) öfonomifch, wenn nothwendige u. nügliche Bedürfniſſe 
: beftritten werden, wie 3. B. die Koften eines unvermeidlichen Krieges, die 
flügung der durch ungewöhnlidye Naturereigniffe verunglüdten Einwohner 
w., hingegen 2) capitaliftifch, wenn eine Gewinn bringende Anwendung 
ı gemadht wird, wie dieß bei Etrichtung von Muſterwirthſchaften zur Ber: 
ımmnung des Landbaues, Urbarmadjung des Bodens, Anlegung von Lands 
zaſſerſtraßen ıc. der Sad iſt. Endlich begreifen wir 3) unter der unökono⸗ 
ben Staatsausgabe eine jede, durch Verſchwendung des öffentlichen Bermö- 
bewirkte Ausgabe, welche unnöthige Kriege, eine zu koſtbare Civil- u. Mi- 
serwaltung, unnöthige Oefandfchaftn, die Launen u. Neigungen ded Herr- 
3 u. unzählige andere Urfachen veranlaifen fonnen. — Die Staatseinnahme, 
it fich der zweite Theil ver 5. befchäftiget, zerfälit eben fo, wie die Staats⸗ 
abe, in zwei Rubriken, nämlich: 1) in die ordentliche u. 2) in bie außer- 
ntliche. Erftere ift eine beftändig wiederfchrende, zur Dedung des ordentli- 
Staatsaufwandes erforderlidhe Einnahme, da hingegen letztere nur von Zeit 
eit Statt findet, je nachdem es der außerordentlihe Staatsaufwand erfor- 
Die ordentliche Staatseinnahme fließt entweder aus einem, dem Staate u. 
Nation auf immer übergebenen Vermögensfond, weldher aus Domainen und 
lien befteht; over aus einem Vermögenefond, der in dem Vermögen der ein» 
n Bürger begründet iſt u, von ihnen mittelft der birecten u. indirecten Be⸗ 


200 Findelhaͤuſer — Fingal, 


8 
ſteuerung, unter dem Namen von Steuern, Abgaben, Impoſt ꝛc. erhoben wird. = 
Aus der Verleihung von Aemtern, Titeln u. Würden, Eonceffionen, Diepenfas-: 
tionen und Privilegien, fo wie aus Heimfallds und andern fiscalifchen Redhten, “ 
ſchöpft der Staat nody zufällige Einnahmen. Außer den fo eben angezeigten or⸗4 
dentlichen Einnahmen, zieht die F. auch noch die außerorventlichen Steuern in... 
Erwägung. Ste fönnen entweder beftchen in außerordentlichen Steuern, wole, - 
3. B. Vermögenöfteuer, Capitalien⸗ oder Befoldungäfteuer, in Staaten, wo ſolche 
fonft nicht herfömmiich find, oder in Anlehen, Anticipationen künftiger Einnah⸗ 
men u. |. w. — Was den dritten Thell der F. betrifft, fo handelt derfelbe von .- 
der innern u. von der Außern Cinrichtung des Finanzweſens. Zur erftern ges; 
hört 3. B. die Bekimmung der Beſchaffenheit der Steuern, ob fie in Propuften, „ 
oder in Geld abgeführt werden follen; ferner die Einrichtung des Steuer-Gaflens 
u. Rechnungöiwefene. Zur leßteren hingegen zählen wir die gefammte äußere Fi⸗ 
nanzverwaltung, mit allen Obers u. Unterbehörben, denen die Verwaltung des " 
Staatsvermögens überwiefen il. — Krönde, Abhandlung. über flaatswirtke 
ſchaftliche Gegenſtaͤnde, Darmſt. 1817—19, 4 Bde. Soden, Rationalöfonomie, 
3 Bände, 1812. Jacob, die Staats, Halle 1821. Fulda, Handbuch der 
%., Tübingen 1827. Malchus, Handbuch ver F. u. Finanzvetwaltung, Stutts 
gart 1830, 2 Thle. Pölig, Staatswiſſenſchafiliche Vorlefungen, Leipzig 1832 
bis 33, 3 Bde. Rau, Lehrbuch der politifchen Defonomie, Helvelberg 1832 — 
41837 und andere, 

Findelhäuſer find öffentliche Anftalten unter obrigkfeitlicher Aufftcht, mit dem 
nöthigen Directiond, u. Wärterperfonale, in weldyen neugeborene u. Feine Kinder, 
entweder von Ihren Eltern ausgeſetzt u. aufälin gefunden (daher der Rame Find- 
ling), oder mit Angabe der Herkunft und Beltimmung aufgenommen, auf die 
Dauer des kindlichen Alters, für Rechnung des dazu beſtimmten Fonds, förperlich 
verpflegt werden. — Werden nad) Ablauf diefer Zeit die Kinder von ihren Ans 

ehörigen zurüd gefordert, u. bleibt über deren Recht Fein Zweifel, fo muß dies 
Em Genuͤge geicheben. Die Finvelanftalt unterfcheidet fidy von der Watfenpflege 
dadurch, daß fle fidy auf die erfte phyſiſche Ernährung der Kinder befchränft, wo⸗ 
egen diefe auf die phyſiſche u. geiftige Ausbildung bio zu den erflen Jahren der 
F-ibfRändigen Ernährungsfähigfeit (gewöhnlich bis zum 14. oder 15. Jahre der 
Knaben u. Mäpchen) fidy erftredt. Beide Anftalten können einzeln, oder audy 
vereinigt mit einander beftehen. In fehr großen Stäpten, wo durch gebuldete 
feile Dirnen u. Sietenverderbniß Ausfegungen der Kinder häufiger vorfallen, und 
diefe, wegen ihrer muthmaßlidyen unreinen Abftammung, bei Familien ſchwieriger 
unterzubringen find, bleiben Findelanftalten, worin die Kinder verpflegt werden, 
nöthig. Da aber in diefen, nady der zeitherigen Erfahrung, eine Sterblichkeit herrfcht, 
die wirflidy Entf gen erregt, fo {ft dringend, über diefelben eine genauere Aufficht zu 
führen u. die Gebrechen, wodurch die auffullende Sterblichkeit veranlagt wird, ab- 
zuftellen. — Die Behauptung, daß durch diefe Anftalten Die feile Woluft Rahrung 
u. Gedeihen erhalte, u. daß die Eriftenz derſelben der Moralität fchade, iſt un- 
wahr, weil Diejenigen, weldye Kinder audfegen, oder Andern forglo® überlaffen, 
nur für den Augenblick leben. — Nach den verfchiedenen Gefeßgebungen werden 
Findelkinder theil auf Koften des Staats, theild auf Koften ver Gemeinden, in 
deren Bereich fie gefunden werden, erzogen. Krieger, Archiv für Waifen- und 
Armenerziehung, 2 Bde., Hamb. 1825 — 28. Mohl „die 5. u. Walfenhäufer“ 
in der deutfchen Bierteljahrichrift. (Det. u. Nov. 1838). 

Fingal (Fin Mac Eoul, Finghad, Vater des Offten, Fürft von Mor: 
ven in Caledonien, nad) Einigen um die Mitte des 2., nad) Anvdern um die 
Mitte des 3. Jahrhunderts nach Chriſtus. Nah Eh. ©. Heinrich Geſchichte 
von England, 1. Theil, ©. 10) fang Offen im 4. Jahrhundert; darnady müßte 
5. wohl in der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts gelebt haben. Iſt der von Diftan 
erwähnte Caracul der römifche Kaiſer Garacalla, fo muß %. etwas früher gefept 
soerben. Diefer Zürfl, der tapfer gegen vie Tremven, Römer, Schwrnen u. Iren 


Fingalshoͤhle — Finiöterre, 201 


kirgte, warb afimätig Held vieler ihn rühmenden Sagen, als Krieger u. San⸗ 
ger geyriefen, beſonders in den beiden Gedichten „Hingal* u. „Temora.“ Bergl. 
weiter den Artifel Oſſian. x. 
Fingalshöhle (Melopier Höhle, Uva⸗Bhinad, eine der größten und 

en Raturmerfmwürdigfeiten Europa's, auf der Hebriden⸗Inſel Staffa, in ver 
Grafichaft Argyle. Sie gleicht dem Innern eines Münftere von unermeßlichem 
Bafange, der jedes menfehtiche Kunftwert an Regelmäßigfeit erreiht, an Größe 
wm Gıbabenheit aber unendlich binter ſich zurüdiäßt. Nach der Meinung 
ver Hochländer wurde fie von Riefen, dem Fingal (f. d.) zu Ehren, erbaut. Die 
Wände tefle'un aus Reihen von Bafaltpftlern, bis 50 Buß body, meiſt ſechseckig, 
Ye nad den Befepen der ‘Berfpective regelmäßig abzunchmen fcheinen u. ein ges 
waltige® Gewölbe tragen, das aus oberen Eäutens Enden befteht, deren Schäfte 
ihne Wenl von der See weggeriſſen worden ſind. Die Säulenſtücke, woraus 
dad Dach entſtanden, find durch eine kalkartige Materie zufammengefittet, doch 
wit einem lichten Gelb, das, durch den dunkeln Purpur der ſechseckigen Flaͤchen 
gehoben, eine ſchoͤne Wirkung macht, u. faſt wie Moſaik ausfieht. Der Boden 
der Grotte ift von der See angefüllt, u. nur bei fehr hellem Wetter darf fidy ein 
Boot bis in das Innere diefed Heiligthums wagen. IR die See nur einiger» 
maßen bewegt, fo gibt es keinen andern Zugang, ald vermittelft eines Dammes, 
ver längs der öftlichen Wand aus emporftehenden Säulenenden aufgethürmt, aber 
nur 2° Breit u. von den aniprigenden Wellen beſtändig fehlüpfrig if. Die ganze 
Länge der Höhle beträgt 371’, die Breite am Gingange 54° u. am Innern Ende 
20', die Höhe des Gewölbe am Eingange 117‘ Inwendig am Ende 70°. Die, 
im Innern von den Frifen berabträufeinde, Feuchtigkeit bildet fo harmoniſche Töne, 
daß ſich der Befuchende plöglich durch eine Art von unfichtbarer, zauberaͤhnlicher 
Melodie überrafcht findet. 

Tingerfag, Fingerſetzung, Applicatur, heißt die Art der Anfegung der 
Ginger bei Inftrumenten, wo die Verſchiedenheit des Tones durch Griff, Anſatz 
oder Drud der Finger gebildet wird. Bon der Richtigfeit der Applicatur hängt 
größtenthelle die Reinheit des Tones und die Deutlichfelt ded Bortrags ab, und 
gegründer auf Anſtand u. Bequemlichkeit, bewirkt jene Richtigkeit u. Zweckmäßig⸗ 
feit die Sicherheit des Spiels. In welcher Art die Finger anzufrgen find, mird 
den Anfänger durch Bezifferung der Noten bemerfbar gemacht. Die vießfälligen 
Anmeifungen, auch Schulen genannt, find nad) den Inftrumenten verfchieden. 
Für das Pianoforte iſt Hummel's theoretifcdy s praftifchye Anweiſung die befte. 
Der berühmte Berfafier derfelben hat diefen Gegenftand als einen der wichtigften 
feiner Lehre behandelt und ihm mehr durdy zahlreiche Beifpiele, als durch Worte, 
für alle vorfommende Fälle zu erläutern geſucht. Wie der Anfchlag fd) von ber 
Fingerſetzung unterfcheidet, |. Anfchlag. 

Biniguerra (Tommafo u. abgekürzt Mafo), geboren um die Mitte des 
15. Jahrhunderts, Goldarbeiter zu Florenz, gefchidter Zeichner und Arbeiter In 
Niello; erfand, nach Einigen, hiedurch geleitet, um 1452 die Kunft, von hohl⸗ 
gravirten Metallplatten Abprüde zu machen, und fo die Kupferftechfunft. Die 
niellierte ‘Platte, eine Krönung der Marta, die man al& die erfte abgedrudte aufs 
führt, beflgt der Großherzog von Toecana; den einzigen davon gemachten Ab⸗ 
drud das Kupferfticheabinet in Pario. 

Finisterre, 1) ein Departement im nordweſtlichen Frankreich, bildet eine 
Halbinfel zwifchen dem Kanale u. dem atlantifchen Ocean, hat 131% [J Mellen, 
durch die Gebirge Arce (Arre) u. die fhwarzen Berge (Ende in der zandzunge 
Erozon) hügeliges, an der Küfte fehr zerriffenes, Flippigcd, doch mit mehren Rhe⸗ 
den (Douarnenez und Breft) verfehenes, im Innern haidiges und mageres, doch 
audy fruchtbares Land, bewäflert von der Aulne, Elle, Ifolle, Morlaix u. a.; 
das Klima tft geſund. Biel Wild, Zifche, Bel, Siiber: Gerreive, Gemüfe, Hanf, 
Flachs, Dbft, ‘Pferde, Bienen; Ginwohner 453,000, Bretons, mit eigenem Dia- 
Icfte, noch fehr zurüd gegen andere Franzoſen; fie leben dürftig, ohne Bequemlichkeit, 





202 Fink Hann 


treiben Aderbau (nach alter Weiſe und mit nicht binreichendem Gewinn), Fiſch⸗ 

[ana (Sardellen), Bergbau, Leinmeberei, Setleret, wenig Handel; Haupiſtadt 
uimper. 2) Borgebirge in Galicien, Epaniens weftlidye Spige, in der Provinz 

Goruna; Sieg der — 539*— Flotte über die Franzoſen am 3. Mat 1748. | 

Fink (Fringilla), Gattung aus der Familie der Sperlingevögel. Die bei 
und gewöhnliche Art ik der Buchfink oder Edelfink (F. coelebs); er hat die 
Größe eines Hauefperlings ; fein Unterleib if roͤthlich; Ylügel und der gablige 
Schwanz find ſchwarz gefärbt mit zwei weißen Querſtreifen; der Schnabel iſt ge 
rade, did, fegelförmig; die Nafenlöcher offenftiehend oder mit Federborſten bebedt; 
die Zunge fpisig u. zufammengedrüdt. Er wohnt in den Wäldern u. Gärten von 
ganz Europa u. einem Theile Afrika's. Imfelten und Sämereien find feine Nah⸗ 
rung. Er fliegt ſchnell u. if fehr munter, ohne fcheu zu ſiyn. Wegen feines Ge⸗ 
I wird er fehr gefchägt. Man unterfcheidet in dem Yinfenfchlag, nad) der 
Hr ber Töne, eine große Manntigfaltigfeit. Gefangen wird er in 

en u. auf Leimruthen. Andere Arten find: der Bekgfink u. der Schneefint, 
diefer nur in den höchften Alpen. Zu der Gattung der F. en gehören außerdem: der 
Hausinerling, Zeifig, Stieglig u. Kanarienvogel. 

Fink, Frledrich Auguſt von, einer der verbienteften Generale Fried» 
richs I. im fiebenjährigen Kriege, 1718 zu ce geboren, trat als Major aus 
ruſſtſchen in preußtfche Dienfe, wo er bald zu höheren Graden ſtieg; als er aber 
1759, nicht ohne Friedrichs eigene Schuld, von den Defterreichern mit feinem 
Corps bei Maren gefangen wurde, mußte er den preußiichen Dienft wieder ver» 
laffen u. erhielt Fellungäftrafe. Nach feiner Freilafiung wurde er al& General der 
Infanterie nad) Dänemark berufen, ftarb aber ſchon 1766 zu Kopenhagen. 

Sinnen, von den Ruſſen Tſchuden (d. 5. Zremdlinge), in ihrer eigenen 
Spradye Suomalainen (d. h. Sumpfbewohner), eine eigene große, etwa 3 Mill. 
Seelen zählende Bölferfamilie im europätfchen u. aftatifhen Rußland, in engerer 
Bereutung im Großfürſtenthume Finnland u. den Gouvernements Peteröburg u. 
Dionecz, ſowie im nörblidyen Schweden anfäßig, bunfelfarbig, ernft u. büfler von 
Blick, ſtarkgliederig, blonphaarig, duͤnnbaͤrtig, mittelgroß, mit platten Gefichtern 
u. ſtark pervorragenben Backenknochen, mäßig, gaftfrel, am Alten hängend, beftig, 
eigenfinnig, unverträglichy, rachfüchtig, ehrlidy („beim Wort den Mann, am Hom 
den Ochſen,“ lautet ein altes finnifches Sprichwort), tapfer, faul, ſchmutzig, fitten> 
rein, Sie theilen fid, in folgende 15 Stämme: 1) die eigentlichen %., der 
Hauptflamm, im Großfürftenthum Finnland und in den Gouvernements Peters⸗ 
burg, Rowgord, Dlonecz, Stbirten, gegen anderthalb Millionen; 2) die Lappen, im 
Norden Sinnlande, in einigen Gegenden des Gouvernements Ardyangel, gegen 
33,000; 3) die Efthen, in Efth- u. Lievland, gegen eine halbe Million; 4) die 
Lieven in Kurland bei Dondangen u. in Lievland im welmarifchen Kreife u. an 
der Salis, gegen 2,800; 5) die Bäfermänen, im Gouvernement Wiätfa, ge- 
gen 1,009; 6) die Feranen, im Gouvernement Perm, gleichfalls gegen 1,000; 
7) die Bermjäden, im Gouvernement Perm, gegen 35,000; 8) die Sirjänen, 
in den Gouvernements Wologda, Arhangelöf, Wjätka, Perm u. Tobolsk gegen 
40,000; 9) die Wogulen, in den Gouvernements Perm, Toboldf und Tomsk, 
gegen 100,000; 10) die Wotäfen, in den Gouvernements Wärfa und Kaſan, 
gegen 100,000; 11) die Tſchuwaſchen, in ven Bouvernements Kafan, Nije⸗ 
gorod, Sfaratow, Sfimbirsf und Aftrachan, gegen 400,000; 12) die Tfchere- 
miffen, in den Gouvernements Kaſan, Aſtrachan, Sfimbirdf und Nijegorod, 

egen 220,000; 13) die Mordwinen, in den Gouvernements NRijegorod, 

enfa, Tambow, Sfaratow, Sfimbirsf u. f. w., gegen 140,000; 14) die Oft- 
jaten, am Obi u. Srtifch, gegen 110,000; 15) die Teptären, ein Miſchvolk 
aus %. und Tataren, im Gouvernement Orenburg, mit den Bobuilen 69,032 
Seelen. — Sonft theilt man die F. auch noch in drei größere Glaffen, nämlich: 
a) In uarifde F., auf der aflatifchen Seite ded Ural, an beiden Ufern des 
Ob, bie Bölterfäaften 9 u. 14 umfafiend, c) in uraltidhe 5, wer %. von 


Finniſcher Meerbufen — Finnland, 203 


Bolga, wehlid vom Ural bis an die Wolga, befonder6 an der Kama, wozu 
bie Stämme unter 6, 7, 8, 10, 11, 12, 13 und 15 gehören; c) in baltiſche 
eder weftliche F., in Lappland, Finnland u. am baltiichen Meere. Den Dialeften 
nad) unterfcheivet man 1) die eigentlichen F., Eſthen und Lappen, 2) die Mord» 
winen, Roffdyanen u. Sfcheremifen, 3) die Permier, Suränen u. Wotjäfen, 4) 
vie Wogulen u. 5) die Ofljafen. Die %. leben hauptfächlidy von Renntbieren u. 
von der Kifcherel, Jagd u. dem Aderbau. Eie find ein uralte Eulturvolf tatarifchen 
Stammes, im Alterthume den Perſern, Griechen u. Römern befannt, und wahr, 
ſceinlich, in Folge der Völkerwanderung, vom Südoſten her in ihre heutigen 
Wohnflge gezogen. Bis gegen das letzie Viertel des viergehnten Jahrhunderts 
bildeten fie unabhängige Reiche (Permien u. das Doppelreidy Udorien u. Dugo⸗ 
sien), wurden aber um biefe Zeit von den Ruffen tbeilmeife unterjodyt, und zur 
griechifchen Kirche bekehrt, bie fie durch die flegreichen Kämpfe der Ruſſen mit 
den Schweden in den legten SJahrbunderten, u. befonder® durdy den Frieden vom 
Sabre 1809, ganz unter die Botmäßigfeit der erfteren kamen. — Die Sprache der 
8. bat das Eigenihümlicdye, daß ihr die Mitlauter c, £ u. g fehlen; dagegen if 
fie reich an Doppellautern u. ungemein weichlautend. Ow. 
Finniſcher Meerbufen, ein Theil der Oſtſee, ein 60 Meilen langer und 
23 —17 Meilen breiter Golf, der im Norden von Finnland, im Süden von Eſth⸗ 
land und dem Gouvernement PBeteröburg begränzt wird, Die Fahrt auf dieſem 
Meerbufen it, wegen der vielen Untiefen, Berfandungen u. der gewaltigen Eis⸗ 
mafien, welche im Frühjahre aus der Newa kommen, fehr gefährlich, nichtsdeſto⸗ 
weniger aber ſehr bedeutend; fo namentlich kreuzen fidy fortwährend 20 Dampfs 
ſchiffe. Auf der Norpfelte gibt es viele Infeln u. Klippen, weldye der fleilen Fel⸗ 
fenfüfte Finnlands vorgelagert find. Ow. 
„ &innland, bei ven Eingeborenen Suomemaa, ein zum ruffifchen Kaiſerreiche 
acharigen aber durdy feine befondere Verwaltung felbftfländig für fidy beſtehendes 
roßfuͤrſtenthum, aus ruſſiſch u. ſchwediſch F., Lappmarf und den Wlandeinfeln 
zujammengefeht, 6,873 8 M. groß, mit 1,430,000 Einwohnern, graͤnzt im Nor⸗ 
den an Norwegen, im Öſten an den Ladoga⸗See u. die Gouvernements Archan⸗ 
gelsf u. Dionecz, im Weften an Schweden u, den bothnifchen Meerbufen, im ©. 
an den finniſchen Meerbufen, den Ladogı- See u. dad Gouvernement Peteröburg. 
Tie ganze Provinz ift 4—600 Fuß hoher Felſenboden, voll hervorragender, aber 
nirgends über 1200 Fuß hoher, zerftreuter Felſenmaſſen, größtentheild Granit, ohne 
eigentliche Bergfetten, mit fteiler felfiger Süpfüfte, überall von Seen u. Moräften 
durchzogen, die ein Drititheil des ganzen Areals bededen. Faſt alle Seen flehen 
mit einander in Verbindung. Die beveutendften Seen find: der Saima, Pajlane, 
Puruveſt, Orivefl u. Pihäjärwi, Ulea, Enara, an der Oränze der Ladoga u. f. w. 
Unter den vielen Flüffen bemerken wir nur den Woren (Wodfchu), der Abflug 
des Saima⸗Sees in den Ladoga, vol Felfen und Eteinblöde, wenig ſchiffbar, 
mit den 30 bis 40 Fuß hohen Phönen Fmatra-Wafferfällen, den Kymmene (Ab⸗ 
fluß des Pajiane) gleichfalls vol Wafferfall u. unfchiffbar. Ferner den Ulea und 
Tornea; lesterer ein G:änzfluß gegen Schweden. Das Klima ift ziemlich rauh, 
an der Küfte milder. An der meiten SKüftenftrede liegen eine große Dienge Ins 
feln, Felſen u. Klippen, wodurch die Schifffahrt fehr gefahrvoll wird. Im Süden 
iR der Aderbau möglich und ergiebig. Es gedeihen hier Roggen, Walzen, Hanf, 
Flachs, feibft Hülfenfrüchte, im Norden gewährt die Vegetation nur Rennthiers 
moofe.. Im Süden find die Höhen meift mit Tannen: u. Birfenwäldern befept. 
Das Mineralreih erzeugt etwas Kupfer, Eifen, Kalt, Schiefer; Salz mangelt. 
Elennthiere, Bären und Wölfe, fo wie anderes Wild finden fi) in Menge “Der 
Handel u. Gewerbsfleiß, Iegterer nur in den Städten, find von feiner Bedeutung. 
F. zählt etwa 30 größere u. kleinere Städte, darunter die Univerfttätsftant Hel- 
fingfore. Gymnaflen ibt es zu Abo, Wiborg, Borgo. Die Einwohner find 
innen, tſchudiſchen Stammes, alle Lutheraner. Ferner gibt es gegen 200,000 
Schweben, und in ben Städten, befonders in den öftlichen, an 38,000 Ruſſen. 


% 


204 Florillo — Firmian. 


Einen graben Theil der Provinz haben die Lapvern inne, welche theild vom Fiſch⸗ 

ſang theils von der Rennthierzucht, meiſt als Nomaden leben. — Das Land iſt 
n 8 Gouvernements oder Lane eingetheilt, näͤmlich: Abo u. Björneborg, Kuopio, 
St. Midyel, Nyland, Tawaſthus, Uleaborg, Waſa u. Widorg. %.6 Berwaltun 
iR von der des übrigen Rußlands völlig verfchieden, Eben je bat es fein eigene 
Militaͤr, das fi durch Freiwillige refrutirt, ſelbſtſtändige Finanzverwaltung, 
ſchwediſche Gefep: u. wird durch eine Zolllinie von Rußland geſchieden. Die Ein⸗ 
fünfte der Krone betragen anderthalb Millionen Rubel Silber. Hauptfeſtung iſt 
Sweaborg. — F. war, urfprünglich von Lappen bewohnt, die im 9. Jahrhunderte 
von den Sinnen nad) und nad) gegen Norden gedrängt wurden. Im 13. Jahrs 
hunderte wurde F. von den Schweden erobert u. blieb eine ſchwediſche Provinz, 
bis im Frieden von Ryftadt, 30. Auguft 1721, die öftlichen Theile des Landes, 
Wiborg u. Kerholm, an die Ruflen abgetreten werden mußten, u. biefe durch den 
Srieden von Fcederiksham, 17. September 1809, in den Beſth des ganzen Landes, 
gefegt wurden. Doch erhielt F. alle feine Privilegien und Geſete von Rußland 
gewährleiftet. Ow. 

Fiorillo (Johann Dominicus), geboren zu Hamburg 1748, Aufſeher 
der Kupferftihfammlung: in der Bibliothek zu Göttingen, 1799 Profeſſor der Phi⸗ 
lofophie, ſtarb 18215 er fchrieb: G:fchichte der zeichnenden Künfte (von ihrer Wie- 
beraufblühung), Göttingen 1788—1808, 5 Bände; Fleine Schriften artiſtiſchen In» 
halte, ebend. 1803—1806, 2 Bde.; Geſchichte der zeichnenden Künfte in Deutfch- 
land u. den Riederlanden, Hannov. 1815—20, 4 Boe. 

Firdufi oder Haffan ben Schereffhah aus Thus in Perfien, der be 
rühmtefte Dichter dieſes Landes, blühte um: 1020 nad Chr. Man hat von ihm 
ein epiſches Gericht: „Schah⸗Nahmeh“ worin er die Thaten der älteren perfifchen 
Könige befang: The poems of Ferdosi translated from the Persian by Jos. 
Champion, Lond. 1790, 4 Bol. R. deutſch. Merk. 1800, St. 2. ©. 88. Monu- 
menti Persepolitani a Ferdusio, Poöta Persarum herocio, illustratio. Proposuit 
G. E. Hagemaan. Götting. 1801, 4. Geſchichte des Bahra Gur, and dem perft: 
ſchen des Ftroufi von ©. E. Hagemann in Fr. Schlegeld Europa, Bo. 11. H. 2. 

Birenzuola (Agnolo) eigentlih Agnao Nannini, zu Florenz geboren, 
blühte unter Leo X., war Abt zu Ballombrofa, zulegt Biſchof u. ftarb 1951. Er 
hat fehr vieles, fowohl in Proſa als in Berfen, felbft verfaßt u. überfept, u. in 
der Poefie den ‚njab des Petrarca, des Bernt, aber audy feinen eigenen betreten. 
Unter feinen Gedichten geben die Staltener feinen fcherzhaften u. feinen Komödien 
vor den ernfthaften den Borzug, obgleich dieſelben mit einer Freiheit gefchrieben 
find, die ſich für feinen geiftlidyen Stand wenig fchidte. Rime. Flor. 1549; Opere, 
ib. 1723. 2 Vol. 8. 

Firmian 1) (Karl Joſeph, Graf von), ein verbienftvoller Staatsmann, 
geboren 1760 zu Deutfchmet im Trientifchen, erhielt feine erfte Erziehung und 
wiſſenſchaftliche Bidunß zu Erthal, Innsbruck und Salzburg. Rad) vollendetem 
Studiencurs wurde er In Holland ein Zuhörer des Bitrlartus, u. ſchloß Freund⸗ 
ſchaft mit Havercamp, Boerhaave, Bynkershoek u. anderen berühmten Männern 
zu Leyden. Bon da begab er fi nad) Paris u. bald darauf nach Stalien, wo 
er feinen Geſchmack in den fchönen Künften ausbildete. Als Franz I. den kaiſer⸗ 
lihyen Thron beftteg, Fehrte F. nad) Deutſchland zurüd u. widmete fich gene 
den Staatögefihäften. Marta Thereſia fandte ihn als bevollmächtigten Minifter 
nad) Neapel, wo er durdy fein einnehmendes und fanftes Betragen nicht meniger, 
als durch feine erlangte Geſchicklichkeit in meifterhafter Behandlung der ſchwierig⸗ 
fin Gefchäfte, den König Karl aus dem Haufe Bourbon bemog, der italienifchen 
Altanz beizutreten, von welcher die Erwählung eines römifchen Königs «des 
nachmaligen Kaiferd Joſeph IL) abbing. Als er darauf zum bevollmächtigten Mi: 
nifter in der öfterreichifchen Lombardei ernannt wurde, eröffnete fi) ihm ein neues 
svelte8 Felb, alle Tugenden eined, durdy Religion, Whllofophle und Wiffenfchaften 

geleiteten, Staatömannes in ihrem größten Blanze zu zeigen. Er wor &&, Ver Üe 


Firmung. 205 


Siebe zu den befferen Seiifenjhaften in jenen Gegenden wieder erwedte, Biblio- 
ibefen errichtete, und bie Univerfität Pavia wieder berzuftellen fuchtee Das ches 
malige Herzogtbum und die Stadt Mailand haben ihm feit 1759 vorzüglich die 
Stiftung verfchtedener Manufakturen, Ausbreitung des Handels, Berbeflerung ver 
Landwirthſchaft u. Eultur der Künfte u. Wiffenfchaften zu verdanken. Ale dieſe 
Berdienfle erhöhte er durch die ungemeine Leutfeligfeit, mit welcher er jeden 
Künſtler u. Gelehrten aufnahm und unterftüßte, und durch die Ginfichten, die er 
jelbſt in vielen Fächern der Literatur an den Tag legte. Er befaß eine treffliche 
Biblioihek von mehr ald 40,000 Bon. u. auderlefene Kunftfammlungen. Er ftarb 
%0. Juli 1782. — 2) F., Leopold Anton, ®raf von, Erzbiſchof von Salzs 
burg, Bruder des Borigen; unter ihm fand 1732 die Auswanderung der protes 
Runrifchen m algnurger ftatt (ſ. Salaburg).- Er farb 1744. — 3) F. Karl 
Leopold Martmilian, geboren 1760, Fürftbifchof von Wien, der lebte maͤnn⸗ 
lidye Sprößling des Haufe, flarb zu Wien 28. Nov. 1831. 
Firmung (confirmatio), ift das zweite Sacrament der Fatholifchen Kirche, 
in weichem der Getaufte durch die Salbung mit Ehryfam, das Gebet u. die 
Händeauflegung des Bifchofs, in der Gnade Gottes geftärkt wird und den heiligen 
Geiſt empfängt, um feinen Glauben ftandhaft u. muthig zu befennen. Daß bie 
Firmung ein Sacrament fet, ergibt fi) fo: 1) an der Handauflegung (Apg. 
8, 17. u. ff.) iſt das Außerliche Zeichen; an der Mittheilung des heiligen @eifte® 
(Apg. 8, 17. u. ff. 19, 6.) die innerlihe Gnade u. die Einfeßung von Jeſus 
Ehriftus zu erfennen. 2) Die farramentale Dignität der F. erhellet aber vor 
Allem aus der kirchlichen Tradition, befonders aus dem 48. Cap. des Concils 
von Laodicäa, u. dem 1. Gap. der 7. Sigung des Triventinums. Bon den Bär 
tern können fchon aus Clemens von Alcrandrien (Str. 2, 3.), Tertullian (bapt. 
c. 7. praescr. 36. etc.), Cyprian (Epist. 70 ad Janusrium) hieher bezügliche 
Beweioſtellen angeführt werden. — Ephrem heißt die %. geradezu Mysterium, 
Earrammt. Ebenſo Vigilius von Tapfus (Cont. Eutych. 3, 7.), der fie auch 
mit der Euchariftie coordinirt. 3) Ein weiteres Argument für die Sacramentas 
lität der F. legt auch in dem Conſens aller orientaliſchen Kirchen mit der römifch- 
fatholifchenz; denn Griechen, Armenter, Jafobiten, Neſtorianer ıc. erfennen bie $. 
als Sacrament an. Erft Luther hat, im Widerfpruche mit der ganzen Tradition, 
der F. die Wirkung u. Eigenſchaft eines Sacramentd abgefprodyen. Seine Gon- 
jerten pfl-gten fie nur eine „Schmiererei” zu benennen. — Als befonderer Irrthum 
mus hervorgehoben werden die Anficht, als fei die %. Fein eigenes, für fidy be- 
ſtehendes Sacrament, fondern nur bloße8 Supplement der Taufe. Die %. if, 
wenn gleich in der wirklichen Verleihung mit der Taufe früher enge verbunden, 
ein von der Taufe wirklich unterfchiedeneds Sacrament. Denn nad) Apg. 8, 
12-17. wird fie den, von Philippus getauften, Samaritern eıft fpäter von den 
Apoſteln Petrus u. Johannes eriheilt, u. fie zeigt fich von felbft durch Materie, 
Form, Subjekt, Minifter u. Effekt als ein von der Taufe verfchiedened Sacra⸗ 
mat. — In Betrff der Materie der F. berrfcht zwar unter den Theologen eine 
Gentroverje ; denn Einige behaupten, die Handauflegung allein, Andere, die Sal⸗ 
bung fei wefentlich; Andere wiederum, daß beide für einander vifariten können, 
u. wieder Andere, daß beide zugleich erforterlich feien. Allein die sententia com- 
munis geht doch dahin, daß die Handauflegung und Salbung miteinander die 
Materie der F. bilden. — Die Lareiner haben zum Außeren Elemente der %. 
enfah Del u. Balfam; vie Griechen dagegen fegen dem Del u. Balfam einen 
Abfud von 35 Ingredienzien bei. Auch die Monophyſtien haben eine reiche Com⸗ 
yofition die Neftorianer Dagegen das einfache Del. Das Del aber muß ein 
som Biſchof giweihtes ſcyn. Was die Koım ver %. anbetrifft, fo ift fie bet 
Verſchiedenen verfchieden. Eine andere haben die Lateiner, eine andere die Aethio- 
pier, eine andere die Syrer, eine andere die Kopten u. f. w. — Die jebige 
Formel der Rateiner lautet: ich bezeichne dich mit dem Zeichen des Kreuzes und 
firme bich mit dem Gbryſam bes Helles im Namen des Vaterd 10,5 — De Ihr. 


das Zeichen + Ehrifti zum ewigen Leben. Bel den Lateinern iſt nur Eine Sals 
bung, nämlidy die der Stine, in Kreuzeöform, üblich; Aethiopier, Kopten, Arme- 
nier u. Griechen haben mehre Ealbungen: der Stirne, des Mundes, der Augen, 
Dhren ıc. ıc. — Die Wirkung der F. if: Erfüllung mit dem heiligen Geifte, fo 
daß diefer heilige Geiſt anders, (mämlidh auf eine ganz befondere Weife u. zu 
‚einem ganz befonderen Zwede) als in der Taufe, empfangen wird. Die 5. prägt, 
wie die Taufe u. Priefterweihe, einen Gharafter, d. t. ein unauslöfchlidhes Merk⸗ 
mal ein, fo daß fie nicht wiederholt werden kann oder darf. Die fogenannten 
G.eiſtesgaben, oder die außerordentlichen Ehariömen, deren Baulus 1. Kor. 12, 
Erwähnung ihut, waren nur zufällige, für die Periode der Gründung, des Chri⸗ 
ſtenthums wichtige, Effekte der Confirmation. Der Ausſpender der %. ift bei ven 
Occidentalen ordentlicher Wiiſe der Bifchof, außerordentlicher u. fecundärer Weife, 
durch ein Privilegium des Papfles, audy der etufache Priefter. Sam Gregor 
der Große erlaubte den Prieſtern von Cagliari, in Abweſenheit des Biſchofs zu 
firmen. Bei den Orientalen wird die F. gewöhnlich vom Priefter ertheilt. — 
Mas endlich die Nothwendigkeit u. abe der 5. betrifft, fo if fie zwar nicht 
in Weife des Mittels, aber doch in Welle des Gebotes (non necessitate medii 
sed praecepti) nothwendig, d. b. fle if nicht fo nothwendig, daß man ohne fie 
nicht fellg werden koͤnnte. Defienungeadhtet ſtehet ihre Würde feft, weil fie immer- 
hin ein Sacrament iſt u. durch fie die Külle des heiligen Geiſtes ertheilt wird. 
— Wie bei der Taufe, werden auch bei der F. Pathen als Zeugen u, geiftlidye 
Bäter gewählt, welche ein trennendes Ehehinderniß begründen, das zwifchen Firm⸗ 
. path, Firmling u. den Aeltern des lehtern (inter ligantem, ligatum ligalique pa- 
rentes) befteht. — Bel den Proteftanten ift die, der F. fubftituirte Confirm a⸗ 
tton, wie ſchon bemerkt, fein Sacrament. — zA. 

irnen, f. Gletſcher. | 

teniß heißen tm Allgemeinen Hlüffigfeiten, die zu dem Zwecke dargeſtellt wer- 
den, um Gegenftänden der verichledenften Art damit einen Anfirich zu geben; 1) 
entweder in der Mbficht, um ihre Oberfläche dadurch vor den zerflörenden Ein 
wirfungen der Atmofphäre, der Luft und der Witterung zu fichern; oder 2) um, 
indem man dem F. zugleich eine Farbe zufegt, fle Dauerhaft u. glänzend zu überfärben; 
oder 3) endlich auch nur in der Abficht, um ihnen einen fchönen Glanz zu geben. F.e 
u letzterem Zwede heißen vorzugsweife Lad» %.e, deren Bafls ein trocknendes Del, wie 
* Mohn⸗ oder Aupöl, oder Wein geiſt⸗Fe, deren flüſſiges Agens Alkohol, auch 
wohl ein Gemiſch von Liikohol und ätherifchem Dele iR. @ewöhnlich verfieht ınan 
einfach unter F., namentlidy zu den unter 1) u. 2) angeführten Zweden, DO el:$.e,- 
Präparate, die man durch Kochen eined fogenannten trodnenden fetten Oels mit 
Bleioryd u. einigen andern Subftanzen erhält, wodurch das Del eine dickliche Con⸗ 
fiftenz und die erwünfchte Eigenfchaft bekommt, an der Luft durch Aufnahme von 
Sauerftoff ſchneller zu trodnen. Für uns iſt ed vorzüglich das Leinöl, wel 
ches in großen Duantitäten zu diefem Zwede verwendet wird, indem Mohn⸗ u. 
Rußoͤl theuerer, und daher nur für feinere Arbeiten, namentlicy zum Anreiben der 
Materfarben, gebraudyt werden. Werden dem Leindt-F.e harzige Subftanzen zus 
gegeben, wie Bernflein, Kopal, fo erhält man die unter der Bezeichnung Lade 
befannten fetten 8.e, ald den Kopal- u. Bernfteinlad (ſ. d. Art.), oder Ge⸗ 
miſche von beiden, weldye in der Technif fo vielfeitige Berwentung finden. — Die 
fpirituöfen oder Weingeift-%.e find Auflöfungen von Harzen in Alkohol, 
Farbige Weingeifl-%.e, wie der fogenannte engliſche oder Gold⸗F., erhält 
man durch Zufag färbenvder harziger Stoffe. Der berühmte Watin'ſche $. der 
Art wird bereitet, indem man 125 Körnerlad, 125 Gummt-Buttt, 125 Drachen, 
blut, 125 Orlean, 32 Safran fo zuſammengeſetzt, das der Körnerlad, das Gummi⸗ 
Butti und der Safran vorher in 2400 Alfohol von 908 gelöst werben. Letztere 
dienen nur, den F. nady Wunſch eine mehr oder weniger dunkle Farbe zu geben 
und werden daher feparat aufbewahrt, um nad) Erforderniß zugefeßt werben zu 
tonnen,. — Tiſen⸗F., Eifenlad, 1) zum Ueberziehen gußeiſener Luxuswaaten 


Fiseal — Fiſchbein. 207 


denend, wird aus Leinöl-%., dem man auf jedes Pfund des letztern 1 co Trank 
furter Edywarz oder auch Lumpenruß, 4 Loth Indigo, nebſt Bleiglätte u. Zink⸗ 
urtol, von jedem 1 Quentchen zufebt, bereitet; 2) al® fogenannter Ciſenanſtrich 
für große Bußelfengegenftände befonders, als: &eländer, Röhren u. f. w. dienend: 
ervinärfted Leindt, ſchwach gefotten, und hierauf mit einem Gemenge aus 20° 
Bleiglätte und 80 Ziegelmehl, letztere beide vorher zu fehr zartem Pulver vers 
riden und geflebt, auf einem Reibſteine innig mit einander zu einem diden An⸗ 
irkhe, den man zum Streichen mit Terpentinöl verbünnt, zufammengerieben, 
Bor dem Anftreihen muß das Eifen ganz rein abgefcheuert werden. Zweimal 
Vamit ũberſtrichenes Eifen fol nad Zent ſelbſt von Meerwafler nidyt angegriffen 
perden u. der Einwiıfung deffelben Jahre lange wiverfiehen. Mehre andere Gat- 
mmgen von %.en, wie Asphaltlad, Bernflein-Ropallad u. f. w. ſiehe 
mter dem Art. Lad. ' 

Fiscal, |. Fiscus. 

Fiſchart, Johann, genannt Menger, darum von Gervinus für einen 

Bainzer, von Andern für einen Straßßurger gehalten, jedenfalls ber Abeingegenb 
angehörend, und feinen Lebensumftänden nad) nidyt fehr befannt. Um 1586 war 
& Dr. der Rechte u. Amtmann zu Forbach bei Saarbrüd. Sein Top wird in 
das Jahr 1589—1590 gefebt. Meuſeb ach, [yon lange mit einer neuen Ausgabe 
ver Werke diefed genialen, bald ernten, bald cyniſchen Satyrikers befchäftigt, und 
mehr als irgend Einer im Befige der feltenen, meift unter wunderlichen Titeln 
erſchienenen Schriften desſelben, zählt der _ficher vorhandenen über 50. Seine 
fatyrifche Thätigkelt begann mit Firdylichen Stoffen; befonders find es die Katho⸗ 
lifen, und ganz befonderd die Dominicaner, Franciscaner und Jeſuiten, die feine 
Geißel fühlen müflen; vorzüglidy der Franciscaner Johann Noſus, der zwifchen 
1562—1588 in lateinifcher u. deutfcher Sprache gegen die Reformation u. ihre 
Anhänger kämpfte; dabei fchont er dad Weltliche, befonders das verborbene Hofs 
leben, teinedwegs ; ja, er fcheint in der weltlichen Satyre größer, al& in der kirdys 
lichen. „Die am meiften in die Augen fallende Eigenthümlichkelt Fifcharts (fagt 
Bilmar) iſt fene große Gewalt über die Spradye: freier, Fühner, bictatorifcher, 
man fonnte faft fagen despotifcher, hat noch Niemand die deutſche Sprache bes 
handelt, als er... Er fteht mitten in feiner Zeit: die ganze Größe u. die ganze 
Kieinheit der damaligen Berhältniffe, die ganze Hoheit und die ganze Nieprigfeit 
Deuiſchlands; die unbehülfliche Bücherweisheit der Stubengelehrten und die Roh⸗ 
heit des großen Haufend; die neue Welt der fremden Cultur und bie älteften 
saterländifchen Grinnerungen; die Neigung zu jener und die Liebe zu dieſen flehen 
in feinem-Bewußtieyn in gleich Far und fcharf umriſſener Form feft und fprechen 
fh in feiner Darftellung in gleich berechtigter Weife mit überrafchender Objecti⸗ 
vität aus.“ — J. M. Schäfer, der feine Freude an %.8 Kampf „gegen das 
katholiſche Pfaffenweſen und den Jeſuitismus“ nicht verhehlt, erfennt in F., 
den er, auf Gervinus fußend, fehr lobt, zwar „feinen Mann des Volkes,“ ſchreibt 
ihm aber Kenntniß des Volkslebens und des Geifted feines Zeitalter in allen 
feinen Richtungen zu und fagt u. 9: „Er weiß eben fo gewandt die Sprache 
des fittlichen Ermfies, wie die des burlesfen Scyerzes zu reden. So hält er er⸗ 
bauliche Reden auf Tugend und Vaterland, verfificirt einige Pfalmen, und ein 
ondermal fledt er im ſchmutzigſten Cynismus; hier fchreibt er einfach und gemein 
verändlich, Dort reißt ihn der Uebermuth feiner Laune in den tollſten Sprün⸗ 
gm einc® Pofſenteißers mit fich fort. Seine Werke fpiegeln eben fo fehr die 
Gnergie und ſittliche Tüchtigfelt des beutfchen Charafters, ald die Zerfahrenheit 
u. Zerriffenheit der Periode, in weldyer er fchrieb; fie veranfcyaulichen den Kampf 
mifchen der derben Volksmanier u. dem fublimen, oftentatorifchyen gelehrten Weſen, 
das doch im Grunde überwiegt.“ x. 

Fiſchbein heißen die, zu viereckigen oder flachen Stangen von den F.⸗Reißern 
verarbeiteten, Barden des Walififchee. Es befteht in einer Mafle parallel neben 
anander liegender, bider Haare ober Faſern, die feitlich durch eine Amtliche, each 


208 Fiſche. 


kannt; auch wird es, durch Dampf oder im Eandbade erweicht, wie Horn in 


’ 
etwas weniger fefte, Subftanz an einander geheftet find. Der Gebrauch if bes 


“ 
— 


Formen gepreßt u. zu Doſen ıc. verarbeitet. Das weiße F., aus dem Rücken 


mehrer Tintenfiſche, gebrauchen die Bold» u. Sitberarbeiter in Pulverform zum 


Schleifen und Poliren. 


Fiſche (piscos), bilden die niederſte (vierte) Claſſe der Wirbelthiere; fie haben 


einen elliptifchen, walzens oder fpindelförmigen Leib ohne Dale (Wiederholu 
der Furmbilbung), bewegen ſich durch Floſſen, haben feine 
nad) innen, die 


Fleiſch ähnelt dem der Thiere mit flachen Mudfeln. Die, Zunge ift meift unbes 
weglidy, Enorpelig oder mit Zähnen befegt, die Zähne entweder eingefellt, ober 
nur am Schlunde anhängend, oder fehlen — Das Gehirn iſt im Verhaͤltniſſe 
zur Größe des Kopfes ſehr klein, das Gekippe entweder knoͤchern oder knorpelig; 


das Blut geht in einem, aus Arterien und Venen beſtehenden, Gefäßſyſteme und 
iſt roth, dabei aber nur um ſehr wenig wärmer, als das Element, worin die F. 


leben; ſtatt der rechten Herzkammer dienen die Kiemen, ſtatt der linken ein am 
Rücken liegender Arterienfiamm. Die meiſten F. beſitzen eine (oft doppelte) Schwimm⸗ 
blafe, die mit dem Magen oder der Spetferöhre in Verbindung ſteht. Aeußere 
Geſchlechtstheile fehlen den meiſten; die innern find: der Cierſtock (Rogen) beim 
Weibchen, die Milch beim Männchen; diefes befruchtet die Eier außerhalb. Die 
Farben ver F. find fehr mannigfaltig, meiſt metallifdy glänzend; an der Seite 
läuft vom Kopfe bis zum Schwanze eine- aus Schleimbläschen gebildete Linie (Sei⸗ 
tenlinie, linea lateralis); Werkzeuge zum Gefühl find bei einigen die Barts 
fafern; der Ftaß, den fie bloß mit den Zähnen halten und den fie nicht Fauen 
fönnen, befteht meiftentheil® aus andern Thieren, weniger aus dem Pflanzenreiche; 
wegen der Unzugänglichkeit ihres Aufenthalts if ihre Lebensart noch fehr unbe⸗ 
kannt, ſowie audy ihre intellektuellen Fähigkeiten; doch haben fich einige an Menfchen 
gewöhnt, andere Zeichen von Schlauheit gegeben. Merkwürdig bleiben die gro- 
ben Züge, die einige (3. B. Häringe, f. d.) vornehmen, dad Wandern vicler 
Seefifche an die Küften u. in die Ströme zur Laichzeit, um ihre Eier abzulegen, 
die Kleinheit u. die Menge der Eier «die bei einigen, 3. B. dem Flunder, über 
eine Million fteigt), die befonderen Waffen (ftachelige Gräten, Sägen, eleftrifche 
Kraft u. |. w.), ihre ftarfe Lebendfraft (eingefrorene thauen wieder auf) u. a. m. 
Regelmäßig heißt ein F., wenn fein Leib elliptiich, ſeitlich ſchwach zufammenges 
drüdt ift, unregelmäßig jeder andere. Der Nugen für die Haushaltung der Nas 
tur ifl, wegen ihrer itarfen Vermehrung, ungemein groß; für die Menichen zwar 
einfach, meiſt zur Speiſe, aber gleichfalis von hoher Bedeutung, da ganze Natio⸗ 
nen in ihnen faſt ihren einzigen Lebersunterhalt finden und aus ihnen ihre Ges 
rärdfchaften bereiten. Der Thran wird ale Del, die Haut als Kleidungsmaterial, 
die Schuppen, Floſſen u. Blafe zu Schmuck u. Leim, das Fleifch aͤls Epeife (nad 
den verſchiedenen Arten u. nach der Zubereitung bald mehr oder minder gefund, 
z. B. von dem Nat fchr ſchwer verdaulich) u. dgl. benügt. Der Schaben beftcht 
in ihrer Gefräßigkeit; wenige find giftig. Verſteinert oder in Abdrücken 
fommen %. aller Art, in bituminöfem Mergelfchlefer u. anderem Gefteine, entweder 
bloß als Grippe, oder in ganzen Figuren vor. Linne theilt fie in Knorpel⸗ 
(pisces cartilaginei, mit Kirmendedel, brenchiostegi, chne, chondropterygii) und 
®räten-$. (p. spinosi, nad) dem Etande der Bruftflofien in Kahlbäuche, Kehl⸗, 
Brufts, Bauchflofler, f. d.) Goldfuß in Bauchfloffer, Kahlbäuche, Brufiflofier, 
und Knorpel:%.; Cuvier in chondropterygii (de Linne) u. in eigentliche F. 
(Knochen: %.), dieſe wieder in Pleltognatbın u. Xophobranchier (Büjcyelfiemen, 
fo v, ww. Bufchfiemen) die Uebrigen nady Xinne, doch mit ven Ahrkellungen her 


ugenliever, die Naſe 
hren nad) außen verfchloffen, Geſicht ohne Fletich, athmen durch 
Kiemen, weldye ſeitwaͤrts hinten am Kopfe liegen, die mit dem Waſſer eingefchludte . 
Luft zerfegen, den Sauerftoff daraus entnehmen und mit einem Kiemendedel vers 
fhlofien werden können. Der Leib der F. iſt meift mit Schuppen bevedt; das 


Fiſche — Fiſcher. 209 


Eumpfs u. Stachelſtrahligen; Oken in Knochen=%. (Ordnungen: Kiem-, Ges 
ſchlechts⸗, Lungen-%.) u. Knorpel⸗F. 

Fiſche Cin der Aftronomie), der Rame des zwölften Sternbildes im Thier⸗ 
freife Ci. d.); dafielbe reicht der Ränge nad) von 15° X bie 28° V. Sübs 
bh unter dem Widder und der Efliptif, u. weftlich beim Kopfe des Wallfiſches, 
ſiebt der helle Stern dritter Größe am Knoten ded Bandes der Fiſche, zwiſchen 
zdhem u. den beiden $.n das Band derfelben gezeichnet wird. Diefes Sterns 
KD nimmt einen großen Raum am Himmel, in einer wenig fternreichen Gegend 
a; die 5. felbft enthalten viele, aber nur Kleine Sterne; im Bande unterfcheiden fich 
ige der vierten Größe. Flamſteed verzeichnet in demfelben 113 Sterne, 

Bifcher, 1) Johann Nepomuf, :Profeffor der Mathematik zu Würzburg, 

groren zu Miesbach in Oberbayern, den 5. März 1749, trat in den Jeſuiten⸗ 
aden u. wurde, nach Aufhebung deflelben, 1781 geiftlicher Rath u. Profeſſor der 
Rathematik zu Ingolſtadt, 1786 aber Hofaftronom an der Sternwarte zu Manns 
kam. Rad 2 Jahren verließ er, wegen Streitigfeiten mit dem dirigirenden 
Rimiſter, diefe Stelle wieder u. privatifirtte mehre Jahre zu München und Frank⸗ 
iurt a. M. Nach einem weiteren längeren Aufenthalte in England fchrte er 
183 nach Bayern zurüd, wurde Profeſſor der Mathematik zu Würzburg und 
Rarb dafelbft den 21. Kebruar 1805 an den Folgen feiner mannigfaltigen Schick⸗ 
iate, mit einer Qemüthsheiterkeit, die ihn felbtt am Rande des Grades nicht ver 
ie. In Rom hatte er wiederholte vergeblicdhe Berfuche gemacht, um die Ers 
laubniß zu erhalten, den Prieſterſtand zu verlaffen, u. in den Laien» u. Eheſtand 
meten zu dürfen. Er war ein fehr gefchidter Mathematiker u. Aftronom, hatte 
einen audgebreiteten Briefwechfel mit vielen Gelehrten feines Faches, erhielt von 
der königlichen Societät der Wiffenichaften zu Göttingen für eine Abhandlung 
über Brechung der Lichtftrahlen einen *Preid von 50 Dufaten, ſchrieb eine 
„Theotie des Schielend“ (Ingolftant 1781), „Weber die Schaͤdlichkeit des Glo⸗ 
ckenlãutens bei Gerittern” (Mündyen 1784), „Abhandlungen in Hübners phy⸗ 
fifattfches Tagebuch,“ in Zachs geographifche Sphemeriven” und mehre Heine 
anonyme Schriften, zum Theile fatyrifchen Inhalte, Sein aftronomifdhes 
Univerfalinfttument hat jedoch fein Glück gemacht. — 2) %. Friedrich 
Chriſtoph Jonathan, Proſeſſor des Staats⸗ u. Lehenrechts in Halle, geboren 
wm Stuttgart den 12. Yebruar 1750, fiudirte zu Tübingen, ward 1776 Secretär 
ki der —*9 — en Geſandtſchaft in Wien, kam 1779 als Profeſſor nach Halle 
x ſtarb daſelbſt den 30. September 1797. Er iſt als Schriftſteller im deutſchen 
Etaats⸗ u. Fürftenrechte u. als gelehrter Hiſtoriker ruͤhmlich befannt. Bon feinen 
Ehriften find zu nennen: Berfudy über die Gefchichte der deutfchen Erbfolge 
(2 Bpe., Mannheim 1778, 8.). Leber die Gefchichte des Defpotismus in Deutfch- 
land, mit Urkunden (Halle 1780, 8.). Kleine Schriften aus der Gefchichte, dem 
Etaats⸗ u. Lehenrechte (2 Bde., ebend. 1780, 8.). Entwurf einer Geſchichte des 
deuiſchen Rechts (Leipzig 1781, 8.). Novissima scriptorum ac monumentoram 
rerum germ. collect. (Halae II, P. 1781. 4.). Literatur des german. Rechts 
(Kepzig 1782, 8.). LXehrbegriff fümmtlicher Kameral⸗ u. Polizeirechte (3 Bde. 
Frankfurt a. d. Oder 1784, 8.). Gedichte des deutfchen Handels, der Schiff⸗ 
fahrt, Erfindungen, Künfte, Gewerbe ꝛc. (4 Thle, Hannover 1785, 8. 2te, ftarf 
vermehrte Ausgabe des 1. u. 2. Th. 1794). Geichichte Friedrichs II., Königs 
yon Breußen (2 Bde., Halle 1787, 8.). PBragmatifche Gefhichte Württembergd 
(1. Th. London 1787, 8., ohne Namen). 

Fifher von Eilach, Johann Bernhardt, nady Einigen zu Prag, nad) 
Andern zu Wien 1724 geboren, farb 1794 tin legterer Stadt, k. k. Oberland» 
Baumeifter u. einer der berühmteften Architekten des 17. Jahrhunderts. Unter 
fine Hauptſchöpfungen gehören: die, der E. E Hofburg zu Wien auf deren ſüd⸗ 
lier Eeite angebaute Reichskanzlei; das Gebäude der vereinigten Hofkanzlei; 
Vie Reitichule u. das Gebäude der k. k. Hofbibliothek; das Luftichle zu Schön, 


Aunn u. ber Plan gu ber Kirche des heil, Karl Borıomäud In Wien 1, 0. m, 
Aesseacpclopädle IV. Ah 


210 Fiſcher — Fiſcherei. 


Auch ſchrieb er: „Entwurf einer hiſtoriſchen Architektur in Abbildung berühmter 
Bebäude des Alterthums“ 1712—1721. Fol. 
Fifher von Waldheim, Gotthelf, geboren 1771 zu Waldheim in Sad): 
fen, ſtudirte in Leipzig, bereiste mit den Gebrübern Humboldt Deutichland u 
grankrid u. feste in Paris unter Cuvier feine anatomifchen Studien fort. Ale 
ibliothekar zu Mainz gab er „Befchreibung topographifcher Seltenheiten (Main, 
1800—6) u. i sur les monumens typogr. de J. Gutenberg“ (1802) heraus. 
Seit 1804 wirkt er in Moskau, wo er jeßt wirklicher Staatsrath u. Bicepräft 
dent der medizinifch= chirurgifchen Akademie u. PBrofeflor an der Univerfitär iſt 
Seine Hauptfdhriften find: „Entomographie de la Russio“ (3 Bre. Mosfar 
1820—28) u. „Oryctographie du Gouvern. de Moscou“ (ebend. 1830—37). 
Fiſcherei, daS technifche Fangen von Yifchen, welches betrieben wirt 
von einer eigenen Giafie ©ewerbtreibender, ven Fiſchern, weldye in einigen Län: 
dern für fid) allein, in andern vereinigt mit den Schiffen, ihr Gewerbe theild 
frei, theils unter Bunftmang ausüben. Die 3. wird eingetheilt in die wild« 
u. zahme F. Erſtere findet in dem Meere, in Buchten, großen Landſeen, Strö: 
men, Blüflen u. Bächen ftatt, die andere wird in Fünftlich zugerichteten Zeichen 
oder Weihern betrieben, u. man heißt fie daher audy Teich⸗F. oder Teichwirth: 
haft. Die wilde F. wird betrieben mit Regen, mit Zingeln, dem urfprünglichen 
firumente des Fiſchfanges; mit F.⸗Verzaͤunungen, Fiſchwehren, die bald an 
dem Ufer, bald in den Strömungen der Flüffe mit Flechtwerk angelegt, und in 
welche die Fiſche geleitet, ſodann auf mancherlei Welfe gefangen werden, mii 
Körben, Flechtreuſen, Bouwaquen und Beeren, Stechgabeln, oder mit dem “Drei; 
zade, Dratbhohlingen, Schießgewehr und mit bloßer Hand. Der Fiſchfang mil 
narfotifchen (betäubenden) Mitteln, Tolförnern ıc. ift poltzeiwidrig, ſohin, wie diı 
Maftung der Krebfe durch Aas, verboten. — Bel der zahmen oder Teich⸗F. hai 
man eigens zu diefem Behufe angelegte Teiche oder Weiher, welche entweder mi 
aufgeworfenen Dämmen fo verfehen, oder in der Art ausgegraben find, daf 
man das darin befindliche Wafler nach Willfür durch eine beſondere Vorrich— 
tung ablaufen laſſen u. den Weiher auch wieder füllen Tann. Zu einer zweck 
mäßigen methodifchen Teichwirthidyaft gehören dreierlet Teiche, nämlich: 1) Streich⸗ 
oder Setzteiche, in weldyen die Fiſche latchen Fünnen u. die Seh- oder Bruͤtfiſche 
erzogen werden; 2) Stredteidye, in welchen die eingejeßten Fifche ſchnell wachfen 
fonnen, und daher gehörigen Zufluß von Nahrung haben; 3) Winterteiche ode 
Winterungen, weldye die gehörige Tiefe befiten, damit fie nicht bis auf den 
Grund einfrieren u. die Fiſche durch das Eis getöbtet werden. Die Fifche wer: 
den aus einem Leiche in den andern gebradyt u. erreichen in 3— 4 Jahren bie 
zur öfonomifchen Benügung nöthige Größe. Oft find die angegebenen 3 Cigen⸗ 
Ihaften in einem Weiher vereinigt, und alddann iſt, beſonders bei einer einge: 
ſchraͤnkteren Wirthfchaft, die Unterhaltung der drei Teiche nicht nöthig. — Ehe 
mal$ warf fowohl die wilde, als zahme 3. bebeutenden Gewinn ab und war 
daher in vielen Ländern fein unintereffanter Theil der Nattonalöfonomie. Heut 
zu Tage hat fi ihr Umfang fehr gemindert; denn man bat mit dem Steigen 
der Landwirthſchaft ſchon geraume Zeit angefangen, die, ver zahmen F. gewid⸗ 
meten, Flaͤchen nady Möglichkeit dem emrägliheren Feldbau zurüdzugeben. — 
Mit der polizeilichen Leitung der F., welche Beeinträchtigungen verfelben, fo wie 
jeden, durch fie für die Gefundheit der Staatsbewohner möglichen, Nachtheil ab: 
zuwenden hat, befchäftigt fih in jedem Staate eine dazu ernannte Behörde. Bald 
war der eigentlichen Binanzbehörde, Kammer-Domainen-Direction ⁊., bald Der 
Fotſt⸗ u. Jagdbehörde, bald beiden nady ihren Berwaltungsobjecten, Wald oder 
Feld, dieſer rrwaltungegmeig übertragen, — Die 5.-Gerechtigfeit wur ehemals 
ein Theil der Jagdgerechtigkeit, erhielt aber nie den volllommenen Charakter eis 
ned Rechtes. Bejondere —— Verträge u. Herfommen geben faſt überall 
über bie 5.-Oerechtigkeit nähere Beſtimmungen. Wo viele wicht vorliegen, gelten 
folgende allgemeine Rechtsregeln. Auf dem hohen Meere Kat Ur 5. Kür Sur 


Fiſcherring — Fidens. 211 


z zu; innerhalb Kanonenſchußweite gehört fie den Uferſtaaten; in ſchiff⸗ und 
ren Strömen, Flüſſen u. Landſeen ebenfalld den Uferſtaaten. Auf feinem 
ideigenthume darf jeder Staatsbürger Fifchbehälter u. Teiche, ohne Beſchä⸗ 
ıg des Rachbars, anlegen und unterhalten. — Vgl. Ticheiner,, der wohlers 
e Fiſchermeiſter (Peſth 1821), Niemann, Abriß des Fiſcherweſens (Lpz. 1804). 
cherring (annulus piscatoris) heißt feit dem 13. Jahrhundert dasjenige 
sche Siegel, weldyes den Breven (f. d.) in einem Wbdrude von weichen 
6, den Bullen in einem von Blei angehängt wird. Auf der einen Seite 
ben find die Bitdniffe der heiligen Mpoftel Petrus u. Paulus, auf der andern 
Rame des regierenven Papſtes angebradht. Der Name hat feinen Urfprung 
dem früheren Berufe des heiligen Mpoftelfürften Betrus, der, che er die Ber 
ig Jeſu erhielt, ein Kifcher war. Rad) dem Tode eines jenen !Bapftes wird 
5. von dem Gardinallämmerer zerbrochen, worauf dann die Stadt Rom dem 
rwählten einen neuen F. darreiht. Vgl. d. Art. Bapftwahl, - 
Sifchotter (lutra vulgaris, mustela lutra), eine Art aus der Gattung 
E (nad) Andern aus der Gattung Marder), oben dunfelbraun, unten grau⸗ 
er findet fi) an den Ufern ver Flüſſe, ſchadet der Fiſchzucht fehr, ſchwimmt 
läuft fchledht, filcht des Nachts, hat ein gefchähtes (zur Nacht phoophores⸗ 
bed) Fell (1 Stüd 10—15 Thlr.), läßt ſich zum Fiſchfange abrichten u. dient 
zur Speife (Faſtenſpeiſe). 
Fiscus (fiscus) bezeichnet in feiner urfprünglichen Bedeutung einen Korb, 
fondere einen Geldkorb, in welchem große Summen aufbewahrt oder ver- 
t wurden. Als unter Auguſt eine Thellung der Provinzen in der Arı Statt 
iden hatte, daß ein Theil derfelben dem Princops zur Berwaltung überwies 
ein anderer dem Senate verblieben war, wurden die Einkünfte aus den 
lichen Provinzen, nad) Aug der Berwaltungstoften, in ſolchen Körben nad 
ı geichafft u. hierdurch die Bezeichnung F. für die Caſſe des Kaifers uͤblich, 
rend die eigentliche Staatecaffe, wie zur Zeit der Republik, mit dem Aus- 
fe Bollsätar (aerarium populi) bezeichnet wurde, In der Folge erlaubten 
die Kaifer nicht nur willfürliche Eingriffe in das Staatövermögen, fondern fie 
ı audy die früher in's Stuatsärar fallenden Einnahmen In ihren %., fo daß 
er allmälig dad Aerar verfhlang. Die Verwaltung des F. fland feit dem 
age der Kaiferzeit unmittelbar unter dem Kaifer, u. wurde durch Faiferliche 
aratoren (procuratores Caesaris) geführt. Xebtere wurden vom Kaifer nach 
ünfen ernannt und in die Provinzen gefchiekt, wo fie zunächft die kaiſerlichen 
m zu verrechnen und beizutreiben hatten. Unter Claudius wurde mit dem 
der Eaiferlidyen ‘Brocuratoren eine Gerichtöbarfeit in ficalifchen Angelegen- 
ı verbunden. Inter Septimius Severus wurden diefe Procuratoren unter 
ı befondern Beamten (procurator rei privatae, rationalis) geftelt. Un⸗ 
ven chriftlichen Kaiſern finden wir zwei Kronfchagmelfter, von denen ber 
(comes sacrarum largitionum) den, aus Steuereinfünften gebildeten, öffent- 
ı Schag, und der andere (comes rei privatae) das Bermögen der Strone, 
zes fi) aus der Verwaltung der Neichögüter, fowie der dem kaiſerlichen 
je zugewiefenen Beflgungen und den Faiferlichen Patrimontal- u. Erbgütern 
b, unter feiner Obforge hatte. Zur Vertretung des 5. war felt Hadrian 
ndere fiöcaltfche Anwälte, Fis cale (advocati fisei, patroni fisci) beftellt, welche 
vn einzelnen wichtigeren Gerichtshöfen ftationtrt waren. Der F. erichien 
iach als eine juriſtiſche Perſon, nady Analogie des frühern Aerars, u. konnte 
: nur, wie jede andere PBerfon, Eigenthum erwerben, Berträge abſchließen, 
jen anftellen, verklagt werben und aus Teſtamenten erwerben, fondern er er- 
e fi) auch mancher Berzüge und Privilegien in_feinen Recdhtöverhältnifien, 
m Privatperfonen u. Gorporationen gegenüber. Da diefe Borzüge aber, ale 
fluß der Habfucht des Zeitalters, Feine inneren Gründe für fich hatten, fo 
e die Doctrin den Satz auf, daß man biefe ‘Privilegien mit möglichfter 
nge interpretien mäffe, woraus ſich dann ver, auch jeht u An —XXX 


22 _ Fiſher — Fiume, 


Rechte anerkannte, Sat bildete, daß man in zweifelhaften Fällen eher gear 
für ven 5. erfennen müfle Bon den faft unzähligen Borrechten des %. fin 
ende die wichtigften: 1) In allen Fällen, wo der %. ein Erbrecht neben < 
Perſonen an einer Gütermaſſe geltend macht, wird zunächſt über den An 
des F. inftrulrt u. erfannt. 2) Alle, gegen den %. ald Kläger aufgeftellten, 
penfationseinwände müflen binnen 2 Monaten liquid gemacht werden. 3) 
Gompenfationdeinwand iſt zuläßig gegen Forderungen des %. wegen Abgabeı 
rüdftändigen Kaufgeldern, u. gegen foldye Forderungen, welche gegen eine a 
als die klagende fiscalifche Station geltend gemacht werden müſſen. 4) B 
Erecution gegen das Bermögen des Schuldners hat der F., fowelt ihm fein :] 
recht zuſteht, wenigftend den Borzug vor allen chirographariichen Gläu 
(privilegium exigendi). 5) Der %. fann fremde Sachen gültig veräußen 
daß der Smpfänger Eigenthümer wird. 6) Der %. bat ein ftillichweiz 
Pfandrecht wegen Abgaben u. Eontractöforderungen, u. zwar wegen der 
benforderung das höchft -privilegirtefte, während das wegen Eontractöforder 
ſich nach dem Alter richtet. 7) Der F. zahlt aus eigenen Gontracten Feine > 
erhebt folche aber von allen feinen Gontractsfchuldnern, ohne vorausgeg« 
ahnung U. ohne befonderen Zinsvertrag. 8) Der %. bat Anſpruch au 
erblofen Güter, auf die erfannten Strafgelder, Bermögensfonfiscationen u.f. 
Rad) unferem heutigen Rechte verftebt man unter F. das Staatövermöge: 
Begenfage zu dem !Privatvermögen (Ehatoulle) des Regenten. Die fisca! 
Vorrechte richten fi) in den meiften Ländern nady den particulären Lanı 
fegen. Die Verwaltung des F. erfolgt durch eigene fiscaliſche Behörden, ' 
meift mit den Regierungen verbunden, oder biefen untergeorbnet find. Ei 
fiscaliſche Gefälle ftehen unter ganz felbftftändiger Berwaltung. — Der 
Sprachhgebraud) hat den Ausdrud F. auf, ſolche Caſſen übertragen, aus w 
Penſionen, oder Unterflügungen an beflimmte Perfonen zu entrichten find; fo ' 
man 4. D. von einem Wittwen⸗, Walfens, Leichen, Armen u. f. w. F. 

Fiſher, John, Cardinal und Biſchof von Rocheſter, geboren 14: 
Beverley in der Braffchaft Dorf, ftudirte zu Cambridge, wurde in der Yolg 
ſelbſt Rad der Theologie, Kanzler der Liniverfität u. erhielt 1504 das 
Ihum Rocheſter. König Heinrich VI. rief ihn in ven erſten Jahren feine 

erung an den Hof u. bediente fich feined Raths in vielen wichtigen Ange 

beiten. AS F. aber weder in die Cheſcheidung des Königs willigen, no 
Abſchaffung der päpftlidhen Gewalt gut heißen wollte, ließ ihn Heinrich 15 
Tower fegen. Der Bapft fandte ihm ind Gefängnig den Cardinalshut; Hı 
aber ließ den SOjährigen Greis den 22. Juni 1535 fchändlicherweife als 
verräther enthaupten. Unter den Gegnern der, den Engländern aufgedrun 
Reformation war F. durch Lehren u. Schriften einer der erften u. entſchied 
Er beſaß, felbft nad) dem einftimmigen Urtheile feiner Gegner, eine ausget 
u. gründliche Gelehrſamkeit, genaue Brefanntfchaft mit der biblifchen Herm 
und den Schriften der Kirchenväter, und ein ausgezeichnetes Talent in Fü 
theologifcher Eontroverfen. Dabei war er ein glüdlicyer Beförverer der 2 
fhaften. In der Berwaltung feines Bisthumd war er fo wachfam, t 
jährlich alle Kirchen deſſelben vifltirte u. auch in denfelben predigte. Seine 
find zu Würzburg 1557 u. 1597 in Fol. berausgefommen, 

Fißjames, Edward, Herzog von, Pair von Frankreich, Urenfel des 
ſchalls Berwick (f. d.), ‚geboren 1776 zu Berfatlled, focht im Emigranteı 
Condé's u. kehrte unter Napoleon zurüd, deſſen Anerbietungen er jedoch ; 
wies. Die Reftauration überhäufte ihn mit Ehren; aber als diefe feinem ı 
fifhen Eifer gu mäßig verfuhr, trat er zur Oppofition über. Der Julir 
tion ſchwur er nur Treue, um fie durch Umtriebe in der Vendée, in der S 
Kammer u. feit 1834 in der Deputirtenfammer mit den Waffen einer fıl 
Beredtfamfelt befämpfen zu fönnen. Gr farb 1838. 

Fiume (Fanum St, Viti ad flumen) iſt die Hauptſtadt des gleichnn 







Fir— Firfterne. 213 


3 indem, an dad adriatifche Meer grängenden, ungarifchen Küftenlande, am 
ufen Duarnero, das unter dem Ramen Libumten (ein Theil des römifchen 
ne) im Zeitenlaufe den morgenländifchen Kaifern zindbar geworden u. im 
810 ſich freiwillig dem großen Karl unterworfen hatte. Nikophorus, der 
‚, fanbte 807 den Batrizier Nifolas u. dann Paul, die empörten Unter, 
; zu züchtigen. Pipin kämpfte im Auftrage des Vaters männlich u. flegend 
die Landverwüfter für die neuen Schußbefohlenen der Frankenmonarchie. 
bard Nifophorus des unmwichtigen Krieges überdrüffig und trat 810 feine 
ihoheit über Liburnien ab an den Yranfen Karl. Unter den Königen der 
m und den Patriarchen von Aquileja, abwechfelnd beherrfcht von Venedig 
garn, ſchwanden feitdem ohne erhebliche® Schidfal dem ®ebiete, in dem %. 
auptort, die Jahrhunderte Hin. Erft in der neueften Zeit ward durch die 
ahnfrage F. wieder bemerfbarer. Inter den 9000 Einwohnern in beiläufig 
Häufern iſt ein reged Leben in Ernſt und Frobfinn; denn F. iſt der Stk 
Juberniums, des Appellations- u. Wechſelgerichtes, eines Seeconſulates u. 
ütsmagiſtrates; erzeugt viel Leinwand, Tücher und Leber, Rofoglio, Tabak 
‚uder; treibt ausgedehnten überfeelfchen Verkehr mit ungariſchen Erzeugs 
gegen Golonialmaaren, u. erholt fich nach des Tages Mühen im famofen 
n Ecolgiietto, im Caſino u. Theater. Cinheimifcher u. fremder frommer 
findet Troft n. Erhebung in zahlreichen Kirdyen u. Kapellen, unter denen 
benswertheften die Hauptlirdhe, Mariä Himmelfahrt, mit reicher Marmor; 
ung u. herrlichem Srontifpice, u. die ehemalige Jefuitenkirche St. Belt, eine 
ıda mit 8 Marmorfäulen u. fteben Altären. Für Unterricht forgt ein Gym⸗ 
n, eine Hauptichule u. die Mädchenſchule des Beneviftinerinnen- Eonventes. 
teidenden find im Lazareth u. Bürgerfpitale beforgt. G. 
Bir. (ateiniſch fixus, feſt, unbeweglich) wurde fonfl auch, namentlich in 
Iteren Ehemie, im Gegenſatze von flüchtig gebraucht, 3. B. fired Laugen⸗ 
c. — Sire Idee, eine Vorftellung, die dad Gemürh u. den Willen in dem 
e beheriſcht, daß der Veiſtand fich ihrer nicht mehr erwehren kann u. der 
ern Ueberzeugung durch Bernunftgründe nicht mehr Gchör zu geben vermag. 
ben Art. Seiftesfranfheiten. 
Sirmillner, Placidus, Benediftiner, geboren 1721 in dem Schloffe Ache- 
n bei Kremsmünfter in Oberöfterreich, Profeſſor des Kirchenrechts an der 
en Schule ded Etifted Kremdmünfter, leitete, zum Aftronomen beflelben er- 
, den Bau ber dortigen Sternwarte und machte mehre fchäpbare Beobach⸗ 
i. So gab er 3. B. Lalande (f. d.) die Elemente zu feinen Merkurius⸗ 
ı, berichtigte zuerft die Uranusbahn in Tabellen, bewies, daß ein, von 
iſteed (f. d.) 1690 gefehener, Stern der Uranus gewefen fei u. m. 4. 
ub 1791. Schriften: »Meridianus speculae astronomicaes (Kremdmünfter 
); »Decennium astronom.s (ebendajelbft 1776, 4.); »Acta astronomicas 
aſelbſt 1776— 1791) u. A. 
Firfterne nennt man alle die Sterne des Himmels, welche weder Planeten, 
Monde, noch Kometen find, und zwar deßhalb, weil fie, nur mit bloßen 
n betrachtet, ihre gegenfeitige Stellung niemald Ändern. Die %. find die 
tichften Dbjecte des Himmels u. werden, nach ihrer verfchiedenen fcheinbaren 
e u. Lichtflärfe, gewöhnlich in 8 Claſſen getheilt; man fpricht nämlidy von 
‚2., 3., 4., 5., 6. u. 7. Größe, fo daß die von der 1. Größe den hell⸗ 
Dlanz befigen, und die der 7. nur eben noch mit bloßen Augen erkennbar 
Zur 8. Eldffe gehören die teleffopifchen %., d. h. Diejenigen Millionen von 
ıen, welche nur durch Zernrohre wahrzunehmen find. Auch die Farbe iſt 
verfchieden, u. Herſchels Berzeichniffe geben bläuljche, grünliche u. violette 
1. Auch bei den Doppelfternen (f. d.) ift dieß, und noch weit mehr, der 
Borfchläge, diefe Karben näher zu beftimmen, finden ſich in dem philoſo⸗ 
ym Magazine 1824 März u. April. Die F., welche zwar ihre gegenfeitige 
nicht ändern, haben dennoch eine gemeinfchaftliche, fcheinbare Bewegung. 


214 Firfterne, | | 


Die tägliche Bewegung der Erde um ihre Are bringt den Aufs und Untergang - 
der F. Detvor, ſowie den Anfchein, ald wenn die Himmelöfugel, an deren Innerer ‘ 
Fläche die F. wie angeheftet find, fidy binnen 24 Stunden um eine, vurch den 
‚Mittelpunkt der Erdfugel gehende, Are einmal herum drehte, wobei diefe Are mehr : 
oder weniger gegen die Hortzontalebene ded Beobachtungsortes geneigt if. Aus 
ßerdem erzeugt der Lauf der Erde um die Sonne binnen einem Jahre eine, in 
verfchiedenen Jahreszeiten ungleiche, Stellung der F. gegen die Sonne, u. hieraus 
folgt, daß Diejenigen Sterne, die zu einer gewiſſen Sch des Morgens aufgehen, 
zu einer andern Zeit erfi um Mitternacht oder des Abends aufgehen, oder bereits 
untergehen u. f. f. Bon allen diefen Erfcheinungen kann man ſich mittel Ers 
erimentierend mit einem Himmelsglobus deutlich überzeugen. Beobachtet man 
ner mit einem Meßwerkzeuge das tägliche gemeinfchaftlidhe Fortrüden der F., 
fo wird man bald Fleine einbare Ungleichheiten wahrnehmen, welche die 
wahre Höhe der Sterne betreffen, die aber bloß durch die Refraction (f. v.) 
und Parallare (f. vd.) hervorgebracht werben. &ben fo gibt es auch eine, 
erſt im Laufe mehrer Jahrhunderte fehr merklich werdende, Aenderung ber Lage 
der F. gegen die Pole des Himmeldäquators, wodurch ein Fortrüden der Rachts 
gleichenpuntt (fe Borrüden der Rachtgleichen), eine Veränderung der 
age des Himmelsäquators, fowie ein Zunehmen ver Länge, eine Aenderung 
der Rectafcenflon und Declination der Geftirne, bewirkt werden. ber viefe Aen⸗ 
derungen find gleichfalls nur fcheinbar, und haben ihren Grund darin, Daß die 
Are der Erde, die fich dreht, nicht ganz genau in derſelben Lage verbleibt, fon- 
dern nad beflimmten Geſetzen ihre Stellung ändert. Berner bringen bie ſoge⸗ 
nannte Rutation (f. d.) der Erdaxe u. die Abnahme der Schiefe der Ekliptik 
eine gewiſſe Veränderlichkeit in der Stellung der F. gegen den Aequator und bie 
Ekliptik zuwege. Endlich erzeugt auch die, in neuefter Zeit durch Argelandere 
kritiſche Unterludjungen conftatirte, eigene Fortbewegung unfered nanzen Sonnen» 
ſyſtems im Weltraume eine fcheinbare Aenderung in der Lage der F., was man in 
der Aftronomie mit: Eigene Bewegung der %. bezeichnet. — Was num die 
Anzahl der $. berrif fo wird uns natürlich Diefelbe ſtets unbekannt bleiben, da 
fie He unendl & groß iſt. Indeſſen haben, die Aftronomen viele Berfuche 
angeftelt, die Anzahl der F., wenigftend was bie fidhtbaren betrifft, annähernd 
zu beflimmen. Die Zahl ver F. 1. Größe iR 14; die der 2. Größe 70; die der 3. 
Größe nahe an 300. Bon der A. Größe an aber, nimmt die Zahl der Sterne 
fehr fchnell zu. detſche zählte mehre 100, oft auch 1000 Sterne und mehr, 
welche er auf einmal in dem großen Felde ſeines Spiegelteleſtops erblickte. Die 
5. fliehen an mandyen Gegenden fo dicht, daß an ein Zählen gar nicht mehr 
gedadht werden Fann. Herfchel fah einft durch das Feld feines unbeweglich ges 
laffenen Teleffops tn der Keule Orions mehr ald 5000 Sterne, u. ein anderes- 
Mal mit feinem zwanzigfüffigen Reflector binnen 41 Zeitminuten mindeftend 
258,000 Sterne paffiren. Demnach darf es wohl als Feine umwahrfdheinliche 
Annahme angefehben werben, wenn für jede Quadratſekunde der kugelförmigen 
Dimmeieftäche 1 5. gerechnet wird, fo daß dann der ganze Himmel 534,000 
illionen Sterne enthielt. Wir dürfen ja nur die Milchfiraße mit einem fehr 
guten Fernrohre betrachten, fo werden wir alsbald finden, daß fie auß einer uns 
geheuern Menge von %. befteht. Ueberdies find hier nur ſolche F. gemeint, bie 
man mit den beften Fernrohren noch wahrnehmen kann. Allein unbezweifelt muß 
es noch viele Tauſende von Sternen geben, die unferen bewaffneten Augen ganz 
unfihtbar bleiben; wäre dieß nicht der Kal, fo müßten wir eine Gränze der 
Sternenwelt annehmen. — Wenn aber, wird man fragen, die Anzahl der F. un- 
endlich groß if: wie fommt ed dann, Daß, wenn der ganze Himmel in allen 
feinen ‘Punkten, felbft in den Fleinften, mit Sternen bevedt iſt, viefer Himmel 
sicht auch überall fo heil, wie unfere Sonne, erfcheint, wie doch aus obiger 
Annahme folgen müßte, wilder gemäß von den Sternen KARL gar Ride, wel 
mer nur ein, nach allen Seiten gleichmäßig wertellted , \lennentued Rat au 


Firfterne. 215 


iden feyn würde. Die genügenvefte Antwort auf dieſe, keineswegs unwichtige, 
Stage Bat Olbers gegeben, weldyer annimmt, der enblofe Weltraum ſei nicht 
ganz Durchfichtig, was auch hoͤchſt wahrſcheinlich if. IA num aber der Welt« 
sanm wit einem feinen Wether überall erfüllt, fo folgt hieraus offenbar, daß 
das Licht der Sterne auf feiner Bahn durch dieſer Raum eine Schwächung er⸗ 
ken müfle. Folglich kann alddann das Licht der entfernteften Sterne nicht 
8 zu und gelangen, u. diefe Sterne bleiben für und unfidhtbar. Ausführlichere 
dettachtungen über die Anzahl der Sterne u. die Erflärungsweife von Olbers, 
. Gebler phyſ. W. n. A. X. 2, Abtheilung, S. 1365 — 1373. Was nun die 
Bertheilung oder Anordnung der Sterne am Himmel betrifft, fo hat Lambert 
m feinen „Gosmologifcyen Briefen” dieſen Gegenſtand mathematiſch aus⸗ 
fübrli behandelt (ſiehe den Artikel Milchſtraße); ferner hinſichtlich Der 
nfernung, Parallare und Größe der SBirfterne f. den Artikel Parallaxe 
der Hisfterne. Hier mag bloß darauf aufmerffam gemacht werden, daß 
bis auf die neuefte Zeit die Aftronomen in Bezug auf die Entfernungen ver 
5. Richts weiter in Erfahrung gebracht, als daß die nächften F. wenigfiens fo 
weit entfernt feyn müßten, daß deren Licht 6 volle Jahre Zeit brauche, bis zu 
unferer Erde zu gelangen. Erſt Beflel und von Struve haben ein auvertäßtged 
Mittel gefunden u. angewandt, die Entfernung der %. fehr annähernd zu beſtim⸗ 
men, nämlidy die Beobachtungen von Doppelfternen, von denen Beſſel den F. 61 
nn v. Struve « Lyrae anwandten u. die Entfernungen diefer beiden Dop⸗ 
peiterne mit verhältnigmäßiger Zuverläßigfeit berechnet haben, wie in dem Art. 
Varallase der F. gezeigt wird. — Außer der Eintheilung der F. nach ihrer 
fheinbaren Größe in Sterne 1. bis 7. Größe und in telesfoptfche Sterne, unter 
ſcheidet man einfache (oder eigentlihe) F., Doppelfterne, veränderliche 
Sterne, neue Sterne u. Nebelfterne, welche in den einzelnen, de Kamen 
führenden, Artifeln befonder8 betrachtet find. Gruppen von $.n, die theils ſchon 
mit bloßen Augen, theild nur durch Fernrohre zu bemerken find, heißen Stern- 
haufen; dagegen diejenigen Sternhaufen, in welchen meiftentheils, felbft mittelſt 
der ſtärkſten Teleffope, die Sterne nicht mehr einzeln erkannt werben, fonvern das 
®anze nur wie eine lichte Nebelwolfe fidy darftellt, Nebelflede; man fehe bier- 
über Die Art. Nebelflede und Sternhaufen. Jener, aus unzähligen %.n be⸗ 
ſtehende Gürtel endlich, welcher in abwechielnder Breite bald einfach, bald in zwei 
Aeſten fidy an der ganzen Himmelsfugel hinzieht, heißt die Milchſtraße (f. d.). 
— Um dem Gedächtniſſe und dem Drientiren am geftirnten Himmel zu Hülfe zu 
Iommen, dient hauptfädylich die Eintheilung des, dem bloßen Auge fich zeigenden, 
Sternhimmels in Sternbilder (f. d.). — Firfternfataloge find Ber- 
zeichniſſe, worin die einzelnen Eterne nad) ihrer Stellung am Himmel aufgeführt 

Bor Tycho de Brahe bediente man fidy hiezu der Länge und Breite; erfl 
biefer Aftronom führte in feinem untengenannten Kataloge die viel bequemere Be- 
ſtimmung der Sterne nad) Rectafcenfion u. Declination ein, und bewirkte damit 
eine wefentliche Verbeſſerung diefer Verzeichniſſe. Gewöhnlich find die Sterne nach 
ihren Rectafcenfionen georbnet, fo daß die voranftehen, weldye eher durch den 
Merivian gehen. Außer den Rectafcenflonen u. Declinationen der Sterne muß ein 
guted Sternverzeichnig audy die jährliche Aenderung diefer Coordinaten zufolge 
der Präzeſfion enthalten und, fo weit ed befannt ift, die Aenverungen wegen ber 
eigenen Bewegung; ferner die Größe der Sterne. — Das Äältefte Sternverzeichniß, 
das wir noch beftgen, befindet fidy in ver ueyaAy ovvra&ıy VII. 2. des Ptolo⸗ 
mäus, der es theild aus dem verloren gegangenen Sutaloge ded Hipparch (150 
r. Chr.) theild aus eigenen Beobachtungen verfertigte. Ferner verfertigte Ulugh- 
Beigh ein Sternverzeichniß : Tabulae long. et lat. stellarum fix. 1665. Berühmt: 
heit erlangte aus dem oben angeführten Grunde das von Tycho de Brahe: Ca- 
talogus fixarum ad annum 1600, weldyes Kepler durch Sterne um den Südpol 
vermehrte. Halley u. Lacaille lieferten zuerft genauere Verzeichniffe von Sternen 
um ben Gübpol, Auch Hevel machte fid, um die Sache vervient, indem er he 


216 Ä Flachs — Fläche, 


früheren Verzeichniſſe, durch eigene Beobachtungen vermehrt, herausgab. Flamſteed 
lieferte nach 33jaͤhrigen Beobachtungen einen 3000 Sterne enthaltenden Katalog, ' 
der an Genauigkeit die vorigen weit übertraf; Halley gab ihn unter dem Titel: : 
Historia coelestis Britannica 1725 zum zweiten Male heraus, Unter allen vers - 
dienen jedoch Bradicy’8 Arbeiten in dieſer Hinſicht den größten Ruhm, welchen 
Werth für die ganze Aftronomie feine „Astronomical observations, made at Green- : 
wich, 1798« hat, hat Beflel in feinen »Fundamentis astronom # gezeigt. Bon neueren - 
Sternkatalogen ift vor allen namhaft zu madyen der von Piazzi »Praecipuarum , 
stellarum inerrantium posiliones mediae ineunte saecalo XIX., ex obs. hab. in . 
specula Panormitana 1814. Ferner Beflel’8 Beobachtungen auf der Königäberger 
ternwarte von 1813 bis 1823 in 9 Worheilungen. Rümfer gab 1832 einen Kas 
talog, 632 Sterne der füplichen Halbfugel enthaltend, heraus „Preliminary Cata- 
logue of Fixed Stars‘ etc. 

Flach6 nennt man die, zum Spinnen vorgerichteten, Faſern der aus dem 
Leinſamen (f. d.) gezogenen enjährigen Flachs⸗ oder Leinpflanzen (Linum usi- 
tatissimum), deren Baterland das füdlicdye Europa und Aften ifl, und die in dem 
größten Theile Europa’d im Großen angebaut wird. Bon der Pflanze unters 
jcheidet man beſonders 2 Varietäten, nämlich 1) den Droſch⸗Dorſch⸗, Drefch:%. 
oder Schleißlein, welcher gegen drei Buß hody wird, daher längere, aber we⸗ 
niger feine u, weiße, Fäden gibt und 2) den am häufigften angebauten Klang 
5. oder Springlein, der nur anderthalb bis zwei Fuß hoch wird, einen feineren 
u. weißeren Faden gibt, u. deflen Samenkapſeln bei der Reife mit einem Heinen 
Geraäuſche von felbft auffpringen. Der befte 5. wird aus dem in Liefland erbauten 
fogenannten Rigaer⸗Leinſamen gezogen, der aber nur deßhalb einen Vorzug hat, 
weil man ihn gehörig reif u. alt (6—7 Jahre) werden läßt, und wenn dieß in 
Deutſchland ebenfalld gefchähe, fo würde man wahrſcheinlich eben fo guten F. 
aus inlaͤndiſchem Samen ziehen können. Allein allerdings wird die Feinheit, Weich» 
heit u. Feſtigkeit des 5.8 durch das völlige Reifwerden der Pflanze beeinträchtigt. 
Diefe wird daher audy in der Regel vor der völligen Reife ded Samens mit den 
Wurzeln aus der Erde gezogen (gerauft), dann auf dem Felde getrodnet, ge⸗ 
riffelt, d. h. vermittelft eines eifernen Kammes von den Samenfapfeln u. der an 
dın Wurzeln hängenden Erde befreit; ferner im Waſſer, im Thau oder auch durdy 
Dämpfe geröftet, wodurch der Zufammenhang zwijchen den Fufern u. den holzigen 
Theilen aufgehoben wird. Hierauf wird er in der Eonne oder in fünftlicher 
Märme getrodnet (gedartt); dann werden die holzigen Theile durch das Brechen 
entweder auf einer Handbreche, oder auch vermittelt Maſchinen zerbrodyen, durch 
Klopfen u. Schwingen von den Fafern entfernt u. diefe endlich gehechelt, wodurch 
fie von allen Unreinigfeiten u. zu furzen Faſern befreit u. in mehr oder weniger 
feine Fäden gefpalten werden. Je mehr der F. nehechelt wird, deſto feiner wird 
er; doch entfteht dadurch aud) um fo mehr Abfall. Die, beim Hecheln des F.es 
abfallenden, Fürzeren und verworrenen Fäden heißen Werg, Werrig, PBfuden 
oder Heede. So kommt der $. in den Handel, für den er, bei dem allgemeinen 
u. ftarfen Verbrauche der daraus gefertigten Gewebe, des Zwirns ıc. einen fehr 
wichtigen ©egenftand bildet. Die Dualität des %.e8 ift nach den verſchiedenen 
Laͤndern u. nach dem, bei dem Anbaue u. der Bearbeitung beobachteten, Verfahren 
ſehr verſchieden. — Buter F. muß weißgelblicher Farbe feyn; der grauliche ift 
geringer; die Fäden müflen hohl u. halıbar u. von möglichft gleicher Känge ſiyn; 
er muß fidy weich u. mild anfühlen, rein ausgehedhelt u. von allem Werg befreit 
feyn. Man muß ihn an einem fühlen und srodenen Orte aufbewahren, indem 
er fonft leicht verflodt, warm wird und fich fogar entzünden kann. Auf einem 
guten Lager in Kiften oder Fäſſern aufbewahrt, wird er durchs Alter immer beffer. 

Bladenkrieg, |. Sachen Geſchichte). 

Fläche heißt eine Ausdehnung in die Länge und Breite, nicht aber in Die 
Dide. Die F.n zerfallen in ebene over gerade (ij. Ebene) und in frumme. 

In legteren laffen fidy entweder nad) beftimmten Riäytungen gerade Linien aiehen, 


Flagellanten — Flageolet. 217 


B. beim Cylinder u. Kegel, u. dann heißen fie einfach gekrümmte oder 
idlinige, oder nicht, wie auf Kugeln oder ſphäroidiſchen %.n, die man 
pelt gefrümmte nennt. Endlich kann fle zwiſchen beiden Formen liegen, 
wellenförkig, windfchief feyn, wenn fie durch die fletige Bewegun 
geraden Linie befchrieben wird, fo daß der Durchfchnitt zweier nächften 2 
veränderlicdy ift. Ueber Developpable &.n f. d. Art. 
Blagellanten, Geißler, Geißelbrüder, Flegler, hieß eine Bruderſchaft 
ſchwaͤrmeriſchen Büßern, die ſich graufam zergeißelten u. der Geißelung zur 
ing der Sünden größere Wirffamkeit -zufchrieben, ald den Gaframenten. 
ı betrachtete demnach die Beißelungen als Sühnung der Sünde. Die Geiße⸗ 
Jeſu Chrifti u. das Beiſpiel der Apoft I und Martyrer ließen die freiwillig 
sommenen Gelßelungen nidyt nur als Büßungen, fondern auch al& verdienfts 
Werke anfehen, wodurch nicht allein für Eolche, welche diefe Abtödtung an 
perübten, fondern auch für jene, für welche man fle Gott aufopferte, Verzei⸗ 
der Sünden zu erlangen fe. Wan führte Beifpiele an, daß durch folche 
elungen Verdammte aus der Hölle erlöst worden ſeien; Unwifienheit und 
glaude hafchten begierig diefe Mährchen auf, u. im 11. u. 12. Jahrhunderte 
ven die Geißelungen ziemlich häufig, bis endlich gegen das Ende des 13, 
hunderts (1260) eine förmliche Sekte der %. zum Borfcheine fam. Die 
bt vor dem legten Gerichte hatte ſich damals, namentlich, in dem verborbes 
Italien, der Grmüther dergeftalt bemächtigt, daß Hohe u. Niedere, ganz ents 
et, proceffiondweife in ten Straßen umberzogen; Jeder hatte feine Geißel 
er Hand, und zerfchlug ſich den Rüden, bis Blut bervordrang ; fie fließen 
jgeichrel und Seufzer aus und vergoffen Ströme von Thränen. Diefer neue 
erorden dehnte fi) bald über ganz Italien aus; allein der Papſt wollte ihn 
t beftätigen, und die Fürften eatteten ihnen feine Niederlaffungen in ihren 
aten. — Beinahe hundert 8, re nad) der erften Erfcheinung diefer Sefte 
die die Ver, welche gegen die Mitte des 14. Jahrhunderts fidy in Deutſch⸗ 
> veripüren ließ, die Geißler wieder zum Vorſcheine. An der Spige eines 
thaupte® u. zweier anderer Vorftcher, denen fie blindling® gehordhten, durch⸗ 
n fie in Schaaren das Land mit Bahnen von farmoifinrother Seide, die mit 
wilden verziert waren. Clemens VI. verdammte diefe Sekte; aber, nachdem file 
eine Zelt lange zerftreut hatte, erjchten fie 1114 auf einmal In Thüringen 
er. Diele hieß man aud), weil fle an ihren Kleidern auf Rüden und Bruft 
ize trugen, Kreuz-Brüder. Ein gewiffer Konrad wärmte die Kabel von 
durdy die Engel auf den Altar des heiligen Petrus zu Rom niedergelegten, 
fe zur Emporbringung ded Geißelnd auf. Er behauptete: der Zeitpunft ſei 
gekommen, wo die Gewalt des Papſfſtes u. der Bifchöfe zu Ende gehe; dieſe 
en feit Entftehung der Gefellfchaft der F. alle Gerichtsbarfeit in der Kirche ver- 
15 die Saframente feien ohne Wirkung; die wahre Religton nur bei den F., u. 
nand fönne felig werden, wenn er ſich nicht in ihrem Blute taufen ließe. Der 
uifttor ließ diefe neuen Geißler ergreifen u. e8 wurden ihrer auf einmal 91 zu 
'gershaufen in Thüringen verbrannt. Die Kirchenverfammlung zu Konftanz 
4-18) verordnete ftrenge Maßregeln gegen diefe Geißler u. brachte es da; 
dag der fpanifhe Dominicaner Vincentius Ferrerius, weldyer eine neue 
jelfahrt begonnen hatte, ſich zurückzog. Bergl. Förſtemann, „die chriftlichen 
jelgeſellſchaften“ (Halle 1828) u. Schneegang, „die Geißler, namentlich die 
zelfahrt nach Straßburg im I. 1349” (deutſch von Tiſchendorf, Lpz. 1840). 
Flageolet (franz, vom lat. flare, blafen), eine Eleine, größteniheil® ver- 
e, Schnabeljlöte mit einem Tonumfange vom eingeftrichenen f, bis zum drei⸗ 
ichenen g u. 6 Tonlöchern, jest hauptſächlich zur Wbrichtung der Vögel im 
ange verwendet. Ein Doppel:%. hatte Bambridge erfunden. Ferner heißt F. 
offene, zweifüßige u. höchfte Orgelregifter mit den, vom Mailänder Orgelbauen 
ntanida erfundenen, aus einer Miichung von Zinn mit Blei u. Zinf beſtehen⸗ 
Pfeifen (vgl, Drgel); endlidy eine bejondere Art des Biolinfpield, wodurch 


218 Flagge — Flamen. 


der Ton einer foldyen Flöte nachgeahmt wird, indem man die Gatten leife mit 
dem Finger berührt u. dann mit dem Bogen einen ganz gleichen, aber ſchneidenden 
Stridy über diefelben, u. zwar dem Stege näher, als gewöhnlid,, führt. Man nennt 
dieß %..Töne oder sons harmoniques. Ä 

lagge ift eine große vieredige Fahne, welche auf dem Hintertheile eines 
SeesSchiffes, oder auf einem Mafte aufgezogen wird u. beſtimmt iſt, theils 
die Ration zu bezeichnen, der das Schiff angehört, theils verſchiedene Signale damit 
zu geben. Es hat daher jedes Land feine beflimmte F. angenommen, weldye in- 
defien, jedoch in der Regel mit Beibehaltung der Haupt- u. Rationalfarben, bei 
den Kriegsichiffen etwas anders iſt, als bei Handelsfchiffen, u. ebenfo behalten 
auch die gewöhnlichen Signal-F.n die Grundfarben mehr oder weniger bei. Da⸗ 
gegen gibt e8 auch Signal.n, die bei allen Kationen gleich find: fo iſt z. B. 
die Parlamentairs⸗F. immer weiß, die Corſaren⸗F. ſchwarz, roth u. f. w. Die 
SignalsF.n, von denen jedes Schiff mehrere bei fidy führt, find meift Eleiner, als 
die Haupt-$., weldye gewoͤhnlich 18—19 Ellen lang u. 12 Ellen breit it, aus 
einem leichten, wollenen Zeuge (&.n= Tuch) verfertigt u. an einer langen Stange, 
dem F.n⸗Stocke, fo befeftige ift,. daß fle daran emporgezogen und berabgelaflen 
werden kann. ine zweite Kleinere F., die Bugfpriets-%., auch Gruß oder 
Göoͤſchgens genannt, welche von der Haupt⸗F. ebenfalls gewöhnlich etwas ab- 
weicht, wird vorn auf dem Bugfpriet aufgezogen. Sehr oft haben audy die ein- 
zelnen Provinzen eines Landes u. einzelne Handelsfläbte ihre befonderen &.n. Bei 
den Kriegsflotten hat jeder Admiral u. der Commandirende einer Schiffsabtheilun 
feine eigene F., die er auf dem großen Maſte desjenigen Schiffes aufzieht, au 
weldyem er fich befindet. Sind auf einem Schiffe mehre Admirale verſchiedener 
Grade beifammen, fo kommt die F. des Höchften auf den großen Maft, die des 
zweiten auf den Fockmaſt u. die des dritten auf den BefansMaf. Die Haupt- 
oder National⸗F. aufziehen heißt fie aufhiſſen; fie fenfen oder ſtreichen ift 
eine Ehrenbezeugung, die nur gefchleht, wenn fih ein Schiff im Gefechte für 
überwunden erklären will, oder um ein Schiff höheren Ranges zu begrüßen, oder 
auch beim Einfahren in eine Bat oder Meeredarm u. ſ. w., deren maang von 
Batterien oder Forts beftrichen wird, die es verlangen. Bet großen Feſtlichkeiten, 
oder um einem vornehmen Befucher eine Ehre zu erzeugen, wird dad Schiff an 
allen Maften, am Tauwerfe ıc. mit allen vorhandenen F.n gefhmüdt, gleichſam 
ganz damit bevedt, und man fagt dann, das Schiff flaggt. Die Wimpel, 
oder langen ſchmalen Fahnen, weldye auf den Spigen der Maften aufgezogen 
werden, Baden in der Regel die Farbe der Haupt⸗F. 

Flahault, Auguſt Charles Joſeph, af von, geboren 1785, ehemali⸗ 
ger Adjutant Rapoleond, flammte aus einer altadeligen Familie u. iſt der Sohn 
eines verdienten Offizierd, der wegen feiner legitimen runbfäbe ein Opfer der fran- 
zöfifchen Revolution geworden war. Gr fand mit feiner Mutter (f. den Artikel 
Souza) in England u. fpäter in Deutfchland eine Zuflucht, wo er feine Ers 
siehung erhielt, u. trat 1798 in die frangöfliche Armee, mit welcher er in Stalien 
u. 1800 in Portugal focht. So wie bier, fo zeichnete er ſich in ben fpanifchen, 
deutfchen u. ruffifdyen Feldzgügen aus, ward Adjutant Rapoleond u. nady feinen 
Thaten bei Leipzig ®raf. Für den rüdfehrenden Kaiſer verfuchte er vergebens Des 
pelchen nah Wien zu bringen u. focht bei Waterloo. Die Julirevolution gab 
hm den Sit in der Pairskammer wieder, ſchickte ihn 1831 als Geſandten nady 
Mündyen u. zur Belagerung Antwerpend. Er tft feit 1841 Geſandter in Wien. 

Flamen hieß bei den alten Römern jeber Priefter, deſſen Dienft irgend einer 
einzelnen Gottheit gewidmet war, Der vornehmfte unter ihnen war der F. Dias 
lis, Opferpriefter Jupiterd, neben dem bei der erflen Entflehung des Ordens noch 
jene andere, der %. Martialid u. F. Quirinalis, waren. In der Folgezeit flieg 
bre Zahl bis auf fünfzehn und darüber, die fämmtliche ihre Beinamen von ber 
Gottheit hatten, weldyer fie dienten, wie 3. B. F. Neptuneus, Floralis u. f. w. 
Auch die vergötterten Kalfer hatten ihre Flamines. Man theilte fie in majores, 


Blamingo — Flandern, 219 


bie Batrlier ſeyn mußten, u. in minores, bie man auch aus den Plebejern 
sahbm. Ihre Tracht war ein langes weißes Gewand, mit Burpurftreifen vers 
rämt, und ein fpiiger Kopffchmud mit einem Delzweige. Der F. Dialis hatte 
einen eigenen Lictor, befletvete eine Stelle im Senate u. hatte mandye Vorrechte, 
vie auch die übrigen Flamines mit ihm thellten. 

Flamingo (phoenicopterus L.), eine Gattung aus der Kamille der 
Baffertelgen (Ordnung der Sumpfvögel); er bat den diden, breiten J unterge⸗ 
bdogenen Schnabel länger, als den Kopf; der Unterſchnabel macht eine tiefe Rinne, 
worin ber obere liegt, der obere hat an dem Rande Zähne, der untere Duereins 
ſchnitte; Hals u. Beine find fehr Tang, die Füße vierzehig, mit Schwimmhaut; fie 
frefien Weichthiere, Infekten, Fifcheter, bauen ein Neft aus Schlamm, wie einen 
Ha u. figen darauf, wie auf einem Stuhle. Arten: rother %. (ph. ruber), 
harlachroth, mit ſchwarzen Schwungfedern, 6 Fuß hoch; die Federn dienen zur 
Zierde, die Zungen waren Lederbiffen für die Römer; er ift im erften Jahre meiß- 
ich, im zweiten rofenroth, tm dritten ſcharlach, lebt an den Küften des mittels 
ländifchen und Faspifchen Meeres gefellfchaftlich; Kleiner %. (ph. parvus), 
in Oflindien zu Haufe. 

Flaminius, Name eines alten römtfchen Plebejergeſchlechts. Ihm gehörten 
an: der Conſul Eajus %., der als Tribun 232 vor Chr. die Vertheilung des, 
den Sennonen entriffenen, Gebietes unter die römifchen Bürger gegen ben Wil⸗ 
Im des Staats durchfehte, dadurch den großen gallifchen Krieg veranlaßte und 
zuerſt mit einem römlfchen Heere über den Po drang. Nach dem Antritte feines 
poeiten Conſulats verlor er gegen Hannibal (f. d.) durch feine Vermeſſenheit 

der Schlacht am Thraftmenifchen See (217 vor Ehr.) Heer u. Leben. — 2) 
5. Titus Dutintius, Sohn des Borigen, hat fich unter Allen dieſes Namens 
am berühmteften gemacht. Er diente im zweiten punifchen Kriege unter dem 
Conſul Marcelus, befiegte Philipp den Jüngeren von Macedonien in mehreren 
Schlachten u. entzog ihm als Proconful die Spartaner, unterwarf Böotien und 
ſchlug endlich Philipp bei Kynosfephalä 197 vor Chr. entfcheidend. Nun er- 
flärte er auf den ifihmifchen Spielen die Griechen für frei u. zwang den fparta- 
nifchen Tyranen Rabis zu einem nachtheiligen Frieden. Nach Rom zurüdge- 
fehrt, feierte er einen dreitägigen Triumph u. farb im Privatleben. Plutarch 
bat fein Leben befchrieben. 

Blamfteed, John, berühmter Aftronom, geboren 1646 zu Derby, folgte 
ven Jugend auf feiner Neigung zur Aftronomie, erhielt in London eine geiftliche 
Präbende, wurde 1670 Mitglied der Föniglichen Sortetät dafelbft, erhielt 1671 
die Aufficht über das neu erbaute Obfervatortum zu Greenwich, und arbeitete 
bier bis an feinen Tod den 18. Januar 1720. Seine „Historia coelestis britan- 
nica,“ London 1725, 3 Bde. Fol. zeigt feine großen theoretifchen u. praftifchen 
Kennniniffe der Sternfunde. Man hat audy von ihm „Atlas coelestis, London 
1729, %ol. mit 25 Karten, worauf alle Gonftellationen in England vorgeftellt find. 

Blandern gehörte in den älteften Zeiten zu Belgien; durch Cäſars Erobe- 
rung fam dieſer Landſtrich, nebft dem übrigen Gallien, an die Römer; dann un⸗ 
ter Die Franken. Der Name 5. wird feit dem 7. Jahrhunderte genannt, und befaßte 
damals nur das Geblet von Brügge. In der Zolge wurde es eine Graf 
haft von großem Umfange, von der Scheide bis zum Meere reichend, pen ngt 
von Holland, Brabant, Hennegau, der Picardie u. Artois, beinahe 230 Mei⸗ 
in umfaſſend. Der erfle Graf von F. war Balduin I Eiſenarm. Diefer 
vermählte fi) mit Judith, der Tochter Karls des Kahlen, Königs von Frank⸗ 
veih, der ihn 862 mit den Gebieten von Brügge, Gent, Kortryk, Dorned, Ars 

tas u. andern belehnte. Ihm folgte um das Jahr 879 fen Sohn Balduin IL, 
der Kahle, der, wie fein Bater, gegen die Normannen fämpfte. Sein Sohn Ar⸗ 
nulf IL, feit 918, vergrößerte fen Gebtet im Kampfe mit den Nadybarn; er nahm 
um bad 5. 959 feinen Sohn Balduin III. ven ZJüngern ald Mitregenten an, 
velcher bie erfien, nachmals fo berühmten Webereien in $. Ainfühtte, wur 


220 Flandern. 
das Land reich wurbe. Nach feinem Tode 965 warb Arnulf IL der Jüngere 
Mitregent feines Großvaters (+ 966) und segierte bis zum Jahre 989. Sein 
Sohn Balduin IV., der Bärtige, erhob ſich 1006 gegen Kalfer Heintidy II. 
und wollte Balenciennes erobern; zwar wurde er beflegt, erhielt aber doch jenes 
Gebiet als Lehen. Balduin V., der Fromme, von Lille (1036) bezwang die 
Sriefen, führte Krieg gegen Kalfer Heinrich III. u. erhielt im Frieden die Beſtaͤ⸗ 
tigung der Reichöleben; 1060 war er Bormund über Philipp, König von Frank⸗ 
reich, u. flarb 1067. Sein Sohn Balduin VI, der Gute, hatte durdy feine 
Vermählung mit der Erbtochter Richilde auch die Grafſchaft Hennegau ers 
worben und blieb im Kampfe gegen feinen Bruder Robert ven riefen 1070, 
welcher noch bei Lebzeiten des Vaters die Grafſchaft Golan erobert hatte. Ros 
bert raubte nun 1071 feinem Neffen ArnulfllL, vem Unglüdlichen, bei St. 
Dmer die Graffchaft F. und das Leben, und behauptete fid) gegen die Anfprüche 
von defien Bruder Balduin IL von Hennegau (er verlor aber dabei Holland 
wieder). Ihm folgte 1093 fein Sohn Robert Il. Hierofolymitanus, wel 
cher den erſten Kreuzzug mitmachte, und dann mit Glüd gegen die Rachbarn 
kaͤmpfte, + 1111. Sein Sohn Balduin VIL, der Strenge, ftellte Rube und 
Ordnung im Lande ber und flarb 1119 kinderlos. Nach feinem legten Willen 
folgte ihm fein Better Karl J. der Gute, von Dänemark (Sohn König Ka⸗ 
nut IV.);5 er wurde 1127 meuchlingd ermordet. Die Stände beriefen Anfang 
Wilhelm von Clinton, Sobn Roberts III., Herzog von der Normandie; da er 
ſich aber verhaßt machte, erwählten fie gegen ihn Dietrich von Elfaß, Neffen 
Robert6 L, der audy nach dem Tode Wilhelms im Kampfe allgemein anerkannt 
wurde, 1229, u. Elſaß feinem jüngern Bruder überließ; er machte mehre Züge 
nad) Palaͤſtina u. fämpfte wider Hennegau 1168. Sein Sohn Philipp über, 
ließ 1180 den wefllichen Theil von F. (die Graffchaft Artois) feiner Nichte Iſa⸗ 
bella von Hennegau bei ihrer Vermählung mit :Bhilipp I. Auguft, König von 
Frankreich. Rad dem Einderlofen Tode Philipps 1191 folgte ihm feine Schwe⸗ 
ſter Margaretha l., die Gemahlin des Grafen Balduin V. von Hennegau, 
welcher fi nun Balduin VII, der Muthige, nannte. Defien Sohn Ba ls 
duin IX. 1194 half Konftantinopel erobern u. wurde felbft (lateinifcher) Kai: 
fer 1204; er flarb ſchon 1205 ale‘ Gefangener der Bulgaren. Bon feinen bei- 
den Töchtern erbte die ältere, Johanna, die Grafichaft K. u. vermählte fidy mit 
Ferrand (Ferdinand) (Sohn Eandyo 1.) König von Portugal (1211). Dies 
fer bielt e8 mit England gegen Frankreich: er warb 1214 in der Schladyt von 
Bovined gefangen u. erft 1226 wieder frei gegeben. Nach feinem Tode (1233) 
vermählte ſich Margeretha wieder mit Thomas, Graf vonSavoyen (+ 1259). 
Sie farb kinderlos, u. ihre Schwefter Margaretha II, Gräfin von Hennegau, 
folgte audy in %. 1244. Sie hatte von ihrem erften Gemahle (und VBormund), 
Burfard von Aresnes, die Söhne Johann u. Balduin, von ihrem 2., Wils 
helm von Dampierre (+ 1241) die Söhne Wilhelm, Buido u. Johann, welche 
Margaretha den früheren beiden vorzog u. ihnen die Erbſchaft zuzuwenden firbte. 
wifchen diefen Stiefgefchwiftern kam es daher zu heftigen Streitigleiten um das 
tbe, weldye durch den Papſt und den König Ludwig IX. von Frankreich 1246 
dahin entſchieden wurden, daß Johann von Aresnes, die Grafſchaft Hennegau u. 
Wilhelm II. von Dampierre die Grafichaft 5. verbleiben follte. Nachdem aber 
biefer, auf Anftiften feiner Ettefbrüder, in einem Turniere getödtet worden. war, 
(1251) brady der Kampf wieder aus, u. felbft ein neuer Vergleich (1262) auf die 
Bedingungen des früheren, machte den Unruhen fein Ende. Doch folgte Guido 
1279 feiner Mutter in F. Diefer verbündete fi, 1297 mit England gegen den 
ränfevollen Philipp den Schlechten (den Schönen), König von Frankreich, der 
nad) dem fchönen Lande tracdhtete. Diefer fiel alfo in F. ein, eroberte den größs 
ten Theil des Landes, und hielt Guido nebft feinem Sohne Robert (jenen bis zu 
einem Zobe + 1305) wortbruchig gefangen. Indeien hatten vie wuchigen 
Tamldnber fo tapfer gegen den Dränger Philipp IN. geiüdgten, voß wirer I 


Flanell. aa 


frieden, gegen die Abtretung des Stüdes jenfeltd der Lys, F. wieverherftellen 
and ſolches dem Grafen Robert IM. zurüdgeben mußte 1305. Reue Gewalts 
ſchritte König Philipps veranlaßten neue Kämpfe, weldye-unter König Philipp V. 
ungefähr auf die früheren Debingungen endinten 1320. Da Ludwig von Re 
verd noch vor feinen Bater Robert. ftarb (1322), fo folgte diefem fein Enfel 
Sudwig I. (I. von Revers) 1322. Gegen diefen empörten fid, die F., wohl 
wegen feiner Anhänglichfeit an Sranfreidy u. um feines wüften Lebens willen. Da’ 
zeg Philipp VI., von Frankreich nach F., beſtegte die Flamlaͤnder u. fehte den Gras 
fen wieder ein 1328, wodurch das Land zugleidh von Frankreich abhängig wurde. 
In dem nun folgenden Kriege zwifchen England u. Frankreich fchloffen fidy da⸗ 
ber die Flamlaͤnder an England an, aud) aus kaufmaͤnniſchen Rüdfichten, währen 
ihr Graf für die Franzoſen kämpfte und bei Erefiy fiel 1346. Ihm folgte fein 
Sohn Ludwig II., ihm an Gefinnungen ähnlid, aber noch ausfchweifender ; 
er mußte ſchwere Kämpfe mit den Bentern beflehen; vergeben® belagerte er dieſe 
Etadt, beflegte aber dann die enter zweimal mit franzöftfcher Bülfe (1382), 
worauf es 1384 zum Dergleihe fam. 1385 flarb Ludwig; er hatte durch feine 
Bermählung die Gebiete Mecheln u. Antwerpen erworben (1356). Seine einzige 
Tochter Margaretha II. war die Wittwe Philipps von Ronore, Herzogs von 
Burgund (+ 1361) und dann die Bemahlin Philippe des Guten, Herzogs von 
Burgund (1369). Durdy diefe Verbindungen erbte fie die Braffchaften Artois u, 
gogburgund, welche, nebft 5. und deſſen Abhängigkeiten, mit dem Herzogthume 
urgund vereinigt wurden u. blieben, während Burgund durch die Landfchafs 
tn Namur, Brabantsimburg, HennegausHolland u. Seeland u. Luremburg vers 
größert wurde. Die Erbtocdhter Marta von Burgund vermählte ſich 1477 mit 
Rarimilian, Erzherzog von Defterreich, und. hinterließ ihm 1482 fämmttlicye 
Landfchaften (nach Rüdfall des eigentlichen Herzogthums Burgund an Franfs 
xeich) unter dem Namen der Niederlande. Durdy feinen Enkel, Kaifer Karl V., 
famen fe an Spanien 1516. Bon diefer Krone riß ein Theil diefer Land 
haften 1581 u. d. fi. 3. fidh los, wobei dann audy ein Stüd von F. an 
die RordsRiederländer verloren ging. 1667 — 68 erwarb Frankreich daß foge- 
nannte franzöfifche %. (Später Departement des Norden). 1797 erhielt dieſe 
Krone durch den Frieden von Campo Formio dad öfterreichifche übrige eroberte 
5. (nebft den öfterreichifchen, bis 1704 fpanifchen Niederlanden), u. ver- 
leibte felbiges feinem Reiche ein ald Departement der 296 u. der Schelde. 1814 
wurde diefes alte F. dem (vereinigten) Königreiche der Niederlande übers 
geben u. bildete die Landſchaften DOft- und Weſt⸗F.; beide wurden dann 1838 
von neuen Königreiche Belgien zugefprochen. Das Land eignet ſich vor: 
iglich fuͤr den Getreide, Zutter- u. Gartenfrucht-Bau. Die Mehrzahl der (14 
1.) Bewohner find Wallonen mit flamländifcher Sprache; fie find ſehr gewerb- 
keifig u. Ihre Fabriken in Leinwand, Baumwollenwaaren, Cpigen, Tuch, Leder 
wf. w. find im blühenden Zuſtande. Bol. d. Art. Belgien. v. Dr. 
Flanell, ein leichtes, tuchartiges, gemöhnlidy weißce, wollened Gewebe, wo⸗ 
von man verfchiedene Gattungen hat, welche theil8 zu Unterfleivern, Frauenröden, 
Unterfutter, überhaupt zu warmen Kleidern benügt werben. Die Kette iſt gewöhn- 
li) zweifchürige, langgefämmte Wolle, der Einfchuß aber fürzere Sommermolle. 
Da er fehr wenig Walke befommt, fo muß er fehr dicht gewirft werden, Außer 
in England u. Frankreich werben jetzt fehr viele Fe in faft allen Städten Deutſch⸗ 
lands, hauptſaͤchlich aber In Sachſen fabrizirt. Die allerfeinften find die Hemden» 
Fe, unter denen fidy die englifhen ganz vorzüglich auszeichnen. Köper-F. 
iR ein, dem Tuche ganz ähnlich geföperter Zeug, von feiner gefämmter u. brall 
geiponnener Wolle, der deßhalb weit fefter und dauerhafter ift, als der gewöhns 
lihe. — Der Molton ift eine gröbere Sorte von $. — Man hat aud) farbige 
glatte $.e, fowie auch welche mit gedrudten bunten Deifins. — Eine, in der Vor⸗ 
zeit ſehr gangbare, Sorte dieſes Artifeld waren die fogenannten türkifchen F.e, 


222 Flanke — Flaſchenzug. 


oder Golgas, welche in England fabrizirt wurden u. verſchiedenartige, wollen⸗ 
artig gedrudte, Muſter in allen Farben hatten. | 
Flaute, 1) Berfhanzungen eine Vertheidigungslinie von der Seite, 
die dann am flärkfien ift, wenn fie mit der zu vertheidigenden Linie einen rechten 
Winkel macht. Ihrer Figur na gibt es a) geradlinige, b) frummlinige 
(tour creuse), welche vorzüglich den Ruten haben, daß fie vom Feinde nicht ver 
Zänge nad) ricochettiet werden können u. o) zufammengefehte F.n, weldye 
aus zwei geraden Linien beftehen. Ihrer Lage nady geben bie rechtwinfeligen F.n 
die befte Bertheidigung; bei den Baflonen aber, wo fie die gegenüber liegenden 
En vertheidigen follen, liegen fte in einem ſtumpfen Winkel am Beften; im erften 
alle heißt die F. eine gerade, im legten Falle eine ſchiefe. Haupt-E.n 
heißen diejenigen, welche am Hauptwalle liegen. Eine zurüdgezogene %. fl, 
wenn fie gebrochen, und ein Shell derfelben hinter das Bollwerk in pie Cours 
tine zurüdgezogen wird. Wenn diefe F.en verdoppelt werden, fo iſt die vor 
dere die niebrige, die hintere die hohe F. Dientedrige F. muß von der hohen 
durch einen Braben abgefonvert feyn und hinter der Schulterwehr verfledt wer⸗ 
den; auch iſt fie fo niedrig, daß fle die Kläche des Grabens horizontal beftreicht; 
beißt auch die Bauffebrane-d. SR noch eine dritte F. da, fo beißt biefe 
die mittlere. Uebereinandergelegte Fu beftehen in Kafematten, und 
find daher bedeckte. Cine Nebensf. heißt das Stüd der Courtine,. weil auch 
von diefem die Face des Bollwerks vertheidigt wird. Die F.n heißen aud) be- 
dedte F.n, wenn fie mit einem Bollwerförohr, oder einer Schulterwehr verfehen 
find. — 2) Bei den Truppen heißen die F. diejenigen Linien, weldye die Enppunfte 
ihrer Frontlinie durchfchneiden; dies find alfo die Außerften Rotten auf jedem 
Ylügel, und man unterfcheidet daher die rechte und linke %. Das Formiren 
der %. gefchieht entweder durch das Frontmachen der äußerften Rotten, nach dem 
Feinde zu, welcher die Sronte angreifen will, oder indem man eine beftimmte Ab» 
theilung nad) der F. hin abſchwenken läßt, oder eine Tirailleurlinie in der Rich⸗ 
tung der F. aufftellt. Der Angriff auf die: feindliche F. iſt der vortheilhaftefte, 
indem man den Feind dadurch am leichteften aufrolit, d. 5. ihn in ver Rich⸗ 
tung feiner Länge zufammendrüdt. | 
Slaldenzuß, 1) in ver Mechanik eine Verbindung von beweglichen und 
unbeweglichen Rollen; . erftere bewirken Erfparniß an Kraft, -lebtere end als die 
Sortleiter diefer Erſparniß anzufehen. Es gibt 2 Arten von F., der Potenz⸗F. 
u. der gemeine %. Betrachten wir zuvor den. erfleren. WBerbindet man eine bes 
weglidye Rolle mit einer unbeweglichen, fo erfordert das Gleichgewicht die Be⸗ 


dingung k = 5, wo k die Kraft u. 1 die Laſt bezeichnet. Wird aber das Sell 


von der beweglichen Rolle erfi an den Mittelpunft einer zweiten beweglichen Rolle, 
die in gehöriger Entfernung für ſich in einem Seile hängt, befeftigt, ß wird dieſe 


zweite Rolle von dem erſten Seile mit 4 herabgezogen. Es haͤngt alſo gleich⸗ 
ſam an der zweiten Rolle ein Gewicht — re Um dieſes Ins Gleichgewicht zu 


ſetzen, ift wieber die Hälfte der Laft nöthig, nämlid) 5 Diefed kann nun bie Laſt für 


eine dritte, im eigenen Selle hängende, bewegliche Rolle feyn, und eine halb fo 
große Kraft * wird fie in das Gleichgewicht ſehen. Dieſes Seil, das mit 


k = 5 beraufgezogen werden müßte, um bei drei Rollen das Gleichgewicht zu 


erhalten, wird, an dem Mittelpunfte einer vierten beweglichen Rolle angebracht, 
diefe mit der Gewalt 2: herabzieben ; m wird mithin das Gleichgewicht berftels 


Zlaſſan — Flan. 223 


Im; u. f. w. Daher allgemein: „um bie Kraft zu finden, bie eine Laſt bei einer 
chen Berbindung von Rollen, bei welcher alle bis auf bie letzte beweglich, find, 
m6 Gleichgewicht jet, dividire man die Laft fo oft mit 2, als bewegliche Rollen 
va ind, oder, was daflelbe fagt, mit der fovielten Potenz von 2, als eo die Ans 


yabl der beweglichen Rollen angibt;“ alfo für n bewegliche Rollen: k== — af 


= = oder: k: Im 1 : 2n. Der Botenz-$. wird nur gebraudht, wo man 


don durch geringe Hebung der Laft beftimmte Zwecke erreicht, 3. B. auf Sees 
Miffen. — Ser gemeine %. befteht aus zwei Kolben, in deren einem ſich beweg⸗ 
Ihe, in dem andern unbewegliche Rollen, über oder nebeneinander, gewöhnlich 
m gleicher Anzahl befinden. e Laft, angebracht an’ dem untern oder bewegli⸗ 
den Kolben, wirft auf alle beweglichen Rollen u. vertheilt fich zu gleichen Theis 
im unter fie; bei n beweglichen Rollen alfo in n gleiche Theile, und jebe dieſer 


Rollen bekommt gleidyjam n zu tragen. Jede Rolle erleichtert aber ihre Lafl 
um die Hälfte; daher erfornert das Gleichgewicht: k — . das heißt, vie Kraft 


n 
M gleidy der Lafl, dividirt durch die doppelte Anzahl der beweglichen Rollen, 
oder dividirt durch die Anzahl der Selle des beweglichen oder untern Kolbend. 
Soll beim gemeinen %. die Laft fleigen, fo ift diefes nur dann möglidy, fobald 
Ach jedes Seil des untern Kolbens um fo ein Stüd verkürzt, als die beiden Kols 
ben aneinander näher fommen follen, die Kraft mithin fo viel Mal dieſes zu⸗ 
rüdlegt, ald Rollen in jenem Seile vorhanden find, alfo bei n beweglichen Rols 


len Zn Mal das Stück. Aus k= sn folgt alfo: gk = 2n, gl. Ueberall, wo 


Laſten auf größere go gehoben werben follen, wird der gemeine F. gebraucht. 
2) 5. iſt an einer Gewichtuhr eine Vorrichtung, um das Gewicht, damit ed 
nicht fobald herabläuft, über mehr als eine Rolle zu leiten. 

Floflen, Gaetan Xaxis de, geboren in der Graffchaft Venaiſſin 1762, 
aus einer urfprünglich griechifchen Familie, kam früh nach Rom, wo ihm Pius VL 
eine Laienpfründe verlieh, Eehrte 1787 nach Paris zurüd, wanderte 1791 aus u. 
(bloß fi dem Condé'ſchen Corps an, nach defien Auflöfung er wieder nach 
Franfreich ging u. nach dem 18. Brumaire Chef der erften Abtheilung im Mint: 
krlum des Auswärtigen wurde. Er dankte aber bald ab, wurde Lehrer der 
&fhichte an der Militärfchule zu St. Germain und begleitete 1814 die frans 
ölihe Geſandtſchaft auf den Eongreß nad) Wien, deſſen Gefchichte er beichrieb 
(deriſch mit Vorrede von Hermann, 2 Bde., Lpz. 1830). Für die unterlaffene 
ee der Gefchichte ver franzöftfchen Diplomatie von 1791 bis zum erften Pariſer 

ieden erhielt er eine Penſion von 12,000 Ir. Weitere Schriften: Histoire ge- 
néale de la diplomatie frang., Paris 1808, 6 Bde.; neue Aufl. ebend. 1811, 
7 Bde. De la colonisation de St. Domingue, ‘Bar. 1804. Des Bourbons de 
Naples, ebend. 1811. De la restauration politique del’Europe et de la France, 
md. 1814, deutih von Sandtner, Mündy. 1814. 

Zlatterminen, ſ. Minen. 

Flau, niederdeutfche Form für lau (althochveutfch laͤo, mittelhochdeutfch 
law und verwandt mit dem lateinifchen luere, lavare: waſchen), enthält den Bes 
griff des warmen Wafchene. Da dur warmes Waſchen der Körper viels 
fach erfchlafft, wie durch Faltes erftarkt, fo fcheint daher die übertragene Bedeutung 
des Wortes ſchwach, Eraftlos, auf Berfchiedenes angewandt. Die Maler ges 
brauhen das Wort zur Bezeichnung des fanften und matten Verſchmelzens der 
Farben; bei den Kaufleuten heißt ein Artikel f., wenn er unverkäuflidy, ohne 
Abnehmer iſt. x, 


224 Flarmann — Flechten.⸗ 


Flarmann, John, Profeſſor der Bildhauerkunſt an der koͤniglichen Aka⸗ 
demie zu London, geboren zu York 1755, bildete ſich theils nach den Modellen 
feines Baters, eined ebenfalls tüchtigen Bildhauers, theild in der Alademie, und 
von 1787 — 1794 In Italten. In Rom ſchuf er eine Gruppe, die Wuth des 
Athamas vorftellend, und erhielt durdy Lmriffe zu Homer, dann zu Dante und 
Aeſchylos, die Aufnahme in die Akademien von Florenz u. Barrara. Nach feiner 
Rückkehr entflanden: ein Grabmal Lords Mandfield (Weftminfterabtet), ein Modell 
des Achilleifchen Schildes nach Homer (1818), Denkmal des Dichters Collins 
und der Miß Cromwell (Chicheftervom), der Bräfin Spencer (Kirche zu Brington), 
ein monumentales Basrelief für feinen „geliebten Schüler" Thom. Harley (zu 
Ghartbam) und ein Monument der Familie Baring (zu Michelvever). Er ftarb 
1826, 6 Jahre nad) feiner-Brau, Anna Denman, deren klaſſiſchem Geſchmacke 
er Vieles verdantte. | 

Flechier, Esprit, geb. zu Pernes (Bauclufe) 1632, trat in den Jeſuitenorden, 
den er aber bald wieder verließ, wurde 1659 Lehrer der Rhetorik zu Narbonne, 
machte fich in Parts durch Gedichte, Predigten und Leichenreden befannt u, bes 
rübmt. Ludwig XIV. ernannte ihn 1685 zum Bifchofe von Lavaur, 1687 von 
Nimes. Der ächtchrifllihe Mann ftarb 1710. Man bat von ihm „Bermifdchte 
Schriften,“ „Lobreden auf Heilige” (3 Bde); „Leichenreden“, wovon die auf 
Zurenne ald Meifterftüd gilt (Bar. 1681, zulegt 1842), „Prebigten,“ „Leben des 
er gimenes (deutſch Würzb. 1828), „Briefe;” Gefammtausgabe 10 Bre. ; 

imes 1 . > „ 

Flechien, ſ. Muskeln. Ä 

Flechte if eine chroniſche Hautkrankheit, die bei allen Altern u. Geſchlech⸗ 
tern, bei Gefunden wie bei Kränftichen vorfommt und bald fürzere, bald längere 
Zeit, oft das ganze Leben hindurch dauert. Es bilden ſich dabei unregelmäßige 
Gruppen Heiner, mit weißlicher Flüſſigkeit angefüllter und ein brennendes Yuden 
verurfachender Bläschen, die bei ihrer Heilung Schuppen und Borken bilden, in 
ſchlimmen Yällen jedoch auch in tiefer frefiende, bösartige Gefchwüre übergehen. 
Der Ausfchlag verichwindet zumellen plöglicy, und kehrt nad) einiger Zeit wieder 
urüd. Diefe, in ihren mildeften Graden oft kaum beachtete, Krankheit verdient 

er Berüdfihtigung. Dft werden durch eniflehende F.n andere Unpäßlichfeiten 
befeitigt, u. jene find in diefem Falle eine Raturhülfe. Dagegen zeigen ſich aud) 
nach vertriebenen F. Krankheitözuflände, felbft ernfterer Art, die fid, nur vertieren, 
wenn jene wieder zum Borfcheine kommen. Wachſamkeit auf die Diät, in wie 
fern diefelbe 'nachtheitlig auf den Körper wirken Fann, ift das befle Mittel, ſich 
von der F. zu befreien; nur die ſchlimmeren Arten erfordern eine wirkliche Kur, 
wobei biutreinigende Mittel, Holzihee, Mercurialmittel, Schwefels u. Spießglanz: 
mittel, Sools und Seebäber u. f. w. ſich nad) Umftänden hülfreidy erweiſen. 
Fränkel, die En u. ihre Bchandlung, 2. Aufl, Eiberf. 1840, 

Flechten '(lichenes), find Begetabilten, die, auf einer fehr niebrigen 
Stufe ftehend, im natürlichen Pflanzenſyſteme die dritte Familie, zwifchen den 
Aigen u. Homalophyllen, bilven. Linns machte aus ihnen in feiner Kryptogamies 
Ordnung Algen, ein Pflanzengeſchlecht, das aber In neuerer Zeit wegen feiner 
Sröße (indem mehr ald 1400 Arten darunter geflellt find) aufgelöst -morben if. 
Ihr Charakter ift, in eingr tinden- oder laub⸗, oder ftrauchförmigen Ausbreitung 
Keimpulver oder Ketmkörner au erzeugen, wodurch fle ſich fortpflanzen, außerdem 
aber den Krüchten ähnliche Körper zu bilden, in welchen fcheinbare Samen, meift 
in eigenen Schläuchen, wie bet Schwänmen u. Kernſchwämmen, vorfommen. Sie 
wachen meift, wo nirgends fonft eine andere Pflanze fortfommt, u. überziehen 
mit ihrer, auch vertrocknet ſich erhaltenden, Subftanz Fahle Felſen, altes Gemäuer 
u. Holzwerk, Baumftämme, dürren Boden u. f. w. Ihre Nahrung zichen fie aus 
der, durch Regen, Rebel u. fonft jenen Gegenſtänden mitgetheilten Feuchtigkeit, 
oder auch aus der Luft. Häufig fcheinen fie.bloße Flecke zu feyn, von brauner, 
gelber, grauer, weißlicher u, a. Farbe; doch ähneln andere 5. Pflanzentheilen, 


Fleck — Fledermänfe, 225 


onders Blättern. Gewöhnlicd, iſt ihr eigentliches Leben im Winter, wogegen 
im Sommer vertrocknen u. zugleich für andere Gewächſe, beſonders Mooſe, 
Boden bilden, indem fie auch den kahlſten Flecken, wenn ſie abgeſtorben find 
faulen, einige Dammerde geben. Jungen Wald⸗- u. Fruchtbäumen werden fie 
: parafttifcdhe Gewaͤchſe ſchädlich. — Einige derſelben dienen Thieren zur 
brung ; mandye, wie das isländiſche Moos (ſ. d.) auch Menfchen, ſowie 
Urıneien. Mehre enthalten Farbſtoffe. 

Fleck Johann Friedrich Ferdinand, einer der ausgezeichnetften deut⸗ 
m Schaufpieler, 1757 zu Breslau geboren, Sohn eines dortigen Rathöherrn, 
og 1776 die Univerfität Halle, um Theologie zu flubiren. Als durdy den 
d erfolgten Tod ſeines Vaters die Unterflügung von Haufe aufhörte, beftimmte 

dieß, ſowie feine natürliche Vorliebe für die dramatiſche Kunft, auf das 
eater zu gehen. Nachdem er einige Jahre in Leipzig u. Dresden gefpielt 
te, ging er zu Schröder nad Hamburg u. um 1784 zu Döbbelln nady Berlin, 
ter defien Direction er bie erften u. wicdhtigften Rollen mit allgemeinem Beifalle 
mug u. fidy durch feine mannigfaltigen Kenntniſſe über Alles, was das Theater 
traf, viele Achtung erwarb. Daher wurde er, als Berlin 1786 ein Nationals 
ater erhielt, Realfeur befielben, und blieb es bis an feinen Tod, welcher den 
. December 1801 erfolgte. Sein Name ift in den Jahrbüchern der dramatifchen 
nR unvergeßlich. Die Natur hatte ihn mit allen Gaben, bie zur Vollkommen⸗ 
t führen, ausgerüftet. Wännlidy fchöne Geftalt, edle Haltung, ein bedeutender 
hriit, ein feuerwerfended Auge, verfündigten auf den erften Blick den großen 
infller. Unwiderſtehlich gewann fein Ausdruck der Empfindung die Herzen, und 
t Feuerſtrom feiner Leidenfchaft riß auf Höhen und in Abgründe mit fidy fort, 
hite u. erfreute, beivegte u. erfchütterte. Diefe innere Kraft, die fidy vornehmlich 
Heldenrollen entwickelte, machte es unnöthig für ihn, fein Talent durch die 
woͤhnlichen Hülfsmittel ind Licht zu ftellen. Er war der Vertraute der Natur, u. 
nmer an ihrer Hand, wandelte er, mit fteter u. fliller Gewalt, feine Künftlers- 
ahn. WE Menſch befaß er mancherlei vorzügliche Eigenfchaften. Die Wiffen- 
haften, auch die ernfteren, waren häufig der Gegenftand feiner Beſchäftigungen; 
ergüglich liebte er theologiſche Lektüre, u. Die Bibel ift von ihm mehrmals durch⸗ 
etefen worden. 

Fleden heißen in der Aftronomie 1) die bunfleren Stellen auf den, durch 
trf vergrößernde Yernröhre betrachteten, Planeten Merkur, Venus, Mars, 
Jupiter u. Saturn (f. d. Art); 2) die mehr oder minder dunkeln Stellen 
eihiedener Geftalt auf dem Monde (f. Mond der Erde); 3) die fchwarzen 
u grauen, in unbeflimmten Zeiten auf der Sonnenſcheibe erfcheinenden, veränders 
uchen Stellen verſchiedener Geftalt (f. Sonnenfleden); 4) wolfenartige, hel- 
le oder blaffere Schimmer, die in großer Anzahl am geſtirnten Himmel, meiftens 
nur mit bewaffnetem Auge, angetroffen werden (f. Rebelfleden). 

Flectamus genua ift ein Zuruf des Diafons an das Volf in der Ehar- 
woche, an den Duaiembertagen u. f. w., um folches hiedurch zur Anbetung und 
Berebtung Gottes des Alerhöchten, wie zur Demuth u. Thellnahme am Gebete 
des Prieſters aufzufordern. 

Fledermäuſe Flederthiere, noctiliones), Familie aus der Säugethiers 
erdnung Flatterfüße (nach Goldfuß); fie haben an der Naſe feine Anhänge oder 
Blaͤuchen, ihre Ohren find theild zufammengemadhfen, theild gefondert; es geht 
wifchen ben fehr langen Fingern u. Füßen auf jeder Eeite eine Flughaut herab 
(oft auch den Schweif miteinſchließend); ihr Klug iſt geſchickt u. hoch, ihre Nah 
rumg Inſekten u. anderes Animalifcyes; in Kälteren Gegenden halten fie den Win 
trichlaf, indem fie fi) mit den Hinterfüffen aufhängen; ihr Gefühl fol durch 
bie nadten Ohren fehr fein ſeyn, fo daß ihr Geſichtsſinn zum Theil dadurch er- 
fegt wird; fie haben feinen ordentlichen Gang, fondern fchnurren auf dem Boden 
dahin. Goldfuß rechnet hiezu Die Gattungen: Grabfliegler (taphozous), Grän- 
ir (dysopes), Kantenlefjet (aoctilio), Hafenmaul (nyclinomus) , Üegente Kar 
Aealencyclopihle IV, 5 


226 Zilederwiſch — Fleiſchliche Vergehen. 


myopterus, plecotus), Fledermaus (vespertilio) u. Schmalhaͤuter (stenoderma). 
Guvier rechnet alle Fledermaͤuſe hieher, bis auf den geleopithecus. 

Flederwifch (gebildet aus dem althochdeutfchen vifllädiron, neuhochdeutich 
Flattern) iſt das erfle Glied des Zlügeld, deſſen man fi) zum Wbftäuben bes 
dient; dann audy ein fehr häufig vorfommender Name des Teufels, bei welchem 
ihn die Heren'rufen, das ſchnelle Hins u. Herwiſchen des Geiſtes gefchidt be⸗ 
zeichnend. Da der Teufel in dem Hexenweſen oft ſchoͤn auftritt, fo eignen ſich 
für ihn Namen, wie Züngling, Junker; und gern wird ihm Federſchmuck (wie 
aud) in Goethe's Fauft) oder Flügelgeftalt zugeichrieben. N. 

leetwood, Karl, Schwienerfohn Erommwells (f. d.), Mitglied des lan⸗ 
en Parlaments von 1640 u. Oberfter der Reiterei, behauptete als foldyer 1644 
riflot, kämpfte bei Worceſter u. erhielt die Statthalterfhaft von Irland. Als 
Cromwell fidy die Krone aufs Haupt fegen wollte, widerfegte er fich, wurde deß⸗ 
halb zurüdberufen, fpielte aber dennoch fortwährend eine wichtige Rolle u, ver⸗ 
mochte auch den jungen Rihard Erommelt zur Abdanfung. Auch gegen 
‚Karl II. befebligte er u. ward deßhalb bei deſſen Wiedereinfegung von der Am⸗ 
neſtie ausgefchlofien, farb aber bald’ darauf. " 

Fleife . 1) Im weiteren Sinne die inneren Weichgebilde des thierifchen 
Körpers, mit Ausnahme der Gefäße u. Nerven, der Bänder u. Häute; imengeren 
die Mustelfubftang des thierifchen Körpers, im Gegenfabe zu deſſen häutigen, 
Inöcherigen, fnorpeligen, flüßigen u. drüfigen Gebilden. — 2) Ad Nahrungs 
mittel bezeichnet es alle Weichtheile des thierifchen Störpers, beſonders aber das 
Muskelfleiſch. ES übertrifft an Nahrungsftoff jedes Pflanzenprodukt u. dient eis 
ner großen Menge von Thieren zur ausfchließlichen Nahrung. Die menfchliche 
Organifation ift zur F.⸗ wie zur flanzennahrung gleichmäßig beftimmt. 

Fleiſcher, Heinrich Leberecht, gelehrter Drientalift, geboren 1801 zu 
Schandau, in Leipzig u. befonders in Paris (von 1824— 28) gebildet, 1831 
Lehrer an der Kreuzſchule zu Dresden, lehrt felt 1836 an der Univerfliät Leipzig. 
Er Tatalogifirte die orientaliſchen Hanpfchriften zu Dresden (1831), gab den 
Abulfeda nebft Lateinticher Ueberſetzung (1831), Samachſchari's goldene Hals⸗ 
bänder (1835), eine Abhandlung über die Habicht'ſchen Gloſſen au 1001 Nacht 
(1836), All's 100 Eprüche (1837) und den Eommentar des Baidhawi zum 
Koran (1845) heraus. 

Fleiſchliche Vergehen (delicta carnis) find die geſetzwidrigen Befrienigungen 
des Geſchlechtstriebes, welche theils als Verlegungen der Echamhaftigfeit, theils 
zugleich auch als Angriffe auf die perfönlichen Redyte Anderer, u. insbelondere als 
Angriffe u. Berlegungen der Familie, in Betracht fommen. Zu den fleifchlichen 
Vergehen, welche bloß Berlegungen der Schamhaftigkeit und des Sittengefebes 
find, kann man zählen: 1) die Schwächung; die außerehelige, naturgemäße Be 
friedigung des Geſchlechtstriebes zwifchen zwet unverheiratheten, nicht in den vers 

botenen Graden verwandten, Perſonen verſchiedenen Geſchlechtes (stuprum volun- 
tarium). Die Strafe iſt Gefängniß oder Geldbuße. Mehrere, welche mit einem 
Weibe fleiſchlichen Umgang gehabt haben, ohne daß ſich ermitteln läßt, wer von 
ihnen Vater der erzeugten Frucht ift, leiden gleiche Sırafe und müffen, nad) eis 
nigen Giſetzen, gemeinfchaftlid die Erhaltung u. Erziehung des Kindes beftreiten. 
2) Die Hurerei im engften Sinne (furnicatio, scortatio); Befriedigung ver Wols 
luft mit feilen Frauenz mmern durch Beifchlafövollzichung. Hier trifft nach den 
meiften Bartifularrechten nur bie Hure eine, und jivar in einigen Yändern nur 
eine polizeiliche Strafe. 3) Der Concubinat, oder die fogenannte wilde Ehe; das 
ufammenleben zweier unverehlichten Perſonen verſchiedenen Gefchlechtes; 4) die 
lutſchande (incestus) ift der, zwifchen zwei Perfonen verfchievenen Gefchlechtes 
vollzogene Belichlaf, wenn die Perfonen fo nahe verwandt find, daß geſctzlich die 
Ehe zwifchen ihnen verboten if. 5) Naturwidrige Unzucht, als da ift: Eodomie, 
unb zwar Beftalttät (Brutalismus, sodomia ratione generis); Kuabenihändung, 
Päveraftie @aederastia, commasculatio); ferner Duanle u, Seahttuletung, Die 


Blemming. . 227 


winliche Halsgerichtsordnung droht die Feuerſtrafe wegen Sodomie; die neueren 
Sefeggebungen meift Zuchthausftrafe.e Zu den fleifchlichen Verbrechen, welche 
mgleih Angriffe auf perſönliche Rechte Anderer enthalten, zählt man: 1) die 
Rotbzucht (stuprum violentum); die durdy phuflichen oder pſychologiſchen Zwang 
beuufte Bollziehung des Beiſchlafs mit einer unbefcholtenen Weibsperfon. Brüber 
wurde dieſes Berbrechen mit Enthauptung beftraft, jeht tritt Zuchthausftrafe ein. 
2) Rörhigung zur naturwidrigen Befriedigung der Wolluſt; 3) unfreiwillige 
Ehwächung oder Schändung (stuprum nolenti illatum,. stuprum non voluntarium, 
saprum nec voluntarium, nec violentum) ift der, wit einer Frauensperſon voll» 
zogene Beifchlaf, weldye fidy in einem Zuftande befindet, in welchem fle unzurech- 
aungsfähig iſt, u. 4) die Entführung (raptus) (f. Entführung). Zu den fleifch- 
lihen Bergehen, weldye Angriffe gegen die Familie enthalten, find die verſchiedenen 
Arten des Ehebruches zu zählen (ſ. Ehebruch). Gr. 
Flemming, Paul, deutfcher Loeifiher Dichter, geboren den 17. Oct. 1609 
zu Hartenftein, einem Schönburgifchen Städtchen im Boigtlande, wo fein Vater 
Brediger war. Auf der Hürftenichule zu Meißen erhielt er feine Borbildung zur 
Univerfität Leipzig, um dort Medizin zu ftudiren. 1631 ward er Magifter der 
freien Künfte und begab fich in Mitte der bamaligen Kriegsunruhen nad) Dee 
Rein. Der feierlichen Sefandifchaft, die Herzog Friedrich an den Czar von Ruß⸗ 
land, Michael Feodorowiiſch, abfchidte, durfte ſich F. anfchließen; ebenfo der weit 
größeren Ambaflade an den Schach Soft von Perſten, um dort einen Handels⸗ 
traftat abzufchliegen. Am 3. Auguft 1637 langte er, nad) einer höchſt mühfeli- 
gen Reife, in Iſpahan an. Der Aufenthalt währte 5 volle Monate. Am 16, 
Dee. 1637 ward die gefahrvolle Rüdreife angetreten, am 2. Januar 1639 Moss 
fau erreicht u. den 13. April erfolgte in Reval die Ankunft. Hier verlobte fich 
5. mit der Tochter ded Kaufmanns Nihufew u. beabfichtigte, fobald er in Hans 
burg die Stelle eined praktiſchen Arztes erhalten Hatte, feine Bermählung mit 
ihr zu feiern. Nachdem er im Auguft in Holftein ankam, ging er nad) Leyden, 
promooirte bier ald Doctor der Medizin und wollte in Hamburg Behufs feiner 
fünfıtgen Lebensſtellung Bortehrungen treffen, als er bier, von einer heftigen Krank⸗ 
beit befallen, am 2. April 1640 im 31. Lebensjahre feinen Tod fand. Außer fei- 
nen Iyriichen Productionen finden fi) auch viele gelungene Stüde der didakti⸗ 
ſchen Poeſte, wo feine edle Religiofltät in den ernften, tiefempfunvdenen Gefühlen 
von Tod u, Ewigkeit u. vom Wechfel irdiſcher Hinfäligkeit, erhabene Gedanken 
ausftrömen ließ. Dem damaligen Befchmade des 17. Jahrhunderts, u. befonvers 
dem, von Italien aus durch Marino u. Achellint, angegebenen Modetone, nad) 
geluchten, in blendenden Witzfunken fid) gefallenden Einfällen (concetti genannt) 
zu hafchen, {fl es zuzuſchreiben, daß diefe unedle, gefchmadiofe Manier nicht ſel⸗ 
ten feine gemüthvolle Dichtung entftelt. Seine Gedichte wurden vom Bater ſei⸗ 
ner Verlobten gefammelt u. 1642 zum Grftenmale herausgegeben. „Geifts und 
weltliche Poemata, Naumburg u. Jena. Weitere Ausgaben 1651, 60, 66, Mer⸗ 
ſeburg 1685. Lateiniſche Gedichte von ihm find: Rubella, seu suaviorum liber. 
Sapıla 1631. Epigrammata latina antehac non edita. Amfterd. 1649. Bon feis 
nen religiofen Liedern find beſonders hervorzuheben: Davids Bußpfalmen u. Mas 
naſſes Gebet in deutfche Reime gebracht. Leipzig 1632. Klaglied über das un⸗ 
ſchuldige Leiden Jeſu Ehrifi. 1632. Paul 5.8 in der Parftondzeit in nach⸗ 
dentlichen Reimen auf feinem Todbette aufgefehtes Thun u. Leiden Ehriftt, Hams 
burg 1640. Verbeſſert u. in 444 Reimen ausgeführt von Bapello, Hamb. 1632. 
Fol. Manche ungedrudte Schriften und viele Briefe fanden fidy hanpfchriftlich 
auf der Bibliothek zu Wolfenbüttel. Eine Auswahl feiner Gedichte veranftalteten 
Guſtav Schwab. Stuttg. 1820, u. Müller „Bibliothek deutfcher Dichter des 17. 
Jahthunderts,“ Leip. 1822, 3 Bve. Cm. — 2) F., Jakob Heinrich, Graf von, 
furfächfiicher Staatsminifter und Generalfeldmarfchall, geb. den 3. März 1667, 
kammte von einem niederländiichen, in Pommern eingewanderten Geſchlechte ab. 
Er wiomete ſich Anfangs ben Wiffenfdyaften, trat aber voch „a ur WU, 


W 


„ Tray — Fieizıs. 


nn er ee rn en Mederimen u. Stalien, 
IT min 0 Ber; V mm bin yaruf zu feinem Ge 
nen zere wert in ni ver Mıchistger arresrich Auguſt bes 
wenn anerrn Krim mr Berbel u Ingarn u. Wien ges 
he Ara ie 7 om KT rg m Mae dazu bei, daß 

0 ee Bir rn; m meer zer var az König Auguſt II. 
we, wer. ui mer Mus % Gar en möglichfled, dem 
nn ders en 5 Emma Li DL sm Sweden fie ihm ent⸗ 
nenn a mr heiten Sid Suse war er auch febr 

oa hmm Funde Ben Angeegertvenn. isernabm viele Ges 
win et Rear hi Kr —— 

wen. Zr Ra wer Smecice Eiieimg ı2 einem Meer: 
Wear Der ost wre Kerne id 2 »me Nue 13,000 Ginw., 

: Wohn m Ssanturzme micha mer Huren, u treibt 
rm Zora at 220 u Fur As3 wine ich Bier nam 
wre Zuen Zunft Zinn San BI ı mmaz arte Bronnmeein 
unten 7 Gun..." m Imtmn: — Im Ex tl 1200 von 
mn Din Digens Tr — Seoamz Da vn. 2ure ma 13. Jahr⸗ 
mer. m va hie ve rien SALE CI Auen mc wer Bruder Hein- 
A wr: mies ca eα mer: Eormülongen u. wur 
Ser Er na naram Sort on m bet ıcmuis or Renonbagen ver- 
em wre Br. WB: :2. Armmme Bear er %. u. 1767. 

rar ° 8%-ı:0'% 

Fazer Kiır -t 2 02 Yırı rem gem 1738 zu Lyon, 
very Team Vırm ı Tr um im zus &meine, verfuchte 
Tyan En mind ni Eirmtızy ermemuce Semhr, welche 
le Senarmunger tar 1.773 rue = Ice yz Sim 1 Arſenale u. 
Äu—rt Dane 1m Baur: ı:» v2 oem &ıyms [UL emamte ihn 
sm Ku tm mA Ligen. 229 za 2 19 72 at em ver Screckenore⸗- 
zerts : BuNne 17T a er Bin vo Un 27 74 mr Amoleen in den 
; ; un niit mar m ms va Sole mu: Gouverneurs 
az "aan nl mamma 2 ot 1810. Bon ſei⸗ 
e ® «Frege Zus se are A ii en 1703 u 1769, 
sprayrer 8 Vorugss marıwss 2 Err. Zus 1773. 43 on dieſem 
IF me mann mem 2 2 zer erst dsimnlar, wie- 
zer teren ST lalTrerss Weg Frarais Sans eo sul-est de la nou- 

m 2 
t 


⸗ 


N 
* 
* 
4. 


ne Inne SR 43 2* ums: m Morkand „Voyage 
antsur 43 mondes "Durs 1781" . 
Kleuzus, Mictirleden mm erzeieen rer Exmtre, in der bel- 
ker wesen: Haazegzo. 2 vos zus In Semiediten vargefallene, Treffen u. 
Syiahen iritar Bei Ders Eintor nen Braunichweig u. 
tai Grrn 1: Banseld em min Earl Gordera, on X. Yug. 1622, 
Ber tern vn es nah H:ionr, on mem Georeritacen fe mit ibren Trup⸗ 
ven in E59 gerimmen zizder urn, veresem weilte: der Herzeg Ebriftian 
kügte dabe ieinen linken Arm en — Im dritten framiönidyentederländifchen 
Kriege, sm 1. Jult 1660, sig Eier ver Marichall von Luremburg die Alliirs 
ten untze dem Kürten von Welsed. Es wur Dieb der erñe enticheidende Schlag, 
ter in vieiem Kriege geführt wurde. — Wäbrend der franzöftidyen Revolutions⸗ 
kriege ſchlug der Urinz ron Lranien bei 5. den franzöflichen Obergeneral Jour⸗ 
dan, ber die Eambre yajfırt hatte, den 16. Juni 1794 mit Erfolg wieder über 
diefen Fluß zurüd. Wichtiger aber, als die vorhergehenden Treffen, ift die Schlacht, 
welche nur 10 Tage nachher, den 26, Juni, zwifchen ven Berbündeten unter dem 
Dberbrfihle des Herzogs von Sachſen⸗Koburg einer- und ben Franzoſen unter 
Jouröas anbererfeit8 bier geliefert wurde. — Die Srangofen unter Jourdan und 


Hlopegru hatten In ben Rieverlanven feften Fuß geist, u, erterer name \es 


$ FRP Sem 18. Juni die, von den Werbinbeten Befepte, Keftum — 
ma 25. defielben Monats auch — ER * burg, 
em Falle diejes Ortes noch nicht unterrichtet, gi am 26, das, zur Dedung 
dagerung aufge, ‚Heer Jourdans in 5 olonnen unter dem SPringen 
ranien, dem Erzherzoge Karl, den Generalen Quasdauowich, Kaunig und 
lem an, um bie Beftung zu entfegen. Nachmittags wiſchen 1 u. 2 Ubr 
fi der SUR 9 rechte Flügel ſchon in wilder Flucht u. der Grfolg 
rbünbeten Waffen fonnte als gefichert betrachtet werben. Da erhält ver 
Nachricht von dem Falle Eharleror’s; foglet gibt er Befehl, die Schlacht 
u A ſich in guter Ordnung, durch feine zahlreiche Reiteret de 
as un zu_biefem Rüdzuge bewogen hat, iſt unffar; denn, hätte 
—ã— in dieſer Schlacht befiegt, ein Sieg, den er fon in Händen 
® ihm der: Weg nach Paris offen geftanden, Wenn auch die Schlacht 
t verloren war, jo machten doc) die Folgen derfelben fie 4 einer Nies 
e für die Verbündeten, Denn ber Herzog gab Durch feinen Rüchug na 
U und feine nachherige Unthätigfeit den ranzgofen Belgien Preis, ; die 
mgefdums mit der Eroberung der. im Lande liegenden feften Plähe beſchäf⸗ 
46. Juni 1815 wurde in der Nähe von F. die Schlacht bei fignn 
Rapoleon u. Blücher gefchlagen. Ow. 
, 1) Glaude, berühmter feanzöftfcher Schriftfteller, geboren zu Paris 
te die Rechte u. wurde 1658 Barlamentsadvofat. Rach 9 Jahren 
: jedoch in den geiftlichen Stand u. legte ſich ganz auf das Studium ber 
a Schrift, der Kirchenväter, ber Kirchengeſchichte u. des lanoniſchen Rech⸗ 
1672 an war er faft immer Erzieher u. Lehrer eines Föniglichen Kin- 
(unter Fenslon) der Prinzen von Bourgogne, Anjou und Berri, und 
igs XV. Die franzöflfche Akademie nahm ihn unter ihre Mit- 
5._war ein reblicher Mann von einfachen Sitten, und entfernt von 
Streitigkeiten feiner Zeit. Kirchengefchichte, das geiftliche Recht u. 
her. Sin wigtighes Bet oodlanakigue, age Br 
J m 
aris und Brüffel gerrudt; Jo zu Bräffel 1723 — 1740 in 36 Blnben in 
%, barin nur die 20 erften Bände von F., die anderen (weldye von Anfang 
5. Zabrh. bis auf das Jahr 1595 gen von Jean Elaude Yabre, einem 
bes Dratoriums, find. Die deutfche Heberfegung, Kanffartu. Leiplg Ref) 
-76 in 14 Theilen in gr. 4, enthält nur 5.8 ganz, ohne, die Fort⸗ 
et u. fortgefept von Alexander a ©. Johanne de 
3 das Werk für „venfende Leſer“; aber eben dieß rieß ihn hin, - 
amals ſchon zum Vhiloſerhlonns ſich hinneigenden Zeitgeſchmade allzuviei 
ung zu tragen u. in feiner Darſtellung den ſtreng⸗kirchlichen — nicht ſelten 
lid) vermiffen zu laſſen. Seine übrigen Schriften (Institution. du droit eccl&- 
Catechisme hist.; Hist, du droit frangais eto:) erfchlenen 1780 zu Rismes 
Oftavbänden, die Hist. eccles. ebend. in 25 Oftavbänden, u. zuleßt: Droit 
de France ; ouvrage gast, publi6 avec des notes par M. ron. IV. 
oa Il. Tom., London 1788. 8. — 2) 8, Anders Hercule de, Barbinal 
nzöftfcher Bremierminifter, geboren 1653 zu Lodeve tn Languedoc, Tam ſchon 
em fechöten Jahre naı Barıe, ſtudirte bei den Jeſuiten und wurde bald 
ailus in Montpellier und Doctor der Sorbonne. Bel einer mehr ald ges 
ichen Verſtandesbildung u. mannigfaltigen Talenten zeigte er fi) doch In 
ı ®rade anfpruch8los u. erlangte dadurch die Achtung verfchiedener einfluß- 
: Männer u. die Freundſchaft voſſuets und Zöndlond. Geraume Zeit bes 
e er die Stelle eines Föniglichen Hausfaplane, bis er 1698 das .Bisthum 
b erhielt. Schon 62 Jahre alt, wurde er Lehrer des Sumgen Könige Enbınlg XY-, 
janze Liebe er gewann, erwarb’ fich immer größeren Einfluß auf die Staats, 
% und foowang Ad, ennlidy 4726 bis: zur Würde eines Vremierwminitters 
E war Bann von ausgezeichneten Talenten; aber er wor hal 


afs? 


228 Flensburg — Fleurus. 


Sabre in brandenburgifche Kriegsdienſte u. focht in den Niederlanden u. Italien, 
Der Kurfürft von Sachſen, Joh. Georg IV., ernannte ihn darauf zu feinem Ges 
neraladjutanten u. Oberften, worin ihn auch der Nachfolger Friedrich Auguſt bes 


a ET RT 


„ 


ftätigte, der ihn bei verſchiedenen Borfällen mit Bortheil in Ungarn u. Wien ges ° 
brauchte. Auf dem Wahltage in Polen 1697 trug er dad Meifte dazu bei, daß 
fein Yürft die polnische Krone erhielt, u. feit diefer Zeit war er König Auguſt II. 
Liebling, General, Minifter, Gelandter, Alles. %. that fein möglichfled, dem 
Fürften die Krone zu erhalten, ald König Karl XI. von Schweden fie ihm ent⸗ 


reißen wollte, und focht mit abwechfelndem Glücke. Zugleich war er auch fehr 
thätig im Cabinete, bejorgte die wichtigften Angelegenheiten, übernahm viele Ge⸗ 
fandtichaften u. ftarb zu Wien den 30. April 1728, 

Flensburg, Stadt im däntfchen Herzogtbume Schleöwig, au einem Meer⸗ 
bufen der Oftfee, zählt mit den Vorſtädten 15,500 u. ohne diefe 13,000 Einw., 
hat ein Gymnaflum, eine Schifffahrtsfchule, ein Zuchthaus, einen Hafen, u. treibt 
ftarfen Seehandel mit gegen 150 eigenen Schiffen. Es befinden fich bier nam⸗ 
hafte Zuders, Tabaks⸗, Seifen⸗, Lichter⸗, Effig- u. andere Fabriken, Branntweins 
brennereien, eine Spiegelfabrif und Kupfermühle.e — Die Stadt foll 1200 von 
einem Edelmanne Namens Flenes gegründet worden feyn, wurde im 13. Jahrs 
hunderte in dem Kriege des Grafen Niklas von Holfteln mit deſſen Bruder Hein- 
rich befeftigt, erlitt bi8 zum breißigjährigen Kriege mehre Verwüflungen u. war 
1655 der Sig des däniichen Hofes, den die Peſt damals aus Kopenhagen ver- 
trieben hatte. Vergl. Möller, Hiftorifcher Bericht von F., daf. 1767. 

Fletcher, f. Beaumont. \ 

Fieurien, Charles, Pierre, Elaret, Graf von, geboren 1738 zu Lyon, 
diente in der franzöflfchen Marine u. hieg dum Range eines Capitäns, verfuchte 
1768 eine, von ihm gemeinfchaftlicdh mit Berthoud verfertigte Seeuhr, welche 
ale Erwartungen übertraf. 1776 wurde er Director der Häfen u. Arſenale u. 
1790 -91 Minifter der Marine u. der Colonien. Ludwig XVI. ernannte ihn 
zum Erzieher des Dauphin; doch zog er ſich 1792 zurüd, entfam der Schredensres 

terung u. wurde 1797 in den Rath der Alten und 1799 von Napoleon in den 

Stantsrath gewählt. Bald darauf erhielt er auch die Stelle eines Gouverneurs 
der Tuilerien, weldye er jedoch fchon 1805 niederlegte, u. ftarb 1810. Bon fet- 
nen Schriften führen wir an: „Voyage, fait par ordre du roi en 1768 u. 1769, 
pour eprouver les horloges marines« (2 Bde., Paris 1773, 4.) Bon diefem 
Werke ſoll F, wie man fagt, die ganze Auflage, bis aufeln einziged Eremplar, wie⸗ 
der vernichtet haben. »Decouvertes des Francais dans le sud-est de la nou- 
velle Guinees (Paris 1790, 4.), u. in Gemeinſchaft mit Marchand »Voyage 
autour du mondes (Paris 1798—1800, 4 Bde. 4.). 

Fleurus, Markftfleden von 2200 Einwohnern an der Sambre, in ver bel- 
gifchen Provinz Hennegau, u. durch mehre, bei demfelben vorgefallene, Treffen u. 
Schlachten berühmt. Bei F. ſchlugen der Herzog Ehriftian von Braunfchweig u. 
Oraf Ernft von Mansfeld den fpanifchen General Gordova, den 29. Aug. 1622, 
der ihnen den Weg nady Holland, von defien &eneralfaaten fie mit ihren Trup- 
pen in Sold genommen worden waren, verlegen wollte; der Herzog Ehriftian 
büßte dabei feinen linken Arm ein. — Im dritten franzöflfch-niederländifchen 
Krtege, am 1. Juli 1690, fchlug Bier. der Marfhall von Luremburg die Alllir⸗ 
ten unter dem Fürften von Waldeck. Es war dieß der erſte entſcheidende Schlag, 
der in diefem Kriege geführt wurde. — Während ver franzöftfchen Revolutions- 
friege fhlug der Prinz von Oranien bet F. den franzöflfchen Obergeneral Jour⸗ 
. dan, der die.Sambre paffirt hatte, den 16. Juni 1794 mit Erfolg wieder über 
biefen Fluß zurüd. Wichtiger aber, ald die vorhergehenden Treffen, ift die Schlacht, 
weldye nur 10 Tage nachher, den 26, Juni, zwiſchen ven Werbündeten unter dem 
Oberbefehle des Herzogs von Sachfen⸗Koburg einer- und den Franzoſen unter 
Jourban andererſeits hier gellefert wurde. — Die Franzoſen unter Jourdan und 
Hipegru hatten In ben Niederlanden feiten Fuß aeiaht, u. erfierer vammilik Ies 


Bleury. | 229 


isgerte feit dem 18. Juni die, von ben Verbündeten beſetzte, Feſtung Charlerot, 
zelde er am 25. defielben Monats audy einnahm. Der Herzog von Koburg, 
ven dem Kalle dieſes Ortes noch nicht unterrichtet, ariff am 26. das, zur Dedfung 
ver Belagerung aufgeftellte, Heer Jourdans in 5 Bolonnen unter dem Prinzen 
ven Dranien, dem Erzherzoge Karl, den Generalen Duasdanowich, Kaunig und 
Beaulieu an, um die Feftung zu entſetzen. Nachmittags zwifchen 1 u. 2 Uhr 
befand ſich der framzöftfche rechte Flügel ſchon in wilder Flucht u. der Erfolg 
ver verbündeten Waffen Eonnte als gefichert betrachtet werden. Da erhält der 
Herzog Nachricht von dem Falle Charleroi's; fogleich gibt er Befehl, die Schlacht 
abzubredyen, u. zieht fid) in guter Ordnung, durch feine zahlreiche Reiteret ge- 
beit, zurüd. Was ihn zu diefem Rückzuge bewogen bat, ift unklar; denn, hätte 
a die Franzoſen in diefer Schlacht beflegt, ein Sieg, den er ſchon in Händen 
hatte, fo wäre ihm der Weg nach Parts offen geſtanden. Wenn audy die Schlacht 
feibR nicht verloren war, fo machten doch die Folgen verfelben fie zu einer Nie⸗ 
berlage für die Verbündeten. Denn der Herzog gab durch feinen Rüdzug nady 
Brüffel und feine nachherige Unthärigkeit den Franzoſen Belgien Preis, vie fid) 
auch ungefäumt mit der Eroberung der im Lande liegenden feften Plätze befchäfs 
igten. Den 16. Juni 1815 wurde in der Nähe von F. die Schlacht beikigny 
Cd) zwiſchen Rapoleon u. Blücher gefchlagen. Ow. 
Fleury, 1) Elaude, berühmter franzöfticher Schriftfteller, geboren zu Parts 
1640, fludirte die Rechte u. wurde 1658 ‘Barlamentsadvofat. Nah 9 Jahren 
trat er jedoch in den geiftlihen Stand u. legte fi ganz auf dad Studium der 
heiligen Schrift, der Kirchenväter, der Kirchengefchichte u. des kanoniſchen Rech⸗ 
td. Bon 1672 an war er faft immer Erzieher u. Lehrer eines Föniglichen Kin⸗ 
des, zulegt (unter Kenelon) der Prinzen von Bourgogne, Anjou und Berri, und 
Beichtvater Ludwigs XV. Die franzöflfche Afademte nahm ihn unter ihre Mit- 
glieder auf. %. war ein revlicher Mann von einfachen Sitten, und entfernt von 
den kirchlichen Streitigkeiten feiner Zeit. Kirchengefchichte, das geiftliche Recht u. 
die Kirchenpäter waren die Fächer, auf die er fich einfchränfte, und in denen er 
Bieles leiſtete. Sein wichtigftes Werf iſt die Histoire ecclesiastique, einige Male 
zu Paris und Brüſſel gedrudt; fo zu Brüffel 1723 — 1740 in 36 Bänden tn 
gr. 12., darin nur die 20 erfien Bände von %., die anderen (weldye von Anfang 
des 15. Jabrh. bis auf das Jahr 1595 achen) von Jean Claude Fabre, einem 
Prieſter des Oratoriums, find. Die deutiche Ueberſetzung, Frankfurt u. Leipzig (Roſtock) 
1752—76 in 14 Theilen in gr. 4., enthält nur F.s Werk ganz, ohne die Fort: 
fgung. Ins Lateiniſche überfegt u. fortgefegt von Alerander a ©. Johanne de 
Bruce. F. fchrieb das Werk für „denfende Leſer“; aber eben dieß rich ihn hin, 
dem damals fchon zum Philoſophismus fich hinneigenden Zeitgefhymade allzuviel 
Rechnung zu tragen u. in feiner Darſtellung den ſtreng-kirchlichen Typus nicht felten 
ichmerztich vermiffen zu laffen. Eeine übrigen Schriften (Institution. du droit eccle- 
siast.; Catechisme hist.; Hist. du droit frangais etc.) erfchienen 1780 zu Niſmes 
in 5 DOftavbänden, die Hist. eccles, ehend. in 25 Oktavbänden, u. zuletzt: Droit 
public de France ; ouvrage posth. publie avec des notes par M. Daragon. IV. 
Part. ou II. Tom., London 1758. 8. — 2) F. Andre Hercule de, Bardinal 
u. franzöfiicher !Bremierminifter, geboren 1653 zu Lodeve in Languedoc, kam fchon 
in feinem fechsten Jahre nach Parts, ftudirte bei den Sefuiten und wurde bald 
Kanonifus in Montpellier und Doctor der Eorbonne. Bel einer mehr ald ge- 
wöhnlichen Berftandesbildung u. mannigfaltigen Talenten zeigte er fih doch in 
hohem Grade anfpruchdlos u. erlangte dadurch die Achtung verfchiedener cinfluß- 
reicher Männer u. die Freundfchaft Bofluetd und Fenelonds. Geraume Zeit be- 
teidete er die Stelle eines königlichen Haudfaplans, bis er 1698 das Bisthum 
Frejus erhielt. Schon 62 Yahre alt, wurde er Lehrer ded jungen Königs Ludwig XV., 
dejien ganze Liebe er gewann, erwarb fidy immer größeren Einfluß auf die Staatd- 
gefchäfte und fchwang ſich endlich 1726 bis zur Würde eines Premierminifters 
empor. F war Een Mann von audgezeichneten Talenten; aber er war daß, 


230 | Zleury — Fubuſtler. 


was man einen feinen Kopf nennt, u. mıhr, als irgend Jemand, geſchickt, Zwecke 
zu erreichen, welche Beharrlichkeit erforvderten. Ganz ohne eigennügige Rüdfichten 
auf ſich felbft u, feine Bamilie, war es fein fehnlichfter Wunſch, das Reidy ruhig 
und nlüdlidh zu wiſſen. Frankreich befand ſich damals in der traurigfien Lage. 
Die Finanzen waren zerrüttet, der Handel verfallen, der Erebit vernichtet, der 
Hof wenig geachtet, die Kirche in Berwirrung, das Siitenverderbniß allgemein, 
die Nation verarmt u. entfräftet u. von Außen mit einem Kriege bedroht, zu bei 
fen Bührung es an Geld u. an Truppen fehlte. F. nahm ſich vor, diefe Kran 
heiten des Staates zu heilen, u. e8 gelang ihm beinahe durch Unthätigfeit, indem 
er ihn ausruhen u. den Rünfemacyern keine freie Hand in den Gefchäften ließ. 
Immer z0g er Unterhandlung dem Kriege vor, well er dem Staate Ruhe vers 
fhaffen wollte u. den Krieg al8 Plage des Volkes fcheute. Selbft zu dem kurz⸗ 
dauernden, matten Rheinkriege 1733, den die polntfche Königewahl veranlaßte, 
mußte er faft gezwungen werden. Diefer Krieg endigte 1735 durch die Wicner 
Brätiminarartifel u. den Definitivtractat zu Verſailles, wodurch Yranfreidy nicht 
nur feinen Bundeögenofien große Bortheile verfchaffte, fondern auch fidy felbft 
Lothringen mit aller Oberhoheit erwarb. In feinem Aeußern beobachtete F. bes 
ſandig die größte Einfachheit, war mäßig u. beſcheiden, u. ſchien für Reichthum 
und Wohlleben nicht den geringften Sinn zu haben. Kein Borwurf würde feine 
Staatöverwaltung treffen, wenn er nicht feinen König zu fehr von den Regies 
rungsgefchäften zurüdgehalten, nicht aus unzeitiger Sparſamkeit manche Unters 
nchmung zu wenig unterflügt, u. nicht. aus demſelben Grunde die Marine hätte 
verfallen laſſen. Auch muß es als eine Schwäche von ihm angefehen werben, 
daß er feinem Kammerdiener Barjak auf die Gefchäfte, namentlid auf die Vers 
gebung von Stellen, zu großen Eirfluß einräumte. Er ftarb zu Iſſy bei Paris, 
9 Jahre alt, am 29. Januar 1743. 
Fleury de Shaboulon, P. A. Edouard, Baron, geboren 1729, war 
1794 Anführer: eines Baratllond der Nattonalgarde, zog am 13. Vendomiaire mit 
gegen den Nationalconvent, wurde gefangen, wieder befreit, beim Finanzweien 
angeftelt, dann Unterpräfelt zu Chäteau-Bois im Meurthedepartement, ging 
nad) der Reftauration nach Stalien, u. nady Napoleons Rüdfehr nach Yranfreicy 
zurüd, u. wurde vom Saifer zum geheimen Secretär ernannt Nach deſſen Ab: 
danfung ging er ald Geächteter nad London; nach Paris zurüdgefehrt, ſtarb 
er dafelbft 1835. Schriften: »Me&moires pour servir a l’hist. du retour et du 
regne de Napoleon en 1815«, Xond. 1820, Hamb. 1820, deutſch Lpz. 1820. 
Flibuſtier (Bulanier.. Im Anfange des 17. Jahrhunderts hatten 
einige, von der Infel St. Ehriftoph vertidebene, Engländer u, Franzoſen fih auf 
der Schilpfröteninfel, nahe bei St. Domingo, niedergelaften, theils um ‚Tabat 
zu bauen, theils auf St. Domingo Büffel zu jagen, veren Fleifch fie nach Art 
der Indianer an der Sonne trodneten (daher auch Bukanier), u. deren Häute 
fie an die Holländer verhandelten; theild endlich Seeräuberei zu treiben, obgleich 
e8 ihnen an allen Mitteln dazu fehlte. Oft fuhren fie in gemeinen Böten (Fli⸗ 
boote, daher ihr Rame), ja wohl gar In bloßen Canots, in die See, um das 
nächte beſte fpaniſche Schiff zu entern. Anftutt fidy durch die Zerflörung der 
Niederlaſſung auf der Schilofröteninfel von dieſen überläftigen Nachbarn zu be- 
freien, verfehlte die fpantfche Regierung diefen Zweck gänzlidy ; die 5. vertrieben 
fogar die Spanter dreimal von der Schilpfröteninfel, die endlich feit 1659 in 
franzöftfchen Händen blieb. Weil die Spanier auf Et. Domingo alle Büffel 
ausgerottet hatten, blieb den bisherigen Bukaniern Nichts übrig, als Pflanzer 
auf anderen Infeln oder Seeräuber zu werden. Nach u. nach trat der Abſchaum 
aller feefahrenden Nationen den F. bei, die nun, von der englifchen u. mehr noch von 
der franzöftfchen Regierung begünftigt, fich oft zu den größten Unternehmungen ver- 
einten. So wurden bald die Namen eines Pierre le Grand, Levis Scott, John 
Davis, Hierander, mit dem Beinamen bras de fer, [Dlono\® , Grammunt, \r 
©ouf, van Horn, Morgan u, U, berühmt, Die Plünderung ver Sat St. 


Bliege — Fliegen. 231 


franztöfa de Campeche war das erfle wichtige Unternehmen der %,, dem bald 
mehre ähnlidye folgten. So eroberte 1666 Olonois mit 660 Mann das Kort 
de la Barra bet Maracaibo u. die Stadt | Ibft, nur mit kurzem Seitengewehre 
bewaffnet, 1668 ‘Puerto del Principe auf Cuba, Porto belo, Maracaibo, Gib⸗ 
saltar. Gin anderer Freibeuterhaufen unternahm 1680 einen zweiten Zug nady 
dem wieber aufgebauten Panama, der jedody mißlang, fo daß fle erft nach der 
Inſel Juan Fernandez u. endlich um das Gap Horn zurüdiegelten. 1633 warb 
Bera Cruz von 1200 F. unter van Horn und Ehaumont überrumpelt, und eine 
Beute von 6,000,000 Ipantichen Thalern gemacht; auch Campeche fiel 1685 in 
ihre Hände, wo fie am Lubmwigdtage zu Ehren des Königs von Frankreich für 
200,000 Piaſter Campechenholz verbrannten. In demfelben Jahre fegelten meh⸗ 
rere einzelne Haufen %., denen man jest von franzöflicher, wie von englifcher 
Seite Den ferneren Schutz verweigern wollte, 1100 Wann ſtark von Domingo u. 
Jamaifa nad dem Südmeere durch die Magellandftraße, um die Häfen von 
Chili u. Peru zu plündern. Sie ftteßen jedoch dort auf eine fpantfche Flotte von 
7 großen Schiffen, verloren ein Fahrzeug und wurden gänzlich zerſtreut. Sie 
fehrten größtentheild, nachdem fie nody ein Schiff der Spanter mit 2 Millionen 
Biafter erobert hatten, durch die Magellan Meerenge zurüd. Ein anderer, 285 
Kann ſtarker Haufe, dem die Schiffe fehlten, trat den Rüdzug an quer durch 
da8 Land, über Nicaragua u. die Stadt Neu: Segovia, nad) den Magdalenens 
Fluſſe, der in das atlantifche Meer füllt. Sie hatten auf diefem Marfche mit 
allen nur erfinnlicdhen Beſchwerden und Hinderniffen zu kämpfen. Ueberall von 
Feinden umgeben, mußten fle unwegfame Felſen und Berge erklettern, ſich durch 
undurchdringliche Wälder u. Sümpfe einen Weg bahnen u. die, ihnen von den 
Spantern entgegengeſetzten, Berfchanzungen erftürmen. Endlich erreichten fie den 
Magdalenenfluß, fchifften in einer Art von Baumbaft geflochtener, durdy Harz 
verbundener Körbe, deren jeder 2 Mann tragen Eonnte, den Fluß hinab, ließen 
diefeiben über Wafferfille hinabſchwimmen u. trugen ihr Geräthe über die Felſen 
u. famen fo nad) 681ägiger Wanderung endlich, nody 250 Munn an der Zahl, 
am Meere an, wo ſtie in Canots nach der PBerleninfel hinüber, von da aber 
einzeln auf Handelsichiffen nady den weftindifchen Inſeln fuhren. Von diefem 
Zettpunfte an verichwindet der Name der F., indem fie größtentheild ſich auf 
tem zu einer franzöfiichen Eolonte gewordenen Domingo anſtedelten. Nur 1697 
begleiteten 650 derjelben den frangöfiichen Admiral de Pointis bei der Unters 
nehmung gegen Garthagena, gaben dort Proben der größten Uncrfchrodenbeit, 
mennten ſich aber nachher, wei ihnen der Admiral ihren Antheil an der Beute 
vawrigerte, von der franzöftfchen Flotte, kehrten nach Carthagena zurüd, und 
erprefiten noch ein befondered Loͤregeld. 

liege (musca). Die, aus einigen hundert Arten beftchende, Gattung der 
In ift kenntlich an dem fleifchigen Saugrüffel, an den 2 Seitenlippen und dem 
Mangel der Freßfpigen. Davon find folgende Arten zu bemerfen: 1) Schmeiß- 
$., Gattung aus der Familie der Lippenfliegen, mit fadenförmigen, oder an dem 
Winde dideren Taftern in der Mundgrube, großen Schwingerfchuppen, meiſt aus⸗ 
gebreiteten Flügeln; fie faugt Flüfftgfetten ; ihre Larven find im Aas, Miſt u. dal. 
as weiße Würmer. Einige gebären lebendige Maden. Diefe Gattung iſt getheilt 
in die Ulntergattungen: lipse, melanophora, metopia, ocyptera, phasia und 
musca, legtere dann audgezeichnet, durch ein längeres drittes Glied der Fühler 
u. durch gefiederte Borfte, dazu die Arten: Fleiſch⸗, Gold-, Haus-, Schmeiß- 
F. u. A. — 2) Blinde $., fovtel wie nemeine Blinpbremfe. — 3) Spa- 
nifhe F., f. unter Spaniſche F. u. Pflafterfäfer. 

Fliegen heißt die Bewegung eines Körpers in der Atmofphäre, ohne daß 
berfelde dabei. die Erde berührt. Außer faſt allen Vögeln (nur ganz wenige aus⸗ 
mommen, welche, wie 3. B. der Strauß, Kafuar, die Fettgans u. U. die 
chwerfaͤlligkeit ihres Körpers daran hindert) befigen viele Infekten, einige Säuges 

Hiere, Amphiblen und Fiſche, von der Ratur die Gabe ded 5. — Woh un 


232 Flinders — Flinte, 


Menſchen wurden in alter urıd neuer Zeit wiederholte Berfuche gemacht, mittelft 
mehr oder minder Eünftliher mechaniſcher Vorrichtungen den Klug nachzuahmen 
(man denfe an Dävdalus und Ikarus (f. d.) in der Fabelzeit, Gtambatt. 
Dante im 15. Jahrhunderte, Meerwein in Gießen 1782, den befannten Schnels 
der Berblinger in Ulm zu Anfang diefes Jahrhunderts), welche indeſſen alle 
mehr oder weniger mißglüdten. — Zadhartä beſchreibt in feinen Elementen der 
Zuftfchwimmfunft ein von feinem Bruder geferfigted Modell, das einen Kleinen, 
mit Flügeln ausgerüfteten u. aus Hifchbeinftäbchen u. Taffet gefertigten, Fallſchirm 
vorftellte. Der Flügelſchlag wurde durch ein Fleines Uhrwerk hervorgebracht, 
vermochte aber die Maſchine nicht zu erheben, oder auch nur ſchwebend zu er- 
halten. Etwas glüdlicher fielen die Verfuche aus, welche Jakob Degen, Uhr⸗ 
macher in Wien, 1808 bafeibft mit einer -von ihm erfundenen Flugmafchine an- 
ftelte. Die Flügel feines Apparats beflanden aus Bambudrof- und feinem ge- 
firnißten ‘Papiere; ihre Länge war 10 Fuß 4 Zoll, ihre größte Breite 9 Fuß, u. 
die Oberfläche von jedem hielt 54 AMuadratfuß. Sie waren einem beinahe runden 
Schirme ähnlich, welcher nad) der äußeren Seite bin fidy in eine Spike verlief, 
In jedem Flügel befanden fi 3500 papierene Hlappen, die fidy nach unten zu 
öffneten. Dieſen Apparat verband er mit feinem Störper fo, daß die Ebene der 
Flügel in der Gegend des Halfed lag u. er dabei eine vertifale Lage annahm. 
Sehr zwedmäßig benützte der Künftler die große Kraft, die der Menſch mit den 
Fuͤßen äußern kann, indem er, wie zum Sprunge gerüftet, einen Rahmen niever- 
trat, der die Flügel nieverfchlagen machte. Zuerſt flellte Degen hiemit in der 
Reitſchule zu Wien einen Verſuch anz er erleichterte hierbei fein Gewicht durch 
ein, über Rollen gelegtes, Gegengewicht um 75 Pfund u. erhob auf diefe Weife 
78 Pfund durch ungefähr 34 Flügelfchläge in 30 Sekunden 50 Fuß hoch. Bet 
dem zweiten und dritten Berfurhe ließ er fi durch einen Ballon 40 und 105 
Klafter hoch erheben und flog dann, fi) vom Balle losmachend, ganz allmälig 
herunter; das Sinfen geſchah Außerft langfam, auch erhob er ſich durch Flügel- 
fchläge einigemal wieder; fein Apparat wog 25 Pfund. Es ift nicht zu zweifeln, 
daß Die und des 5.8 noch auf einen fehr hohen Standpunkt wird gebracht 
werden; ja, fie würde es vielleicht gegenwärtig ſchon feyn, wenn man ihr bisher 
mehr Aufmerffamfeit gefchenft hätte. 

Flinders Matthew), ein verbienter Seefahrer, geboren in Lincolnfhire, 
fegelte 1795 als Seecadett mit dem Capitän Hunter nach Neuholland, u. erhielt 
4801 als Lieutenant, nachdem er ſchon vorber die Baßſtraße zwiſchen Neuholland 
und Vandiemensland entdeckt hatte, den Befehl über einen Echooner zu einer 
Entdeckungsreiſe. Er nahm die Weſtküſte Neuhollands auf, mußte aber, als er 
fein Edhiff verlor, nad) Port Jackſon zurüdfehren, von wo er im December 1803 
mit den Ergebniffen feiner Reife nach England zurüdfchren wollte. Trotz eines 
Paffes hielt ihm der franzöftfche Gouverneur von Isle de France, Decaen, ald 
er bier landelte, mit Beichlag feiner Papiere feit, u. entließ ihn erft 1810, trog 
der Verwendung der Londoner Societät und des franzöfiichen Inftituts. Seine 
Papiere empfing er nie wieder. F. ftarb 1814 in England, nachdem cr eine 
Beſchreibung feiner Reife herausgegeben katte (2 Bde., Xond. 1813). 

Flinsberg, gräflich fchafgotfchifches Dorf im preußiſchen Regierungsbesirfe 
Liegnitz, 1542 Buß über der Oſtſee, mit 1300 Einwohnern, einem berühmten 
Suuerbrunnen (von dem jährlid an 2000 Krüge verfendet werden), einer Glas— 
hütte (an der 12 Meiſter arbeiten) u. Holzarbeiten. In der Nähe liegt der hohe 
3. Abendburg, der größtenthelld aus weißem Stiefel beftcht, und zum Glas— 
ſchmelzen verwendet wird; er bilvet mit der Iſerwieſe und dem Riefengebirge ven 
Strich des fudetifchen Gebirges, der das Fuͤrſtenthum Jauer im Süden u. We: 
ften von dein Stönigreiche Böhmen trennt. 

Flinte oder Gewehr, ift die Bezeichnung für die jetzt gebräuchlichfte Art 
der Sanbfeuerwaffen, u. feit dem 18. Jahrhunderte die Hauptwaffe des europäi- 

Men SGußvolfes. Die Zeit ihrer Entſtehung iſt ebenfo ungermg, wie We Ver Cr: 


Flintglas — Flogel. 233 


| bes Schiefpulvers. In Deutfchlanb wurde fie zuerfi zu Anfang des 16. 
Jabrhundert® angewendet. Sie war Anfangs, unter dem Ramen Muskete, eine 
fehr ſchwere u. unbehülfliche Waffe, zu deren Handhabung zwei Mann erforders 
lich waren, u. erhielt nun allmälig den Grad der Vollkommenheit, auf welchem 
ke heut zu Tage ſteht. Zuerſt wurde die %. mittelft eined Luntens abgefeuert; 
Mäter Tamen die Rabfchlöfier, im 3. 1517 zu Rürnberg erfunden, u. nad) dieſen, 
um® Jahr 1658, faft zu gleicher Zeit mit der Einfuͤhrung des Bajonnets, bie 
lange Zeit üblichen Steinfchlöffer, welche endlich in der neueflen Zeit den, zu An⸗ 
I 19. Jahrhunderts von einem Engländer erfundenen, PBifton- oder Per⸗ 

noſchloſſern Platz machten, die jebt bei allen europäifchen Heeren eingeführt 
find u. fidy durch ihre einfache Conſtruktion, fo wie die Zuverläffigfeit des Ent⸗ 
laden u. größere Schnellftaft auszeichnen. Eine andere Berbefferung des Gewehres 
war die Einführung des eifernen Ladſtocks bei der preuß. Armee durch den Fürflen 
Leopold von Deffau, unter Friedrich Wilhelms I. Regierung, Die Fen find ent 
weder einfache, oder doppelte; erftere hauptſächlich beim Lintenmilttär im Ge⸗ 
brauche, lebtere von Privaten zur Jagd u. |. w. angewendet. Ferner unterfcheidet 
man Büchfen, welche fürzeren u, ſchwereren Lauf haben (ſ. d.). Eine gewöhnliche 
Infanterie. ift, mit fammt Bajonnet u. f. w. 10114 Pfund fchwer u. etwa 
6 Fuß lang. Die Hauptibelle einer F. find: der Lauf (der entweder glatt oder 
gezogen), der Schaft, das Beſchläg, das Schloß, der Ladſtock u. (bein Militär) 
das Bajonnet. — Den Ramen F. leitet man von dem Worte Flinz oder Blynz, 
englifcy Flit, däniſch Flinta ab, was fo viel bedeutet ald Kiefel oder Hornſtein. 
Ainfänglidy wurden nur die leichten Truppen damit bewaffnet; im Jahre 1671 
aber erridytete Ludwig XIV. von Frankreich ein Regiment Füfeliere, ald Gegen» 
faß zu den Musquetieren; u. das öfterreichifche Heer erhielt gegen Ausgang des 
17. Jahrhunderts %.n; denn nody unter Montecuculi, 1670, war ein Dritttheil 
jedes SInfanterieregiments mit Piken verfehben. Bel den Franzoſen warb die 8. 
erft 1703 zur Hauptwaffe erhoben. Die braunfchweigifchen Truppen befamen 
fhon 1686 $.n mit Feuerfchlöffern; die ſchwediſchen Ingegen allgemein 1721. 
Bei der niederländifchen Armee wurden die Gewehre zuerft allgemein bei ver In⸗ 
fanterie als Hauptwaffe eingeführt; aulegt bei den Türfen, welche dieſe Waffe 
erft zu Anfang des 18. Sahrhunderta fennen lernten. Das Kaliber diefer F.n 
beſaß im jener Zeit viel mehr Stärfe, als jept, denn ed gingen Ip han nur 
14 Kugeln aufs Pfd., während man jegt gewöhnlich 20 auf ein folches rechnet. Ow. 

lintglas, f. Glas. 

Flittergold, Kniftergold, Rauſchgold, Luggold, ift zwifchen Leber 
ganz dünn gefchlagenes, cementirtes Meffing, welches theild auf den Meffing- 
kütten, theils von eigenen %.-fchlägern, befonders in Nürnberg, verfertigt wird. — 
Eden fo nennt man %.-filber, ganz dünn gefchlagene Blättchen, entweder von 
ähtem Eilber, oder von einer Metallcompofition. Das ächte wird in Augsburg, 
Wien, Berlin, Brüfi:l u. f. w. verfertigt; das unächte, weldyes theuerer ift als 
5, in Nürnberg u. Fürth. 

Flittern oder Flintern find Eleine, meift runde, aber zumwellen auch anders 
geformte, Plättchen von vergoldetem u. unvergoldetem Eilber, Tomback oder Mef- 
fing, weldye zu Stidereten gebraucht werden, weßhalb die runden in der Mitte 
mit cinem, die fagonirten mit einigen Löchern am Rande verjehen find. Sie wers 
den in Augsburg, Wien, Berlin, Hanau, Sreiberg, Nürnberg; in letz⸗ 
terr Stadt, wo die F.⸗ſchläger eine eigene Zunft bilden, befonders die un- 
aͤchten verfertigt. 

Flögel, Kari Friedrich, ein verdienter deutfcher Literärbiftorifer, geboren 
1729 zu Jauer in Schlefien, erhtelt feine wiffenichaftliche Bildung zu Breslau u, 
Halle, ward LXehrer zu Bredlau, dann Rector zu Jauer und farb ald Profeſſor 
on der Ritterafademie zu Liegnitz. Seine Mufe widmete er vorzüglich der Litera- 
turgeſchichte u. hat ein reiches Material hiefür gefammelt in den Werfen: „Ge⸗ 
/Sichte bes menſchlichen Berftandes" (3. Auflage, Berl. 1776); „Selchichte ver 


u | Höfe — Fish. 


komiſchen Literatur” (4 Bde., Liegniß 1784—87); „Geſchichte des Grotesklomi⸗ 
ſchen“ (ebend. 1788); „Geſchichte der Hofnarren“ (Liegn. u. Lpz. 1789); „Ges 
ſchichte des Burlesken“ (ebend. 1794). 

Flöße nennt man verbundene Baumſtämme, welche auf ven Fluͤſſen fortge⸗ 
ſchafft werden. Die größten Maſſen derſelben werden auf dem Rheine nach Hol⸗ 
land geführt (Hollaͤnder⸗Fe.). Ste beſtehen Anfangs aus einer kleinen Zahl - 
Stämme, die ſchon von Mannheim abwärts zu $.n verbunden werben, welche, ges 
gen 80 Fuß breit u. wohl 1000° lang, von mehren 100 Floͤßknechten durch Rus 
der vorn und am Ende geleitet werden. Das Flößrecht bilvet ein Regal. — Auch 
wird ein breites, flaches, viereckiges Fahrzeug zu Berführung leichter Waaren auf 
den Strömen F. genannt. 

Flöte, ital. Aanto, franz. flüte, vom latein. flare, blafen; ein Blasinſtru⸗ 
ment aus Holz, Horn, Kryftallglad, Eifenbein. Ohne Rüdficht auf die Form, 
findet die F. ſich bei allen Bölfern, welche Muflt ausgeübt haben, u. fie {ft viel 
leicht das aͤlteſte Infirument. Bet den Wegyptern war fie wohl ein bloßes Kuh⸗ 
oder Ochſenhorn, oder, wie Apulejus bemerkt, eine ſchief nach dem rechten Ohre 
Dingebogene Pfeife, größer oder Kleiner. Ihren Gebrauch bei den riechen und 

dmern beweifen Monumente, Gemmen u. Schriften. Erftere hattın die einfache 
5. (monaulos), beftehend in einem ausgehöhlten Rohre, Holze oder Knochen mit 
eingebohrten Tonloͤchern; dann die Doppel:%., zwei, am oberen Ende, wo fie an⸗ 
geblafen wurde, zufammengefügte rn mit einem einigen Mundftüde, verſchieden 
nad) Ton und Geftalt, ald: doriſche, Iydifche, phrygiſche, tyrrheniſche, oder nad) 
dem Alter: Knaben⸗, FZünglings-, Männers$.n ; ferner die Trauer⸗F. bei Leichen⸗ 
—5* niſſen, u. die am Ende etwas in die Höhe gebogene Krumm⸗F. (plagiaulos). 
Die Römer nannten bie F. tibia, u. hatten ebenfalls verfchtedene Arten, pares u. 
imparos, dextrae u, sinistrae u. f. w. Auch in neuerer Zeit find mancherlei F.n 
befannt geworden: die flüte a bec, (Schnabelpfelfe), auch flüte douce, Ploch⸗ 
oder Plock⸗F., vom eingeftrichenen £ bis zum breigeftrichenen g, mit fieben Ton⸗ 
löcyern, wurde wie die Oboe gehalten u. durch ein Mundſtück angeblafen. Ste if 
ganz veraltet. Die jetzt gebräuchlichſte Quer-%., ital. flauto traverso, franz. flüte 
traversiere, flüte allemande, eng. german flüte, deutfche %., beitehend aus dem 
Kopfftüde, zwei Mittelftüden und dem Fuße, mit einem Tonumfange vom tiefen 
Biolin-g bis zum dreigefirichenen a, u. noch einige Töne höher bei Solofpielern. 
Das Mandloch zum Hervorbringen der Töne iſt jest, flatt rund, gewöhnlich ellip- 
tif geformt. Quanz erfand 1752 den fogenannten Ausfchiebefopf, durch 
weldyen die F. umgeftimmt werden kann. Die Schraube, welche den, zu diefem 
Behufe ober dem Mundloche befindlichen, Pfropf von Kork höher oder tiefer 
ſchiebt, if im Kopfftüde enthalten. Die beiven Mittelftüde haben ſechs Tonlöcher 
n.,' wie der Fuß, mehre Klappen, durch weldye eine große Verbefierung der Töne 
bewirkt if. Die %. dringt bei einem fanften Gharafter in der Höhe auch durch 
die flärffie Orcheſterbegleilung. ine neue Gonftruftten berfelben fol Theo⸗ 
bald Böhm in München erfunden haben. Die Kunft, auf diefer F. Doppeltöne 
bervorzubringen, erfand etwa im Jahre 1813 der Flödft Bayer in Wien, der 
Darüber eine Anweifung herausgegeben hat, und feine hienach eingerichtete F. 
PBanaulon (Gefammt-F., AUF.) nannte. Vgl, BPanaulon. Die Stimmen für die 
3. haben übrigens den Biolinfchlüffe. Noch andere Arten find folgende: flüte 
d’amour, zuweilen audy flüte douce genannt, eine Fleine Terz tiefer, als bie ges 
wöhnliche, ſtehend; Terz oder Piccol⸗F., flauto piccolo, flautino, eine Octave 
höher, u. wird gewöhnlich für raufchende u. Milttärmuflf verwendet; endlich die 
fogenannte Glas:-$.. ine vorzüglidhe Anwelfung zum F.wſpielen It: A. B. 
Furftenau’s F.n⸗ſchule, Leipz. 18285 Neuefe Wiener S.n-fchule von Fahrbach. 

Flöggebirge, ſ. Geologie. 

Floh (pulex), einzige Battung einer eigenen Inſektenfamilie, hat einen, mit ge⸗ 
wimperten Schildern bedeckten, eiförmigen Leid, zufammengedrüdten, abgerundeten, ab- 
geftusten, behaarten Kopf, ganz kurze Bühlhörner, großen Hinlerleib, farfe, 


Flor— Florenz. 235 


übelige Hinterfüge zum Springen. Die Eier find klebrig; aus ihnen riechen 
ıge Larven, weldye nach etwa 12 Tagen ſich verpuppen u. nad) abermals 12 
ıgen vollfommene Infekten werden. Arten: der gemeine F. (p. irritans), braun⸗ 
tb; er lebt auf Menfchen, Hunden, Tauben, Katzen, Eichbörnchen, faugt Blut, 
t feine Eier in Spalten von Dielen, iſt vorzüglich für junge Thiere eine 
fe Plage; der Sandfloh. 

Blor (franz. Gaze), ein ganz leichte u. zartes, burchfichtiges Gewebe, wel 
es namentlidy zu allerhand weiblichen Bupgegenfänden verwendet u. vorzüglich 
Sranfreich, Holland, England, der Schweiz u. Deutfchland gefertigt wird. Es 
x fehr viele Gattungen dieſes Artikels, als: Milch-⸗F., Krepp⸗Fe, Beſah⸗F., 
Ds u. Silber⸗F, Marly, Baze u.a. m.; auch ganz feidene, halbfeidene, baum⸗ 
üene, leinene, wollene, platte, gemufterte, bordirte, brochirte, weiße, ſchwarze, 
nte u. f. w. In Deutfchland macht man zwiſchen F., Gaze und Marly einen 
terſchied, welcher aber, im Ganzen genommen, auch nur unbedeutend if. — 
an nennt nämlidy das dichtere feldene Gewebe F., dasjenige mit weitlöcherigen 
ımcaus in Seide, Baummolle u, f. w. Gaze und, wenn foldye mehr geftreift 
er ſtärker appretirt if, Marly. 

Flora 1) bei den Römern die Göttin der Blumen u. Blüthen, eine Nymphe, 
lichte de8 Zephyros, welcher ihr das ganze Blumenreich zum Brautgefchenfe 
b. Im Blumenmonate feierte man vom 28. April bis 1. Mat mit Geiterfelt 
Trohfinn ihr Fe, die Kloralten. 2) In ver Botanik die Aufzählung der, 
einem Erdtheile oder Lande, oder auch in einem kleineren Gebiete wild wach⸗ 
iden Pflanzen. 

Floreal hieß ver achte Monat in tem, vom 22. September 1792 bis zum 
E:yiember 1805 beftandenen, Kalender der franzöflfchen Republik, weldyer, wie 
e übrigen, 30 Tage hatte u. in die Zeit vom 20. April bis zum 19. Mat fiel; 
aber fein Rame, der auf deutſch Blumenmonat bedeutet, 

lorentinerarbeit, f. Mofait. 

Florentiner Lack, Carmin-Lack, Bartfer over Wiener Lad. Man 
tfteht Darunter fchöne rothe Malerfarben, weldye in verfchtedener Form, der 
ſtere gewöhnlich in Eleinen trichterfürmigen Körnern, die leßteren tm Kugel⸗, 
Zürfel: oder Pulverform, in den Handel kommen. Es iſt cine Verbindung des 
ubſteffes der Cochenille mit mehr oder weniger Thonerde. Entweder kocht man 
en Rückſtand von der Garminbereitung nochmals mit pottafchehbaltigem Waffer 
ud ſchlägt aus der filtrirten Abfochung durch Alaunwaſſer den Farbſtoff nieder, 
der man focht die Cochenille mit Alaun u. ſchlägt mit Pottaſche oder Natron 
on Farbſtoff nieder. Benützt man ſtatt der Cochenille Fernambukholz, fo ent⸗ 
khm die wohlfeileren Stubenmalerfarben: Carmoiſinlack, Berlinerroth, 
dienerroth. 

Florenz (ital. Fiorenza oder Firenze), Haupt ſtadt des Großherzogthums 
‚sdcana, liegt In einer Ebene, in herrlicher Gegend (daher ihr Beiname „pie 
höne“) u. wird vom durchfließenden Arno, über den bier A fchöne fteinerne 
nücken führen, in 2 ungleidye Häiften getheil. Die Stadt ift Reſidenz des 
zroßberzogs, Sitz eines Erzbiſchofs und der höchſten Staatöbehörden. Ste Hat 
Gitadellen, worunter St. Giovanni Battiſta, viele prächtige Gebäude, unter 
enen die Refidenzpaläfte: Pitti, mit 900 Zimmern u. herrlichen Gärten, und 
zalazzo vecchia (alter Palaſt), unten mit Bogengängen gefhmüdt. In letz⸗ 
tem befindet fich die großherzogliche Galerie, der Aufbewahrungsort der widh- 
gie Sammlungen von Gemälden (faft 400 Originalbilder der berühmteften 
aler, Darunter die Madonna della Sedia, die Kornarina von Raffael, die Ve⸗ 
us von Titian u. v. a.), fowte verfchledener anderer Kunftwerfe (die Mebdiceifche 
enus, die beiden Ringer, der Apollin, der tanzende Faun, der Hermaphrobtt, 
e Sruppe der Niobe u. a.); dann die Paläfte Strogi, Riccardi, Buonarotti, 
0. Unter den 172 Kirdyen find hervorzuheben: die Kathedrale St. Maria 
Biora, 426° lang u, 363° breit, außen ganz mit {dywarzem u. when Mox⸗ 


236 - Zlorenz. Los 


„ser 
mor befleivet, mit der bewunberungswürbigen, von Brunelleschi (f. d.) et... 
bauten, Kuppel u. vortrefflichen Gemälden; die Kirche il Battifterio, worin af; - 
in F. geborenen Kinder getauft werden, mit 3 metallenen Thüren; St. Mark'.- 
novella; St. Eruce, mit den Grabmälern von Michel Angelo, Macchiavelli, Ga .- 
lilei, Aifieri u. A.z die Kirche St. Lorenzo; die im Innern mit Evelfleinen reich 
ausgefchmüdte Kapelle di Depoſiti, mit den Grabmälern der verftorbenen Groß⸗ 
herzoge. Die Stadt hat 17 öffentliche, mit 10 Springbrunnen, 6 Säulen, 2 Py⸗ 
ramivden u. 460 Statuen gezierte Bläge. Die 1438 geftiftete Univerfität mit Bis‘ 
bliothek, botanifchem Garten (außer dem zum Palafte Pitti gehörigen Garten " 
Babolh, Sternwarte, Eonfervatortum der Künfte u. Handwerfe; drei öffentlidye:- 
Bibliothefen: die Mediceiſche im Lorenzoflofter mit 120,000 Bänden, die Maglias - 
becdhina mit 100,000 Bänden (darunter 8000 Codices u. 5000 Incunabeln), Die = 
Marcellina mit 40,000 Bänden; viele Privatbibliothefen; Mufeum mit Ratu⸗ 
raliens u. phyſtkaliſchem Cabinet, den berühmten anatomifchen Wachspräparaten 
u. v. a. Unter den 12 Hofpitälern find befonders zu erwähnen: St. Bonifacio, 
für 2400, u. St. Maria für 700 Kranke; letzteres mit einer mediziniſchen Lehre : 
anflalt. Berner: die großherzoglidhe Münze, 6 Theater, herrliche Spaziergänge 
um die Stadt. Bon bier beftehenden Akademien find merkwürdig: Academia : 
Florentina (zufammengefegt aus den Gefellfchaften del Cimento, del Crusca und : 
3 Disegno); Academia delle belli arti u. Academia del Georgophili. — Die 

ahl der Einwohner beträgt gegen 100,000, welche fich mit Seidenweberei, Ber: 
ertigung von Igmargen Zeugen, Damaft, Leinwand, Teppichen, Regenfchirmen, 
Slorentiner Lad (ſ. d.), Kutfchen, Marmor: und Alabafterarbeiten, Lampen 
u. ſ. w. befchäftigen. — F. ift der Geburtsort vieler berühmter Männer: des 
Amerigo Vespucci, Macchiavelli, Dante Alighieri, Boccaccio, Alemanni, Guicciar⸗ 
dini und Vetori (ſ. d.). — In ver Nähe die Schlößer: Poggio imperiale, 
Cascine u. Patolino, mit Grotten u. Waſſerkuͤnſten. — F. iſt hetruriſchen Ur: 
ſprungs u. ward von den Römern 295 v. Chr. erobert; ihre Einwohner wurden 
zu Sklaven gemacht und F. mit einer römiſchen Colonie von Reuem bevölkert. 
Pi hriftlicher Zeit ward es unter Martin V. Erzbistum, von Totila aber zer- 
oͤrt und erft von Karl dem Großen wieder aufgebaut. Im Mittelalter ward, 
vermöge der ariftofratifchen Berfafiung, die Ruhe von F. oft geftürt; dennoch 
ſchwang es ſich zu einem hohen Grade von Macht u. Reichtum empor. Bor 
Allen zerfleifchten %. im 12. u. 13. Jahrhunderte die Parteien der Schwarzen u. 
Weißen. In dieſen trat zuerft die Familie der Medicis auf, von der ein Glied, 
Cosmo von Medicis, ſich der Herrfchaft bemächtigte; vergleiche Medicis und 
Toscana. pier Florentiniſches Conciltum, eine vom Papfte Eugen IV. 1438, 
während des Bafeler Concils, erſt nad) Ferrara berufene, 1439 aber nad) Florenz 
verlegte Kirchenverfammlung, zu welcher aber nur ftalientfche Biſchöfe kamen. 
Der griechiſche Kaifer Johannes Paläologos und fein Patriardy Jofeph kamen 
dahin, Nach mehrfachen Verhandlungen mit den Griechen fam den 2. Juni 
1439 eine Berbindung mit denfelben zu Stande, ia welcher diefe das Aus» 
gehen des Geifles vom Sohne, das Fegfeuer und den Primat des Papfied aner- 
ennen wollten. Doc, weil die Sache mehr durch Einfluß des Kaiſers, der 
ülfe gegen _die Türfen vom Abendlande erwartete, ald mit Einftimmung der 
iſchöfe zu Stande gekommen war, fo erhob die griechifche Kirche bald Wider- 
ſpruch, u. 1443 verdammte eine Verfammlung der griechiſchen Biſchöfe die Union 
und den vom Kaiſer zu Konftantinopel eingefigten Biſchof Matrophanes als ke— 
tzeriſch. So biieb die Trennung beider Kirchen, wie vorher. — Inter den Me- 
diceern wurden in F. Künfte u. Wiffenfchaften gepflegt, Gelchrte u. Künftler her- 
beigezogen u. der Glanz des Staates über ganz Europa verbreitet. Unglüds- 
fäle u. Verſchwörungen bewirften im Jahre 1494 die Verbannung der Medici. 
Der berühmte Minh Savonarola führte bis zu feiner Verbrennung 1498 im 
Sinne der Bolföpartei das Regiment. Die Medici wurden fpäter zurüdgerufen, 
Zofeber verbannt u, abermals zurüdgeholt. In einem Krlege gran Klier Kal N. 


Bloret — Florian, 237 


werlag 5. und mußte 1531 die Medici als erbliche Herzoge annehmen. 1561 
wide durch die Bereinigung mit Siena der neue Staat Toscana gegründet, 
“574 nahm der Herzog Franz Maria den Titel ald Großherzog an. Rady dem 
Wölerben des Hauſes Medici (1737) kam 3. an das Haus Lothringen-Hababurg. 
Sb Weitere f. unter Toscana. Vergl. Macchiavelli, „Florent. Geichichten,“ 
vurkh, Berlin 1809, Karleruhe 1834. Reumont, „Tavole cronologiche della 
Seria Florentina,“ $lor. 1841. 

Floret, das rauhe Gefpinnft, welches die Seidenraupen ihrem Gchäufe(Eocon) 
# Orunde Legen, ehe fie mit den ordentlichen Fäden beginnen. Dafielbe Tann 
ht, wie die Seide, abgehafpelt, fondern muß geiponnen werden. Man verfertigt 
wauß Bänder u. Zeuge. Die F.Bänder hat man von verfchiedener Breite, 
nice mit Nummern bezeichnet werden, u. in Stüden von 18— 52 Ellen Länge. 
Die bedeutendſten Fabriken in diefem Artikel befigen Elberfeld, Bremen, Bafel, 
Sen, Berona u. f. w. — F.Leinwand (auch fhwäbifche Leinwand genannt) 
dagegen ift ein fehr loder gewebter Zeug aus Leinen- oder Baummollengarn, ver 
m einigen Gegenden Rorbdeutfchlands u. der Echwetz, fowie au Et. Duentin in 
safe gefertigt wird und hauptſächlich nach Italien, Spanien und Ame⸗ 
eht. 

Florian, der Heilige und Martyrer, wurde um die Mitte des dritten 
Jahrhunderts im Fleden Zeiſelmauer in Nieveröfterreid von chriſtlichen Eltern 
geboren. Bon feinem früheren Leben ift, bis zur Geſchichte feines Martertodes, 
nicht Näheres bekannt. — Als zu Lord), der Haupiftadt von Noricum, dem 
jehigen Defterreich, die Befehle der Katfer Diocletian u. Maximian an die Statt⸗ 
halter der Provinzen anlangten, die Ehriften zu Gogenopfern zu zwingen und die 
fogenannten Widerfpenftigen der Folter und dem Tode zu überantworten, nahmen 
viele Gläubige, um der Verfolgungswuth zu entgehen, die Flucht nach unbekann⸗ 
ten Dertern oder in Höhlen der Gebirge. — Der Statthalter Aquilin, weldyer 
damals in einem Theile dieſes Landes die Regierungsgefchüfte leitete, lieb alte 
in feiner Nähe lebenden Chriſten aufgreifen und vor feinen Richterſtuhl fchleppen. 
Wer den Böpendienft verabfchenete, wurde in finftere Kerfer geworfen, wo Hun⸗ 
ger, Durft u. andere Ungemächlichkeiten, foldye zur Abſchwörung ihres Glaubens 
wingen folten. Unter Anderen wurben vierzig chriſtliche Coldaten ergriffen und 
n:ch einer fruchtlofen Ermahnung, den Göttern zu opfern, gleich anderen in die 
Kerker geworfen und zum Tode verurtheiit. ALS dieß F., der auch ein römifcher 
Eoldat und zwar ein Unteranführer war, erfuhr, erwachte in ihm der Wunſch, 
das Schickſal feiner Waffengenofien zu theilen, er fließ unterwegs auf Krieges 
Mncchte, die auf Aquilins Befehl Ohriften nachſetzten, und ſprach zu feinen Kame⸗ 
raden: Da braucht ihr ja nicht mit fo vieler Mühe zu ſuchen; bier Acht ein 
Ebrift vor eueren Augen; da habt ihr ihn, überbringt ihn euerem Etatthaltır. — 
Tie Soldaten verhafteten den Belenner ſogleich und führten ihn vor Aquilin. 
Dieſer, durch F.s Weigerung, den heidniſchen Göttern zu opfern, ergrimmt, drohte 
ibn durch Martern zum Opfern zu zwingen. Da erhob der Heilige die Augen 
gen Himmel und betete: „Mein Gort und mein Herr, auf dich habe ich gehofft, 
und dich kann ich nicht verläugnen; ich fireite für dich und bringe dir das Kobs 
opfer dar. Deine Rechte wolle mich fchügen, gebemedeit fei dein Name im Hims 
mil und auf Erden. Gib mir, o Herr, Kraft zum Leiden, reihe mich in die Zahl 
deiner heiligen und auderwählten Kämpfer, die vor mir deinen erhabenften Namen 
befannt haben. Etärfe mich, auf daß ich di in Ewigkeit Gebenedeiten lobe u, 
preife.“ Durch dieſes hriftliche und flandhafte Benehmen noch mehr in Wuth 
verfegt, ließ Auuilin den Bekenner entkleiden und ihm Stockſchläge geben, unter 
welchen 3. fprach: „Wiſſe, vaß ich feine deiner Qualen fürchte; laß einen Schei⸗ 
terhbaufen anzünden und ich werde ihn wilig im Namen Jeſu Chrifti befteigen.” 
Mihrend die Kriegsknechte fortſchlugen, rief der Martyrer aus: „Run bringe ich 
ein wahres Opfer dar meinem Herm Jeſus Ehriftus, der mich hiezu geftärft u. 
zu Diefer Ehre erhoben bat," — WE nun Aquilin alle bisherigen Werfuche ver- 





238 Florian — Florida. 


eitelt fab, ließ er den Heiligen in der bei Lorch vorbetfließenden Enns ertränfen. 
Diefer dankte bei dem Ausfpruche feines Todedurtheild Bott für die Würdigung, 
in das ewige Leben eingehen zu können. — In der, auf die Vollziehung des Rich, 
terfpruch® genden, Nacht erichien %. einer frommen Matrone, Namens Balerta, 
der er den Dit, wo er begraben zu feyn wünfchte, anzeigte. Diefe eilte fogleic) 
nad) dem ihr angedeuteten Plate, fand ven heiligen Leichnam und beerdigte ihn 
an dem Orte, auf welchem ſich einige Jahre fpäter eine prächtige Kirche erhob, 
mit der endlich auch ein Benebictinerflofter vereinigt wurde. Fach defien 3er: 
flörung durch feindliche Einfälle flellte e8 Angelbertus, Bifchof von PBaflau, wies 
der ber und räumte e8 den Chorherren des elligen Augufinus ein, unter wel- 
chen es fich zu einem der fchönften und größten Klöſter Defterreichs erhoben hat. 
Es liegt pekanntlich unfern Linz, majeſtaͤtiſch auf einer Anhöhe; am Gingange 
zu demjelben liest man die Aufichrift: „F., zu Zetfelmauer in Unteröfterreidy, um 
das Jahr Ehrifit 190 geboren, hat unter Aquilinus, Kriegsoberften des Kaiſers 
Diocletianus, in dem Fluße Enns die Marterfrone erhalten, im Jahre 230.* In 
der. Folge wurde der Leichnam des Heiligen. nad Rom gebracht und mit jenen 
der Blutzeugen Stephanus und Laurentius vereinigt; doch geben uns feine ge- 
ſchichtlichen Urkunden die Zeit an, in welcher dieß gefchehen fel. Als tm eilften 
Sahrhunderte von den Tataren und ‘Preußen die polntfchen Ränder ganz verwuͤſtet 
worden waren, bielten 1183 König Caſimir und Bifchof Gedeon von Krafau 
beim SBapfle Lucius II. um einige Ueberrefte heiliger Martyrer an und erhielten 
Reliquien des heiligen F., ſeit welcher Zeit derjelbe Schutzpatron Polens ifl. 
Er wird gewöhnticdy in milttärifcher Rüftung abgebildet, wie er aus einem Gefäße 
dämpfendes Wafler auf die lodernde Flamme gießt; hieraus haben die Gläubigen 
Beranlaflung genommen, ihn um feine Fürbitte bei Gott zu Abwendung der 
Feuerögefahr anzuflehen. Die Kirche feiert feinen Namenstag am 4. Mat. 

Florian, Sean Pierre Elaris, ein befannter und beliebter frunzöfifiher 
Sarilkeie, eboren 1755 im Scyloße F. bei Sauve (Dep. Gard), kam durch 
Boltaire als Page zum Herzog von Penthièvre, der ihn erft in der Armee ans 
fießte, dann feiner literarifchen Neigung durdy eine Bibltothef entgegenfam. Sei: 
ner eıften, dem Gervanted nacygebildeten, Dichtung »Galatees folgten 2 Bände 
Theaterftüde, das religiöfe Drama Ruth und mehre Novellen, die ihm eine hohe 
Stelle. unter den fentimentalen Schriftftellern verfchafften. Unter Robeöpierre ver: 
haftet, fehrieb er im Gefängniße das erfte Buch feines »Guillaume Tell«e u. das 
Gedicht »Ebrahim.ea Robespierre's Sturz fegte ihn in Freiheit; doch flarb er 
ſchon 1794. Seine Fabeln kommen denen Lafontaines am nächflen. Alle feine 
Schriften athmen den Geiſt des Wohlwollens u. der Sittlichkeit, der ſich auch 
im Leben des Berfafierd befundete. Werke: 24 Bode. Paris 1784— 1807, dazu 
die Nachlefe von Birerecourt (Paris 1825); deutſch 6 Bändchen, Quedlinburg 
41827 ff. (unbeendet). 

Florida, feit Kurzem ein zur nordamerikaniſchen Union gehöriger Staat, 
früher nur ein Gebtet derfelben, der fünlichfle Theil der Vereinigten Staaten, 
defien öſtliche Hälfte fich in der 75 Meilen langen und 30 Meilen breiten Halb: 
injel zwiſchen dem atlantifchen Meere und dem Bufen von Merico hinunterzicht, 
und defien weftliche Hälfte längs der Nordküſte des mericanifchen Golfes, vom 
Suwaney bis zur Mündung des Perdido ftreicht, Liegt zwifchen 24° 54° — 31° 
‚nördlicher Breite und 2° 5° — 10° 40' weftlicher Länge, gränzt im Norden an 
Alabama und Georgien, im Dften an das atlantifhe Meer und den Bahama- 
Kanal, im Süden an den Kanal von F. und den mericanifchen Golf, im Weften 
an den leteren und Alabama, und hat eine Größe von 2119 [JMeiten mit 
54,477 Einwohnern, worunter 27,948 Weiße py 25,717 Schwarze, nebſt 817 
freien Farbigen. Der Fluß Apalachicola theilt dad Land in Oſt⸗F. mit ber 
Dauptfladt St. Auguſtin u. in Wef.., mit der Hauptſtadt Benfacola. Die 
bedeutendſten Flüffe find auf der MWefttüfte der Halbinfel: Delaware, Charlotte, 
Hilleborough, und auf dem Gontinente Ofelosonne, Apallachicola, Yellow und 


Florin — Flotte 239 


Genecud. Das Land ift im Allgemeinen flach und fandig; unbedeutende Hügel 
and Erhöhungen ziehen fidy durch die Mitte ber Halbinfet als Fortfekung der 
alachen, und auch die Klußufer find faft burcaängig von Hügeln (Bluffs ges 
saunt) begränzt. Der Boden, welcher in den Flußthaͤlern am fruchtbarften, wird 
m Savannen, Ficdhtenland, Hammodländereien u. Swamps oder Sümpfe getheilt. 
Das Klima ift im Ganzen genommen angenehm; nur in den Riederungen herrfcht 
zur Sommerszeit eine erftidende Schwüle. Die hauptſächlichſten Produkte find: 
f Del Bärbehölger, Getreide, Baumwolle, Reid, Indigo, Südfrüchte, Hanf; auch 
affee und Thee gedeihen. Wild, darunter Bären und Jaguare, iſt in Menge 
vorhanden; audy Alligator und giftige Echlangen und Infelten findet man. Die 
Schuld %.6 beträgt nahe an 4 Millionen Dollars. Der Staat iſt in 5 Difricte 
und 20 Cantons eingetheilt, Früher zu Epanien gehörend, (von 1763 — 1783 
war es von den Engländern befegt) wurde F. 1820 gegen eine eat ähigum g⸗ 
fuume an die Vereinigten Staaten abgetreten, bie es ſchon 1818 faltiſch in Be 
#5 genommen hatten. Ow. 

Slorin. 1) S. v. a. Gulden cf. d.), daher jetzt noch die Bezeichnung 
Ad. für diefe. — 2) F. auch Zloren, $.-d’or, eine, feit dem 11. Jahrhunderte von 
der Etadt Florenz (daher der Name) gefchlagene, Goldmünze in der Größe und 
dem ungefähren Werthe eines Ducatens, mit einer Lille auf dem Avers und dem 
Bilde des heiligen Johannes des Täufers auf dem Revers. Man hat die F.s 
in einfachen, doppelten und vreifachen Stüden. Auch in Frankreich und Epanien 
fand diefe Münze früher Nachahmung, u. in Deutfchland entflanden daraus die 
Soldgulden (f. d.), aus denen dann die Silbergulden hervorgingen. 

‚ Stanz Ceigentlih Sranz de Briendt), geboren 1520, berühmter 
Maler aus der flanprifchen Schule, widmete. ſich Anfangs ver Bildhauerei, ers 
lernte dann die Malerfunft von Lambert Lombard und bildete fi) in Rom nach 
Michael Angelo. Durch Nachahmung der Formen Raffaeld erwarb er fidy ven 
Namen des flandrifchen Raffael bei feinen Zeitgenofien. Unmäßigkeit, namentlich 
im Trinken, machte feinem Leben fchon im 50. Jahre (1570) ein Ende. F. ars 
beitete ſchnell und oft allzuflüchtig; unter feine gefchäßteften Schöpfungen gehören: 
bie 833 Chrifti, zu Antwerpen; Lucifers Fall, ebendaſelbſt; das jüngfte Gericht 
zu Brüſfſel u. a. 

Blorus, Lucius Annäus, von Geburt ein Ballier oder Spanier, lebte 

wahricheinlidy uuter den Kaifern Trajan und Hadrian. Er brachte die römifche 
Schhichte, von Erbauung der Stadt bis zum allgemeinen Frieden unter Au⸗ 
ufus, in einen kurzen Auszug, der in vier Bücher getheilt ift, aber mandye 
Kaliche biftorifche Angaben, fo wie Verflöße gegen die Chronologie u. Geographie 
enbält. Seiner Schreibart fehlt e8 an feftem u. gleichartigem Charakter; fie hebt 
fib oft weit über die Bränzen der Profa, u. hat nicht —* einen überladenen 
Schmuck müßiger Gelehrſamkeit. Das Ganze iſt mehr Lobrede, als Geſchichts⸗ 
erzaͤhlung. — Ausg. von J. ©. Gräve, Utrecht 1680, 8., von C. A. Duder, 
Leyden 1744, 2 Bde., gr. 8., von J. F. Fiſcher, Leipzig 1760, 8., von J. N. 
Titze, Prag 1819, gr. 8. — Ueberſ. (von F. A. F. Bertrand) Frankf. 1789, 
8. von W. M. Pahl, Stuttgart 1835, 12. — Vergl. F. N. Titze de epit. 
quae sub nomine Flori fertur, aetate probabili etc. Linci 1804, 8., wonach 
J. unter Auguſtus gelebt haben ſoll. 

Flott, auf dem Waſſer ſchwimmend; daher %.swerden, wird von einem 
Schiffe geſagt, das bei der Ebbe auf den Grund gerathen, durch die Fluth wie⸗ 
der gehoben wird; ähnlidy Femachen. 

Flotte, eine Anzahl Edhiffe unter dem Oberbefehle eines Flottenführers, 
meift eines Admirals, die aus einer erſten Divifion (Hauptcorps), zweiten Divis 
fion (Avantgarde) u. dritten Divifion (Arriergarde) befteht, wo die Avantgarde ge- 
wöhnlich von dem Viceadmiral und die Arriergarde von dem Gontreadmiral com⸗ 
mandirı wird. Wenn fie fih in Schlachtordnung, d. h. in einer oder zwei 
2inien formirt, bleiben zwei bis drei leichte Fregatten (Repetiteurs) außerhalb 


) Flüſſigkeit — Fluß. 


tropifähen Kegen, welche Wolkenbrüchen gleichen, und in Abyſſtnien vom 
April bis zum September fallen, find die Urſache diefer merfwürbigen 
Ueberſchwemmung. Der Ri bringt dabel eine ungeheure Menge Schlamm mit, 
der das Land dünget, aber auch immer mehr erhöhet. Durch die Kortführung 
des Schlammed ebenen die Ströme die Länder im Ganzen genommen immer 
mehr. — Die Ylußbeeten find in den Gebirgen, wo die Befchaffenbeit des Bo⸗ 
dens es zuläßt, viel gerader, ald in Ebenen. Der Grund davon iſt die Gewalt 
des Waſſers, weldye Hinverniffe, die ihm entgegenftehen, burchbricht und eine 

erablinige Ridytung nimmt. In Ebenen ift die Gewalt des Stromes ſchon ge⸗ 
Brodhen, u. derfelbe muß fidy mehr nach Umftänden fügen, 3. B. wo der Boden 
am weichften, am niebrigfien ift u. f. w. Hier fchlängeln fidy daher die %. in 
Irummlinigen Wegen dahin, und dieß verurfacht ein fehr ungleiches ‚Ufer. An 
der Seite, gegen welche der gefchlängelte Strom gerichtet if, wird das Ufer ab- 
gefpült und bildet eine fenfrechte Wand; die entgegengefehte Seite iſt dagegen 
flacher, fandiger Strand, und fo wechjelt dieß bald auf jener, bald auf bieſer 
Seite. — Mancıe 5. verfriechen fidy ange Streden unter der Erde fort, und 
fommen dann wieder zum Vorſcheine, 3. B. die Rhone bei der Brüde Lucei und 
Andere. Ginige wiederum verlieren fich im Sande, wie zum Theile der Rhein 
in Holland. — Nebenfluß oder Seitenfluß wird derjenige nenannt, deſſen 
©ewäfler nicht in das Meer fich ergießt, fondern in einen größeren Fluß; Küften- 
5. ftrömen nach kurzem Laufe in das Meer, u. Steppen-%. verlieren fich im 
Sande, in der Erde oder in einem See, ohne filhtbaren Abfluß, 

Flüffigkeit, derjenige Zuftand der Körper, wobei die einzelnen Theilchen fo 
wenig an einander adhäriren, daß fie mit großer Leichtigkeit über einander hin- 
gleiten, dem geringften Drude weichen, dann ein Eleinerced Volumen einnehmen 
und fich trennen, ſobald man fie fich felbft überläßt. Der 5. entgegen fleht die 
Öehigteit (ſ. d.). Man unterfheidet tropfbare F., wie Wafler u. f; w., u. 
elaftifche oder Safe; ferner wägbare, wozu die tropfbaren F. u. viele Gaſe 
gehören, u. unwägbare, wozu man Wärme, Licht, Elektricität ıc. rechnet. 

Fingfand heißt der feine Sand, der, außer Duarz, häufig auch Kalfs und 
Thontheile enthält, vom Winde leicht fortgeführt wird und, wenn er auf diefe 
Weiſe Acer u. Wiefen überfchüttet, dieſe durchaus unfruchtbar macht. Er fin- 
det ſich vorzüglich am Strande des Meeres (f. d. Art. Dünen) und an den 
Ufern großer Flüſſe in der Richtung, wo die Winde herzumehen pflegen. 

Flur, eine ebene, fladye Strede Landes, beftche fie aus Feldern, Wiefen, 
oder was immer für fruchtbarem u. angebautem Boden ; danıı befonderd die zu 
einer Gemeinde gehörigen Grundftüde, |. v. a. Marfung, Feldmart. 

Flurnetz nennt man die Verbindung irgend einer Anzahl Dreiede, welche 
in der aufzunehmenden oder zu vermefienden Flur theild durch natürliche, theils 
durch Fünftliche Signalpunfte gebildet worden find, u. die dem Feldmeſſer theils 
zum ÖDrientiren, tbeild zu Standpunften, theild auch zur Controle dienen,” Dies 
ſes 5. wird dann durdy die Detallaufnahme u. Situgationszeichnung ausgefüllt, 
was meiftens refp. nur mit der Kette und nad) dem Augenmaße geschieht. Die 
Orundlage einer oͤkonomiſchen Vermeſſung ift in der Regel ein F. 

Fluß. N f. d. Art. Slüffe u. Ströme. 2) Diejenigen Subftanzen over 
Zuſchläge bei Schmelzprozeſſen, die eine leichter erfolgende Flüſſigkeit des zu 
fchmelzenden Produktes bedingen; Flußmittel, Salze, die eine leichtere Schlades 
bildung befördern, als: fogenannter weißer %., den man durch Abbrennung ei- 
ned Gemenges von gleichen Thellen Weinftein u. Salpeter erhält; ſchwarzer 
Fluß, auch Rebuctiondfluß genannt, durdy Verbrennung eines Gemenges von 1 
Theil Salpeter mit 2 Theilen rothem Weinftein erhalten, u. roher %., worunter 
man die noch unverbrannten vorangeführten Ylußgemenge verftehbt. Der foges 
nannte Setfenfieder-%., der, ald vorzugsweife jalzfaures Kalt enthaltend, vorzüg- 
ob Verwendung auf Alaun⸗ u. Glashütten findet, das Produft der Verdampfung 
— Geifenfleberlaugen, die mittelft der alten Methode der Anwendung von Kr 


Flußgebiet — Fo. 243 


ever Pottaſche und darauf folgendes Ausfalzen, gefallen. 3) %., im Allgemeinen 
and) für Glas⸗F. oder Nachahmung eines Edelſteines, namentlich eines farbigen. 

Iußgebiet heißt die Geſammiheit aller Länderftreden, deren Gewäfler ſich 
in einen Hauptfluß oder Strom vereinigen, bis dahin, wo berfelbe mündet. 
Die meiſten Fe find durch Gebirgäfetten und Lanphöhen abgegränzt. Diefe 
Gränzen, welche ziemlich fcharf zu ziehen find, bezeichnet man als Schelvungen, 
u. fie find, fo wie die Thellungen, wo fich, meift auf Hoch⸗ oder Mittelgebirgen, 
vie Duellen von 3 oder mehren Flüffen trennen, in der Terrainlehre von bober 
Vichtigkeit. Nur auf Hochebenen, fo wie auch im niederen, weit ausgebehnten, 
flachen Lande, vermifchen ſich mehre %.e, und es bilden ſich durch Zufammenfluß 
von Gewäflern mehrer F.e Slußnede; zu diefen gehören auch zum Theile die 
Kanäle. Im Ganzen genommen aber bilden F.e lange, in vielfacdhe Krümmungen 
verzogene Gllipfen, in die wieder feitwärts andere Kleinere fidy ebenfo einfügen. 

Inßgötter, in ver griecdhifchen und römifchen Mythologie die Beſch per 
der Flüfſſe, oder die Flüffe ſelbſt, ald Gottheitkn dargeftellt (perfonificitt). Sie 
waren Söhne ded Okeanos u. wurden mit einem Kranze von Schilf'auf dem 
Haupte, mit einem Ruder oder Füllhorne in der Hand, neben einer Urne liegend, 
aus der Wafler ſtrömt, abgebildet. 

Flußpferd (Hippopotamus), Gattung aus der Familie der Bielhufer; 
8 bat an allen Füflen 4, faft gleiche, Zehen mit Hornfcheiden, auf jeder Seite 6 
Badens u. in jeder Kinnlade 4 Schneivezähne; es iſt unförmig did, ohne Haare, 
furzbeintg, breitfchnauzig und Eurafehtwängg. Es Hält fi in Klüffen auf, if 
ſcheu, ſchwimmt gut u. ernährt fi) von Begetabilien. Das afrifantfhe %. 
(hippopotamus amphibius, bippopotamus africanus), wird gegen 8 Ellen lang, 
35 Ellen body u. tft fchwärzlichgrau, mit einzelnen Borften; es findet ſich bloß 
in den inneren afrifanifcyen Fluͤſſen vor, u. nicht mehr in Aegypten; es if dumm, 
von ſchwerfälligem Gange und geht langfam auf dem Grunde des Waſſers fort, 
ſchadet aber auf dem Bande den Reisfeldern. Es fpendet mehrfachen Ruben, 
tndem fein Fleiſch (beſonders die Füſſe als fehr en zur Nahrung, die 
Haut aber zur Bearbeitung von Schildern dient; feine Zähne geben am Stahle 
Geuer, und werden ald (nicht gelb werdendes) Eifenbein gebraucht. Außerdem 

findet es fidy foſſil in Stalien u. a. D.; eine Eleinere Art in Frankreich. 

Flußſpath, ein Mineral, das den Namen von dem Gebrauche hat, den man 
beim Hüttenwefen davon macht. Er findet fi von den melften Karben der 
Edelſteine vor, u. felten ungefärbt, ift mehr oder weniger durdhfichtig, glasglän⸗ 
end ınit fpathartigem Gefüge. Theil ungeformt, u. nur felten ftängelicht zufam- 
mengehäuft, ift er häufig cryſtalliſirt, zumal cubiſch, feltener in doppelt vierfeitigen 
Pyramiden, u. meiflens politbar; er wird zur Bereitung der Yluß- oder Fluß⸗ 
ſpathſäure (f. u.) gebraucht, weßhalb man befonders darauf zu fehen hat, daß er 
frei von beigemengtem Duarze (Kieſel) if. Da feine Beftandtheile Kalf und 
Sinßfäure find, fo wird er auch flußfaurer Kalk genamnt. 

Flußſpathſäure, Fluß- Hydrofluorfäure, Sluorwafferflofffäure, 
bereitet man aus dem Flußiparhe (f. o.), indem man dieſen gepulvert mit Schwe- 
ielfäure in Berührung bringt. Da das, dabei ſich entwidelnde, flußfaure Gas 
höchſt ſchädliche, zerflörende Eigenſchaften befigt, fo muß man mit der nöthigen 
Borficht Dabei verfahren. Die F. greift das Glas an, u. fann daher rein u. in 
Rüffigem Zuftande nur in Bleiphiolen aufbewahrt werden. Ein kaum fichtbarer 
fleinee Tropfen diefer Säure, auf die Haut gebracht, reicht hin, höchſt fchmerz- 
hafte und ſchwer zu heilende Geſchwüre hervorzubringen. Sie dient fowohl in 
Gadform, ald audy in flüffigem Zuftande, zum Aeben in Glas, Bediente man 
Ach hiezu flüffiger u. verbünnter Säure, fo erfcheint die geägte Stelle durchſich⸗ 
tig glatt oder polirt, dagegen aber grau und nur durchſcheinend, wenn man fid) 
jur Wegung der concentrirten Säure, oder der Flußſäuredämpfe bediente. 

luth, f. Ebbe u. Fluth. 
9, f. Bubbba. 


16* 


2u | . Bons — Förker. 


oeus, 1) f. v. a. Brennpuntt (f. d) — 2) Ein freier Gang auf 
dem Verdecke der Schiffe. — 3) Ein, für eingeine Stände oder Berfonen abges 
fonderter, er Au einem Schaufpielhaufe. 

ve, f. Defoe. 

öderafion u. Föderativftant, ſ. Bundesfaat. 

öhn oder Föhnwind, ein, in der mittleren Gebirgsgegend der Schweiz, 
beſonders im Thale von Aitorf im Canton Urt wehender d. Meift gebt ibm 
ein Dunft voraus, der die Gegend wie in einen Flor hüllt; vie Luft iR ruhig, 
oder nur in Fleineren Streden bewegt u. warm. Run erhebt ſich wahrnehmbar, 
wenigftens in der oberen Gegend, ein Nordwind, ‘ver aber bald dem von Süden 
fommenden %. weicht. Während vefielben find die Thiere, namentlich in den von 
Süden nady Norden gehenden Thälern, unruhig und die Menfchen abgefpannt, 
audy werben bie Pflanzen welt; im Yrühling aber bringt die, den Wind beglei⸗ 
tende, Wärme fchnell die Pflanzen zum Blühen u. Grünen, u. ſchmilzt den Schnee 
auf den Gebirgen mehr, ais die Sonne im hohen Sommer. An einzelnen Stel⸗ 
len tobt der Wind fehr heftig, an anderen iſt er wiederum ganz leife. ben fo 
ungleich if feine Dauer. Meift regnet es erſt, wenn der F. fich gelegt hat; 
a er ne gleich mit Regen ein, fo nennt man ihn in der Gegend von Altorf 

mmer-®. 

Föhr (Föhrde), eine Infel im Amte Tondern des däntfchen ogthums 
Schleswig, hat 14 O. M., mit 5800 Einwohnern, welche meiſt Bu En, und - 
Schifffahrt, Fiſch⸗ u. Bogelfang Gährlidy 30,060 Stüd, gewöhnlich in Eſſig ge 
kocht und In Ser gepadt), treiben. Es führt dieſelbe außerdem noch Küäfe 
(GGoͤhringer Käfe) u. Strümpfe aus; fie fteht unter einem Landvoigt und 12 
Rathleuten und wird in Wefterland-%. (zum Stifte Ribe gehörig) u. Oſt er⸗ 
land»%. (mit 3800 Einwohnern) eingetheil. Der Hauptort if Wyk, ein 
Maztıfleden mit 700 Sinwohnern u. einem feit 1806 angelegten ,‚ guten Hafen; 
auch ift dafelbft ein Seebad und das 1819 gegründete Wilhelminenbad. %. hat 
fett 1833 eine Dampffchiffverbindung mit Curhafen, u. zeichnet fidh noch beſon⸗ 
ders durch feine eigenthümliche Tracht, befonderd bei den Frauen, aus, welche 
aus Furzem Rode, anfchmiegendem Miever, filbernen Knöpfen, Spangen und 
Schnüren, hauptſächlich aber aus 2 Tüchern befteht, von dem das eine um den 
Kopf, das andere um Hals u. Schulter gewunden wird, fo daß der größte Theil 
des Geſichtes faſt auf tuͤrkiſche Weife verhält ift, und nur die Augen frei blei⸗ 
ben. Bergl. F. von Warnftedt: „die Infel F. und das WilhelminensSeebad,“ 
Schleswig 1824. " 

Förkter (Karl), geboren am 3. Auguſt 1784 zu Naumburg an der Saale, 
ift befonders befannt durch feine Weberfegungen aus dem Staltenifchen und als 
Dichter. Er erhielt in feiner Baterfiobt auf der dafigen Domfchule feinen erften 
wifienfchaftlichen Unterricht, und flubirte fett feinem 16. Jahre die Theologie zu 
Leipzig. Er hegte den Plan, die afademifche Laufbahn zu betreten, zu welcher 
ihn befonders fein naher Verwandter, Profefior Lobeck, der gegenwärtig in Kö- 
nigöberg docirt, anregte, u. ihm deßwegen bejonders das hiftorifche, philofophifche 
u phltologifähe Studium anempfahl, fah fidy aber nach dem frühzeltigen Dahin⸗ 
fheiden feines Vaters veranlaßt, wieder zum theologifchen Fache zurüdzufehren, 
da e8 ihm an Mitteln, fein früheres Vorhaben auszuführen, genrad). Er wurde 
fpäter Haudlehrer in Drespen, fühlte fi) daſelbſt fehr behaglih, u. warb 1806 
als Adjunct u. im folgenden Jahre als zweiter PBrofeffor am königlichen Cadet⸗ 
tenhaufe angeftellt, in weldyem Amte ihm befonders das Fach der deutfchen Sprache 
u. der Literatur zugewieſen war u. das er auch im Jahre 1828, als er in die 
erſte Profefſur einruͤckte, ferner beibehielt. Seine wenigen Mußeſtunden widmete 
er vorzugsweiſe der neueuropälfchen Literaturgeſchichte, insbeſondere der italieni⸗ 
ſchen; ſpäter auch der älteren deutſchen u. dem Studium der Geſchichte der Kunſt. 

‚Die Letle feiner erfien Zahre erſchienen alle anonym; erft mit Petrarca's Ueber⸗ 
“ung, (melde in 2 Bänden 1818— 19 um Erttenmale, und ABI In Aal 


gänzlich umgearbeitet erfchien) ngröffentlichte er feinen Namen. Später erfchien 
von ihm eine Ueberſetzung ver auserlefenen Iyrifchen Gedichte Taſſo's (2 
Theile, Zwidau 1821; 2. Aufl. Leipzig 1844); Rafael, Kunft u. Künftlerle- 
ben, ein Cyclus von Gedichten (Lp3. 1827); der unvollenvet gebliebene Abriß 
ver allgemeinen Literaturgefhichte (Bd. 1—4, Abtheilung 1, Dresd. 1827 —30) 
u. die Ueberſetzung von Dante's »Vita nouvas (Leipz. 1841). Biele Zeitfchrif 
ten, beſonders die Blätter für Literarifche Unterhaltung, brachten von Ihm lehr⸗ 
reiche Literärgefchichtliche u. Eritifche Auffäge, in denen er die Erfcheinungen ber 
!iteratur in ihrer Beziehung zu der Zeit, der fle angehörten, u. in ihrer Bebeus 
umg für den Entwidelungsgang der literarifchen Bildung überhaupt, möglichft 
ınparteiifd, und Ieidenfchaftslos würdigte. Die, von Wilhelm Müller begonnene, 
Binliothek deutfcher Dichter des 17. Jahrhunderts wurde von ihm fortgeführt 
u. 1838 mit dem 14. Band gefchloffen. Er flarb am 18. Dec. 1841. Seine 
zhlreichen Cheen erfchienenen Gedichte, deren mehre von Weber und anderen 
namhaften Gomponiften in Mufif geſetzt wurden, erfchtenen nach feinem Tode von 
Ludwig Tied gefammelt (2 Bde., Leipz. 1842) u. enthalten manche fehr anfpres 
chende lyriſche Baben. — 2) F. GGriedrich), geboren zu Münchengofferftäpt im 
Altenburgifchen 1792, flubirte zu Jena Theologie, dann in Dresden Kunſtge⸗ 
ihichte, bis er fid) 1813 dem Lübomw’fchen Corps anſchloß. In Parts’ war er 
für die Zurüdführung der geraubten Kunftfchäte thätig, ward Lehrer an der Ar; 
tillerie⸗ u. SIngenteurfchule zu Berlin, zwar infolge der 1817 eingeleiteten dema⸗ 
SCH Unterfucdhungen entlafien, aber fpäter als Hofrath und Cuſtos bei der 
iglichen Kunſtkammer angeſtellt. F. bat fidy als Dichter („Gedichte,“ 2 
Bände, Berlin 1838, „Guſtav Adolph,“ ebendafelbft 1832 ıc.), durch ftattftifche 
u. biftorifche Werke („Handbuch der Befchichte, Geographie und Statiftif des 
preußifchen Reichs,“ 3 Bde. ebend. 1820—22; „Die Höfe u. Cabinete Europa’6 
im 18. Jahrhundert,” 3 Bde. Boten. 1836—39), beſonders biographiſche Schrif« 
ten (Felomarſchall Blücher,“ 2. Aufl. Leipz. 1821; „Friedrich der Große,“ Ber⸗ 
Im 1822; „Friedrich Wilhelm I.“ 3 Bde. Potsd. 1834; „Albrecht von Wallens 
Rein,” ebend. 18345 Nadytrag 1844) fehr vortheilhaft befannt gemacht. Pückler 
fehte er die „Briefe eines Lebenden“ (2 Bde., Berlin 1827) entgegen u. lieferte 
die populären Schriften: „Leben u. Thaten Friedrichs des Großen” (2. Wuflage, 
Leipzig 1842) und „Ehriftoph Columbus” (Reipiig 1842 — 43). — 3) Ernfl 
Yradim, Bruder des Borigen, geboren 1800, fludirte ebenfalls Anfangs Theo» 
\egie, wandte fidy aber bald der Malerei zu, malte in Dresden nad) Holbein u, 
tin, ſchloß ſich 1823 an Cornelius (ſ. d.) in Mündyen an, arbeitete 1824 
u. 1825 an der Aula in Bonn, fpäter an den Arkaden des Hofgartend in Mün- 
den. Sein erſtes Freskogemälde eigener Erfindung ift die Erflürmung der Bero- 
neſet Klaufe durch Dito von Wittelsbach. F. war mehre Male in Italien, wo 
er manche alte, nicht beachtete, Gemälde großer Meifter auffand und eine reiche 
Sammlung von Handzeichnungen nad) älteren Werken anfertigte. Er gab heraus: 
Leitſaden zur Betrachtung der Wand- u. Dedenbilder des neuen Königsbaues in 
Rünchen, München 1834; Beiträge zur neueren Kunftgefchichte, Leipz. 1835; 
Briefe über Malerei, in Bezug auf die Gemäldefammlungen in Berlin, Dreöden, 
Ründyen ıc., Stuttg. 1838; München, ein Handbudy für Fremde u. Cinheimiſche, 
Rünchen 2. Aufl. 1840; Handbuch für Reiſende in Italien, ebend. 3. Auflage 
1846; die Wandgemälpde der St. Georgenfapelle zu Padua, Berlin 1841. Dann 
nahm er lebhaften Antheil an der Herausgabe ver Werke feines Schwiegervaterd 
Jean Paul F. Richter (ſ. d.), übernahm nady dem Tode Schorns einen 
Theil der Redaktion des Kunftblattes u. die deutfche Ausgabe des Bafart. 
Fötns nennt man den Menfchen von feinem erften Entflehen an bis zu 
feiner vollflommenen Entwidelung im Wutterleibe; ober, man trennt hievon au 
wohl den erften Zeitraum ab, u. nennt die Leibesfrucht bis zum Anfange des 
Sarsangerfihaftömonats Embryo, hernady aber, 618 zum inde der Sciywangrt> 
daft 8. In neuerer Zeit IM man von diefer Untericyetvung, für vie Ten ut» 


246 Jotus. 


heblicher Grund vorliegt, abgekommen u. braucht beide Bezeichnungen ohne Unter⸗ 
chied für den ungeborenen Menſchen. Dieſelben Auodruͤcke gelten auch von den 
bieren, namentlidy den Säugethiern. Die Entwidelungsgefchichte des menſch⸗ 
lichen Foͤtus if nur mangelhaft befannt u. muß größtentheild aus Debachtungen 
an Thieren u. vorzugsweiſe am bebrüteten Hühner-Ei, an weldyem fie am leich⸗ 
teften anzuftellen find, ergänzt werben. Unmittelbar nady der Befruchtung tritt 
in den inneren Gefchlechtatheilen ein erhöhtes Leben ein; im Eierſtocke 1öst ſich 
ein Ei’hen u. kommt durdy die Mutterröhre, beim Menfchen binnen 14 Tagen, 
in die Gebärmutter, in welcher bereits eine, das Ei'chen nun umhüllende, Haut 
ausgeſchwitzt worven iſt. Um dieſe Zeit bildet die Leibesfrucht noch eine unfennt- 
liche, gallertartige Maſſe; gegen das Ende des erfien Monats erkennt man aber 
in dem etwa taubeneigroßen Wie bereits ein unförmliches, etwa 3 Linien lange 
u. aus 2 Bläschen beftehendes Körperchen, in welchem bereitö dad Herz thätig 
it und die Blutbewegung vermittelt; bald wird nun auch die Nabelſchnur beut- 
lich, weldye die Blutbewegung zwifchen dem F. u. den Eihüllen (dem nachherigen 
Muttertuchen) vermittelt. Im zweiten Monate entſtehen die Gliederſtumpfe, Die 
im dritten Monate an dem 3 Zoll langen F. bereitö deutlich Furzgeftumpfte Finger 
u. Zehen zeigen. Tritt jebt Fehlgeburt ein, fo geht das ganze Ei mit unzerriſ⸗ 
fenen Eihüllen ab; nicht fo aber Ihäter, da fi) im 4. Monate aus den Zotten 
der Lederhaut der Mutterkuchen bildet. Das weitere Wachsthum geht immer 
langfamer vor fidy, je näher der Geburtstermin rüdt, und befteht mehr in Aus⸗ 
bildung der einzelnen Organe, als in Zunahme der Größe. Bis zum 7. Monate 
verliert das Geſicht das bisherige Greiſenartige u. wird glatter; jebt geboren, 
lebt die Leibesfrucht wohl, verliert aber in wenigen Stunden ihr Leben; erfi nady 
vollendetem 7. Monate Tann fie durch ausgezeichnete Mühe u. Sorgfalt am Le⸗ 
ben erhalten werben; fte ift jetzt 16—17 Joll lang u. wiegt 3—4 Pfund; die 
Fontanellen u. Nähte fleben noch weit aus einander, die Rägel find noch weich, 
aber ausgebildet u. die Haut iſt jebt am flärkften mit weichem, langem Wollhaare 
bededt. Je näher dem regelmäßigen Endtermine ver Schwangerfhaft (40 Wo- 
chen) die Leibesfrudyt geboren wird, deſto mehr trägt fie die Zeichen der Reife an 
fih (ſ. Neugeborene). — Die Ernährung des %. im Mutterleibe, feine Maf- 
fenzunahme, muß größtentheild durdy Selbftentiwidelung aus dem Cie flatt finden, 
da Fein unmittelbarer Webergang von der Mutter zum F. ſtatt findet, fondern 
nur im Mutterfudyen die, aus der Nabelfchnur kommenden, kindlichen Blutgefäße 
mit den, aus der Gebärmutter vortretenden, mütterlichen in feinfter Veräftelung fo 
nabe an einander ſich anlegen, daß nur eine ganz dünne Scheidewand zwifchen 
denfelben bleibt, durch weldye hindurch die Säuerung (oxydatio) des kindlichen 
Blutes erfolgt, wie ſich daraus ergibt, daß dunkeles Blut durch die Nabelarterien 
na dem Mutterkuchen gelche wird, Dagegen aber hellered (oxydirtes) durch die 
Nabelvene wieder zum kindlichen Körper zurüdfehrt. Auf dieſe Weiſe wird zu⸗ 
gleidy die, beim F. nicht mögliche, Aufnahme von atmosphärtfcyer Luft (Athmung), 
welche beim Ormachfenen die Oxydation des Blutes bewirkt, erſetzt. Hiezu 
trägt beim F. noch bei die Thätigfeit der Leber, welche frühzeitig ſchon im hoben 
Maaße entwickelt ift und nad) mweldyer ein großer Theil des Yötalblutes ftrömt. 
Durdy diefes Strömen des Blutes nach dem Wutterfuchen u. nach der Leber u. 
nicht nady der Zunge, welche noch völlig unthätig iſt, unterfcheivet fidy der Blut- 
freislauf beim F. auf fehr weientlihe Weiſe von dem beim Erwachſenen. — 
Erkrankt ein F., fo gibt dieß Anlaß entweder zur Fehlgeburt (f. Geburt.) 
oder zu Mißgeburten (f. d.). Die Urfache ſolcher Erkranfung des %. liegt 
ſchon in dem urfprünglicdyen Keime, und bat ihren Grund in Kränklichkeit der 
Eltern, oder fie ift eine zufällig einwirfenvde u. die weitere normale Entwidelung 
des %. hindernde — Auf Ahntiche MWeife, wie beim Menfchen, erfolgt die 
@ntwidelung bed 5. audy beim Thiere; doch hat hier Größe u. Lebensart, fowie 
namentlich ber Umftand, ob das Thier lebendige ISungen gehört, vver Eier leat, 
nanderld Mobififationen zur Folge. %, Buchner. 


Fohi — Folard. 247 


Fobi, ein chineſiſcher Kalfer, angeblich der Gründer des Reiches China, 
um 3000 vor Ehriflus. Er foll dem Reiche eine Berfaffung gegeben, die Jeitrech⸗ 

eingeführt u. die Muſik gelehrt haben. In feine Regierung verlegen auch 
wie Chineſen die Abfaffung des Y-King, des älteften ihrer heiligen Bücher. 

Foix, berühmtes franzöftfches Brafengefchlecht, das feinen Urfprung von 
Graf Roger I. von Carcaffonne, u. feinen Ramen von der Graffchaft F. (einem 
heile des jehigen arriegebepartement6) ‚, weldye Rogers zweiter Sohn, Bern- 
bard L, erbte, ableitet. Wir führen davon an: 1) Gafton III., feiner Schönhelt 
wegen Phoͤbus genannt, prachtliebend u. Eriegerifch, unterſtützte den König im 
Streite gegen die Engländer u. wurde dafür Gouverneur von Languedoc u. Gas⸗ 
cogne. e Gemahlin Agnes, die Tochter König Philipps 1. von Navarra, 
verließ er; des Einverftänpnified mit Karl dem Böfen verbächtigt, machte er 1356 
einen Kriegszug gegen die Ungläubigen in Preußen. Ws er 1358 zurüdfehrte, 
befreite er, vom Dauphin angerufen, die fönigliche Familie aus den Händen ber 
fogenannten Jarquerie. In demfelben Jahre fchlug er ſich mit dem Grafen Ars 
magnac um Bearn und machte feinen NRebenbuhler in der Schladht von Launac 
zum Gefangenen. Als ihm Karl VI. das Gouvernement von Languedoc nehmen 
wollte, behauptete er fid) mit Waffengewalt u. fehlug den Herzog von Berri in 
der Ebene von Revel. Seinen Sohn, von dem er glaubte, derſelbe wolle ihn 
auf Anfliften Karl des Böfen vergiften, ließ er, nachdem derſelbe 1382 in feine 
Hände gefallen, unter Mishandlungen verhungern. Gr flarb ohne Erben 1391 
u. hinterließ ein Gedicht über die Jagd (Paris 1620), deſſen ſchwülſtiger ent 
(faire da Phöbus) ſprüchwoörtlich geworben if. — Der König verlieh nun bie 
un an Mathieu $., einen UÜrenfel des Grafen Roger I. von F. — 
2) Safton IV., Graf von F., mußte auf Befehl Karl VII. das Prädifat „von 
Gottes Gnaden“ bei feinem Titel weglaffen, leiftete aber nichts defloweniger 
dem Könige große Dienfte im Kampfe gegen die Engländer. Im Sabre 1455 
erklärte ihn fein Schiwiegervater, Johann II., Köntg von Ravarra , zu feinem 
Nachfolger. Ueberdieß erhob ihn der König zum Batr von Frankreich u. ſchenkte 
ihm feine Anſprũche auf Rouffillon und Cerdagne. Bel feinem Tode im Jahre 
1472 nahm feine Gemahlin Eleonore das Königreih Navarra in Bell. — 3) 
8. François Phebus, Enkel des Morigen, folgte 1479 feiner Großmutter 
auf dem Throne von Navarra, ftarb aber fehr bald, worauf Madeleine, die 
Schwefter deffelben, ihre Tochter, die Gräfin Catherine, auf ven Thron von Nas 
varra feßte, Die fie 1486 mit dem Herrn von Albret vermählte Letzterer hielt 
Rh mit feiner Gemahlin nur unter großen Schivierigfeiten auf dem Throne, weil 
Gaſton von %., Herzog von Nemours (f. d.), defien Vater ein jüngerer Sohn 
Gaſtons IV. war, feine Anfprüdye geltend machte. Nachdem derfelbe 1512 tn 
der Schlacht von Ravenna geblieben, wollte Ludwig XI. Navarra an Gafton’s 
Schweſter Germaine von Aragonien verleihen; allein das:Barlament von Paris 
entichied, daß nach dem Tode Batherine’3 u. Albret’S deren Sohn, Heinrich, die 
Krone von Navarra, wie die Befistbümer des Hauſes %. erben follte. Die Toch⸗ 
ter König Heinrichs, Icanne d'Albret, heirathete Anton von Bourbon, Herzog 
von Bendöme und wurde fo die Mutter des nacdhherigen Königs Heinrich's IV, 
von Frankreich. Ä 

Bolard, Jean Charles de, berühmter frangofifcher Militärfchriftfteller u. 
Verbeſſerer der Kriegdfunft, geboren zu Avignon 1669, nahm in feinem 16. Jahre 
Militärdienfte, avancirte ſchnell und machte den Fleinen Krieg nad) den Grund⸗ 
fägen Cäſars, defien Commentarien er fleißig ſtudirte. Im fpantfchen Gröfelge 
friege wurde er Adjutant bei General Bendöme, machte den Plan zu der Ein- 
nahme von Hoftilia und Baffino, und fam nad) der Schladht bei Malplaquet in 
kaiſerliche Gefangenſchaft. Gegen die Türken focht er 1714 fehr tapfer auf 
Malta, trat dann in Dienfte Karls XIL. von Schweden, kehrte nach defien Tode in 
fein Baterland zurüd und machte 1719 unter dem Herzoge von Berwid feinen 
legten Selbgug. Hernach flubirte er in Ruhe die Kriegswiſſenſchafe, verkomt gu 


248 | Folgaria — Folz. 


fest in .einen fanatifchen Myſtizismus und flarb den 23.- Mär; 1752 ald Meftre 
de Samy tn feiner Vaterſtadt. Seine Erfahrung, feine tiefe Einfidht in das mos 
derne Handwerk des Krieges, feine Belefenheit in der römifchen Art, Krieg zu’ 
führen und feine Beobachtungen haben ihm den Namen des franzöfifchen Vege⸗ 
tius erworben. Seine neuen Entdedungen über die Kriegskunſt theilte ex in feis 
nem öfterd gebrudten (Bommentar über den PBolyblus mit; deutfch durch den 
preußifchen Hauptmann A. L. von Delsniz mit Vermehrungen des Bulhars 
oder Dintus Icilius. Breslau 1754 — 69. 7 Bde. gr. 4. mit Kupfern. an 
hat auch einen franzöfifchen Auszug. Guichard hat den F., der. des Griechiichen 
unfundig war, öfter& zurecht genen. 

Zolgaria, Thal bei Calllano im wälfchen Säptyrol, mit feinen Waflern einer: 
ſeits zur Etſch, andererſeits zum Bacchiglione neigend, an einem Ende tyrolifch, 
am andern bereit vizentinifch, mit heilgrünen Yluren, höher hinauf reichbewaldet, hat 
mitten im wälfchen Elemente eine arößtentheild urfprünglich deutfche Bevölferung 
von faft 5000 Seelen, bei ttalienifcher ‚Kirche und Schule ſchon aus älterer Zeit, 
welche ohne Zweifel mit der deutichen in den Sette communt in den Bizen- 
tinerbergen zufammenhing, aber gegenwärtig immer mehr verwälfdyt wird. “Die 
tieferen Südtyroler halten in diefem Thale gerne ihre Sommerfrifhe und haben 
dort eigenthümliche Häufer. Die Volksſprache iſt jet häufig ein Gemiſch von 
wälfchen u. deutfchen Wörtern. An der tyrolifchen Thalöffnung ſteht das Schloß 
Befeno, ein Eigenthum der Grafen Trapp. W. 

Folge, in der Logik vie Beſtimmung der Gültigkeit eines Gedankens, Urs 
theils oder Satzes durch einen vorhergehenden (Grund); in der Form eines Satzes 
aufgeftellt, geist es F.Satz, im Genenfate von Grundſatz, der den Brund 
enthält. Die Art der Oedankenverfnüpfung von Grund u. F. heißt Folgerung; 
daher folgerichtig, was aus dem als Brund Geſetzten audy wicklich u. ans 
gemeflen ald F. bervorgeht. - 

Folie, ein dünnes Metaliblättchen. Hinter durchfichtige Körper gelegt, be: 
fördert die F. die Zurücdwerfung der Lichtftrahlen; fo die $. von amalgamirtem 
Zinne bei Spiegeln; von Silber bei Evelfteinen. — Daher uneigentlich gebraucht: 
alles Unädhte, oder Berftellte, das einer Sache gleichſam zur Unterlage dienen 
muß, um ihr einen höheren Glanz zu verleihen. ' 

Sollen 1) (Adolph Ludwig), geboren 1794 zu Gießen, flubirte Theo⸗ 
logie, nad) beendigtem Feldzuge gegen Frankreich als freiwilliger heſſtſcher Jäger 
1814 zu Heidelberg die Rechte, redigirte in Elberfeld die „Allgem. Zeltung* und 
fiedelte, in Folge einer 2jährigen Sat in Berlin (1819 bis 21) wegen demagogi⸗ 
ſcher Umtriebe, nady der Schweiz über, wo er Lehrer zu Aarau war, dann zu 
Altikon privatifirte und im Großen Rathe ſaß. Er iſt ver Berfafler begeifterter 
Freiheits⸗ Baterlandss und Kriegslieder („Freie Stimmen frifcher Jugend“ Jena 
1819; „Bilderſaals deutfcher Dichtung“ 2 Bde. Winterthur 1827) und bearbei⸗ 
tete meifterhaft Brüchftüde aus Homer, lateinifcye Kirchenlieder, Taſſo und die 
Nibelungen (1. Th. Zür. 1842). — 2) F. (Karl), Bruder des Borigen, geboren 
1795, fudirte erft Theologie, dann das Redyt, kämpfte ebenfalld gegen Frankreich 
und ward 1818 Lehrer zu Gleßen, dann zu Iena. In Folge demagogifcher Um⸗ 
triebe fuchte und fand er eine Stelle In der Schweiz, zuleßt an der Univerfität 
Baſel. Weitere Verfolgungen trieben ihn nach Nordamerika (1824), wo er das 
romiſche Recht und deutſche Literatur lehrte und als unitarifcher Prediger wirkte, 
Er verlor beim Brande eines Dampfbootes 1840 zwifchen New⸗-York u. Bofton 
fein Leben. Mehre politiſche Lieder von ihm leben im Munde des veutfchen 
Volks. Seine Gattin iſt eine neachtete Schriftftellerin. 

olz, Arc gehoren 1479 zu Worms, Barbier und Meifterfänger zu 

Rürnderg, erfand mehre neue Gefangwelfen (f. d. Art. Meifterfänger) u. ſchrieb: 
„@ln teutfch wohrhaftig poetiſch yitort, von wannen das heilig römifch reiche fels 
zen srfprung erfilic hab,“ Nũurnb. 1480, 4. „Die yehmiik, Iirung." eht. 1483; 
æ eynem Puler“ ebb. 1488; „Ein hubſch Fapnadıt Ip von einer aut yes 


Fond — Fonk. 249 


nidgen pawrn heyrat,“ ebd. 15215 „Bon dem Küntg Salomon vnd Mardolffo,“ 
ebend. 1521; „Der Kargenfpiegel” ebd. 1543, 4. u. m. a. ' 

Fond, Fonds. Diefes Wort (vom franzöftfchen fonds — Grund und 
Boden, But, Gelder, Gapital, Vorrath, Schap, Anlagg u. f. w.) 
dürfte, feiner vielfachen Bedeutungen wegen, im Wllgemeinen oder tm welteften Sinne 
wohl am Beften durch Mittel erflärt werden, indem. es Gelder, Vorräthe und 
Grebit mittel, alfo überhaupt alles das umfaßt, was zur Betreibung eined Ge⸗ 
Khäft« 6 erforderlich if, oder die nothwendige Grundlage davon bilde. Weil nun 
aber bei jeder Unternehmung Gapitalmittel das erfle und wefentlichfte Erforderniß 
ſind, auch der anfängliche Credit leicht zurüdgenommen werben kann, fo verfleht 
man unter %. gewöhnlich das Grundcapital oder Betriebscapital, alfo 
das, in baarem Gelde, Waaren, Grundſtücken u. ſ. w. beſtehende, wirkliche Ver⸗ 
mögen:, worüber dem. Beſitzer die freie Verfügung zuſteht. Heißt es daher, ein 
Handelshaus oder eine Anſtalt befige bedeutende %., fo will daß fagen: daß dem 
Geſch. iftobetriebe desfelben bedeutende Bapitalmittel zum Grunde liegen. — Unter 
öffentlichen %. oder Staasd-%. (fonds publics) verfieht man Staatögelvder in 
Dokun ıenten, alfo die Staat8sObligationen oder Staatspapiere (daher 
 %rGc urszettel = Staatspavier-Eourszettel), oder deutlicher: die von 
dnem Staate über die von ihm contrahirten Schulden auögeftellten Obligationen, 
fo daß alfo F. bier eigentlich foviel ala öffentliche oder Staatsſchuld if, 
was man denn aud) in England darunter (unter publick funds) verfteht. 

Fondo, im höheren Nonsthale, ein anfehnlicher Markiflecken feit vem Jahre 
1520, faſt Räptifchen Ausfehens, mit einer hübſchen Pfarrkirche neueren Baues 
für ungefähr 1400 Seelen wätlfcher Zunge, im Sommer anſehnlich verftärft durch 
Gaͤſte aus den heißeren Etſchgegenden, welche hier ihre Friſche halten, unmelt 
der Rovella, die fid) durch Kalkfchluchten dem Noce zumwälzt, 9 Stunden von 
Meran, 6 Stunden von Bogen. .W. 

Sonfrede, Henri, franzöfffcher Zournalift, geboren 1788 zu Borbeaur, Sohn 
des 1793 wegen gemäßigter Anfichten hingerichteten 3. B. Boyer %., Wovocat, 
dann Kaufmann, begründete feit 1820 feinen Ruf, als geiftvoller, gewandter 
Journalift. In der lehten Zeit (1827) gründete er den „Courrier de Bordeaux,“ 
welchen felbft die Pariſer Preſſe beachtete u. farb 1841. 

Fonk (Peter Anton), geboren um 1781 zu Goch bei Kleve, ward Kauf: 
mam u. heirathete 1809 zu Köln die Tochter des Tabakfabrifanten Foveaur, 
enichtet eine Bleiweißfabrik, nab diefe aber auf, um ein Gefdyäft mit Brannt⸗ 
wein mit dem Apothefer Schröder in Krefeld zu errichten. Mit dieſem gerieth er 
ia Streit; Schröder argmöhnte nämlich, bei dem Gewinne übervortheilt zu feyn 
u fendete einen Commis, W. Eönen, um F.s Bücher in Köln zu unterfucdhen. 
Diefer fand die Bücher richtig, und %. that nun Borfchläge zum Bergleiche, die 
am 10. Rovember 1816 in Kichtigfeit gebradyt werden follten; doch verſchwand 
Ginen den Abend zuvor. Sogleidy verbreitete ſich das Gerücht, F. babe Cönen 
ermordet, u. dieß wurde um fo eher als glaubwürdig angenommen, da man am 
19. December Eönen mit mehren Wunden bededt im Rheine fand. %.8 Küper, 
—ã wurde als Helfer bezeichnet und ſpäter, da F. ſelbſt zuvor ſchon 

usarreſt erhalten hatte, verhaftet. Fes Bücher wurden auf feinen Antrag durch 
das Handelögericht unterfucht u. richtig befunden. Der Generalprocurator Sandt 
erhielt von Hamacher das Geſtändniß, daß Cönen von F. mit feinem Beiftande 
ermordet worden ſei, u. gab dabei alle Umflände der That an. Dieß Geftändniß 
wiederrief Hamacher aber bald, und fein Bruder, den er als Mitwiffer genannt, 
wollte gar Richts davon wiffen. Die Unterfuchung ward nun fchwanfend u., weil 
man den Einfluß von F.s Familie fürdytete, im October 1817 nad) Trier ver- 
legt. Hier wurde F. im Junt 1818 losgeſprochen, bald aber, auf neue Verdacht⸗ 
gründe, wieder eingezogen, jedoch auf ein Urtheil des Anflagefenats zu Köln wie- 
der. befreit. Hamadıer dagegen wurde, weil er geftanden, bei Cönend Ermordung 
Adtig geweſen zu ſeyn, 1820 zu 16 Jahr Zwangsarbeit verurigeilt , &. ber im 


250 Fontaine — Fontana, 


November 1820 zum dritten Male gefangen gefeht, u. im April 1822 durch die 
Geſchworenen in Trier von 7 Stimmen gegen 5 ded Morde fehuldig erflärt und 
deshalb von dem Affifenhofe dafelbft zum Tode verurtheilt. Das Geſuch um Re- 
viffon ward vom Gaffationdhofe zu Berlin zurüdgemwiefen, dem Urthetle jedody vom 
Könige, da alle Beweisgründe der That fehlten, die Betätigung verfagt, der 
Prozeß —— F. freigelaſſen, ihm auch die früher zuerkannten Bruch 
Toften erlaffen. Die Rheinprovinzen waren von F.s Schuld überzeugt, wegen feiner 
unangenehmen Individualität, wegen feines früheren fchlechten Rufes und um bie 
Ehre des, von ihnen werth gehaltenen, Inſtituts der Geſchworenen zu retten; faft 
das ganze übrige Deutfchland glaubte dagegen an F.s Unſchuld. %. zog nun 
nach Goch, wo er von feiner Familie fehr liebevoll behandelt wurde und 1832 
rubig ſtarb. Eine italieniſche Buhldirne, die in einem Bordell zu Köln lebte u. mit 
Gönen in Liebesverhältniffen geſtanden ‚hatte, u. die deßwegen im Verdacht war, 
Cõnens Mördertn zu feyn, fol die That auf dem Todibette zu Parts 1834 ein- 
geftanden haben. | 

Sonne ſ. Springbrunnen. 

ontainebleau, Hauptftabt eined Bezirks im franzöflfchen Departement 
Seine u. Marne, am Iinfen Ufer ver Seine u. am Walde gleiches Namens, mit 
8500 Einwohnern, berühmt durch das dort befindliche, aus vier Gebäuden ( wo⸗ 
von jedes nach einem andern Style aufgeführt ift) beftehenve, Fönigliche Luſtſchloß 
mit 900 Zimmern, 5 Plägen u. 4 Gärten. Hier ließ die Königin Chriftine von 
Schweden (f: d.) 1657 ihren Stallmeifter, den Grafen Monalvescdht, ermorden ; 
dafelbft wurden 1762 die Frievenspräliminarien zwiſchen England, Frankreich u. 
Portugal, und am 11. April 1814 Rapoleons - Thronentiagung unterzeichnet. 
Militärichule, Bibliothek, Porzellan⸗ und Steingutfabtifen, Handel mit Holz 
und Weintrauben. ' 

Fontaines (Pierre Francois Guyot des), ein franzöflfcher Weltgeiſt⸗ 
licher, geboren zu Rouen den 29. Zunt 1685, trat 1700 in den Jeſuitenorden, 
verließ ihn nach 15 Jahren wieder, erhielt die Pfarre Thorigny in der Normans 
die, legte audy diefe nieder, nährte fidh in Paris von Schriftfteflerei u. ftarb den 
16. December 1745. Man hat von ihm ein neologtfches Wörterbuch, eine Ueber: 
[egung des Birgit mit Anmerkungen, Gedichte, Romane und verfchtedene andere 

erfe. Die Schriften aber, die ihn am meiften befannt gemacht haben, find: die 
Observatıons sur la litterature moderne (Paris 1735—43, 34 Ype., 12.) und 
Jugemens sur quelques ouvrages nouveaux (Avignon 1744—45, 10 ®de., 12.). 
Er war ein erflärter Keind des falfchen Witzes, des leeren Gewaͤſches und des 
Reologifchen; daher if er lange Zeit als Journalift eine Geißel der fchlechten 
Schriftfteller Frankreichs geweſen. Seine periopifchen Blätter find voll finnreicher 
Betrachtungen u. munterer Einfälle, welche das Leſen derjelben nüglidy und ans 
genehm machen. Seine Schreibart iſt lebhaft, deutlich, natürlich u. mit dem beißen» 
den Salz der Kritif gewürzt. Allein er befledte feinen Ruhm damit, daß er theils 
zu bitter tadelte, theils durch Angriffe felbft guter Echriftfteller fidy einen Ramen 
zu machen ſuchte. Bon de la Worte hat man: „Esprit de l’Abbs des Font.“ 
(Bar. 1757, 4 Bde. in 12.) wobel fein Leben u. ein Berzeichniß feiner Schriften. 

Fontana 1) (Domenico), berühmter Baumelfter, geboren 1543 zu Melive 
am Luganerfee, errichtete unter Papſt Sirtus V. den aͤgyptiſchen Obelisk vor der 
St. Petersticche in Rom, erbaute die vatikaniſche Bibliothef, eine große Wafler- 
leitung, u. ftellte die trajaniſchen u. antoninifchen Säulen wieder her. Im Jahre 
1592 trat er in die Dienfte des Vicekönigs von Neapel, wo er mehrere bedeu⸗ 
tende Werke unternahm u. den ‘Plan für den neuen Hafen Neapels entwarf. Er 
ftarb 1607. — 2) F. (Carlo), ein berühmter Baumeifter zu Rom, weldyer 1634 
zu Beuciato im Comer Gebiete geboren, einer der beften Schüler Bernini's war, ob 
er ihm gleich an Richtigkeit und Genauigkeit nicht gleich kam. Sein Ruf ftellte 
fich indeſſen fo fe, daß er die Aufficht über die vornehmften öffentlichen Gebäude 

* zu Rom bekam, und auch daſelbſt 1814 ſtarb. Man hat von ihm mehre ſchaͤtz⸗ 


Fontanell — Fontaneb. 251 


bere Schriften: Il Tempio Valicano e sua origine con gli edificii piu conspi- 
esi antichi e moderni (Rom 1694, $ol., n. 9.) Fr. dell acque correnti (ebend. 
1694 u. 1696 %0l.); Antio e sua anlichita (ebendafeldft 1710, Fol.xy, L’Amfiteatro 
Flavio descrito e delinsato (Haag 1725) u. a. m. — 3) F. (Zelice), Abbe, 
geboren zu Pomarole bei Roverevo, fehr berühmt als Arzt, VPhyſiker und Natur⸗ 
forſcher. Er erhielt einen Ruf als Brofefior nady Piſa u. wurde Lehrer des Groß» 
berzog®ö Leopold, nachmaligen deutfchen Kaifers, in der Phyſik, von welchem er 
auch zum Director des von bdemfelben zu Florenz geftifteten berühmten Mufeums, 
das einen aroßen Reichtbum fowohl von Raturproduften, Rachahmungen derfelben, als 
auch non Kunftfachen, phufifalifchen Inftrumenten u. a. m. enthält, ernannt wurde u. 
als folcher fehr viel zur Vervollkommnung und Bereicherung deſſelben aufwandte. 
3a den merfwürbigften Theilen dieſes Mufeums gehören die Abbildungen aller 
Theile des menfchlichen Körpers in gefärktem Wachs, die, unter 5.8 Aufficht von 
geſchickten Künftlern verfertigt, Alle übertreffen, was in dieſer Hinficht geleiftet 
wurde (vgl. die Befchreibung dieſes Mufeums: Saggio del real gabinetto di Fi- 
sica e di storia naturale di Firenze (Rom 1795). %. machte auf Koften des 
Sroßherzogs eine mehrjährige gnelehrte Reiſe durch Frankreich, England u. andere 
Länder, um fich Kenntniffe zu fammeln, und flarb am 9. März 1805, 76 Jahre 
alt, zu Florenz, woſelbſt er neben Baliläi beerdigt wurde. Allgemein anerfannt 
iR fein großes Berbienft, dad er fidy dadurch erwarb, daß er die Ratur- u. Arzs 
neiwiſſenſchaft vermehrte und anfchaulicdher machte, ſowie auch feine Schriften 
wahrhaft claſſiſch find, die unter Anderem die Lehre von der Reizbarkeit enthalten, 
welche er 1757 einer genaueren Prüfung unterwarf u. fidy durch biefelbe ausges 
zeichnete Verdienſte erwarb. Ueber obige Lehre verbreitet fidy auch fein berühmtes 
Werk: Ricerche filosophiche sopra la fisica animale (Firenze 1795, 4., deutiche 
Ausgabe von E. ©. L. Hebenftreit, Lpz. 1785, 8.). Bon vorzüglicher Wichtig. 
feit unter feinen übrigen Schriften ift der Trait6 sur la vénin de la vipere, sur 
les poisons americains, sur le laurier-cerise et sur quelques autres poisons 
vegetaux (Florenz 1781, 4.), deutfch Berlin 1787, 4., mit Kpf.). In Hinficht 
auf Getreidefranfheiten ſchrieb er: Osservazioni sopra la ruggine del grano 
(Zucca 1767, 8., u. v. a.). 

Fontanell nennt man 1) beim Fötus (ſ. d.) und beim Neugeborenen die 
zwifchen den Eden der einzelnen Schädelfnochen vorhandenen, von Knochenmafle 
freien, aber mit einer feften Haut gefchlofienen Zwifchenräume; es find deren 4: 
die vordere, große oder vieredige, Die hintere, Heine oder breiedige, und die beiden 
Seiten⸗F.en. Mit zunehmendem Alter füllen ſich dieſe Zwifchenräume mit Kno⸗ 
chenmaſſe aus u. die F.en verfchwinden, zuerft die hintere, dann die feitlichen u. 
zulegt, genen das Ende des zweiten Lebensjahres, auch die vorderen: — 2) Ein, in 
gefunden äußeren Körperthetlen angelegted u. längere Zeit offen erhaltenes, Fünfts 
lches Geſchwür, das die Veſtimmung bat, als Ableitungsfanal für überflüffige 
u. ſchädliche Eäfte zu dienen u. fo Krankheiten zu heben, oder ihnen audy zuvor 
zu fommen. %.c werden aber auch gefebt, um unterdrüdte oder nidyt genügende 
normale oder krankhafte Abfonderungen zu erfegen, oder endlich, um die Melorp- 
tionstbättgfeit zu erhöhen. Angelegt werden die F.e mittelft des Meſſers oder der 
Aetzmittel; offen erhält man fie durch Erbfen oder andere reizende Körper, die in 
diefelben gelegt u. täglich bei Reinigung der F. erneut werden. Zuheilung eines 
feit längerer Zeit beuebenden F.s ift meift bedenklich, u. follte daher nicht ohne 
ärztlichen Rath zugelaiten werden. E. Buchner. 

Tontanes (Louis Marquis de), geb. zu Riort 1757, machte ſich in Baris 
durch Gedichte, wie „Le jour des Morts“ (n. Ausg. Paris 1823) u. als Redac- 
teur mehrer Zeitfchriften befannt u. ſprach feit 1795 oft beredt im Snftitute Im 
Jahre 1797 nad) England geflüchtet, befreundete er fidy mit Chäteaubriand, Tehrte 
nad) dem 18. Brumaire zurüd u. ward der Feftredner des Senats, dem cr fünf 
Jahre präfidirtee Gewandt fein Redneramt benügend, ftieg er unter der Reſtau⸗ 


252 Fontange — Jontenoi. 


ration zum Pair u. Bicepräflvdenten der Alademie. Er flarb 1821. Seine höchft 
eleganten Schriften erfchienen (2 Bde., Par. 1837). 
Foutang, ein, von Spiten, Bändern u. dergleichen verfertigter, jeht aber 
veralteter, RM für Frauenzimmer. Als einft auf der Jagd der Wind den 
Kopfpup der Marquife, nachmaligen Herzogin von Fontanges, der Geliebten Lud⸗ 
wigs XIV., in Unordnung gebracht hatte, ließ fe ihn durch ein Band wieder bes 
feftigen u. fügte Zierratben von Blättern hinzu, was dann Mode warb. 
Fontenat, kleines Dorf im Bezirke Auxerre des franzöflfchen Departements 
VYonne mit 300 Einwohnern. Schlacht der Söhne Kaiſers Ludwig des Frommen 
am 25. Juni 841 gem ihren Bruder Lothar über die Nachfolge im Reiche, 
Sontenelle, Bernhard le Bovier de, frangöftfcher Akademiker u. Literat, 
eboren zu Rouen den 11. Hebruar 1657, wo fein Vater Aovocat u. feine Mutter 
ne Schwefter des berühmten Corneille war. Er flubirte bei den Jeſuiten und 
bewahrte für diefen Orden während feines ganzen Lebens eine liebevolle Anhaͤng⸗ 
lichkeit. Wie fein Vater, wollte audy er Rechtsanwalt werben u. widmete ſich 
daber mit Eifer der Jurisprudenz. Als er jedoch den erflen Prozeß verlor, faßte 
er unwillig eine Abneigung für die Gerichtöfäle u. gab ſich der Philofophie u. 
den fchönen Wiffenfchaften bin. Im 17. Jahre begab er fi) nad Paris und 
veröffentlichte 1674 feine erften Berfuche in Eleinen Gedichten für ven „Mercure 
galant.« Sie fanden beifällige Aufnahme, u. dieß ermutbigte ihn, nach 3 Jahren 
® mit den Opern »Psyches u. »Bellörophons hervorzutreten. Ste erfchienen unter 
Eorneilled8 Ramen 1678 — 79. Borzugsweife aber verfchafften ihm 1683 vie 
»Dialogues des Mortss literarifchen Ruhm. In die Akademie warb er 1691 
aufgenommen, 1697 zum Secretär derſelben ernannt, und legte diefe ehrenvolle 
‚ Stelle nady einer langen Reihe von Jahren, feines hoben Alterd wegen, 1740 
nieder. Obgleich er von Natur einen flarfen Körperbau befaß, erhielt er ſich 
gleichwohl durch die firengfte Maͤßigkeit ſtets ‚gelunb, Ib dag er nie in feinem 
eben eine bedeutende Krankheit erlitten -und fein Alter bis auf 100 Jahre ver: 
längerte. Selbft fein Tod war ganz leicht, mehr ein fanftes Entfchlummern, 
dem nur eine Abnahme des Geſichtes u. Gehöres voranging. Der 11. Januar 
des Jahres 1757 war fen Todestag, fo daß gerade nur ein Monat fehlte, 
um das 100. Lebensjahr gar voll F machen. Die Heineren Gedichte im »Mer- 
cure galant« pflegen fich gemeiniglidy nicht in der Sammlung feiner Schriften zu 
finden. Die Tragödie »Aspar« ward 1680 zum Erftenmale aufgeführt. Bedeu⸗ 
tendes Aufſehen machte für die damalige Zeit das Werf »Entretiens sur la plu- 
ralitö des mondess, Paris 1686, deſſen Hypothefe freilich jest nicht mehr Gel⸗ 
tung bat, aber wegen der leichten Darftellungsgabe einer trodenen philofophifchen 
Lehre noch immer ſchätzbar iſt. »Reflexions sur la poötique du theatre et du 
theatre tragiques; »Histoire du theatre frangais jusqu’a Corneille, avec la vie 
de celui-cis; „Poösies pastorales avec un discours sur l’ecloque, ou une 
digression sur les anciens et les modernes« , Paris 1688; »Memoires de 
l’Academie des sciences,“ von 1699-1740, gab er als Secretär heraus, worin 
die Eloges der Akademiker, von ihm verfaßt, ſehr geiftreidh aufgefaßt find. Yür 
die Mathematif gab er einen Beitrag mit jeinen »ölemens de geometrie de l’in- 
finie, 18275 ſowie al® Anhänger der cartefiichen Philofophie »Theorie de tour- 
billons cartösiense, 1752. Mehre Trauer- und Luftfpiele. Die »Histoire des 
Oracless würde ihm durch den Verdacht der Kreigeifteref fiyerlich Verfolgung 
zugezogen haben, hätte nicht der Meifter d'Argenſon nody rechtzeitig die Anklage 
des P. Tellier unterbrüdt. Nach feinem Tode erſchien »La republique des phi- 
losophes ou histoire des Ajaciens«, 1776. Seine gefammelten Werfe wurden 
mehrmald aufgelegt: die Haag’er Ausgabe, 3 Bde. Fol., 1728 u. 1729, 4., 
mit Kupfern von Picart. Bolftändiger: Paris 1818, 3 Bde. Sein Leben bes 
ſchrieb Trublet »M&moires pour servir à l’histoire de la vie et des ouvrages de 
Mr. F.«, Amfterbam 1761. Cm. 
Fontenoi, Dorf in ver belgijchen Provinz Hennegan, Baht Louunan, UL 





dornlevraud Boote —n 238" 


000 cinwohnem. S 12. Mat 1745 (im d icht 
—* dv) a 00 dot anzoſen — ch) 33 
000. Engländern, I — und — 
‚ad von Ednigsec u. dem SHerjoge vi 


mie 8 
lieben aber an ni ta ‚chem —* gt 
——— fie 40,000 en gt in Sl 
* Der we ee franpöfl Seite betrug 


—— Ebraldobrunnem, ein U im 12 

«, an den Grängen von Bolton gi. Anjon de Bean Y berühmt burd, den 
(Ordo Fondis Ebraldi), weichen Doctor von Abrif el in der Bretagne 
21106) Dafeioß ericee, und aus Dem mehre Orb n. 

Ban de obe —* Theologie a At eis ab fich in die Wald⸗ 


Naasıer * 
foutisislien ( ein welches in Rom 
g In a 0 Bud se er —S Er Ara Bi 
umen 
den gan Gans —— Geſchaͤftsbetriel —X des 


—— — 
u. 
— —— er fen Be a auf das — 
kbernahm er das Sagmartet-Zrater nu KR hier feine 
1“ Dartellungen em befannter —e ache ü. le 
Id na — ſo daß —E a ahnen — was 
—— —— iblitum einlud, jeben 
n auf feinem Heinen Theater um den — Shee zu irinfen, 
Senbung seen, Bl Se’ fd, ie irk2 ung Can 
wenbum; gr Ih au X —— nad a! 


and, md fpielte nun abwechfelnd tn in und a 
ſeit fat audy fein „Wutor“ u. der Eich in welch Iehterem Gtöde 

m an den Pranger ee — fl Dr er den „Raliban der Literas 
vannte, Außerdem wei n two Kr? — ihm 
Pfd. St. einbrachte, ' von als 


nen Stücken nody auf ten hat. en a Beim 


7 


254 | Forbin — Foreellini. 


bewogen, unter einem milderen Himmel Erholung zu ſuchen. Er wählte hiezu 
das fünliche Frankreich, farb aber ſchon auf der Hinrelfe zu Dover, 21. October 
1777. Seine fämmtlichen vramatifchen Werke erſchienen London 1778, 4 Bde.; 
ebendaf. 17 2 Boe.; deutfch Berlin 1796— 98. 4 Bde. 

Forbin, 1) Touffaint de, befannter unter dem Namen Earbinal Janfon, 
flammte aus einer geachteten provengalifchen Familie, u. erwarb fid) durch ver: 
chiedene, zur Zufriedenheit Ludwigs XIV. ausgeführte, Miffionen das Bisthum 

eauvatd. Johann Sobieskt (f. d.), dem er zur Erlangung der polnifdyen 
Koͤnigskrone bedeutende Dienfte geleiftet hatte, empfahl ihn zur Würde eines Gar- 
dinals. Als foldher war %. zugleich Se äftöträger feines Könige am römifchen 
Hofe und vermittelte durch den Vergleih vom Jahre 1693 die Streitigkeiten, 
welche die Berfammlung ber franzöflichen Geiſtlichkeit 1682 erregt hatte. Nach 
feiner Rüdfehr von Rom wurde er Großalmofenier u. ftarb 1713. — 2) %. Name 
einer alten yprovengaltfdhen Adelsfamilie, welche fpäter in pie gräflidyen Fa⸗ 
milienlinien: F., 8. des Iſſarts u. F. Janſon zerfil. Merkwuͤrdig find: 
a) F. (Claud e) geboren 1656 zu Gardane bei Wir in der ‘Provence; dieſer 
entfloh feinen Eltern, um ſich zu einem Oheim, der Schifföcapitain war, zu bes 
geben, und that fidy zur See bald fehr hervor, machte unter den Mousquetairs 
einige Belagerungen zu Land u, das Bombardement v. Algier unter Duquesne 
mit, ward Schiffölieutenant, ging dann mit der Erpebition, die den König von 
Siam zum Chriſtenthume befehren follte, dahin, ward flameftfcher Admiral, kehrte 
1688 zurüd u. ward, obſchon aus der Ranglifte geftrichen, wieder angeftellt; er 
riff 1689 mit Jean Baert mit 2 Schiffen von 6 u. 24 Kanonen 2 englifche 
egatten an, warb zwar, um fein Convoy zu retten, gefangen, entkam aber der 
at u. wurde deßhalb mit feinem Gefährten Jean Baert (ohne den er es nicht 
werden wollte) Schiffdcapitain, zeichnete ſich nun noch ferner aus, befehligte 
1692 ein Echiff bei la Hogue, 1693 bei Lagos, 1696 vor Barcelona zu Anfang 
des fpanifcyen Succeffionsfrieges eine Escadre im adriatiſchen Meere gegen Ber 
nebig, 1706 eine folche von 8 Schiffen gegen die englifche Handeldmarine in Weſt⸗ 
Indſen, u. dann 1706 und 1707 in den norbifchen Meeren, und nahm bier 180 
englifche, holländifche u, daniſche Schiffe, ward deßhalb Chef d'Escadre u. Graf. 
In Ungnade gefallen, zog er fich nach feinem Lanphaufe bei Marfellle zurüd u. 
ftarb 1735. b) v. F. Couis Nicolas, Bhilippe Augufte, Graf), geboren 
1779 zu La Rogue, nahm Kriegedienfte, war bei der Belagerung von Toulon 
u. wurde bier mit dem Maler Granet befannt, der ihn in Davids Schule unters 
brachte ; er ging nachher nad) Italien, wo er bis 1803 verblieb, machte dann 
als Offizier mehre Feldzüge in Deflerreich, Bortugal u. Spanien mit und lebte 
1809 — 14 in Rom. Im darauffolgenden Jahre ward er Generaldirector des 
Pariſer Mufeum’s, reiste 1816 nach dem Driente u. Sicilien, u. erbtelt nach ſei⸗ 
ner Rüdfehr die Inſpektion aller Kunflanftalten Frankreichs; er fchrieb 
das Vaudeville Sterne ou le voyage sentimental, den Roman Charles Barimore, 
Paris 1810, 4. Auegabe 1823, 2 Bbe., 12.5; Voyage dans le Levant en 1817 
ot 1818, Paris 1819, deutfch mit biftorifchen u. geograpbifchen Bemerkungen von 
F. L. Rammftein, Prag 1623 — 25, 4. Lief., Souvenirs de la Sicile, ‘Paris 
1823, deutfch Jena 1823 u. m.a. Den Wufeen im Palaſte Luremburg und zu 
Verſailles gab er eine andere Geftalt; er lieferte auch mehre gute Gemälde, „ 
Forcellini, Egidio, italienifcher ‘Philolog u. Lericograph, geboren im Bes 
netlanifchen in einem Dorfe bei Feltre 1688. Bet ſchon vorgerüdtem Alter ſtu⸗ 
dirte er in Papua, wo der berühmte Facciolati fo anregend auf feine Talente zu 
wirken wußte, daß er fi mit unermüdlichem Fleiße dem lateinifchen Sprachftu- 
dium widmete. Mit welchem Erfolge dieß geſchah, gebt aus dem ehrenvollen 
Aufirage feines Lehrers u. Freundes hervor, der ihn einlud, in Verbindung mit 
ibm von Calepins Lericon eine vermehrte Ausgabe zu veranftalten. Diefe 
Borasbeit begeifterte die beiden Gelehrten zu dem Vorhaben, ein umfaflendes 
#ertcon über ba8 lateinifcye Sprachſtudium abzufafen. m vieie Jet erhielt €. 


Ä Forchheim — Forli. 2 


euen Ruf nach Geneva als Director des Seminars, und verzögerte daher das 
Unternehmen. Indeß wurde er 1731 wieder für Padua gewonnen und erfreute 

sc der befonderen Gunſt des Bifchofs, Cardinals Rezzonico. Nach langjährigen 

Sorjchungen erfchlen das große Wörterbuch in 4 Follobänden zu "Padua 1771 
unter dem Titel: Aegidii F. totius latinitatis lexicon consilio et cura Jac. Fac- 
ciolati. Lebterer leitete bloß die Arbeit; der eigentliche verfafie blieb F. Zwar 
iſt darin auf alte Latinität mehr Rückſicht genommen, als in Gesner's Thesau- 
raus, aber der Sprachgebrauch u. die Bedeutung der Partikeln iſt ziemlich unge⸗ 
nügend behandelt. 1805 erſchien eine Editio locupletior: allein der Zufäße find 
fehr wenige u. höchſt unbedeutende, der Drud dagegen fchlechter, ald bei der er- 
ken Auflage. Wohl aber if der Appendix, Padua 1816 Fol., mit 5.6 Bild» 
ziß, als ſchätzbarer Nachtrag für beide Ausgaben u. als nothwendige Ergaän⸗ 
jung zu betrachten. Cm. 

Forchheim. alte Stadt u. früher Feflung im banerifhen Kreife Oberfran⸗ 
fm, an der Einmündung der Wiefent in die bier fchiffbare Regnig, mit 3600 
Einwohnern, welche blühende Gewerbe (19 Schneivemühlen, Salpeters Bottafchens 
Siederei, Bulvermühle, Kutſchenſabrik, Spiegelpolierwerk, Eifenhammer) u. Hans 
del mit Vieh, Getreide u. Obſt treiben. — In der Nähe die Jägersburg mit 
Gemälde- u. Kunftfammlung. — F. war ſchon zu Karld des Großen Zeiten ein 
namhafter Ort; man fabelt fogar, daß Pontius Pilatus bier geweſen ſei. Kai⸗ 
fer Karl hielt hier einigemal Oftern; Lothar 871 u. Arnulf 899 einen Reichstag. 
Die Abtei gehörte früher zum Stifte Haug, feit 1002 zu Würzburg, feit 1017 
zı Bamberg, daher aud) die ganze Stadt unter dem Bisthume Bamberg fand. 
1097 wurde bier auf einem Reichstage Kaiſer Heinrich IV. entſetzt und Rudolf 
von Schwaben gewählt; am 7. Auguſt 1796 f egten bier die Franzoſen über 
die Defterreicher im franz. Revolutionskriege. Die Werke wurden noch 1791 
audgebefiert, aber feit 1838 ift die Feſtung von Militär verlaffen und ohne Com⸗ 
mandanten, doch follen Wälle u. Gräben erhalten werben. — %. fam 1802 mit 
Bamerg an Bayern. 

Forelle, ein zum Salmen- over Lachsgeſchlecht gehöriger Fiſch, der faft in 
allen Gegenden der Erde in Falten, fchattigen Kiefelbächen in bergigen Waldges 
genden lebt, aber auch zuweilen in Seen und Leichen fidy findet. Man unter- 
ſcheidet mehre Arten, namentlid: die gemeine %., bei der man wieder einen 
Unterſchied zwifchen der Teich- und der Lachs-F. macht; fie wird etwa 1 Fuß 
lang und + bis 2 Pfund ſchwer; ferner die Lachs-F., die über 2 Zuß Ian 
wird u. ein Gewicht von mehr als 6 Pfund erreicht. Die erfte wird nur frif 
verfpeist u. nur lebend In geringe Entfernungen verfandt; die Lachs⸗F. dagegen, 
welche eigentlich ein Seefiſch ift, und nur in die Flüffe kommt, um zu laichen, 
wird eingejalzen u. geräuchert verfendet, wie der Lachs, mit dem ihr Fleiſch viel 
Achnlichkeit hat, aber ihn an Zartheit nody übertrifft. An den fehottifchen Kü⸗ 
ften wird fie häufig gefangen u. eingefalzen in großer Quantität verfchidt, bes 
fonders nady Franfreih. Im Genfer» und Bodenfee fängt man ebenfalls fehr 
gute Lachs⸗F.n, welche ſowohl marinirt, als geräuchert verfendet werben. Die 
bet Gonftanz gefangenen heißen Sangfifche. 

Forenfer (vom lateinifchen forum), heißen Soldye, weldye Grundſtücke in 
einer anderen Zlur (Marfung) befigen, ald da, wo fle ihren Wohnfts haben. Der 
F. verlegt in dem Lande, wo er bloß Grundſtücke beflgt, die Gefepe nicht, wenn 
er anderswo etwas Verbotenes thut, was mit diefem Befige in feiner Bers 
bindung fteht. 

Forli (da® alte Forum Livii, fo agenahnt von Livius Salinator, der es 
nad) dem Siege über Haddrubal am Metaurus gründete), gut gebaute Haupt⸗ 
fladı der gleichnamigen 2egation im Sirchenftaate, an der Via Aemilia, zwifchen 
den Flüſſen Ronca u. Montone, hat einen ausgezeichnet fchönen Marktplatz, viele 
merkwürdige öffentliche u. Privatgebäube, iſt Si eines Biſchofs, einer Univerft- 
tät, Mabemie der Wiſſenſchaften u. zählt 17,000 Einwohner, — Im Mittelalter 





256 Form — Formoſa. 


war F. eine freie Stadt, kam aber bald in den Befitz der Malateſti u. Ordelaffi 
von Faenza u. Bologna. Rady ben Kämpfen der Guelfen und Ghibellinen, der 
Argogliofi u. Calboli, der Rumagli u. Moratini, nahm Gäfar Borgia und nach 
ihm Sulius I. F. 1503 in Befit. — Unter den Kirchen verdienen die Kathes 
drale, fodann ©. Filippo u. S. Girolamo wegen mehrer werthvollen Gemälde u. 
Kunſtſchätze befonders Erwähnung — F. iſt die Baterfladt des Dichters Gallo, 
des Aftrologen Bonatt, des Geſchichtſchreibers Biondo, des Philoſophen Maſ⸗ 
furto, des Dichters Anderlint u. des Arztes Morgagni, — In der Nähe 
Salto, mit den Ruinen eined Tempels des Jupiter u. der Juno, u. Forlim⸗ 
popolti, das ſchon Plinius kannte. 

Form (lat. forma), Bild, Ginfleidung, Geſtalt, im Gegenfabe zum 
Stoffe, ver Materie.cf. d.), bezeichnet im Allgemeinen die Geſammiheit der bes 
fimmten Berhältniffe, in denen ſich ein Gegenftand der finnlidhen Anfchauum 
dann aber überhaupt Alles, was einer Geftaltung fäbig if, darſtellt. So fpricht 
man 3. B. von Formen des Verſtandes, ald den Begriffen, welche die Verhält- 
niffe der Grfcheinungen bezeichnen; fo find gif und Rathematik (f. dv.) 
formale Wiſſenſchaften, da erftere ſich mit den Berhältniffen der Begriffe, letztere 
mit denen der Größen befchäftigt. — In der Kunft dasjenige, was die Gegen⸗ 
fände für das Geſicht umd Gefühl unterfcheivet, der Gedanke alfo in der Ans 
ſchauung, oder die Idee in ihrer Berförperung. Die F. iſt das finnliche Ele⸗ 
ment ded Schönen, deſſen einheitliche Verbindung mit dem idealen Elemente das 
eigentlich Schöne bevingt. Ausführlichered darüber enthalten die Artikel: Ae ſt⸗ 
hetit, Ideal u. Idealiſiren, Individualtfiren. In der zeichnenden und 
bildenden Kunſt if F. der Umriß eines Gegenftanves überhaupt, wie feiner 
einzelnen Theile, oder auch die äußere Beftalt eined Erzeugniſſes dieſer Kunſt, in 
eng auf die erwähnte einheitliche Berbindung, als das Prinzip der Schön- 
beit. In den redenden Künften heißt 5. die Einkleidung, das gewählte Vers⸗ 

maß, die Ausbrudeweife u. f. w., genau dem Gegenflande entfprechenn, und in 
der Tonkunft nicht fowohl der Bau einer Bompofition an fi), ale die Ber 
bindung des Mannigfaltigen zur Einheit, bei einer durchherrſchenden Hauptidee. 
Unbeftimmibeit der F. wieverfpricht daher dem Begriffe des Schönen und if ein 
weientlicher Fehler des Künftlers. — In gewifien Künften und ®ewerben nennt 
man aber $.en auch jene inwendig hohlen Werkzeuge, weldye der, ihnen mitges 
theilten, flüffigen u. fpäter erflarrenden Maſſe die neohfichtigte Geſtalt (F.) geben, 
worüber zu vergleichen find: Abguß, Bildgießerei, Movdell. 

Formalien oder Formalitäten, Foörm lichk eiten, find Dinge, welche bloß 
auf die Form Bezug haben, alfo nicht weientlidy find. Daher: Kormalifiren, 
4) die Körmlichkeiten beobachten, Umſtände machen; 2) fi) formalifiren, ſich 
über Etwas aufhalten, etwas übel nehmen. Kormalift, der an der Form, am 
Aeußern hängt. For malism us, :bloßed Berüdfichtigen formaler Erforbernifle 
im Denken u. Handeln. 

Formel (formula). 1) Ein vorgefchriebener, allgemein gebräudhlicher Aus⸗ 
drud für einen beftimmten Kal, ein praftifcher Sat, der für alle Fälle, in denen 
Etwas geihan werden fol, zureicht; ein Inbegriff folder Fen heißt Formular; 
2) der, tn allgemeinen Zeichen, Buchflaben, gegebene Werth einer aus mehren 
andern zufammengefehten Größe. Man unterfcheivet algebraiſche, analytifche, tris 
gonometrifche u. a. %.n, je nachdem fie in der Algebra, Analyfig, Trigonometrie. 
u. ſ. w. begründet find. 3) Chemiſche F., die Art, durch Zufammenftchung 
Semitoer Zeichen die Beftandtheile eines Körpers zu bezeichnen ; 4) %.-Bücher, 

ſter zu fchriftlichen Rechtögefchäften; die neuere fchwierige Verwaltung des 
Rechts bat zur Aufftellung einer Unzahl derfelben geführt. _ 
—— ſ. Sprachlehre. 
ormofa, Inſel im chinefiſchen Meere u. Provinz des Kaiſerthums China 
mit 1062 [J Meilen, in der Mitte von einem Gebirge durchzogen, weſtlich den 
— Chineſen unterthan, oͤſtlich einem freien Volle (das jedoch auch weſtlich einige 


— * 
— — — 


Formoſus — Forskal. | 237 


Bohnpläge hat) gehörig, hat viel, aber ungeſundes Wafler, große Häfen, heißes 
Klima, viele Erobeben, ift reich an Getreide, Obſt, Süpfrüchten, Palmen, Tabak, 
Zuder, Gewürz, vielerlei Thieren (Affen, Schuppenthiere, er Rashorn- 
rögel, PBarabiesvögel, Fiſche); die Einwohner der öftlichen Seite find wenig bes 
fannt, die der weftlichen geben Tribut, haben chinefifche Obrigkeit, doch noch 
tigene Berfaffung, Gebräuche u, Religion, fprechen eigene Sprachen; ihre Zahl 
m unbefannt; der hier wohnenven Chineſen follen 50,000 fenn. %. wurde 1640 
von den Holländern, 1661 von einem chineflfcyen Seeräuber, 1683 von den Ehi- 
neien befeßt, die eine Befagung von 10,000 Mann darauf halten. Haupts 
ſtadt Taiwanfu. | 

Faormoſus, Papft, vor feiner Erwählung Bifchof von Porto, wurde gegen 
ie bisherige Gewohnheit, die feinem Bifchofe geftattete, feinen Sig zu wechſeln, 
891 auf den päpftlichden Stuhl erhoben, und verwaltete die Kirche faft 5 Jahre. 
Bapft Johannes VII. hatte ihn in einer zu Rom gehaltenen Synode ver- 
dammt, nad Frankreich verwiefen u. ſchwören laffen: „daß er weder nad) Rom 
jemals, noch in fein Bisthum zurüdfchren wollte.“ Dielirfache diefer Ausſchließung 
it nicht ficher bekannt; es werden deren verfchiebene angegeben. Bapft Martin 
jedoch hat den 5. vom Kirchenbanne Iosgefprochen, und hiedurch hört von felbft 


! die Brage: ob er habe nach Rom zurüdfehren u. Papſt ſeyn können, auf; denn 
‚ mit der Loßfprechung vom Kirchenbanne war aud) die Losſprechung von der Ber: 


bindlichfeit des, wie man vermuthet, wienerrechtlich ihm abgedrungenen, Cides⸗ ver⸗ 
bunden. — Mehrere griechifche Bifchöfe hatten den Bapft Stephan VL gebe 
ten, Die von Photius ordinirten Geiftlichen wieder auszufühnen. %., als Nach⸗ 
folger des Papſtes Stephanus, nahm die Sache in Berathung, willigte in 
ihre Wiederaufnahme zu dem Kirchen-Frieven, aber nur zur Communion der Laien 
ein, jedoch unter der Bedingniß: daß fie fchrifttich befannten, gefehlt zu haben 
u. teumüthlg um Vergebung bitten und verfprechen würben, nicht mehr zurüdzus 
fallen. Ob Photius damals noch lebte, oder nicht, ift unbekannt ; denn nad) 
feiner legten Ungnade fehlen alle Nachrichten von ihm. Gr mag nun gelebt ha⸗ 
ben, oder nicht: Papft 5. ftieß ihn von Neuem auf ewig und unmwiderruflid, aus 
der Gemeinfhaft. Noch furz vor feinem Tode, im April 896, fehte 5. dem Kö⸗ 
nige Wrnulph die Kaiferfrone zu Rom auf. Die Urtheile über den Papft F. 
find gerabe einander entgegengefeßt; die @inen halten ihn für böfe, weil er früher 
kin von einem Papſte in Bann gelegt worden war, wider die Ordnung fein 
Bisthum verlaſſen u. ſich auf den päpßlichen Stuhl habe erheben laffen; Andere 
rühmen ihn als einen großen u. heiligen Mann, der in feinem Leben, ob er ſchon 
0 Jahre alt geworden, feinen Wein getrunfen, fein Fleiſch gegefien habe, ein 
vollfommenes Muſter der Keufchheit u. Enthaltfamfeit gewefen je. Er farb am 
Dfertage im Jahre 896. 
Sr chneidekunſt (f. Holzſchneidekunſt). 
orſell (Karl von), geboren 1783 in Weſt⸗Gothland; Zögling der Akade⸗ 
mie zu Karlöberg, nahm felt 1803 an der Landesvermefiung Theil, gehörte zu 
den Berfchworenen, welche 1809 die Entihronung Guſtav's IV. berbeiführten, und 
mard von Anlerfparre mit wichtigen Sendungen beauftragt, wurbe Adjutant des 
Prinzen Chriflian Auguft, 1810 Maior ded Ingenieurcorps, Adjutant Berna⸗ 
dotte's, 1813 Obriftlieutenant, 1824 Obrift u. Oberbirector des ſchwediſchen Ge⸗ 
neral» Landvermeflungs Bureau; er verfertigte mehre, nady eigenen Bermeflungen 
berichtigte, Karten von Schweden und Norwegen, nahm einen Plan von Stod» 
holm auf u. fchrieb eine Statiftif Schwedens (Stodh. 1830, 3. Aufl. 1836). 
Forskal (Peter), geboren 1736, ein Schwede u. Schüler Linné's, begleitete 
Garften Nlebuhr auf deſſen Reifen nady dem Driente, durdygog mit ihn Aegypten 
u, Arabien, wo er zu Dfcherim 1763 farb. Aus feinem Nachlaſſe gab Riebuhr : 
Fiora aegyptico-arabica (Kopenhagen 1775, 4.) ; Descriptiones animalium etc. 
orientalium (ebend. 1775); Icones rerum memorab. quas in itinere orientali de- 
Seolencpclopadie. IV. Ar 


258 Ä FVorft — Forſter. 


pingi curavit (ebend. 1776, Fol.) heraus; den botaniſchen Theil gab berichtigt her⸗ 
aus Vahl (Kopenh. 1790—Y4, 3 Thle., Fol.). 

Forſt bezeichnet im weiteren Sinne eine, mit Holz bewachſene und aus 
mehren Waldtheilen beſtehende Fläche; im engeren Sinne aber einen, zum Behufe 
der Berwaltung beflimmten, Bezirk von einzelnen Waldungen u. Sagpdfluren. In 


dem letzten Sinne gebraucht man es bald für einen kleineren Wirhfchaftsbezirl 
(Forftrevier, Revterforft), bald für einen größeren, aus mehren Yorftrevieren bes 


: ftebenden, Infpectionds oder Controlbezirk (Forſtamt, Oberforft, Oberförfterel, Korfts 
. Infpeetion). Die Bezirke beider Gattungen müflen einen ſolchen Umfang haben, 
daß fie ein Beamter von den erforderlichen phyſiſchen u. Öeißedeigenfohaften, ohne 
die Außerfte Anftrengung feiner Kräfte, die fonft frühzeitig erfchöpft werben, ges 
hörig u. inſtructionsmäßig verwalten kann. Es ift nicht ausführbar, diefen Bes 
zirken eine ganz gleiche Öröße u. Ausdehnung zu geben, fonvern biete muß nady 
der Oertlichkeit, nämlich nady dem Zufammenbange der einzelnen Walddiſtrikte, 
oder nad) ihrer Sfolirung, nad) gebirgigem oder cbenem Terrain, nad) der mehr 
oder minder fchwierigen Waldwirthſchafts⸗Methode, nach der Theilung und Bers 
ſchtedenheit des Gigenthums, nach den befonderen Rechtöverhältnifien und Laften, 
welche auf den einzelnen Wäldern haften, u. endlich nady dem mehr oder minder 
einfachen Gefchäftögange des Landes monifichtt werden. Man kann daher bei Auf⸗ 
ftelung allgemeiner Grundfäge nur ein Marimum und Minimum der Größe an⸗ 
nehmen, über welche hinauszugehen unklug u. nachtheilig feyn würde. 

Forſt, Dorf im Canton Dürkheim, in der bayeriichen Nheinpfalz, mit etwa 
1000 Cinwohnern und gutem Weinbau. Hier wird die fehr befannte Sorte For⸗ 
ſter, namentlich der dunkle F⸗Traminer, aus der Traminertraube gezogen. 

Forſtakademie heißt eine wiſſenſchaftliche Anſtalt zur Bildung von Forſt⸗ 
beamten in iheoretifcher u. praktiſcher Hinfiht. — Die erfte F. wurde zu Ilſen⸗ 
burg in der Stolberg’jchen Grafſchaft Wenigrode gefliftet; unter den jept in 
Deutfdyland beftehenden genießen den vorzüglichften Ruf die zu Dreißigader, Tha⸗ 
rand, Eiſenach, Karlsruhe, Neuſtadt⸗Eberswalde u. Wien. 

Forſter, 1) Frobenius, geboren zu Königsfeld in Bayern den 30. Aug. 
1709, ſtudirte zu Freyfing u. Ingolſtadt, wurde 1728 Benedictiner zu St. Eme⸗ 
ram in Regendburg, 1735 Profi fior der Philoſophie in diefem Stifte, 1744 Pro⸗ 
feffor der Philoſophie auf der Univerſität Ealzburg, u. kehrte nach 3 Jahren in 
fein Stift wieder zurüd, lehrte dortſelbſt Philoſophie und Eregefe, wurde 1750 
"Prior des Etifted und 1762 zum gefürfteten Abte deffelben erhoben. Im Jahre 
1791, den 12. October, flaıb er. Er war ein, alles Gute, vornehmlich wiſſen⸗ 
ſchaftliche Bildung eifrig befördernder Mann, u. felbft ein einfichtsvoller Gelehr⸗ 
ter, wovon unter Anderem fine Ausgabe der Werfe Alcutns in vier Koltobänvden 
(Regeneb. 1777) zeuget. S. Schlichtegroll, Rektol. 1791, Br. 1, S. 221— 
2385 Weftenrieder’d Beiträge zur vaterländifchen Hiſtorie — 2) F. Joh. 
Reinhold), Profeſſor ver Raturgefchichte in Halle, geboren zu Dirfhau in 
Weftpreußen 1729, flubirte zu Berlin und Halle neben der Theologie vorzüglich 
Sprachen, Philofophie, Länder: u. Völkerkunde, u. wurde 1753 teformirten rer 
biger zu Raffınhuben, unmelt Danzig. Getrieben von dem Wunfche nad) einem 
größeren Wirfungsfreife, verließ er nach 12, für feinen rafllofen Geift töbtlich 
langweiligen, Jahren diefe Etelle, begab ſich nad) Rußland u. unterfuchte 1765 
auf kaiſerlichen Befehl das Colonieweſen zu Saratow an der Wolga; 1766 reiste 
er von Et. Petersburg nady England, u. ward in demfelben Jahre SBrofeffor der 
Naturgefchichte, wie auch der franzöflichen u. veutfchen Eprache auf der Diffenter- 
Alademie zu Warrington in Lancafhire. Schon im folgenden Jahre legte er dieſe 
Stelle nieder, wurde Epradhmeifter u. lebte daneben von literarifchen Arbeiten. 
Gegen Ende des Jahres begab er fidh nach London, u. von 1772 bie 1775 bes 

leitete er al8 Raturforfcher den Seefahrer Cook auf feiner zweiten Reife um die 
eit. Diefer Retfe verdanken wir die ſchaͤddaren Nachrichten u. Unterfuchungen, 
tie auch beten tiefgefchöpfte Refultate, die im ver, unter \dned Sahneb Kamm 


Forſter. | 259 


krau@gelommenen Voyage round the world (London 1777, 3 Bände, 4., deutfch 
2 Bde., Berl. 1779, 4, audy in drei Detarbänden ebend. 1784); in den Obser- 
vatıons made during a voy»ge round the world (Lond. 1778, 4.; deutſch Berl. 
1783, 8.) u. in dem Werte: Characteres generum plantarum, quas in itinere 
sd insulas maris australis collegit etc. (Rond. 1776, 4A.) enthalten find. Die Bes 
Mnaungen, unter welchen F. diefe Reife machte, waren fehr vortheilhaft: allein 
die Mißhilligkeiten, in welche er nady feiner Rüdkunft mit Lord Sandwich gerieth, 
brachten ihn um die aehofiten Belohnungen. Seine Lage war nun hödft traurig 
und er mußte feibft einige Zeit in London, Schulden halber, im Gefängnifle zus 
bringen. Endlich fam er 1780 als Profeſſor der Naturgefchichte nady Halle, ers 
bielt 1781 zugleich die mediziniſche Doctorwärde u. ftarb den 9. December 1798, 
8. zeichnete ſich durch Thätigkeit, Erfahrung u. Dienftfertigfeit fehr aus. — Er 
verftand 17 Lebende Eprachen, u. redete u. ſchrieb viele derfelben mit Yertigfeit. 
Sein Aeuß⸗res kündigte Größe u. Eihabenheit an. Sein Geift weidete ſich gern 
an allgemeinen Anfichten, an Ueberdenkung der Abſichten, an Betrachtung des 
Großen in der Natur, weniger an deminzelnen, u. nur, um es zu B.frievigung 
jener Reigung u. zu Aufipürung höherer und allgemeiner Beziehungen zu nügen. 
Außer feinen fchon genannten Schriften verdienen noch folgende Erwähnung: 
Liber singularis de Bysso Antiquorum (2ond. 1775, 8). Bon Berbefferung ber 
Sobgerberei (Halle 1731, 8.); Geſchichte der Entdedungen und Scifffahrtn in, 
Korden (Franlf. a. d. O. 1784, 8.), ein Werf voll der ächteſten Gelehrſamkeit, 
wie fie die eilige Schriftftellerei unferer Tage nicht mehr erfcheinen läßt. Endlich 
wurde von ihm eine Menge von Ueberfegungen von Reifen, vorzüglid für das 
von ibm angelegte Magazin von merkwuͤrdigen Reifebefchreibungen (Berl. 1790 — 
98, 16 Bde., 8.) bearbeitet. — 3) F. (Johann Georg Adam), Sohn des 
Vorigen, geboren 1754 zu Naſſenhuben bei Danıtg, von feinem Vater ohne Hülfe 
einer Schule und Univerfität unterrichtet u. gebildet, begleitete denfelben im 11. 
Jahre nad) Rußland, u. im 12. nach London. Hier folte er Kaufmann werden; 
da er aber erfrankte, fo begab er fidy zu feinem Vater nad Warrington, ſetzte 
Dafelbft feine Studien fort, überfehte mehre Schriften aus dem Deutfchen in’s 
Englifche u. ertheilte zugleich Unterricht im Deutfchen u. Branzöfifchen. Noch nicht 
16 Jahre alt, ‚wollte ihn Dalrymple, den die oftindifche Compagnie zum Gou⸗ 
verneur eines Ktablifjementd auf der Infel Balambangan, unweit Borneo, ers 
nannt batte, mit fid) nehmen. Er verließ deßhalb mit feinem Vater Warrington u. 
fam gegen Ende des Jahres 1770 wieder nady London, wo er auch blieb, als 
jene Reife nicht zu Stande kam, bis er mit feinem Bater im Sommer 1772 nad) 
der Südfee abfuhr. Nach feiner Rückkehr 1775 blieb er in London bis 1777, wo 
er nach Paris reiete. Zu Ende des Jahres 1778 ging er über Holland nad) 
Berlin, ward auf der Reife durdy Kaffel von dem Landgrafen zum Profeſſor der 
Raturgeih. an dem dortigen Collegio Carolino ernannt, welches Amt er im April 
1799 antrat. 1784 folgte er einem Rufe als Profeſſor der Naturgefchicdhte an 
die Univerfität zu Wilna, und 1787 trat er in ruffifche Dienfle, indem er zum 
Geihichtsfchreiber einer Erpedition nach Oſtindien und China ermählt wurde; 
nachdem fie aber durch din Türfenfrieg vereitelt ward, Fam er 1788 als Hofrath 
und Oberbibliothefar nah Mainz Diefe Stelle begleitete er bis 1793, wo er 
nad) Paris ging und die Stelle eines Agent du conseil executif befletdete, aber 
ſchon am 12. Januar 1794 ftaıb, bitter geräufcht in der fchönen Hoffnung, welche 
die franzöflfche Revolution auf den erflen Anblick dem menfchlicdyen Geſchlechte ver- 
ſprach. F. erreichte frühe eine feltine Reife und Vollendung des Geiftes, und 
Deutſchland zählte ihn bald unter feine gefchäßteften und nüglichfien Schriftſteller. 
Kein deuticher Proſaiſt athmet fo fehr den Geiſt freier Kortfchreitung ; Feiner kommt 
ihm audy nur nahe an Weltbürgerlichfeit und Gefelligfeit. Keiner hat in der 
Auswahl der Grgenftände, in der Anordnung ded Ganzen, in den Uebergängen 
und Wendungen, in Ausbildung und Farbe jo fehr die Geſetze und Forderungen 
der gebildeten Geſellſchaft erfüllt und befriedigt, wie er. Rur —8 6 


N 


260 Forſtfrevel — Forſtordnung. 


jein Ausdruck ind Spipfindige und Geſchrobene. Franzoͤſtſche Gleganz u. Popu- 
arität de8 Vortrags und englifche Gemeinnügigkeit vereinigte er mit deutſcher 
Tiefe des Gefühld und des Geiſtes. Die wichtigen Entvedungen in ber Ban 
zens und Thierfunde, die er mit feinem Mater theilt; feine neuen Blide in bie 
Ratur, in das Wefen der Gefchöpfe auf unferem Planeten, in Schriften mitge: 
theilt, welche durdy Zauber der Einbildungdfraft, und durch zartes Gefühl, im 
Bunde mit reinem Geſchmacke und mit edler Würde, zugleich ergöben, ndem fie 
über die intereſſanteſten Gegenſtaͤnde belehren, ſichern Ihm einen immerwährenden 
Ruhm. Außer vielen Ueberfepungen ausländifcher Reifen und den, mit feinem 
Bater gemeinfchaftlich herausgegebenen, Schriften in Beziehung auf ihre Reife um 
die Welt, zeichnen fich unter feinen Schriften vorzüglich aus: Anftchten vom Nies 
derrhein, von Brabant, Flandern, Holland, England u. Frankteich, 3 Thle. Berl. 
1791—94. 8. und feine Heinen Schriften, ein Beitrag zur Voͤlker⸗ und Laͤnder⸗ 
kunde, Raturgefchichte u. Philoſophie des Lebens, 6 Thle. Leipz. 178997. 8.5 
auch Beiträge von fehr mannigfaltiger Art von ihm finden ſich in den gelefenften 
Zeitſchriften — 4) 3. (Beorge), englifcher Reiſender. Vollkommen Meifter 
der orientalifchen Sprachen, die er im Dienſie der oſtindiſchen Compagnie erlernt 
hatte, wanderte er von 1782 —84 als muhammedanifcher Kaufmann von Ben- 
galen nad) Perfien und von hier durch Rußland nady England. Diele höchſt 
ntereffante und, was Geſehenes betrifft, durchaus zuverläffige Reiſe erſchien in 
2 Bänden, London 1798 (deutfch 2 Bde, Züri 1796 — 1800). Er flarb zu 
Allahabad 1792. 

Forfifrevel heißen die Eingriffe in fremdes Waldeigenthum, durch Beichä- 

bigung oder Entwendung von Waldgegenftänden. Da ihr Berbot und ihre Be- 

afung von Par aus der Sicherung des Eigenthums folgt, fo Fönnten bie F. 

merhin nady den allgemeinen Strafgefegen beurtheilt werben, wenn fie nicht zu 
häufig fich, ereigneten, wenn nicht die Umftände, unter welchen fie begangen wers 
den, und manche, freilich zum Theile in Vorurtheilen liegende, Milderungdgründe 
eine befondere Geſetzgebung für fie nöthig machten. Nach dem allgemeinen Grunde 
ihrer Strafbarfeit eignet fich für fie der Name gemeine Etvilforftvergehen, fo wie für 
die Rormen ihrer Beftrafung der Name Eivilforftftrafe, zur Unterfcheidung von 
den Forfipoliget-Bergehen u. dem Geſetze hierüber. Da indeſſen häufig die allge 
meinen mit den pollzellichen F.n factiich verbunden find u. in ginander übergeben; 
ba fie ein und daſſelbe Object, ven Wald, betreffen und in der Regel von der⸗ 
felben Behörbe beſtraft werben, fo if es räthlich, das Strafgel über beide in 
eine Forſtſtrafordnung zu verbinden und diefe im folgenden Abthellungen zu ver 
arbeiten: 1) über die Strafen, womit die F. belegt werden follen (das Gtrafge- 
ſetz an und für fi); 2) über das Verfahren in Korfiftraffachen (die Korfigericht- 
ordnung); 3) über ben Bollug der Straferfenntnifie (Forſtſtraf⸗Vollziehungsord⸗ 
nung). — Die Geſetzgebung u. Regulirung des Forſtfirafweſens bedarf in den mei⸗ 
fien Staaten einer völligen Umbildung, wie, leider, bei einer nur oberflächlichen 
Bergleichung defien, was if und was feyn fol, einleuchtet. Ihre Mängel haben 
den verderblichfien Einflug auf Sittlichkeit, Ordnungsliebe und Wohl des 
gemeinen Mannes gehabt. Auch Fönnen alle Maßregeln zur Erleichterung des 
Holzbezuges keinen Fortgang haben, fo lange nicht eine firengere Beftrafung des 
unrechtlichen Holzbezuges zur Benügung der, für den rechtlichen Erwerb bargebos 
tenen, Gelegenheiten empfänglich macht. 

Forſtordunng iſt der Inbegriff der Borfchriften zur Feſtſtellung und Hand⸗ 
babung des Verhaͤltniſſes des Staates und feiner Angehörigen zum Forſtweſen. 
Die Berfchiedenheit der, dieſem ren II zum Grunde liegenden, Beziehungen 
macht ed nicht räthlich, die Borfchriften hierüber in eine einzige Berorbnung zu 
faffen. Auch hängen viele derfelben zu fehr von Zeit und Umſtaͤnden ab, während 
andere für geil e Stufen der Eultur als fortbauernd angenommen werben können. 
Ohnedieß wird man in Staaten, worin die geſetz lichen Beftimmungen der Zu⸗ 
Rimmung der Landſtaͤnde bebürfen, auch hiernach die F.en trennen, und bie Forſt⸗ 


| 


i 
| 


Forſtpolizei. 261 


wide von ben Forfiregulativen, welche die Staatsregierung allein zu erlaffen hat 
möglichft unterfcheiven. Die, aus der allgemeinen ſtaatsrechtlichen —5— Bat, 
fpringenden, Horftorbnungen bezweden, ven Wald gegen Gefahren und Verletzun⸗ 
gen des Eigenthumsrechtes zu fchüben, auch die Rechte u. Pflichten zu beflimmen, 
welche außerdem noch für den Schub des Waldes nnd feiner Benübung, aus 
Gründen gemeiner Wohlfahrt nöthig befunden werden. Die erfteren find die — 
Forſtſtraf-u. Forſt⸗Gericht s⸗, die andern bie Forſtpolizei-Ordnungen. 
Gine Forſt⸗Organiſations⸗Ordnung hat die Beſtimmung, alle Vorſchriften in 
ch zu faſſen, nady welchen die Behörden u. Stufen des Forſtdienſtes, die Dienft- 
bezirke des Forſt⸗Perſonals gebildet werden, und Anſtellung und Befoldung ver 
Sorfibeamten erfolgen follen. Alle Borfchriften, welche die Staatsregierung für 
vie Berwaltung der Staats» oder Domalnenwaldungen erläßt, gehören in bie 
Berwaltungsordnung der Forſtdomainen. Die näheren Beziehungen, in 
welchen der Staat zu den Gemeinden und. gewifien Körperfchaften fleht, fowte die . 
befonderen Berpflichtungen, welche derfelbe für pie erhaltung ewiſſer Stiftungen 
übernommen hat, bilden die Communal⸗F. . Diefe kann infcheiich alles deſſen, 
was die forfwirtbfchaftliche Behandlung der Waldungen und ber darauf ſich be- 
jiebenden Geſchäfte betrifft, mit der Verwaltungsordnung der Korfldomainen in 
ne For ſh⸗Verwaltungs⸗Ordnung verbunden werden. Außerdem aber gibt 
es dem Forſtdienſte größere Sicherheit und erleichtert den Angeftellten die Gil 
lung ihrer Obliegenheiten fehr, wenn befondere Dienflinftructionen entworfen 
werden, worin für jeden Dienfigrab alle, denfelben insbefondere betreffenden, Vor⸗ 
iriften zufammengeftellt und näher erläutert find. Dem Mangel vollflänpiger 
Dienftinftructionen, fo wie überhaupt einer planmäßigen Zufammenfaffung aller, 
unter einen Geſichtspunkt gehörenden, Verordnungen in ein Ganzes, iſt es zuzu⸗ 
ſchreiben, daß in der Forſtverwaltung der meiſten Laͤnder eben fo fehr über Lüden, 
als über Ueberfluß an Verordnungen geklagt wird, und man des Entbehrlichen 
{ehr Vieles hat, während es oft am Nöthigen fehlt (ſ. die Artikel Forſt⸗ 
Polizei und Korfredht). 

Zorfipolizei. Die F. enthält die Maßregeln u. Beflimmungen zur Bers 
bütung und Entfernung defien, was den albungen fhäplich tft und ihren Zweck 
für die gemeinfame Wohlfahrt beeinträchtigt. Die Rechte und Pflichten, welche, 
wegen der befonvdern Eigenfchaften und Berhältnifie der Waldgrundflüde u. ihrer 
Production, die Staatsbürger und insbeſondere die Waldeigenthümer haben follen, 
bedürfen ausprüdlicher gefeplicyer Beftimmungen und bilden den Gegenſtand der 
F. Diefer liegt ein zweifacher Zwed zum Grunde, deren einer im Befondern die 
äußere Sicherheit des Holzbeftandes und die Unterflügung der Waldeigenthümer 
in den Maßregeln zur Sicherung ihrer forftlichen Betriebfamfeit, der andere bie 
Unterftübung der wirthfchaftlidhen Anordnungen der Waldeigenthümer und deren 
Bereinbarung mit den Anfprüden gemeinfamer Wohlfahrt betrifft. Außerdem 
berührt die Verwendung und Verwerthung ber Waldprodufte infoweit die F., 
als fie für den Forſtſchütz nöthig iſt, oder auf die Holzproduftion und Wald- 
wirthfchaft zurückwirkt. Die F. zerfällt demnach in drei Abtheilungen, nämlidy 
in die Horftficherheitspolizei, die Forſtwirthſchaftspolizei u. die Polizei der Verwen⸗ 
dung und Berwerthung der Korftprodufte Die Beftimmung der Rechte und 
Pflichten der Waldeigenthümer wegen Anftelung und Befoldung des Horftperfos 
nals iſt in ihren Grundzügen geſetzlicher Ratur und gehört mit dieſen ebenfalls 
in die $. Eine %., als allgemeined Geſetz für einen ganzen Staat, darf fich 
nicht in eine fpecielle Feftftellung aller der von Ort u, Zeit zu fehr abhängenden Fälle 
äinlaffen, worin poltzetliche Verfügungen nöthig werden. Site fol aber, um gleichwohl 
dem Bedürfniffe eines gefeglihen Zuftandes zu genügen, die Gränzen 
beftimmen, innerhalb weldyer fich die F. zu bewegen u. nöthigenfall8 durdy Straf- 
androhung Nachdruck zu verfchaffen hat. Sie fol daher für jede Elaffe von Fäl⸗ 
len die allgemeine Norm feftftellen, nach welcher die Polizeiverwaltung dasjenige 
Ginzeine, was fih in gewiſſen Orbnungen zufammenfaflen läßt, nad) dem Be: 


. nachhaltiger Forſtwirthſchaft ftehen im natürlichen Einklange mit der urfprängs 





22 _ Forſtrecht. 


darfe von Zeit u. Ort durch Regulative weiter vorſchreibt. — Der Grundfläche 
eine moͤglichſt hohe Produktion abzugewinnen, oder zu einer und derſelben Maſſe 
son Produlten einer möglichft kleinen Fläche zu bedürfen, gehört zu den erften 
Zwetken der Rutionalöfonomie. Bel der Forſtwirthſchaft fann den Erforderniffen 
hiezu, nach anerfannten Erfahrungen über den Wuchs und die Nachzucht des 
Holzes, in der Regel nur der Waldeigenthümer volfländig und daueınd Ges 
nüge leiften, defien Interefje nicht an die Gegenwart gebunden iſt, am erften alfo 
der Staat felbfl. Je mehr Waldungen in den Händen des Staates find, 
defto wenigere wird man nöihig haben, deſto weniger bedarf es einer Einfchräns 
fung anderer Waldeigenthümer, und deſto mehr Fläche bleibt für andere 
einträglichere Gulturarten übrig. Es liegt im Begriffe des Staats, 
daß die Ihm angehörenden Waldungen im ftrengften Sinne der gemeinfamen Wohls 
fahrt beiwirthichaftet werden. "Seine Waldungen bilden daher zugleich eine Holzs 
AflecuranzAnftalt für Gegenwart und Zufunft, oder follen, wenn ihr Flächen, 
inhalt hiezu nicht hinreicht, immerhin ats Wufter vollfommener Wirtbichaft allen 
anderen Wald» Eigenthümern vorleuchten. Nächſt dem Etaate eignen fidh die 
Gemeinden und andere moralifhe Perſonen und Stiftungen, weiche mit dem 
Staate fortleben, am Biften zu Waldeigenthümern. Das Intereffe der Ge⸗ 
meinden "darf nicht nach dem Maßſtabe eines Menfchenlebend gemefien werben. 
Darauf die Grundfähe des Privat: Walpbetriebs anwenden zu wollen, bieße 
Zwed und Befllmmung der Gemeinden durchaus verfennen. Die Bedingungen 


lihen Bıflimmung der Gemeinden u. mit dem dauernden Wohle derfelben. Die 
Handhabung jener Bedingungen kann aber den gegenwärtigen Mitgliedern der 
Gemeinden nicht ganz überlafien bleiben. Lehtere find Partei für die, nur zu 
häufig den Rechten der Zukunft widerfpredyenden, Anfprüche der Gegen 
wart, und dieß deſto mehr, ‚je größer der Drang der zeitlichen Bepürfnifie if. 
Schon hiedurch wird — abgefehen von den anderen Gründen — die Leitung des 
techntfchen Horfibetrieb8 der Gemeinden durch die Korftvermaltung des Staats, 
als nicht betheiligte unbefangene u. Funftgerechte Richterin zwifchen den gegens 
wärtigen und fünftigen Glicdern der Gemeinden, hinreichend begründet. . Wenn 
auf ſolche Weiſe den Eingriffen in das Capital des Holzbeftandes begegnet und 
die gegenwärtigen Mitglieder in den Gränzen des ihnen gebührenden Rießbrauchs 
ehalten werden, oder wenn die Staatäbehörde, unter befondern Umfländen, eine 
eberfchreitung diefer Gränzen nur nach bedachtſamer Vergleihung der Zukunft 
u. Gegenwart geftattet, fo ift dieß eine, in der Natur der Sadye liegende, Vor⸗ 
fihtömaßregel zur Sicherung des Gemeindevermögens, welche eben fo fehr dem 
wahren Berten der Gemeinden, ald der allgemeinen Wohlfahrt enifpridht. — 
Das Thema der dritten Wbrheilung der %. bilden vorzüglich folgende Beftimmuns 
gen: 1) über die Berwendung des Sue u. f. w. mit Hinſicht auf Holjfparung 
u. allgemeine Sidyerheitepoltzet (3.8. Gemeinde-Badöfen, Bauweſen u. dergl.); 
2) das polizeiliche Verhaͤliniß der Anftalten zur Erleichterung des Holzbezugs u. 
3) über Holzverfauf u. Holzbandel vom SInlande nad dem Auslande, vom Aus⸗ 
in’d Inland. Möglichfte Freiheit im Verkehre muß der vorzüglichfte Grundſatz 
jeon. Die polizeilichen Anftaiten zur Erleichterung des Holsbezugd weife man, 
foweit die Privatbetriebſamkeit nicht hinreicht, an die Ortépolizei. Sie ger 
deihen in der Regel nicht, wenn fidy die Staatsbehörde unmittelbar damit bes 
faßt. Oertliche Holzmagazine für den unvorbergefehenen Bedarf, u. der Ankauf 
in möglich Heinen Duantitäten, find Mafregeln, welche in der Beftimmung der 
Ortopolizei liegen, und deren Bernadhläfftgung vorzüglid das Ueberhandnehmen 
des Holzdiebſtahls mit allen deſſen verderbiichen Folgen beizumefien if. Aus 
dem Befagten geht zugleich hervor, das die Grundſätze, von welhen man bet 
diefer Abtheilung ausgeht, beftimmen müflen, was in fie, u. was in die Geſetze 
der allgemeinen Sicherheits-, Gewerbsſs⸗ u. Handelspolizei gehört. — 
Forſtrecht, auch Forſthoheit, Forſtherrlichkeit genannt, ift dasjenige 


Zort— Forum. J 263 


Recht der hoͤchſten Staatsgewalt, oder Staatsregierung, vermöne deſſen fie bie 
Eigenthumsrechte der Waldbeſitzer fo befchränfen fann, daß die Staate;wede u. 
die Staatswohlfahrt erreicht und befördert wefden. — Die Wusübung. des %.8 
kann geſchehen und ſich äußern: durch eine Oberaufſicht, durch die Geſetzgebung 
und Bollziehung, aus welchen ſomit die oberaufſehende, anordnende oder geſetzge⸗ 
bende u. vollzichende Gewalt ausfließen. In Beziehung auf das Forſtweſen ers 
ſtredt fidh die Oberauffiht auf die Befugniß zur Aufftellung inſpicirender Forſt⸗ 
Beamten, zur Berhinderung nachıbeiliger Waldaudrottungen u. der Waldverwuͤ⸗ 
Rungen (WBaldvevaftationen), auf die (bung u. Prüfung der von den Walpbes 
ſthern angeftellıen Yorftviener, auf die Ausmittelung der Größe u. des Ertrages 
ver Waldungen, u. auf fichere Begränzung derſelben. Ste muß der gefehgebenhen 
und vollzieh.nden Gewalt meiftend vorarbeiten. — Die anorönende oder geſetz⸗ 

de Gewalt hat in Beziehung auf das Forſtweſen zum Gegenftande: den 

u, die Erhaltung und Benügung der Forſten und Walpungen. Sie kann 
bierüber allgemeine Forſtordnungen oder beſondere gefrtliche Borfchriften neu ers 
laſſen, die älteren aufheben oder modifictren, die dunfeln erklären ober erläutern 
x. Privilegien u. Diepenfationen in einzelnen Fällen ertheilen. In allen deutfchen 
Staaten ohne Unterſchied hut fidy in den meneren Zeiten die Forſtgeſetzgebung 
auf eine freifinnigere Weife ausgefprochen. — Die volljiehende und richterliche 
Gewalt unterftügt die Dberaufficht, fest durdy Zwangsmittel die Korftgefige 
Bollzug u. ſtellt zu dieſem Behufe Forſtgerichte auf, weldye die Forſt⸗ u, Jagd 
Berg: ben polizeilidy oder criminell aburtheilen. In den deutfchen conftitutionellen 
Staaten iR die vollziehende Ggvalt dem Regenten allein überlaffen, und biefelbe 
hat fidy ebenfall® in der neueren Zeit nach der Milde des Zeitgeifled, der feine 
der älteren Forſtbarbareien mehr zuläßt, geäußert. Vergleiche Pietſch, „Entwurf 
ber Grundſätze des Forf- u. Jagdrechts“ (Leipzig 1799) u, für Sachſen insbe⸗ 
fondere F. M. Schilling, „Handbud) des Korft» u. Jagdrechts“ (Reipzig 1827) 
nebſt Nachtrag (Leipzig 1829). 

Fort ift eine Tleine, für ſich allein liegende Feſtung; oͤfters befindet fidh 
aber ein folches F. in der Nähe einer größeren Yeftung, oder mehre %.8 liegen 
beieinander, um einen, zwiſchen ihnen befindiichen, Platz zu vertheidigen. Solche 
5.8 werden befonvderd angelegt, wenn in der Nähe einer Feſtung Anhöhen ſind, 
vie aber zu welt liegen, um fie mit in die Werke der Stadt zu ziehen. Auch 
dienen fie zur Behauptung einzelner Poſten, Gebirgspäſſe, wichtiger Uebergänge 
über Flüſſe und Sümpfe u. f. w., müſſen aber jedesmal fo befchaffen feyn, daß 
fe nie durch einen offenbaren Angriff, fondern nur durch die förmlidye Belagerung 
genommen werden können (f. d. Art. Feftung). 

Forteguerri (Ricolo), ein ttaltenifcher Dichter, geboren 1674 zu Piſtoja, 
Rarb als Brälat am Hofe Clemens XI. 1735, befannt durdy ein fatyrifcdhes Epos 
„Ricciardetto* (deutfch von Gried,2 Bde, Stuttgart 1831—32), worin er feine 
Laune über die verderbte Geiftlichfeit ausgteßt. 

Forte-piano (italieniſch), ſtark⸗ſchwach, abgefürzt Fp.; muflfalifche Bors 
ttagsbrzeichnung, daß dem flarf angefchlagenen Tone ſogleich ein ſchwach gehals 
tmer folgen foll. 

Forte-piano, ein befannted Clavterinftrument, f. Piano-forte. 

Fortification, |. Befeftigungsfunfl. 

Fortuna, bei den Griechen Tyche, die Göttin des wechlelnden u, unbefläns 
digen Glüdes, Tochter des Dfeanos, der unter verfchiedenen Beinamen in Italten 
viele Heiligthümer geweiht waren. Man ftellte fie mit einem doppelten Steuer- 
Ruder in den Händen, fpäter auch auf einer Kugel, oder einem Rade ſchwebend, 
geflügelt u. mit verbundenen Augen dar. 

Forum (Forum) bezeichnet in feiner urfprünglichen Bedeutung Miles, mas 
außerhalb der Wohnhäufer oder Gebäude iſt, ſodann den Markt oder Marktplatz 
in einer Stadt, indbefondere auch einen Ort, wo verfauft wird (forum piscarium, 
piscatorium, boarium, suarium, cupedinis, olitorium etc.), weßhalb auch viele 


284 | Joscolo. 


kleine Städte, weil daſelbſt Markt gehalten wurde, forum, Marktſlecken genannt 
wurden (Forum Julii, Claudii, Agrippinae, Domitii eto.). Da die alten Voͤlker 
ihre Staatdangelegenheiten öffentlich betrieben u. verbandelten, fo bildeten die ur- 
fprünglichen Marktpläbe in den Städten auch den Urt, wo die Staatsinterefien 
verhandelt u. die Rechtspflege geübt wurde. In dieſer Desiehun iſt das Forum 
in Rom (f. Rom) von der größten Bedeutung, als hier die Bolföverfammlungen 
gehalten, die feterlichen Rechtsgefchäfte abgeichloffen: und von den Brätoren die 

echtöftreitigfeiten gefchlichtet wurden. In der Bolge wurden einzelne Bauten 
aufgeführt, welche als Gerichtöftelle dienten, u. ebenfalls den Namen Forum führs 
ten. So hat hy in unferem heutigen Sprachgebra.uche mit dem Worte Yorum 
der Beat Gerichtsſtelle oder Gerichtshof, vor weichem Jemand Recht zu neh⸗ 
men u. Recht zu geben verpflichtet if, verbunden. Ian pflegt fogar das Recht 
u. die Pflicht eines Untertbanen, ein gewiſſes Gericht als Das competente anzuer- 
kennen —06 , auch Forum zu nennen. Died theilt man das Forum 
ein 4) in Civilf. und 2) Eriminalf. Das Eivilf. iſt entweder ein geſetzliches 
(forum legale) oder conventionelled durch Brorogation (f. d.) begründetes 
(forum conventionale). Das gefebliche F. zerfällt in das orbentlidye (forum 
ordinarium) u. außerordentliche (forum extraordinarium). Das ordentliche F. 
ift entweber ein gewöhnliches, in der Regel für alle Unterthanen geltendes (forum 
commune), oder ein privilegirtes (forum privilegiatum), welches für gewifie Per⸗ 
fonen oder Sachen gilt. Das allgemeine F. (forum commune) ift entweder ein 
generelles (forum generale), wozu der Gerichtsſtand des Wohnortes, ober ber 
Herkunft (forum domicilii, originis) gezählt wird,aoder ein fpezielles (forum spe- 
ciale), wozu man den Gerichtoſtand der belegenen Sadye (forum rei sitae), des 
Eontraftes (forum contractus), der Gonnerität, d. 5. des Zufammenhanges vers 
fhiedener Sachen mit einander forum continentiae vel connexitatis causarum, 
forum reconvertionis (%. der Widerflage), forum concursus ( F. des Concurſes), 


‘forum arresti (F. des Arreftes) au rechnen pflegt. Der außerordentliche Gerichts⸗ 


ftand (forum extraordinarium) tft begründet, wenn der Kläger feine, gegen ver: 
ſchiedene, unter ‚mehren Untergerichten ſtehende, Verklagte gerichtete Klage beim 
Oberrichter anbringt; wenn er wegen eines, unter verſchiedenen Gerichten befin- 
lichen, Bermögenscompleres vor dem Oberrichter klagt, u. endlich, wenn die Armen 
procediren, welche nad) gemeinem Rechte ebenfall® vor dem Oberrichter Prozeſſe 
anftrengen können. Der Eriminalgerichtsftand ift entweder 1) der orbentlidhe, u. 
zwar, al& foldyer, a) ein allgemeiner (forum commune), wozu der Gerichtsſtand 
des Ortes, wo dad Verbrechen begangen wurde, oder ded Wohnortes, oder der 
Aufgreifung des Berbrechers gehört (f. delicti commissi, domicilii, deprehensio- 
nis) oder b) ein briottegitter, fet es, daß in Betreff der Sachen, oder des Ortes, 
oder der Perſonen (3. B. der Mebtatifirten, Gefandten, Soldaten, Geiflichen, 
Beamten, Studenten u. f. w.) eine Befreiung vom gemeinen Gerichtöftande ein- 
tritt, oder 2) der außerorbentliche, wenn Eriminalfachen ald Nebenfachen zu ei: 
ner anderen Sache gezogen, oder für fpecielle Fälle bejondere Eommifflonen ange⸗ 
gronet werben. Gr. 
Foscolo (Ricolo Ugone), geboren 1777 auf Zante, diente als Offizier 
in der Armee der cisalpinifihen Republik, folgte derfelben 1805 nach Frankreich, 
ward Adjutant des Generald Eaffarellt, ging fpäter nach Mailand zurüd, warb 


“ am 1810 Profefjor der ttaltenticyen Literatur zu Pavia, aber feiner politifchen 


dr igfeit wegen nach wenigen Monaten von der Regierung Napoleons aus 
Stalien verbannt, hielt ſich fpäter abwechfelnd zu Florenz, Mantua u. Mailand 
auf, bereiöte dann die Schweiz, ging 1815 nad) England und flarb zu London 
1827; er war ein audgezeichneter neuer Dichter Italiens; fchrieb (in der Mas 
nier ded Werther von Böthe): Ultime Lettere di Jacopo Orlis, Mailand 1802 
(deutſch von H. Luden, Göttingen 1807 , von I. K. Orelli, Züri 1817 von 


Fr. Lautſch, Leipzig 1829). Das Gedicht: Gli sepolcri; die Trauerſpiele Ajace, 


J 


Foß — dothergill. 263 


Tieste u. Ricciardo, London 1820 u. a. m.; bie Lettere due amanli find durch 
den Selbfimord feines Bruders veranfaßt. 

Foß (Heinrich Hermann), geboren 1790 zu Bergen In Ren: 4810 
in daͤniſchen Dienften Commandeur einiger Strandbatterien auf der Inſel Langes 
land, ging 1813. nach Bergen zurüd, warb bier Lehrer an der Realfchule, 1827 
Repräfentant feiner Baterftadt auf dem Stortbing, dann Stabscapitän in dem 
Umte Smaalehnene, fpäter Bataillonschef in Chriftiania, defien Deputirter er auf 
den Storthingen der Jahre 1833 u. 1836-37 war, wo er ſich ruͤhmlich aus⸗ 
zeichnete. Er iſt Berfafler zahlreicher norbifcher Poeſien, überfegte Tegners Frithiof, 
war Mitherausgeber des norwegiichen Zufchauers, u. gab mit Albert Sagen 
eine Beichreibung der Stadt Bergen heraus, 

Fofſſano, autgebaute, wohlhabende Stadt im farbinifchen Fürſtenthume Pie⸗ 
mont, an der Straße von Savigliano nad Mondovi, mit 7000 Einwohnern, hat 
Heilquellen, ein Schloß aus dem 14. Jahrhunderte, viele Alterthümer, u. ift der 
Eis eines Bifchofs, deſſen Stuhl von Gregor XI. 1580 errichtet wurde. Unter 
den Kirchen zeichnen ſich die Kathedrale, S. Francesco u. Madonna della Sa⸗ 
lie aus. Sechs Miglien entfernt, auf einem Hügel, dad Städtchen Bene, (Au- 
gusta Vagiennorum) mit Trümmern eines antifen Aquäducts. — Bei 5. wurden 
vie Sranzofen 5. Rov. 1799 unter Moreau von den Defterreichern unter Melas 
u. Kray geſchlagen. | 

Foffilien heißen alle, aus der Erbe gegrabenn Naturprodukte, inöbes 
fondere Mineralien, Berfteinerungen (. dd.). 

Foſſombrone (Forum Sempronii), Stadt in der Delegation Urbino des 
Kirchenftaates, an der alten Via Flaminia, der Straße von Rom nad) Bologna, 
am Metauro, ift der Sig eines Bifchofs u. hat 6500 Einwohner, die blühende Sets 
denzucht treiben. Die hier erzeugte Seta della marca gilt für die vorzüglichfte in 
ganz Europa. Bon Alterthümern befinden fidy hier: die Trümmer eines Thea⸗ 
ters und eimer Brüde, forte antike Mofaifen im Haufe Paffionet. Unter den 
Kirchen iR die Kathedrale mit alten Infchriften u. Gemälden merkwürbig ; dann 
die Kapuzinerlirche mit einem ®emälde von Barocci. Neun Miglien aufwärts 
an der Straße, wo in tiefer Kelfenrige der Metaurus fließt, iſt der berühmte, 
hohl pittoreßfe Paß von Yurlo, ein, von Befpaftan durch den hohen und fleilen 
ellen gehauener Weg, eines der bewundernswürdigſten Werke, wenn man bes 
denit, daß den Arbeitern damals noch Fein Schießpulver zur Sprengung der 
Eteinmaſſen zu Gebot ftand. 

Botbergill, John, ein ausgezeichneter Arzt, geboren den 8. März ober 

12. October 1712 zu Carr End in NYorkſhire, wo fein Bater, ein Quaͤcker, 

miber Brauer, ein Eleincd Landgut beſaß. Erzogen bei feinem Großvater fam F. 
1128 nad) Bradford zu dem Apotheker Bartlett in die Lehre, 1736 aber nad) 
London, wo er zwei Jahre lang als Zögling im St. Thomas-Spitale verblieb; 
ipäter fludirte er in Edinburgh, nahm batelbf den Doctorgrad und fchrieb feine 
Abhandlung »De emeticorum usu«, welche in die Sammlung von Smellin aufge 
nommen wurde. Nach einem kurzen Aufenthalte in Leyden u. einer wiflenfchafts 
hen Reife durch) Frankreich u. Deutfchland begann er 1740 feine Praris in London, 
u. erlangte bald großes Anfehen, das bis zu feinem Tode, 26. Dec. 1780, ftets 
wnabm. Außer mehrern Fleinen Auffägen in Zeitfchriften machte er 1748 feine, 
tilleiht nicht ganz von ihm herrührende, Kurmethode der damals in London herrs 
ſchenden Bräune befannt (Account of the putrid sore ihroat, Lond. 1748 — 
1151). Berühmter wurde F. durch feine Abhandlung über den Geſichtsſchmerz, 
der nach ihm den Namen %.'jcher Gefichtsfchmerz erhielt (A concise and systematic 
view on a painful affection of the nerves of the face, 2ond. 1755). %. war 
aud) großer Freund der Botanik u. der Eonchyliologie, u. ſeine naturhiſtoriſchen Samm- 
lungen wurden nad) feinem Tode zu hohem Preiſe verfauft. F. war unverheirathet; 
in feinem Teftamente bedachte er in hohem Maße die Erziehungsanftalt für Duäder 
in Acwotib bei £eeb8, beren Errichtung er zuerft projectirt hatte, Seine Schyakten 


266 Fotperingay - Caſtle — Fonchs. 


erſchienen geſammelt von Elliot, Lond. 1781, 8., u. fpäter von Lettſom, Lond. 1784, 
4., 3 Bde. überfegtind Deurfche mit Anmerkungen, Altenb. 1785,8,2 Bde. E. Buchner. 
Faotheringay⸗Caſtle, Schloß in der engliſchen Grafſchaft Northampton, 
am Fiuße Ren, liegt jetzt In Trümmern. . Hier wurde König Richard UL 1450 
geboren und die unglüdiide Maria Stuart (f. d.) 1586 euthauptet. Dabei 
das Dorf gleidyes Namens. 
Fouché, Joſeph, Herzog von Dtranto, geboren 1763 zu Nantes Sohn 
eines Schiffecapttäns, zeigte in feiner Jugend. energiichen Fleiß und Geſchmack 
an den Wiſſenſchaften. Schon unter den Wätern ded Dratoriums ausgezeichnet, 
und Profeſſor, öffnete ihm die Revolution die Ausſicht auf einen größeren Wir⸗ 
fungsfreid. Er wurde Advocat und als Stifter der Volkögefelichaft zu Nantes 
Mitglied des Conventes 1792. Er ftimmte für den Tod des Königs u. nahm mit 
dem andern Jakobiner, Collot V’Herbois, Radye an Lyon. Die Braufamteiten, 
die er hier verübte, legen feine eigenen Briefe dar. Der Sturz Robespierre's zu 
dem alleinigen Zwede, ſich felbft zu retten, befchäftigte ihn zunaäͤchſt. Im offenen 
Convente der nterfehlagung öffentlicher Gelder angeklagt, gerieth er in Haft, 
aus welcher ihn die Amneftie vom 4. Brumalre zug. Nach einer Sendung an 
die fpanifche Graͤnze lebte er fern von Gefchäften bei Paris, bis er durch Barras 
Empfehlung Gefandter bei der cisalpiniſchen Republif wurde, 1798. Hier vom 
Generale Foubert unterflüßt, widerfehte er fich dem Befehle des Directoriums 
dur Rückkehr. Erf beim Sturze feiner Feinde erfchien er wieder in Paris, und 
hre Nachfolger, denen e8 daran lag, die Conftitution des Jahres III in Mißach⸗ 
tung zu bringen, -fahen in F. das geeignete Werkzeug. Er warb fomit Polizei⸗ 
—X u. bald waren die Clubs geſchloſſen, die Preſſe gezügelt u. die Revo⸗ 
Iutton vom 18. Brumatre bewirkt. Bonaparte felbft Fonnte nicht ohne Staunen 
und Unruhe fehen, wie dieſes alte Conventsglied fo ſchnell in alle Geheimniſſe 
der Regierung der Willkür eingeweiht: war. Gr äweifelte an deſſen Aufrichtigkeit 
u. ſchenkte ihm erft nach der Erplofton am 3. Nivofe, der Verhaftung von Gars 
bon und St. Regent und der Deportation von 150 Jakobinern, fein Bertrauen. 
Einige Monate nach dem Frieden von Amiens ward %. der Laune Lucians ges 
opfert, der ihn haßte; aber es zeigte fi) bad, daß F. allein im Stande war, 
den Weg feines Herrn vom Conſulate zum Katfertbrone zu ebenen u. anzubahnen, 
und Lucian mußte feinerfeitS Frankreich verlafien. War Bonaparte auf dem 
Scauplage des Krieges, fo hatte die ganze Gewalt der Regierung in F. ihren 
Mittelpunft, ver fie mit Weisheit u. Maͤßigung handhabte, und 1805 den Titel 
eined Herzogs von Dtranto erhielt. %. begab ſich inveß feiner Unabhängigkeit 
nicht; er tadelte laut den fpantfchen Feldzug und fließ noch mehr an, ale er 
Bernabotte zum Bertheidiger Beigiend gegen das Unternehmen der Englaͤnder 
empfahl, indem er in einer Proclamation fagte: „Napoleon Gegenwart iſt nicht 
öthig, um unjere Feinde zurüdzutreiben.” Der Kaifer entzog ihm daher (Det. 
1809 und Junt 1810) das Portefeuille des Innern und der Polizei, weldye er 
vereint befefien hatte, und fanbte ihn in eine Art ehrenvolles Erit, mit dem leeren 
Titel eines Gouverneurs, nad Rom. %. reiöte durdy Italien und nahm dann 
feinen Aufenthalt zu Aix (Rhonemündung), wo er bie 1813 blieb, als ihn Ras 
poleon nach Dresden berief, um feinen Rath zu vernehmen, wie dem damaligen 
Unglüde abzubelfen wäre. Er ſtieß wieder durch Freimüthigfeit an, und ward 
als Statthalter nach Illyrien gefchit. Bon bier vertrieben, erhielt er den Bes 
fehl, nad) Neapel zu. gehen, damit er nicht nach Frankreich zurüdfehrte Murat 
ftand damals auf dem Punkte, der Coalition gegen Bonaparte beizutreten u. F. 
gab ihm, ohne weiter in diefen Plan einzugehen, einige Eluge Rathſchläge (vgl. 
Letire au Roi Joachim 1814). Er kehrte jegt nad Frankreich aurüd, wo 
Ach die Lage der Dinge gänzlich geändert hatte und ward von den Machthabern 
wohl empfangen. Man fragte ihn um Rath, ohne diefen zu befolgen, was man 
zu fpät bebauerte. Napoleon erichten wieder in Frankreich, und F., —— ins 
Miniſterium berufen, erfüllte feine Pflicht mit der Gewandtheit und Ergebung 


} 
f 
i 
4 
| 
1 
In 


x 
sj 
I} 
* 
sg 
I 
ix 
*F 


— 
933 
Berl 


I 
H 
1, 
I 
’ 
N 


— 
* 
* 


mit Wirihſchafiser zeugniſſen dei treiben. am 4. Revem, 1793 
der —— das republifanliche Heer. 
Foulaßs, ein mächtiges, etwa 2 Millionen zählendes, Bolt in Senegam⸗ 
Wer-Wfrita) am Genegal, das ſich in mehre :u, unter Dem Mes 
fellata, b außgebreitet hat. Ihre Farbe if urfprünglich 
b ober gelblich, durch Vermiſchung mit den Neger aber jept fdhrärzli 
treiben diesen, Rush. — Be le (he Kr} 
an, % r moihren Koͤr⸗ 
— ein, lennen in ber Kleidung auch die Beinkleiver, — 
icdene mi and Metall. Ihr Land (Land der 


n enRände 
en, ee ——— gtaͤnzt au 
Regierungsfor: tHeokratifdy 3 


form 
wn-faben ‚Häuptern. Die Hauptfabt der 
Be TE Farm Ernie a Be san L 
Eilas am Senegal, —— met, 60 


er De 
ben andy das Reih Ludamar, an ara end; bie Bewohner zah⸗ 
a Daunen in Getehe n Zeugen Ihre Migaten, Jabrı Bogen u 


Feuerges 

zu Waffen; das Land if ſandig, auch ‚bringt wilde 7 
a Her Pau m br aan ig hoch⸗ 
Gm ‘ H —ã— © 9 ver She 83 


bon ei —— 

to u. Gadou, Fouiadſchalla; Kafſon, vollreich, 

einem aslihen muhammedaniſchen ae Sugeene), mit 4000 Sol 
Hauptſtadi Kuntafary; Stadt: Teefee, groß; Bumel, eines 

im. Dehti von Kaffon iſt das Reich Kaarta, mit ver Stadt Ke 

andere. 22 

foulards, Foulas, war urſprunglich ver Rame gewiſſer oſtindiſcher Tas 

eüeeeere 

Seidenmanufacturen berühmt wegen Fifertigung derſelben, u. in Deuiſch⸗ 

verden vorzüglich die Berliner, Elberfelder u. Wiener verbraucht. 

Fonlis (Robert u. Andrew), zwei berühmte WBuchoruder, geboren zu 

ow. Wobert begann um 1740 zu drucken; fein erfter ſuch war De⸗ 

a6 Phalereus 1743, 4. Im Jahre 1744 lieferte er fe bi 

„ wovon er die Probebogen im Untverfitätögebäude zu Glasgow gen 

+ für einen jeden Fehler einen Preis beftimmte, feinem 

am, correct u. elegant, bie meiſten lateiniſchen u. griechifchen Claſſiler. Die 

tung einer Maler- u, Bildbauer- Alademie verurjachte Inn Buka, Wahre 


268 Zonlon — Fonqus. 


farb 1774 5 Robert verkaufte feine Gemaͤldeſammlung 1776 u. fah fich nad) Dedung 
ler Schulden im Befige von 15 Schilling. Er ftarb in demfelben Jahre. " 

Foulon, geboren 1715, widmete fih frühe dem- franzöftfchen Civildienſte, 
wurde Kriegsfommiffär u. in dem Tjährigen Kriege Intendant der Armee, dann 
einige Jahre fpäter Staatsrath. Als er 1789 von Ludwig XVL nur ungern nad) 
Necker zum Generalcontroleur der Finanzen ernannt ward, verbreitete fidy das 
Gerücht, daß er bei brohender Hungerönoth vom Volke gefagt habe: „Wenn 
diefe Canaille nit Brod hat, fo freffe fie Heu!" Das Bolt war deß⸗ 
halb wüthend; er mußte den 16. Zult aus Paris entfliehen, ging nach Vitry zu 
Sartines und ließ das Gerücht von feinem Tode verbreiten. Dort aufgefucht, 
ward er nad dem Stadthaufe gefchleppt und follte nach der Abtei gebracht 
werden. Vergebens firebte Lafa yette, den Zug zu decken; F. ward der Ratio: 
nalgarbe entriffen u., eines der erhen Dpfer der Revolution, an einem Laternen- 
pfable aufgefnüpft. Der Strid riß zwar zweimal: er wurde aber body aufgeknipft ; 
nad) ihm fein Schwiegerfohn Bertier (f, d.). Beier Köpfe wurden abgefchnit- 
ten u. in Paris herumgetragen. 

Fonqué, 1) Heinrich Auguft, Freiherr de la Motte, koͤni Fi A 
fher General, geboren im Haag 1698, war zuerfi Page bei dem En en Leo⸗ 
pold von Anhalt-Deffau, trat hierauf in preußtfche Dienfte, fämpfte als Offizier 
im norbifchen Kriege 1715 gegen Karl XIL von Schweden und erwarb fidy bie 
Freundfchaft des Kronprinzen, nachmaligen Könige Sriebrich I. Mißverftänds- 
afe mit dem Fürften von Deffau veranlaßten ihn, 1738 ald Major in bänifche 

nfte” zu geben; doch trat er nach Friedrichs Thronbeſteigung wieder In 
preußifche zurüd, nahm Theil an den fchleftfchen u. dem flebenjährigen Kriege u. 
erhielt ald General ein Obercommando in Schleften. 1760.(23. Juli) wurde er 
in einer, von ihm nicht gutgeheißenen, aber von Friedrich IL, troß feines Wiber- 
fpruches befohlenen, Stellung bet Landshut von Laudon (|. d.) angegriffen, 
überwältigt, verwundet u. gefangen, u. erhielt erft beim Friedensſchluſſe feine Frei⸗ 
heit wieder, worauf er Gouverneur von Glatz wurde u. bis zu feinem Tode (er 
farb 1773 als General der Infanterie) das Bertrauen u. bie Sramndfpent ſei⸗ 
ned Monarchen genoß. Vergl. Memoires du Baron de la M. F., Berlin 1788, 
2 Thle. deutfch von Büttner, ebend. 1788, 2 Thle. Sein Leben befchrieb fein 
Enfel, 5.2) Berlin 1824. b. — 2) $., Friedrich Heinrich Karl, Baron de 
la Motte (pseud. Bellegrin), geboren 12. Febr. 1777 zu Reubrandenburg, trat 
[ei ig in Kriegsdienſte, war 1794 Lieutenant in einem preußiſchen Küraifier- 

gimente, machte den Feldzug am Rheine mit, nahm 1803 den Abſchied, lebte 
in ländlicher Zurüdgezogenheit den Mufen, trat 1813 wieder als Lieutenant ein, 
ward Rittmeifter, wohnte mehren Schlachten bei, mußte aber wegen geſchwäch⸗ 
ter Sefundheit feinen Abſchied nehmen, erhielt den Charakter ale Major u. lebte 
dann abwechfelnd zu Berlin u. auf feinem Gute Rennhaufen bei Rathenow und 
farb zu Berlin 23. Januar 1843. 3. fleht, zwar nicht an der Spige, aber doch 
in ben vorderen Reihen der Romantifer, diefer „Segner aller Richtigkeit, der 
Parteiſucht für das Mittelmäßige, der Augendienerei, Kabenbudelgebärven, Leer⸗ 
heit u. Lauheit, in welcher fih die wenigen guten Produkte verloren,“ wie Göthe 
fagt. Was die Romantik unternommen, konnte nur aus dem innerſten Marke 
der Gefinnung, aus der tiefften Wurzel des religtöfen Lebens herausgebaut wer; 
ben. Das erfirebten die Romantifer Anfangs, arteten aber fpäter aus in ein 
wunderliches Gemifch von Myſticismus, katholiſcher Symbolik u. proteftantifchem 
Pietismus. Der Katholicismus, der Anfange das (nicht geftedte, aber, wenn 
auch mit unflarem Sinne erfirebte) Ziel war, hatte nur no äfthetifche Geltung, 
diente als bloße Decoration, u. dieß ift befonders bei %. der Kal. Die Grund» 
lage der meiften feiner Dichtungen if das Mittelalter, u. Glaube, Liebe, Ritters 
Tichfeit, Ehre u. Baterlandsliebe find die Hauptfarben in feinen Gemälden, bie 
ihn aud) auf einige Zeit ‚gun Lieblinge des Publikums machten. Allmälig aber 
nahm leeres Geflügel, nebelhafte Unklarheit, gefpenfkerartiges Ritterweſen u. über- 


. u \ 
Dichter in 
—— Dale 1540 Det on 









R, 
* Bei de Melun u. Bau, D Dberintenbasiöiber Binangen 
ſtandiger — er. —— ae u. unkr 








‚genen, aber Gtantöverbr 


, l Mtürs de Lefs 
ke 

ere eur verwandelte ber König Ge⸗ 
Bignerol wo er 1 





Hi 






de Ede 08 der Iimgegmb eined Tagere ober Bi 
mals Man fonragirt grün, wenn man bie u. das Getreide 
BR von be Beben amd, n. Groden, wen man De, In ben Me tn be . 
wolichen, Borräthe aufräum Sol num eine F. in Gegenwart nahen 
einded Guns * in der heutigen |  vortommt, 
y man durch tonen. u. Lieferungen von Ber be⸗ 
Im m vefergen m), fe, mn aur Si beit der beſonderes 
Kin chem! — —— ept nach allen Kette von 
rpoßen aus, um einen m ver⸗ 
Iabern, welt fich egen, wenn ein wirkl er Magrifi von. feiner Ei 


an I zu Im engeae, fo wird, man fl en mäflen, ven Ruͤck⸗ 
geſammelten Borrath6, oder auch gar mur' der Arbeiter, zu decken. 
fieht man den ganzen Platz, wo et eh wird, De ein zu bes 
an, u. bat dort wenigfiend ben vierten eu Dane 
erve; alle Zugänge rund umher ns ar erden; if 
illerie beim Detachement, welche aber reitenbe ſeyn muß, fo bie bt Re bei der 
eſerve. Große F.en werben ewöhnlid, dadurch maßfirt, Au. an gleichzeitig 
w Demonfiration m gegen b eind macht, die ihn in feiner S 

Rene fein nternehmungen nach der Gegend bin, wo —* rt werden 
7 nicht wohl, — macht. 

FJonreroh, Antoine Francois de, Staatsrath, 1 rei der 
ehren fer Lehranftalten, itglieh des Nationalinfituts, Commandeur der 
beenlegion, ſtammte von armen abeligen Eltern u. ward den 15. Juni gu Pas 
5 geboren, wo fein Vater damals die Stelle eines Hausapothekers bei. dem 
erzoge von Orleans. befleivete. Dit herrlichen Gaben ausgeräftet, die er aber in 
n früheren Jahren mißbraudyte, beſuchte er bie ins 44. Jahr das Collegium 

court, wollte dann Schaufpteler werden, gab Schreibunterricht u. arbeitete 

einer Schreibfiube bis 1772, wo er PR zum Studium der nl , u 
andte. Sein Fleiß u. feine Anſtrengung war von der Zeit an os 

leichem Eifer widmete er ſich der te, Anatomie, Botan Ins > Rat 
te. Nachdem er 1780 bie mebigintfche Doctorwuͤrde erhalten hatte, bef Mi 
n er Al —— rer — Kunſt und mit Senf 7 fangen 

ange fehr zahlr ucht wurden N 

der Ghemie a lichen Garten übertrn Jahr fpäter en folgte ! e 
— die — Wi enfchaften, u. ale italien derfelben im F 


er rühmlichen li ltun 
— —— Di Roolutien 6 bei * fin intra (eir I Ye 


Ka 


TH 
# 


3 


= 






. Samlung, m 0 cn Smppethel ege 


J 


270 Fonrier. 


haft, u. mit Euthuſtasmus ergriff. er jede neue Hoffnung, welche diefelbe zu bieten 
ſchien. Er wurde 1759 Babibert von Paris und 1792 Mitgtied des Wahlcolle- 
giums diefer Stadt, welches ihn aum fünften Subftituten beim Nationalconvent 
ernannte, in den er das folgende Jahr eintrat, Er bewirkte, daß ein Geſetzent⸗ 
wurf für die Bleichförmigfeit des Maßes und Gewichtes angenommen wurde. 
Bald darauf wurde er bei den Jakobinern wegen feines Stillſchweigens im Con⸗ 
vente angegeben; er rechtfertigte fidy u. entging der Proſcription nur mit Mühe. 
So lange die Tyrannel Robespierre's dauerte, war %. einzig in dem Gomite des 
Öffentlichen Unterrichts u. in der Section des armes mit Arbeiten befchäftigt, vie 
ſich auf den Krieg u. die Wiffenfchaften bezogen. Nach dem Sturze des Tyran⸗ 
nen erbielt er eine Stelle im Wohlfahrtsausſchuſſe, und damit die befondere Kris 
tung des Artillerieweſens. Er organifitte zugleich die Centralſchule der öffentlichen 
Arbeiten, aus welcdyer nachher die polytechniſche Schule wurde; er gründete die 3 
großen Specialſchulen der Medizin u. wirkte bei der Cinrichtung der Rormalfchulen 
mit. Yus dem Bonvente trat er in den Rath der Alten, in welchem er 2 Jahre 
Sitz hatte, u. wenige Wochen nad) der Errichtung des Bonfulats erhlelt er Sit 
im Staatsrathe. Er ſetzte nun feine früheren Arbeiten für die öffentlichen Lehrin- 
Ritute von Neuem fort, und entwarf einen PBlan für den öffentlichen Unterricht, 
der mit einigen WMobificationen angenommen wurde. Sein Amt ald Generaldirec⸗ 
tor des öffenılichen Unterrichts legie ihm die Pflicht auf, In den Jahren 1802 
u. 1804 einen Theil ded Departements zu durchreifen und die Organiſation ver 
Lyceen zu befchleunigen. Unparteitfche Gerechtigkeit u. humaner Sinn leiteten feine 
Auswahl, der Lehrer ſowohl, als der auf Koften des Staats zu unterrichtenden 
Schüler. Sein raftlos thätiges Leben endigte der Tod am 16. December 1809. 
F. bar fi um die Kortfchritte der Chemie die ausgezeichnetfien Verdienſte ers 
worben, u. feine Schriften, die er in ſchneller Kolgenreihe erfcheinen ließ, u. die 
auf Arzneifunft, Raturbefchreibung und. Chemie Bezug haben, verbreiteten feinen . 
Ruhm in allen Ländern. - Sein Systeme des connaisances chimiques 1800. IV 
‚ Vol. 4. u. X Vol. 8. (deutſch von Veith u. Wiedemann, Braunſchweig˖ 1801 v. 
. Im Auszuge von F. Wolf, Königsberg 1801, 8.) iſt das fchönfte Denkmal, wel 
ches bis jetzt die franzöfiiche Chemie verherrlicht, u. unter feinen übrigen Schrif: 
ten find die befannteften: Lecons et élément. d’hist, naturelle et de chimie 1782; 
ed. IV. 1798. IV Vol, 8. (deutfch von Ph. Loos mit Anmerkungen von Wieg- 
Ieb, Erf. 1789, 8. audy mehrmals eng. u. fpan.) I’Art de connaitre et d’employer 
les medicaments dans les maladies 1785. Vol. 1. 8. (deutſch 1789, 8.), La me- 
dicine éclairée par les sciences phys. XII Vol. 1791, 8. (zum Theil verdeutſcht 
von Hufeland und Göttling, Weimar 1793, 8.), Philosophie chimiqge 1792; 
1794, 8. Cdeutfch, Leipzig 1796, 8.5 auch engliſch, ſchwediſch, daͤniſch, ſpaniſch, 
hollaͤndiſch, italieniſch und neugriechiſch), Tableau pour servir de resumds aux 
lecons de chimie 1799, 8. (dreimal verdeutfcht u. eng.). Diele Abhandl. in den 
Annales de. chimie, dem Journal de pharmacie, deren Mitherausgeber er war, 
in dem Journal de Yecole politechnique u. a. m. Großen Rußen ftiftete F. 
durch feine öffentlichen Borlefungen tm königlichen Garten, in der Ecole d’Abfort, 
in den Sälen des Lyeeumd und in feinem Laberatorium, die von SBerfonen aus 
allen Ständen ungemein zahlreidy befucht wurden, da er fein feltenes Rednertalent 
zu einer ausgezeichneten Vollkommenheit ausgebildet hatte, 

Bet heißen in einigen Armeen die Gompagnies oder Escadronsſchrei⸗ 
ber; fie haben den Rang eine® Unteroffizierd, gewöhnlid, eines Sergeanten oder 
Wachtmeifters. Auf Märfchen haben ſie (meiſt gemeinfchaftlicy mit andern Lin» 
teroffizieren) das Quartiermachen, u. in den Bantonirungen u. Bivouaks die Bels 
| haflung u. Ausıheilung der Lebensmittel zu beforgen. Beim Duartiermachen tft über 

die F. e eines ganzen Bataillon, oder Regiments, meift ein F⸗Offiz ier geſetzt, der bie 
Duartiere für dad Ganze, tm Einverftändniffe mit den Lokalbehörden regelt; zugleich 
find dem F. mehre gemeine Solvaten als 5.,Schüten beigegeben, welche die Duar⸗ 
tiere unterfuchen u, von denen Einer der anmarſchirenden — entgegen geht. 


\ Kourier— For. 271 


Founrier 1) (Sean Baptifte Joſeph, Baron de %.), geboren 1768 zu 
Auxerre, Profeffor der Mathematik dafelbft, bierauf Director der Ecole normale 
u Paris, folgte Bonaparte nad; Aegypten. 1802 Präfekt des Iferedepartemerts, 
1815 des Rhonedepartements, legte legtere Stelle aber bald nieder, u. lebte ſeit⸗ 
va in Paris ganz feinen Studien. 1807 befländiger Secretär der mathemati⸗ 
ſchen Glafie des franzöftichen Nationalinſtituts u. 1827 Mitglied der franzöfifchen 
Audemie; nach dem Tode von Laplace Präſtdent des Conseil de parfectionne- 
ment der polytechnifchen Schule, ſpäter Mitglied der von Martignac nicderges 
sten Commiſffion, welche über die Erfindung der Wiffenfchaften Borfchläge eıns 
reichen follte; er farb 1829. Schriften:  Discours preliminaire, servant de pre- 
face hist. ä sa description de l’Enypte, Parid 1810; Theorie analylique de la 
chaleur, ebenvd. 1822; Me&m. sur les temperalures du globe terrestre et des 
espaces plandtaires, ebend. 1827 u. a. m. — 2) 3. (Eharlee), geboren 1772 
(na Andern 1768) zu Befancgon, geftorben 1837 als Eommis in einem Hans 
delshauſe, erfann unter Faufmänntfchen Befchäftigungen unpraktiſche Plane zur 
Weltverbefierung, u. wurde der Stifter einer focialiftifchen Schule. Sein Eyflem, 
niedergelegt in „Thöorie des quatres mouvements“ (‘Paris 1808), »Traite de l’as- 
sociation domestique et agricole‘“ (1822) u. „Le nouvcau monde industriel‘ 


. (1629), bejwedte die Einrichtung großer Fabriken (Phalanstere) von 13 — 1800 


Nenſchen jedes Alters u. Geſchlechtes, weiche, nach Verhältniß ihrer Arbeit, Tas 
imte u. eingelegten Eigenthums, Antheil an dem Gewinne u. den Gütern der Ge- 
ſellſchaft Haben follten. in Verſuch, der bet Verſailles praktiſch ausgeführt 
wurde, ift jämmerlich mißlungen. Auch iſt diefe ganze fchwärmerifche Audgeburt 
in Frankteich ſchon längft der Bergefienheit anheimgefallen. 

Fourmont, Etienne, geboren zu Herbley (Departement Seine u. Dife), 
1683, geftorben 1745 ale Mitglied der Akademie und Profeſſor der arabifchen 
Eprache zu Paris, war der erfte Europäer, der eine chinefiſche Grammatik vers 
faßte (174%). Auch Hinterlich er cin chinefifches Wörterbuch. — Sein Bruder, 
Michel F., geboren 1690, + 1746, feit 1720 Brofefior der ſyriſchen Sprache 
zu Paris, bereiste 1728 die Levante u. gab in Frankreich zuerft eine Idee von 
der äthiopiſchen Sprache. 

Fourniere oder Zournterblätter find ganz dünn gefchnittene ‘Platten 
ron feinen Hölzern, namentlich von Mahagonyhol; (Mahagony-%.), ferner von 
Zucarandas, Eben, Nußbaumhol; u. ſ. w. ie werden vermittelt Fournier⸗ 
fhneidmafchinen gefchnitten, u..fommen zuweilen auch, mit Figuren aus bellerem 
Holze audgelegt, in den Handel. Man bezieht fie von Hamburg, Berlin, 
Magdeburg ua O. 

Bor 1) (Karl James), geboren 13. Januar 1749, königlich großbritannt- 
fer Staatefecretär u, Minifter der auswärtigen Angelegenheiten, war der zweite 
Sohn des berühmten Minifterd Heinrich Bor, der 1763 zum Lord Holland 
erhoben wurde, u. genoß die forgfältigfte Erziehung. Nachdem er die Schule in 
Weftminfter, dad Gymnaſtum in Eton und die Univerfität DOrford befucht hatte, 
madyte er Reifen ind Ausland, und Fam fchon im 19. Jahre als Repräfentant 
für Mithurft in's Unterhaus. Da feine erften Parlamentsreden entichteden tory- 
flifch waren, fo wurde er dafür von dem Kanzler North fhon im Februar 1770 
ind Miniftertum gezogen und zu einem der Commiſſarien der Admiralität ernannt. 
Er vertheidigte als folcher die Maßregeln der Regierung mit fo viel euer, in 
einem fo heftigen Tone u, mit ſolchem Aufwande von Scharffinn, Wis u. Laune, 
daß Niemand gegen ihn auffommen konnte. So fehr er indeſſen dem Hofe in 
der Hauptfacdhe ergeben war, fo konnte er feinen Sinn für Freiheit und Unab⸗ 
hängigkeit auch damals ſchon nicht ganz verläugnen. Inzwifdyen wurde er Lord 
der SC hapfammer; allein 1794 verlor er diefe Stelle, und nun warb er der 
bitterfte Feind des Minifters North und der eifrigfte Anhänger der Oppofition. 
Befonvders z0g er während des amerikaniſchen Krieges mit außerordentlicher Kraft 
gegen ble Berhanblungen bed Miniſteriums zu Felde und batnte Ach dadurch den 


212 Bor. 


Weg zu dem anfehnlichen Poften eines Stantsjecretärs. Er war 1780 durch 
die Stadt Weftminfter ins Parlament erhoben worden, und ed gelang ihm feit- 
dem, fi) darin zu erhalten, was fein Anſehen und feinen Einflus nidyt wenig 
“vermehrte. Da er mit feiner ganzen außerorventlichen Beredtſamkeit gegen North 
verhaßte Adminiftration zu agiren fortfuhr, fo erhielt diefer Minifter 1782 feinen 
Abſchied. Auf kurze Zeit verband ſich F. in der Kolge mit Rorth, beide aber 
wurden von Pitt verdrängt u. F. war der heftigfte Gegner des neuen Minifters, 
Seit dem Anfange des Revolutiondfrieges fah. man ihn wechfelöweife feine feurigfte 
Beredſamkeit, feinen ungemeinen Scharffinn, die ihm natürliche Wärme, u. nicht 
felten bittere Kritifen umd Beleidigungen anwenden, um bie englifche Regierung 
zur Anerkennung der franzöſiſchen Republif zu zwingen. In jeder Sitzung er- 
neuerte er feftbeharrend feine Anträge über diefen Gegenſtand, und ließ fein Mit- 
tel unverfucht, um dad Miniſterium zu flürzen und den Frieden mit Frankreich 
als zuverläfftg und dauerhaft darzuthun. Als der Friede von Amiens zu Stande 
gekommen war, befuchte er Frankreich und Paris, u. fchten fehr zufrieden mit ver 
Kufnahme, die er bei dem erſten Conſul erfahren hatte, fo wie mit den Dofu- 
menten, die er für feine Bearbeitung der Geſchichte der Revolution von 1686 in 
den Archiven der auswärtigen Angelegenheiten fammelte. Nach feiner Rüdkunft 
nad London hielt er tm Parlamente eine Rebe, worin er die Nothwendigkeit der 
Beibehaltung des Friedens auseinander fegte, das neue Minifterium vertheidigte, 
Pitts Adminiftration eng und Bonaparte gegen die Befchulbigung der Ehr⸗ 
just rechtfertigte.. Im Rovember 1803 ernannte ihn das franzöfliche Rational 
nfitut zum Ehrenmitgliede für die Claſſe der Wifienichaften. Im Yuguft 1804 
erhob er von Neuem feine Stimme gegen das Minifterium und verlangte. die 
Durchficht aller in den letzten Sigungen vorgenommenen Verhandlungen. Rad 
Addingtons Falle übergab er dem Unterhaufe das Geſuch der Irlänbifchen Kathos 
Iifen und machte ihre Anfprüde geltend. Ihm verdankte hauptſächlich Melville 
die wohlverbiente Ungnade, in die er im Mat 1805 fiel. Bei der Wiedereröffnung 
des Parlamente, gegen dad Ende des Jahre 1805, ſprach %. von Neuem über 
die Gefahren, in welche England durch die Stege der Franzofen in Deutfchland 
efegt werde, rühmte die Großmuth, mit der ſich Defterreich unter dieſen Umſtän⸗ 
dem aufgeopfert hätte, ſchmaͤhte deſſen Altirte, die ihm nicht zu rechter Zeit Hülfe 
geleiftet hätten und erhob ſich mit ganzer Macht gegen das Minifterium, das er 
als Urheber von dem Unglüde des Continents anflagte Kurz darauf eröffnete 
ihm Pitts Tod nody einmal die minifterielle Laufbahn. Er wurde den 29. San. 
41806 Staatdfecretär und Minifter der auswärtigen Angelegenheiten, zum größten 
Jubel der Nation. Allein diefe neue Laufbahn endete fchon am 13. September 
1806 mit feinem Tode, gerade, ald er Anſtalten traf, mit Srankreich Frieden zu 
ſchließen. F. vereinigte in ſich auf eine höchft feltene Art gründliche gelehrte 
Kenniniffe mit einer vertrauten Bekanntfchaft mit der Verfaſſung feines Landes 
und mit den Berhältniffen anderer Reiche, Als Rebner war er, trog feines uns 
ünfligen Organs und des Mangeld an Würde in feiner Action, unwiderſtehlich. 
Ban, für die Sache, die er vertheibigte, eingenommen, riß er unmwillfürlich bie 
aubörer mit fidy fort durch Beftimutheit im Ausdrucke, angemeflene Kürze und 

rdnung, welche die Ueberficht u, den Zufammenhang erleichtert. Sein Privat 
leben war nicht ohne Flecken; er war verfchiwenderifä, und ausfchweifend in ber 
Liebe. Seine Büfte, ohngeachtet der Preis 60 Guineen war, hatte der Bildhauer 
Nollekens einige 30 Mat für englifche Große u. auswärtige Fürſten ausarbeiten 
möäffen. Ein gehaltvolles Produkt feined Geiftes if die aus feinem Nachlaſſe er 
ſchienene: History of the early part of the reign of James the second. Lond. 
1808, 4.5 deutfch: Gefchichte der früheren Regierungszeit Jakob's II., überſetzt von 
D. W. Soltau, Hamb. 1810, 8. ausgezeichnet durch genaue Erforfchung der 
Thatfachen, und durch einen, dem Gegenflande angemeflenen Sty. — 2) F. 
(Georg), ein Schufter zu Drayton in Leicefter geboren 1624, ein Mann von 
traurigem, lichtfchenem und zu Traͤumereien fehr aufgelegtem Gharakter, durchlief 


Foy. 273 


in feinem "23 Jahre einige Provinzen Englands, gab ſich für begeiftert aus, pres 
digte öffentlidy auf den Gafien und auf dem Felde, und wußte feinen Ermahnun- 
gen das Anfehen göttlicher Offenbarungen zu geben. Das Außerorbentliche in 
jeinem Betragen machte ihm fo vielen Anhang, daß fchon 1649 die erſten Bers 
fammlungen feiner Partei gehalten wurden. Da er den öffentlichen Gottesdienſt, als 
eine unnüge u. unchriftliche Anftalt, wo er nur konnte, flörte, fo wurde er mit feinen 


. Gehülfen mehrmals ins Gefängniß geworfen und von den Richtern abgeftraft. 


—— — 


doch wegen 


Inpefien breitete ſich ſein Anhang nicht nur allein in England, ſondern auch in 
Amerita anjehnlid, aus, u. feine Anhänger beißen fett 1650 Quäder. Es find 
dieß Leute, weldye von: der heiligen Sarift vom chriſtlichen Lehrarhte und vom 
fentlichen Gotteöbienfte fehr wenig halten, aber deſto mehr von ftillen Betrach⸗ 
tungen über Bott und fich ſelbſt, die unter einer gänglichen Abwendung ihrer Sinne 
von allen, Außerlichen Dingen angeftellt werden. %. flarb 1791. Er if von 
Georg $. dem Füngern zu unterfcheiven, welcher flubirt hatte, und einer ber 
gefhicteften und fcharffinnigften Schriftfleller diefer Partei war. 

Toy (Marimilian Sebaftian), geboren zu Ham 1775; an ber Ar⸗ 
tilerieſchule zu Ia Here erzogen, warb er 1790 ArtilleriesOffizier u. machte feine 
afen Feldzuͤge 1792 — 93 in Belgien. Obgleich eifriger Republifaner, wurde er 

Seiner Heußerungen zu Cambray tengeieht, aber frei gelafien, diente 
hierauf unter Moreau u. Deſaix als Rapitän im 2. reitenden Artillerieregis 
mente, zeichnete ſich 1796 bei der Vertheidigung von Hüntrgen aus, ward bei 
vem Rheinübergange bei Diersheim verwundet, aber dort Chef V’Escadron, ward 
dann an die Rordküſte entfendet, fchlug eine Apjutantenftelle bei Bonaparte aus 
fodht 1798 gegen Die Schweiz, 1799 unter Dudinot in Maſſena's Armee bei 
Feldkirch gegen Korfaloff u. Souwarow, ward Generaladfutant u. Brigadechef, 
focht 1 bei der Rheinarmee unter Lecourbe u. Moreau, ging dann mit 
Moncey über ven St. Gotthard, war bei Marengo, 1801 Gommandant von 
Mailand ımd nad) dem Frieden von Matland Der des 5. reitenden Artilferies 
regiments u. erhielt 1803 unter Admiral Bruir den Befehl über 5 ſchwimmende 
Batterieen zu Boulogne. Ebel des Generalftabs der Artillerie des Lagers von 
Utrecht geworden, ward er in Moreau's Prozeß compromittirt u. entging einem 
Berhaftsbefehle nur durch die Flucht. Napoleon fchlug die Sache niever u, igno⸗ 
rirte fie, ald F. 1804 gegen die Erhebung zum Kaifer flimmte u. Rapoleon aud) 
Anfange nicht als folden betrachtete. Er entgog fi diefen Berlegenheiten durch 
eine Reife nad) Italien u. Aegypten u. ward 1805 Chef der Artillerie in Friaul. 
1807 jenbte ihn Napoleon mit. 1200 Kanonteren den Türken zum Beiftande ges 
ger die Engländer nach Konftantinopel. Die Mannſchaft kehrte um, als ſie 

lims Tod erfuhr, 5. aber fette die Dardanellen in Berthelb!gungefland. 1808 
nady Portugal gefandt, wurde er bei Bimelro verwundet; dann Brigadegeneral 
blieb er auf der pyrenätfchen Halbinfel u. zeichnete ſich unter Soult non 
aus, ward mehrmals bieffirt u. wäre bei feiner Rüdfehr nady Frankreich 1810 
fa nody von Guerillas gefangen oder getöbtet worden. In Paris Napoleon 
erit näher befannt geworden, imponirte ihm F. durch ſeinen Bericht über den Zu- 
fand der Armee in Bortugal, u. wurde von ihm zum Divifiondgeneral ernannt. 
1811 u. 1812 befehligte er in Spanien faft ſteis detachirte Corps u. rettete die 
franzöfifhe Armee nach der Schlacht bei den Arapilen durch gefchiete Dedung 
des Rüdzuged. Ebenfo tapfer benahm er ſich 4813 auf dem Rüdzuge nad) Süd» 
Frankreich u. errang bei den Unfällen, weldye Andere trafen, doch für feine Per⸗ 
fon mit feinem Corps Heine Bortheile. 1814 bei Orthez verwundet u. gefchla- 
en, übersafchte ihn die Abdankung des Katfers auf dem Krankenlager. Nach der 
eftauration Generalinfpector der Infanterie geworben, befehligte er bei Water- 
[oo eine Divifion Infanterie und wurde verwundet. 1819 warb er Generalin- 
fpector in der 2. und 16. Militärviviflon u. Deputirter des “Departements der 
Aisne. Hier ſetzte er ſich mit Nachdruck u. Beredſamkeit gegen die antiliberalen 
Sealencpclopädie. IV. 18 


214 Foyer— Fracht. 


Mafregeln der Minifter u. erwarb ſich dadurch bie Liebe des Volkes; er ftarb 
im November 1825. Allgemein war die Trauer bei felnem Tode; mehr ale 
50,000 Menfchen folgten feinem Sarge. Eine Subfeription, zu einem Denfmale 
für ihn und zu einer Dotation für feine Kinder eröffnet, gab ein Kefultat von 
mehr ald 2 Millionen Francs. Schriften: Histoire de la guerre de la Peninsule 
sous Napoleon, Paris 1827, 4 Bde., nach feinem Tode Herausgegeben von 
Tiſſotz Lebensbeichreibung von demfelben, Paris 1825. 

Foyer (ftanzöflfdy), De erd, Brennpuntt; figürlidh in (beſonders franzoͤ⸗ 
fifchen) Schaufpielhäufern ein Saal neben der Schaubühne zur Berfammlung in 
den Zwifchenaften, oder nach beendigter Vorftellung des Stüdes; in Frankreich 
ein Sammelplab der Kenner u. Nichikenner, der Neuigkeitskraͤmer und aller ders 
jenigen, welche fi zu Schaufpielern, Schaufpielerinnen und Taͤnzerinnen unter 
dem Borwande drängen, deren Talente zu bewundern und zu beurtheilen. “Der, 
für die —— Schaufpieler insbefondere beftimmte, Saal heißt F. des ac- 
teurs, iſt gewöhnlich mit allen Attributen des Schaufpiels, mit ven Büften der 
Schaufpteldichter und Schauſpieler geztert, und wird auch zu Leſeproben u. dgl. 
verwendet. ne Engländer nennen diefen, mitunter noch zum Buffet dienenden, 
Saal room. 

ta Bartolommeo di &. Marco, der Kloftername des Bactio della 
Porta, eine berühmten Malers der florentinifchen Schule Er war zu Savig- 
nano tn Toskana 1469 geboren, ein Schüler von Coſtma Koffelli und Leonardo 
da Bind u. Freund —— Eifriger Anhänger Savonarola’s (ſ. d.), nahm 
3. B. nad) defien tragifchem Ende 1500 das kloͤſterliche Gewand, und trat zu 
Prato in den Dominilanerorden; gleichwohl blieb er fortwährend der Kunſt treu 
um Bars „1518 zu Florenz, wo ſich die meiften feiner Gemälde im Palaſte 
t nden, 
Fracaſtoro, Beronimo, ein berühmter Arzt und geiftreicher Schriftfieller, 
eboren zu Berona 1483, ſtudirte zu Padua, ward daſeibſt ſchon in feinem 19. 
Fahre Profefior der Logik, mußte nach 7 Jahren, des Krieges wegen, feine Stelle 
niederlegen, lebte einige Zeit zu Bortunnone In Friaul, prafticirte dann zu Verona 
und flarb auf feinem Landgute Incaffi den 6. Wuguft 1553. Seine große praf 
tiſche Geſchicklichkeit und feine Unelgennügigkeit erwarben ihm die CEhrenſäule⸗ 
welche ihm feine Vaterſtadt errichten ließ. Gr hatte die Arzneiwiſſenſchaft, bes 
fonderd das Weſen derjenigen Krankheiten, denen fein Zeitalter hauptſächlich uns 
terworfen war, mit einem tiefen Forſchungsgeiſte ſtudirt und glüdliche Entdeckun⸗ 
gen gemacht. Daher fein gelehrtes Werk über die anfledenden Krankheiten (de 
contagione et morbis contagiosis etc. lib. III.). Mit dem Verdienſte eines’ vor- 
trefflichen Arztes verband er dad Talent eines eben fo vortrefflichen Iateinifchen 
Dichter. In feinem Gedichte: Syphilis, seu de morbo gallico lib. IH. (oft; 
Berona 1530. 4. Carmina cum al. Padua 1739. 2 Vol. 4.), hat er gezeigt, 
wie man mebizinifche Begenftände ſchicklich u. angenehm behandeln könne. Opera 
omn. Venet. 1555. 4. Lugd. Bat. 1591. 2 Vol. 8 S. F. O. Menke de ei. 
vita etc. Lips. 1731. 4. 

Fracht; unter dieſem Ausdrude verfieht man 1) die Ladung, welche ein 

Frachtfahrer (Schiffer oder Fuhrmann) in feinem Geſchirre (Schiff, Kahn, Was 
en, Karren) aufnimmt, um fle von einem Orte zum andern zu führen; 2) den 
ohn oder die Vergütung, welche derfelbe für diefe Berführung erhält. — Es 
"gilt als allgemeine Kegel, daß der Frachtfahrer dad Gut in der nämlichen Quan⸗ 
tität u. Qualität an den Empfänger abliefern muß, wie er e8 erhalten hat, und 
daß er jeden, unterwegs durch fein Berfchulden ober feine Vernachlaͤſſigung ents 
ftandenen, Schaden oder Berluft zu erfeßen hat. Dagegen haftet er nicht für 
den durch fchlechte Berpadung, von felbft entflandene Sährang u.f. w. der Waare 
entftandenen Schaden oder erben, auch nicht für die Befchädigung oder den 
„Bertuf, ber burch höhere Gewalt (vis major), die er wicht abıumenben oder vor 
er id nicht zu ſchutzen im Stande iſt, wie Beier, Wofertiuiken, Vier 


Frachtfahrerrecht — Fra Diavolo. m 


, feindliche Truppen u. ſ. w., an der Waare entflanden iſt. Der Fracht⸗ 
hat das But gegen Empfangnahme der bevungenen F. an den Empfänger 
fern u. bat, wenn er fie von diefem nicht erhält, ein Zurüdbehaltungss oder 
onsrecht an das But, oder mit andern Worten: er hat nd m en der F. 
das But, nicht an den Abſender zu halten. Die Höhe * zwiſchen 
eftimmten Orten iſt ſich nicht zu jeder Zeit gleich, ſondern ſie wird durch 
eife der Lebensmittel, durch die Jahreszeit, die Beſchaffenheit der Straſſen, 
ie Moͤglichkeit, nach dem Beſtimmungsorte mehr oder weniger ſchnell Las 
su erhalten, durdy die Eoncurrenz u. f. mw. erhöht oder erniebrigt. Das 
ent, weldyes über einen %.-Gontract auögefertipt wird, heißt %. Brief, bei 
te. Eonnoffement (f. d.). — Die Flußſchiffer ſtellen jedoch, beſonders 
fie ihre ganze Ladung von einem einalgen Daufe erhalten Haben, zuweilen 
in Gonnoffement aus. Es gelten hierbei übrigend alle diejenigen Grund- 
welche oben fchon im Allgemeinen angeführt worden find. Die Landver⸗ 
gen geichehen jest häufig auf den Eiſenbahnen, weldye bald an die Stelle 
Hauptflrafien treten werven. Da die Eifenbahnbirectionen die F.⸗en ein für 
L feftfeßen, fo findet dabei kein Bedingen der F. von Seiten des Abſenders 
audy wird diefe in den eigens dazu gebrudten F.Brie fen nicht angege⸗ 
ondern es wird darin auf den &.2urf Bezug genommen. Ueberdieß jeben 
Aften Eifenbahnen mancherlei Beftimmungen feft, die von den allgemein ans 
menen abweichen; fo muß 3. DB. der Dmpfänger unmittelbar nad) Empfang 
utes, u. ehe er noch Zeit gehabt hat, die Richtigkeit deſſelben zu unterfuchen, 
ichtigen Empfang ohne allen Vorbehalt beſcheinigen; manche Waaren mu 
der Abſender aufehiden u. der Empfänger wieder abholen lafien, was fon 
ihrleute felbft beforgen. | 
frachtfahrerrecht nennt man die gefammten gefehlicdhen Berorbnnungen, 
weiche das rechtliche Verhältniß der Frachtfahrer in einem Lande geregeit 
Berordnungen betreffen dad Berbältniß der Frachtfahrer zum Staate, 
zug auf Bewerbfleuer, Benügung der Ghaufieen, Ylüffe, den, Dämme, 
rbauten u. f. w., Entrichtung der Zölle, und deſſen, was fie in dieſer Bes 
g au beobachten haben; ferner ihre Rechte u. Verpflichtungen, den Abſen⸗ 
PFAFF "a ver zum Transport übernommenen ®üter gegenüber, ihr 
i zur Poſt u. 1. W. 
fractur nennt man in der Typographie bie gebrodeme d. 5. edige 
ve Schrift, zum Unterfchiede von der Antiqua (f. d.), Curſiv u, runden 
»abacher Schrift cf. d. in dem Art. Schrift). In der Shreibe 
auch die fogenannte Kanzleifchrift. 
Fra Diavolo Cd. h. Bruder’ Teufel, eigentih Michael Pezza, 
m 1760 in Galabrien, war Anfangs Strumpfivirker, verließ aber, um dem 
weifenden Leben eher nachgehen zu können, diefe Befchäftigung u. ging zu 
Räuberbande, deren Hauptmann er bald ward, u. wurde wegen feiner Un⸗ 
|, die er in der Oegenb von Itri verübte, in contumaciam zum Tode vers 
lt. Nach anderen Nachrichten fol er Anfangs Ziegenhirte geweien, dann 
dem Ramen Fra Angelo Möndy geworden, dem Klofter entflohen u. zu ei⸗ 
täuberbande gegangen feyn. Bei dem Einbruche der Franzoſen in Neapel 
te er fi für den König von Neapel, erhielt deßhalb 1799 von Cardinal 
Berzeibung und den Rang eined Obriften, organifirte feine Bande, und 
te den Feldzug im römifchen Gebiete mit. Als 1806 die Franzoſen wieder 
eapel einrüdten, wählte 5. D. Itri wieder zu feinem Mittelpunfte, that den 
vielen Schaden und zog fid), angegriffen, nady Gaeta zurüd. Bon bier 
ı fchlechter Aufführung von dem Prinzen von Heflen-Philtppsthal vertrieben, 
ı er fi) über Calabrien nach Palermo, inſurgirte unter des Com⸗ 
re Sidney Smith Galabrien u. fügte den Franzofen großen aden zu, 
h Berrätherei zu St. Severino gefangen, mußte er, ungeachtet von Seiten 
bs fein ilitärtfcher Gharakter geltend gemacht wurde Rn IR 


270 Fräßn — Frragmenta, “ 


zu Neapel am Balgen. erben. — F. D's Name hat zu vielen Sagen u. Liedern, 
fowie audy zu ‚ver berühmten Dper von Auber den Stoff gegeben, obgleich in 
Ichterer J ap feinem Ramen, fein biftorifcher Moment aus feinem Leben zu 
erfennen iſt. . 

Frähn (Chrifl. Martin), geboren 1782 zu Roftod, unter Tychſen ‚zum 
Orientaliſten gebildet, lehrte feit 1807 die ortentalifchen Sprachen zu Kafan und 
lebt feit 1815 als Mitglied der Akademie, Oberbibliothefar, Director des aflatl- 
fhen Mufeums u. Staatsrath in Peteröburg. Er verfaßte eine Reihe Schriften 
über muhammedaniſche Rumismatif und flellte die Nachrichten morgenländifcher 
Geſchichtsſchreiber über das alte Rußland zufammen. 

Fränkifcher Kreis, einer der zehn Kreife des ehemaligen deutſchen Reiches, 
u. zwar der Fleinfte, an Sachſen, Böhmen, Bayern, Schwaben u. den Oberrhein 
grängend; er wurde zu 390 [_J Meilen und 14 Millionen Einwohnern gerechnet, 
hatte (außer dem Fichtelgebirge) viele fruchtbare Ebenen, bewäflert vom Maine 
u. einigen feiner Rebenflüffe, begriff die Hochflifte Bamberg, —— Eich⸗ 
ſtäͤdt; die Fürſtenthümer Ansbach, Bayreuth, Hohenlohe; das Deutſchmeiſterthum 
Mergentheim; die gefürſteten Grafſchaften Henneberg und Schwarzenberg ; die 
Graſſchaften Eaftel, Wertheim, Reineck, Erbach, Limburg; die Herrichaften 
Seinshelm, Haufen, Spedfeld; die Reichsſtädte Nürnberg, Rothenburg an der 
Tauber, Schweinfurt, Weißenburg und Windsheim. Der f. K. flellte ald eins 
faches Gontingent 1902 Mann zu Fuß u. 980 zu Pferde. Kreidausfchreibende 
Fürften waren: der Biſchof von Bamberg und der Markgraf von Brandenburg, 
lesterer audy Kreisoberſt. Der fränkifche Kreis wurde mit dem deutfchen Reiche 
4806 aufgehoben u. iſt jetzt, feinem größten Theile nach, in den bayerifchen Kreifen 
Ober, Mittels und Unterfranten enthalten. Henneberg iſt in den ee des 
Großherzogs von Sadyfen- Weimar, der Herzoge von Sachſen⸗Koburg⸗Gotha 
u. Meiningen, Preußens u. Kurhefiens übergegangen; Wertheim befigt Baden 
u. Eıbady Heflen- Darmflabt. 

Frage ift eine Aufforderung an Jemanden, uns durch eine Antwort üb 
Etwas Auskunft zu geben, oder unfere Meinung zu beftätigen. Eine F. (in der 
Spradhlehre F.⸗Satz) if entweder eine directe, wo man ſich geradezu an Je 
manden wendet, 3. B. was ift die Seele? oder indirecte F., wenn die F. abs 
on ig von einem Worte oder einem Satze geftellt wird, z. B. die Seele weiß 
elbft nicht, was die Seele ſei. Es gibt dazu befondere $.-Wödrter, z. B. wie? 
warum? nit? etwa? u. befonders das F⸗—RPronomen oder Interrogativum. 
Doppel: Sn oder einander entgegengefegte F.n find folcye, wo disjunctiviſch gefragt 
wird, } B. iſt die Seele etwas Ginfaches, oder etwas Zuſammengeſetztes? — 
5. im aͤſthetiſchen Sinne if eine die Befchaffenheit (Qualität) betreffende Figur, 
indem dabei Feine Ungewißheit über die Beichaffenheit, fondern das Bewußtſein 
vorwaltet, daß die Sache felbft, wie angegeben, ſich verhalte. Die F.n dienen 
zur Berflärfung der Rede, weden die Aufmerkſamkeit, erhöhen bie Thellnahme, 
u. fönnen bejahend oder verneinend geftellt werden, im Falle fie dort eine 
verneinende und bier eine bejahende Ridytung oder Bedeutung annehmen. 
In der Muſik wird die 5. durch eine eigene Art her Notenſtellung ausgebrüdt 
und bezwedt ebenfalls, die Aufmeikſamkeit der Zuhörer anzufprechen. 

Fragment (lateiniſch) Bruhftüd, nennt man 1) übrig gebliebene Theile 
eined Ganzen, befonderd aber eines nicht vollendeten oder verloren gegangenen, 
alten claffiichen Werkes. Man hat viele Sammlungen von $.n, ſowohl einzelner 
Autoren, als von Söhriftfellern eines Faches. — 2) Ein literarifcher Aufſatz, 
der einen Gegenftand nicht erfchöpfend behandelt, fondern nur von gewiflen 
Seiten berührt, wie 4. B. Leffings Wolfenbütteler Fe, Genz Fragmente 
aus der neueften Gefchichte des europälfchen Gleichgewichts u. v. a. 

Fragmenta Vaticana find die, in einer palimceften Handfchrift in ber 
Baticanifcyen Bibliothek zu Rom von Angelo Mai im Jahre 1821 (daher audy 
Mais Palimceſten genannt) aufgefundenen Bruchfäde einer, offenbar aus ber 


Fragmenta — Frattes, i 27 


en Hälfte bes fünfteh Jahrhunderts herrübrenden, Gompilation von Stellen 
ms den Werfen der. Juriften: Papinian, PBaulus und Ulpian, und kaiſer⸗ 
ichen Gonflitutionen aus den Jahren 161 bis 372 nad Chriſto. Viele Bläts 
rm dieſes refcribirten Codex find fo in der Mitte burdhfchnitten, daß von 
ranchen Stellen nur Halbe Zeilen erhalten find. Der größere Theil if 
doch in vollen Zeilen vorhanden. Die Annahme, daß das ganze Werk fehr 
mfangreich gewefen ſei, beruht Lediglich auf Bermuthungen. Der uns erhal 
une iſt nad) Titeln geordnet, in welchen vom Raufcontracte, vom Nießbrauche, 
von der Mitgift, von der Bormundfchaft, insbefondere von den Mblehnungegrün. 
ven derfelben, ferner von den Schenkungen u. deren Widerruf, von dem Cinci⸗ 
——— —— und endlich von der Stellvertretung vor Gericht gehandelt 
. Angelo Mai hat dieſe Fragmente zuerſt 1823, und zwar zugleich in Rom 
ı Baris, u. 1824 in Paris herausgegeben, worauf 1825 in Leipzig ein Rach⸗ 
nnd erfchien u. 1828 in Koͤnigsberg eine, mit einem Eritifchen u. eregetiichen 
Sommentare verfehene Ausgabe vom Profefior von Buchholz beforgt wurde. 
Die befle und brauchbarfte Ausgabe if von Bethmann Hollweg 1833 er» 
—— pa jpeidhe ſich audy im Bonner Corpus juris romani antejustinianei abge 


Fragmenta veteris cujusdam Jurisconsulti find einzelne, über 
das Recht des Kiscus handelnde, in zwei Duartblättern jetzt vorliegende Vruch⸗ 

‚ welche, gleichzeitig mit dem Inſtitutionen⸗ Commentar des Achten Gajus, 
von Riebubr in der Bibliothek zu Verona aufgefunden, zuerſt von Goeſchen edirt 
u, in die Bonner Ausgabe ded Corpus jaris romani antejustinianei aufgenoms 
men worden find. Aus dem Umftande, daß der $. 17 diefer Fragmente mit der, 
aus dem fünften Buche der Sententiae receptae des Juriften Paulus entlehnten, 
Lex45 $.3 D. de jure fisci faſt wörtlidy übereinftimmt, bat man die Bermuthung 
bergeleitet, der berühmte Jurifi Paulus fei der Verfaffer des Werkes über das 
Recht des Fiocus, aus welchem diefe Fragmente herrühren. Gr. 

Fralß over Fraiſch, ein altveutiche® Wort, das foviel ald: Gefahr, Ber: 
derben; Unterfuchung, Gericht bedeutet. Daher der Rame: hohe %., ſoviel 
ale h Gerteptöbartei über Leben und Tod, weldhe von den F.Herrn aus⸗ 
zeübt wurde, 

Frauc, Frank, Pl. France oder Franken, 1) die befannte franzöftfche 
aA s⸗ u. Silbermünze a 100 Bentimes. Bet Goursnotizen theilt man fie 
ud) wohl in 20 Sols (Souß) de France, deren jeder mithin gleich 5 Centimes if. 
Dieſer F. ‘ auch in Belgien u. Genf ald Rechnungsmuͤnze eingeführt. Der $. 
fol gefeplih 44 Gramm Silber als Keingehalt haben und hiernady betragen 
5143 oder 51,9444 %.8 eine Föln. Mark fein Silber, was für den einzelnen F. 
einen Werth von 8 Spar. 2 Pf. preuß. Eour. ergibt. Man prägt in Frankreich 
40-%.8- u. 20:%.8-:Stüde in Gold, wobei die unter dem Kaiſerreiche geſchla⸗ 
genen audy den Ramen Napoleonsd'or führen; In Silber hat man 5⸗, 2, 
fs u. 3%.8. Die unter Napoleon geprägten 5-%.8-Stüde heißen Napoleon &- 
blancsd. — 2) Der fogenannte Schweizer-%. oder Schweizerlivre. Im All 
gemeinen ift derfelbe der 16. Theil eined neuen Louisd'or u. zerfällt in 10 Batzen 
a A Kreuzer oder a 10 Rappen. 

Franca, Ricardo Jofe Rodriguez, geboren zu Liffabon 1790 von ars 
men Eltern, wurde von Jugend auf für den Seedienft beſtimmt, bald Sciffe- 
Lieutenant, u. unter Dom Miguel Herrfchaft Gommandant eines nad) Indien 
beftimmten Kriegsfchiffes. Er defertirte jedoch und emigrirte nach England und 
Sranfreih. Erſt nad Dom Petro's Siege fehrte er nad) Portugal zurüd, 
wurde Bapitao Tenente bei der Flotte, bewirkte 1837, ald Werkzeug der demo⸗ 
fratifchen Clubs, den Umfturz der, von Dom Pedro dem Reiche gegebenen, Ber: 
fafiung u. die Proclamation der Charte von 1821, wurde dann erfter Intendant 
des Arfenals u. Obriſt des Arſenalbataillons. Seine Frechheit u. Widerſetzlich⸗ 
feit gegen die ihm zugegangenen Befehle veranlaßte feinen Sturz durdy die 


278 2 Franenis— Fraucien. 


Märzrevolution von 1838. Zwar fuchte ihn die Regierung nachher durch bie 
Ernennung zum Zlottendyef an den Küften von Afrika zu verföhnenz er ſchlug 
aber, unter dem Vorwande von Krankheit, Die angebotene Stelle aus. 
Francais de Nantes, Antoine, ®raf, 1756 zu Balence geboren, war 
beim Ausbruche der Revolution Director der Douanen zu Nantes, wurde dann 
Mitglied der Muntcipalität und trat 1791 in die gefeßgebende Berfammlum. 
Obfehon mit den Girondiſten verbunden, theilte er ihr Loos doch nicht. Während 
der Schredenszeit verfaßte er. tm der Zurüdgezogenheit in den Alpen das - Manu⸗ 
ſcript »Le feu Jörömes, ein Repertortum des menfchlichen Willens. Im Jahre 
1798 kam er in ven Rath der Fuͤnfhundert, wo er die Grundſaͤtze einer weiſen 
Freiheit vertheidigte. Später ward er Praͤfect der Nieder» Eharente, Staatörath 
und Generaldirector der Staatsgefälle, ein Amt, weldyes ihm die Reftauration 
entzog. Bon 1819 — 1822 erfcheint er als Deputirter des Departements Jfere, 
worauf er ſich der Landwirthſchaft widmete, über welche er Verſchiedenes fchrieb. 
“ Nfeange-Eomis (Breigraffhafd, au Oberdurgund, Hod- u 
. anche⸗Tomts (Freigrafſchaft), au erburgund, Hods u 
Kleinburgund, hieß eine * 17 fruͤheren Provinzen Eranfrelihe, zwiſchen Bur⸗ 
gund, ——— Lothringen, Mömpelgard, der Schweiz, Breſſe u. Ger. Sie 
zählte 840,000 Einwohner u. war In die Oberämter Befancon, Dole, Amont u. 
n. Aval getheilt; Hauptflant war Befancon. Seht bildet die F.⸗C. Beſtand⸗ 
theile der Departements Doubs, Oberfaone u. Jura. — In den älteſten Zeiten 
hatte die F. mit Burgund G d.) u. mit Nieverburgund einerlei Schidfal, vom 
11. — 14. ein ftand fie unter cge en Grafen, unter Oberlehnsherrlich⸗ 
fett des deutſchen Reiches; doch weigerte 3.8. Reinald II. dem Kaiſer Lotkar Il. den 
uldigungseld u. nannte deßhalb fein Land die Kreigrafichaft oder F.⸗ C. Mit 
tto’8 IV. Tochter, Johanna, die der König von Frankreich, Philipp V., beira- 
thete, kam die F.⸗C. zu Anfang des 14. Jahrhunderts an Frankreich und durch 
die Tochter Beiver, Johanna, die den Herzog von Burgund, Eudo IV. heirathete, 
an Burgund u, blieb bis zum Tode Karld des Kühnen 1477 mit diefem Reiche 
vereint. Nach demfelben z0g Frankreich das an Burgund als erledigtes 
Lehen ein, die übrige Grafſchaft aber u. mit Ihr die F.⸗C. kam durch Die Beirat 
mit Karl des Kühnen Tochter u. Erbin, Marla, an Marimilian von Defter- 
reih. Karl V., beider Sohn, vereinte fie mit dem burgundifchen Kreife und 
durch diefen mit dem deutfchen Reiche; 1668 eroberte Ludwig XIV., König von 
Frankreich, die F.⸗C. zum erſten Male u. erhielt fie nad) der zweiten Eroberung, 
1674, im Frieden von Nimmwegen 1679. 
Francia, Dr. Joſo Gaſpar Rodriguez da, Dictator von Paraguay, 
geboren 1763 zu Affumption Paraguay), flubirte, zum geiftlichen Stande beftimmt, 
den Franciscanern, wandte nd aber dann dem Rechte zu u. wurde in Kolge 
feiner Uneigennügigfeit u. Kenntniffe Alcalde feiner Baterflabt. Als da ara 
guay von der Ipannifhen Herrfchaft losriß (1811) ward F. Secretär der Jumta 
und bald einer der drei Gonfuln. Bon Ehrgeiz getrieben, wußte er auf der Ge 
neralverfammlung von 1814 feine Wahl zum alleinigen Director der Republif 
auf drei Jahre durchzuſetzen. Später (1817) ließ er fich zum lebenslänglichen 
Dietator ernennen. Seine Regierung war Außerft fireng, beſonders in der erften 
Zeit; doch auch fpäter ließ er fi), von Aegwohn und Krankheit geplagt, zu 
Grauſamkeiten hinreißen. F. war ein in jeder Beziehung gewaltthätiger u. egoiſti⸗ 
ſcher Charakter, der, außer feinem Willen, kein Gefeb. und feine Rüdficht aner- 
fannte. Denn, wie er 1824 die Klöfter gewaltfam aufhob, fo beviente er ſich 
auch gewaltfamer Mittel zur Hebung von Aderbau u. Inbuftrie, u. überbieß 
fhloß er, um nicht dem Andringen fremder Ans und Einfichten fidy fügen zu 
müffen, Paraguay dem Auslande gegenüber gänzlich ab. Er flarb 1840. 
Trancden, Herzogthum (Francia media), umfaßte das Gebiet von der Seine 
bis zur Roire zwifchen Bretagne und Lothringen; ed enthielt befonders die Graf: 
Sfaften Paris und Drleans, Gatinois, Ehartram, Bioiiois, Werdie, Touxatne. 


"ERBE: u 
Beer — Starke, 1, Bnnit Sinne, *2 
I gegm 

6 108, der Abt genannt fein 
Eudo (oder Die) u range — en bie ne “ 


. u fiel a ht 

ugo der Größe, affie feinem © dolph von Burs 
Are fe Fr Fr rg ee war er 
nd Könige Ludwig IN. geieib aber Burgund ‚mit ihm in 
der damit endete, um D . erhielt 943. Bald gerieth er mit 
Saige fin neue Zwiſi In fogar in den Ri 


90, bie 
Kalfer Site L eine Ausßl "zu Stande brachte 950. König Lothar . 


verlieh dem tigen 0 auch noch das um Aquitanien; doch 
karb darauf im I. 955, Fam alfo nicht zum Igte 

Gayeı ale . 05 
Ein Suao Save Fa 8 


u Burgund ab; = 


eier ), wie an — —8 en 6 Sub 

GE) 
RR rä vr 
wetinger in $ranl 987. Sein 8 et mit 
nen Meberreft deffelben findet man ſpaͤteren · haft Jole de 
ei ni e, 1584 zu Rom von fehr en en 
Ci Ba | bieg Baufus 37 Ühee Mutter alle Roftodeiad,. 
nn 


1 geet habe, um in 


den 
8 as ihrer FA Sorge wm ‚au tagen. 6 — 5 er 14 
en Gemahi zu erfüllen, —F dßte Sorgfalt für die Er⸗ 


zu 
Kinder. \ — ele lt⸗ 
ee Egger 
ende, auf 
Rn mie a —— — * —— Sie hatte —— — 
enoſſenſchaf , u 
an fen wurden. Den db fa ſpaͤter aan u der neuen ei 
von der Heiligen für Singen u 
\ ı wollten, jemadht wurde. in gerade um iefe. Fr efel es —X die 
Dienerin durch Zrübfale und. Winerwärtigl auf die Probe zu 
im en von aaa e Reayel, überfallen 
Fi 2 KR. auf dem Su A heiligen Petrus Top, —— 


Hann XXI. 
be der Gemahl der heil. 5. des Sanden ver jen, fein N * 

alteſter Sohn, 8 föngniß ie 
An at Ch — finden, Uni mit — 


I hen 0 Mung! dap Re dem Gern baflt ie 


ru 
Hi 


— — 


— — — 


— 


250 | Franciscauer · Orden. 


fuͤr einen beſonders geſendeten Segen, dankte. Nach der Zurückkehr ihres Gatten 
nach Rom u. der Wiedereinſetzung in alle ſeine Güter fuhr die Heilige mit ſeiner 
Genehmigung fort, Alles zu thun, was fie für die größere Ehre Gottes, für ihre 
und der Familie Heiligung und tröftende Unterflügung der Armen geeignet hielt, 
Wirklich waren die, vom Herrn feiner treuen Dienerin verlichenen, Gnaden fo 
groß u. mancherlet, daß felbit ihr Gatte ſich davon gerührt fühlte. Um Gott nody 
vollfommener zu dienen, entfchloffen fi) Beide zur Beobachtung einer firengen 
Enthaltfamfeit, u. in Wahrheit bewirkte die Außerliche Abfonderung der frommen 
Eheleute eine um fo feftere ereintgung ihrer Semüther. Laurentius empfand die 
rößte Freude, als %. im Jahre 1425 das Klofter der Oblaten der olivetani- 
Ehen Gongregahion fiftete, in welches fowohl Jungfraueu, als auch Wittwen, 
welche die Welt zu verlafien Willens waren, eintreten konnten. Diefe Ronnen 
werden Oblaten genannt, das heißt Aufgeopferte, weil fie Feine eigentlicdhe Or⸗ 
densprofeffion, wie Andere, ablegen, fondern nur fich felbft Bott zum Opfer brin- 
gen. Sobald fid) die Heilige von allen jenen Banden, die fie noch in der Welt 
aurüdgehalten hatten, loögefnüpft fah, ging fie in ihr Kloſter vom Spiegelthurm, 
wo fte fi, mit bloßen gen u. mit einem Stride um den Hals, zur Erde nie 
derwarf und inftändig unter vielen Thränen bat, in die Zahl der Oblaten aufge 
nommen zu werden, um ihre noch übrigen Lebendtage in der Buße unter jener 
Regel, die fie ven Schweftern felbft vorgefchrieben hatte, u. unter dem Gehorſam 
einer Oberin, die vorher ihre Schülerin war, zu befchließen. Aber ungeachtet ihrer 
großen Demuth ward fle zur Priorin der Eongregation gewählt. — Durch die 
—* Gabe der Prophezeiung, welche Gott ihr verliehen hatte, ſagte die heilige 
F. viele kuͤnftige Dinge vorher und erkannte die verborgenen Gefinnungen vieler 
Menfchen. Sie heilte eine Menge chwerer Krankheiten u. wirkte andere Wunder, 
die von ihrer vorzüglichen gt zeugen, Endlich, nach einer Ttägigen Kranfs 
heit, eilte ihre Seele dem Himmel zu 1440. Ihr Fefttag if der 9. März. 
Brancidcaner-Drden. Der Geiſt des Evangeliums, von dem diefer Orden 
ausging, gab fih nirgends befier Fund, als in einer der lebten Reben feines 
Stifterd, des heiligen $ranctscus von Aſſiſi cf. d.) zu Bortiuncula, wohin 
er feine Jünger, 127 an der Zahl, berief. Hier fpradh er vom Reiche Gottes, von 
der Selbfiverläugnung, Weltveradytung und der Sehnſucht nach den Kimmlifchen 
Sütern, ſchloß dann mit den Worten: „Fuͤrchtet nicht, klein u. verächtlidy vor den 
Menſchen zu feyn, noch als Thoren der Welt zu gelten; pre et überall die Buße 
mit Herzenseinfalt, vertrauend auf Den, welcher durch feine Armuth und Demuth 
die Welt befleget hat; er wird in eudy reden u. wirken durch feinen Geiſt. Ver⸗ 
traget euch unter einander in Sanftmuth. und Liebe, fprechet, wohtn ihr immer 
fommen möget: „der Friede Chriſti dieſem Haufe und Allen, die darin wohnen.“ 
Dienet dem Herrn ald Pilger und Fremdlinge in Armuth und Demuth, fchämet 
euch nicht der heiligen Armuth und des Almofenfammelnd, weil ver Herr felber 
unfertiwegen arm geboren worden fl, Hierin _gerabe befteht die Bortrefflicykeit 
jener höchflen Armuth, die euch zu Erben des Simmeie machen wird; fie fel euer 
Antheil, fie eure treue Führerin in das Land der Unfterblichkeit und des ewigen 
Lebens: kurz iſt der Sünde Luft, ewig ihre Strafe, gering dad Leiden, unendlich 
die Glorie; berufen find Viele, auserwählt aber nur Wenige; und Allen kommt 
ein Tag der Vergeltung vor Bott." Cine unzählbare Menge von frommen heil. 
Männern, von Martyrern und Belennern iſt aus biefer Genoſſenſchaft hervorge⸗ 
gangen; ficher wird darum die Berheißung in Erfuͤllung gehen, daß der Orden 
des heiligen Eranciscus beftehen wird, fo lange das Chriftenthum befteht; und fo 
lange ein Funken von Glauben übrig if, wird es nicht an Männern fehlen, die 
in edler Selbſtbeherrſchung das Kreuz Ghrifti auf fi) nehmen, um dem Hellande 
in Demuth u. Liebe nachzufolgen. — Die Eleine Kirche (St. Maria in Portuncula) 
die von den Benebictinern mit der baranftoßenden Heinen Hütte dem h. Stifter 
war gefchenft worden, iſt der Grund u. Sig des F.O.s, von wo er fidh weiter 
verbreitete, Später ik um biefelbe, wie um das Haus zu Lorette, eine jehr pracht⸗ 


“ 


Francideaner-Drdn. | 281 


volle Kirche erbaut, wohin bis auf die neuefte Zeit die zahlreichſte Wallfahrt bes 
ſteht. Das erfle Eonvent war zu Riverto, das zweite zu Portiuncula, das britte 
bieß Garceri, das vierte zu Aſſiſt. Das erſte General⸗Capitel der Fanciscaner 
wurde 1216 abgehalten, u. beim zweiten 1219 follen 5000 Yranciscaner zugegen 
en feyn. — Der Bruder Elias, zweiter Ordensgeneral, hatte ſich ſchon viele 
ngen erlaubt, die nicht nach dem Sinne des aments vom h. Francis⸗ 
cu® waren, ber die größte Armuth empfahl. Da nun in der Folge mehrere, bes 
onder® durch den Eifer des heiligen Bonaventura (f. d.), zur buchſtäblichen 
bachtung der Regel fid, vereinten; fo kamen 4 befondere Benennungen auf: 
1) Gonventualen, die zur Beobachtung der Regel in Gonventen unter einem 
Dbern (Guardianus) zufammenlebten u, gemeinſchaftliches Beſttzthum hatten (sine 
pwoprio). Die Mitgliever nannten ſich Ordinis Minorum S. Francissi Conven- 
taslium. GonventualsMinoriten nannte man fie feit 1250, wo Innocenz IV. ihnen 
dieſen Ramen beilegte, alle Mitglieder, welche als Stammgenoſſen angefehen zu 
werben wiffen wollten und gemeinfchaftlich Iebten, um fie von denen zu unters 
fcheiden, die, um firenger zu leben, in Einöden zogen, wie auch von den Gäften 
u. Fremden. GEinftedler-Brüder hießen, telche an einfamen Orten, in kleinen Kloͤ⸗ 
Kern wohnten, u. Bamilienbrüber endlich die, welche neue Lebendarten aufbrachten 
2. in einer neuen Familie lebten. Che aber biefe Abtheilung des Ordens Feſtig⸗ 
fett befam, hatte fie nody mehrere Unruhen zu beftehen. Das Concil von Konflanz 
1415 entſchied zwiſchen den firengeren und gemäßigten Franciscanern zu Bunften 
der erſtern. Obſervanten, weldye die Armuth firenge beobachtet wifien wollten, 
keine liegenden Güter in Conventen befaßen u. ausſchließlich von Almoſen lebten. 
Diefe theilten fidy wieder in regularis u. strictioris observantiae. 3) Tertiarier 
(f. 9.) m. 4) Kapuziner (f. d.), deren Hauptregel die Rreng e Armuth war. 
Bon jent an wurde der Name Obfervanten gebräudhlicher. e Eonventualen, 
welche ehr an Anfehen durch die Gegenpartet verloren, wandten ſich ver⸗ 
gebend an Martin V., der obigen Concilienbeſchluß beftätigte; jene erhielten im⸗ 
mer größeren Borfprung und wurden in Deutfchland, wegen ihrer braunen Kutte, 
braune Franciscaner genannt, dagegen diefe Minoriten. Bis zum Jahre 1434 befaßen 
die Gonventualen alle Cuſtodien des heiligen Landes; 1444 gab Papft Eugen IV. 
das Hauptflofter in Rom St. Maria Ara coeli den Obfervanten, wo der Ge⸗ 
neralminifter wohnt; die Gonventualen erhielten die Pfarrkirche S. Salvatore in 
Unda als Sit für den Generalprocurator, u. 1463 gab Pius IL ihnen die frühere 
Collegiatkirche zu den 12 Apofteln, nebft der Pfarrkirche, wo jetzt der Sig ihres 
General⸗Miniſters if. Da indeffen die Streitigkeiten im Berlaufe der Zeiten 
‚ wotfchen beiden Drbeneaioel en wuchfen, die firengeren bei Bielen größere Ady- 
tung genofien, fo entſchied ‘Bapft Leo X. für die Lepteren, in der Meinung, alle 
fünftigen Unetnigfeiten zu unterdrüden, ſchloß 1517 in einer allgemeinen Ordens, 
verfammlung zu Rom die Conventualen von der Wahl eines Ordensgenerals gänz- 
lich aus, u. übertrug diefe allein den Obfervanten u. Reformaten; diefe wählten 
Ehriftoph von Forli zum Minister generalis: zu ihnen gehörten die Blariner, 
Amadeiften, Goletaner, Didcalceaten. Die Eonventualen wählten auch ein Obers 
haupt; der Papft geftattete aber nur den Namen Magister generalis zu führen 
u. verordnete, daß jeder neue Gewählte der Beftätigung des apoftolifchen Stuh- 
les unterworfen fel, u. die Obfervanten in allen Urkunden den Borrang haben 
ſollten. 30,000 Eonventualen famen fo unter den Obfervantengeneral zu ftehen. 
Da diefe Aufgabe unausführbar erfchten, fo verglich ſich noch bei Lebzeiten Leo's X. 
der General der Obfervanten mit dem der Bonventualen dahin, daß er Feine 
Botmäßigkeit über die Conventualen ausüben wollte, und unter Pius IV. hießen 
beive wieder Minifter. Der General der Obfervanten führte den Titel: Minister 
generalis totius Ordinis FFr. minorum; darüber führten die Gonventualen Bes 
ichwerde u. die Congregatio s. rituum entfchied 1631 am 22. März, daß derfelbe 
biefen Titel mit Recht geführt habe u. für die Zufunft führen dürfe. Diefer Ti- 
tel bat ſich bis auf Die Begenwart erhalten, jenoch wird davon entweder gar 


282 . Yraueidcns, 


feiner, ober hoͤchſt beſcheidener Gebrauch nemacht; in praxi gilt er als abgefchafft. 
Der gegenwärtige Beftand der Eonventualen. Unter Rapoleon wur: 
den faft alle Klöfter in den eroberten Provinzen vernichtet; doch unter Bapft 
Pius VIL geftalteten ſich wieder ihre Ordensprovinzen. Im Anfange des 18. 
Sahrhunderts hatten fie 36 Provinzen; 14,281 Reltgtofen lebten in 952 Klöftern; 
unter den Provinzen waren England, Schottland, Irland, Sachſen, Dänemark 
mit dem Oriente Titularprovinzen. Aus Spanien wurden fie durch ven gelehr- 
ten Cardinal Zimenes vertrieben; indeſſen haben fie noch bis heute die en das 
Grab ihres großen Gtifters zu Aſſift zu bewachen. Sie unterhalten feit 1631 
die Miffionen in der Moldau u. Walachei; der Praͤfect wohnt in Jafiy. Ste haben 
Lehrftühle auf den Untverfitäten zu Rom, an der Sapienza u. in mehren Semi⸗ 
narien Stalins. Papſt Elemens XV., früher Ordinis Minor. s. Franc. Conv., 
extheilte ihnen nach Aufhebung des Jeſuitenordens die PBönitenziarftellen zu St. 
Peter in Rom und Loretto, wo in der italieniſchen, ſpaniſchen, 5 — 
Sie an ungarifchen, potnifchen u, neugriechifchen Sprache Beicht gehört wird. 
Die Hauptprovinz If die des heiligen Franciscus, die feraphifche genannt, und 
It 22 Convente. Die Provinz des heiligen Antonius bat 9 Gonvente ale: 
Padua, Venedig, Bergamo, Riva, Pyrrhano, Eherfo, Sebenico, Gpalato und 
Liſſa im Dalmatien. In Stallen werben fie nicht zu den Mendicanten gerechnet, 
dürfen daher nicht mehr Novizen aufnehmen, als bie Stiftungen erlauben. Das 
Klofter zu Würzburg, 1224 gegründet, warb mit dem Hospitium p Schoͤnau auf 
Verwenden des vormaligen DOrvensgenerals, P. M. Angelus Bigoni, von Gr. 
Majeftät dem Könige Ludwig von Bayern am 2. März 1840 huldreich reſusci⸗ 
tirt u. bat jegt mit Schönau 12 Priefter, 7 Kleriter, 7 Laienbrüder. Außer⸗ 
dem wurde 1845 das Klofer Oggeröhelm in der Rheinpfalz Ka BR from> 
men Sinn des Königs gegründet. Sie haben ausgezeichnete Gelehrte der 
Theologie, der [dönen Künfte u. a fenihaften ihre Anzahl beträgt 3000, ihr 
Drdendgeneral iſt P. Karolus Magni. Beftand der Obfervanten. Der Sie 
thres Generalminifters tft zu Rom, im Gonvente Ara coeli, wo fie die Klöfter 
8. Francesco a Ripa, S, Pietro, fowie die Pönitentiarftelle an der Laterankirche 
inne haben; bier {ft auch ein Klofter der Alcantariner, die afchgraue Habite tra- 
gen; in Sicilien haben fie 300, in der Türkei 36 Kiöfterz fie bewachen das hei- 
ge Grab Ehriftt zu Jeruſalem, wo fie 40 Reliaiafen zählen, aber jebt fehr be- 
drängt werben, durch die Araber nicht fo fehr, als durch bie Öriechen. "Sn Bayern 
24, in Bolen 3, in Preußen und Heflen 6, in Defterreich 122 Söfer, wo fie. 
außerdem 121 Hfarrcien verſehen. Ihre Geſammtzahl auf der ganzen Erde iſt 
über 14,000 anzugeben. Ordensgeneral iſt P. Aloyſius von &oretto. Der zweite 
Orden des heiligen Franciecus iſt jener der Clariſſinnen (ſ. d.). Der dritte 
jener der Tertiarter G d.). AK. 
Braneidens, der Heilige (auch Franciscus Seraphicus genannt), 
war im Jahre 1182 unter Papft Lucius III. zu Affifi in Umbrien geboren. Sein 
Vater, Peter Bernardone Mortcont, hatte mit feiner Ehefrau Pica einen ausge 
breiteten Handel, befonders nach Frankreich, und bedeutenden Reichthum. Als 
Bica zum erfien Dale gebären wollte, da trat ein Pilger mit den Worten zu 
ihr: „Nur in einem Stalle werde fie entbunven werden; denn ihr Kind müfle 
auf Stroh zur Welt kommen;“ alfo geſchah ed. Darauf lief ein Unbelannter 
durch die Straßen mit dem Rufe: „Zriede und Heil.” Als das Kind getauft 
werden follte, erſchien derfelbe wieder, er zu vertreten u. gab nach der 
Mutter Wunfche ihm den Ramen Joannes; fein Bater aber, aus Frankreich zu: 
rüdgelommen, nannte ihn Francesco. Alles, was man Gutes an dem Knaben 
wahrnahm, Hatte er von feiner frommen Mutter empfangen die dem Lieblinge 
ihres Herzens eine forgfältige Erziehung u. aufopfernde icbe zuwendete. Zum 
Jünglinge berangewadhien, winmete ſich F. nad) des Vaters Wunfche dem Kauf: 
mannsftande. Da gefchah es, daß er eines Tages einen Armen ohne Almoſen ab» 
wies, der ihn darum um Ghrifti Willen gebeten hatte; dieß aber bald bereuend, 


Sranciseus, 283 
sief-er den Armen zurüd, befchenkte ihn mit viel Herzenegüte reichlich und be⸗ 
ſchloß, von nun an Keinem ein Almofen um Gottes Willen zu verweigen. Bon 
einer fehr fchweren Krankheit genefen, wanderte er, auf einen Stab geftügt, in der 
freien Ratur, um fidy zu erholen; allein es war ihm unmöglich, in der Schoͤn⸗ 
beit u. in den Reizen derfelben Vergnügen u. Troft zu finden; nur in Gott und 
im guten Gewiſſen gewahrte er feligeRuhe; was er früher geliebt, efelte ihn an, 
a entfagte allem jugendlichen Leichtfinne, erfaßte das Leben der Welt mit chriſt⸗ 
lichem Geiſte u. ward allmälig zum inneren Leben der Seele u. inneren Gebete 
Bu ſtreng felbfithätige Buße geführt, worin er immer mehr der Hoffart, . den 
Reichthümern und MWollüften der Welt abhold ward. Alles, was er befaß ober 
abhalten konnte, gab er den Armen ober ber Kirche, brachte dem Pfarrer von 
ver St. Damianskirche viel Geld zu ihrer Herflellung, arbeitete eigenhändig pi 
ter an der Ausbeſſerung der Kirche von St. Peter u. der Kapelle von Portiun⸗ 
ala, lebte von milden Gaben, die er, von Thüre zu Thüre wandernd, gefammelt 
hatte, in größter Dürftigfeit u. Erniedrigung, aus Liebe zu Dem, der, arm geboren, 
arm gelebt hatte, den man nadt and Kreuz gefchlagen u. det nach feinem Tode 
nur fremdes Grab gefunden te. Du liebe Armuth, ſprach er, wie nie 
auch nad) dem Urtheile der Menfchen deine Herkunft fern man, dennoch fchäge I 
dich über Alles, ſeitdem fich mein Meifter mit dir vermählet hat. Er pilgerte nach Rom, 
vor den Gräbern der Apoftelfürften zu beten, fah, wie wenig Almofen man fpenbete, 
geiff in feine Taſche und warf eine Handvoll Siibergeld in den Opferlaften, 
mifchte fich beim Herausgehen unter einen Haufen Bettler, gab dem Dürftigften 
feine Kleider, büllte fi dafür in deſſen Lumpen und bettelte auf den Straßen 
Roms Almofen. Als Wahnfinniger und Verſchwender in der Baterflabt ver- 
fhrteen, ſperrte ihn der Bater zu Saufe ein, aber umfonft: der Mutter Mitleiden 
begünfigte feine Flucht in eine Höhle außer der Stadt; F. Fam nad) wenigen 
Som zuräd, trat vor feinen Vater und fprady : „Deine Mißhandlungen u. dein 
Sein de ich für Nichte, und mit Teliger Freude leide ich für den Ramen 
Jeſu.“ Bol Zorn außer fich, führte ihn der Bater vor den Biſchof der Stadt, 
Bido Secundi, einen billigen und Fugen Mann, damit er bier auf fein väter 
liches Erbe Berzicht leifte. Raſch willigte der begnadigte Sohn ein, zog feinen 
Rod aus und ſprach, ihn darreichend, zum Bater: Nun kann idy mit mehr 
Recht NN beten: „Water unfer, der du bift in den Himmeln!“ Er war nod) 
feine 26 Jahre alt. Bon nun an lebte F. in firengfter Buße und Wbtödtung, 
ging in das Hofpital der Ausfägigen und heilte durch fein Gebet mehre derfelben. 
Es war im Jahre 1208, als er eines Tages in der Kirche, wo er dem Apoftel- 
fee beimohnte, die Worte des Evangeliums vernahm: „Ihr follet weder Gold 
noch Silber, noch Geld in den Gürteln tragen“ ..„ Wenn du volllommen fenn 
win, fo verkaufe Alles, was du hafl, und gib e8 den Armen! — „Wenn Jes 
mand mir nachfolgen will, der verläugne fich felbft, nehme täglich fein Kreuz 
auf fi und rolge mir nach.“ — Hierauf rief begeiftert F. aus: dies if’, was 
ich fuche und wünfche; augenblidlidy warf er feinen Geldbeutel, Stab u. Schuhe 
von fidy, zog ein grobes, rauhes Gewand von grauer Farbe an, nahm einen 
Strid zum Gürtel und predigte den Leuten überall Buße. Bon diefem Tage an 
war der Orden der minderen Brüder geftiftet; für die h. Mrmuth begeiftert, nahm 
er 12 Genoſſen, gab dieſen eine Lebensregel in 23 Capiteln, deren Grundlage 
das dreifache Gelübde der Armuth, des Gehorfams und der Keufchheit bildet. 
Bei völligem Verzichtleiſten auf jeglichen Beſitz, verpflichtet fie, nur von Almofen 
ju leben. %. flammender Seeleneifer, die Gabe der Wunder, der Geil Gottes 
und des Evangeliums Chriftt, welcher in ihm wirkte, die allgemeine Berehrung 
der Frommen im Volke waren Bielen Beweggrund, ihm fi) anzufchliegen. Er 
nahm fie väterlich auf, begab fi) nach Rom, wo Papſt Innocenz II. im Jahre 
1209 zuerſt mündlidy feinen Orden guthieß, welchen fpäter fein Rachfolger © 
norius beflätigte, nachdem der Stifter obige 23 Gapttel feiner Regel in 12 Gapitel 
reducirt hatte, Obige Kleidung, die er felber trug, gab er auch feinen Jüngern u, 


Frauchdens, 


264 
Bet: bay einen Fleinen Mantel nebſt Kapuze zur Bedeckung des tes. Der 
dietiner⸗ Abt von Monte-Subazto ſchenkte ihm die Kirche zu St. Marla von 
den Engeln bei Aſſiſt, Portiuncula genannt, wo er fidy anbaute. Bott gab dem 
Heiligen auch eine weibliche Genoſſin feiner Armuth, die Feufche Jungfrau Clara, 
aus ehrbarer Familie, feine Geläbde zu theilen, und dieſe ward Borfleherin des 
fpäter durch ganz Europa verbreiteten Elariffinnenordend. Auf dem vierten Concil 
vom Lateran 1215 warb der Orden und die Regel des Heiligen feierlichft bes 
—— u. nun ſandte er Brüder in Kraft des Gehorſams in alle Weltgegenden, 
uße * predigen, dem Evangelium zu dienen, während er ſelbſt voll Sehnfuct 
zum Martyrthum fi) nach Syrien einfchiffte, wofelb er gute Yufnabme beim 
Sultan fand. Da er aber trotzdem Nichts ausrichtete, kehrte er nach Italien zurüd, 
Sm Jahre 1221 trat er zu Papſt Honorius II, der foeben in Perugia verweilte, 
und trug vor: „Ich wünfdhe, daß Jene, die nach abgelegter Beichte und erhaltes 
ner 2* — Abſolution voll Reue in die Kirche Portiuncula kommen, mit 
Genehmigung Eurer Heiligkeit eine volllommene Nachlaſſung ihrer Sünden für 
diefe und jene Welt erlangen; foldyes begehrte o im Kamen Jeſu Chriſti, der 
mic, zu Euch gefandt. Der Papſt erwiederte: „ES ſei nach deinem Willen; aber 
der Ablaß A t alle Jahre u. für alle Zeiten, jedoch nur während eines Tages.” Im 
Jahre 1224 z0g ſich F. auf ven Berg Alvernus zurüd, wo er 40 Tage faflete. 
Am Feſte Kreugerhöbung erfchlen ihm ein Seraph, welcher das Bild des Gekreu⸗ 
zigten zwifchen feinen Flügeln hielt und ihm an Händen, Yüßen und Seite die 
ndmale des Heilandes einprägte. Bon jebt an war das Leiden Chriſti der 
einzige Gegenftand feiner Betrachtung. Richts ſchafft mir größere Freude, ſprach er, als 
der Gedanke an das Leiden Chriſti; unaufhörlich iſt mein Geiſt darauf gerichtet, 
und follte idy leben bis ans Ende der Welt, nie bevürfte ich eines andern Buches. 
Sehr merkwürdig bleibt beim Heiligen %. der geheime Einfluß auf die äußere 
Ratur, wie der erſte Menſch im Paradiefe fie hatte; er fprach zu allen Thiergat⸗ 
tungen und fie gehorcdhten ihm. Seiner vielen Thränen wegen verlor er das 
Augenlicht kurz vor feinem Tode, der am 4. October 1226 45. Lebensjahre 
erfolgte. Er flarb, mit dem Angeſichte zum Himmel gewandt, entkleidet, bloß mit 
Leinwand und einem Cilicium bedeckt, mit der Rechten die Seitenwunde bebedend, 
auf die Erde von feinen Jüngern gebettet, felig Im Herrn mit den Worten: „Führe 
o Herr! aus dem Kerker meine Seele, damit ich preife deinen Namen; bie Ge⸗ 
rechten warten mein, bis du mir wohlthueſt.“ Nachdem die Kanonifationebulle 
längft erfolgt war 1228, warb fein Leichnam feierlich beerdigt den 18. Mat 
1230. Doch war der Ort, wo er rubete, ein Geheimniß, bis Pius VIL. 1818 in 
der Kirche von Affifl, welche zur Patriarchalkicche und päpftlichen Kapelle erhoben 
ward, die Nachforſchungen nady dem theueren Schatze anftellen ließ. Die Arbeit 
wurde geheim unternommen, 52 Nächte hindurch mit unglaublichem Eifer forts 
efegt und, nachdem man Felfen, Grundmauern und Zwiſchenwände Erlrrengt 
atte, fand man, von einem eifernen Bitter umgeben, ein menſchliches Skelett in 
einem fteinernen Sarge, von welchem ein lieblicher Wohlgerud) ausging, und das 
fi) vor der Prüfungscommiffton (5. September 1820) als authentiſch erwies. 
Viele Wunder find am Grabe des heiligen $. und durch feine Kürbitte gefchehen, 
deren Wahrheit gerichtliche Unterfuchungen conftatirt haben. A.K. Daß der heilige 
FJ. auch ale —25 — u namentlich als Dichter, durch Empfehlung der De- 
muth, der Geduld und des Gehotſams — Tugenden, die er, wie Wenige, in fet- 
nem Leben ſtets geübt — höchft fegensreich wirkte, Ichrt ein unbefangener Blid 
in feine Werke, unter denen befonders feine 17 Briefe beachtenswerth find. Leber 
feine Gedichte, beſonders den herrlichen (aus 3 Gefängen beftehenden) Sonnen» 
gefange find die Kritiker nicht einig. I. v. Börrres fagt unter Anderem darüber: 
„daß der heilige F. ein auögezeichneter Dichter, ein wahrhafter Troubadour ge- 
weſen, iſt kaum zur Kenntniß des Einen oder des Andern gekommen. Sein 
gene Leben fiel in jene bewegte, Hangs und fangreiche Zeit, vergleichen bie 
elt bisher noch nicht gefehen; Fein Wunder, daß auch ihn bie Ehwingungen 


Franeisens. 285 
allumher ergriffen und, da ein Frühling der Liebe und ber Poeſte über die Erde 


ging, auch die Nachtigall in feiner Bruſt nach ihrer Welfe und in ihrer Liebe 
zu la * begann.” Syn vielfältiger Berührung mit der Poeſie der Provengalen, 


mußten ihre Kormen fi ibm am erflen bieten, als er den Gefühlen, die ihn ins 
nerlich ten, Worte zu geben ſich gedrungen ſah. Nach einer vierzigtägigen 
Schlafloſi fiel der Heilige (fo erzählt Madding) in eine Ertafe, worin ihm 
die Berfi feines Helles gegeben wurde, und als er wieder zu ſich gekom⸗ 
mm, brach er in die erfien Strophen des Sonnengefangsd aus, und nachdem der 
anwefende Bruder Leonhard die Worte nach feinem Geheiß ſchriftlich aufgefaßt, 
Heß er fie durch den Bruder Paciſtcus in ein befferes Metrum faflen und gebot 
dann den Brüdern, fle auswendig zu lernen und täglich herzuſagen.“ — Die 
vollſtaͤndigſte Ausgabe feiner Werke gab Joannes de la Haye heraus, Pedeponti 
(valgo Stadt am Hof) prope Ratisbonam 1739 Hol. Kleine Werke, überfeht - 
von 5. Haid. Mündyen 1823—29, 2 Bde. Die Lieder des heiligen F., (übers 
feat von Fr. Schloffer) Frankfurt a. M. 1842. Wir haben 3 Lebensbefchreibun 
sen des Heiligen aus dem 13. Jahrhunderte, von Thom. von Gelano, in den 
Act. Sanct. Antr. Oct. T. II. p. 683 f.. (deutfch, etwas abgefürgt, im Leben der 
peiligen, die Älteften Originallegenden ıc. Regeneburg, 11. Bd. ©. 166 fJ; von 
‚ Rufinus und Angelus von Neati; von dem heiligen Bonaventura; eine tm 
feanzöflfcher Sprache gab der P. Chalippe zu Parts 1736 in 2 Bänden ET 
Andere Biographien erfchtenen von W, Maͤtzler, Augsb. 1834; I. ©. Pfiſter, 
München 1825; E. Bogt, Tübingen 1840. Vergleiche noch: Beredſamkeit ver 
Kirchenväter, von M. A. Nidel und J. Kehrein. 4. Band Seite 780 f., 
wo weitere Nachwelfungen gegeben u. die einzelnen Werke angeführt find. x. — 
2) F., Borgia, der Geilige, von feiner Mutter, Johanna von Aragonien, zu 
Ehren des heiligen 3. von Affifi fo genannt, war am 28. Det. 1510 zu Gandia 
In Spanien geboren u. erhielt durch die Fuͤrſorge feine® Vaters, des Herzogs 
Johannes Borgia von Gandia, eine trefflide, Berfland und Herz bildende Er⸗ 
ziehung. Schon im 11. Jahre mutterlos, wurde der junge F. der ferneren Lei⸗ 
tung des Erzbiſchofs Johannes von Saragoffa übergeben, wo er fowohl in Kennt- 
niffen, als namentlidy in der Gottesfurcht herrliche Fortſchritte machte, u. bald 
eine entſchiedene Borliebe für den geiftlidyen Ordensſtand an den Tag legte. Der 
Herzog, um feinen Sohn auf andere Gedanken zu bringen, fdhidte ihn 1528 an 
den Hof Kaiſers Karl V.; allein auch bier zeigte der Jüngling in Allem eine fo 
männliche Tugend u. wußte fi) von den, an Höfen herrfchenden, Leidenfchaften 
fo ferne zu halten, daß Karl ihn nur das „Wunder der Fürften“ zu nennen 
pflegte. Auch die Kaiferin ſchaͤtzte ihn fehr hoch und fliftete, nach dem Willen 
ihres Gemahis, zwifchen 5. u. einer ihrer erften Hofdamen, Eleonora de Caſtro, 
eine ebeliche Verbindung. Der Kaifer ernannte ihn zum Marquis von Lombaja 
u. zum Staatsrathe, und genoß gerne feines Umganges. Nach einer, im Jahre 
1535 überftandenen, ſchweren Krankheit faßte F. den Entſchluß, nichts Anderes 
mehr, als geiftliche Werke, zu lefen, unter denen ihm befonders das Leben der 
Helligen anſprach. In feinem Eheſtande hatte er 8 Kinder erzeugt, die alle 
ftomm u. gut erzogen wurden; allein Gott verhängte eine neue gefährliche Krank⸗ 
heit über ihn; dazu gefellten fidy mehre Todesfälle feiner Verwandten und das 
fhauderhafte Anfeben der verftorbenen Katferin, die er nach ihrem Grabe brin- 
in mußte; dieß Alles machte einen fo tiefen Eindrud über die Eitelfeiten dieſer 
elt in ihm, daß er gelobte, in einen geiftlihen Ordensſtand zu treten, falls er 
feine Gemahlin überleben ſollte. Da ihn aber der Katfer inzwifchen zum Vice⸗ 
fünige von Catalonien ernannt hatte, gab er als folcher aller Welt das Beifpiel 
einer wahrhaft chrifllichen Regierung: er lebte in feinem Palaſte wie ein Orbens- 
geiſtlicher; übte fich im Gebete, im Faſten u. öfteren Empfange der heiligen Sa- 
cramente, und erhielt nach dem Tode feined Baterd vom Kaifer die Erlaubniß, 
fein Amt nieberzulegen 1 fh nah Gandia zurüdzuziehen. NIS bier -feine Ges 
mahlin im Sabre 1546 farb, bot ihm Bott Gelen zur Erf una 


286 . Franeiscens, 


früheren Geluͤbbes. Er wählte die unlängft entflandene Gefellfchaft Jeſu, wel: 
cher er fchon früher ein Collegium in Gandia hatte erbauen laffen; denn in dies 
fem Orden glaubte er, nady defien Berfaffung, allen geiftlichen Wuͤrden entgehen 
zu können. Nach ftandesmäßiger Berforgung feiner Kinder und getroffener Ein- 
richtung, der Welt für alle Zukunft zu entfagen, reiste er 1550 zum heiligen 
Ignatius nady Rom, kehrte aber nad) vier Monaten, auf das Gerücht, Papft 
Sultus II. wolle ihn zum Cardinale machen, heimlich nach Spanten zurüd, legte 
tm Collegium zu Dgnate die Jeſuiten⸗Kleidung an u. erhielt 1551 die Prieſter⸗ 
weihe. Demuth, Armuth, Abtöbtung und Seeleneifer erfchlenen in glei hohem 
Grade bei ihm; feine Freude war, Almoſen von Haus zu Haus zu fammeln, 
Kinder und Arme im Chriſtenthume zu unterrichten und auf Befehl des heiligen 
Ignatius in verfchledenen ‘Provinzen Spaniens u. Portugals zu prebigen. Siöht: 
bar waren die herrlichen Früchte, die Daraus fowohl bei hohen Standesperfonen, 
als auch in den Klöftern erfolgten. Der heilige Ignatius ernannte ihn hierauf 
zum Borfteher der Societät in Spanien u. Indien, fegte ihm aber, zur Mäßigung 
eines Eifers in Anftrengungen u. Bußwerfen, einen Laienbruder zur Seite. —* 
Kir Leiftungen F. für Kranke, Arme u. Gefangene ausgeführt, welche große De- 
muth, Gehorfam u. Buße er ſtets dabei beobachtete, und mit welcher Seuld er 
ch bei den ungerechteften Beſchwerden u. fchännlichften Verlaͤumdungen betrug, 
| Wahrheit ſchwer, auf würdige Art zu befchreiben. Nach dem Tode des 
heillgen Ignatius, im Jahre 1556, wurde. er gegen feine Erwartung im Amte 
beftätigt, und nad) dem Tode des Generals Lainez, ungeachtet feiner Weigerung, 
zum Generale der ganzen, in der alten und neuen Welt auögebreiteten, Societaͤt 
erwählt.’ Groß war bier fein Eifer, die Miffionen überall einzuführen, groß feine 
Liebe, als im Jahre 1566 die Pet Rom verwüftete; groß fein Gehorfam, weil 
er, ſchon kraͤnklich, auf Befehl des ‘Bapftes den Cardinal⸗Legaten an die katholi⸗ 
ſchen Höfe begleitete, Hülfe gegen die Türken zu begehren. Raum gelangte er 
nad Kom zurüd, fo endigte er voll Berdienfte fein heiliges Leben, im zwel und 
ſechs zigſten Jahre feines Alters, am 1. Det. 1572, Sein Leichnam wurde 1615 
nach Madrid überbracht, er aber auf ficyere, durch feine Fürbitte gefchehene, Wun- 
der im Jahre 1624 den Seligen, im Jahre 1671 aber den Heiligen beigezählt. 
Im Jahre 1683 feste Papft Innocentius XI. fein Feſt auf den 10. October. — - 
3) F. Hieronymus, der Heilige, wurde zu Grottaglio, nahe bei Tarent, am 
417. Dec. 1642 von Bürger chen Eltern geboren, bie —* durch frommen u. unbe⸗ 
——5 Wandel auszeichneten und ihren Sohn mit aller Gewiſſenhaftigkeit zur 
ottesfurcht, Beicheidenheit u. zum Gehorſam anhielten. Schon als Knabe legte 
F. große Borliebe zum Gebete u. zur Cinſamkeit an den Tag; man erblidte an 
ihm nichts Kindifches, im Begentheile zollte man der Reife Pehnes, für dieſes Al⸗ 
ter ſeltenen, Verſtandes volle Bewunderung. Sein theilnehmendes Herz konnte 
keine Thraͤne der Roth erblicken, ohne ſogleich darauf bedacht zu ſeyn, die Be⸗ 
drängten nach Kräften zu unterſtützen. Aus dem Unterrichte feines Lehrers zog 
er in den Glaubens» u. Sittenlehren großen Nuten, u. machte audy in der latei⸗ 
niſchen Sprache ſolche Fortſchritte, dag er ſchon mit 12 Jahren in die Eongres 
gatlon zum heiligen Bajetan aufgenommen wurde, eine geiftliche Genoſſenſchaft, 
die, ohne befondere Berpflidhtung, durdy Gelübde für ihr eigened u, der Nächſten 
Seelenheil Sorge trug. Folgſam, fanft u. freundlich, zeichnete er ſich durch firenge 
Dischplin aus und vollzog ale Befehle auf das pünktlichfte. Nach Beendigung 
feiner Studien erhielt er die heilige Prieſterweihe, wobel er mit einem Andachts 
und Wonnegefühl erfüllt war, daß er fi) kaum ſelbſt zu garten vermochte. Im 
Bewußtfeyn, welche Reinheit des pe 8 die priefterliche Würde heiſche, verdop⸗ 
pelte er feinen Eifer im Gebete, die Wachſamkeit feiner Sinne u. die Abtoͤdtung 
des Fleiſches; aber Alles deſſen ungeachtet vermißte er in der Welt jene Seelen. 
ae nach der er ſehnlichſt verlangte. Bereits die Wonne des Kloſterlebens kennend, 
e er den regen uni in die Gefellichaft Fa x treten. Sein Geſuch 
wurde ſogleich bewilligt. ch geendigtem Nodiciat, abſolvirten Studien u, vie 


⸗ 


und 11 te Di elübde ni elet ie 
Heigen (euer Öehefenfhah gegen ——— 
gain, Sun ug im jehrgen Aufn, —— 
dar nafe gelegeie Ginde; da er ie He Die gnsähfgte Mbafahebenbet nei age 
fan, er weiter egen die Meergeflade vor u. rub eine me 
Felſenſchincht. Er war damals tan 3 e al " Ohlier auf hartem 


ben le Et Der Geige Wirken hate fm BO. Safe nah Mine am 
in diDel Genoffen feiner Scbenöweife ic Km ee re 
BEE — 
en, dee —58— darin — 


inten, da verriähtete. Da ich endlich die 
AR 
Unterftägung beförbert “ die Gebäude 


1. genoß nur einmal e grnge I, die in Waſſer u. Brod 
and. Bor hohen fi ei —F ‚inter einander. F. legte 
% ——— ar 
ME Bates — * a Gm, vo 


Fa 


BB Frauciseus. 
Milch, des Kaͤſes, der Butter u. alles deſſen, was bie alten Kiräjenfahungen in 
den Faſten verbieten. Durch dieſe firenge Enthaltung wollte der Heilige einiger: 
maßen gut machen, was die Lauigfeit fo vieler Ehriften zur Faſtenzeit u. in ans 
dern Bußzeiten vernachläßigte; dabei hoffte er, das Beifpiel jein«® tdend werde 
vielleicht Fräftiger der Erſchlaffung des Bußfinnes entgegenwirken, ald viele noch 
fo gelehrte Predigten. Die Nächſtenliebe war der Bauptzioed feine8 Ordens. 
Durdy diefe Sugenb ſollten alle Glieder veflelben unter fi u. mit allen Gläubi⸗ 
gen in gleicher Sorgfalt für ihr Seelenhell vereinigt werben. Unter allen Tugen- 
den aber, welche $. elap, ftand die Demuth da ald Königin feines ganzen Le⸗ 
bend u. Wirkens. Obgleich von Pänften u. Königen geehrt, fah er mit dem 
Apoftel ald Ausfehricht an, und erniebengie fi) unter alle Geſchoͤpfe. Sehnlichſt 
haͤtte er gewuͤnſcht, verborgen und den Menſchen unbekannt zu leben. Aus Liebe 
zu dieſer Tugend wollte er auch, daß feine Jünger den Namen Minimi, die 
Geringften, die Mindeften, tragen follten, gleichfam anzudeuten, daß fle die Letzten 
fein im Haufe des Herrn. Der Enbifehof von Gofenza beftätigte 1471 den 
neuen Orden, Sirtus IV. erfannte ihn 1474 an u. ernannte den heiligen F. zum 
Vorfteher. Damals zählte der Heilige unter feinen Juͤngern erft wenige Geiftliche 
und nur einen einzigen Priefter. Kurz nachher gründete er zwei neue Ordens⸗ 
häufer : eines zu Paterno, am Meerbufen von Tarent, u. das andere zu Spezza 
in der Didzeſe Eofenza. Drei Jahre fpäter verbreitete er auch feine Genoſſenſchaft 
nad) Sichien, und des folgenden Jahres nach Balabrien, überall als ein Engel 
des Herrn zur Rettung der Seelen erfcheinend. — Einige Wohnungen , die der 
Heilige dem Könige Ferdinand von Sicilien u. deſſen zwei Söhnen pegeben hatte, 
zogen Ihm Berfolgungen zu. Der König erließ fogar in feiner Erbitterung einen 
Verhaftsbefehl gegen den Heiligen. Allein der damit beauftragte Schiffshaupt⸗ 
mann warb durch des Dienerd Gottes Demuth u. Bereitwilligkeit, ihm au, folgen, 
fo ergriffen und gerühri, daß er, flatt ihn zu verhaften, vielmehr feinen Gebieter 
bewog, den Gottesmann ungefränft feiner Wege ziehen zu laſſen. Gott offenbarte 
auch © ines Dieners Helligkeit durch verfchtenene Weiffagungen und Wunder, bie 

als unläugbare Thatjachen in feiner Lebendgefchidhte glänzen und feinen Ramen 

weit bekannt machten. — Der Ruf von dem heiligen Cinfiedler Ealabriend kam 
bis zu den Ohren Ludwigs XL, Königs von Frankreich. Diefer, an einer Ent- 
fräftung darnieder liegend, ſah mit eiferfüchtigen Bliden auf feine ſchwindende 

Krone, die mit dem Tode feinem Haupte entfinfen mußte. “Die Schredniffe des 

Todes beftelen ihn fo ſchaudervoll, daß er den Gedanken an den großen Schritt 

in Die andere Welt nicht zu faffen wagte. Ein ſchrecklicher Trübfinn laftete ſchwer 

auf dem Unglüdlichen; wer vor dem Finſtern erfcheinen mußte, zitterte u. bebte; 
unter Berheißung —8 — er Belohnung folte fein Arzt ihm das Leben, fo lange 
möglich, friften. Doc, Macht und Reidyihum, die Ihm fo oft zur Beförderung 
feiner Abfichten dienen mußten, vermocdhten jebt, weder Krankheit nody Ton zu 
entfernen. Keine Luftbarfeiten gewährten ihm mehr die gewünfchte Zerftreuung in 
den Mauern des Schloſſes Piefflö-led- Tours, worin er fidy verwahrt hatte. — 

Da nun Alles vergeblidy war, nahm er feine Zuflucht zur Religion u. verorbnete 

allgemeine Gebete und Bittgänge zur Herftellung —— Indeß nahm 

die Krankheit des ſo ſehr beängſtigten Königs immer zu. Er ließ daher den heil. 

F. unter den glänzendſten Verſprechungen bitten, nach Frankreich zu kommen. 

Dieß machte aber keinen Eindruck auf den Diener Gottes, der, wie Neapels Kö⸗ 

nig, an den ſich hierauf Ludwig wandte, verſicherte, niemals zu einer fo weiten 

Reiſe wegen eined Fürften zu vermögen ſei, welcher nur aus nieberen und bloß. 

menfchlichen Abſichten ein Wunder verlange. Zuleht erfuchte der Unglüdliche den 

Bapft, um durch diefen zu erhalten, was ihm bisher verfagt worben. F. gehorchte 

der höheren Weifung. Bet feiner Ankunft in Frankreich wurde er auf die chren- 

vollſie Weiſe empfangen. Der König felbft ging mit ſeinem ganzen Hofe ihm ents 

gegen, —7— ibn beſchworend, von Gott die dorgeans ſeines Lebens zu 
Beilige antwortete, was ein verahufitige Ran af Kai din Ber 


n"inbhbern fan. "dr e verfiehen, das Reben der Anl 
6 fei Bein andered Mittel übrig, nid, fid) gebulbig dem «himmel. 
den 5, Draı  ken Dirlen 


4 tert. je 
fonderen Untertevumgen, die er mit dem Stönige hatte, mit folcher — 
hoͤrte, t war, der Geiſt Gottes rede * enen Mund, 


* utter 

önen Anlagen. Ste nahm ihn mit ſich tn bie Sıra a. flößte ihm eine 

first für alle Religionsübungen ein. Wenn fie nad) ihrer Gewohns 
die Lebensbeſchreibungen der Heiligen vorlas, ıml fie nie, ie 
Beraft angemefiene Bemerkungen darüber. zu machen. Sie wollte gar, daß. 
begleitete, wenn fie Die Armen befuchte, u. er mußte ihnen da, fo viel 
te, Feine Dienfte erweifen und ihnen die Almoſen austheilen. F. ar 
dummen der zärtlichen Sorgfalt feiner tugendhaften Mutter. Er tete 
Gebete mit, einer, weit übeg feine Jahre erhal , Andacht u. Geiſtesſaim⸗ 
» Die Armen liebte er zärtlich, und wenn. er Richt mehr für fle hatte, ſlehte 
e Sreigebigtet aller feiner Verwandten für fie an; oft fogar entzog er fü 
ı Theil feiner — um ihren Hunger zu ſtillen. In feiner Seele lag este 
moerungstwürbige Aufrichtigfeit, u. wı ex er manchmal 


enn e8 fi ee, daß 
le den Kindern gewöhnt verfiel, wollte er lieber t werben, 
85 burd eine Ai Cs ie er 
Nentyelopäble IV. . 8 


288 Franciscus. 
Milch, des Käfes, der Butter u. alles deſſen, was die alten Kirchenfahungen in 
den Faſten verbieten, Durch diefe firenge Enthaltung wollte der Heilige einiger: 
maßen gut machen, was die Lauigkeit fo vieler Ehriften zur Faftenzeit u. in ans 
dern Bußzeiten vernachläßigte; dabet hoffte er, das Beiſpiel feine Ordens werde 
vielleicht Fräftiger der Erfclafung des Bußfinnes entgegenwirken, als viele noch 
fo gelehrte Predigten. Die Nächſtenliebe war der Hauptzwed feined Ordens, 
Durdy diefe Tugend follten alle Glieder veflelben unter ſich u. mit allen Glaͤubi⸗ 
gen in gleicher Sorgfalt für ihr Seelenheil vereinigt werben. Unter allen Tugen- 
den aber, welche F. beiap, ftand die Demuth da ald Königin feines ganzen Les 
bend u. Wirkens. Obgleich von Pänften u. Königen geehrt, fah er fi mit dem 
Apoftel ald Auskehricht an, und erniebrigte ſich unter alle Geſchöpfe. Sehnlichſt 
haͤtte er gewuͤnſcht, verborgen und den Menſchen unbekannt zu leben. Aus Liebe 
zu dieſer Tugend wollte er auch, daß feine Jünger den Namen Minimi, die 
Geringften, die Mindeften, tragen follten, gleichfam anzubeuten, daß ſie die Letzten 
feien im Haufe des Herrn. Der Erzbiichof von Coſenza beftätigte 1471 den 
neuen Orden, Sirtus IV. erfannte ihn 1474 an u. ernannte den heiligen F. zum 
Vorſteher. Damals zählte der Heilige unter feinen Jüngern erft wenige Geiſtliche 
und nur einen einzigen Priefter. Kurz nachher gründete er zwei neue Ordens⸗ 
häufer : eines zu Baterno, am Meerbufen von Tarent, u. das andere zu Spezza 
in der Didzeſe Eofenza. Drei Jahre fpäter verbreitete er auch feine Genofienfchaft 
nad) Siellien, und des folgenden Jahres nad) Balabrien, überall als ein Engel 
des Herrn zur Rettung der Seelen erfcheinend. — Einige Wohnungen , die der 
Heilige dem Könige Ferdinand von Sicilien u. deflen zwei Söhnen gegeben hatte, 
zogen ihm Berfolgungen zu. Der König erließ fogar in feiner Erbitterung einen 
Verhaftsbefehl gegen den ‚Heiligen. Wein der damit beauftragte Schiffshaupt- 
mann ward durch des Diener Gottes Demuth u. Bereitwilligkett, ihm zu, felgen, 
fo ergriffen und gerühri, daß er, flatt ihn zu verhaften, vielmehr feinen Gebieter 
beivog, den Gottesmann umgefränft feiner Wege ziehen zu lafien. Gott offenbarte 
audy feines Dieners Heiligkeit durch verfchienene Weiffagungen und Wunder, die 
als unläugbare Thatſachen in feiner Lebendgefchichte glänzen und feinen Namen 
weit befannt machten. — Der Ruf von dem heiligen Ginftenler Ealabriens kam 
bi8 zu den Ohren Ludwigs XI, Königs von tankreich. Diefer, an einer Ent» 
fräftung darnieder Legend, ſah mit eiferfüchtigen Bliden auf feine ſchwindende 
Krone, die mit dem Tode feinem Haupte entfinfen mußte Die Shrednffe des 
Todes befielen ihn fo ſchaudervoll, daß er den Gedanken an den großen Schritt 
in die andere Welt nicht zu fafien wagte. Ein fehrediicher Trübfinn laftete ſchwer 
auf dem Unglüdlichen; wer vor dem Finſtern erfcheinen mußte, zitterte u. bebte; 
unter Verheißung reichlicher Belohnung follte fein Arzt ihm das Leben, fo lange 
möglich, friften. Doc, Macht und Reichthum, die ihm fo oft zur Beförderung 
feiner Abfichten dienen mußten, vermochten jetzt, weder Krankheit noch Tod zu 
entfernen. Keine Luftbarfeiten gewährten ihm mehr die gewünfchte Zerftreuung in 
den Mauern des Schloſſes Bieffld-led- Tours, worin er no verwahrt hatte. — 
Da nun Alles vergeblidy war, nahm er feine Zuflucht zur Religion u. verorbnete 
allgemeine Gebete und Bittgänge zur Herftellung feiner Geſundheit. Indeß nahm 
die Krankheit des fo fehr beängfligten Königs immer zu. Er ließ daher den heil, 
F. unter den glängendften Berfprechungen bitten, nad) Frankreich zu kommen. 
Die machte aber keinen Eindrud auf den Diener Gottes, der, wie Neapels Kö- 
gr an den fidy hierauf Ludwig wandte, -verficherte, niemald zu einer fo weiten 
Reife wegen eined Fürften zu ‚vermögen fel, welcher nur aus niederen und bloß. 
menſchlichen Abfichten ein Wunder verlange. Zulegt erfuchte der Unglüdliche ven 
apft, um buch biefen au erhalten, was ihn bisher verſagt worden. F. gehorchte 
der hoͤheren Weiſung. Bei ſeiner Ankunft in Frankreich wurde er auf die ehren⸗ 
vollfie Weiſe empfangen. Der König ſelbſt ging mit feinem ganzen Hofe ihm ent⸗ 
gegen, fußfällig ihn befchwörenn, von Gott die Verlängerung feines Lebens zu 
erleben, ‚Heilige antwortete, was ein vernünftiger Bann auf foldy ein Bes 


x 


vs, das hochheilige ‚ wobel:- eh jebess 
ie 0 durdhbrum, der , Die 
Be Sal 
Pe ee e —— 
Aeten Sanient {ah er’ois feine ARlaber an u.$e he, we aim Ude 
ee ann Ihm —— an ki un 
fe 'Zeit gebachte man — ——— 


m Ger, Terni u. Gaillard, die zum io ſich befannten, den 
® Glauben wieder zu begründen. Und unfer Sellin erbot eh *. * 
son Sales zu dieſem apoſtoliſchen — deſſen guter 
mmöglich angeſehen wurde. Sle fehten aber ihr Bertrauen ——— Sen in 
1594 die Reiſe an. Da ten un Miſſion — 
ı za Tonon, ber von 'Ghablais, wo en Katholiken m 
* *8 ummöglich, Im il harten vn — os ———— Untere 
u Lange . 
Isen dem Leben. Allein die Hinderniſſe ienlen 


hen Sicht, und De des 8 wurd 
a en ee 
Due Dia Hi ai Duke 1 Ammann, 3 — — Da das 


Me: die Kir 
== rd 'n En, den ml * — ——— 
zu 


Cemens VIII. 2 
Da en VL vn sl Han daher v . 
gen mi di km berühmten er, der zwar u —— ſchien, 
au! ier Bartel, 
n Gtolg würde ihm Kaum einen Widerruf geſtattet hal — haͤtte a 
Ichmählicyen u. geheimen, Beibenfchaften entfagen — deren Joch er nie 
on 
eh einen 


ber. 

bu I den Behr gten ‚alle ihgtice Se ab m 

ten ber Itrlehre ab, u. der ‚Heilige fah 1} bal n Pr 

im ihm gefchidt den Stand f efegt, mehre Pfarreien zu errichten. 
wurbe 1598 der Gatsiniemus gänzlich aus Chablals und den Landyogs 


und Gaillard verbannt, und überall befannte man gm 
» Glauben. — Claudius von Darnier, Biſchof von te im Eins 
Bil mit dem Papfle und Dem Derige —— lligen den 

m zu ſeinem Amtögehülfen zu nehmen. Anfangs. wei; aber 


Gottes, und te, Pr 6 
t, im a a k won Fr 
den Willen Oberen 


er fh 
barte. Als er einige 
ein Bater an einer ae Reanet — ab —*— ads 
as Schloß Sales, wo er, ais ein muthvoller Diener der Religion Jeſu, des 
Echmerg. hies un eachet, feinem Bater die Heiligen jaframente er⸗ 
» ihn zum Tode vorbereitete u. feine Familie tröfete. — Da Lanbvog tet: 
durd) den — zwiſchen ea W.u dem m ga 
anf eich abgetreten wurde, be Rena hen 
um vom Könige die Erlaubniß — a Fr Su * 24 
Landes zu arbeiten, en In Beier 
Börecbletung wegen feiner a elmen Babienfe win Tea ai 


Thätigkeit zu geben. Die Wahrheit ver- . j 


2 Francisens, 


Stadt gehaltenen, Predigten bewirkten viele Belehrungen, felbft unter den Calvi⸗ 
niften, weßwegen der Cardinal du Perron fagte: Ich habe die Gewißheit, vie 
Calviniſten überzeugen zu Tönnen; fie aber zu befehren, bat Gott dem Herrn 
MWeihbifchofe von Genf vorbehalten. Der König wollte wegen der ‚berühmten 
Predigtgabe des Helligen ihn felbft hören, und er ward vollfommen befriedigt. 
Er faßte fogar den Entfchluß, ihn auf immer in Frankreich zurüdzubehalten, ins 
dem er ihm das erfte erledigte Bisthum antragen ließ, u. mittlerweile einen Ges 
halt von 4000 Livres. Da indefien feine Anweſenheit am franzöſiſchen Hofe 
nicht mehr nöthig war, kehrte er nach Annecy zurüd. Auf dem Wege erhielt er 
die Nachricht von dem Tode des Biſchoſs von Senf, Claudius von Garnter, 
der alle Eigenfchaften eines würdigen Oberhirten vereinigt hatte Der Heilige 
wählte das Schloß Sales. zum Orte feiner Weihe u. bereitete ſich zu Pieter er» 
habenen Geremonie durdy eine 20 Tage lange Zurüdgezogenheit vor. Während 
diefer Geiſtesſammlung entwarf er feinen Tünftigen Lebensplan, von dem er duch 
niemals abwidy. Am 8. December 1602 empfing er die heilige Salbung. Er 
widmete ſich nun mit ganzer Seele feinen heiligen Amtsverrichtungen, u. befons 
ders der Berkündigung ded Evangeliumd. Zu den heiligen Weihen ließ er nur 
Jene zu, die er nach eifriger Prüfung diefed hohen Berufes würdig gefunden hatte, 
Zur Belehrung der Unwiflenden ließ er gründliche Katehismus-Unterrichte hal⸗ 
ten, u. mehr ald einmal unterzog er fidy felbft dieſem wichtigen Amte eined Eees 
Ienbirten. Gr fuchte Die eingeichlichenen Mißbräuche auszurotten u. neuen vors 
zubeugn. In der Langvogtel Ger ftelite er, trotz der vielen Gefahren, denen er 
ausgeſetzt war, die Tatholifche Religion wieder her. — Während der Heilige mit 
Wiederherſtellung der Klofterzucht in der Abtei Sir befchäftigt war, erfuhr er, 
daß die Gipfel zweier Dege berabgeflürzt wären, mehre Dörfer verfchüttet u. viele 
Menfchen und Thiere getöptet hätten. Obgleich die Wege zu dieſem Drte der 
Verwuſtung fehr ungangbar waren, machte er ſich doch fogleih auf, um einen 
Theil feiner Heerve zu tröften, deſſen Elend fein Mitleid in Anspruch nahm. Gr 
ward beim Anblide der Armen, welche Alles, Toger Kleider u. Wohnftätten, vers 
Ioren hatten, tief ergriffen. Er weinte mit ihnen, tröftete fe, theilte alles 
Geld unter fie aus, was er bei fi hatte, und erwirkte ihnen vom Her⸗ 
zoge von Savoyen die Befreiung von allen Abgaben. — Heinrich IV., um 
ibm einen neuen Beweis feiner Hochachtung zu geben, bot ihm eine bes 
trächtliche Abtei an, die er aber ausfchlug. Und da der König ein anderes 
Mal in ihn drang, einen Gehalt anzunehmen, bat er, ihm zu erlauben, daß er 
denfelben * fo lange in den Händen des Töniglichen Schatzmeiſters laſſe, bis er 
deſſen bedürfe. Betroffen durch diefe Antwort, die eine böfliche Wblehnung war, 
fonnte ſich Heinrich nicht enthalten zu fagen: Der Bifchof von Genf fel durch 
diefe glüdlidye Unabhängigkeit, tn die ihn feine Tugend gefeht habe, fo fehr 
über ihn erhaben, als ihn feine königliche Würde über die andern Menſchen ers 
hebe. Da die Predigten des Heiligen allenthalben die herrlichſten Fruͤchte trugen, 
lud man ihn ein, in mehren großen Städten dad Wort Gottes zu verkünden; 
defien ungeachiet brachte er doch lieber den fchlichten Lanpleuten die frohe Bots 
ſchaft ded Helles. Den Armen und Unglüdlichen gab er Alles, was er hatte. 
Sein Verwalter, dem es zumwellen am Nothwendigſten fehlte, beklagte ſich oft 
über ihn, u. wollte ihn verlafien. Sie haben Recht, antwortete dann der Heilige 
mit bewunderungswürbiger Einfalt: ich bin. unverbeflerlich und, was noch ſchlim⸗ 
mer ift, ich werde ed wohl nody lange bleiben. Ein andersmal fagte er ihm, 
auf das Kruzifir deutend: Kann man wohl Bott Etwas verweigern, der ſich für 
und fo weit herakgelafien hat? Bon Heiligem Berlangen entflammt, Andern 
auf jede Art nüglich zu werben, verfaßte der heilige 5. das bewunderungswuͤrdige 
Bud: „Anleitung zum andächtigen Leben“; dieſem Werke folgten noch andere 
in demfeiben @eifte gefchriebene, die ſchon oft mit der göttlichen Gnade bei aufs 
merkfanien Lefern zum Helle der Seele gewhtt haben u. nody wirken werben. — 
Ueberaus beichrend iR feine Schrift Über die Liebe Gottes, worin ex bie 


Francisens. 293 


— — die Erfalnmgen, Unruben, Leiden und Seiſtesdürren ciner Gott 
liebenden Eeedle mir genaueſter Umficht beſchreibt. Der General der Karibäuſer 
harte dem Heiligen, nachdem er deſſen Anleitung 2. a. 8, gelejen, den Rath 
gegeben, Nichts mehr au jchreiben, weil, wie er ante, feine Feder nicht mehr 
tm Stande tet, etwas Aehnliches zum Borfcheine zu bringen; er batte aber nicht 
fobald die Atbandlung von der Liebe Gottes gelefen, als er ibm rierb, 
nie wieder vom Edhreiten abzulafien, weil feine legten Werke die erfien jedes 
Mal an Blanı überträfen. Unſer Heiliger war ein vertrauter Frteund des Jo⸗ 
baun Peter Camus, Biſchof von Belley. Diele beiden großen Männer ber 
fuchten einander jede® Jahr, und befprachen fidy über verſchiedene Gegenſtände 
des geiſtlichen Lebens. Bet einer diefer Unterredungen fügte einſtens der beilige 
5. m dem Biſchofe von Bellen folgende merkwürdige Worte über die brüderliche 
Surecdhtweifung.” Die Wahrheit fol allegeit voller Liebe ſeyn. Ein bitterer Eifer 
Riftet nur Böſes. Berweife find Retd eine ſchwer verbauliche Koſt. Die brü« 
derliche Liebe muß fie fo zu mildern willen, daß fle ihre Herbe verlieren, ſonſt 
leihen fie einer unreifen Frucht, die Brimmen verurfacdht. Die Liebe ſucht nicht 
—* Vortheile, ſondern nur die Chre Gottes. Bitterkeit u. Härte kommen nur 
von der Leidenſchaft, der Eitelkeit und dem Stolze. Gin qute® Mittel wird ein 
todtendes Gift. Ein vernünftiges Sıillihweigen iſt allzeit befler, denn eine lieb» 
Iofe Wahrheit.” Die Liebe war ein Hauptzug im Gharafter unferes Heiligen. 
Dft brannte fie fo feurig in feinem Innern, daß er in der Unterrebung mit 
feinen Freunden nicht felten ausrief: „ach! wenn Ihr die Tröfungen kennetet, weldye 
meine Seele überftrömen, ihr würdet für mich der göttlichen Güte danfen, daß 
fie mir die Kraft ertheile, die heiligen Einfprechungen, die fie mir ſchickt, au be 
folgen. Mein Herz empfindet eine unausfprechliche Begierde, da8 immerwaͤhrende 
lachtopfer meines Erloſers zu feyn. Welch ein Glück, nur in Bott zu leben, 
zu arbeiten u. ſich zu erfreuen! Ich hoffe, daß ich durch feine Gnade den Ge⸗ 
ſchoͤpfen Nichts mehr feyn werde, u. daß diefelben Nichts mehr mir feyn werben, 
als in ihm und für ihn. Ein anderes Mal rief er aus: Ach! wenn ich wüßte, 
daß die geringfte Neigung meines Herzens nicht für Gott wäre, würbe ich fe 
fogleich ausrotten. Ya, wenn ich glaubte, daß nidyt mein ganıed Herz das Ge⸗ 
präge Jeſus des Gekreuzigten trüge, fo würde ich es nicht einen Augenblick in 
mir behalten.” — Das fchönfte Denkmal des Eiferd und der Liebe des heiligen 
Fr. v. Sales war aber die Stiftung ded Ordens der Heimfuhung Mariä, 
Diefe SGenofienfchaften wurden blühende Pflanzfchulen der erhabenften Tugenden ; 
weder Eränkliche, noch bejahrte Berfonen waren davon ausgefdhloffen, indem Feine 
beſonders firengen Bußwerke vorgefchrieben waren, fondern nur Alles dahin zielte, 
den Klofterfrauen die Frömmigkeit, Sanftmuth, kindliche Ginfalt u, Liebe einzu 
flögen. Die heilige Srancidca von Chantal war die unverbroffene &ehülfin 
des „Heilen bei diefem Werke, Iegte zuerft die Gelübde ab, und warb Die Bor, 
fieherin des neuen Ordens. — Im Jahre 1619 erhielt ver Heilige den Auftrag, 
den Gardinal von Savoyen nad Paris zu begleiten, der Chriſtina von 
Frankreich, Ludwigs XII. Schwefter, für den Fürften von ‘Piemont zur (Ehe bes 
gehrte. Die Heirath fam zu Stande, u. bie !Brinzeffin wählte nun den Bifchof 
von Genf zu ihrem Großalmofenpfleger. Allein der Heilige lehnte dieſe Würde 
ab, weil fle ihm unvereinbarlicy ſchien mit der ihm obliegenden ‘Pflicht, In feinem 
Bisthume zu wohnen, wovon er fich, obgleich er einen Coadjutor hatte, doch nicht 
befreit glaubte. Und wenn er ſich endlich auf die wiederholten Bitten der Kürftin 
ergab, war ed nur unter zwei Bedingungen: erftens, daß er in feiner Diöcefe 
wohnen dürfe, u. zweitens, daß er, wennn er fein Amt nicht ſelbſt ausüben würde, 
auch die damit verbundenen Einfünfte nicht annehmen dürfe. I Rina machte 
ihm, gleichſam zur Einfegung in feine neue Würde, ein Geſchenk mit einem foft- 
baren Diamante, weldyen fie ihm aus Liebe zu ihr aufzubewahren anempfahl, 
‚Madame, dieß verfpreche ich Ihnen, I fange die Armen deſſen nicht bepürfen 
werden.” „Sn diefem Falle, — verfete die Fürftin, — verpfänden fle ihn nur; 


294 Sraneidens. 


werde ihn einlöfen.“ „Sch fürchte, fehte hierauf der je bei, dieß würbe zu 
oft nefchehen, u. ich würde zuleht ihre Güte auf ne Belle As ihn nachher die 
„ürhin zu Turin_ohne den Diamant fah, Eonnte fie leicht errathen, wo er hin⸗ 
gekommen fel. Ste gab ihm dann einen anderen von höherem Werthe, empfahl . 
{hm aber, biefen befier, als demerften, zu bewahren: „Madame, war des Heiligen 
Antwort, ich bürge ihnen dafür nicht; ich bin nicht fehr geeignet, fo koſtbare 
Dinge aufzubewahren.” — Der Beitige Bifchof, der Nichts unverfucht ließ, um 
die Sünder von dem Lafterwege zurüdzuführeh, bemühte ſich einft, den Unorbs 
nungen einer Buhlerin. Einhalt zu thun, die von einem aeopttäßlinge gehalten 
wurde. Der Unglädliche, anftatt in fich au gehen, erfann eine unerhörte Rache. 
Er unterfchob dem Heiligen einen Brief: an dieſes fchändliche Weib, worin er 
deſſen Schriftzüge u. Ausbrud vollfommen nachzubilden verſiand. Diefer Brief, 
der öffentlich bekannt wurde, täufchte Viele. Erft nach Berlauf von 2 Jahren 
kam die Wahrheit vollfommen an’d Licht. Der Verläumber fam auf dad Tod⸗ 
bett, wo er in Gegenwart mehrerer Zeugen fein Verbrechen befannte, mit 
den —E Reuegefühlen Verzeihung begehrte, u. alle Anweſenden befchwor, 
feinen Widerruf allenthalben bekannt zu machen. So wurde der heilige Bifchof 
und feine miterläumdeten geifllichen Töchter gerechtfertigt. Die Gefuntheit des 
elligen befand ſich, da er dem Herzoge von Savoyen und dem franzöfifchen 
ofe nach Lyon zu folgen genöthigt war, ſchon in einem bebenklichen Zuflande; 
defien ungeachtet unterließ er nicht, am Borabende u. am Tage des um Weih⸗ 
nachtöfeftes zu predigen. Des folgenden Tages waren feine Kräfte ſchon fo ge⸗ 
famädt, daß er fi) zu Bette Iegen mußte, u. bald zeigten fich alle Merkmale 
eines Schlagfluſſes. Da der Heilige allezgeit vollfommen bei fi) war, begehrte 
er die lehte Delung, die ihm auch ertheilt wurde. Das heilige Abendmahl 
empfing er aber night, weil er Morgens nody Meſſe gelefen hatte umd fich zudem 
öfters erbrechen mußte. Er dachte nun gz8 an eine würbige Borbereitung 
zum wichtigen Schritte in die Ewigkeit, der ihm während feiner gefunden Tage 
immer vor Augen geſchwebt hatte, u. flarb endlich am 28. December 1622 
dem 56. Jahre ſeines Lebens u. dem 20. feiner bifchöflichen Würde, Sup wurde in 
der Kirche der Heimfuchung von Balle-Eour zu Lyon, fein Leib aber zu Annecy in der 
Kirche des erſten Kloſters von der Heimfuchung beigefeßt. Der Bapft Alexander VIL 
verfehte ihn 1665 unter die Zahl der Heiligen u. beftimmte fein Feſt aufpen 29. Januar. — 
6) J., Zaverius, der Apoftel von Indien u. Patron der Miffionen, wurbe am 
7. April 1506 zu Zavier, einem Schloſſe bei Pampelona in Spanien von ades 
ligen Eltern geboren. Im feinem achtzehnten Lebensjahre kam er, mit feltenen 
Geiſtes gaben ausgeſtattet, nach Paris, wo er mit dem heiligen Ignatius bes 
kannt wurde u. Jahre 1534 mit mehren Andern in den Orden der Geſell⸗ 
ſchaft Jeſu aufgenommen wurde. Er führte hier ein fehr frenges Leben u. zeigte 
befondere Liebe gegen die Armen u. Kranfen in den Spitälern. Da fein bren- 
nender Eifer die Ehre Gottes u. für das Heil des Nächften bekannt war, fo 
fendete ihn Papſt Paul I. auf Verlangen des Könige Johann von Portus 
jal nad) Indien, den kathollſchen Glauben zu previgen. Zu Boa, der Haupt⸗ 
Babe der vortugtefüfchen Sefipungen, Seganm er 1542 feine apoftolifcyen Arbeiten. 
Durch feine ergreifende ‚Breotgten, verbunden mit feiner ascetifchen Lebensweiſe, 
befehrte er unzählige Juden, hammedaner u. Heiden zum Chriſtenthume und, 
wie ſelbſt die Feinde der Wahrheit & jeftanden, wirkte er häufige Wunder, Er 
machte Kranke gefund, heilte bie — ftilte ploͤhlich die heftigſien See⸗ 
flürme, verwandelte ſalziges Meerwaſſer in füßed, ſagte Knie Dinge voraus 
u. erwedte 4 Todte zum Leben. Alle feine Reifen zu Lande, fogar in Japan, wo 
die Wege äuferft ſchiecht waren, machte er zu Fuß u. wanderte felbft im Win, 
ter batfuß. Zur See diente ihm das Tauwerk der Schiffe, oder bloße Bretter zur 
Schlafftätte, u, zu Lande eine Matte, oder auch der Boden allein. Etwas Reis' 
in Wafler gekocht und ganz wenig von gingefalgenen Eichen war feine Be 
liche Nahrung. Er —— flickte nen Rod mit eigenen Händen und legte ihn 


Frande, 235 
als bis er fa m Erüde zerñel, wenn nicht etwa die Ehre Gottes 
der Religion e8 anders ver.angte Mit Indien u. Japan nice 
er das CEtriftentbem auch nad Chma bringen: doch mitten in 
cher Wirken ergriff ibn auf der Intel Sauciano ein Zicher, dus 
äfte veriehrte. bne Arge und Heilungemittch, voll ver beſtigſten 
123 er unter einem armſeligen Dache von Baumäſten geflochten. wandte 
e mm Bilde des Gekteuzigten und ſtard mit ten Worten: „Ruf dich, 
- Babe ich gehoit u. in Ewigkeit werde ich nicht au Schanden werden“ 
Dicember 1552, 46 Jabre al. Die Wunderwerke hörten mit ſeinem Tode 
auf; denn zu Goa wurde feine Leichnam in der Kirche ded Gollegiums 
zum Beiligen Paul beigefegt und bei diejem Anlaſſe erfolgten mehrere "wunder 
bare Heilungen. AK. 

Brande, Auguft Hermann, Gründer der berübmten Halleſſchen Waiſen⸗ 
Anftalt, war geboren zu Lübeck am 23. März 1663. In Gotba, wobin fein Bater 
Juſtizrath berufen ward‘, erbielt er feine erfle wiſſenſchaftliche Bildung. 16 
Jahre alt, bezog er die Univerfität Erfurt, u. Rudirte dann zu Kiel u. Leipzig 
Theologie. ee 1631 Magifter geworden, hielt er praftiiche Vorleſungen über 
die heilige Schrift, weldye auf der einen Seite eben fo großen Beifall fanden, 
als fie auf der andern Seite ihm eine Maſſe neidiſcher Feinde zugogen, deren Vers 
folgungen er fi) entziehen zu müfjen glaubte, wiewohl der gelehrte Thomaflus in 
eigenen Bertheidigungsichrift fich feiner mit warmem Gifer annahm. 1690 
ging er als Prediger nach Erfurt an die Augufinerliche, wo feine gemüthvol« 
im Kanzelvorträge, weldye von der flarren Iutherifchen Orthodoxie ſich in A 

ter Ferne hielten, felbft- bei den Fatholifchen Einwohnern ungetheilten Bel 
fall fanden, aber auch der gehäßigfle Reid nicht eher ruhte, bis ein obrigkeitlicher 
Befehl gegen ihn audgewirft wurde, binnen 24 Stunden die Stadt auf Immer: 
zu verlaffen. Am 27. Sept. 1691 flüchtete er zu feiner Mutter nad) Gotha, u. 
nahm bier einen Ruf an die neuerrichtete Univerfität Halle an, wo er 1692 
zuerft Profeſſor der orientaliichen Sprachen, fpäter der Theologie wurde. Ju der 
fittlidy verwahrlosten Vorſtadt Glaucha fand fidy für ihn ein weiter Wirkungo⸗ 
freis für gebeihliche religlöfe Emporhebung des verfommenen fittlichen Zuflande®. 
1698 legte er den Grundftein zu den berühmten wohlthätigen Stiftungen, weldye 
feinen Ramen unfterblid) machten und den reichften Segen an die ſpäteſten Ge⸗ 
fhlechter vererbten. Als er einft ein Geſchenk von 4 Thalern u. 16 Grofchen 
in der Sparbüchſe für arme Kinder fand, rief der fromme Dann mit danfers 
fültem Herzen nad) Oben aus: „Das ift ein ehrlich Kapital, damit kann man 
ewas Rechtes anfangen; ich will eine Armenfchule damit anlegen” — und am 
Schluſſe feines Lebens ergab fi) als Rejultat, daß das Pädagogium aus 152 
Perſonen befand; in der Schule wurden 2125 Kinder von 130 Lehrern und 8 
Lehrerinnen unterrichtet ; im Waiſenhauſe 134 Waifen, 255 Studenten u. einige 
Hundert arme Schüler gefpeldt; bei der Haushaltung, Meierei, Krankenpflege, 
Buchhandlung, Buchdruckerei u. Apotheke wurden 53, und bei den Anftalten für 
das weibliche Geſchlecht 29 Berfonen unterhalten. Gewiß, Gottes reicher Segen 
iR hiebei nicht zu verfennen, u. finnvoll n. rühmend ift die fchöne Infchrift über 
einem der Haupteingänge feiner Stiftungen. „Fremdling, was du erblidft, hat 
Glaub’ u. Liebe vollendet, Ehre des GStiftenden Geiſt, alaubend u, licbend, wie 
a.” Höchft ungerecht belaftet man ihn mit dem Vorwurfe eines unfellgen ver« 
derbten Pietismus, während feine reine kindliche Frommigkeit, fein zuverſichtliches 
Gottvertrauen u. feine begeifterungsvolle thätige Nächftenllebe vielmehr unfere Be- 
wunderung verbienen. Ohne alle Unterflügung von Seite der Reglerung, ſchuf 
die beharrliche Thatkraft des Einen frommen Mannes fo umfangreiche u. ſegens⸗ 
volle Anftalten! (Nähere Belehrung hierüber findet fih in der Zeitfchrift von 
Schulze, Knapp u. Niemeyer: 5.5 Stiftungen, Halle 1792-96 u, In der Bios 
graphie von Gueride, Halle 1827.) Gefegnet von der Mitwelt, ſtarb er 8. Juni 
1727. Die Nachwelt fegte ihm, im Bereiche feiner Stiftungen, ein ehernes Denl⸗ 


34 
ER 


i 


35 


gr 
F 


1 


46 


5 


Ä 


re Frauco — Frank, 


mal, von Profefior Rauch modelliert u. am 5 Nov. 1829 eingeweiht. Bon fel- 
nen deutfchen Schriften verdienen Erwähnung: Bon der Erziehung der Kinder 
r. Gottfeligkeit, Hamburg 1688. Yußpredigten, 2 Thle. 16991705, Glauchi⸗ 
—* Geſangbuͤchlein; Anweiſung zu beten. Zeugniß von dem Worte, Werke u. 
Dienſte Bottes, 1702. Chriſtus der Kern der heiligen Schrift, 1702. Sonn⸗, 
Feft- u. Apofteltageprebigten, 1703. Deffentliche Reven über die Paſſtonshiſtorie 
nad Markus und Johannes, 1714 und 1716. Gedächtniß⸗ u. Leichenpredigten, 
1722. Sonn u. Fefttagspredigten, 1724. Actiones paraenelicae, 2 Thle. Pre⸗ 
digten über Sonn» u. Feſttags-Epiſteln, 1726 u. a. Cm. 

Franco ober frei, ein Ausdrud, defien man 1 bet jeder Berfendung — 
die Poſt, Frachtfuhr zu Lande oder Schiffsgelegenheit) bedient, wobei der Abſen⸗ 
der die Transportkoſten entweder bei der Abſendung bezahlt, oder ſie doch trägt. 

Franco von Köln, genannt Parisiensis Magister, Domſcholaſticus zu Lüt- 
tidh, geboren zu Köln 1047. Er war es, der die Zahl der Noten auf 4 von 
verſchiedener Länge erhoͤhte, die Notenfchrift erweiterte und den Takt begründete 
(ſ. d. Art. MufiH. Nach Einigen fol er fogar der Erfinder des Menfu- 
ralgefanges (f. d.) geweſen ſeyn. Seine Lehre verbreiteten u. vervolllommneten 
im 15. Sahrbundert Johann von Muris aus der Rormandie und Kran 
chinus Gaſton (geboren 1451 zu Lodi). %. ftarb um 1083; er ſchrieb: Mu- 
sice, sivo ars cantus mensurabilis (in Gerberts Scriptor. eccles. de musica 
sacra, Band 3.) 

Francois de Neufhätean, Louis Nicslas, Graf, geboren zu Neuf- 
hätenu in Lothringen von bürgerlichen Eltern, zeigte fchon frühe großes Talent 
für die Dichtfunft u. erregte fchon tm 13. Jahre durch eine, von ihm herausge⸗ 
gebene, Sammlung von Gedichten hohe Erwartungen. 1782 Generalprofurator 
auf Et. Domingo, förderte er in Frankreich die Revolution aus allen Kräften. 
Er präflvirte die legislative Derfammtung, ehnte aber die Wahl in den Gons 
vent, fo wie dad Minifterium ab. Als Minifter des Innern 1797 verdankt man 
ihm die erfte öffentliche Gewerbeausſtellung. Er war dann von 1799 — 1806 
Präftvent des Senats, u. von Napoleon 1804 in den Brafenftand erhoben. Seit 
1814 bis zu feinem Tode (1828) widmete er ſich dem Aderbaue. Gr ſchrieb Die 
Komödie „Pamela oder die belohnte Tugend,” Reden ıc. 

Franeker, Stadt in der nieverländifchen Provinz Friesland, eine Meile 
yon der NRordfee, am großen Kanale, mit 4600 Einwohnern, hatte früher in der 
gelehrten Welt einen Ruf durch die, 1585 daſelbſt von den frieflfchen Staaten 
größtenthelld aus den Guütern aufgehobener Kiöftern geftiftete Univerfität, die je- 
. doch 1816 aufgehoben u. in ein Athenäum verwandelt wurde, dad dermalen ges 
gen 30 Zöglinge gut 

Frauk, 1) Sebafttan, geboren zu Donauwörth 1500, bradyte den größ- 
ten Theil feines Lebend unftät u. flüchtig zu u. verbreitete überall feine ſonder⸗ 
baren Meinungen u. Schriften. Aus den lebteren ſieht man, daß er ein ſchwär⸗ 
merifcher Wivertäufer war. Am längften hielt er ſich in Nürnberg, Straßburg, 
Ulm u. Bafel auf, in weldyer legteren Stadt er um dad Jahr 1545 flarb. Seine 
Schriften find theils Hiftortfchen, theils muftifchen u. polemifchen Inhalte. Die 
biftorifchen zeichnen fi) alle durch fchöne Spradye, anziehenden Erzählungston, 
und durch einen naiven, herzlichen, freilich auch nicht felten in das Gebiet des 
Myſticismus überfpringenden, Bragmatismus aus; über die Gefchichte feiner Zeit 
liefert er widhtige Notizen; auch in Hinfit auf die Geſchichte der deutſchen 
Sprache haben diefe Werke einen unverfermbaren Werth. Seine muftifchen u. poles 
mifchen Schriften haben ebenfalls für den Eprachforfcher, und fein Clavis des 
Theuerdanks für den Hiſtoriker Keinen geringen Werth. Auch eine Sammlımg 
deutfcher Sprüdwörter hat er herausgegeben. Endlich überfeßte er auch mehre 
Iateinifche Schriften ind Deutfche, unter andern ded Erasmus Lob der Rarr- 
heit u, des Cornelius Agrippa Schrift von der Gitelfeit menfchlicher Kunft. 
Seine Schriften gehören jeßt alle zu den feltenen. — 2) F., Johann Beter, 





Emrötzrg, ven we er 1706 nad Hutweilerg gerüdfchrte u Nuieh aldMed. Dr, 
Weserit zurd: mca übte er Irtiihe Wrasts in Rodalden, feier in Bit im 
£ochrngen, ;u medem Brhufe er ſich vera, meh Pic (franıdäiche) Dertermärde 
iR Der Mepign zu Ront:a:Moufen erwerben mußte: M. Fedt. 170° dewatdete er Die 
Tocdter nes Handelemannes in Ront-äsMouffon. dic er ſeit ſeinen erſten Rufentbalte 
Darelk® sbre: 1768 im Herbſte zog er nach Baden-Baden, we cr aledald eine 
Feine für@ldhe Betallung erbielt, feine grau aber im erſten Wochendeite verlor: ION 
wurde er mufgrißicher Hormedifus in Rakadt, 1772 aber ala fuͤnſtuich Spever⸗ 
ſcher Stadt⸗ u. Sannpbofieus nad) Bruchfal derufen u. bereite im nachden Nadıe 
zum Leibarite des Fürſtbiſchefs ernannt. Hier erwarb Ach W. nroße Verdienſte 
durch Erridting einer Hebammenſchule, ſowie durch Begründung einer Schule 
für Ghirurgen, in weldyen beiden Anfalten er mit großem Ütfer feld lebrie: zu⸗ 
gleich begann et nun feine literarifche Thätigfeit, und es erichien nach cin paar 
vorauögegangene Programmen der erfte Band feines Svſtem einer vollſtandi⸗ 
gen medizinischen Bolizei,“ Mannheim 1779, 8, das, in verſchiedenem Derläne u 
zum Iheile nad) vs Berfaffers Tode nach deſſen Manuſcripten bearbeitet, DIE zu 
6 Bänden und 3 Suppiementbänden anwuchs, mehrfache Nachdrüde, auch eine 
holländtfche Ueberſeding erlebte u. heutzutage noch als unerreichte® Hauptwerk 
in dieſem Fache daftet. 1784 nahm F. einen Ruf nach Göttingen an als gt 
britannifcher Hofrath u Profeffor der medtzinifchen Rrario, verließ diefe Gtelle 
aber nad) 2 Semeftern, um die, durch Tiſſot's Abgang verwalste, Rrofeſſur 
der mediziniſchen Klinif n Pavia zu übernehmen; hier wurde F. 1786 ‘Director 
des Epitald u. noch im elben Jahre General: Director des Medicinalweſend In 
der Lombarbet, in weldy beden Eigenfchaften er ſich namen durch @inführung 
einer chtrurgiſchen Klinik u. dur zeitgemäße Reformen im Medizinalweſen nroße 
Berdienfte erwarb. 1795 Em F. ald Director des allgemeinen Kranfenhaufes 
u. Profeſſor der, Klinit nach Wien; 4804 ging er in ruffifche Dienfle u. wınde 
Profefior der Klinik in Wilne im nächften Jahre aber in St. Peter&burg und 
zugleich Leibarzt des Kaiſers; '808 zon er fi-h mit ruffifcher ‘Penfton nach Wien 
zurüd u. lebte daſelbſt als praufcher Arzt, bis er am 24. April 1821 fein thaͤ⸗ 
tigeö u. vielbewegtes Leben ſchoß. F. Lit als der Gründer der meblainifchen 
Polizei anzufehen u. bat fidy in ilen feinen verſchiedenen Stellungen große Wer 
dienfte um die Medizinal⸗Einricht ngen u. die Förderung des Unierrichtes In ber 
Heilkunde erworben; aber auch af die Förderung der Arzneiwiſſenſchaft ſelbſt 
war er von größtem Ginfluffe, nich bloß durch unmittelbare Lehre, fondern auch 
durch feine Schriften, deren wichtifte, urfprünglich Tateinifch gefchriebene: „Wer 
handlung der Krankheiten der Penſchen“ verſchiedene Wuflagen, Rachdrude 
und Bearbeitungen erlebte, die in die neuefte Zeit reichen. Vergleiche „Bio- 
grapbie des 3. P. 5. von ihm ſibſt gefchrieben.“ Wien 1A02. 4) Y., 

ofepb, Sohn des Vorigen aus zwiter Ehe, ebenfalls ein ruͤhmlich befannter 
Arzt, geboren 23. Dec. 177: zu Ratadt, fludirte in Böttingen, Malland und 
Pavia, wofelbft er 20. Jun 1791 Mid. Dr. ward; 1795 verfah er, bei feines 
Baterd Abgang, als außercdentlicher Brofeffor die Ktinit in 'Pavla, wurde 1700 
Primararzt im Wiener Kraikenhauſe, ging 1804 mit feinem Water In ruffifche 
Dienfle u. wurde Profefior der Bathoonte in Wilna, Im nächften Jahre aber, 
bei feined Vaters Abgangevon Wilna, Brofeffor der Klinik daſelbſt, In welcher 
Stellung er fehr viel zur Emporbebung des ärztlichen Unterrichts leiſtete, durch 
Grridytung einer ambulatorfchen Klinik, einer Gebäranftalt, einer Baccinations⸗ 


a. der Hrufande, peor® m Kullerg, : 


298 Franten, 
—— 10.5 1824 verließ er wegen eines Augenuͤbels bie ruſſtſchen Dienſte 
mit Penfion u. dem Range eined Staatörathed u. lebte nun ale Privatmann 
in Wien, bis er 1826 fi) am Comer⸗See nieberließ u. daſelbſt 18. Dec. 1842 
farb. F. war ein eifriger Anhänger des Brownianismus, nicht nur am Kran 
fenbette, fondern auch in feinen Schriften, und nahm felbft für kurze Zeit feinen 
berühmten Bater dafür ein. — Seine wichtigften Schriften find: »Acta institetı 
clinici Vilnensis.«a 6 ®bde., 2yp}. 1808—13 u. »Praxeos medicae universae prae- 
cepta,« 3 Thle. Lpz. 1826—1841, wovon eine 2. Aufl. u. eine deutſche Ueber⸗ 
fegung erfchten. — Sein Bruder, Dr. Franz F., geb. 6. Ian. 1774 zu Bruch⸗ 
fal, ftarb 19. März 1796 in Wien als Affikent feines Baterd. E. Buchser. — 
4) Dtbmar, Orientaliſt, geboren zu Bamberg 1770, Benebictiner, Lehyrer zu 
Bamberg, prißatifirte feit 1807, zuleßt in Barid und London, bis er 1517 nad 
München berufen wurde. Gr farb 1840 als Mitglied der Akademi u. ‘Pros 
feffor der verfiichen und indiſchen Sprachen. Er fchrieb eine Sanrftit - Gram- 
matif (1823); „Phtlofophie der Hindu“ (1835) ıc. 

ranken, die freien Leute, alfo genannt von dem Worte f:ant: Eräftig, 
frei, waren ein Bölferbund, gebildet aus deutfchen einheimifchen Stämmen, ein 
Name, der nach dem Anfange des 3. Jahrhunderts zuerft vorfomm. I Rad) ihren 
Sitzen unterfchlen man: a) Nieder⸗F. an den Ufern des Rheins, von ber Lippe 
bis eine Strede an der Yſſel hinab; dort wohnten die Stämm der Sigambrer, 
Ehamaven, Chattuarier u. a. Beſonders zeichnete der Stamm der Saller ſich 
bald aus, Bewohner des Saal⸗Landes an der niederländifche Dfiel. Diele 5. 
tbaten den Römern nicht nur großen Schaden durch ihre äftern Einfälle in Gals ' 
lien (f. d.)- 3. 237 n. Chr., fondern auch zur See, indem ft fogar bis ins Mit 
telmeer kamen (um das Jahr 280). Katier Konftantius entiß ihnen das genom⸗ 
mene Batavia (im heutigen Holland) wieder (im Jahre 23 u. f.) u. verpflanzte 
einen Theil der Kranken ind Römergebiet; auch fein Sohn konſtantinus führte einen 
heftigen graufamen Krieg wider fie (und die Ober.) ind überwand fie mehre 
Male (306 — 310). Unter Kaiſer Julianus waren ve Nieders$. nicht nur 
über Batavien, fondern auch über das Land im Weſta der Maas auögebreitet; 
zwar beflegte er fie durch den Severus; doch mußte © fle in ihren Sitzen mwoh- 
nen laflen, gegen Leiftung von Kriegödienſten (369%, worauf fie lange ruhig 
blieben. b) Ober⸗F., zu denen die Ampfivarler, Irufterer und Chatten gehoͤr⸗ 
ten, wohnten nörblid) von den Alemannen, ziotiden der Römergränze und ben . 
Elbgegenden. Sie nahmen bald Theil an den Eiyällen ihrer Btüder in Gallien; 
ja, % ſtreiften bis nad) ObersStalten (260); nag Spanien (265) und über das 
Meer hinüber nad) Afrifa. Am meiften wurbe sad Land von Mainz bis Köln 
(auch Trier) bei ihren wiederholten Einbrüchen mitgenommen und dieſe Städte 
au verfchiedenen Malen eplündert Kaiſer Julinus drängte diefe Ober⸗F. wie 
der über den Rhein yurt (357 u. 358), doch im 5. Jahrhunderte behielten auch 
fie fefte Site in obigen Gebieten um das Jal 430. Seitdem erfcheint hier ver 
Name Ripuarter oder Ripwaren, d. b.Ufer-$. (nad Cinigen fränfifche 
Läten: Zinspflichtige; nad) Anderen die genamten Ampflvarier) weldye den Ober: $. 
ſich anfchlofien, deren Hauptflabt nun Köln wurde; e befegten nad) dem 3. 450 
auch dad Gebiet von Trier. Der größte Sell der chattiſchen F. blieb dießſeits 
des Rheins, vom Thale der Sieg und der Hiemel, bis an die Murg, die Ens u 
den Main, bis gegen die Rennig und Wera (oſtfränkiſche Gaue). I. Das 
Hauptvolf der Kieder-$. waren die Salier oder ſaliſchen F., nach ihrer Hei⸗ 
math nannten fie fi) Meromwinger (von Meergat im heutigen Holland), Um 
dad Jahr 420 wird Pharamund als ihr Säupting (König) genannt; deſſen 
Sig wurde Dispargum unwelt Löwen, nit dem Gbiete länge der Mans und 
Sambre und des Roblenwalbie, Chlodio (f. d. 3. 430) drang 445 weiter 
vor, beftegte die Römer und eroberte die Städte Kaumerih, Dorneck (Cambray 
und Tournay) und Amiens, wo er feinen Sig auſſchug und alles Land bis zur 
Somme, welches er auch, trog einer erlitienen Riederlge, behauptete, Sein Sohn 


Franken. 209 


und Nachfolger war Merowig (Meroveus, 448), von welchem Einige den Namen 
des Geſchlechts der Merowinger (wohl trrig) herleiten. Sein Bruder Clodowald 
‚Chlovebald) rief gegen ihn den berühmten Attila nach Gallien, der aber bei 
Ghalons geichlagen (451) und fo dem Merowig die Herrichaft gefichert wurde, 
Ehilderich V., fein Sohn (458), wurde Anfangs von den F. wegen feines 
Eirebens nach der Obergewalt vertrieben; dann aber zurüdgerufen (466), half 
er en Römern gegen die Weſtgothen und Alemannen kämpfen (477 u. 1.);5 fein 
eigenns Reich ſcheint er nicht —*— erweitert zu haben: denn ſein Sitz war Dorneck. 
Ihm ſolgte 481 fein A5jähriger Sohn Chlod wig I. der Große. Dieſer griff 
455, in Berbindung mit feinen Bettern, das römifche Gallien am, beflegte ben 
geldherm Eyagrius bei Sotffons, und machte fo dem Reſte der römtfchen Herr⸗ 
haft ein Ende, wodurch er fein Reich bis an die Seine ausdehnte; alle an⸗ 
geiedelten F. unterwarfen fid, ihm. Hierauf unterftügte er feinen Better Giegs 
dert, König der Ufer-$., der von den Alemannen bevrängt wurde. Bei Tolbiacum 
(Zülpidy) unweit Köln fam ed 496 zur Schlacht, welche nad) hitzigem Kampfe 
mit der Niederlage der Alemannen endete; das Land awifchen Rhein und Mofel 
Elſaß und Breisgau), zwiſchen Main, Rhein und Redar (ein Thell von Schwa⸗ 
ben) und zwifchen Lahn, Rhein und Main (das fpätere Franken) war der Preis 
des Siege. Gin höherer Gewinn war, daß Chlodwig, einem in der Schlacht 
gethanen Gelübde zu Folge, den Bitten feiner frommen Ghlotilde (Tochter Chil⸗ 
wrich® von Burgund) nachgab und 497 das Chriſtenthum mit 3000 eveln 
$. annahm; bald folgte dad ganze Volk, mit dem fih nun auch die im Lande 
jerfireuten Römer vereinigten. Gallien jenfeltö ver Loire bildete das Reich ber 
Weftgotben, welche dem Irrthume des Artus anhingen ; ihre römifchen Unterthanen 
befannten ſich zum katholiſchen Glauben. Diefe Umftände benügend, brach Chlod⸗ 
wig 507 tm jenes Reid, ein, beftegte und töbtete den König Alarich II. bei Poi⸗ 
tiets und eroberte fo das Reich der Weftgothen In Gallien (außer Septi⸗ 
manten) das Land zivifchen der Loire, Garonne und Rhone. 508 wählte Chlod⸗ 
wig Paris zu feinem Site. Hierauf bemächtigte er ſich durch Verrath u. Mord 
des Reiches der Ripuarier und der übrigen Gebiete der ſaliſchen 3, in den heu⸗ 
tigen Niederlanden, fo daß ır 510 Alleinherr des ganzen 5.-Reiches wurde. 
Bon Ballen gehörten nur Yurgund, Provincia und Septimanien nicht zu feinem 
Staate. Chlodwig widmete das Ende feined Lebens ven Angelegenheiten ver Res 
ligton und ftarb im 45. Jahre feines Alters 511, mit Hinterlaffung von vier 
Eöhnen, welche das große F.-Reich unter ſich theilten. IM, a) Auftraften: 
das öftlihe %.-NReich: die erften Groberungen der F. in den Niederlanden, 
Campanien (die Champagne), das Herzogthum Ripuarien und Alemannien (audy 
einen Theil von Aquitanien) mit der Hauptflabt Mep, erhielt Theodorich L, 
ver Altefte Sohn Chlodwigs (von einer heidniſchen Gemahlin). Er vergrößerte ſolches 
dar) die Eroberung des Reichesder Thüringer bid gegen Die Donau u. Böh- 
mn 530. Theodebert I, fein Sohn, erwarb 534 von den Gothen das 
Hazogthum Alemannien: das Land zwifchen Rhein, Nedar, Donau, Lech, Aar u. 
den Wipen. Schon er, noch mehr fein Sohn Theodebald (548), fuchten vergebens 
Stalien zu erobern, u. diefer farb 554 oder 555 kinderlos. Um diefe Zett follen 
auch die Bojovarier oder Bayern die Oberhoheit der F. anerkannt haben; doch 
biieten ihnen eigene Herzoge (nach Andern gefchah e8 erft 595). b) Neuftrien: 
das weftliche Tranfreich, wurde unter die drei Söhne Chlodwigs u. Chlor 
tildens vertheilt. Chlodomir erhielt dad Meifte von Aquitanien, die Gegend 
nördlich längs der Loire, mit der Hauptftabt Orleans; er fiel im Jahre 524 im 
Kampfe gegen den Burgunder König Ehodomar, deſſen Bruder Sigmund er nebft 
den Seinigen ha:te morden laffen. Ehlodomire eigene unfchuldige Söhne wurden 
von ihrem ländergierigen Dheime gemordet. Ehildebert I fein Bruder hatte 
von Neuftrien de fpäteren Landfchaften Isle de France, Normandie und die Ho- 
heit über die Bretagne erhalten, mit der Hauptftadt Paris. In Berbindung mit 
feinen Brüdern Jefriegte er das Geſchlecht der Könige von Burgund von Gun- 


80 Franken, 


dobald abflammend (+ 516), der den Vater der Chlotilde hatte töbten laſſen. 533 
gelang es den F., dad Reich der Burgunder völlig zu erobern, um fo ihr Reich 
durch die nachmaligen beiden Burgunde, die Gebiete von Lyon, Delphinat, Savoyen 
u. einen Theil Helvetiend zu vergrößern. Nach verfchiedenen Kriegen gegen bie 
Weftgothen und gegen die Sadyfen farb Childebert kinderlos 558. Chlotar I. 
(Zothar) befaß anfänglidy da6 Land dießfeltd der Somme, zwiſchen der Maas n. 
dem Meere, die heutige Picardie ıc. mit der Hauptſtadt Soiſſons. Rah u, nach 
riß er Chlodomirs Reich (524), dann Wuflraften (555 nach Theodebalds Tode) 
u. nun auch Childerichs Reid, nebft dem eroberten Burgund an fill. So hatte 
er dad Reich der %. zum zweiten Male vereinigt 558. Der Aufruhr u, die grau: 
ame Hinrichtung feines Sohned Ehramnus mit den Seinigen, deren Folge zu 
päte Reue war, ftürzten ihn ind Grab 561. Run folgte eine zweite Thellung 
es Reiches unter feine vier Söhne. IV. Eharibert (Herbert) erhielt ein Stüd 
von Reuftrien mit der Hauptſtadt Baris; er war ein. Kürft von guten Eigen⸗ 
ſchaften u. Yähigfelten, aber ausſchweifend in feinen ehelichen Berbältniffen. Da 
er ſchon 567 ohne männliche Erben farb, fo riß fein jüngfter Bruder Chilpe⸗ 
ridy von Soffione das meifte Land an fi. Buntram, der zweite Sohn Chlo⸗ 
tars, erhielt Burgund durch ein Stüd von Aquitanien vergrößert, mit der Haupt: 
ſtadt Orleans; er war ein friedfertiger Fürſt. Siegbert, Chlotars dritter Sohn, 
befam Auftrafien u. verlegte feinen Sig nach Rheims. Während dieſer verftäns 
dige u. tapfere König wider die Avaren in Thüringen kämpfte, fiel fein Bruder 
Geilperich von Soiſſons ihm ind Land; doch Siegbert eilte herbei, vertrieb ihn 
wieder, gab ihm den Frieden, und entfernte dann die Avaren durch Geld. Um 
diefe Zeit vermählte er fi) mit Brunbilbe, einer weſtgothiſchen Königstochter, u. 
Chilperich, feinem Beifpiele folgend, heirathete deren ältere Schwefter Galaſaintha, 
allein legterer warb nach wenigen Jahren uf Anftiften der Fredegunde, mit wel: 
cher Chilperich fchon früher in ftrafbarer Verbindung gelebt hatte, gemorvet (562). 
Fredegunde wurde nun bes Könige Gemahlin u. Lenkenn, und fomit die Grund» 
urſache aller nun folgenden Graͤuel. Die nächſte Folge war ein Bruberfrieg zwi⸗ 
(den GSiegbert und Ghilperidy von Neuftrien, der für dieſen zuletzt eine fo üble 
endung nahm, daß er, in Dorned bevrängt, auf rem Punkte fand, Krone und 
Leben zu verlieren. Srebegunde rettete ihn, indem fte ihren Schwager Stegbert meu- 
chelmorden ließ 575. n Sohn, der Aunfährige Ehildebert II., wurde von dem 
treuen Herzoge Gundobald ſchnell nach Metz gebracht, dort als König von Au⸗ 
firafien anerfannt und unter den Schuß feines Oheims, Guntram von Burgund, 
geRelt. Auf Childeberts Bitten befam audy' die gefangene Brunhilde, feine Mutter, 
te Freiheit wieder u, übte fortan große Gewalt über ihn. Bom Kaiſer Marti: 
tius buch Geld gewonnen, bekriegte er die Longobarden in Italien mit wedh- 
felndem Glücke (584—90). 593 erbte er durdy den Ton feines Oheims Guntram 
das burgundifche Reich u. flarb 596. Theodebert II., fein Sohn, befam Auftraften 
und Theodorich II., defien Bruder, regierte in Burgund. Ste fämpften auf Berans 
laffung ihrer Großmutter Brunhilde 602—4 glücklich gegen Neuftrien. Hierauf 
wurden die Brüder felbft uneinig: zwar kam ed dießmal nicht zum Kampfe; aber 
610 erneute fi) der Zwiefpalt, indem Theodebert behauptete, fan Bruder befäße 
gen e Länder mit Unrecht: er brach daher plößlich flegreich in Elfaß ein; aber 
12 fiegte Theovorich in zwei Schlachten, worauf er den Bruder u. deſſen Söhn- 
den tödten ließ; 613 farb er felbfl. Brunhilde ließ nun feinen Sohn Sieg⸗ 
bert IL, ihren Urenfel, ausrufen: mit diefem endete Siegberts Geſchlecht. Reus 
firien war, wie fchon erwähnt, nach dem Tode Eharibertd an Ehilperich, den 
vierten Sohn Ghlotar I., gefommen (567); er felbft wurde erdlich zu (helles 
(wohl mit Vorwiſſen feiner Gemahlin Fredegunde) nal 54. Ihm folgte 
fein Söhnen Ehlotar II. unter der Bormundfchaft feiner Mutter, welche 
ihn auch mit Hülfe Guntrams an Burgund, und nady defien Tode (593) durch 
ihre eigene Kraft, auf dem Throne erhielt u. die Auftrafter zweimal beflegte; 597 
farb dieſe eben fo fäbige und Träftige, als rachfüchtige und grauſame Grau, Ihr 


| Franken. 901 
Sohn CEhlotar II. wurde durch den Frieden 600 fehr geſchwächt. Allein nach dem 
Tode Theodeberts Il. von Auftraften riefen die, mit der Eräftigen Regierung Brun⸗ 
bilden® unzufriedenen, Großen den Chlotar herbei; bald empörten fle fidy offen u, 
lieferten Stegbert II. nebft feinen Brüdern aus, die Ehlotar 11. tödten ließ. Bruns 
hide ſelbſt, welche in feine Hände fiel, ward von ihm des Mordes von 10 Kö« 
nign u. Prinzen befchulpigt, indem -er ihr die Opfer feiner Mutter Fredegunde 
u. die eigenen fredy aufbürdete. Mit Zuftimmung der rohen Großen wurde fie 3 
Tage lange gemartert, darauf zum Spotte auf einem Kameele durchs Lager geführt, 
x. enblidy an dem Schweife eines wilden Pferdes zu Tode gefchleift. So vereinigte 
Ehlotar IL, zum drittenmale das ganze Frankreich. Er führte auf einer Berfammlung 
ver geifl. u. welt. Großen die Lehensverfaſſung ein 615; er fette aber auch in jedem 
ver drei Reichstheile (Auftrafien, Neuſtrien u. Burgund) einen Oroshofmeifter 
oder Major Domus ein. Diefe, urfprünglicdh bloß Berwalter der koͤniglichen Gü⸗ 
ter, fpärer auch Befehlöhaber im Kriege, wurden nun bald fo mädıtig, daß fie 
ſaͤnmtliche Regierungsgeichäfte an ſich riffen, fo daß die Könige nur noch den 
Ramen hatteh. — Ehlotar II. regierte fortan milde und gerecht, u, farb im Fries 
ven 628. Ihm folgte fein Altefter Sohn Dagobert I. im ganzen Reiche (doch 
trat er feinem Bruder Charibert I. (Aribert) einen Theil Aquitaniens augen 
ver Gharente u. Garonne ab; von hier aus eroberte diefer das Land bi zu den 
Pyrenaͤen, Basconien (+ 630); feine Söhne ftifteten dad Herzogthum Aqui⸗ 
tanien. Er mußte den erflen blutigen Kampf gegen die Slaven führen, und 
feste deßhalb feinen nody unmündigen Sohn Siegbert den Auftraftern zum Könige, 
worauf diefe die Graͤnzen tapfer vertheidigten. Dagobert ftarb nach einem [ir 
ausfchweifenden Leben 638; gegen die Kirche hatte er ſich freigebig bewieſen. 
Nun wurde das Reid) wieder geiheilt. a) Auſtraſien bene Giegbert IL, 
der Heilige; er fland Anfangs unter dem Einfluffe Kuniberts, Biſchofs von 
Köln, u. unter dem Groshofmeifter Pipin von Landen; darauf unter deſſen 
Sohn Srimoald. Diefer fuchte no des Könige Tode (+ 656) feinen eigenen 
Sohn Childebert auf den Thron zu bringen, indem er den jungen Dagobertil 
für tobt ausgab; allein letzterer war nady Irland gerettet worden u. beberrfchte 
fpäter auf einige Jahre (674—78) einen Theil des väterlichen Reiches. b) Neu⸗ 
rien u. Burgund hatte ehlobmigl ‚ Sohn Dagoberts 1., erhalten; er res 
ierte umter der Vormundſchaft feiner Mutter Ranthilve, u. bemächtigte fi) nach 

agobertd Berfchwinden durch Grimoalds Sturz aud) Auftraftens, farb aber 
bald darauf 656. Bon [einen Söhnen folgte Ghlotar IM. in Neuſtrien und 
Burgund, fo wie Childerich U. in Auftrafien; beide flanden unter der 
Bormundfchaft des Groshofmeiftere Ebroin. Diefer JE nach dem Tode Chlo⸗ 
tats III. 669 defien Bruder Theodorich III eigenmädhtig auf den Thron: aber 
die Großen fchidten ihn ind Kloſter u. erkannten Childerich IL als Herrn des 
ganzen Reiches an 670, Schon nad) einigen Jahren ward diefer feines Bes 
tragend wegen gemordet u, Theodorich 11. als Scyattenfönig in Neuftrien 
u. Burgund eingefest 673—691. Mlein die Auſtraſier wollten weder biefen, 
noch feinen gewalıthätigen Groshofmeiſter Ebroin anerkennen, fondern riefen den 
genannten Dagobert II. herbei u. nachdem dieſer ein Opfer Ebroins u. deſſen Ges 
nofjen geworden war, erwählten fie Pipin von Heriftal nebft feinem Better 
Martin zum Herzoge von Wuftrafien 679. Letzterer fand fein Ende durdy 
Ebroins Treulofigkeit. Pipin aber beflegte nach dem Untergange Ebroins die 
Reuſtrier bei Teftri, und ſchwang fi fo zum Broshofmeifter des ganzen 
Reiches empor 687. VL Als ſolcher beherrfchte er das Reich 27 Jahre lange 
Hug u. weile; im Innern flellte er Ordnung u. Gerechtigkeit, ſowie die Bolfs- 
verfammlungen auf dem Märzfelde wieder her; nach Außen befriegte er die freien 
Hriefen Clängd der Rordfee, von der Mündung der Maas in die Waal bis hins 
ter die Eider fibend) 692 u. 697, u. machte einen Theil derfelben zinsbar, fo 
wie die aufftrebenden Alemannen (709 u. 710). Während dieſer Zeit faßen auf 
Dem Ihrone ber Merowinger: Theodorich I, (+ 691), Ehlodyla UL, & 8951, 


302 Frauken. 


Childebert M. (+ 711) u. Dagobert 1. (+ 715). Pivpin ſelbſt ſtarb 714. Nun 
trat ſein Sohn Karl Martell (der Hammer) an die Spitze der Auſtraſier; 
er ſchlug die Angriffe Chilperichs II. Königs der Neuſtriet (715 -720) mehr⸗ 
mals zurück, u. ſtellte als Major Domus der Auftrafier 717 Chlotar IV. als Ges 

enfönig auf (+ 719). Auch Chilperich U. mußte ihn in feiner Würde für 

euftrten anerfennen, u. nad) defien Tode ernannte er Theoporich IV. ale Schat- 
tenfönig (720 - 737). Während ver Zeit feiner Herrfchaft fegte Karl Martell 
die, von feinem Bater begonnenen, Kriege zur Unterwerfung der deutfchen Volks⸗ 
ſtaͤmme mit glüdlichem Erfolge fort: er bezwang bie Bolföderzoge der Wlemannen 
u. Bojoarier (725, 728), nöthigte Die Sachſen nad) dreimaligem Kampfe (718, 
720 u. 733) zur früheren Zinsbarkeit u. unterwarf einen Theil von Friedland 
nad hartem Streite (717 u. 730). Indeſſen begannen die Araber oder Sara⸗ 

enen von dem eroberten Spanien aus ihre Einfälle in den Süden des Franken⸗ 

eiched zu machen, und drangen endlich fegreich bis zur Loire vor. Da eilte 
Karl mit feinen Deutfchen herbei u. rettete Baterland, Freiheit u. Chriſtenthum 
durch den glänzenden Sieg bei Boitiers 732; ein zweiter Sieg bei Rarbonne 
(737) fidyerte dad Reich vor ferneren Einbrüchen; zugleich wurden die unruhigen 
Aquitanier wieder unterworfen (736) und die dortigen Gränggegenden bezwungen 
(739). Kurz vor Km Tode (741) hatte Karl das Reich unter feine Söhne 

etheilt. a) Auftrafien nebſt Alemannien u. Thüringen erhielt Karimann; 
) Neuftrien nebft Burgund befam Pipin der Kurze; als Schattentönig 
festen fie Childerich 111, ein (742—752). Sie hatten heftige Kämpfe wider bie 
Herzoge von Bojoarten, Alemannien (Schwaben), Aquitanien u. wider die Sach⸗ 
ten zu beftehen, welche Pipin, nachdem er durch Rücktritt feines Brubers in 
ein Kloſter Herr des ganzen Reiches geworden war 747, auch fräftig u. glüds 
fich foriſetzte. Da auf diefe Weile die Ruhe nach Außen begründet war, fonnte 
Pipin an den Erwerb der Königdwürde für fein Geſchlecht venfen: denn er 
hatte durch feine Regierung fidy die Liebe und Treue der Nation gefichert. Auf 
einer Reihöverfammlung zu Soiffond ward Childerich Ul. des Thrones für un- 
werth erklärt u. nebft Feine Sohne Theodorich in ein Klofter gefchidt; Pipin 
aber wurde nach alter Sitte auf dem Schilde erhoben u. nebft feiner Gemahlin 
Bertha vom heiligen Bonifacius zum Könige geialbt, So endete der Stamm 
der Merovinger Im F.Reiche 752. VI. Das Geſchlecht der Karolin 

er wurde durch Pipin eröffnet. Bald erſchien bei ihm der, von dem Longo- 

ardensKönige Aiſtulph hart bedrängte, Papft Stephan ML, der den König nebft 
feinen beiden Söhnen (nochmals) falbte u. frönte Nach “zwei Feldzügen tpins 
756 u. 757 wurde der Longobardenkönig genöthigt, das eroberte Exarchat, 
das Gebiet von Ravenna, herauszugeben, weldyes der Frankenkönig dem heiligen 
Stuhle ſchenkte; dieſes war der rechtliche Anfang des Kirchenftaates, 757. 
Um diefe Zeit überwand Pipin die Sachen; hierauf unterwarf fi) ihm Septi⸗ 
manien und er trieb die Sarazenen völlig über die Pyrenden, 759; ſeine lebten 
Jahre brachte er mit Bekämpfung des Herzogs von Aquitanien bin (760—768). 
Bor feinem Tode, (768) hatte er das Reich unter beiden Söhne getheilt. 
Karl erhielt dabei Auftraflen u. einen Theil von Aquitanien, fein Bruder Karl 
mann befam Neufttien und Burgund; bald taufchten jedoch die Brüder, und 
lebten überhaupt nicht in freundlichem Einverftändniffe, veranlaßt durch Karl 
manns zänkifche Gemütheart, der feinen Bruder auch auf dem Zuge gegen die 
empörten Aquitanier im Stiche ließ (769); bald darauf flarb er 771, und ba 
jem: Wittwe Gerberga mit ihren Söhnen zu ihrem Vater Defiderius, dem Könige 
er Longobarven floh, fo wurde Karl der Große nun Wlleinherr des ganzen 
Abe Bon dem Papfte Hadrian gegen den ihn bebrängenden 

ongobarventönig Defiderius gerufen, eilte Karl nad, Italien, belagerte Pavia 
u. nahm dort den Defiverius gefangen; er fehte ſich nun jeibf bie eleme Krone 
aufs Haupt, und vereinigte dad Reich der Longobarden mit bem ber 
Frauken, 774. Gpäter (776 u, 787) eroberte Karl auch die Herzogthümer 


S 


Fronten, 308 


Friaul, Spoleto und Benavento, die Trümmer der longobardiſchen Herr⸗ 
ſchaft. Von dem arabiſchen Statthalter von Saragoſſa zu Hälfe gegen den 
Ehalifen von Epanien (von Corduba) gerufen, drang Karl 778 über bie Pyre⸗ 
näen bis an den Ebro vor u. eroberte diefes Gebiet; zwar erlitt fein Heer auf 
der Rüdkehr eine empfindliche Niederlage durch die Vasconier bei Roncesvalles; 
aber er fandte fpäter neue Streiter nady Spanien, und fo ward die fpanifche 
oder Markt Barcelona gegründet (785 u. 801). Indeſſen war das große 
Bojoarien (wie früher 750 Alemannien) eingezogen u. dem Frankenreiche einver- 
ldbt worden, 788. Da bradyen die Avaren, ald Berbündete des abgefehten 
Herzogs Speiflo, 108 (790), aber Karl befiegte fie in mehren Zeldzügen (796 u. 
199) gänzlich u. eroberte fo ihr Land von der Enns bis zur Naab u, zur 8, 
worauf er dort die avariſche Marf (das fpätere Defterreich) fliftete. Karls 
Hauptfrieg war gegen die Sachſen, feine graufamen heidniſchen Nachbarn‘ ges 
richtet; der erfte Feldzug gefchah fhon 772, wobei er ihre gpauptfehe Ehresburg 
(an der Diemel) eroberte, und deren Hauptheiligthum, die Irmenful (vielleicht 
Hermanns » Säule) zerftörte. Zwar fchloßen die Sachfen Frieden — doch nur, 
um ihn bei jeder günftigen Gelegenheit wieder zu brechen. So dauerte biefer Kampf 
wit Unterbrechungen noch 32 Fahre lange fort. Erſt 803 kam e8 zum Frieden 
von Selz; die Sachfen nebft den Frieſen entfagten dem Götzendienſte, ges 
Iobten, die Slaubensboten nidyt mehr zu verfolgen und den eingefehten Bifchd 
zu geborchen; dagegen follten fie frei nach ihren Geſetzen unter Grafen u. koͤn 
liyen Sendboten leben; fo war auch diefes Volk dem Reiche der F. einverleibt. 
Karl führte auch eine Reihe von Kriegen gegen die öftlih an Deutſchland flo- 
Benden Slaven; er nöthigte mehre Stämme berfelben zur Unterwerfung, u. bie 
Ciechen oder Böhmen zu einem jährlichen Zinfe (805). Auch in Kärnthen u. 
Kran wurden Marken gebildet. Ale diefe erzählten Siege verbreiteten den Ruhm 
Karls bis zu den entfernteften Gegenden. Um dem Papſte Leolll. Genugthuun 
gegen Frevler an feiner Perfon zu verfchaffen, reiste Karl d. Gr. feibh na 
Rom; als er nun am Weihnachtfefte 808 in der St, Peterskirche ſich befand, 
fegte ihm der Papſt eine Krone auf das Haupt und alles Bolf rief: „Hell 
dem von Gott gefrönten Kaiſer!“ Auf einem Reichstage zu Diedenhofen 
(Thionville), 806, beflimmte Karl eine Shelumg feines Reiches unter feine drei 
Eöhne (foldyes umfaßte ganz Frankreich u. die Niederlande, Deutfchland bis zur 
Eibe, den Böhmerwald u. die Raab, Iſtrien, Italien bis gegen die Süpdſpitze, 
Spanien bis zum Ebro) allein die Älteren Söhne Karl u. Pipin flarben 810 (des 
Iesteren Sohn Bernhard befam das Königreich Italien); fo war alfo Ludwig, der 
fimgfte, ver einzige Erbe. Diefen berief fein Vater 813 nad) Aachen, wo er 
ihn feierlich zu feinem Nachfolger ernannte. Karl hatte für gerechte Verwaltung 
ſeines Reiches, für Berbefierung der Geſetze, für gute Unterrichtsanftalten, nütz⸗ 
lihe Bauten, Hebung des Handels u. ſ. w. geforgt; feine legte Befchäftigung 
befand in Uebungen. der Frömmigkeit, Almofengeben und dgl.; fo flarb er 814 zu 
Aachen. Ludwig der Milde oder der Fromme, 814, theilte ſchon im dritten 
Sabre [einer Herrichaft fein Reich unter feine drei Söhne Lothar, der ältefte, 
follte die Katferwürde erhalten nebft dem beften Theile des Reiches; Pipin, der 
zweite, Aquitanien und Septimanten; Ludwig, der britte, Bojoarien, d. b. das 
eigentliche Bayern, Oeſterreich, Salzburg, Tyrol, Kärnthen u. Steiermarf, 817. 
Bernhard, König von Italien, verwarf diefen Schluß u. fette fich in Verthei⸗ 
digungsſtand; er mußte ſich aber unterwerfen und wurde zur Strafe geblendet, 
aber fo ungefchidt, daß er bald flarb, 818. Ludwigs Reue darüber fam zu fpät 
u. ſchadete nur dem Fafferlichen Anfehen. Nach dem Tode feiner erften Gemahlin 
vermählte er fich mit Jubith, der Tochter des Grafen Welf in Bayern; dieſe 
fyenkte ihm Karl (den Kahlen). Diefem gab der Vater 829 Alemannien (das 
Land zwifchen Rhein, Main, Redar und Donau); Lothar, hiemit unzufrieden, 
nahm den Bater gefangen und trennte ihn von feiner Gemahlin, die er des 
Gpebruces befäulbigte, 830, Aber die Reichöveriammlung zu Rimwean ah 


304 Franken. 


dem Kaiſer Krone und Gemahlin —58*— Doch bald entſtanden Irrungen 
mit den übrigen beiden Söhnen; mit ihnen verbündete ſich auch Lothar, und 
der Kalfer mußte fih bei Kolmar den Brüdern ergeben, 833. Lothar 
brachte ed nun fo. weit, daß fein Bater förmlich Kirchenbuße that, um 
ihn fo unfähig zu machen, ferner zu hetrſchen. Nun aber nahmen fi Pipin 
und Ludwig des gemißhandelten Baterd an, befreiten ibn und febten ibm wieder 
in fein Reidy ein; Lothar ward nad) Italien entlafien, 834. Ludwig machte dar⸗ 
auf eine neue Shellung, 835, fo daß Pipin zu Aquitanien noch ein Stüd von 
Reuſtrien; Ludwig zu Bayern noch Sadyfen, Thüringen, Heſſen u. Friedland; u. 
Karl zu Alemannlen noch Burgund und Provence befam; Lothar mußte ſich mit 
Stalten begnügen. Durch den Einfluß der Kaiferin erhielt dann Karl 837 auch 
noch Neufttien; ja, als Pipin 838 geflorben war, wurde defien Erbe für Karl 
mmt, und Lothar befam zu Italien faft ganz Burgund und die deutfchen Län⸗ 
der oͤſtlich der Maas, weldhe ihn von Karld Reidy trennten; Ludwig follte fidh 
mit Bayern (wie bei der erfien Thellung) begnügen, 839. Da erhob fid) Ludwig 
und fuchte fein Gebiet in Deutfchland zu vergrößern, 8405 er mußte zwar vor 
der Ankunft des Vaters zurüdweichen; aber bald darauf flarb Ludwig der Fromme 
auf einer Rheininfel unweit Mainz, 840. Lothar ſuchte nun die Oberherrfchaft, 
welche er anfprady, mit dem Schwerte geltend zu machen und feine Brüder auf 
die frühere Thellung von 817 zu befchränfen; wirklich entriß er Karl dem Kablen 
das Land bis zur Loire und zwang Ihn zum Frieden. Gr 308 dann wider Lud⸗ 
wig; allein nun vereinigten fidy beide Brüder, 840, und nady mehren Hins u. 
Herzügen kam es zur Schlacht bei Fontenay, 841, wobel Lothar zwar befiegt 
wurde, aber ohne entfcheidende Folgen. Lothar brachte nun zwar die Sachfen 
unter die Waffen und wiegelte die Neuftrier auf; allein Karl und Ludwig vers 
bündeten fi) aufs Neue felerlidy gegen ihn, und bie Bifchöfe erklärten ihn wegen 
feines ſchlechten Betragens des Reiches für verluftig, nachdem er aus Aachen ges 
flohen war, 842, Da mußte er ſich zu Unterhanblungen bequemen; deren Aus⸗ 
ang war der Theilungsvertrag von Verdun, 4. Aug. 843. Lothar er 
ielt, außer der Kalferwärbe und Stalien, alle Landfchaften zwifchen dem Rheine 
seiner», und ber Rhone, Saone, Maas und Schelde anderer Seits, vom Mittels 
meere und den Alpen bis zum Nordmeere (das große Lotharingen); Karl der 
Kahle erhielt Neuftrien: das Land im Weften der Rhone, Saone, Maas und 
Schelde bis zum atlantifchen Oceane, nebſt der ſpaniſchen Mark. — wig der 
Deutſche bekam ganz Deutſchland zwiſchen dem Rheine und den Alpen (nebſt 
den Gebieten Speyer, Worms und Mainz jenfehe des Rheins). Seit dieſem Ber: 
trage erſcheint das große Reich der F.in die drei Haupttheile: Italien (nebſt 
anzen Deutſchland und Frankreich getrennt: unter dieſen Bes 
nennungen iſt daher die fernere Geſchichte der Karolinger und ihrer Nachfolger 
nachzuſ Ingen. v. Dr. 
Franken, Herzogthum. Solches entftand aus den früheren Sigen ver 

F. auf dem rechten Rheinufer und behielt den eigentlichen Ramen des F.⸗Lan⸗ 
des auch nach der Zerftüdelung des großn Kranlenreiches, ald Deutfchland ein 
ſelbſtſtaͤnbdiges Neid, wurde, 843. Es tard nun wieder getheilt in a) Francia 
orientalis oder Franconia, Öftfranfen O9! Kräntifcher Kreis unten und bei 
Deutfchland) ; b) Francia Rhenensis oder Rheinfranfen (das Land zwifchen 
ein, Main und Lahn, den Alemannen entrifien 496). Der erſte Herzog von 
den 5. war Konrad L; als diefer 911 beutfcher König wurde, folgte ihm 
als Herzog fein Bruder Eberhard; diefer erhielt vom Könige Heinrich L (dem 
Sachſen) auch das Herzogthum eotharingen 1923) auf einige Zeit. Mit veſſen 
Ra telger, König Dito L, war er nicht befreundet, weil er ein Feind feines Brus 
ders Heinrich von Bayern war. Er verbündete fih dann mit Bifelbert, Herzog 
von eoihringen, wider den König (938) u. blieb mit jenem bei Andernach (939). 
Dtto L verlieh nun bad Herzogthum F. an Konrad IL den Weifen, Sohn 
ea Grafen Werner (Bruder der früheren Herzoge). 9Ad verlieh er ibm auch 


Frankenbauſen — Frankenthal. 868 


erzogihum Lotharingen und gab ihm feine Tochter Luitgarde zur Gemah⸗ 
onrad 1. verband ſich jedoch fpäter mit Luvolph von Schwaben, dem 
ifchen Sohne des Kaiſers (953). Allein die Sache lief übel ab u. Kon, 
b nach Lorharingen, welches er nun wieder bherusgeben mußte Sein 
en büßte er durch feinen Heldentob gegen die Ungarn bei Augsburg (955). 
Igte in Kranken fein Sohn Otto, Anfangs unter Bormundfchaft feines 
> Wirhelm, Erzbiichofs von Mainz. Als Otto dann 978 vom Kaiſer 
. da8 Herzogihum Kärnthen und die Mark Berona erhielt, ließ er feine 
ben Lande durch Etatthalter verwalttn u. lebte in ſeinemneuen Beſitzthume, 
er noch 1003 einen Zug nach Stalten für Kaiſer Heinrich IE. unternahm (+ 1009). 
e mit feinem Sohne Heinrich das Herzogthum F. getheilt, diefer aber farb, 
r ihm (989. Auf Dtto folgte Konrad ll. (Kuno) der Wite (+ 1010) u. dies 
ı Sohn Konrad IV. der Jüngere in F. Kärnthen aber verlich der Kaiſer 
albero ; deßhalb befriegte jener diefen. Bei ver Katferwahl 1024 trat Kons 
nebft feinem Better Konrad dem Salter (Sohn Heinrichs) als Bewerber 
legterer ward zum Könige erforen, fo daß nun die fränfifcdyen Herzoge in 
jeitenlinie auf den Kaiſerihron kamen. Konrad IV. erhielt in der Folge auch 
rzogthum Kärnten zurüd 1036, ging dann mit dem Kaifer nady Italien 
wb unbeerbt 1039. Der Kaiſer erhielt alfo das Herzogihum $. für fein 
(1039). Sein Sohn Heinridy I. ließ den Herzogätitel ganz eingehen und 
gegen das Anſehen der rheintfhen Pfalzgrafen. Erſt Heinrich V., fein 
(1106) erhob feinen Neffen Konrad (V.) von Hohenflaufen, Sohn des 
8 Fridrich von Schwaben, wieder zum Herzoge von F. Dielem entriß 
d eined Zuges nach Paläflina der neue Katfer Lothar IL (1125) mehrere 
Da verbündete fidy Konrad nady der Rückkehr (1128) mit feinem Bruder 
&b wider den Kaijer, verföhnte fidh aber nach verheerenden Kämpfen wider 
tbar 1135, dem er fi) unterwarf. 1138 folgte er ihm als Konrad III. 
m deutfchen Throne. Sein N.ffe und Nachfolger Friedrich J. (1152) fegte 
onrad Sohn, Friedrich von Roihenburg, als Hırzog von Rhein⸗F. ein, und 
fer 1167 ohne männliche Erbin ftarb, fo belchnte er feinen eigenen Sohn 
» VI. mit Rhein. Als fein Älterer Bruder als Kaifer Heinrich VI. dem 
toigte, verlieh er jenem noch die Herzogthümer Eifuß u. Schwaben dazu 
n Bruder Friedrich befefi n hatte) 1191. Konrad VI. farb 1197 ohne 
he Erben, u. das Herzogihum Rhein⸗F. wurde größtentheild mit der Pfalz⸗ 
errſchaft Rhein verbunden, welche Agnes, Die Erbtochter Konrads VL, durch 
blung an das Haus Welf in Bayıın gebracht hatte; von dieſem erhielt fie 
aus Wittelsbach In Bayern erblich (1215 und 1225. OR-F. gab Kaifer 
h VI. feinem Bruder Philipp, der ibm als Kaiſer folgte (1198— 1208). 
f erhielt den Titel eincd Herzogs von OR-%. der Biſchof von Würzburg, u. 
foldyın auch bis zur Auflofung des Reiches (1806). Diefes Herzogibum 
onien entipricht dem ehemaligen fränfifchen Kreife (ſ. d.). v. Dr. 
rankenhauſen, fürfttid Schwarzburg-Rudolſtädtiſche Stadt, ah einem 
der Wipper gelegen und in die Alt» und Neuftadt abgetheilt, mit einem 
je, vier Kirchen u. 4800 Einwohnern, {ft der ip der Landescollegien der 
ı Srafichaft Schwarzburg, rudolftädtifchen Antheils, u. eines preußifchen 
its. Es befinden fich hier bedeutende Salzwerfe, die Eigenthum der Bürger 
nd in 18 Siedehäuſern jährlich an 10,00U Tonnen liefern, ein Alabafters 
und eine warme Mineralquelle. %. iſt der Geburtsort des Dichters 
riä dl. d.). — Bel der Stadt If der Schladytberg, fo genannt von 
chlacht am 15. Mat 1525, in weldher Thomas Münzer in 5. gefangen 
u. die dem verderblichen Bauernfriege ein Ende machte, 
rankenthal, ſchön gebaute Stadt im bayertfchen Kreife Rheinpfalz, an 
in den Rhein geführten Kanal, bat eine Fatholifche u. zwei proteftantifche 
n, ein Oymnaflum, Irren⸗-n. Taubflummenanftalt, Zuchthaus u. 5500 
ner, bie Porzelans, Seides, Tuch⸗, Leinwands, Baummol: , Layemıs, 
wychopidle IV, W 


506 Frankenweine — Zraukfart. 


ut⸗, Nadel⸗ und andere Fabriken, Färberei, Glockengießerei, Mabl» Del» und 
(fmühlen, Feld⸗ u. Gartenbau betreiben. — F. verdanft fein Auffommen ven. 
im Jahre 1562 aus ihrem Vaterlande ausgewwanderten Niederlänvern, die Kurs 
fürſt Friedrich II. von ver Pfalz bier aufnahm. In u.nady dem dreißigjährtgen 
Kriege blieb F. lange in der Gewalt der Spanier, und im franzöſiſchen Kriege 
wunde ed 1688 gänziidy zerflört. 1568 zählte die Stadt nur 1000 Einwohner. 
Frantenweine heißen die in Franken wachſenden, meift weißen, geiunden u. 
wohlfchmdenden Weine, die in guten Sorten u. Jahrgängen an Qualität wohl 
den Rhein, u. Mofelweinen (f. w.) an die Seite gefeht werden fünnen. Als 
pie beften verfelben geltın:. die nüraburger (befonders der Leiten, Stein, Harfens 
Wein, fämmtliche nach Bergen bei Würzburg fo genannt); weniger flarf find 
die Werthheimer, unter denen der Klingenberger, Haslocher u. Kalmuth am mel 
ſten geichägt werden. Den bedeutendften Handel mis F.n treiben: Würzburg, 
Bamberg, Kisingen u. Frankfurt a. M. 
Frankfurt am Main, die erfle der vier, zum beutfchen Bunde gehörigen, 
freien Städte und der Sig der Bundesverſammlung, im mwiflliyen Deutfchland, 
am Main, unter 50° 6' 42° nördl. B. u. 6° 20° 44” öftl. 2, in einer mittleren 
Höhe von 320 Fuß über dem Merre gelegen u. ringsum von Eurheffifchen, befiens 
darmfädtıfchen u. naſſauiſchen Gebietötheilen umgebın, hat mit feinem, aus zwei 
Flecken (Bonames u. Bornheim) u. ſechs Dörfern (Ober: u. Niederrad, Nieder: 
erlenbdach, Dortelweil, Haufen u. Niederfal) beftchennen, Gebiete einen Flächenin⸗ 
halt von 1 [J Mein u. 68.000 Einwohnern, worunter 7000 Katholiken, 2000 
Reformirte u etwa 6500 Juden. Die eigentliche Etapt, meldye fid) auf dem rechten 
Ufer des Mains ausdehnt u. mit dem auf dem linken Ufer liegenden, 700 Eins 
wohner zählenden, Sachſenhauſen durch eine fleinerne, 9:0 Buß lange, von 14 
Bogen getragene, Brüde verbunren ift, zählt etwa 51,000 Einwohner, worunter 
über 5000 Kutbolifen, iſt unregelmäßig gebaut, mit zum Theile engen u. finftern 
Gaſſen und vielen alten feltiamen Häufern, abır in einzelnen Theilen, beionders 
feit Wrtragung der Feſtungewerke, ſehr verfchönert, und hat viele prächtige, fo 
wohl öffentliche, a'8 Privatgebäude, ſchöne öffentliche Plätze u. Straßen, Ausge⸗ 
zeichnete Staditheile find: die 750 Echritte lange Zeil, die Bellevue am Maine, 
die Wallftraßen, der Roßmarft, Thrateıplag u. 1.w. Sehr fchön find audy die neuen 
Thore u. die Anlagen auf dn chrmaligen Wällen u. Gräben. Die Straßen find 
durchaus gut gerfluftert u. mit Gas erleuchtet. F. u. Sadyfenhaufın baten zus 
fammen 15 gotiespienklihe Gebäude, woron 4 für den ‚fatholrfhen, 7 für den 
luih · riſchen, zwei für ren reformirten und zwei für den ioraelitiſchen Gottesdienſt 
beflimmt find. Die katheliſche Sufiefirhe, Et. Burıholomät, gemöhnlid Dom 
genannt, in weldyer in fpäterer Zeit die deutſchen Könige gefiönt wurden, ſtammt 
aus dem Ende des 13. Zahıhunvderts her. Unter den vielen Dentmälern in ders 
felben ift das des deutichen Könige Günther vom Jahre 1352 das merfwürs 
digfte Andere berühmte Kirchen find: die Rarharinenfirche, erbaut 1686, und die 
1833 eingeweihte Baulusfirche mit einer Drgel von Walker. Zu den merfwürbigs 
fin Gebäuden gehören: Das Rathhaus, der Römer genannt, das ſeit 1403 
diefer Beſtimmung dient, wo ehemals die deutfchen Kalfer gewählt wurden und 
die goldene Bulle noch aufbewahrt wird, ein alterthümliches, unregelmäßiges Ges 
bäude mit dem Kaiſerſaale, der ſeit 1558 bei den Kıönungsfeftn als Spelfefaal 
benügt wurde, u. in weichem jetzt Die Bildniſſe fämmtlicher Kaifer hängen. Der 
Saalhof, zum, Theile von taufendjährigem Alter, eine alte Katferliche ‘Pfalz, feit 
1717 faft ganz erneuert. Der Thunns und Taxio'ſche Batafl, mit 140 Zimmern, 
Sigungsort des deurfchen Bundestage, prachtvoll im Innern; das Bibliorhefges 
bäude, das Städel’fcdye Inſtitut; das Waifenhaus ; der Marftall; das ehemalige 
Zeughaus, jegt Kaufmannsgewölbe; das Haus zum Braunfels, in weldyem die 
Börfe. Das Schauſpielhaus, die ehemalige Deutfch » Ordens» Kommenthuret in 
Sadfenhaufen. Die vorzüglichfien wiſſenſchaftlichen u. Kunftanftalten find: das 
Amnberg’fpe Stift, eigentlich ein Bürgerhoipltol wir anntwwlldgen Ayenset, 


Frankfurt. 1J 807 


N 


Laboratorium, botaniſchem Garten, einer Bibltothef u. herrlichem na- 
yem Mufeum; die 80,000 Bde. ftarfe Stadtbibliothek mit einem Muͤnz⸗ 
35 Mufeum mit Gemälde: u, Kupferfiihfammlung. Die Stadt hat ein 
n, mehre Bürger: u, eine israelitiſche Schule, eine Taubſtummenanſtalt, 
zule u. ſ. w. Gefellichaft für deutſche Gefchichte; zur Beförverung der 
Wiſſenſchaften; für Naturgefchichte; für deutſche Spradye; zur Bekeh⸗ 
Juden; Handeld- u. Gewerbverein. Bon den vielen alten Geſchlechtern 
wärtig nur noch die Familien Alt⸗Limpurg u. Frauenflein vorhanden, 
ätteften deutſchen (die erfte erfchten in Benedig 1536, in Deutfchland 
tungen: das Frankfurter Journal, feit 1615, und erfled Intelligenzblatt 
the geboren 1749; defien Denkmal. Monument der bier 1792 gegen vie 
gebliebenen Heflen. Neben den rein lanpwirthfchaftlichen Bewerben des 
u. der Viehzucht werden ganz vorzüglidy der Garten, u. Obſtbau bes 
is blühen ferner technifche Gewerbe aller Art, namentlich die Tapeten-, 
Wachstuch⸗, Wollengarns, Tuch⸗, Tabaks⸗ und Spielfartenfabrifation. 
atender aber, ald die Induſtrie, ift der Handel. F. ift eines ber vier. 
im Innern von Deutfchland, welche deſſen Binnenhandel vornehmlich 
; haben. Bon befonderer Bedeutung iſt der Handel mit Staatspapieren 
hfelhandel. Auch der Buchhandel, für den F. im 17. Jahrhunderte In 
d der Haupıftapelplag war, iſt noch Immer erheblih. Bald if F. nach 
n bin durdy Gifenbahnen verbunden; bis jetzt führen folche nady Mainz 
erg, binnen Kurzem nad) Kaffel u. Afcyaffenburg; der Main wird zu 
‚hal mit Dampfbooten befahren. Die, felt dem 18, Juli 1816 in Kraft 
Berfaflung F.s {ft demokratiſch. Nichts defto weniger unterfcheivet das 
he Bürgerthum vier Volksclaſſen: Adelige (Patrizier von den beiden 
ın Alt: Limpurg und Frauenftein, jedes zu 11 Familien), Gelehrte (bie 
yeutendften Ehrenſtellen im Staate berechtigt find), eigentliche Bürger 
ufleute, Krämer, zünftige und nicht zünftige —— u. ſ. w.) und 
velche Nachbarn genannt werden. Die oberſten Staatsbehoͤrden find: 
‚at, beſtehend, unter dem Präſidium des Älteren u. jüngeren Bürgermei⸗ 
der erften Bank der (13) Schöffen, der zweiten Bank der (13) Sena⸗ 
md der dritten Bank der (14) Rathöverwandten. Die beiden Bürger: 
den jährlich vom Senate gewählt, dem die erefutive Gewalt und die 
Juſtizverwaltung Im Allgemeinen anvertraut if. Die gefeggebende 
mlung, oder der gefegnebende Körper, {ft zufammengefeht aus 20 Raths⸗ 
20 Mitgliedern der ftändigen Bürgerrepräfentation, 45 Mitgliedern der 
jriftlichen Bürgerfchaft und aus 9 Abgeorpneten der Frankfurter Dorfs 
Diefe Verſammlung wird vom Senate in jedem Jahre, gewöhnlich auf 
i, zufammenberufen. Die ſtändige BürgersRepräfentation over 
erausfchuß befteht aus 51 Bürgern. Die Staatdeinfünfte werden zu 
) Gulden angegeben, während die Staatefcyulden fi auf mehr als 
Gulden belaufen. Mit den drei andern freien Städten des beutfchen 
yat F. in der Bundesverfammiung die 17. Stele u. im Plenum eine 
imme. Als Bundescontingent ftellt e8 693 Dann zur Refervebivifton, 
Inforderung zu genügen die Stadt ein Linienbatalllon, aus geworbener 
ft beftehend, unterhält. Außerdem hat F. eine Stadt- u. Landwehr. — 
yon vor Karl dem Großen beftanden u. von diefem den Namen erhals 
Derfelbe bielt hier auch 794 ein Concil. Ludwig der Fromme legte 
iche Pfalz, den Saalhof, an u. 843 wurde F. zur Haupıftadt des oſt⸗ 
ı Reiches erhoben. Seit Kaifer Friedrich I. wurde ed die Wahlftadt der 
Könige u. 1245 freie Reichoſtadt. Die erfte Kaiferfrönung wurde bier 
Karl VI. vollzogen. Im fiebenjährigen, wie im franzöftichen Revolu⸗ 
e, wo es am 23. Det. 1792 von den Franzofen unter Cuſtine ein- 
ı wurde, hatte es fehr viel zu leiden. Im Jahre 1806 verlor es feine 
Digfelt u, wurbe für ben Fuͤrft Primas von Daibera; RE Ne 


308 Frankfurter Attentat — Franklin, 


dern Giehtetätheilen, In das gleichnamige Grofherzogihum verwandelt, das auf 
5DM. 302,000 Einw. zählte, im Jahre 1815 aber wieder zur freien Etadt 
im deutfchen Bunde erfiärt. Bon dem Großherzogthume %. fiel Alchaffenburg 
an Bayern, Fulda u. Hanau an Kurhefien. Seit 1836 hat ſich F. dem deutſchen Zolls 
vereine angeichloflen.. Bgl. Lange, Gefchichte der freien Stadı F. Darmft. 1837. Ow. 
Frankfurter Attentat. Der Erfolg, den die franzöflfche Julirevolution im 
Sande ihrer Geburt errungen hatte, war audy auf Deutfchland nicht ohne Wirs 
fung geblieben; man vergaß, aus lauter Freude über das Fremde u. Neue, nur 
adzufchnell des mannigfadyen Guten, was die Heimath eben nicht fparfam darbot, 
und aud bier folte Gewalt jest ein Bolkäglüd erfchaffen, das vernünftiger 
Welle nur auf dem Boden des eingeborenen Rechtes Wurzel faſſen kann. o 
verſuchte es denn auch am 3. April 1833 ein Haufe von 70—80 Menſchen, ge 
leitet von einigen jüngern Männern aus dem gebildeten Etande, u. in Berb 
dung mit andern gleichzeitigen Attentaten, namentlidy in Württemberg, ſich %.6 
zu bemächtigen u. von bier aus die beftebenden Berhättnifie in Deutſchland um⸗ 
zugealten. Verſchiedene Umfände vereiteiten jedoch das Gelingen des Attentats 
u. die Berbafteien wurden 1836 zu lebenslänglidyem Befängniffe verurtheilt. Die 
Meiſten hatten Ad) jedoch der Strafe fchon früher durch die Flucht entzogen, 
u. audy den übrigen Sieben wurde 1838 geflattet, nach Amerika auszumandern. 
Srantfurt an der Oder, 1) ein Regierungébezirk in der preußiicdhen Pro- 
vinz Brandenburg. 3495 [] MR. groß mit 800,000 Einwohnern, worunter 10,000 
Kuikolıken, begreift den größten Theil ver Neumark, einen Theil der Mittelmarf, 
einen Ikeil von Echiefien, der Nieverlaufig und zwei ehemals fächfifche Aemter. 
2) 8, die Hauptſtadt des gleichnamigen Regierungsbezirks u. des Kreiſes Lebus, 
auf dem linken Ufer der Oper, unter 52° 22' 8° nördl. Br. und 12° 13‘ 45“ 
örtlicher Länge gelegen, bat 25,500 Ginw. u. ift Sitz der Regierung, ded Ober: 
landeegerichts und der neumärkifchen Nirterfchaftspirection. Die Stadt hat ein 
Somnafum, eine Hebammenſchule, lanpmwirtbichaftliche Geſellſchaft, Waiſenhaus, 
Freiſchule u. f. w. Tie 1506 bier gegründete Univerſttaͤt wurde 1811 mit der 
zu Bretlau veremigt. Biblioibek, bedeutender Handel, Mefin, Schifffahrt auf 
der Over, Seiden⸗ Tabak, Zuder: u. HavencesFabrifen, Weinbau. Eifenbahn nad) 
Berlin u. Breelau. Tenfmal des 1785 zur Rettung Anderer in den Wellen der ange: 
ſchwoſlenen Oder umgelommenen Prinzen Leopold von Braunfchweig und des in 
der Schlacht beim naben Kunerédorf 1759 gefallenen Dichters Kleiſt. Ow. 
Franklin, Denjamin, am 17. Januar 1706 zu Bofton in Rordamerifa 
geboren, wo ſein Vater Anfangs mit Färberei, fpäter mit Seifenfleden u. Lichter: 
auebın fidy den Unterbalt für feine Familie zu erwerben ſuchte. Auch der junge 
8. mußte demielben panweife fid) widmen u. Fonnte nur fpärlicy zugemeflene 
Feierſtunden auf feine Lieblingsneigung verwenden, nützliche Bücher zu leſen. Na⸗ 
menilich waren Piutarchs Biographien u. Foe's Verſuch über die Brejefte, dies 
jenigen Echriften, welche bleibenren Eindrud auf den firebfamen Jüngling mad) 
ten. WS fein Älterer Bruder Jakob aus England zurüdfehrte, trat er bei dieſem 
in die Lebre ale Buchdrucker, und verfuchte fidy nebenbei, nachdem er eifrig in 
der Lektüre Fenntnigreicher Bücher fortfuhr, in poetifchen u. a. fchriftlicdhen Auf⸗ 
fügen. Befonters aber zogen ihn Bücher öfonomifchen Inhalte an u. er fuchte 
auch zuweilen deren Borfchiften praftifch zu prüfen. Ein gewiffer Tryon pre 
die Bortbeile der vegetabiliſchen Rahrung; ſogleich ahmte er die Borfchrift einige 
Zeit nach und erfparte dabei an Geld, weldyes er auf Bücherfauf verwendete. 
1720 fagte fein Bruder den Entfchluß, eine Wochenfchrift Behufs gemeinnütziger 
Belebrung beraufzugeben und F. wagte es, da er felbft durch ernflere Studien, 
wie Lede über den menſchlichen Berftand, Zenophons Denfwürdigfeiten, Shaftes⸗ 
duro u. Gelins Werke, fi) fortgebildet baute, Beiträge für die Zeitichrift zu er- 
fojen u. diefelben anonym einwfenden, indem er fie heimlich unter die Thüre der 
bineinichob. Wie freute es ihn, ale er quer feine Kleinen Geiſtes⸗ 
v gedrudt Jah und diefelben beifälige Yulnckme beim Rukilkum Innen. 


Franklin. | 509 


1723 fuchte er in Philadelphia Arbeit, u. der Gouverneur der Brovinz, William 
Keith, wollte ihm durdy ein Darleihen zu einer eigenen Druderei verhelfen, weß⸗ 
wegen er fi zum Anfaufe der nothwendigen Einrichtung nad London begab. 
Aber Keith bielt fein Verſprechen nicht, u. getäufct In feinen Hoffnungen, gerieth 
&. in London in höchft mißliche Lage. E'ne Bearbeitung von Wollaflond natürs 
liher Religion bradyte ihn ‚mit mehreren Gelehrten in London in nähere Berbins 
dung: jedoch zwang ihn feine Bermögenslofigfeit 1726 wieder zur Rüdfehr nad) 
Shiladelphia. 1728 errichtete er, in Verbindung mit Meredith, eine eigene Buch⸗ 
braderei, wozu diefer Borfchüfle leiftete. und übernahm das Geſchäaft, nach vors 
gängigem Vergleiche mit feinem Geſchäftsfreunde, bald gunz allein auf eigene 
Richnung. Durch GBorreftheit und Scdyönbelt des Drudes machte ſich feine 
Druderei bald beliebt: er gründete eineh Verein von jungen ®elchrten, welcye 
ich gegenfeitig über Themate aus der Moral, Phyſik, Dekonomie befpradyen und 
wöchentliche Berfammlungen hielten. Die Regierung von Philadelphia ermählte 
ihn zu ihrem+Buchdruder, u. F forgte nun audy für die Herausgabe einer yolis 
tiihen Zeitung, fowie für einen jährlichen Almanach, welcher unter dem Titel: „Als 
manach des armen Richard" bald einen audgebreiteten Ruf erhielt. Mit dem 
Jahre 1736 betrat er die politifche Laufbahn und erfhwang ſich ſchnell zu den 
einflußreichften :Boflen. Zuerft Secretär beim Barlamente in Bhilavelphia, ward 
er bald als Reprälentant für diefe Stadt gemählt und dann Poftmeifter daſelbſt. 
Er madyte den Entwurf für eine Brandaffefuranz u. zu einer. philofephiichen Ges 
felichaft, u. verfiel 1749-1755 auf die merkwürdige Entdeckung des Bligablels 
ters, nachdem er 1745 die Beichreibung eines neu erfundenen Stubenwärmers 
geliefert und vie Bortheile und Nachtheile der verfchledenen Arten von Ka⸗ 
minen in's Licht gefebt hatte In der Polmik zeigte ſich feine. Vaterlands⸗ 
liebe, wie feine ſtaatsmaͤnniſche Klugheit; auf das Glanzendſte in London 1765 
bei dem großen Berhöre vor dem !Barlamente über Amerika’ Stimme und Lage. 
Nachdem %. England verlafien hatte, munterte er Pennfilvanien auf, fidy für einen 
unabhängigen und felbfiftändigen Staat zu erflären, wad aud am 4. Zult 1776 
gefhah. Ais Tijähriger Greis ging er nad) Frankreich, welches bereits den nord⸗ 
amerifaniichen Freiheitöfampf auf mannigfalıtge Weife begünftigt hatte, u. unters 
handelte daſelbſt Anfangs noch heimlich ; fpäter, nachdem Ludwig XVI. nach der 
Schlacht bei Saratoga 1778 die Unabhängigkeit der vereinigten Staaten von 
Rordamerifa anfannt hatte, erfchten F. als bevollmächtigter Minifter feines Va⸗ 
tetlandes. Mit feinem ehrfurchtgebietenden weißen Haupthaare, in fchlidhter Klei⸗ 
dung und mit einem Stode von gemeinem Apfelbolze, auf dem in der Geftalt 
eine6 Freiheitshutes ein goldener Knopf fidy befand: fo erfchien in einfacher Größe _ 
der verdienfivolle Greis am prachterfüllten Hofe von VBerfailled und ward mit 
den Gefühlen innigfter Bermunderung und Berehrung aufgenommen. Durch den 
Friedensfchluß vom 20. Januar 1783 ward Nordamerika für eine freie Republik 
ertiärt. Am 3. April dedfelben Jahres bewirkte er einen Yreundfchafte- u. Hans 
delsvertrag mit Schweden, und kurz vor feiner Abreife Fam ein gleicher Vertrag 
1785 auch mit Preußen zu Stande. Als er im September in Philadelphia ans 
fam, war fein Empfang von Scite der dankbaren Bürgerfchaft ein wahrer Triumph 
ug. Zum PBräfidenten der Berfammlung von !Bennfilvanien erwählt, nöthigte 
ihn die, bet feinem hohen Alter ſich einftellende Schwäche, 1788 fi) von dem 
öffentlicyen Leben zurüdzuziehen. Anfälle von Podagra abgerechnet, hatte er bie 
1781 wenig von Krankheiten gelitten, wo fid nun teinjchmerzen hinzugefellten, 
welche ihn bis zu feinem Ende nicht mehr verließen, fondern die legten 12 Mos 
nate ſeines Lebens mit den fehmerzbafteften Paroxismen quälten, aber ihm aud) 
reiche Gelegenheit gaben, feine chriftiiche Ergebung zu bewetfen. Rührend Außerte 
fi) in der letzten Krankheit fein Danfgefühl für die mancherlei Segnungen, bie 
er von Gottes Güte fo reichlich empfangen, die ihn von einem fo geringen An⸗ 
fange zu einem fo hohen Range und Anfehen bei den Menfchen erhoben, und er 
jweifelte nicht, feine gegenwärtigen Leiden hätten feinen anderen Zwed, als ihn 


s10 Frankreich. 


von einer Welt zu entwöhnen, in der er nicht Länger geſchidt ſei, die ihm übers 
tragene Rolle fortzufplelen. Die Sierung eines Lungengefchwüred führte am 17. 
April 1790 feinen Tod herbei im 84. Lebensjahre. In Fine, von ihm ſelbſt vers 
“ faßten, Grabſchrift ſprach er bie fichere Hefung feines Glaubens an Auferftehung 
und Unfterblichkelt aus; fe iſt eben fo einfady als rührend: „Hier ruht, um eine 
Speife der Würmer zu werben, der Leib des Buchdruckers Benjamin F. wie der 
Einband eines alten Buches, deſſen Blätter abgemubt, deſſen Titel und Vergol⸗ 
dung verwifcht find. Aber das Werk ſelbſt wird nicht verloren gehen, benn es 
wird, fo hoffte er, zum zweiten Male in einer neuen u. fhöneren Ausgabe ericheinen, 
durchgefel en u. verbeffert von feinem allınächtigen Schöpfer.“ Unfterbliche Verdienſte 
erwarb ſich biefer feltene Menfchenfreund um Künfte u. Wiffenfhaften, um Wohl 
thätigfeisanftalten u. um bie ganze politifche Berfaffung ſeines Baterlandes. Außer 
feinen einflußreichen Entvedungen im Gebiete der Clektricitaͤt verdankt man ihm 
eine Bervolltommmung der Harmonika, jenes wunderbaren Toninftrumentes vol 
* Wohllautes. Eine bewundernswerihe Klarheit und Leichtigfät des Styls, 
wie praftifche Welt» u. Menfchentenntniß, zeichnen alle feine Schriften aus. Experi- 
ments and observations in Electricity made at Philad. in two parts. 1753 — 
An historical review of the constitution and governement of Pennsylvania 1759. 
The interest of Great Britain considered with regard to the Colonies and the 
acquisition of Canada and Guadeloupe. 1760. — Political Miscellaneous and phi- 
iosophical pieces never before collected. 1779. Roch viel: phyſtkallſche und 
meteorolo; ie e Unterfuchungen, mehre [Hegenbe Blätter und Pamphlets, Briefe, 
die gem! em Auffäge im armen Richard u. a, m. Ginmvoll und geiftreid) 
hat d’Alembert feine Verdienſte in dem berühmten Berfe ausgeſprochen, als feine 
Kufnahme in die franzöfifche Akademie geſchah: Eripuit coelo fulmen, sooptram- 


rankreich,) ein Königreich im Weſten von Europa, awifchen 12° 57' 
bis 25° 28° öftlicher Länge und 42° 25° bis 50° 50' nördlicher Breite, bildet 
ein, durch natürliche Gränzen faft gang abgefchlofienes Ganzes, mit einem Flaͤchen⸗ 
inhalte von (nach den Bermeflungen des großen franzöftichen Generalſtabs) 9962 
Reiten. Die Rorbgränze macht der Kanal, die Meerenge von Galais, die 
Vordſee, das Königreich der Niederlande, Luremburg, Rheinpreußen und Rheins 
bayern; die Südgränge das mitteländifche Meer und Spanien, während gegen 
Do jen Baden, die Schweiz u. Stalien anſtoßen u. im Weften der atlantifche Ocean 
die Geſtade befpült. Gegen die Niederlande und Deutfchland, wo das Land offen 
fleht, fügt ein dreifacher Gürtel von Feſtungen. Die größte Ausdehnung des 
Landes von Norden nad Süden beträgt gegen 130 geographifche Meilen, und 
ziemlich eben fo viel die von Weften nach Sem. Eine Anzahl Infeln in den ans 
gränganben Meeren gehört zu F., darunter Gorfifa die bedeutendſte. Das Land 
ft mehr flach u. eben, als gebirgig. Am mächtigften find die Gebirge des Südens 
und Südoſtens, die Pyrenäen und bie Alpen. Gene trennen in einer Länge von 
54 u. einer Breite von 12 Meilen F. von Spanien, u. erheben ihre Spihe bie zu 
11,000. Sie fenden mehrere niedrige Zweige in die ſüdlichen Provinzen 8.8; 
bis an den Kanal von Languedoc ziehen ſich die ſchwatzen Berge zwiſchen Ars 
riöge und Aude; an fie reihen ſich mördlich die Sevennen. Nordweftlid von den 
Porenden aus läuft das Mdourgebirge, in der Haide ſich verflachend, mit tiefen, 
tomantifhen Thälern und üppiger Degetation. Zwifchen dem Weerbufen von 
Lyon und den Ufern des Genferfecö Iagern die cottifdhyen und die Meeralpen, auf 
der Gränge zwiſchen F. und Savoyen; fie verbreiten ihre Aefte über die Ober⸗ 


=) Bine länger andauernde Kranffeit eines unferer gefhäpteten HH. Mitarbeiter, ber obigen 
Aıtifel übernommen hatte, hinderte beffen rechtzeitige Binfendung. &s mußte daher berfelbe, 
um feine Stodung im Bortgange bes Ganzen hecbeiguführen, in verhältnißmäßig fehr kurzer 
Fri ans mäher liegenden Duellen zufammengefellt werden, wobei indeflen die Revactien 
‚Demerft, baf, wenn das einlaufende Manufeript befonders wichtige Notizen enthalten folte, 
dfrfe fm Auhange werden wmitgetheilt werben. 


— — 


— 


— 


Frankreich. | 314 


provemce u. bie Dauphind u. erreichen mit 13,000 Kuß die größte Höhe. Glet⸗ 
ſcher, Schneefelder, nadte Kelfen, tiefe Schluchten mit reißenden Beraftrömen, 
ſchaͤumende Waflerfälle, drüden ihnen den Eharafter furdytbarer Erhabenheit auf. 
Die verfchiedenen Ketten diefer Alpen find durch Engpäffe (cols) verbunden. Die 
Sevennen. ein rauhes Gebirge, nicht über 6000 Fuß hody, verlaufen in drei pa⸗ 
tallelen Bergreihen, theils kahl, theils fruchtbar, zwiſchen Loire, Eaone u. Rhone; 

N thnen u. den Alpen dehnt ſich das herrliche, üppige Rhonethal aus. Rordöfs 

lich von den cottifchen Alpen ftreifen die Reihen des Jura, 35 Meilen lang, bid zur 

Bündung der Aar in den Rhein. Nordweſtlich von den Sevennen Neigt das 

Gebirge von Auvergne, mit feinen ausgebrannten Kratern, fchroffen, nadten Fel⸗ 

mbörnern, Bafalt: und Lavamaflen auf und endet bei Ranted. Die noͤrdliche 

Hauptgruppe ber franzöftfchen Gebirge beginnt mit dem Eöted’or, zwifchen Seine 

mb Saone, ein wenig fleiler, fehr bewaldeter Höhenzug, deſſen Ausläufer ver 

Bald von Orleans if. Um die Quellen der Maas, Marne und Wube häufen 

ich Die Sichelberge, eine raube, waldige Kette, an und verlaufen nordoͤſtlich in 

vie Bogefen, weldye, vom Jura durch das Doubethal getrennt, in einer Länge 

von 41 Meilen parallel mit dem Rheine an der Gränze des Elſaſſes und von 

Lethringen hingehen u. mit dem Donneröberge bei Mainz endigen. Durch fchmale 

Ldandrücken hängen fie mit den Aıdennen, dem noͤrdlichſten und niedrigſten Ges 

Pr zufammen. Die letztern beflehen mehr aus breiten Walpmaflen, von 1800" 

md ziehen fich links durch Lothringen u. rechts, als Waſſerſcheide zwiſchen 

ne und Rhein, bis an das Meer. Durdy die ganze Bretagne hindurch breiten 

fd die Monts d' Arroͤe aus, raube, verwitterte Felfen; ihre Ende finden fle als 

Gap Siniöterre am Meere. Ströme hat F. 5: die Loire, der größte u, längfle, 
in ven Sevennen entſpringend, mündet nach einem Laufe von 120 Meilen unters 
halb Rantes, 20,000° breit, in das atlanttiche Meer; 41 Rebenflüfle nimmt er 
auf. Die Seine, vom Eöted’or herabkommend, wird 96 Meilen lang und an 
der Mündung 10,000' breit, empfängt 29 Webenflüffe, worunter die Aube, Murne, 
Dife u. |. w. und ergießt fidh bet Havre in den Kanal. Der Rhein gehört $. 
nur auf eine Strede von 30 Wellen, als Gränzfluß gegen Biden bin, an. Ebenſo 
wird die, aus den Schweizeralpen hervorbrechende, Rhone erft fpäter franzöflfch, 
nimmt die Iſoͤre, Durance, Eaone auf und bringt ihre reißenden Fluthen dem 
Mittelmeere zu. Die Garonne endlich, in den Pyrenäen entipringend, flürzt ſich 
in den biskaiſchen Meerbufen. Ktüftenflüffe find: die Schilde, nur eine furge 
Etrede auf franzoͤſiſchem Gebiete; die Summe, der Blavet, Adour, die Aude 
u. f. w. Etehende Gemwäfler von Bedeutung gibt ed nicht; der größte See If 
der von Grandlieu bei Nantes, 3 Meilen lang, 1 Meile breit; am zahlreichfien 
find nody die fleinen Seen der Pyrenäen, Alpen, und in der Auvergne. Durch 
ein ausgedehntes Ne von Kanälen wird der innere Verkehr außerordentlidy bes 
lebt und befördert. Wan zählt deren im Ganzen 86, worunter die wichtigſten: 
der Kanal du Midi zwiſchen Garonne und dem Mittelmeere; der Ardennenfunal, 
der von Berrt, von Burgund, von der Ile und Wance, der Kanal du Centre, 
der von Braucatre, von Briare, von Arles, von Bretagne, von Bourgogne oder 
Göted’or, von St. Duentin, der Kanal Monfleur zwiſchen Rbone und Rhein. 

Roh im Baue begriffen find: der von der Marne nad) dem Rheine, von der 

Ysne nad) der Marne, vom Adour nady der Garonne, ein Seitenfanal der Gas 

sonne. Ein zweites, treffiiches Verbindungemittel find die Chauffeen, welche, wies 

wohl großentheils gepflaftert, die Commun cation amifchen Paris und den Des 

yartementsd bis an die Außerften Reichsgränzen unterhalten. 4 funfivolle Straßen 

durchbrechen die Alpen; nach Drutfchland führen von Paris zwei, über Metz u, 

über Straßburg; zwei nady Spanien, über Bayonne und Perpignan; eine über 

Balencienne® nad) Belgien. Die umfaffende Anlegung von Eifendbahnen bat F. 

unter allen Staaten am längften verzögert. Eiſt durdy ein Geſetz vom 11. Junt 

1842 it die Erbauung von 3 bi8 400 Meilen befchlofien worden. Vollendet 

And jet davon gegen 150 Meilen. Bon Paris gehen 6 Eifenbahnen aus; nad 


x 


312 | Frankreich. 


St. Germain, nach Verſailko am rechten und linken Seineufer, nach Rouen, 
nach Orleans u. Corbille; die neueſte nach Valenciennes. In den Departements der 
Loire u. Rhone beſtehen ſolche von Lyon nach St. Etienne, von da nad) Andrezieur 
und’ Roanne, von Montbrifon nad Montrond; im Ganzen 20 Meilen. In ven 
Departements Gard und Herault: von Montpellier nady Ectte und NRimes; von 
bier nach Alais, Beaucaite und Grand⸗Combe, 21 Meilen. Im Departement 
du Nord: von Anzin nad Et. Waſt und Denain, von Lille und Valenciennes 
an die belgifche Oränze 6 Meilen. Die Sironde befigt die Bahn von Bordeaur 
nach Tefte, 64 Meilen. In den Departements Ober» und Niederrhein die von 
Straßburg nad Bafel u. ron Mühlbaufen nady Thann, 20 Meilen. — Das Klima 
IR im Ganzen fehr gemäßigt und fidy gleichbleibend; Ertreme von Hipe u. Kälte 
gibt es nicht. Auf der fünlidhen Abdachung if die Witterung mehr italieniſch, 
auf der nördlichen mehr deutſch. Die eigentlidy warmen Gegenden liegen jenfelts 
der Gebirge, dem Mittelmeere entlang. Cine Plage der Provinzen in Güpoft 
find bie elf fchneldenden Nordwinde (Miftral u. Bile) im Frühlinge u. Winter. 
Die Ernte fällt im Norden auf Ende Juli, im Süden in die zweite Hälfte des 
Juni. — Die Fruchtbarkeit des Landes in jeder Hinficht iſt mannigfaltig u. gefegs 
net. Edle Metalle, Gold und Sitber, werden zwar dürftig aufgefunden, Def 
rößer aber ift ver Leberfluß an allerlei Halbmetallen. An Eiſen gewinnt man 
ährlich gegen 600.000 Tonnen. Ürgiebige Steinfohlengruben werden in allen 
Theilen des Landes audgebeutet, namentlih im Baſſin der Loire, im Ganzen 
jährlih an 60-70 Millionen Centner. Berühmt find die Feuerſteine aus der 
Grube im Departement Loire⸗Cher. Duelle und Seefalz ift reichlich vorhanden, 
ebenfo Salpeter, Asphalt, Schwefel, Birrtol, Porzellanerde, Bruchfteine aller Art. 
Mineralquellen entfpringen faſt in allen Gegenden; die berühmteften find in Bas 
röges, Bonnes, Cotereis Luchon, Mont d'or, Bichy, Plombiers, Lureuil, Bagneres, 
DBourbonne. Am vornehmften u. Eofffpieligften find die Bäder der Pyrenäen. Das 
Pilanzenreich bietet viele u. geichägte Grzeugniffe, vor Allem Getreide in Ueber: 
uß, ald: Weizen, Roggen, Gerfte, Hafer, Dinfel, Mais, Hirfe, Buchwelzen; 
erner Hülfenfrüdte von dem feinften Wohlgeſchmacke. Handelsgewächſe find: 
Hanf, Flache, Delpflanzgen, Deibäume, Runkelrüben, Cidyorien, Yärbefräuter, 
Anis, Koriander, Senf, fpanifcher Pfeffer, Meerfendhel, Wermurh, Tabak, Hopfen, 
Sova, Kapern. Blumenreich ift die Brovence u. Languedoc. Yurterkräuter und 
herrlicher Wieswuchs, duftende Weiden, find die Zierden der Gebirgethäler. Ein 
Hauptproduet 5 8 aber iſt der Wein, defien jährliyer Ertrag auf 47 Millionen 
Eimer aefhägt wird und vorzüglich ergiebig grivonnen wird in Guyenne, Gas⸗ 
cogne, Languedoc, Burgund u. Champagne: Die vorzüglichftin Sorten find: der 
Ehampagner, Burgunder, die von Bordcaus, Gascogne, Kanguedoc, Provence, Or⸗ 
leanois, Kıfaß, die Roufilons und Rhone⸗Weine. Trefflide Roſinen werden an 
der füdlichen Küfte producirt. Das Obft gedeiht in Fülle und ift ausgezeichnet 
ut; berühmt find die Renetten von Rouen, die Rambours von Drieans, bie 
alvillen u. Pepind aus Limagne, die Pflaumen von Tours, die PBrünellen der 
Provence, die Reineclaudes von Poitou. Köfllicher Acpfel- und Birn:Moft wird 
bereitet. Reben dem finden fidy, außer unfern Obftarten, in den mittägigen Pros 
vinzen alle Früchte der gefegneten füdlichen Himmeleftrihe. An Holz it Man: 
gel, da der Anbau desfelben ſich bioß auf 6,322,000 Heftaren Bodenfläche be> 
fchränft, die nody zum Theile fehr ſchlecht bewirtbichaftet werden. Die größten 
Mälder liegen im Often u. Süden. Am waldreichften ift Lothringen; bingegen 
Bretagne am ärmften. Das Thi rreich iſt nicht befonders aufgezeichnet. Für die 
beften Pferde gelten die von normännifcher Race. Mauleſel u. Efel find häufig. 
Das Rindvich tft am fchönften in der Normandie und Bretagne. In der Pro⸗ 
vence und Dauphiné gibt ed zahlreiche Wunderfchafe, welche den Sommer auf 
den Alpensriften weiden. Ziegen hält man meift in den Gebirgsgegenden; tibe- 
tanifche u. Kafchemirzienen werden in den Alpen u. Byrenäen gepflegt. Die be- 
zühmten Echinfen von Bayonne u, Vordeaur beweiſen die Sorgfalt, die man in 


» 


Jraukreich. 313 


7 
jenen Gegenden auf die Schweinezucht verwendet. Wilde Schweine durchſtrei⸗ 
fen die Ardennen u. Bogefen; Steinböde und Gemfen finden fidy einzeln auf den 
Alpen, Iſards in den Pyrenäen; die höhern Gebirgögegenden werden durch Baͤ⸗ 
ren u. Wölfe unficher gemacht. Die Provinzen Maine, Normandie, Guyenne, 
Languedoc, haben am meiften zahmes Geflügel; die Gänſe des Departements Tarn 
wiegen nicht felten 25—30 Pfund. An den Flüſſen Gharente, Lotre, Aube und 
Meurthe zieht man fehr gute Truthühner, ſowie vorzügliche Enten in Rouen, bie 
geſuchteſten Kapaunen in Auvergne und Dauphins. Beträchtlih iſt das Wild- 
geflünel; ergiebig längs der Pyrenäen die Zugvögel-Jagd. In den Sümpfen 
von Arles zeigen ſich Schitpfröten ; desgleichen tft der Fiſchfaug an den Küften 
u. Flüſſen fehr belohnend. Im Süden wird der Seidenwürmerzucht große Aufs 
merfiamkeit gewidmet. Die Halden der Bretagne, Normandie und von Langues 
doc bieten zahlreichen Bienenfchwärmen treffl.che Nahrung. — Induſtrie, Handel 
a. Schifffahrt finden in di-fem von der Rarur fo reich audgeftatteten Lande einen 
günftigen Boden; jedoch wird in dem Wohlftunde der einzelnen Provinzen große 
Ungleichheit bemerkt. Viele Striche urbaren Landes liegen unbenügt, große Hats 
ven, Moräfte u. Wüfteneien nehmen fat den 12. Theil des Landes ein. Außer 
dem unterliegt der Aderbau vielen Gebrechen, welche nody die Nachwehen des 
harten Druckes find, der bis zur Revolution auf dem Bolfe laftıte. Dahin ges 
hört vorzüglich das Syſtem der Metayeurs, wonach der Bebaurr dem Grund» 
eigentbümer die Hälfte de Erträges in natura zu geben bat, wogegen biefer das 
Bich Felt u. die Hälte der Staat liefert, während der Metayeur die Ader- Ges 
rärbfcyaften, die deßhalb gewöhnlich ſchlecht und bürftig find, anzuſchaffen bat. 
Di ‚geringem Biehftande iſt die Düngung ſehr mangelhaft. Der Fruchtwechſel 
iR keineswegs an verftändige Grundiäge gebunden. Um fich zu einem gewifien 
Wohlftande zu erheben, müßte dem Landvolfe die Laft der noch jetzt ſchwer drücken⸗ 
den Ubgaben erleichtert werden. In der Normandie u. im Herzen von F. befins 
det ſich daſſelbe am beften, am traurigften in der Bretagne, Champagne u. Pi⸗ 
cardie. Dagenen hat die Induſttie feit der Revolution Riefenfortfchritte gemacht ; 
fie vereinigt Güte mit Eleganz, u. übertrifft in Sachen des Geſchmackes u.'Lurus 
jede auelaͤndiſche. Durch die Hände von 3 Millionen Arbeitern, unterflügt von 
mehr al6 6000 Dampfmafchinen, producirt fie an jährlihem Werthe für 550 
Millionen Thaler. Audgezeichnet find die Tuchfabrifen von Sedan, Eibeuf, Lou⸗ 
viers, Abbeville; unübertroffen die Seidenfabriken von Lyon, Nismes u. Tours; 
berühmt die Lederarbeiten von Paris, Nantes, Straßburg, Mep u. f. w. Die 
Baummollnfabrifen haben ihren Haupifig im Eifaß u. verbrauchen über 65 Mill. 
Pfund Baumwolle. Die Runfılrübenzuderfabrifen, [rüber fehr ausgedehnt, find 
burch Begünftigung des Colonialzuckers zum Theile eingegangen. Aus den übri- 
gen Induftriegweigen nennen wir nur nody die von Hüten (Paris), Strohhüten 
(Can), Bändern (St. Etienne), Seife (Marſeille 75 Fabriken), Leinwand, Spigen 
(Batenciennes, Cambray), Papier (Angouleme), Gobelind (Paris), Franzbrannt⸗ 
wein (im Departement Charente), Holz: Waaren (Baris, Straßburg, in Meubles 
u. Wagen), Uhren (im Jura), Bijouterien (Paris, St. Gobin, Eirey), Kry⸗ 
Rallmaaren (Diontcenis, Ereufat), Porzellan (Eevres, Paris), Fayence (Nevers, 
Ehantily, Toul, Straßburg), Galanterie- und Modemaaren, in deren Erfindung 
die Ftanzoſen unerfchöpflih find. Die Blüthe franzöflfcher Induftrie vereintgt 
Ab in den jährlichen, großen Ausftellungen zu Paris, welche zugleich die Bele- 
bung. derfelben weſentlich fördern. — Erfolgreicher Betrieb des Handeld wird 
durch die günftige Lage %6 verbürgt. In der Ausdehnung und Wichtigkeit des 
Seehandels fteht dafjelbe nur England nach. Er erfircdt fi) über Europa und 
bie anderen Welttheile; gegen 15,000 Echiffe werden dazu verwendet, die fid) 
meift in den Häfen von Marfeille, Bordeaux u. Havre de Grace fammeln. Die 
wichtigften Kandhandelspläge find: Paris, Lyon, Rouen, le Havre, Borbeauz, 
Marfeille, Lille, Nantes, Straßburg, Dünkirchen. Hemmend find die Kronmonos 
pole, Douanen, Aus: u. Einfuhrbote. Der innere Handel ift nicht weniger leb⸗ 


=. 


914 Fraukreich. 


haft. Eine bedeutende Meſſe wird zu Beaucaire abgehalten. Die Geſammt⸗ 
ſumme des auswärtigen Handels betrug im Jahre 1842 2078 Millionen Fran⸗ 
fen, u. zwar auf die Ausfuhr 940 Mill. auf die Einfuhr 1138 Mill.; auf den 
Landhandel 554 MIN., der Seehandel, 1524 Mil., im Ganzen 9 Mil. weniger, 
als im Jahre 1841, — Wefentliche Beförverungsmittel des Handels find: die 
Börfen, die fönigliche Bank F Parts, die Aſſekuranzgeſellſchaften, das Beneral- 
Conſeil des Handeld in Paris, die Handelskammern der größeren Städte, bie 
Handelstribunale, Handelötractate und Bonfulate in den auswärtigen ‚Staaten. 
Der Geldumlauf beträgt an 3000 Mil. Fr. — 

In einer durch fo häufige Revoluttonen bewegten Gefellfchaft, wie die franzö- 
ſtſche Ration if, finden fi) natürlich die verſchiedenartigſten geiftigen G@lemente 
vor. Die Parteien laſſen noch, auch wenn fle ſelbſt nicht ‚mehr find, eine Nach⸗ 
but in der Welt zurüd; und find auch gleich ihre Sinterefien nur Iebenslänglich, 
fo wehren fie ſich bo gegen die Zukunft, und möchten wieber bervorrus 
fen, was bie Zeit für immer zerflört bat. Daher lommt es, daß die Ueber» 
tefte der alten Zelt von 1789 fo wenig, als die unverbefierlichen Republi⸗ 
faner und die Anhänger des Kaiſerreiches, nicht einfehen wollen, daß fie eine 
Unmöglichleit geworben find, und daß das neue Gefchlecht fie nur mitleidig bes 
tradhtet, während ed mit der Zukunft befchäftigt if. — Es wäre ſchwer, eine 
Ueberſicht über die Ginfichten des Bolfes zu geben. Das Landvolf verfieht we- 
nig von ben — Angelegenheiten; feine ganze Politif befchräntt fi auf 
die materiellen Interefien. Die Städte werden durch die Leidenfchaften der hö⸗ 
beren Geſellſchaft aufgeregt, die fie nachahmen, u. nur zu oft ſeten bie Berech⸗ 
nungen des Ehrgeizes, der Selbftfucht und Habfucht die ſocialen Kräfte in Bes 
wegung. Die Leute aus den Mittelclaffen find meift von befchräntten Anfichten, 
Ihr Zwei iſt, an bie Stelle der Woeldariftofratie die Geldariftofratie zu ſetzen. 
Das Bolk if nur groß an großen Tagen u. im Solbatenkleive. Begeiſterung 
macht. aus den Franzoſen etwas höheres, als Menfchen. Betrachtet mgn für 

ch allein die meiften Bürger u. felbft die, in deren Hände die Rechte des gan» 
zen Volkes gelangt find, f fommt man oft in Berfuchung zu glauben, daß fie 
wenig für freiheitliche Inſtitutionen gemacht find ; aber diefe Mängel gehören der 
Inſtitution an, nicht ihnen. Man follte ihnen nicht den Rationalcharakter zur 
Laft legen, auf den überdieß die confitutionellen Geſetze erſt zu 
kurze Zeit ihren Einfluß geübt haben, als daß man über ihre fünf- 
tige Wirkung urtheilen könnte. — Ausgezeichnet durch alle Gaben des 
Geiſtes, reich an Entdedungen u. Kortfchritten in den Natur⸗ u. mathematifchen 
Wiffenfchaften, bietet dieſe Nation das wunderbare Schaufpiel aufgeflärter Höhen 
der Geſellſchaft, großer Geifter u. niederer Claſſen, die im erflen Unterricdhte fehr 
zurüd find, u. oft nicht lefen noch ſchreiben konnen; feit der Zulirevolutten aber 
find in dieſer Beziehung bedeutende Berbefl:rungen gemadyt worden. Tas De- 
partement des Bolföunterrichtes iſt mehr als verzehenſacht, u. die Zahl der Zög- 
linge, die ihn befuchen, bat fidy verdoppelt. Will man ſich von der Nachlaͤſſig⸗ 
feit überzeugen, mit der früher diefer wichtige Zweig der Arminiftration behanvelt 
worden iſt, fo fann man aus den, auf Koften des Kriegsminifteriums gedrudten, 
Tabellen erfehen , daß 1834 von 326,298 jungen Leuten, die an den Ziehungen 
für die Armee Theil genommen, 149,195 weder lefen noch fchreiben, u. 11,784 
nur fefen fonnten. Die Regierung fucht diefe Schuld der Gemeinden u. der El⸗ 
tern gut zu machen, indem fie Regimentöfchulen eingeführt hat, in denen Lefen u, 
Schreiben gelehrt wird. — Es geben jegt mehr als 2 Millionen Kinder In die 
Volksſchulen. Die, theild vom Staate, theild von den Gemeinden u. Departe- 
mentalräthen zu dieſem Zwecke beftimmten, Summen belaufen fidy auf 17 Millto- 
nen France. Es find zugleich in den Departements Schulen zur Bildung der 
Lehrer errichtet worden. In den aufgefiärteften Thellen 5.8 gibt e8 aber noch 
viele Bemeinden, in denen Feine Schulen find. — Der höhere Unterricht wird in 
ben Föniglichen Collegien, over in foldyen der Gemeinnen, (owie in Privatanftal- 


4 


ten u. Penſionaten ertheilt, welche Anſtalten fämmtliche den veutfchen Gymnaſien 
jedoch weit nachſtehen. Unter den 80,000 Zöglingen, weldye den höheren Unters 
richt genießen, fommen gegen 20,000 auf die geiftlicyen Schulen oder ſogenann⸗ 
ten feinen Seminarien. &8 fcheint aber, daß die Regierung, die den Volks⸗ 
unterricht fo viel begünftigt, als fie nur Tann, biejenigen jungen Leute, die’ gern 
hoher u. möchten, als ihre Vermögen reicht, zurüdftoße. In vieler Kolcht 


nämltdy ſcheinen die Untverfitätsabgaben eingeführt worden zu feyn, deren Eins 
treibung fo veratoriich ift, dag fie den Fiskalbeamten den Zutritt in alle Anfals 
ten geftattet, um die Zahl der Zöglinge u. die Einführung der Regifter zu veri-⸗ 
firen. — Was den eigentlichen wifienfchaftlichen Unterricht betrifft, fo wird die⸗ 
fa in F. nicht, wie in Deutfchland, auf Untverfitäten, fondern in befondern Fakul⸗ 
tätöfchulen ertheilt, welche in Schulen der Theologie, Jurisprudenz, Medizin, der 
Biffenfchaften u. der Literatur (des lettres) zerfallen. Es beſtehen 6 Kakultäten 
ver Fatholifchen Theologie: zu Paris, Lyon, Als, Bordeaux, Rouen u. Toulouſe; 
für die proteftantifche eine in Straßburg u. eine in Montauban. Bafultäten der 
Rechte zählt marı 9: zu Paris, Air, Caen, Dijon, ®renoble, Poitiers, Rennes, 
Straßburg u. Touloufe. Zu den Schulen für höheren Unterricht müſſen auch ges 
rechnet werden: das Gollöge de France, das Mufeum für Raturgeichichte, das 
ortentaltfche Inſtitut, die Schule für die ſchoͤnen Künfte, die polytechnifchen Schulen, 
worin beſonders Fünftige Offiziere gebildet werden, u. die Normalſchule zur Bil 
dung von Profefioren für die Colloͤges. Außer diefen allgemeinen Anfalten gibt 
ed noch verfchiedene Specialfchulen: fo das Gonfervatortum der Kuͤnſte u. Ges 
werbe, die Mititärfchulg,von St. Eyr, Artilleriefchule zu Meb, Schulen für das 
Bergweſen in Paris und St. Etienne, für dad Korfiwefen zu Nancy, das Sees 
weien zu Breft, für den Ackerbau zu Roville u. Grignon. Die Gentralfchule für 
Künfte u. Manufakturen in Parts bildet Ingenieurs, Directoren von Maſchinen, 
Vorſteher von Fabrifen u. Profefioren in allen technifchen Wiſſenſchaften. Die 
wichtige unter allen gelehrten Geſellſchaften iſt das königliche Institut de France, 
beftehend aus den 5 Akademien: der Sranzöflichen, der Inichriften und ſchönen 
Wiffenfchaften, der mathematifchen und phyſiſchen Wifienfchaften, der ſchoͤnen 
Künfte u. der moralifchen u. polttifchen Wiſſenſchaften. Die Hülfsmittel für alle 
Zweige des Wiſſens find eben fo zahlreich, als erfchöpfend: 5 öffentliche Biblios 
thefen in Paris mit 14 Millionen Bänden; im übrigen F. zählt man deren 190; 
reichhaltige NRaturaltenfammlungen, darunter ber Jardin des plantes in Paris, 
mit botanifchyen Gärten, Menagerien u. f. w. Außer 2 berühmten Sternwarten 
in Paris werden deren unterhalten in Marfeille, Lyon, Touloufe, Straßburg 
u. f. w. Gerechter u. bitterer Tadel wird indefien über die Borlefungen an den 
juriſtiſchen Schulen geführt, die fehr mangelhaft find; kaum werden die Inſtitutio⸗ 
nen gelehrt u. die Kenntniß der Pandekten wird gar nicht gefordert. Außerdem 
find die Inſcriptions- und Diplomsgebühren auf den böchften Gipfel getrieben. 
Was die philofophifche Fakultät betrifft, fo wird fie faft nur als eine Vorberei⸗ 
tung zur juridiſchen mediziniſchen betrachtet. So viel diefe Einrichtungen zu 
wünfchen übrig lafien, fo bewunderungswürdig find die wiſſenſchaftlichen Anftals 
ten, auf die Paris mit Recht flolz iſt; 3. B. das College de France, wo fehr 
ausgezeichnete Vorlefungen gehalten werden; das naturhiftoriiche Mufeum, die 
Borlefungen über die orientaliihen Sprachen, die königliche Bibliothek, die 
Schule von Chartres, wo die Aichivare u. die Paläographen fi) zum Lefen der 
Muanuferipte u. der Urkunden ausbilden, das Obfervatorium u. dad Bureau der 
Längenmeſſungen, das jährlidy ein Buch, oder einen Jahresbericht herausgibt. — 
An der Spige der Wiffenfchaften u. der franzöflichen Literatur ragt das Ynflitut 
glänzend hervor, defi:n wir ſchon oben Erwähnung gethan haben, das ans ben, 
ebenfalls fchon genannten, fünf alten franzöfiichen Akademien gebildet wurde, welche 
Napoleon in feinem Hafje gegen die Ideo logen unterdrüdt hatte, u. die durch die 
Zuliregierung wieder bergeftellt worven find. Das Inftitut befigt eine Bibliothek von 
80,000 Bänden, Die Föntglidye Bibliothek if unter Karl V. beauunen wetten, 


en Fraukreich. 


damals enthielt fie nur 910 Bände, u. unter Franz I. nur dad Doppelte. Unter 
Ludwig Xu. befaß fie etwa 17,000, unter Ludwig XIV. flieg fie bis zu 50,000, 
ein Jubrhundert fpäter bis au 150.000, jest endlich befigt fie 200, 000 Bde. Eie 
wird jährlich etwa um 120,000 Bände vermehrt, ſowohl franzöfliche als fremde. 
Eo Werden dafelbft mehr als 200,000 Kupferfiihe und 40,000 Karten aufbes 
wahrt; aber befonders zahlreich find die Manuferipte. Das. Lefezimmer wird täg> 
lich von 600 Leſern beſucht. — Die Mazarin’iche Bibliorbef, von ihrem Gründer, 
dem Cardinal Mazartn, fo genannt, tft noch vor der koͤniglichen eine öffentliche 
geworben u. feit 1648 befaß fie 40,000 Bände; fie zählt deren jest 90,000 und 
‚#37 Manuferipte. Die Bibliothek des Arſenals iſt durch Herrin von Vauling 
geftiftet worden; fle bat an 18,000 Bände, worunter etwa 5000 Manu’cripte find. 
Die Bibliothek Et. Genoveva ſiammt vom Jahre 1624 ber und beſteht heut zu 
Tage aus 200.000 Bänden u. 3,500 Manuferipten. — Es gibt, außer mehren 
elehtten Geſellſchaften, ſowohl in ‘Baris, als in den Provinzen, bie medizinifche 
kademie u. die koͤnigliche Gefelfchaft der Antiquare von F., die in Paris ihren 
Eid haben, Die Afademie des jeux florenux zu Touloufe tft die älteſte von 
allen; fie verdankt ihr Dafeyn einer berühmten Frau, Elementina Iſaura. Jedes 
Jahr erteilt ſie Preiſe für Poefle, nämlidy eine goldene wilde Rofe, ein Beils 
hen u. ein Stiefmürterdhen von Silber. Diefe Stiftung aus dem 14. Jahrhun⸗ 
derte iſt felbR nur die Ernenerung des College du gai savoir, das in Älteren 
Zeiten unter der Leitung von 7 Touloner Dichtern beftano. — Chedem gab der Hof 
den Ton für die Hauptfladt an u. diefe ward in der ‘Provinz fifavifch nachgeahmt. 
Es if noch nicht lange, daß ein Buch in Paris gepruft feyn mußte, wenn es 
Lefer finden wollte. Was das Ausland betraf: um Wefes Tümmerte man fidy 
wenig; von der deutfchen Literatur vorzüglich wußte warn gar Nichts. Jedoch if 
das franzöftiche Theater durch Nachahmung der ttaltenifchen und fpanifchen ents 
fanden. Dann kam die Anglomanie gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Das 19. 
het bie Kenntniffe im Allgemeinen erweitert, und jet weiß man in %., daß die 
iffenfchaft nicht zwiſchen den. Pyrenäen u. dem Rheine eingefchloffen iR u. daß 

die Literatur fidy nicht Innerhalb den Mauern von Paris concentrirt. Die Aka⸗ 
demieen der PBrovinzen find meift nody in der Kindheit begriffen, und einige ver- 
dienen ed wohl, daß man ſich über fle Iuftig macht; doch gibt es einige, die mit 
der Hauptftadt wettelfern u. in mehrfucher egtehung Ihr die Wage halten können. 
Solche find die Akademie der Wiffenfchaften von Zouloufe, die Gefelfchaft der 
Antiquare der Normandie. Ein anderer Heerb der Wiflenichaften ift Straßburg, 
das mitten unter den franzöfticyen Inftitutionen eine ganz deutfche Phyſtognomie 
behält. Auch gibt es in den Provinzen fehr gute wiflenfchaftliche Zettfchriften, 
wie 3. B. die englifch-franzöfifche Revue zu Boitiers, die Revue der Normandie 
au Caen, die revue du midi in Touloufe, die auftrafifche Revue zu Meg u. f. w. 
Auch kommen in Straßburg zwei gleich gute Zeitfchriften heraus, die elfafftfche 
Revue u. die deutfche Revue, die feit ychn Fahren dem geiftigen Verkehre beider 
BVölfer außerordentlich förderlich find. — Die politifchen Tagesblätter allein neh- 
men die Aufmerkfamfeit des gnrößten Theile des Publikums in Anſpruch; fie 
nehmen die ausgezeichnetftien Erfcheinungen aus dem Gebiete der Wiſſenſchaft 
auf, u, eine Zeitfchrift kann felten beftehen, wenn fie einen Theil der Gefchichte 
oder der Philologie gründlich behandelt. In der Regel wird nur das gelefen und 
gekauft, was für eine befondere Profeſſton geeignet iſt. So kann fidy Fein eins 
Ages theoretifches juriftifches Journal erhalten, aber von artiftifchem wimmelt es. 
So iſt es bei allen Zweigen von Kenntnifien. Das Journal des savants hat 
feine Abonnenten u. fehr wenig Lefer. Selbft in der Politik fucht man nur Nah: 
rung für Leldenfchaften, u. der offizielle u. Ealte Moniteur überbringt feine Mani: 
fefte u. Bulletins etwa nur den Bräfecten und BDeputitten. — Odſchon faft die 
ganıe Bevölkerung ſich zur römiſch⸗katholiſchen Kirche befennt, fo kennt doch die 
erfaffung feine herrſchende Kirche, und alle Gonfeffionen genießen vollfommene 
Örelpeit bed Gultus, Reformirte, größteniheil® im Süven, Üt won «ine Milion. 


Frankreich. ar. 


Sutheraner, noch geringer an Anzahl, leben meift im Elfaß; Juden zerftreut durch 
viele Städte; Kleinere Secten, wie die St. Simoniften, friften fi bier und da, 
Bor- der Revolution von 1789 war, die Fatholifche Geiflichkelt 5.8 im Befitze 
ungeheuerer Güter, u. es gab der Bifchöfe und Webte nicht wenige, bie, entfernt 
von ihren Diöcefen u. ihrem eigentlichen Wirkungskreiſe u., was lebtere betrifft, 
bloß tm Beſttze von Einecuren u. ohne Berufsthättgkeit, nicht unbedeutende Sum⸗ 
men unter den Genüflen der Hauptſtadt durchbrachten. Jetzt iſt die Geiſtlichkeit, 
namentlich die nievere, arm u. nicht felten vom Nöthigen entblößt, Ehemals war 
$. in 18 Kirchenprovinzen oder Erzbiöthümer, und dieſe in 120 Diöcelen oder 
Biethümer getheilt; gegenwärtig leiten 14 Erzbiſchöfe (darunter feit 1836 zwei 
Gardinäle) u. 66 Bifchöfe die Firchlichen Angelegenheiten der Katholiken. Unter 
viefen ſtehen 174 Benerat-Bicare, 660 Domcapitulare, über 3,000 feftangeftellte 
Pfarrer u. ungefähr 27,000, Pfarr⸗ u. Fillalkirchen, deren Geiſtliche von den Bis 
ſchöfen abberufen werben können; endlidy 5—6000 Bikare. Die gefammte katho⸗ 
liſche Geiſtlichkeit 5.8, Brofefforen u. Söplinge an den Seminarien (welche letztere 
Njedoch keine Priefter find) mitgerechnet, befteht aus ungefähr 50,000 Individuen. 
Das Budget des Fatholifchen Eultus, die Gentraladminiftratton mit eingerechnet, bes 
läuft dermalen auf ungefähr 36 Millionen Br. Die Reformirten, calviniſti⸗ 
fyer Confeſſton, haben mehrere Gonfiftorien u. 380 Pfarrer; die Lutheraner ein 
Dberconfiftorium zu Straßburg u. 387 Pfarrer; die Zuden 1 Central⸗Conſiſtorium 
in Parts, von welchem 7 Gonftforlalfpnagogen zu Paris, Straßburg, Eölmar, Mep, 
Naucy, Bordeaur u. Marfeille abhängen, mit 94 Rabbinern. — Das Kriegsweſen 
5.8 tft vorzugsweiſe geeignet, die Aufmerffamfeit auf ſich zu ziehen. Der Effectiv- 
fand der Armee war am Ende des Jahre 1841 344,000 Mann und 58,000: 
Pferde, ohne die Nationalgarden zu rechnen, bie, wenn die beftehenden Geſetze 
zur Anwendung gebracht würden, %. eine Heeresmacht von 500,000 Kämpfern 
geben würden. Die Armee ſelbſt ift auch in den erften Jahren nach der Julirevos 
Iution viel zahlreicher geweſen. Die Bourbons der älteren Linie hatten fie fo fehr 
vernadyläßigt,, daß die neue Regierung im Falle eined Krieges bedeutende Opfer 
machen müßte. Im Innern %.8 find 278,000 Mann u. 51,276 Pferde; die afri⸗ 
kaniſche Armee iſt mehr als 40,000 Mann flarf u. wird vorausfichtlich eher vers 
mehrt, ald vermindert werden. Die Snfanterie ift 207,000 Mann ftarf und 
beſteht aus 66 Linien» und 23 leichten Infanterleregimentern, ungeredynet bie 
Zeuaven u. die fremden Truppen. Die Cavalerie ift 50,000 M. ſtark und zählt 2 
Karabiners, 10 Küraffters, 12 Dragoner:, 6 Lancier⸗, 12 Jäger: u. 6 Hufarenregi« 
menter. Außerdem ift die Eavaleriefchule noch für ein Regiment zu rechnen, die 

3 Escadrons hat, u. die afrifanifchen Ehaffeurs, die drei Regimenter ausmachen. 

Die Artillerie bat 22,700 Mann in 14 Regimentern; das Genie 7000 Wann, 

die Equipagen 8000, die Veteranen 10,00 und die Gensd’armerie 15,000. — 

Mas den Schat außerorbentlidy viel Foftet, if, daß er eine Menge Generale 

befolden muß, die vollen Gehalt genießen. Es gibt 12 Marfchälle von F., 65 

Generallieutenants in Thätigfelt, 24 in Disponibilität, 22 in Referve, einen 

zur Diepofition des Warineminifteriums u. f. w. Nach diefen fommen die 
38 Dbriften vom Oeneralftabe in Dienft und 4 in Disponibilität, dann die 
Dbrifilieutenants, die Bataillonschefs u. f. w., fo daß dieſe Offijiese allein 
5.585.930 $ranfen koſten, wobei noch nicht der Stab der Feflungen ifl, der 
1,283,799 Franken koſtet. Endlich hat auch die Artillerie einen befonderen Etab 

von Offizieren, die anderweitig, als bei den Kegmenter, befchäftigt find, 3. B. 

bet den Gießereien und Speclalfchulen. Dies iſt eine Ausgabe von 2,207,013 

Franken. Ebenſo iſt e8 mit dem Genieftabe, der 2,192,964 Franken koſtet, fo 
daß das Ganze diefer Stäbe, die Mitlttärintendanten u. Unterintendanten mitge⸗ 
rechnet, fidy auf 14,307,998 Franken beläuft, eine ungeheure Summe, die gar 
nicht im Verhältniß mit dem Effectivſtande der Armee fleht. — 5. iſt in 20 
Mitttärdiviftonen getheilt, deren jede mehre Departemenıs in ſich faßt. Jede hat 
einen Benerallieutenanteommandanten, einen Milltärintendanten, mehrere Mare- 


318 Frankreich. 


chaux de camp u. Unterintendanten; jedoch find nur in 70 Departements Uns 
terbioifionen eingerichtet, während es ehemals ſolche in jedem Departement gab. 
Die Eintheilung der Gensdarmerie iſt wieder eine andere. Diefe, für die innere Polizei 
u. die Aufrechthaltung der Ordnung fo nüpliche, Waffengattung iſt in Territorials 
Legionen eingetheilt, deren jede einen Obriften u. einen commanbirenden Haupts 
mann für jede Departement, ſowie einen Duartiermeifter hat. Außerdem bat noch 
jedes Arrondiſſement einen 2teutenant, u. die Brigaden find, je nach Bedürfniß 
des Dienfted, in den verfchiedenen Gegenden vertheilt u. durch Marechaux de 
logis commanbdirt, die fie beſtaͤndig für die Autoritäten zur Aufrechthaltung ber 
Geſetze u. der Ordnung, wie zur Execution der Urtheilöfprüche der Gerichte, in 
Bereitichaft halten, Die Gensdarmerie wird aus, durch lange Dienfte erprobten, 
Militaͤrs gebildet, und wenn fie nicht zu politifchen Zwecken gemißbraucht wird, 
genießt fie große Achtung. — Das Kriegsmaterlal iſt ungeheuer groß. Die fehlen 
Plaͤtze find In fehr gutem Zuflande Das Gefchüg derſelben tft mehr als hin⸗ 
reichend zu ihrer Vertheidigung. Die Arfenale find voll von Feldſtücken. Ras 
poleon hatte deren an 1400 im rufflichen Feldzuge; %. beflbt deren jeht noch 
mehr. Es hat fi) immer durdy die Vortrefflicykeit feiner Artillerie ausgezeichnet, 
und bei der Bela erung von Antwerpen hat diefe gezeigt, daß fie ihres alten 
Nuhmes würdig iR. ie Zahl der Gewehre, die FR im Januar 1837 in den 
Arfenaten befanden, belief ſich auf 1,295,000; die, weldye in den Händen der 
Rartonalgarden waren, auf 250,000; aber fie find in 18,000 Gemeinden zers 
fireut. Es find vortrefflide Waffenfabriken zu Tule, Ehatellerault, Mutzig und 
St. Etienne. Die Refrutirung, die unter dem Katferreihe mıhr als 300,000 
‚Mann wegnahm, liefert jet der Armee jährlich höchftend 80,000 Mann, oder fie ftellt 
fie vielmehr zur Bırfügung der Reglırung. Zu jeder Auehebung iſt ein Votum 
der Kammer erforderiih. In Kriegszeiten genügt eine königliche Ordonnanz, die 
fpäter den Kammern vorgelegt werden muß. Die Dienftzeit if fieben Jahre. 
Es iſt ſchlimm für die Finanzen u. für die gute -Bertheidigung des Landes, daß 
nicht, wie in Preußen, eine Landwehr errichtet wird, d. b., daß nicht die 
Dienftzeit abgekürzt u. der Dienft auf eine größere Menge ausgedehnt wird, bie 
man fpäter als eine ganz kriegeriſche Nationalgarde beibehalten könnte. — Es 
wird jegt für den Unterricht der Soldaten in dın Regimentern geforgt. Es find 
Schulen gegründet, wo Leſen, Echreiben, Arithmetif, das militärıfche Rechnungs⸗ 
weien, Geographie, Kriegsgefchichte, die Anfangägründe der Geometrie u. das 
Aufnehmen von Riffın gelehrt wird. Die legteren Wiffenfchaften lernen jedoch 
nur die Unteroffizier... Es gibt aber audy fein fo ausgezeichnetes Corps, als die 
[rangöftichen Unteroffijtere. Um Die Soldaten an die Schulen zu halten, werden 

elohnungen an Diejenigen, die lefen und fchreiben Fönnen, audgetheilt und fle 
werden vorzugäiweife beurlaubt. — Die Zahl der jungen Leute, die an der 
Ziehung für die Elaffe des Jahres 1834 Theil genommen haben, war 326,298 
von denen 171,772 einberufen worden find, um ſich der Unterfuchung des Res 
vifionsrathes zu unterwerfen, Die, durdy dieſen Rath bewilligten, Ausnahmen 
finden wegen unzulänglicdyer Größe u. wegen Gebrechen ftatt, oder für Waifen, 
die die älteften Gefchwifter find, oder für Ältefte oder einzige Söhne von Wittwen 
u. f. w. Es wurden aber freigefprochen für das nämliche Jahr 91,641, und 
unter diefen 62,782, wegen unzulänglidyer Größe u. Gebrechen. Der Etat, der 
jährlich durch das Kriegsminiſterium veröffentlicht wird, enthält merfwürbige 
Thatfachen über den Gelundbeiteruftand des Landes. Kleine Leute find ziemlich 
häufig, weil e8 14,466 gegeben bat, die wegen unzulänglidyer Größe freigefprochen 
worden find; 11,600 wegen zu ſchwacher Conſtitution. Es geht aus dem Ges 
fagten hervor, daß, wenn dad gegenwärtige Gefeh über die Ausnahmen bloß aus 
Gründen der Möglichkeit fortbefteht, F. jährlich etwa 240,000 Mann audheben 
fönnte. Bon den 80,000, die wirklich einberufen werden, nehmen etwa 14,000 
Stellvertreter. Man zählt die Freiwilligen, deren Zahl viel geringer if, als in 
Kriegezeiten, mit im Gontingente. Im Jahre 1835 gab «6 nur 3,566. Die 


Frankreich. zie 


Zahl der Widerſpenſtigen, die ſich weigern, zu dienen, u. bie vor die Kriegsge⸗ 
richte geſtellt werden, iſt etwa jaͤhrlich 500, u. die meiſten perjeiben treten ſpaͤter 
noch freiwillig ein. — Die frangöfliche Marine, die vor 1789 fo glänzend war, 
bat große Unglüdöfälle erlitten. Das Katferreich hatte fie im Kampfe mit ver 
a a Seemacht in einem traurigen Zuftande gelafien. Die Reftauration bes 
m fi, fie wieder empor zu bringen. Im Jahre 1830 gab es 32 Linten- 
Schiffe, 41 Frenatten in See u. 21 Linlenfchiffe u. 31 Fregatten auf der Werfte. 
Gine Königlidye Drdonnanz vom Februar 1837 beftimmt, daß künftig die Seemacht 
5.6 aus 40 Linienfchiffen, 50 Fregatten und 220. Kriegsfchiffen geringerer Grod 
fol, von denen 20 Linienſchiffe, und 25 Fregatten flott ahalten wer⸗ 
den ſollen. Dieſe Ordonnanz ordnet außerdem noch die Erbauung vieler neuen 
Schiffe an. Sie hat jedoch einigen Tadel in der Budgetcommifflon erfahren, die den 
Gfiefrin- Stand für den Friedensfuß zu beträchtlich gefunden hat. — Was die 
Handelsmarine betrifft, fo befchäftigte fie 1835 nahe an 15,249 Fahrzeuge. Diefe 
Schiffe And mit Wuaren zu einem Tonnengehalte von 685,000 befradhtet, im 
Gewichte von 1'488,000.000 %. In dieler Beziehung fleht F. noch fehr weit 
hinter England zuruͤck. Im nämlidhen Jahre erfcheint die Handeldmartne nur 
mit 302,000 Tonnen in der Einfuhr, während die Einfuhr durch fremde Schiffe 
fh auf 766,000 Tonnen belief. Im Jahre 1836 betrug die franzöflfche Einfuhr 
377,00, die fremde 889 000 Tonnen. Wırden feine Maßregeln ergriffen, fo 
werden die fremden. Huandelöfchiffe ſich alle Handelsverkehres bemächtigen. — 
Die Koſten des Etaanıshaushalted haben fid) von Jahr zu Jahr außerordentlich 
geſtrigert; das Budget von 1845 ftellt die Einnahme auf 1'361,784,417 $r., 
die Wusgabe zu 1'363,576,248 Kr. feft, fo daß ſich ein Defictt von far 3 Mi. 
Franks ergibt. Für das Jahr 1842 war das Dificht auf 214 Mill., für 1841 auf 
116 MM. Fr. berechnet. Die phantaſtiſche Staatsſchuld überftiigt weit 5 Mils. 
liarden, mit einer Zinfenfaft von 350 MIN. Fr. berechnet, welche in 5,-41 »4= 
u. Iprogentigen Renten zahlbar ifl. — Der Tilgungsfond hat über eine jährliche 
Einnahme von 464 Mil. Fr. zu verfügn. — Die Abgabın, über welche die 
Ration ſich am meiften beflagt, find die fogenannten indirecten, u fie find es 
auch, deren Einſammlung am meiften koſtet. Wer würde 3. B. wohl glauben, 
dag die Douanen 23,749,398 Br. Foften, dann die Indirecten Gontributionen 
20,492,700,, vas Tabafamonopol 22,182,845 u. die Geſammtſumme dır Eins 
zugskoſten 119,943,734 Fr., oder ein ſtarkes Zehntheil der gefammten Ausgaben ? 
Der fünfte Theil des Budgets der Finanzen befteht aus der Zahlung der Praͤ⸗ 
mien, die für die Auefuhr gewiffer Waaren bemilligt werden, u. fie belaufen fidy 
auf mehr als 53 Millionen. Die Totalfumme endlidy der Uusgaben dieſes Mi⸗ 
niſt riums macht, mit den Interefien der Staatsfchuld, 538,960,124 Er. Die 
Auegaben der andern Minifterien find vertheilt, vote folgt: das der Juſtiz etwa 19 
Min; des Cultus 35,439,500; der auswärtigen Angelegenheiten 7,3706,622; des 
Öffentlichen Unterrichtes 12,997,673; des Innern 74,727,276; des Handeld und 
der öffentlichen Arbeiten 51,329,676; des Krieges 226,576,0155 der Marine 
65,000 000 Franken. Das Ganze ded Ausgabebudgets für 1838 endlich iſt von 
dem Miniſterium zu einer Summe von einer Milliarde 37,288,000 Fr. vorges 
ſchlagen worden; und da die Einnahmen für daſſelbe Jahr vorausfidytlich mit 
1'05,340,078 $r. votirt worden waren, fo bot das Budgeteproject einen Ueber⸗ 
ſchuß von 16,652,028 Fr. dar. Immerhin wird es wohl fo nicht feyn, weil es 
nie fo if, u. die, außer dem Budget votirten, Summen nehmen 44,300,000 Fr. 
weg, verwendbar zu den Landſtraßen, Kandlen, Flügen, Häfen und Eifenbahnen. 
Im Allgemeinen {ft es immer ein gefährliches Syſtem, das neben dem Haupts 
budget noch ein befonderes Budget bildet. So lange der Friede dauert, fo lange 
die ten fo gut find, Handel u. Induftrie blühen, wird F. Feine Belab: dabet 
laufen. Die inptrecten Abgaben u. die Gonfumtion find fortwährend im Steigen; 
aber,. wenn eine Handelskrifis den Credit vernichtet, wenn ed dem Bolfe an Ar- 
beit fehlt u. feine Gonjumtion ſich vermindert; wenn ein Krieg zwingt, gu neuen 


⸗ 


320. | Frankreich. 


Auflagen die Zuflucht zu nehmen, ſo wie zu neuen Anleihen: dann wird man 
wahrlich zu fpät einſehen, daß die fo häufigen, fo nutzloſen Warnungen der Oppo⸗ 
fition gegründer waren. Es ſcheint überbieß, daß, ſowie eine Verminderung ber 
Ausgaben u. eine Vermehrung der Einnahmen vorauezufehen ift, man für nöthig 
Dale fogleidy eine neue Ausgabe zu erfinnen, ftatt derMeinung u. dem Gefühle des 

olkes eine Conceſſion zu machen u. die verhaßten Abgaben, unter denen es feufzt, zu 
vermindern. Es ift merfwürbig, daß die Juliregierung fich ſogleich als die wohlfeile 
Regierung anfündigte; dag in allen Thronreden bis u. von 1833 erflärt worden 
if, daß der Augenblid, wo die Ausgaben vermindert werden könnten, nicht mehr 
ern iſt, u. daß dennoch das Budget höher if, ald es jemals während des Kats 
Irene und unter der Reftauration war. Wan fcheint jeden Gedanken an die 

erminderung der öffentlichen Laften vergeffen zu haben, und die Vertreter des 
Volkes, unter denen zu viele Beamte find, gefallen fidy in der Gtüdfeligfeit eines 
status quo, aus der das Ran Sc Greigniß fie zu ihrem großen Schaden 
erwecken könnte. — Wir wollen auf dad Budget der Einnahme einen Blic wer: 
en. Die erſte aller Abgaben, die, welche die politifchen Rechte verleiht, zerfaͤllt 

vier Abtheilungen. Die eine, die fogenannte Grundrente, beträgt 155,187,875; 
die zweite, die perſonliche und Mobiliarfteuer, Die nach der Miethe und ver pers 
fönlichen Stellung des Steuerpflichtigen berechnete, 21,000,000; drittens die Thürs 
und Yenfterfteuer, 22,208,193 $r., für eine Anzahl von ungefähr acht Millionen 
Fenſter und Thüren; endlich die Patente, die 25,460,000 Fr. einbringen, was 
eine Totalfumme von 236,836,369 Yranfen macht. Da man aber in F. die 
centimes additionels eingeführt hat, nidyt nur für die Rofalbepürfniffe, fondern 


auch für die allgemeinen Ausgaben, fo erhebt man zum Staatébudget 21,5; Een- 


timen vom Franien, was noch eine Summe von 46,655,897 Zr. macht, die das 
Gigenthum fehr drüdt. Hiedurch fleigen die directen Steuern auf 293,812,260 Fr. 
Nun kommen die Eentimen, die das Geſctz für veränderliche, jedem Departıment 


'eigenthümliche, Ausgaben auferlegt. Yür allgemeine Sonde, die allen Departes 


menis gemeinschaftlich angehören, für Unterftügung bei Hagel- und Branpfchäpen, 


zufammen 13735 Eentimen. Diefe Zuſchüſſe gehören mit zu den gezwungenen, 
von der Kammer votirten Auflagen, find aber weit davon, die einzigen zu feyn. 
Run beginnen erft die Zunctionen der Departementsräthe, die aber nur für einen 
Theil des Budgets der Departements freiwillig find. Gewiſſe Wuegaben, z. 2. 
für die Primärfchulen, find durch das Geſetz geboten; jedoch haben diefe Käthe 
durch das Geiſetz darüber zu berathen, wenn ihr Senag eine gewiſſe Summe 
überſteigt, und es iſt ein Maximum feſtgeſetzt, das fie nicht übeiſteigen dürfen. 
Was beſonders die Geldmittel der Departements in Anſpruch nimmt, find die 
Drpartementalftraßın und die Vicinalwege. Endlich, wenn für alles dieß ges 
forgt if, und audy für die Rüdftände durch ein paar Eentimen, fo kommt noch 
das Gemeindebudget, das für die Ausgaben der Gemeinde zu forgen hat, fo zwar, 
dag man an einigen Orten 60 Eentimen vom Fr. zahlt, und dat ſich die directen 
Stuern auf$ u. darüber belaufen. Endlich, abge ehen von den rein localen, frei⸗ 
willigen Beiträgen, beläuft ſich Die im Budget eingeichriebine Summe auf 380.666,848 
Fr., obne eine Tore für die erfte Anfündigung zu rechnen, die den Steuereinnehmern 
692,900 Fr. einnägt. — Die zweite Sielle Im Einnahmebudget nehmen die Ein, 
tegiftrirungen und Domänen ein, die zufammın 221,546,000 Fr. eintragen. Aber 
man muß wohl den doppelten Namen Eintegiftrirungen und Domänen 
beadyten; denn die Domänen, die urfprünglic) der Haupigegenſtand dieſer Ad⸗ 
minifiration feyn fellen, find von wenig Belang, wenn man bedenft, daß fie in 
diefer ungeheuern Summe nur mit vier Millionen figuriren. Doch find freilich 
die MWaldungen nicht mit darin begrffen. — Die Einregiftrirungen, die fo ers 
iebig find, würden ed vielleicht noch mehr feyn, wenn die droits de mutation 
Berabgefept würden. Die Verkaufsunkoſten betragen jegt über 6 Prozent, und 





Biefe, dem Guterhandel aufgelegte, Beſchraͤnkung ift Schuld an den befländigen 
Berrigeseien. Die Rau —* 


fe werden unter dem Werckhe omararbens warn ver⸗ 


birgt einen Thell der Summen, und daraus entflchen die größten Schwierigkeiten 
in den Privatverhältniffen der Bürger. Wie ift ein Recurs gegen einen Berläufer 
möglich? wie fol man eine Klage wegen Uebervortheilung durchführen u. f. w.? 
Bertäufe unter einfacher ‘Brivathandfchrift find fehr häufig und geben die Grund⸗ 
Rüde ven Hypotheken Preis, die fpäter errichtet werden können, well fie durch ein 
befimmted Datum gefchügt find; und dieß Alles iſt die Kolge davon, daß eine 
Förmtichkeit, die einzig Sicherheit und Oeſſentlichkeit zum Zwede hatte, ein Mits 
tel zue Beraubung, ftatt ein Mittel zur Sicherung geworden if. Der Gtaat 
würde Diefelbe Summe einnehmen, wenn er die Ginregiftrirungs« Gebühren auf 
die Hälfte herabſetzte. Auch die Hypotheken find fehr hoch. Die Stempeltare 
allein trägt 31,000,000 Er. ein, aber fie iſt noch nicht die nachtheiligfte Auflage 
von diefer Kategorie. — Der Ertrag der Waldungen beläuft fi auf 32,878,633 
Ft. — Die indirerten Steuern bringen dem Schage 215,050,000 Fr. ein, und 
ve Abgaben von den Getränken und die Brodfteuer machen allein mehr als 80 
Ailtonen diefer Summe aus. Wenn ed etwas Sonderbared und Ungerechtes 
gibt, fo iſt es gewiß dieſes, daß der Weinproduzent die Grundrente zahlt, wie 
der Bauer. Nichtsdeſtoweniger muß er feinen eigenen Wein befteuern und kann 
ihn nicht ungehindert verfaufen. Man notirt, was er hat, und wenn bei einem 
neuen Inventarium ein paar Maaß fehlen, fo muß er fie verfleuern. Bor der 
Sultrevolution betrug die Getränfefteuer einige Millionen mehr. Ein Geſetz vom 
December 1830 befllmmte deren Herabfegung, aber auf eine ganı verkehrte Art, 
fo daß der Bortheil nidyt den Produzenten zu Gute kommt. Man klagt über 
bie Hemmungen des Verkehrs mit dem Auslande u. errichtet ſelbſt Douanen an 
den Stadtihoren, welche den Wein mehr drüden, als die preußtfchen, und zwingt 
zugleich die Bürger und Solvaten, auf8 Land zu gehen, um ihren Wein zu 
trinfen, woraus denn alle Arten von Unordnungen entfichen. Die Bierconfums 
tion fleigt dadurch, und die Weingegenden find vielleicht die, wo am Meiſten 
Bier getrunfen wird. — Die Poſtadminiſtration trägt 41,435.000 $r. ein, von 
weldyen 36,000,000 allein auf das Briefporto kommen, worüber fi) Niemand 
beflagt; und doch befteht eine abgefchmadte Berorbnung gegen Privatperionen, 
welche die Beforgung von Briefen über ſich nehmen, u. das Geſetz macht feinen 
Unterfchied in Beziehung auf dieſelben. Es kümmert fidy weder um die Dring- 
tichfeit, nocdy um befondere Umftände. Wegen eines bloßen Gmpfehlungsbriefes 
kann der Träger deſſelben in bedeutende Geldbuße verfallen. Der fo fchnelle 
Poſtenlauf auf allen, nach Parts over nad) fonftigen großen Städten führenden, 
Straßen ift weit langſamer awifchen den Provinzen. Oft iſt ebenfoviel Zeit er⸗ 
forderlih, um von einem 6 Lieues entfernten Drte eine Antwort zu haben, ale 
um eine von Parts, Bordeaur oder Lyon, wie weit e8 auch entfernt ſeyn möge, 
u befommen. Da ifl e8 alfo ganz natürlich, daß man bei elligen Geſchäften 
ch der Gelegenheit bevient. Auch kommen die öffentliche Meinung und die Tri⸗ 
bunale dem Geſetze zu Hülfe, fo daß es felten und immer nur mit Rüdfichten 
in Anmendung kommt. — Der Ertrag der Univerfitätdabgaben beläuft ſich auf 
3,820,000 Sr. Dieß ift ein wahres Hinderniß für die Volkserziehung, ein ſchreien⸗ 
der Widerfprudy gegen das Prinzip des unentgeldlichen Unterrihtes. — Tie 
Douanen tragen 167,260,000 Fr. eın. Diefe Adminiſtration zieht auch die Salzs 
confumtionsfteuer ein, die in obiger Summe mit 55,534 000 Er. begriffen iſt. 
Dieb ift die verhaßtefte aller Abzaben; die, gegen weldye die Patrioten am Mei⸗ 
fen geeifert haben; die, weldye die Minifter am Heiligften zu ermäßigen veripras 
ben; aber es fcheint, daß die Klagen nur Ohren, die gegen alle Anforderungen 
taub find, treffen. Wan hat Männer, welche früher fi am Wärmften der Sadye 
des Volkes annahmen, welche Schriften gegen die Sulzfteuer herausgaten, auf 
einmal lau werden und zum Feinde überireten ſehen. Heutzutage ift der Regie⸗ 
rung Nichts mehr zur Laſt, als die gemachten Forderungen, die fie zu berüdfich- 
en verfprochen hatte. WBergebend bringen die Departementalräthe alle Jahre 
elben Beichwerben wieder vor; man liedt fie nicht einmal, und wenn ein 
eslencyclopäble. IV. RA 


922 Frankreich. 
Redner den Muth hat, dieſer Gleichgültigkeit Trotz zu bieten, ſo iſt es ſo zu 
ſagen zum Voraus ausgemacht, ihn nicht anzuhören. Go geht die Moͤglichkeit zu 
Grunde, Bich aufzuziehen, und während man es möglidy macht, fremdes einzu- 
führen, nimmt man dem Bauer das Nahrungsmittel, was er für das feinige be- 
darf. Es iſt anerkannt, daß das Salz für die Mäftung vielmal mehr austhut, 
als jede andere Subftanz, und man Fam ed nicht haben. Es iſt dem Armen 
unentbehrlich und er muß dafür einen Preis bezahlen, ver feine andern Abgaben 
bet Weiten überfleigt. Die Regierung verkauft den Schwelzern das Salz, das 
fie für ihre eigenen Unterthanen fo ſehr vertheuert, ohne Auflage, und erlaubt 
diefen nicht einmal, am Meere eine Lache voll Waſſer zu ſchöpfen. Alle viefe 
Befchränktungen haben zur Folge, daß das Volk fi) daran gewöhnt, Eontrebande 
zu machen, wodurch die Graͤnzbewohner demoralifirt werben und bie jungen Leute 
fi) gewöhnen, das Gefeh zu brechen und in den Gefängnifien zu figen. Es gibt 
nichts Tyranniſcheres, nichts Schlimmeres. Das Tabalsmonopol trifft doch we⸗ 
nigftens nicht ein erfled Lebensbeduͤrfniß. Es if aber ohne Zweifel abgefchmadt, 
ganz F. den Anbau des Tabaks zu verbieten, einige Arrondiſſements ausgenom⸗ 
men, während doch der Tabak nur eine Abgabe zahlen follte, wie andere Dinge 
auch. Zu Bunften des Monopold, das 77,850,000 Fr. einträgt, 'verfauft die 
Regie, was fle will und wie fie will; und da fe es will, fo iſt an der Graͤnze, 
wo man die ontrebande fürdytet, der Tabak ein wenig minder fchlecht, ein we⸗ 
nig wohlfeller, ald im Innern. Es ift aber ein Verbrechen, den Tabak ins In⸗ 
nere zu bringen, den man von der Regie ſelbſt gekauft hat. — Wir wollen hier 
nicht etwa von 15 Milionen fprechen, die von verfchlebenen Erträgen herrühren, 
wie von Berificationd.Gebühren der Maaße und Gewichte, von Grfindungsbres 
vets, von dem Plombiren der Douane, von Inbifchen Renten u. f. w. Man ſieht 
ſchon, daß das Abgabeſyſtem in %. weit entfernt iſt, volllommen zu ſeyn; daß es 
befonders den Heinen Eigentbümer und Gonfumenten drüdt und den großen Rens 
tier, den Gapitaliften und Speculanten nicht berührt. Das Schlimmfte IR, daß 
man mit einer guten Grundidee immer zu einem fchlechten Refultate gelangt. 
Es muß für die Staatöbebürfniffe geforgt werden; alle Auflagen find noih⸗ 
wendig: — fo fließt man allen Reformen die Thür, damit F. niemals zu 
einem befieren Syſteme gelangen könne. zeigt fidh einmal die Möglichkett 
einer Reduction, glei fucht man eine neue Art von Ausgabe. Die Res 
duction der Renten iſt davon ein Beifpiel. Indem man den Staatögläubigern 
die Rüdzahlung ihres Capitals anbot, beviente man fid) des Rechtes, was jeber : 
Schuldner hat, fidy fehuldenfrei zu machen. Indem man anzeigte, daß mar kuͤnf⸗ 
tig nicht mehr als 4 Prozent zahlen werde, machte man eine neue Bedingung 
für ein neues Anleihen. Run, es hat Leute gegeben, die fchwierig genug waren 
um dem Staate dad Recht abzuftreiten, abzuzahlen. Sie behaupten, man fet 
wortbrüchig, wenn man feine Schulden zahle; u. die Gteuerpflichtigen, d. h. die 
Orundbefiger müflen fortfahren, nic zu befteuern, um den Staatögläubigern fünf 
Prozent zu zahlen, während man überall Geld mit 4 Prozent befommt, und fie 
felbft nicht zwei aus ihren Gütern beziehen. Das Lächerlichfie if die Achtung 
des vorgeblicdyen Rechtes diefer Renteninhaber, die Ale nur aus Spekulation 
zum Beftde der Renten gelangt find u. die faft Alle bedeutend durch das Steigen 
derfelben gewonnen haben. Es wird kaum noch einige der urfprünglichen Bes 
ſther geben. Es gibt Keine Frage, die populärer wäre, als diefe, und bie Regie 
rung wird wohl endlich dem Wunſche der Nation nachgeben müffen. — Wenn 
man Alles, was wir über den Nationalreichthum u. die Abgaben gefagt haben, 
noch einmal zufammenfaßt, fo flieht man einerfelts eine thätige, unermüdliche Na⸗ 
tion, die ihre ganze Energie, al’ ihre Lebendfräfte auf die ganze Entwidelung 
ihres Feldbaues, ihres Handels eingerichtet Katz andererſeits eine Regierung, de- 
ten ganze Geſchicklichkeit darin befteht, das Erbe aller Dorhergehenben an ? zu 
zefßen u. bie geringften Hülföquellen mit Gewalt bis auf's Aeußerſte zu treiben. 
8 wäre iebodd ungerecht, wenn man Tagen wobke, DAS ie ner ver Wrkkiahtt 


Frankreich. 323 
fie nicht befeelte; aber es fehlt den Stantsmännern zu oft das erfinderifche und 
* Genie, das dem Schatze neue, der Ration weniger verderbliche, gegen 
vie Einzelnen gerechtere Quellen ſchafft. F. hat feine Sülly's, feine Eolbert’s 
gehabt, es wird fie vielleicht wieder haben. Gewiß iſt's aber, daß es jeht Feine, 
u. Ratt deren nur Banquiers u. Commis befigt. — Es wäre unmöglidy, dieſen 
Pafus über die Finanzen zu fchließen, ohne audy von dem Börfenfptele und dem 
mit Staatöpapieren zu fprechen. Große Reichthümer find gegründet worden und 
gründen fid) noch täglid, auf das Fallen oder Steigen verjelben. Die Börfe iſt 
der Thermometer des öffentlichen Geſundheitszuſtandes, fie ift gewiſſermaſſen der 
Fonds des Staates. — Durdy einen räuberifchen Act, der fi) von 1799 her⸗ 
ſchteibt, hat das Directorium die Staatsſchuld auf ein Drittel herabgeſetzt, und 
fe im großen Buche als tiers consolide eingefchrieben. Die Coupons, welche 
viefelbe repräfentirten, hätten alfo im Verkehre 33 Franken das Hundert gelten 
müflen; aber der Öffentliche Credit and faft auf Null, Die erfien wurden nur zu 
vreigehn ausgegeben, fo daß ein @läubiger für hundert Franken nur 33 Franken 
33 Gentimen befam, u. wenn er fie realifiren wollte, nur 12 Franken 60 Genti- 
men aus feinem Gapitale zog. — Da die Gonfularregierung Bertrauen einflößte, 
fo dauerte es nicht zwei Jahre, u. der Cours der Staatöeffecten ftieg auf 59. 
In den letzten Jahren des Katferreiche Reg er auf 80; aber nach der Rieder 
Inge von Leipzig fiel er wieder auf 47. erhielt ſtarke Stöße durch die Er- 
eigniffe der 100 Tage; aber von da an bis zur Julirevolution iſt er immer im 
Steigen gewefen, und 1824 fchon erreichte die Rente das Pari, das heißt 100 
Gapital für 5 Rente; 1829 ftieg fie bis auf 107. Die durch die Zulirevolution 
verurfachte Erfchütterung ließ fie bis 77 und felbR 74 fallen; aber feit 1831 
find fie wieder im Steigen und ftehen jet über Part. — Auch die franzöfifche 
Bank verdient unfere Aufmerkfamfeit. Sie ward im Jahre 18 durch die Gonfells 
gefihiet und hatte nur für 5—10 Millionen baares Geld in Caſſe und: für 222 

Ionen Efiecten im Umlaufe. Seit 18083 werden die Barren und Münzen in 
berfelben deponirt, welche fidy jet auf 66 Millionen belaufen; fie bat überbieß 
56 Millionen Effecten im Portefeuille; u. aus Wechfeln zieht fie mehr als zwei 
Millionen. Dieß if eine der nüslichften Inftitutionen; fie macht gewöhnlich Bor- 
ſchüſſe für die verfchlevenen Dienftzweige des Staats, und biefe Baben ſich 1834 
auf 36 Millionen belaufen. Die BilletS zu taufend u. zu fünfhundert Franfen find 
die gewöhnlichften Zahlungsmittel im Handel u. genießen eben fo viel Zutrauen, 
wie die Münze felbf, vor der fie den Borzug haben, daß fie leicht und unfchein- 
bar zu transportiren find. — Die Börfe befchäftigt fidy nicht allein mit den 5», 
4- u, Iprogentigen Renten; fie notirt alle Münzen, alle Papiere, die im Umlaufe 
find. Und diefes gefährliche Spiel übt feinen Einfluß auf alle Eapitalien in 

anz %., hebt u. —* wechſelsweiſe dad Vermögen Derer, die ſich ihm hinge⸗ 

en. — Die, zur Verminderung der Staatsſchuld beſtimmte, Amorttfatton muß nie 
durch ein neues Anlehen gewonnen werden, was eine neue Schuld gründen 
würde. Anders if ed, wenn es von dem Ueberſchuſſe der Einnahmen über die 
ke gewonnen wird, Herr v. Balonne war der Grfte, der 1784 in F. die 
Einführung der Amortifation verſuchte. Das Conſulat ſtellte fie wieder her und 
das Kaiſerreich machte fie zu einem wichtigen Zweige der Staatsabminiftration. 
Das Finanzgefes von 1817 dotirte die Amortifationscaffe mit einer jährlichen 
Revenüe. Seit diefer Zeit bis 1835 find die Rüdkäufe der Renten bis 73,174,839 
Franken geftiegen. Der Armortifationsfond iſt jet im aubget nur noch mit 
44,616,463 Franken begriffen. — 8. ift eine erbliche, conftitutionelle Monarchie, 
bern Berfaffung auf der am 7. Auguft 1830 decretirten Charte constitutionelle 
des Francais beruht. Der König gilt für heilig u. unverleglidh, befigt die voll- 
ziehende Gewalt, führt den Oberbefehl über die Truppen, verfügt über Kriegs⸗ 
u. Friedensangelegenheiten, ſchließt Bündniffe, ernennt die Pairs u. die Beamten 
der Zufllz u, öffentlichen Berwaltungen, hat dad Recht der Beanadiaung , ÜR 
bie gefeßgebenbe Gewalt mit ber Katton und erläßt die Orbonnanymn Dr Ur: 

20 


924 Frankreich. 


a 
führung des Geſezes. Nach dem Sinne der Charie gilt der Grundſatz: le roi 
regne, mais il ne gouverne pas, d. i. der König herrfcht, aber regiert nicht, 
Der Kegterungsantrlit wird nicht mehr durch Krönung und Salbung vollgogen, 
fondern erfordert nur einen feierlichen Eid für Aufrechthaltung ver Charte. Dem 
Könige iſt eine feſte Civilliſte von 14 Milllonen Zr. verwilligt. . Zu den unvers 
Außerlichen Krondotationen gehören: die Tuilerien, Berfallles, St. Eloud, Marly, 
Trianon, Meudon, St. Germain, Eompiögne, Kontainebleau, Ramboutllet, Bor; 
deaur, Straßburg, Pau u. einige Fabriken. Der König führt den Titel: König 
der Franzoſen mit dem Prädikate Majeftät, in der Anrede: Sire. Der Kron- 
prinz, als Altefler Sohn des Königs, heißt Deriog von Orleans (der gegenwärs 
tige, als Enkel des Könige, Graf von Paris), wird aronfeigncur angeredet und 
‚bat, gleich den übrigen Bringen u. Pringeffinnen des Föniglichen Haufes, das 
Prädikat Altesse royale, königliche Hoheit. Die Thronſolge ent nad) dem 
Rechte der Erſtgeburt und ſetzt fich auf Die gerade abflammende Linte fort, Die 
weibliche Deöcendenz if ausgefchlofien. Der Thronerbe wird mit dem 18. Jahre 
mündig. Das Geſet über die Regentfchaft vom Jahre 1842 fpricht diefelbe dem 
nächften männlichen über 21 Jahre alten Agnaten zu, legt aber die Erziehung 
u. Vormundſchaft, unter Zuziehung eines Kamilienrathes, in die Hände der Muts 
ter oder Großmutter. Der Hofftaat iſt fehr beſchränkt. Hoffähigkeit-IR nicht ers 
forderlich, um Zutritt zu erhalten; überhaupt fol im Sinne des neuen Königthums 
die Etikette wegfallen; jedoch fucht der Hof fi) allmällg verfelben wirder zu 
nähern. — Alle Franzoſen find ohne Unterfchied vor dem Geſetze gleich, tragen 
nad) dem Berhältniffe ihres Bermögend zu den Staatslaften bei und Fönnen zu 
allen Aemtern gelangen. “Die perfönlicye, ftaatöbürgerliche Freiheit iſt garantirt ; 
Niemand kann verfolgt oder verhaftet werben, außer in gefeglicher Welle und in 
‚den, durch das Geſeh vorgefchriebenen Fällen. ever Bürger (citoyen) genießt 
dad Recht, feine Meinung » öffentlich brfannt zu machen. SBreßberchrän ungen 
find durch ein Gele vom Jahre 1835 eingeführt worden, die Cenſur aber If 
für immer aufgehoben. Die geſetzgebende Gewalr wird in Gemeinfchaft mit dem 
- Könige von den beiven Kammern der Pairs u. Deputirten ausgeübt. Ne drei 
haben das Recht, Geſetze vorzufchlagen; jedes Atgabengefeg aber muß zuerſt in 
der Deputirtenfammer eingebradht werden. Die Gefehe werben frei didcutirt und 
durch Stimmenmehrheit in beiden Kammern angenommen. Der König beftätigt 
u. veröffentlicht dieſelben. Die Sigungen, denen auch die Minifter beiwohnen, 
find öffentlich, u. die Berhandlungen werden durch Schnellfchreiber aufgenommen 
und fogleidh durch die Journale bekannt gemacht. Die Kammern werben von 
dem Könige jährlich zufammengerufen und müflen, falls er fle auflöst, binnen 3 
Monaten wieder einberufen werden. Die Pairskammer beficht aus den Prinzen 
vom Geblüte u. einer unbeſchraͤnkten Anzahl anderer, vom Könige ernannten, aber 
nicht erblidyen Glieder. Sie confttmirt ſich auch als Gerichtishof über ſchwere 
politifche Vergehen. Ihre Sigungen werden im Palais de Lourembourg gebals 
ten. Die Deputirtenfammer bifteht aus 456 Abgeordneten, welche auf 5 Jahre 
erwählt werden, 30 Jahre 'alt feyn u. 500 Fr. directe Steuern zahlen müffen, 
Jeder Wähler muß 25 Jahre haben u. 200 Fr. Steuern entrichten. Aus ihrer 
Mitte wird der Bräfldent der Deputirtenfammer gewählt. Gefeßentwürfe werben 
vor der öffentlichen Beiprehung in Ausfchüffen (Bureaur) geprüft. Alle Peiti⸗ 
tionen müflen fchrifilich eingegeben werden. Die Deputirtenfammer hat das Recht, Die 
Minifter in Ankiageftand zu verſetzen. Ste verfammelt ſich im Palais Bourbon. 
Die Sikordnung gewährt einen Lleberblid über die Anzahl u. Stärke der politifchen 
Parteien. Im Gentrum nehmen die Dinifteriellen oder Bonfervativen ihren Platz, zur 
Rechten die Royaliften u. Legitimiften, zur Linken die Liberalen, Radikalen u. Repus 
blifaner. Zwiſchen diefen Hauptparteten finden aber mannigfaltige Abftufungen flatt. 
Die franöfiihe Rationalfarbe ift weiß, roth und blau (tricolore), früher weiß. 
Das Wappen Im Staatöflegel enthält ein aröfinetrd Buch wit der Anfchrift: 
Charte de Frange, über demjelben die geiäjlofene Krone weht dem Seen Ü.her 


Frankreich, 325 


Hand der Gerechtigkeit in einem fchrägen Kreuze, Hinter dog Wappenſchilde die 
vreifarbigen Bahnen mit dem galliſchen Hahn und der Unterfehrift: Louis Phi- 
lippe I., roi des Francais. Das frühere bourbontfche Wappen beftand aus zwei 
fammengefchobenen Schildern, das rechte mit drei goldenen Lilien im blauen 
Felde; das linke enthielt im rothen Felde goldene Kettengliever in Korm von 
Kreuzen zufammengelegt, mit einem Saphir in der Mitte. Um das Schild waren 
die Ketten des Ordens vom heiligen Michael und heiligen Gelfte gelegt. Schild⸗ 
halter waren Engel in Wappenröden. Ueber dem Wappenielte befand ſich die 
Krone, bihter ihre das Driflum mit den Worten: Mont-Joye St. Denys. Die 
früheren Orden find aufgehoben; es beftehen nur noch der ver Ehrenlegion und 
das Julikreuz. — An der Spige der Staatsverwaltung fteht das Minifterium, 
das in 7 Departements, der Juſtiz, der auswärtigen Angelegenheiten, des Kriege, 
ver Marine u. Eolonien, des öffentlichen Unterrichtes u. Eultus, ded Innern u, 
ver Finanzen zerfällt. Die Minifter werden vom Könige ernannt und entlaffen, 
unterzeichnen (contrafianiren) die föntglichen Ordonnanzen u. find für deren Ins 
halt verantwortlidy. Unter dem Borfige des Königs oder des Eonieilpräfidenten 
verfammelt fidy der Minifterrach (Conſeil) zur Berathichtagung über alle wichti⸗ 

Staatsangelegenheiten. Zinven die Mußnahmen u, Einrichtungen der Mints 

nicht den Beifall der Kammern, fo geben jene ihre Entlaffung. Das Mint 
ferium erneuert fidy in der Regel aus einer der herrfchenden Parteien und wird 
gavöhnlicy nad) dem jeweiligen Bräflventen benannt. Daneben biſteht der Cabi⸗ 
netsrath, aus Miniftern u. Staateräthen zufammengefeht; der geheime Rath, zu 
dem, außer den Benannten, die Prinzen treten, und der Staatsrath, an weldyem 
ſaͤmmtliche Minifter, die Prinzen, 30 Staatsrärhe, 80 Requetenmeifter und 30 
Auditeurd Antheil nehmen, der Mittelpunft der ganzen inneren Berwaltung. Zu 
den oberfien Staatöbehörden gehören ferner: der Caſſationshof und die Oberrech⸗ 
nungsfammer. Ein wichtiged Mittel, die Verbindung zwifchen den Dipartements 
u. dem Sitze der Regierung in Paris zu befchleunigen, find die nach allen Seiten 
bin errichteten Telegraphenlinien. — Das franzöfifhe Territorium tft in admini⸗ 
ftrativer Beziehung in 86 Departements gethellt, die wieder in Arrondiffements, u. 
diefe wieder in Cantons zerfallen. Jedes Departement hat feinen Präfekten, jedes 
Arrondiffement, einen Unterpräfikten, jede Gemeinde einen Maire. Die Bräfekten 
wid Unterpräfekten find vom Stönige ernannt, der auch für die Städte von mehr als 
3000 Seelen den Matre aus den, zu DMunicipalräthen ernannten, Bürgern wählt. 
— Die tn gewiffer Hinficht viel au ausgedehnte Gewalt der Prüfelten if in ans 
ven Beziehungen unzulänglich. Allemal, wann er als Bevollmächtigter der Re⸗ 
gierung handelt, ift feine Gewalt faft unbegränzt, wann er Adminiftrator iſt, tft 
er, fo zu fagen, nur ein Rad jener großen Gentralifationsmafchine, welche die 
Entſcheidung aller, felbft der bis ind Kleinſte gehenden, Geſchäfte nach Parts 
ztebt und in den Händen der Minifter concentrirt. Es wäre unmöglich, daß ein 
Minifter nur von dem taufendften Theile der Gefchäfte Kenntnig nähme, deren 
Entſcheidung die Geſetze von ihm fordern. Daraus folgt, daß es feine Commis 
find, die Befehle an die Präfekten ertheilen, über Dinge, die fie nicht verftehen, 
u. daß oft die gegründetfien Borftelungen diefer an den Gewohnheiten der Bus 
reaufratie fcheitern. Noch öfter bleiben die Gefchäfte ganz unerledigt. Eine Brüde, 
deren Ausbeflerung ein paar hundert Franken gefoftet hätte, verfällt; und fommt 
endlich die Autortfation, fo gehen die Koften in die Taufende. Handelt es fidy 
um einen Bau, fo ift ein Gutachten des Bauratbd unumgänglich erforderlich. 
IR Holz aus den Waldungeu der Commune nöthig, fo muß audy die Waſſer⸗ u. 
Forſtadminiſtration gefragt werden, u. nach einigen Jahren erwedt vielleicht der 
Beſuch eined Deputirten bei einem Divifionschef "die Behörden aus ihrem tiefen 
Schlafe. Was die Praͤfekten betrifft, fo ift es denfelben unterfagt, die Untergebe- 
nen ihres Vorgeſetzten, des Minifterd, durch zu häufige Mahnungen zu beläftigen. 
— Ein anderer Uebelftand der Eentralifation ift die Manier, auf ganz verfchiedene 
Gegenden diefelben Regeln anzuwenden, Man regiert die Gascogner Steppen wie 


326 oo. Frankreich. 
bie fruchtbaren Ebenge des Elſaß; die Weinberge von Burgund wie die Oliven von 
Märfellle, ohne ckſficht darauf, was fi für jede Lofalität paßt. Endlich 
ſcheint es, als wäre der Zwed der meiſten Inftructionen und Reglements nur 
das Berwalten. Paris, was noch dazu das Herz des Staates if, das Drgan, 
durch weldyes beftändig alle Lebensfäfte fließen, tft der Ort, zu Gunften defien 
die Adminiftration u. das Geſetz immer mit dem Borurtheile im Einflange find. 
Es gibt nicht, wie in Deutfchland, eine Menge von Hauptorten, die verfchiedenen 
Gegenden Leben u. Berkehr geben; es gibt nur einen Punkt, der Alles verfchlingt. - 
Und Alles, was feinen Zufammenhang mit der Hauptftadt hat, was nicht dahin 
abzielt, wird durchaus vernachläßiget. — Da fie zum Boraus wiffen, daß gewiſſe 
Artikel in ihren Ausgaben beichränft, daß fle nicht die Eontrole der Pariſer 
Schreiber paifiten werben, fingiren die Maires u. bisweilen felbft die Municipal- 
räthe übertriebene Ausgaben, oder tragen auf ganz erbichtete an. Sind diefe bes 
ftätigt, macht man eine fogenannte ſchwarze Mafle, das heißt, einen Fonds, defien 
Bernügung man fo gut vertheilt, daß die obere Behörde Nichts daran tadeln 
fann; und fo verſchwindet alfo alle Rechtlichkeit aus den Gemeinderechnungen. 
Der Rechnungshof, der’zur Verifikation der Rechnungen eingefegt iſt, verwirft 
dann, was er Berfehrtes oder der Wahrheit Widriges darin findet; aber oft find 
die Sachen fo a eingerichtet, daß er es nicht gewahr wird. — Im jeder Ge⸗ 
weinde ift ein icipaltaih; aus der Mitte deffelden wird der Maire gewählt, 
wie audy defien Adjuncten. Es gibt deren zwei in den Gemeinden von mehr als 
2,500 Seelen, u. es fommt einer ned für jedes Taufend mehr als 20,000 hin⸗ 
zu. Diefe Beamten werben. durch den König in den Gemeinden ernannt, die mehr 
ald 2,500 Einwohner haben, und In den Hauptorten der Arrondifiements; in den 
andern durch den Präfekten, u. zwar auf drei Jahre. Doch kann diefe Zeit aud) 
verlängert werden. Der Municipalrath befteht aus 10 Mitgliedern in den Ges 
meinden unter 500 Ginwohnern; aus 12 in denen von 500—1500; aus 16 in 
denen von 1500—2500, und ‚aus 21 in denen die 2500-3500 haben; aus 23 
in denen, die 3500—10,000; aus 27 In denen die 10,000—30,000; endlich aus 
30 in denen, die 30,000 Einwohner u. darüber haben. Wenn wegen der Bevölke⸗ 
rung die Zahl der Adjuncten über drei hinaus vermehrt wirb, fo fleigt auch mit 
jedem derfelben die Zahl der Municipalräthe um einen. — Um die Municipal: 
räthe zu wählen, nimmt man in den Gemeinden, die taufend Seelen u. darunter 
haben, eine, dem Zehnttheile der ganzen Bevölferung gleichlommende, Zahl von 
Bürgern, die man unter den am Höchften Befteuerten wählt. Diefe Zahl wächst 
um fing von Hundert Einwohnern bet 1000—5000, um vier vom hundert bei 
5000 bis 15,000, um drei vom hundert bei mehr al8 15,000. Das erforderliche 
Alter, um Wähler für den Municipalrath zu feyn, it 21 Jahre. Es fommen 
noch die itglieber der Gerichtöhöfe u. Tribunale Hinzu u. die der Friedensge⸗ 
richte; die Mitglieder der Handeld- u. Manufakturfammern, der Adminiftratione- 
commifftonen, der Gollegien u. Wohlthätigkeitöbureaus; die Offiziere der Rational: 
garbe; die correſpondirenden Mitglieder des Inſtituts oder der gelehrten Geſell⸗ 
ihaften, die durch ein Geſetz autorifirt find; die Mitglieder der jurkifgen, mebi- 
zinifchen u. philofophifchen Fakultäten; die Advocaten u. Rotare; die Licentiaten 
der Bakultäten, wenn- fie fünf Sabre das Domicil u. wirklich am Orte gewohnt 
haben, fowie, wenn fie einen Zweig des Unterrichtes beforgen; ehemalige Beamte, 
die Penſtonen beziehen; die für zulaͤſſtig erklärten Zöglinge der polytechnifchen 
Schule; die See- und Landoffiziere, wenn fie einen Retraitegehalt genießen; die 
Wähler der Deputirten, welches auch die Abgabe feyn möge, die fie in der Ge⸗ 
meinde zahlen. — Die Mitglieder der Municipalräthe müflen zu drei Biertheilen 
mindeftend unter den In der Gemeinde anfäffigen Wahlmännern erwählt werden. 
Es können nicht alle Ausfchließungen wegen Befchäften oder Verwandtſchaft er⸗ 
wähnt werden. Die Municipalräthe müſſen viermal des Jahres zuſammenkommen: 
im $ebruar, Mai, Auguft u. November, u. ihre Sigungen dürfen nicht über 10 
Sage bauern, Wenn ed das Interefie der Bewmelane eriorvert, inet her Wräfeft 


Frankreich. 327 
außerordentliche Verſammlungen an, oder gibt die Erlaubniß dazu. Wenn ein 
Pritttheil der Mitglieder eine VBerfammlung fordert, kann der Präfelt die Er⸗ 
laubniß nur durch einen motivierten Beſchluß verweigern, von weldyem an den 
König appellirt werben kann. Diefer allen kann die Auflöfung der Munictpalräthe 
befehlen; dann aber muß innerhalb dreien Monaten eine neue Wahl flatt finden. 
Die Wahlen geſchehen nach Sectionen in Gemeinden, die 2,500 Seelen und dars 
über haben. Diefe Organiſation ift zu complicirt, um bier auseinander gefeht zu 
werben; es genüge noch zu fagen, daß die Municipalräthe alle drei Jahre zur 

fte ermeuert werden. Jeder Bürger kann Einfiht von den Protofollen der 
Hungen nehmen. -Diefe, den 21. Mat 1831 promulgirte, Organtfation ſtammt 
aus einer der Revolution nahe gelegenen Zeit und iſt ziemlich liberal, Die 
Berwaltung der Gelder der Gemeinde ift Leuten anvertraut, die fie ſelbſt wählt. 
Aber befondere, u. vorzüglich Finanzgeſetze, haben viel an diefer, auf der Wahl ge⸗ 
gründeten, Garantie verändert, indem fie die am höchften befteuerten Bürger als 
Wähler eingefchoben haben. Ueberdieß tft das Nitributionsgefeg 1837 discutirt 
worden, zur yet der Reaction zur Gewalt. Die Berechtigungen find befchränft 
worden und die Adminiſtrationsgewalt der Praͤfekten übermäßig erweitert, fo daß 
fie faft, zum Nachtheile der Maires, über Alles zu gebieten hat u. die Beichlüffe 
dieſer, felbft von Rechtswegen, fo lange fuspenpirt worden find, bis der Präfeft 
feine Sufimmung hund thut, wenn dieſe Befchlüffe die reglementaren Angelegenheiten 
betreffen. Der Municipalrath hat die Adminiſtration des Gemeindevermogens ans 
zuordnen, die Beftätigungen der Berpacdhtungen bei Aderland für 18 Jahre höch⸗ 
ſtens u. bei andern Dellfungen hoͤchſtens für 9 Jahre, u. allemal kann der Prä- 
fett die Berathungen für nichtig erklären. Der Municipalrath beräth über die 
Gemeindenußgaben, über Bauprojecte, über die Annahme von Schenkungen und 
Bermächtnifien u. f. w., Alles dieß, Einfchränfungen und Ausnahmbedingungen, 
welche die Geſetze bezeichnen, abgerechnet. Er debattirt über die, von den Mares 
jährlich vorgeleaten, Rechnungen u. fpricht Wünfche über Gegenflände des Locals 
interefie6 aus. Das Geſetz unterfcheidet die gezwungenen u. freiwilligen Ausgaben, 
u. es iſt wohl zu bemerken: hätte der Geſetzgeber nicht diefe Sorge getragen, fo 
gäbe es viele Gemeinden, die ihren finanziellen u. moralifchen Zuftand ganz ver: 
nachläjfigen würden. Um auch bier die Gewalt zu behaupten, hat man dem Prä⸗ 
feften uͤberlaſſen, das definitive Budget zu machen, und dem Könige, dad Recht 
über das Budget von Gemeinden zu beſchließen, deren Ginfünfte mehr als 
100,000 Fr. betragen. — Go mangelhaft dieß Geſetz auch ift, ſo hat ed doch 
einem Theile der Uebel, welche die Gentralifation mit ſich führt, abgeholfen, in- 
dem es den Präfeften berechtigt, zu Berfäufen, Erwerbungen, Tauſchen, Annab- 
men von Schenkungen u. Vermächtniſſen, innerhalb *— Schranken zu auto⸗ 
riſtren. Auch iſt das Verfahren bei gerichtlichen Klagen, ſei es der Gemeinden, 
ſei es gegen dieſelben, ſehr verbeſſert und die Verrechnungen find ſehr vereinfacht 
worden. Die Adminiſtration von Paris ſoll einem beſondern Geſetze unterworfen 
werden. — Die Arrondiffementsräthe ſollen ſich im Hauptorte der Unterpräfeften 
verſammeln; ihr Hauptgefhäft iſt die Vertheilung der vom Departementalrath 
ihrem Arrondifiement zugetheilten Gontribution unter die Gemeinden. Jedoch halten 
fie auch eine Sitzung noch vor der des Departementalrathe, und in diefer erſten 
Berfammlung haben fle ihre Meinung über die Gegenftände der Adminiftration 
abzugeben, die dem Departementalrathe vorzulegen find, wie über die Bebürfnifie 
ihrer Gegend. Jeder Canton fchidt einen Deputirten in den Arrondiffementörath 
und einen in den Departementalrath. Die Berfammlung, die fie ernennt, befteht 
aus den in der Lifte der Jury eingefchriebenen Bürgern. Es Dürfen nicht weniger 
als 50 Wähler .feyn, u. in deren Srmanglung werden fie durch die am höchften 
Befteuerten erfeht. "Wenn in einem Departement mehr ald 30 Cantons find, 
dürfen doch nicht mehr ald 30 Mitglieder feyn; dann werden mehre Canton 
zu einem MWahlcollegium vereinigt. Die Mitglieder ded Departementalrathes wer: 
ben für neun Jahre ernannt u, alle drei Jahre zum dritten Selle erueuett. Die 






328 Fraukreich. 


Zufammenberufungen geſchehen durch eine Fönigliche Ordonnanz. Auch ſteht dem 
Könige das Recht der Auflöfung zu. Das Geſetz über die Bedürfniſſe dieſer 
Räthe fol erſt noch gemadyt werden, aber das Preojrct deſſelben ift ſchon in den 
Pairokammern berathen worden. Es tft ziemlich in Uebereinftimmung mit den bes 
ftehenden Geſetzen; jedoch iſt e8 durch die, am A. Det. 1837 ausgeſprochene, Auflöfung 
der Kammer aufzehoben, u. e8 muß ein neues Project vorgelegt werden. Wir wollen 
hier alfo nur von den, aus der Natur der Suche hervorgehenden Attributionen 
reden. Der Departementalrath votirt die Ausgaben ded Departements durch 
eine Hinyufügung von Gentimen zu der Hauptsrundrente, u. in den vom Bes 
feße vorgeichrlibenen Gränzen. Er berathichlagt über die Anfuchen um Autori⸗ 
fation. zu außerordentlicyen Ausgaben oder Anleihen, über Alles, was das Des 
partementaleigenthum, die Gıaffififation, Abftıdung und Richtung der Departes 
mentalftraff n betrifft, und diefe Ausgaben find die häufigfi n, da nur diejenigen 
Strafſen lönialiche Landſtraſſen find, die zu großen Gommunifationen von einem 
Ende des Reiches his zum andern, mit dem Auslande, oder zivifchen den bedeu- 
tendften Städten dienen. Da die königlichen Strafen dem Etaatsfchage zur Laſt 
fallen, fo ift ed eine Gunft für ein Departement, wenn eine oder die andere 
feiner Etraffın in diefe erfte Elaffe aufgenommen wird. Der Dipartementalrath 
verhandelt überdieß Allee, was das befondere Intereſſe des Departements betrifft: 
über den Anıheil der Gemeinde an den Ausgaben für ausgeſetzte und verlaffene 
Kinder, über den Departementalantheil an den öffentlichen Wrbeiten, welche die 
Regierung innerhalb deffen ausführen läßt; über die an Privatleute zu machen 
den Zugeftändniffe; über die Rechnungen des Präfekten. Er gibt feine Meinung 
über Abänderung der Territolialeinthellung ab: über Ecrichtung von Meſſen und 
Maͤrkien; er verificirt den Zuftand der Archive und des, dem Departement ge⸗ 
hörigen Mobiliars, Auch hier macht das Geſetz einen Unterſchied zwiſchen den 
freiwilligen und gezwungenen Auegaben. Der neue Geſetzentwurf enthält eine 
jehr _verwerflihe Beichränfung. Der Departementalrath kann jest Wünfche in 
Fe auf alle B:vürfniffe der Gegend niederlegen, und er bedient fich dieſes 
echtes fowohl in Bezug auf politiſche Inflitutionen, als auch auf andere Ge⸗ 
genflände; nun aber fol er auf die Einreichung von Wünſchen, über den Zuſtand 
des üffentlihen Dienfl8 auf das, was daB Departement betrifft, be 
fchränft werden, u. der Präſident fol diefe Wünfche dem Minifter einfchiden. 
Man befhränft den Drud auf das Refultat der Berhandlungen und auf die 
Rechnungen; bein neuer Beweis des Hafles-aller Oeffentlichkeit, der die Regieren- 
den befect. Man mil dieſe Berfammlungen zu bloßen Verwaltungsmaſchinen 
machen, ohne allen politifchen Charakter. Man ſpricht befändig von der Deputir- 
tenfammer, aus der man aber audy gar zu gerne einen großen Municipialrath 
5.85 machen möchte. — Es iſt nicht im Plane dieſes Artifeld, von den verfchiede- 
nen Finanzadminiſtrationen zu fprecyen, fofern fle nur die Einziehung der 
Steuern u. Staatdrevenüen betreffen; aber wir werden einige Detalis über die 
jenigen geben, welche die Brüden u. Ehauffeen, die Bergweike, Waldungen ıc. betref- 
fen. Die eiftere bat in jedem Departement einen Oberingenteur u. etnen gewöhn⸗ 
lichen Ingenieur für jedes Arrondiffement ; fie beauffihtigt audy die Kanäle, für 
welche fie befondere Angeftelte hat. Das Ingenieurcorps der Brüden u. Chauſ⸗ 
feen leitit auch die gewöhnlichen, wie die Kunflarbriten auf den füniglidyen- u. 
Departementalftraffen, u. in gewiſſen ®egenden tft ihm auch die Sorge für die 
Vicinalwege anvertraut; doch gibt ed auch hier befondere Beamte, die durdy bie 
Vräfeften ernannt werden. Die Bicinalmege zerfallen in gewöhnliche Wege und 
große Straffen. Die Ichteren dienen zur Verbindung mehrer Arrondiffementd oder 
Cantons, die erfteren zum Verkehre zwiſchen den Dörfern, oder zur Bewirthſchaf⸗ 
tung. Für letztere befonders bewilligen die Departements Beifteuern; beide aber 
werden durch Zufchußcentimen unterhalten, durch Naturalienleiftungen und 
Tagewerle. Das Geniecorps für die Brüden und Chaufisen befleht aus 
„Ingenteure, bie in ben polytechnifchen Schulen Auhlıt Haben, aus Conducteurs 


Frankreich. 829 


und Piqueurs. Auch die Wominifiration der Bergwerfe it eine wifjenfchaftliche 
Laufbahn, zu der man ſich auf der polytechnifchen Schule vorbereitet. Beim Aus⸗ 
tritte aus derfelben tritt man in die Bergfvectalfchulel zu Paris. Es beflebt eine 
foldye auch zu St. Etienne. Die Korftapminiftration zählt 32 Gonfervatoren, 
75 Infpectoren, 120 Unterinfyectoren, 440 Generalwächter, 12 Eleven, 140 bes 
rittene Wächter; ſodann 1481 Epeclalmächter, ohne die der Gemeinden u. Pris 
yatperfonen zu rechnen. Zu Rancy iſt eine Forſtſchule, in welche die Gleven nad) 
einens um fo firengeren Examen aufgenommen werden, als ihre Zahl fehr. bes 
— iſt; aber nach ihrem Wustriite concurriren fie nur mit den andern Ange⸗ 
eiten, die ſchon bei der Adminiftratton fungirend find, ohne ſolche Vorberei⸗ 
tung. — Auch die Adminiſtration der Münıen u. Medaillen verdient Erwähnung. 
Es befteht In Paris eine Erntrals&ommiffton, bei weldyer der Präftvent und der 
General⸗Commiſſär ziemlich bedeutende Befoldungen ziehen. Es find Münzftätten 
7 Straßburg, Euen, Befangon, Lyon, Tours, Angers, Poitiers, la Rodyelle, 
imoge®, Bordeaur, Bayonne, Zouloufe, Montpellier, Riom, Dijon, Rarbonne, 
Perpignan, Troyes, Lille, Amiens, Bourges u. Grenoble. Mehre andere find 
aufgehoben worden, u. kürzlich hatte ein Minifter den Plan gefaßt, ſämmtliche 
noch übrige ebenfalls aufzuheben, um die ganze Münzfabrifation in Paris zu vers 
einigen. — In jedem andern Staate würde das franzöftfche Berfonal der Douos 
— einer ganzen Armee binrıichend ſeyn: es beſteht aus nicht we⸗ 
niger als 28,000 Menfchen. Die Adminiſtration der Telegraphen zählt 21 Dis 
zectoren u. eine Menge Unterbeamte, weldye die Zeichen, ohne fie zu verftchen, 
weiter geben. Die Linien gehen nady Calais, Straßburg, Breſt, Toulon_ und 
Bayonne. — Die franzöfliche Apminiftration hat eine große Beihülfe durch die 
Wohlthätigfeitövereine u, die Vereine für Befängniffe, Spitäler u, |. w., und fie 
bewilligt diefen Befellfchaften bedeutende Unterflügungen an Geld. Es gibt einen 
Generalinſpector für die Befängnifle, die man maisons centrales nennt. Dem 
Könige wird jährlich ein Bericht über alle Geſängniſſe erftattet. Junge Gefan- 
ene werden auf befondere Art behandelt: fie werden in Handwerfen unterwies 
en; auch erhalten fie Unterricht in der Reliaton und Moral. Im Allgemeinen 
bat die Berwaltung der Gefängniffe und Galceren in F. bedeutende Fortſchritte 
gemacht; doch bleibt noch viel zu thun übrig. Darüber handelt ausführlidy der Art. 
Befängnißweſen. Es beft'ben in %. mehr als 13,000 Hofpitäler, u. die 
Zindelfinder allein Foften den Gemeinden u. Departements 8-9 Millionen. Es 
iſt noch eine beträchtliche Anzahl Geiſteskranker in den Spitälern; aber es iſt an- 
erkannt, daß dieß eine verderbliche Einrichtung if. Es werden zu diefem Zwede 
befondere Anftalten errichtet, u. biefe, wie die Spitäler, find der Aufficht der Ad⸗ 
minfftration unterworfen. Man bat berechnet, daß im Durchfchnitte auf 937 
Ginwohner ein Geiftestranter kommt, d. h. 15,000. Es befinden ſich jedoch in 
den Anftalten nur 8400. — Eine der fchönften Einrichtungen find Die Wohl 
thätigfertöbureaus, welche an Kranke und reife Unterftügungen in die Häufer 
austheilen. Diefe Bureaus find durch Schenkungen u. Bermächtniffe, oft auch 
durch die Wuntcipalcaffen dotitt. Außerdem haben fie den Ertrag von Eollecten. 
Ihre Totaleinnahme belief fi) 1833 auf 1'013,574,650, u. es find atı 695,932 
Hausarme Unterflügungen ausgetheilt" worden. Die Hofpitäler haben 51,222,063 
Fr. eingenommen, u. c8 befanden ſich im Jahre 1838 154,000 Perſonen darin. 
— Im Jahre 12 der Republif find die monts de piet& wieder errichtet worden, 
die Geld auf Pfänvder leihen u. deren Name eine wahre Läfterung iſt; denn fie 
tragen mehr zur Demoralifation des Volkes, ald zur Unterflügung deſſelben bei. 
Es beftehen in F. 32 folche Leihhäufer. 1833 hat das Pariſer Leihhaus allein 
376,372,438 Sr. ausgeliehen, worauf jedoch nur für, 19,816,110 Ir. verkauft 
worden iſt; 5 find wieder ausgelöst worden. — Der Aderbau wird von Staats⸗ 
wegen bedeutend unterflügt. Es find in Alfort, Lyon und Toulouſe vortreffliche 
Beterinärfchulen errichtet worden; Schäferelen in Rambouillet, PBerpignan und 
Hayevaur; Stutereien in verfdjlebenen Gegenden, namentlich zu Raneres hei 


330 Frankreich. 
Lüneville. Die, zur Gebung des Landbaues beflimmten, Summen werben ben 
licben erfammlungen zu Prämien für Berbefierung des Feldbaues 
u. für die Muflerpächtereien gegeben. Es werden Sämereten ausgetheilt, Pflan- 
zen, landwirthſchaftliche Arbeiten vertbeilt u. Medaillen für die Verbefierung der 
. Adergeräthe ausgeieht. — Es befteht eine Adminifiration für Maße u. Gewichte; 
eine andere für Gold» und Gilberarbeiten. Die Regterung unterhält außerdem 
Badeanſtalten, Lazarethe, endlich Kunft- und Handwerksſchulen zu Chalons und 
Angers, u. zu Paris ein Kunſt⸗ u. Gewerbeconfervatortum, wofelbft Borlefungen 
gehalten werden u. wo die nüplichften Werkzeuge ausgeſtellt find. Die Kunſt⸗ u. 
: ManufaktursGentralfchule {ft zur Bildung von Fabrikaufſehern beſtimmt. — Di 
fihtlich der Ju Rigerwaltung ift ganz F. in 27 Bezirke der Eönigl. Gerichts⸗ 
höfe petbeilt welche felbft in 4 Claſſen zerfallen, je nach der Befoldung u. An⸗ 
zahl ihrer Mitglieder. Paris zähle 54 Räthe, 5 Präfidenten der Gerichtshöfe 
u. einen Oberpräflpenten. In der zweiten u. dritten Claſſe find nur 25 Räthe, 
in der vierten nur 20. Die Zunctionen der Staatsanwaltfcyaft werden durch 
einen Generalprocurator verfehen, unter weldyem Generaladvocaten für den Dienft 
der Civilſitzungen u. Subflituten für den Dienft der Parquetd (dieß iſt der Name 
ſeines Bureaus) u. für den der Aſſiſen u. der Anklagekammer ſtehen; jedoch ge- 
braucht er fie nach Gutduͤnken. Alle Töniglichen Procuratoren bei den Tribuna- 
len erſter Inſtanz find feine Subſtituten. Es find dieſer Tribunale 3615 fie find 
in 7 Claſſen getheilt und beflehen aus 2740 Richtern. Handelöfachen gehören 
vor befondere Zribunale, die durch Wahl unter den angefehenen Kaufleuten ges 
bildet werden. Bon ihren Entfcheivungen kann an die Föniglichen @erichtshöfe 
appellirt werden, wie von denen der Tribunale. Ueberbieß gibt es 2846 Frie⸗ 
densrichter, die über Perſonal⸗ u. Mobiltarfachen bis zu 50 Er. Werth in letz⸗ 
ter Inſtanz u. von 100 Fr. in erfter Inſtanz richten. Im legteren Kalle gehen 
die Sachen an die gewöhnlichen Gerichte. Ihre Attributionen find dur ein 
Geſetz discutirt worden, deſſen Zweck war, ihre Eompetenz bedeutend auszudeh⸗ 
nen. Es war fchon votirt; ein einziges, ziemlich unbeveutendes, Arrondifiement 
machte in der Deputirtenfammer eine neue Berathung nöthig. Die Sitzung iſt 
zu Ende gegangen, ohne daß fie fi) damit befchäftigt hätte, und die dazwiſchen 
gefommene Auflöfung vereitelte alle, zu diefem Zwede gemachten, Arbeiten und 
das Geſetz vom Jahre 1790 bleibt in Kraft. — An der Spite ber Gerichtsein⸗ 
richtung fteht der Gaffationshof, von der Gonftitution zur Annulirung ſolcher 
Urtheile oder Erfenntniffe eingejeßt, die dem formellen Terte der Geſetze zu: 
wider find. Er ift feine deitte Stufe der Jurisdirection, denn F. hat deren nur 
zwei; aber das in der tung der Kammern von 1837 erlaffene Gefeß über die 
Autorität der Beſchlüſſe deſſelben hat dieſes Prinzip weſentlich verlegt und das 
urfprüngliche Inftitut verfälfcht. Der Eaffationshof hat, außer dem erſten :Bräft- 
denten, drei SBräfidenten der Sectionen, 45 Räthe, 1 Generalprocurator u. 5 Ge⸗ 
neraladvocaten. Zu diefem Amte follten die gelehrteften und älteften Juriften in 
anz %. gewählt werden, ba der Zwed des Gnfitutes it, obne alle Gabinets- 
—5— Aufrechthaltung der Geſetze u. Uebereinſtimmung in der Jurisprudenz zu 
erhalten, u. ſich felbft in großem Anſehen zu bewahren. Und es gab auch eine 
Zeit, wo es für alle Zuriften ein Gegenftand der Verehrung war. Aber die cons 
ftitutionelle Regierung und die Majorität der Kammer haben große Beränderun- 
gen in der Bildung dieſer ehörbe herbeigeführt. Der Ehrgeiz gewifler Depu- 
tirter, die Abdanfung von Miniftern haben fie mit Politikern bevölfert, die oft 
enug der, in diefer hohen Stellung erforberlichen, Stenniniffe ermangelten. — 
as Inflitut der Briedensgerichte hatte anfänglich die ſchnelle Schlichtung klei⸗ 
ner Streitigfeiten durch perftändige Männer ohne iuriftifche Kenntniffe zum Zwede. 
Die Gefehgeber vom Jahre 1790 forderten beim Friedensrichter nur Die befchet- 
denen Eigenfchaften des Landmannes; aber man hat ihre Jurisdiction 
nac-u. nad mit verfchievenen Proceduren beladen, fo daß Jurkften erforderlich 
spdren, um {dr zu genügen. Bon der andern Seite IR ver Trievensrichter able: 


Frankreich. 331 


bar u. gewährt nicht die Garantie der Unabhängigkeit. Die Charte Hat dieſen 
Jußand der Dinge auf eine Weife geheiligt, daß er nicht abzuänvern if. — 

ie peinliche Gerichtsbarkeit hat verſchiedene Eompetenzen. Auch die Friedens, 
richten ſprechen Recht über einzelne Polizeivergehen, die nicht mit mehr al& fünf 
Tagen Sefnanif, oder 15 Fr. Geldbuße beftraft werden können. Ste find am 
Ende des Code pönal aufgeführt. Die Eriedensrichter find auch Beamte der 
richterlichen Bolkei und führen unter Aufficht des Töniglichen Procurators die 
Protokolle, um die, in ihrem Bezirke begangenen, Berbrechen u. Vergehen au cons 
Ratiren. Die einfachen Polizeivergehen werben vor bie Borrectiondgerichte "ges 
bracht. — Mit den, aus mehr als vier oder fimf Richtern befehten, Tribunalen 
iR ein correcttonelles “Bolizeigericht verbunden, vor welches alle Vergehen, die 
nicht einen verbrecherifchen Charakter baden, nehören; Iegtere find nemlich ſolche, 
die peinliche oder infamirende Strafen nad) ſich ziehen. Diefe können nur von 
der Jury gerichtet werden. Die Gorrectionstribunale Fönnen bis zu 5 Jahren 
Gefaͤngniß erkennen, u. im Wieverbetretungsfalle, das heißt, wenn der Angeklagte 
(don einmal auf Jahr u. Tag zum Gefängniffe verurtheilt war, kann die Strafe 
auf die doppelte Zeit erhöht werben.- Bor diefelben Tribunale gehören außerdem 
die Fiscalvergehen in Forft- u. Douanenfachen u. f. w. In lehterer Hinſicht iſt 
diefe Organifation fehr complicirt u. fehlerhaft. Die mit drei Richtern befepten 
Tribunale haben fehr viel Unpaffendes. Einer der drei Richter tft immer in. dem 
Inſtructionszimmer befchäftigt; e8 werden Suppleanten unter den Advocaten zu 
Hüfe genommen, die oft ähnlidye Sachen haben, welche fpäter vorkommen wer⸗ 
den, und fo fdhneiden fie das Recht zu, wie es ihnen dienlich tl. Ueberdieß bes 
fommt einer der Richter Teicht ein Uebergewicht über den andern, und fodann iſt 
eine Ränbige, wenig einfichtvolle Majorltät da. Richts deſtoweniger ſteht der 
Richterfiand in %. im gerechten Rufe, der Einficht, der Ehrenhaftigfeit u. Unpar⸗ 
teilichtei, — Die Aififenhöfe werden an den Hauptorten der Töniglicheh Ges 
richtöhöfe, außer den Geſchworenen aus drei Richtern derfelben, von denen einer 
vom Minifer zum Präfidenten ernannt wird, gebildet. In ben andern Depars 
tements ſtehen dieſem Präftventen zwei Tribunafrichter zur Seite. Die Sitzungen 
finden alle drei Monate ftatt, oder auch öfter, wenn es erforderlich ifl. — Der 
Caſſationshof ift in drei Secttonen getheilt. Die Section der Gefuche (requötes) 
verwirft Die Geſuche um Nicdhtigkeitderflärung, die Feiner reiferen Unterſuchung bes 
bürfen; die Chambre civile unterfucht ſodann die Actenflüde, die von der Cham- 
bre des requetes zugelaffen worben find, u. Die Chambre criminelle urtheilt ohne 
diefe Borunterfuchung. Im Jahre 1834 find mehr als 490,000 Sachen vor die 
Sriedensgerichte gebracht worvnen; an 200,000 find in der Sitzung verglidyen 
worden, in den andern iR ein Urtheil gefein: oder fie find aufgegeben worden, 
u. die Zahl der Appellationen iſt nur bis 3774 geftiegen; ein wenig mehr, als 
der dritte Theil, find bei den Appellationen reformirt worden. Bon den Verglei⸗ 
dyen, von denen fo eben die Rede war, muß man nody die Eitationen vor das 
Berföhnungsbureau unterfcheiden, welche noch der Vorladung bei den gewöhnli⸗ 
chen Sachen voraudgehen. Als Berföhner leiſten die Friedensrichter unendliche 
Dienſte. Auf 97,838 zur Ausſöhnung vorgebrachte Sachen wurden 38,454 ver» 
glichen. — Es gibt Sachen, die wegen ihrer Natur von dem Berfucdhe zur 
Ausgleichung difpenfirt find, und die ER der, vor die Tribunale gebrachten, 
Prozeſſe belief ſich 1834 auf 124,326 und die der vor die Handeldtribunale 
gebradyten auf 104,326. Dan hat die Berechnung gemacht, daß in F. auf 
66 Perfonen ein Rechtshandel kommt, oder, nady dem Territorium berechnet, 
einer auf 107 Hectares. Diefes Verhältniß wechfelt übrigens fehr mit jedem Be- 
zirfe und mit jedem Jahre. Cine andere niedere Stufe der Gerichtsbarkeit find 
die Räthe der Prud-hommes, denen es zufommt, Zwiſtigkeiten, die zwifchen Fa⸗ 
brifanten, zwijchen Herren und Arbeitern in den Werfftätten, Manufacturen und 
Sabrifen entitehen, vorzubeugen, zu fchlichten u. zu richten. Ste haben in 60,555 
Sachen zu Recht erfannt und 58,330 find von ihnen ausgeglidhen worden. — 


332 Frankreich. 


In den Sachen erſter Inſtanz war ein Rückſtand. Die Geſammtzahl der 1834 
von den Tribunalen erfter Inftanz erledigen Eachen belief ſich auf 121,128. — 
Die Zahl der vor die Königlichen Gerichtshöfe gebrachten Sachen hat fich im 
Sabre 1838 vermindert, ed waren deren nur 10,496, u. da noch ein Rüdftand 
war, haben fie in Allem 11,022 Sachen beenbigt. Unter 100 Urtheilen zählt man 
70 Beftätigungserkenntniffe. Der Eaffationshof hat in der Chambre des reque- 
tes über 667 Cafſationsgeſuche erfannt, von denen 515 von den Föniglichen Ges 
ridytshöfen, 142 von den Tribunalen erfter Inſtanz, 16 von. ven Handelstribus 
nalen, 2 von den Frievensrichtern herfiammten. Bon den 667 Sadıen hat die 
Chambre des requötes nur 285 angenommen. “Die Chambre civile hat 132 
Cafſationsurtheile gefprochen u. 88 Berwerfungds u. andere Entſcheide, daß Fein 
Brund zur Klage fel, gegeben. — Die ceriminelle Statiſtik hat noch eine andere 
Wichtigkeit, da fie den moralifdyen Zufland conftatirt. Aus dieſem Befichtspunfte 
werden wir fie jett noch betrachten. Im Jahre 1834 hat die Jury über 5125 Ans 
Hagen zu richten gehabt. Sie hat davon 1665 verworfen u. 2143 ohne Modi⸗ 
cation angenommen, endlich 1317 mit Mopificationen in der Qualification der 
tſachen; Abänderungen aber bei 456 Fällm gemacht u. zwar mit Belaftung 
des Charakters als Veibrechen. Das Berhältnig der Sreifprechungen zu den 
Berurtheilungen iſt alfo wie 1:3, während vor dem Geſetze über die Verückfich⸗ 
tigung der mildernden Umſtände fie etwa die Hälfte betrugen. Diefe, 1832 der 
Jury zugeflandene, Befugniß hat großen Einfluß auf die Aufrichtigkeit ihrer Aus⸗ 
fprüche gehabt. — 1537 Anklagen hatten gegen Perfonen begangene Berbredyen 
zum Gegenſtande, u. 3568 folche gegen Sigenthum; doch find diefe Berhältnifie 
verfchieden, je nach den Jahren und Localitäten. Die Zahl der contradictortich 
verurtheilten Individuen war 6952, oder ein, wegen peinlicher Verbrechen Auges 
klagter auf 6484 Seelen. In Paris if das Verhältniß bei Weitem ungünftis 
ger. Hier fommt ein Angeklaater auf. 1191 Einwohner; aber die meiften find 
nicht von da gebürtig., Die Frauen machen fich weit feltener eines Verbrechens 
ſchuldig. Man wirft ihnen mehr foldye Verbrechen vor, welche Liſt mehr, als 
Berwegenheit erfordern. Das Berhättnig der Unverehelichten zu den verhetrathes 
ten Leuten ift 60 auf 100. Die Zahl der 1834 abgeurtheilten Griminalfälle bes 
trägt 120,108 bei 172,862 Individuen, 30,000 weniger, ald im Jahre vorher; 
die Berminderung aber fand nur bei den Forftvergehen ſtatt. Auf die Ge⸗ 
ſammtſumme der Vergehen kommen nicht weniger als 65,000 dieſer Art. 
Unter den Angeklagten wegen gewöhnlidyer Verbrechen waren 36,859 Frauen 
oder deren 21 auf 100. — 100,862 Prozeſſe wegen leichter Vergehen find 
bei den einfachen SPBolizeigerichten vorgefommen. Die Inftruftion der Pros 
zeſſe gebt in %. ziemlich jarel vor fh. — Wir fügen dieſer Ueberfidht 
noch die der Selbſtmorde bei, deren 1835 2,335 flattgefunden haben, und 
davon 374 in Paris, Es fcheint, ald made die Demoralifatton fchredlicdye 
Hortichritte, denn 1830 zählte man nur 41,000 uncheliche Kinder, und 1835 
haben fich deren 74,735 gefunden. Das Verhältniß if alfo immer geftie- 
gen. — Es iſt eine bedeutende Berbefierung des moraltihen Zuftandes nicht 
allein von den Kortfchritten des Volkounterrichtes, fondern auch beſonders von 
der Rückkehr zur Religion zu hoffen, die leider bei einem großen Theile der Ration 
ganz in Bergefienheit gerathen iſt. Die fünlichen u. weftlichen Departements u. 
das Elſaß ausgenommen, findet man wenig Religion bei dem Volke; befonders 
in Paris lebt man, ald gäbe es Keinen Gottespienfl. Diefe Wunde iſt fehr tief. 
Selbſt jeht gibt e8 noch mehr als 4000 Gemeinden, die feinen Prieſter haben. 
Die Kammern haben die Errichtung neuer Filtale oder Pfarreien votirt, aber 
nur in geringer Zahl. — Außer den Franzoſen, dem Kerne der Bevölferung, 
weldye, urfprünglidy von den Kelten abflammend, durch Vermiſchung mit ners 
manifhen Stämmen, vorzüglich den Franken, zu einem eigenthümlichen Volke fich 
entwidelt haben, wohnen Romanen im Süden, Stallener in Eorfica, Deutfche im 
Eilfaf, Blamdnber im Rorben, Vreyzards In Bretagne, Basfen in den Pyrenden, 


Frankreich. 833 


Areifende Zigeuner meift im Süden. Die herrſchende Sprache iſt das Franzöfifche, 
das aber in den Provinzen in zahlreiche, fehr abweichende Dialekte auseinander 
gebt. Der eigentliche Franzoſe iſt von mittlerer Größe, meiſt brünet. “Die hervor⸗ 
ſtechendſten Züge des Nationaldyarakters find: Beweglichkeit, Leichtigkeit, hm 
herzigkeit, zuvorkommende Höflichkeit, Eitelkeit, Reizbarkeit. Ruhm u. ahre d 
die Leitfterne des Franzoſen, denen die Baterlandsliebe häufig nur zur Folle dient. 
Um dieſes Ziel zu erreichen, flürzt er fi) blindlings in die größten Gefahren, 
Beach! er die größten Unbefonnenheiten. Alles arbeitet in ihm nady Außen bin, 
auf den Schein; daher der Mangel an Bründlichfeit; daher die Sucht, Geiſtreiches 
zu fügen; daher die rafche Erregbarkeit ohne Tiefe des Gemüthes. Mit reicher 
Bhantafte u. nie raflender Geſchicklichkeit audgeftattet, bewegt er ſich mit mehr 
Giück auf dem Felde der Erfindungen, als auf den Gebieten der Wiffenfchaften. 
Tapferkeit, Muth, Ausdauer ift ihm angeboren: daher die glänzenden Thaten der 
franzöflihen Waffen. Elegante Bildung, feine Sitten zeichnen’ die höheren Stände 
aus; geiunder Verfland wohnt in dem Bolfe. Nüchternheit u. Mäßigfeit find 
fat allgemeine Tugenden. Haft u. Unrube, eine unbezwingbare Neigung zu Ver⸗ 
änderungen, Selbftüberfchägung, find ihm felbft u. feinen Rachbarn nicht felten 
nacdhihellig geworden. Seit der Revolution hat er fid, mit Macht in dus Ge⸗ 
treibe der Politik geflürzt. Jeder hängt irgend einer ver Parteien, welche bie 
Maſſe des Volkes in fortwährender Spannung erhalten, mit entſchiedener 
Hingebung an und if im Stande, für feine politiſche Weberzeugung audy 
das Theuerfte zu opfern. Die einflußreichften dieſer Parteien find: die Legitis 
miften, die Anhänger der vertriebenen Dynaftie, in nur noch geringer Anzahl; die 
Bonapartiftien, aus der Kaiferzeit größtentheild nody übrig; die Anhänger der 
gegenwärtigen Dynaſtie, am zahlreiften u. in dem Bürgerflande ihre nachhultigfte 
tüge findend, dabei in ihren Gefinnungen u, Anfprüden mehr oder weniger ges 
mäßigt, und endlich die Republifaner, unter deren Fahne fi) Unzufriedene aller 
Art flüchten. Das Mittel, wodurch dieſe Parteien ſich ausbreiten, feſtſetzen und 
ihre befondern Zwecke fördern, iſt die für F. höchſt bedeutfame Journaliſtik. — 
Sowohl für feine Münzen, als für fein Gewicht u. fämmtlidhe Maße, hat %. feit 
der erfien Revolution das Decimalſyſtem (f. d.) angenommen u. confequent 
durchgeführt. Die gewöhnliche Rechnungsmünze iſt felt 1795 der Frank cf. d.). 
Zrüher rechnete man nad) Livres a 20 Sous. Kupfermünzen: Stüde zu 1, 2 
Gentimes, 5 Cent. (1 Sou), 10 Et. (2 Sous). Frühere Goldmünzen find: der 
Louis'dor von 1640-1799; alte Silbermünzen: Ecus u. Ecus neuß. Gefehlidy 
eingeführt feit 1799 find die metriſchen Mate u. Gewichte. Längenmaß: 1 Metre 
= 10 Decimetresd, 100 Eentimetres, 1000 Milimetred; 1 Myrtametre = 10,000, 
1 Kilometre = 1000, 1 Fe = 100, 1 Tecometre = 10 Moͤtres. 100 
Metres — 318 theinifche Fuß oder 149 preußiſche Ellen. Die neue Lieue iſt der 
Moyrtametre; 114 Lieued = 1 Grad; 2 alte &, = 1 deutſche M.; das Flaͤchen⸗ 
maß iſt der Duadrametre == 100 D.recimötred u. f. w. Yeldmaß: 1 Are = 1 
Decimetre im Duadr. u. f. w. 1 Hectare = 100 Aren. Hohlmaß: 1 Litre = 
10 Decilitre = 100 Eentilitre = 1000 Millilitre; 1 Decalitre = 10, 1 Hectolitre 
— 100. 1 Kilolitre = 1000 Litres. 1 Hectol. = 145 Berl. Scheffel oder 87 
Bal. Duart. Gewicht: nad) Brammen, 1 Gr. = 20 holländifcdye As. 1 Duintal 
(Centner) = 100 Kilogr. = 213 preuß. Pfund. Bel. Ehrmann, hiſtor. flas 
tiſtiſch. topograph. Lerifon von %., 4 Bände, 1795—1507; Brisnd de Verze, 
Diction. complet geogr. statist. etc. du royaume de Frunce (Paris 1830); Les 
gyot, »La France statist. dapres les documents officiels les plus recents« (Par. 
1843); Schnitzler, »statist generale raisonnee et comparee de la Frances (chend. 
1812); »Statist. de la Fr ; publiee par le ministre de l’agriculture et da commerce« 
(bi jeßt 7 Bde. in 4.); Netgebauer, „Handbudy für Rerfende in F.“ (Wien 1833). 
Die Geſchichte 8.8 nimmt ihren Urfprung im Innern Germaniens; 
fe beginnt, als die Franken, über die Weltreiche der alten Zelt triumghts 
send, fi bie Gewalt über Ballen zueigneten und alkmille Nor Blui, re 


⸗ 
8° Frankreich. 


Gebraäͤuche, ihren Dialekt, mit dem Blute, den Gebräuchen und der Sprache der 
Beflegten, der Ballier, und der als frühere Sieger zu ihnen gefommenen Römer 
vermifchten, um burchaus eine neue Rationalität zu fchaffen. Die beiden erften 
Geſchlechter der Könige 5.8 waren ganz germanifh; nur die Beflegten redeten 
eine celtifche Sprache, mit Latein vermiſcht, und die höheren Claſſen hatten bet 
ihnen die Sprache und die Geſetze Roms angenommen. Go ftanden lange Zeit 
drei Elemente nebeneinander, und nur allmäl g [elle bie Verſchmelzung erfolgen, 
indem die Mehrheit den Vollscharakter der nderbeit abforbirte und denno 
Etwas von jener Kühnhelt, jenem Eriegerifchen Stolge behielt, der fpäter ritterli 
warb u. die vorberrfchende Eigenfchaft der neuen Ratur war. — Die Bölfer, die 
gegen die Mitte des 3. Jahrhunderts den fränkifchen Bund bildeten, waren ſeit 
langer Zeit den Römern befannt, aber nur erft in dieſer Epoche werben’ fte uns 
als unter ſich vereint geſchildert. Es find die Katten, die Anfivarter, die Cham- 
aven, die Brufterer, die Ehaufen, die Sigambrer u. f. w. In dem Bunde der 
Sranfen vereint., — Während die Burgunder das erfle Germanien (Germania 
prima) einnahmen und die Weftgothen Aquitanien, bemächtigten ſich die Franken 
des ganzen zweiten Germaniens, der Rheinprovinz Balliens. Die franzöfifchen Hi⸗ 
ftorifer betrachten Pharamund als den erften König u. lafien ihm Ohlobin, Mero- 
vig u. Childerich folgen; aber dieſer anfang, ber erften oder merovingiſchen Dy- 
naftie iſt mindeflens ungewiß. Der wahre Grünber der Monarchie war Chlo- 
dewig (f. d.). Was die andern Könige bis auf dieſen Fürſten betrifft, fo hat es 
unter ihnert weniger Eroberungen, ald Verheerungen gegeben. Das roͤmiſche Reich 
war gefallen! Odoaker nahm den Thron der Gäfaren ein; Aegidius regierte Gal⸗ 
lien im Ramen der Römer. Im fünften Jahre feiner Regierung griff ihn Chlo⸗ 
dewig an y. beftegte ihn in Rogent bei Soiſſons im Jahre 486. Alle beigifchen 
Städte unterwparfen fi, u. der König drang vor gegen das Land der Tongern, 
wo die ripuarifchen Franken faßen, u. zog dann g en Weften ver Loire zu. — 
Indeſſen kamen die Wlemannen, die fi) von der nen bis an das Elſaß, Loth⸗ 
ringen u. den Norden Helvetiens erſtreckten, ſeinem Siegeslaufe Einhalt zu thun. 
Chlodewig eilte Siegbert, dem Könige der Ripuarier, zu Hülfe; er ſtieß in den 
Ebenen von Zülpich, im Jülicyer Lande, auf die Alemannen. Die Schlacht war 
furdytbar u. er war daran, zu unterliegen; da rief er den Bott der Chriſten und 
der Königin Chlotilde, feiner Gemahlin, an. Alſobald, fagt Gregor von Tours, 
wechfelte das Waffenglüd, und das befiegte Alemannien warn eine fränfifche Bros 
vinz. Einige Jahre fpäter ſchlug Chlodewig die Bretagner Armorifas u. brachte 
dann Bondebald, dem Könige der Burgunder, eine Niederlage bei. Die Beflegung 
der Weftgothen folgte unmittelbar diefer Erpebition. Er war in Touloufel, als 
die Befandten des orientalifchen Kaiſers Anaftaftus ihn mit den Titeln: SBatricter 
Gonful, Auguftu, begrüßten. Unter Chlodewig, dem Chriften u. Römer, dehnte fi 
das fraͤnkiſche Reich ftets mehr aus, und erftredte ſich endlich unter Karl dem 
Großen über ganz Deutfchland u. ganz %., ja, nody über beider Bränzen hinaus. 
Die Franken hatten fidh urfprängt ch in zwei verfchledene Stämme getheilt: bie 
falifhen Franken im heutigen Holland u. einem Theile von Belgien, und bie ri⸗ 
puartfchen an den Ufern des Rheins. Bon beiden hat man noch ihre alten Volks⸗ 
gefege unter dem Namen des falifchen und ripuarifchen Geſetzes. Bei den Thei⸗ 
lungen unter den merovingiſchen Königen traten andere Abtheilungen an bie 
Stelle jener alten, vorzüglich die in das auftrafifche oder öftliche Franken, u. tm 
Reuſtrien oder das weftliche Franken, woran zulegt die Abtheilung in Deutfch- 
land und %. fi anſchloß. Unter den merovingifdyen wurden, fo wie fpäter 
unter den karolingiſchen Koͤnigen, zwar die Geſetze und wichtigſten Regie⸗ 
rungs⸗Beſchluſſe, insbefondere auch die Regierungs-Succeffionen und bie hele 
lungen des Reiches, noch in den Bolföverfammlungen der März: oder Mais 
Felder verhandelt u. bewilligt; aber das fränkifche Volk, u. varüglich die merovin- 
ale Röntgefamilte, verfanten durch zunehmende ent durch Feuda⸗ 
Hömus und Fauftrecht in immer tiefere Werner. — VWxex Cinter 


draukreich. | 335 


erwuchs die Macht des Majordomus oder Hausmeier. Urfprünglich zu Ver⸗ 
waltern der Krongüter u. Vorſtehern des Dofgefindes eingefeht, bemächtigten ſich 
biefe Hausmeler nady u. nad) ber oberften Le tung der Ginil- u. Militärangeles 
enheiten. Warnanc, defien eifrige Bemühungen Chlotars II. Berrfchaft befeftigt 
tten, erhielt dieß Amt auf Lebenszeit. Die Macht dieſer Minifter mußte in ge⸗ 
ſchickten Händen nothwendig wachſen, u. fie wurde ſonderlich durch die Schwähhe 
u. Unthätigfelt der lebten Merovinger begünftigt. Bald ließ man darum auch 
die Könige außer Acht und kümmerte fi) nur um die Hausmeier. Sie wurden 
um fo furchtbarer, da die Könige bald aufhörten, fie felbR zu ernennen, u. nur 
noch das Recht behielten, diefelben den Ständen zur Wahl vorzufchlagen. Ends 
li) warb dieß Amt fogar erblidy, und oft ſtritt man fidy darum, die Waffen in 
der Hand. — Nachdem der Hausmeier Pipin der Kleine, Sohn des berühmten 
Karl Martell, alle Macht in feiner Hand vereint hatte, wurde Chil derich III. 
entthront 752, Pipin von den Franfen in der Vollsverfammlung zu Soiſſons 
als König begrüßt, u. fo die Karolingiſche Dynaftie gegründet, welche vor allen 
Karl der Broße, Pipins Sohn, in feiner fünfzigjährigen Regierung von 768 bis 
814 erweiterte u. befeftigte. Unter den 3 Söhnen feines ——— des 
Frommen wurde durch den Tractat von Verdun 843 fein großes Reich getheilt. 
Karl der Kahle erhielt den weſtlichen Theil oder das heutige F. bis an die 
Rhone, Saone, Maas u. Schelde; Ludwig der Deutſche den ölichen Theil oder 
das heutige Deutfchland, mit Mainz, Worms und Speyer; die Länder zwiſchen 
der Rhone, Saone, Maas u. Schelde mit der Kalferwürde erhielt Lothar. — 
Zwar vereinigte Ludwig's des Deutfchen Sohn, Karl der Dide, durch Wahl der 
franzöftfchen Nation, mit Uebergehung Karls des Einfältigen, noch einmal vie 
ganze Karolingifche Monarchie. Seitdem aber auch dieſen im Jahre 887 die 
Steichökände abgeſetzt hatten, u. die Franzoſen, abermals mit Mebergehung Karl 
des Ginfältigen, den Grafen Dtto von Paris, aus ſächſtſchem Stamme, zum 
Könige gewählt hatten, blieben Deutſchland u. F. für immer getrennt. — Kadı 
Otto's Top erhielt Karl der @infältige die Regierung ; u. bald übergangen, bald 
wieder im de des Thrones, erhielten fi in F. die Karolinger noch bis zum 
Sabre 987, in welchem, mit Ausfchluß des Urenfeld vonKarl dem Kablen, Karls 
von Lothringen, der Herzog Hugo Capet zum Könige erwählt ward. So ent- 
fand die neue kräftige Dynaftie der Kapetinger, weldye allmälig die Macht der 
großen Bafaflen brach u. bis 1328 beftand. In ihre Regierung fällt die mäch- 
tige Bewegung der Kreuzzüge, von F. hauptſächlich auögehent, u. durch Berbrei- 
tung der @ultur, Erweiterung des Handeld u. Hebung der Städte vorzugäwelfe 
auf dafielbe heilſam wirkend. Mit dem deutfchen Könige Konrad III. unternahm 
1147 Ludwig VII. einen, jedoch unglüdlichen Kreuzzug. Bolgenreicher war. bie 
von ihm bewirkte Gründung der Univerfität Paris, der erſten in Europa, Sein 
Eohn Philipp Auguft der Eroberer (1180 bis 1223) führte viele Kriege mit 
England, trug, aus Giferfucht gegen Richard Löwenherz, das Meifte zu dem 
täglichen Ausgange des 3. Kreuzzuges bei, befeftigte das Anfehen der Krone u. 
fiftete die Pairte. Ludwig VII, 1223 bis 26, fehte den Krieg gegen England, 
wozu das Berhältnig der englifchen Könige als franzöftfcher Bajallen, wegen ver 
Rormandie, Tours, Maine u. Poitou, Beranlafjung gegeben, ohne Entfcheidun 
fort. Dagegen wendete Ludwig IX. (1226— 70) die Waffen wieder gegen die 
Ungläubigen, wurde bei Damiette in Aegypten gefangen genommen u. flarb fpä- 
te auf einem Zuge gegen Tunis. Philipp II. <1270—85) führte den Gebraudy 
der Adelsbriefe ein. 8 hilipp IV., der Schöne (1285 — 1314), vernichtete aus 
abſucht den Orden der Tempelherren, kämpfte gegen die wachſende Macht der 
lichkeit, wies den Pipfen als Aufenthaltsort Avignon an u. zog zuerſt auch das 
Volk zum Reichstage. Nach dem kinderloſen Abſterben feiner 3 Söhne kam das 
verwandte Haus Valois mit Philipp VI. 1328 zur Regierung. Da aber zu 
gleicher Zeit König Eduard II. von England Anfprudy auf den erledigten Thron 
) machte, jo brach ein unheilvoer 100jähriger Krieg aus, welcher let mar 


836 Fraukreich. 
ſiegreich für F. endigte, die Entwickelung des Wohlſtandes aber auf lange hemmte. 
Calais wurde won den Engländern genommen, das franzöſiſche Heer bei Creſſy 
1346 vernichtet, der Drud der Auflagen durch eine Salzfteuer erfchwert. Trauris 
ges erlitt Johann der Qute (1350—1364). Die Schlacht bei Poitiers, 1356, 
achte den Franzoſen eine blutige Niederlage, ihm felbft Befangenfchaft, in der 
er, außer Stande das hohe Löfegeld zufammenzubringen, bis an feinen Tod vers 
partie Die Regentſchaft des Dauphin, nadymaligen KarlV., war flürmifch: die 
afallen benügten die Roth, um die Fönigl. Macht zu befehränfen; ein furdytbarer 
Banernaufruhr, die Jacquerie, wütbete gegen den Adel; die Stadt Paris zeigte 
fidy- dem Dauphin felbft feinnfelig. Als König war ihm das Kriegsglüd günftiger. 
Bon ihm if die Baftille gebaut worden. Sein Sohn Karl VI. (1380 — 1422), 
zuerſt unmündig, fpäter wahnfinnig, Rürzte, wiewohl ohne eigene Schuld, das 
Reich in entfegliche Verwirrung. Die Herzöge von Burgund u. Orleans Fämpften 
um die Berwaltung'ded Reiches. Mord, Bürgerkrieg, Verrätherei, Familienzwiſt 
ſchienen fidy zum Untergange des Reiches verbunden {u haben. In der Schlacht 
bet Azincourt, 1415, wiederholten ſich die früheren Niederlagen, Parts fiel in die 
Hände der Engländer und der engl. Heinrich V. feßte feinen Sohn Heinridy VI. 
auf den Thron von 5. Da flarb der unglüdliche König 1422, Ohne Hoffnung, 
faft ohne Land, ließ fih Karl VIL in Poitiers zum Könige ausrufen. Die Stadt 
Orleans, der lebte pufuchtöort, hart bebrängt, war dem Falle nahe, als in der 
wunderbaren Erſcheinung der Jungfrau von Orleans (f. d.) plöglidhe Rettung 
fam, 1429, Die Stadt wurde entfegt, der König in Rheims gekrönt u, von nun 
an, auch nach dem gewaltfamen Tode der Jungfrau, fehrte das Gluͤck den Fein⸗ 
den den Rüden. Bon allen Eroberungen blieb ihnen nur Calais. Diefer Krieg gab 
die erfte Veranlaffung zur Errichtung flehender Heere. Ludwig XI. (146183), 
ein verſchmitzter, treulofer Yürft, erwehrte ſich feiner Feinde, 3. B. Karls des 
‚ Kühnen von Burgund, durdy Liſt, fuchte die Stärke des Reiches in der Vernich⸗ 
tung der Vorrechte des Adels u. der Geiſtlichkeit, begünftigte die Städte u. wurde 
der Schöpfer der unbefchränften Monarchie. Mit Karl VII (— 1498), der den 
5Ojährigen Krieg mit den deutfchen Kalfern um den Beſitz von Reapel begann, 
erlofch die Hauptlinie des Hauſes Valois. Der Herzog von Orleans beflieg als 
Supıig Xu. (— 1515) den Thron; er ſetzte den italieniſchen Krieg mit wechſeln⸗ 
dem Güde fort, u. als er Einderlos flarb, folgte Franz I., vorher Herzog von 
Angouleme (—1547). Gegen Karl V. in Italien lämpfend, verlor er Schlacht 
und Freiheit bei Pavia, 1525, ein tapferer Herr, bewandert in allen Sitten und 
Gefeben des Ritterrhums, aber untüchtig zur Regierung u. den finnlicdyen Leidens 
fhaften ergeben. Unter feinem Sohne Heinrich IL (bis 1559) dem Gemahle der 
Katharina von Medicis, wurden glüdliche Kriege mit england geführt u. fräftig 
gegen die Hugenotten (f. d.) eingefehritten. An der Spige diefer Religonss 
partei, weldye bereitö zahlreiche Anhänner zählte, ſtanden unter der Regierung des 
folgenden Könige Franz II. (bis 1560) der König von Navarra und ber fa 
von Condé nebft dem Admiral Boligny. Ihre entfchledenften Gegner hatte fie 
an der Familie der Guiſen, u. die Spannung zwiſchen beiden Parteien, genährt 
durdy Katharina von Medicis, die für ihren unmündigen Sohn Karl IX. (bis 
4574) die Regentfchaft führte, fand endlich ihren Ausbruch in den fogenannten 
Hugenottenfriegen u. einen tragiſchen Wendepunkt (dir oft genug, aber nicht ohne 
große hiftorifche Leichtfertigkelt, den Katholifen allein in das Gewiſſen gefchoben 
wurde) in der Barıholomäusnadt (ſ. d.) 1572. Heinrich II, Karls IX, 
Bruder, war Anfangs ebenfalls ein Feind der Hugenotten, verfeindete fi) aber fpäter 
mit den Bulfen, deren Macht u. Einfluß ihm unerträglidy war, u. mußte ſich, 
nachdem er die Häupter derſelben hatte ermorden laſſen, aus Paris flüdhtın. Er 
begab fi) zu dem Könige von Ravarraz als er aber mit diefem die aufrührifche 
Etadt zu züchtigen im Begriffe war, wurde er von Element (f. d.) ermordet. 
Da er feine männlide Rachkommen — ſo war der Thron erledigt. Der 
Pärfg yon Ravarıa, als naͤchſter Anverwandter, beitkeg denselben la Seinrid IV, 


Frankreich. 937 


Es regiert von nun an das Haus Bourbon. Des heftigen Wieberftandes, der bie 
liguiftifche Partei ihm entgegenfehte, entledigte er ſich theils durch Gewalt ver 
fien, theils durch feinen Rüdtritt zur fatholtfchen Kirche. Jedoch ſchuͤtzte er durch 
das Edict von Ranıes 1598 die Freiheit ver Proteftanten. Mit feinem Minifter 
Sully (ſ. d.) forgte er trefflich für die innere Kraft u. den Wohlftand des Landes, vors 
zuͤglich durch Drdnung tm Staatöhaushalte u. Beförderung des Aderbaues. Er 
wurde 1610 von Ravaillac (f.d.) ermordet. Für den unmündigen Eohn Ludwig XI. 
(1643) führte deſſen Mutter Maria von Medici die Regentſchaft, fpäter ver 
roße Cardinal Ricdyelieu (f. d.) die Regierung, der die Proteftanten in %. bes 
te, in Deuticyland aber während des 3Ojährigen Kriege® gegen Defterreich u. 
Epanien unterfügte und die königliche Gewalt allmächtig machte, indem er den 
Wivderfland der Parlamente brach. Die Gründung der 5*— Akademie iſt 
fein Wert. Sein würdiger Nachfolger unter Ludwig XIV. war Mazarin (ſ. d.). Die 
Aenlerung Dieiee Könige wird %.8 goldene Zeit genannt. Die Tapferfeit-u. Ges 
ſchickluichkeit der Feldherrn Luxembourg, Vendome, Bauban, Condé, Turenne feflels 
ten ven Sieg an F.s Fahnen. Lothringen u. große Stüde ver ſpaniſchen Rieder- 
lande wurden erbeutet; das Elſaß durch die fogenannten Reunionsfammern in 
genommen, dabei aber die Pfalz verheert u. verwüftet. Durch den Minifter 
Colbert wurden die Finanzen georpnet, dem Lande Manufacturen, Handel, Häfen, 
Kanäle, eine Seemacht geſchenkt, Handeldcompagnieen errichtet, Colonien in 
Amerika u. Afrika erworben. — Den kräfiigfin Damm gegen das weitere Ums 
fihgreifen des Proteſtantismus bildete die, innerhalb der Fatholifchen Kirche ſelbſt 
fih je mehr und mehr erhebenve, geifige Macht, jener herrliche Klerus aus der 
Schule des heiligen Bincenz v. Baula (f. d.) \. der audgezeichnete Episcopat, 
der auf dem Wege der Leberzeugung viele Calviniſten zur Kirche zurüdführte, 
Segen die im Proteftantismus Beharrenden leitete die Seglerung almälig Bes 
fchränfungen ein, bis endlich Ludwig XIV., in der Meinung, es fet bloßer Eigen» 
finn und Wiberfvenftigfeit, daß nicht alle Proteftanten wieder fatholifch würden, 
1685 auf den Rath des Kanzler Retellier das Edict von Nantes aufhob und 
ein anderes von 12 Artikeln an deſſen Stelle fehte. Diefe Mafregel war zwar 
an fidy nidyt unrechtmäßig, was auch Hugo Grotius durd) folgendes Urtheil bes 
träftigt: »Norint illi, qui reformatorum sıbi imponunt vocabalum, non esse 
illa foeders, sed regum edicta, ob publicam faota utilitatem et revocabilia, 
si aliud regibus publica utilitas suaserit,e — aber weife u. den Umſtaͤnden ans 
gemefien war fie gewiß nicht; denn fie brachte eine große Bewegung unter den 
alviniſten hervor, u. dieß um fo mehr, da der Minifter Luvois fogar die Ge⸗ 
wifiensfreiheit befchränkte und geftiefelte Mifflonäre (Dragons) in die Häufer der 
Galviniften verlegte. Dieß veranlaßte die Auswanderung von 67,000 ‘Proteftanten 
nad) England, Holland, Dänemark u. beſonders nady Brandenburg, wodurd) für 
©. faft eben fo viele fleißige u. gewerbfame Hände verloren gingen. Die Wiſſen⸗ 
ſchaften u. Künfte gediehen unter Ludwig XIV. ebenfalls zu feltener Blüthe. “Die 
franzöſiſche Sprache, gebilvet durch die hervorragendſten Geiſter der Ration, er⸗ 
langte zuerfi auf diplomatifchem Wege den Vorrang vor allen europälfchen. %.8 
piftadt wurde Gefepgeberin Curopa's in Sacdyen des feinen Tones und Ges 
made. Der König feloft begünftigte alle diefe Beſtrebungen, weniger aus Rei⸗ 
— als weil es ſeiner Eitelkeit ſchmeichelte, der Mittelpunkt der höchſten menſch⸗ 
\ Berherrlichung zu feyn. Ludwigs perfönlidher Charakter war der ausge⸗ 
ſprochenſte Despotismus; dabei ließ er ſich von Maitreſſen behertſchen, u. fah 
am Ende feiner langen Regierung, nachdem er noch im ſpaniſchen Erbfolgekriege 
de Ungunft des Glüdes erfahren hatte, den Staat durch Kriege und Verſchwen⸗ 
dungen aller Art in eine ungeheuere Schulvenlaft geflürzt, die Kräfte des Reiches 
bis aufs Aeußerſte erfchöpft, ſich felbft von demſelben Volke, das ihn früher ver- 
göttert hatte, gehaßt u. verwünfcht. Er flarb 1715. Thronerbe war fein dreijaͤh— 
tiger Urenkel Ludwig XV. (1715—74). So wurde abermals eine Regentſchaft 
nibmendig, bie, zum Unglüde bes Landes, in die Hände ded Herma Dulline 
Weelencgclopäble. IV. 72) 


322 Frankreich, 


deutfche Reichsverfaſſung aufgehoben u. aus 16 deutſchen Fürften der rheinifche 
Bund geflifet, deſſen Protektorat Rapoleon übernahm, Zu fpät wagte nun 
Preußen allein den Krieg. Die Schladhten von Jena u. Auerſtädt, 14. October 
1806, bet Eylau 8. Februar u. Friedland 14. Juni 1807, führten den traurigen 
Frieden von Tilſit herbei, 8. Juli 1807. Aus den abgeriffenen Ländertheilen ents 
ftand für Jerome Bonaparte das Königreich Weftphalen. Zur See hingegen war 
&. unglücklich; fa alle Kolonien wurden ihm durdy die Engländer entriffen. Zur 
Dernihtung des englifchen Handeld erdachte Rapoleon das Continentulfgflem, 
dem auch Rußland beitrat. Jetzt traf das Loos der Knechtſchaft auch Spanten. 
Die Tpnaftie der Bourbons wurde verjagt, Joſeph Bonaparte auf den Thron ers 
hoben u. Neapel dagenen Murat übergeben; ein Gewaltftreich, der felbft Talleys 
rande (was Biel heißen will), Biligung nicht erlangen fonnte. Nicht weniger 
rückſichtslos verfuhr Rapoleon gegen den Papft; den Kirchenftaat vereinigte er 
mir F.; das Oberhaupt der Kirche mußte als erfter Cardinal nady F. wandern, 
Der dritte öfterreichifche Krieg 1809, durdy ungeheure Anftrengunaen vorbereitet, 
war kurz; die Schlachten bei Abem&berg 20. April, Landshut 21. April, Edmühl 
22, April, Regensburg 23. April nörhigten die Defterreicher zum Rüdzuge; Wien 
wurbe gewonnen; ber glüdlichen Schlacht bei Aspern u Elingen 21. u. 22. Mat 
folgte die gänzliche Niederlage bei Wagram, 5. und 6. Zul. Der demüthigende 
Friede von Schönbrunn ſchloß den Feldzug. Der Bewerbung Nupoleond um die 
Kaiſertochter Marla Loutfe durfte nidyt widerfianden werden. Rapoleon ftand auf 
dem Gipfel des Glückes, als ihm am 20. März 1811 ein Sohn, der König von 
Rom, geboren wurde. F. zählte jeut 130 Departements, früher nur 83; 42 Mil. 
Menfchen, ſtatt vorher 25 Mil. Von Epanten ber zog auerft das drohende Uns 
ewitter herauf. Die Nation empörte fidy gegen die Zranzofınherrichaft; ein eng⸗ 
iſches Hrer unter Wellington fand ihr zur Seite. 1813 war das Land von 
den Fremden gereinigt, helvenmüthige Aufopferung, glänzende Tapferkeit verewigen 
den Ruhm der Buterlandöbefreier. Im Süden hatte die Entwidelung des welt» 
hiñoriſchen Drama’s begonnen, der eifige Norden führte die Kataftrophe herbei. 
Der rufftiche Kaifer Alexander, eine Zeit lange der Bewunderer des allmäcdhtigen 
Kriegsfürften, ja, auf dem Gongrefie au Erfurt 1803 fidy fat der Freundſchaft 
hingebend, fah fid) genöthigt, fein Land der drückenden Eontinentalfperre zu ent⸗ 
zuhen. Rupoleond unruhiger Geift, der in der Umbildung u. eifrigen, cnergifchen 
Berwaltung der inneren Zuftände nicht hinreichende Beſchäftigung fand, vielleicht 
audy gezwungen, den Despotismus durch Irtegerifhen Glanz zu verdeden, ergriff 
begierig die Gelegenheit, den legten u. machtooliften Feind des Feſtlandes zu ent- 
waffnen. Mit einem Heere von einer halben Million, Franzoſen u. Truppen der 
Bundedgenoffen, überfchritt er im Sommer 1812 die Gränzen des rufflichen 
Reiches. Die Schlachten bei Smolensf, 19. Auguſt u. Borodino 7. Scptember, 
öffneten ihm den Weg nah Modfau, wo er am 14. September feinen Einzug 
hielt. Die rubmvollen Flammen, welche die chrwürdige Cjaarenſtadt einäicherten, 
beleuchteten feinen Rüdzug ; furchtbare Kälte, Hunger, die Berfolgung der Finde 
rieben die große Armee auf; nad) dem kläqglichen Llebergange über die Berefina, 
26. 1.27. November, waren kaum 50,000 Mann übrig, von denen die meiſten ſchon 
den Keim des Todes in fi trugen. Napoleon befand fih ſchon wieder in Na⸗ 
ris, als hinter ihm die Völker erwachten. Das preußifche Hülfäherr vereinigte fich 
mit den Ruffen. Napoleon, mit frifdyen Streitkräften heibeieilend, gewann die 
Schlachten bei Lügen, Bauten und Dredden gegen fümmtliche Altiiite (Defter- 
reich war zu ıhmen getretin), während feine Generale um fo unglüdlidyer Fänpf: 
ten. Die Bölferichladyt bei Rripzig aber, 16., 18., 19. October 1813, entſchied 
fein Gefhid. Die Franzoſen wurden über den Rhein zurüdgebrängt, die Ver: 
bündeten drangen in %. ein, fi mit den aus Spanien anrüdenden Engländern 
verbindend; am 31. März; 1814 capftulirte ‘Barts, am 2. April unterzeichnete 
der Raifer feine Entfagung und begab ſich auf die ihm angemicfene Infel Elba. 
Die Rarferin erhielt Parma u. Piacenza u, Title wir item Sutme nach Delter- 


Frankreich. 943 


reich zurüd. Die Herftellung der Bourbons wurde ausgeſprochen, u. am 4. Mat 
1814 zog Ludwig XVII, der Bruder des XVI., in Paris ein. Er gab dem 
Reiche eine confitutionelle Charte, ſchloß den Frieden von ‘Bart, 30. Mai 1814, 
durch den %. in den Befsftand vom Jahre 1792 zurüdfehrte, erfüllte aber vie 
Nation mit Beforgniffen für die Zukunft. Als daher Rapoleon am 1. März 1815 
ylögticy wieder 5.8 Boden betrat, firömten Bolf und Solvaten ihm von allen 
Selten wi der König flob; aber nur 100 Tage dauerte die neue Herrſchaft. Zwar 
wurde Blücher (f. d.) bei Liany gefchlagen; aber die Schlacht von Waterloo, 
(18. Zunt) zerflörte den furzen Schimmer des Glücks auf immer. Yreiwillig ent- 
fagte Napoleon zu Bunften feined Sohnes, ergab fid) den Engländern u. wurde 
von diefen nad Et. Helena gebracht, wo er als Gefangener lebte und farb 5. 
Mat 1821. Am 9. Juli 1815 308 Luwdig XVIIL wieder in Varis ein; nad 
ihm die drei alliirten Monarchen. Der zweite Pariſer Friede brachte härtere Bes 
Dingungen. F. mußte einige Länderfireden abtreten, ein Dccupationsheer von 150,000 
Mann auf drei Jahre aufnehmen u. eine ſchwere Contribution zahlen. Nur mit 
Mühe gelang es der Klugheit des Königs, bis zu feinem Tode Ruhe u. Didnung 
zu erhalten. Er ließ es ſich aufrichtig angelegen feyn, nachdem er den Thron 
feiner Bäter wieder beftiegen, die Spuren der Revolution u. des napoleonifchen 
Militärdee potismus fo ſchonend als moͤglich zu vertilgen; allein dieſem Beftreben 
fehte ſich die ganze Maſſe jener Revolutionsmänner entgegen, deren Idee Napo⸗ 
leon zwar gu unterdrüden, aber nicht auszurotten vermocht hatte. Sie hatten fidh 
namentlich deßwegen genen diefen aufgelehnt, weil fie nad) feiner Bertreibung 
bofften, ſelbſt die Zügel führen zu fönnen, Ludwig XVIIL gebadhte es anders zu 
machen. ine der eıften Befltebungen des Königs ging dahin, die Zerrüttung, 
weiche in der Kirche aufs Reue dadurch entflanden war, daß das Goncorbat 
von Fontainebleau nicht rechtsſtaͤndig wurde, aufzuheben. In dem, im Jahre 
1817 abgefchloflenen, Goncordate wurden daher die, in der franzöflichen Kirche 
durch das Concordat von 1801 getroffenen, WBeränderungen für aufgehoben ers 
flärt u. im Wefentlichen die Beflimmungen des zwifchen Leo X. u. Franz I. ges 
fchloffenen Concordats wieder bergeftllt. Allein, ed war zu erwarten. daß die, 
noch von den Ideen und Grundfägen der Revolution gefchwängerten, Köpfe eine 
ſolche Reflauratton nicht gleichmüthig hinnehmen würden. Wirklich hallten auch 
fowohl die Tribüne der Kammer, als die Zeinhlätter, vom Gefchrei der Mißbilli⸗ 
gung, u. dieſes hatte zur Folge, daß die Minifter nicht einmal wagten, das Con⸗ 
cordat den Kımmern vorzulegen, und daß man im Jahre 1819 eine einftweilige 
Gonyention abſchließen mußte. — Gleichen Widerftand fand Ludwig in der Ordnung 
der ſchaftlichen Zuftände, u. die fluchwürdige Idee Louvels, dem Ältern Zpeige 
der Bourbonen durch die Ermordung des Herzogs von Berry, (13. Febr. 1820) ein 
Ende zu machen, ließ ſchon damals einen tiefen, aber fchauerlichen Bid in vie 
religiöfe Berdorbenbeit der Zelt thun. Bei Ludwigs Tode, der am 16. Eept. 1824 
erfolgte,- fand fein Bruder, der ſeitherige Graf von Artois, nun Karl X., die zwei 
Parteien im fchroffen Gegenfage fidy gegenüber. Karl handelte in demſelben Geifte 
des Ghriftentkums und des Conſervalismus, wie fein verftorbener Bruder, und 
unter ihm gewann die Gongregation zur Berbreitung des Blaubend und die Je- 
futten bedeutenden Einfluß. Auch feßte er die, mit Recht geforderte, Entfchäpis 
gung des Eigenthums der Emigrirten, da6 die Revolution verbraucht hatte, 
durdy. Allein durch dieſes Alles reizte er die radicale Partei zu entſchiedenem Auf: 
treten, u. der Graf von Montlofler verlangte Abhülfe von der PBuirdfammer in 
vier Punkten, die er als die Hauptübelftände bezeichnete. Er beklagte nämlid) : 
1) die Menge von religiofen Gongregationen in F.; 2) die verſchiedenen Anflal- 
ten der Geſellſchaft Jeſu; 3) das offenbare Bekenntniß des Ultramontanismuß, 
u. 4) den beflagendwerthen @eift eines Theiles des Klerus, der ſich durch fort- 
gefeste An- u. Eingriffe auf u. in die bürgeriiche Gewalt, ſowie durch eine Maffe 
willfürlicher, an den Gläubigen verübten, Handlungen fund gegeben habe. Wider 
feinen beflimmteft ausgeſprochenen Willen mußte ſich der König, nachdem and) 


344 Frankreich, 


der heilige Bater ihm zugefprochen hatte, bequemen, Ordonnanzen für die foge- 
nannte Freiheit des Unterrichte® zu erlaffen, deren Folge die Auswanderung der 
Jeſuiten war. Da aber das Minifterium, welches diefe Beſchlüſſe durchgeſetzt 
hatte, in Löfung der, den Leidenſchaften geſetzlich angelegten, Feſſeln zu weit ging, 
fo fah fi) Karl X. gezwungen, daſſelbe wieder au entlaffen. Das Minifterium 
PBolignac wurde eingefegt u. eröffnete die Kammern am 2. März; allein die, von 
221 Deputirten unterzeichnete, Antwortsadrefie beurfundete zur Genüge, daß mit 
einer foldyen Kammer nicht zu regieren fei. Ste wurde daher (19. März) bis 
zum 1. Scptember vertagt; doch bereitd wieder am 16. Mai auf den 3. Auguft 
einberufen. Indeſſen hoffte man die öffntlidhe Meinung durdy die Züchtigung zu 
befchäftigen, welche man dem Dey von Algier wegen Beleidigung des franzöft- 
fhen Conſuls längft ſchon zugedacht hatte. General Bourmont eroberte im Juni 
1830 Algier; allein Aller Wugen waren u. blieben auf die Kammer geräte. Als 
bei den neuen Wahlen die bekannten 221 Deputirten wieder gewählt wurden, 
zauberte dad Miniftertum nicht länger, und erließ am Morgen des 26. Juli die 
drei befannten Ordonnanzen, wodurch die Regierung gegen ven Mißbrauch der 
Preſſe, die den Thron gefährde und das Land In revolutionäre Gährung flürze, 
gewaltfam' einfchritt, das bisherige Wahlgefeg abändern u. den Staat durch An⸗ 
wendung der, im Wrtifel 14. der Charte der Regierung erteilten, außerorvent- 
lichen Gewalt retten zu müflen erklärte. Auf die erfte Betäubung u. Beſtürzung, 
mit weldyer am 26. aut Paris die Drdonnanzen aufgenommen hatte, waren es 
die Journaliſten, als Stimmführer der öffentlichen Meinung, die zum Entſcheid⸗ 
ungelanpfe das Signal gaben. Alsbald nahm auch das Volk, theils durch Die 
Etimmführer der Oppofitlon, theils durch die Taufende von entlaffenen Ars 
beitern, die nunmehr brodlos die Straßen durchzogen, in Bewegung gefeht, 
 thätigen Antbeil an dem beginnenden Drama. Wie früher oft, fo war auch 
jest das Palais» Royal der Schauplatz des Widerſtandes. Hier ertünte 
zuerſt der Ruf: „Tod den Miniſtern!“ — Polignac's Hötel wurde umringt 
u. folte eben angegriffen werden, als Bayonnete das Bolf auseinander trieben. 
Man fah bald, daß vereinzelnte Anftrengungen gegen die fireng organifitte Poli- 
zei: u. Milltärmadyt Nichts ausrichten würden; deßhalb entfchlofien ſich die An- 
führer zu einem geregelten Wiverftande, der am Morgen des 27. begann. Po⸗ 
lignac übertrug Marmont den Oberbefehl der erften Milttärvivifion, welche das 
aufruͤhreriſche Paris zur Ruhe bringen follte. Allein, flatt fidy einfchüchtern zu 
laſſen, griff die Hauptftabt ihrerfeits zu den Waffen. Die Notabilitäten der Op- 
pofltion, Mitglieder der, vor ihrem Zufammentreten durch eine der Drbonnanzen 
aufgelösten Wahlfammer, erkannten die Nothwendigkeit, ihrerfeits Schritte zu 
thun, um entweber Karl X. von feinem Borhaben zurüdzubringen, oder den Wi⸗ 
derftand der Maffen zu leiten u. der Anarchie zu feuern. Eine Zufammenfunft 
in Gaftmir Poérier's Haufe hatte zu feinem Refultate geführt; dagegen wurde 
von 62 Deputirten eine, von Guizot verfaßte, Adreſſe gegen die Ordonnanzen 
unterzeichnet. Diefe Magregeln ermuthigten das Bolt von Neuem u. beftärften 
daffelbe in ihrem Entfchluffe zu handeln. Bom 27. an hatte der Auffland den 
gewöhnlichen Verlauf der meiſten früheren SInfurrectionen. SProclamationen wur: 
den verbreitet, Waffenmagazine geplündert, Anfcylagezettel vertheilt. Alles flürzte 
auf die öffentlichen Pläge. Man wußte wohl, gegen was man fämpfte; aber 
für was man ſich entfcheiden wolle, darüber waren die Stimmen getheilt. „Nies 
der mit den Bourbons! Nieder mit den Miniftern!* war einfiwellen das Lo⸗ 
fungswort. Am 28. erflärten die Mintfter Paris in Belagerungszuftand. Da- 
gegen hatte fidy die aufgeflandene atenge der Communicationen bemädhtigt, fing 
die Staffeten auf u. läutete Sturm. Auf dem einen Thurme von Notre: Dame 
flatterte bereits die dreifarbige Fahne. So unzegelmäßtg der Kampf ſchien, fo 
bemerfte man doch faft allenthalben den Einfluß unterridhteter, gedienter Leute, 
Dennody hielt fidy ein großer Thell der Truppen, trotz der Ungunft des Terraing, 
it vieler Tapferkeit. Aber vergeblich: SO,00O Emyirer, In einer Stodt wit 


Frankreich. 945 


engen Straßen, ließen fidy nicht von 20,000 Soldaten unterbrüden, u. diefe was 
ren zudem fchlecht geführt, noch ſchlechter verſorgt. Dazu begannen partielle Ab⸗ 
fälle der Linientruppen, u. den übrigen gingen Brod u. Munition aus. Eine Anzahl 
der geachteteften u. höchfigeftellten Deputirten begab ſich, den perfönlicyen Gefahren 
trogend, zu Marmont, verlangte die Einftellung des Blutvergießend u. verpflidh- 
tete ſich, Ruhe u. Ordnung wieder herzuftellen, wenn der König die Ordonnan⸗ 
zen zurüdnehmen, die volksfeindlichen Miniſter entlafien und die gewählte Kam⸗ 
mer auf den 3. Auguſt einberufen wolle; aber Polignac ließ fidy nicht auf dieſe 
Bedingungen ein, u. ald Lafitte den Marfchall fragte: „ifo Bürgerkrieg?“ ant⸗ 
wortete diefer mit einer höhnifchen Verbeugung. Was bisher Emeute war, ges 
ſtaltete fidy nun zu einer politifchen Revolution um. Die, aus dem Schlofle zus 
rüdgefehrten, Männer fteliten ſich ungefcyeut an die Spitze, u. das dreimal ge⸗ 
nommpme Stadthaus blieb endlich im Befitze der Bürger. Bon bier aus kuͤn⸗ 
digte General Dubourg mit zwei Oberflen der Regierung den Gehorfam auf. 
General Lafayette wurde zum Oberbefeblähaber der neu errichteten Rationalgarde 
erwäblt; u. an diefem Tage ernannten audy die verfammelten Deputirten, welche 
noch immer geſchwankt hatten, eine provtforifche Regierung, eine Municipal:Gom- 
miſſion u. ein proviſoriſches Minifterium, in welche die geachteften Ramen der 
Dppofition eintraten. Lafayette, Gerard u. der Herzog von Choiſeul flanden an 
der Spitze. Diefe Energie, nur mehr durch eine Willenseinheit geleitet, ließ den 
Erfolg nicht länger mehr zweifelhaft. Während es den Soldaten an Allem man⸗ 
elte, wurde den flreitenden Bürgern jeder mögliche Borfchub geleiftet. Am 29, 
ittags eroberte das Volk die Tuilerien zum zweiten Male und behauptete den 
Palaſt. Die Schweizer firedten die Waffen. Kein Feind war auch mehr zu 
fehen, denn Marfchall Marmont hatte fidy auf die falſche Rachricht, daß 20,000 
Infurgenten gegen St. Eloud ziehen, eiligft mit dem Refte feiner Truppen dahin 
aufgemacht, u. durch einen Infurgentenhaufen durchgeſchlagen. St. Cloud war 
das Fomainebleau der zerfchmetterten Bourboniſchen Dynaflie. Hieher hatten fidy 
fhon am W. die geängfligten Minifter geflüchtet; aber fie waren rathloß, ihr 
Herr u. dein Familie. Au fpät dachten fie an Rachgiebigfeit. Eine aufs Stabt- 
haus abgerhicdte Deputation, die in die früher gemachten Bedingungen im Ras 
men des Königs einmilligte, wurde mit der Erklärung weggeſchickt, daß das ſieg⸗ 
reiche Volk nicht mehr zu unterhandeln brauche und Karl X. zu regieren aufges 
hört habe! Lafayette u. Lafitte vermochten Alles auf dem Stahthaufe; fie fürch⸗ 
teten vor einer Republik, u. um biefe zu vermeiden, ſchlug Lafayette vor, den Her⸗ 
30g von Drleand zu proclamiren. Zwar gab es einige Widerſprüche; die Mehrs 
zabl entſchied jevoch für den Herzog und die Kammer befchloß ihren Zufammen- 
tritt. Beide Kammern erſuchten nun den Herzog von Drleans, fi in Die Daupt 
ſtadt zu begeben; er erſchien am 31. auf dem Stabthbaufe, nahm die Würde 
eines Reichoverweſers u. die Nattonalfarben an, u. verfprady in einer Proclama- 
tion, „daß die Charte a Pazehen ſeyn werde.“ — Der entthronte 
Karl X., als er vernahm, daß ein Zug von vielen Tauſenden Bewaffneter ſich 
egen St. Cloud mälze, flüchtete, von allen Seiten bebroht, nad Rambouillet. 
a8 Herannahen des Generald Gerard mit 20,000 Mann veranlafte ihn, in 
feinem u. feined Sohnes Namen zu Gunflen des jungen Herzogs von Bordeaur X,, 
als Heinrich V., der Krone zu entfagen. Man legte die Entfagung in das 
Reichsarchiv nieder, beharrte aber bei der Erklärung, daß die gerade Linie des 
Haufe® Bourbon zu regieren aufgehört habe. Drei Eommifläre begleiteten bie 
entihronte Familie nach Gherbourg, wo fie fi) nad England einfdifftee Wer 
von den Miniftern nicht fliehen konnte, wurde verhaftet. Um allen Bewegungen 
der Freunde des entthronten Haufes u. der Republifaner zuvorzufommen, confli- 
tuirte fich die Kammer eiligfl, wählte Perier zu ihrem ‘Präftventen, u. revidirte 
die Charte in einzelnen, von der liberalen Oppofition unter ven früheren Regie⸗ 
rungen ſchon geforderten Befimmungen. Sofort, fhon am 7. Auguft, wurde 
dem Reichoverweſer feine Erwählung zum Könige, im Ram ver telten Kam 


ec 


946 Frankreich. 


mern, von dem Praͤſtdenten der Pairslammer, Pas quier, überbracht. Am 9. 
beſtieg der neue Buͤrger⸗Konig unter dem Titel: Ludwig Bhilipp L, König 
der Kranzofen,“ den ſchnell wieder erbauten Thron. Gleich am 23. Septem⸗ 
ber feste die Deputirtienfammer die Minifter Karls X., von denen vier arretirt 
worden waren, in Anklageſtand. Edle Freunde der Menfchheit ergriffen dieſen 
Anlaß, um die Abſchaffung der Todesſtrafe zu fordern, und eine Adreſſe an den 
Könta ward von einer großen Majorttät unterzeichnet u. günftig aufgenommen. 
Die Minifter wurden zu [ebenslänglicher Saft und der Kürft Polignac zum bürs 
gerlidyen Tode verurtheilt. Die ſchnelle Anerkennung der neuen Dynaſtie Drs 
leans von den übrigen Großmächten und ihre Nichtintervention zu Gunſten der 
Bertriebenen if dem Umſtande zuzufchreiben, daß dadurch nidyt das monardhifche 
Prinzip, ala folches, berührt wurde, fondern daß man in der ganzen Revolution 
mehr nur eine Emeute fah, welche zu Bunften der Orleans gegen die Bour- 
bon gefdylagen wurde. Daß dem Ieod nidyt ganz fo war, haben dte unmittelbaren 
Bolgen der AYulirevolution bewiefen, indem audy andere Völker alsbald fi) an: 
(hidten, dem von Frankreich geg-benen Beiſpiele zu folgen. Indeſſen wurde ber 
Krieg vermieden, vorzüglidd durch die umfichtigen Bemühungen des öſterreichi⸗ 
fen Gabinets, u. Ludwig Philipp felb war defien fehr froh, denn er wollte 
eine Dynaftie lieber befeſtigen, als fie den Wechfelfällen der Schlachten audfegen. 
m Innern %.8 dagegen folgte ein Aufſtand auf den andern; — dem Bolfe, 
das auf die Aufhebung gervifier Abgaben gerechnet Hatte, fehlte es oft an Ars 
beit. In yon floß das Blut in den Emeuten am 21., 22. u. 23. Tec, 1831; 
in der Bendse erhob die Gontrerevolution ihr Haupt u. in Parts ward die Res 
zucht am 5. und 6. Junl befiegt. Lange waren diefe blutigen Tage von den 

ollögefellfchaften vorbereitet, Im November, im Augenblide, wo der König 
fi) in die Deputirtenfammer begab, ward eine Piftole auf ihn abgefchoflen. Die 
Belagerung u. die Einnahme der Citadelle von Antwerpen haben in den Jahr 
büchern der franzöflfchen Tapferfeit einige ruhmvolle Seiten gefüllt, — Die Res 
gierung verlor indeflen immer mehr an Kraft; fie hatte beffändig mit Emeuten 
zu fämpfen, und diefe gingen von den geheimen @efellfchaften aus. Ein Geſetz 
egen die Affoctationen ward erlaffen, ein anderes gegen folche, die Kriegs Waf- 
En aufbewahrten, ein andered gegen bie öffentlichen Ausrufer. Diefe Vorfichts⸗ 
maßregeln verhinderten neue Öefahren für die Monarchie nicht; die blutigen 
Scenen von Lyon ermeuerten fich noch ſchredlicher 1834, und aud Paris 
ward wieder der Schauplatz von Emeuteh, welche nur mit Mühe und nad) 
den härteften Kämpfen unterdrüdt werden konnten. Die Yeinde des Königs 
betraten nun, da offene Gewalt fie nur auf die Schladhibant, oder in das Ge⸗ 
fängniß führte, den Weg der perfönlidhen Rachflellungen und des Meuchelmor⸗ 
des. So fah F. die Bräuelfcenen vom 28. Juli 1835, an weldyem Tage der 
Mordanfchlag gegen den König durdy bie Höllenmafchine des Fieochi (j. d.), 
Pepin u. Morey ausgeführt werben follte, wobel 64 Menſchen hei getödtet, 
theils verwundet, der König ſelbſt jedoch auf die wunderbarfte Welfe erhalten 
wurde. Obgleich die Mörder ihr Verbrechen auf dem Schaffote büßten, fo diente 
ihr Tod keineswegs zum abfchredenden Beiſpiele. Denn nach kurzer Zeit fchon 
fand fidy ein zweiter und dritter Mörder (Alibaud u. Meunier), denen innerhalb 
weniger Jahre noch ein vierter, fünfter u. fechöter nachfolgten. — Wine andere Ge: 
fahr zeigte fidy für den, diefen vielfachen Mordverfuchen entgangenen, König da- 
durh, daß Ludwig Napolcon, ein Neffe des Kalfers, ſich zum Organe der Be- 
wegungspartei machte, dad Militir zu gewinnen fuchte u. mit defien Hülfe um 
ein Kleines den Thron % 6 beftieg. Ein Sfall, oder vielmehr ein glüdlidyer Ge⸗ 
danfe eines Generals u. Anhänger Ludwig Philipps, vereitelte dad Ganze, Lud⸗ 
wig Napoleon wurde von Ludwig Philipp den ordentlichen Gerichten entzogen u., 
auf des Könige Befehl, nad) Amerika gebradyt. Die Jury von Straßburg aber, 


Die wegen Miiſchuld einiger Bürger das Urtheil über die übrigen Angellagten zu 


fällen hatte, fprady zum Hohne des Könige ein „Rläytidyutuia and. — AI fal- 


Fraukreich. 37 


genden Sabre fand die Vermählung des Herzogs von Orleans mit der Prin⸗ 
zeffin Helene von Mecklenburg⸗Echwerin fatt, und 1838 enıfpann fidy ein Krieg 
mit Buenos Ayres, der drei Jahre dauerte und den Franzofen in jenem Staate 
gleiche Rechte mit den Engländern erzwang. Ein zweiter Kıleg mit Merico nahm 
gleichfalls einen glüdlichen Ausgang, und verfchaffte dem verlegten franzoͤſiſchen 
Mnfeben Genugthuung. Da aber Mols defienungeachtet faft alle Parteien gegen 
fiy hatte, fo 108 er ſich zurüd, u. nach einer tangwierigen Krifis bildete Goult 
ein neues Gabinet, wiewohl keineswegs im Sinne der Liberalen. Die Kammer⸗ 
fitung 1840 wurde glei Anfangs ziemlich fürmifch; die für den Herzog von 
Remours, wegen feiner Bermählung mit einer Prinzeffin Koburgs Kobary, vers 
langte Dotation wurde zurüdgewiefen u. das Minifterium trat ab. An die Epitze 
des nun folgenden wurde Thier s (f. d.) geftellt, 1. März 1840, u. durdy ihn erhielt 
die franzöfifche Politik eine neue Richtung, welche der Ruhe Europa's geführlich zu 
werden drohte. Die orientalifchen Angelegenheiten zwiſchen Aegypten u. der Türfel 
hatten eine, für das letztere Reich fehr bedenkliche, Wendung genommen , fo daß 
die Großmächte einzugreifen befchloffen und, weil die franzöftiche Regierung aus 
eigennügigen Abfichten die Sache in die Länge zeg, im Behrimen u. ohne Bes 
rüdfihtigung 3.8 einen Vertrag (Jullusvertrag) zur Unterflügung der Pforte zu 
Stande bradyıen, deflen Ausführung raſch erfolgte. In höchſter Entrüfung bes 
trieb Thiers die Zufammenziehung einer Flotte zum Schutze Uegyptens, ließ uns 
geheuere Rüftungen madyen mit der unverholenen Abficdyt, fie gegen Deutſchland 
au gebrauchen, u. fuchte dem Könige die Verwerfung jenes Tractats abzudringen. 
Auf feine entſchiedene Weigerung danfıe das Cabinet ab, 21. Detober 1840, und 
der allgemeine Friede war gerettet. Wenige Tage zuvor, am 15. October, hatte 
das 5. Attentat (Darımas) flattgefunden. In dem neuen, von Goult präfldirten, 
von Gulzot geleiteten Miniftertum war eine durchaus friedliche Geſinnung herr⸗ 
ſchend. Zwel von dem vorigen geerbte Ideen kamen zur Ausführung: die Aſche 
Napoleons wurde mit Bewilligung Englands durdy den Prinzen Joinville von 
St. Helma abgeholt u. am 15. December 1840 feierlich Im Invalidendome zu Paris 
beigelegt. Ferner wurde der großartige Plan zur Befefigung von Paris vor die 
Kammern gebracht, u. nachdem derfelbe die B:willigung erlangt, ließ die Regierung 
unverzüglid Hand and Werk legen. In der Kammer ded Jahres 1842 erfuhr 
der Durdfuchungsvertrag mit England, weldyem die übrigen ferfahrenden Staa⸗ 
ten beigetreten waren, mchr aus @iferfucht, als gegiündeter Beforgniß, Die heftig, 
fen Angriffe von der linfen Seite; die Ratification dı ffelben wurde verworfen u. iſt 
bis jıgt von den Kammern nicht zu erlangen geweſen. Der unglüdliche Tod des 
Thronerben, des Herzogs von Drleand, am 13. Juli, iraf Regterung und Volk 
wie ein Bigfirahl. Der Thron, felbft durch die Anflcengungen eined Ludwig Phi⸗ 
fipp noch nicht hinlänglich befefligt, erwartet nady dem Ableben des fchon 74jüh- 
rigen Königs den unmündigen, jegt Yjährtgen, Grafen von Paris. Eilends wur- 
ben die Kammern einberufen u. ein Gefeh über die Regentichaft feſtgeſtellt, nach 
welchem diefe im eintretenven Kalle der, unter den Föniglichen Prinzen am wenig- 
fen beliebte, Herzog von Remours führen wird. Die Ereigniffe in Algier hatten 
daneben immer die Aufmerkſamkeit der Kammern auf fidy gelenkt; ungeheure 
Opfer waren gebracht worden, der Erfolg im Ganzen unficher gewefen. Die Ber- 
wüftungszüge (Razzias), von dem Marfchall Balse erfunden u. von feinem Rad): 
folger Bugeaud confequent ausgeführt, folten zugleich fchreden und rädyen. Die 
Goionifirung hat bis jegt nur einen dürftigen Anfang genommen. Im Jahre 1843 
ſchloß der König, durch Berheirathung des Brinzen von Joinville mit einer Prin⸗ 
zeſin von Brafilien, eine neue Yamilienverbindung, welcher einige Jahre fpäter 
auch die Bermählung des Herzogs von Aumale mit einer neapolttanıfchen Prin⸗ 
jellin folgte: ein nicht unwichtiges Ereigniß, fofern e8 die verföhnliche Geſinnung 
ver Bourbons gegen bie Dynaftie Orleans beweist. 1844 wurde die Epannung 
mifchen F. und England durch die Eingriffe der Franzoſen in die Selbftfländig- 
kit der Injel Bayti bis auf einen hohen Grad gefteigert, um er eaılellan 


348 Franquemont. 


Beſuche des Königs der Franzoſen u. der sönigtn Bictoria waren um fo weniger 
vermögend, eine Sympathie zwifchen den beiderfeitigen Gabineten u. Nationen zu 
haften, als die kuͤrzlich geichlofiene Bermählung des Herzogs von Montpenfler 
mit der Schwefter der Königin von Spanten, für England ein neuer Grund zur 
Eiferfucht über den wachfenden Einfluß des Fangöfffähen Koͤnigshauſes abgab. 
War vie franzöffche Natlonaleitelleit durch die frienliche Dellegung der Haltl’- 
ſchen Angelegenheit — wozu es übrigens der ganzen Feſtigkeit u. Maͤßigkeit Gui⸗ 
3018 bedurfte — in den Hintergrund gedrängt worden, fo gewann fle auf der andern 
Seite wieder durch den ſchnellen u. glüdlichen Krieg gegen Maroflo was fte dort 
an Ruhm verloren hatte. Die Hauptrolle in dieſer Expedition fpielte der ritter- 
liche Prinz von Joinville, der ſich ſchon früher im Kriege gegen Meriko feine 
Sporen verdient hatte. Unterbefien iſt die Befefligung von Paris raſch vorge- 
ſchritten; aber troß dieſes Bollwerkes um eine gährende Hauptflabt, und fo viel 
audy der König durch kriegeriſche Operationen in Afrika und Amerika, an deren 
Spige er immer mit kluger Berechnung feine Söhne zu ftellen wußte, ber fran- 
zoͤſiſchen Eitelkeit und Ruhmfucht zu fchmeicheln ſuchte, fo fah er doch in jenem 
Jahre die Zahl feiner Gegner fidy mehren, u. der aufgeflellte, von ihm aber nicht 
befolgte Grundſatz, daß eine, auf revolutionärem Boden gegründete, Macht nicht 
befugt ſei, politiſche Vergeben zu beftrafen, trug fehr Vieles dazu bei. Häusliche 
Unfälle kamen dazu, und die politifchen Zerwürfnifie und Spannungen unter dem 
Bolfe und in den Kammern betrübten das Herz ded Mannes, der fchon fo oft 
durch fein weiſes u. feſtes Benehmen ven Beweis geliefert hat, daß er vor feiner 
Schwierigkeit zurüdbebe. Allein, al fein Streben, %. zur Rube, Ordnung u. Re⸗ 
ligion zurüdzuführen, war fruchtlos, was am beutlichfien in den neueften Ver⸗ 
hältnifien der Deputirtenfammer ſich ausfpricht, wo ſich der Geiſt der feindfelig- 
- fen Oppofttion, namentlich, gegen die katholiſche Kirche, bethätigt und die daher 
den Ausſpruch jened engliſchen Königs rechtfertigen zu wollen fcheint, daß alle 
Kammern den Kapen gleichen, bei denen bie Falfchbeit mit den Jahren wächst. 
— In einem Lande nun, wo man bie aanze Tonlelter ummölerticher Attentate, 
von der Straßenemeute an bis zur Manie ded Königsmordes In kurzer Zeit 
durchlief, wo man dad Scepter den Händen, bie ed mit Kraft u. Gegen führen, 
zu entreißen u. unter eine Schaar von Parteien zu fdhleudern fucht, die bloß zu 
zerfiören und nie zu erhalten trachten, wo die Regierung ſich bloß durch Erobe⸗ 
rung der, gegen fle gerichteten, Barrifaden erhalten kann, wo in Zeit von 16 
Jahren 80 verfchiedene Minifter wechfelten, wo die Mehrheit von nur Einer 
ſchwarzen Kugel ein Miniftertum flürzen kann, u. wo die Kammer alle Bewalten, 
alfo die des Könige, der Miniſter, ver Generäle u. eined Senats in fidy zu ver- 
einigen fucht: in einem foldyen Lande herrfcht ein böfer Geiſt, ver daſſelbe ver- 
haͤngnißvoll fehr bald in eine neue Kataftrophe ſtürzen dürfte. BA. 
Iranquemont, Friedrich Graf von, koͤniglich württembergifcher Gene- 
tal der Infanterie u, Kriegäminifter, wurde zu Ludwigsburg den 5. März 1775 
geboren. Er war ein natürlicher Sohn des bamald regierenden Herzogs Karl 
(ſ. d.) von Württemberg u. erhielt, als folcher, feinen Kamen von der, zu den 
damaligen überrheiniſchen Beflgungen des württembergifchen Hauſes gehörigen, 
Herrſchaft F. Seine Erziehung erhielt er in der hohen Karleſchule (ſ. d.), 
weldye Deutfchland fo viele berühmte Männer gegeben hat. Neigung zum Sol- 
datenftande führte ihn im Jahre 1787 als Lieutenant unter ein Regiment Würts 
temberger, welches Herzog Karl, nad) damaligem deutfchem Fürftenbraudye, an Die 
Holländer verfauft hatte, in das „Kap-Regiment,* fo genannt, weil ed dem Kap 
der guten Hoffnung ald Befagung dienen follte Noch jegt erinnern ſich alte 
Württemberger mit Schmerzen der Zeit, in der man ihre Brüder mit Gewalt 
aus ihren Armen riß, um fle an Fremde zu verhandeln; wo Scharffchügen mit 
geladenen Gewehren 3000 Landeskinder nach Holland geleiteten und Jeden, der 
aus Reih’ u. Glied zu treten wagte, ohne Erbarmen niederfchoßen. Noch heute 
/ebt im Munde bes Volkes das „Kaplied,“ das Schubart GE. d.) auf biefe 


Franquemont. ‘949 


Beranlaffung dichtete. Im Kampfe mit den Hottentotten auf dem Kap, und ben 
SJaranefen auf Java, wohin das Regiment verlegt wurde, zeichnete fih F. aus, 
u. wurde im April 1790 dafür zum Oberlieutenant befördert; im Herbſte des⸗ 
felben Jahres avancirte er zum Stabshauptmann. 1793 fiel der Ueberreſt der 
Württemberger nad) der Einnahme von Trinfanomale auf der Infel Eeylon den Eng⸗ 
ländern in die Hände; fie wurden nad) Madras als Striegägefangene gebracht, 
u. erft, nachdem ver Krieg beigelegt war (1799), gelang es F., das Baterland 
wieder zu erreichen. Hier wurde der Eriegserfahrene Hauptmann gerne in bie 
Reihen der Vaterlandsvertheidiger, die damals gegen die eindringenden Echanren 
der franzöflichen Republif fämpften, aufgenommen. Als Infanterie » Hauptmann 
machte er die Feldzüge von 1800 u. 1801 mit; im Jahre 1805 kämpfte er, num 
als Major, auf Seite Frankreichs gegen Defterreih ; ebenfo 1806 gegen ‚Breußen, 
wo er, als Obrift des Regiments Kronprinz, mit feinem Regimente, obne einen 
Schuß zu thun, das befeftigte Lager von Glaz in der Nacht vom 23. auf den 
24. Juni flürmte, für welche tapfere That er nach feiner Rückkehr Ind Vater⸗ 
land das Commandeurkreuz des Militär-Verbienftordene erhielt. Das Jahr 1808 
ſah ihn als General u. Regimentsinhaber, u. das Jahr 1809 als Kommandan⸗ 
ten der erften Infanterie-Brigade im Feldzuge gegen Defterreih, Kür fein Mits 
wirken zum Giege bei Abensberg wurde er von Napoleon zum Mitgliede der 
franzöfiichen Ehrenlegion ernannt, Aus dem Feldzuge zurüdgelommen, befaßte 
er ſich mit Abfafjung der Dienftoorfchriften für die Infanterie feines Vaterlan⸗ 
des u. lieferte fo den Beweis, daß er feinen, für fein Alter fo bald erlangten, 
Grad nidyt nur dem Muthe u. der Bevorzugung, fondern auch der Intelligenz 
u. audgezeichneter theoretifcher Bildung verdanke. Im Jahre 1812 zum Benerals 
Lieutenant und Commandanten der Garde zu Fuß ernannt, verhinderte ihn fein 
günftiges Gefchid, an dem Feldzuge gegen Rußland Thell zu nehmen, aus dem 
von 15,000 Landsleuten in Allem kaum Taufend, zerrüttet an Geiſt u. Körper, 
zurückkehrten. Durdy das ehrenvolle Bertrauen feined Königs zum Oberbefehle 
des im Jahre 1813 nady Sadyfen rüdenden württembergifchen Feldtruppenkorps 
berufen, fttengte er alle Kräfte an, um demfelben Ehre zu machen. Tapfer kämpf⸗ 
ten unter ihm die Württemberger bei Bauten, wo F. am Sinn u. an der red)- 
ten Schulter verwundet wurde. Nach Wiederaufhebung des Waffenftillftandes, 
während deflen feine Wunden geheilt worden waren, nahm er an den Scyladys 
ten von Hollbeck, Eupen u. Süterbod, wie ebenfalld an der großen Leipziger 
Volkerſchlacht Antheil. Treu bielt er mit feinem, bis auf 1200 Wann durch 
Errapazen, Tod und Uebergang zum Feinde zufammengefchmolzenen, Corps bis 
Fulda bei Rapoleon aus, wo erft er fidy von diefem trennte u. feinen Rückmarſch 
Ind Baterland antrat. — Die Zeitverbältniffe hatten fidy anders geftaltet: Deutſch⸗ 
land war erwacht, und die Rheinbundstruppen, die bis jet in den Reihen der 
Franzoſen gekämpft butten, firitten nun gegen diefelben. Bon feinem Könige zum 
Grafen, Beneralfeldgeugmeifter u. Oberbefehlöhaber der Truppen gegen Napoleon 
ernannt, überfchritt er den 31. December 1813 mit 24,000 Mann den Rhein 
bei Hüningen, und bildete hierauf, während des ganzen Feldzugs, mit den Würt- 
tembergern den Kern des A. Armeecorps, an deſſen Spige der Kronprinz von 
Vürttemberg (der jetzt regierende König) ſtand. Was die Württemberger unter 
ibm bei Brienne, Send, Montereau u. Paris geleiftet, if in das Boll überge- 
angen u. bedarf feiner Befchreibung; dennoch wird der Name F. fortleben. Im 
* e von 1815 fand er bloß in dem Treffen bei Straßburg, in welchem die 
franzöͤſiſchen Vorpoſten zumal tn die Feſtungswerke zurückgedrängt wurden, Ge⸗ 
legenheit zur Auszeichnung. Nach der Thronbeſteigung des jetzt regierenden Kö⸗ 
nigs wurde er von demſelben ſogleich zum Geheimenrathe u. Kriegsminiſter er⸗ 
nannt u. leitete als ſolcher die Reorganiſation des wurttembergifchen Militärſy⸗ 
ſtems, eines Syſtems, das ſich durch Oekonomie, treffliche Ausbildung von Of⸗ 
ſigieten u. Mannſchaft, u. durch Einfachheit auszeichnet; er ſelbſt verzichtete zu 
Bunſten bes Baterlandes auf einen großen Theil ſeines Oehoked, Ver Knie Wars 


850 rang. 

nigen Bebürfniffe weit überleg. Nachdem er im Jahre 1829 die nadhgefuchte 
Entlaffung aus activem Mititärbienfte erpaliem hatte, lebte er noch bis zum 2. 
Januar 1842 einfach u. zurüdgezogen, wie er ſtets war, zu Stuttdart, an wel⸗ 
chem — er, ſchon vorher ernſtlich erkrankt, ſanft entſchlief. In feiner Zurück⸗ 
egogenheit befchäftigte er ſich viel mit ernſten Wiſſenſchaften u. der Pflege eines 
Im lteb gewordenen Blumengartend, in welchem er zur Sommerszeit Monate 
lange wohnte und fid) an den barmlofen Spielen der Jugend, die in demfelben 
freien Zutritt hatte u. mit weldyer er felbft oft u. viel ſchaͤkerte, ergößte. F. war 
nie vermäblt u. farb kinderlos. Die Armen, welche er riichlich unterflüßte, vers 
Ioren an ihm einen Wohlthäter; die Solpaten einen Bater; die Welt einen Bies 

dermann; der König einen Freund, Ow. 
Kranz. L Deutſche und öfterreichifche Kaiſer. — 1) F. J. (Ste 
phan), Stammherr des Hauſes Hatsburgs Loihringen, geboren den 8. Dec. 1708 
zu Rancy, war dem uralten Haufe Lothringen enifproffen und wurde feit ſeinem 
12. Sabre am Hofe Kaiſer Karls Vi. erzogen. F. war einer dır ſchoͤnſten Mäns 
ner feiner Zeit u. wurde mit Kaiſer Karls älteſter, wunderfchöner Tochter Maria 
Thereſia 1736 vermäblt. Es war dieß das fchönfte Ehepaar in der Monarchie. 
In dem Kriege, den Karl VI. mit Frankreich unglüdiidy führte, mußte F. 1733 
Lothringen an diefed überlaffen, eıhielt aber dafür die Anmwartfchaft auf Tos- 
fana, deffen Herzog alt u. der legte der Mebiceer war. 1737 trat er die Regie⸗ 
sung von Toskana an, das nun von da an zur Secundogenitur des Haufes 
Defterreidy wurde. 1738 fand er gegen die Türken im Felde. Währenn des 
dſterreichiſchen Eibfolgekrieges (ſ. Maria Therefia u. öſterreichiſcher Erb 
folgefrieg), nach dem Tode Kaiſer Karls VII. wurde %. 1745 zum deutfchen 
Katfer gewählt. Obſchon von Maria Therefla zum Mitiegenten ernannt, übte 
er doch beinahe feinen Einfluß auf die Regierung der öſterreichiſchen Erblande. 
Er fiarb zu Innsbrud 18. Auguft 1765 vom Schlage gerührt. Als deutfcher 
Kaifer folgte ihm fein erfigeborener Sohn Joſeph, in Toskana fein zweitaebores 
ner Sohn Leopold (f. dd... — 2) F. J. (Joſeph Karl), Kalfer von Oeſter⸗ 
reich, als deutſcher Kaiſer F. II genannt, Sohn Kaiſers Leopold I. und der 
Marla Loutfe, Tochter Königs Karl IH. von Epanien, wurde geboren zu Florenz 
am 12. Februar 1763. Sedyuchnjährig kam er nad) Wien zu einem Oheim Jo⸗ 
ſeph II. Einen Theil des Türkenktieges, den Joſeph in feinen legten Lebensjah⸗ 
ren führte, machte %. mit. Rad) Joſephs Tode (20. Bebruar 1790) übernahm 
5. die Zügel der Regierung bis zur Ankunft feines Vaters Leopold. Mit diefem 
war er zu Pillnitz den Berhandlungen mit dem Könige von Preußen u. dem 
Kurfürften von Sachſen. Als Leopold nady Furzer Regierung flarb (1. März 
1792) beftleg F. den erbländifchen Thron. Am 14. Julius 1792 wurde er zu 
Frankfurt audy zum römiſchen Kaiſer gekrönt. Die frangöfifhe Rıpublif Hatte 
ihm den Krieg erflärt, und von da an verflofien 23 Jahre im Kampfe, oder in 
der Vorbereitung zum Kampfe mit Frankreich, 1792—1815. F. war der ſtandhaf⸗ 
tefte Gegner der franzöfiihen Revolution u, ihrer Folgen. Gr hatte ein Bünd⸗ 
niß mit ‘Preußen gegen Frankreich gefchloffen. 1794 war F. felbf bei der Armee 
in den Niederlanden; die Sranzofen wurden am 26. April bei Bateau und Lan⸗ 
drecy und am 22, in blutiger Schladht bei Tournay gefchlagen. Er kehrte nach 
Wien zurüd, u. die Franzoſen eroberten die Niederlande. Die Preußen. fdyloffen 
einen Separatfrieven mit Frankreich, u. ein junger Feloherr — Napoleon Bos 
naparte — begann den Krieg in Italien — wo er bid dahin nur läßig war 
geführt worden — mit genialer Ueberlegenheit. Die Folge der Siege Bonapars 
te'6 war der Friede von Campo Formio 17. October 1797. Das deutfche Reich 
verlor einen großen Theil des linken Rheinufers, u. Oeſterreich die Niederlande 
u. die Lombardei. Dafür hatte «6 die von Bonaparte zertrümmerte, vormalige 
Mepublif Venedig erhalten, und während des Krieges hatte die dritte und legte 
Spellung Polens ftattgefunden, durch welche Oeſterreich durch ganz Weſtgalizien 
vergrößert ward, Bald nach dem Frieden von Campo Tormis brach der gweite 


Franz 351 


Krteg gegen Frankreich los. %. war mit Rußland u. England verbündet. 1799 
warfen die Defterreicher u. Ruffen die Franzoſen aus Itallen, u. Erzherzog Karl 
flug fie zu mieverholten Malen in Deutfchland. Aber, ald Bonaparte aus 
Aegypten zurüdfam und Erzherzog Karl das Commando der Armee in Deutfdhs 
land niederlegte, entfchieden Die Echladhten von Marengo in Stalien, u.Hobens 
linden tn Deutfchland gegen Defterreih. Im Frieden von Lüneville (9. Febr. 
1801) ging das ganze linfe Rheinufer verloren. Als Bonaparte fich zum Kai⸗ 
fer der Franzoſen krönen ließ, nahm auch %., in Eluger Borausfidht, die Würde 
eines erblichen Kaiferd von Defterreidh an 1804. Bald darauf begann der dritte 
Krieg mit Frankreich; aber die Kataftrephe von Ulm u. die Echladht von Aufters 
lite hhıten bald den Frieden von Preßburg herbei 1805. Defterreidy verlor 
Tyrol und die venetianifchen Staaten fammt Dalmatien. Als der Karfer nach 
Wien zurüdfehrte, zeigte fich die Liebe feiner Untertanen im heüften Lichte; er 
wurde mit folchem Jubel empfangen, als ob er eben fo viele Provinzen erobert 
hätte, al8 verloren gegangen waren. Als hierauf Rapoleon den Rheinbunk grüns 
dete, wodurch alle Berhältnifie Deutſchlands verändert wurden, entfagte F. dem 
Titel eines römifdy - deutfchen Kaiſers. Während des Krieges zwifchen Preußen 
u. Rußland einer- u. Frankreich andererſeiis blieb Defterreidh neutral. Die bald 
darauf folgenden Breigniffe in Spanien überzeugten aber den Kaiſer 5. balp, 
daß mit Napoleon auf dauernde Ruhe nicht zu rechnen ſei. Zum vierten Wale 
begann der Krieg mit Frankreich, endete jedoch abermals unglücklich. Deflerreich 
verlor durch den Wiener Frieden 14. Dct. 1809 einen großen Theil von Gali⸗ 
dien u. das adriatiſche Küſtenland. Nach dtıfem Frieden vermählte der Kaiſer 
feine Tochter Marie Louiſe (ſ. d.) mit Napoleon; es war ein großartiger 
Schritt, Napoleon mit den alten Dynaftien auszugleichen, aber auch) diefer Versuch 
mißlang ; der rufflfch-frangöflfche Krieg kegann, und 1813 trat Defterreid, dem 
Bunde Preußens und Rußlands gegen Frankreich bei. Kaiſer F. war vom Bes 

inne dieſes feines fünften Krieges gegen Frankreich, bis zur Eroberung von 
Paris, bei der Armee. Dem erftien Partfer Frieden folgte der Wiener Congreß 
1814—15 (f. d.), der glängendfte Verein von Monardyen, den je die Welt ges 
fehen. Die Rückkehr Napoleons von Elba nach Frankreich 1815 führte die Alllirs 
ten, u. fo auch %., nody einmal nah Paris. Die Ereigniffe ven 1813—15 vers 
ſchafften der öfterreichifchen Monarchie eine Ausdehnung und Abrundung, derglels 
hen fie früher nicht gehabt. Die 20 nachfolgenden Jahre der Regierung F. ens was 
ren. eben fo friedlich, als die vorhergehenden flürmifch gewefen. Der Zug nad 
Neapel und Piemont, zur Unterbrüdung der dortigen Empörungen, {ft kaum ein 
Krieg zu nennen. Das Prinzip der Regierung war GStabilliät, im Gegenſatze 
zur Bewegung in Frankreich u. zu den mißlungenen Regierungserperimenten ſei⸗ 
ned Oheims Joſeph U. Unter Kaiſer F. bildete fi) das öfterreichiiche Dikaſte⸗ 
rial⸗ oder bureaufratifche Syſtem zu feiner gegenwärtigen Form aus. Das bür- 
gerliche Geſetzbuch, fo wie das Etrafgeſetzbuch, find ruhmvolle Denfmäler der 

egterung des Kaiſers. Die vielfachen Kriege gegen Frankreich hatten die Fi⸗ 
nanzen efchöpft u. eine ungeheuere Vermehrung des Papiergeldes herbeigeführt. 
Um aus diefem Labyrinthe heraus zu kommen, febte der Kaiſer 1811 den Werth 
der Bankozettel — es waren 1060 Millionen in Umlauf — auf 2 Ihres Renns 
werthes herab. Daß die öfterreihifche Monarchie Diefen Stoß, ohne zerrüttet zu 
werden, ertrug, bewies ihre Feſtigkeit. Zmedmäßiger war die Errichtung ber 
Bank 1816. %. war ein großer Freund des Bauens. Der größte unter ihm 
ausgeführte Bau iſt die Straße über den Wormfer oder Stilfer Joch, zur Ber: 
bindung Tyrold mit Stalien. Sie übertrifft die Eimplonftraße um Vieles. — 
Für fein Volk, das er wie ein Vater liebte, that F. jederzeit Alles, was die Um⸗ 
fände forderten u. erlaubten. ein Wahlſpruch: »justilia regnorum fundamen» 
tam,« war durch ihn u. unter ihm Wahrbeit geivorben, Groß war daher auch 
der Edhmerz, als er am 2. März 1835 nach kurzem Kranfenlager zu Wien flarb. 
3u Wien und SBrag find ihm Denkmale errichtet. — 5. war viermal verwählt: 


352 Frauz. 


1) 1788 mit Eliſe Louiſe, Prinzeſſin von Württemberg, die 18. Febr. 1790 
kinderlos ſtarb. 2) 15. Auguf 1790 mit Marta Therefia, Prinzeffin beiver 
Sieilten (+ 15. April 1807), von der er Vater von 13 Kindern wurde. 3) 
1808 mit Maria 2ouife Beatrir, Prinzeſſfin von Modena, und nady deren 
Tode 1816 mit 4) Karoline Tugufe, Tochter des Könige Marimillan Jo⸗ 
feph von Bayern, der noch jetzt lebenden Kaiferin Mutter. Mailath. 
Franz. IL Könige von Frankreich. — 1) F. I. 1515—1577, geboren 
im Jahre 1499 (der Tag feiner Geburt tft nicht genau bekannt) zu Cognac, 
Sohn Karl’d von Drleans, Grafen von Angouldme, u. der Prinzeffin Louiſe 
von Savoyen, führte al8 Prinz den Titel Herzog von Angouldme u. folgte am 
4. Sanuar 1515 feinem Schwiegervater Ludwig XII., mit dem er von einem 
Ahnherrn, dem Herzoge Karl von Orleans, abflammte, auf dem Throne nach. 
Der junge König konnte wohl als ein Mufter der franzöflfchen Rıtterfchaft gelten. 
Vol Ruhmbegierde u. ritterlichen Ehrgeizes, befchloß er, gleidy nad, feiner Thron 
beftelgung, ‚die Anfprüche feiner Vorfahren auf die Herzogtbümer Genua u. Mat- 
land mit Waffengewalt geltend zu machen. Zu diefem Ende brach er noch im 
felben Sabre in Stalten ein und erfocht am 13. u. 14. September 1515 in der 
Ebene von Marignano über die, bis daher unüberwindlidy gehaltenen Schweizer, 
die Vertheidiger des Herzogs Sforza von Mailand, einen zwar blutigen, aber 
um fo glängenderen u. ruhmvolleren Sieg, der ihm Mailand gewann u. mit dem 
Bapfte Leo X. Frieden, mit dem Könige Karl J. von Spanien aber den Bertrag 
von Noyon bewirkte Auch mit den Schweizern ſchloß er 1516 zu Freiburg 
Frieden, durch welchen die Eidgenofien für alle folgende Zeiten an das Intereſſe 
Frankreichs gefeflelt wurden. So [hie die neue @roberung geſichert, aber bald 
entbrannte der Haß über höhere Dinge. Rad) dem Tode des Kaiſers Maximilian I. 
(1519) trat nämlidy auch F., neben König Karl I. von Spanien u. Heinrich VII. 
von England, ald Bewerber um die deutiche Kaiferfrone auf, unterlag jedoch, 
troß der ungeheuern, an die Kurfürften verfchwenveten Belbfummen, feinem giid- 
licheren Nebenbubler Karl, was nicht nur feinen perfönlichen Ehrgeiz tief kraͤnkte, 
fondern ihn audy für feinen erften Lorbeer, den Beſttz Mallands, das ein Lchen des 
deutfchen Reiches war, fürchten ließ. Diefer Umftand u. feine fchon vorher gegen 
Karl gehegte Eiferfucht bewogen %. bald darauf. zum Ergreifen der Waffen, die 
fortan faſt nicht mehr ruhten und in virrmaligem, blutigen Kriege zwiſchen den 
beiden mächtigen Rivalen entfcheiden follten. Ein franzöftfches Heer ging 1521 
über die Pyrenäen u. eroberte Ravarra, wurde aber fehr bald wieder vertrieben. 
Zu gleicher Zeit entbrannte die Kriegsfadel in Flandern, wo fidy die Herzoge 
von Geldern u. Robert von der Mark, von F. unterftügt, gegen den Kaiſer em- 
pörten. Allein fie wurden bald unterworfen u., nicht nur die Franzoſen aus Hen- 
negau, das fie indeß verwüftet hatten, vertrieben, fondern ihnen auch die Feftung 
Tournay abgenommen, welche dadurch für immer Belgien verblieb. Auch in 
Stalien traten Papſt u. Kalfer gegen ihn auf. Im November 1521 wurden bie 
Franzoſen faft ganz aus dem Matländifchen vertrieben, u. am 2. April 1522 er» 
firttten Karls Feldherrn über den franzöflfchen Heerführer Lautrec bei Bicoccio 
einen entſchiedenen Sieg, in Folge defien Mailand mit Genua vollends verloren 
ping. Dazu kam noch, daß der militärifch tüchtige Bonnetable, Karl von Bour⸗ 
on, durch F.s ränfevolle Mutter, Louiſe von Savoyen, gereizt u. beleidigt, zum 
Katfer floh u. unter deſſen Bahnen gegen feinen Lehensherrn focht. Ein neues 
Heer, das F. unter dem Admiral Bonnivet, im Auguſt 1523 nad) Stalten fandte, 
eroberte Anfangs zwar die Hälfte des Matländifchen wieder, wurde aber am 
14. April 1524, in der Schlacht bei Romagnano, vom Faiferlichen Feldherrn 
Lannoy, Vicefönig von Reapel, fat gänzlidy aufgerteben u. zum fchleunigen Rüd- 
zuge über die Seealpen nach Frankreich genöthigt. Ihm nady drang daß Faifers 
lidye Heer, von PBescara u. Bourbon geführt, in die Provence ein u. belagerte 
Marfeille ber F., nie ſtolzer u. tbatkräftiger, als im Unglüde, trieb bie kaiſer⸗ 
dopen utũd u. zog, fie verfolgend, an der Spige eined wäre u, wutlgerütes 


— — 


Franz. | 353 


ten Heeres nach Italien, wo er noch einmal al® Sieger die. glänzende Haupt- 
Radt Mailand betrat. Die Kefte Pavia, an deren Erhaltung fat noch die letzte 
Hoffnung des Kaiſers hing, belagerte er ſodann mitten im Winter. Body dieſes 
widerſtand; im Februar rüdte ein neues Faiferliches Heer, von erfahrenen Feid⸗ 
bern rt, heran u. machte in geringer Ent ermung von der Stelle, wo bie 
—* br Lager aufgeſchlagen hatten, Halt. Am Februar 1525 begann 
die entfcheidende Schladht unter den Mauern Pavia's, in weldyer zwar %. bie 
glänzend Beweiſe perfönlicher Tapferkeit an den Tag legte, die aber durch 
feine ungeflümme Hige verloren ward. Sein Heer wurde bis zur Vernichtung 
gefchlagen; er felbft am Schluße des heißen Kampfes, ermattet u. mehrfady ver- 
wundet, nach dem tapferften Widerſtande gefangen geroumen. Man brachte 
5 L nad Madrid, wo fi) damals fein Gegner Karl befand. Hier blieb er 
ein Jahr lange in por u. fah ſich endlich gedtsungen, am 14. Januar 1526 
ſeine Freiheit durch die Unterzeichnung eines Friedens zu erfaufen, durch welchen er 
allen Rechten auf Stalien, Burgund, Artois u. Slandern entfagte, feine beiden 
älteften Söhne als Geißeln an Karl austieferte u. fidy verbindlich machte, des Kaiſers 
Schweſter Eleonore zu heirathen. Ein paar Stunden vor Unterzeichnung bes 
Griebensinfiruments hatte jedoch %. vor einigen feiner Getreuen ind Geheim, do 
urkundlich, gegen den Berirag proteftirt, u. :Bapft Clemens VII. entband ihn au 
bald darauf foͤrmlich feiner Eidesverpflichtung. Vergebens forberten die Faifer- 
lichen Gefandten die Erfüllung des Friedens. Im ihrer Gegenwart verweigerten 
die Abgeordneten Burgunds ihre Einwilligung zur Abtretung ‚ihres Landes, und 
am 22, Mat 1526 —*— F. mit dem ebengenannten Papſte, mehren andern 
italieniſchen Fuͤrſten u. dem Könige von England, zu Cognac bie fogenannte hei⸗ 
lige Ligue, welche den Hortichritten des Kaiſers Einhalt 'bum ſollte. Unterdeſſen 
hatten die Kaiſerlichen Rom erobert, u. nun rüdte Im Februar 1527 ein franzö⸗ 
ſtſches Heer unter Lautrec in Italien ein, nahm Genua, erflürmte Pavia, befreite 
den Papſt aus feiner fhmählichen Befangenfchaft u. drang in Reapel ein. Die 
perfönlicdye Erbitterung zwiſchen F. u. Karl I fi) indeffen fo fehr gefteigert, 
Daß fie einander zum Zweikampfe forderten, ohne jedoch dieſes ſeltſame Borhaben 
eusgufübren. Während nun der Krieg langfam fortgefebt wurde, Fam die Statt- 
h Margaretha von Oeſterreich auf den Gedanken, zwiſchen den beiden 
Zürkten den Frieden zu vermlitteln u. trat zu dieſem Zwecke mit der Mutter bes 
franzöfifchen Königs in Unterhandlung. Die Bemühungen der beiden Yürftinnen 
glüdten, u. am 3. Auguft 1529 warb zu Cambray der Friede geihtofen, den 
mar den Weiberfrienen nennt. %. I. behielt dad Herzogthum Burgund, follte 
dagegen Italien räumen, des Kaiſers Schwefter heirathen u. 2 Mill. Goldgulden 
als Loͤſegeld für feine beiven Söhne zablen. Allein nicht lange follten die Waf- 
en ruhen. %. fuchte überall Bundesgenofien gegen den Kalfer u. verfehmähte 
als ſolche ſelbſt die Türken u. proteflantifchen deutfchen Kürften nicht. Seinen 
Sohn Heinrich vermählte er 1533 mit Clemens VII. Nichte, der nachmals fo be- 
fannt gewordenen Maria von Medici. Im Jahre 1536 brady er wieder in 
alten ein u. befegte Savoyen u. Piemont, wurbe jedoch bald wieder daraus 
vertrieben u. von dem Kaiſer bis in die Provence verfolgt, wo letzterer wiederuw 
Barfellie belagerte, aber mit feinem günftigeren Erfolge, als das erſte Mal. 
Rach verſchiedenen abwechfelnden Erfolgen kam endlich am 18. Juni 1538, unter 
Bermittelung des Papftes, der zehnjährige Waffenſtillſftand von Nizza zu Stande, wo- 
nad) jeder der Streitenden behielt, was er hatte, alfo Savoyen getheilt, Matland 
aber des Kaiſers war. Bald darauf hatten die beiden Monarchen eine ale 
Zufammenfunft zu Aigues⸗Mortes, wodurd der Friede für immer befeftigt ſchien. 
Karls unglüdlicher Zug gegen Barbaroffa, verlodte jedoch Frankreich König noch 
en Mal zum Ergreifen der Waffen, u. er rüdte 1542 mit 5 Heeren an 5 ver- 
biedene Bränzen: gegen Savoyen, Luxemburg, Brabant, Flandern u. Mailand 
's Selb, ja, nahm ogar die türfifche Hülfsflotte in dem Hafen von Marfeille 
Mealisnpelopädie. IV. YI 


354 | Fran. 


auf; doch alled Diefes half wenig, Die Flotte des Kaiſers, unter Andreas 
Dorla, blieb Meifterin zur See, u. die fünf Armeen des Königs feheiterten, trotz 
der anfänglichen Erfolge u. troß zumal des glänzenden Sieges bei Gerifoled im 
März 1544, an der Standhaftigfeit, Klugheit u. dem Glücke Karls u. feiner Feld⸗ 
bern. Letzterer hatte fich bereits im Jahre 1543 mit Heinridy VII. von Eng⸗ 
land gegen %. verbunden u. brach nun, während die Engländer in Galais lan⸗ 
deten, in der Campagne ein, um ſich in Paris mit Heinrich zu vereinigen. 
Lepterer wurbe jebody durch die Belagerung von Boulogne an dem rafchen Bor- 
dringen gebinvert, während das Eaiferliche Heer, weldyes ſechs Wochen lange 
durch das Kleine, fid) heidenmüthig vertheidigende, Städtchen St. Dizier aufge 
halten wurde, bald völligen Mangel an allem Nothwendigen lit. So waren 
denn beide Parteien zum Yrieden geneigt, welcher audy am 18. September 1544 
zu Grespy geſchloſſen wurde. F. verzichtete darin auf des Kaiſers Länder; biefer 
auf Burgund. Mit England dauerte der Krieg indeß nody zwei Jahre Lange fort, 
u. F. mußte ihn 1546 durch die Abtretung Boulogne's erfaufen. Im Jahre 
darauf, am 31. März 1547, ftarb F., angeblidy durch feine Maitrefie Yerontere 
angefledt, an der Syphilis, im 53ſten Jahre feines Alters u. im 33ften feiner 

terung. Ow. — 2) %. II, geboren 1544 zu Fontainebleau, Sohn Hein 
richs 1. u. der Katharina von Medicis, folgte feinem Water 1559 auf 
dem Throne, nachdem er ſich das Jahr zuvor mit Marta Stuart, ber Tochter 
des Königs Jakob V. von Schottland, vermählt hatte. F. ſelbſt befümmerte ſich 
wenig um die Regierung, fondern überließ die Leitung der Gefchäfte dem Derioge 
Franz von Guiſe u. dem Cardinal von Lothringen. Die Madyt u. den Einfluß 
diefer Beiden zu flürzgen, verband fidy der König Anton von Navarra u. deſſen 
Bruder, der Prinz Ludwig von Gonde, mit den Bringen von Geblüte u. den 
Galviniften. Die Berfchmörung von Ambotfe (1560) wurde kurz vor ihrem Aus⸗ 
bruche entdeckt, 1200 Verſchworene hingerichtet und Condé ſelbſt entging der 
Strafe auf dem Schaffote nur durch den, am 5. December 1560 ploͤglich er- 
folgten, Tod des Königs, 'der feinem Nachfolger Karl IX. (f. d.) eine Staats⸗ 
ſi u Pr 10 Piuionen, und das Reich von der Fackel des Bürgerfrieges ent⸗ 
zundet hinterließ. 

Franz IV., Joſeph Karl Ambrofius Stanislaus, Erzherzog von 
Defterreihh, Herzog von Modena, Sohn des Grzherioge Ferdinand von Modena 
u. nachher von Breidgau, u. der Marla Beatrir, der Erbtochter des letzten ‚Her: 
3098 von Modena, geboren 1779, gelangte nach feine® Vaters Tode 1806 nicht 
zur Erbfolge in deſſen Staaten, da diefe 1803 durch Napoleon eingezogen wors 
den waren, erhielt aber durdy die Aufhebung des Königreich® Italien u. durch 
die Traftate von 1814 u. 1815 das Herzo um Modena zurüd u. folgte feiner 
Mutter 1829 audy in den Herzogthümern Maſſa u. Carrara. Zugleich bekleidete 
er die Würde eines k. k. öfterreichiichen Feldzeugmeiſters. Er war — was feinen 
rund wohl in der Erinnerung an die, durdy die franzöflfche Revolution erlittes 
nen, eigenen Verluſte haben mochte — einer der entfchievenften Gegner des Libe⸗ 
ralismus u, ſchon 1821 die Seele u. der Mittelpunkt aller, von den italienischen 
Regierungen gegen die Garbonari getroffenen Maßregeln, u. diefer fein Erbhaß 
gegen alles revolutionäre Treiben, — welchen Namen er jedoch manchmal auch den 
natürlichften Entwidelungen der Zeit beizulegen pflegte, — wurde noch gefleigert, 
ald 1831 ein Aufruhr in feinem eigenen Lande ihn zwang, zu fliehen und ſich 
nady fremder Hülfe zur Behauptung feines Tchrones umzufehen. An der Spige 
eines öfterreichtichen Corps nady Modena zurüdgelehrt, übte er eiferne Strenge 
gegen die Schuldigen, u. fein ganzes Sinnen und Denfen war von nun an nur 
nody auf die Verfolgung der Revolutionärs gerichtet. Wie feind er Allem, was 
den Namen Revolution trug und mit diefer in Verbindung fand, war, mag ber. 
Umftand beweiſen, daß er, allein unter allen europätfchen Regenten, dem Könige der 
Franzofen, Ludwig Philipp, feine Anerkennung verfagte. Gr ftarb 1846, worauf 

dm fern Sohn Franz in der Regierung folgte. 


Franz von MER — Franzoͤſiſche Kunſt. 355 


Franz von Affifi, Borgia; Hieronymus; von Paula; von Sales; 
Zaver; f. Francis cus. 

Sranzbranntwein wird in mehren der weinreichen Departements Frank⸗ 
reichs aus den beim Keltern rüdftändigen Treftern, fowie auch aus den ‚Defen, 
welche man zu biefem Zwecke der geiftigen Gährung unterwirft, durch Deftillation 

ewonnen; auch deftillirt man an mehren Orten geradezu die jungen alfoholreichen 

e, die natürlich ein, jenen noch vorgezogened ‘Brobuft, neben audy noch 
reichlicherer Ausbeute geben. Die befte Sorte fommt im Handel unter der Be- 
nennung Cognac vor (f. d. Art.). 

Franzen, nennt man die, aus Seide, Zwirn, Wolle, Baumwolle, 
Bold oder Silber, oben in eine Borte feftgewirkten u. von da herabhängenben, zus 
ſi edrehten oder ungedrehten Fäden, von welchen es Fabriken in allen Laͤn⸗ 
dern gibt. Baumwollene F. werden beſonders in Annaberg, Buchholz, Schlettau, 
Epeldenberg tn Sachſen fabrtzirt. Die ächten Gold» u. Silber⸗F. werben nach 
dem Gewichte, die andern Sorten hingegen in Stüden u. nad) Ellen verfauft. 

Sranzen (Franz Michael), geboren zu Uleaborg in Zinnland 1772, ſtu⸗ 
dirte feit 1785 zu Abo, durchreiste 1795 u. 1796 Dänemark, Deutfchland, Hols 
land, Frankreich u. England; nady feiner Rüdfehr ward er Bibliothefar u. 1798 
er der Literaturgefchichte u. 1801 der Geſchichte u. Moral; 1804 Paftor 
zu Pemar u. Aſſeſſor des Domcapiteld zu Abo, 1810 Paftor zu Kumla u. Hals- 
berg im Stifte Strengnäs, 1820 Eontractsprobft, 1824 Paſtor der St. Clara⸗ 
emeinde, Bicepräfes des Conſiſtoriums u. Secretär der ſchwediſchen Akademie zu 

olm und 1831 Biſchof zu Henöfand. WIE Dichter trat er in Steckholms 
Posten auf; fchrieb: Sang öfver Grefve Creutz (1797 von der Akademie gekrönt); 
Skaldestykken, Derebro 1824—36, 5 Bände; das hiſtoriſche Gedicht Columbus, 
Stodhoim 1813, 12.; Julie de St. Julien eller Frihetsbilden, Derebro 1825; 
mit gab er heraus: Profpsalmer, Stodholm 1812 f., 2 Hefte; in Proſa 
ſchrieb er: Tal om Svenka Academien, Tal vid atskilliga tillfällen, Derebro 
1835; Gustsf III. med de fosste Aderton of Svenska Acad., Stodholm 1836. 
As Gerretär ver ſchwediſchen Akademie wurde er Berfafier der Biographien be⸗ 
rühmter Männer (in den Abhandl. der Akademie abgebrudt). 


auzensbrunnen, |. Eger. 
Sranzenöfefte bei Briren in Tyrol, ein a be ſtarkes Befeſtigungswerk, 








welches das Eiſackthal an dieſer Stelle gänzlidy ſperrt u. den ſtrategiſch wichtigen 
Bag beinahe unüberwindlich macht. Der Bau, ein Meifterftüd von Zweckmaͤßig⸗ 
keit u. Solivität, theilt fi, in das obere u. untere Werk. Lebteres, wenig über 
den Boden fidy emporthürmend u. mehr aus unterirdifchen Kaſematten beftehenv, 
bildet Die Hauptfeſtung. Das obere Werk erhebt ſich hoch über der Straße auf 
—* als Citadelle. Die Arbeiten wurden 1833 begonnen u. 1838 vollendet u. 
dem Leiter des Ganzen, dem kaiſerl. koͤnigl. Oberſten Martony, bleiben- 

den Ruhm. Ä mD. 
Franzenskanal, der, beginnt bei dem Dorfe Monoſtorszeg (ingam) u. geht 
i bei Zombor, Szivacz, Efervenka, Kula, Werbärz, Sz. Tamas und Turia vorbei 
nach Földvar an der Theiß, diefen Fluß mit der Donau verbindend, Er wurde 
1793 bis 1801 durch eine Actiengefellfchaft angelegt, iſt 144 Meilen lang u. kürzt 
bie Schifffahrt zwiſchen beiden Klüflen um 47 Meilen ab. Die größten Donaus 
fönnen denfelben mit 8⸗ bis 9000 GEtr. Ladung befahren. Die Hauptfrach⸗ 
vn in Getreide, Wein, Salz u Baumaterialien. Durchſchnittlich werden 
des Jahres auf dem Kanal 1,000,000 Ctr. verführt. Den Plan zu dieſem nutz⸗ 

beingennen Unternehmen entwarfen die Ingenieure Gebrüber v. Kis. mD. 


| anzidcaner „ f. Franciscaner. 
“ anzöfifhe Akademie, ſ. Inftitut. 
2 vanzö Er Pa f. galitfanifie Kirche. 
1) w 
ten ind 


I ı 5 5. u 2 








ſche Kunſt. Wir wernen die f. K. im Nachfolgenden nad) 3 Sei⸗ 
ge faffen, nämlidy 1) in Bezug auf Bauten a Banmerte 
2 


4 


356 Franzoͤſiſche Kunſt. 


(Baufunf), 2) in Bezug auf Bildhauerei oder Sculptur u. 3) in Bezug 
auf Malerei. — 1) Baukunſt. Gehen wir auf die älteften Borfahren des 
franzöfifchen Volkes zurüd, auf die Kelten, fo finden wir aus diefer Zeit nur 
ne wenige Ueberbleibfel (woran jedoch Feine Spur von Kunft zu bemerken if), 
in Beziehung auf Bauwerke, vie geöptentpeite in Grabhügeln, Mauern u. aufge 
thärmten Steinblöden beſtehen. So fcheint der Odilienberg in den Bogefen ein 
ſolches Weberbleibfel aus der Keltenzeit ge feyn ; ebenfo auch ein Wald von 4000 
Pfeilern bei Carnac. Die römifchen Bauten in Gallien gleidhen denen in ben 
übrigen Ländern, wo ſich die Römer nieverließen. Auch der Bafilifenbau ans 
auf die Gallier über, .u. ebenfo find unter den Merovingern dieſe römifchen &in- 
u noch zu bemerfen, wie das von Dagobert I. erbaute, mit goldenem Dache 
v ae St. Denis beftätigt. Auch unter den Karolingern herrſchte noch der 
römifche Styl, was wir aus der Beichreibung mehrer Prachtbauten erfehen Fön- 
nen. Doch, nad, der Karolingiſchen Zeit wird dieſer — Styl durch den 
romaniſchen verdraͤngt. Denkmäler dieſer Zeit (des 11. Jahrh.) find: der Dom 
zu Arles, Notre⸗Dame⸗du⸗Port in Clermont, St. Cernin in Toulouſe, Notre⸗ 
Dame in Chalons an der Marne, die Façade von St. Denis (ein Werk des 
berühmten Abtes Guger: denn die höhere Geiftlichkeit leitete größteniheild bie 
Bauten der damaligen Zeit), St. Remy in Rheims, einige Kirchen in Tours, 
goltiere, Angers ıc., mebre Kirchen der Rormande, St. Ricolas in Gaen, bie 
athedrale von Evreux, St. Georges in Bofchernille. Im 12. Jahrh. bildete ſich, 
befonvers in Nordfrankreich, der fogenannte gothiſche Bauflyl aus, Charalteriſtiſch 
iR an den Bauten diefer Zeit die Beibehaltung der Säulen, ald Träger des 
ma während in Deutfchland nur ein Pfeiler das ganze Schiff ſtützt; 
erner das Borberrfchen hoher Gallerien zwifchen den unteren Schiffen und ben 
oberen Fenſtern, das Borberrfchen der Hortzontallinie, die große ‘Pracht in den 
Hauptfacaden, wie in den Fronten des Querbaues, die Eoloflalen Runpfenfter, u. 
befonders ein Bortalbau, der oft den gangen unteren Theil der Façade mit Sculp⸗ 
turen bededt. Bauten im älteren yotbifcen Style find 3. B. Chor u. Schiff der 
Kathedrale zu Rouen, Rotres:Dame in Barts, die Kirche St. Nicatfe in Rheime 
(jetzt zerftört), ver Dom zu Amiens, verwandt mit dem zu Köln, die Kathedralen 
zu Chartred und zu Rheims, die Dome zu Laon, Aurerre, Senlis, Rotres Dame 
In Dijon, Rotre«Dame zu Mantes u. f. f. ine gewiffe Ausartung des Styls 
trat im 14. u. 15. Jahrh. ein, wie dieß an dem Foloffalen, doch unvollendeten 
Dome zu Beauvais, an den Kathebralen von Tours, Toul, Borbeaur u. f. w. 
zu erfennen if. Als großartige Civilbauten diefer Zeit find zu nennen: das 
Hötel de Clugny in Paris, der ‘alte Louvre (nicht mehr vorhanden), das Palais 
de Juftice u. der hintere Theil des Hötel de Bourgtheroulde in Rouen. (Bergl. . 
de Laborde, »Les monuments de la France.«) — Run tritt mit dem 16. Jahr, 
hunderte das fogenannte Zeitalter der Renatffance (f. d.) ein, tn der ſich bie 
Antike wieder Geltung zu verfchaffen und fidh mit dem gothifchen Style zu ver- 
ſchmelzen gefucht Bat. Im diefem Gtyle iſt 3. B. die Kirche zu St. Euftache in 
Paris erbaut, Stalienifche Baumeifter, die Franz I. beſonders berief, übten nun 
einen directen Einfluß, befonders in Bezug auf Eivilbauten, aus. Wir nennen 
einige der bebeutendften Bauten diefer Zeit: das Schloß Ecouen von Bullant, 
der mittlere Theil des Tutlerienpalaftes von Paris, die Weflfeite des Hofes im 
Louvre, die Älteren Theile von Kontainebleau, das Schloß Anet u. m. a. Das 
Hauptwerk biefer Richtung tft die Eolonnade des Louvre, begonnen 1670. Zahl⸗ 
loſe töntgliche Schloͤſſer fallen in dieſe Zeit (Ludwigs XIV.); fo 3. B. Maifon, 
Berny, Meudon, Chilly, Rincy u. a. Zu den befieren Architekten diefer Zeit ge- 
hören: Lemercier, Blondel u. befonders ai (f. d.), der Erbauer des 
Invalidenthurmes. Bernini's Anmwefenheit in Parts war von feinem weitern 
Einfluffe auf die Kunſt. Unter Ludwig XV. entwidelte ſich der fogenannte Ro⸗ 
cocoſtol (}. d.) mit feinen Schnörkeln u. Zierrathen. Sn dtefem Faden u. mat⸗ 
sen Style, ber übrigens in neuefter Zeit auch in Deutichlonb ein Modeartilel 


Branzöfifche Kunſt. 357 


geworden iR, iſt St. Sulpice erbaut. Erſt feit der Mitte des 18. Jahrhunderts 
wandte ſich die Architektur wieder der Antike zu, doch wurbe fie zu flelf u. kalt; 
vieß zeigen 3. B. die Colonnaden auf der Place de la Concorde in Paris von 
Babriel, das Münzgebäude von Antoine, befonders aber das Pantheon von 
Goufflot. (Bergl. »Vies des plus celebres architects« von Quatremoͤre de 
Duincy, 3 Bde., Paris 1830, deutfch von Heldmann, 2 Bbe., Darmft. 1831.) 
Während der Revolution wurde Fein bedeutender Bau aufgeführt; Napoleons Ges 
mad neigte ſich der Antife zu. — In neuerer Zeit jehen wir in Frankreich 





ie 


cht die Mode allein (obwohl diefe vorzüglich) , fondern auch die Wiſſenſchaft 
bie — der Baukunſt beſtimmen. Die Verfeinerung der Sitten er 


felligen Verkehres übt auch hier ihren Einfluß auf die Künfte, ſpeziell bier die 


Baukunſt. Glanz u. Anmuth werden hier weit über die Gemaͤchlichkeit des Außes 
ren Lebens geſtellt. Die bürgerliche Architektur fcheint fi) allerdings von ber 
Richtung des 17. und 18. Jahrhunderts in Braun auf Architektur loszuſagen. 
Man verfchmäht zwar die barodeften Mufter der Architektur aus Ehina, Peru, 
Chile, ja felbft aus Patagonten nidyt, aber allgemeiner flieht man Gebäude im 
Sefhmade der Renaifiance, der Zeit von Franz I. bis Heinrich IV. entflchen, 
deren Sagaden reich an Zierratben und allerlei Schmud find. Im Sabre 1836 
entanden in Parts 200 neuerbaute PBrivathäufer, und das Jahr 1837 begann 
mit wenigftend 500 Privatbauten, die faft lediglich für induſtrielle Zwede bes 
ſtiumt find. Daneben werden die Arbeiten zu Wiederherſtellung der franzöftfchen 
Kathedralen ſyſtematiſch betrieben, wobei ſich die conftruetive Richtung der Bau⸗ 
* im glaͤnzendſten Lichte zu zeigen Gelegenheit bat. Durands Einfluß iſt 
auch bier vernichtet. Unter den älteren franzoͤſiſchen noch lebenden Architecten, 
bie einen bedeutenden Namen machten, find vorzugsmweife Ber cier, der viele 

Schuͤler allerwärtö bildete, u. Fontaine als biefenigen zu nennen, bie 
zu ihrer Zeit der conftructiven Richtung der Baukunft bedeutenden Borfchub lei⸗ 
teten. Unter Rapoleon führten fie bereits gemeinfhafttich bedeutende Werke aus; 
fie faßten ven Plan zur Bereinigung des Louvre mit den Tullerien und leiteten 
die Reftauratimen beider Palaͤſte; von ihnen rührt auch die große, vortrefflidh con⸗ 
ſtruirte Prachttreppe des Mufeums, ſowie der Berföhnungstempel auf dem Mag 
dalenenkirchhofe ber. Rondelet, Ango, Labarre, der in dem mufterhaft in 
Eifen conftruirten Dache über ber Birke zu Paris aufs Glüdlichfte das Netzſy⸗ 
Rem mit den Sprengwerfen Ango’s vereint hat, ferner Emy und Andere bringen 
jet, wie früher Legtand u. Molinos nad) Delorme’d Borgang, auf wiffenfdyaft- 
liches, conſtructives Verfahren. Die Kathenralen von Angers, Bourges, Char: 
tres, St. Denis, Iſſoire, Nevers u. Rouen find im Ausbaue begriffen. Die letz⸗ 
tere erhält eine 200 Fuß hohe Thurmpyramide aus Bußelfen, die nad) Alavoi⸗ 
ne's Zeichnumgen unter der Leitung von Dubois und Bindon erbaut wird. 
An der Kirche von Et.-Dents haben Legrand (+ 1808), Gellerier u. De- 
bret gearbeitet, Pagot vollendete die Kathebrale von Orleans; Dubut und 
Rondolet ftellten die von Rheims her. Wie an den Privathäufern, liebt man 
auch an den neuen Kirchen, Baläften u. andern öffentlichen @ebäuben Reichtum, 
Pracht u. flattliches Anſehen. Bunter Marmor, Vergoldung u. Wandzierrathen 
werden nicht gefpart; doch fehlt immer noch ein gemeinfames ‘Prinzip in der ‘Des 
ration u. Gonftruction. Hier bleibt der gerablinige, modern⸗italieniſche Bauftyl 
burchaus vorherrſchend. Zu den merfwürbigften öffentlichen Neubauten gehört bie 
Ecole des beaux arts,« gegründet unter der Schredensregierung, in der jüngften 


Gegenwart aufgeführt durch Duban u. sabroufe, die den ſchmuckreichen Styl 
ver Renaiffance lieben. Duban, nebfl dem Architekten Cariſtie Mitglien ber 
Gommiffton zur Erhaltung der gefchichtlicdyen Denkmäler in Frankreich, verräth 
Geſchmack u. Sinn für einheitliche Haltung, beſonders aber für die Verzierung 
ver inneren Räume. Selbfifländig u. originell in den Einzelheiten u. glüdlid) in 
ver Wahl des Ornamente hat er der Ecole dennoch nicht den Charakter der 
Einheit geben können; es iſt eine Mufterfarte für die verfchienenften Styl⸗ 


958 Frauzoͤſiſche Kunſt. 


Arten. Unter Joly's Leitung hat der Sitzungspalaſt der Deputirten, an wel⸗ 
chem 1722 — 1800 Girardini, Lafſſurance, Gabriel Aubert, Barreau, Beliſar, 
Giſors, Lecomte u. Poyet gebaut haben, weſentliche Erweiterungen u. Verbeſſe⸗ 
rungen erfahren. Die Stadtbaumeifter Godde u. Leſueur leiten den Neubau des 
Stadthaufes, der nun vollendet if. Die in das ‘Pantheon umgewandelte Genovevenkirche 
iſt nun vollendet. Das Fronton tft eine wahre Zierde, vermehrt aber das Bunt- 
fchedige ded Gebäudes, an welchem bie verfchledenartigften Charaktere, Ideen u. 
Style zur Erfheinung famen. Es ift Schade, daß das Phantheon, wie es durch 
Soufflot unter Ludwig XV. entworfen wurbe, unvollenvet blieb, da es das einzige 
Monument von Parid gewefen wäre, worin ſich die Architektur der Griechen in 
origineller Schönheit gezeigt hätte. Im Juli 1836 wurde audy der 30 Jahre 
vorher angefangene »Arc d’Etoiles an der Barriere von Neuilly zu Ende geführt, 
ein koloſſales „marmornes Geſchichtsbuch“ vom Beginne der Revolutionskriege 
bis zum Ende der Kalferzeit, an welchem Architektur und Skulptur mit einander 
in unmittelbarfter Verbindung erfcheinen. Die Dimenflonen dieſes merkwürdigen 
und in feiner Art einzigen Denkmals find folgende: Totalhöhe: 45 Metres 89 
Eentimötres (141° 3°; Breite: 44 M. 88 Cent. (138° 4); Tiefe: 22 M. 44 
Gent. (69° 2). Der große Bogen hat 29 M. 75 Gent. Höbe a 14 M. 62 
Gent. Breite. Die Höhe der Seltenbogen beträgt 18 M. 38 Cent. u. ihre Breite 8 
M. 44 Cent. Die nach Bignons Plane felt 1804 im Bau begriffen geweſene 
Kirche St. Madelaine ift 1836 vollendet worden. Das im Jahre 1837 abge- 
brannte, für bie italtenifche Oper beflimmt gewefene, Theater Favart wurde durch 

eurtier 1781—83 erbaut. Giſors, der Architelt des Lurembourg u. des Odeon⸗ 
theaterd, hat befonders in der Innern Verzierung des legteren einen feinen Sinn 
für ornamentale Kunfl an den Tag gelegt. Bon ihn rühren auch ein Wachthaus 
u, verfchiedene Kirchenbauten ber. —*28*— hat vor mehren Jahren in Marſeille 
eine proteftantifche Kirche vollendet. Gau aus Köln, der Architekt der Kirche des 
heiligen Severin in Paris, hat den Auftrag erhalten, in der Vorſtadt St. Ger: 
main eine katholiſche Kirche zu bauen und dazu den gothifchen Bauſtyl als den 
geeigneten gewählt. Wußer ihm find noch die Deutfchen Hittorff, deſſen vielfeitige 

enntniffe und Geſchicklichkeiten bei Neubauten vielfach in Anfprudy genommen . 
werden, Froͤlicher, Kraftu. A. als ausübende Architekten in Paris thätig. Unter 
den übrigen franzöflfchen Architekten zeichnen fich gegenwärtig nody beſonders aus: 
Albert Lenoir, Lebas, der die innere Einrichtung des Berfailler Mufeums be: 
forgt, Gauthier, Delannoy, Delefpine, Detatlleur in Paris’ Abadie in Angou- 
[öme, agnett zu Moulins, Benard in Toulon, Ehambord in Balence, Eleempute 
in St.⸗Loͤ, ©usnepin in Nancy, Ledru in Montv’or, Montluifant in Toulon 
u. 9. Die franzöflihe Architektur iſt ein Bild des franzöftfchen Bolfscharafters ; 
fie hängt noch an den claſſiſchen Borbildern, aber fle offenbart eine unverfennbare 
Neigung, zu der Gtylart zurüdzufehten, die ſich zu einer Zeit entwidelte, wo fidy 
der Charakter des Volkes aufs Entjehlebenfte ausgeprägt hatte. Jene heitere Ele⸗ 

anz will fi) wieder offenbaren, wie fie unter Franz J und Heinrich IV. bereits 
de Geltung verſchafft hatte — 2) Die eilbhauerfun (Skulptur) in F. 
Bon einer einheimifhen Skulptur find bier erſt im 8. Jahrhunderte Spuren zu 
entveden, und erft im 12. u. 13. Jahrhunderte entwidelt fich in Frankreich (mie 
auch in Deutfchland) eine geoßartige einfache Idealiſtenſchule. Hauptwerke find 
z. B. aus diefer Zeit: die Skulpturen im Dom zu Amiens, befonderd am Süd⸗ 
portal die Vierge dor6e, u. die älteren Portalbilder am Dome zu Rheims; die 
Reliefs der Chorwänbe In Notre - Dame zu Paris. Während der franzöfifchen 
Revolution wurden werthvolle Skulpturen aus diefer Zeit, 3. B. an den Portalen 
in St. Germain des Pres, oder in den Galerien an Notre-Dame zu Paris ver- 
nichtet. Mit dem 15. Jahrhunderte trat auch in der Skulptur die Neigung zum 
bombaftifchen, zu Ueberfüllungen hervor. Dieß zeigen die Fagade des Doms zu 
Rouen, die Skulpturen der Chorwand im Dome zu Amiens. Die, durdy Franz 1. 
Derbeigegogenen, italieniſchen Künftler bildeten die ſogenannte Schule von Fon⸗ 


Franzoͤſiſche Kunſt. 359 


tainebleau. Dahin gehört 3. B. auch Benvenuto Bellini (f. d.). Die Reihe 
einheimiſcher Kuͤnſtler eröffnet der geniale Jean Boujon, als Bildhauer u, Archi⸗ 
welt gleich bedeutend. Seine befannteflen Werke find: einige Reliefs im Louvre, 
die (höne Fontaine Innocents in Paris, die marmorne Statue des Senefchalls 
Brazö in der Martenfapelle zu Rouen u. a. Germain Pilon (+ 1590) artet 
ſchon aus, und die affectirte Grazie ift in feinen u. den Werfen anderer Künftler 
biefer Zelt u. Richtung recht wohl zu erkennen. Wir nennen von diefen: Tacca 
Brieur, Bonce, Francheville. Run machte fi) immer mehr ver Einduß 
ttaltenifcher Künftler geltend, u. unter Ludwig XIV. gerieth fie immer tiefer in das 
Manierirte und in Unnatur. Dieß zeigt fich an den Werfen Jacq. Sarrafin’s, 
Anguiers, Theodon's, Lerambert's u. A. Als großer Naturalift diefer Zeit iſt 
Pierre Puget zu nennen. Von ihm iſt ein ſterbender Fechter, einige Statuen 
in Genua u. Milon von Kroton (jtzt im Louvre), ein Werk, das ſich den beſten 
Skulpturen an die Seite ftellen kann. Für Berfailles arbeiteten damals die Ges 
brüber Marſy (in der Mitte des 17. Jahrhunderts) 3. DB. die berühmte Pferdes 
Gruppe bei dem Apollobade. Der bedeutendſte Künftler am Hofe Ludwigs XIV. 
war —8* Girardon (+ 1715). Gr arbeitete groͤßtentheils nach Zeichnungen 
des berühmten Lebrun (ſ. d.). Bemerkenswerth iſt beſonders feine Reiterſtatue 
Ludwigs IIV., 21 Fuß hoch, die ſonſt auf dem Vendomeplatze ſtand. Pierre 
le Gros, einer der beſten franzöſiſchen Kuͤnſtler, hielt ſich faſt immer in Rom 
auf. Rachfolger u. Nachahmer Girardon's waren Nc. u. Guill. Gouftou (f.d.); 
Boudhardon (f. d.) erwarb fidy durch feine Fontaine des Grenelles in Paris und 
andere Werte großen Ruf. Seine Statue Ludwigs XIV. wurde während der 
Revolution zertrümmert. Coyſevox bildete ſich ebenfalls nad Girardon und 
feine Werke tragen deſſen Gepräge. Zu den befannteflen Bilphauern der Regie 
rungszeit Ludwigs XV. gehören Falconett (f. d.), befannt durch die zwar großars 
tige, aber manierirte Reiterfiatue Peters I. in Petersburg u. durch feine theore- 
— Schriften, u. Pigalle (. d.), der fich fleißig mit der Antike beſchäftigte, 
jedoch feinen Werfen zu viel Külte und Steifheit gab. Für ſein berühmteſtes 
Werk hält man das Monument des Marfhalld von Sachſen im Chor der 
Thomaskirche zu Straßburg, eine großartige, doch zu fehr effecthafchenne Schöpfung, 
die Doch weit hinter Thorwaldſen's Denkmal des Herzogs von Leucdhtenberg 
zurüdbleibt. — Die Zeiten der politifchen Aufregung u. des fteigenden Nattonal- 
RKuhmes waren befonderd der monumentalen Richtung der Kunft günftig. Die 
Städte u. Regierungen wettelferten mit ber Regierung in Errichtung öffentlicher 
Denkmäler zur Berherrlichung des nationalen, kriegeriſchen u. bürgerlichen Ver⸗ 
dienſtes. Aber auch hier fchafft u. bildet man mehr nach perfünlichen u. augen» 
blidlichen &ingebungen, als nach bleibenden und ächten Grundfägen plaftifcher 
Kun. Es gibt feine Schule, fondern nur noch einen Naturalismus des Style, 
der infoferne auch feiner if. Der Mangel an ädhtem, geifigem Leben, an ent- 
fhiedener, von aller fentimentalen oder leivenfchaftlichen Beimiſchung freier Klar- 
beit u. Kraft in Auffafjung u. Ausführung liegt offen zu Tage. Beachtenswer- 
thes, Erträgliches, Anziehendes gibt es viel, Vollendetes Nichte. In der Technik 
leitet man audgezeichnetes. Doch bleibt das Streben, ſich von dem Ginflufie 
der Antike frei zu machen, fehr anerfennendwerth. Wir fehen gerne die Gegen⸗ 
Rände der antiken Mythe und die Allegorten fchwinden, und das Wirkliche, ge: 
ſchichtliche Erlebte u. Lebendige an deren Stelle treten, wodurch ſich Die gegen 
e Generation der ‘Periode des republifanifchen und kaiſerlichen Frankreichs 
enüberftellt, wo innerhalb der Kunft griechifchzrömifche Erinnerungen die 
nerung an die nationale Gegenwart faft in fidy verfchlangen, die öffentlichen 
Hallen u. Plätze faft ausfchließend fich mit den Statuen griechiſcher u. römiſcher 
Feldherrn, Stantsmänner, Redner u. Geſetzgeber füllten, die ‘Borträtftatuen leben- 
der Perſonen in römiſcher Kleidung, wenn audy nicht gerade, wie der Rapoleon 
Canova's, oder der Wellington Weftmacott’8, nadt dargeftellt u. in den Bildwerken 
ver Bendomefäule u. des Triumphbogend am Earroufelplage die alten republifanis 


360 Franzoͤſiſche Kunſt. 


Er ‚Soldaten mit roͤmiſchen Mänteln behangen wurden. Das entgegengefepte 
eftreben hat gegenwärtig überhband genommen, wie man deutlich an dem pla- 
ſtiſchen Schmudwerle des Triumphbogens de P’&toile wahrnimmt, der 1935 
vollendet wurde. Man will die lebenden Menſchen audy in den Darftellungen 
der Plaſtik fehen, wie fie find, mit allen ihren Gigenthümlichkeiten in Phyfiog⸗ 
nomie, Kleidung und Haltung. Auf diefer Berfchiedenheit in Gegenſtand, Auf⸗ 
faffung u. Ausführung beruht Beuptfä hie die Trennung der franzöflfchen Bild⸗ 
hauer in claffiihe und romantifche, die eine Zeit Iange befand, — Außer dem 
Triumphbogen de l'Etoile nahmen beſonders noch das Pantheon u. die Magda 
(enentirche die beſſeren Kräfte ber Frangeijehen Bildhauer in Anforug Allgemein 
war ihre Thellnabme im Sabre 1831 bei der Goncurrenz für die Statue Napo⸗ 
leon's auf der Bennömefäule. Das Publikum in den Kunftausftellungen zeigte 
fi) in den lebten Jahren befonderd empfänglich für Statuetten von nnen 
und Gchaufpielerinnen, für Zerrbilver u. Thiergruppen. Uebrigens verdient bes 
merkt zu werben, daß von 150 Bilphauern, die Frankreich im Jahre 1835 hatte, 
auf Paris allein 106 kamen. Frankreich Hatte aus dem 17. u. 18. Jahrhunderte 
eine Anzahl adhtungswürbiger Namen im Fache der Skulptur aufzuwelfen, wie 
Legros, Girardon und Buget, fodann Bouchardon, Lelorrain, des 
legtern Schüler Lemoyne und beider Schüler Pigalle, fowie alfonet, 
Roffet du Bont, ©. Eouftou der Jüngere, Bajou, Lecomte, Chaudet 
u. Houdon, deſſen Arbeiten um 1780 in Paris vergöttert wurben. Am vers 
Iafienften war die Kunft zwifchen 1760—80. Zu den Bildhauern der Kaiſerzeit, 
bie zum Theile noch in die republifanifche Periode fallen und ſaſt fämmtlid bis 
auf die Gegenwart berabreichen, gehören vornehmlich folgende: Ant. Denis 
Chaudet (17361810), der einer der Erſten war, ver in der Plaſtik ein bef- 
ſeres Streben einführte, der Meifter der fpäter eingefchmolzgenen, im Harniſche 
und Feldherrnmantel dargeftellten, Statue Rapoleond auf der Benbömefäule, 
von dem Napoleon auch allein nur dargeſtellt ſeyn wollte; femer 3. A. 
Houdon (1744 — 18238), der in Rom zur Zeit Windelmannd unter 
dem a det Antike und ſpäter Canova's lebte, in Amerika bie 
Statue Waſhingtons und dann in Paris die Büften der berühmteflen Zeitge- 
nofien fertigte, unter Napoleon aber wenig befcdyäftigt war; fodann Fel. Lecomte 
(1737— 1817), der Meifter der Bilpfäulen Rolin’d und Fenelon's; A. F. For 
tin, ſchon zu Anfange diefe® Jahrhunderts und noch gegenwärtig thätig, von 
dem eine Bilpfäule Rapoleond im Jahre 1804 u. Basreliefs am Pantheon und 
an der Vendömefäule herrühren; Gartellier, 1757—1831, der wie Chaudet u. 
Roudon im Geiſte der Antike arbeitete u. von dem eine Statue Napoleons, ſo⸗ 
wie die Darftellung der Uebergabe von Ulm am Trtumphbogen des Carroufel- 
platzes u. die Statue des Eincinatus herrühren; Ch. Joſ. Marin (1763-1834), 
der nach zehnjährigen, getffenhaften Studien in Rom eine Anzahl trefflicyer 
Genrebildwerke u. Ehrenbilpfäulen, 3. B. des Biceadmirald auf der Brüde Lud⸗ 
wigs XVI. zu Parts vollendete. Wir befchränfen uns jedoch auf die Anführung 
der Ramen und bemerfenswertheften Werke der berühmteften Bildhauer, da ihre 
Biographien größtentheil® in unferem Werke in eigenen Artikeln zu finden find. 
Bon Gois r eine Reiterftatue Rapoleons, die Bronzeflatue der Jeanne d'Arc 
in Berfailles, Turrenne's auf der Brüde Ludwigs XVI.; von Lemot bie Koloſſal⸗ 
ftatue des franzöflfchen Volkes, die Figuren des Sieges und des Frievend am 
Iriumphbogen des Carrouſels. Dupaty’s Ajar und Oreſtes find vortreffliche 
Werke. Bon älteren Bilvhauern, die zum Theile noch leben, nennen wir noch: 
Bridan, der die Statue Duguedclin’s für die Brüde Ludwigs XVI. fertigte; 
Cortot, einer der auögezeichnetften franzöfifchen Bildhauer. Bon ihm iſt bie 
Statue Lannes u, am Triumphbogen de l’Etoile die fchönen lebendvollen Bas- 
relief8, welche die Rüdfehr des Heeres u. die Krönung des Kaiſers durch die 
Böttin des Sieges darftellen. Bon Bofto ift das Biergefpann für den Triumph⸗ 
Bogen bes Garroufel, ein Herkules u. Archelaus im Tutlertengarten u. die groß⸗ 


Franzoͤſiſche Kunſt. 361 


artig aufgefaßte Bildfäule Napoleons im Katferornate (1839 vollendet). Wir 
führen ferner noch an: Lemoine, Pierre Jean David (aus dem Jahre 1839 
n. 1840 ftammen: fein Heiner republifanifcher Tambour, die Marmorbüften Arago's, 
Lammenais’, Abbe Groͤgotres und die zu Straßburg aufgeftellte Statue Guten» 
berge) Flatter s (auögezeichnet find feine Büften, 3. B. des verflorbenen Königs 
von Preußen, Delille's, Byron’s, Gothe's, Haydn's u. f. w.), Feſſard (von 
m das Basrelief in der Kirche zu Ghartres), Lematre (heilige Magdalena, 
atue der Hoffnung, Kleber's, Ludwigs XIV., des Generals Hoche, Herzogs 
von Berri), Dumont (Amor und Binde, Leukothea und Bacchus, die etwas 
ſchwerfaͤllige Statue der Freiheit für Die Zultusfänle), Duret (mehre Statuen 
Rapoleons, die eines jungen neapolitanifchen Tänzers), Kamep, Roman, Bes 
titot, Nanteuil, Preault, Ramus, Klapmann, Pradier (von ihm bie 
Statue Roufleau’s in Genf), Eter, Ehampontsre (von ihm die Schlacht bet 
Alexandrien am Triumphbogen de l’Etoile), Foy at ier (Spartacus). Unter den 
beinahe 30 Concurrenten für die Statue Napoleons der Bennömefäule trug Emil 
Seurre, der Neltere, den Preis davon; er hatte den Kaiſer einfach u. charak⸗ 
teriſtiſch, im Frack, Hut u. Oberrod dargeſtellt. Bon Marochetti if die für 
Turin gearbeitete Reiterfiatue des Herzogs Emanuel Philibert (1838). Andere 
tüchtige, größtentheild der neueften Zeit angehörende Bildhauer find: Jouffroy, 
Desprez, Bra, Jalley (von ihm die trefilidhe Coſtumeſtatue Mirabeau’d und 
Bailly'6). geunfäglie mit Darftellung religids⸗kirchlicher Gegenſtaͤnde befchäf- 
tigen ſich: Desboeuf, Mainpron (von ihm die Gypsgruppe des Martyrer⸗ 
todes der heiligen Margaretha), Molnecht Geitige Katharina), Huffon, Les⸗ 
corne, Dufeigneur. Berfprechende Ramen jüngerer Bildhauer find noch: 
Dantan, Houdon, Mercier, Balois, Buerfant, Theraffe u. A. Noch 
iſt des liebenswuͤrdigen Kunfttalents der Herzogin Marta von Württemberg 
zu gevenfen, die treffliche Werke vollendete, wozu befonders auch die Statue der 
Jeanne d'Arc gehört. Im Allgemeinen kann man fagen, daß dem Auffommen 
eines reineren, geſetzmaͤßig claffifcyen Styls in ber franzöflfchen Sfulptur- noch 
immer die herrfchende Berwechfelung der Lebhaftigfeit mit der Lebendigkeit der 
Darftelung u. das mißverftandene Streben nady Naturnachahmung im Wege iſt. 
Die Urtheil wird auch beftätigt durch das Sculpturwerf, das in den jüngſten 
Tagen in Paris fo viele Thellnahme findet. Bor der Reiterflatue des verunglüd- 
ten Herzogs von Orleans bleibt fein Menſch mehr ſtehen; um Klefingers 
nadte® Weib iſt Zudrang den ganzen Tag. Diefe liegende Tochter Eva's, 
welche den Unterkörper in elaftifcher Kraft vor u. den Oberkörper zurüddrängt, 
it unter dem fchlichten Titel aufgeführt: „Weib, das von einer Schlange gefto- 
chen wird. Studie” Man hat ihr auch unten am Beine ein metallenes Shläng- 
fein angefchraubt, aber die Pariſer fagen : dieß {ft nur für den Anftand u. hier iſt 
nicht Tod, fondern äußerſtes Leben; dieſe Glieder ſind nicht in Schmerz, fondern in Wol⸗ 
luſt gefpannt; auf diefem leider gar weit zurüdgeworfenen Angefichte zudt nicht der 
einer Schlange. Das iſt ein übles Zeichen: Die Kunft nimmt fchon die afficirte 
Sinnlichkeit in Pacht. — 3) Malerei. Aus der keltifchen, gallifchen u. gallifch- 
tömifchen Zeit find uns feine Denkmale der Malerei erhalten. Erft aus der fraͤnkiſchen 
Zeit haben wir folche u. zwar in Mofatf. So iſt noch jest in der Gruft von St. Denis 
vie fehr rohe Grabplatie der Fredegunde in Moſaik zu jehen. Auch aus der ka⸗ 
rolingiſchen Zeit ift Nichts mehr übrige. Man hat übrigens bemerkt, daß zwei 
Richtungen ſchon frühe und faft unausgefegt geblüht haben, nämlid, die Mintas 
tummalerei auf Pergament und die Glasmalerei. Erſt unter Ludwigs VII. Re- 
glerung (+ 1087) fingen, befonders durdy die Bemühungen des Abtes Suger an- 
geregt, die Künfte zu blühen an, ohne daß fich jedoch hier, vote anderwärtd (3.8. 
in Stalfen und Deutfchland) Schulen bildeten. König Karl V. war ein Beför- 
derer der Künfte. Im 15. Jahrhunderte wurde die Geſchichte der Sungfta von 
Orleans bereitö Gegenſtand verſchiedener Darftelungen in Gemälden. Die Email- 
malerei nahm um dieſe Zeit bereits ihren Anfang; noch jet gehören vie W⸗ 


362 Frarnzoͤſiſche Kunſt. 


beiten, beſonders die Emaux de Limoges, zu den „gudbten Kunftidyägen. Der 
Einfluß der am burgundifchen Hofe blühenden flandriichen Malerſchule war noch 
im 16. Jahrhunderte fehr bedeutend. Erſt unter Franz L, der berühmte italieniſche 
Künftller (4. B. Leonardo da Bind, Sarto, Primaticcio u. 9.) an feinen Hof 
rief, bildete 2 allmählig, freilidy unter dem Einfluffe diefer, eine eigene f. K. 
Aber auch noch in diefer Zeit malte man vornehmlidh in Glas, Email und Mi⸗ 
niatur. Das Streben der franzöflfchen Künftler ging mehr auf äußeren Schmud 
und ſchoͤne, gefällige technifche Derfelung, als auf das Höhe und Grhabene, das 
der Kunft ald Ideal vorfchweben ſoll. Bramante, der Glasmaler, erhielt damals 
fogar einen Ruf nah Rom. — Sean Couſin eröffnet die Reihe franzoͤſtſcher 
Künfller. Sein Delgemälde (ed befindet fih in der Saftiftel der Minimen bei 
Bincennes) war das erfte größere Ditoriengemäfbe, Auch in der Glasmalerei 
und PBerfpertive war er tüchtig. Beſonders ließ er fi) audy die Sammlung aus⸗ 
gezeichneter ttalienifcher Meiſterwerke (Gemälde) angelegen ſeyn. Mart. Froͤ⸗ 
minet, Hofmaler unter Heinrich IV., bildete fiy vornehmlich nach Mid). Angelo. 
Aber bald fing die ſchoön emporblühende Kunftblüthe wieder zu welfen an; es 
nahm fie ein ausfchweifender Hof (unter Franz IL und Karl IX.) in Dienft, und 
üppige Darftellungen nady den Ideen des Aretino galten für das Höchſte. Erſt 
Simon Bouet (+ 1641), der fi) in Benebig und nad) Garavaggio bildete, 
reinigte den Gefchmad wieder und fliftete eine Schule; aber audy er verfiel zu⸗ 
lebt wieder in das Manterirte. Seine Schüler find 3. B. Mola, Mignard, 
Chaperon, Claude Bouet, Dorigny u. A. Berühmte Zeitgenofien von 
ihm waren Berrier, Duintin Barin, Jouvenet, Allemand. Varin 
wor der Lehrer Bouffins (f. d.), des Gründers der fogenannten heroiſchen 
Landſchaft, gewöhnlich franzöftfcher Raffael genannt. Sein Schüler Kasp. Dughet, 
Gasparo gewöhnlid genannt, bildete dieſes Genre der Malerei weiter aus. 
Er lebte meift zu Rom. Andere berühmte Maler dieſer Zeit (17. Jahrhundert) 
find: Balentin, Blanchard, Claude Lorrain (ſ. ®else), der audges 
zeichnetfle Landfchafter aller Zeiten, Nicolas Mignard, Ehauveau, Wig- 
nard le Romain (f. d.), berühmt durch feine meifterhaften Porträte u. Fresco⸗ 
malereien, Bourdon (f. d.) u. Lefueur (f. d.), der beveutendfle Künftler der 
damaligen clafftfchen Schule. Als großer Maler im Genre des Humor {fl hier 
beſonders auch Jacq. Eallot (f. d) zu nennen. Unter Ludwig XIV. zeichnete 
fih beſonders Lebrun (|. d.) aus; er malte fehr viel mit Leichtigkeit u. Genie, 
doch zeigt fi) audy viel Manierirtes und für den Effekt Berechnetes bei ihm. 
Auf fein Anrathen wurde von Minifter Colbert die franzöfifche Alademie der Kunft 
in Rom und Paris gegründet. Mit Lebrun nahm das Stubium der italieni- 
ſchen Meifter ab. Unter den nun folgenden Künftlern zeichnen fich übrigens aus: 
Audran, Mariette, Gabr. Lebrun, die Gebrüder Courtois (ſ. d.), ges 
nannt Bourguignon, beveutende Schlacdhtenmaler, Coypel (f. d.); ferner find 
bier zu nennen : Choͤron, Vivien, Parrocel, Syiveftre, Andr6 und Lafage Am 
teieften von Manier war der geniale Porträtmaler Hyacinth Rigaud (f. d.). 
te &enremalerei bildete befondere Wateau (f. d.) aus, deſſen Masferaden, 
Schäferſcenen u. f. w. ungemeinen Beifall finden und jebt noch als feinfte Ro- 
cocoftüde gefchägt find. Die wahre Kunft litt aber fehr unter Ludwig XV. durch 
die fogenannte! Luxuskunſt an Spiegeln u. dgl. u. den Geſchmack an Cameen⸗ 
gemälden. Bon Lortot flammt die Kunft, PBaftelfarben zu firiren. Unſaubere 
und bloß finnenreizende Bilder fchufen Boucher (f. d.) u. auch Banloo (f. d.) 
noch. Erft in der Mitte des 18. Jahrhunderts erfolgte ein Umſchwung; das 
Studium der Antife u. Ratur verfcheuchte die Unnatur, Klachheit und den ge- 
ſchlechtlichen Schmug in biefen Malereien. — Joſ. Bernet (f. d.) regenerirte bie 
Landſchaftsmalerei; feine Darftellungen zeugen von gründlichem Raturftudium. 
Der Graf Caylus (f. d.), der franzöſiſche Winkelmann, empfahl die Antite u. 
munterte auf jede Weiſe dazu auf. Greuze malte treffliche Volksſcenen; einfach 
und licblich if fein Styl, Seit ihm hat das Geurebilh den Ramen tableau de 


Franzoͤſiſche Kun, 33 


genre. Bien (f. d.) war der Berbefierer ded Kunſtgeſchmackes und ber neuen 
Schule, aus der David (f. d.) hervorging. — Seit ed nun in Frankreich übers 
haupt eine nationale Kunf gibt, finden wir mehr oder weniger unzuſammen⸗ 
bängende Epodyen, deren Charakter nicht fo fehr durch eine volkörhümliche Tradi⸗ 
tion, als vielmehr durch Äußere politifche Einflüfe feſtgeſtellt erſcheint. Außer 
den alten Illuminatoren hat Franfreidy aus dem Mittelaiter fidy keiner Maler zu 
rühmen, weldye ven deutichen Meiftern Wilh. v. Köln, Holbein, Dürer, Kranach 
u. A. an. die Seite gefegt werden dürften. Pouſſin und Lebrun, große Kuͤnſt⸗ 
fer, hatten fid) ausichließlidh an den Werfen und in den Schulen der Italiener 
und das Nationale iſt daher bei ihnen „ger nicht in Anſchlag zu bringen. 
mit David cf. d.) fehen wir die charakterifiifche franzöftiche Malerei aufs 
treten. David und feine Schüler Buerin, Girodet, Bros u. W. haben 
jedoch meift nur plaftiich die Kunft erfaßt und fie, den von ihnen mit Vorliebe 
ewählten Gegenftänden gemäß, in antiker Weife behandelt. Die damaligen po⸗ 
er ‚ philoſophiſchen und religiöfen Einflüffe hatten ſich auch auf die Kunft 
hnt. Unter der Reflauration machte ſich das halt: und gemüthlofe viefer 
den Richtung ſehr bald bemerklih. Der chriſtliche Geiſt, lange miß- 
handelt und gehöhnt, verfchaffte ſich auch hier fein Recht. Diefer Geiſt, der ſich 
zunächſt an die volfsthümlichen Erinnerungen aus dem Mittelalter anſchloß, 
wirkte deſto mächtiger, je länger er durch Frühere Zuftände unterbrüdt geweien 
war. Daher denn auch die Extreme. Die neue Richtung, weldye die Franzoſen 
die romantifche nennen, hat allerdings ihre Wurzel in der chriſtlichen Welt⸗ 
anfhauung, und iſt deßhalb in der Romantik, welche ald Gegenfab des Geiſtes 
bes antiten Welt bezeichnet werben Tann, mit inbegriffen; aber fie if denno 
mur eine einfeitige Form derfelben, welche ohne irgend einen großen Hintergrund 
fidy entweder in frühere, aber längft befeitigte, Zuftände u. Bepürfniffe affectirend 
tneinphantaftrt, oder in dem bedeutungslofen Treiben der Gegenwart einen Ans 
nüpfungspunkt ſucht. Gntbehrt demnach die gegenwärtige f. K. bes idealen 
Charakters fafk gänzlich, und fucht dieſelbe ſich möglich eng an die Wirklichkeit 
und deren Ericheinungsweife anzufchließen, fo befteht gerade darin ihre Originali⸗ 
tät: denn ein Ähnliches Prinzip läßt fi) in der‘ Kunft irgend eines andern Vol⸗ 
kes, felbf der älteren Niederländer, nicht nachwelfen. Durch die Franzofen iſt das 
Diorama erfunden worden, u. von ihnen wird in illuſoriſcher Wahrheit bei Rach⸗ 
bilvung des Wirflichen jede andere Nation übertroffen. Es if übrigens unver; 
fennbar, daß die Malerei in Frankreich weder eine Entwidelung älterer Keime u. 
Bluͤthen fei, noch daß fie auf einer innigen Ueberzeugung beruhe, fondern daß fie 
ale ihr oberſtes Geſetz die Move anerfenne. Doch foll dieß keineswegd ein Grund 
fegn, den darin thätigen Talenten Anerkennung und Bewunderung zu zollen. Zu 
der Schule Davids, die, wie wir bereitö erwähnten, von der neueren romantiſchen 
Schule überwunden wurde, gehört mit einigen romantifcdhy- modernen Ainklängen 
GSros (+ 1835) und Gerard (ſ. dd.). Auch im Lurembourg find nody viele 
Bilder diefer Richtung, welche, bei unverfennbaren Berbienften, doch faft alle an 
dem Grundfehler der Schule — der fatuarifchen Kälte — leiden. In derſelben 
Richtung, wie die genannten, verharren auch Court, Blondel, Cout an, 
Delorme, Langlois x. Dagegen haben ſich Fragonard, Picot, Drol⸗ 
ling und Heim mehr der neueren Schule genihert. er Einzige, der mit den 
eläuterten Grundfägen der claffifchen Schule die Ideen der neueren romantiſchen 
tung zu verbinden u. dadurch bei gleichzeitigem Studium ver alten Jtaliener zu 
einem eigenthũmlichen Refultate zu gelangen fucht, IR Ingresch.v.). Es if ie 
zu verfennen, daß die Kunſt nur die äußere Seite, die Abfpiegelung der geiftigen Rich⸗ 
tung, Denkweiſe, Stimmung der Zeit ift, u. nicht die , glauben wir, beſtimmt 
je die geifige Ridytung eines Bolfes zu der oder jener Zeit, fondern diefe bes 
ſtimmt die Kunft, kann ihrer fi) unmöglidy entfchlagen und faugt fle unwillkür⸗ 
lich ein, weil fle niemals in diefer Ntmofphäre lebt. Wir beftteiten daher ent⸗ 
ſchicben, daß erſt die Kunſt den Franzoſen an Shakeſpeare, Böthe, Schilier, Hoff⸗ 


364 ZJranzoͤfiſche Kunfl, 
mann u. f. f. Geſchmack u. Wohlgefallen beigebracht habe, fondern müflen, nur 
einigermaßen mit der Literaturgefchichte des Volkes vertraut, eine foldye Behaup- 
tung für unftatthaft halten. — Der genialfte und vielfeitigfte der franzöfifchen 
Maler it Horaz Bernet (f. d.). Neben viefem waren es vornehmlidy zwei 
Ausländer, die in verfchtedener Art, aber gleich erfolgreich, die neue Bahn brechen 
balfen, der Schweizer Leopold Robert u. Ary Scheffer, aus den Niederlan⸗ 
den gebürtig, letzterer beſonders im Genre bepeutend. Schüler und Nacheiferer 
Scheffers tft deſſen Bruder Henrt Scheffer, der als Portraitmaler audgezeichnet 
fl. An die Genannten fchließt fih Delacroix (f. d.), ein wildes Genie, das 
fi) in der Darftellung des Gräßlidhen und Phantaſtiſchen vornehmlidy gefällt. 
Schon fein „Dante u. Birgif, über den See der Höllenftandt fahrend“ (1823 ge- 
malt) erweisſt dieß deutlich. Zu feinen berühmteften Bildern gehört „das Blutbad 
auf Seco.“ — Ein Künftler, vielleicht von weniger glänzendem Talente, aber un« 
gleicher tiefer Durchbildung, iſt Paul Delarode (f. d.), Schüler des verflorbe- 
nen Gros. Charaktervolle Darftellung Acht pramatifcher Momente, eine unermüds 
liche Ausdauer, tiefed Stublum der Meußerung der Gemüthözuflände u. treue Beob⸗ 
achtung des Coſtuͤmso brachten ihn fchnell auf den Gipfel des Ruhms. Hervor- 
ragende Künfller find ferner: Sigalon, Steuben u. der tonangebenbe franzö⸗ 
fiiye Maler Eug. Deveria, ein hübſches Talent, aber ohne alle Tiefe u. bloß 
für den Tageögeichmad arbeitend. Einer ähnlichen Ridytung gehörten u. gehören 
um Theile noh an Buichard, Boulanger und Johannot. Unter den 
"übrigen Hiftorienmalern (die Genannten find größtentheild folche) zeichnen ſich 
aus: Monvoiſin, Champmartin, Ziegler, Rioult, Jolliöt, Frago⸗ 
nard u. Alaur (die fi) von der claffifdhyen Schule zur neuen romantiſchen ges 
wendet Baben), Lignol u, Flandrin. — Im Genre leiften die Franzoſen, wie 
audy ihre ganze Kunftrichtung vermuthen läßt, Bortreffliches. Freilich beruht das 
Interefie an folchen Darftellungen weit mehr auf den Gedanken u. der geiftreichen 
u. meifterhaften, oft fogar zu flüchtigen, Einkleidung in Form u. Farbe, als auf 
der Tiefe und Vollendung der Ausführung, wie wir fle bei den guten Niederlaͤn⸗ 
dern zu finden gewohnt find. Wir erwähnen bier: Jeanron, Ovier, Jacquard, 
Bellange, Fleury, Beaume, Mad. Herfent, Thevenin u. Bict. Adam. 
Im niederen Genre find Grenier u. Destouches weltbefannt, der Erftere durch 
„bie Heinen Holzbiebe,” „Le mauvais sujet et sa famille;* der Andere durch 
fein „WBatfenmäpchen“ u. den „Abfagebrief.” Kerner find zu nennen: Duval le 
Camus, Sranquelin, Baudyeletu. Durac, u. in der neueften Zeit Gerome 
und Couture, deflen Bild „Römer aus der Zeit des Verfalls“ in der jüngften 
(1847) Kunſtausſtellung im Louvre vornehmlidy die Aufmerkfamfelt der Befucher 
auf fid 309. In launigen Sujets iſt Gros⸗Claude lobenswerth; Biard 
übertrifft ihn noch. In der Darftellung von Interleurs zeichnet ſich Granet vor 
allen Andern au. Auch der Graf Forbin hat in diefem Fache Treffliches ges 
leiftet. Die Anflchten von Städten, Kirchen u. andern Gebäuden von Dauzats, 
Renour und Sebroy find anfprechend und gut gemacht. Unter den Künftlern, 
weldye den Uebergang vom Genre zur Landichaft machen, ſteht Eharl. Des 
camp (f. d.) oben an. Ein anderer ungemein talentvoller Künftler im Genre 
u. der Landfchaft iR Camille Rogueplan. — In der Landfchafts- u. Marines 
malerei haben die Franzoſen vortreffliche Meifter in ‘Bouffin, Claude Lorrain u, 
Joſ. Bernet gehabt. Es ift daher nicht zu verwundern, wenn die jegigen Künfller 
in diefen Fächern, die zahlreichen Werke diefer Meifter ftetd vor Augen habend, 
es gleichfalle auf hohe Stufe gebracht haben. Für den ausgezeichnetftien Marine- 
maler gilt Eugene Iſabey; ‚nächftvem hat Theodor Gudin den berühmteften 
Namen. Er zeichnet fi) vor allen Neueren durch den feinften Sinn für Farbe u. 
Harmonie aus. An Gudin ſchließt fi) Tanneur an. Einen eigenthümlichen Weg 
aben Barnerey u. Lepoittevin eingefchlagen. Dem Erfteren iſt das Schiff, dem 
esteren die Anficht von Küften die Saul — Sn der Landfchaftmaleret bes 
/ränkt man fi in Frankreich faſt ausſchllezlich auf vie realiſtiſche Auffaffung, 


Frauzoͤſiſche Philoſophie. 865 


und findet dad höchfte Ziel derfelben in der getreuen Nachahmung der Natur. 
Auch Haben es die Kranzofen hierin zu einer Meifterfchaft gebracht, wie wir fie 
bet keiner andern Ratton treffen. Hier find vornehmlich zu nennen: Giroux, 
Bertin, Bidault, Remont, Jules Dupre, Lapito, Aliguy, Jul. Coig⸗ 
net, Zolivart, Rouffeau, Watelet, Joly, Eabat, Ealame ıc. Das 
Blumenſtück wird befonders von dem berühmten Redouts cultivirt. Zu den Por⸗ 
traitmalern, welche die Mode begünftigt, von denen aber fonft Nichts zu rühmen 
iR, gepören Dubufe, Kinfon, Lepaulle, Eourt u. Winterhalter. In 
der taturmaleret zeichnet fi) Mad. Mirbel befonvderd aus; weniger Saint, 
Matret, Mourlan, Die Aquarellmalerei befchäftigt eine Menge Künftler. Die 
weitverbreitete Mode des Albums befcyäftigt fogar bedeutende Künfler. Des 
veria, Johannot, Decamps, Roqueplan, Ulrich u. befonders Watelet, 
J. Dupvrie, Gallow u. Ehampin find bier zu nennen. In der Kupferſtecher⸗ 
funk u, in der Lithographie haben die Franzofen Ausgezeichnetes geletftet, befon- 
ders auch in der Kreivezeichnung u. in ber erbefferung der Zeichnungsmanieren. 
Gravedon if ald vortrefflicher ‘Portraitzeichner auf Stein befannt. Die Holz⸗ 
ſchneidekunſt iſt ebenfalls gut vertreten. Paris iſt natürlich auch für die Kunſt 
der Mittelpunkt; doch haben auch die Provinzialftänte beveutende Mufeen, Kunft- 
ſchulen u. Kunftvereine gebildet, namentlich Lyon, das außgeaeichnete ©enremaler 
Die „Societö libre pour Pencouragement des ar (gegründet 1830 zu 

e) fucht die gemäßigte Mitte zwiſchen Glaffifern u. Romantifern zu behaups 

en N gramgöfiie Hhilsfopbie: Daß die’ Shlofephie während des Miele 

e oſophie. Daß die opbie während des Mittela 

terö in Frankreich u. vorzugsweiſe in Paris einen fruchtbaren Boden fand, be= 
weifen die philofophifchen Kepräfentanten jener Zeit, wie Abälardus (fi. d.), 
Thomas von Aquino (f. d.) u. Andere, die in Paris ihren Lehrſtuhl aufge 
ſchlagen hatten, wo überhaupt der Kampf zwiſchen Scholaſtik u. Myſtik, Realis- 
mus u. Rominalismus, Kirchenglaube u. Bernunftreligion am heftigſten geführt 
wurde. Die eigentliche f. P. beginnt jedoch erſt mit der Zeit, als die Pfleger u. 
Stimmführer derfelben fidy der franzöfifchen Sprache zu bedienen anfingen, naͤm⸗ 
Lich im 16. Jahrhundert Montaigne u. Charron (f. dd.), genährt durch das Stu⸗ 
dium der Alten, legten in ihren Schriften ihre Anfichten über Bolt u. Menfchen, 
über die Möglichkeit des Wiſſens u. das Verhaͤltniß der Sitte zur Moral u, des 
Glaubens zur Bernunft, abweichend von dem hergebracdhteften Formalismus der 
Schulphiloſophie, dar, doch mehr in ralfonnirender, als ſtreng wifienfchaftlicher 
Form. Um fo mehr genügte in letzterer Beziehung Bodin, der in feinem Werke 
„De la republique‘“ eine tieffinnige philoſophiſche Anfchauung beurfundete. Mit 
Descartes (ſ. d.) im 17. Sahıh, befreite ſich die Philofophte von dem ſchlech⸗ 
teren raiſonnirenden Stepticismus und erhob fidy durch ihn zu einer Macht, die, 
als tm Geiſte ruhend, weit über den fpäteren Senfualigmus und Materalismus 
erhaben if. Ihm fchlofien fih Malebrandhe, Montedquieu, Condillac, 
Bonnet u. Andere an. Dagegen fanden fidy aber Biele, die ſich dem Skepti⸗ 
cismus überliegen, wie de la MotheleBayer, Huet, Bayle, Gaſſendi 
u. Andere. Unabhängig von allen eigentlich ſyſtematiſchen u. fpeculativen Strei- 
feiten, fchrieb Fenelon (ſ. d.) in fchöner Spradye und mit warmem Herzen 
feine „Recherches sur l’existence de Dieu“ und Boſſuet's glänzende Rhetorik 
war keineswegs der Philofophie abhold, wie dieß befonvers feine „Connaissance 
de Diou et de soi-m&öme“ erweist. Mehr Ralfonneur, als Bhilofoph, IR St. 
Evremont mit feinem elbertiner -Anhange in liederlicher Geſtnnung, u. Fon⸗ 
tenelle in witzigen, nichtsſagenden Tiraden. Im Anfange des 18. Jahrh., das 
die Franzoſen „Le siecle philosophique“ nannten, begann der Dogmatismus 
(d. 5. das Feſthalten an einzelnen beflimmten philoſophiſchen Lehrfägen) zum 
Emptrismus u. Senfualismus fidy zu neigen, der befonders durch die Be- 
kanntfchaft mit ode u. der englifchen Philoſophie genährt u. durch Condillac in 
en Syſtem gefaßt wurde; dann zum Materialiömus u. Atheismus, \we 


366 Franzoͤſiſche Philoſophie. 


man ſtufenweiſe Kirchenglauben, Chriſtenthum u. Religion für Unfinn, oder we⸗ 
nigftend für überflüfftg erklärte, u. die Eriftenz Gottes u. einer auf die Lehren des 
riſtenthums gegründeten Moral läugnete Es war jene wilde, im leivenfchaft- 
lichen Triebe u, Drange Alles niederwerfende Afterphilofophte, welche, einen feine 
Kraft und Göttlichkeit ahnenden Menfchengeifi an die Stelle Gottes fehend, am 
Ende zu den ertremflen Berirrungen trieb. In diefem Sinne nun bald frivol 
fpottend, bald dad Alte u. Herfümmliche ſcharf befämpfend, philofophirten Boltatre 
u.die Encyflopädiften (f. d.), unter ihnen vor Allen Diderot, d'Alembert, 
Helvetius, Holbad) („Systeme de la nature“) u. der bis zum Wahnfinne 
freigeiflige Lamettrie, deren Atheismus felbft Voltaire zu ſchrecklich fand. 
Es darf nicht befremden, wenn unter foldyen Berirrungen, von denen fidy übrigens, 
zum Theile wenigſtens, Rouffeau, in dem edlere Elemente wirkten und der ſich 
einem minder groben Raturaligmus zumandte, u.nur Wenige noch (wie Bauvenargues 
u. Vernet) fret hielten, in den Tagen der Schrediendherrfchaft das Chriftentyum 
durch Decret abgefchafft u. der Dienft der Bernunft, die durch eine öffentliche 
Dirne repräfentirt ward, eingeführt wurde. Mber nie ift dad Heilige eflatanter 
erächt worden, ald durch Robespierre's eigened Decret, das Fur; darauf den 
lauben an einen Gott wieder befahl, nachdem ihn der Eonvent im Kieberwahne 
abgeſchafft hatte u. der Erzbifchof Gobet (or vor den Schranten viefes Con⸗ 
vents erfiärte: „mit dem alten Gotte fei es aus.” Und hätte die frangoftfche 
Schule feine anderen Kortfchritte in neuefter Zeit gemacht, fo wäre der Fortichr 
roß genug, daß fie von diefer Richtung des —*8 zurückgekommen iſt. — 
* ben 3 Hauptrichtungen, nach welchen die franzöftfchen Philoſophien der Gegen⸗ 
wart ſich hinneigen, iſt aus der frühern Zeit der Senſualismus u. Materialismus 
eblieben; er hat als Id eotogie (Rapoleon, aller tieferen philoſophiſchen For⸗ 
hung abhold, nannte die reinfpeculative Philoſophie fo) nad) der Revolution 
unter der Kaiſer⸗Regierung nur im Stillen fortgewirkt bis zur Reftauration, ifl 
aber jetzt als vernichtet anzufehen. Ihm gehörten an: Babanis, Deftutt de Tray, 
Garat, Azais, Sondorcet, Lancelin, der Arzt Brouffatd, Graf Bolney und 4. 
Gall's Schaͤdellehre hatte fich des größten Beifalles der Senfualiften zu erfreuen, 
deren Motto ohnedieß heißt: „Les nerfs, voilä tout l’"homme.“ Nach ver Re- 
flauratton traten auf: ber Theologismus, der eigentlich nichts Anderes if, 
als die Rüdkehr der Philoſophie zum Glauben ver Fatholifchen Kirche u. über: 
haupt zur geoffenbarten Keligton, Zu den Vertretern diefer Phafe der Philoſo⸗ 
pbie gehörten: Graf de Maiftre, Lamennais, Bonald, Frayffinous, Ballandhe u. 
der feit 1815 in Frankreich lebende daͤniſche Baron v. Eckſtein (der noch Lebende 
PBarifer Eorrefpondent (2) der Augsburger Allgemeinen Zeitung). Dieſe Philo⸗ 
fophen Hulpigten mehr oder minder audy dem polttifchen Abſolutismus. Rad 
der JZulirevolution bat in ihrem Geiſte Bautin philofophbirt, aber die Rell- 
an wenn nicht vom Staate, dody vom Politicismus getrennt. Run folgt ver 
£lefticiömus oder rationale Spiritualismus, deſſen Belenner, wie 
der Rame fagt, fein beftimmtes Syftem verfolgen; die Einen von thnen hängen 
noch fo halbweg dem Matertalismus an und fin befonvers flark in der Meta 
phyſik, wie Berard, Biray, Baron Maſſias, Köratry, Droz, Azais, Kor. Pichard, 
Raucourt; Andere, vornehmlich Pſychologen, find halbe Senfualtften, wie 
Zaromiguere, Thurot, Degerando, Cardaillac; Andere philofophiren in dem Geiſte 
verfchiedener deutfcher Schulen, wie Billard und Frau von Stasl nady Kant, 
Benjam. Eonftant nady Kant u. Jakobi, de Biran nady Leibnig; Andere nad) 
fhottifchen Philofophen, beſonders Royer⸗Collard, Jouffroy u. die meiften Lehrer 
an den Eollöges in Frankreich folgen diefem u. dem ganz beſondern Goufin’fchen 
Eklekticismus/ in dem auch griechiſche, befonders platonifche, Elemente aufges 
nommen find: fo Damiron, Mazure, Mallet, Garnier, Poret u. A. Als gewich⸗ 
tigſter Gegner des Eklekticismus ift in meuerer Zeit namentlich P. Lerour (f.d.) 
in ber „Refatation de l’&clecticisme“ (Paris 1839) aufgetreten. Dem St. Si— 
»aoniemus Fan man gute Einflüfe auf vie yhllolonuiiigen Berehungen nicht 


Franzöfifges Recht — Frauzoſiſche Sprache u, Literatur. 367 


forechen, obgleih Simon u. Fourier (f. dv.) natürlich mehr den Staat u. 
menſchliche Gefellfchaft nach ihrem Syſteme zu conftruiren, als ſich dem bes 
t8 Gegebenen unterzuordnen u. ed bloß vernünftig aufzufafien beftrebt waren. 
ı neuefter Zeit fchließen ſich die meiften der franzöftichen Philofophen an die 
uſche, und beſonders fpinozifchsbegeliche, Schule an und beuten überhaupt die 
atſchen Philofophen zur Genüge aus, wie dieß die vielen Ueberfegungen gans 
u. einzelner Werke der Deutichen, fowie bie no nanblungen über die Syſteme 
rfelben erweifen. Es gehören hieher: Michelet, Balanche, Edg. Quinet, Buches, 
rueinier. Bon den vielen Werken über vie philofophiichen Syſteme unferer 
ndöleute führen wir bier nur an: Willm's „Essai sur la philosophie de- He- 
* (Bd. 1, Straßb. 1836), Barchou de Penhoen’8 „Histoire de philos. alle- 
nde depuis Leibnitz jusqu’ à Hegel“ (2 Bde., Paris 1836), Amand Sainte's 
istoire de la vie et des ouvrages de B. de Spinoza“ (Paris 1842), Durs 
egel et la philosophie allemande* (Paris 1844) u. a. Bemerft muß bier 
ch das Streben der meiften philofophiichen Gelebritäten Frankreichs werden, 
b von-allem u. jedem Eirchlichen Einfluffe loszumachen, ja, oft der Kirche ges 
nüber die Philoſophie ald das allein Befeligende und Beglüdende binzuftellen 
ziemlich deftructio gegen Chriſtenthum u. Monarchismus zugleich ſich zu ges 
en. Die Kämpfe über Die fogenannte libert6 de l’enseignement public —*— 
ch keinesweßs abgeſchloſſen. BA. 
Stanzöfifches Recht, |. Frankreich u. Recht. 
anzöfiiche Sprache unn Literatur. Werfen wir zuerſt einen aufmerk⸗ 
men Blid auf das Formelle jeber Literatur, Die Sprache, hier alfo fpeztell vie 
anzöfifhe Sprade, fo muß und auffallen, daß man in neuerer Zeit zu 
weiten verfucht hat, daß die franzöfifche Spradgg von dem Sanskrit ab» 
ımme, nachdem fchon früher von Perion, Leon Trippault und befonders von 
einrih Stephanus behauptet: worden war, daß fie fi) unmittelbar aus ber 
riechiſchen Sprache gebildet babe. Wahrfcheinlicdh kam man auf legtere Hy⸗ 
sthefe durch das bekannte Factum, daß fich in früheften Zeiten ſchon Griechen 
- Marfeille angeftedelt hatten. Jedoch iſt auch die erftere Anficht -infofern dann 
htig, ald eben das Griechiſche (ja auch das Celtiſche u. Lateintfche), feine Wur⸗ 
‚in dem Sanskrit hat. Jedenfalls ift e8 aber ein Umweg, den man mit dies 
t Annahme gemacht bat: denn es laͤßt fich zu deutlich nachweiſen, das das 
tanzöflfche ganz unmittelbar aus dem Lateintfchen fidy gebilbet hat. 
achdem die Römer Gallien ſich unterworfen hatten, wurbe auch die Iatel- 
ſche Sprache als Gerichts- u. Geſchaͤftsſprache eingeführt, u. das Ehriftentkum, 
8 allmälig in Gallten Fuß faßte, war ja ebenfalld den Bewohnern des letztern 
ındes in der lateinifchen Sprache dargeboten worden. Zwar war es nicht mehr 
e Acht Iateinifche Sprache der alten. Römer, fondern jene, lingua romana rus- 
ca genannte, die in den Laͤndern Weſt⸗Curopa's durdy den Gebraudy u. durch 
eimiſchung von landesthümlichen Slementen ſich weit von der urfprünglichen 
einheit entfernte. Nach der Ginmanberung der Germanen in Frankreich trugen 
Wr diefe zu einer neuen Geftaltung der Spradye bei; zwar Wörter flofien in 
gerem Maß ein; diefe blieben zumeift die lateintfchen, da die dort einwars 
znden Germanen felbft die römifche Sprache für Kirche und Staatsangelegen- 
eiten annahmen; aber wohl in grammatifcyer Hinficht brachten die Germanen 
Jeränderung in die Sprache. Es ſcheint wenigfiene nur von dieſen die Ans 
ahme des Artikels, die Ablegung aller Deklination, die Borfegung der Perſonal⸗ 
Bronomina vor die Verbalformen u. der audgebehntere Gebrauch der Hülfswörs 
er haben und feyn (avoir u. ötre) zur Bildung der Tempora, Modi ıc. des 
Berbums herzurühren. Diefe, auf die angegebene Weife durdy den landesthümli- 
ben und germanifchen Einfluß modificirte, Sprache nennt man das Romanzo 
Langue romane). Je nad) der Berfchleenheit der germaniſchen Einwanderer 
a Sid» u. Nord-Franfreich bildete fi) das Romanzo audy in beiden Landes, 
witien, als deren Gränze die Loire anzunehmen tft, verſchieden; «8 Krk Im 





368 Franzoͤſiſche Sprache u, Literatur. 


Süds$ranfreidh fonorer u. weicher und hieß dort (wahrſcheinlich von der Aus⸗ 
Ipradıe des Wörtchens „auch“ = 00): Langued’oc (Dcfpradye, occidantiſche 
prache). In ihr fangen die Troubadours. Seit vem 12. Jahrh. hieß fle vor- 
nehmlich Provencalifche Sprache (Roman provengal), als nämlidy die Gra⸗ 
fen von der Provence die Oberhand in Suͤd⸗Frankreich erhalten hatten. In Rord- 
Frankteich, wo die Kranken und feit dem 10. Jahrhunderte noch die Rorman- 
nen, ein ffanbinavifcher Stamm, berrfchten, war die Sprache rauher u. unbieg- 
famer. Sie hieß von den vorwaltenden Franken Langue france, auch Roman 
wallon, u. (weil den dortigen Bewohnern „auch“ — oui oder oil war) 
d’oil. In diefer Sprache dichteten die Trouveren u. fie wurbe, als in der Mitte 
des 13. Jahrh. das Haus Anjou auch Süd⸗Frankreich erhielt, auch hier, nach 
Unterbrüdung ‚der provengalifchen (von jet an nur Provincialſprache), u. fo in 
anz Frankreich ald Schriftfprache die herrfchende, nachdem fie fchon im 1 
abrhunderte von Wilhelm dem Eroberer mit nach England geirngen worden und 
dort die berrfchende geworden war. Hier zeigte ſich auch ihr Einfluß noch, als 
fi) im 14. Jahrhunderte die englifhe Sprache (f. d.) bildete. — Was die Li- 
teratur in Frankteich betrifft, fo hat es Gelehrte gegeben, die, im @efühle ihres 
Weltbewußtſeyns, diefelbe bereitö mit Virgil beginnen ließen, da ja biefer ein 
Gallier von Geburt (aus Andes nämlidy, bei Mantua in — transpadana) 
gewvefen fe. Andere haben fie wentger fabelhaft. Auſonius, Salvianus, Sul- 
picius Severus, Sidonius Apollinaris u. A. beginnen wollen, da diefe wirkli 
Gallier waren, Es ift aber eine allzubeutlicy in die Augen fpringenve Abfurbi- 
tät, Schriftfteller bieher rechnen zu wollen, die fa in ganz anderer Sprache, ale 
der franzöftfchen, ſprachen u. fchrieben, nämlich in ver lateiniichen. Ja, nicht ein- 
mal die fpäteren Schriftſtellgg 3. B. Gregor de Tours, Berengar, Abälard u. A., 
ſowie überhaupt die Schriftfieller der Karolingifchen Zeit, gehören hieher. Man 
bat Miles, bis zur Ausbildung der franzöflfchen Sprache in Frankreich an Lite 
raturwerfen Grfchienene, wenn man e8 font berüdfichtigen wollte, unter dem 
nicht eben fehr pafienden Ramen einer gallifchen Literatur zufammenzufaf- 
fen vorgeſchlagen. Mit Recht hat man übrigens nicht einmal die Trouba- 
dours (. d.) zur franzöftfchen Literatur rechnen wollen: denn fie vichteten und 
fangen nicht in der heutigen franzöſiſchen Sprache, fondern in jener, ald ein be- 
fonderes Idiom fich bildenden, provengaliihen Sprache. (Die Werke der Trou- 
baboursSBoefle find gefammelt in Raynouard's »Choix des po6sies des Troube- 
dourss u. defien »Lexique roman, in —— i »Parnasse occitaniens und 
ſeht gut erläutert durch Diez in deſſen Schriften „Die Poeſie der Troubadours“ 
u, „Leben u. Werke der Troubadours.“) Mit mehr Recht jedoch gehören fchon 
die, nach dem Aufhören des provencaltfchen Gefanges hervortretenden, norbfran- 
zöflf en Trouvered oder Yablierd hieher, und fie beginnen gewiſſermaſſen bie 
franzöftfche Literatur oder die erfte ‘Berlove diefer. Wie die Troubadours, zählten 
auch fie Grafen u. Fürften in ihren Reihen, fo z. B. Thibault, Grafen von Eham- 
pagıı u. König von Ravarra (1201—1253) u. den berüchtigten Karl v. Anjou 
(1220—85). Sie fangen zwar auch Lieder, doch treten fie vorzüglidy mit den 
Sabliaur (romantifcdyen Erzählungen u. Mährchen) u. den Contes (Anefvo- 
ten) bervor, die theild in Proſa, theild in Verſen gedichtet waren. Eben biefe 
Fabliers waren im 12. Jah. die eigentlichen Schöpfer des Romans (f.d.) 
u. fangen audy feit dem 13. Jahrh. allegorifche u. fatyrifche Gedichte. Bemer⸗ 
kenswerth find unter ihnen: Gautier de Coinſt, Raoul de Houdanc, Jehan le 
Gallois d’Aubepierre, Gautier le Long, Adam de la Hale u. v. A. — Die nun 
folgende zweite Bertode (bis zum 14. Jahrh.) beginnt etwa mit der Erhe⸗ 
bung der gelehrten Schule zu Parts zur Univerfität. Dieſes Inftitut hatte ührt- 
end nicht den geringfien Einfluß auf den Gang der Literatur: denn es wurde 
bi —A Theologie u. Philoſophie bloß in lateiniſcher Sriache etrieben. 
us dieſer Zeit ſtammen, beſonders was Satyre u. Allegorie, betrifft, viele 
Dioptungen, Go zeigt ſich der ſatyriſche Geiſt mehr oder minder in vielen Dits, 





Franzöflfhe Sprache u. Literatur, 369 


aplaintes und befonders in den fogenannten Bibles oder fatyrifchen Zeiifpte- 
t von Guiot von Provins u. Hugo von Berfil u. in der von der Scholaftif 
gehenden, dialektifch-allegorifchen Yorm ber Disputaison u. Batailles, worun» 
eines der berühmteften Gedichte der fatyrifchsburledfe Kampf der Grammatik 
en die Logik u. die übrigen mit ihr verbündeten Wiffenfchaften »La bataille 
sept arts« des Henry d'Andeli, in Yubinal’8 Ausgabe der »Oeuvress des 
tebeuf ſich findet, von deſſen Gedichten auch viele Natyrifch»dipaftifchen Ins 
8 find. Sehr zahlreich find auch in dieſer Periode die allegorifchen Gedichte, 
Anfangs ganz ascetifcher Natur waren, allmälig aber der Satyre fidy näher 
Man liebte die Einkleivung in Träume (Songes) und Reifen in die andere 
It (voyages d’enfer, de paradis). Aber audy die irdiſche Liebe wurde bes 
ders Gegenſtand der didaktiſchen Poeſie; fo 3. B. kennt man ein Gedicht aus 
er Zeit „die Kunft zu lieben“ (art d’aimer), u. als allegorifches Meifterftüd 
ber »Roman de la roses zu nennen. Es find eigentlich zwei Gerichte; das 
ze Bat noch chevalereöfere Kormen, doch fchon eine Änntiche Tendenz. Es if von 
Maume de Lorris (+ 1260); das jüngere hingegen, von Jean de Meun 
a 1300) verfaßt, ift formell ungebilbeier u. rober, u. flatt der Frau Minne i 
rn eine venus vulgivaga fowie die Zleifchesrehabilitation fichtbar, weßhalb 
h die Kirche ſich veranlaßt fah, von diefem Buche abzumahnen und es 
bammte. (Die befte Ausgabe tft die von Méͤon, A Bände, Paris 1813.) 
diefe Zeit fält audy dad Werk von Walther von Meb unter dem Titel: 
age da monde,s eine Art Enchklopädie des Wiſſens diefer Zeit. Auch 
ze naturbiftorifcyhe Reimwerke gibt es unter dem Titel »Bestiaire,« »Vo- 
raire,s Lepidaire,« ja, es wurden fogar Juſtinianeiſche Infitutionen, Klofters 
ein u. Boutumes oder Gewohnheitsrechte in Reime ‚gebracht. Die Volksweis⸗ 
t fprady fidy in natv-förnigen Sprüchwörtern aus. Schon die Trouveres 
Iten ſolche Sammlungen zufammen. Reuere Sammlungen der Art find in Eras 
et's „Proverbes et dictions populairess (Paris 1831) und 2erour de Lincy 
o livre des proverbess (2 Bde., Parts 1842). — Die Kunſtlyrik bildete 
erſt unter dem Einfluße der Troubadourspoefle aus. Zu Ende des 12. und 
Anfang des 13. Jahrhunderts erbliden wir die erflen Spuren einer nordfrans 
(den Kunſtlyrik und Hofpoefle, ganz nach provengalifchem Zufchnitte, ſowohl 
a Inhalte, ald der Form nach. Ihre größte Blüche war in der erften Hälfte 
13. Jahrhunderts, als die Provencalpoefle bereitd ihrem Berfalle entgegen 
g, u. wir haben oben ſchon angeführt, daß fogar Fürften u. Könige an diefer 
ovencalpoefte oder vielmehr Hofpoefle Theil nahmen. Die Didytfunft wurde 
auch in Rordfranfreich eine adelige Erholung u. gehörte zur vollendeten ritter- 
vn Bildung eined damaligen Hofmanned. Unter folchen Berhältniffen wuch® 
: Zahl diefer Hoffänger bedeutend an und Laborde zählt mehr ald 136 Lieder: 
hier im 12. und 13. Jahrhunderte, unter denen beſonders der Baftellan von 
ouch befannt iſt. Mufter diefer Inrifchen Hofpoefte finden fi in Jubinal's 
ongleurs et Trouveres« (Paris 1835) und P. Paris' »Romancero franc.« 
zaris 1833). — In diefe Periode fallen ferner noch die Anfänge der nord⸗ 
möfifhen Dramatif. Sie entwidelte ſich auch hier, wie überall, theils 
6 dem religtöfen Eultus, theils aus volfsthümlichen Feſt- u. Schimpfipielen; 
fe wurden aus der bloß mimifchen Darftellung einer Handlung zur dialogifchen 
eigentlich dramatifchen. So entſtanden zunächſt aus den Sirchenprofen und 
res farcies die geiftlichen Dramen, Mysteres genannt, wenn fie biblifche 
toffe behandelten, Miracles, wenn fie Wunderfagen aus dem Leben der Heili⸗ 
n zum Gegenftande hatten. Von allen diefen Aıten des frangöftichen Rationals 
ama’d finden ſich ſchon feit der Mitte des 13. Jahrhunderts ziemlidy auöges 
ldete Proben (vgl. »Theätre francais au moyen äge,s« herausgegeben von 
Ionmerque und Michel, Paris 1839). — Dritte Periode bis zum 16. Jahr⸗ 
mderte. Mit der weitern, profalfch-verftändigen Geftaltung des Lebens musten 
ich die Dichtungen, beſonders die epifchen, dieſer entiprecyenne Tormen am 
Kesiencpclopäbie. IV. AR 


370 Franuzoͤſiſche Sprache u, Literatur, 


nehmen. Daher wurden nun im 14. u. 15. Jahrhunderte die älteren Chansons 
de geste u. Romans d’aventure in Sprucdhgebichte, Dits, umgeformt, wie in bie 
Dits de Guillaume d’Angleterre, de Robert le Disble oder (beſonders fpäter) 
noch häufiger in Profaromane aufgelöst, vorzugsweife die Romane des bretont- 
fchen Sagentreifes, die ihrer vagen, mährchenhaften Natur, ihrer myſtiſch⸗allego⸗ 
riſchen Einkleivung u. ihres ſchon überfeinerten, ſich verflüdhtigenden Ritterthums 
wegen, noch am beften mit diefer veränderten Zeitrichtung ſich vertrugen u. daher 
nicht nur encycliſch bearbeitet, wie 3. B. im »Roman d’Artus,« fondern fogar 
durch ganz ſubjektiv⸗willkürliche Erpichtungen fortgefept und vermehrt wurden. 
Eine weitere a davon waren die Amadisromane (f. d.), die aber 
eigentlich der franzöfifchen Literatur nicht angehören. FH wurden vorzugs⸗ 
weife die Epen der fränkifch-Farolingifchen u. normanntidyenormandiichen Sagen- 
treife, eben ihrer objektiv voltsthümlichen Grundlage wegen, zu eigentlichen Bofö- 
buͤchern. In folchen erhielten ſich auch halb mythifche, Halb hiſtoriſche Lokal⸗ 
fagen, wie die von der „Ihnen Magellona,“ von „Melufine," „Paris u. Bienne“ 
u. ſ. f. Bon den Liebedsromanen diefer Zeit erwähnen wir den des Ant. de La⸗ 
alle (um 1459), »Roman de petit Jehan -de Saintrö« (befle Ausgabe, Paris 
1843), der das Ritterthum ironiſch darftellt. Cine merkwürdige Sammlung von 
Fabliaux u. Contes iſt unter dem Titel »Le cent nouvelless befannt (befte Aus⸗ 
gabe von Leroux de Lincy, 2 Bde., Paris 1841). Yerner find noch bemerfens- 
werth: die Chansons de geste von dem Trouvere Cavelier (»Chronique,« 
heraudgegeben von Sharnere 2 Bde., Parts 1839, 4.) u. die Ehronif des Jean 
Froiffart. — Was die Didaktik ferner betrifft, fo finden fi) aus diefer Zeit 
(im 14. u. 15. Jahrhunderte) eine große Menge moralifirends ober fatyrifirend- 
allegorifcher Dichtungen in der Form der Songes, Doctrinaux, Debats, Nefs, 
Danses, Blasons u. f. f.; aber fle find größtentheild mittelmäßiger Natur. Ale 
Beifpiele dürften übrigens bier nennenswerth feyn: des Raoul de Presle „Songe 
du vergier,* „Les trois pelerinages‘ von Guillaume de Guilleville; Pierre 
Michauit's „Doctrinal de cour“ u. „Danses aux aveugles;“ Martin France 
Champion des dames“ u. m. %. Was die Lyrik diefer Zeit betrifft, fo finden 
fh noch Anflänge felbft des Geiſtes der ritterlichhöftfchen Minne und Gonver- 
fationspoefle in den Gedichten des Herzogs Karl von Orleans (herausgegeben 
von Ehampollion-Figeac, Paris 1842) u. feiner Hofbichter. Unter der Hand 
der fi) nun bildenden Meifterfänger, die ſich Rhetoriciens nannten, verlor fidh 
die Poefie in's Handwerkmäßige u. in Gelegenheitsreimeret, ähnlich wie tn Deutſch⸗ 
land. Diefe Rhetoriciens bemühten fidy, in ihren poetifchen Werfflätten und 
Zunftftuben (Puis de pelinods genannt), für ihre Chants royaux, Ballades, Lays, 
Rondaux eto, neue Modelle u. 2eiften (Formes et patrons) zu erfinden, und ein 
Alain Ehartier, Molinet, Duboid u. A. bemühten fich, in recht abgeſchmackten, 
von vorn u. Hinten zu lefenden, Verſen ihre Schmeicheleien u. Höflichkeiten bei 
den Herrn u. Damen ded Hofes anzubringen. Dabei iſt in allen diefen le 
werfen Pedanterie, Schulmeifterei u. Sittenrichterei nicht zu verfennen. Ausnah⸗ 
men hievon machten die beiden Acht vollsmäßigen u. wahrhaft nationalen Didy- 
ter diefer Periode, Franz Villon und der normandifche Walfmüller Olivier 
Baffelin (1350— 1418). Der legtere ſpiegelt mit lebenswürbiger Natvität die 
fröhliche Bonhommie des franzöfifchen Lanpmannes in feinen Trinkliedern ab, 
weldye von feinem Wohnorte, dem Thale Bire, ven Namen Vaux-de-Vire erhiels 
ten, und womit, fpäter in Vaudevillle (ſ. d.) verftümmelt, ähnliche Eouplets 
bezeichnet wurden (vgl. Julien Travers, Paris 1833, hierüber). — Der volle 
mäßige Charakter dieſer ‘Periode zeigte ſich befonders in der dramatifchen PBoefle, 
deren Produkte num erft zu eigentlichen Bolfsfhaufpielen wurden. Die zünfs 
tigen Vereine der Stadte und der vergrößerte Hofhalt der Könige begünſtigten 
ihre Einführung, u. König und Volk fanden gleichen Gefallen daran. Fromme 
Dandwerfer bildeten (um 1400) eine Confrörie de la passion u. führten die for 
genannten Myfterien auf, welche die DBaifondgeidäylägte um Begenflande hatten, 


Franzöfiihe Sprache u, Literater, 371 


Später wurden auch die Legenden aus dem Leben der Heiligen in dieſen Kreis gezo⸗ 
gen, in welchem Halle fie dann gewöhnlich Miracles hießen. (Das Nähere hier⸗ 
über f. in unferem Art. franzöfifhes Theater) Die Komik u. Gatyre 
fanden ihre Wirkung beſonders durch die fogenannten Enfants sans souci (Rinder 
ohne Sorgen). So nannten ſich nämlich unter der Reglerung Karls VI. mehre 
junge Leute aus angefehenen Familien, welche die Narrheit der Welt (la sottise) 
darzuftellen und zu geißeln fuchten. Diefe „Narrheiten“ (Sotties oder Sottises) 
führten fie auf öffentlichem Markte auf (a la halle). Das Ganze war größten- 
iheils in die Form der Allegorie eingelleidet, was aber In auf Per⸗ 
fönlichkeiten u. fogar auf die politiſchen Zuflände nicht ausſchloß. Ja, die Re 
gierung felbft bediente fich ihrer oft, um auf bie öffentliche Meinung zu wirken, 
wie 3. B. Ludwig XII. in den Sotties du Nouveau monde, de la mere sotte 
u. f. w. den Papft Julius II. und die Fehler der Geiftlichfeit verfpotten ließ. 
As fie aber den König u. das Parlament ebenfalls nicht fchonten, ftellte man 
fie unter ftrenge Cenſur und, als dieß Nichts half, unterbrüdte man fie fpäter 
an. Es find audy die fogenannten Moralites noch kurz zu erwähnen. 
(8 nämli die Schaufpiele immer mehr aus den Händen der Schau⸗ 
fpieler in die der Laien übergingen, bildete fi) neben ben beiden erwähn- 
ten Gefellfchaften ejne dritte, die, um nicht mit den Privilegien dieſer in 
Colliſton zu kommen, eine neue Art von Schaufpielen bildete, welche unter 
der Maske des Komiſchen eine, wenn nicht religiöfe, doch ernfle moralifche 
Tendenz hatten und daher Moralitös genannt wurben und ſich von den Mysteres 
durch die Wahl des Stoffes und die Einkleidung, von den Soities durdy 
die Tendenz und die abflraftere Haltung unterſchieden. Aus dieſen Moralitäten 
entwidelten fidy übrigend die Farces, worin die perfonificirte Abſtraction fidy wieder 
antbropomorphifirte u. bei der, vorzugsweiſe auf das Lächerliche gerichteten, Welts 
anfchauung der Franzofen zu komiſchen Charakteren geflaltete. In einer Farce des 
45. Jahrhunderts (De mäitre Pierre Pathelin) iſt die ganze Eigenthümlichkeit u. 
Meiftericgaft der Franzoſen In Diefem Fache fchon vollfommen audgeprägt. Später 
arteten auch diefe Farces aus, fo daß fle kaum noch von den Sotties zu unters 
fcheiden waren. Doch find fie jedenfalls die merfwürdigfte Art des altfranzöflfchen 
Drama’, bei defien Entwidelung es fchon entfchieden war, daß die Franzoſen nie 
eine eigentlich nationale Tragödie, wohl aber eine ganz volfsthümliche Poſſe und 
ein durchaus originelles Eharafterluftfpiel befommen würden. Mufter diefer komi⸗ 
ſchen Gattung finden fid) im »Recueil de plusieurs farces, sotties et moralit&s« 
(von B. Stmeon Caron, 11 Bünde, Bar. 1798—1806); dann im »Recueil de 
farces, moralitös et sermons joyeux« von 2erour de Lincy u. Michel (4 Bde., 
Baris 1837). — Die vierte Werlode umfaßt die Entwidelung der Literatur im 
16. bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts. Was bisher in der Literatur auf- 
tauchte, glich mehr Verſuchen und Vorarbeiten. Erſt in diefer Periode entfaltete 
ſich dieſelbe, unterflügt von den günftigften äußeren Berhältniffen, immer reicher 
u. ſchoͤner. Zunächſt ift hier als Beichüger u. Beförderer der Wiſſenſchaften der 
König Franz 1., genannt le Pero do letires, anzıführen. Unter ihm kam das Stu⸗ 
dium der claffiihen Autoren des griechifchen und römifchen Alterthums in Auf⸗ 
nahme. Doch ift allerdings nicht zu verfennen, daß die franzöftfcyen Schriftfleller, 
von den ihnen dargebotenen Herrlichleiten geblendet, die tüchtigen und trefflichen 
Leitungen ihrer Vorgänger allzugering anfdylugen u. befonders nationale Erinne- 
rungen von fich wiejen, indem fie über dieſelben mit einem vielleicht allzuleicht⸗ 
en u. kühnen Sprunge auf römifchen u. griechifchen Boden überfegten und 

fh dem Claſſicismus, mit aller Ointanfegung alles Rational: Ehriftlichen, 
wonnetrunfen in die Arme warfen. Zu erwähnen ift bier beſonders audy die Er⸗ 
bebung der franzöfiihen Sprache zur Berichisfprache, welche bißher die lateiniſche 
gewefen war, und 1539 die Errichtung einer PBrofeffur der franzöſiſchen Sprache 
zu Barie. Um die Bildung der bisher nur vom Bolfe gefprochenen und deshalb 
der edleren Ausdrücke u, alles Reichthums einer guten Scäriftipeace ungen 

RA 


372 Franzoͤſiſche Sprache u, Literatur, 


den Sprache machten fidy befonderd Rabelais u. Montaigne, welcher letztere ſich 
firengen logifchen u. grammatikaliſchen Regeln unterwarf, vorzüglich aber B alzac 
u. Boiture verdient. Durch legteren wurde der Brief in die franzöfifche Literatur 
eingeführt. Calvin's Bud, L’institution de la religion chrötienne (von 1536) ift 
das erfte bedeutende Denkmal franzöfiicher Brofa.. Auch Bea, Meslin de St. 
Gelats, Etienne Dolet, Gilles d'Aurigny, die Dichterin Louiſe Labs u. A. find 
bier zu nennen; Richelieu fliftete 1635 die Akademie (f. d.). Durch das Stus 
dium der claffifchen Spradyen gewann auch die Hiftoriographie, als deren Schöpfer 
Eudes de Moͤzoͤray angeſehen werben darf, Inden Gattungen der leichten Poeſie 
machte fi) beſonders Marot, Kammerdiener Königs Kranz L berühmt, deſſen 
Freunde die Alten u. Staltener nachahmten. Die Belanntfchaft und Radahmung 
der leßteren in Frankreich wurde befonders veranlaßt durch Katharina von 
Medicis, Heinrihs IL Gemahlin. Amyot überſetzte claffiihe Schriften der 
Alten. Noch weiter trieb diefe Nachahmung Ronfard (1525—85), der durchweg 
claififch gebildete Dichter, le prince des poötes (Dichterfürft) genannt, der befon- 
ders griechifche und provengalifche Wörter Häufig einführte und die franzöftiche 
Sprache hoch zu frifiren anfing. Ein heftiger Gegner von ihm war damals der 
proteft. Parteifchriftfteller Theodor Agrippa d'Aubigne (f. d.), defien Satyren 
von bitterem Spotte überfliegen. Mit feinen Freunden ahmte Ronfard das alte 
Drama nad. Diefe waren: Jodelle, du Bellay, Ant. de Baif, Pontus de Thyard, 
Reim Belleau u. Jean Dorat. Sie heißen, nach der alerandrinifchen Pleiad: la 
Pleiade francaise (dad franzöfiiche Siebengeflirn) und wurden die Schöpfer des 
franzöfifchen Drama’ u. des Claſſicismus in Bezug auf dad Drama (f. d. Art. 
franz. Theater). Durch file famen auch die, durch des Könige Stanz L Lieb 
haberel am Ritterwefen wieder eine Zeit lange in Schwung gefommenen, Ritters 
somane in Berfall, wogegen der eigentliche Roman allmälig eingeführt wurde. 
Biel von dem Fremdartigen In Sprache und Form entfernte Malberbe (f. d.). 
Er bildete die Sprache felbft nach den alten Muſtern aus, ohne ihre Wörter 
anzunehmen, verfchmähte die antife Metrif im Skandiren ver Berfe, ald unpaffend 
für die franzöfliche Sprache, und die italienifche Sentimentalität, ſowie das, im 
Sranzöftichen geziert erfcheinende, Epithetenwefen der claffifchen Sprachen. Mit 
diefer Reaction drang er um fo leichter durch, da viele das Ungeeignete der Ron- 
fardiften gefühlt hatten. Doch macht man audy den, Ronfarb u. feiner Schule ent⸗ 
gegentretenden, Dichtern zum Vorwurfe, daß fie ihre Mufe zum Servilismus er- 
niedrigt und zur Schmeichelei des Hofes gemißbraucht hätten. — Die fünfte 
Periode, gewöhnlich die Blüthen- oder goldene Zeit der franzöftfchen Literatur ge 
nannt, umfaßt vornehmlidy das Zeitalter Ludwigs XIV. (alfo etwa von 1643 bis 
Anfang des 18. Jahrhundertd). Die furz vorher geftiftete Akademie bemühte fich 
befonders, der Spracdye die noch mangelnde Richtigkeit, Beftimmtheit u. Eleganz 
zu geben, was ihr audy gelang, u. fortan übte dieſelbe auch den entfchledenften 
Einfluß auf die Sprache, indem nur für franzöfifch galt u. gebraucht wurde, wa8 
u. wie fie es gut geheißen hatte. Zugleich wurde die franzoͤſiſche Sprache theils 
durch die vielfachen Reifen nach Frankreich, theils durch die Werbreitung der 
fran,öftfchen Refugies m andere Länder, theils dadurch, dag man aus Frankreich, 
als dem Site aller feinen Bildung, Erzieher u. Erzieherinnen für die Jugend u. 
an Höfe, befonderd an die norddeutfchen, holte, faſt überall gemein u. das Selbft 
bewußtfeyn der Franzoſen hatte fich fo gefteigert, daß fie 1681 auf dem Congreſſe 
zu Frankfurt unerfcyütterlich die Führung ver Verhandlungen in franzöflicher 
Spradye verlangten, feit welcher Zeit viefelbe die Dipfomatiiche Sprache ward. 
Außer dem Köntge (Ludwig XIV.) hatten die Wiffenfchaftien auch an feinen Mt 
niftern, befonder8 an Richelieu, der außer der Afademie auch noch andere Ans 
falten gründete, und Golbert, der die Akademie der Inſchriften (1663) und der 
Wiſſenſchaften (1666) u. viele andere wiſſenſchaftliche Inſtitute ftiftete, u. durch 
Defjen Unterftügung das Juurnal de savans ind Leben gerufen wurde, mächtige 
Sönner u, Unterflüger, Biblioihelen wurden angelegt u, bereichert, wiſſenſcha 


Franzoͤſiſche Sprache n. Literatur, 973 


liche Reifen auf Fönigliche Koſten gemacht, große Gelehrte nach Frankreich ges 
ogen. Durch diefe großartigen Unterflügungen fand das, Talent u. Genie Raum, 
ie @eltung und Mnertennung zu verfchaffen und der König liebte es, bei aller 
äußern Pracht u. auf die Spige getriebenen Höflichkeit u. Galanterie, einen Kreis 
von genialen Männern um ſich zu haben. Beſonders die Schöngeifter u. Dramas 
titer diefer Zeit fahen fich durch die Munificena des Königs gehoben. Eorneille 
wurde der Vater des claffiichen franzöftfhen Theaters, defien Tragödie nun lange 
auf unnatürlichem Kothurn und in abgefchmadter wermifchung des Antifen und 
Modernen einherfchritt. Beſſer geſtaltete ſich das Luftfpiel u. die Poffe, vornehm⸗ 
lid) durch Moliere, der fi durch das Studium römischer, italieniſcher u. fpants 
her Komiker zum Luftfpielvichter bildete. Sein glüdlichfier Nachfolger war 

ang. Regnard, ferner Brueys und Palaprat. Jean Racine, Kenner des 
menfchlidyen, befonderd weiblichen Herzens, zeichnete fi im Rührenden aus; 
weniger befannt iR fein Schüler u. Nachahmer Campiſtron. Bon den übrigen 
Trauerfpieldichtern dieſes Zeitalters find nody zu nennen der fchwülflige Proeper 
Zolget de Ersbillon, genannt Le terrible, oder der frangöfifche Aeſchylus. 
6 begann jetzt auch die Oper bearbeitet zu werden. Weil die Marfıheater 
feit 1697 nidyt mehr fprechen durften, fo fand theils die Bantomime Ausbils 
dung, theild erhielten die Baudevtlles mehr Zufammenhang. Die Inrifche 
Poeſie war in diefer Zeit faft ganz untergegangen, u. nur nody leichtfertige Dich⸗ 
tungen fanden bei dem Geſchmacke u. Tone dieſes Zeltalterd, den der. Hof gieichſam 
di ‚ Dichter u. Liebhaber; Romane wurden zahlreich gefchrieben. Bon der 
fo trefflichen, in diefer Zeit gebildeten, Profa geben befonder® Zeugniß die Werke 
der Beredtſamkeit, befonderd Kanzelreden, Briefe u. Geſchichtswerke. Bon ber 
franzoſiſchen Philoſophie, die erfk jegt felhfifändig bervorzutreten begann, 
iR in einem eigenen Artitel gehandelt. — Die ſechſte Periode umfaßt bie Zeit 
des Sinkens der franzöfifchen Literatur unter Ludwig XV. bis zur Revolution. 
Der franzöfifchen Literatur war nur eine kurze Blürbenzeit gegönnt; mit dem 
gänzlichen Berfalle der Sittlichkeit verfiel aud die Literatur. Begabte, unges 
mwöhnliche Geiſter haben zwar in diefer Zeit gefchrieben, unter ihnen Boltaire 
u. Rouffeau (f. dd.); aber durch Jenes Berfpottung der Sache des Chriſten⸗ 
thums, dem fi) bald Condillac mit feinem von ode entlehnten Senfualies 
mus u. die Encyclopädiften (f. d.) mit frei audgefprochenem Atheismus an» 
reiheten, wurde alles Heilige in den Staub gezogen u. laäͤcherlich gemacht. Das 
fogenannte philoſophiſche Zeitalter, von den geitgenoffen ſelbſt fo genannt, iſt 
vielmehr nur das einer unphilofophifchen Kreigeiftere. Der Triumph der Phi⸗ 
loſophie war nur ein fdheinbarer, u. die Freiheit nur Willfür u. Zügellofigkeit. 
Der menſchliche Geiſt Hatte ſich bis dahin noch nie fo weit verirrt, wie in Hels 
verins mit feiner Lehre, daß das Prinzip aller Tugend u. Thätigfeit der Eigen- 
aus ſei, u. in Marmontel, ver mit frdem u. wilden Geifte politifche Unge⸗ 
bundenbeit und Empörung predigte. Aber die Früchte diefer unfeligen Richtung 
haben ſich in der Revolution, die aus dicfer, allmälig von der Religion zur Pos 
litik übergehenvden, Yrivolität hervorging, fattfam in ihrer vergiftenden Wir⸗ 
fung gereigt (vergleiche die Schrift von Stark, „ber Triumph der Phi⸗ 
loſophie“). Nur Geſchichte iſt in dieſer Zeit noch lobenswerth gefchrieben 
u. Mathematik (Lalande, Laplace) u. Naturwiſſenſchaften (Buffon, Las 
voiſter) abgehandelt worden; für die Kanzelberedtſamkeit war jetzt Feine 
Zeit; die Poeſie flimmte, außer den Gegner nadyahmenden Idyllendichtern u. den 
Dichtern der neueingeführten Ballade u. Heroide, meift in den frivolen Ton 
mit ein; fo auch der Roman, u. der Verſuch des Grafen Treffan, die jenen 
Ton ableiten follenden Ritterromane wieder einzuführen, fand feinen Anklang; 
im Drama ahmte man die älteren Produkte nach und fehuf gelegentlich das 
Schauſpiel; auch jegt gedieh das Luftipiel noch am beften. — In der fiebens 
ten PBeriode faffen wir die franzöflfche Literatur während der Revolution u, ihr 
Wienererwachen im 49. Jahrhunderte in's Auge. Während der Revaiuiion ass 


MA Franzoͤfiſche Sprache u. Literatur, 


ſchah natürlich für die Literatur wenig. Alle Kräfte waren ja von biefer gewal⸗ 
“tigen Bewegung und Ummälzung in Anſpruch genommen und wurden von den 
Schlag auf Schlag folgenden Sr eignen für wifienfchaftlidhe und fünftlerifche 
Produktionen vollſtaͤndig gelähmt. ur die politifche Beredtfamfeit bildete ſich 
vortheilhaft aus u. politiſche Flugſchriften wuchſen zahlreich aus dem vulfanifcyen 
Boden hervor. Ein Decret des Convents bob die Akademie auf und feßte an 
ihre Stelle die Sociôto populaire et republicaine des artes, wo der Republicas 
nismus dominirte. Damals mußte Alles der berrfchenden politifcyen Anficht Huls 
digen: die Bered tſamkeit ſchmeichelte den Sansculotten u. die Poeſie feierte 
die ohnedieß losgelaſſenen Leivenfchaften und den Volksdämon noch mehr an. 
Aber fchon das Direetorium hatte wieder die Pflege der Wiflenfchaften übers 
nommen, u. durch Verſchmelzung der Akademie der Wifienfchaften u. der der Ins 
ſchriften das Institut de France gegründet. Alfo das neue Jahrhundert trat ein 
mit der Hoffnung, Iiterarifche Beftrebungen geförbert zu fehen, u. felbft Bonaparte, 
der als General des Directortums feinen Feldzügen Männer der Wiſſenſchaft zus 
efellte, befchügte auch u. beförderte als Kaiſer die Wifienfchaften, befonders die 
"genannten praftifhen u. wollte F., zumal Parts, zu einem Weltmuſeum 
u. zu einer Weltbibliothef machen, wozu er in allen Zindern, die er als Gieger 
betrat, fehr ernftlih u. forgfam fammelte Die mathematifchen u. natur- 
hiſtoriſchen afenfhaften allein waren aber doch eigentlich wirklich grobartig 
gepflegt. Zur Poeſte fehlte es an fliller Selbſtbetrachtung u. idealer Richtung 
des Geiſtes, u. fie wurde höchftend dazu gebraudyt, dem Kailer und feiner Zeit 
Weihrauch zu fpenden u. ihn als den Allvermögenden u. Alles Beflegenden zu 
verherrlihen. Philoſophie, wenn fie fi) von dem rein fpeculativen Stand- 
punfte entfernte u. ſociale Kragen befpracdh, galt ald Ideologie, u. Ideologie war 
unter der Kaiferherrfchaft nicht beliebt. Indeß bereitete fidy In der Jugend Franf- 
reichs eine neue Literatur vor. Die fteife Gemefienheit des Ausdrucks und die 
vorgefchriebene Korm in der Bompofltion mißfiel den jugendlichen Geiſtern, und 
befonder8 nad) Byrons und deutſchen Muftern gebildet, frebten fie vor Allem 
nad Originalität. Ihre Compoſitionsmanier war zwar noch ein Hafchen nach 
pifanten Bontraften und Darftellen in Gegenfäten ; aber ihre Sprache war Fühn, 
blumenreich, natürlich u. fein Sujet war ihnen zu Flein, zu gering und niedrig, 
das fie nicht als der poetifchen Bearbeitung fähig erachteten. Durch dieſes Alles 
traten fie der Akademie, ihren Belegen und ihrem Geſchmacke ſchnurſtracks entge⸗ 
gen. Diefer Richtung, der die Originalität freilidy) erft die Weihe geben u. An⸗ 
erfennung verfchaffen mufite, gab die Yrau von Staöl nach der deutſch⸗roman⸗ 
tifchen Schule den Namen Romanticismus, dem gegenüber ſich die alte Schule 
die des Claſſicismus nannte. Aber der franpöffepe Romanticisſsmus if von 
der deutfhen Romantik weit verfchieden, und der Name überhaupt ein ganz 
unpaffender, da er nur ein Berlafien des Alten, eine Oppoſition gegen das, als 
unhaltbar anerkannte oder gefühlte, Beftehende bezeichnen follte; richtiger follte 
man fie die moderne Schule nennen. KEigentlich fchon eingeleitet durch Di- 
derot u. Beaumarchais, die viel für die Befreiung der Poefie von den alten ftar- 
zen Feſſeln des Claſficismus thaten, durch St. Pierre, der mit Sinn für Ratur 
u. Natürlichkeit, u. in gerader Stellung gegen den Materialismus des Zeitalters, 
religtöß gefinnt, auch in Sprache und Styl einen neuen Weg ging, und durch 
Andre Chenier, der von dem Geifte der Alten durchdrungen war. Schon begon- 
nen dadurd, daß man Shafefpeare, Oſſian, die göttliche Komödie, die Mefflade, 
Goͤthe's Werther u. GH überfehte u. mit Thellnahme las, begann diefer fran- 
zöſiſche Romanticismus mit der Reftauration, u. merfwürdig, nicht etwa die Li- 
beralen gehörten dazu, fondern die Royaliſten. An der Spitze diefer Ridytung 
fieht Chateaubriand (f. d.). Er erfchten begeiftert für den Glauben der Kirche, 
ohne Intoleranz gegen anders Denfenve; feine ypoetifchen Gefühle waren die 
der Zeit In bem Gewande alter claffifcher Formen; in politifcher Hinficht bielt 
er, wegen bed Geſchmackes an mittslalterlicyer Stritiägteit, an dem Leattimen Kö⸗ 


Franzoͤfiſche Sprache u. Literatur, 375 


nig6haufe. Aus letzterem Grunde fand der Romantictdmus nicht viele Freunde, 
weder im Volke, noch in der gelehrten Welt; ja, in der Akademie warb er nicht 
anerkannt. Indeß wurde diefen Romantifern bald Klar, daß mit dem Borwärts« 
fchreiten der Zeit auch die Ideen fi) anders geflalteten u. mit den Regeln ber 
Theorie warfen - fie bald auch die politifche Feſſel von ſich u. fchloffen ſich den 
Liberalen an. Zu den Romantifern gehören: Gourler, durch die altfrangöflfche 
Mocfle gebilvet, Nodier und Böranger, beide ächte Volksdichter; Lamars 
tine, ein, aller Regel und Kunft fpottender, aber gefühlvoller und beſonders 
von gebildeten Geifern am meiften begriffener Naturdichte. Der Globe 
wurde das Organ, Victor Huno dad Haupt derRomantifer, und mit der Auf: 
führung von deſſen Herneni (25. Februar 1830) aufdem Theätre francais war der 
Sieg des Romanticismus entſchieden. Der Clafficismus hatte auch, außer 
der Uuctorität, und beſonders in der Akademie und einigen Literaten bes Kaiſer⸗ 
reichs, wenige Bertheibiger gehabt; nur die Satyre BaoursLormians hatte ein 
vorübergehended Lachen über die neue Schule erregt. Dazu kam, daß ſich der 
Claſſicismuo lächerlich gemacht hatte; weil er das Ginfchreiten der politifchen 
Macht gegen die Romantifer anrief und mit aller Gewalt die Dramen verfelben 
von dem Sheater zurüdhalten wollte. Seit der Julirevolution if der Ro⸗ 
manticismus durch fein Beſtreben, eine Volkspoeſie einzuführen, ala Element in 
die franzöftfche Literatur übergegangen, u. viele Claſſiker haben fich zu ihm gehals 
ten. Andere, wie Caſ. Delavigne, fuchten einen verfühnenden Mittelweg einzu- 
fdylagen (Halbromantifer). Doch iſt nicht zu verfennen, daß nad) der Juli⸗ 
revolution fich der Repräfentanten der franzöflfchen Literatur, wie Bictor Hugo, 
Bigny, Dudevant wieder eine Zerfahrenheit des Geiſtes und eine Zerrifienheit des 
Gemuͤthes bemächtigt hat, in der ihre Poefte fich in das Nichts auflöst, um wel⸗ 
ches ihr religtöfer Glaube fchweift. Diejenige Richtung des Romanticismus, die bie 
Kunſt ald Selbftizwed annimmt, wurde am hervortretendften von Pilothoͤe O'Neddy 
repräfentirt. Uebrigend hat der Romanticismus, außer der Wiedereinführung des 
Sinnes für Natur und Naturgenuß, audy das Gute gehabt, daß der einft vom 
Pater Bouhours ausgefprocdhene und von ganı Franfreich bis zu dieſer Zeit ges 
glaubte - Sag, „die Deutfchen hätten gar fein Genie,” nicht mehr geglaubt wurde 
und daß man ſich durch ernfleres Studium der poetifchen und philoſophiſchen 
Werke der Deutfchen von dem Geifte derfelben überzeugte, fie gerecht würdigte u. 
mit Ruben nachahmte (vgl. Huber, die neuromantifche Poeſte in Frankreich, Lyz. 
1833). Seit der Reftauration der Bourbons, die überhaupt die Poeſie zu einer Hof- 
ſache machen wollten, wie es weiland zur Zeit Ludwigs XIV. gewefen war, wurde 
auch der, von Rapoleon verhinderte, Wiederabdrud der claflifchen Werke der frans 
zöftichen Literatur begonnen und fie erfchienen in allen Kormaten, um allgemein 
zu werden. Bon den focialen Richtungen hat befonder® der von Lamartine auf: 
gebrachte Humanitarismus in der Poeſie ein Mittel der Eivilifatton erken⸗ 
nen wollen, und da er erwartete, daß die bedeutendſten ſocialen Fortfchritte aus 
dem Yamilienfreife hervorgehen würden, fo iſt er im ©ebiete des Romans aufges 
treten. Außerdem fuchte die neuere Romanliteratur, befonderd durch George Sand 
und Eugen Sue vertreten, die fogenannten modern-focialen Ideen In das größere 
Publikum zu bringen, und Communiften und Socialiften laſſen es nicht fehlen, 
ihre Beglüdungsfnfteme in den mannigfaltigften Formen befannt zu machen und 
Jünger zu werben. „Aus Deutfchland dem Reuhegeltanismus entlaufene Scri⸗ 
benten (fchreibt ein Deutfcher der Allgemeinen Zeitung beim Jahreswechfel 1846 
aus Paris), welche ſich einbilden, Feine Voltaires zu feyn, und mit Boltaire we- 
nigftend das gemein haben, daß fie ihre Blößen an den Tag legen, haben in 
einem gewifien Publikum in Frankreich Mode gemacht; aus der Romanliteratur 
find fie in die politifche eingedrungen; aus der politiichen möchten fie fi) im bie 
philofophifche einfchmuggeln, neue Religionen verfünden, Jünglinge und Weiber 
für dieſelbe recrutiren, dem Chriſtenthum vorwerfend, es verfiehe das Fleiſch nicht. 
Alfo fpannen fie ihren Enthufiagmus zur Verkündigung einer Religion des Flei⸗ 


376 Franzoͤſiſche Sprache u. Literatur, 


ſches; zittert ihr Brofanen! Horchet! das neue Evangelium der Luft wird ge- 
predigt; Nichts iſt heiliger, ald der Act der Schöpfung und des Fortpflanzungs⸗ 
geſchaͤftes. Diefe ſchönen Sadyen werben uns in einigen Schriftchen, welche 
das Jahr 1846 in feinen legten Tagen auftauchen ſah, als allgewaltige Neuig⸗ 
feiten verfündet. Zum guten Glüde ift zu viel Verſtand in den Franzofen, um 
über foldyen Kinders und Weiberenthuſtasmus anders, ald die Achſeln zu auden. 
Rein, ernftere Dinge gibt es in der heutigen Welt, als die Diffiventen, die Schule 
der Neuhegelianer, die Versmacherei deutfcher Wretine, weiblicher und männlicher, 
aber fletd unbärtiger Enthuflaften, die ſich wundermwie aufblähen um Reufeiten zu 
erfinnen, welche alt u. verlebt find, wie das Allerältefte, von welchem fle mit fo 
viel Berachtung reden.” — Wir führen nun die einzelnen hervorragenden Werke jedes 
Iiterarifchen Genre's und jeder Disciplin an, und beginnen zuerft mit der Poeſte. Das 
ernfte franzöfifche Epos verfchmilzt in den älteften Zeiten mit den Ritterromanen 
(f.u.). Ein eigentlicdhes, wiewohl verunglüdtes, Epos fchrieb zuerſt Ronſard, „La 
Franciade.* Nady ihm, mit eben fo wenig Glüd, Jean Chapelein, „La Pucelle ;“ 
Ant. Houdart de fa Motte, „La nouvelle Iliade,* Georg de Scubery „Alarich,* 
Desmartes „Clovis,“ Remoine „Ludwig der Heilige.“ Als vollendeted Epos galt 
den franzöftichen Kritikern lange Boltaire’8 „Henriade;“ aber fie iſt doch nur eine 
hiſtoriſche Schilderung mit frofligen Allegorien durchwebt u. in glänzendem Style 
u. wohlklingenden Alerandrinern erzählt. Die „Columbiade* von Maria Anna de 
Boccage iſt noch geringer. Binnet ſchrieb „La Philippide,* d’Arlincourt „La Ca- 
roleide,* 2. Bonaparte „Karl der Große“ u. „Eyreneide,* A. Kabre „La Cale- 
donie,‘* Mafſon „Les Helvetiens,* Luce de Lancival „Achilles auf Skyros,“ Par⸗ 
ceval de Grandmarfon „Philipp Auquſt.“ Die Franıofen rechnen auch Foͤnoͤlons 
„Telemach“ und Florians „Numa Pompilius“ u. „Gonsalvo v. Cordova,* fowie 
Barıkeiemy’d und Moͤry's „Napoleon en Egypte‘ zu den Epopden. Mourierd 
„Richardet‘* oder Cazotte's „Olivier gehören zum romantifchen Epos, fowie auch 
Ercufe de Lefferd Rittergevichte „Table ronde,“ „Amadis de Gaules,* „Roland.“ 
— Im komiſchen Epos ift Boileau's „Le Lutrin“ claffiich, u. Boltaire'$ „La Pucelle 
d’Orleans“ würde ed auch feyn, wenn fle nicht im frechſten Spotte über Religion 
u. in ſchamloſeſtem Hohne aller Sitte nefchrieben wäre. Man kann hier noch erwähnen 
„Vert-Vert“ von Greſſet, „Caquet-Bombec,“ „La Poule à ma Tante“ von Juns 
quiare u. „La Dunciade* von Palliſot rechnen. Segrais fchrieb im 17. Jahr⸗ 
hunderte audy ein idylliſches Epos „Athis.* — Was die poetifche Erzählung ans 
langt, fo gehören bieher aus der Zeit der Troubadours und Trouveres befonderd 
die Contes und Fabliaux (f. oben). In neuerer Zeit verfuchte fih u. A. Arnaud 
in feiner „Elvire,“ dann St. Lambert, Voltaire, nachgeabhmt von Perny, Grecourt, 
die an Schamloſigkeit ihr Mufter übertrafen; Greſſet, Bouflers, in neuefter Zeit 
Alfred de Muſſet u. die Desbordes-Valmore, Barıbelömn u. Mery. In neuerer 
Zeit gelang beſonders die fomifche Erzählung, deren eine große Anzahl von Las 
fontaine, Grecourt, PBiron, Dorat u. audy von Boltatre verfaßt wurden. Die Contes 
und Fabliaux liegen größtentheild noch unherausgegeben im Manuferipte auf ber 
königl. Bibliothek zu Paris; eine Auswahl von Barbazarn (Bar. 1756, 3 Bdoe., 
neue ueg von Meon, ebend. 1808, 4 Bde., 1823, 2 Bde.), umgearbeitet von 
Grand d'Auſſy (Paris 1781, 5 Bve., 3. Ausgabe von Roͤnouard, ebend. 1829, 
5 Bde., deutſch von Lütfemüller, Halle 1795—97, 5 Bde). — Der Roman, in 
der franzöfliyen Sprache des Mittelalters ein im Romano (f. oben) gefchriebes 
ned Bud), war in den älteſten Zeiten in den zahlreichen Rittergefchichten ver 
norbfranzöflfchen Poeſie begriffen, in welche diefelbe befonderd von den Nor: 
manen eingeführt waren. Sie waren befonders poetifche Umgeftaltungen aus las 


teinifch erzählten Hiftorien u. Ehronifnadhrichten, die fpäter wieder in Profa um- ' 


gejegt wurden. Viele dieſer franzöftfchen alten Romane find noch gar nicht ge⸗ 
drudt, werden aber jetzt nach u. nach von den franzöfifchen Philologen der Ge⸗ 
genwart herausgegeben. Als den erften Romandichter führt man einen geborenen 
Gngläanber Rob. Wace (Geiſtlicher am Hofe der Eleonore von Aquitanien) an, 


⸗ 


Franzöfifche Sprache u. Literatur, 377 


ver im 12. Jahrhunderte den Brut d’Angleterre und de Rou fdhrieb (ober 
aus dem Bretagnifdyen überfehte, herausgegeben von Bluquet (Par. 1827, 3 Bde.); 
im 13. Jahrhunderte gaben die Myıhen aus dem Sagentreife ded Könige Artus 
u. feiner Tafelrunde, ded Zauberer Merlin u. Karld des Großen u. feiner Bas 
ladine den Etoff zu Romanen, u. diefer Zeit gehört unter Andern Triſtan, Parceval 
le Gallois, Yoain, Doolin v. Mainz, Huon v. Bordeaur, Ogier le Danois, Flor 
u. Blanchefleur ıc. an, die auch von deutfchen Dichtern damaliger und neuerer 
au als romantifche Cpopden wieder bearbeitet wurden. Zu den romantiſchen 
ichtungen gefellten fidy die hiftorifchen u. claffiichen, 3. B. die Züge Wleranvers 
des Großen, die Geſchichte des trojanifchen Krieges ıc., deren Benoit de St. 
More, Lambert le Eors, Aler. v. Bernay, Thomas v. Kent u. N. fchrieben. 
Mit der Racherzählung der, auß der pyrenätichen Halbinfel ſtammenden, Gefdyichte 
des Amadis begann der Roman auf das Gebiet der Phantafle zu treten. Der 
Kitterroman dauerte fort; aber im 16. Jahrh. wo das Ritterweſen aufhörte 
(befonders feit Heinrichs II. unglücklichem Tournier) u. die franzofliche Literatur 
das Gewand des Claſſicismus umlegte, wurde er allmälig in den hiftorifchen 
Roman u. die Liebesgefchichte umgeändert. Die lebten Berfaffer von Ritterromanen 
waren Galprenöde und Fräulein Madeleine v. Scudery. Zu dem biftorifchen Ros 
mane fügte Rabelais den fatyrifchen Roman, Scarron tm 17. Jahrhunderte den 
fomifchen, den fpäter Le Sage u. Rouffeau wieder bearbeiteten. Der eigentlidye 
Roman wurde nun felt dem 17. Jahrhunderte bearbeitet doch meiſt von Damen; 
fo von der Gräfin Lafayette (unter dem Ramen Segrais), von der Chaumont 
de Ia Korce, der Billedteu, der Gräfin d'Aulnoy. Sehr fittenlo8 iſt die »Histoire 
amoureuse des Gaulese vom Grafen Bufiy de Rabutin. Im 18. Jahrhunderte 
folgten die Romandichter dem frivolen Geſchmacke der Zeit, befonders Erebillon; 
de la Clos, Louvet de Couvray, Marquis de Sades, berüchtigt durch feine 
ustine ou les malheurs de la philosophie“ und Diderot fchrieben moralifche 
omane, Marivaur u. Grafigny fentimentale, Marmontel u. Florian fchrieben 
noch biflorifhe Romane. Vergebens fuchte Graf Treffan durch die Ueberſetzung 
des Amadis den Rittereoman zurüdzuführen u. fo den ſchmutzigen Gefchmad der 
Zeit zu untergraben. Auch der von Honore d’Urfe in feiner „Astree‘ eingeführte 
und 1610 herausgegebene Schäferroman, der zu feiner Zeit auch in Deutfchland 
jo viele Rachahmer fand und großes Auffchen machte, ward jept befonverd von 
Florian bearbeitet. Prevoſt d'Exiles u. Duclos gelang es befondere, die englifchen 
Samiltenromane in die franzöfiiche Literatur einzuführen. Der neueften Zelt ges 
bören in diefem Genre Bernarbin de St. Bierre, Ehateaubriand u. Staöl an. 
Bon Damen fchrieben noch Romane in diefer Zeit mit verfchiedenem Güde: die 
Gräfin von Genlis, Jul. Krüdener, Cottin, Gay, die Girardin (Tochter der Vo⸗ 
rigen), Adele de Souza, die Herzogin von Duras; die Montolieu hat befonderd 
viele Romane aus dem Deutfcyen überfeht. Die meiften NRomanfchreiber der Ge⸗ 
enwart gehören der romantifchen Schule, oder der modern-foctaliftifchen (mie 
bon oben erwähnt) an. Site find in ihren Romanen theils politifch, theild fpielen 
ihre Erzählungen auf dem Gebiete des Grauenhaften, oder mwühlen in den Kloafen 
der unterften Gefellfchaftöfchichten, theild geben fie auch fogenannte Seeromane. 
Man macht Einzelnen nicht mit Unrecht den Bormwurf unfittlicher Tendenz; Ans 
dere, u. zwar die meiften diefer Schule, haben W. Scott nachgeahmt, nody Ans 
vere haben fich verleiten laſſen, den deutfchen Geifter- Hofmann nadyzuahmen. Der 
eigentliche hiſtoriſche Roman wird jet weniger in Frankreich cultivirt. Die nam⸗ 
bafteften find, außer den genannten, im Liebesromane: Jouy, Benj. Conftant 
(„Adolphe*), Keratry, Eharl. de Pougens, George Sand, Nodier, Bened. d'Os 
(„La perle d’Jschia), %. Eoulie, Alph. Royer, Louis de Maynard. Hiftorifche 
Romane von verfchievenem Werihe, einzelne aud) mit politifcher Färbung: von 
Salvandy, p’Arlincourtt, ©. Sand, Merimee, Marhangy, Marville, Delatouche, 
Buinet, Bictor Hugo („Notre-Dame“), A. de Vigny („Cing-Mars“), Lacroixr, 
Amedee de Paſtoret, Pierre Barginet, P. Hedouin, Soulis, Tournier, V. ie 


378 Sranzöflfge Sprache u. Literatur. 


Muffe, A. Arnould, Merville, E. Mesnard, Brifiet, B. Botreau, Mortonval 
(„Fray Eugenio*), Fürftin Eraon, Mardyangy. Im pfychologiihen Romane find 
befonder8 zu nennen: die Herzogin v. Duras, Sainte⸗Beuve, Zavier de Maiftre, 
Delöcluze, Saintaine. Der didaktiſche Roman, der in Frankreich meift dem So⸗ 
ctalen und Moralifchen gewidmet if, wurde bearbeitet von Ferrieres, Arbanere, 
Drouineau, Fartoul; der Soldatenroman von Lucas de Montigny, Blaze, Marco 
de St. Hllaire, Mad. Charles Reybaud, der Seeroman von Sue und Corbiere, 
Roumieu, Duroc, Eug. de la Gournerie; der Sittenroman von Balzac, Janin, 
Maſſon, Gaudichot, Bruder, Luchet, de Euftine, A. Karı, Em. Souveſtre. Das 
niedere Leben fchildern fittenloß: PigaultsLebran, Paul de Kod; züchtiger Graf 
Kap. de Maiftre. Auch Sue gehört mit feinen „Mystöres de Paris“ hieher. Erzaͤh⸗ 
lungen neben Kritik u. Anze gen über Kunft und Wiffenfchaft enthalten auch die 
Feuilletons der Journale; beſonders zeichnen fid Jul. Janin und E. Guinot 
darin aus, u, gemwöhnlicdy werben die fpäter in einzelnen Bänden herausgegebenen 
Romane vorher in den Feuilletons aufgetifcht. Sittenſchilderungen — ſchon in 
früheher Zeit vorhanden — wurden in’ neuefler Zeit vielfach geichrieben. Es ges 
hören hieher die —— von Jouy, Sa Bazin („L’öpoque sans nom), 
de Stendhal („Ueber ital. Leben”), Marmier („Ueber Irland u. Zeland“), Jaque⸗ 
mont („Weber Indien“), Pan („Ueber England und Schottland“), Huguf 
Chaho („Ueber Navarra“), Santo Damingo (,neapolitaniſche und römiiche Ges 
mälde"), Mercey („Tyrol u. Norditalien“), Eornille („Ueber den Orient”) u.m. 9. 
Einen, dem deutfchen Eulenfpiegel ähnlichen, Bolfsroman haben bie Yranzofen an 
Bourdigned „La l&gende de Pierre Faiseu.“ MWeltere, beſonders Ritterromane, 
wieder abgebrudt in der Bibliothöque univ. des romans (Paris 1775—89, 224 
Thle.), im Corps d’extraits des romans de ohevallerıe (Par. 1762, 4 Bde.) u. 
Nouvelle bibl. de rom. (ebend. 1798—1805, 112 Thle.). Was die Novelle bes 
trifft, fo wurde diefe durch Katharina und Marla von Medici von Stalten aus 
in Frankreich eingeführt. Schon Franz I. Schwefter, Margaretha von Ba- 
lois, fdhrieb übrigens In dem „Heptameron” Novellen; doch hat fidy im Durdy- 
ſchnitte wenig Bedeutendes dieſer Art erhalten. Spantiche Novellen wurden 
im 17. Jahrhunderte durch Segrais und Andere eingeführt. In neuefter Zeit 
iſt die Zahl der Novelliſten und Rovellifiinnen immens: ausgezeichnet find in 
der Rovelle befonders Balzac, Gozlan, Madame Charles Reybaud, Sanin. 
Mährchen, deren ſchon in den alten Kabliaur zahlreiche waren, fanden wieder 
Liebhaber im 17. und 18. Jahrhunderte. ‚Zu erwähnen find beſonders bie von 
Charles Perault, Foͤnoͤlon, Graf Hamilton; vornehmlich wurde diefed Feld auch 
von Damen angebaut. @alland überfehte Taufend u. Eine Nacht, PBetit de la 
Eroir 1001 Tag. — In Bezug auf die lyriſche Poeſie verfolgen wir zuerſt 
die Geſchichte des Liedes (Chanson). Die lyriſche Poeſie King hier erfi an, 
nachdem fidy die rohen norbfranzöflfchen Dichter durch die Verbindung mit dem 
fanfteren provencalifcyen Elemente verbunden hatten, und der erfle, wenn nicht 
überhaupt (denn ſchon aus dem 12, Jahrhunderte werben Chreftien de Troyes 
Brulez, Baftellan de Coucy, Thierry de Soiſſons, Moniot⸗d'Arras, Robert von u. 
Aubrine de Sezane genannt), doch bedeutendere Lyrifer war Konig Thibaut von 
Navarra im 13. Jahrh.; Zeitgenoffen u. Nachfolger von ihm im 14. Jahrh. Gaſſas 
Rheims u. die Damen Doetez de Troyes u. Marie de France, von denen erftere 
audy ihre Lieber felbft componirte. Auch im 15. Jahrhunderte traten mehre fran- 
zöfiſche Lyriker auf; fie charakterifiren ſich durch Verſtändigkeit und Wit mehr, 
als durch Gefühl; daher die Formen ihrer Lieder meift Rondeaus, Trioletts, 
Duatrains ꝛc. find. Mit großem und nicht unverbientem Ruhme nennt man aus 
diefer Zeit den Herzog Charles d'Orleans als gefühlvollen, u. Villon als origis 
nellen Dichter ; verfchledene Lieder fangen: Alain Charetrier, Guillaume Coquillatt, 
Buillaume Cretin; Tuftige Lieder: Dlivier Baffelin, ein Luftiger Walkmüller im 
Bal de Bir in der Normandie, Jean Molinet, Martin Franc, Sean le Maire, 
Glotilbe bu Vallon⸗Challys u. m. A. Die neue Zeit der franzöfifchen Literatur 
unter rang I, bezeichnet die Racyahmung ver Elaiiter u. Atallener, Wer Ania 


Franzoͤfiſche Sprache n. Literatur. 379 


war ſelbſt Dichter u. feine Schweſter Margareihe von Navarra u. fein Kämmerer 
Marot, der eigentliche Tonangeber feiner Tage, wie wir dieß oben bereits bes 
rührtn. Die Schule Ronfard’& producirte unendlich viele Sonette, aber 
ohne Natürlichkeit u. Ortginalttät; dieſe findet ſich auch nicht in Francois de 
Malberbe, den man den Schöpfer der franzöftfchen Lyrif nannte, obgleich ſchon 
Bertaud u. Desportes den Geſchmack von dem Künftlichen abs u. dem Ratürs 
lichen zugewendet hatten; Malherbe hat nur das Berdienft eleganter u. präcifer 
Sprache u. firenger eebachtung der Form, während ihm Gefühl und Phantafle 
gen abgeben. Diefer Zeit gehören nody Pierre de Godolin (im provencalifchen 
talefte), Maynard, Sarasin, Malleville u. X. an. Im Zeitalter Ludwigs XIV. 
wurbe befonders das leichte Lied mit galanter u. frivoler Tendenz von zahlreichen, 
u. mitımter von den erften Dichtern diefer Periode gedichtet: fo von Corneilſe, 
Racine, Boileau, Lafontaine, Chapelle, Bauchaumont, Chaulieu, Delafare, 
Lainez u. A. Benferade war zu feiner Zeit der berühmtefte Gelegenheitöpichter 
des Hofes, Houbart de la Motte zeichnete ſich im anakreontifchen Liede aus. 
Ebenſo gefühlarm und witzreich waren die Iyrlichen Gedichte der folgenden Zeit 
von Voltaire, Piron, Pannard, Colle und Gallet, was auch die Bezeichnun 
ihrer Dichtungen: „Poesies fugitives“ hinlänglid, betätigt. Erft der neuen Zeit 
war ed vorbehalten, lyriſche Gedichte vol Phantafle u. Gefühl herworzubringen ; 
jest fangen Lebrun, Joſ. Chenier u. Rouget Delisle, der Dichter der Marſeillaiſe; 
jet traten die Sänger ber romantiſchen Schule auf, an ihrer Spitze Lamartine 
u. Victor Hugo, die auf dem deutfchen Boden, wo die Lyrik heimifch ift, fidh 
zur religiöfen Begeifterung, ernſten Gedanken u. reinem Gefühle geweiht hatten. 
Biennet, Guirand, BaoursLormian, Ant. Deschamps, St. Beuve, Muffet, Jul. 
Leföore, Draf Zuled de Reffeguter aus Toufoufe, Turquety in Rennes, Drouls 
neau u. A. gingen den alten Weg der Glaffichtät; nad) beiden Richtungen hin 
ſchwankte Caſ. Delavigne. Keiner Schule angehörend, aber eine neue Richtung, 
nämlich die politifch = fatyrifche, einfchlagend, zeigte ſich Beranger in feinen Lies 
dern, durch deren Geiftesſchaͤrfe und nationale Anmuth er Dichter des Bolkes 
ward, aber zu früh verftummte. Erft in den jüngflen Tagen hat er indeß wie- 
ber ein Zeichen von fich gegeben. Nächſt ihm haben den meiften Beifall M. 
Ant. Madel. Defaugierd u. Debraur erworben; beißender gingen den Weg des 
politifdy »fatyrifchen Liedes Burthelemy u. Mery. Unter den dichtenden Damen 
find mur bie Deöbordes - Balmore u. Amable Taftu, Elifa Mercoeur (+ 1835, war 
viel verſprechend) mit Auszeichnung zu nennen. Unter den franzöftfchen Raturs 
Dichtern find bemerfenswerth: der Krifeur 3. Jasmin (fchrieb 5. B. „L’Abuglo 
de Castel-Ciule“, 1836) zu Agen; der Bäder Jean Reboul in Nimes („Poe- 
sies“, 1836); der Buchdrudergehülfe Heg. Moreau, Em. Debraur, der Ber 
faffer der etwas gemeinen „Chansons nationales“ (Paris 1819). — In der ern» 
ften Gattung des Liedes, befonders des heiligen Geſanges u. der Oben, verfuchten 
fih Charles de Bourdigns, Margarethe von Ravarra (Franz I. Schwefter), 
Malberbe, dann Ronfard, Theophil Viaud, Due, 3. B. Rouffenu, den man 
ſogar den franzöflfchen Horaz nannte, Lefranc de Bompignan, ausgezeichnet vor dem 
fteifen u. affectirten Louis Racine u. Thomas Lebrun, der mit wirklicher Begeifterung 
dichtete. Eine Sammlung von Cantaten, deren Werth, mie der Muflf über- 
haupt, gering ft, veranftaftete Bachelier (Haag 1728). Aeltere franzöftfche Lies 
der wurden gefammelt im „Recueil de chansons choisies“ (Haag 1736 — 1746, 
8 Boe.) u. in Monnets „Antholog. franc.“ (Paris 1767, 3 Bde). — Ballas 
den u. Romanzen wurden in Frankreich vor dem 18. Jahrhunderte nicht ges 
jungen, damald aber wurde Paradis de Moncrif ihr Schöpfer. Nach ihm 
dichtete deren noch Feutry, Fabre d'Eglantine, Marmontel, Berquin u. in neue: 
fer Zeit Gerard, Bictor Hugo, Em. Deschamps. Sammlungen der Älteren im 
„Recueil de Romances historiques, tendres et burlesques“ (Paris 1767 — 73, 
2 Bbe.); „Nouveau recueil de Romanc.“ (ebend. 1774, 2 Bve.). Auch finden 
fi) deren in ben franzöfifchen Singfptelen und Baudenilien eingelegt. — Die 


380 Franzoͤſiſche Sprache u. Literatur, 


Elegie, ſchon von Marot, Ronfard u. Desportes verfucht, erhielt erſt durch 
die geiftreiche Louiſe Labtes, die Bemahlin eines Seilers (daher la belle Cordiere 
Er eine würbige Bearbeitern, u. wiederum war ed, daß in dem folgenden 

eitraume Henriette de la Suze die nüchternen Berfuche von Segrais u. Deshou⸗ 
liered bei Weitem übertraf. Im 18. Jahrhunderte wurde dieſe Gattung von 
Dorat, de Bazay, St. Maure, Laharpe, am Beſten aber von Gorlarbeau nad) 
englifchen Muftern, u. von Bertin (Les amours), der als ver befte franzöftiche 
Glegifer gilt, bearbeitet; aus neuefter Zeit find zu bemerfen: Choͤnier, Soumet, 
Brizeur u. die Damen Babris u. Desbordes-Balmore; politifcdye Tendenz haben 
die „Messeniennes“ von Delavtgne. — Die Id ylle wurde (ald „Postourelle“) 
ſchon von Froiſſart im 14. Jahrhunderte gebidhtet; dann von Marot u. Ronfard 
weniger glüdiih, da fle ihre Schäfer aus dem PBerfonale des Hofes nahmen. 
Als ausgezeichneter Idyllendichter gilt jedoch Sieur de Racan durch feine „Ber- 
geries“, fowie audy Pierre de Godolin, deſſen Idyllen fehr zart find. Eyäter 
verlor die Idylle durch die, von Deshoultere eingemebte, fentimentale Moralität u. 
dur) Fontenelle's Unnatur. Segrais dagegen fchrieb ungefünftelt; in neuerer 
Zeit wurde Geßner nachgeahmt: fo von Leonard u. Berquin; Chenter dichtete 
auch einige Idyllen, er, im antiken Geiſte dichtend, der befte Dichter der Gegen, 
wart in diefer Gattung. Auch Lamartine mit feiner Epifode Jocquelin gehört 
bieher. — ine der älteflen franzöflfchen Satyren iſt der allegorlihe „Roman 
du Renard“, die Duelle des deutfchen Reinede Fuch s (ſ. d.), Hugo's de Bercy, 

Bible Guyot de Provins“, worin alle Stände beißend burdygezogen werben. 
Satyren waren auch die Poflen, die ziwifchen den „Mysteres“ von den „Enfans 
sans souci“ (f. unten) aufgeführt wurden. ine andere Art Satyren waren aud) 
die Vaudevillen (ſ. d.), die oft gegen Zeitthorbeiten gerichtet waren, aud) 
wohl perfönliche Angriffe enthielten. So blieb auch lange noch die Gatyre in 
der frangöftfchen Literatur nur Paëquil. Zuerft bearbeitete fie beffer, nach romi⸗ 
Then Muftern, de la Fresnaye; als Muſier fliehen befonders da: Regnier und 
BolleausDespreaus, leterer aber dem erfleren nachſtehend. Mit viel Schärfe und 
Gift ſchrieb Gaçon; Fräftig Gilbert. In neuefter Zeit hat ſich die Satyre meifl 
mit anderen Gattungen, beſonders mit der Igrifchen, verſchwiſtert u. iſt meift auf 
politiſche Gebrechen gerichtet. Es zeichnen ſich, außer den oben genannten ſatyriſch⸗ 
politifchen Liedern von Beranger, befonders Barthelemy- u. Mery, dann Barbier 
in feinen „Jambes‘“ aus; gegen die romantifche Schule zog Baour » Lormian mit 
feinen „Satires“ zu Felde. Sammlungen franzöftfcher Satyren in „Le Parnasse 
des Podtes satiriques“ (Paris 1623); „Les satiriques du 18. siecle‘* (ebend. 
1800, 7 Bde). — Was die didaktiſche Poeſie betrifft, fo war das sehrge 
dicht Anfangs, wie die Satyre, allegorifch, u. bieher gehört beſonders Der bes 
rühmte, aus 22,000 Berfen beftehende „Roman von der Roſe“ (Roman de la 
Rose), deſſen erfter Feiner Theil von Guillaume de Lorris gegen die Mitte des 
13. Jahrhunderts, der zweite von Jean de Meung im Anfange des 14. Jahr: 
hundert8 gedidhtet worden iſt und als das erfte — amsöflfche ationalwerk gilt. 
Der Inhalt iſt eine Kunft zu lieben; die ganze Allegorie dreht fi um eine, 
von einem Caſtell geſchützte Rofe, die endlich, nach Sroberung des Caſtells, ges 
brodyen wird. Die Ausführung if unter viel Anwendung von derzeitiger Ge⸗ 
Iehrfamkeit, theils fehr fchlüpfrig, theils fatyrifch, befonder8 gegen die Frauen u. 
Geiſtlichen, daher lehtere fogar von den Kanzeln gegen dad Buch prebigten. 
Andere haben es über die Gebühr hoch erhoben (Et. Wasquter verglich es fogar 
mit der göttlichen Komödie) und commentirt. Zuerft 1440 in ol. gebrudt, 
wurbe ed oft u. zulept von Meon herausgegeben (Paris 1814, 4 Bde.) u. in 
neuefter Zeit in neufrangöfifche Verſe überfegt. Das eigentliche Lehrgedicht bes 
gann in Frankreich mit dem vollfländigen Stege des Claſſicismus, mit Boileau's 
„Art poetique“, dem dann Breboeuf („Entretiens solitaires“); 2. Racine („La 
religion“ und „La grace“); ®oltaire („Discours sur 'homme“, „La religion 

nasurelle“ u. „Le dösastre de Lisbonne“) ; Dulary („An grandeur de Dieu 


Franzöfifche Sprache n, Literatur, 381 


les merveilles de la nature“); St. &ambert („Principes des moeurs chez toutes 
les nations“); Bernurd („L’Art d’aimer*, eine leichtfertige Schrift) folgten. 
Techniſche Lehrgedichte fchrieben: Watelet („L’art de peintre“); “Dorat („La 
declamation theätrale“); Delille (L’art d’embeller les paysages“, „L’homme de 
champs“ ; audy religiöfe u. philofophifche, wie „La malheur de la pitıe« u. „L’i- 
maginalion“); Bolfiolin („La botanique*); Desmanard („La navigation“); 
Daru („L’sstronomie"); Berchoux (ein Lehrbuch der Gaftronomie in Verſen); 
galane („Le potsger“ u. „Les oiseaux de la ferme“); Midyaud („Le prin- 
temps d’un proscrit“); Yabre, St. Bictor („L’esperance“); Lerour („Les 
troıs ages“); Chénodolle („Le genie - de I’homme“), Lebrun und Andere. 
Den Letzteren audgenommen, gehören die meiften Didakıifer zur claffifchen 
Schul. — Poetiſche Befchreibungen find gegen das bibaktifche Ge⸗ 
dicht nur wenige geliefert worden. Wir führen bier nur an: St. Lambert 
(sLes IV. saisons und les saisonss), Caſtel (»Les plantes«), Fontane (»Le 
vergere). — Boetifche Epifteln fchrieben die Franzoſen ſchon feit der yet 
Tran I. in großer Menge, fo: Ball, Darot, Mein de St. Gelais u. viele Ans 
dere, bis auf Bolleau, der, wie fpäter 8. Racine, ein fatyrifches Element bei- 
mifchte, und Rouffeau. Der Hauptepiftolograph des vorigen Jahrhunderts war 
Chaulien; im frivolen Tone fchrieben: deren Boltaire, Greſſet, Bernis, Dorat, 
Sedaine, Pezay u. v. A. Viennets Epifteln in neuefler Zeit nahmen politifche 
Richtung. Die Herotde bauten Dorat, de SainsMore, Barthe, de la Harpe 
an. Die franzöftichen Heroiden find gefammelt in 6 Bden. (Lüttidy 1769). — 
An Epigrammen, wisigen und beißenven, ift die franzöfifche Literatur reich. 
Unter den Aelteren find Marot u. befonderd Mellin de St. Gelaid u. Ogter de 
Sombauld auegeacichnet; unter den Neueren J. B. Rouffeau, Senece, Panard, 
Biron u. A. Sammlungen: »Nouveau recueil des Epigrammatistes frang.« von 
Bruzen de la Martiniere (Amfterd. 1740, 2 Bde.), „Choix des Epigrammes* 
(Baris 1769, 2 Bde). — Unter den Fabeldichtern iſt Lafontaine noch uns 
übeıtroffen; feine Größe u. Unerreichbarkeit befteht in der naiven Erzählung. 
Ueberhaupt find feine Fabeln nicht Afopifche Kabeln, fondern mehr poetiiche Er⸗ 
zaͤhlungen, wie ed den Franzofen die Verwandtfchaft des Namens ihrer Erzähs 
lungen („Fabliaux‘‘) nahe legte. Bel Weitem von geringerem Werthe waren bie 
Fabeln von de la Motte, Houdart, Bourfault, le Roble, Richer; fpäter ſchrieben 
dergleichen wieder mit mehr Glück Aubert, Dorat, Didot, der Herzog von Nis 
vernots, Imbert, Florian. — Allegorifche Gedichte der älteften geh haben 
wir bereitd oben unter den Satyren und unter der didaktiſchen Poeſie 
angegeben. So weit fie beim Drama in Berüdfichtigung fommen, f. d. Art. 
franzdfifches Theater. In den fpäteren Zeiten zeichneten fidy die „Allegories“ 
von 3. DB. Rouffeau, „Le temple du gout“ u. „Macare et Thel&me‘ von Bol: 
tale Cetzteres eine allegorifdye Erzählung) aus. — Was das Drama betrifft, 
fo verweilen wir bier der Hauptfache nach auf den Art. franzöfifches Theas 
ter; nur in kurzen Umriſſen, denen bin u. wieder ergänzende Bemerkungen anges 
fügt find, möge hier eine Gefchichte deflelben folgen. Aus den älteften Darftels 
lungen ber „Mysteres“ u. „Sottises‘‘ entwidelte fi allmälig das Drama. Als 
in der Mitte des 16. Jahrhunderts die Baffionsbrüder, die bisher das Pri⸗ 
vilegium, theatralifche Vorſtellungen zu geben, hatten, aufgelöst wurden, nahm 
eine Geſellſchaft, die fid) Comediens nannte, dad Theater in Pacht, u. aus dieſer 
Geſellſchaft ging das noch jet beftehende Theätre frangais hervor. Außerdem 
gab ed übrigend nody einige Theater, 3. B. das der „Clercs de la bazoche“* 
(beftehend aus Advocaten und PBrofuratoren), die die fogenannten „Moralites u. 
Farcen“ aufführten. Nachdem den Markttheatern öfter das Sprechen verboten 
worden war, entfland fo die „Bantomime” u. „Oper. Nun erft begann Jodelle 
nad) dem Mufter der Alten Dramen einzuführen und fie kunſtgerecht zur Auffüb- 
sung zu bringen. Bon nun an trennte fi) das franzöftfche Theater In Tragoͤdie 
u, Komöble. Pierre Gorneille, der ſich nach den Claſfikern bildete v. viele words 


382 Sranzöfifche Sprache u. Literatur. 


ahmte, ward der Bater der franzöfifchen Tragödie. Im 18. Jahrhunderte ent: 
ftanden auch die bürgerlichen Trauer- u. Schaufpiele, die Diderot einführte Im 
19. Jahrhunderte trat die Oppofition der „Romantifer” gegen ven „Claſſtcismus“ 
ein u. Victor Hugo trug als erflerer den Sieg davon. In der neueften Zeit 
fcheint jedoch durch Bonfard der Claſſicismus, oder wenigftens eine Bermittlung 
beider Prinzipien an die Tagesordnung zu kommen. — Der Begründer des Luft 
fpiel8 iſt der oben angeführte Sobelle u. bie Franzoſen leifteten hierin überhaupt bie 
auf die neuefte Zeit viel Treffliches. Die große Oper bildete ſich befonders feit dem 
17. Jahrhunderte in der „Academie royale de musique.“ Quinault ſchrieb zuerft 
Opernterte; In diefer Zeit bildete fidy audy die Fomifche Oper u. das Vaudeville 
as, das in der lehteren Zeit auch auf unfere Bühnen überging. 

Gehen wir auf die profatfche Literatur der Franzoſen über. Es if be- 
merkenswerth, daß die profatfche Sprache derfelben fidy fortbilvete, während bie 
poetifche einen ftabilen Eharafter, gleich metrifchen Kormen hatte. Die früheften 
profatfhen Schriften waren hiſtoriſch, und frühe ſchon wurden rhetorifche Anwei⸗ 
fungen gefchrieben, wie der „Jardin de plaisance et fleur de rhetorique‘ eines 
pfeudonymen Infortund gegen dad Ende des 15. Jahrhunderts u. Pierre Lefevre's 
„De grant et vray art de plaine rhétorique.“ Bervollfommnet wurde die Proſa 
befonders fett dem 16. Jahrhundert durch Montatgne, u. beſonders durch Balzac, 
der als Bater der franzöflfchen PBrofa zu gelten pflegt. Claſſiſch find aber erft 
die Schriftfieller der Zeit eubwige AIV,, in der nur fchön u. gut Befchriebenes 
Anklang und Aufnahme fand. ber freilich bildete ſich damals auch eine allzu 
pedantlich bindende Form, die erft die Romantifer wieder zerfchlugen. Bon ven 
profatfchen Gattungen erwähnen wir zuerſt den Brief. Unter Ridyelteu kam 
diefer Literaturzweig in Aufnahme; genannter Minifter felbft fchrieb ſolche, feine 
Briefe find aber mehr politifchen zuhatie, Dagegen war es der elegante, unter: 
haltende, nicht felten fehr fade Brief, der von nun an viel gefchrieben wurde, 
auch pflegten namhafte Schriftfieller ihren Briefwechſel („correspondance*) dru⸗ 
den zu lafien, daher fidy eine Anzahl Briefe in den Werken aller Franzoſen bes 
finden. Zuerſt fchrieb deren Balzac, König Heinridy IV., Bolture, Coſtar, aus⸗ 
gezeichnet die Marquife von Eevigne an —* Tochter, die Maintenon, Comteſſe 
de Staal, vor allen andern Babet an ihren Geliebten Bourſault. Die Briefe 
der Ninon de l'Enclos, die unter ihrem Namen heraudgefonmen, find fchwerlich 
ächt; ächte finden fi) aber in ihres Geliebten Evremond zerfireuten Briefen ; 
Fontenelle's Briefe gleichen an Gedenhaftigkeit feinen Idyllen; die didaktiſchen 
Briefe von Dupaty (über Italien) u. von Demouftier (über die Mythologie) has 
ben unverbienten Ruf. Wichtiger ift die von Grimm u. Diderot herausgegebene 
„Correspondance litteraire, philos. et critic.“ u. Laharpe's „Correspondance 
litter.“ Ausgezeichnet zu werden verdienen noch aus der Menge die Briefe von 
J. Racine, Boltaite, Rouffeau, Montedquieu, u. der in neuerer Zeit herausgege⸗ 
bene Briefwechfel zwifchen Rapoleon u. Joſephine. Uebrigens fällt in uns 
feren Tagen die Literatur des Briefes mit der der Memotren zufammen, da der 
galante und unterhaltende Brief fo ziemlich aus der Literatur verſchwunden if, 
die wirklich geichriebenen Briefe aber in den Memoiren mit abgedrudt werden. — 
Die Literatur des Dialogs der franzöflidyen Literatur iſt arm, und nur etwa 
Fénelons „Dialogues de morts anciens et modernes,“ Fontenelle's „Dialogues 
des morts“ u. Remond's de Et. Mur „Dialogues de Dieux* find zu nennen.— 
Die Oratorie (Beredfamkeit) hat, obgleidy im Allgemeinen die Franzoſen ſtets 
treffliche Redner waren, doch verfdhledene Blüthenzeiten gehabt. So fällt bie 
Biürhezeit der Kanzelberedfamkeit in das „goldene“ Zeitalter der franzöfl- 
fhen Literatur. Damals fchrieben u. bielten Predigten („Sermons“) u. Reden 
(„Orsisons") mit Ruhm: Bourdaloue, Ylechier, Fenelon, Boffuet, Saurin, Mas: 
saron, Maſſillon, Anfelme, Delarue. In den frivolen Zeiten des 18. Jahrhun⸗ 
derts, wo die Verachtung der Religion ſyſtematiſch, ja aulegt gefeglich herrfchte, 
Zonnte biefe Derebfamteit nicht gedeihen, u. nur Beauvais u, Bridaine find mit 


Franzoͤfiſche Sprache u. Literatur. 883 


Auszeichnung zu nennen. Selbſt die neuefle Zeit bat dem Ruhme des 17. Jahr⸗ 
hunderts hierin auch nicht im Entfernteflen nahe fommen fönnen; etwa ber Gars 
dinal Maury und der Bifchof Krayffinous mögen erwähnt werden aus der Zahl 
der geiftlichen Redner, die fich feit der Reſtauration hervortbaten, aber nur für 
ihre Tage fprachen, daher audy ihre Reden nicht länger nadhhallten. (Vgl. »Re- 
ceuil de diverses oraisons, funebres, harangues etc.,* ‘Paris 1712, 6 Bde, 
„Les orateurs chretiens,“* Paris 1820, 20 Bde.) Abwechſelnd mit der Kanzel⸗ 
berebfamfeit blühte die politifche u. gerichtliche Beredfamfeit. In den 
früheren Zelten wurben gute politifche u. gerichtliche Reden („Discours“ u, „Plai- 
doyers“) gehallen von P. Seguier, M. V’Hopital, Baron de Drut, G. du Bair, 
— A. le Maiſtre, L. Serain, Puymiſſon, Pauliſſon, Fouquets beredtem Ver⸗ 
theidiger u. letztem proben Redner. Delamoigne, Terafion, Talon u. Cochin find 
mehr als gute Zuriften, denn als Redner berühmt. Erſt die Zeit der Revolu- 
tion wedte u. bildete wieder große Redner unter allen Parteien der verfchtevenen 
politifchen Farben: unter ihnen Mirabeau, Bergniaur, Jonard, Cazaloͤs, Maury, 
gameth, U. Duport, R. St.⸗Etienne, Laujuinais, Sieyes,. Als unter Napoleon 
die Freiheit aufhörte, verflummten auch die politifchen Redner, oder ſanken zu 
knechtiſcher Schmeichelet herab, u. erſt feit der Reflauration der Bourbons u. nach 
der Julirevolution traten wieder große Talente hervor: fo Lane, Raynouarb, 
Royer⸗Collard, Bignon, B. Bonftant, Ehateaubriand, Manuel, General Foy, 
Thiers, Köratry, Dupin, Billele, Odilon Barrot, Mauguin, Guizot, Lafayette, 
Gaf. Perier, Gormenin u. A. (Bgl. Fournel „Hist. des advocats au Parla- 
ment,“ Paris 1813, 3 Bde; Cadiot, „Collection des principaux discours etc. 
à la chambre des Deputes, depuis la session de 1815,‘ ebend. 25 Bde.; Boin⸗ 
villier, „Hist. abrege d’eloquence judicisire en France“ in feinen „Principes et 
morceaux ohoisis d’öloquence elc.,* Parts 1826.) Als Rapoleon der parlas 
mentarifhen Beredfamfeit ein Ende machte, fo fehuf er, nach dem Muſter der 
Griechen u. Römer, eine milttärifche Beredſamkeit. Er wirkte Begeifterung 
durdy feine Reden („Harangues“) in feinen Kriegern, u. wie Niemand fein Genie, 
fo bat auch Niemand diefe Rednergabe u. Rebnergewalt von ihm geerbt. Diefe 
Gattung der Oratorie ift audy nicht weiter Gegenſtand der Literatur geworben. — 
Die akademiſche Beredfamkeit, in der früher befonderd Yontenelle geglänzt 
hatte, entfaltete ihre Blüthe befonders im 18. Jahrhunderte in den afademifchen 
Lobreden („Eloges“) v’Alemberts, Ghamforts, Laharpıs, Mairans, Baillys, Gui- 
berts. In dieſem Jahrhunderte iſt vor Allem Guvier zu nennen. Vgl. „Reoueil 
des pieces d’eloquence preseniees a l’Academie franc., depuis 1671 jusqu’en 
1748« (Paris 1748, 2 Bde.); @uvier, „Recueil des Eloges hist. des membres 
de l’Acadömie roy. des sciences“ (Straßburg 1819—27, 3 Bde.). — Was die 
DR ngrannie betrifft, fo gilt als erftes franzöfiſches Geſchichtswerk des 

arſchalls Geoffroy de Ville-Hardouin Bericht über die Einnahme Eonftantinos 
pels durch die Lateiner, der er ſelbſt beigewohnt. Aus demſelben 13. Jahr⸗ 
hunderte ſtammt die ſpäter öfters herausgegebene „Histoire de St. Louis“ von 
Jean de Joinville. Bon den Hiftorifern des 15. Jahrhunderts, zu denen Dlivter 
de la Marche u. Ehriftine de Pifau gehören, zeichnen ſich befonders aus: Froiſ⸗ 
fart, Elaude de Seyſſel, Philippe de Eomines. Mit dem Studium der Claſſiker 
gewann zwar die franzöftiche Hifloriographle an Gediegenheit, verlor aber aud) 
die alte Raivität der Darſtellung, an deren Stelle nun ängſtliche Eorreftheit trat. 
" Neben Regentengefchichten fchrieben die damaligen Hiftorifer größtentheild die 

Geſchichte ihrer Zeit, 3. B. Thou u. der Deriog Heinrich von Rohan. D’Au- 
bigne fchrieb eine Weltgefchichte, Tb. Beza eine Kirchengefchichte. Unter Lud⸗ 
wig XIV. fonnte eine Fritifche Gefchichte nicht auffommen, da die Literatur durch⸗ 
ängig dem Hofe unterthan war. Hiftorifer dieſer Zeit ind: Mézétay, d'Orleans, 
Barilins, Baflor, St. Real, Bougeant, Maimburg u. A. Rollind alte Gefdyichte 
war mehr für die Jugend u. blieb lange Lehrbuch ; Kirchengefchichten fchrieben 
Fleuty und Basſnage. Mit Voltaire u, Montedquien beginnt eine neue Art ber 


384 Framöfife Sprache n. Literatur, 


Geſchichtſchreibung, in ver jedoch die befannte phllofophifche Doctrin dieſer Män- 
ner auch Feine tüchtige Geſchichtsanſchauung zuläßt. Ueber Landesgeſchichte 
ſchrieben damald: Garnier, Mably, Henault, Baliys Billaret; über ausländifche 
Goguet, Raynal, Millot, Erevier, Rapin de Thoyras, Barthölemy u. A. Seit 
der Revolution hat fi) die Geſchichtsſchreibung freier u. im Allgemeinen befier 
gefaltet; die Kritit nimmt darin ihre gehörige Stellung ein und die Anfchauun 
wird objectiver. Meber allgemeine Geſchichte ſchrieben: Michele, Segur, Anquet 
u. 9. Ueber die franzoͤſtſche Gefchichte überhaupt: Sismondi, Bulzot, Trognon, 
Montgaillard, Montail, Bonnechofe, Anquetil; über einzelne Provinzen u. Städte: 
Böchet u. Barante, Amanton, Chardon, Keblanc, Daru, Marles, Martin, Begin, 
Bolffon de la Salle, Hecart, Jiaccobi, Deladoucette u. A., u. faſt in allen Pros 
vinzen herricht jeht ein reged Leben zur Aufhellung der Geſchichte derfelben u. der 
Städte. Danielo begann’ eine „Hist. de toutes les villes de la France ;“ über 
einzelne Gefchichtöpartieen fchrieben: Aug. Thieriy, d'Urban (Belten); Michelet, 
Am. Thierry (Ballten), Berlier (Gallien unter den Römern), Depping (Ror- 
mannen in Frankreich), Alexander Mazas (berühmte franzöfifche Militärs des 
Mittelalters), Penronnet (Kranken) u. A. Leber die Revolution fehrieben 
und fchreiben gegenwärtig: Mignet, Thiers, Dulaure, Lameth, Conny, 
Paganel, Neilfon, WMarraft, Bouzenot, Rour, Bouchez. Das große Sammels 
werk dieſes Lehteren unter dem Titel: »Ilistoire parlamentaire de la rövolution 
frangaises ſetzt gegenwärtig der Berleger $ et fort. Kuͤrzlich erſt hat Lamar⸗ 
tine eine Geſchichte der Girondiſten gefchrieben u. Louis Blanc, der Verfaſſer 
der Geſchichte der 10 Jahre 1830 — 40), iſt gegenwärtig auch mit einer Ge⸗ 
ſchichte der Revolution befchäftigt, wovon bereitd ein Band erfchien. Ueber die 
Geſchichte des Kaiſerreichs fchrieben: Arnault, Bradt, Bignon, Thibaudeau, Balls 
leul, A. Hugo, Thiers. Hieher gehört auch die zahlreiche Memoirenliteratur. 
Werke über die Kriegsgeſchichte feit ver Revolution erfchienen von Jomini, 
83 Segur, Gourgaud, Gouvion St. Cyr, Soult, Pelet, Beauvais, Beauchamp, 
uchet. Ueber die Reſtauration der Bourbons ſchrieben: Dulaure, Lacre⸗ 
telle, Capefigue; über die Julirevolution u. die Zeit nach derſelben: Dupin, 
Roget, Bonnelier, Chatelin, Boͤrard, Milleret, Blanc, und über die neueſte 
franzöftfde Geſchichte überhaupt: Chateaubriand, Guizot, Thiers, Sal⸗ 
vandy, Capefigue. Unter den Quellenſammlungen für franzofiſche Ges 
ſchichte ſind beſonders zu nennen: »Mem. relatifs & l’'hist. de France jusqu'au 
13 sièclo« herausgegeben von Guizot (Paris 1823 f. 29 Bde.). Andere find 
von Petitot, deren 1. Abtheilung von Philipp Auguf bis zum Anfange des 17. 
Jahrhunderts reicht (Paris 1829, 52 Bde.), die 2. Abtheilung von Seinrich IV. 
bis zum Pariſer Frieden 1763 (Paris 1820 f., 56 Bde); Buchon, »Collection 
des chroniques natıonales frang. Ecrites en langue vulg. du 13. au 16. siecle"“ 
(Baris 1824, 26 Bde.); Michaud u. PBoujoulet, „Nouvelle collect. des mem. 
our servir à l’hist. de France depuis‘‘ 1800 bi8 1838, 10 Bde.; Xeber, »Col- 
ection des meilleurs dissertations etc. relatives a l’hist. de France; Limber u. 
d’Anjou, »Archives curicuses de l’hist, de France depuis Louis Xl..; Paſto- 
ret, »Ordonnances des rois de Fr.e, durdy Guizots Anordnung Collect, des do- 
cuments inedits sur l'hist. de Fr. Die »Sociöts6 de l’histoire de Frances beab⸗ 
ſichtigt eine volftändige Sammlung aller Quellen u. hat bereitö mit der Heraus⸗ 
gabe einzelner begonnen. Leber alte Geſchichte fchrieben: St. Croix, Miche⸗ 
let, Poirſon, Cayr, Elavier, Durozier u. A.; doch gebraucht man, was bie alte 
Geſchichte betrifft, gewöhnlich deutfche Werfe (in der Ueberfegung); über das 
Mittelalter Graf Beugnot, Michaud, Desmicheld, Ratnaud, Frant (»Anna- 
les du moyen äges). Ueber die Gefchichte anderer Länder iſt die franzöftfche 
Literatur ebenfaus reich; „Deutfchlande Geſchichte“ ift übrigens, außer von 
Joh. Barre (Hıst. generale d’Allemagae, Paris 1748, 11 Bde., deutſch Leip- 
da 1749 —51, 8 Bde, von Den Werth) von der Franzoſen nicht bearbeitet. 
an Degnügt fi größtentheild mit Meberfehungen, 1. V. der veuticen Belctchte 


Franzoͤſiſche Sprache u. Literatur, 385 


Kohlrauſch. Camille Pagnanel Hat übrigens in neuerer und neuefler Zeit 
»Histoire de Frederic le Grand« (2 ®pve. 1830) u. eine »Histoire de Jo- 
H« (Paris 1843) gefchrieben. Dagegen zieht Großbritannien fort 
end die franzöfifdyen Sefchichtichreiber an, wie dieß die Geſchichtowerke von 
eaubriand, Muzure, Pichot erweifen. Bon umfaflendern Werfen über bie 
atengeſchichte aller Kinder u. Provinzen muß die von den Benebictinern 
nnene u. vielfady wieder herausgegebene „Art de verifier les dates des ötats“ 
nnt werden. Religions: und Kirchengeſchichte hat in neuefter Zeit 
ne Bearbeiter gefunden, außer eıwa an Matter, Merle d'Aubigne („Beichichte 
Reformation im 16. Jahrh.“), Maccren, Muſton (,Geſchichte der Waldenfer*), 
on = Duparc, Henrion („Ordensgeſchichte“), Cretineau⸗Joly („Befchichte 
Jefuiten“), Salvador („Geſchichte des Moſaismus“), Artaud („Pius VIL*). 
Statt der Biographien (menigftend mit denfelben augleich) müffen in ber 
jöftfchen Literatur die Memoiren erwähnt werden. Sie finden ſich fchon 
er früheften Zeit hier heimifdy u. machten den größten Theil der hiſtoriſchen 
atur aus. Es fehrieben deren: der Cardinal Reg, Michel de Eafelnau, Mars 
tbe v. Balois, Bourdeille- Brantome, Rochefoucault, Aubigne, Euly, Blaiſe 
Rontluc. Zu Ludwigs XIV. Zeit verbefierte fi) zwar die bieherige Form der 
noiren; doch {ft aus ihnen nicht viel mehr, als die Liederlichkelt u. Berderbts 
jener Zeit, zu erfeben. Unter den zabllofen Werfen diefer Art zeichnen ſich 
die Memoiren von d’Et:68, Brienne, ded Herzogs Louls von St. Si⸗ 
‚ Duclos, Torcy, der Madame d'Epinay. So felten Memoiren zur Zeit der 
olutton waren, fo groß war ihre Menge nach derfelben, befonderd nad) der 
auration. Unter ihnen find befonders als bedeutend zu nennen, diejenigen, weldye 
aufRapoleon bezogen, die von ihm felbfl, von Bourrienne, Lascaſes, Baufs 
Eonftant (dem Kammerpiener), der Madame Campan, Herzogin von Abran⸗ 
der Frau von Laroche-Jacquelin, der Madame de Hauffet, Garnot („Mem, 
. e& milit, sur Carnot“ u. „Correspondance do Napuldon avec Carnot pen- 
t les 100 jvurs,* beraudgrgebin von Tiſſot), Yleury de Chabulon, Wars 
id, Pelet de la Rogere. Lafayette's „Memoıres, correspondance et manu- 
ts erregten großes Auffehen. Von Chateaubriand erfchien im neuerer Zeit 
congres de Verone.“ Zur Bertheidigung Rupoleons und zur Beleuchtun 
t zZ it erfchtenen feit 1817 mehre, unter dem Ramen „Manuscrits* in bie 
ratur eingeführte, von Baron Zain verfaßte Schriften, fo: „Manuscrit venu 
3t, Helene‘ (Lond. 1817), „Second M. venu etc." (Parts 1820), beraudges 
n von D’Meara, „Man. d’ile Eibe* (London 1818), „M. de 1814“ (Paris 
4) u. f. w. Yuch gab Fleury in feinen angeführten Memoiren ein ſolches 
nufeript heraus. Wichtig u. Intereflant find noch die Memoiren von M. Ro⸗ 
terre, Briffot, Dumourtez, Mirabeau (von Montiany heraudgegeben), (Ter- 
: (von der Madame Stael), Segur, de Pradt, Mad. Roland. Murmontel, 
vary, Gurat, Ferron, Gaudin, Gregoire, Desgenettes, Gräfin Merlin u, von 
ern, Sogar Henker fchrieben ihre „Memoiren,“ wie die „Möm. du bour- 
a Samson pendant la rögne de la terreur“ erweifen. Zu ben, leider nicht 
n unterfchobenen, Mımoiren gehören die von Kouche; die von Ney wurden 
, mebrfady von der Kritif angefochten, doch von der Kamilie nicht ganz ab⸗ 
tefen. Die Kritif muß in der Benügung biefer Memoiren fehr vorfichtig feyn, 
ſte theils von Leidenfchaftlichfeit, wenigftend von Parteilichkeit, dictirt find u. 
4 die verfchledene Motivirung der Handlungen u. Ereignifle dad Urtheil fehr 
her machen, theils aber auch ganz erbichtet find. Sammlungen find vor⸗ 
den von St. Albin, Berville u. Barriere. Bon Biograpbienfammlungen u. 
jwaphifchen Wörterbüchern bemerfen wir: „Biographie universelle anc. et 
L“ (Bar. 1811—27, 60 Bde.); „Biogr. des hommes vivants“* (ebend. 1816 
19, 58e.); „Biogr. nouvelle de contemporains* (ebend. 1826 f. 25 BDe.); 
ogr. medicale“ (ebend. 1820—25, 7 Bde.); „Biogr. maritime‘ (ebend. 1835). 
mvale’ „Dictionnaire historique“ von Barbier GParie N Wk Bug 


eslenchelepäble. IV. 


386 Fraunzoͤſiſche Sprache u, Literatur. 


phie universelle“ von Weiß (4 Bände) und bie „Biogrephie des hommes du 
jour‘ verbient bier au) Erwähnung. Ebenſo witzig, als unparteiiſch, iſt die 
„Galerie des contemporains illustres, par un homme de rien“ (M. de Lo- 
menie). — Die Philoſophie haben wir in einem eigenen Aıtifel behandelt; 
fiehe franadfifche Bhtlofophte. — Die Philologie hat nicht befonvers viele 
Mertreter in Frankreich, obgleich die ganze franzöfifche ſchöne Literatur durch die 
Alten eine befondere und viele Jahrhunderte hindurch flablle Richtung erhielt. 
Zwar hatten fi) Buds (Budeus) u. Robert u. Heinrich Etienne (Stephanuß), 
von denen ber erfte das Studium des Griechiſchen in Frankreich begründet hatte, 
wahrhaft große Verdienſte um die claſſiſche Philologie erworben, und neben ıhnen 
wirkten nicht wenig: Brodeau, Tournebu (Turnebus), Dion-Lambin, Fr. Hotos 
mann, Pithou, Morel, Bafaubon u. A. als Kritiker u. Erklärer der Alten; aber 
zur Zeit Ludwigs XIV. hörten die gelehrten Studien größtentheild wieder auf; 
theild war Doch der Kanon für Literaturwerfe gefunden, was follte man weiter 
ſuchen; theils fehlen die Philologie nicht recht geeignet, die Hoffarbe anzuneb- 
men, welche damals Alles tragen mußte. Freilich mußten die römifchen Claſſi⸗ 
fer in usum Delphini (zum Gebraudye des Dauphins Ludwig) auf Befehl des 
Könige, der 200,000 &r. dafür beflimmte, commentirt u. herausgegeben werben; 
aber nur wenige diefer Ausgaben haben einen Werth, find auch caftrirt, indem 
alle anflößigen Stellen weggelaffen werben mußten u. werden jegt meift nur ale 
Seltenheiten noch geſucht. Dennoch war auch dieſe Zeit nicht ganz fteril von 
—— Vigier (Vigerus), Saumaiſe (Salmaſius), Lefebre (Faber) u. feine 
gelehrte Tochter Anna Faber, Duftesne, Dacier u. feine gelchrte Frau Anna Das 
eier, Petau, Baillant, Danville, Montfaucon, Larcher wirkten ald Kıitifer, Gram⸗ 
matifer u. auf verfchiedenen Feldern der Antiquitäten; aus neuerer find Brund, 
Schweighäufer, Oberlin die bedeutenderen Kritiker (eigentlich Deutfche); der Ges 
genwart näher ſteht Villoiſon, u. aus der Gegenwart Boiffonade u. Letronne. 
Doch ift die Wirkſamkeit der franzöftichen Philologen in neuefter Zeit unbedeu⸗ 
tend u. für das Ausland ohne Erfolg geblieben. Dagegen find in neuefler Zeit 
zwei Richtungen hervortretend, von denen die eine die Whilologen ehrt, die andere 
ihnen Anerkennung auch tm Auslande verfchafft bat; es iſt das Studium ber 
altfranzöfifchen Literatur und die Beſchäftigung mit den orientaliſchen Sprachen, 
Auf das Etuplum ihrer alten Literatur wurden die Franzoſen feit der Juli⸗ 
Revolution geführt, wo ein großes Intereffe für vaterländifche Hiftorte u. Alters 
thum erwachte, wofür man eine Balls in dem Studium der alten Schriftwerfe 
fuchte u. fand. Zwar ward ſchon im vorigen Jahrhunderte von eintgen Gelehr⸗ 
ten, wie von Laravaliere, Caylus, Treffan, Legrand, Labord, St. Pelage u. 7. 
einzelnes Alte wieder hervorgezogen u. befannt gemacht, aber mit ſolcher Blödig- 
feit u. Furcht vor dem, mit dem Rofle des Glaffiemus überzogenen, Geſchmacke 
der Afademie, daß es nur wie zum Amufement gegeben erfchten; auch unter dem 
Kaiferreiche fuhren Einzelne damit fort, wie Roquefort, Meon, Delarue, Robert, 
Pluquet, Pougens u. A. am ernſtlichſten u. erfolgrsichften Kaynouard. Aber am 
freieften u. mit wahrer Innigfeit wendete ſich der alten Rundesliteratur das Stus 
bium feit der Neftauration und nach der Zullrevolution zu, wo der Romanticids 
mus den Sieg über den Glafflcismus davon trug. Auch zeigte man mehr Ges 
ſchmack u. richtigeren Takt: denn, während man früher nur die Fabliaur, ons 
tes, Ritterromane ıc. wieder hervorzog, fo wendete man ſich zu dem eigentlichen 
Bolfsmäßigen, den alten Heldenfagen. Unter dınen, welche für dirſes Fach bes 
ſonders wirkten u. noch iwirfen, find zu nennen: Fr. Michel, Baul Parıs, Mo- 
nin, Reinaud, Quinet, Berger de Xivrey, Prompfault, Dipping, Monmique, 
Durand de Lancon, Zublnal, Demoif. Dupont, 9. le Brevoft, Graf Beugnot, 
Zeulot u. m. a. Dazu fommt noch die Wirkſamkeit der 1820 geftifteten So- 
ciele des _bibliophiles frangais, deren Hauptaufgabe es iſt, unedirte u. felten ge 
wordene Schrifimerfe herauszugeben, u. die vom Buchdrucker Crapelet feit 1826 
Degonnene „Colleciion des anciens monumenis de I'histoire et de la langue 


Frauzoſiſche Sprache u. Literatur, 387 


rancaise.“ Es hat übrigens dieſes Studium der altfranzöflfchen Literatur in ver 
eueften Zeit audy außerhalb dee eigentlich gelehrien Kreifed Terrain gewonnen, 
v daß man die Fablinur und ähnliche poetiſche Greigniffe des Mittelalters für 
oldye Lefer, weldye nicht eigentlich gelehrte Borfchungen verfolgen, zurecht legt, 
ote dieß in dem vor Kurzem erfchlenenen Buche „Les fabliaux du moyen äge, 
olliges par Jacq. Loyseau“ auf eine ganz gefchidte Weife gefchteht. Das neue 
Berf von dem, aus feinen nordiſchen Studien befannten du Mecil, betitelt: 
‚Le mort de Garin le Loherain, poöme du 12me siecle, publi& pour la pre- 
nier foi'* ſchließt fich an die 18.35 erfchienenen „Romans de Garin Luherain“ 
in. Bemeikenswerth iſt auch die Schrift: „Leitres à M. le comte Salvandy 
ur quelgues-uns de manuscrits de la bibliothegue royale de laHaye.“ — Die 
Beihäftigung mit den orientalifchen Sprahen begann unter Richelieu, der 
ine eigene orientalifhe Druderei in Paris errichten ließ; aber in bie Keihen 
wichtiger Spradyforfcher auf diefem Gebiete traten einige Franzoſen beſonders 
n diefem Jahrhunderte, und ihre Wirkſamkeit erhielt in ver 1822 gegründeten 
Societs asiatique“ einen Sinigungspunft u. ein Körderungsmittel. Für dad Ghine- 
tiche find zu nennen früher: Fourmont, dann Remufat u. Klaproth, jebt Stan, 
julien u, Bauthier; für das Hindoſtaniſche Barcin de Taſſy; für das Türki⸗ 
be Bianchi, Kieffer, Jaubert: für Sanscerit Langlois, Elezy; fürZend Burnouf; 
ür das Armentſche St. Martin; für dad Malatiſche Jacquet; für das 
deorgifche Klaproth und Broffet; für das Arabiſche Silo. de Sary, Per: 
eval, Delagrange; für das Altägyptifche Champollion. — Im Fache der 
laſſiſchen Alterthums kunde Ift Einiges in ver früheren Zeit geleiftet worben ; 
9 In der Numismatik von Bellerin und Vaillant; in den Antiquitäten von 
Rontfaucon, Barthelemy, Volney, Elavter, Caylus u. A. Was auf Napoleons 
juge nach Aegypten dort an Antiquitäten gefammelt und befchrieben wurde, iſt 
iemlich das Letzte, was auf diefem Gebiete Bedeutended von den Franzoſen ges 
eiftet worden ift. Sie haben fi) mehr ven Antiquitäten ihres Landes 
ugemwendet, und nicht allein in der Hauptflabt, fondern auch in den Provinzen 
N ein reges Leben für Gründung von alterthbumdforfchenden Geſellſchaften und 
Sammlungen und Befchreibungen der Antiquitäten; fo befonders in der Norman- 
te, wo bie „Suciete frang. puur la conservation et la description des monu- 
aents“ beftcht; von Seiten der Regierung wurde ſeit 1831 ein eigener Generals 
nfpeetor der Denfmäler angeftellt, der befonderd über bie Erhatung alter Ge⸗ 
üude und Kirchen wachen ſollte. So wurden die Kirchen und Schlöffer im 
faß von Schweighäufer u. Golbery, in ver Normandie von de Caumont, Lang- 
ois, Deville, Deshayes u. A. befchrieben. — Was die Örammatifen und 
terica der franzöftichen Sprache betrifft, fo find unter den älteren franzöflfchen 
Sprachlehren zu erwähnen die von Robert Stienne und von Garnier (1589), 
nter den neuen die von Desmarais (1705), Reftaut (7. Aufl, 1755), Wailly 
20. Aufl. 1829), Nosl u. Ehapfal, Levizac, Girault- Duvtvier, Caminade, Do- 
nergue, Beicherelle und Banter, dem Begründer einer neuen grammatifalifdyen 
Schule in Frankreich. Die meiften älteren, für Deutfche gefchriebenen, Lehrbücher 
er franzöftfchen Spradye haben durchaus feine wiſſenſchaftliche Bedeutung, obs 
leid) einige derfelben, 5. B. Mozin, Daulnoy, Hirzel, Franceſon eine große Bers 
reitung fünden und zur praftifchen Erlernung des Franzöſiſchen förderlich ges 
vefen find. Gin ganz neuer Aufſchwung der fianzöflfchen Grammatik iſt in jüngs 
ter Zeit durch eine philofophifche Behandlung der Eprache hervorgeruſen. Bon 
en bedeutendften Grammatikern dieſer neuen Schule nennen wir: Maͤzner, Ridyon 
nd Mager, Schifflin, Städler. Auch die franzöfifchen Patoid oder Volksmund⸗ 
zten haben ſich in neuefter Zeit einer wiffenfchaftlichen Behandlung zu erfreuch 
ehabt. Das wichtigfte Werk, welches In diefer Beziehung vorhanden if, iſt das 
Tableau synoptique et comparalif des idiomes populaires, ou patois de la 
rance* von 3. 5. Schnadenburg (Berl. 1840). — Die Zahl der Wörter, 
ücher der frangöftichen Sprache ift fehr beträchtlich. Vgl. —8 „Examen 
. 9) 


388 Framzofiſche Sprache u. Literatur. 


critiquo des dictionnaires de la langue fronq.“ (Par. 1828). Rochegude, ber 
Sammler des „Parnasse occitsnien“ gab auch einen „Essai d'un glossaire oc- 
citanien“ (Toutoufe 1819); Pougens eine „Archeologie frang. ou vocabulaire 
des mots anciens tombes en desuetude et propres & &tre rustitues au langage 
moderne“ (2 Bve., Paris 1825). Roquefort forgte für das BVerftändniß des 
nordfranzöflfchen Romanzo durch fein „Glossaire de la langue romane* (2 Bde., 
Baris 1808). Bon allgemeinen Wörterbüchern find das der Akademie (Paris 
1694), wozu tin neuerer Zelt zwei Supplemente (Bar. 1825 und 1831) kamen, 
ſowie die von Aimar de Ranconnet (1696), Ricyelet (1680) und Furetiéère bie 
bedeutendflen. In neuefter Zeit haben die Lertca von Boiſte (1800), Thiebault 
(1820), Raymond (1832) und Rapoleon Landais (1834) großen Eingang ge 
funden. Für Deutfche ift das Lertcon von Mozin, das zuleht Befchter heraus- 
gab, zu bemerken. Die Synonymtk behandelten: Beauzse, Roubaud, Girard, Gui⸗ 
3ot tm „Nouveau dictionnaire universelle des synonymes de la langue frang.“ 
(2 Bde, Par. 1809). — Die Literarurgefchichte des Auslandes alter 
und neuer Zeit {ft erfk neulich bearbeitet worden; doch if fie nicht zahlreich. 
Ueber alte Literatur fchrieb Raoul, über englifche Mezteres, über deutfche Frau 
von Staöl und Peſchier, über italieniſche Salfi. Nur angefangen wurben die 
‚Resumes“ über die Literatur der verfchledenen Volker. Mehr und Erheblicheres 
iR in der franzöfifchen Literaturgeſchichte geleiftet worden, beſonders von 
Brucharlat, Benoifton de Ehateauneuf, Charpentier, Girardin u. Chasles, Bılle- 
main, Burante, Chenter u. W. — Wir haben nun noch die Literatur der fogenanns 
ten eracten, fowie auch der naturbiftorifchen Wiflenfchaften, dann der Medizin u. 
Chirurgie, Nationalökonomie, politifhen Geographie u. der Jurioprudenz im Nach⸗ 
folgenden zu behandeln, führen jedoch bloß die wichtigſten und bedeutendſten lite 
rarlſchen Erſcheinungen in biefen Disciplinen an. Die Mathematik ward im 
16. Jahrhunderte befonderd durch Ramus (f. d.) gefördert. Krane. Bieta ſchrieb 
einen „Canon mathömatique* (Parts 1579); er führte auch die Buchftabenredy- 
nung ein. Bon Alb. Girardin (+ 1643) haben wir eine „Invention nouvelle en 
Algäbre‘“ (Amfterd. 1629), Pascal (f. d.) begründete die Wahrfcheinlichfeits 
rechnung und bahnte durch das arithmetifche Dreiek einen neuen Weg zu ana- 
lytiſchen Forſchungen. Mit Fermat (f. d.) gemeinfchaftlidy fuchte er die Be⸗ 
fiimmung der Beichaffenheit der figurirten Zahlen. Auch Descartes (f. d.) u. 
befonder8® De U"’Hopital ci. d.) förderten die Mathematif. Die 1666 gefliftete 
Töniglihe Akademie der Wiffenfchaften und die 1667 angelegten Sternwarten 
waren von großem Cinfluffe auf die mathematifchen Studien. Als bedeutende 
Mathematiker des 18. Jahrhunderts find DV Nlembert und Eondorcet (f. db.) 
au nınnen. In neuerer Zeit zeichneten fidy ald Mathematiker aus: Gaep. Monge, 
Lacroix, Lagrange, Bougainville, Legendre. Aeltere berühmte Mechaniker find: 
Baucanfon, Leroy, Berthoud, Merfenne, de Roberval u. Mariotte. Um die Lehre 
vom Hebel machte ſich de Lahire verdient. In der Aeronautik machten be 
beutende Erperimente: die Brüder Charles, PBilätre de Rozier, Montgolfier. Die 
Waflerbaufunft, Artillerie u. Ingenteurwiſſenſchaften förderten Beltdor u. de Prony. 
Was Feftungsbau u. Belagerungsfunft betrifft, fo wurde in dieſen Fächern von den 
Franzoſen Ausgezetchnetes geleiftet u. wir erinnern bier nur an Bauban, Folard, Mos 
tig, Marſchall von Sachſen, Carnot. In der Nautif arbeiteten Bouguer, in 
der Hydraulik Prony, in der Geopäfle u. mathematifchen Topographie Puiſſant. 
In der Aftronomie' thaten fi im 16. und 17. Zahrhunderte hervor: P. Gaf- 
endi u. Nic. Cl. F. de Pelrest, Caſſini, Lacaille, im 18. Jahrhunderte Darquter, 

ailly, Lalande u. Delambre, welche beiden letzteren nebft Lahire und dem „Bu- 
reau des longitudes* zu Paris aftronomifche Tafeln lieferten. Laplace und Biot 
machten fid) um die phuftiche, wie mathematifche Phyſik verdient. Unter den pos 
pulairen aftronomifchen Schriften {ft vornemlich Fontenelle's „Pluralit6 des mon- 
des“ zu nennen. Genaue Erdmeffungen brachten im 17. Jahrhunderte Bolllaud, 
#uzout, Picart, Richer, Lahire u. A. zu Stande, Später (um 1738) übernahmen 


Franzöfifhe Sprache n. Kiteratur, ‚389 


aͤhnliche Arbeiten, befonders in Lappland Camus, Maupertuis, Lemonnier, Gel 
fius, und in Peru (um 1750) Condamine, Godin und Bouguer, deren Refultat 
in der Beflimmung beftand, daß die Erde eine an beiden Polen abgeplattete Sphäs 
roide fei. — Die Umgeftaltung der Chemie und ihre Berbindung mit der Phyſik 
ing von Franfreid aus. Ste wurde durdy Lavoiſter bewerkſtelligt. Außer ihm 
And als tüchtige Chemiker zu nennen: Ehaptal, der viele chemiſche Entvedungen 
machte, Morveau, Kourcrey, Vauquelin, Bertholet. Lehrbücher der Chemie Bat 
man von Dalton, Chevreuil, Thenard, Gay-Luffac, Serullas, Braconnot u. U. 
Höfer ſchrieb eine „Histoire de la chimie* (2 Vde. 1843). Um die Phyſik 
machten ſich Deluc, Biot (die Lehre vom Lichte), Matran (die Lehre von der 
Wärme), de Ehaftenet Marquis de Buyfegur (über den thierifchen Magnetismus), 
fpäter Hauy, Sennebier, Brifton, Ampere, der zur Theorte des Elektrochemismus 
wichtige Beiträge lieferte. Die Meteorologie fand ihre Vertreter in Matran, 
Sauffure, Deluc, Lamard und Romme in dem „‚Tableau des vente‘ (2 Bde., 
Par. 1806). Sage (+ 1805) huldigte der atomiſtiſchen Anſicht. — Mit Vorliebe 
behandelten die Kranzofen von jeher die Geologie, Geognoftie und Betres 
faftenfunde. Die bervorragendfien Ramen find bier: Deluc, Bordier, Bufs 
fon, Dolomieu, Faujas de Saints Yond, Cuvier, Bronglart, Berthier, d'Au⸗ 
butffon de Bolfins, der die Beognofle einer neuen Bearbeitung unterwarf (1819) 
und Reder (von ihm die „Etudes geologiques sur les Alpes‘ Parts 1841). 
— Unter den Mineralogen zeichnen fi aus: Hauy, der Begründer ber 
Kryſtallographie, Brocdyart, Brard und Beudant. Die beiven lebteren fchrieben 
gute Lehrbücher. Die Zoologie und Botanik Hat in Franfreih an Buffon 
und Couvier ihre Koryphäen. Bon frühern Zoologen find zu nennen: Belon 
und Rondelet. Dem Linne’fchen Eyſteme, dem man in Deutſchland feit 
der erfien Hälfte des 18. Jahrhunderts nody unbedingt huldigte, traten die Fran⸗ 
zofen mit ihren fogenannten natürlichen Syſtemen entgegen. Buffon und feine 
Schüler gefielen fidy freilich oft mehr in rhetorifhen Darftelungen und eleganten 
Kormen, u. Röaumur u. Adanfon fehten an bie Stelle der Flaren u. logiſch 
firengen Romenclatur Linne’s ein Kauderwelſch, das aller Wiſſenſchaftlichkeit baar 
war. 6 entſtanden nun Spaltungen, indem mehre tüchtige Raturforicher, 3. B. 
Briffon (in feiner Ornithologie 1762) u. der Graf Lacepede fi) von Buffon 
mehr oder weniger losſagten u., wie leßterer, ihre eigenen Syfteme ſchufen. Es 
bildete fi) nun immer mehr die Anficht aus, daß ohne umfaſſende Kenntniffe, 
der innern fowohl, als der äußern Drganifatton, e8 unmöglich ſeyn werde, einem 
Raturkörper feinen richtigen Standpunft in einem Eyſteme anzumeljen, u. daß eine, 
auf Äußere Kennzeichen getroffene, Anordnung nur zur Roth ſtatthaft fel. Cuvier 
bat diefe Anſicht begründet und durchgefuͤhrt; jedoch iſt nicht zu läugnen, daß er 
allzufehr dem Materialismus das Wort fprady und fich eine von der chriftlichen 
Weltanſchauung ganz verfchiedene bildete, weßhalb ſich die Engländer beſonders 
gegen ihn firäubten, während die Deutfchen nur allzufchnell den Lehren Guviers 
laufchten u. beipflichteten.. In Frankreich wurde jeder Zweig der Zoologie bears 
beitet; fo 3. B. die Säugethiere von Euvier, Geoffroy Saint Hllaire, Yacepede, 
Audebert, Leſſon, Damareft (die beiven letzteren audy ald Ornithologen audges 
zeichnet); die Reptilien von Dumeril (am beften), Lacöpede, Brogntart; ‚bie 
Fiſche von Euvier und Balenctennes ; die Mollusken Lamard; die Kruftentbiere 
Audouin, die Spinnen Duges; die Strahlen- u. niederen Scethtere Peron, Gai⸗ 
mard, Blainville, D’Orbigny, Mine Edwards u. 9. NIS vergleichende Anato⸗ 
men ragen befonders hervor: Cuvier, Geoffroy Saint-Hilaire, H. 2. Geoffroy, 
Duveroy, Blainville u. Laurillard. Die Naturwiſſenſchaften werden überhaupt in 
Frankreich mit großer Vorliebe getrieben, was befonderd auch die, von Mine 
Gowards u. N. redigirten „‚Annales des sciences naturelles“ erweifen. Auch 
fördert der Staat auf alle Weife das Studium derſelben, indem er tüchtige Lei⸗ 
Rungen belohnt, junge Kräfte unterftügt, keine Koften fcheut, großartige Samm- 
lungen anzulegen, und fletS naturwiffenfchaftliche Expeditionen unternehmen läßt, 


390 Framöfifihe Sprache u. Literatur. 


wie dieß die Reiſen Leſueur's u. Peron’d nach Reuhelland, und die von der Res 
gierung veranflalteten Erdumſeglungen Dumont b’Urntlie'd Duperrey's, Freyci⸗ 
net’, Die Erpeditionen nah Morea, Algier und dem Norden u. die Ausfendun 
einzelner NReifenden, wie 3. B. Diard's, d'Orbigny's, Lalandes u. A. deutli 
darthun. — In der Botanik haben die Franzofen ebenfalls Tuͤchtiges geleiſtet. 
In neuerer Zeit if, wie auch in Deutfchland, die Richtung des botaniſchen Stu⸗ 
diums vornehmlich der Anatomie und Phyſtologie der Pflanzen zugewendet, doch 
auch die fuftematiiche Pflangenbefchreibung iſt vertreten. Wir erwähnen vornehms 
ih Decandolle's Riefenwerk, das die Aufgähtung aller Pflanzen zum Zwecke 
bat u. ſeinem Schluffe immer mehr zugeführt wird, Botaniſche Prachtwerke find 
in Frankreich nicht felten, unter denen ch die von Redoute u. Turpin (als Jeich⸗ 
ner) von Descourtilz, Tuffac, Delefiert, Geoffroy Saints Hilatre, Labillardière, 
Gaudichaud (die botanifchen Atlanten) auszeichnen. Mit PBflanıenanatomte und 
Phyſtologie befchäftigten ſich in der neueſten Zeit beſonders Mirbel, Richard, 
Dumortier, Dutrochet, Decaidne, Morren, Baucher, Lefebure u. A. die auch die, be⸗ 
ſonders In Deutfchland neu entftandene, Agriculturchemie berüdfichtinen. — In 
der Medizin leiſteten, was Pathlogie u, Therapie betrifft, Treffliches: Boiſſier 
Sauvages (im 18. u. 19. Jahrhunderte), der die Krankheiten claffificirte, Alibert, 
Pinel, Brouflat (+ 1838) u. Laennec. Tiſſot fchrieb eine anerkannt gute populäre 
Diätetif. Zahlreiche Lehrbücher über Arzneimtitellebre u. Pharmacte find vorban: 
den, fo 3. B. das von Achille Richard, Orfila („Toxicologie,“ 2. Bde., 4. Aufl, 
Paris 1843), Rangrange u. Baumes (die Iehteren fchrieben Lehrbücher der Phar⸗ 
macie. Als berühmte Shlerärzte find anzuführen: de la Foſſe, Bourgelat (Stifter 
der Beterinärfchule in Lyon, 1761), Manget, Vicq. B’Ayyr, Bitet, Baulet. — 
Die —— geſtaltete fi) erſt im 18. Jahrhunderte wiſſenſchaftlich, obwohl 
es übrigens ſchon im 16. und 17. Jahrhunderte in Frankreich ausgezeichnete 
Chirurgen, 3. B. Ambr. Bar (+ 1592) gab. Dazu trug befonders die von 
Franc. Bigot de la Peyronte in Paris geftiftete Akademie (1731) und die Ein- 
richtung der „Ecole de Chirurgie“ (1774) nicht wenig bei. Berühmte Chirurgen 
des 18. und 19. Jahrhunderte And außerdem: Lecat und Ledran, durch ihre For⸗ 
fhungen über den Steinfchnitt befannt, Dan. Anel, Louis Petit, Morand, Bor- 
denave, David, Trondin, Deffault, mit dem eine neue Aera der franzöftfchen 
Chirurgie beginnt; ferner Richerand, Larrey, Baron Boyer, Sabatier, Des: 
champs, Dupuytren. Baudelocque (+ 1815) galt für den erften u. vorzüglichſten 
Geburtshelfer. — Was die Jurisprudenz betrifft, fo verfolgte diefe in ältern 
Zeiten eine doppelte Einrichtung, nämlich eines Theil bezog fie fi) auf das rö- 
mifche Recht, u. hierin gilt Cujacius für den Hauptvertreter, andern Theil auf 
das franzöftiche Recht der alten Provinztallandrechte (coutumes) und der fünig- 
lichen Ordonnanzen. PBothier (+ 1772) ift als Syftematifer berühmt. Die fran- 
zoͤſiſche Juriöprudenz ging nun entweder auf dad Dogmattfch: Bruftifche, wie die 
vielen Repertorien erweifen u. befonders das Ichte von Merlin von Douai 
(+ 1838), oder fie ift vhetortfcher Natur, in Bezug auf die Sammlungen gericht: 
lidyer Vorträge, oder philofophifchreformirend, von Montee quieu's Werke über den 
Geiſt der Geſetze an bis zu deflen neuen Commentatoren. Doch iſt weder nad) 
der biftorifchen, noch philoſophiſchen Richtung befonders Werthvolles geleiftet wor: 
den, wie dieß auch die Arbeiten Comte's u. Paſtoret's zeigen. Doch in neuerer 
Zelt wird die hiſtoriſche u. philofophifche Seite des Rechtes mit mehr Eifer ge⸗ 
pflegt. Für trefflichde Commentatoren der älteren u. neueren Gefegbücher gelten: Paiy, 
Pardeffus, Locre, Dalloz, Sirey, Bourguignon. Die neuere rechtephilofophifche 
Schule wird vornehmlidy durch Lerminier vertreten. Die Rechtsgeſchichte hat In 
der neueften Zeit Laboulaye durch feine Schrift „De l’enseignement du droit de 
France“ (Paris 1840) bezeichnet. — In der Nationalöfonomie find aus 
früherer Zeit Sully’8 „Economies royales“ zu bemerken; Colbert fuchte Handel 
u. Gewerbe zu heben, wie dieß fein Mercantilfuftem zeigt, das, aus philoſophiſcher 
Forffung bervorgegangen, dem phyſtokratiſchen Syfteme entgegenaefeat iſt, 


Frauzoͤſiſches Theater, 991 


das Quesnay begründete u. der Minifler Turgot zu verwirklichen verſuchte. In 
neuerer Zeit, wo beide Syſteme durch den Schotten Adam Smith auf den ges 
meinfamen Grundbegriff der Arbeit zurüdgeführt wurden, gibt es eine Menge 
trefflicher Schriften von dieſem Prinzipe aus, wohin die von Dunoyer, Comte, Rey, 
Ganilh, de Say u. N. zu rechnen find. — In der politifchen Geographie ge 
(hab in Frankreich verhältnigmäßtg weniger, als in andern ähnlichen Disciplinen; 
doch Hat man treffliche Landkarten von d'Amrille, Caſſini, Deliste, Boccage u. A. 
Für ausgezeichnet gilt das „Dictionnaire g6ographique universelle“ (8 Bve., Paris 
1825) an dem audy Deutfche 3. B. Humboldt, Klaproth ıc. mitarbeiteten. Der Däne 
Raltebrun fchrieb ein trefſtiches geographiſches Handbuch. — Die Statiftit 
pflegte beſonders Ricyelieu; für das eiſte claſſiſche Werk dieſer Art hält man: 
„Les &lats, empires, royaumes du monde“ (2 Bde., Paris 1616, Fol., vers 
mehrt durch de Recoles 7 Bde., Paris 1660, Fol.). Yerner find die flatififchen 
Werke von Herbin, Ballois, Franc. de Neufchateau, u. in neuerer u. neuefler bie. 
von Eharl. Dupin, Schnigler u. Kegoyt zu erwähnen. — Die Staats wiſſen⸗ 
ſchaft bildete fi in Frankreich im 16. Jahrhunderte aus. Bodin (+ 1596) 
machte den erfien Verſuch einer wifienfchaftlichen Darfellung der idealen Staates 
lehre. Die Fühnften republikaniſchen Grunpfäge find in den Werken Boetie's 
(+ 1561): „Trait& de la servitude volontaire“ u. Languet's (+ 1591): „Vindi- 
ciao contra tyrannos“ niedergelegt. Aehnliche Lehren wurden in den zahlreichen 
Memoiren in der Periode von Franz I, bis Richelieu u. Mazarin ausgeſprochen. 
Unter zubtoige XV. Regierung verwanbelten fidy die früheren Ergießungen des 
Spottes u. Wibes, die dem monarchiſchen Staate galten, in ſyſtematiſche Ans 
griffe, u. das philofophifche Jahrhundert richtete feine fdharfgefchliffenen Waffen 
auf gleiche Weiſe gegen die Altäre, wie gegen die Throne, wie dieß aus den 
Schriften eines Voltaire, Montesquten, Rouffeau, Raynal, Mably und der 
Encyklopaäd iſten erfihtlih if. Während der Revolution, welche die ges 
nannten Schriftfteller nad) Plan u. Tendenz herbeiführen halfen, zeichneten ſich 
als politiſche Schrififteller aus: Mirabeau, Siöyes, Bonftant, Condorcet, Mad. 
de Stadl, Pradt, Talleyrand, Courier, Ehateaubriand, Royer⸗Collard, utzot, 
Martignac, Cafim. PBerier, Odilon Barrot, Cormenin, Billele, Foy, Keratry, 
Gapefique, Mich. Chevalier, Thiers. Für die Intereffen der Kirche kämpf- 
ten of. de Maiſtre u. Louis Gabr. Ambr. Vicomte de Bonald, u. in neuefter 
Zeit audy Gormenin u. der geiftreiche Graf Montalembert. . 

Tranzöfifches Theater, Was die Gefchichte des f. T.s betrifft, fo theilt 
ſich dieje, Ahnlidy der des englifchen Theaters, In vier fcharfgefonderte Perioden. 
Die erfte reicht von dem bewiefenen Dafeyn der Poſſenſpiele und dergleichen bis 
zur Entflehung der Myſterien, demnach vom 8. bis 15. Jahrhunderte; die zweite 
Periode bilden die Myfterien u. Moralites; fie erftredt fih bis auf Jodelle (ſ. d.), 
den Gründer des regelmäßigen Drama’s, alfo etwa bis in die Mitte des 16. 
Jahrhunderts; die dritte Periode umfaßt den ganzen Zeitraum von da an bis 
etwa in das zweite Decenntum unferes Sahrhunderts; in ihr entfland und ents 
faltete fih das claffiihe Drama. Die A. Periode endlich, in der die roman- 
tifche Schule ſich dem Claſſtcismus feindlich gegenüberftellte u. der ganzen drama⸗ 
tifchen Poeſie eine andere Richtung zu geben fuchte, umfaßt die lehten Decennien 
unferes Jahrhunderte. — Aus einem Decrete von Karlmann vom Jahre 789 {fl 
zu erfeben, daß e8 in Frankreich bereits eine Art Schaufpieler (‘Bofjenreißer) um 
diefe Zeit gab. Ein Mandat des Bifchofs von Paris, Euded de Sully, vom Jahre 
1198, verpönt den Unfug, in den Kirchen Poſſen, befannt unter dem Namen „Fötes 
de fous‘ zur Darftellung zu bringen. Doch vermochten vergleichen Verbote nur 
wenig auszurichten: die Volksneigung zu dergleichen Darftellungen ward durch 
die Trouvers u. Troubadourd (|. dd.) genährt, die ihre dramatifchen Ars 
beiten Chants, Postorales u. Coınedies nannten. Bald gründete ſich ein eigener 
Berein von Dichtern, die ſich Comiques nannten. Zu diefen gehören 3. B. Ars 
naub de Tarascon, Bierre de St. Remy, Barafold u. A, Der Iehtere war bes 


392 Franzoͤſiſches Theater. 


ſonders ausgezeichnet. Er dichtete ſogar eine Tragödie, die er dem Papſte wid⸗ 
mete. Zu dieſen Dichtern geſellten ſich übrigens bald auch Chanteurs, die eins 
fache Melodien zu den Liedern zu erfinden ſuchten u. fie abfangen, u. Jongleurs, 
die den Geſang mit Inſtrumentalmuſtk begleiteten. Diefe Setelfhaften blühten 
von 1130-1400. Ste wurden an die Höfe der Könige, Fürften u. Edelleute ge- 
zogen und dort fehr begünftig. — Um 1400 wandte fidy plöglid die Meinung 
egen bie Troubadours u. ihre Begleiter; doch bald kamen fie wieder in Gunſt; 
auch bildeten fich in diefer Zeit neue Gefellfchaften unter dem Namen Bateleurs, 
die Förperliche Uebungen, gymnaſtiſche Künfte mit Declamation und Geſang vers 
banden. — Nun entftanden die Mystäres, die die zweite Periode bilden. Pilger, 
die vom heiligen Grabe zurüdfehrten, fangen an den Straßeneden von Paris ihre 
auf die Leidensgefchichte Ehrifti bezüglicyen Lieber. 1398 kauften einige fromme 
Bürger von Paris bereitd in dem nahen Fleden St. Maur ein Gebäude, das 
ausſchließlich für die Produktion ſolcher Mysteres beflimmt war. Dieß war das 
erfte Theater von Paris u. zugleich von ganz Kranfreih. Bald nahmen die be- 
fagten Pilger den Ramen Confreres de la passion an u. gaben mimiſche Vor⸗ 
Aeflungen, die das Volk hHöchft freudig aufnabm. Nach kurzem Widerſtande von 
Seiten der Behörde ertheilte ihnen Karl VI. ein Brivilegium auf mehre Jahr: 
hunderte. 1442 zogen die Paſſionsbrüder Iogar nad Paris und errichteten dort 
das Theater de la Trinitö, in welchem fie bis 1539 blieben. Rivalen von den 
Paſſtonsbrüdern wurden die Basochiens, bie ihre Stüde Moralites nann- 
ten und etwas modifliirt von den Obigen barftellten. Wegen mandyer un» 
züchtigen Vorſpiele wurden Ihre Darftelungen 1470 gänzlidy unterfagt; von Lud⸗ 
wig AI. erhielten fie aber wieder die Erlaubnis, folcye zugeben. 1547 wurden 
aber diefe Basochiens gänzlich aufgehoben. Die Paſſionobrüder brachten etwa 
um das Jahr 1547 das Hötel de Bourgogne käuflich an ſich u. errichteten dort 
ein Theater. Aber audy fie arteten bald aus; ein Barlamentebefchluß unterfügte 
bereit8 1548 die Darflellungen von Myſterien und erlaubte ihnen bloß weltliche 
Stüde; die Kirche aber excommunicirte fie bald darauf. — Die 3. Periode des 
f. T.8 Ichnt fi) an Jodelle (1532— 73). Er war Mitglied einer Gefellfchaft, die 
ſich Comediens nannte. Durdy Abmiethung des Hötel de Bourgogne von den 
Bafftonsbrüdern wurden fie die privilegirte Truppe von Paris. Jodelle fchrieb 
nach antifen Muſtern Tragödien, u. man fann ihn als den Gründer des franzö⸗ 
ſiſchen Drama's betrachten. An ihn reihte fich das „Franzöflfche Siebengeſtirn“ 
(hieher gehört 3. B. Ronſard, Remi, de Bellay). Sie lieferten beinahe alle Tra⸗ 
gödten nady Seneca, der als höchſtes Vorbild galt. Außer den genannten Dras 
matifern find hier zu nennen: Robert Barnter, Kapeyroufe, Gebr. Bounin u. A. — 
Was die äußere Geftaltung des Theaters betrifft, fo {ft zu bemerken, daß die Come- 
diens bald durch Schauſpielgeſellſchaften aus der Brovinz verdrängt wurden. Sie er- 
richteten ein Theater im Hötel de Bourbon, führten die Bantomimın ein u. gewannen 
allgemeinen Beifall. — Die dramatiſchen Dichter Pierre Eorneille (f. d.), 
der als Bater u. Wiederherfteler des Theater begrüßt wird, Boileau, Racine, 
Erebillon, Moliöre (f. d) repräfentiren die Zat des claffiihen Geſchmackes 
des f. 2.8. Die äußere Geftaltung deflelben entwidelte ſich auch auf das Vor⸗ 
theilhaftefte. Die Comediens fanden bei der ſchwunghaften Entwidelung der dra- 
matifchen Poeſie reihen Stoff zur Darftellung, u. diefe fchritt mehr u. mehr zur 
fünftlerifchen Bebeutung vor. Indeſſen währten die Kämpfe gegen ihr Privile— 

ium fort, bis fie 1673 erlagen. 1600 errichtete eine Gefelfchaft ein Meßtheater 
m Marais u, wandte zuerſt volffändigere Decorationen an. Flüchtige Erfcheinungen 
waren: dad Theater de la rue St. Michel, das Second theätre au faubourg 
St. Germain u. das Theater de la croıx blanche, die 1632, 1635 u. 1640 er= 
richtet wurden. Belm Theater de la croix blanche debutirte Moliere und ging 
dann zu der Gefellichaft über, die im Theater im Marais fpielte, deren Vorftand 
er wurde. Sein Ruf war fo groß, daß er ed 1653 wagte, die Erlaubniß zu er: 
Öitten, vor bem Könige fpielen zu dürfen, und zwar errichtete er dad Theater au 


Franzoͤſiſches Theater, = 393 


Louvre; außerdem waren damald noch in Paris das Theater du petit Bourbon 
u. du palais royal. Ludwig XIV. errichtete 1671 das Theater des Tuileries zu 
feinem PBrivatvergnügen ; Mollere'S Wittwe aber errichtete 1673 das Theater de 
la rue Mazarine, das in Decorationen u. Mafchinerien fo vollfommen eingerichtet 
wurde, daß es alle biäherigen Theater übertraf. Auf Befehl des Könige vereinig- 
ten fidy in demfelben Jahre die Comediens mit der Moliere’fchyen Geſellſchaft, u. 
alle führten von nun an den Titel: fönigliche Schaufpieler. Auch in den Pro⸗ 
pinzen entflanden nun eine Menge Theater. — Mehre berühmte Darfteller hat 
das 17. Jahrhundert aufzuwelfen, ald: Jacquemin Jadot, Bertrand Hardoum, 
Hamosche, Glaube sofein, Moliere (ebenfalls trefflicdher Darfteller), Baron, Hu⸗ 
bert, Lenoir fa Thorillioͤre u. deffen Sohn Pierre u. Töchter Louiſe u. Thereſe; 
Zacharie Montflury, Raimond Poiſon u. A. — Das 18. Jahrhundert iſt an 
dramatifchen Dichtern zwar nicht arm, aber alle fchritten in dem vorhandenen 
Geleiſe gemaͤchlich fort. Voltaire's Einfluß auf die Bühne war fehr gering. Die 
nachfolgenden Dichter find größtentheil$ Rachahmer der vorhandenen Meifter: 
Dubelloy, Lamotte, Grange, Laharpe; Marie Lemiere (Crebeillons Radyahmertn), 
Ehateaubrun (alle Tragoden). Im Luftfpiele find zu nennen: Marivaux, Gols, 
Leſage, Grant, Bonnard. Ein Mittelving zwifchen Tragödie u. Luftfpiel, das fos 
genannte Drama, ſchuf Diverot; ihm folgten: Destoudyes, Marmontel, Beaumars 
chais, Barmontel u. 9. In der Oper find zu nennen: Quinault, Zafont, Bade, 
Sedain u. A. — Zur Zeit der franzöfifchen Revolution brachen ſich allmälig 
Shafefpeare, Schiller und Göthe Bahn, und durch fie angeregt, verfuchten einige 
Dichter eine Umgeftaltung des Drama’s. Als Dichter diefer Zeit find zu nennen: 
Laharpe, Binc, Arnault, Aorigny, Legounse, Renouard, Ehenter. Reich iſt das 
18. Jahrhundert an bedeutenden und wahrhaft großen Darftellern, als: Armand, 
Sophie Arnault, Baroyer, Bellecour, Brizart, Ehaffe, Htppolyte Elairon, Louiſe 
Contat, Defeffart, Dufreöne, Favart, Fleury, Ponteuil, Jeanne Batherine Gauffin, 
Lenoce, Worienne Lecouvreur, Legrand, Lekain, PBreville, Adelh. Dlivier, Madame 
Sainval und Beflnis und endlih Talma (f. d.), einer der größten Schaufpieler 
aller Zeiten. — Mit der Entftehung der romantifchen Schule beginnt die vierte 
und legte Periode de8 f. 3.8. Hatte die Revolution fchon Aenderungen in der 
Wahl des Stoffes hervorgebracht, die unter dem Kaiſerreiche ſich fortbildeten, fo 
trat mit der Reftauration eine gänzlidye Ummälzung in der Form des Drama’s 
ein. Man fg an, die Dramen Shafefpeare’s, Schiller's, Goͤthe's ıc. ſchon zu 
finden, forgfältiger als biöher zu bearbeiten u. auf die Bühne zu bringen, u. warf 
fi) dann auf neue Schöpfungen, die fidy in der Form den obigen Werfen weit 
mehr näherten, als Boileau’d Art poetique entipradhen. Das Stichwort der 
neuen Richtung war auch bald gefunden; man nannte Alles, was dem biäher 
Gültigen entgegentrat, „romantifch“ u. bereinigte fo alle Oppofitionselemente in 
Eine Schule. Aber bald artete diefe Oppofttion aus und mußte ſich audy die 
Collegenſchaft des neueniftandenen Melodrama's (f. d.) gefallen laffen, welches 
durdy die Aufftcllung der widerlichſten Gebrechen und fcheußlichften Lafer, durch 
Wahnfinn, Blut, Mord u. Ueberlandungen jeder Art auf die unterften Claffen des 
Volkes zu wirken fuchte. Es entftand nun ein heftiger Kampf zwiſchen den Elaf- 
fifern u. Romantifern, der zu Gunften der letzteren fidy entſchied, da fich die ers 
fteren in der Hite des Kampfes vielfady lächerlich machten. Als hitzigſte Streiter 
für die Sache des claffifhen Drama's zeichneten fi) Zouy, Lemercier u. 9. aus, 
Erft in der neueren Zeit hat diefer Kampf zwiſchen beiden Schulen wieder begon- 
nen, indem bie hinreißende Darftellungsart der gentalın Radyel (f.d.) dem claf- 
fiyen Drama zahlreiche neue Anhänger gewonnen hat. — Auf die Beftrebungen 
in der Poefle ſowohl, als in der Darſtellung, hatte diefer Kampf den günftigften 
Einfluß, indem jede ‘Partei ale Kräfte anftrengte, um die andere zu überbieten. 
Die Claffifer fahen fi) durdy Delavigne, Biennet, Liadieres, Jouy (der Berfaffer 
von Belifar und Sylla und heftiger Gegner der Romantifer) vertreten. Den 
Üebergang von der clajfifchen zur romantifhen Schule bilden Soumet u. Kemer: 


394 Franzweine— Fratricellen. 


cier. Auch Bierre Lebrun ift Hier zu nennen. Unter den entfchienenen Romantikern 
find zuerft Alex. Dumas u. Bictor Hugo zu nennen. Vitet behandelt hiftorifche 
Scenen mit großer Geſchicklichkeit; Merimee gefällt fidy darin, das Publicum zu 
myſtificiren. Alfred von Bigny u. Emile Deschampes find befonders als trefflidye 
Ueberſetzer bemerfenswertb. Die Republikaner Savignac u. Thouret gaben mehre 
beifallwürdige Stüde im Sinne ihrer Partei. Im Luftfpiele und Vaudeville find 
zu nennen: Loujon, Gailliava, Picard, Duval, der unerfchöpflidde Scribe u. feine 
Genofien: Merville, Gofle, Mozere, Annee, Et. Hllaire, Bayard u. v. A. Sie 
arbeiten größtentheild für das nie befrievigte Bedürfniß des Tages. Unter den 
Darftelletn diefer Periode glänzt vor Allen Talma; dann die kürzlich verftorbene 
Mars u. ihre ehemalige mächtige Rivalin, die Georges, ferner Emilie Leverd, 
die Komiker Potter u. Samfon; Lemaitre, Tiercelin, LXepeintre, Odry, Monroſe, 
Achard, Vernet, Aubert, Ducyanois, Deiazet, Hort. Balthazar, Bardau und die 
Alles verdunfelnde Rachel (ſ. d.). — Bon neueren u. neueflen bedeutenden dra- 
matifhen Erzeugnifien nennen wir Ponſards »Lucretia« u. »Agnes de Meran« 
u. Pyalts »Diogenese (ein ſatyres Luſtſpiel). — Paris zählt gegenwärtig, die 
feinen Winkeltheater mitgerechnet, 25—27, Theater, deren wichtigfle find: die 
große Oper (Academie royale de musique), die die größte Pracht, was Ballet u. 
Mafchinerie betrifft, entfaltet; das Theätre francais (mit dem Palais royal zus 
fammenhängend); die komiſche Oper, audy Comedie Iyrique genannt; Odeon 
oder second Theätre francais in der Borfladt Saint» Germain; die italtenifche 
Dper (der Sammelplap der Pariſer vornehmen Welt); das Theätre de vaude- 
ville, das Theätre du palais royal, Gymnase dramatique u. Theätre des varie- 
t6s, das de la Porte Saint-Martin u. f. w. — Ueber das frangöfifye Drama u. 
Theater vgl. die Werke von Parfaict, Beauchamp, Etienne, Billemain, Maguin 
und die hieher gehörige Memotrenliteratur ; von deutſchen Schriftftellern Mayer, 
Beurmann, Serrmann, Humboldt, Devrient, Raumer u. A. BA. 
Franzweine heißen überhaupt alle, in Frankreich erzeugte, rothe und weiße 
Weine; im engeren Sinne aber die Languebocs, Eharente-, Orleans», Anjou-, 
Borderie⸗, Contat’fchens, Provence» und die geringeren Sorten franzöfifcher 
Meine, befonders die weißen Sorten unter dieſen. 
Fratricellen oder Freroten, eine ſchwärmeriſche Sefte aus dem Ende des 
13. u. Anfange des 14. Jahrhunderts, aͤhnlich den Brüdern u. Schweftern 
des freien Geiſtes (f. d.) u. oft mit ven Begbarden u. Beguinen ([.d.) 
verwechfelt. Einige Franciscanermöndhe hatten von Papft Cöfeftin V. die Er- 
laubniß erhalten, als Ginftenler buchſtäblich der Regel des heiligen Franciscus 
nadyzuleben, verließen deßhalb Ihre Klöfter u. fanden unter den Laien viele Nach⸗ 
ahmer. Bereint mit dieſen, lebten fie nun ohne Regel und Obere zufammen, 
ſetzten die chriftliche Vollkommenheit in gänzliche Entfogung des Eigenthums, 
flohen fogar alle Arbeit, aus Beforgniß, durch dieſe einigen Anfprudy auf Befitz 
zu befommen, u. begegneten dem Borwurfe des Müſſigganges mit der Antwort: 
ihr Gewiſſen geRatte hnen nicht, für eine vergängliche Rahrung zu arbeiten; 
nur auf die himmliſche fet ihre Arbeit gerichtet und dieſe beftche in Betrady- 
tungen, im Singen u. Beten. Diefer gänzlidyen Entfagung alles Irdiſchen un- 
geachtet, litten die F. an Nichts Mangel; eine Menge Leute jedes Gefcyäftes 
u. Berufes fledte fi in das Gewand der %. u. alle mit ihrem Stande unzu⸗ 
triedenen Mönche entliefen, unter dem Vorwande firengerer Beobachtung ihrer 
Regel, den Klöftern und vergrößerten dieſe ſchwärmeriſche Sefte, die fidy über 
Toskana, Balabrien u. f. w. immer weiter ausbreitete. — Papfſt Johann XXI, 
die Mißbraͤuche diefer Berbrüderungen nicht verfennend, verbot diejeiben und be- 
legte die F. u. ihre Genoſſen mit dem Kirchenbanne. Diefe zerftreuten ſich num 
durch ganz Stalien, um ihre Irrlehre u. zugleich Ihre Widerfeglichkeit gegen den 
römifchen Stuhl zu yredigen; allein Sokann erließ an alle Zürften Schreiben 
tiber fie und empfahl allen Inquifitionen ein ſtrenges Berfahren gegen ihr Un- 
wefen. Um bie Fürften auf ihre Seite zu bringen, milden viele Sefttrer ihren 


Fran, 305 


Irrthümern Säge bei, welche die Rechte des apoftolifchen Stuhles beeinträdy- 
tigten, indem fie namentlidy den Primat des Papftes, gegenüber den Bifchöfen, 
angriffen. Diefe Kniffe fhüsten zwar die 5. eine Weile gegen das päpftliche An- 
fehen, binderten aber doch nicht, daß viele von ihnen den Feuertod erlitten, wels 
hen Berluft fie durch neue Profelyten wieder erſetzten. Endlich, da fle weder 
Kirchen, nody Prieſter mehr hatten, wenveten fie vor, alle F. hätten die Ge⸗ 
walt, Sünden zu vergeben u. geiftliche Weihen zu ertheilen, u. es ſei unnöthig, 
in geweihten Kirchen zu beten. — Als die Franciscaner ihren Einfluß mit den 
Berorbnungen der Bäpfte zur Austilgung der F. verbanden, fahen ſich dieſe, 
nachdem fie der päpftlichen Macht lange genug Widerſtand geleiſtet Ha 
endlidy genöthtgt, auseinander zu gehen. Ueberrefte dieſer Sekte begaben ſich nach 
Deutfhland, wo fie von Ludwig dem Bayern, der mit dem Papfte zerworfen 
war, in Schutz genommen wurden u. fidy mit den Begharben vermifchten. 

Tran. Mit viefem Namen bezeichnet der edlere Sprachgebraudy das weib- 
lie Geſchlecht überhaupt (mulier); im engeren Sinne verflebt man darum» 
ter die ehelicdy angetraute Gattin eined Mannes (conjux). Hier haben wir das 
Wort in feinen beiden Bedeutungen, die faft in allen Beziehungen aufs Innigſte 
in einanverfließen, zu berüdfichtigen. — Das allgemeinfte u.. wichtigfte Berhälts 
niß der menſchlichen Geſellſchaft iſt unftreitig das der beiden Geſchlechter 
zu einander; denn es iſt das Grundverhältnig und bie immer neue Lebendquelle 
für die ganze Geſellſchaft, für die phyſiſche und moralifche Bildung oder Berbil- 
dung ihrer Glieder, ſowie jeder neuen Generation; daher muß es gerecht u. weife 
befiimmt, muß fitilich rein u. gefund feyn, wenn die Geſellſchaft felber rein u. gefund 
bleiben fol. Wäre alles Andere in den orientalifchen Reichen vortrefflicdh gewe⸗ 
fen: ihre Sklaverei der Fen u. Bielmelberei würde nie eine dauernde höhere Cul⸗ 
lur u. Entwidelung, nie wahre Freiheit in denfelben zugelaffen haben, u. werben 
fie audy ferner nicht zulaſſen. Durch fle iſt der Deſpotismus in der Breite und 
Tiefe begründet. Hätten alle herrlichen Kräfte der Griechen, alle ihre politiſche 
MWeishet und Bildung in jeder anderen Beziehung fidy verdoppelt: — mit ihren 
wenigſtens noch halb filavifchen, die Redyte der F.en verfennenden u. ein wuͤrdi⸗ 
ges Familienleben ausfchließenden Beſtimmungen der Gefchlechtsverhältniffe konn⸗ 
ten fie nie auf die Dauer die Freiheit u. Kraft ihrer Staaten behaupten. Un- 
fere heutige, vollfommenere, naturrechtliche u. chriſtliche Staatstheorie ordnet nicht 
mebr, wie die griechifche u. römifche, die Menichheit dem Staate, dem Bürger 
den Menfchen unter. Sie macht vielmehr das Menfchenrecht zur Grundlage 
de8 bürgerlichen Rechtes, gründet alfo die Gleichheit des lebteren auf die Gleich⸗ 
heit des erfleren. Und doch iſt fo vielfache Ungleichheit ziwiichen dem Manne u. 
der F. fo große Verſchiedenheit ihrer Lebensaufgaben u. Kräfte, alfo auch ihrer 
Rechreverhältnifie, ſchon durch die Natur ſelbſt beftimmt. — Daß bier die Stimme 
der Ratur nicht fo ganz leicht verflänplich für Alle fpricht, und daß wenigftens 
Gewohnheit und menfchliche Leivenfchaft fo viele Generationen hindurch ihre 
Stimme verfäljchten, zeigt die ganze Geſchichte. Ste zeigt, wie die Gewalt und 
Herrſchſucht der ſtärkeren Männern die ſchwächeren F. en unterbrüdte u. eine weit 
größere Rechtungsgleichheit für diefelben Jahrtauſende hindurch fefthielt, als jebt 
die freien, gefitteten Nationen für recht u. zuläſfig erflären, während auf der ans 
dern Seite Rechtögleichheiten gefordert werden, welche fo vielen Andern als un: 
vernünftig u. für die %.en felbft verderblich erfcheinen. Sol nun eine welter 
fortichreitende Civiltfation uns wirklich dahin führen, die Unterordnung der F. 
unter den Mann, u. fomit auch alle Feſtigkeit des Ehebandes u. dad wahre Fa⸗ 
milienleben aufzugeben ; dahin, daß wir, flatt der Weiblichkeit, Keufchheit und 
Schambhaftigfeit der F.en, ihre gleiche unmittelbare Thellnahme an unfern öffent: 
lichen Wahl: u. Parlamentsverfammlungen u. an den Stantsämtern, überhaupt 
an allen männlichen Beftrebungen u. Kämpfen, aud den kriegeriſchen, als ihre 
höchſten Ehren u. Büter anfehen follen? Over follen wir umgekehrt die Zuftände 
der Alten preifen u. unfer würbigeres Familienleben al dad Hintere wol 


396 Fran. 


Freiheit betrachten? Iſt nicht die Zulaſſung der weiblichen Königsmwürde bei den 
ebildetfien Voͤlkern, diefes, als unnachtheilig gefundene, Zugeflänpniß gerade des 
Böchften aller männlichen politifchen Rechte, genug Beweis, daß nur Borurtheil 
oder Defpotismus von der einen, Erniedrigung von der andern Seite der vols 
fen Redhtögleichheit bisher entgegenftanden? — Heben wir zuerſt das hervor, 
was in Beztehung auf die oben angeregte Frage und die Gefchichte u. das über: 
einftimmende Urtheil aller achtbaren Stimmen an die Hand gibt. — Wenigftens 
theilweiſe u. im einzelnen Bezichungen, Erfcheinungen und Perioden, erheben fidy 
bei ven gebildeteren ortentalifhen Völkern die Geſchlechtsverhältniſſe 
‚über die unterfle Stufe der Rohheit, auf weldyer die %. rechtlos der Ge⸗ 
walt der flärferen Männer prelögegeben, ihnen zur Befriedigung finnlicher Triebe 
und als Laftihier dient, u. nicht einmal ausfchließlicd, mit einem Manne in ges 
fchlechtlicher Verbindung ſteht. Freilich erfcheint aber audy bei diefen gebilbeteren 
Bölfern, bei ven Babyloniern, Berfern, Indiern, Chineſen, fo wie 
fpäter bei ven Muhamedanern, vorzüglid nur in der Form das Berhält- 
niß verebelter u. geregelte. Auch wenn man abfleht von Scheußlichkeiten, wie 
die bei den Babyloniern, daß die mannbaren Mädchen von Staatöwegen auf 
dem Öffentlichen Marfte den Männern zur Unterſuchung und zum Verkaufe, die 
Schoͤnen an den Meiftbietenden, die Häßlichfien an den Wenigfinehmenpen, aus⸗ 
eftellt wurden, u. daß zum Vortheile der Priefter im Tempel der Göttin My⸗ 
itta eine jede F. einmal dem meiftbezahlenden Fremden fidy Preis geben mußte; 
von dem indifchen Verbrennen der Fen, den perfifhen Harems u. der alljährs 
lichen Abgabe einer Zahl von Mäpddyen an den Darem des Sultans — fo ers 
fcheint 15 das ganze Geſchlechtsverhaͤltniß noch immer unwürdig genug, Wird 
der F. doch ſelbſt noch im Koran eine unfterbliche Seele u. die Möglichkeit, ins 
Paradies zu gelangen, abgefprochen! Etwas veredelter iſt dad Geſchlechtsver⸗ 
hältniß bei den Hebräern, obgleich auch bei ihnen Kauf der $.en u. Vielwei⸗ 
berei geſetzlich waren u. die Polygamie erft nach der babyloniſchen Befangenfchaft 
zu verkhminden begann, ein Redyt auf eheliche Treue aber fletd nur dem Manne, 
nie der F. beigelegt wurde, u. ihm das traurige Vorrecht einer einfeitigen,, völ- 
lig willfürlichen Scheidung und Berftoßung blieb. ine weniger eigenfüchtige 
Geſtalt erhielten die Beichlechtöverhältniffe bei den Briechen. Doch zerftörte 
bei den Spartanern das Prinzip einer Gemeinfhaft, der Vaterſchaft u. der 
Kindſchaft zwiſchen den Würbigen; das gefebliche Ausleihen der Weiber; die ab- 
fichtliche Abfonderung der Männer von den %.en und die ausfchließliche Staats: 
erziehung der Kinder alles wahre Familienleben. So verderblich wirkte audy hier 
überall die Zerftörung des Brivatrechtes u. die Idee, die Ehe nur ald Staats⸗ 
anftalt zu betrachten. Achnlich nachtheilig wirkte bei den Athenern die Auß- 
ſchließung der Fen felbft von den Gaftmählern, ihre Einfperrung in die Weiber- 
u. Webeftuben (Bynäceen), das Leben der Männer mit Hetären, u. die Ber- 
fagung alles Rechts auf eheliche Treue für die F., welche auch bier zu verlei- 
ben der Mann das Recht Hatte. Die Geſetze, u. felbft die Theorien der erften 
Schrififteller, von denen auch Plato ſelbſt Gemeinſchaft der Weiber vor- 
fhlägt, behandeln die %. lediglich als Mittel für den Staatezwed. — Um Vie⸗ 
le8 wuͤrdiger erfcheinen die Berhältniffe der Ben bei ven Römern. Die %. iſt 
hier ſchon mehr Lebensgefährtin des Mannes, ſie iſt die gefehlicdy geehrte Haußs- 
mutter und Matrone, Antheil nehmend am Gaftmahle und am Schaufpiele, wie 
auch an den patriotifchen Gefühlen der Männer. Wenn fie audy des Mannes 
häuslicyer Gewalt u, Bormundfchaft, der defpotifchen väterlichen Gewalt firenger, 
ale billig, untergeorpnet und im Rechte auf ehelihe Treue und Scheidung dem 
Manne Teineswege gleichgeftellt war: fo hatte fie doch durch Religion u. Genfur, 
Sitte und Geſetz eine würdigere Stellung. Der Eoncubinat mit freigeborenen 
en war unverheiratheten Männern geflattet, die uncheliche Verbindung mit 
ESklavinnen auch den Verheiratheten unverwehrt. Würdiger nody war bet den 
Germanen bie Stellung der F.en. ME treue Lebensgefährtinnen der Ehemänner 


Fran 897 
hoher Achtung genießend, theilen fie, ſoweit e8 ihr oe lecht erlaubt, auch ihre 
öffentlichen Sorgen u. Freuden; die Sitte u. ein Familienrath, an weldyem ihr 
eigener Bruder Theil nimmt, fhüht fie gegen männlihe Willfür, Keufchheit u. 
ebeliche Treue bewunderten die Römer an den Männern, wie an den %.en. Die 
Ehe.$. erhält felbfi durch Genugthuungsrecht gegen die Buhlerin, weldye mit 
ihrem Gatten ihre Ehe verleht, ein Recht auf eheliche Treue, wenn auch nicht 
ein gleiches, wie der Mann, u. nicht ein unmittelbar gegen ihn felbft gerichtlich 

efchühtes. Eine dauernde Geſchlechtsvormundſchaft für alle wichtige rechtliche 
Befchäte (mundium) wurde ihr ſchon durch die Ratur der öffentlichen gerichtit« 
hen Berhandlungen und deren häufige Enticheidung durch Zweifampf zum Bes 
dürfniſſe. Auch die Zurüdfegung bei dem Erbredhte in den Liegenfchaften wurde 
burch die Verbindung deſſelben mit der Pflicht aur Blutrache und zur Landwehr 
unvermeidlich. Aber die, fchon früh dem Deutſchen eigenthümliche, hohe Achtung 
der F.en nab ihnen dafür in der allgemeinen ritterlicdhen Ehrenpflidyt der Männer 
zu ihrer Bertheidigung einen Erſatz, bewirkte, in Verbindung mit dem Chriſten⸗ 
thume, allmälig die Aufhebung der angedeuteten Herabfegungen u. begründete jene 
würpigen, germantfchen Yamilienverhältnifle u. die, der Geſchichte anderer Völker 
fremde, Hodyachtung der F.en u. ihre nicht bloß für das Familienleben, fondern 
audy für das öffentliche Leben einflußreihe Stellung. Dieje zeigt fidh, fo wie 
überhaupt in ihrer faft fchwärmertfchen Verehrung während ver Ritterzeit, auch 
in ihrem fitten» u. fchiedsrichterlichen Ausfpruche bei Turnieren, ebenfo wie in 
ihrem heutigen großen mittelbaren Einfluß auf die Öffentliche Meinung u. auf 
die öffentlichen Gefchäfte. Gewiß tft ferner, daß die freieften u. würdigften Grunds 
fäße für die Verhäftniffe der F. u. für das Familienleben vorzugsweiſe das Ehris 
ſtenthum und die ächt chriftlidye Eultur u., nady ihnen, unfere heutigen pofitiven 
Geſetze heiligten. Während früher die S.en mehr oder minder als Sflavinnen, 
oder ald Zubehör und Eigentbum, wenn nicht der Ehemänner, doch der Väter 
oder ded Staates behandelt wurden, u. namentlich audy niemals ein freies Gins 
willigungdredht bei der Ehe hatten, wird j.ht (ſ. Chriſtenthum) durch die 
chriftliche Geſetzgebung, die hohe unfterblihe Menfhen-Würde, ihre volle 
Sreiheit u. vollig gleiche Heiligkeit, ohne Unterſchied der Gefchlechter, der 
Abftammungen u. Stände, zur Grundlage des menſchlichen Rechtes gemacht, dem 
Geſchlechtsverhältniſſe die größte Reinheit, der Che und dem Samllienieben die 
größte Weihe gegeben. Die $.en follen durch ihre eigene freie Liebe u. Einwilli- 
gung fret mit dem Manne vereint, mit ihm eime unzertrennbare, moralifche 
Merföntichfeit bilden, von Bott felbft ein Leib u. eine Seele, unauflöslicdh und fo 
würdig, wie Chriſtus u. feine Gemeinde, verbunden. Hier zum erfien Male ers 
halten die $.en auch in Beziehung auf die eheliche Treue völlig gleiche Rechte, 
wie die Männer, u. diefe in Beziehung auf Keufchheit gleiche Bflichten, wie vie 
Zen. So erſt, durch ſolche Vereinigung, durdy gegenfeitige® freted Hingeben u. 
Widerempfangen, wird jene Entwürdigung abgemiejen und die Befriedigung des 
Geſchlechtotriebes ganz unter das firtliche Gefeb geftellt. Und auch an dem 
Staate, welcher nun einen Berein von Familien bildet, in denen jetzt der F. eine 
fo hohe Beflimmung zugewiefen iſt, nimmt nun diefe, nur in anderer Weiſe, ale 
der Mann, wefentlidhen Antheil. In einem Hauptpunfte freiltdy weicht das 
Rechtöverhältniß der 5. von dem des Mannes ab. In der Ehe mußte, u, zwar 
um fo mehr, je mehr fie gerade nad) dem Chriſtenthume unauflöslich ſcyn follte, 
foweit für die gemeinſchaftlich gewordenen LXebensverhältniffe feine andere Brreints 
ung fich ergab, eine Entfcheidung gefunden werden. — Gleich den Geſetzen der 
—5— aller Erde, weist auch das Chriſtenthum dem ſtärkeren Manne, als Er⸗ 
nährer u. Echüger der Familie, auch das Recht des Hauptes derſelben zu, als 
welches er, jedoch nad) vernünftiger liebevoller Berathung mit ver Gattin, die 
gemeinfchaftlichen Verhältnifie leiten fol, fo daß die F., wenn feine andere Ber- 
einbarung verfchiedener Anfichten fich bildet, in erlaubten Dingen der männlichen 
Entſcheidung fi) unterzuorpnen hat, Schon hiemit, u, mit der Erhaltung inni⸗ 


398 Frauenburg — Frauenfeld, 


ger ehelicher Verbindung, ebenfo, wie mit der eigenthümlichen weiblichen Ratur 
u. Beflimmung überhaupt, ſchien e8 unvereinbar, daß in den größeren oder poli⸗ 
tifchen gemeinfchaftlichen Gefelfchaftsverhältnifien die F, unmittelbaren akti— 
ven Antheil nehbmend, neben dem Manne eine entfheidende Stimme 
hat u, durch diefe ihm entweder gegenüber den andern Geſellſchaſtsgenoſſen ver- 
boppele, oder auch Ihm friedlich entgegentretee Es fehlen nothwendig, daß fie 
ebenfo von der unmittelbaren aftiven entfcheidenden Theilnahme an 
dem genehf aftlichen politifchen Rechtslriege, wie von der gleichen Theilnahme 
am Waffenktiege zurüdtrete Nunquam aliud natura, aliud sapientia docet. ®e- 
wiß alfo find es nur unnatürliche weibliche Zwitterwefen, nur unglüdfelige, glüds 
licherweife aber vereinzelnt daftehende, Ausnahmen ihres Geſchlechtes, die thre 
Weiblichkeit, ihre hohe naturgemäße Beſtimmung für Tugend u. Glüd ihrer %a- 
milten u, ihred Vaterlandes aufopfern und eine andere Rechtögleichheit verlangen, 
als diejenige, welche mit jener vereinbarlidh u. ihnen fürderlich if. Alle Andern 
würden eine unftttlichye, ihnen u. dem Baterlande gleich verderbliche, Ungleichheit 
nicht wollen. (Bergl. d. Art, Emanctpation der %.en.) 

Frauenburg. Stadt im preußiſchen Regierungsbezirke Königsberg, Kreis 
Braundberg, nahe beim infupe des Fiußes Baude in das friſche Haff, mit 
2300 Einwohnern, iſt der Sitz des Domcapiteld u. Officialats des Biſchofs von 
Ermeland ; die Domkirche auf einem Berge bei der Stadt, mit dem Grabmahle 
des Aftronomen Copernicus cf. d.); zwei andere Kirchen u. ein Hofpital, Tuch⸗ 
weberei, Gerberei, Töpferei, Fiſcherei, Bebern-, Burns und Holzhandel, Der 
4 Meile welt hergeleitet Kanal, welcher die Domkirche mit der Stadt verbindet, 
iR ein Werk des Copernicus. An diefem Kanale, der in das frifche Haff fließt, 
fiebt noch der von Eopernicus erbaute Waſſerkunſtthurm, durch weldyen das 
Wafler mittel eines Raͤderwerkes u. eiferner Schöpfeimer auf den Domberg ge⸗ 
trieben und fo ale Wohnungen der 12 Domherren mit Waſſer verfehen wurden. 
Allein dieſes Kunſtwerk, welches, nad) den Trümmern zu ſchließen, dem noch 
jest zu Graudenz beflehenden völlig glei war, iſt ſchon längft aus Wangel der 
nöthigen Unterhaltung in Verfall geraten. Zur Bequemlichkeit der Reiſe- und 
Fifcherfähne bat das Domcapitel 1675 das jepige Portorium oder Fahrwaſſer 
am frifchen Haff anlegen laffen, vermittelt defien die Hahrzeuge bequem aus: u. 
einlaufen können u. bei Stürmen vor aller Gefahr gededt find. Zu Copernicus 
Andenken ließ der famländifche Bifhof Eromerus 36 Jahre nach deſſen Tode 
in der daflgen Kirche einen Denfflein figen, ver jegt, weil er bei einer Ausbeſ⸗ 
ferung der Kirche weggenommen werden mußte, im Berfammlungszimmer des 
Gapiteld aufbewahrt wird. Huch flieht man noch den Kleinen Thurm mit Feuftern 
gegen Norden u. Süden, u. die fleine Gallerie, wo Copernicus feine Beobadys 
tungen anftellte. Sein Bildniß iſt in dem oberen Zimmer mit einer Sphaera ar- 
milleris in der Hand. 

Srauendorf in Niederbayern, am linken Donauufer, fafl der Stadt Bils- 
hofen gegenüber, ift an fidy ein Eleiner, unbedeutender Ort, aber in der land⸗ 
wirthſchaftlichen Welt berühmt als der Sitz der feit 1823 beflehinden praftifchen 
Gartenbau⸗Geſellſchaft. Die Fluren des Dörfchens ziert die fehenswerthe Pflan⸗ 
zung ded um die Obſtbaumzucht u. den Gartenbau überhaupt vielfach verdienten 
3. — Fürſt, deſſen Erben bier noch immer eine eigene Preſſe mit dem Drude 
der verbreiteten „Frauendorfer Blätter” befchäftigen. Leider hat der furchtbare 
Hagelfhlag, der im Juni 1844 einen großen Theil von Niederbayern vwerheerte, 
auch die hiefigen Anlagen hart getroffen u. der Arbeit eines Menſchenalters den 
verdienten Lohn verfümmert. mD. 

Srauenfeld, wohlgebaute Hauptflabt des eidgenöffifhen Cantons Thurgau 
mit 2500 Ginwohnern, von denen etwa der vierte Theil Katholiken find, liegt 
in einer fruchtbaren, offenen Landſchaft an der Murg und befteht aus drei ge: 
raden, ziemlich breiten, neben einander laufenden Straßen. Nach zwei Feuers» 
drünften 1771 und 1788 wurde der Ort ganz neu und ſchoͤn wieder aufgebaut. 


Frauenglad — Frauenvereine, 399 


Unter den öffentlichen Gebaͤuden find zu bemerken: das alte Schloß, deſſen Thurm 
in jeder Hinfiht zu den boraüglichhen Dentmälern des Thurgau's gehört; das 
Rathhaus, die Staatsfanzleigebäude, das neuerbaute Zußhau⸗ u. die katholiſche 
u. die reformirte Pfarrlirche. Landbau iſt der Haupterwer eamweig der Einwohner ; 
auch wird einiger Handel mit Spezereimaaren getrieben, und Diele befchäftigen 
fi) mit Leinweberet u. Fertigung feldener u. baummollener Zeuge. 1799 fiel 
bier ein hitziges Treffen zwiſchen den Defterreicherr u. Franzoſen vor. BA. 
Trauenglas, aud) Fraueneis genannt, ein weißlicher, tafelfürmig bläts 
teriger, glasartiger Stein, der fich leicht mit dem Meſſer fpalten läßt, im 
Feuer mit Kniſtern zerfallend, mit Säuren nicht aufbraufend, aus ſchwefelſaurem 
Kalle (Gyps) u. Waſſer beftehend. In Rußland, wo das F. in Menge vorkommt, 
wird es oft als Fenſterglas gebraucht. Die gröberen Eorten eignen ſich nur, wie 
ale übrigen Gypsarten (f. Gyps) zum Brennen u. geben den gewöhnlichen ges 
brannten Gyps. 
Branenlob C(eigentlihd Heinrid von Meißen), der 1317 Cover 1318) 
gekorden und, wie die lieblidye Sage erwähnt, in Mainz von Frauen zu Grabe 
etragen ward, Diefer Minnefänger, der an der Gränze zwifchen Minne- und 
SReifergefang ſteht, verlündete die Minne im höchften u, heiligen Sinne, ale 
uranfänglicpen Grund der Schöpfung, vornehmlich des Menſchen, nach dem 
Bilde Gottes und ded Weibes aus feinem Innern, und dann der jungfräulichen 
Mutter, aus welcher der Gottmenfch erfchien. Unter feinen, in der Sprache 
oft unverfländlicyen u. gefuchten, Gedichten iſt befonders berühmt feine Umdich⸗ 
tung des Hohenliedes. Diefes, von jeher, dem Geiſte des Morgenlandes 
gemäß, für mehr als ein bloß irdiſches Hochzeitögedicht erfannt, und in ver 
Kirche auf diefe ſelbſt, ald Braut Chriflt gedeutet, wurde nun fo weiter auf 
Maria angewandt, zugleih ald Braut u. Tochter, wie Mutter Ehriftt, fo daß 
in ihr jene drei Namen: Magd, Werb u. Frau, im höchften Sinne vereinigt u. 
erllärt find. In folchem ®eifte dient das Hohelted dem %. zur Grundlage eines, 
mit allen Borbildern der heiligen Schrift, mit den wunderfamften Bildern der 
Natur u. der heiligen Geſchichte, mit allem Schmude der Welt durchwirkten, 
vom Himmel zur Erde herabhängenden Gewirkes, in welchem die Himmelsfönigin 
und göttliche Mutter, von innerem Lichte durchſtrahlt und leuchtend, ſchwebt. — 
Von feiner idealen Berherrlichung der Frauen, deren ſchönſtes Borbild die Him⸗ 
meldfönigin ift, Hat der Dichter den Namen %. erhalten. Des Dichters reſtau⸗ 
rirtes Denkmal ſteht im Kreuzgange des Mainzer Domes. F.s Gedichte, in der 
Maneſſiſchen Sammlung, wie in der von H. v. d. Hagen, ſind geſammelt heraus⸗ 
egeben von L. Ettmüller, Quedlinburg u. Leipzig 1844. Das Hohelied %.8, 
überfegt und feinen Verehrern und DBerebrerinnen gewidmet von Joſeph Kehrein, 
Mainz 1843. x. 
Frauenvereine. „Ehret die Frauen, ſie flechten und weben himmliſche 
Roſen in's irdiſche Leben!” fang fo ſchön, als wahr, unſer unſterblicher deutſcher 
Dichter. Wo es gilt eine Noth zu lindern, dem Unglücklichen Troſt und Hülfe 
zu ſpenden, da ſtehen die edlen Frauen ſtets oben an, und zumal die deutſchen, 
mit ihrem hochherzigen Gemüthe, leuchten vor andern in ſtrahlendem Glanze 
hervor. — Wir kennen ſchon Vereine von Frauen zu wohlthätigen Zwecken in fehr 
alten Zeiten, wohin insbeſondere das vortreffliche Inflitut der noch immer ſegens⸗ 
reich foriwirfenden barmherzigen Schweftern (ſ. d.) zu rechnen ifl. Unter 
den eigend fogenannten $.n aber verficht man gewöhnlidy die, in den Kriegs⸗ 
Jahren 1809 — 15, namenilich aber in dem deutſchen Befreiungsfriege, entflan= 
bene Bereine, die zum Einfammeln vaterländifcher Opfer u, zur Unterflügung von 
Berwundeten, Hinterlaffenen gefallener Baterlantövertheidiger u. durch den Krieg 
in Krankheit und Elend Geflürzter, aus den Frauen der gebildeten Etände in 
Deutſchland zufammentraten u. fi) nachher zu verfchiedenen wohlthätigen Zwecken 
forıfegten.. Das erfte Beifpiel gab wohl der Wiener Srauenverein, an 
defien Spite die Fürſtin Karoline Lobfowig trat, und der noch gegenwärtig in 


400 Frauenzell — Fraunberg. 


wohlthaͤtigem Wirken unter dem Namen „Geſellſchaft der adeligen Damen zur 
Beförderung des Buten u. Nüglichen.“ fortnauert. Ihm folgten 1813 ähnliche 
in Preußen, wozu der Aufruf der königlichen Prinzeffinnen, an deren Epige die 
Pringeifin Wilhelm land, wefentlidy beitrug; zu gleicher Zeit bildeten fidy ans 
dere in den übrigen Theilen Deutſchlands, von denen der Canſtadter Verein 
mit feiner Borfteberin, der Gemahlin des Derioge Wilhelm von Württem- 
. berg, ſich hauptfädhlich auszeichnete; ebenfo die in München u. den größeren 
bayerifchen Städten, in Baden, Heflen, Sachſen ꝛc. Mit Recht gebührt Deutſch⸗ 
land’8 edlen Krauen dafür ein Thell des, von dem bdeutfchen Volke in jenem denk⸗ 
würdigen Kampfe errungenen Ruhmes. Die, bald nady dem Pariſer Frieden 
eingetretene, Theuerung bot eine fchöne Gelegenheit, Die Sorge der wohltbätigen 
rauen einem andern Elende zuzuwenden, und aus jener Zeit fchreiben fidy die 
noch heute in den meiften einigermaßen bedeutenden Städten Drutfchlande forts 
dauernden, von Frauen geftifteten Wohlthätigfeitsvereine (ſ. d.). Ein 
unauslöfchlicdyes Denkmal haben ſich in viefer Beziehung befonderd zwei hocher⸗ 
habene Kaiſerstöchter von Rußland, die Königin Katbarina von Württemberg 
u. die Großherzogin Marte von Weimar geftiftet. Als auch diefe Noch gemil⸗ 
dert war, lenkte ſich die Wirkſamkeit der F. haupiſächlich der Bildung der 
ärmeren Jugend zu; auf ihre Beranlafiung entftanden Anftalten für Erziehung 
verwahrloster Kinder (. d.), Kleinkinderſchulen (f. d.), Induftrtes 
Schulen (f. d.), u. aud die erwachfenen Armen blieben darüber nie vergeflen. 
Vgl. Graͤfe, Nachrichten von wohlihätigen Sn in Deutfchland, Kaff. 1844. St. 
Sranenzell, ehemalige Beneviktinerabtet im Kreife Oberpfalz u. Regensburg 
des Koͤnigreichs Bayern, Herrſchaftsgericht Wörth, Die rauhe und abgrlegene 
Waldlandſchaft, in welcher die Kloftergebäude u. das anfloßende Dorf liegen, 
war im Mittelalter unter dem Namen „Schopfloch“ als ein Schlupfwinkel von 
NRäubern u. Mördern übel berücdhtiget. Da beichloß der reiche u. mächtige Ritter 
Reimar von Brennberg, durdy die Gründung einer geiftlichen Anftalt in dieſe 
Wildniß Frieden u. Geſittung zu verpflangen. Er erbaute um 1312 zwei from⸗ 
men Ginftedlern bier eine: Zelle u. fügte 1321 ein Fleines Berhaus an. So ent⸗ 
fland das Klofter Marienzell, fpäter %. genannt, welches, Anfangs ein Priorat 
des Klofterd Oberaltaich, 1824 zu einer felbfiftändigen Abtel erhoben und 1803 
aufgehoben wurde, mD. 
Sraunberg, Jofeph Marta Repomuf, Erzbifchof von Bamberg, 
geboren am 10. October 1768 zu Alt⸗Fraunberg, dem Stammfige feines alt: 
adeligen Gefchlechtes. Sein Vater Martmiltan war Oberjägermeifter des Yürft- 
biſchofs von Freyfing, feine Mutter Jofepha war eine geborene Gräfin von Rech⸗ 
berg. Als Eovelfnabe an dem fürfibifhöflichen Hofe zu Eichflädt, machte er dort 
feine Gymnaflal- u. in Regensburg feine theologifchen Studien, wo er am Doms» 
ftifte eine ‘Bräbende erhielt und im 15. Jahre feines Alters als Domicilar auf: 
ſchwur. Am 21. December 1791 zum Priefter geweiht, wurde ihm die Pfarrei 
Loidying an der Ifar, wo er von 1792-97 fegensreich wirkte 1797 erhielt: er 
die Stadtpfarrei Cham. Eine Rervenfieberepivemie gab ihm hier reiche Belegen: 
Fe ohne Furcht und Scheu den Sterbenden die Heildmittel der Religion zu 
penden und überall Troft und Hülfe zu bringen. Seine zwei Eapläne fielen ale 
Opfer der Krankheit. Gr, zu Größerem berufen, blieb verfchont. Als wirklicher 
Domcapitular wurde er fpäter aud) caplanus honoris und lebte abwechſelnd in 
Regensburg und München. 1802 vom Kurfürften Maximilian Joſeph zum wirk- 
lidyen geheimen Rathe ernannt, überfam er die oberfle Leitung der Iateintfchen 
und deutfchen Unterrichtsanftalten in ganz Bayern. Die erfprieglichften Verord⸗ 
nungen, weldye er erlich, legten Zeugniß ab von feiner Klugheit u. Umficht. Da 
ihm jedoch in der Folge nicht die umfaffende Bollmadyt gegeben werben wollte, 
um nady feiner vollen Ueberzeugung in feinem Amte zu wirken, legte er fein Amt 
1807 nieder u. lebte fortan der Religion u. den Wiffenfchaften. Am 25. Septbr. 
1821 wurbe Joſeph Maria ale Bifchof von Augsburg proflamirt, am 11. Ro» 


Fraunhofer. 401 


om päpftlichen Nuntius Franz Sarra aus dem herzoglichen Haufe Caſ⸗ 
einer, in Augsburg nie geſehenen, Feierlichkeit —**— Sn ara 
t. Er bereiöte felbft feine Diöcefe, hielt mit Nachdruck u, Strenge a 
9 feiner gegebenen Berorbnungen, verband aber mit ber amtlichen 
dilde u. Herzendgüte. Welche Verehrung u. Liebe er fidy erworben, zeigte 
ıde Schmerz ber ganıen Diöcefe, ald er von ihr fcheiden mußte, um 
aͤrz 1824 den erzbifchöflichen Stuhl von Bamberg zu befleigen. Die 
änfche der Armen, die liebende Anhänglichkeit des Klerus, u. Ku sburgs 
aft trauerte bei dem Abſchiede des apoſtoliſchen Hirten, dem fe ſchon 
Jahre feines Wirkens vankbarſt ein Kruziftr und ſechs Kirchenleuchter 
al Ausdruck ihrer Hochachtung u. liebevollen Verehrung dargebrächt 
Bamberg am 24. Juli 1824 als Erzbiſchof feierlichſt eingefeht, rief er 
ſche Fräulein s Inftitut weldee feinem lichen Berfalle nahe war, 
8 Leben, um unter feinem chutze nachhal auf die Erziehung der . 
: Jugend zu wirken. Auch wurde der KuratsKlerus zum eifrigften Wirs 
e Schuljugend durdy Katechefen u. häufigen —— wiederholt an⸗ 
Eben ſo beſtand er mit Nachdruck auf gewiſſenhafter Abhaltung der oh 
aferenzen, jenem alten Kirchlichen Inſtitute, um in den tbeologifshen iſ⸗ 
ſtets Anregung zum fortſchreitenden Studium, wechſelſeitigen Austauſch 
yer rfabrungen und gegenfeltige brüderliche Einigkeit wach zu erhalten. 
t Sirmungsrelfen nahm er zug J Pfarrviſttationen vor u. beauftragte 
n die Defane, nach einer eigene iezu entworfenen Inftruftion über den 
ittlidyen Zuftand der Gemeinden, über den Zuſtand der Schulen, über 
Mißbraͤuche genauen aid zu erflatten. ter allen feinen en⸗ 
t aber vorzugsweiſe ſein hochherziger Woh ugeteſn Zu jedem 
Art ſteuerte er mit wahrhaft —2*— Freigebigkeit bei u. trocknete in 
g geleiſteten monatlichen Gaben die Thraͤnen unzaͤhliger Armen. Seine 
e ehrte der Monarch durch Verleihung des Großkreuzes des Civil⸗ 
rdens der bayeriſchen Krone, u. Herzog Wilhelm von Bayern ward zur 
en Meberreichung der Snfignien beauftragt. Als Reichsrath hatte er die 
a zweiten Bräflventen gewählt zu werden. Seine freunvfchaftlichen Ver⸗ 
: mit den erfien Staatsdienern des Königreiches öffneten ihm großen 
weßhalb ihn viele Bittfleler um Unterſtützung ihrer Angelegenheiten bei 
ı Behörden in Anſpruch nahmen, u. er bewährte hier eine beſonders wohl 
Proteftion. Mit Klugheit u. Umficht fuchte er alle Mifregung u. Bitter- 
ven den verfchtedenen Gonfefflonen zu verhüten. Am 21. December 1841 
von der gütigen Borfehung das Glück befchienen, fein 50jaͤhriges Prie- 
m zu feiern, woran die ganze Stadt den freubigften Antheil nahm und 
rat ihm feierlich in einem prachtvollen Diplom das Ehrenbürgerrecht 
. Allein ſchon im kommenden Monate überrafchte ihn der Tod am 17. 
1842, nad) einer mehr als Izjährigen ermältung bed Erzbisthums. 
yenfen bleibt geſegnet und unvergeßlich, und durch feine außerordentliche 
ite gegen Hohe u. Niedere, wie gegen alle Gonfeifionen, ward ihm ſtets 
nfamem Vater mit Liebe u. Anhaͤnglichkeit gehuldigt. Cm. 
anbofer, Joſeph von, 1787 zu Straubing in Niederbayern geboren, 
Sohn eined Slafermeifters u. trieb zuerft dad Handwerk feines Vaters, 
. zu einem Drechsler und hierauf zu einem &lagfchleifer nady München 
re, wurbe dort bei dem Einſturze eines Hauſes verfchüttet, jedoch wie, 
et, und durch diefen Umftand dem geheimen Rathe von Upfchneider 
d dem Könige Mar Joſeph bekannt. Ein Geſchenk von 18 Dukaten, 
er von Legterem erhielt, verwandte er zu Anfchaffung einer Glasſchleif⸗ 
u. fludirte mit Eifer in feinem Fache weiter fort. Als Upfchneider und 
Schieg mit Reichenbach und Liebherr zu München und Benedictbeuern 
Geſellſchaft Fertigung optiſcher Inſtrumente errichteten, wurde F. 
ent der Schleifung von optifdyen Glaͤſern angeſelt. SR war &t 
dopäble. IV. 











402 Frauftadt — Frayſſinous 


fich als ſolcher ungemein aus, machte neue mechaniſche Erfindungen und ward 

80 als —— an der Geſeliſchaft zu Benedicibeuern angenommen. Er 
erfand nun eine treffliche Polirmaſchine optifche @läfer, erhilt 1811 auch die 
Glasſchmelzarbeiten unter feine Aufficht und erfand ein Ylintglas, von dem auch 
die unterfien Schichten daflelbe Brechungsvermögen hatten, wie die oberften, bes 
teitete auch Ctownglas, beſſer als das englifche, und fchuf fo die volltommenften 
achromattfi Bernröhre, 1814 fchled Reichenbach aus der Gefellfchaft u. F. er⸗ 
hielt faft_ die einzige Leitung. 1823 ward er Gonjervator des phyſilaliſchen Tabi⸗ 
nets u. 1824 geadelt; er ftarb 1826. Seine Inſtrumente, vorzüglich fein Heliometer, 
fein Ringmitrometer, find durch ganz Europa verbreitet. Sein ſchoͤnſtes Inftrus 
ment {fl aber fein Riefenrefractor für Dorpat, von 133 partfer Fuß Länge 
u. von 9 varifer Zoll Weite im Objecilvglas; derfelbe vergrößert im ae 
200—500 Wal, im Ylächeninhalte 40,000—422,500 Mal und wiegt mit dem 
Stativ 3000 Pfund, worunter 1000 Pfund Meffing, 450 Pfd. Eifen, 300 Pfd. 
Bid, das übrige Holz if. Er übertrifft die Herfchelichen u. Schröterfchen Spie⸗ 
gelteleffope an Deutlichkeit u. Bequemlichkeit der Handhabung, 

Frauftadt, Kreisftadt im preugifchen Regierungsbeztrfe Pofen, unweit 
der ſchleſiſchen Gränze, mit 7500 Einwohnern, hat ein Gymnaſtum, Tuch⸗, Lens 
u. Damaftwebereien, @ichortenfabrifen, Wachsbleichen ıc. Hier wurden im norbis 
{chen Kriege die Sachſen u. Ruſſen unter Schulenburg von den Schweden unter 
Renstiölo völlig aufs Haupt geichlagen (12. Febr. 1706). 1802 verheerte eine 
ſchreclliche Feuersbrunſt einen großen Thell der Stadt. 

Frapffinous (Denys Graf von), ein, durdy feinen hohen bit für die 
Belebung des religiöfen Sinnes, gegenüber den materialiftiichen, atheiftifchen Ans 
fihten feiner Zeit rühmlich befannter franzöftfcyer Prälat, und einer der treueften 
Anhänger des bourbonifchen Königshaufes während der Reftauration, 1765 zu 
Curieres in der Gascogne geboren, zeichnete ſich ſchon zu Anfang, dieſes Jahr⸗ 
hunderts, als bie Religion wieder von Geiten des Staates begünftigt wurde, 
unter dem franzöflfchen Klerus rühmlichft aus; namentlidy wirkte er durch feine 
Predigten in ver Kirche des Carmes längere Zeit höͤchſt kgenereich- As Gene 
ralinfpector_der Akademie von Paris und Ganonikus bei Rotre-Dame predigte er 
häufig zu St. Sulpice, bis ihm diefes 1809 auf Beranlaffung Rapoleons unterfagt 
wurde. Rad) der Reftauration fam er wieder in den Befig feiner Kanzel, wurde 
Cenſor u. befämpfte nachdrücklich alle dem bourbonifcyen Haufe feindfeligen Ans 
ſichten. 1815 wurde er Mitglied der Gommilfton für den öffentlichen Unterricht, 
legte jedoch diefe Stelle im darauf folgenden Jahre nieder, und lebte von einer 
Penſton. Durch eine, 1817 in der Akademie vorgetragene, Lobrede auf Ludwig den 
Heiligen wurde fein Rame audy in der literariſchen Welt befannt; bald darauf 
wurde er erfter Almoſenier u. Hofprediger Ludwigs XVIII., Bifchof von Hermopos 
16, Großmeiſter der Univerfität Paris, Großoffizier ver Ehrenlegion, Gtaf und 
Balr von Franfreih. 1824 wurde ihm das neuerrichtete Cultminifterium übers 
tragen, in welcher Stellung er die Jefulten u. geiſtlichen Eongregationen übers 
haupt vorzüglich begünftigte. Nachdem er 1828 zugleidy mit Bilele das Porter 
feuille niedergelegt, erhielt er im Auguft 1829 die feuille des benefices, d. h. das 

echt der “Bräfentation für die Erzbisthümer, Bisthümer und andere geiftliche 
Titel. In Folge der Julirevolution begab er fi) zunächſt nach Genf; zwar kehrte 
er nach ihr nad) Ftankzeich zurüd, begab ſich aber dann, indem er Ludwig Phi⸗ 
lipp den Etd weigerte, nady Prag an den Hof Karls X. und fpäter nady Göry, 
wo er an ber Leitung u. Erziehung des Herzogs von Bordeaus Theil nahm. Seit 
1838 nad) Frankreich zurüdgefehtt, lebte er in der Zurüdgezogenheit u. farb zu 
Saint-Genies in Gascogne am 12. December 1841. Großes Auffchen erregte zu 
{hrer Zeit feine Schrift: „Defense du christianisme* (3 Bände, Paris 1825; 
deutſch 3 Bde., Perth 1830), zu der die nach feinem Tode erſchlenene „Conferen- 
ces et discours inedites“ (ar. 1824) die Fortfegung bilden. Vergl. Henrion, 
„Vic de F.“ (ar. 1824). 


Frebegarins — Freher. | 408 


Bredegarins, Scholaſticus, nähft Gregor von Tours (f. d.) der 
ältefte fränkiſche Befchichtfchreiber, lebte in der erſten Hälfte des 7. Jahrhunderts 
u. ftarb 658. Man hat von ihm eine Chronik in 6 Büchern vom Anfange der 
Belt bis 641; abgedrudt in Ruinarts Ausgabe der Gregoriſchen Werfe u. in 
Bouquets Seriptores®d. 3. Die drei erfien Bücher vieler, eben nicht alltäg- 
lichen, Arbeit find zwar bloße Bompilationen, das vierte {ft ein Auszug aus dem 
Gregor von Tours, das fünfte u. fechöte dagegen enthalten eine forgfältige Auf- 
jeichnung der Ereigniffe von 584—641. | 

Tredegunde, Gemahlin Chilperichs 1., Könige von Neuftrien, 543 zu 
Montpidier aus niedrigem Stande geboren, war zuerft Hoffräulein bei des Koͤ⸗ 
nig6 erfler Gemahlin Audowera, bald darauf deſſen @ellebte, und bewog ihn 
endlidy, Audowera zu verftoßen. Aber, ohne ſich mit ihr zu vermählen, verftieß Chil⸗ 
perich auch %. 567 und heirathete Die weftgthlfähe Königstochter Galſwinde. 
Bald gevann jedoch %. ded Königs Liebe wieder, fie ließ Galſwinde erdroſſeln u. 
ward hierauf von Ehilperich zur Gemahlin u. Königin angenommen. Brunhilde, 
Galſwindens Schwefter, bewog deßhalb ihren Gemahl Sigbert, Bruder Chilpe⸗ 
richs, zum Kriege gegen dieſen. Er ſchlug Chilperich, u. belagerte ihn in Tours 
nay; allein F. ließ Sigbert ermorden, jagte die Belagerer bis nach Paris, bes 
mälbtigte ſich hier Brunhildens u. ihrer der, fperrte fie in ein Klofter ein u. 

fpäter ihre Stiefmutter heimlich bei Seite. Nach Chilperichs Ermordung 
584 wollte fie Childebert II. wegen diefer Verbrechen aur Strafe ziehen, allein 
König Guntram von Burgund fchühte fie, und fie war Vormünderin Lothars I. 
bis zu ihrem Tode 597. 

Frederikſsoord, eine, 1818 nach dem Plane des Grafen van Boſch ge 
fiftete Armencolonte, in der niederländifchen Provinz Drenthe, mit bereitö mehr 
als 6000 Eoloniften, deren Zwed tft, einen großen Strich diefer Landichoft urbar 
zu machen und das fittliche u. bürgerliche 008 der Armen felb zu verbefiern. 
Der Berein zu ihrer Unterflübung zählt über 30,000 Mitgliever. Vergl. Kever⸗ 
berg Da la colonie de F. Gent 1821 und Kiredhoff, Mem. sur les colonies 
de bienfaisanoe de F. et de Wortel (Brüflel 1827). 

Bredman, f. Bellman. 

Frebrikzham, Stadt und Keftung in der ruffifhen Provinz Finnland, mit 
4000 Einwohnern, großen Kafernen (für 14,000 Mann) u. einer 1819 gegrüns 
deten Cadettenſchule, wurde 1727 von den Schweben gegründet und fam durch 
den, am 17. September 1809 zwifchen Rußland u. Schweren bier gefchloflenen, 
Frieden nebſt ganz Finnland unter ruffifche Hoheit. ſ. Finnland. 

eebolder, f. England. 

egatte, ein dreimaſtiges Kriegsfchiff, das dem Linienfchiffe im Range 
folgt und wentger al8 50 Kanonen führt. Die %.n find überhaupt fcharf gebaut 
und zum Schnellfegeln eingerichtet, dabei müflen fie befonders die Eigenſchaft 
haben, beim Winde gut zu fegeln, und auch bei fchwerem Winde See halten zu 
fönnen, weil fie hauptfächlich zum Kreuzen bei einer Flotte, oder die Bewegungen 
des Feindes auszufundfchaften, wie audy Depefchen zu überbringen und Kaufr 
fahrer zu begleiten u. f. w. gebraudyt werden. Die Tafelage der 5. iſt vollfom- 
men mit der der großen Kriegsfchiffe gleich; auch haben fie eine Bad u. Schanze, 
und vornen ein Gallion. F.n von 32 bis 50 Kanonen heißen ſchwere und 
en Verdecke; die Fleinften $.n haben 20 bis 28 Kanonen und werben 
e e genannt. 

Sreber, Marquard, ein berühmter Rechtögelehrter und Staatsmann, ges 
boren zu Augsburg 26. Juli 1565, ſtudirte zu Altdorf und zu Bourges in Frank⸗ 
teich, wo ihn Cujacius in feinem 18. Jahre zum Doctor der Rechte promovirte, 
wurde dann Rath in kurpfaͤlziſchen Dienften und Profeſſor zu Heidelberg. Auch 
verwendete ihn Friedrich IV. von der Pfalz mehrfach zu Staats» u. diplomatifchen 
Geichäften und erhob ihn zulegt zur Würde eines Bicepräftdenten. Gr flarb 13. 
Mai 1614. Geſchichte, Studium der Alten, Antiquitäten, N SH Wo⸗ 


404 FR Frei — Freiberg. 
risprudenz, ſelbſt lateiniſche Dichtkunſt, find die Fächer, in denen er ſich einen 
Namen von Bedeutung erwarb. Bon feinen zahlreichen Schriften find die wich⸗ 
tiaften: Origines Palatinse, Heidelb. 1599. fol. 1686. 4. German. rer. script. 
Ed. II. cur. B. G. Struvio. Argent. 3 Vol. 1777. fol. Rerum Bohemic. script, 
Hanov. 1692. fol. De re monetaria veterum Roman. "et hodierni apud Ger- 
manos imperii. lib. IL Lugd. B. 1605. 4. auch in Graevii Thes. Ant. rom. Di- 
reotorium in omnes fere chronologos rom. germ. imp. (neue Ausgabe von 
Köhler. Altd. 1720). Er gab audy zuerft die wichtige Urfunde heraus von dem 
zwiichen Ludwig dem Deutfchen und Karl im Jahr 842 im Lager bei Gtraß- 
burg gefchloffenen Bertrage. 
vei, |. Sreiheit. 
eie Künſte, artes liberales, beißen, im Gegenſatze zu den illiberales, wors 

unter man haupfächlicy mechaniſche Arbeiten, zunftmäßige Gewerbe verftand, bei 
den Alten folche Kenntniſſe und Sertigeiten, bie man eines freien Mannes würs 
dig hielt und die zur Bildung eines foldhen gehörten. Gewöhnlidy zählte man 
deren fieben: Grammatik, Arithmetik, Geometrie, Muſik, Aftronomie, Dialektik u. 
Rhetorik, von denen bie drei erfteren in den Schulen des Mittelalterd das Trivium, 
die vier letzteren das Quadrivium genannt worden. Daher auch die Würde eines 
Magister artium liberalium. " 
Freie Städte, oder Reichoſtädte (f. d.) hießen früher in Deutſchland 
diejenigen Städte, welche ver Landeöhohelt eines deutſchen Reichsſtandes nicht 
unterworfen waren, fondern, gleich diefen, unter dem Katfer flanden und einer fos 

enannten Halbfouverainetät genofien. Mit der Aufhebung der alten Reichsver⸗ 
Kaffung find alle, bis auf die vier: Frankfurt am Main, Hamburg, Bre 
men und Lübeck (f. db.) verſchwunden, die nun eigentlich fouveräne Städte 
heißen follten, da fie in allen aeehungen den fouveränen Staaten Deutſchlands 
in ihren Rechten gleichgeftellt find. Bekanntlich wollten auf dem Wiener Eon: 

tefle Defterreich und Preußen das fremde Wort fouverän ausfchließen, und 
hlugen daher audy für die ſuftich Gewalt deutſche Benennungen, wie Lan⸗ 
deshoheit u. ſ. w. vor; allein Bayern und Württemberg beſtanden auf dem 
Worte der Berträge: fouverän; bei den Städten aber verlangte Niemand das 
fremde Wort, daher es in Beziehung auf fle beim alten Ramen blieb. 

Sreiberg, Bergftadt im Dresvener Kreife des Königreichs Sachfen, unweit 
der öftlihen Mulde, am Münzbache, mit 12,200 Einwohnern, Sig des Oberberg- 
amts und Oberhüttenamts; Dom mit fürklichen Grabmälern; mehre anfehnliche 
Armenanftalten; Schloß Breudenftein, jebt Kornmagazin für die Bergleute. 
Die berühmte, 1765 geftiftete, Bergakademie mit 50-60 Schülern iſt die vorzůg⸗ 
lichſte Anftalt diefer Art in Europa, deren Ruhm feit 1775 befonders Werner 
begründete. Ste befigt ein eigened Gebäude, und in. demfelben ein Laboratorium, 
eine Bibliothek, das reiche und treffliche Werner'ſche Muſeum, Modellfammlung 
u. f. w. Vorſchule für die Bergweiksakademie ift die ‚Dauptbergfanule, %. bat 
vorzüglicdyen Bergbau, befonderd auf Silber, am reichften im 15. Jahrhunderte, 
weniger fpäter, in der Mitte des 18. Jahrhunderts wieder Reigend, in neuerer 
Zeit wieder fallend, doch noch immer bedeutend; fo beträgt die jährliche Ausbeute 
fett 1788 ftets über 50,000 Mark. Der Bergbau wird faft ausfchlichlid durch 
Brivaten, welche die Gruben entweder einzeln, oder in Gemeinſchaft (Kuren) befiten, 
betrieben, Er wird durdy das Öberbergamt, das die zu Tage: Förderung des 
Erzed, und das Oberhüttenamt, das die Ausfcheldung deöfelben beforgt, geleitet. 
Die wichtigeren Bergfachen werden von dem Bergfchöppenftuhle, den der Stadt 
tath zu F. bildet, eniſchieden. Die Haupigrube in 5. ift der Himmelsfürft 
mit 900—1000 Arbeitern; fie gab ſeit 1573 über 14 Millionen Thaler Ausbeute 
und alle 135 Gruben in 640 Jahren 82,000 CEtr. Sitber. Unter den Hütten- 
werfen im Muldethale find befonders die Silberfchmelzhütten mit 8 Hochöfen und 
14 Reverberiröfen und das große, 1785 gegründete, 1793 nady einem Brande 

tieber errichtete Amalgamirwert bet Haldbrüt, das \ührlich qeaen 60,000 Ctr. 


Freibenter — Freiburg. AI 


gamirt, 10,000 Klafter Holz erſpart und durch den 1788 angelegten 
tzenfanal&rz zugeführt erhält, ſehenswerth. Außerdem beſitzt F. noch 
naſtum, ein Schullehrerſeminar und wichtige Fabriken, welche Gold⸗ u. 
aren, Vitriol, Bleiweiß, Meſſing⸗, Kupfer⸗, Wollen⸗ und Baumwollen⸗ 
efern, Leinewebereien, Gerbereien und Spitzenklöppeleien. — Hier wurde 
beruͤchtigte fächfliche Prinzenräuber Kunz von Kauffungen hingerichtet. 
Bergwerke bei F. wurden im 12. Jahrhunderte, der Sage nach von einem 
Fuhrmanne, entdeckt und die Stadt F. noch 1157 unter Otto dem Rei⸗ 
auen begonnen; bald wuchs die Bevoͤlkerung fo, daß fie im 17. Jahr⸗ 
30,000 Menſchen betrug; Heinrich der Fromme, Herzog von Sadhfen, 
r feinen Sig und erbaute die Domkirche. Im 30jährigen Kriege ward 
m Schweden unter Baner belagert, jedoch nicht eingenommen, verlor 
tiefem Stiege den größten Theil feiner Einwohner. Hier auch Schlacht 
Oct. 1762 zwiſchen der verfchanzten Reichdarmee u. einem Korps Defters 
ufammen 49 Bataillons und 68 Escadrons, unter dem en von 
und den Preußen unter Prinz Heinrich von Preußen (31 Bataillons 
zscadrons); lebterer ariff den Feind an, ließ Die Fronte deſſelben beſchaͤf⸗ 
umging während deſſen den linken Flügel. Die Reidysarmee ward ges 
nd verlor 4500 Gefangene, 29 Kanonen und zog fih nad Frauenſtein 
e Preußen verloren 15— 1600 Wann Todte und Verwundete. er 
weſentlich zur Befchleunigung des Hubertusburger Friedens (ſ. d.) bei, 
beuter beißt, zum Unterſchiede vom Kaper (ſ. d.), ein Geeräuber 
r feine Flagge nach den Umſtänden ändert und nicht, wie jener, durch 
brief bevollmaͤchtigt, nur gegen diejenigen Nationen, mit denen die ſei⸗ 
indet ift, Feinpfeligfeiten ausübt. Es wird deßwegen aud) gegen ihn 
er, gegen den Kaper dagegen milttärtfch verfahren. 
brief, f. Licenz und Privilegtum. ' 
burg, der neunte Canton in der ſchweizeriſchen Eidgenoſſenſchaft. 
verdankt feinen Urfprung der Stabt gleiches Namens (f. u.) u. diefe den 
von Zähringen, von welchen fie im 12. Jahrhunderte gegründet wurde, 
old V. von Zähringen ohne Leibeserben Agog kam die Bürgerfchaft 
ſſtaͤndigkeit. Durch glüdliche Krtege und K ufe brachte fie viele Herr⸗ 
n fi und dehnte nach und nad ihr Gebiet in den Landen der Grafen 
erz, der Herzoge von Savoyen ır. aus. So erwarb die Bürgerfchaft 
roße Herrfchaftsrechte und trat im 15. Jahrhunderte mit den Eidgenof- 
Bermittelung des Bruders Nifolaus von der Flühe (f. d.) in Bund. Die 
aft der Etadt war fomit der Gouverän ded Cantons, u. die regiments⸗ 
amilien theilten die Regierung unter ſich. — F. hat, ald Glied der alten 
mfchaft, aD’ ihre Wechfelfälle getragen. Zur Zeit der unfeligen kirch⸗ 
evolution des 16. Jahrhunderts blieb F. dem Glauben der Väter u. der 
r Kirche getreu und bat fidy dadurch wefentliche Verdienſte um bie 
nfchaft erworben. Zur Zeit der politifchen Revolution zerfiel die Herr 
Stadt Freiburg, und der Schein einer Reftauration — begründet im 
14 — verfhtwand wieder gänzlich beim Ausbruche der zweiten franzöfts 
olution im Jahre 1830. — So iſt gegenwärtig im Cantone %. die 
etät des Landes proflamirt, an weldyer die Stadt nur fo viel Theil hat, 
ltnißmäßig die Seelenzahl ihr zubringt: die Verfaſſung ruht auf demo⸗ 
Grundlagen. Mit dem demokratifchen Prinzipe hat ſich das katholiſche 
‚ u. auf diefen beiden Fundamenten bewegt dh nun, ebenfo weife als 
e Landesregierung, welche unter fchwierigen Verhäͤltniſſen bis jeht die 
3 Landes, ſowie der Kirche zu ſchuͤtzen mußte. Folgendes find die Haupt- 
gen der gegenwärtigen Berfaffung: die fouveräne Gewalt geht vom 
ı und wird von deffen Repräfentanten ausgeübt. Der Canton befteht 
zezirlen: 1) F. deutich, 2) 3. franzöflfh, 3) Korlers, 4) Greyerz, 5) 
Raftell, 7) Rue, 8) Romont, 9) Kavernach, 10) Ueberftein, 11) Edta⸗ 


406 Freiburg. 


vayer, 12) Dompierre, 13) Murten. Die Mbgeorhneten der Bezirke bilden den 
Großen Rath; fle werden durch Wahlmänner, diefe durch Bolföverfammlungen er- 
nannt auf 9 Jahre, mit breiiährigem Austritte zum dritten Theile. Der große 
Rath übt alle Thelle der Souveränetät aus; er erläßt die Geſetze, beftimmt das 
Budget und genehmigt die Staatsrechnung ; er ernennt die Tagfapungsgefandten, 
den Staanterath und das Obergeriht ıc. Go viele taufend Seelen der Banton 
zählt, fo viele Glieder enthält der Große Rath. — Der Staatsrath befleht aus 
13 Gliedern, deſſen Borftand den Namen Schultheiß führt; er verwaltet die Fi⸗ 
nanzen, ordnet das Militärwefen, die Erziehung ıc. und vollzieht die Gelee. 
Das DObergeriht, aus 13 Gliedern zufammengefegt, beurtheilt in letzter In⸗ 
ſtanz die bürgerlichen, peinlichen und zuchtgerichtlichen Rechtefälle ; die Amtsbauer 
der Oberrichter iſt lebenslaͤnglich. — Die Bezirke werden durch Oberamtmänner, 
Gemeinderäthe, Bezirfögerichte, Sriedensrichter u. Watfenämter verwaltet. — Was bie 
Ratiftifchen Berbältnifle F.s betrifft, fo entheben wir darüber einem neueren Werke 
folgende Angaben : Auf einer Oberfläche von 263 geographifchen D Meilen enthält der 
Ganton 68,670 Jucharten Wiefen, 99,371 Jucharten Aderland, 34,480 3. Wal: 
dung, 3031 3. Weiden, 16,683. 3. Alpweiden und 730 3. Rebland. 1830 zählte 
man im Canton 32,380 Pferde, 47,742 Stüde Hornvich, 23,134 Schafe, 5143 
Ziegen und 16,378 Schweine; während der Sommermonate weiden über 20,000 
Kühe auf den Alpen. Die jährliche Ausfuhr an Käfe beläuft ſich auf 40,000 
Etr., und die.von im Canton fabrizirten Strobgeflechten auf 500,000 Stüd. — 
Seiner Lage nad) iſt der Canton %. ein Gebirgscanton, defien Spitzen ſich jedoch 
nicht bis zur Schneelinte erheben, der Moleffon (6180' über der Meeresfläche) iſt 
der höchfte. Die Gebirge beftehen aus Sand- u. Kalfftein, werden theils zum Jura, 
theils zum Alpengebirge gerechnet, ſenken fich gegen Mitternacht u. verlieren ſich 
am Murtener- u. Neuenburgerfee in zahlreiche Hügel. Der Boden If fruchtbar 
und wird von der Saane, Senfe, Glane, Bevatfe, Jogne, Ergern und Broye 
bewäflert. — Die Zahl der Einwohner beträgt 90 — 100,000 Seelen, diefelben 
befennen ſich fämmtliche zur Fatholifchen Reltgion, mit Ausnahme der Murtener 
(circa 5—6000 Seelen), welche reformirt find; die Einwohner fprechen theils 
deutfch, theils franzoͤſiſch, theild ein romaniſches Patots, das ſich wieder in drei 
Dialekte, le Guerin, le Guetzo, u. le Broyard theilt. — Im Ganzen if der 
Canton F. feit einer Reihe von Jahren einer der ruhigeren und glüdlicheren 
ber Schweiz. 0X. 
Breiburg, Hauptftadt des gleichnamigen Bantons (f. d. v. Art.), wurbe, 
glei Bern, von dem Herzoge Berthold IV. von Zähringen in einer feltfamen 
age erbaut, nad) den Bedürfniſſen feiner Zeit: auf einem feſten Plate, von ei⸗ 
nem Fluße umgeben, leicht zu vertheidigen gegen Angriffe von Außen durch bie 
Kraft der eigenen Bürger, zum Handiverfe geeignet, eine fefte freie Burg, dem 
Bürger zum Schutze, dem Adel zum Trupe. Die Bepürfnifie leichter Zufuhr, brei- 
ter Handelöftrafien, der Triebkraft zu mechantichen Gewerben, großem Berfehre ıc. 
fannte das Mittelalter nicht; deßwegen wurden auch die Städte an Orten erbaut, 
wo fie unfere Zeit niemals hingeftellt hätte, und wo die Neuzeit dur Kunft 
das erfegen muß, was die Ratur in der Lage verweigerte: fo zu %. durch eiferne 
Drahtbrüden, fo zu Bern durch riefenmäßtge GSteinbrüden ıc. Bon diefer felt- 
famen Lage, in Folge weldyer hie u. da die untere Gaſſe das Straffenpflafter der 
oberen Gaſſe zum Dache hat, u. in Folge welcher das Burglenthor in der Luft 
zu fchweben fdyeint, bietet F. gegenwärtig ein lebhaftes regfames Bild u. tft eine 
der intereflanteren Städte der Schweiz, Die Einwohnerzahl wird auf 10,000 
angegeben, von weldyen der in der oberen Stadt wohnende Theil franzöftfch, ver 
in der unteren deutſch fpricht. Ehemals war F. beinahe ganz deutſch; die amtlt- 
hen Verhandlungen u. Aktenftüde wurben deutſch geführt: jet kennt der gebil- 
detere Theil nur noch die franzöflfche Sprache als Mutterfprache; er muß die 
beutfche erft in der Schule u. auswärts lernen. %. hat fich in unferer Zeit 3 
Daupfmerkwärbigkelten erworben, welche den Zug der Fremden nach dieſer Stadt 


Freiburg. 407 


leiten, die im letzten Jahrhunderte in den Reifehanpbüchern kaum genannt wurden. 
Es find: 1) das Penflonat u. die Erziehungsanftalten der Sefulten, 2) die Or 
gel in der Stiftskirche u. 3) die beiden Drahtbrüden. — Die Erziehungsanftals 
ten der Jeſuiten find erft feit 1818 gegründet, wo der Orden wieder in den Gans 
ton eingeführt wurde, u. bereits haben diefelben einen europätfchen Ruf erhalten, 
und werden nicht nur von Europäern aller Staaten, fondern felbfl von Ameri⸗ 
Tanern beſucht. Sie beftehen aus einem Athenaflum mit vollſtaͤndigem theologis 
ſchem u. philoſophiſchem Kurfe, aus 2 Oymnaften (ein franzöflfches u. ein deutſches) 
u. aus dem großen SBenfionate, welches über 300 Interne zählt, welche die öffents 
lichen Kurfe am Athenaftum und den Gymnaſien befuchen, dann aber überbieß 
Brivatkurfe in ihrem Kofthaufe haben; mit den wiſſenſchaftlichen Schulen tft ein 
naturhiftorifches Mufeum, ein phuflfalifches Kabinet, ein chemiſches Laboratorium, 
ein mufllaliiches Gonfervatorium, eine Rechtsſchule, Theater und Bibliothek ver- 
bunden; auch beſttzt das Penflonat eine, zwei Stunden von der Stadt entfernte 
Billa, wo die Internen die Ferienzeit aubringen. Ueber die Grundfähe der Er- 
ziehung und den Studienplan hat der Rector der Anftalt 1834 eine ausführliche 
Shrift beraueg eben, welche allen Senen, die fidy über die Erziehungsweiſe der 
Jeſuiten —5* aufklaͤren wollen, anzuempfehlen iſt. — Was die zweite Merk⸗ 
wuͤrdigkeit F.s, die Orgel, betrifft, fo iſt dieſes Meiſterwerk ver Kunſt durch den 
berühmten ntgelbauer Mofer von $. im letzten Jahrzehent errichtet worden; fie 
iM fo kunſtvoll gebaut, ahmt die Menfchenflimme, den Donner, das Echo, die 
verfchiedenen Infrumente fo getreu nach, daß fie als das einzige Werk in ihrer 
Art bis jeht daſteht; die neu erbaute Orgel in Gt. Denis zu Marie fommt der 
Freiburger nicht nach, u. 3. darf mit Recht ftolz feyn, ein ſolches, von einem ſei⸗ 
ner Mitbürger erbautes, Kunſtwerk zu befigen. — Nicht minder merfwürbig find 
die beiden eifernen Hängebrüden, welche die Stadt mit den gegenüberliegenden 
Anböhen verbinden und. die Zufahrt von Bern u. in das Innere ded Kantons 
erleichtern, während man früher mit Wagen wohl eine halbe Stunde abwärts 
u. aufwärts fahren mußte, um in das Innere der Stadt gelangen zu Tönnen. 
Die beiden Brüden gewähren einen romantifchen Anblid u. bilden, ald Werke 
der Kunſt, einen würdigen Gegenfag zu den Werfen der Ratur, an weldyen die 
Schweiz fo reich if. Schenswerthe Gebäulichkeiten in der Stadt find: die Stifts- 
fire zu Gt. Niklaus, welcher ein infulirter Propſt vorftchtz die Kirche ift 
gotbifch u. wird in unferen Tagen erneuert; der Thurm, 266 Fuß hoch, mit ſchoͤ⸗ 
nem Geläute, wird als der höchfte der Schweiz u. der fünfthöchfle Deutfchlande 
bezeichnet; er wurde im 15. Jahrhunderte von Georg de Jardin, ver täglich 4 
Groſchen erhielt, erbaut und trägt im Eingange das Weltgeriht in erhabener 
Steinarbeit mit vielen hundert Figuren; das Rathhaus, ehemals die Zähringer 
Feſte; das Bürgerfpital; eine Menge männlicher u. weiblicher Gotteöhäufer, deren 
Inwohner ſich theilmetfe mit der Erziehung befchäftigen; ein zweites Chorflift zu 
Maria: mehre Landhäufer; der Palaſt des Biſchofs von Laufanne u. Genf, 
welcher, feit er aus Laufanne vertrieben wurde, bier feine Refivenz hat. Die 
Stadtbewohner befchäftigen fid, mit Kleinhandel u. etwas Fabrikation; durch die 
Erziehungsanftalten der Jeſuiten haben die commerziellen Berhältniffe Freiburgs 
fehr gewonnen; man berechnet, .daß diefelben jährlich eine halbe Million Franken 
in Umlauf ſetzen. - ox. 
Freiburg, Hauptſtadt des badiſchen Oberrheinkreifes u. ehemalige Haupt- 
ſtadt des Breisgau’s (f. d.), daher auh %. im Breisgau genannt, am 
Treiſam, über weldyen hier eine fchöne Brüde führt, u. in einer fehr romantifchen 
Gegend, am Fuße des Schwarzwalves und in der Nähe des 3600' Hohen Roß⸗ 
kopfes, zählt 16,000 E. u. iſt der Sig eines Erzbiſchofes, des Metropoliten der 
oberrbeintfchen Kirchenprovinz (f. d.), der Kreiöregierung, des Hofge- 
richte, u. einer Bergwerfölommiffion. Die, 1457 von Erzherzog Albert von Oeſter⸗ 
reich geſtiftete, Eatholifche Univerfität, befigt reiche Dotationen in Baden, 
Württemberg und der Schweiz. Die Zahl der Stubirenden beträgt zwiſchen 


406 Freiburg. 


vayer, 12) Dompierre, 13) Murten. Die Abgeorbneten der Bezirke bilden den 
Großen Rath; fie werden durch Wahlmänner, diefe durch Volksverſammlungen er- 
nannt auf 9 Jahre, mit dreijährigem Austritte zum dritten Theile. Der große 
Rath übt alle Theile der Souveränetät aus; er erläßt die Geſetze, beflimmt das 
Budget und genehmigt die Staatörechnung ; er ernennt die Tagfabungsgefandten, 
den Staatsrat und das Obergeriht ıc. So viele taufend Seelen der Ganton 
zählt, fo viele Glieder enthält der Große Rath, — Der Staatsrath befteht aus 
13 Gliedern, deſſen Borftand den Namen Schultheiß führt; er verwaltet die Fi⸗ 
nanzen, ordnet das Mitlitärweien, die Erziehung ıc. und vollzieht die @efebe. 
Das Dbergericht, aus 13 Gliedern zufammengefegt, beurtheilt in letzter In⸗ 
ftanz die bürgerlichen, peinlichen und auchtgert tlichen Rechtöfälle ; die Amtsdauer 
der Oberrichter ift Iebenslänglich. — Die Bezirke werden durch Oberamtmänner, 
Gemeinderaͤthe, Bezirksgerichte, Sriedendrichter u. Watfenämter verwaltet. — Was bie 
ſtatiſtiſchen Berbältniffe F.s betrifft, fo entheben wir darüber einem neueren Werke 
folgende Angaben: Auf einer Oberfläche von 265 geographifchen [J Meilen enthält der 
Canton 68,670 Jucharten Wiefen, 99,371 Iucharten Aderland, 34,480 3. Wal: 
dung, 3031 3. Weiden, 16,683. 3. Alpweiden und 730 3. Rebland. 1830 zäblte 
man im Ganton 32,380 Pferde, 47,742 Stüde Hornvich, 23,134 Schafe, 5143 
Ziegen und 16,378 Schweine; während der Sommermonate weiden über 20,000 
Kühe auf den Alpen. Die jährlidde Ausfuhr an Käfe beläuft fi) auf 40,000 
Gtr., und die. von im Banton fabrtzirten Strohgeflechten auf 500,000 Stüd. — 
Seiner Rage nad) iſt der Canton F. ein Gebirgscanton, deflen Spiten fidy jedoch 
nicht bis zur Schneelinie erheben, der Moleffon (6180' über der Meeresfläche) iR 
der höchfte. Die Gebirge beftehen aus Sand⸗ u. Kalkſtein, werben theils zum Jura⸗, 
theils zum Alpengebirge gerechnet, fenfen fidy gegen Mitternacht u. verlieren fidy 
am Murtener- u. Neuendurgerfee in zahlreiche Hügel. Der Boden ift fruchtbar 
und wird von der Saane, Senfe, Glane, Bevatfe, Jogne, Ergern und Broye 
bewaͤſſert. — Die Zahl der Einwohner beträgt 90 — 100,000 Seelen, biefelben 
befennen fidy fämmtlicye zur Tatholiichen Religion, mit Ausnahme der Murtener 
(circa 5—6000 Seelen), weldye reformirt find; die Einwohner fprechen theils 
deutſch, theild franzöflfch, theild ein romanifches Patois, das fich wieder in drei 
Dialekte, le Guerin, le Guetzo, u. le Broyard theilt. — Im Ganzen tk ber 
Canton F. feit einer Reihe von Jahren einer der rubigeren und glüdlicheren 
der Schweiz. oX. 
Freiburg, Hauptfladt des gleichnamigen Bantons (f. d. v. Art.), wurbe, 
gleich Bern, von dem Herzoge Berthold IV. von Zähringen in einer feltfamen 
age erbaut, nady den Bepürfnifien feiner Zeit: auf einem feften Platze, von ei- 
nem Yluße umgeben, leicht zu vertheidigen gegen Angriffe von Außen durch die 
Kraft der eigenen Bürger, zum Handwerke geeignet, eine fefte freie Burg, dem 
Bürger zum Schuge, dem Adel zum Trupe. Die Bepürfniffe leichter Zufuhr, brei- 
ter Handelöftrafien, der Iriebfraft zu mechanifchen Gewerben, großem Verkehre ır. 
fannte das Mittelalter nicht; deßwegen wurden auch die Städte an Orten erbaut, 
wo fle unfere Zeit niemals hingeftellt Hätte, und wo die Neuzeit durch Kunfl 
das erfegen muß, was die Natur in der Lage verweigerte: fo zu %. durch efferne 
Drahtbrüden, fo zu Bern durch riefenmäßige Steinbrüden ꝛc. Won biefer felt: 
famen Lage, in Folge welcher bie u. da die untere Gaſſe das Straffenpflafter der 
oberen Gaſſe zum Dache hat, u. in Folge welcher dad Burglenthor in der Luft 
zu ſchweben fcheint, bietet F. gegenwärtig ein lebhafte® regfames Bild u. if eine 
der intereffanteren Städte der Schweiz. Die Einwohnerzahl wird auf 10,C00 
angegeben, von weldyen der in der oberen Stabt wohnende She franzöftfch, der 
in der unteren deutfch fpricht. Ehemald war F. beinahe ganz deutfch; die amtli⸗ 
hen Verhandlungen u. Aktenflüde wurden deutſch geführt: jegt kennt der gebil 
detere Theil nur noch die franzöflfche Sprache als Mutterfprache; er muß bie 
beutfche erft in der Schule u. auswärts lernen. F. hat fi) in unferer Zeit 3 
Dauptmerfwürbigfelten erworben, weldye den Zug, der Fremden nach diefer Stadt 


Freiburg. 40 


n, bie tm lebten Jahrhunderte in den Reiſehandbüchern kaum genannt wurden. 
find: 1) das Penftonat u. die Erziehungsanflalten der Sefuiten, 2) die Or⸗ 
In der Stiftöfirche u. 3) die beiden Drahtbrüden. — Die Erziehungsanftals 
ber Jefuiten find erft feit 1818 gegründet, wo der Orben wieder in den Gans 
eingeführt wurde, u. bereitö haben biefelben einen europälfchen Ruf erhalten, 
werden nicht nur von Europäern aller Staaten, fondern felbf von Ameri⸗ 
en befucht. Ste beftchen aus einem Athenaflum mit vollſtaͤndigem theologi⸗ 
n u. philoſophiſchem Kurfe, aus 2 Gymnaſien (ein franzöfifches u. ein deutſches) 
us dem großen PBenfionate, weldyed über 300 Interne zählt, welche bie oͤffent⸗ 
n Kurfe am Athenafium und den Gymnaſten befuchen, dann aber überbieß 
Yatkurfe in ihrem Koflbaufe haben; mit den wifienfchaftlichen Schulen tft ein 
rhiſtoriſches Mufeum, ein phufifalifches Kabine, ein chemifches Laboratorium, 
muflfalifches Gonfervatorium, eine Rechtsfchule, Theater und Bibliothek ver- 
ven; auch befigt das PBenflonat eine, zwei Stunden von der Stadt entfernte 
a, wo die Internen die Ferienzeit zubringen. Ueber die Grundſätze der Er⸗ 
ing und den Studienplan hat der Rector der Anftalt 1834 eine ausführliche 
ie herauege eben, welche allen Jenen, die fidy über die Erziehungsweiſe der 
riten gründlich aufflären wollen, anzuempfehlen if. — Was die zweite Merk: 
bigfeit 5.8, die Orgel, betrifft, fo if dieſes Meiſterwerk der Kunſt durch den 
bmten wtgelbauer Mofer von $. im legten Jahrzehent errichtet worden; fie 
o kunſtvoll gebaut, ahmt die Menfchenftimme, den Donner, das Echo, die 
hiedenen Infirumente fo getreu nach, daß fle als das einzige Werk in ihrer 
bis jebt dafteht; die neu erbaute Drgel in Gt. Denis zu Paris kommt der 
burger nicht nach, u. 3. darf mit Recht flolz ſeyn, ein ſolches, von einem de 
Mitbürger erbautes, Kunftwerk zu befigen. — Richt minder merkfwärbig find 
beiden eifernen Hängebrüden, weldye die Stabt mit den gegenüberliegenven 
jöhen verbinden und. die Zufahrt von Bern u. in das Innere des Kantons 
ichtern, während man früher mit Wagen wohl eine halbe Stunde abwärts 
aufwärts fahren mußte, um in das Innere der Stadt gelangen zu fünnen. 
beiden Brüden gewähren einen romantifchen Anblid u. bilden, als Werke 
Kunft, einen würdigen Gegenfat zu den Werfen der Natur, an weldyen bie 
weiz fo reich iſt. Sehenswerthe Gebäulichkeiten in der Stadt find: die Stifts- 
e zu Gt. Niklaus, welcher ein infulirter Propſt vorftchtz die Kirche iſt 
iſch u. wird in unferen Tagen erneuert; ber Thurm, 266 Fuß hoch, mit ſchö⸗ 
Gelaͤute, wird als der höchfte der Schweiz u. der fünfthöchfte Deutſchlands 
chnet; er wurde im 15. Jahrhunderte von Georg de Jardin, ver täglich 4 
(hen erhielt, erbaut und trägt im Eingange das Weltgeriht in erhabener 
narbeit mit vielen hundert Figuren; das Rathhaus, ehemald die Zähringer 
:; dad Bürgerfpital; eine Menge männlidyer u. weiblicher Gotteshäufer, deren 
oohner fich theilmelfe mit der Erziehung befchäftigen; ein zweites Chorflift zu 
ria; mehre Landhäufer; ver Balaft des Biſchofs von Laufanne u. Genf, 
her, feit er aus Laufanne vertrieben wurbe, bier feine Refidenz hat. “Die 
dtbewohner befchäftigen ſich mit Kleinhandel u. etwas Fabrifation; durch bie 
ehungsanftalten der Jeſuiten haben die commerziellen Berhältniffe Freiburg 
gewonnen; man berechnet, .baß diefelben jährlich eine halbe Million Franken 
Imlauf ſetzen. - 0X. 
Sreiburg, Hauptftadt des babifchen Oberrheinfreifes u. ehemalige Haupt⸗ 
t ded Breisgau’s (f. d.), daher au F. im Breisgau genannt, am 
am, über welchen bier eine fchöne Brüde führt, u. in einer fehr romantifchen 
end, am Fuße des Schwarzwaldes und in der Nähe des 3600' hohen Roß⸗ 
ed, zählt 16,000 E. u. iſt der Sitz eines Erzbifchofes, des Metropoliten der 
trheinifhen Kirchenprovinz (f. d.), der Kreisregierung, des Hofge- 
ts, u. einer Bergwerkskommiſſion. Die, 1457 von Erzherzog Albert von Oeſter⸗ 
) geſtiftete, katholiſche Lniverfität, befigt reiche Dotationen in Baden, 
sttemberg und der Schweiz. Die Zahl der Stubirenden beträgt zwifchen 


408 Freiburg. 


200 400, die der ordentlichen Profeſſoren 27, darunter berühmte Namen, wie 
girfe, Staudenmater, Buß, Warnfönig u. m. a. Mit der Univerfität if eine 
tbliotbef von mehr ald 100,000 Bänden verbunden. Außerdem befindet fidy bier 
ein erzbiſchoͤſliches “Briefterfeminar, ein Gymnaflum, Forftinftitut, Waiſen⸗ u. Fin⸗ 
delhaus. Reben vorzüglichem Wein⸗ u. Obfibau hat F. auch bedeutende Ge⸗ 
werbe: es befinden ſich daſelbſt zwei Gichorienfabrifen, eine Paptermühle, ein Ei- 
fenbammer, eine Tabaksfabrik, Potafcheflevereien, Schönfärbereien, Gerbereien, 
chemiſche Fabriken, eine Gtlodengießerei, vier Buchhandlungen, ſechs Buch⸗ 
druderedien u. ſechs Steindrudereien. Beſonders bemerfenswerth ift die Herber’fche 
Kunftanftalt, mit Kupferftecheret, Kupferdruckerei, Lithographie u. geographiſchem 
Inſtitute. Bedeutende Fruchtmärkte u. überhaupt lebhafter Verkehr, in neuefter 
Zeit durch die Gifenbahnverbindung mit Mannheim, Karleruhe, Straßburg und 
Bafel noch befonders gehoben. In der Nähe die Trümmer der ſchon 1281 je 
gorten Burg Zähringen. — Unter den Merkwürdigkeiten 5.8 fleht der herrliche 
ünfter oben an. Eine uralte Ueberlieferung verlegt fm Gründung in bie 
Regierungszeit Derioge Konrad von Zähringen, alfo zwilchen die Jahre 1122— 
11525 auch muß der Altefle Theil, ver Querbau, unter dieſem Zähringer ausge⸗ 
führt worden feyn, ‘da man die Rachridyt hat, daß 1146 der heilige Leonhard 
darin prebigte u. die Bürger zum Kreuzzuge begeifterte. Der Theil des jeßigen 
Langhauſes (Schiffes), welcher zunächſt an den Querbau flößt, fcheint 1218 fertig 
gemefen zu ſeyn; denn damals wurde zum erften Male ein Zähringer, Herzog 
ertbold V., Enkel des Herzogs Konrad, im Münfter beigeſetzt, an der Stelle, 
wo jetzt noch über der Gruft fein fleinernes Bild ſich erhebt. Nach Berthold V., 
dem legten Zaͤhringer, fuccedirten die Grafen von Freiburg, Egon I. und IL. und 
Komad 1., unter welchen der Münfterbau fortgefebt ward, und zwar, wie von 
vornherein, rein aus den Beiträgen der Bürgerſchaft. Zum Schluſſe fam der 
Bau unter gebachtem Konrad 1., der 1236— 1272 regierte. Die Bürger hatten 
die nöthigen Eapitalien dazu auf ihre eigenen Häufer aufgenommen. Diefen aufs 
opfernden Sinn der Vorfahren ehren jebt Die Enkel dadurch, daß fle ihr Münfter 
nicht nur gut unterhalten, fondern auch in den letzten Decennien mandye unpaf- 
fende, in einem werborbenen Style fpäter dem Werke oftroirte, Zufäte entfernt, 
einen neuen Kirchenboden gelegt, alte gemalte Scheiben angefauft und an leere 
Stellen eingeieht, endlich neue gefertigt und paflend angebradyt haben. — Der 
Freiburger Münfter ift, glei dem Bafeler und Straßburger, aus rothem Sand⸗ 
fteine erbaut, der mit der Zeit einen dunkeln, mitunter Öwarbraunen Ton ans 
genommen, welcher den erften Eindruck des Gebäudes noch fleigert. Die Façade, 
d. h. der Thurmbau, muß auf einige Entfernung, von der Muͤnſtergaſſe aus be⸗ 
trachtet werden; er zerfällt von unten bis zur Gallerie in 2 Hauptſtockwerke mit 
Unterabtheilungen. Als vorzüglichfte Zierde des erflen Stockes erfcheint das hohe, 
im fchönen ſchlanken Spigbogen zulaufende, äußere Bortal, das die ganze Dide 
der vorderen Mauer einnimmt. Die Säulen» und Stabwerfebstteibungen vieles 
Ginganges tragen viel zu feiner gefälligen u. zugleich großen Wirkung bei. Den 
Portalſchluß bildet der Giebel, zugleich eine Analogie der Thurm-Pyramide. Das 
zweite Stockwerk ift im Ganzen fehr einfach u. fehmudlos; der untere Theil defs 
jelben wird von einem edelgeformten, mäßig hohen Spigbogenfenfter durchbrochen, 
das durch ſenkrechte Stäbe abgeiheilt u. eingefaßt ift, die fidy oben in einander 
verziweigen u. mit einer großen Blume, dem auch in Straßburg u. Köln fo oft 
vorkommenden Kleeblatte, dem Symbole der Dreieinigkeit, die Fenſterverzierungen 
beendigen. Die Zwickel in und neben dieſer Hauptblume find wieder mit Fleinen 
Ktleeblättern ausgefüllt. AM diefes gebogene u. gegliederte Steinwerf iſt Aufferft 
fharf und beftimmt gearbeitet, die Zeichnung daran harmonifch in einander greis 
fend und höchft befriedigend. Der achtedige Thurm iſt von 8 hohen Fenſtern, (blo- 
Ben Schallöffnungen) durchbrochen u. erhält durch fie den Charakter der Gefchmel 
bigfeit, Zierlichfeit und Würde. Zwiſchen dieſen 8 Fenſtern erheben fidy eben fo 
oele Bfeller, bie oben zur Schlußverzlerung Kleine pyramidale Thürmchen haben, 


Freiburg. | 408 


welche, in Berbindung mit den gefchmüdten Benflergiebein, fehr glüdlich den Ueber⸗ 
gang zur großen Föurmppraraibe vermitteln. Diefe letztere, ebenfalls achtfeitig 
u. von befonders Eunftreicher Art, erhebt ſich u. ruht kuͤhn in ihrer ganzen enors 
men Größe, wie es fcheint, auf den bezeichneten Pfeilern. Bewundernswerth if 
auch das Detail der Pyramide, alles burchbrochene Arbeit, wo fidy unzählige, 
gelhmadvore architectoniſche Glieder, Figuren u. Ornamente zum harmoniſchen 
nzen verbinden. Als häufigfle Verzierungen Tommen das Kleeblatt und bie 
fünfblätterige Rofe vor, beide in mannigfaltiger Anwendung. Ueber die Höhe 
des ganzen Thurmes differiren die Angaben; nad) der höchſten beträgt fie 408 
Fuß. An ihrem Buße, bei der oberen Gallerie, hat die Pyramide einen Um- 
fang von 120 Schuhen. — Während im Querbaue des Münfters nody der Runds 
bogenftyl herrſcht, u. an dem zunächſt anflofienden Theile des Langſchiffes der 
Uebergang zum Spigbogenftyle ſichtbar wird, erfcheint der letztere dagegen an 
dem mächtigen vorderen Gebäude in feiner vervollfommneten Ausbildung, doch im 
fpäteren Chore bereitö wieder in einiger Abweichung. Zwiſchen Querbau u. Ehor 
erhebt ſich zu jeder Seite des Münfters ein Heiner Thurm. Diefe beiven foges 
nannten Hahnethürmchen machen aus der Ferne in Verbindung mit dem groben, 
Coeflen wohlgerathene Eöhndyen fie find, ja, mit dem fie die heilige Dreielnigkeit 
fymbolifiren Sollen) eine gute Wirkung. Sie geftalten fidy, analog dem Haupts 
thurme, in den unteren Theilen quabratifch, dann adytedig u. endlich zur durch⸗ 
brochenen Pyramide. Der Ehor, obgleidy neuer, als der übrige Münfler, gehört 
immerhin zu ben merfwürbigften wmittelalterlidhen Werfen, einmal wegen feiner 
außeserbentlichen Höhe, dann wegen ber vielen, unmittelbar angebauten, im Halb⸗ 
Treife ununterbrochen fortlaufenden Kapellen, die fidy wie Abſeiten eines Haupts 
ſchiffes an dafielbe anſchließen. Im Jahre 1354 wurde der erfle Stein dazu ge 
legt. Wefentlichen Antheil nahm am Chore der Werfmeifler Johannes von 
Bmünd, defien vom Sabre 1359 an gedacht wird. Aber über ein Jahrhundert 
verging, bie das Werk eine Träftigere Beterführung erfuhr. Meiſter Hans 
Niefenberger von Grätz trat im Jahre 1471 in den Dienft der Stadt Frei 
burg u. begann auf Rath ei den Kortbau des neuen Chors, der unter ihm 
man wah Geintich größtentheils ausgeführt ward, doch erſt im Jahre 1513 ges 
weiht und zum Gotteöbienfte benützt werben konnte. Einzelne Theile, zumal 
mandhe der umgebenden Kapellen, kamen noch fpäter zur Vollendung. Gewöhn⸗ 
lich hört man Bergleichungen zwiſchen dem Freiburger u. dem Straßburger Mün- 
Rer anftellen; die Cinen geben dem erflern, die Andern dem legtern den Vorzug. 
Dieſe Zufammenftellung liegt allerdings bei ihrem gemeinfamen Styl, bei ihrem 
nicht fehr verfchledenen Alter, bei ihren beipfeitigen nicht unähnlicdyen Dimenflos 
nen, endlich bei ihrer geringen Iofalen Entfernung von einander, fehr nahe. Uns 
[Bent der Freiburger Münfter darin den Borzug zu verdienen, daß er 1) ein 
allen Theilen fertiges Merk ausmacht, welchem der einheitlidye Ausbrud nicht 
fehlt, während bei feinem Rivalen im Elſaß, der zwei gleichmäßige Thürme ers 
halten folte, ver eine unvollenvet blieb; 2) daß das Gebäude nicht von anges 
bängten Boutiquen u. Werfflätten verunftaltet warb, wie jenes in Straßburg; 
3) daß der freie Blag, auf dem der Münfter fidy erhebt, nad) den drei Haupts 
feiten bin viel geräumiger ift, al8 In Straßburg, was für die Betrachtung große 
Wichtigleit hat; 4) daß audy der Chor ringsum frei fleht, indeß bei dem Straß⸗ 
burger Dome frembartige Gebäude ganz unmittelbar an bdenfelben anflofien. 
Dennoch bleibt der Münfter zu Straßburg das größere Kunftwerf; die Haupts 
formen deflelben find koloſſaler, und dabei teile eben fo elegant, theild eleganter; 
die Fagade 3. B. erfcheint weit reicher u. mit größerem Yleiße ausgefübn‘; die 
Eonftruction in Säulenwerf, Bogen u. Wölbung ift mächtiger u. die architekto⸗ 
nifchen Berzterungen find zum größeren Theile von grandiojerem Style, als in 
F. Man führe den am Straßburger Münfter mangelnden Thurm aus, it 
die Abſeiten von den Kramläden, den Chor von den Angebäuden, u. denke fi 
das Monument auf einem weiten, ringsum freien Raume: dann wich %. ie, 


410 Freiburg — Freienwalde. 


Fahne vor Straßburg ſenken muͤſſen. — F. warb 1118 von Berthold IL, Grafen 
von Zähringen, erbaut, kam 1228 durch Helrath an das Geſchlecht von Fürften- 
berg, ließ fi 1327, ohne der Grafen Willen, mit anderen Städten in einen Bund 
ein u. behauptete feine Unabhängigkeit bis 1366, Faufte jedoch in dieſem Jahre 
dem Grafen von Yürftenberg, ewiger Steeitigfeiten wegen, feine Abhängigfeit ab. 
Das Geld dazı gab Oeſterreich ber, und diefem mußte fidy die Stabt für dieſe 
Schuld 1368 untertwerfen. Sie blieb nun bis 1801 bei Oeſterreich, wo Erzher⸗ 
zog Yerbinand ven Breiögau flatt Modena erhielt u. 1806 wieder abtrat, worauf 
fie an Baden kam. F. war fonft eine flarfe Feſtung, warb 1634 u. 1638 von 
den Schweden; 1677, 1712 u. 1744 von den Franzoſen belagert u. erobert und 
im lesten Jahre gänzlich gefchleift. | 

Sreiburg, Stadt im Duerfurter Kreife des preußifchen Regierungsbezirks 
Merfeburg, an der Unftrut, in der fich hier eine Schleuße befindet, hat ein altes, 
angeblih von Ludwig dem Springer 1060 erbautes Bergſchloß (Neuburg), 
eine ſchoͤne gothifche Kirche und 2500 Einwohner , welche (ichlechten) Weinbau, 
Woll⸗ u. Leinweberei und Kalkbleiche betreiben. Seit Friedrichs des Ernfthaften 
Zeit refivirten hier die Pfalggrafen von Sachſen u. die Landgrafen von Thürin- 

en. Am 21. October 1813 Arrieregarvdengefecht zwiſchen den, von der Leipziger 
chlacht ſich zurüdziehenden, Franzoſen u. dem fie verfolgenden preußifchen Corps 
des Herzogs von Dorf. — In ver Nähe der fogenannte Adeldader, den nad) der 
Sage die Abeligen auf Befehl Ludwigs des Eifernen, zur Strafe für ihre Be⸗ 
drüdungen der Bauern vor den Pflug gefpannt, umpflügen mußten. 

Freicorps, oder Freibataillone, gehören zu den irregulären Truppen, bie 
nur im Kriege beleben, und find theils Infanteriſten, theils Gavaleriften ; oft 
audy mit einigen leichten Gefchügen verfehen. Gewöhnlich bebient man ſich ihrer 
als Partigänger und flelt dabel Jeden, der ſich meldet, an. Zuerſt wurden bie 
&. in Deutichland durch Friedrich IL im flebenjährigen Kriege errichtet, um dem 
Mangel an leichten Truppen, die man den Ungarn u. Kroaten u. den franzöflichen 
5. entgegenzuftellen hatte, abzubelfen. Mehre größere F. wurden während der 
deutfchen Freiheitöftiege errichtet. Die berühmteften Führer foldyer Korps waren: 
Ezernitfcheff, Tettenborn, Dörnberg, Wallmoden, der ‚Herzog Friedrich Wilhelm 
von Braunfchweig u. Luͤtzow. 

Freidauks (Vridanks), Befcheidenheit (d. I. Lebensweisheit) 
heißt ein Gedicht, das unter der Regierung Kaifers Friedrich I. von einem uns 
unbefannten,, mit fremder Gelehrſamkeit eben nicht reich ausgeftatteten Berfafler, 
nah Grimm's (f. d.) Bermuthung von Walther von der Bogelweide 
(f. d.) gedichtet wurde. Die Helmarh des Gedichtes iſt Syrien, wohin der Dich⸗ 
ter mit den Kreuzfahrern unter Friedrich II. gezogen war. Koberftein erklärt das⸗ 
felbe mit Recht für das reinfte Abbild der damaligen Volksweisheit, die hier au 
einer, mit bewunderungswürbiger Geſchicklichkeit an einander gefügten, Reihe von 
Sprühmwärtern über den fittlichen und reltgiöfen, den öffentlichen und häuslichen 
Zuftand der Zeit Auffchluß ertheilt. Das Ganze fchließt mit einem Gebet. Ges 
drudt iſt das Gedicht in der Sammlung von Müller, befonders herausgegeben 
von M. Grimm Götting. 1834). Epäter warb es öfter umgearbeitet, unter 
Andern von ©. Brandt (Straßb. 1508). x. 

Freienwalde, Stadt in der preußiſchen Provinz Brandenburg, unweit 
der alten Oder, in einer anmuthigen, von Wald umſchloſſenen Gegend, nord⸗ 
öftlich und fleben Meilen von Berlin, mit einem, von dem Kurfürften Friedrich 
Wilhelm erbauten Schloſſe, einem feit 1684 befannten Gefundbrunnen, einem 
Alaunbergwerfe u. 3100 Einwohnern. Die Quellen diefes Gefundbrunnens, neun 
an der Zahl, gehören zu den falintfchen Stahlwäflern (f. Brunnen u. Bade 
turen), mit Ausnahme einer, weldye auch Schwefel enthält. Das Waffer diefes 
Brunnens dient nur zum Bade, weil es zum innerlichen Gebrauche eigentlich 
au ſchwach iſt u. wird bei verfchiedenartigen, auf allgemeine Schwäche des Rerven- 

/oReme u, Geſammt⸗Organiemus bafızten, Krankheiten als Heilmittel angewendet. 4. 


Freiesleben — Freiheit, 4 


Freiesleben (Johann Karl), geboren 1774 zu Freiberg, betrieb hier 
und in Leipzig bergmännifcdye und jurifiiiche Stubien, bereiste mit Humbolbt die 
Schweizer⸗ u. Savoyer⸗Gebirge u. trat in Sachſen in Dienfte für das Bergwefen. " 
Im 3. 1842 legte er feine, feit 1838 verwaltete, Stelle ald Oberberghauptmann 
nieder. Hauptfchriften: „Geognoſtiſche Arbeiten“ (6 Bände, Freiberg 180718); 
„area für die Oryktographie von Sachſen“ (Heft 1— 11, ebendaſelbſt 


). 

Freigeift heißt Derjenige, der ohne allen religiöfen ®lauben, oder mindeſtens 
ohne Glauben an die geoffenbarten Lehren des Chriſtenthums u. der Kirche, nur 
das von Bott u. den göttlichen Dingen hält, mas ihm nad) feiner — mehr oder 
minder befchränkten — perfönlichen Einſicht gut dünft, oder gar bie Wegwerfung 
alles Glaubens, felbft ohne tiefere Prüfung, aus bloßem Leichtſinne, oder aus Ber: 
meſſenheit ſich erlaubt, oder wohl gar eitel zur Schau trägt. Bon foldyer un- 
glüdlichen Sinnesart der verfchiedenften Abflufungen hat es, leider, zu jeder Zeit 
nur allzu viele Menſchen gegeben, u. die Gefchichte aller Jahrhunderte, vorgüg- 
lich des verflofienen u. des gegenwärtigen, gibt uns die mannigfaltigften u. nie⸗ 
derſchlagendſten Beifpiele hievon. Unausfprechlidd wäre das Unglüd, wenn die 
S.erel bei einem Bolfe überhand nähme, well, hier ganz abgefeben von dem ewi⸗ 
gen Helle und Berverben jedes Einzelnen, Religiofität eine unentbehrlidge Stüge 
der Öffentlichen Sittlichkeit u. des gefehlichen Rechtezuftandes if. Es ift überall 
keine Gefahr, daß dieſes gefchehe, wo die Diener der Kirche ihre hohe Pflicht 
nicht verfennen, mit Lehre u. Beifpiel durch die ihnen anvertrauten Gemeinden auf 
die befeligende Kraft des Chriftentbums, wie fle aus dem ———— der 
Kirche in fo reichlicher Fülle fließt, unverrüdt hinweiſen u, dabei alle ſchaͤdlichen 
Mißbraͤuche u. alles, mit Recht Anſtoß Erregende, forgfältig fern zu halten wiſſen. 
Dann wird der, dem menfchlicdhen Gemüthe von Natur fo tief eingepflanzte, 
Glaube ſich nicht Leicht verbringen laſſen durch den ebenfo frivolen, als troftlofen 
Unglauden. Nur der triumphirend einhergehende Aberglaube (f. d.); nur ber 
fträfliche Leichtſinn in Lehre u. Eultus, wie er freilich, leider, da u. dort ſich nur 
ſchlecht verbirgt, ruft auf dem Wege der Reaction %.erel und Unglauben hervor; 
u. es iſt fomit der einzig richtige Weg, diefen Erfcheinungen mit (Erfolg entgegen 
zu treten, in dem einen Worte genügend angedeutet: Gewiffenhaftigfeit 
in Lehre u. Beifpiel: das ift die wahre Aufklärung des Volkes, die eben fo Roth 
thut, als die falfche zu verbannen iſt. Mit Gewalt wird bier Nichts ausgerichtet, 
weil jede Gewaltübung im geifligen und fittlichen Gebiete der Bernunft wider: 
reitet u. deßhalb fehon an ſich verdammenswerth if. 

reigelafiene; Freilafiung, f. Leibeigenfhaft u. Sklaverei. 

eigericht, |. Behmgericht. 

reigut wird in dreifacher Bedeutung gebraudyt; einmal verfteht man dar⸗ 
unter überhaupt ein Gut, oder eine Waare, worauf gewifie Abgaben nicht laſten; 
dann iſt es fo viel als Allodium (f. d.), und endlich bezeichnet man damit ein 
Bauerngut, das nur zu den gewöhnlidyen Staatäfteuern verpflichtet, dagegen von 
Frohnen u. anderen Dienftbarfeiten befreit if. 

Freihafen, nennt man ſolche Hafenpläge, in denen alle Waaren frei und 
shne Kntrichtung der im Lande eingeführten Zölle ein- und ausgeführt werben 
dürfen. Sie liegen außer der Zolllinie, und erft diejenigen Waaren, weldye von 
ihnen aus zum Verbrauche in’d Inland geführt werden, paffiren die Zolllinie u. 
müflen den 300 entrichten. Die Waaren können In den Lagerhäufern diefer Pläge 
(im Entrepot), gegen eine Abgabe aufgelagert und von da aus, ohne Ent⸗ 
ridytung des Zolles, wieder ind Ausland verfandt werben. 

Breiheit. Brei wird im Allgemeinenen als gleich beveutend mit unabhängig, 
ungehemmt, ungebunden genommen, Wir fpredyen darum von dem freien Sale 
eines Fluſſes, von freier Bewegung einer Mafchine, eines Thieres, feiner Glie⸗ 
der ꝛc. — Dabei kann daflelbe, was wir in einer Beziehung frei nennen, in einer 
andern unfrei heißen; oder es kann in mehren Beriehungen zugleich id, In mr 


42 Freiheit. 


dern unfrei ſeyn. — Man unterſcheidet darum: abſolute F., d. i. allſeitige Un⸗ 
abhangigkeit, u. relative F., — u. von letzterer a ha Arten. Die Ber 
neinung der Abhängigkeit iſt jedoch Bejahung der Selbfiflänpigfeit; was wir 
mithin frei nennen, ftellen wir als ein in gewifler Beziehung Selbftfländiges vor, 
welches in der ihm eigenthuͤmlichen Welfe des Exiſtirens oder Wirkens von einem 
befimmten Andern nicht geflört, gehemmt, befchränft, bedingt wird. — Dinge ver» 
ſchiedener Art werden darum aus in verfchtenener Weiſe frei genannt. Wir fpres 
chen von freier Wärme, Freiwerden eines Gates, vom freien Zalle des Körpers, 
von freier Entwidelung der Pflanzen, vom Freiſeyn des Thieres ıc. Doch gilt 
uns die Pflanze, im Vergleiche mit dem Tchiere, wieder als unfrel, wie anderſeits 
der fallende Stein, im Vergleiche mit der wachfenden Pflanze. — Die eigenthüm- 
liche Befchaffenheit eines Dinges beflimmt alfo die möglichen Welfen des Frei⸗ 
feyn®, die man von ihm ausfagen kann. — Wo wir an einem Dinge bie äußere, 
ericheinende Wirkſamkeit als Bolge, Wirkung Innerer Vorgänge denken, 3. B. bei 
den Lebendigen und, wegen der Aehnlichkeit, wohl auch bei manchen Maſchinen, 
unterfcheiden wir auch äußere u. innere F. oder Un. So nennen wir das lau⸗ 
fende Pferd äußerlich frei, in fo fern es nicht durch Zügel u. Peitſche, alſo von 
Außen, zum Laufen genöthigt wird. Wir denfen aber doch dieſes Laufen als ein 
innerlich unfreies, als Yolge einer Inneren Röthigung, eines Dranges, Triebes, 
z. B. des Hungers, des Durſtes, der Furcht, oder auch bloß der geſteigerten Le⸗ 
bensthaͤtigkeit. Dieſe innere Röthigung ſtellen wir uns in dieſen Faͤllen nicht bloß 
als einen gewiſſen Zuſtand des Organismus, als eine objective, ſondern au 
als eine ſubjective, phyſiſche vor. Das Pferd empfindet dieſe Nothigung, iſt fi 
dieſer bewußt. Das Thier gilt uns als innerlich unfret, wie die Pflanze, aber 
diefe tft bloß objectiv unfrei; in jener erfcheint die objective Unfreiheit auch ale 
phyfiſche. — Finden gleichzeitig mehre ſolche innere phyſiſche Rörhigungen zu vers 
ſchiedenem Thun flatt, 3. B. if das Pferd hungrig u. durſtig, fürdytet ſich aber 
zugleich, dem Futter» oder Waflerbehältnig fich zu nähern, fo erwarten wir, es 
werde nun das thun, wozu die innere Nöthigung färfer il; die Furcht werbe den 
unger und Durſt dämpfen, ober diefe jene. Dieſes phufifche Uebergewicht einer 
mpfindung oder Vorſtellung u. des damit verbundenen Dranges über die andere, 
ift nicht immer ſogleich, oft erſt nach längerem Schwanken entfchieden. Dieſe 
Entſcheidung wird aber von und vorgeftelt: ald unmittelbare oder mittelbare 
Wirkung gegenwärtiger oder früherer äußerer beſtimmender Einflüffe u. der inbis 
vinuellen Befchaffenheit des Thieres, mithin als unfreie. Daß das Thier fi 
ſelbſt entfcheide, daß es felbft das Ueberwiegen eines Triebes über den andern, 
der einen Borftellung über die andere erzeuge, bewirke, erachten wir für unmögs 
lid. Das Thier denken wir, bei aller äußeren Freiheit, für innerlich objectio und 
fubjectiv unfrei, — troß dem Schwanken zwiſchen mehren Antrieben und befien 
Achnlichkeit mit einem Ueberlegen, Abwägen. Wie und die Beobachtung der 
äußeren und inneren Vorgänge des thierifchen Lebens, die Einficht in das Weſen 
deffelben, zu dieſer Vorſtellungsweiſe beredhtige, dieß weiter auszuführen ift hier 
nit der Platz. Diefe innere %. aber, weldye den Thieren nady unferer Ueber- 
zeugung mangelt, finden wir bei dem Menfchen, fobald diefer zum Selbfibewußts 
feyn ſich entwidelt hat, das Gewiſſen in ihm erwedt ift. Mit der Borftellung des 
Rechten u. Guten, des Unrechten u. Böfen, als einem von Luft u. Unlufl, Ruͤtz⸗ 
lichem und Schädlichem ganz Berfchiedenen, tritt auch das Wiflen ein, daß er 
jenes durch fein Wirken darflellen fol, das Wiffen von einer inneren Röthigung, 
Aufforderung dazu. Diefes aber enthält audy das Wiſſen von feiner inneren F., 
der 5. feines Willens, der pfychologifchen F. wie fie audy genannt wird. Denn, 
vor dem Erwachen des Gewiſſens Kant er nur mannigfaltige, innere Nöthigungen, 
Antriebe zu einem u. demfelben Ziele feines Strebens, der Luft, dem Angenchmen. 
Der augenblidlid, intenfivere Trieb entfchied, beftimmte die Richtung feines Thuns 
und Laſſens; dieſes war alfo in Wahrheit ein unfreies, der Trieb eine abfolute 
Notblgung. Zest, wo in der Vorſtelung des om ch Buten ein neues, mögliches 


dreiheit. rs 


Ziel feined Wirkens im Bewußtſeyn gegeben tft, und In der damit verbumbenen 
Aufforderung dazu eine zweite Art innerer Röthigung, erfcheint weder diefe, noch 
der Trieb, als eine abfolute, unüberwinbliche; d. h. der Menſch iſt fidh defien bes 
wußt, daß er nicht bloß der Aufforderung zum Guten folgen foll, fonvern audy 
Tann, trotz des gleichzeitig vorhandenen Antriebes zu einem entgegengefehten Thun 
oder Laffen. Er weiß, daß ebenfo, wie er in diefem Yale den Trieb unterbrüden, 
überroinden müßte, um der Forderung ded Gewiſſens zu gehordhen, er bie Bor- 
ſtellung des an fid) Guten, u. fomit die Aufforderung zu ihrer Verwirklichung in 
feinem Bewußtieyn verbunfeln müßte, um dem Triebe folgen zu können. Diefe 
Möglichkeit, feine Unabhängigkeit als Subject, gegenüber den inneren Antrieben, 
zu behaupten, um der Wufforderung zum ®uten 96 zu leiſten, oder aber ſeine 
Unabhängigfeit gegenüber dieſer Gewiſſensforderung zu behaupten, um ven Trieben 
zu folgen, nennt der Menſch feine innere, moralifcye, ethiſche F., u. feht fle in je 
dem entiwidelten Menfchen mit derfelben Zuverläffigfeit voraus, als er fie von ſich ſelbſt 
behauplet. Man nennt diefe F. audy angeborene, d. h. durch bie urfprüngliche wefent- 
liche Befchaffenheit des Menfchen ir rn man denkt fle mithin als objektive 
Möglichkeit, als Vermögen der Selbſibeſtimmung auch im Kinde jchon vorhanden 
wenn fie gleich in diefem, wegen des Mangels der übrigen Bedingungen, nicht au 
fdyon zur Erfcheinung fommen kann. — Die Debingungen der wirklichen Freithaͤtigk 
fönnen bei einzelnen Menſchen während hree bens gar nicht eintreten, oder 
doch wieder für längere ober kürzere Zeit aufhören, wie beim Kretin, beim 
pfychiſch Kranken, beim Schlafenden ꝛc. Im foldyen Fällen iſt der Menſch einer 
wirklichen Sreithätigkeit unfähig, wie das unentwidelte Kind; — jene angeborne 
Freiheit bat er jedoch nicht verloren. Iſt fie aber in der weſentlichen Befchaffen- 
heit des Menfchen bearänbet fo Tann er fie audh fo wenig verlieren, ald erwer⸗ 
en, da jene durch Nichts geändert werden kann, was er felbft ober Andere mit 
ihm thun mögen. — Man ſpricht aber audy von einer erworbenen, inneren, 
moralifchen F, ſowie von einer felbftverfdhuldeten inneren Un-F. Man nennt 
den Tugendhaften den Freien, den Lafterhaften den Unfrelen, den Sklaven feiner 
Beibenfcaft Was man bier F. u. Un⸗F. nennt, ergibt fi) aus dem über bie 
Weußerung der ethifchen F. Geſagten. Um der Aufforderung zum an fidy Guten 
folgen zu fönnen, muß der Menſch die andere Röthigung zum Angenehmen übers 
winden, er muß den Trieb beherrfcyen, die Neigung unterprüden, alfo — eine 
Macht ausüben über feine Sinnlichkeit, um fittli, d. h. dem Bewifien gemäß 
handeln zu fünnen. Folgt er dem Triebe, fo iſt die Ausübung einer ſolchen 
Macht über feine Sinnlichkeit nicht nöthig; ver Trieb, ald Weußerung des Nas 
turlebens, beftimmt, wie es fchon dad Wort fagt, das unter Ihm flehenne Sub⸗ 
jekt zu einem gewiflen Thun oder Lafien. Intoferne Heißt darum die flitliche 
dlung eine unmittelbar freie, die unfittlidye eine nur mittelbar freie, weil 
legtere ein fich treiben Laſſen enthält. Die Ausübung der dem Menfchen mög- 
lich en Macht über feine Triebe erweitert fie, macht die Beherrfchung diefer , die 
Behauptung der Unabhängigkeit feines Willens von ihnen leichter, macht ihm 
fubjeftiofreter; während im Gegentheile das fidy treiben Laſſen zur größerem Ins 
tenfität der Triebe, zu ſchwerer Beherrfchung derfelben, alſo zu einer ſubjektiven 
Uns. führt. In diefem Sinne alfo iſt es zu verfichen, wenn man fagt: nur 
der ſittliche Wille if ein freier, die Tugend iſt eine innere, geiftige $., während 
man in einem andern Sinne doch wieder behauptet; felbft der Lafterhafte, ber 
Sklave feiner Leivenfchaften, fet noch frei, Fönne feine Gefinnung ändern, gute 
Borfäge faflen, wenn vielleicht auch zu deren Ausführung feine Willendfraft 
nicht hinreicht. — Da die angeborene, moralifcdye F. des Menfchen nicht zur Ers 
fheinung kommt, bevor fein organifches u. pſychiſches Leben einen gewiffen Grad 
der Entwidelung erreicht hat; u. da überbieß das Erwachtſeyn des Gewiſſens durch 
erziehenden Ginfluß anderer Menſchen dazu voraudgefept wird, fo iſt die F. des 
menfchlichen Willens eine mehrfeitig bedingte. Diefer Wille iſt auch infoferne 
nicht unabhängig, als er nur Zwede für fein Wirken een Tann, 8 Arm 


44. Freiheit. 


Realiſtrung er wirklich angeregt wird. Der Wille des Menſchen bedarf der Be- 
wegaründe ‚ wie man zu Kagen pflegt. Diefe, die Anregungen zur Sebung ver- 
fhiedener Zwede, find ‚mar feine abfolute Röthigungenz aber fie enthalten das 
Geſetz für die Wirkſamkeit, durch welche diefer oder jener Zwed realifirt werden 
fann. Der Wille if alfo frei In der Wahl der Zwecke, aber diefe ift abhängig 
von der Aufregung dazu, u. die, fie realifirende Wirkfamfeit iſt an Gefege gebun- 
den, die der Wille fo wenig zu geben, als zu Ändern vermag. Die F. des 
menfchlichen Willens heißt darum eine beſchraͤnkte. — Mit dem bisher Geſagten 
meinen wir keineswegs — allgemein geltende Beftimmungen der %. gegeben zu 
haben, welche dem Menfchen zugetbeilt wird; denn die Beflimmung verfelben 
war von jeher einer der wichtigften Streitpunfte in ver Philofophie u. Theologie. 
Und Hegel fagt mit gutem Grunde: „Ueber Teine. Idee weiß man es fo allge 
mein, daß fie unbeflimmt, vieldeutig u. der größten Mißverftänpniffe fähig, und 
ihnen defwegen wirklich unterworfen ift, als die Idee der F., u. Feine iſt mit fo 
wenigem Bewußtfeyn geläufig.” — Wenn wir glei auch Hegel’8 eigener Ans 
fiht von dem Weſen der menſchlichen %. nicht beiflimmen können, fo iſt doch 
eben fo wahr und beherzigenswertb, befonders -in unferen Tagen, feine weitere 
Bemerkung: „Banze Welttheile, Afrika u. der Orient, haben diefe Idee nie ges 
habt, u. haben fie noch nicht; die Griechen u. Römer, Plato u. Ariſtoteles, 
auch die Stoiker, haben fie nicht gehabt; e wußten im Gegentheile nur, daß 
der Menfdy durch Geburt (als athenienftfcher, fpartanifcher u. f. f. Bürger) oder 
Gharafterftärfe, Bildung der Philoſophie (der Weife ift auch als Sklave u. in 
Ketten frei) wirklich frei fe. Diefe Idee iſt durch das Chriſtenthum in die 
Welt gelommen, nad) weldyem das Individuum (das menfchlicye) als ſolches 
einen unendlichen Werth hat, indem es, Gegenfland u. Zwed der Liebe Gottes, 
dazu beflimmt iſt, zu Gott als Geiſt fein abfolutes Verhaͤltniß, dieſen Geiſt in 
fid) wohnen zu haben, d. i., daß der Menſch an ſich zur höchften F. beftimmt iſt.“ — 
Wenn es fchwer iſt, eine allgemein geltende Definition der menſchlichen Freiheit 
zu finden, fo verfteht ſich von felbft, daß die Frage: Ob der Menſch frei ſei? — 
in wiefern und wodurch dieß gewiß fei? die verfchievenften Antworten finden 
mußte; der Menſch ift frei, und der Menfch ift nicht frei: beides kann wahr 
feyn, e8 fommt eben darauf an, was man fi) unter frei vorflellt. — Die oben 
bezeichnete, objektiv moralifche, angeborene, innere, pſychologiſche F. iſt es übri- 
gend, deren Gewißheit vom höchflen Intereſſe für den Menfchen ift, da mit ihr 
die Würde des Menfchen, feine wefentliche Verſchiedenheit vom Thiere ıc., ſteht 
u. fält. Die directe Aufweifung diefer F. ift jedody unmöglich; denn, vergebens 
beruft fi der Menſch auf fein Bewußtfeyn, daß es 3. B. von ihm abhänge, 
zu lügen oder die Wahrheit zu fagen, daß er das Ueberwiegen der Vorſtellung 
des Rechten u. Guten felbft erzeugt habe. Immer kann man ihm dagegen fagen: 
dieſes Bewußtſeyn tft vielleicht ein getäufchtes; denn in ihm treten nicht alle 
Motive gleich klar u. deutlich hervor; die dunkel auf den Willen wirkenden find 
oft die Eräftigften, und haben vielleicht eben jenes Ueberwiegen verurfacht. Und 
fo fommt es, daß der Menſch ſich für überzeugt hält von der F. feines Willens, 
diefer aber doch Wirkung beſtimmender Einflüffe if. — Diefe Anſicht von ver 
menfchlichen F. ald einer bloß vermeintlichen, heißt Determinismus (ſ. d.) u. findet 
fi) als Refultat fehr verfchlenener Philoſopheme. Der Gegenſatz veffelben ift 
der fogenannte Indeterminismus, weldyer den menfchlichen Willen als unabs 
bängig von abfolut beftimmenven, oder ſelbſt von aufregenden, bewegenden Ur⸗ 
fachen denkt. Auch er Eommt ald Confequenz verfchienener Weltauffaffungen vor; 
jedoch verfteht fidy, nicht in ganz gleichem Sinne, fo daß man mehre Arten des 
Indeterminismus unterfcheiden muß. — Der Aequilibrismus erfcheint als eine 
vermittelnde Anſicht über die menfchliche F. awifchen jenen beiden. Er fiellt fidh 
den Willen dann als frei vor, wenn die Beweggründe zu verſchiedenem Thun 
ges Rast find. In foldyen Fällen des Gleichgewichts vermöge das Thier gar 
pt zu thun, wie auch der Stein in Ruhe bleibt, wenn ımet Kräfte nach ent 


Freißeit. | “5 


gegengefehter Richtung ar ftarf auf ihn wirken. Das, dieſen Kal erläuternbe, 

piel Buridand vom Eſel, der zwifchen ‚we gleichweit abflehenden Heubüfcheln 
aus diefem Brunde verhungern mußte, iſt zum Spridhworte geworben. “Der 
Menſch aber vermöge in folchen Fällen, aber aud) nur in foldyen Faͤllen, ſich 
nad) der einen oder andern Richtung bin felbft zu beftimmen, in jedem andern 
werde fein Wollen durch die überwiegenden Borftelungen beftimmt. — Daß dieſe 
äqutuibriftifche Hypotheſe nur wenig befferen Troft, als der Determinismus, dem 
Menfchen gewähre, der über feiner 5. gewiß zu werden fucht, leuchtet ein. — 

en der Unmöglichkeit einer birecten Nachweiſung der Willens-%. hat man 
den Weg der indirecten Beweisführung eingefchlagen. „Der Unterſchied zwiſchen 
guten und böfen Handlungen hört auf, — wir fünnen das Subjeft der einen 
nicht achten, das der andern nicht verachten, wenn wir nicht bie Freiheit des 
Willens verfelben voraudfegen. Jenen Unterfchied zu machen finden wir uns - 
innerlich genöthigt, fomit auch diefe Vorausſetzung ber F.“ Diefe Bervei- 
führung der Jakobi'ſchen Schule ik verwandt der Kantiichen. Kant nennt bie 
5. des menfchlichen Willens ein Boftulat der praktifchen Vernunft. Die theores 
tifche Vernunft finde fidy bei dem Verſuche eines directen Beweiſes der Wirklich 
feit, wie der Richtwirklichkeit diefer %., in unlößbare Schwierigfeiten verwidelt; 
die praktifche Vernunft aber nöthigt zur Borausfegung berfelben in dem Sub⸗ 
jette, welches ihr Geſetz, den Eategorifchen Imperativ, zu erfüllen bat. Die 
Sültigkeit der Forderung der praftiihen Bernunft kann jedoch nicht bewiefen, 
nur eglaubt werden; wer aber an fie glaubt, muß confequenterweife auch an 
die Fi ⸗F. glauben. — Gegen dieſen der Begründung läßt ſich inſoferne 
Nichts einwenden, als er In der That derjenige ift, auf weldyem in jedem Ben 
ſchen die Idee feiner F. entfleht, wie wir Oben bemerften. Allein, eben fo gewiß 
iſt es, daß die Aufwelfung der empiriſchen, fubjektiven Nothwendigkeit diefer 
Idee noch Feine allſeitig befriedigende, wiſſenſchaftliche Rechtfertigung derfelben 
fet. e iR nur dann erreicht, wenn fidy aus ber Idee des Menfchen felbft 
nicht Bloß die Möglichkeit, ſondern audy die Nothwendigkeit diefer F. ergibt, 
Sonft it man, trotz der fubjeftiven Ueberzeugung von der Wirklichkelt derfelben 
iwieder genöthigt — zu fagen: Cu. iſt ed ja auch oft genug geſchehen) Sie fet 
eigentlidy doch etwas Undenkbares, etwas Unmögliches, d. h. mit der Bor 
Rellung vom Wefen des Menfchen u. feinem Berhältniffe zur Welt, u. indbefondere 
zu Gott, Unvereinbaree. Das empirifche Selbftbewußtfeyn ber chriſtlichen Volker, 
dem die F. des menfchlichen Willens nicht nur fubjeltto gewiß if, ſondern audy 
ein Gegenfland des pofttiven Glaubens, macht mithin an die Spekulation nur 
eine gerechte Forderung, wenn ed von ihr jene wiflenfchaftliche Rechtfertigung 
der Willens⸗F. verlangt. Die Spefulatton hat audy die Gültigkeit viefer For⸗ 
derung ſtillſchweigend anerfannt; aber die Berfuche, ihr zu genügen, haben immer 
ein nicdhtverlangtes, mit dem empiriſchen Selbſtbewußtſeyn unverträgliches, Res 
fultat geliefert. Diefem zu Folge it die %. des menfchlichen Willens eine wirk⸗ 
lidye, wenn gleidy bedingte u. beichränktee Darum genügt ihm weder felbftbes 
wußte Nothwendigkeit, welche nur %. zu feyn ſcheint, noch eine abfolute F. d. h. 
eine volfommene Unabhängigkeit von jeder Äußeren Aufregung, wie von jeber 
inneren Geſetzmaͤßigkeit, Beimmieit. Anderes aber war auf dem, bis in unfere 
Tage herein von der Sperulation eingenommenen, Standpunkte nidyt erreichbar. 
Siehe die Artikel: Geiſt, Monismus und Monadismud E — Was 
die reinmenſchliche, bürgerliche u. politifche F. betrifft, fo hat der Staat, 
als Rechtsanſtalt, in diefer Eigenfchaft die F. feiner Angehörigen als ein, 
ihnen in allen Sphären ver menfchlichen Thaͤtigkeit ſchon ſchlechthin als Pers 
onen zukommendes, Recht anzuerkennen u. zu fchirmen, u. braucht alfo nicht erſt 
hnen diefelbe zu verleihen, oder gar nur einzelne Bruchflüde derfelben, unter dem 
Titel von „Kreiheiten”, ihnen zu gewähren, oder etwa nur einzelne Claſſen ober 
Stände, oder einzelne Provinzen, Bezirke, Gemeinden ıc.- damit zu beſchenken. 
Bolle F., mithin alle gevenfbaren befonveren $.en, oder dab Reðht ner ren Bes 


46 Freiheitbaum. 


wegung in jeglichem Thaͤtigkeitskreiſe gebührt ihnen allen don von felbft; fie 
bringen ſolches in der That angeborene, u. bloß durdy die gleichen Rechte Aller 
befchränfte, Recht mit in den Staatöverband, u. Beichränfungen deffelben können 
nur unter einem biefe rechtfertigenden Titel flattfinden. Dahin gehören: 1) Rente 
Unfähigkeit u. Rechtsverwirkung, erſteres z. B. in Bezug auf Unmündige, Gel 
ſtesſchwache, Wahnſinnige; letzteres in Bezug auf diejenigen, welche ihren rechts⸗ 
verachtenden Willen thätig kund gethan und dadurch ihren eigenen Anfpruch auf 
Recht — als weldyed enimeber ein gegenfeltiges, oder gar feines iſt — in ent⸗ 
fprehendem Maße verwirkt haben. Auf diefer dee beruht auch die reine 
Strafrechtötheorte. 2) Bertragsmäßig eingegangene Berbindlichkeiten, oder Ver⸗ 
flichtungen, die entweder auf ausbrüdliche, oder ſtillſchweigende Einwilligung 
ch geinden u. deren es in großer Mannigfaltigfeit u. Menge gibt, 3. B. das 
Berhältniß des Schuldners zum Gläubiger, des Lohnarbeiterd zum Arbeitsherrn 
u. f. f£ 3) Ueberhaupt durdy Verträge, wodurch die Freiheit nicht nur unmit« 
telbar, fondern auch mittelbar befchränkt werben kann. Es gefchieht dieß na- 
mentlich durch den, von der Staatögefellichaft im Interefie Aller eingegangenen Ber- 
trag, mittel deſſen man’ fid) nämlich in der, durch Aufftellung der —398 — en, 
alſo insbeſondere des Staatszweckes beſtimmten, Sphäre einem Geſammtwillen 
unterwirft, mithin in der gegebenen Sphäre auf die Herrfchaft feines Privatwillens 
verzichtet, — Die 5. der Staatsangehörigen befteht aber In Anerkennung und 
Gewährleiftung aller, von biefen, ald Einzelnen, anzufprechenden Rechte, u. zwar 
theils in ber rein menſchlichen, theild ſtaatsbürgerlichen Sphäre; fodann, Die 
Ichtere betreffend, zumal in Berleihung —8 ausgedehnter politiſcher Rechte 
an alle Claſſen und Einzelnen, nach Maßgabe ihrer vernünftig anzuerkennenden 
Befähigung zu der dem Geſellſchaftszwecke entfprechenden Ausübung. Der Staat 
wird id demnach aller unnöthigen Befchränfungen gegen feine Angehörigen 
zu enthalten haben, und wird feine anderen zulaſſen, ale Ele, weldye dem ver: 
nünftigen Urtheile als vom Staatszwede wirklich geforderte fich darſtellen. Dar⸗ 
über aber, wa8 der Staatdzwed erfordere, kann natürlid nur der 
rechtmäßigen Staatögewalt die Entſcheidung zufteben. In Beziehung auf 
@ewährung der politifchen F., worauf jedoch den Bürgern weder ein * all⸗ 
gemeiner, noch ſo unbedingter Anſpruch zuſteht, als auf die reinmenſchliche und 
bürgerliche, werden wir ſagen muͤſſen: es iſt Hauptaufgabe einer vernuͤnftigen 
Derfaflunge olitit, den verſchiedenen Gliedern der Staatögefellfhaft in fo weit, 
als es die betonderen Interefien ihres Standes berührt, eine Theilnahme an den öffent: 
lichen Angelegenheiten zu gewähren u. überhaupt feine andere Ungleichheit in 
politifchen Rechten zu flatuiren, als welche, theild nach der allgemeinen Ratur der 
Dinge, theils nach den bier u. dort vorhandenen befondern —86 u. Um⸗ 
ſtaͤnden, durch Forderungen der Nothwendigkeit u. Ruͤtzlichkeit gerechtfertigt u. daher der 
allgemeinen Zuſtimmung der Butgefinnten — nicht des entfeſſelten, freiheitstrotzi⸗ 
gen Poöbels — gewiß ſeyn könne, — Ueber Religions-, Kirchen⸗, Preß-⸗, 
Handels-$. fiehe die betreffenden Artikel. 
Sreiheitsbaum. Schon in frühen Zeiten richteten beinahe alle Völker, ale 
Zeichen allgemeiner Freude oder Hulbigung, fonenannte Maien, d. h. ganze 
Bäume mit der Blätterfrone, an öffentlichen Pläben auf; doch erft in der fran- 
zöflfchen Revolution ward der Maibaum zum F. — Gregoire erzählt, wie Rorbert 
Preſſac, Pfarrer von St. Gaudens bei Civrai im Departement der Bienne, zur 
erft einen Maten der Freiheit zu Ehren pflanzen ließ. Es war dieß im Mat 1790, 
am Lage der Einführung der neuen Municipalität. Dieb fand bald Nadyahmung, 
befonderd im Mai 1792, als die Fremden mit einem Einfalle drohten. Sämmt- 
liche Gemeinden pflanzten um die Wette prächtige Bäume u. ſchwuren bei dieſem 
Sinnbilde, den heiligen Boden ded Vaterlandes zu vertheidigen. Die Zahl der 
F. fol fi) damals auf 60,000 belaufen haben; fie wurden auch auf den Grän- 
zen bed Reiches u, den Höhepunften der Departements aufpepflangt. Durch ein 
Derret vom 4, Bluviofe des Jahres IL, befahl ver Ratkanakannent: „Ar (ämmts 


Freiheitsktieg. 47 


Bemeinden, wo der F. abgeftorben if, ſoll bis zum erfien Germinal ein 
gepflanzt werden. Der Gonvent verficht fi, daß bie guten Bürger für 
anzung u. Erhaltung deffelben Sorge tragen werden, auf daß in jeber 
ide der Baum der Freiheit unter der Aegide der Freiheit des franjöflichen 
grüne u. blühe.* Man pflanzte rts — nicht mehr, wie die alten: 
‚ die aus einem abgehauenen Baumkamme mit der Laubfrone befanden, 
ı mit der Wurzel — Eichen, Kaftanien, Platanen, Ulmen, Maulbeerbäume, 
n, Tannen oder Fichten. Daher find audy nidyt alle Ge mit der Repu⸗ 
kichwunden, unter der fie errichtet worden waren, Die kaiſerliche Regierung 
n ihnen feine Rotiz genommen; doch ließ Napoleon das Wer Gre⸗ 
vernichten, wo er es bekommen konnte. Zur Jeit der Julirevolution 
ein, in den erſten Tagen der Revolution gepflanzter, F. im Weichbilde von 
eine Ulme in der Vorſtadt St. Antoine, mit einer dreifarbigen Fahne ges 
Ebenſo fah man in der Schweiz überall, u, da u. dort auch in Deutf 
n den dreißiger Jahren %.e pflanzen. 
reiheitstrieg nennt man im Allgemeinen fowohl ven Kampf der RNord⸗ 
aner für ihre Freiheit, 1773, ald den Krieg auf der pyrenätichen Halbinfel 
Frankreich von 1808— 13; vorzüglich aber den, in den Jahren 1813, 14 
von den deutfchen Völkern gegen die franzöfifche Zwingherrfchaft 
en Krieg. Als die große Armee in den Gchneegefilden Rußlands begraben 
faum ein Schatten. davon über den Riemen fidy gerettet hattes ald Ras 
nad) Paris geeilt war, um ein neueß Heer aus der Erbe bervorguflampfen, 
inter ihm die Kette der gemißhandelten deutſchen Völker fi) auf zu einem 
wachfennen Rachebunde. Zuerk fiel Breußen ab, und ließ daſſelbe Heer, 
3 dem Kalfer in den Norden hatte folgen müßen, zn den Ruſſen ſtoßen; 
iglaublicher Anftrengung u. einem beifptellofen Enthufiasmus ſchuf das Volk 
neue Armeen, welche mit den frifcyen. Truppen, die Rapoleon berbeiges 
atte, an der Saale zufammentrafen. Am 2. Mat 1813, bei Lühen, wurden 
erbündeten gefchlagen, aber nicht befiegt, und wichen über die Elbe zurüd, 
Schlachten bei Baugen u. Wurzen am 20. u. 21. Mat waren nicht glück⸗ 
u. drängten die verbündeten Heere nach Schleſien zurüd. Aber auch Ras 
: war erfchöpft: man fchloß zu Poiſchwitz einen zehnwöchentlichen affenft 
Während diefer Zeit erklärte fich audy der Kalfer Franz für die gute: 
u. gab den vereinten Heeren den Fürſten Schwarzenberg zum Feldherrn. 
der Kronprinz von Schweden traf mit einem Heere ein. “Die Schlachten 
toßbeeren den 23. Auguft, u. Dennewitz den 6. September, wurden rühmlidh 
men; der Angriff auf Dresden, wobei Morenu feinen Tod fand, den 27. 
R, mißglüdte zwar, doch fchlug dafür Blücher die Franzoſen an der Katz⸗ 
d. 26. Auguſt, u. die Schlacht bei Kulm den 30. Aug., worin Bandamme 
gen wurde, war ein glänzender Erſatz. Nach dem rühmlich erfämpften 
nange über die Elbe eniſchied bie berhängnipvolle Voͤlkerſchlacht bei Leipzig 
6., 18. u. 19. October Deutſchlands Fr Diefe Schlacht, die Gefechte 
em Rüdzuge, befonderd das Treffen bei Hanau, wo der bayerifche Feldherr 
e ibn aufzubalten fuchte, Eofteten Napoleon In Jahresfriſt das zweite große 
u. den Beſitz von Deutfchland. Die Fürften des Rheinbundes fagten ſich 
bm 108; das Königreidy) Weſtphalen verfchwand mit feinem Könige; der 
3 von Eadyfen aber, der fidy von der Sadıe feined Berbündeten nicht hatte 
m fönnen, mußte ald Gefangener der Ulliirten nady Berlin geben. Der 
ıg 1814 wurde auf franzöflidyem Boden eröffnet. Napoleon entfaltete bier 
rößten Feldherrntalente; allein die Uebermacht feiner Feinde u. der Wbfall u. 
terrätheret feiner Freunde machten es ihm unmöglich, bedeutende Bortheile 
ringen. Schon am 20. März flanden die Berbündeten uf dem Montmartre 
arid ergab fih. Roch ein zweites Mal hatten die Ulllirten Gelegenheit, 
eren zu pflüden., Nach feiner Rüdkehr von Elba warf fih Napoleon mit 
Heere von. 150,000 Mann auf die, bei Brüffel ſtehenden, Werbünneten um 
wissepciepäVie. IV. M 





418 Freiheitsmütze — Freimaurerei. 


ſchlug bei Ligny am 16. Juni 1815 das preußiſche Heer unter Bluͤcher, waͤhrend 

—* Sean von Vraunſchweig⸗Oels bei Quatrebras zurüdprängte. Allein 

die Schlacht bei Waterloo den 18. Juni gegen Belltngton , gewonnen durch bie 
luͤ Ankunft Blücyers im entſcheidenden Augenblide, zerſoͤrte fein Gluͤck auf 
mmer ı. endete den Krieg. . 

— Nach dem Vorbilde aller europätfchen Voͤlker, bei denen bie 
frete Perſoͤnlichkeit kein Gemeingut war, fondern nur Die politifcdy Begünftigten das 
Recht hatten, mit bedecktem Haupte öffentlich zu erfcheinen, (naher auch bie 
Müte u. der Hut ſich auf republikaniſchen Wappen häufig als Schildbedeckung 
finden) war eine Muͤtze auch in der franzöfiichen Revolution das Sinnbild ber 
errungenen Freiheit. Die rothe Farbe u. die Geftalt diefer franzöftfchen F. Hatte 
ihren Urfprung von der Mütze der, zu Marfellle in der Revolution befteiten, 
Galeerenfräflinge. — In England dient bie blaue Müte mit weißem Rande 
u. der goldenen Umfchrift: Liberty, als Sinnbild der verfaflungsmäßtgen Freiheit, 
u. auch in den nords u. ſuͤdamerikaniſchen Republiten erfcheint die phrygiſche 
Müpe in gleicher Bedeutung. 

reiherr, f. Baron. 

rath (Ferdinand), bekannter Dichter der Neuzeit, geb. 1810 au 
Detmold, widmete nd ber Kaufmannfchaft und lebte, ein Freund Grabbe's, In 
Amftervam, Barmen, , mannigfachen Stubien ergeben, in dem romantiſchen 
Unkel am Giebengebirge u. begab ſich endlich nad) “Darmftabt, Geine in Zeit⸗ 
ſchriften jerfreuten Gedichte erichienen gefammelt zuerft Stuttgart 1838 u. fau⸗ 
den viel Anklang. Die, von feiner regen !Bhantafle warm erfapten, Schilderungen 
fremder Länder u. Völker, befonderd der Wüftenländer Arabiens u. Afrika's (ver- 
leiche feine Gerichte: „Berg Nebo,“ „der Alexandriner,“ „ber Löwenritt,“ „ber 
obrenfürft” und andere dieſer Art), die Berichte der Seeleute, der Anblid des 
Meeres u. f. w. gaben ihm die Karben zu feinen Iebensvollen Bildern, die durch 
fein lyriſches Talent einen wahrhaft poetifchen Werth erhielten. Dieß Talent 
warb auch von feinem Könige anerkannt; u. der Dichter bezog einige Jahre, als 
foldyer, einen Jahresgehalt von 300 Thalern. Aber plöglich ſchlug er fich auf die 
Seite der fogenannten politiſchen Dichter, nachdem er ſich dieſen, 3. B. egh, 
Heingen u. A., noch kurz vorher ald Gegner gegenübergeftellt hatte, that fe ne 
Sinnesänderung durch feine „Zeitgebichte* Fund u. wies den, bisher von feinem 
hoben otector, dem Könige von Preußen bezogenen, Dichtergehalt zurück. Er 
egab fidy hierauf, ded Landes verwiefen, nach der Schweiz u. lebte mit feiner 
Familie eine Zeit lange in Zuͤrich. Des Literatenlebens mübe und überbrüffig, 
nahm er eine, ihm von London aus angetragene, Stelle als engliſch⸗deutſcher Cor⸗ 
tefpondent in einem dortigen bedeutenden Kaufmannshaufe an, wo er fidh ber 
zeit noch aufhält. Erſt in den jüngften Tagen durchlief ein fchönes Gedicht, 
„Eris“ betitelt, beinahe alle deutfchen Zeitungen und Journale, und rief feinen 

deutſchen Landsleuten feinen Ramen wieder aufs Neue ind Gedächtniß. BA. 
eimaurerei (Maurer ei, Maſonei) ifk der Name einer, unter befon- 
deren Formen beſtehenden Geſellſchaft, die, unabhängig von Staat u, Kirche, die 
Beranbibung der Menfchheit zu einem Bruderbunde ſich zum Zwecke geſetzt bat. 
ie SreimaurersGefellfchaft, oder Freimaurer⸗Brüderſchaft, welche zunächft in Eng⸗ 
land als ein bereits gebilbeter Verein öffentlich befannt wurde, u. erft nach Ihrer 
Berpflanzung auf den ontinent ven Namen eines Freimaurer-Ordend ers 
hielt, beſteht als ein, von Männern aus allen Ständen, die eine felbfifiänbige 
Stellung im Leben haben und für unbefchoften gelten, gebilbeter Verein, deſſen 
Mitglieder im Allgemeinen Freimaurer, unter ſich Brüder heißen. Mit der letz⸗ 
teren Bezeichnung wollen fie ihre gegenfeitige Anhänglichkeit u. innige Berbinbung, 
die fie zu gegenfeltiger Hülfeleiftung verpflichtet, darthun. Ste betrachten in ihren, 
nad) beflimmten Regeln geordneten, Zufammenkünften allen Unterſchied des Ran 
ges, der Slüdögüter u. der Religionsyarteien für aufgehoben u. wollen ne we⸗ 
der, nach Ihren ausdrücklichen Verſicherungen, in die Angelegenheiten des Staa⸗ 


Freimaurerei. | 419 


noch in die der Kirche miſchen; ja, in Ihren Adhten Berfammlungen follen fo- - 
alle Discuſſionen über politifche u. Eirchliche Gegenflände grundgefeplich 
eſchloſſen ſeyn. Auch wollen fie der beſtehenden —— ſtets ihre 
ung erweiſen u. ſich der geſetzlichen Ordnung u. den Befehlen des Regieren⸗ 
ſtets unterwerfen, ſelbſt wenn ihre Berfammlungen von dieſem ihnen unter» 
werden follten. Streng religiöfen Sinn u, Aufrechthaltung der Gittlichkelt 
m fie an die Spige aller freimaurertfchen Verpflichtungen geftellt wiſſen. 
gemäß fet ihr Zweck, fagen file, unabhängig von den äußeren Yormen des 
nes u, der Kirche, mit Gleichgeſtimmten —2*8 es zu erſtreben, ſich, 
von allem Poſitiven, für ein freies Vernunftreich zu bilden und in Gemein⸗ 
t mit einander das Ideal der Menſchheit darzu Ueber den Mißbrauch 
die Verirrungen der F. ſoll das Nähere weiter unten beſprochen werben. 
t nar in ben freimaurerifchen Berfammlungen nennen fidy die Mitgliever des 
bed Brüder; die außerhalb deſſelben Stehenden Profäne. halb der 
n, im profanen Leben, zwingt freilich nicht felten Die Achtung vor den bes 
den Berhältniffen, namgntlidy bei Brüdern, die amtlidy einander unterge- 
et find, diefe Beziehungen höchſtens umter 4 Augen eintreten zu laflen. — 
r Sreimaurer gelobt bei feiner Aufnahme feierlich Awiegenheit, d. h., von 
dem, was ihm in der Loge von der F. mitgetheilt wird u. was er von ben 
en Berhältnifien des Bundes dort erfährt, Niemanden Etwas entdecken. 
ſt iſt Inod) durch abgefallene Freimaurer, oder durch ma che ‘Bapiere, 
ben Tod oberer Brüder, oder fonft durch Zufall, in die Hände Profas 
amen, das Geheimniß des Bundes gebrochen und im „Sarfena," „Mac 
ic,“ „die F. in einer Ruß“ u. anderen unzähligen Schriften der Art, dem pro⸗ 
ı (9) Publikum mitgetheilt worden. Die Maurer Jagen übrigens, daß ſich 
Schriften theils ſelbſt winerfprechen, theils auch nur die Schale der F., ihr 
zenweſen, nicht ihren Kern betreffen. — Die derſchaft Stadt und 
Umgegend vereint ſich, wenn ſie ſich ſtark genug fühlt, zu Einem Complex, 
e genannt. In größeren Staͤdten finden ſich wohl auch 2 oder mehr Logen, 
teben einander beftehen. Die gewöhnlichen Logen find Johannislogen, bie 
. weil fie blaue Bekleidung haben, Logen von den blauen Graden (For 
niögraden, niederen Graden) genannt werben. eve Loge wird, um 
mäßig oder geredht u. vollkommen zu werben (gerecht heißt jedoch 
eine Loge, wo 3 Meifter verfammelt find) von einer andern, ſchon älteren 
tet (conftituirt) u. erhäft von biefer ihre fehriftliche Gonft itution ( Con⸗ 
lonspatent), auch ein eigenes Geſetz buch (Conſtitutionsbuch). Bel großen 
wereinen in Einem Lande ſteht das Recht zu conſtituiren nur ber oder den 
den Mutterlogen zu. Nicht gehörig conftituirte Logen heißen Winfellogen 
erden von den übrigen nicht anerkannt. Dagegen kann jede Johannis 
e (Hauptloge) in der Regel eine Deputationsloge einrichten, um zu einem 
amten Zwede neben ihr zu arbeiten. Werben ſolche Deputationslogen wäh 
des Krieges bei im Felde ſtehenden Truppen errichtet, fo heißen fie Feld⸗ 
nz; ja, die Branzofen hatten während der Kalferzeit eigene: Regimentölos 
Jede Loge Fe einen fombolifchen Namen, dem der Name des Orts, wo fie 
Sitz hat, beigefeht wird, 3. B. Minerva zu den 3 Palmen im Oriente zu 
ig, Memphis im Driente zu Memel ıc. Da dad Maurergelübbe auf das 
Zeftament, u. zwar auf dad Evangelium Johannis abgelegt wird, fo wird 
ıommen, daß fein Jude Maurer feyn fünne, Die um 1802 zu Berlin 
etirten Toleranzlogen, die Juden aufnehmen wollten, wurden baber von 
Rationalmutterloge zurüdgewiefen, wie denn audy die aus Juden beflehenden 
a zur aufgehenden Morgenräthe u. zum Frankfurter Adler in Frankfurt a. M. 
ben meiften sogen nicht anerfannt werden, Auch in neuerer Zeit erhob fidy 
dieſe Frage wieder ein Streit. — Logen heißen audy die Berfammlungen 
‚ die wo möglich in eigenen, ber Loge a Logengebäuden (for 
ffuſern), oder gemietheten Logenlocalen gehalten werben. gas St. Johan 






420 Freimaurerel, 


niölogen zerfallen in mehre Grade: 1. Brad: Lehrlinge, wenn fie eben er 
FE ne ; 2. Grad: Sefellen, wenn fie einige Zeit (meift nicht unter $ bie 
4 Zabr) in der Loge geweien find; 3. Brad: Metfter, weldye nody Tänger thäs 
tig gewefen find. Aus den Meiftern werden die verfchledenen Beamten gewählt. 
Der Vorſtand der Loge iſt der Meifter vom Stuhl (fogenmeifter), weis 
cher die Eogenangelegenbeiten leitet u. wie Loge in der Regel eröffnet und fchließen 
läßt. Ihm zur Seite fleht, wenigſtens in größeren Logen, der Deputirte Guge⸗ 
ordnete) Meifter, der ihn bei Abweſenheit u. Kramfhelt vertritt, ihm, wenn 
der Befcyäfte zu viele werben, einen Thell verfelben abnimmt u., wenn fidy die Zahl 
der zu haltenven open zu fehr häuft, einen Theil von diefen hält. Meifter vom 
Stuble, die wiefe Würde mehre Jahre lange beffeldeten u. mit denen die Loge Ur- 
fache hatte, zufrieden zu feyn, erhalten oft nady ihrem Zurüdtritte die Würde 
als Alt» ober Ehrenmeifter, u. fliehen als foldhe dem Meiſter vom Stuble bes 
rathend bei. Sie werben in einigen Logen ſehr ehrwürdiger, in andern 
hochwürdiger Bruder benannt. Der Meifter vom Stuble, wie die beiden 
folgenden Vorfteher (nady altenglifchen Ritualen Auffeher), werben gewoͤhn⸗ 
lich durch Stimmenmehrheit der Brüder gewählt. Diefe Vorſteher haben Die Auf 
fiht in den Bogen, affiftiren dem Meifter bei Eröffnung u. Schließung der Loge 
u. Rehen ihm berathend zur Seite. Ihre Titulatur if: ehrwürdig, audy oft 
fehr ehrwürdi & Die übrigen Beamten werben gewöhnlich von dem Meifler vom 
Stuhle aus den Meiftern ernannt u. heifen würdige Brüder. Diefe Beam 
tem find: der Geremontenmeifter, der auf die richtige Befolgung des Rituals 
u. der Gebräuche achtet; der Secretär, welcher die brotofofe u. fonftigen Lo⸗ 
genfchrifien,, audy, wenn ihm nicht ein correfpondirender Secretär zugegeben if, 
die Correſpondenz beforgt; der Archivar, der das Logenarchiv, und der Bi- 
bliothekar, der die Logenbibliothef unter ſich hat; der Schagmeifter, wel⸗ 
her die Caſſe u. Finanzen der Loge verwaltet; der Aumonler (Üirmenpfleger), 
welcher dad Almofen u. die Armenpflege unter fi) hat; der Redner, der bie 
in den Logen zu baltenden Reden vorırägt. Die 2 Stewards führen, nad 
Borgang des englifchen Beremonienwefens, lange, blaue Stäbe u. find die 2 nie 
drigften Beamten, Gehülfen der 2 Vorfteher, eigentlid Schaffner, weldyer aber 
jest in vielen Logen getrennt fungirt u. die Aufficht über die Meubles u. die Tas 
fel bat u. den Einkauf der eigentlichen Utenfilien der Loge beforgt. Der Meifter 
vom Stuhle u, feine Affifienten, die Vorfteher u. Beamten, bilden dad Beamten 
collegium, welches wichtige Logenfadyen vor der eigentlichen Loge berathet. 
Sn einigen 2ogen Fr es audy nody ein befondered Directorium, dad aud 
dem Meifter vom Stuhle, dem beputirten Meifter, Witmeifter n. den Vorſtehern 
befieht. In Ländern, wo der Regent, oder ein Prinz, oder fonkiger Verwand⸗ 
ter der Hürftenfamilie Freimaurer ift, übernimmt derſelbe meift das Brotecto 
rat feiner Logen. Jede Loge befteht aus 1) Ehrenmitgliedern, Brüdern au 
wärtiger 2ogen, die ſich um bie F. oder um die bießfeitige Loge verdient gemacht 
haben; 2) eigentlihen Mitgliedern, die fidy wieder einheimiſche, 
aus denen meiſt die Beamten gewählt werben u. auswärtige theilen; 3) mus 
fitalifchen Brüdern, die meift Feine Beiträge zahlen, dagegen aber die Feier⸗ 
lichleiten der F durch Muſtk erhöhen u. aus 4) die nenden Brüdern, welche 
nicht nur feine Beiträge zahlen, ſondern meiſt noch Bezahlung erhalten, dagegen 
bet Logenſachen nidyt ſtimmfähig find und die Aufwartung in der Loge und bel 
Zafel, dad Herumtragen der Umläufe u. dergl. beforgen. Einer der legten (Thürs 
hüter, Ziegeldeder) fteht während der Loge an der Thüre des Logenfaaled und 
achtet darauf, daß fein Brofaner eintritt. — Die ganze %. lebt In Bildern 
u. Symbolen, die bei den Logenverfammlungen, be den herkoͤmmlichen Attri⸗ 
buten, Geraäthen, Bekleidungen ıc, immer wieder vorkemmen. In ihnen waltet die 
Idee vor, daß die Freimaurer eine Gefellichaft wirklicher Werkmeiſter, ihr Ziel 
der Bau eines (geiftigen) «Tempel Salomonis) fei, wozu noch einige, 
auf König Salomo u, deſſen Qlagenen Baumeiſter Adon Hiram Bezug be 


Freimaurerei. 421 


nde, Anſpielungen kommen, bie ſich durch alle Grade ziehen. Die verſam⸗ 
elte Loge wird als Licht ausſtrahlend betrachtet und deßhalb, und weil ange⸗ 
mmen wird, daß der Meifter vom Stuble im Often feinen PBlab babe, auch 
sient genannt. Der Saal oder das Local, in dem die Loge gehalten wird 
det überhaupt ein Tängliches Biere, deſſen eine fchmale Sehe durch drei 
ufen erhöht MM und im engeren Sinne audy Orient heißt. Hier fiht der 
eier vom Stuble, an einem mit einer blauen ober. goldenen Drde bebans | 
sen Tifche, (Altar) und führt den Hammer. Die ſchmale Seite, dem 
riente gegenüber, heißt ver Weiten; hier figen die Vorſteher. Auf den beis 
ı andern Geiten der Loge befinden ſich im Süden die Meiſter, im Ror- 
n die Gefellen und Lehrlinge; jede Gelte beißt Eolonne. In der Mitte 
‘Loge liegt der Teppich (Tapis), auf ihm find mehre Embleme abges 
det, die ſaͤmmtliche iymbolifche Pedeutun haben. An drei Eden des 
ppichs Reben 3 größere Lichter. Die Mitglieder der Loge erfcheinen in 
felden ſtets in einer befonvern Bekleidung, nämlich mit dem Hute auf dem 
pfe, mit weißen Handſchuhen, das Logenzeichen, aus allerlei Emblemen bes 
yen, an fi), und einen ledernen Schurz umgegürtet, fowie die Beamten mit 
en Beamtenzeichen, meift irgend ein dem Amte entiprechendes Emblem, das fle 
blau und gelbem Bande um den Hals hängen haben. Die meiſten Symbole 
F. haben nicht nur auf die Handmwerfömaurer, fondern audy auf die biblifche 
fSichte u. daraus gezogene Legenden, beſonders aus ber Zeit des Tempel 
ıe6 durch König Salomo, Bezug. Auf diefen und die, im älteren Maurerfhwur 
haltenen, Sagen haben aud dad Richen, der Griff und das Wort 
jug, woran ſich die Öreimaurer in und außer der Loge und audy den Grab 
mnen, in den ein Mitglied der Loge eingeweiht if; ja, es find felbft gewiſſe 
kennungs (Paß) worte für jeden Grad beflimmt, die dem Thürficher eigent- 
bei som für jeden Brad beſonders In das Ohr geflüflert werden müflen. 
ch ein Rothzeichen haben die Freimaurer, was, in den höchften Bebrängnifien 
gewendet, fdhon oft Kreimaurern in Schlachten und andern Todesgefahren den 
iſtand eines Bruders und dadurdy Rettung gefchafft hat. Beſonders find ges 
Te Zahlen beveutungsvoll und vor allen als heilige Zahl die 3, dreimal drei 
t 9, die 5 und 7 (lebtere beide, weil, ald man höhere Grave anwendete, zuerfl 
zulegt 7 Grade waren). Auch die Karben der Johannismaurerei find bes 
Ham: Himmelblau und Bold; ferner die Noſe, vermuthlidy, weil fie bes 
ders um Johannis blüht, audy wohl, weil fie als Sinnbild der Berfchwiegen- 
t galt; auch die Akazie if ein maurerifches Symbol. In den Logen wird 
: ftet8 nach einem gewifien Ritual gearbeitet (d. i. Loge gehalten). “Die 
jeit beginnt mit felerlicher Eröffnung der Loge. Es werden dann die, im Ins 
fie der Loge liegenden, Gegenftände diskutirt und nad) Beendigung der Dies 
on die fdhwebende Frage durch Acclamation, bei minder wichtigen durch Ballo- 
e entfdyieven. Wer die Loge früher, als fle beendet if, verlaflen (beden) will, 
ß eigentlich von dem zweiten Borfleher Erlaubniß dazu erbitten. Die Logen 
» imA1 Grade: 1) Arbeitslogen. Es wird in ihnen über innere Verhältniſſe 
Logen verhandelt. Dazu gehören: Inftruftionslogen, Monatslogen, 
ceptionslogen; dann 2) Feſtlogen, die bei feſtlichen Gelegenheiten ftatts 
en. Es gehören hie: ordentliche und außerordentliche, und endlich 
Trauerlogen, meift zum Gedächtniße eines oder mehrer verftorbener Brüver. 
e Brüder erfcheinen ſchwarz gefleivet; der Vortrag iſt ernft; auch @elänge 
en flatt. Die Rogentage (Monatds und Feſtlogen) pflegen im Logenkalen⸗ 
verzeichnet zu feyn, der der jührlichen und awenjährigen Logenlifte (Ver⸗ 
hniß aller Mitglieder) angehängt if. Bel den Aufnahmen kommt zuvörderft 
in Anfrage, 0 der ſich Meldende frei und volljährig fel; dann werden firenge 
chforſchungen über feine Moralität und fonftigen Charafter und Wandel ein 
sgen, bet denen jedoch auch daſſelbe, wie anderwärts, flattfinden kann, daß nänts 
die Beften wegen einiger Barrierenfäge von enaherigen Beurtkellern Kick 


122 FJreimaurerei. 


aufgefaßt und zuruückgewieſen werben. “Die Schredniffe, die mit den Neuaufzuneh⸗ 
menden angeblicy vorgenommen werben follen, find Erbichtung oder, wie ber Frere 
terrible (ein Beamter, der den Muth des Reuaufzunebmenden durdy allerlei 
Schreden prüfen fol), hoͤchſtens nody in einigen, befonder® in franzöftfchen Logen 
ebräudylih. Der Reuaufgenommene erhält nach gefchehener Aufnahme vom Mei: 
er vom Stuhl einen, im Namen der Loge ausgeftellten, vom Gerretär contrafig- 
nirten und mit dem Rogenflegel beglaubigten Schein (Gertificat), daß er wirklich 
Maurer fe. Durdy das Gertificat empfängt jeder Freimaurer das Recht, fremde 
Logen zu befuchen Cbefuchender Bruder). Im mandyer Loge iſt diefer Befudy dem 
länger am Orte Lebenden unterfagt, und er erhält nur dann die Erlaubniß dazu, 
wenn er fich affilitren läßt. Außer der Aufnahme Tann ein Freimaurer, der fchon 
in einer andern Loge aufgenommen if, durch Wffiltation in eine Xoge übers 
treten, wodurch er das Zeichen u. Affilfationscertificat der Loge erhält. 
Iſt die Roge, bei welcher derfelbe früher Aufnahme fand, nicht von der ihn nun 
in ihren Schooß aufnehmenden anerkannt, fo heißt die Affiliation Rectification. 
Alles das bisher Befagte galt von dem 1. Grade (Lehrlingdgrade) u. von Lehr: 
ling6logen, denen aber auch die Brüder der andern Grade beimohnen. Aber auch 
@efellen- und Meiſterlogen bat man, in weldyen beiden lehteren befonvere 
Rituale, veränderte Zeichen, Griff, Wort und veränderte Symbole vorkommen. 
Die Gefellenlogen follen das Freudige, Muntere, die Meifterlogen den Ernft des 
Lebens ausdrüden und an Tod und Auferftehung erinnern. In den 2. und 3. 
Grad, fowie in die höheren Grade, geht man durdy befondere Beförderung 
logen. Der Freimaurer übernimmt YWardy feine Aufnahme mehre Pflichten; 
fo 3. B. daß er ſtets auf ſich adhtet und ſich mafellos hält (wollen das nicht 
auch alle kirchlichen und religtöfen SInftitute?), daß er Logenbeiträge entrichtet u. 
nad) Kräften Almofen gibt, befondere an bie Sogenatmofenfaffe (bei Feftlogen). 
Außerdem werden gewifle Aufnahmss und Beförderungsgebühren (bei einigen be 
ſonders der fogenannte Johannisdukaten) entrichtet. enn ein Freimaurer wie 
berum aus ber Loge treten will, fo deckt er die Loge, d. h. erklärt feinen Ab⸗ 
gang. Er erhält mei die ein fache Entlaffung. Oft gibt ihm die Loge dann 
auch, wenn er für fie mit befonderem Eifer gewirlt hat, ehrenvolle Entlaf- 
jun, oder ertheilt fogar die Ehrenmitgliedſchaft. Mitglieder, die ſich ale 
aurer unwürbig benehmen, oder ihre Pflichten nicht erfüllen, werden mit Er» 
elufton belegt, oder, wenn @htfchuldigungsgründe vorliegen, nur von der Lifte 
geftrihen. — Die Freimaurer halten audy öfter nach vollendeter Arbeit Tafel⸗ 
logen. Es fehlt bei dieſer Gelegenheit nicht an Toaften auf den Landesvater, 
die Protectoren, den Meifter des Stuhls und die übrigen Beamten, auf den Bund 
überhaupt, ſowie auf das Wohl der ganzen Menfchheil. Muſik und Geſang wer: 
den nicht verfchmäht. Geſchieht dad Zufammenfpeifen ohne weiteres Ritual, oft 
audy ohne maurerifche Bekleidung, zuweilen felbft ohne vorausgegangene Loge, fo 
heißt e8 ein Brudermahl. ie fich die Tafelloge zum Brubermahle verhält, 
fo zur eigentlichen voge der Logenclub. Es find dieß meift wöchentliche Ver⸗ 
fammlungen. Unter Schweftern verfteht die F. nicht nur leibliche Schweftern 
der Mitglieder der Logen, fondern audy Battinnen u. Bräute; die Brüder weihen 
diefen bei den wafelogen fietö einen Toaſt, und manche Logen vereinen fidy bei 
feierlichen maureriſchen Begebenheiten, Jubiläen, Ginweihungen neuer Lofale 
u. dal. zu Schweſterlogen, wo die Brüder mehrentheild ohne maurerifche Bellei⸗ 
bung, nur mit den Logenzeichen erfcheinen und felbft Mütter, Töchter und andere 
nahe weibliche Verwandte zugelaffen werden. Das Ritual iſt verſchieden und 
ziemlich wilfürlih. Die maureriichen Formen werben nicht beachtet; flatt ihrer 
treten aber andere analoge ein. Reden, Gefänge, Muflf machen die Unterhaltung 
aus. Haft ſtets folgen den Schwefterlogen Tafellogen. Auh Trauerfhwe 
ſterlogen hat man. Die franzöftiche Maureret hatte au) Aroptions- und Efpe 
sancier&logen, woran Frauen und Männer zugleich Theil nehmen. Lufton 
cengliſch, wahrfcheiniich von Lewis, Stärke) nennt wan den Sohn eines Frei⸗ 


Freimaurerei. 423 


naurers; er genießt meift bei der Aufnahme einige Vortheile. Es gibt audh” 
igene Luftonslogen, größtentheild bie Bhanıfebufen der ächten Logen. — 
leder die höheren Grade der Maurer wird in der Geſchichte derfelben weiter 
nten Mehres gefagt werben, In neuerer Zeit, wo bie fonft dahinter gefuchten, 
erborgenen Zwede: Geifterfehen, Goldmachen und del, von Riemand mehr ers 
dartet werben, find die höheren Grade mehr Ausfchüfle der verfänbigeren, durch 
te Zeit bewährten Brüder neworben, durch die man unter Bilderm und Sym⸗ 
olen Unterridyt über die Gefchichte der F. enthält; manche befondere Sy⸗ 
teme der Freimaurer nennen fie daher audy Erkenntnißſtufen. Mehr noch 
denen fie, um Ausfchüffe (innere Oriente) für die Großlogen zu bes 
ründen, die unter befonderer Auffidyt des Staates fliehen. Als Grrichterin- 
en anderer Logen find folche Großlogen in Beziehung zu dieſen Mutter 
ogen, und biete in Beziehung zu ihnen Töchterlogen. IR diefes Subor⸗ 
inationsverhältniß weniger —— und ſtehen die vogen mehr neben, al& uns 
einander, fo nennt man bieß Lo genbu nd. Die Groß ogen haben ®roßmeifter, 
Sroßbeamten ıc. und die Töchterlogen Repräfentanten bei den Großlogen, bie 
hre Synterefien bei derfelben vertreten. Auch Brovinziallogen werden, befondere 
on England, doch audy von andern Broßlogen aus errichtet. 

Geſchichte der F. Die F. nimmt ſymboliſch an, daß fle fo alt, als die 
Belt, und daß die Welt 4000 vor Chr. erſchaffen fe. Deßhalb zählt fie In Ihrer 
jeitrechnung die Jahre nach Chriſtus == 4000, aljo gegenwärtig 5842 als Jahr 
es Lichtes. Die alten Legenden führen den Urſprung der Maurerei bis auf die 
Söhne Lamech's, Jabal, Zubal und Tubalcatn nämlich, zurüd. Jabal war der 
stfinder der Geometrie und der Erfle, weldyer Häufer von Stein und Gebälte 
baute; Jubal war der Eıfinder der Muflt und Harmonie und Tubalcain der 
ehrer jedes Künftlerd in Kupfer und Eifen. Nach der Gündfluth erblühte das 
handwerk der Maurerei, und Nimrod war einer von den früheſten und großmü- 
higſten Beihügern der Kunfl. Abraham, der Sohn des Terab, war ein weifer 
Rann und ein großer Gelehrter, und er war bewandert in allen 7 Wiſſenfchaften 
nd lehrte die Aegypter die Wifienfchaft der Grammatik (?). Euklid war Abras 
ame Zöglinge und er war ed, der nach der alten Legende zuerft eine Maurer⸗ 
ütte errichtete (vgl. dad Freemason’s Magazine, Yebr. 1794). Auch in den Ges 
eimnifjen der ägyptifchen Prieſter, in den eleuſiniſchen Geheimniſſen (f. d.), im pytha⸗ 
oräifcyen Bunde, bei den Eſſäern (Therapeuten), in dem römifchen Baugewerbe, 
ei den Druiden, Euldeern ıc. hat man die Anfänge der Maurerei finden wollen; 
och wird dieß von vielen Maurern felbft nicht zugegeben. Dagegen, fagen fie, 
ei der Zufammenhang der Maurer mit den Baugefellichaften des Mittelaltere 
adyzuwelfen, und es fei wohl anzunehmen, daß bie Borfteher diefer Bauhütten, 
ie alten funftverfländigen u. in der Kunft lebenden Baumeifter, die Baugefellichafs 
em nicht bloß in einem zunftmäßigen, fondern im höhern Sinne nahmen. Auch aus 
Iten Urkunden, befonders der Kölner (angeblid) von 1535), fet dieß zu ent- 
ehmen; doch halten die meiften Maurer viele Urkunden felbft für untergeſchoben. 
Inbezweifelt aber foll es ſeyn, daß die Baugefellfchaften bald nad) England kamen, 
nd der Prinz Edwin fol im Jahre 926 Protector der Dorker Baugeſellſchaft 
eweſen feyn. Seit dem 14. Jahrhunderte fchied fidy dort die Gefelihaft der 
reiten Maurer, d. 5. die Baumelfter und Bauorbner, von den Handwerks⸗ 
saurern. Sie hielten ihre Befchlüffe geheim, weßhalb 1425 während der Min- 
erjährigfeit Senrihe VI. ihre Sigungen unterfagt wurden; 1436 prüfte aber 
jeinrich VI. ihre Statuten, billigte fie 1440 und ließ fidh 1442 in die Geſell⸗ 
haft aufnehmen. . Auch Jakob L, der Kardinal Wolfey und Graf fies, waren 
zroßmeiſter; dennody fcheint die Gefellfchaft noch keinen höhern Zweck, ald den der 
(usbildung der Baufunft, gehabt zu haben. Um 1561 erfchlen das aͤlteſte Ri- 
al der Freimaurer in England, das bis 1717 übliy war. Wuch hat man ein 
ltes Gedicht aus diefer Zeit, das die Grundgefehe der Maurerei enthält (vergl. 
zalliwell's Urgeſchichte der F. in England; deutſch Leipzig 1842). Unter dem 


44 Freimaurerei. 


Großmeiſter Inigo Jones warb die Geſellſchaft der freien Männer immer mehr 
vergeifigt, d. h. Pr befchäftigte fi), außer der Baufunft, audy mit andern Willen» 
ſchaften, u. fo trat ſchon 1645 gegen Bacon exoteriſche Geſellſchaft der phyſikaliſchen 
und philoſophiſchen Wifſenſchaften die Geſellſchaft der Freimaurer auf, um dieſe 
Wiſſenſchaft eſoteriſch (geeim) auszubilden. 1649 führten die Freimaurer, da- 
mals katholiſch u. koͤniglich gefinnt, die jegiaen Zeichen und Ginnbilder ein. Um 
diefe Zeit bildete ſich auch der Lehrling», Geſellen- und Meiſtergrad, d. b. bie 
‚Handmwerfömaurermeifter mußten erft Lehrlinge bei den Freimaurern werben. Rad) 
der Rüdkehr Karls IL fand die Maurerei unter dem ſpeziellen Schutze deſſelben. 
Ehr. Wren wurde nun Großmeiſter, u. durch ihn wurde die Geſellſchaft audy ers 
halten, da Jakob IL. ihr abgeneigt war. Nach 1688, als Jakob II. England ver 
lafien hatte, reformirte Wren die Geſellſchift u. bildete fie in der Welle aus, die 
der jeßigen Form zu Brunde liegt. Bis dahin hatte man die F. im großen Pub⸗ 
Iifum nicht gekannt, u. erfi fett dem 18. Jahrhunderte trat fie aus dem Schleier 
hervor. Wilhelm IIL warb 1693 aufgenommen, u. davon erhlılt die F. den von 
ihr fortgeführten Namen „königliche Kunſt“ u. die englifchen Logen dadurch eine 
antijafobitifche Tendenz. Unter Wilhelms II. Aufpiglen ward die erfte große Loge 
in London gefiftet. Nach ihm geriethen die Logen in Berfall. Die faft einzig noch 
befiehende Loge zu St. Paul beſchloß daher 1702, auch Perfonen, die nidyt 
Handwerfömaurer wären, ald Mitglieder anzunehmen u. legte fo den Grund 
zur Allgemeinheit der F. — Die Berlode der eigentlichen F. von 1717 — 
1783. 1717 vereinten fidy die vier Logen zu London zur höchften großen 
Loge von London; 1720 feterte die Londoner Broßloge zuerft ihr Stiftungs⸗ 
f und 1723 ließ Anvderfon fein Conſtitutionsbuch der engliſchen Broßloge er; 
einen, nachdem Georg I. ſte völlig anerkannt hatte. Dieſes galt lange für die 
Grundlage der Maurerei. Seit dem 10. Jahrhunderte b:fkand aber die Haupt 
baubütte zu York. Diefe hielt ſich für die eigentliche Großloge in England u. 
wollte im Befige ver alten ädyten Rituale feyn. So ſchied ſich die englifche Maurerei 
in die altenglifche, Yorker Syſtems, u. die neuenglifche, Londoner Syſtems. 
Mehre engliſche Logen bebarrten bei der alten F.; auch die trifdyen Logen, die 
1730 zu einer Großloge zu Dublin ſich verbanvden, wollten unabhängig bleiben, 
und Gleiches beabfidytigte die 1736 aus den ſchottiſchen Logen aufammengettelent 
Großloge zu Edinburgh, u. ein langer Zwift enfpann fidy, der bis zu Ende 1813 
währte. t Jakob IL waren 1638 einige Hofberren nad) Franfreidy gegangen, 
die zugleidy Freimaurer waren; dieſe benübten die maureriichen Formen, um 
mit Großbritannien und befonderd mit Schottland, wo die Stuarts die meiften 
Anhänger zählten, in Verbindung zu erhalten. 1689 benützten fie audy einen, tn 
Schottland für Jakob errichteten, geheimen Orden, St. Andreas zur Diftel, der 
fpäter Anlaß zur Errichtung des 4. Grades der Schotten u. des 5. der Andreads 
sitter gab. Doch mißtangen befanntlidy alle dieſe für Jakobs Wiedererlangung 
bes briuſchen Thrones. 1725 ward die erſte Loge in Frankreich, u. zwar zu 
Paris gefliftet, in der man den obengenannten 4. und 5. Grad einführte, um 
binter den Johannesgraden die eigentlihe damalige Abficht der franzöftfchen 
Maurerei, die Stuaits wieder auf den Thron zu heben, in Sinnbildern zu ver 
bergen. Als fpäter die Ausfichten des Prätendenten wieder günftiger wurden, 
war ihm die partfer Loge noch ein zu offener Schauplag zur Vorbereitung feiner 
Plane, und ed wurde im Palaft Elermont zu Baris, wo fein Bater refinirt hatte 
u. er noch wohnte, eine eigene Loge gegründet, die den Namen Elermontfdyes 
ochcapitel annahm, und welche ein eigenes Syſtem (Clermont'ſches Sy: 
em) gründete. he he hatten die Jefutten auf dieſes Syſtem den wes 
ſentlichſten Einfluß. Bon ihnen vornehmlich ſcheint die Fiction eined Zufammen- 
hanges der Freimaurer mit dem Tempelberrnorden zu flammen. Es wurde näms 
lid) behauptet, daß, nachdem Jakob Molay, ver Großmeifter der Templer, zu 
Paris verbrannt worben fel, fieben Templer, worunter der Marfchall des Or⸗ 
bens, Aumont, nach einer ſchottiſchen Inſel geflüchtet wären, dort einen, ſchon 


* 


— — 


orden fort ‚um 

ben, in Bilver u. Sinnbilder der — ——— hätten, 
(de mum der 6. Brad, der Tempelberr, Geimichkeit Kr 
eren Orabe.ben bedeutenden Einfluß übte, fo fam eich dem * Ritter, 
ſchon im BGrad gewöhnlich geweſen war, der: Tempelhert u, a 
R vom des Gapitels, Ratt der Während bie englüichen 
arer von London aus in GpaniensLi727. in Ma (17 
abon), in Italien (in nd 11 
Yerlanden (1734 tm 
ywoeis (1735 in Genf), noch in der hit se ah dir won 

e ©t. Georg, foäter —* auch die Loge zu 

aumburg, 1746 au Sann en errichtet hate, bee Seine fe kb wi 
h nad fernen Welttheilen aus, Kl u. Damask wurden felt —8 


eröffnet, dieſelben 1730 nach Nordauerika Aber en u. auch in Oſtindien 
* * Fr Bei y geübt u. überall Bro ee ernanmi. Una 
on lie das clermon e Hocdhra elegen 
ie J. weiter zu eben Es thellte demnach ai —* 
Ko YAuvergne, oe Leon, Burgund, Oritaunien, 
t Einfchluß holms, 8 ande u. Kurlando), Stallen und Griechenland 
beren jeder der Gig eines Heermeiſters ) fern follte; da fich aber fpäter die 
Ren diefer Provinzen ungeneigt — 5 clermontiſche Syſtem — — 
I andere, nämlidy: Riederdeutſchlaud (mit Boten u. ), — San 
do; Italien u. ®riechenland, Defterreich, nie Lombarbei, Rußland u. 
Blei) Anfangs war der Freiherr von Hund, ver 1742 um 
uver aufgenommen u, zu Barie zur Tatholifchen Kirche —— 1743 von 
zum 


hen pedcp zu den 
dert u. dem dent eſtellt, in M t 
* le Deut —e —* Pr 

































2 










ber 5. und befonder6 der höheren Grade des clermontifchen Syſtems in . 


fen, Hier hatte er audy den E. E. Beneral Graf Marfchal gavonnen 
ı esrichtete, mit ihm 1747 einzelne Logen, je fogar einen Sogenbund, der den 
men firifte room erhielt, weit in den Lateintichen Reverfen jedes Dee Deitgleh 

5 orſam (strictam observantiam) — mußte. Hund war ſo 
beit ber Erzählung von Ber vn gm aurcporungen ‚daß er hoffte, 
einmal ein Monarch rden erheben, Sein 


Bean wurde auf fleben Se tt, ale den age Joha aden 
and der ſchottiſche Meiſter, der ook be X re der Tempelberr ı 
ius o er) u. der Eques pr Geheime Oberhäupter Che und 


2 Obere) leiteten den ——ꝛ8 * m lan daß ſelbſt Die Jefuiten der Sade 
2 ganz fremd waren. Der em bere bieß-Eques a p rubra 
. der rothen Feder). Auch vie item © * erhielten —8 —— * 


3. hieß v v. Hund: Eques ab ense; ieß: Eques ab agulla ful 
elang v. Hund, viele In ‚erden u. feld die MRutterloge zu den 
| Bd geln zu Berlin zur Rr zu befehren. 1738 war bereits 


edrich der Große, noch als Kronprinz, 1 Broust weig zum Freimaurer aufge 
m worden u. hatte —— daß nach feiner Thronbeſteigung die Loge aux 
a globes (jegt die Rationalmutterloge zu den drei Weltkugein) zu Berlin 1740 
ifiet werde, welche in kurzer Zelt 1 Gierto en aäßtte ad) hatten 
viele hohe Perſonen —F men laſſen; es gehörte et der damaligen Hauio- 
&8 zum guten Sone d einer er kon mi Ten 1. "eh ſonach esciufiver 
ıetnen BVolke, d — anen, g Th es traten au 
sctionen gegen bem Orden ein, — 1731 —* —X 236 1735 
derlanden, 1735 von Raln.Rar VL (aber nur ——— 


Er 


in Are — fr * 


426 Freimaurerei. 
landen), Hamburg, Schweden Chier bei Todesſtrafe), Polen 1734, Toekana 1740 
verboten. In Spanien u. Portugal wurden die Freimaurer eingelerfert u. hart 
verfolgt. In der Türke, wo man auch Muhammebaner (mehre derfelben, die ges 
gen Ende des fiebenjährigen Krieged nady Deutfchland kamen, legitimirten 85 
als Maurer) aufnahm, befahl die Pforte, dag man, fobald wieder Logen gehalten 
würben, das Haus, worin fie flattfänden, umzingeln und mit Mann und Maus 
verbrennen folle. Am wichtigften war aber, daß Papſt Clemens XI. die F. 
1738 mit Bann und Ercommunication beiehke, was Benebict XIV. 1751 
hate Dieß bewog einen großen Theil der Beiftlichkelt, den Orden zu vers 
laffen. Dagegen wollen bie Feinde der Jeſuiten wiſſen, daß dieſe damals eben 
ihr Syſtem zum Tempelherrnorven ausbildeten. In andern Begenden wirkte das Ver; 
bot weniger u. wurde fogar in manchen bald, wie in den Niederlanden (1740) 
Toskana, de en (1746) zurüdgenommen. In nody andern widyen bie 
eimaurer durch Gtiftung ähnlicher Geſellſchaften aus; folche waren 3. B. der 
opsorden, vom Kurfürften von Köln geftiftetz der Eöperanceorden, von Paris 
ausgehend; der Harmonieorben ıc. Der Austritt der frangöftfchen @eiftlicdyen aus 
den Logen hatte der F. ihre beftimmte Farbe und Halt genommen. Sie kamen 
immer herab: Formen u. nichts als Formen galten, u. Grade auf Grade wurden 
gehäuft; bie gröbften Täuſchungen waren in den Logen num gäng u. gäbe. Alchemie, 
eifterfeheret u. a eefophie wetteiferten mit einander, den Maurern den Kopf zu 
verbreben. Der Graf St. Germain, Caſanova ınd Eaglioftro (f. dv.), 
die damaligen Abenteurer, fchlichen fidy ein, verfündeten Geheimniſſe und Wuns 
derbinge und flifteten neue Syſteme und Orden; ja, mandhe Syſteme hatten nicht 
weniger als neunzig höhere Grade mit hocdhtrabenden Namen, wie: Conseil de 
Chevalier de l’Orient, C. des empereurs de l’Orient et de l’Occident etc.; 
"ae der Maurerei waren damas die Kosns (Elu-Coöns), die hermetiſche 
., die Philalethen, die das Ganze nur verwirren und flören konnten. 
velt der franzoͤſtſchen Armee drang auch (im Tjährig. Krieg) das ganze Unweſen 
der damaligen franzöflihen WMaurerei ein und machte der firiften Obſervanz 
viel zu fchaffen, indem dadurch viele Brüder an deren Borfpiegelungen u. daraus 
hervorgehende Betrügereien glaubten. Gin früher Anhalt'ſcher Superintenvent 
Roſa verbreitete im Namen u. Auftrage der 3 Weltkugeln 1755—61 fein Syſtem 
(Rofatfches Syſtem) durdy Deutfchland und Schweden u. behauptete, daß das⸗ 
felbe Aufichlüffe über Alchemie, —ã Kosmoſophie u. Mechanik gäbe. Auch 
die aftikaniſchen Bauherren trennten von Hund. Ebenſo, wie fle, waren bie 
Illuminaten cf. d.) u. die neuen Rofenfreuzer (f. d.) ein Auswuchs u. 
Mißbrauch der 3. nad) dem Urtheile von Maurern ober [olihen ſich doch, fie 
benügend, fpäter in fie ein. Aber man fing nun auch an, in den v. Hund u. ſein 
Heermeiftertbum Mißtrauen zu fegen und dieß befonder6 nach dem Bongreffe 
von Altenberge bei Kahla 1764, den ein gewiffer Johnfon a Fünen, wie er 
fidy nannte (denn er bieß eigentlich Beder oder Leucht u. war Nichts als ein 
betrügerifher Bagabund) veranftaltetee Als diefer genannte Johnſon mit der 
Caſſe entfloh, drangen die übrigen Maurer fo in Hund, mehr zu fagen, als bis⸗ 
ber, daß diefer endlich auf fein Ehrenwort u. feinen Degen verſicherte, daß daß, 
was er über dieſes Heermeiſterthum gefagt, Wahrheit fei u. daß er bis vor Kurzem 
mit unbefannten Oberen zu Old Aberdeen correfpondirt habe. Die Mehrzahl 
des Bonvents nahm dieſe Erklärung an; ein nicht unbedeutender Theil erklärte 
fidy, beſonders fpäter, dagegen. 1767 erregten die Klerifer des Tempelordens 
(Clerici ordinis templarii), die ſich durch thr 3 t, den Frater Archidemides 
ab aquila fulva anfündigten, der ſich aber zuerft nicht öffentlidy nannte, fondern 
unter dem neuen lateintfdyen Ramen verbarg, aber behauptete, die wahre Weis: 
beit mitteilen zu wollen, vie befondere Aufmerkſamkeit der Häupter der firiften 
Obſervanz. Diefes klerikaliſche Syſtem hatte aber den Oberhofprediger Stark in 
Darmſtadt (denfelben, der fpäter feine u. feiner Zeit Berirrungen einfah u. das 
befannte Buch „der Triumph der Philoſoyhie“ tm 18. Jahrhundert fchrieb) zum 


Freimaurerei. | 47 


Stifter. Außer den 3 Graden der Johannismaurerei hatte das Syn noch 4 
höhere, nämlidy den Jungſchotten, den fchottifchen Altmeiſter oder Et, Andreas⸗ 
Nitter, den Provinz-Gapitular vom rothen Kreuze u. den Magus oder den Rit⸗ 
ter der Klarheit des Lichtes. Der letzte Grab hatte wieder 5 Abthellungen. Auf 
dem Eonvente zu Koblo, wo eine Reformation der ſtrikten Obfervanz vorgenom⸗ 
men und der Herzog Karl von Braunfchweig zum ®roßmeifter ernannt wurbe, 
blieb von Hund nur noch Heermeifter über die Logen firifter Obfervanz in Ober; 
n. Riederſachſen, Dänemark und Kurland. ber auch biefer Gonvent vermochte 
ned nicht, die Logen von aberglouben u. Abenteurern zu reinigen. Ein gewiſſer 
nwirih Schrepfer citirte Geifter in feinen Logen (1772— 74) u. Gugomo6 
(Eques ab cygno triumphante) gab fidy für einen Abgeſandten des heiligen 
Stuhle® aus, berief ſich auf Goldmachen und göttliche Offenbarungen und warb 
erſt Durch den Convent von Wiesbaden (1775) entlarot. Gr entfloh und wider⸗ 
rief jpäter. Auch die theofophifch-muftiichen Martiniften, die Kreugbrüder und 
aflatiichen Brüder fanden da und dort Anhang in den Logen. Aber es fanden 
audy viele Enttäufchungen flatt; fo 3. B. legte Schubart von Kleefeld, Rofa’e 
Nachfolger, feinen Hammer nieder. Als Herzog Karl Wilhelm Ferd. v. Braun 
fhweig einen Eonvent zu Wilhelmsbad (1783) veranlaßte, warb das (dem 
ſehr wanfend geworbene Tempelherrſyſtem für aufgehoben erklärt und bie 
Obſervanz auf neue Grundfäge u. auf A Grade mit verändertem Syſteme zurüd, 
geführt. Dieß IR das Wilhelmobader ober rectificirende Sy ſtem. Dies 
fer Eonvent war durch die Angriffe des Oberhofprenigerd Stark zu Darmfladt 
veranlaßt worden, die diefer, als es ihm mißlungen war, die Logen Kurlande 
für fein Elerifalifches Syſtem zu gewinnen, gegen die ſtrikte Obfervanz geih- 
tet hatte. Ricolat, Biefter u. Gedike befchuldigten Stark geradezu des Katholicismus, 
u. der Mann war in der That in feiner Anfhauın 8 u. Denkweiſe er 
wenn er auch nicht wirklich convertirte. — Die 2, Periode erfiredt fi vom 
Wilhelmsbader Sonvent 1783 bis zur franzöftichen Revolutton. Im diefer Zeit 
ſuchten fi) Die Logen von den biöherigen Makeln u. Flecken zu reinigen, u. man 
fuchte, da man fidy über die Mittel hierzu nicht vereinigen konnte, dieß in beſon⸗ 
bern Syſtemen u. in inneren Orienten oder Großlogen zu erreichen. Bereits 
iſt erwähnt worden, daß fidy in Großbritannien, nädhft der alt» engliſchen Yorker 
Großloge, große Logen in London, Dublin, Somburgb bildeten, von denen bie 
zweite befonders wichtig ward. Diefe neuenglifche Londoner höchfte Großloge 
nahm 1777, nach dem Borbilde anderer Syſteme, einen 4. Grad. (»Royal Archs) 
an, auch verpflanzte fie diefen Gran 1783 tn ihre Provinzlallogen. In Frank⸗ 
tet en, trog des Verbots der F. durch Ludwig XV., faft it dem Beginne 
der F. ſchon Broßlogen, u. 1738 nahm der Herzog von Antin, 1743 felbft der 
Herzog Louis von Bourbon, Graf von Elermont, alfo ein Prinz von Geblüt, 
das Großmeiſterthum an. Dieſe vornehmen Großmeifter befümmerten ſich indeß 
wenig um {hr übernommenes Amt, u. ein gewifier Lacowne, der 1761 Tanzmeifter 
war, verwaltete die Großmeiſterſtelle. Dieß mißfiel jedoch Manchen Außerft, und 
ed gab daher einige Jahre lange 2 franzöftfche deputirte Großmeifter, bis es dem 
Grafen von Glermont doch zu arg wurde und er Lacorne abfehte. Aber nicht 
fonnte er die inzwifchen erfolgte Bildung von Großlogen zu Bordeausr, Lyon, 
Marfellle, Orleans u. Bouillon verhindern. Ein neues Verbot gegen die F. er- 
fol, te 17675; doch gelang es dem Herzoge von Chartres (fpäter von Drleans, 
während der Revolution Egalitö genannt) 1771 ſich als neuer Großmeiſter an 
die Spige aller Spfteme u. die, ihn ſäͤmmtlich anerfennenden, Großlogen geftellt 
zu fehen. Er ernannte den Herzog von Luxemburg zu feinem Administrateur 
general. Ein Grand Orient de France, beftehend aus Deputirten aller Logen, 
wurde 1772 eingefegt u. der Herzog von Orleans felbfi zum »Souverain grand 
maitre de tous les conseils, chapitres et loges &ccossaises de Frances auöges 
rufen. Diefer große Orient hielt Ordnung unter den Logen, fuchte die Grade 
einzufchränfen, u. ein Gonvent zu Lyon 1778 verwarf das Tempelherrigfem, das 


428 Freimaurerel. 
beſonders In Lothringen u. im Elſaß Eingang gefunden hatte, u. die Logen des⸗ 
felben air fid} nun dem Grand Orient an. Schon 1756 hatte die holläns 
diſche F. unter der Bevinguna, daß alle hollaͤndiſchen Logen unter einer Groß⸗ 
Loge zu Hang Ränden, ie Anerkennung des Staates erlangt, u. 1770 ſchloß 
aus ke nen Bereinigungövertrag mit der höchflen Londoner Großloge. Im 
Dänemark wurde von Gtaatöwegen 1792 die ganze %. unter ben Großmeifter 
Prinz Karl von Heſſen geſtell. In Schweden beftimmte ein Beich (1785), 
daß feine Loge mehr anders, als unter der Eroßloge in Gtodholm arbei⸗ 
ten dürfe, u. derfelbe König, der die F früher bei Todesftrafe verboten, ließ ſich 
von den neuen Logen feierlich Huldigen. Die ſchwediſche F war nad) der frans 
zoͤſiſchen geftaltet, arbeitete nach Clermontſchem Syſteme u. hatte eine fta'fe Beis 
miſchung von Rofenkreuzerel. 1765 ward das Templerſyſtem eingeführt, dieß je⸗ 
doch u. das Clermontiſche wurden 1777 zu einem ganz veränderten, neuen Syſtem 
umgebilvet, dad dem altenglifchen nahe kommt. Wohlthätigfeit warb ale Urs 
zwed ver F. betrachtet. Die ſchwediſche Maurerei bat 9 Grade, darunter 
3. D., neben den Zchanniögraben, den Ritter in Ofen, den Ritter in Weſten, 
den fchottifchen Meifter u. |. w. Der Swedenborgianismus wirkte jedoch bes 
deutend auf die ſchwediſche F. Dadurch, daß Guſtav II. die F. gegen den Adel, 
weldyer die Macht damals in Händen hatte, benügte u. feinen Bruder, den Her⸗ 
io von Süpdermannland zum Großmeiſter ernannte, befam die F. eine eigenthuͤm⸗ 
ide Beriehung. In Rußland Eonnte lange feine eigentliche Großloge zu Stande 
fommen; obgleih Katharina II. Protektorin ver Loge Klio in Moskau ward, 
war dieſe doch nicht Oroptoge. Der ruffifche General Melefino, von Geburt ein 
Grieche, führte 1768 das Melefinotifhe Syflem ein; es enthielt 3 Johan⸗ 
niögrade u. außer diefen 4 Grade; die Rofenkreuzeret fpielte befonderd in dem Grade 
Klerikat eine bedeutende Rolle. Es beftand dieſes Syſtem nur in wenig Logen 
in u. um Peteröburg u. war außer Rußland wenig befannt, 1776 ward von 
England aus das Großmeiſterthum des v. Jolachin anerkannt. 1786 waren be: 
reit6 15 ruffiche Logen bekannt. In Polen entfland 1769 die erfte Großloge 
aus der 1749 begründeten Loge zum gutem Hirten in Warfhau. Als der ruf- 
fifhe General Igelſtrͤm 1783 u. 1794 Warſchau befept hielt, wurden bie Logen 
durch ihn gefchloffen. Später, als die Thellungen Polens eintraten, Tamen bie 
einzelnen Logen der abgerifienen Theile Polend unter die Geſetze des Staates, 
zu dem fle ‚geibta en wurden. Sn der Schweiz nahm die Loge zu Ruufanne 
den Titel eines helvetifehsromanifchen Directortums ,* die zu Bafel den eines 
„altfchottiichen Directoriums* an. In Genf erhoben fi) 7 Logen zu einem uns 
abhängigen „Sroßbirectorium.” Doch wurde erftered nach dem erneherten Ber; 
bote der F. zu Bafel aufgehoben (1782). In Deutfchland wurde zu Ende des 
18. Jahrhunderts das rectificirte Wilhelmsbavder Syſtem durch Großmeifter 
Peru Karl Wilhelm Ferdinand von Braunfcdhweig u. defien Loge „Karl zur ge- 
Önten Säule“ repräfentkt. Anfangs gehörte die „Rattonalmutterloge zu den 3 
Weltkugeln“ zu Berlin zu diefem Syſteme. Es begannen aber bald Streitigkei⸗ 
ten mit ihr, und ſchon 1784 erklärte ſich die Rationalmutterloge mit allen ten 
Töchterlogen von allen maurerifchen Berbindungen, alfo audy von den Wilhelms⸗ 
badern, für unabhängig. Sie erkannte daher audy den, von jenem befchlofienen, 
4. Grad nicht für gültig, fondern behielt, wie bisher, ihre 7 Grave bei. Daher 
ging denn auch der Name firifte Obſervanz vornehmlich auf das von ihr 
efolgte Syſtem über, zumal, da die leitende Loge des Wilhelmsbaver Eyftems 
fpäter ein anderes Syſtem annahm und die eigentlich. ftrifte Obſervanz fidy nad 
und nad) auflöste — Die Lone de 1’Amitie hatte bereits 1764 In Berlin 
ihre Gonftitution von der Loge Puritas in Braunfchweig erhalten. Sie hatte 
1765 den Herzog von Dorf, Prinzen von England, aufgenommen und durch 
feine Bermittelung eine Gonftitution von daher befommen. Deßhalb nannte fie 
Ad audy »Royal York zur Freundſchaft,“ og fpäter Logen zu ihrem Syfteme u. 
map bie Stelle einer Mutterloge ein. Der Gmeatkobsart Ellermann 


Freimaurerei. 429 


(mit dem Adoptionsnamen v. Zinnend od begann 1766 die Bildung eines 
befonderen Syſtems. Gr hatte v. Hund's Legitimation als Heermeifter der 7 Bros 
vinzen auf dem Eonvente zu Altenberge nicht anerkannt, erklärte die firifte Ob⸗ 
fervanz für unächt und vereinte 12 Logen 1770 zu einer Großloge in Berlin, 
nachdem er ſich das fchwebifche Rituale verfchafft hatte. Diefe erhielt ein Patent 
von London, u. nach vielem Hins u. Herfireiten, wobel er fidy eben nicht duldſam 
zeigte, erklärte ſich dieſe Broßloge zu Berlin zur großen Landesloge von 
Deutfchland. Die ſchwediſche Großloge übrigens hatte erklärt, daß Zinnens 
dorf ohne ihr Wiſſen ihr Rituale Hg babe. Im Grgenfape zur ſtrikten Ob⸗ 
ſervanz erklärte Zinnendorſ ſein Syſtem für die late Obſervanz, obſchon es 
weit ſtrenger war, als die ſtrikte. Mit der höchſten großen Loge in London 
ſchloß er, durch die Vermittelung des Landgrafen Georg Karl von Heſſen, 1773 
einen Vertrag, nach dem alle Logen in Deutſchland ihr zugehoͤren ſollten. Yu 
er nahm 7 Grade nady Art der —E* an, u. die Landesloge führt fie no 
bis jebt. Die Loge Royal York vereinte fidy 1776 mit der Landesloge, trennte 
fidy aber 1778 wieder von ihr u. reclamirte ihre alten Rechte. 1798 erging von 
der preußifchen Regierung der Befehl, daß jede geheime Geſellſchaft unterfagt fet, 
nur die F. nicht, wenn fie fich einer der genannten 3 Großlogen anfcyließe, 
Diefer Befehl iſt noch jetzt in Kraft. — Die englifche Provinztalgroßloge in 
Frankfurt erlofch 1782 mit dem Tode des PBrovinzialgroßmeiftere Bogel. Aus 
ihr ging nun, gegen den Willen der Großloge zu London, der eklektiſche Bund 
hervor, der nur 3 Johannisgrade haben u. fid von Sektengeiſt u. Schwärmerei 
fret Halten follte Auch die Loge zum Reichsadler zu Weblar befannte fidy gu 
biefem Bunde, fo wie noch viele andere Logen. ber 1789 ward er temporär 
dadurch aufgelöst, daß der Repräfentant der ödhften roßen Loge in London bie 
Sranffurter rovinzlalloge wieder einfebte. Doch conftituirte fidy dieſer etufde 
und fpäter wieder, wozu ſich die Darmflädter u. andere Logen hielten. 
zwoifchen waren die Logen nicht überall fo gern gefehen, u. beſonders in Danzig und 
Aachen wandte man fidy gegen fie (um 1774 u. 1779). Auch in Renpel, Spas 
nien u. Bortugal wurden die Verbote gegen die %. theild erneuert, theild ge 
fchärft. Die Kaiſerin Maria Therefla unterfagte in ganz Defterreid, die Logen; 
Joſeph N. hob natürlidy dieſes Verbot auf u, unter ihm wurde 1785 eine Landes» 
loge alter öfterreichiichen Staaten in Wien errichtet. In jeder öfterreichifchen 
Haupiſtadt durften übrigens nur 3 Logen beftehen, die unter den Schutz der Bes 
börben geftellt waren. Leopold II. war den Logen nicht geneigt, body beftanden 
fie fort bis 1794. Durdy die Begünftigung der Maurerei in Oeſterreich thaten 
ſich auch in allen größeren Städten Italiens Logen auf; ja fogar in Rom wurde 
eine folche 1784 ftillſchweigend gebuldet. 1786 wurde bie — 8 — Bulle von 
4751 dahin modificirt, daß die Freimaurer nicht mehr excommunicirt werben folls 
ten. In Württemberg war die F. ſchon 1784 unterfagt, fowte auch ſchon 1775 
den geiftlichen u. weltlichen Dienern des Fuͤrſtbiſchofes von Hildesheim Seitens 
deffelben verboten wurde, Logen zu befudhen. In Pfaljbayern wurde die $. 
1784 u. in Venedig 1785 fireng verpönt. — Während der franzöfifchen Revo⸗ 
Iution lösten ſich in Frankreich beinahe alle Logen auf, da der größere Theil der 
Mitglieder entweder auswanderte, oder durch die Guillotine fiel. Letzteres Loos 
traf fogar den Großmeiſter, Herzog von Orleans (Egalite). In England wur⸗ 
den durch Parlamentsbeſchluß zu dieſer Zeit alle geheimen Gefellfchaften verboten, 
die Maureret aber ausprüdliih ausgenommen, weil Wohlihätigkeit einer ihrer 
wede fe. In Deutfchland wurde von Kalfer Kranz 1. im Jahre 1794 beim 
eichötage darauf angetragen, alle geheimen Gefellfchaften, alfo auch die Maus 
rerei, zu verbieten. tele Reichsſtände remonftrirten dagegen, befonder8 Preußen 
u. Braunſchweig. Die öfterreidhifcdhen Logen dedten bald darauf freiwillig (fo 
agen fie wenigftens). Jeder öfterreichiidhe Beamte mußte übrigene 1801 einen 
er unterfchreiben, nicht Sreimaurer zu ſeyn oder werden zu wollen; auch 
mehre katholiſche Staaten, z. DB. Mainz, Trier, Würzburg, fehärften das frühere 


430 Frelmanrerel, 
Berbot ein. Im übrigen Deutfchland blieb die F. beſtehen; doch ftellten mehre 
Logen ihre Arbeit ein, theild des Kriegee wegen, theils um jeden Berdacht politifcher 
Umtriebe zu vermeiden. In den Rieverlanden, Dänemark u. Schweden wurde 
die Maurerei nicht gefört. In Rußland entzog Katharina IL. den Logen ihren 
Schutz (1794), da fie politifche Umtriebe darin fürdhten zu müflen glaubte; doch 
dauerten fort diefe felbft und ver Adel nahm großen Antheil an Ihnen. Unter 
Paul 1. wurden 1798 alle geheimen Gefellichaften, alfo audy die F., unterfagt 
(1798), wahrſcheinlich, um dadurch den Malteferorden zu heben; wenigftend wur⸗ 
den die Logenmeifter auf gegebenen Handfchlag, Feine Logen mehr zu halten, zu 
Malteferrittern ernannt. Alexander I. beflätigte 1801 dieß Verbot; doch, bewo⸗ 
gen durdy den Staatsrath Böber, die F. beftchen zu lafien, that er es; ja, er 
wurde fogar durch den Genannten felb Maurer, Was die inneren Berbältnifie 
der Logen in dieſer Periode betrifft, fo drang man auf Vereinfachung u. Ber; 
minderung der Grade. Dieß war: befonderd bei der Großloge Royal York ber 
Gall. Nachdem die Mutterloge Royal York in Berlin fi) von der großen Lan⸗ 
desloge 1778 wieder getrennt hatte, arbeitete fie nämlidy eine Zeit lange nad) 
dem früheren Sufeme; dann trug fie dem Profefior Feßler u. 7 Mitglievern auf, 
ihre Rituale u. Berfaffung zu revidiren. Feßler gab ihr 1797, flatt der höheren 4 
Grade 6 Ertenntnißfufen, nämlich: Allerheiliges, IJuftificatton, Feiet, Ueber- 
gang, Helmath, Bollenbung,. Jeder dieſer Erfenntnißftufen eht eine Einleitung 
(Initlatton) voran, die den Namen verfelben führt. Schon früher hatte derſelbe 
Feßler in Schlefien den Bund der Euergeten (Wohlthäter) zu geänden gefucht; 
doch Fam er damit nicht recht zu Stande, u. die Euergeten lösten fih 1795 
wieder auf. Die Großloge Royal York nahm 1800 das altenglifche Ritual für 
die 3 Johannisgrade an u, vereinte ſich 1801 mit der Großloge für das Kurs 
fürftenthum Braunfchweigstüneburg, und mit der großen engliſchen Loge zu Hans 
burg zur reinen F. in den 3 erflen Graben. In diefer großen Provinzlalloge zu 
Hamburg hatte nämlid) der Schaufpielbirector Schröder in den legten Jahren 
des 48. Jahrhunderts im Stillen eine ähnliche Aenderung bewirkt. Er ging 
nämlidy ganz auf das einfache altenglifche Ritual zurüd, u. dieß Ritual war ed, 
was viele andere Logen annahmen (Hamburger u. Schröver’fches Syſtem). Aber 
au dieſem Syſteme war Eine Eifenntnigfufe mit feterlidyer Aufnahme in fie 
eigen. — In Frankreich lebte die F. fchon ſeit 1796 wieder auf u, fam in der 
Kaiferzeit zu voller Anerkennung. Alle Logen Frankreichs wurden unter die neu- 
errichtete des „großen Orient von Paris“ geftelt u. Napoleons Bruder, Joſeph, 
um Grofmeifter ernannt. Doch war er felbft nicht Maurer u. befuchte nie eine 
og. Bambacsres beforgte an feiner Stelle das Großmeiſterthum. Er ver- 
einte das bisher auf dem Gontinente unbekannte, 1804 von den Grafen v. Graffe 
u. Tilly aus Nordamerika dahin gebrachte, Syſtem des Supr&me Conseil, weldyes 
33 Grade Fannte, mit dem des großen Drient, u. ward -aud) von diefem Eyfteme 
Grofmeifter. In Paris gab ed damals 120 Logen, in ganz Frankreich 1200. 
Faſt überall, wohin die franzöftfchen Waffen reichten, in Italten, Spanien, Bor: 
tugal, Polen, lebte die F. wieder auf, und viele franzoöͤſiſche Regimenter führten 
Regimentölogen. In Weftphalen ward eine Großloge zu Kaflel errichtet u. in 
Warſchau der „große Orient von Polen“ wieder proclamirt (1809), dem fidy die 
Logen Polens anſchließen mußten. In Preußen flelten die Berliner Logen 
vom October 1806 bis December 1808 ihre Arbeiten ein, um Collifionen mit 
Sretmaurern aus der franzöflfchen Armee zu vermeiden; doch dauerten die Innern 
Oriente der Großlogen fort. Auch die englifhe F. wurde da überall ans 
epflanzt, wohin englifhe Maurer famen; fo in Spanien, Sicilien, Malta ıc. 
EM in Schweden der biöherige Großmeifler, der Herzog von Süvermanns 
land, als Karl XII. auf den Thron kam, kam auch mit ihm die F. daſelbſt 
in großed Anfehen. Es wurde von diefem Könige dafelbft 1811 ein eigener Or⸗ 
den für Freimaurer geftiftet, der den Rittergrad des ſchwediſchen Syſtems bilvet. 
Außer ben Prinzen befamen ihn noch 30 Mitglieder. — Wir wollen nun noch 


2* 


3 era neigt 
J — Eh $ Egg sl Are ech An 
FRE FPRSPEGER he Hr : EN 
Sfgucoger: 1a] 2 


sis H sit i 
Bu 
og —— 


hen 


“ nl 


su 

5 
— 
ee, 5 


— 
lut 
ai 
ud) in 
if den Innern, Gira 
fetbR 
deßhalb 


nd» wirven 
eine 
eagliſhe 
* roßlog 
pmeifer ( 
eurneuptlle 
—æ 6 
olen [iin de in 
— 
eine. 
5* 
—— 
— 
— 
— * 
jo 
hen Steimaurern 
fpanifchen Revolı 
Sreimaurer. Be 


? z Fr 
FH ii h — He : — 
—— — — 

a8; ySepgei ARSSSESES 
RHRHr Bi 5 Ar — 21: „5 ES: sis Rh, i 
ER + eren 
H e 
Er ——— ln Eraies gar —A 
an BE —— Fr A 0 
he DOD——— 


432 Freimaurerel, | 
Logen compromittirt gefunden habe. Auch in Polen erfolgte 1822 die Schlieſ⸗ 
fung der Logen. Rad Merico war die %. während der dortigen Revolution 
geommen u. erh dort rafdy um fi. Die dortigen Maurer fpalteten ſich aber 
d in Ecoſſinos (Anhänger der franzöftfchsfchottifchen) und Dorfinos 
(Anhänger der altenglifchen Maurerei). Die Regierung fah ſich jedoch, da ſich 
politiſche Elemente immer mehr einmifchten, gmdthlgt,. bie F. zu verbieten. — 
En Europa hatte 1830 die Zultrevolution zu Paris auf die F. wenig Einfluß 
gehabt. In Polen reftituirten ſich zwar während der polnifdyen Inſurrection 
830 u. 1831 einige Logen; doch wurden fie bald darauf wieder geichloffen. Das 
von den Niederlanden getrennte Belgien befam eine eigene Großloge zu Brüffel, 
und in Kurheſſen fand fidy der Kurprinz Mitregent bewogen, die Öroploge in 
Kaffel u. die übrigen Eurheiflfchen zogen zu fchließen. Sonſt arbeiten die Logen 
ruhig fort; die Syſtemſucht fcheint fich Immer mehr zu verlieren. Doch entfpannen A 
Gontroverjen über die Aufnahme oder Nichtaufnahme der Juden in Die Logen. “Die 
englifchen Logen Rimmten für die Aufnahme derfelben, die Berliner dagegen. 
Die in Frankfurt a. M., nur aus Sfraeliten beftehende, Logen zur "aufgekenpen 
Morgenrodihe“ erhielt nämlich ihre Gonftitution von der höchſten Großloge zu Lon⸗ 
don, und die zum „Frankfurter Adler“ von der Großloge zu Paris. Diefe Logen 
aber wurden von den preußifchen Logen und dem ekleftiichen Bunde zu Frank⸗ 
furt a. M. nicht anerkannt, und leßterer trennte deßhalb als Provinzialloge voll 
.. von der englifchen Broßloge in London. Man las jedoch in diefen Tagen er 
in der Allgemeinen Zeitung, daß eine der Hauptlogen Berlins endlich den Beſchluß 
gefaßt habe, aus ihren Statuten denjenigen Paragraphen wegfallen zu lafien, 
weldyer den Eintritt in diefelbe vom chriftlichen Glaubensbekenntniſſe abhängig 
macht; der Brinz von Preußen babe dieſer seitgem ßen Umänderung nicht länger 
eine Zuſtimmung verfagen zu dürfen geglaubt, Belanntlidy hatten englifcdye Schwes 
logen genen die Berliner Logen Reprefliomaßregeln ergriffen, weil dieſe fich 
weigerten, jübtfchen Brüdern, die in engliſchen Rogen aufgenommen waren, den 
uttitt zu gefatten, was freilich mit dem oberften Grundſatze der Maurerel: das 
rudertbum von dem bloßen fittlid und bürgerlichen Wertbe, und nicht von Con⸗ 
feffionss, Ranges und Geburtözufälligfeiten abhängig zu machen, nidyt in Gin» 
fang zu flehen ſcheint. Ja, die genannte Zeitung fügt nody bei, es werde bei 
diefer Gelegenheit jeder Late (Profane) nody weiter einwerfen müflen: warum in 
einer Zeit, wo Alles zur Diffentlichkeit drängt, dieſes muftifche Gcheimwefen bet 
te Thüren? woraus man zur Genüge erkennen fann, daß tn unferer 
geiftigerregten und bewegten Zeit wahrfcheinlidy auch die Maurerei einer Reform 
entgegengebt. — Bor einigen Decennien wurben die Brüder Kraufe, Moßvorf 
und Beldmann, weil fie die F. in philofophifcher und hiſtoriſcher Hinfidht bes 
leuchteten und ihre Schriften in den öffentlichen Buchhandel gaben, wegen Ver⸗ 
legung der Berfchwiegenheit ſtark angefeindet und erftere fogar ausgeſchloſſen; 
doch wurde Moßdorf fpäter wieder aufgenommen. Kraufe ſchlug damals eine 
Ummwandelung der F. in einen Menfdhheitsbund vor, fand jedoch feinen Anz. 
fang. — Der gegenwärtige Zuftand der F. if nun folgender: Kür Deutfdys 
land, und zwar zunächft für Preußen, wo die F. fih am thätigften zeigt, hat 
der Prinz von Preußen, Wilhelm, nady feiner Aufnahme 1840 die Leitung der 
5. als Sroßmeifter fämmtlicher Syſteme übernommen. Es find befonderd anzus 
führen: 1) die Rationalmutterloge „zu den drei Weltfugeln“ in Berlin. Ste zählt 
89 arbeitende Töchterlogen in 86 Städten (in Berlin 4), von denen jedoch 9 nicht 
in Preußen befinvlidy find. Im Ganzen zählt die Nationalmutterloge etwa 7500 
Mitglieder ; fie arbeitet nad) dem aus der firifien Obfervanz entflandenen Eyfteme 
und bat mit den Johannisgraden 7 Grade, 2) Die große Landesloge der Frei⸗ 
maurer von Deutfchland in Berlin zählt 53 Logen In 37 Etädten (7 in Berlin, 
3 in Breslau, 6 in Hamburg, 2 in önigeberg, 3 in Roftod; auch find in 
Breslau, Königöberg, Hamburg u. Roftod Provinziallogen für Schlfien, Preu⸗ 
Sen, Rieberfadhien und Medienburg); bievon find 18 außerhalb des preußifchen 


Treimaurerel, | 4433 


Staates. Sie hat etwa 3770 Mitglieder, arbeitet nach dem v. Zinnendorffchen, 
dem altfchwebifchen entnommenen, Syfteme und hat 7 Brave. Die Rationalmuts 
terloge u. Landes loge ließen ſich bisher gegenſeitig nicht in den höheren Graden zu; 
doch find fie 1841 übereingelommen, dieß in dem 4. Grade zu thun. 3) Die große 
Loge von Preußen, genannt „Royal York zur Freundſchaft“ zu Berlin zählt 23 
Logen in 22 Stäbten (4 in Berlin; auch ift die Loge in Breslau Pros 
vinziafloge) und etwa 1440 Mitglieder. Ste hat flatt der höheren Grave 6 Ers 
fenntnißftufen. — Im Königreihe Hannover beftehen unter der Großloge des 
König chs Hannover zu Hannover 11 Logen in 9 Städten, ſaͤmmtliche innerhalb 
des Landes. Diefe Loge arbeitet nady altenglifcher Weiſe. Außerdem beftehen 
im Königreiche Hannover 2 Rogen, die der Rationalmutterloge zu Berlin und 2, 
die der Landesloge ebenda angehören. — Die große Loge zu Hamburg (nad 
Schröver’fchem Syſteme) zählt 14 Logen, darunter 3 2ogen zu Hamburg, . 
die Provinzialloge von Medlenburg zu Roflod mit 2 andern medienburgifchen 
Logen, 2 im Deuogthume Oldenburg, 1 im Herzogthume Braunfchweig, 1 im Groß⸗ 
berzogthume Weimar, 1 zu Lübel und 1 im Koͤnigreiche Württemberg. — Die 
große Landesloge zu Dresden zählt 10 Logen in 9 Städten, wovon nur Mei⸗ 
ningen- außerhalb des Königreichd Sachfen liegt, und ift ein Berein von Logen, 
die nad den verfchiedenften Syftemen arbeiten. "Außerdem beftehen im Königs 
reiche Sachſen 4 iſolirte Logen (zu Leipzig), die fidy der großen Landesloge nicht 
angefcylofien haben. — Die große Mutterloge des eklektiſchen Bundes in Frank, 
furt a. M. hat 12 Logen unter oder neben fidy, von denen 3 in Frankfurt a. M., 
6 im Großherzogihume peienzDarmflabt, 3 tin Bayern und 1 im Herzogthume 
Koburg find. Der eklektiſche Bund aber arbeitet nur in den 3 Johannisgraden. 
— Die große Landesloge in Bayreuth zählt 5 Logen, wovon 1 außerhalb (zu 
Stuttgart), die übrigen innerhalb des Königreichs Bayern befichen. Ifolirte 
Logen find Logen, die, obfchon regelrecht conftituirt, dody vom Anfange an bes 
ſonders arbeiten, oder durch Zufall von den Großlogen, zu denen fie Früher ges 
hörten, entfernt wurden. Es find deren 6, nämlich zu Altenburg, Hilpburahanfen, 
Leipzig (2), Sera u. Regensburg. Logen, die von Großlogen außerhalb Deutſch⸗ 
land abhängen, find: 1) 2 jüntfche Logen zu Frankfurt a. M., welche die eine 
von der hoͤchſten Broßloge in London, die andere vom „großen Orient“ zu Paris 
ihre Gonftitution empfingen und 2) die Loge zu Altona, weldye verfafiungsmäßig 
zut Großloge von Dänemark zu Kopenhagen gehört. Diefe 61 deutſchen Logen 
verfchiedener Syſteme mögen, außer den 164 preußiſchen, etwa 4600 Brüder, und 
mit jenen in 225 Logen gegen 17,500 Brüder zählen. Außerdem gibt es noch 
viele ruhende Logen, die aus irgend einem Grunde ihre Arbeit einftellten. Viele 
von ihnen nehmen wohl in Zukunft ihre Arbeit wieder auf, Unterfagt iſt die F. in 
Oeſterreich, Kurhefien u. Baden, doch fol in legterem Lande Ausſicht zur baldigen 
Wiedergeftattung der F. vorhanden feyn. Keine (wenigftens nicht arbeitende Logen) 
find in Anhalt-Defiau u. Köthen, Heffen«Homburg, Hohengollern-Hedyingen und 
Sigmaringen, Liechtenftein, Lippe-Detmolb u. Schaumburg, Raffau, Reuß jüngere 
inte, warzburg-Rudolftadt u. Sonvershaufen. — Betrachten wir die Länder 
außerhalb Deutfchland, zuerft Großbritannien. Hier beftehen Großlogen: 1) 
bie höchfte Großloge in London, die nach nenenglifchem, 1717 georbnetem Sy⸗ 
ſtem arbeitet u. den höheren Grab Royal Arch hat. Bon ihr ift hauptſächlich bie 
5. audgegangen. Großmeifter ift der Eönigliche Prinz, Herzog von Sufler; man 
jagt jedoch, daß nächftend der Prinz Albert von Sachſen⸗Koburg, Gemahl der 

nigin Bictoria, in den Bund aufgenommen u. ihm dann das Großmeifterthum 
übertragen werde. Die Großloge zu London hat zahlreiche Brovinziallogen in 
England, fowie auch auf dem Gontinente u. in andern Welttheilen. 2) Die Groß⸗ 
loge au York; fie arbeitet nach altenglifchem Syſteme u. hat Feine höheren Grabe. 
3) Die Großloge von Schottland in Edinburgh, die nad) einem Ritual ars 
beitet, das dem altenglifchen ähnelt. Sie erkennt höhere Grade nicht an. Bei der 
ſchottiſchen Maurerei befteht aber der Drben des heil. Andreas, wenn aud) ges 

Menlencpclopädis. IV. W 


434 Freimanrerei. 


fondert , u. die Johannisgrade fcheinen nur Vorbereitungen zu der höheren ſchotti⸗ 
[en Maurerei zu feyn. 4) Die Großloge von Irland zu Dublin. Die F. ſteht 
n ganz Großbritannien in hohem Anſehen; alle Großlogen haben viele Töchter 
logen in England, Schottland, Itland, wie in den Colonien. Die F. iR auch 
dort weit mehr öffentlich; Fein großes oͤffentliches Gebaͤude wird, beſonders in 
“ Schottland, errichtet, wozu nicht bet Grundfteinlegung die Logen eingeladen wer⸗ 
den; audy finden oft Öffentliche Aufzüge der Maurer ftatt, — In Frankreich leitet 
der „große Orient“ die %. Statt der drei Großmeifter trat 1830 der 1842 ver- 
unglüdte Deriog von Orleans als Großmeifter ein; ihm folgte der Herzog von 
Nemours. Höhere Grade in großer Menge werden in Frankreich nie aufhören, 
da fie der Eitelkeit und Ehrbegierde der Franzoſen entfprechen. 1814 wurde ber 
Grad der Grands conservateurs, den, außer den drei Großmeiſtern, nur noch ein 
Individuum befaß, für den höchken erklärt. In ven Niederlanden ift die große 
Loge zu Haag die Leiterin; fie bat 75 Logen unter fidh, von denen jedoch bie 
größere Dälfe auf die Golonten fommen. In Belgien erkennen fünf Logen den 
toßen Orient für Belgien in Brüffel nicht an, fondern arbeiten unter der Groß⸗ 
oge von Dans; fie find deßhalb von jenen für Winkellogen erflärt worden, 
Großmeifter iſt der Prinz Friedrich der Niederlande. — Belgien zählt unter 
dem »Grand Orient des Belges,« der aus den Deputirten der einzeluen Logen 
ebildet wurde, zu Brüffel 32 Logen; hiezu kommen nody die 5 genannten. — In der 
q der Schweiz arbeitet das Directorium zu Zürich, fett 1811 zuerk in Baſel 
wieder hergeftellt, fpäter nacdy Zürich zurüd verlegt, mit mehren Logen unter dem 
Großoriente von Paris. Ferner die große Landesloge zu Bernz fie und bie ihr 
unter gebenen Logen arbeiten feit 1822 nach tengfhen Syſteme. — In Dänes 
mark leitet die Großloge zu Kopenhagen die F. Generalgroßmeifter iſt feit 1836, 
wo der Landgraf von Heflen farb, der König Chriſtian VIII. ſelbſt; Ritual und 
höhere Grade find denen der alten, ſtrikten Obſervanz ähnlich. In Schweden 
iſt Die Broßloge in Stodholm; Großmeiſter war der Kronprinz Oskar. — Das 
Nähere fiche oben. — In fremden Welttheilen haben faft fämmtlidye eng- 
liſche, franzöflfche u. niederlaͤndiſche Colonien Logen, die meift von ihrem Mutter 
lande audgegangen find. Auch in Nordamerika befteht die %. Es wird hier am 
häufigften nach den beiden englifchen Syſtemen gearbeitet. Auch in Brafilien 
gibt es Logen. In Oftind ten find vergleichen in den großen Städten. Zu Ende 
des vorigen Jahrh. hatten die Franzofen aud in dem Theile Indiens, wo fie 
Einfluß hatten, Logen errichtet u. 1786 follen franz. Offiziere Tippo Saib auf 
genommen haben. — Was die Maurerei in ihrer Beziehung zur „katholiſchen 
Kirche” betrifft, fo wird letztere jene ſtets als ein, der Härele u. Ketzerei hul⸗ 
digendes, Inſtitut verwerfen u. ihm ihre Anerkennung verſagen müffen, ER 
auch der Einwurf: „daß die Maurerei Religion u. Stitlichtel nicht gefährbe 
unerheblich von der Kirche anerkannt wird. — Wir haben nun die maurerifche 
Literatur aufzuführen, die fehr zahlreich IR: (Keſſing) „Ernft und Fall,“ Ge 
ſpräche für Freimaurer (Wolfenbüttel 1778 u. 1780); Anderfon, „Neues Conſti⸗ 
tutionsbuch der alten u, ehrmürbigen Brüderfchaft der Freimaurer“ (Lond. 1723, 
aus dem Gnglifchen, Ftankf. a. M. 1747); „der Stignarftern oder die enthällten 
fämmtlicden 7 Grade der mufler. F., nebſt dem Orden der Ritter des Lichts“ (Berl. 
1811— 21, 16 Thle.); Friev. Wild. Lindner, „Wac-Benac, er lebt im Sohne, oder 
das Pofitive der wahren F.“ (Leipzig 1829, 3. Aufl.); „Sarfena oder der voll 
fommene Baumeifter” (Bamb. 1816, 4. Aufl., ebend. 1820); „die F. in eine 
Nuß“ (2. Aufl., Lpz. 1827); Gädide, „Freimaurerlericon“ (Berl. 1818); Lars 
ning, „Encylopädte der F.“ (Lpz. 1822—28, 3 Bde); (Fiſcher), „Eleufinien des 
19. Jahrhunderts oder Refultate vereinigter Denker über Philoſophie u. Geſchichte 
der F.“ (1. u. 2. Bochn., Berlin 1802, 1803); Blumenhagen, „Waztenblüthen“ 
(Hannover 1815, 2 Thle.); F. Heldmann, „Alazienblüthen aus der Schweiz“ 
(Aarau 1819); ©. Friedrich, „Saronsrofen* (2. Aufl, Frankfurt a. M. 1825); 
Vedelind, „der pythagor. Orden, bie Obfcurantenvereine in der Gheiftenheit und 


Freinsheim — Freipäffe. 435 


die F. in gegenwärtigen Berbältniffen“ (Lpz. 1819); defielben „Bauftüde* (Gieß. 
1820 und 1821, 2 Heft); A. Lavries, „Geſchichte der F.“ (Freiburg 1810); 
»Acta Latomorum, ou chronologie de Phistoire de la Franche-Maconnerie 
franc. et ötrangere« (Par. 1815, 2 Bde.); (Jacobi u. von GStarf), »Saint-Ni- 
caise oder Sammlung merkwürdiger maurerifcher Briefe für Freimaurer u. die «8 
nicht find“ (angeblich) (aus dem Franzöfifchen, 2. Aufl., granft: 1786) ; Feßler's 
ſaͤmmtliche Schriften (Berl. u. Dresden 1801—1804, 2 Bde., 2. Aufl., Freiburg 
1805—7) ; Kraufe, „die älteften drei Urkunden der Sreimaurer-Brüderfchaft” (Dresd. 
1810, mit 3 Kupf., n. Aug. ebenv. 1820 u. 24, 2 Bde); Helbmann, „die drei 
älteten gefchichtlichen Dentmale der deutſchen Breimaurerbrüberfchaft fammt 
Grund ügen zu einer allgemeinen Gefchichte der 3." (Aarau 1819); Yreimaurer- 
bibtiotbe (Berlin 1778—1803, 8 Stüde); „Almanach für Freimaurer auf das 
Schaltjahr 1784* (Prag); Sydow, »Astraea, Taſchenbuch für Freimaurer” (Il⸗ 
menau 1824—28 u. 30, 5. Jahrg); „Wiener Journal für Freimaurer“ (Wien 
1784—86, 3. Jahıg.); „Journal für Freimaurer” (Altenburg 1804 und 1805, 
2 Dove); „Neued Journal für F.“ (ebend. 1816—20, 1 Band); „Zeitfchrift für 
Sreimaurer” (ebend. 1823—27, 5 Bde.); „Neue und neuefle Zeitfchrift für F.“ 
(ebend. 1832—42, 9 Bpe,); »Latomias (Leipzig 1842); „Urgefchichte der %. in 
—— ga Halliwell“ (deutfch von H.M., mit einem Borworte von Gretſchel, 
). 


Leip 
beim, Johann, Humaniſt, geboren zu Ulm den 16. Rovember 
1608, bezog, 14 Jahre alt, die Untverfitäten Marburg u. Gießen, um die Rechte 
zu ſtudiren. In Straßburg erweiterte er feine Kenntniſſe durch den freundſchaft⸗ 
lichen Umgang mit dem berühmten Profeffor Matthias Bernegger, defien Bors 
träge und vortreffliche Bibliothek auf feine humaniftifche Richtung den größten 
Einfluß übten. Bon bier aus datiren feine fcharffinnigen Anmerkungen über 
—— Seine Sprachkenniniſſe umfaßten, außer den cla —* —** fran⸗ 
zoͤſiſch, italieniſch engliſch, anti, niederländifch, ſchwediſch u. däntich. ine 
wiſſenſchaftliche Reife in Brantreich befreundete ihn mit dem Minifter Michael 
Mareffott, welcher ihn zum königlichen Secretär für die Kanzlei in Meg er- 
nannte, um bort die Archive genauer zu erforfchen. Nach Etraßburg zurüd ges 
kehrt, erhielt er einen ehrenvollen Ruf nach Upſala 1642 als Profefior der Staato⸗ 
wiffenfchaft u. Eloquenz. 1647 ernannte ihn die ſchwediſche Königin Ehriftine zum 
fontglt tforiographen u. Bibliothekar in Stodholm mit 2000 Rthlr. Gehalt 
u. freier Belöfigung. Da das nörbliche Klima feiner Geſundheit nachtheilig zu 
werden fehlen, wünfchte er feine Rüdkcehr nach Deutfchland. Gnädig von der 
Königin entlaffen, mit dem Titel eines königlichen Rathes, trat er in kurpfaͤlziſche 
“ Dienfte u. nahm in Heidelberg feinen Wohnflg, wo er als kurpfälzifcher Rath u. 
Profefior honorarius den 30. October 1660 ftarb. Er fand mit den berühmte: 
fien Gelehrten feiner Zeit: Voß, Grotius, Heinfius, Salmaflus, Barläug, 
Gronov, Lode u. A. in literarifcyer Verbindung. Bon feinen Schriften find be- 
fonder® die Supplemente zu Livius und Gurtiuß nennenswerth: „Supplementa 
Liviaena“ (Straßburg 1619); „Supplementa et Commentar. in Curtium“ (Straß. 
burg 1629); „Noten zum Ylorus” (Straßburg 1632); „Politica Lipsii cum ra- 
dies; locorum quorundam Cornelii Taciti expositio* (Straßburg 1838); 
„Specimen paraphras. Cornelianae* (Straßburg 1641). Uls Panegyriken: 
Deutſcher Tugendfpiegel au Ehren des Herzogs Bernhard von Weimar; „Pa- 
negyricus Gustavo Adolpho scriptus“ (Straßburg 1632). Nach feinem Tode 
wurden noch veröffentlicht: ‚‚Notae in Phaedri fabulas““ (Straßburg 1664); „Diss. 
de comitiis, orationes cum declamationibus quibusdam‘“ (Straßburg 1662); 
„Diatribe de S. R. J. Electorum Romanae eccles. Cardinalium praecedentia‘ 
(Stvaßburg 1663). Ueber feine Lebensumflände gibt 3. Doujat nähere Andeu⸗ 
tungen in feiner Yuögabe des „‚Livius in usum Delphini.‘“ Cm. 
Freipäffe, durch welche die, mit venfelben in den Zollverein eingehenden, 
Waaren ganz oder theilweife zollfret eingeführt werben fünnen, werben wur uk 


436 I Freire — Freiſchaarenzug. 


ſolche Gegenſtaͤnde ertheilt, welche für Privatrechnung ver Souveräne eingeführt 
werden, ohne daß dieſe Zoll» Ermäßigungen oder Befreiungen bei der g ⸗ 
ſchaftlichen Theilung der Zolleinnahme in Anrechnung gebracht werden. 

Freire (Agoftinho Jozé), portugieſiſcher Minifter, geboren 1780, diente 

fett 1809 feinem Baterlande auf dem Schladhifelde und trat 1821 in die außers 
ordentlichen conftisutrenden Gortes, die er 1822 präftviste. Der Sturz der Con⸗ 
ftitution trieb ihn ind Ausland; Dom Pedro ernannte ihn 1826 zum Chef des 
Generalſtabs; Dom Miguel vertrieb ihn abermals. Dadurch nur nody fefler an 
Dom Pedro gelettet, betrieb F. aus allen Kräften den Sturz Dom Miguel's u. 
verwaltete patriotifch mehre Minifterien. Als er, durch feine Macht getendet, 
felbR die Königin zu beleidigen fich erlaubte, legte er 1835 fein Miniſterium 
nieder, trat aber ſchon 1836 wieder ein. Die Aufhebung der Carta Dom Pedro's 
führte ihn in's Privatleben zurüd. Huf einer Reife nach Belem, um bier der 
Wiederherſtellung der Carta beizumohnen, fand er durch die rebelliichen Rational 
Garden feinen Top (1836). Vergleiche »Resumo hist. da vida etc. de F.s 
(Liffabon 1837). Ä 

Freireiß (Se org Wilhelm), Relfender u. Raturfofcher, geboren zu Frank⸗ 
furt 1789, begleitete Langsdorff (f. d.) 1809 nach Petersburg, u. 1812 ale 
naturhiftorifcher Gehülfe nad Brafliin, wo er Eſchwege (. d.) eine 
Reife in das Innere (1814) unternahm. Im Jahre 1815 begleitete er ben 
Prinzen Maximilian von Neuwied auf feiner braftlianifchen Reiſe u. befchäftigte 
ch fpäter mit der Anlage einer deufchen Eolonie am Peruipe. F. flarb 1825. 
Er fchrieb „Beiträge zur näheren Kenntniß des Kaiſerthums Brafllien” (Bd. 1., 
Frankfurt 1824), — 

Freifaffe, der Beſitzer eines Freigutes (f. d.). 

Freiſchaarenzug. Hierunter —8 — man die Einfälle, welche zuſammen⸗ 
erottete Banden den 8. December 1844, den 31. März u. 1. April 1845 gegen 
uzern u. die katholiſche Urfchweiz unternahmen. Vorwand zu diefem verfaſſungs⸗ u. 

bundeöwibrigen, in der Geſchichte beifpiellofen Unterfangen gab die Berufung der 
Geſellſchaft Jeſu zur Leitung des neu errichteten Priefterfeminare in Luzern. 
Wahre Urfadye aber war die Fatholifche Richtung, welche die Regierung u. das Bolt 
von Luzern feit der Berfafiungsumgeftaltung 1841 eingefchlagen, u. durch welche 
fi) Luzern mit feinen aͤlteſten, kalholiſchen Eidgenoffen von Url, Schwyz und 
Unterwalden wieder in feſtes Einverſtaͤndniß gefett hatte Die radikale Partei 
hatte wahrgenommen, daß durch diefe Richtung Luzernd ihr im Herzen der 
Schweiz ein unerfchütterliches Bollwerk erwachfe: ſie befchloß daher, das Boll 
werf mit Gewalt zu zerftören, bevor es ganz feftgebaut fe. Dieß die wahre, in 
nere Urfache des berüchtigten Freifchaarenzugs, wozu die Sefuiten den Namen lei 
ben mußten. Was nun das Gefchichtliche deſſelben betrifft, fo theilen wir fols 
gende Hauptmomente mit. Es war in der Nacht vom 7. auf den 8. Decem⸗ 

er 1844, dem Fefltage Mariä Empfängnig, als einige hundert Freiſchärler aus 
den Gantonen Aargau, Solothurn, Bafeland, Bern, in den Canton Luzern ein 
fielen und bis zur Emmenbrüde vorbrangen. Gleichzeitig rotteten ſich Ver⸗ 
fchworene in der Stadt Luzern zufammen u. faßten Morgens 5 Uhr Poflen auf 
dem Mühleplage, um von da aus auf die Kaferne logzuſtürmen. Die Fenſter 
gerade über der Kaferne waren gleichfalls mit bewaffneten Verſchworenen beſetzt. 
Alein anders hatte es die Vorfehung beflimmt! ine Patrouille Regierungs⸗ 
truppen, unter Anführung des jungen, entſchloſſenen Lieutenants Jenni, gab gegen 
die Rotte auf dem Mühleplape Feuer u, zerfprengte fie; die Berfchworenen in 
der Stadt wurden gefangen genommen, und als die Freifchärler-Bande bei der 
Emmenbrüde das erwartete Signal aus der Stadt nicht erhielt, fchloß fie auf 
einen ſchlimmen Ausgang ihres Unternehmens und zog fich nach der Nargautfchen 
Gränze zurüd, Hiermit hatte der erfle F. fein Ende erreicht, um bald tn eis 
ner vergrößerten Ausgabe wieder zu erfcheinen. — Der zweite F. fand den 31. 
März u, 1. April 1845 ſtatt. Die Zurüftungen waren beinahe die gleichen, wie 


Freiſchaarenzug. 437 


beim erften, nur Alles im vergrößerten Maßftabe. In zwei wohlbewaffneten Co⸗ 
Ionnen zogen die Freifcyärler, von der Aargauiſchen u. Bernerifchen Graͤnze ber, 
um die mitternächtliche Stunde in den GBanton Luzern, vereinigten ſich in Ettis⸗ 
wyl u. rüdten auf unbeichten Wegen’ bis in die Wähe der Stadt Luzern. Hier 
wurde jedoch ein Theil der etliche taufend Mann ſtarken Rotte turch eine glüds 
lidy angebrachte Wrtilleriefalve von der Emmenbrüde zurüdgedrängt und in die 
Flucht getrieben; der andere Theil rüdte jedoch vorwärts bi8 vor die Thore Lu⸗ 
zerns, wo er mit feiner Artillerie Poſten faßte. Mittlerweile waren aber von . 
der Seegegend her die Hülfätruppen aus den Waldftätten u. Zug angelangt u. beim 
Ginbrudye der Nacht zogen fich die Freifchaaren, ohne einen eigentlichen Angriff 
zu wagen, auf die Höhe von Littau zurück Aufgeſchrickt durch einen bis jetzt 
unerllärlichen Lärm, ſetzten diefelben in nädhtlidyer Stunde den Rückzug fort; ale 
die Artillerie durch Malters retriren wollte, wurde fie von einem fo ebın aus 
dem Innern des Cantons angerüdten Detachement Regierungstruppen angegriffen 
und nad) einem mehrftündigen, bis in die Frühſtunde dauernden Kampfe aus 
einander gefprengt. Bon nun an löste ſich die Freifhyaaren- Armee in wilder 
Flucht auf, und fiel auf der Flucht größtentheild dem Landflurme in die Hände, 
2000 Gefangene, 8 eroberte Kanonen u. Haubiten, ein Wagen congreviſcher Ras 
teten, eine große Zahl Etusen u. Gewehre u. 2—300 Todte bezeugten der Mits 
u. Nachwelt den Fluch der böfen That. — Hiermit endete der zweite u., fo Bott 
will, legte 5. gegen Luzern u. die Urſchweiz. — Diefer geſchichtlichen Darftellung 
laſſen wir bier zum Schluffe einige Stellen aus der Broflamatton der Res 
terung von Luzern folgen, womit diefe ihrem Bolfe den Steg über die 
Freibanden verkündete; dieſes Aftenflüd iſt eine der ſchönſten ‘Bublifationen der 
Neuzeit: „Durch die almäcdhtige Hand der Borfehung find bie ügellofen Schaa⸗ 
ren vernichtet, welche Euch, der Verfaſſung und Regierung des Cantons Luzern 
den Untergang geſchworen. An der Emme, auf dem Guͤtſch, bei Littau, zu 
Malters u. vor Bittisholz haben die Feinde ver gefeglichen Ordnung Leib und 
Leben verloren. Der 31. März u. 1. Aprit find ruhmvolle Tage für Luzern und 
feine älteſten Bundesgenofien. Die Ordnung im Staate iſt Gottes Ordnung. 
Landeöverratb und Friedensbruch werden von Gott geächtet. Dafür zeugen die 
blutigen Leichen, die erbeuteten Fahnen, Kanonen, Wagen u. Waffen des Fein⸗ 
des! Das find Denkmale der Treue u. Tapferkeit; aber es find auch ewige 
Zeugen von Meineid u. Verrath. Das Blut des erfchlagenen Feindes if Bürs 
gerblut; es wird über die fommen, welche e8 verfchuldet Haben. Luzern trägt 
eine Schuld. Seine Geſchichte Fennt Keinen Berratb, nicht Friedens⸗ u. Bundes⸗ 
bruch. Unfere Freiheit, unferen Glauben u. unfere Ehre hat der Feind angegıtf- 
fen, gefhmäht und gehöhnt. Das war Schmach: ein freied Volk duldet Teine 
Schmach. Wie ein Mann haft du dich erhoben, braves Bolf von Luzern! Dein 
Kampf war ein heiliger Kampf. Darum hat ein Engel Gottes über dir ges 
wacht! Dafür danke Gott, deſſen Hand fichtbar über dir waltet! — In der 
Roth bewährt ſich der Freund! Bet Euch, Ihr Bundesgenofien in den Wald⸗ 
Kätten und in Zug! lebt noch die alte, eldgenöfftfche Treue. In fpäter Nacht 
drang der Hülferuf von Luzern in die Gebirge u. Thäler.ger Urſchweiz, u. ſchon 
nach wenigen Stunden wehte das Banner von Unterwald ob u. nid dem Walde 
auf dem bfutigen Felde ver Ehre. Der 31. März gehört dem treuen Luzernets 
volfe u. feinen tapferen Kampfgenofien vom Kernwald. — Urt u. Zug, immer bes 
teit, wenn das Vaterland ruft, bewährten den alten Kriegesruhm am Morgen 
des 1. April. Der Feind, in der entfcheivenden Stunde zweimal flärfer, als wir, 
war ſolcher Kraft u. foldhen Muthes nicht gewohnt. Er räumte das Feld und 
floh nach allen Winden. Wenn audy das fleggewohnte Schwyz die Gefahr des 
Tages nicht mehr theilen konnte, fo erſchien doch fein Panner zur rechten Stunde, 
um den Sieg zu wahren. Euch, Ihr treuen Bund- und Eidgenoſſen! danken wir 
aus der Fülle unferes Herzens; auch du, biederes Luzerner Bolt, danke dieſen 
deinen Freunden. Bel den Gtiftern unferer fünfhundertlährigen Treiget \t 





438 | Freiſchutz — Freiſprechung. 


Bruderfinn und Bruderireue; da iſt noch die alte, Achte Eidgenofſſenſchaft. — 
Danf dem Gotte unferer Väter den ruhmvollen Sieg und für die Erhaltun 
des Baterlandes! Wir Iiegen im Herzen der Schweiz, nicht furdhibar dur 
Größe, nicht beneidenswerth im Reichihume, aber zufrieden, gerecht, frei, eidge⸗ 
mäß, durdy Muth u. Freunde ſtark, u. ficher durch die Hand Gottes, welche Pyramiden 
ſtuͤrzt u. Strohhütten erhält. Sie leite u. fehühe und audy in Zukunft.“ ox. 
Freiſchütz heißt in der Welt des Aberglaubens ein Schüße, der durch ein, 
mit dem Teufel eingegangenes, Buͤndniß in den Beſitz von Freikugeln gekom⸗ 
men ift, die felbft aus der größten Entfernung Alles, was der Schüge will, 
treffen. Es befindet ſich aber unter fieben immer eine, weldye die Richtung 
nimmt, die ihr der Böfe vorfchreibt, daher der Spruch: 
ſechſe treffen, 
fieben äffen. 
Die Sage vom F. en wurde zuerft von Apel in feinem Geſpenſterbuche in einer 
Novelle behandelt u. dann von Kind zu der Dper benüpt, die durch 6. M. v. 
Webers Compoſition weltberühmt getvorben iſt. 
dſaufer (Franc-archers) hieß eine, zuerſt 1448 unter Karl VII. von 
Frankreich errichtete, Milig von 16,000 Mann, won jenes Ktirchfpiel einen Dann 
mit Bogen, Pfeilen, Rüftung und Degen ſtellte. Sie mußten fletS zum Marfche 
[ertie — waren frei von allen Abgaben, daher ihr Name. Vergl. den Art. 
ogen gen. oo 
Freyfing, wohlgebaute Stadt in Oberbayern, liegt zwiſchen zwei, aus einer 
weiten &bene auffteigenden Berghöhen, am linken Ufer der Ifar, nicht weit von 
dem Einfluffe der Mooſach in dieſelbe. Es ift bier der Sig des Appellationsge⸗ 
tichtes für Oberbayern, des Wechfel- und Merkantitgerichted zweiter Inflanz 
die Kreife Ober: u. Niederbayern, dann der Oberpfalz u. von Regensburg, eines 
Landgerichtes, Rentamtes u. Forftamtes. Ferner hat die Stabt ein Lyceum, Gym⸗ 
naftum, Klerikal⸗, Schullehrer- u. Knabenfemtnar, cine Gewerbfchule, ein Kran 
fenhaus u. 5000 Einwohner, Tabaksfabriken, Salzfleverei, viele Brauereien, Obft- 
u. Gemüfebau ıc. Auf dem Domberge fteht die anfehnliche Kathedrale mit mehren 
andern Kirchen, dann die ehemalige Refidenz ver Kürftbifchöfe von F. “Diefer 
Imponirenden Gruppe gegenüber ragen auf der andern nergeänihe die Gebäude 
der aufgelösten Benedictinerabtei Weihenſtephan, jebt Staatögut, mit einer 
berühmten Central⸗Obſthaumſchule. Vor der Stadt, an der Straße nady Moos⸗ 
burg, liegt das ehemalige Prämonftratenferklofter Neuftif.e — Das weiland 
—5 — Fürſtenthum F. umfaßte auf 15 M. die Stadt F., die Herrſchaft 
urgrain n. die Grafſchaften Ismaning u. Werdenfels, dazu 12 Hofmärkte und 
Güter in Ddeſtenei Steyermark, Tyrol u. Krain. — F. war bereits im achten 
Jahrhunderte eine Stadt u. die Refidenz des Herzogs Grimoald, vom Geſchlechte 
der Agflolfinger. Unter der Regierung dieſes Fürften kam der wandernde Heiden⸗ 
befehrer Gorbintan (f. d.) nach F., u. Grimoald bat ihn, die dafige Kirche zu ver- 
walten; der heilige Mann weigerte ſich defien, fo lange der Fürſt in der blut: 
fchänderifchen Ehe mit der Wittwe feines Bruders lebe. Darum hate und ver: 
folgte ihn diefe, u. Gorbinlan mußte vor ihrem Zorne gen Maies in Tyrol flüch- 
ten. Der Nachfolger Meimoalv’s, Herzog Hugibert, berief ihn jedoch zurüd, und 
Corbinian war Vorfteßer der F.er Kirche bis an fein Ende (730). Der erfte Bi⸗ 
ſchof mit päpftlicher Weihe u. feflem Sprengel war Erimbert, eingefegt von dem 
heiligen Bonifacius im Jahre 740. In der Reihe der nachfolgenden Bifchofe 
ragen viele ald Gelehrte und Schriftfteller (Dtto der Große), fowie als Stifter 
nüglicher Anftalten u. treffliche Regenten hervor. Gegenwaͤrtig refibirt der Biſchof 
zu Münden u. führt den Titel: Erabifchof von München. — Nicht weit von 
5. erfchlug 1485 Herzog Ehriflopb von Bayern den Grafen Niklas von Abens⸗ 
berg, den legten biefes berühmten Dynaſtenhauſes. Die Stelle, wo die That ge- 
dab, It noch jept durch ein Kreuz bezeichnet. mD. 
Freiſprechung, f. Abfolutton A). 





gr 


Freißatte — Srembe, 439 


eiftätte, f. Aſyl. 
reitag, der 6. Tag in der Woche, hat feinen Namen von der Freyja (f. d.). 
waldan, Bergſtadt im Troppauerkreife des preußifchen Schleflens, mit 
einem Schloſſe und 2100 Einw., hat eine Kaltwaflerbeilanftalt de Dr. Weiß, 
gang nach der Gräfenberner eingerichtet. Es halten ſich bier viele Patienten auf, 
bie in Graͤfenberg nicht Platz finden können, oder bequemer und unterhaltender 
wohnen wollen. Seit Dr. Weiß fi) als Kaltwaflerarzt unter vorthellhaften Bes 
dingungen nad) England begeben hat, if die Anftalt bis auf Weiteres geſchloſſen. 

Freiwillige find in allgemeiner Bedeutung alle die, die fidy von freien 
Gtüden, oder nady einer einfachen Aufforderung, zu irgend einer Leiftung verſtehen. 
Beim Militär bezeichnet man damit PBerfonen, die, ohme der Soldatenpflidyt 
genügen zu müffen, Kriegsdienſte nehmen; auch Solche, die während ihrer Dienſt⸗ 
zeit auf eigene Rechnung beköftigen u. equipiren. — Die Roth des Bater- 
landes führte beim. Beginne des Krieges von 1813 den deutſchen Heeren, befons 
ders dem preußifchen hier in Folge eines koͤniglichen Aufruſes vom 3. Yebruar), 
viele brave Junglinge als freiwillige Jäger zu, die meiltens ihren Top auf 
den Schlachtfeldern vor Luͤtzen, Bauten u. Leipzig fanden. Ihre Bataillone wur; 
den nad) dem erſten Pariſer Frieden wieder aufgelöst. 

ügigkeit, ſ. Abzugsfreihett. 
us, Stadt im franzöflichen Departement Bar, an der Mündung des 
Argens, iR der Si eines Biſchofs, eines Handelsgerichtes, hat eine ſchoöne Kas 
Ipeirale und 3,500 Einwohner, die fidy mit Sardellenfiicherei, Berfertigung von 
aaren aus Rohr, welches die umliegenden Moräfte (um deren willen. audy der 
Aufenthalt bier fehr ungefund il) bis zum Betrage von 50,000 Fr. liefern, ſowie 
mit del beſchäftigen. Diefe fehr alte Stadt, ald Forum Julii eine Golonie der 
Marteiller, bat noch vielfache Ueberbleibſel aus der Römerzeit (Thor, porte doree, 
Leuchtiburm, Tempel, Waflerleitung) , ift Geburtsort von Julius Agricola, 
Gorn. Ballus u. Stieyes, Dielimgegend bringt viele Süpfrücdhte; das Meer 
bildet in der Nähe einen Bufen (Golf von Fr). In dem Fifcherhafen Et. 
Raffael flieg Rapoleon 1799 aus Aegypten and Land, nnd fchiffte fich Bier 
1814 nach Elba ein. 

Fremde heißen alle Berfonen, die in einem Staate weder geboren find, noch 
dafelbft das Unterthanenrecht erlangt haben. Es wird ihnen nur geftattet, das 
Gebiet des fremden Staates zu betreten, wenn fie unverbädytig find, und mit 
defien Bewohnern zu verkehren, während deſſen fie blog Schutz⸗ und Gaſtrecht, 
aber fein Bürgerrecht genießen, das fie jedoch unter gewifien Beringungen ers 
werben Eönnen. Der Unterſchied zwifchen F.n oder Ausländern gibt fid, in mans 

en Recdhtöverhältnifien Fund, die indeß, je nach den Sandeögefehen, verſchieden 

d. So kann z. B. ein F.t in den meiſten Staaten nur unter gewiſſen Buͤrg⸗ 
ſchaften & en einen Staatöbürger ald Ankläger auftreten, wegen im Lande ges 
machter ——*8 perſoͤnlich angehalten werden, nicht Vormund, Teſtamentszeuge ꝛc. 
ſeyn, keinen Anſpruch auf Armenanſtalten machen u. dgl. Begeht ein F.r ein 
Berbrechen over Vergehen, je wird er nach den Gefehen des Staates beftraft, 
in dem er es verübt; doch iſt nachgewiefene Unwiſſenheit ein Milderungsgrund. 
Die ſämmtlichen Rechtsverhältniſſe $.r in einem Staate begreift man unter dem 
Kamen Fremdenrecht. Nicht ganz richtig iR der Gab, daß die Gefehgebung 
eines Bolfed gegen F. ein Mapftab feiner Eultur fel; denn, während berjelbe von 
rohen Bölfern mei als Gaft behandelt, von minder fortgefchrittenen leicht natura» 
liſirt wird, haben die F. ngeſetze in einem der civilifirteflen und freieften Staaten, 
in England, eine Starrheit, die noch ganz mittelalterlich iſt, felbft bie privatrechtliche 
Sicherheit des F.n mr (fe Fremdenbilh, feine Raturalifation (f. d.) 
erfchwert, die nur durch Parlamentsacte gefchehen Tann, und ihn auch dann zu 
jedem Gtaatsamte und dem Site im Parlamente unfählg macht, aud) dem Aus⸗ 
länder nidyt erlaubt, unbewegliche® Eigenthum zu erwerben: Punkte, die man 
allerdings von jedem civiliſtrten Staate erwarten follte und auch in ten weiten 


440 Fremdenbill — Frembenlegion. 


anderen Staaten zugelaſſen findet. Nur erſchwert man in neuerer Zeit mit Recht die 
Anſiedelung vermogensloſer F.t in Staaten, wo fie Uebervölkerung fühlbar macht, 
wogegen Amerika, Rußland ꝛc. Fremde in's Land zu ziehen ſuchen. — Im Alter⸗ 
thume wurden die F.n an einzelnen Orten, wie ˖ z. B. in Tauris, den @öttern 
eopfert, an andern zu Sclaven gemacht; bei den Juden waren alle Nichtjuden 
m Staate fremd, fie mochten beflegte Urbewohner, Kriegogefangene, die tm Lande 
blieben, oder freiwillig Cingewanderte feyn: fle waren entweder Fremdlinge 
der Gerechtigkeit, oder Gremdlinge des Thores. Be den Griechen 
bildeten die Fremden eine Mittelclaffe zwiſchen den Staatöbürgern und den Scla⸗ 
ven. Im römifhen Reidye hieß jeder F. (Peregrinus), der nicht römiſcher 
Bürger war. Die einwandernden Stämme während der VBölferwanderung 
betrachteten Niemand als frei, der nicht im fliegenden Heere war; alle Anderen 
verloren ihr Eigenthum und wurden Leibeigene. Mit ver fortfchreitenden Cultur 
nahmen ſolche Befchränkungen überall mehr und mehr ab, und zumal in Frank⸗ 
reich fielen fie mit der Revolution. Bol. Legat, Code desätrangers. Par. 1832 
in Beziehung auf Frankreich, und Okey, Droits des ötrangers dans la Grande 
Bretsgne, Bar. 1832, in Beziehung auf England. St. 
remdenbill (Akenbill) heißt das, von dem britifchen Staatsferretär Lord 
Grenville vorgeſchlagene und vom Parlamente 1793 genehmigte, 1802, 1803, 
1816 und 1818 wiederholt eingebradyte Geſetz, und das letztmals, trob heftiger 
Einſprache, auf 2 Jahre bewilligte Ausnahmegefeh, wornady jeder Fremde bei 
feiner Ankunft auf britifchem Boden einen Sicherheitspaß vom Staatöfecretär er⸗ 
halten mußte, unter fpezielle Aufficht geftellt ward, häufig von feinem Aufenthalte 
und feiner Befchäftigung Nachricht zu geben verflichtet war und jeden Augen- 
blick durch eine Ordre des Staatsferretärd aus dem Lande verwiefen und an 
einem beliebigen Punkte des Gontinents auögefebt werben konnte. Rad) der, uns 
ter Canning im 7. Regierungsjahre Georg's IV. erlaffenen, milderen Parlamente 
acte dürfen die Fremden, denen man im Uebrigen nicht ein Mal einen Bag abs 
—5 bloß von den fle landenden Schiffscapitaͤnen angemeldet werben, der Fremde 
elbft aber ift gehalten, eine ſchriftliche Erklärung feines Namens, feiner Woh⸗ 
nung und Beichäftigung einzureichen u. dieß jedes halbe Jahr zu wiederholen. 
Auf der Unterlafiung des Einen oder Andern ſteht Strafe von 10 — 50 J. Auch 
in Frankreich riefen die vielen politifchen Fluͤchtlinge, die ſich feit 1830 dahin 
drängten, 1832 ein fehr firenges, 1833 verlängerte und nody in Kraft flehendes 
Örembengeieh in's Leben. St. 
Tremdenlegion (Legion des etrangers), heißt die, in Frankreich 1831 aus 
freiwillig in franzöftfchen Dienſt tretenden Deutfchen, italtentfchen u. fpantfchen, 
fpäter polnifchen Klüchtlingen errichtete Legion. Die Juli-Revolution Batte eine 
Menge Abenteurer, Demagogen u. anderer politifcher Mipvergnügter nach Frank⸗ 
reidy gezogen, die theile ehr Baterland freiwillig verlaffen hatten, theils durch 
ihren Antheil an geſetzwidrigen politifchen Umtrieben u. revolutionären Berveguns 
gen zur Flucht genöthigt worden waren. In der Abficht, diefes unruhe Bolk zu 
verforgen u. in der Ordnung zu erhalten, legte daher die franzöflicye Regierung 
der Kammer ein Geſetz vor, welches von derfelben genehmigt und am 9. März 
1831 promulgirt wurde, das die Regierung ermächtigte, eine F. zur Verwendung 
außerhalb des Königreiches, u. zwar zunächft für den Dienft in Algerien, zu bil 
den, indem die Eharte den Gintritt von Fremden ins franzöfifche Heer eben ſo⸗ 
wohl, als die Anwendung des Dienftes fremder Truppen im Lande ımterfagt. 
An Sold, Unterhalt u. Ausrüſtung ward die %. der franzöflfchen Linieninfanterie 
gleichaefteltt, forte auch derſelben Disciplin und Strafgefehgebung unterworfen. 
ie verſchiedenen Nationen wurben fo viel als möglidy getrennt und in eigene 
Bataillone vereinigt, der Oberbefehl über die Legion aber, u. auch die Offiziere, 
ja ſelbſt die Unteroffizieröftellen, hauptſächlich Franzoſen anvertraut. Im Goms 
mer 1831 ging die Formirung ver erften Batalllone rafdy von Gtatten, u. am 
Ende biefes Jahres wurden ſchon 1773 Mann nad Waler Anasihikt, mo fie for 


Fremdenlegiooo. ME 


ın allen bebeutenden Waffenthaten des Occupationsheeres Theil nahmen u., 
ı den gefährlichfien u. befchwerlichften Poſten verwendet, bei vielen @ele- 
m durch garoße Tapferkeit fich auszeichneten. Aus diefem Grunde verlor 
wferordentlidy viele Leute vor dem Feinde, Faum weniger in den Lazarethen 
große Zahl durch Defertion ; deſſenungeachtet war fle durch fortwährenden 
„8 Fremder aus Frankreich, insbefondere aber durch den 1832 flattgefun- 
Eintritt vieler Polen, in diefem Jahre bis auf 4 Bataillone, aus je 1000 
beftehend, angewachſen, die an verfchtedenen Punkten Algeriens vertheilt 

Neue Zuflüffe in den Jahren 1833 u. 1834 brachten fie, trog der vielen 
e aus angegebenen Gründen, bis auf 5200 Mann. Zufolge eines, ge 
r Quadrupel⸗Allianz am 28. Juni 1835 zwiſchen Sranfreich u. Spanien. 
(offenen Bertraged, ging fie, übrigens bedeutend geſchwächt, am 30. Junt 
niſchen Sold über, um ald Auxiliarcorps für die Königin Iſabella ges 
Karliften verwendet zu werden. Diejenigen Offiziere, die ſich weigerten, 
n freiwillig-gesmungenen fpanifchen Dienf überzutreten, wurden mit bals 
olde nad) Frankreich eingefchifft, den mit übergangenen Franzoſen aber ihre 
als Staatöbürger u. den franzöflfchen Offtsieren ihre Grave u. ihre Ans 
it im franzöftfcden Heere vorbehalten. Die F. landete am 16. Aug. 198 
agona, ward, unter dem Befehle des Oberften Bernette, der Divifion 
nerals Paſtor zugetbeilt, mit der fie vom September 1835 an den Opes 
ı in Aragonien Theil nahm. Ste wurde indeß auf das fchlecdhtefle vers 
i., obwohl das befte Corps im Dienfte der Koͤnigin, höchſt unzwedmäßig 
det ; überbieß drohte ihnen, al Ausländern, laut DecretS ded Don Gars 
n 30. Juli, wenn fle in die Hände der Karliften fielen, unausbleiblidy 
08, füfllirt zu werben. Die Legion flegte zwar über den Karliftengeneral 
y; dann, von Aicber Aragonien nad) Catalonien zurüdfehrend, bei Gerri, 
1. unter Oberfi Conrad bei Barbaftro, ſtieß fofort im December bei Bit- 
um OÖbergeneral Eordova, litt aber in vielen kleinen Gefechten und im 
e auf die Höhe von Artaban (16. Januar 1836), ſowie in den nun 
en Wintermonaten in der Gegend von Pampeluna viel. Bon da an ger 
e zum Operationscorps von Navarra, über das ihr, feitvem zum General 
ter, Anführer Bernette den Befehl erhielt. Im Sommer 1836, nadydem 
ch Werbungen in Bau wieder einigen Zuwachs erlangt, Regie fie bei Ju⸗ 
jlero, Eftella und Linzorin und dedte fat allein die Strede zwiſchen 
{una u. Burgueta. Als General Bernette, der wegen der fchmählichen 
gung feines Korps mit der fpantichen Renlerung in ine gerathen war, 
Abſchied genommen hatte u. nady Frankreich zurüdtehrte, übernahmen Ge⸗ 
tebeau u. Oberſt Conrad, ein verbienter Elfäfier, ver faft alle Feldzüge 
on’d in Deutfchland u. Spanien mitgemadht hatte, den Oberbefehl; allein 
zroclamirung der Gonftitution vom 4 1812 in Spanien warb die frans 
Unterflügung immer lauer, die Recognoscirung gegen das von Karliften 
te Bilbao Tief blutig ab, und im November führte General Lebeau die F. 
Jampeluna zurüd und ging ebenfalld mit Abſchied nad) Frankreich. Con⸗ 
zum General ernannt, übernahm jebt allein den Befehl über die Legion, 
ch Defertion fehr gelitten hatte u. in ber die Bande der Disciplin faſt aufs 
waren, während General Elonard zum Commandanten des Corps von 
ra ernannt wurde. Nach einem Zuge gegen den Ebro unter General Iri⸗ 
n im Dezember nahm indeß die Unzufriedenheit immer mehr zu, da die Les 
jeder Sold, noch Verpflegung, nody Avancement, nody die verheißenen Or⸗ 
och Abfchiede, u. auf alle Klagen von Madrid nicht einmal Antwort ers 
Ende Dezembers befand fle fidy in offener Meuterei; Uniformftüde wurben 
t, ganze Schaaren gingen zu Don Carlos über, fo daß diefer eine eigene 
ten fonnte, over nad) Frankreich. General Gonrad that unter biefen 
igen Umftänden das Unmögliche und erwarb ſich die größten Berbienfte, 
er, unter dem drůckendſten Mangel am Unentbehrlichſten, der lNWxoug Kexuute 


A442 Froͤret — Froͤron. 


gehenden Zuchtloſigkeit nach Kräften zu ſteuern u. dem dringendſten Beduͤrfnuiſſe 
abzuhelfen ſuchte, ein Beſtreben, bei dem er eben ſo ſehr mit der Pflichtvergeſſen⸗ 
heit u. Saumſeligkeit der ſpaniſchen Regierung, wie mit dem meuteriſchen Geiſte 
der Legion, ‚ver faft in offene Empörung überging, zu käͤmpfen hatte. Er wen⸗ 
dete fi) audy an die Wortes fruchtlos um Abhülfee Im Yebruar 1837 dog a 
den Reſt feines, nur noch 2300 Mann zählenden,, durch Gefechte, Krankheiten, 
Mangel u. Defertion immer mehr zuſammengeſchmolzenen, Eorps zufammen und 
ſchloß fid) an die Divifion Sarsfield, fpäter Iribarren an, wo er, troß fel- 
ner verzweifelten Lage, noch Wunder der Tapferkeit that. Immer wieder zur 
Avantgarde benübt, an die gefährlichfien Poſten geftellt und zu den entſcheidend⸗ 
fin Schlägen verwendet, ſchmolz die Legion aber täglidy mehr zufammen. “Das 
Gefecht bei Huesca, am 24. Mat, tn dem Sribarren blieb u. Conrad verwuns 
det ward, rieb ſie bis auf 600 Mann auf; aber auch diefe wurden Anfang 
Juni bei Barbaftro von den Chriſtinos im entfcheidenden Augenblicke verlafs 
fen, den tapferen Conrad an ihrer Spige, bis auf kaum 150 Mann nieverge 
macht, die fidy nach PBampeluna retteten. Hier, im Depot der Legion, wurden 
ibre Trümmer gefammelt und durch einige Rekruten verflärkt, aber wieber ohne 
Gold gelafien, bis die ernſtlichen Ermahnungen der franzöftfchen Regierung end» 
lid, nachdem fie bis Ende 1838 im Elende gefchmachtet, ihre Zurüdberufung 
unter Oberſt Gal ant bewirkten. Am 1. Januar 1839 verließen fie Saragofia 
u. trafen am 8. Januar im Pau ein, wo die Offiziere und Unteroffiziere in bie 
frangöfliche Armee, die Soldaten in die neue franzöfifche %. untergebradyt 
wurden. Während nämlich auf die angegebene Weiſe die alte %. in Spanien zu 
Grunde ging, war in Algier ſchon 1835 aus den zurüdgebliebenen Cadres wie⸗ 
der eine neue errichtet worden, die 1836 bereitö 854 Mann zählte. Sie nahm 
an ber Erpebition nach Conſtantine ehrenvollen Antheil, war 1838 fdyon auf 
2000 Wann gefliegen u. hat feitvem bei einer Menge von Gefechten u. Exrpedi⸗ 
tionen ihre friegerifche Brauchbarkeit bethätiget; fie ſcheint auch befier behandelt zu 
werden, als die frühere, Gegenwärtig befteht biefelbe aus zwei Regimentern, 
jedes zu drei Bataillonen. | 
. Sreret (Ricolaus), berühmter Alterthumsforſcher u. Ehronolog, geboren 
zu Paris 1688, war Anfangs Advocat, wurde 1714 Mitglied der Akademie der 
Inſchriften, aber wegen feiner dort gehaltenen Antrittsrede sur l’origine des Fran- 
is), welche unziemliche Aeußerungen über die Berhältnifie der Prinzen zu dem 
egenten enthielt, in der Baftille feſtgeſetzt, u. ſtudirte fpäter eifeigft den Bayler. 
Rach feiner Freilaſſung wurde er Erzieher bei dem Marfchall von Novilles. 1723 
fehrte er nady Haufe zurüd und befchäftigte fich eifrig mit der Chronologie der 
alten Bölfer, worüber er Mehres ſchrieb. Dabei war er Sfeptifer u. Atheiſt. Seit 
1740 Sekretär der Akademie der Infchriften, farb er 1749. Oeuvres complöts, 
(Parts 1796, 20 Bde. 12.) R. A. von &hampollion-Figear, ebend. 1825. Bd. 1. 
Sreron. 1) Elte Eathörine, geboren zu Quimper 1717, Mitglied meh. 
er gelehrten Gefellfchaften, trat in den Sefuitenorden und lehrte eine Zeit lange 
zu Sara, verließ venfelben aber 1739 wieder, verbeirathete ſich u. lebte daſelbſt 
als Journalift. Das von ihm 1746 begründete kritiſche Journal erfchien zuerk 
unter dem Titel »Lettres -de Madame la Comtesse ***, « feit 1749 als „Let- 
tres sur quelques écrits de ce temps‘ und feit 1754 als „Annee litteraire.“ 
Sein ſtechender Wis u. feine Bretmüthigkelt erwarben ihm auf der einen Geite 
vielen Beifall; allein die Bitterkelt, womit er mehre Schriftfteller behandelte, und 
felbft den Abgott Voltaire nicht verfchonte, zog Ihm audy eine Menge Berfols 
Den zu, u. es fam fo weit, daß man mit dem Namen %. überhaupt einen 
echen und fdharfen Kritiker bezeichnete. Er farb zu Parts 1776. — 2) F. 
Stanislas, Sohn des Borigen, 1765 zu Paris geboren, wurde in dem Eol- 
legium Ludwigs des Großen erzogen, arbeitete nad feines Baterd Tode lange 
an ber Annöe litteraire u. fchrieb von 1789 bis 1794 das revolutionäre Volks⸗ 
Diatt „loratenr du pouplo.“ WS Deyurister von Voxie wur Rationalverfamm: 





Sreöcomalerei, 443 


lung machte er gemeine Sache mit Robeöyiarre, u. hinterließ als Abgeordneter in 
das mittägige Frankreich zu Toulon u. Marfellle traurige Spuren feiner Gegen⸗ 
wart. Als er aber in der Folge Robespierre'n verdächtig wurde, nahm er t 
gen Mtpeit an dem Sturze diefed Tyrannen. Er erklärte ich darauf gegen bie 
oriften, feine alten Kreunde; man gab ihm aber, wohl nicht mit Unrecht, 
Schub, daß er bloß eine neue Tyrannet in einem anderen Sinne zurüdführen 
wolle. Bel ver Erperition von St. Domingo 1802 wurde er zum Unterpräͤfek⸗ 
ten des Süden ernannt und reiste mit dem General Leclerce ab, unterlag 
ſchon nady 2 Monaten den Ginflüffen des Klima's. Die Ausgelafienheit feiner 
©rundfäpe bildete einen fonderbaren Contraſt mit der Sanftmuth u. Nachgiebig⸗ 
fett feines Herzens. Er befaß viel Verſtand, aber es fehlte ihm an Charakter, 
u. er fol während der Revolution aus Gewinnfucht zu gleicher Zeit Artikel für 
die republifanifchen und monardhifchen Journale geliefert haben. Alles, was er 
ſchrieb, zeichnet fi) durch Reinheit u. Stärke der Sprache aus. 
Srescomalerei, Malerei al fresco (auf Frifchem), bat ihren Ramen 
von dem friſchen Mörtelanwurfe auf dem fie gefickt, der mit der Farbe zugleich 
auftrodnet, und fie dadurch ohne weiteres Bindungsmittel haltbar macht. “Des 
ſchnellen Auftrodnend wegen muß auch der Maler ſchnell vorgehen, und darum 
bedient er fi) der Cartons (f. d.), wohl audy eines kleinen Gemäldes mit auo⸗ 
eführten Karbentönen, und Iäßt feinen größeren Anwurf machen, ald er an jebem 
übermalen kann. Zu diefer Art von Malerei find nur Erbfarben, durchaus 
t Mineralfarben zu verwenden, und fie erfordert überhaupt große Farbenkennt⸗ 
ni. Im Malen felbft werden die dunkleren Schatten zuerft aufgetragen, nebenan 
die Mitteltinten gefett, zulegt die lichten und lichteſten Töne Hier iſt an fein 
—— * al wie h der Demalere, au — ae om 
nafjen Ainwurfe pl eingefogen werden. uftra er anfäng n, 
und vie nötbige Kraft kann nur durch deſſen äftere —2— olung hervorgebracht 
werden. Vom eigentlichen Laſiren (ſ. d.) weiß die F. Nichts; fie kann ſich nur 
des weit unvollkommeneren Retouchirens in tempera (auf trockenem Grunde) bes 
dienen, entbehrt mithin des vorzüglichftien Mittels der Oelmalerei zur Hervorbrin⸗ 
ung des Zaubers der Harmonie und des Helldunkels (vgl. Speth, Kunſt in 
Sraklen, II. 350). Die F. ift fehr alt, vielleicht die Alteftle Art der Malerei, der 
Zeitpunkt ihrer Entſtehung aber nicht ermittelt. Einer unficheren Angabe aufsige 
ſoll fie ver Maler Pauſias aus Sikyon, etwa 340 v. Ehr. erfunden haben. Dies 
fer war aber eigentlihh Enfauft (f. Enkauſtik). Daß jedoch die Alten die Bes 
handlung der Farben auf das Genauefle gekannt haben zeigen die vorhandenen 
Ueberreße, wie auch herrliche Landſchaftsgemälde, Die ben neueften Ausgrabun⸗ 
gen zu Pompejt im Haufe des Dädalus auf den Gartenmauern gefunden wurden. 
(Ausland, 1835, Februar). Die neueften Mittheilungen über %. der Alten ver» 
danken wir NR. Wiegmann (die Malerei der Aiten in ihrer Anwendung und 
Technik; Hannover, Hahn, 1836 S. 22 ff). Daß ihr Urfprung auf bie 
Malerei in Aegypten und Hetrurien zurüdguführen fe, muß auf fich beruhen; 
in jedem Falle fällt fie aber, nach feiner Ueberzeugung, tn fehr frühe Zeit. Die 
Bemalung geſchah mit dem Pinfel und war feine Enkauſtik (Plinius, XXXV. 
31), auch feine Temperamalerei (f. d.), welche fidy nicht für Wände, fondern 
nur für Tafeln eignete. Die Wandgemälde in den Heiltgthümern von Ardea 
fallen ohne Zweifel in das 6. Jahrhundert vor Ehr., und Panänos, Bruder des 
Phidias, malte um A440 vor Chr. im Tempel zu Olympia Wandgemälde, die das 
berühmte Zeus⸗Bild umgaben. Daß hier nicht von dem Anfange diefer Maleret 
Vie Rede ift, fie vielmehr weit Alter geweſen fei, leuchtet von felbft ein. Wieg⸗ 
mann ftellt als Grundſatz auf, daß auf Tafeln niemals %. Statt fand, u. alle 
Wandmalereien, obgleich dem Wetter ausgeſetzt und dennoch unverfehrt ges 
biieben, Achte Fresken find. Uebrigens waren fie an Tempeln, Grabmälern u. 
er hen Gebäuden früher, als in Brivatwohnungen, und bei einzelnen Theilen, 


Stiefen u. dgl., früher, al bei ganzen Wänden, Cine wähere Unteriuchunn, 





444 Irescomalerei. 


ergibt, daß der Anwurf mit der Malerei innig verwandt iſt, und durch Haͤrte, 
Blätte nnd Dauerhaftigkeit ſich auszeichnet. Er beſteht aus mehreren Lagen ver⸗ 
ſchiedener Ingredienzien, deren Bindungemittel Kalk if. Weber die Bereitungs⸗ 
art gibt Vitruv (VIL 3) Auskunft. Bei großen und reich verzterten Oberflä 
zeigt der lebte Stuffüberzug ſich angefegt nach der Einthellung der Felder und 
in den Winkeln per Zimmer; außerdem find die, Innerhalb der Felder befindlichen, 
Bilder von einer Anfabfuge umgeben, woraus ſich fließen läßt, daß eine gewiſſe 
Friſche und Feuchtigkeit des legten Ueberzuges zum Färben, Glätten und Malen 
erforderlich gewefen ift. Berner find Umrifie, Eintbeilungen und Hülfslinten mit 
dem Griffel eingevrüdt u. nicht immer durch die Malerei verdedt (Vitruv VIL 3), 
was im Jahre 1840 audy von dem franzöflfchen Chemiker Eduard Stolls be 
. merkt il. Der Hauptbeweis endlich, daß die Malereien in Pompeji und 
erculanum Fresken find, legt darin, daß alle Farben ohne Ausnahme, 
elbft das tieffle Schwarz, Kalk enthalten. Farben aber, welche auf dem naflen 
Anmwurfe nicht zu gebrauchen waren, wie das purpurissum, (Art PBurpurfarbe) 
wurden nach eingetretener Vollendung und Trockenheit mit Eiweiß aufgetragen. 
Die F. der Alten hatte einen Charafter des Lichtes u. der Heiterkeit, der heutzutage 
vermißt wird u. zu deſſen technifcher Wiedererlangung Wiegmann (©. 271 ff.) Ans 
‚leitung gibt, ohne im Mindeften dabei der Berfuche des franzöſiſchen Chemikers 
D’Arcet und Cadet de Baur und ihrer Borfchrift zu erwähnen, die Haltbar- 
feit und Schönheit diefer Malerei durch Karben zu erwirken, weiche mit Käfeftoff 
angerieben find. (gl. De la peinture au lait et au fromage, im Journal des 
connaissances usuell. et pratiqgu. Band 17. 1833. ©. 106.) — Eduard Stelle 
fam gleichfalls auf die Bermuthung, daß eine foldye Farbenbereitung Statt ges 
funden babe, u. endlich fchrieb Leykauf, Ehemifer in Nürnberg, ganz unbefannt 
mit dem Borbemerkten, einen Yufiag über die F. der Römer (in C. Leuchs po⸗ 
Iptechn. Zeitg. 17. April 1840, S. 82), mit Milch auf kauſtiſchem Kalfe. Der 
Wiener Ghemifer, Kreßler, beflätigt nun durch Berfuche die Annahme, daß die 
Alten zur Innigen Verbindung der Farbe mit dem Mörtel fid) der Milch, oder 
des darin enthaltenen Käfeftoffes bevient haben. Lebterer ſcheidet fie durch Zu: 
fegung einiger Tropfen Salzfäure zur Milch aus, und die friſch gepuste Wand 
wird mit diefer Kalkmilch (bereitet aus frifch gebranntem Kalke) überzogen. Das 
Malen gefchieht dann mit Haar oder Borftenpinfeln, u. die halbtrodene Malerei 
wird nochmals mit Mildy überzogen. Die Karben erfcheinien trefflid und find 
in Waſſer unlötlidh; ob aber an Haltbarkeit dem alten. Fresko gleich? iſt noch 
fo wenig entſchieden, ald, ob dieß wirklich die Malerei der Alten gewefen Tel 
ir Wiffenichaftl.. u. Kunflnachr. Wiener Zeitg, 1840, Ar. 179). Auch Prof. 
Hetdeloff in Nürnberg empfiehlt Milch ald das Bindemittel, durdy welches, 
bei einem eigenthümlichen Verfahren in Miſchung u. Zubereitung des fetten, wel 
Ben Kalks eine unauslöfchlidye, unzerflörbare Malerei auszuführen iſt, wogegen 
wieder der Borträtmaler Anton Stegel in Wien durdy Berfuche ermittelt haben 
will, daß nicht ein Kalkgrund, fondern ein glatter Gypsgrund, troden oder nody naß 
mit verbünntem Leimwaſſer überfirichen, dann in troden gewwordenem Zuftande das Ges 
mälde mit Farben in verdünntem Leimwaſſer ausgeführt, hierauf mit puntfchem, weis 
gem geruchloſem, in warmem Waſſer aufgelösten Wachfe (eigene Erfindung) überzogen 
und mit einer Bürfte oder Wolllappen fanft abgerteben werden fol (Ef. f. Wiener: 
Zeitung 1840 Nr. 205), was in diefer Weife eine Vereinigung des Fresco und 
der Enfauftif feyn würde. — Noch ift zu bemerken, daß dieſer in Stalten, (mo bie 
Caracci die von Raffael, Leonardo da Bincd u. 9. geübte 3. zur hohen Bollfom- 
menheit brachten) wie in Deutfchland fpäter ganz verblühte, Kunſtzweig dort zuerſt 
in Rom von deutfchen Künftlern, Overbeck, Cornelius, Wild. Schadow, Phil, 
Beith, wieder gewedt und von Gornelius fodann nady München verpflanzt murde, 
wo bereit8 die gerühmteften Werke neuerdings vollendet find. In neuefter Zeit iſt 
auch die Erfindung gemacht, Frescogemälde durd Uebertragung von der 
Mauer auf Leinwand over Holz vor gämnlicher Jerktrung wu Adern. Ans 


ntri verfuchte es erſt mit einigen Köpfen des Giulio Romano zu 
ınd Stefan Barezit aus Mailand gelangte darin zu höherer Bollfom- 
)as dabei beobachtete Verfahren iſt nicht ganz klar geworden, eine noth⸗ 
nzeige darüber aber zu finden in, ver Wiener Zettfchrift für Kunſt, Li⸗ 
f. w. 1819 Rr. 13. Bekannt wegen feiner Geſchicklichkeit, Frescen von 
» zu löfen, ift jebt der Künftler Pellegrini Succi in Rom, welcher 
| vom PBapfle nad) Ferrara gefandt wurde, um jene Frescen von Gas 
ı Sanct Andrea durdy eine Abloͤſung von der Wand nidyt nur vor 
jange zu ſchützen, fondern fie audy für fpätere Zeiten zu erhalten. Ueber 
indemittel und Verfahren der ttalientfchen Frescomaler gibt Auskunft: 
Gennint’s befannter Traftat, ſowie eine, von Sebafl. Ciampi, Flo⸗ 
mitgetheilte, chemiſche Analyfe. Zur näheren Prüfung von Wiegmann's 
jen vergl man aber Ernft Fiſcher, Beiträge zur neueren Kunftges 
eipzig, Brodhaus, 1835, 8. ' 

t oder Frettchen (Mustela furo), Art aus ver Gattung Wieſel (ſ. d.), 
b mit rotben Wugen, flammt aus Afrifa u. wird, gezgähmt, zur Jagd 
hen abgerichtet. Nach Einigen fol das F. nur eine Fränkliche Abart 
eyn, was aber ſchon deßwegen falſch tft, weil es ſich von diefem durch 
Ü der Rippen unterfchetdet. 

denfeld, Burkhard Heinrich, gelehrter Jefuit, geboren den 1. Ian. 
Schwerin von proteftantifchen Eltern, nertegle fi vorzüglidh auf philo⸗ 
ı. biftorifche Studien u. habilitirte fi 1 als Nrivgtbosent an der 
hen Fakultät der Univerfität Göttingen. Später machte er als Frei⸗ 
n Befrelungdfrieg mit, privatifirte dann einige Zeit zu Berlin u. wurde 
ch der Errichtung der Univerfität Bonn, als außerordentlicher Profefior 
ſophie u. Gefchichte an Diefelbe berufen. Sein reiches Gemüth konnte 
em rattonaliftiichen Proteftantismus feiner Zeit nicht begnügen; feine 
bleit an die romantifche Dichterfchule wedte in ihm manchen Anklang 
atholicismus, u. unbefangened® Studium der Reformationsgefchichte bes 
n in feinen reltgtöfen Anfihten. Da er mit freimüthiger Wahrheitsliebe 
niffe feiner hiſtoriſchen Forſchungen vortrug, wurde er vielfach anges 
nd ihm, als er einft die befannte Stelle aus einem Briefe Luthers an 
yon vorlas: „Pace obtenta dolos, mendacia et lapsus facile emenda- 
820 die Fortſetzung feiner Geſchichtsvorleſungen gänzlich unterfagt. F. 
n Bonn und begab ſich nach Freiburg in der Schweiz, wo er in den 
er Geſellſchaft Jeſu trat u. den 1. Sanuar 1822 die feterlicdhen Gelübde 
Im Jahre 1828 zum Priefter geweiht, wurde er Rector des Knaben⸗ 
8 zu Eftavayer und 1841 Profeſſor der Philofophte und Gefchichte 
yium zu Freiburg. Er hält feine Borträge in franzöflfcher Sprache, 
jr find audy die drei Hefte abgefaßt, die er zur Erleichterung des 
) für feine Zuhörer autographiren ließ. Außer feinen, in Zeitfchriften 
, der romantiſchen Echule angehörigen, Gedichten nennen wir noch 
n Schriften: „Zeltfchrift für SBoefle” (3 Bde., Unna 1812); „Das 
befenntniß der tömifch - Fatholifchen Kirche nebft Ueberfehung, einläuten- 
läuternden Bemerkungen“ (WMünfter 1820) und „Analytifches Gemälde 
reinen Geſchichte“ (Freiburg 1842). L. 
undsberg, alte Burg bei Schwaz in Tyrol, merkwürdig als ver 
y der Familie derer von %., welcher der weltgefchichtlicdh bekannte Feld⸗ 
nn Georg v. F. oder Frundoberg (f. d. folg. Art.) angehört. mD. 
undöberg oder Frund&berg, Georg von, Herr zu Mindelheim, Lats 
Feldhauptmann, 1475 zu, Mindelheim geboren, war der Sohn Ulrichs 
yes erſten Hauptmanns (vielleicht Urhebers) des ſchwäbiſchen Bun- 
), nahm mit feinem Bruder Kafpar an dem Zuge des Bundes gegen 
og Albert von Bayern Theil, bildete fi) in Kalfer Maximilians I. 
mit den Schweizern aus und befehligte von 1512 an die Eatferlichenr., 


46 Freundſchaftsinſeln — Frey. 


Truppen in Stalten. Am 24. Februar 1525 half er mit feinen Landöfnechten 
die berühmte Schlacht bei Pavia mit entſcheiden. 1526 führte er dem Katfer 
12,000 Wann, die er auf eigene Rechnung, durch Berpfändung feiner Güter, 
geworben hatte zu u. verflärkte baburd) das Heer des Connetable von Bourbon, 
der in kaiſerlichen Dienften fand, fo, daß er Rom flürmen konnte. In ber 
Folge führte er den ſchwäbiſchen Bund gegen den Herzog Ulrih von Würt⸗ 
temberg (f. d.) u. befehligte unter Philibert von Oranien in den Rieder 
landen. Er führte weientliche Verbeſſerungen unter dem Bußvolfe ein und gab 
demfelben mehr Befkipfel u, Zufammenhang. — F. war ed audy, der 1521 auf 
dem Reichötage zu Worms zu Luther die Worte ſprach: „Möndjlein, Mönd)- 
lein, du gehſt einen ſchwerern Bang, als ich u. mancher Feldobriſt je gethan!“ 
Man hat von gewiſſer Seite aus diefer Aeußerung den Schluß ziehen wollen, 
als ob 8. fi den Ans und Abſichten des fogenannten Reformators überhaupt 
ünftig gezeigt babe. WIN man indeſſen in feine Worten nicht abſichtlich mehr 
ineinlegen, als wirklich darin liegt, fo find fle mehr u. weniger Nichts, ale 
der Ausflug eined geradfinnigen Charakters, der in dem, von Luther gewagten, 
Schritte Etwas Ungeheueres, ber Mannedfraft Gehendes erblidte u. eine Mahnung 
vor leichifertigem Weiterfchreiten, fo lange nody Umkehr möglidh, an der Zeit u. 
am Plage hielt. — Er flarb zu Mindelheim 1528, verfchuldet und unbelohnt. 
Noch lange nad) feinem Tode lebte in dem Munde der Soldaten die ihm zu 
Ehren getungene Weiſe: 

Georg von Yreundsberg, 

Bon großer Staͤrk, 

Ein treuer Held, 

Behielt das Feld 

In Streit m. Krieg, 

Den Feindt er flieg 

In aller Schlacht, 

Gr legt Gott zu die Er u. Mad. 

re karl ſ. Tongaarchipel. 
een Franz Andreas, geachteter Kirdyenrechtöichrer, geboren zu Bam⸗ 

berg am 20. Juli 1763, wo er fich an den Stubienanftalten diefer feiner Vaterſtadt 
die ausgezeichnetefte wiffenfchaftlide Bildung erwarb. Den 13. März 1787 
zum A efter geweiht, warb er als Alumnus des dortigen Prieſterhauſes durch 
Bertheidigung theologifcher Thefen: de religione, nec non de principiis theolo- 
gicis, 1787 Baccalaureus der Theologie. 1788 Hofmeifter bei den Baronen 
von Horned, benüßte er diefe erwünfchte Gelegenheit, fi) dem Studium der 
Rechen zu widmen unter den gelehrten PBrofefioren Schott, Gönner, 
von Reider in Bamberg u. Gregel u. Samhaber in Würzburg. Franz Ludwig 
verlieh ihm eine Bräbende an dem Eollegiatfiifte zu St. Stephan, mit der Bes 
dingung, fi an der Untverfität für die Lehrflelle des Kirchenrechts würdig vors 
zubereiten. 1794 befland F. die vorgefchriebene dreimalige Prüfung u. erhielt 
1795 das Lehramt des Fanonifchen Rechtes. Seine Inauguraldiffertation: Genuina 
principia circa modum tractandi querelas et actiones ratione concordatorum 
tam inter paciscentes quam privatos ortas, übergab er dem Drude. 1795 
wirklicher gebeimer Rath, 1798 Beifiper des Schöppenftuhles an der juridiſchen 
Sektion, 1801 Syndikus bei dem fürftbifchöflichen Vikariate und vom römifchen 
Dr zum apoftolifchen Notar ernannt. Bis zur Auflöfung der Bamberger Uni⸗ 
verfität 1803 trug er dort mit hoͤchſt eifriger wiſſenſchaftlicher Forſchung das 
Kirchenrecht vor; erhielt deßhalb, wegen feiner ausgezeichneten Befähigung, das 
Lehrfach der Kirchen efhichte und des Kirchenrechts an dem errichteten &yceum, 
wo er auch für bie erhelung des bayerlichen Concordats fich betheiligte, ins 
dem er auf einen Wink des römifchen Hofes dem Runtiatur-Gongrefie, zu Mün⸗ 
hen im werhaufe zum goldenen Hahn abgehalten, beimohnte. Er ftarb am 
24. Juni 1820 in Folge einer Gehörentzündung u. vermachte feine reichhaltige 
Bicherjammlung der öffentlichen Bibliothek feiner Vaterſtadt. Gegen die damas 


Freyberg — Freyja. 4 


ligen neologifchen Umtriebe im Kirchenweſen zeigte er ich ſtets ald gewandter 
Bertbeibiges u. buldigte aus inniger Ueberzeugung ven Grundſaͤtzen des römifchen 
Kirchenrechtes, wie dieß fowohl in feinen größeren Werken, als in den vielen 
Flugſchriften fih bewährte. — Schriften: Bemerkungen über Gregeld Schrift 
„das landesherrliche Batronatrecht nach den verſchiedenen Berhältnifien der bifchöf- 
lichen Geredhtfamen betrachtet,” Bamberg 1805. Abhandlung von dem Rechte 
der Staatögewalt über das Kirchengut, 1805. Ueber das Gigentbum an den 
Gtiftöwohnungen der Kanoniter in Deutfchland, 1806. Allgemeines Religionss, 
Kirchen⸗ u. Kirchenftantsredyt aus Grundbegriffen, 1809. tifcher Commentar 
über das Kirchenrecht, nach Michl, 1812, 3 Bde., fortgefeht v. Scheill. Er⸗ 
läuternde Bemerkungen zu der Schrift: von dem Frieden der Kirche in den 
Staaten der cheinitchen Gonföderation ausgefprochene Wünfche Karls Metropo⸗ 
liten, 1811. Zehn GStreitfchriften gegen v. Weſſenberg, ald Coadjutor des Bis⸗ 
thums Konflanz, u. gegen v. Rotted, ald Sprecher der badiſchen Ständeverfamms 
lung, anonym, Bamberg 1816 — 19. IR der weſtphaͤliſche Friede vom Jahre 
1648 nach den Befimmungen des Artifels V. in Bezug auf den Religionszufand 
bee chiſtlichen Hauptconfeffionen in Deutſchland durch die rheinifcdhe und Wiener 
Bunvdedafte abgefchafft u. aufgehoben? Bamb. 1816. Erläuternde Anmerkungen 
zur Mebereinfunft zwifchen Bapft Pius VIE. u. König Mar Jofepb, die Verhaͤlt⸗ 
niſſe der katholiſchen Kirche in Bayern betreffend, Bamberg 1818. Mehre Beis 
träge & Bag und Brenners theologifdyer Zeitichrift, worunter höchſt zeitgemäße: 
z. B. Auf welche Welfe tft der Golliffion zwiſchen den Gefehen des Staated u. 
der Kirche in Bezug auf Hinderniffe u. —— ber Ehe abzubelfen? Ueber Ber- 
Hältniß der Kirche zum Staate. Berbindende Kraft ver katholiſchen Kirchenge⸗ 
fege in Hinficht af das bayeriſche Reltgiondebikt. ıc. Cm. 
ey (Martmiltan Procop, Freiherr von $.), geboren 1789 zu 
Mündyen, befleivete 1817 die Stelle eined Regierungsrathes daſelbſt, warb 1824 
Vorficher des Reichsarchivo, 1828 Minifterlalrath, das folgende Jahr wirklicher 
Staatsrath umd 1837 Deputtrter in der Stänveverfammlungz; Werke von ihm 
find: „Altele Geſchichte von Tegernfee* (München 1822); „über das altdeutſche 
öffentliche Berichtöverfahren" (andsh. 1824); „Befchichte der bayerifchen Lan 
fände” (Sulzbach 1828 f., 2 Bde); „Grundlinien einer Gefchichte der bayeriſchen 
Landſtände“ (München 1832); „Sammlung deutfcher Reichsalterthümer” (Mainz 
1828); „Sammlung biftorifcher Schriften und Urkunden” (Stuttgart 1827—39, 
5 Bde); „Pragmat. Geſch. der bayerifchen Gefebgebung und Gtaatöverwaltung 
fett Marimiltan 1“ (Lpz. 1836—39, 4 Bde); er febte auch mit Hormayr Lang's 
Rogesta s. Rerum boicarum autographa fort; und außerdem: „Maleriſche Reife 
tm oberen Stalien“ (München 1830); „die Stauffen von Ehrenfeld“ (ebend. 1833, 
3 Bve.); „die Löwenritter“ (ebend. 1830); „Rovellen* (ebend. 1828) u. a. 
Treyeinet (Charles Louis de F.), geboren 1779, widmete fi) dem 
Seewefen und trat 1794 in die Marine. Nachdem er 1797 Schiffefähnrich ges 
worden, nahm er 1800 an der Erpedition u. Erdumſegelung des Gapitänd Baus 
bin (ſ. d.) Theil, ward hier Schiffölteutenant u. erhielt als foldyer dad Kommando 
eines Kleinen Schiffes. Als dieſes Schiff dienſtunfähig geworden war, ging er 1804 
wieder nady Europa, befehligte dann eine Gorvette, ward 1805—15 zur Anfertis 
gung der Karten des auf Isle de Trance geftorbenen Baudin verwendet, volls 
endete das Werk Perons über diefelbe u. wurde 1812 Fregattencapitän; 1847 
unternahm er eine neue Reife nad) den Auftralgegenden, litt aber an den Mas 
luinen Schiffbruch. 1820 nady Europa zurüdgefehrt, verblich ex daſelbſt u. ſtarb 
1842 ald Sciffs-Capitän in Saulces bei Bienne Die Belchreibung feiner 
er ekole ie 1824 f., 8 Bände, 4.5; der botantfche Theil von Gaudichod 
.) 
Freyja (aus dem masc. Freyr, was auf goth. Frauja= Herr zurüdweist) 
iR eigentlidy Herrin, welcher Begriff tm althochdeutſchen frouwä, fröwä, im mits 
telhochbeutfchen froume, frou, im neuhochdeutſchen rau (gegenüber Weib) noch 


. 448 Freyr — Friant. 


erhalten if. Damm iſt F. (im Altnord.) faft nur ver Rame einer befonderen Göttin, 
der Schwefter Frey“'s, dem Worte nach: die frohe, erfreuenve, liebe, gnädige Goͤt⸗ 
tin, während die damit oft verwechfelte Frigg die freie, fchöne, Tiebenswürbige 
Goͤttin iſt. F. iſt noch oder neben Frigg die geehrtefte Göttin der altveutfchen 
(norbifchen) Mythologie. Ihr Eultus war fehr verbreitet. Sie war einem Manne 
(feinem Gott, Teinem As wentgftene) Namens Otho (Othar) vermählt, ver fie 
aber verließ und den fie, goldene Thränen vergießenn, in der weiten Welt, unter 
fremden Bölfern, aufſuchte. Nach den Alteften Zeugniſſen erfcheint fie aber audy 
kriegeriſch; auf einem mit zwei Kayen beipannten Bogen zieht fle zur Kampf 
flätte u. theilt fih mit Odin in die Erfchlagenen. Ihre Wohnung heißt Folkvangr 
oder Foͤlkvangar, das Gefilde auf dem ſich Schaaren des Volkes verfammeln. 
Sterbende Frauen glauben nady dem Tode in ihre Gefelfchaft zu gelangen. Ihr, 
der Liebesgättin, ift die Kaye heilig. In vielen Gegenden unſeres Baterlandes 
heißt es heute noch, wenn eine Braut bei gutem Wetter zur Trauung BER: 
„die bat die Kabe gut gefüttert,” das Thier der Liebesgöttin nicht beleidigt; 
wird fie von Regenwetter überfallen, dann „hat fle die Katzen nicht gern.” — 
Bon der F. hat der Freitag (althochdeutſch Fritac, mittelhochdeutſch vritac) 
feinen Ramen. x. 

 " Freyr, der Sohn Niord's, altveutfcher Gott der erzeugenden Kraft und 
Fruchtbarkeit der Erbe, des Friedens u. des Weberflufies; auch Bott des Mondes. 

Freyre (D. Mauuel), geboren 1765 zu Oſuna in Andaluflen, trat früh 
in die fpanifhe Eavalerie u. machte ald Lieutenant den Krieg 1793—95 gegen 
Sranfreich mit; er flieg bis zum ÖObriftlieutenant u. erwarb ſich ald Commandant 
eine® Hufarenregiments 1808 großes Lob; nad) der Schladyt bei Talavera dedte 
er Cueſtas Rüdzug, ward General u. erhielt, nachdem er ſich bei Alcaña aufs 
Reue Rorbeeren ae 1811 das dritte Armeecorps, als deſſen Chef er Granada 
u. Murcia vertheidigte u. die Franzoſen aus dieſen beiden Königreichen vertrieb. 
Nach der Schladht bei Salamanca verlor er bei der neuen Organiſation det 
Armee dad Commando und erhielt eine Divifion, mit welcdyer er gegen Ende des 
Jahres 1813 die Höhen von Jrun u. St. Martial nahm. 1813 trug er viel zur 
Einnahme von St. Sebaftian bei, hatte wefentlichen Antheil an dem Uebergang 
über die Bidaſſoa, an der Schlacht bei Orthez u. der von Touloufe u. ward Ges 
nerallieutenant, Nady dem Kriege fchlug er doch das Kriegsminiſterium und den 
Oberbefehl über die Truppen gegen Südamerika aus, befehligte aber das gegen 
den Aufftand der Truppen auf Isla de Leon 1820 beflimmte Corps u. ließ den 
General Riego in die Gebirge von Ronda verfolgen; doch verband fich faft fein 

anzes Corps mit den Emporern. Als der König die Eonftitution angenommen 
atte, fchloß auch er fi ihr an, wurde hierauf eFangen gelegt u. lebte, erft durch 
die Reftauration befreit, in Zurüdgezogenheit, bis er fid 1833 für Ifabella er 
flärte und ald Anhänger derfelben Mitglien der Proceres, Dbercommandant der 
Garde u. Generalcapitän zu Madrid wurde u. als foldher 1834 ftarb. 

Freytag, Georg Wilhelm Friedrich, berühmter Orientalift, geboren 
zu 2üneburg 1788, fludirte in Göttingen u. fam 1815 als preußifcher Brigade 
prediger nad) ‘Paris, wo er bis 1819 das Studium der orientaltfchen Sprachen 
fortfegte. Gegenwärtig Profeffor dieſes Faches in Bonn, gab er heraus: Selecta 
ex historia Halebi (ar. 1819); Locmani Febulae (Bonn 1823); Lexicon ara- 
bico-latinum (Halle 1830—36, 4 Bde., 4.5 Auszug daraus ebendafelbft 1837); 
Hamasae carmina (Bonn 1828); Darftelung der arabifchen Verskunſt (ebend. 
1830); Chrestomathia arabica (ebend. 1834); Hebrälfche Grammatif (eb. 1835); 
Arabum proverbia (Bonn 1838 u. 39) u. a. 

Friant, Louis, Graf von, 1758 zu Billerd Morlancourt (Departement 
Somme) geboren, trat im 23. Jahre in die Garde, wurde SInftructiondoffizier, 
nahm 1787 feinen Abſchied, war aber 1792 wieder Batalllonschef bei der Ra⸗ 
tionalgarde von Paris, zeichnete ſich in allen Feldzügen der Revolution u. der 
Kolferzeit in Europa u. Aegypten durch ungewöhnliche Tapferkeit aus u. befehligte 


Frias — Friaul. 449 


nad der Rüdtehr Napoleons bei Fleurus u. Waterloo. Durch die Reflauration 
ver Pairöwürde und ded Commando's beraubt, flarb er 1829 zu Gaillonnet bei 
Meulan. — Sein Sohn Jean Franc. F., geboren 1790, 1813 Stabschef der 
alten Garde, ward 1832 Marschal de Camp u. befehligte 1838 interimißifch die 
Rationalgarde der Seine. 

Frias (Don Bernardin Fernandez de Belasco, Marquefe de 
Billena, Graf de Haro, von Dropefa, Herzog von %.), aus dem alten 
berühmten Geſchlechte der Belascos, geboren zu Madrid 1783, ward Lieutenant 
in der Garde, machte als folcher den Krieg In Portugal 1801 mit, wurde 1804 
Gapitän bei den Dragonern u. wohnte dem Zuge Junol's 1807 nad) Portugal 
bei, warb 1808 von den Franzofen gefangen, entfloh, war bei Baylen Adjutant 
bet General Caſtanos, dann Öbriftlieutenant u. Oberſt u. zeichnete fidh mehr- 
fady während des Unabhängigfeltsfrieges aus, war 1812—20 Kammerherr bei Yers 
dinand VIL., nady der Revolution von Isla Leon Gefandter in England, 1821 
Minifter, 1823 nad) der Reflauration 15 Meilen vom Umkreis von Madrid und 
alten Eöntglichen Schlöflern verwiefen. 1827 erhielt er die Erlaubniß zur Rüds 
fehr , ergriff 1833 die Sache der Königin Ghrifline mit Eifer, wurde 1834—36 
Geſandter in Frankreich und fchloß bier die Quadrupelallianz. 1837 von mehren 
Provinzen ald Senatsmitglied gewählt, nahm er die Berufung von Leon an, 
warb 1838 Minikerpräfivent, legte aber diefe Stelle 1839, bei Abdankung der 
Königin, wieder nieder. 

riaul, die größte der Delegationen des lombardiſch⸗venetianiſchen Königs 
reiches, erhielt feinen Namen von dem alten Forum Juli. Wie die Gränzlande 
im Rorden Staliend überhaupt, warb es von mandyem Volksſtamme durdhfluthet, 
u. aus dem Zeitenſtrome tauchen die Ramen der Euganer, Eornier, Römer, 
Longodbarden, Slaven, Germanen ald die der Landeöherren auf. Bon 
Dersgen, als Landesfürften, ift ſchon vor der fränkifchen Eroberung die Rebe. 
iner der Mächtigften war Giſulf, den fein Nachbar, der Avaren- Chan nad) 
hartnädigem Kampfe erſchlug. Gifulfs Söhne aber herrfchten von Cilly bis in 
das Madnigerthal, welches vielleicht damals mit zur combifchen Mark gerechnet 
ward. Berengar, ein anderer Herzog, war im Befige folcher Mittel, daß fidh 
durch fie fein hoͤchſter Wunſch, Staliend Krone felbft zu tragen u. erblich zu bins 
terlaffen, ſchon nach dem Tode Karls des Diden verwirklichte, ja, nad) dem Tode 
ſeines Gegners, des Herzogs von Spoletto, fi in der That erfüllte, und über 
ſchwaͤnglich, indem er im Jahre 916 vom Papſte Johann X. als Kaifer gekrönt 
wurde. Unter den fächfifchen Kaifern ward F. um das Gebiet von Iſtrien ver 
ringert. Es ſank allmälig zu einer Graffchaft, u. das zumeiſt durch die Kämpfe der 
FF pair von 5. mit den Patriarchen von Aquileja. Die Benetianer mengten 
tn diefe Zwifte, u. lieferten durdy die Eroberung F.s einen neuen Beleg für 
die Wahrheit des alten Sapes: „Wo Zwei fireiten, erfreut fi) der Dritte.* 
Kurze Zeit war F. dem ritterlihen Mar I. untertban; dann, ald weder die 
Schweizer, nody die Deutfchen ihre Zufanen hielten, endete Maxens Feldzug in 
Ztalien unrübmlidy u. F. fam wieder an Benebig (1515). Einen Theil von F., 
bie alte Graffchaft Görz, den nunmehrigen Goͤrzerkreis im illyniſchen Küftenlande, 
die bald mit Tyrol vereint, bald getrennt war, hatte nach dem Ausſterben des 
Grafenhaufes Mar ererbt. Der blieb bei Oeſterreich bis 1809. Da fam ed an 
die Sranzofen u. erft 814 fiel e8 wieder an Defterreich zurüd. Der Theil von F., 
in defien Erädten u. Feften die Fahne mit dem Löwen des heil. Markus wehte, 
ward erft im Jahre 1797 öflerreihifh. Wach den franzöflfchen Invaflonen war 
auch das 3. ein Theil der franz.-ilivrifchen SBrovinz, bis ed nach mancher Graͤnz⸗ 
beridytigung, mit dem veneitanifchen Antheile geeint, 1814 auch dem Kaiſer von 
Defterreicy wieder anbeimfiel.— Die Einwohner %.6, 350,000 an der Zahl, über 
1205 geograpbifche [J Meilen Fläche zerftreut, durch u. durch Italiener u. Achte 
Katboliten, befchäftigen ſich mit Landbau, defien Produft herrliches Getreide ; mit 
der Viehzucht, die ausgezeichneter, als in den übrigen Delegationen; mit dem Berg« 
Mesisacgcieyätie IV. | W 


450 | Fricchal — Friberiens. 


baue, deſſen erwaͤhnenswertheſtes Erzeugniß das bei Tarcento zu Guten gebrauchte 
Eifen. Marmorbruͤche u. Thongräbereien geben auch Vielen Unterhalt. Die Aus⸗ 
fuhr des eigenthümlichen Weines, piceoletto geheißen, Handel mit Seide und 
Selpaaren geben mehr Gewinn. Die Hauptflant Udine mit über 3,000 Einw. 
als mit der Stammburg des altberühmten Gefchlechtes der Bolloredo, 
zwiſchen dem Sagliamento, dem nebſt der Lifonge F. beveutendften Fluße u. 
dem Gebiete von Belluno, find die merkwürbigften Orte. sG. 

Frickthal, fo genannt von zwei anfehnlidyen Fleden, Ober-$. u. Unters 
F. im Schweizer Canton Aargau, eine Landfchaft, die zu dem ehemaligen Breit 
gau (f. d.) gehörte, 54 M. u. gegen 20,000 katholiſche Einwohner hat u. 
in bie Bandfchaften F., Möhliba und die Herjbaft Laufenburg zerfiel, Ele 
wurde im Lüneviller Frieden an. Sranfreidy abgetreten, kam fpäter von biefem 
an die Schweiz u. bildet jet einen Theil des Bantond Aargau. 

ietion, ſ. Reibung. Ä 
ridericia (fonft Friedrichsodde)y, Stadt im jütländifchen Stifte Kibe 
(Dänemark), am Anfange des Fleinen Belts, mit 5000 Einwohnern, hat einen Zoll 
für die einlaufenden Schiffe, einige Feſtungswerke, Feldbau und mehre Yabrifen, 
die befonderd Tabaf (3000 Etr. jährlich) verarbeiten. Ueberfahrt nach Yünen. — 
Erbaut wurde die Stadt durch König Friedrich II. 1650. 

Fridericus, der Heilige und Martyrer, Enkel des Könige Radbodus 
von Friedland, wurde von den @eifllichen der Kathedrale zu Utrecht in der Res 
ligion u. den Wiſſenſchaften unterrichtet, war fchon in früher Jugend von brens 
nender Liebe zu feinem Heilande durchdrungen, befchäftigte ſich in anhaltendem 
Gebete ftetd mit ihm u. hielt, mit fleter Wachſamkeit über alle Regungen feines 

erzend, durch Faſten u. andere Bußwerke die natürlichen Reibenfehaften in der 
engften Zucht. Reichlich goß fich über F. die Gnade aus, die Bott den Des 
müthigen verleiht, als er vom Biſchofe von Utrecht bie heilige Briefterweibe em⸗ 
yfing, u. gefegnet waren feine Bemühungen, als Ihm der Biſchof den Unterricht 
der Zäuflinge übertrug. - Sein Eifer, feine Kenntniffe und feine Srämmigfel er⸗ 
warben ihm die allgemeine Liebe in ſo hohem Grade, daß er im Jahre 820 zum 
Biſchofe von Utrecht erwählt wurde. Bei Ankündigung dieſer Wahl wendete er 
Bitten u. Thränen an, um diefe Würde abzulehnen: Aemand, betbeuerte ex, fel 
unwürbiger u. unfähiger, als er; da jedoch Alles vergeblich blieb, u. fogar Kat 
fer Ludwig der Fromme ihm die Annahme des Bisthums befahl, begab er fi 
zuerft zu feinem Metropolitan Erzbifchof nach Mainz u. dann nad) Aachen, wo 
er in Gegenwart ded Katjerd geweiht wurde, welcher ihm befonbers die Bekeh⸗ 
zung der noch heidnifchen Friedländer empfahl. — Diefen Auftrag ließ fidy wirk- 
lid der heilige Biſche ſo angelegen ſeyn, daß er, gleich nach ſeiner Ankunft in 
Utrecht, Glaubensprediger nach jenem Lande ſchickte und ſelbſt nach der Inſel 
Walchern in Seeland ging, ſobald er nur die Angelegenheiten ſeines Bisthums 
georbnel hatte. — Unermündet predigte er den rohen und mit Haß egen das 
vangelium erfüllten Bewohnern Friedlands die Lehre des Helles; vorzüglich ließ 
er fi) angelegen feyn, die unter ihnen üblich gewordenen blutfchändertfchen Ehen 
aufzuheben u. zu verhindern. — Wie viel Beten, Arbeiten u. Thränen Eoftete es 
dem frommen Manne, bis fich doch endlich die vornehmften Infulaner bewegen 
liegen, ſich mit Gott und der Kirche auszufühnen! Je mehr fi) durch jein 
fegensreiches Wirken und frommes Beifpiel der Ruf feiner Heiligfeit verbrei⸗ 
tete, um fo mehr erregte dieſes den Haß der zweiten Gemahlin des Kai—⸗ 
fers, Judith. — Diefe zweite Jezabel, wie fie die Gefchichte nennt, nährte 
einen heimlichen Groll gegen F., weil er fte einmal mit apoflolifchem Freimuthe 
zur Beflerung ihres ärgerlidyen Wandels ermahnt hatte — Als eines Tages 
der Heilige eben die Mefle gelefen und fich nach derſelben in der Kapelle zum 
eiligen Johannes dem Täufer auf die Kniee werfen wollte, um da fein Danfge 
et zu verrichten, ftürmten plötzlich zwei Mörber auf ihn los u. durchbohrten ihn 
Ait mehren Dolchſtichen, an weldyen er bald harauf mit den Worten des Pal 


Fribolinus — Friebberg. 41 


n flarb: „Ich werde den Herrn loben im Lande der Lebendigen.“ Weber 
Berfafier feiner Lebensgefchichte, noch andere Schriftfteller jener Zeit bezwei⸗ 
im Geringften, daß Judith jene zwei Böfewichte gedungen babe, um ſich für 
sreimüthigkeit, womit der heilige Bifchof ihren Argerlichen Lebenswandel ges 
hatte, blutige Rache zu nehmen. F. wurde in der Kirche zu unferem Erld⸗ 
n Utrecht begraben. — 18. Juli. Ä 
Bridolinus, der Heilige, ein geborener Srlänver u. mit den vornehmften 
llien dieſes Königreiches verwandt, aber die chriftliche Demuth über den 
feiner Geburt ſchaͤtzend und die evangelifche Armuth dem Bermögen feiner 
n bei Weitem vorziehend, kam im fünften Jahrhunderte nad) Frankreich, um 
bſt Das Evangelium zu verfünvden. Nachdem er fidy bereits [don früber 
) gründliches Studium der Wifienfchaften, durch tiefes Korfchen in den götts- 
ı Schriften, wie auch durch Erlernung aller, in's Gebiet der Theologie bes 
rs einſchlagenden, Wifienfchaften für dieſes wichtige Amt gehörig vorbereitet 
‚ u. er überdieß noch ausnehmende Fähigkeiten bein u. die Kanzel mit reis 
gottentflammten Herzen betrat, mußten feine Worte, als fruchtbringender Same 
e Gemüther der Zuhörer ausgeftreut, auf das herrlichfte gedeihen. — Wirk 
hatte er ſich fchon in feinem Baterlande des fchönften Erfolges zu erfreuen 
urde deßhalb mit hohen Ehren u. „efallebegeigungen überhäuft; body, weit 
nt, Durch diefe verführerifchen Lodfpeifen den geringften — edanken 
h aufkeimen zu laſſen, weckten fie vielmehr eine heilfame rcht in ihm, und 
: oft über jene Worte des Heilandes predigte, „man koͤnne hi Sünger nic 
wofern man nicht allen irdiſchen Beſitzungen entſage,“ fühlte er A bald 
ngen, fein Bermögen unter feine Anverwandten, unter die Armen u. Waiſen 
eilen. — Fr fegelte F. über das Meer u, durchwanderte als wahrer 
dA die franzöftfchen Dörfer. So gelangte er audy nady Poitlers, wo er in 
Borkädten das Evangelium verfündete u. bald darauf umter der Regierung 
noigs, des erften riflichen Königs von Frankreich, zum Abte in St. Hilatre 
mt wurde. Auf eine ganz wunderbare Art entdedte 1 einige Zeit nad) dem, 
Blodewig über die Wifigothen erfochtenen Siege im Jahre 508 unter den 
en der Kirche des heiligen Hilarius, dieſes großen Biſchofs Gebeine, die in 
von F. neu erbauten, Kirche fammt Klofter feierlichſt beigefeht wurden. 
uf verließ F. das weftliche Frankreich, um fidy nach Deutſchland zu bege⸗ 
wo er fidy in verſchiedenen Gegenden eine Zeit lange aufbielt u. allenthals 
namentlich in dem Gebiete von Meb u. andern auftrafifchen Gegenden, wie 
in Burgund, im Elſaß u, in der Schweiz, durdy Gründung mehrer Kirchen 
öfter Dentmale feines frommen Gifers hinterließ. Die Meinungen find ab- 
end, ob F. von Sigismund, König der Burgundionen, oder von Theodorich, 
Auftrafter- Könige, das Gebiet von Sedingen zwiſchen Bafel u. Schaffhaufen 
en habe; aber gewiß ift, daß er dafelbft eine Kirche mit einem Kofler zu 
ı de& heiligen Hilarius erbaute. Aller Wahrfcheinlichfeit nady war daſſelbe 
reibliche Perfonen geftiftet; denn wirklich befand ſich noch in den legteren 
ı dafelbft eine Genoſſenſchaft von Klofterfrauen. Hier beichloß 8. fein Les 
n den Uebungen aller Bußwerke u. Tugenden, am 6. März; 538. — Durdy 
ürbitte des Heiligen wirkte Gott viele Wunder, ſowohl vor, als nad) feinem 
wodurch der Name F. in ganz Deutfchland, Frankteich u. der-Schwelz, in 
Riederlanden, in England, Schottland u. Irland fehr berühmt wurde, — 
'ötag der 6. min. 
Sriedberg. 1) Stadt in Oberbayern u. Sitz eines Landgerichtes, Rent⸗ 
u. Forſtamtes, liegt an der Acha, eine Stunde öftlidh von Augsburg, auf 
er, weit ausfchauender Höhe. Die Mauern, Gtreitihürme u. Gräben, wels 
ben Ort umfchließen, beurkunden noch heute feine frühere Beſtimmung als 
lat Bayerns gegen das Hochſtift u. die Reichsſtadt Augsburg. Anſehn⸗ 
— ͤ 2000 Einwohner, unter welchen fidy früher über 70 Klein⸗ 
scher befanden, die ihre Bropufte in die fernſten Länder er Jetzt find 


432 | Friede. 


pie hauptſaͤchlichſten Erwerbszweige die Banpweberei,- das Bierbrauen und der 
Hopfendau. Eine Keine Viertelſtunde oͤſtlich von der Stadt die ſchoͤne Walls 
fahrtöticche „au unferd Herrn Ruhe." — Ludwig der Strenge erbaute 1247 das 
Schloß, zehn Jahre fpäter die Stadt u. hieß beide Friedberg, ein Rame, der 
in Omen im saufe der Zeiten durchaus nicht ‚erfüllte; denn wenige Orte in 

ayern haben fo viele Kriegsftürme u. Unfälle über fidy ergehen fehen, als eben 
Friedberg. Zunächſt waren es die Augsburger, welche die Stadt mehrmal belas 
erten, eroberten u. verwüfleten. Dann litt fie unfäglidy während ber inneren 
—2 der bayeriſchen Herzoge, u. wie wir in ganz Altbayern kaum einen 

rt finden, dem nicht der Schwedenkrieg den gräßlichen Stempel der Zerſtoͤrung 
aufgedrüdt hätte, fo wurde indbefondere auch F. von ihm ärger, als je von 
einem andern Kriege, heimgeſucht, Auch Feuerobruͤnſte u. peftartige Krankheiten 
wütheten mehrmals in der Stadt. — Gefecht zwiſchen den Defterreidhern unter 
dem Feldzeugmeifter Graf Latour und den Franzoſen unter General Moreau am 
24. Auguf 1796. Das kaiſerliche Corps wurde zurüdgeworfen und abgefchnit- 
ten. mD. — 2) F. Stadt in der großberaoglich heſſiſchen Provinz Oberhefien, 
am Usbache, mit 4600 Einwohnern, ehemalige freie Reichsſtadt, hat eine fehene- 
werthe Stadtkirche, eine Taubftummenanftalt u, ein Prediger- u. Schullehrerſemi⸗ 
nar. Einen eigenen Theil der Stadt bildet die befefligte Burg %., mit 600 €. 
u. eigenen Burggrafen, deren legter 1806 unter heſſiſche Hoheit kam und 1817 
feine Redyte ganz an den Großherzog abtrat, während die Stadt fchon 1803 durch 
den Rüneniller heſſiſch wurde. — F. wurde ſchon 1211 vom Kaiſer Fried⸗ 
rich II. zur: freien Reichsfiadt erhoben und war anfange fehr bedeutend, denn 
bis auf Karl IV., der die Stadt an den Grafen von Schwarzburg verpfändete, 
wurden die Frankfurter Mefien bier gehalten. Aus den Händen des Grafen von 
—— kam fie pfandweiſe an Mainz, dann an die Herren von Epftein, 
die Grafen Iſenburg und an die Stadt Frankfurt. Lebtere überließ ihr ‘Pfand 
endlidy dem Burggrafen von F. nebft der Ganerbſchaft F., und die Stabt 
mußte nun der Burg förmlich huldigen. 1706 Fündigte die Stadt der Burg die 
Pfanpfhaft auf u. wollte fie einlöfen, was jedody die Burg nicht annahm. Die 
Burggrafen und Burgmänner waren übrigens förmliche Mitglieder des Rathes. 
Hier fiel 1762 ein Gefecht der Franzoſen über die verbündete Armee vor, in 
hear erfteren ſiegten; ebenfo 10. Juli 1796 Sieg Jourdans über bie 

efterreicher. 

Triede, Friedensfchluß. %., ver Gegenſatz des Krieges, oder überhaupt bes 
Stretites, iſt der Zuftand in Wechſelwirkung ftehenver Serfonen, worin fie über 
das, einer jeden von ihnen zuftehende, Rechtögebiet unter ſich einig, oder mindes 
ſtens in feinem gewaltthätigen Streite darüber begriffen find. Bet den Unvoll⸗ 
fommenbeiten ſowohl der natürlichen, al8 der pofitiven Rechtolehre, bei den oft 
ſchwer zu löfenden Berwidelungen oder Unbeflimmtheiten der thatfächlichen Berbälts 
niffe, worauf jene anzuwenden ift, bei der natürlichen Befangenheit endlich, wo⸗ 
mit man gewöhnlich über ſelbſteigene Anſprüche urtheilt, find Rechtsſtreitigkeiten 
ganz unvermeidlich u. deßhalb auch nicht unvernünftig. Wohl aber iſt 
die Entſcheidung ſolcher Streitigkeiten durch Gewalt unvernuͤnftig, u. der Zu⸗ 
ſtand, worin man wegen der Behauptung ſeines Rechtes lediglich an dieſe Ge⸗ 
walt gewieſen u. daher die Gewalt das Maß des Rechtes iſt, Fein wah- 
zer Recht ⸗Zuſtand. Der F. ftellt ſich hiernach vom Standpunfte der Ber 
nunft aus al8 der RormalsZuftand dar; aber geſchichtlich erfcheint leider 
der Krieg faſt ald Regel u, der F. bloß als Unterbrehung des Krieges. 
— Den %.n8-Stand ſorgſamſt zu erhalten, iſt eine vom Rechte, wie von ber 
Moral gebotene u. meift auch von der Klugheit eingefchärfte Pflicht. Der Staat 
oder die Staatögewalt alfo enthalte ſich nicht nur geroifienhaft jeder Verletzung 
fremden Rechtes, fondern fuche auch, wenn fein eigenes Recht verlegt ober In 
Frage geftellt worden, zuvoͤrderſt eine gütlihe Wusgleichung durch Unters 
Dandlungen, Bergleicy oder ſchiedogerichtlichen Ausigrudy zu —*88 und greiſe 


Friebenögerichte, 458 
erh, wenn alle gelindere Mittel (worımter au Repreffalien u. Retorfion) 
fruchtlos blieben, zur legten, ſtets unheifvollen, Entfcheivumgsart durch Waffen. 
Die Rotbwendigfeit, diefes zu thun, wird übrigens um fo feltener eintreten, in 
je beſſere Kriegsverfaſſung man fidh.gefeht, d. 5. je mächtigere Vertheidi⸗ 
gungsmittel man vorbereitet, ober weniaftend eventuell ſich gefichert hat, nach 
dem Spruche: pacem arma firmant. — Wenn aber, troß -aller Sorge für Frie⸗ 
denserhaltung, gleichwohl der Krieg entſteht, alsdann heifdyen abermals Pflicht 
u. edlere Politik, demfelben fobald al8 möglich durch ehrenhaften Fens⸗Schluß 
ein Ziel zu ſetzen. Nur die Wiederherſtellung des, durch die Schuld des einen 
oder andern Theild, oder auch beider Theile unterbrochenen, %.h8 » Standes fol 
ber Zweck der Kriegeführung feyn. Dem wirklichen F.ns⸗ichluſſe geht natürs 
lich die $.n&Unterhandlung voraus, wonm bie erften einleitenden Schritte 
häufig von dritter Seite, etwa von zur Bermittelung eingelabenen oder dazu 
ſich anbietenden Mächten, oft aber audy von den Ertegführenden Theilen 
— elb , * ſei den ee ae nem —— Die Bea nlann 
angs geheimer, ober auch fog offener Anregun en. Die Berhandlung 
wird fodann, je nach Umfländen u. zumal nad) ber Berehaffenbeit ihre Gegen⸗ 
ftandes, entweber bloß zwiſchen den — etwa bereitö bei einer dritten Macht ac» 
crebitirten, oder auch eigend zum F. nswerke einem beftimmten Orte ſich vers 
fammellen, -— Gefandten der Ertegführennen Mächte, oder auch, mit Theilnahme 
Dritter Bermittelnder oder Allitrter, oder wie Immer am Streitgegenftande 
Bea — nicht felten in feierlichen Eongreffen (f. d.) gepflogen, und 
ihr a ‚ je nachdem wenige oder mehre Theilnehmer find, in einem ober 
mehren IZnfrumenten niedergelegt. Dft werben, neben der allgemeinen ober 

auptfriedens-Urfunde, noch befondere Snftrumente über die, nur einzelne 

Achte betreffenden Punkte, oder audy über bloße JZufahsBerträge, oder übeg 
ganz fpectelle Intereſſen errichtet, oft dem Hauptinftrumente bloße Acceſſions⸗ 
Urkunden der mitbetheiligten Mächte beigefügt, oft auch diefe lebten, zumal bie 
mit den hauptfriegführenden bloß alliirten, lediglich in ben, zwiſchen ben 
Hauptmädten zu Stande gefommenen, F.n miteingefchloffen. Gewöhnlich geht 
dem Wbfchluffe des definitiven F.ens der eines PBräliminar-%.nd voraus. 
In dieſem werben bloß die Hauptpunkte des Streited geregelt, oder die Grund⸗ 
bebingungen des Uebereinkommniſſes feftgefebt. De Dervollänbigung und 
näbere Beſtimmung berfelben bleibt ſodann dem oft gar lange ſich verzögernden, 
mitunter felbft noch fcheiternven, definitiven F.nswerke überlafien. Im diefen Ins 
Arumenten werben immer die Hauptartikel von den Reben: u. Separat⸗ Ars 
tifeln gefchteden, u. gar oft fommen darin, neben den offenen, audy geheime 
Artikel vor. — Es i Orundfa des praftifchen, d.h. auf allgemeiner Anerfennts 
niß beruhenden Voͤlkerrechts, daß die $.nd-Berträge, wenn auch von den Unter⸗ 
haͤndlern innerhalb der Graͤnzen ihrer Vollmacht gefchloffen, gleichwohl ihre volle 
Bültigkett erft durch die Ratification der Regenten erhalten. Es wirb 
diefe in der Regel auch ausprüdlidy vorbehalten u. beftimmter Termin dafür 
gelebt; doch Hält man ihre Verweigerung, wenn nicht befondere Rechtfertigungs⸗ 
gründe dafür anzuführen find, für unzuläit: 

Friedensgerichte. Es gibt zur Sch! Stmg von Rechtöftreitigfeiten dreier 
fet verfchienene Wege. Der erfte, der obrigkeltliche, ver gerichtliche im en» 
geren Sinne, befteht darin, daß die ftreitenden Theile ihren Streit Im gefehlicdh 
beftimmten Verfahren (Prozeß) vor den ER beftimmten (competenten) Staats» 
richtern verhandeln u. diefe dann, vermöge ihrer obrigfeitlichen Gewalt, 
die geſetzliche enrfhelbung fällen. Der zweite ift der ſchieds richterliche 
oder compromiffartfche, die Schlichtung vermittelft eines Vertrages über dad Ge⸗ 
richt u. oft auch über die Form des Verfahrens. Gr befteht darin, daß 
die Parteien übereinfommen, ihren Streit zwar nach dem Geſetze entichelden 
zu laffen, aber nicht von den orbentlichen gefeglichen Richtern, fondern von einem 
Schieds⸗ oder Austrägalgerichte, welches entweder beftchen Tann aus Stastäriäs 


454 Friebensgerichte. 
tern, die nicht geſetzlich zuſtaͤndig waren, oder auch aus anderen Perſonen. Der 
dritte Weg iſt der Bergleichs weg, ober ber Bergleibenertrag unmtts 
telbar über die Sache — uͤber den Inh alt ihrer Schlichtung. Er be⸗ 
ſteht darin, daß die Parteien übereinfommen, mit Verzicht auf etwaige, im 
Rechtswege zu gewwinnenvde, beffere Beitimmungen, über den Gegenftand 
des NRechtöftreites eine beftimmte Schlichtung desfelben anzunehmen, weil fie 
ihnen als eine billige, jedenfalls als eine, dem Prozeſſe vorzuziehende, Beendi⸗ 
gung deſſelben erſcheint. Diefe Schlichtung Fünnen fie dann, entweder für ſich 
allein, over auch vermittelft fremder Hülfe zu Stande bringen, und die Dritten, 
welche bei der Vergleichshandlung mitwirfen, fünnen entweder die Staatorichter 
feyn, oder andere durch's Geſetz oder Bertrag beftimmte PBerfonen. Auch kann 
die Bergleihshandlung eine ganz Freiwillige, oder eine durch's Geſetz vorgefchries 
bene feonr namentlicdy auch eine den Anfang ded Rechtsweges bedingende. Dieß 
find die F. — Me einigermafien gefitteten Rattonen hielten e8 von jeher für wohnt 
pr durch Gewohnheit oder geſetzliche Einrichtungen die Möglichkeit einer Been⸗ 
digung der Prozeſſe anders, als auf dem gerichtl hen Wege, nämlich durch frieds 
lichen Bergleich, zu begünftigen, u. der eben fo wahre als alte Sat: „ein ma⸗ 
gerer Vergleich {R befier, als ein fetter Prozeß,“ wurde ſchon in den älteſten und 
einfachfien Zuftänden der Bölker praktiſch. Hier fanden faft nur —— 
richte ſtatt, wo das Haupt der Familie, der Prieſter, oder ein gewählter Mit⸗ 
bürger den Ausſpruch that. Auch die Griechen u. Römer hatten Verßleichs⸗ u. 
Schiedsgericht. Bet unfern deutfchen Vorfahren war der Prozeß albes 
Sahrtaufend hindurch nichts Anderes, als eine, zum Zwede eined Bergleiches u. 
eorbneten Friedensſchluſſes fortgefeute Fehde, und ſelbſt, nachdem dertelbe mehr 
en Charakter eines eigentlichen, ftaatsrichterlichen Progefles angenommen hatte, 
beſtand dancben nidyt bloß die Pflicht der Richter, zu vergleichen, fondern «6 
wurden auch Austräge von den verfchledenen Ständen u. andere eigentliche Ver⸗ 
leichsinſtitute zur Beilegung ber Zreß „in Minne“ errichtet. — Näher um: 
erem Zwecke indeſſen liegt es, unſern Blick auf einige neuere Inſtitute und 
außerhalb Deutſchlands zu richten. Die friedensrichterlichen Einrichtungen der 
verſchiedenen Staaten, theilen fich in zwei Claſſen. Hier muß nun vor Allem das 
Inſtitut der Friedensrichter in England genannt werden, wo durch Die Regie⸗ 
sung in jeder Brafichaft eine große Zahl von Kriedensrichtern aus Männern 
des Volks beftelt ift, weldye unentgeldlicdy ihr Amt verwalten. Ihnen liegt eine 
probe Reihe von Aominiftrativgefchäften, eine große Reihe von Richtergeſchäften 
der Sphäre der Gerichtöbarfeit u. der Wominiftration, der ‚Boten und Civil⸗ 
gerichtöbarkeit ob, u. fie werden dadurch, daß die Parteien die Einzelnen wäh- 
len fönnen, zugiel Männer des Vertrauens. Sie verſammeln ſich alle Viertel⸗ 
‚jahre u. machen die wichtigſten Sachen u. die Appellationen gegen Verfügungen 
einzelner Friedensrichter gemeinfchaftlich u. zum Theile mit Gefchworenen ab. 
England bildet dieſes Inſtitut den Mittelpunkt ver ganzen Staatöverwaltung, 
u. in bie pinde diefer einfachen u. unbezahlten Männer aus dem Volke find fait 
alle Geſchaͤfte gelegt, welche unfern Amtmännern und Kreidregterungen, und zum 
Theile den andern Adminiſtrativbehörden, ſowie auch die, welche den Provinzial: 
landtagen übertragen find. Das Inſtitut der Friedensrichter in Frankreich iſt be 
fannt. Es find die F. hier einzelne Staatsbeamte, die in Heinen Sachen vefint- 
tiv entfcheiden und vor denen alle Prozefie zum Vergleichsverſuche angebracht 
werden müflen, ehe fie bie Gerichte übernehmen. Diele öriebenögerichte haben, 
früher wentgftens, nicht ganz den Erwartungen entfprochen, obgleidy nach dem 
neueften Berichte des frangöfifchen Juſtizminiſters die Vergleiche gegen früher 
dort In einem bedeutenden Maße zugenommen haben. Gegenüber den unermeß- 
lichen Rachtheilen der langen gerichtlichen Prozeſſe verfchwindet jedenfalls das 
Gewicht der Klagen mancher franzöfifchen und deutſchen Suriften über den 
jranzöflfchen Zwang für die Parteien, vor der Annahme ihrer Prozeſſe von 
ben höheren ©erichten erſt den Sühnoerfudh wor dem Kriedensrichter zu mas 


Frieblander. 455 


Diefe Klagen entfliehen vorzüglich dab daß das jurtflifche Hand» 
werksvorurtheil und die Leidenfchaft mancher Parteien für ben juriſtiſchen 
Prozeß die Nachtheile einer Eleinen Berzögerung und einer unbedeuten⸗ 
den Bertheuerung durdy jenen Sühnverfuch allzu hoch anſchlagen, gegenüber 
den Bortbeilen A vieler Veraleiche, die, troß ber Unfprün.lichen sneigum 
mancher Parteien, tüdytige Friedensrichter dennoch zu Stande bringen. ud 
aus Rheinbayern berichtet die Schrift von Kettenaders „Ueber die Ver⸗ 
gleichögerichte (Freiburg 1837, ©. 41): „Diefe F. find jept mit geprüften Jüs 
rien befeßt, in der beften Kraft des Alters, wo der Mann noch Etwas leiſten 
fan u. mag. Auch ift dort über die zweckmäßige Wirkſamkeit dieſes Amtes nur 
eine Stimme. Im Jahre 1835—36 wurben, nad) dem gebrudten Berichte 
des Seneralkantsprofurators, von 2035 dem Mermittelungsverfuche unterworfenen 
Sadyen 899 verglichen. Im Bezirke Zweibrüden fogar über die Hälfte: von 
637 nicht naulger als 382 Sachen. Gewiß ein fchöned Refultat!! — Ein ans 
deres Inſtitut, findet ſich in den dieſſeits⸗rheiniſchen bayerifchen Provinzen. Hier 
beſteht feit 1808 und 1810 die Einrichtung, daß alle Prozeſſe zwiſchen Gliedern 

eiben Landgemeinde zum Sühnverfuche vor die Gemeindeverwaltung gebracht 
werben müflen. Im Jahre 1834 wurde diefes auch auf die Staͤdte ausgedehnt. 
Der Kläger hat audy das Recht, bei ver Gemeindeverwaltung bed Beklagten 
auch dann, wenn er nicht felbft in der Gemeinde wohnt, doch den Sühnverſuch 
zu machen. Wir glauben übrigens, daß dieſes Inſtitut nicht ganz den Erwar⸗ 
tungen entfpredye; denn die Gemeinveverwaltung iſt nach ihrer fonftigen Stellung 
nicht in der Lage, viele Prozeſſe in der Gemeinde glüdlich vergleichen zu Förmen; 
fie IR mit andern Gefchäften überhäuft u. wird nie mit rechter Luft u. NER 
Sorgfalt biefem Gefchäfte obliegen koͤnnen. Indeſſen find auch dieſem Inſtitute 
in der bayerifchen Ständeverhandlung fehr gute Zeugniſſe gegeben worden. Borg 
zügl find die Refultate eines Smfituts Dänemark, das fett 50 Jahren 
dort für das Vergleichen der Prozeſſe beſteht u. Vergleichscommiſſion Heißt. In 
den großen Städten wird nämlidy aus einem Mitglieve des Gerichtshofes, aus 
einem Magiſtratsmitgliede u. einem Bürgerabgeorbneten eine Commiſſion gebildet. 
Jenes Mitglied des Gerichtshofes hat aber, fo lange es in dieſer Commiſſton 
figt, feine anderen richterlidhen Funktionen zu beforgen. Dieſe Eommiffion bat 
die Pflicht, alle Prozefle, die im Staate vor die Gerichte gebracht werben follen, 
weft zur Sühne vorzunehmen. In den Landftäpten find zwei Mitglieder des 
Bürgerausfchufies dazu beflimmt, u. auf dem platten Lande find die fogenannten 
Amtmänner, die aber dort feine Juſtizbeamten find, oder bie Stellvertreter, bie 
fie wählen, diefe Bergleichömänner, ſowie auch in den Herzogthümern Schleswig 
u. Holftetn die unteren Adminiſtrativſtellen die Vergleichsverſuche in allen Gtreits 
bändeln zu machen haben. — Ein anderes Inftitut tft feit dem 7. September 
1827 tm Königreidhe Breußen, u. zwar zuerft in der Provinz Preußen eingeführt, 
nämlidy das fogenannte Schiedemanns-Inflitut, und da es ſich vortbe (haft 
bewährte, fo if es nun auch in verfchiebenen andern Provinzen Preußens einges 
führt, während in den preußifchen, rheiniſchen u. polniſchen Provinzen die frans 
zöftfchen F. beftehen. Die Sache iſt einfach. Männer des Bertrauend werben 
aus dem Volke gewählt, weldye die Prozeſſe, die man freiwillig an fie bringt, 
zu vergleichen fucdyen. Eine Sachſen⸗Meinin sent che Berorpnung von 1835 hat 
zu den, dort früher beftehenden, fogenannten freien Gerichtstagen auch nody F. 
eingeführt. Rady allen bisherigen Erfahrungen möchten wohlwollende, für Fries 
den, Wohlſtand u. Sittlichkelt. ihrer Bürger wahrhaft beforgte Regierungen, kaum 
Länger anftehen, durch die Errichtung befonderer Vergleichögerichte jenen ehren⸗ 
vollen Befinnungen ein bleibendes Denkmal zu ſetzen! 
Friedländer, 1) David, ein trefflich gebildeter Siraelite, u. mit den Bes 
Ren feiner Zeit, namentlich mit Moſes Mendelsfohn Ci. d.), innig befreundet, 
eboren zu Königsberg 1750, erwarb fidy große Verdienſte um die religtöfe und 
iche Bildung feiner Glaubensgenoſſen. Gr bekleidete die Stellen eines Stadt⸗ 


WB Friedland. 


raths u. Aſſeſſors des Manufaktur⸗ u. Commerzcolleglums zu Berlin, wo er 
1834 ſtarb. Schriften von ihm find: „Reden“, 2 Sehe, Berlin 18175 „Moſes 
Menbelöfohn”, ebend. 18195 „An die Verehrer Jeruſalems ıc.*, Leipz. 1813. — 
2) Ludwig Hermann, Iptofeffor der Medizin zu Halle, geboren zu Könige: 
berg 1790, Tam 1814 als preußifcher Oberarzt nady Parts, wo er Gelegenheit 
fand, feinen Kunſtgeſchmack auszubilden, bis er nach kurzem Aufenthalte in 
Karlörube u. Wien eine Reife nach Stalien unternahm, als deren Ergebniß er 
„Anfichten von Italien“, Leipzig 1818, 2 Bde., herausgegeben. Belannt find 
auch feine Schriften: »Fundamenta dootrinae palhologicae«, Leipıiq 1828, und 
„Borlefungen über die Gefchichte der Heilkunde“, 2 Hefte, Lpz. 1838 u. fag- 
Friedland, 1) Städtchen von 3300 Einwohnern, mit einem Bergfchloffe, 
am Wittichfluffe im Bunzlauer Kreiſe, dem norböftlichen Theile Böhmens, zwis 
fchen dem 32 u. 33° öftlicher Laͤnge u. dem 50 u. 51° nörblicher Breite, iſt ver 
Sauptor einer Herrfchaft, die einft dem berühmten, in der Schloßfapelle zu 
ündhengräg ruhenden, Wallenftein gehörte u. von der er den herzoglichen Titel’ 
führte. — Zur Belohnung für feine, dem Katfer Ferdinand während des böhmi⸗ 
(chen. Aufruhrs unter Graf Thurn 1618 — 1620 geleifteten, Dienfte war er im 
Sabre 1623 zum Reichsfürften und Herzoge von F. erhoben worden. Das in 
Parzellen zerftreut liegende Herzogthum umfaßte 9 Städte und 57 Schlöffer und 
Dörfer in den heutigen Bunzlauer, Bidſchower, Leitmeriger, Köntggräger, Chru⸗ 
dimer u. Prachiner Kreifen. Rad) Wallenfteins Ermordung wurden feine ſaͤmmt⸗ 
lichen Güter, mit Ausnahme von Reufchloß, dem Witthume feiner Gemahlin, 
tonfiscirt u. an die Anhänger des Kalferd verſchenkt. Die Herrichaft F. erhielt 
Graf Gallas, defien Nachkommen, den Grafen von ClamsGallas, fie heut zu 
Tage noch gr Die Herrſchaft zeichnet ſich durch techniſche Betriebfam- 
‚keit aus; Tuch⸗, Kattun⸗u. Leinenweberei blühen bier, auch iſt der Holzhandel 
wichtig. Auf dem Schloſſe zu F. befinden ſich Sammlungen von alten Waffen 
u, den Biloniffen der Befiger, darunter auch ein fchönes Originalgemälde von 
Wallenftein. — 2) F., Kreiöftadt im preußifchen Regierungsbezirke Koͤnigsberg, 
64 Meilen von diefer Stadt entfernt, Ilegt an der Alle, hat 2300 Einwohner 
u, {ft gefchichtlich durch die Schlacht merkwürdig, die am 14. Juni 1807 bei u. 
in ihr zwifchen den Franzoſen u. Ruffen gefchlagen wurde. Nach der Schlacht 
bet Eylau hatte die beiderſeitige Erſchoͤpfung ſowohl, als das anhaltend ſchlechte 
Wetter, Stiüftand in die Operationen beider Armeen gebracht; die Franzoſen 
hatten ſich Hinter die Paffarge in Winterquartiere zurüdgezogen, die Ruffen und 
Preußen ſich zur Dedung Königsberg aufgeftelt. Mit dem Treffen bei Heils⸗ 
berg qm 10. Junt nahmen die Feindſeligkeiten wieder ihren Anfang; die Preußen 
u. zwei ruffifche Diviſionen zogen fidy nad) demfelben nad) Köntgöberg zurüd; 
Benningfen mit dem übrigen Theile des ruffifchen Heeres, das ungefähr noch 
60,000 Mann ftarl war, ftellte ſich bei Schippenbeil auf. Napoleon marfchirte 
egen F., um, im Beflge diefer Stadt, Benningfen die Berbindung mit Könfgs- 
de abzufchneiden. Diefer bricht, bet der Rachricht hievon, eilig gegen vieles 
Städichen auf, von dem ein franzöftfches Hufarentegiment bereitö Beflg. genommen 
hatte. Die ruſfiſchen Bortruppen erreichen baflelbe am Abende des 13. u. ver- 
treiben, während nad) u. nach die ganze rufflfche Armee anlangt, die Franzoſen 
daraus, Benningfen gedenkt bier feinen, durch 9 forcirte Märfche erfchöpften, 
Truppen einen Ruhetag zu geben, da er nicht befürchtet, angegriffen zu werben; 
aber Marfhall Lannes, der mit 8000 Mann Infanterie und 9000 Reitern den 
franzöflfchen Bortrab bildet, trifft noch in der Nacht vor F. ein u. greift Mor- 
gens zwifchen 2 u. 3 Uhr den ruffifchen Generallieutenant Kallogribow, welcher ſich 
auf dem linfen Alle⸗Ufer, vorwärts F. aufgeftellt hatte, an, wird jedoch abge- 
wiefen. Als die Franzoſen aber mit Tagesanbruch fich zwifchen dem Eortlafers 
Walde und Heinrichsdorf vorwärts von Poſthenen aufftellen, um die Berbin- 
dung Benningiend mit Königsberg zu unterbrechen, u. diefer erfährt, daß er bloß 
Lannes gegen fi hat, beichließt er, fich mit dieſem in ein Gefecht einzulaffen. 


Friedland. 457 


Er ſtellt feine Armee auf dem linken Alleeufer auf und läßt nur feine Referve, 
nebft einigen Batterien, auf den Anhöhen des rechten Ufers zurüd. Die Berbin« 
dung mit beiden Ufern wird durdy eine fchon früher ſtehende hölzerne u. 2 Pontons 
brüden unterhalten. Die ruffifche Schlachiordnung ſelbſt dehnte ſich im Halbkreiſe 
in zwei Treffen vor F. aus; ben rechten Flügel, der ſich an die Alle und den 
Dawauer Wald lehnte, commandirte Fuͤrſt Goriſchakow; den linken, der ſich eben» 
falls an die Ale und den Gortlafers Wald ftürzte, Fürft Bagration. General 
Uwarow u. Fürft Galltzin hielten hinter diefen. Das Terrain, auf welchem ſich 
die Rufien befanden, war frei u. offen u. durch einen Bach, den Mühlenfließ, in 
zwei ungleiche Hälften getheilt, fo daß zwei Diviſtonen links, vier ſich rechts des⸗ 
felben befanden; zur Communikation über denfelben dienten vier Brüden. Lannes, 
deſſen Aufftellung wir oben angegeben haben, hatte, um feine Schwäche zu mas⸗ 
firen, Getreidefelder, Heine Gehölze u. f. w. au derſelben fehr gefchidt benügt. — 
Bon Tagesanbruch an dauerte da® Tiratlieurfeuer, befonderd am Sortlafer «Walde, 
ben die ruſſiſchen Jäger viermal vergebens zu nehmen fuchten; das Wrtilleriefeuer 
that den Rufien, die ganz frei flanden, vielen Schaden, während bie gevedt 
ſtehenden Franzoſen beinahe gar nicht Darunter litten. Weberhaupt herrſchte bei 
den Ruffen Unentfchloffenheit und, in Folge verfelben, große Verwirrung, weßhalb 
audy Lannes, der fid) von Stunde zu Stunde mehr verftärfte, trog eines Angriffe 
von Benningfen, nicht nur in dem von ihm befeten Terrain fidh fehr glücklich bes 
bauptete, fondern auch den Befehlen feines Kaiſers, die Rufen bis zu feiner 
Ankunft hinzuhalten, aufs Befte zu entfprechen Eonnte. Endlich, Mittags 12 Uhr, 
trifft Rapoleon mit dem Gros der Armee felbft auf dem Schlachtfelde ein, res 
cognodeirt die feindliche Aufſtellung und trifft demgemäß feine Dispofition zur 
Schlacht; er beginnt diefelbe aber, weil er immer noch mehr Berftärfung abwar⸗ 
ten will, erſt nach fünf Uhr Mbende, Um dieſe Zeit hatte er 70—80,000 Mann 
auf dem Schlachifelve, u. war alfo den Ruffen. überlegen. Auf dem rechten Btügel 
ftand Rey, Lannes in der Mitte, Mortier links neben ihm, fämmtliche in der 
“ fon von Lannes eingenommenen Stellung zwifchen dem Sortlaker⸗Walde und 

einrichöborf ; die Reitereireferve Bernabotte, Viktor u. die Garden hielten im zweiten 

teffen. Rapoleons Abficht ging dahin, mit feinem rechten Flügel den feindlichen 
Iinfen anzugreifen, den eigenen linfen aber zu verfagen: hiedinch würde der Ueber⸗ 
gangspunft über die Alle, F., in feine Hände gerathen und der gene feindliche 
rechte Flügel abgeſchnitten ſeyn. Dieſer Plan gelang vollſtändig. Rach fünf Uhr 
laͤßt der Kaiſer durch eine, vorwaͤrts Poſthenen aufgeftlkte, Batterie von 20 Ge⸗ 
fügen dem Marſchall Rey das Zeichen zum Angriffe geben. Diefer greift den 
ruffifhen linken Flügel an, wirft ihn aus dem Sortlaker⸗Walde und drängt ihn 
fmmer mehr zufammen in den von der Alle u. dem Mühlenfließ gebildeten Wins 
fel, an deffen Spige F. liegt. Als er aber die Ruffen noch weiter rechtd umgehen 
will, trifft er auf die Alle m. iſt zu gleicher Zeit dem Feuer der, auf dem rechten 
Ufer zum Schuge der Brüden aufgeftellten, ruffifchen Batterien ausgeſetzt. Dieſes, 
in Gemeinſchaft mit einem Flankenangriſſe ruffiicher Eavalerte, und einem Anfalle 
in der Front von Seiten Bagrations, bring& die frangöflfchen Golonnen Anfangs 
zum Weichen, dann zur Flucht, Mllein die franzöfifchen Referven unter Dupont 
u. Bernadotte, ſowie die Reiterdivifion Latour-Maubourg, nehmen die Fliehenden 
auf und werfen die Ruffen bald nady F. zurüd, mit denen fie zu rjleicher Zeit in 
das Städtchen einpringen, in beffen engen Straßen es zu mörberifchem Hands 
gemenge fommt. Die Rufien bewerfftelligen in Eile ihren Uebergang auf das rechte 
Alleufer und brennen, um die Franzofen vom Berfolgen abzuhalten, die Brüden 
hinter fi ab. Während fo die Schlacht auf dem linfen ruffifchen Fluͤgel ent⸗ 
ſchieden tft, ſchwankt der Würfel noch auf dem rechten. Dort coınmandirte Gort- 
ſchokow. Er hatte dem Oberbefehlshaber, als diefer Abends um 5 Uhr ihm den 
Befehl ertheilte, feine Stellung zu verlaffen u. fid) auf das andere Ufer zurüdzus 
ziehen, den Gehorſam verweigert, weil er feinen Orund für diefe Bewegung ein 
ſehe. Richt ernftlich angegriffen, hatte er bie zu dem Augenblide, ver ihn hurdh 


458 Friedrich. 


ben Brand der Vorſtädte und Brüden F.s mit feiner mißlichen Lage bekannt 
machte, mit abwechfeindem Erfolge gefämpft. Schnell entſchloſſen, zieht er ſich 
zurüd, nimmt das Gtäntchen mit ſtürmender d den Franzoſen wieder ab u. 
verfucht den Uebergang. Aber audy die letzte Brüde fleht in Flammen. Da, es 
war acht Uhr Abenvs, flürzt fi) Alles, kann es ſchwimmen, ober nicht, in den 
Fluß, um das jenfeltige rettende Ufer zu erreichen. Bielen seine! e8 bei der Furth 
von Klofchenen; aber nody mehre erreicht der fichere Tod bei Erflimmung des jen- 
[eigen ſchroff abfallenden Uferrandes 5 denn die franzöftfchen Batterien, auf den 
bießfeitigen Anhöhen placirt, beftreichen venfelben in allen Richtungen. Napoleon 
bleibt Herr des Schlachtfeldes. Das ruffifche Der zieht ſich fo eilig zurüd, daß es 
fyon am folgenden Tage den PBregel bei Wehlau paffirt u. von der verfolgenden 
franzöftfchen Reiterei nicht mehr eingeholt werben kann. Am 21. Fam, ald Folge 
der Schlacht, der Waffenſtillſtand von Tilfit zu Stande, dem der Friede gleiches 
Namens folgte. — Der franzöfifche Berluft wird an Todten und Berwundeten 
zu 12,000 Mann angegeben; ber rufflfche wurbe nicht veröffentlicht, iR aber auf 
jeden Fall bedeutend größer; nach demfelben follen lestere nur 16 Kanonen 
verloren haben, (Bergl. Kaus ler's Schlachtenatlas und die Offizialberichte 
beider Heere.) Ow. 
Friedrich. L Kaifer aus dem hohenfaufifhen Haufe 1) F. I. 
(Rothbart) deutfcher Kaiſer (1152—1190) Altefler Sohn F.s des Einäugigen, 
erzogs von Schwaben, geboren um 1122, vereinigte in fidy dad Blut der edel 
en Gefchlechter. Seine Großmutter war Agnes, Tochter Heinrich's IV., weldye 
al® einzige Erbin ihrem, 1079 zum Her fe von Schwaben ernannten Gemahle 
5. von Büren, die reichen Güter des h nkiſchen gr iferhaufee zuwandte; feine 
Mutter war Judith, die Schwefter Heinrichs des Stolzen, ded Hauptes der Wels 
fen, des Herzogs von Sachten und Bayern, des Gemahls der Gertrude, Kaiſer 
Lothare IL, Erbtochter. Als Kind verlor F. 1126 feine fromme Mutter, u. zeichnete 
ſich früh aus in den Fehden feines Hauſes. Um Weihnachten 1146 nahm er mit ſei⸗ 
nem Oheim, dem Kalfer Konrad I, das Kreuz zu Speier, begeiftert durch den 
heiligen Bernhard, der wenige Tage darnach den gramerfüllten, fchwererkranften 
Bater zu Alzei tröftete und fegnete.e Kurz nach dem Tode deflelben, 6. April 
4147, zog F. ald Herzog von Shmwaben im Mat mit auf den zweiten Kreuy 
zug, flrafte die treulofen Griechen in Adrianopel, rettete fein Lager vor den 
Sturmfluthen, fah im Detober neun Zehntel des Heered zu Grunde gehen auf 
den oͤden Hochebenen Kleinaſtens. Er meldete Ludwig VII von Frankreich zu 
Ricka den Rüdgug der Deutfchen, überwinterte mit feinem Oheim bei dem Kai- 
fer Emanuel in Konftantinopel, fegelte auf griechifchen Schiffen nad) Accon, zeich⸗ 
nete fi) aus bei der vergeblichen Belagerung von Damascus, Eehrte dann zur See 
mit feinem Oheim nad) Konftantinopel zurüd, eilte diefem voraus nach Deutfchs 
land (April 1149), um die Ruhe wiederherzuftellen, die aufs Aeußerſte von Welf VI. 
bedroht war. Aber felbf der Katfer konnte den Ausbruch des Krieges nicht vers 
hindern. Doch gelang es %., feinem mütterlidhen Oheim, als er unterlag 1150, 
einen günftigen Sieben von feinem „päterlichen, dem SKalfer, zu erwirken. Die 
Gaat des Unfrievens blieb. So empfahl denn, weife genug, der fterbende Konrad 
zum Nachfolger nicht feinen achtjährigen Sohn %. von Rothenburg, fondern ſei⸗ 
nen 30jaͤhrigen Reffen F., der durch eine Eliten Welfen und Waiblingern gleich 
nahe ftand und an Tüchtigkeit alle Fürften überragte. Am 15. Febr. 1152 ftarb 
Konrad; am 5. März wurde %. zu Frankfurt einftimmig gewählt. Er war mitts 
lerer Größe, wohlgebaut, männlidy und würdevoll, hatte blonde Haare, ‚blaue, 
durchdringende Augen, röthlicdyen Bart; in Freud und Leid erfchien er ſtets heiter. 
An den großen Geſtalten der antifen Welt bildete er, in fleter Lefung der Alten, 
feinen Geiſt, u. Karls des Großen Herrfchergeftalt fchwebte ihm als Mufter vor 
Augen. Ein faft unbänviges Bewußtſeyn feiner Kaiſermacht und feiner Berfön: 
lichkeit beherrfchte ihn, wie ale. Der große Gedanke der hriftlich.römifchen Welt⸗ 
anarchie, getragen von dem Koͤnigihume der Deutichen Nation, ſchien fid, durch 


Friebrich. | 458 
ihn wieder zu vertwirklichen, als das germaniſche Lehnsweſen in der höchften Blüthe 
geiftiger und leiblicher Kraft fand und die Ritterfchaft in Staat und Kirche nicht 
bloß ein bevorredhteter Stand war, ſondern faft die Nation ſelbſt. Die drei Mäns 
ner, welche bie dahin die Welt gelenkt hatten, St. Bernhard, Papft Eugen IL, 
Abt Suger, ſchienen dem neuen Herrfcher durch rafchen Tod die Bahn zu öffnen. 
Es war alfo nöthig, die Lehnsherrlichkeit über Dänemtf, Bolen, Böhmen, Ungarn 
wiederherzuftellen, Burgund dem Reiche zu verbinden, die Rechte der lombardi⸗ 
fhen Krone zu erneuern und als Kalfer eine würbige Stellung neben dem Papfe 
einzunehmen. Ein großes Ziel, das mit Maß erfirebt feyn wollte, wollte es nicht 
unerreidht bleiben, oder in Ungerechtigkeit und Gewaltthaten ausarten; ein Stre⸗ 
ben, das, mit Herrfchfucdht u, Hochmuth verbunden, unendliches Unhell über die 
Bölker herbeiführen mußte. Gleich 1152 zu Merfeburg fhlichtete F. den Bruder 
zwift um bie dänifche Krone zu Gunſten feines Freundes Sueno, zwang ihn aber, 
die Oberlehnsherrlichkeit des deutfchen Königs anzuerkennen; fagte zu Würzbur 
1152 den gevrüdten Apuliern Hülfe zu gegen König Roger; zu Konflanz 11 
ben unterfochten Bürgern von Lodi gegen Malland, das des Königs Drohbri 
zerriß und mit Füßen trat, In diefem Sinne ſandte er Tool nach feiner Kroͤ⸗ 
nung Geſandte an Papft Eugen IL und verfpracdh, die Welt mit leichter Mühe 
zu ordnen, wenn Bann und Acht gemeinfchaftlich des Papſtes und des Kaifers 
einbe treffen würde. Aber für dieſe Plane reichte weder die Hausmadht, nodh 
die Macht der Kaiſerkrone aus. Darum fuchte er den jungen Welfen, feinen 
Reffen, Heinrich den Löwen, Herzog von Sachſen, aufs innigfte fidy zu verbin, 
den und fprach ihm 1154 zu Goslar das Herzogtbum Bayern ju, ohne es Hein» 
rich von Oeſterreich entreißen zu können. Zugleich entfchled er gegen Erzbiſchof 
Hartwich von Bremen, der die Freiheit der Kirche und die Menſchenrechte der 
armen Slaven gegen den herrfchlüchtigen Löwen vertrat, indem er dieſem in ven 
eroberten Ländern jenfeitö der Elbe die Gründung, Wusfattung und Belehnung 
der Bisthümer in des Königs Ramen verlieh. Hatte er fih fo die Hülfe des 
machtigſten Latenfürften geficher, fo hoffte er die Unterkübung ber Ahr 
Fürſten durch Einfluß auf die Wahlen zu erwerben. Zugleidy ließ er fi ſ 
‚ben von feiner Gemahlin Adelheid von Bohburg wegen zu naher Berwandtfdyaft. 
Wie weit audy hier Politik der Hauptgrund war, ik nicht zu beflimmen. So ge 
rüftet, unternahm %. den erfien Römerzug (1154 Det. bis 1155 Sept). Auf 
den Roncalifchen Feldern ließ er die Lehnsleute beim Föntglichen Heerſchilde Wache 
fiehen, erhörte die Klagen des Markgrafen von Montferrat gegen die Lombarden, 
ber Städte Lodi, Como, Pavia gegen Mailand und Tortona, zerflörte dieſes nad) 
awelmonntlidyer Belagerung, ließ ſich in Bavia zum Könige der Lombarden Frönen 
u. wandte fidy, mit Beifeitlaffung von Mailand, rafch zum Süden. Da erfchraden 
der Papſt, die Römer, die Rormannen; Niemand kannte des Zuges Abſicht. Has 
drian IV., einer der tüchtigften und weiſeſten Bäpfte (1154 — 1159), fühlte tief 
die „Dornen“ feiner Würde. Die Römer waren feine naͤchſten Feinde; aufgeregt 
feit 15 Jahren durch Arnold von Brescia, ließen fle es weder an überfpannten Pla⸗ 
nen und Reden, noch an Gewalttbaten fehlen. Papft Lucius IL ward nad) kaum 
- zehnmonatlicher Herrfchaft 1145 durch einen Steinwurf getödtet, Eugen III. (1145— 
1153) zweimal Jahre lange vertrieben. Auch Hadrian IV. mußte in den Stabt- 
Fi der ‘Beteröfirche weichen. Als nun noch der Gardinal Berard auf dem 
ege zu ihm tödtlich verwundet wurde, belegte er Rom mit dem Interdikte. Da 
zwangen die Bürger den Senat zur Verbannung des Arnold. Der beranziehenve 
Kaifer fing Ihn auf, übergab ihn dem Papfte, der ihn durch den Stabdtpräfeften 
vor den Thoren hinrichten ließ. Run erfchlen auch Hadrian im deutfchen Lager 
bei Sutri, mit den Cardinaͤlen, welche erfchroden entflohen, als ber Kalfer dem 
PBapfte nicht die Steigbügel hielt. Ran einigen Erörterungen erwies F. dem 
Bapfte die alten Ehren bei Repe, wo ihm aud die neue Republik Rom durch 
Sefandte in Khwüffiger Rede die Kalferkrone varbot. Zornig fchalt ihre Worte 
der König thörichte Anmaßung, berieth ſich mit dem Poyſte, eh, worer Leiten, 


460 Friebrich. 


eines Cardinals, in der Nacht den Staditheil der Peterskirche beſetzen, folgte bei 
Tagesanbruch mit dem PBapfle und wurde von ihm zum Katfer gekrönt am 18. 
Zunt 1155. Dann eroberte $. Spoleto und gedachte von Ancona aus Apulien 
anzugreifen; aber die Kürften nöthinten ihn zur Rüdkehr. In Deutfchland wals 
tete nun ber Kaiſer drei Jahre (1155 Sept. bis 1158 Zul), zerbradh die Raub- 
ſchloͤßer und die Flußzoͤlle, derurtheilte den Erzbifchof Arnold von Mainz u. den 
Pfalzgrafen Hermann von Stahled zum Punbeitagen wegen gebrochenen Landfrie⸗ 
dens, zu Worms Jan. 1156; erhöhte feine Daudmadt und das Reich durch die 
Ehe mit Beatrir, Erbtochter des Brafen Rainold III. von Burgund, zu Würz- 
burg, Afingfen 1156; verfchaffte Heinrich dem Löwen das Herzogthum Bayern, 
indem er feinen Obelm Heinridy von Defterreich entfchädigte Durch Erhebung ber 
Markgrafſchaft Deflerreih zu einem felbfifländigen Herzogthume, zu Regens⸗ 
burg, 1156 Sept.; zwang durch einen rafchen Feldzug den Herzog der Polen, 
Boles law IV., zum Lehndeide, im Auguſt 1157; Tieß fih im Dectober 1157 {u 
Befancon huldigen von den Biſchöfen und Großen Burgunde, fo daß wieder bis 
zur Rhone und zum Mittelmeere des Kaiſers Herrfchaft galt; erlaubte zu Res 
gendburg im Jan. 1153 dem treuen Böhmenherzoge Wladislaw II. die Kös 
nigöftone zu tragen, erfannte zu Augsburg, Junt 1158, Waldemar J. den. 
Großen, der, vom Bolfe gewählt, den Swen IV. bei Grathaheide erſchlagen 
hatte, als König von Dänemark an und belehnte feine Geſandten. Selbft Frank⸗ 
reidy und England huldigten durch Gefandte der perfönlichen Hoheit des Kaiſers 
und der Herrlichkeit feiner Krone. Nur Stalten ging feine eigenen Wege. Die 
meiften Iombarbifchen Städte wollten geradezu felbftfländige Republiken feyn. 
Stüchtige Normannen ferner und dem Papſte feinpliche Cardinäle flärkten ven 
Kaiſer in feiner Meinung, als wolle ſich der Papft durch den —— 
Frieden mit König Wilhelm J. von Apulien u. Sicilien auf dieſen mächtigen Lehens⸗ 
mann gegen Fr zu flüben. Den Papft dagegen machte es mißtrauiſch, daß der 
Kaiſer durch feine Gegenwart die Wahlen der Biichöfe leitete und die Gewählten 
belehnte, ehe der Papft fie betätigte. Diefe Rechte fanden dem Kalfer zu nad) 
dem Wormſer Eoncordate (1122); aber ſchon Lothar hatte darauf bei feiner Wahl 
verzichtet 1125. Als nun auch der päpftlich gefinnte Erzbifchof Esfil von Lund auf 
feiner Rüdreife von Rom nad) Schweden von burgundifchen Edlen faft ungeflraft 
geplündert und gefangen wurbe, erfchienen die Cardinäle Roland und Bernhard 
auf dem Reichötage zu Befangon, 1157 im Det., mit einem mahnenden Schrei⸗ 
ben des Papftes, in welchem das zweideutige Wort beneficia, oder fürzer: „Wohls 
thaten“ und „Lehen,“ die heftige Aufregung unter den Fürften und Bifchöfen 
hervorbrachte. Als Roland in der Hide des Streited fragte: „Bon wen hat 
denn der Kalfer die Herrichaft, wenn nicht vom Papſte?“ wurbe er beinahe von 
Otto von Wittelsbach erſchlagen. Nach langen ſchriftlichen Erörterungen, berbe 
vom Kaiſer, milde vom Papfte geführt, erſchienen im Junius 1158 zwei Barbinäle 
im Lager bei Augsburg, mit einem würbevollen Schreiben des Papftes, worin 
er den Katfer an Alles erinnerte, was er für ihn gethan und gelitten habe und 
die Erklärung von beneficium als Lehen entſchieden abwies. Alsbald erfolgte 
der zweite Römerzug (Zult 1158 bis Auguft 116%), nun genen Mailand, 
welches Tortona wiedergebaut, Pavia beswungen u. Lodi, trog den Abmahnungen 
gerade anmwefender Garbinäle, angegriffen u. zerfiört hatte, Kanzler Rainald und 
Otto von Witteldbach fammelten die getreuen Staliener ; der Kaiſer überftieg die 
Alpen in vier Heeresfäulen und fchloß am 6. Auguſt das geächtete Mailand ein 
mit 15000 Rittern, Hunger und Roth zwangen die Bürger zur feierliche Ueber; 
gebe u, Demüthigung am 8. September. Sie flellten 300 Geißeln, zahlten 9000 
arf Silber, ſchwuren Treue, follten ihre gewählten Eonfuln von nun an vom 
Kaiſer beflätigen laſſen, alle Hoheitsrechte abgeben, Lodi u. Como frei laffen. Im 
November hielt der Kaiſer Reichdtag auf den Roncalifchen Feldern, wo bie vier 
berühmteften Redytölehrer Bologna's: Bulgarus, Martinus Joſias, Jakobus Hu⸗ 
golfnus, Hugo be Porta Ravennate, mit 28 Aogeorhueten her Städte das äffents 


Sriedri, ‚ 461 


liche Recht feſtſetzten. Die wichtigften Befimmungen waren folgende: Der Katfer 
fegt mit Beiftimmung des Vollkes in allen Städten die Podeſta's, die Eonfuln und 
andere Obrigkeiten; dem Kaiſer gehören alle Hoheitsérechte, nämlich: die Heer- 
bannsſteuer, Zölle, Bafen-, Fluß⸗ und Drüdengelber, fen, Sifcherelen, Berg: 
werfe, Salzquellen, Muͤnzrecht, Strafgelver, eröffnete u. eingezogene Güter, Ber: 
gebung der Herzogthümer und Graffchaften. Nur wer beweiſen kann, daß biefe 
. Rechte ihm von den Königen übertragen find, bleibt im Befitze. Alle Verbin 
dungen zwifchen Städten u. zwifchen Ginzelnen find firenge verboten. Es waren 
biefe® Rechte, die meift Karl der Große befefien und ausgeübt hatte; fie ſtimmten 
allerdings mit der Machtfülle, welche das gerade aufblühende römifche Recht dem 
römtfchen Katfer verlieh, aber fehr wenig fimmten fle mit den ſeit Jahrhunderten 
geltenben wirklichen Zufländen. Sie entrifien zunähft an 3000 Pfd. Silber jähr- 
licher Einnahmen den früheren Befitzern u. gaben fie dem Kalfer; die Entwides 
lung der lombardiſchen Städte war gebrochen, nicht geleitet. Mit ihren Eriegeris 
dyen Bürgern, von Fatferlichen Beamten befehligt, mit ihren Geldern war ber 
Katfer felbit feinem eigenen Stammvolfe u. beffen Fürften .ein gefährlicher König 
u. dem Papfte ein Echirmvogt, wie der byzantinifche Kaifer dem Patiarchen von 
Konftantinopel. Das mächtige Benebig hielt fidy deßhalb in höflicher Ferne; Ge⸗ 
nua waffnete, leiftete zwar den Lehnseld, behielt aber feine Hoheitsrechte, feine 
Steuer⸗ u. Heeredfreiheit. Hier war die Wirklichkeit dem Kaiſer zu mächtig. Des 
Bapftes glaubte er weniger fchonen zu braudyen. Er gab bie Mach Teilen ®üter, 
ohne die päpftlichen Rechte Ki beachten, an Welf VI., der mit feinem Neffen 
Heinrich dem Löwen 1500 Ritter geflellt hatte. Er ließ ſelbſt im Kircdhenftaate 
nach fatferlichen Rechten forfchen u. felbe obne weiteres in Befchlag nehmen; er 
wollte feine Gewalt auf Rom felbft ausdehnen. Da verweigerte der Papft die 
Betätigung des Kanzler Rainald von Darfel zum Erzbiſchofe von Köln; denn 
diefer galt als die Seele der Fatferlichen Plane, Der Papft ermahnte den Kalfer: 
„Erwache, damit du nicht, nach fremdem Gute trachtend, das eigene verlierk.“ 
Mehr ald bitter antwortete der Kalfer: „Welche Hoheltsrechte hatte die Kirche 
zur Zelt Conſtantins?“ Die Mipverftänpniffe fleigerten ſich; man verfuchte Unter: 
bandlungen; fie zerfchlugen fidy; der Kaiſer wandte fi an die Römer, der Papſt 
an die Rormanen. Matland aber verweigerte die Aufnahme der Faiferlichen Po⸗ 
defta’8, als gegen den Frieden; kaum retteten die Eaiferlichen Gefandten ihr Leben, 
Januar 1159. Borgeladen, erſchien es nicht; e8 wurde geächtet am 16. April 
4159. Doch belagerte der Kaiſer zunähft das fchwächere Crema fieben Monate 
lange unter beiderfeitigen Gräueln. Am 27. Januar 1160 erhielten die Bürger 
freien Abzug, die Stadt wurde zerſtört. Unterdeß war am 1. September 1159 
Papſt Hadrian IV. geftorben, ſchon bereit, den Kaifer zu bannen; die Mehrzahl 
der Gardindle wählte Roland als Alerander MI. (1159—1181); die Faiferliche 
Minderzahl unter Gewaltihätigfeiten aller Art den Cardinal Octavian ale Vic⸗ 
tor IV. (1159 — 1164). Auf einem fogenannten Eoncile zu Pavia von 50—60 feiner 
Bifchöfe erfannte der Kaiſer den Victor an (11. Febr. 1160), hielt ihm bei feinem 
feierlichen Einzuge den Steigbügel, verbannte alle feine Begner aus dem Reiche. 
Nlerander verwarf dieſes Concil und diefes Gericht, zu dem er von vornherein 
nur als Kanzler, Bictor als PBapft gelaven war; dann bannte er den Gegen⸗ 
yapft u. den Kaiſer; die chriftliche Welt entfchieb fich für Alerander, vor allen 
die Eiftercienfer u. Karthäufer; auch Mailand trogte. Im Auguft 1161 wurde 
es daher enger eingefchloffen; bald zwang der Hunger zur Annahme der Roncali- 
fhen Beichlüffe; der Kaiſer verlangte undebingte Ergebung. Sie fand flatt am 
6. März 1162; am 26. wurde die Stadt zerflört, die Bürger in 4 Fleden vers 
theilt. Viele Lombarden-Städte ergaben fid) auf harte Bedingungen; Piſa und 
Genua fchloßen fid) enge an den Kalfer, ver ihnen einen Theil Süditaliens zus 
fidyerte u. an die Herrſchaft des Meeres dachte. Da er nun auch durdy feinen 
apft bannen fonnte, wen er wollte, u. zu Bifchöfen erheben, die er wollte, erhob 
die Kaiſermacht in u. außer Deutfchland höher, als je: aber zualei ana 


die Gefahr ves Defpotismus einer geiſtlich⸗weltlichen Univerfal-Monardyle. Dies 
ſes allen mußte ſchon die übrigen Bälfer: England, Frankreich, Spanien, Uns 
an, Dänemark, Schottland, Irland, Neapel u. Sicilien, ſelbſt den griechtfchen 
aiſer Emanuel, für Wlerander aufregen, abgefehen von aller Tugend und Rechts 
mäßtgleit. Die Gegenbemühungen 5.8 fcheitertenz fo die anberaumte Zufammen- 
kunft zu Launes bei Dijon mit Ludwig VIL von Sranfreid (1162, Spt.). Bald 
zwangen die graufamen Bebrüdungen der Eaiferlichen Beamten in Italien den 
Katfer ohne Heer zum Dritten Römerzuge (1163, Det. bis 1164, Oct.). Er 
half den Unterbrüdten wenn: daher flog Benedig mit den Nachbarſtädten ven 
Beroneferbund u. entfchieb ſich für Alexander, während %. zwei Tage nad) 
Bictord Tode Paſchal II. (1164-1168) als Gegenpapft erwählen ließ, zu Bis 
terbo, durch feinen Kanzler Rainald. Weni bar ed, daß Heinrich II. von Eng⸗ 
land damald mit Thomas Bedet zerfiel; daß Rainald in London Wechſelheirathen 
vermittelte; daß englifche Geſandte auf dem Reichötage zu Würzburg um Pfingſten 
4165 mit dem Raler, den Kürften u, Bifchöfen ſchwuren, nie den Papſt Alexan⸗ 
der oder einen, von feiner Partei gewählten, Rachfolger anzuerkennen. Denn in 
England fland das Volk für Bedet; in Deutfchland erflärte fi) Konrad, Erz⸗ 
bifchof von Mainz, ein Witteldbacher, u. Konrad, Erzbifchof von Sautung ein 
Defterreicher, gegen Paſchal; ſelbſt Welf VI. ſchwankte. Das Erzbisthum Mainz 
ab nun der Kaiſer feinem kriegeriſchen Statthalter in Italien; Chriſtian von 
ud; Salzburg wurde graufam verwüftet, Aber es gelang dem Papfte Alexan⸗ 
der am 23, November 1165, feierlich in Rom einzuziehen, während Paſchal zu 
Hacken 29. December 1165 Karl den Großen heilig ſprach. Zugleich Ioderte in 
Süppeutfchland wieder die alte Keindfchaft zwifchen Welfen u. Waiblingen auf, 
machte dem Kaiſer bittere Gorgen u. binverte ihn, den Papft aus Rom zu vers 
treiben. Zum vierten Römerzuge (1166, Det. bis 1168, März) waren 
Rainald u. Chriſtian ſchon vorausgezogen u. hatten in Lucca den Bapft Paſchal 
aufgenommen. Der Katfer zog über Bologna 1167, Februar, gen Rom, Alexan⸗ 
der bannte von Neuem den Begenpapft u. den Kaiſer, verfchaffte den Lombarden 
Gelder von Kaiſer Emanuel, der umfonft dem Bapfte die griechtfche Kirche mit 
der römifchen zu vereinigen verfpracdh, wenn er die römifche Kaiſerkrone erhielte. 
Am 7. April verſchworen filh die Lombardiſchen Städte im Rüden des ſiegreich 
vorhringenden Kaiſers gegen die tyrannifche Herrfchaft der Deutfchen u. zogen am 
27. April nach Matland; es erfand mit Tortona wieder aus feinen Trümmern. 
$ belagerte inde Ancona, das von Griechen u. Rormannen unterflüßt wurbe; 
ainald u. Ehriftian — nach einem glänzenden Siege über die Römer 
bis vor ihre Thore. Raſch unterhandelte F. mit Ancona, erfchten vor Rom, 
rmte acht Tage vergebens, legte Feuer in die Kirchen, zwang dadurch den 
apft, ind Eolofieum zu flüchten, von da nad) Benevent, Am 1. Auguft Frönte 
afchal die Katferin Beatrix, ſchwuren die Römer Treue, Alles fchien vollendet, 
vertilgte der Tod binnen 8 Tagen das Heer. Mit 7 Bifchöfen flarb Rats 
nald von Köln, die Seele von 3.8 politiſchem Leben; mit unzähligen Rittern flar 
ben Herzog Welf der jüngere u. der Herzog von Schwaben, F. von Rothenburg, 
Sohn Kaiſer Konrad MI. Der Katfer entwidy nady Lucca, die Peſt folgte dem 
Deere; von da auf Umwegen nad) Pavia, gefbügt vom Marfgrafen Malaepina, 
chtete bier am 21. September 1167 alle Zombardifchen Städte mit Ausnahme 
Lodi's u. Cremona's. Ste dagegen fchloßen am 4. December den Lombardi—⸗ 
hen Bund. Der Kaifer fdylaferte fie ein durdy Unterhandlungen mit dem 
apfte und entwidy mit Hülfe des Markgrafen von Montfirrat nach Sufa im 
März 1168. Da er die lombarbifchen Geißeln zur Einfchüchterung auf dem 
Wege auffnüpfen ließ, verlafigten die Bürger die Auslieferung der übrigen. Sie 
wurde verweigert; der Kaifer, des Nachts überfallen, durch die Aufopferung Harte 
manns von Stebeneichen gerettet. Kaum entkam er felbft mit 5 Begleitern über 
bie Alpen. Die Lombarden aber legten zur Ehre des Papfles u. zu ihrem Schuge 
bie große Gehe Alexandria an, Auch in Deutichland war dem Kaiſer eine bittere 


Friebrich. MOB. 


Saat aufgegangen, die er felbft gefäet hatte, um feine riefigen Plane durchzu⸗ 
führen. De Abermächtige, berrfchfüchtige Heine der Löwe wurde von feinen 
bedrohten Nachbarn auf allen Seiten angegriffen; mit Mühe ftellte der Katfer ven 
Landfrieden ber u. gedachte dann wieder feiner Hiane. Er ließ feinen vierjaͤhri⸗ 
gen Sohn Heinridy zum dentfchen Könige frönen 1169, 15. Auguſt u. gab feinem 
swetjährigen Sohne F. das Herzogthum Schwaben. Dann gewann er vom al 
ten Einderlofen Welf VI, als fünftiger Erbe fatt Heinrichs des Löwen die reichen 
Güter und Lehen in Deutfchland u. Stalten; jene nahm er felbft, mit dieſen ber 
lehnte er deutfche Ritter. Auch mit dem Bapfte Eonnte er fi) verfühnen, als 
1168 Paſchal ftarb u. nur ein Baar Carbinäle Calixt IL (1168—1178) er 
n Aber er unterhandelte zwar mit Wierander, beflätigte jedoch zuvor ben 
Seaenpapf. Die Unterhandlungen zerfchlugen ſich daher, obwohl Alexander dem 
Katfer Emanuel wiederum die Katferfrone verweigerte. Die Lombarden waren 
wieder vol Uneinigfeit; daher gelang ed dem kalſerlichen Statthalter Chriſtian 
von Mainz feit 1171, die Städte und Herrn von Toskana u. Romagna zu vers 
einen, fich mit den Genueſen (erbittert gegen Pifa u. Florenz) und Benetianern 
(im Kriege gegen Emanuel) zu verbünden. Am 1. April 1174 erfchienen 40 
venetianiſche Segel vor Ancona, das griechiſche Hülfe einnahm, währen Chriſtian 
Lande die Stadt einfchloß. Der Hungertod wüthete; aber von einem bunderts 
* Edlen begeiftert, trotzten die Buͤrger glücklich der ſtebenmonatlichen Be⸗ 
lagernd: 5. rüdte fchon auf feinem fünften Römerzuge (1174, September 
— 1178, September) nach der Zerflörung von Sufa gegen Alexandria. Herb 
u. Winter hindurch dauerte die Belagerung. Als aber am grünen Donnerflage 
41175 der Ießte Sturm mißlang, zog der Kaiſer dem Lombardenheere ent eBen; 
am 15. April wurde mit den Kührern ein Waffenſtillſtand gefchlofien, & d 
richter ernannt, mit dem PBapfle Unterhandlungen begonnen, die Heere entlafien. 
Fand —— oe —5* die Heut * Kalle mahnte Vera 
eut rſten zur Heereöfolge; die Hauptflüge feiner Plane weigerte ſich: 
ea ver Löwe; ſelbſt als in bet einer Zufammenfunft zu Chiavenna * 
aiſer, Freund und Better auf den Knieen bat. So richtete ſich auch hier das 
Syſtem des Kaiſers. Denn, war es fo ganz abhängig von der Onade eines Bas 
fallen, fo war e8 eben ohne wahren Grund u. Halt in den wirklichen Verhält⸗ 
niffen. Beide Männer, der Kaiſer u. der Herzog ne bier faft unbewußt, 
aus dem innerlichen natürlichen Drange ihrer polltt chen Stellung. Den Herzog 
patte der Katfer felbft aus der Stellung eines Unterthanen herausgehoben, darum 
ehandelte er ihn auch nicht als Unterihan; der Herzog aber fühlte, die kaiſer⸗ 
liche Gewalt würde mit feiner Macht zufammentreffen, ob nun die Lombarden 
durch feine Schuld fiegten, oder durch feine Hülfe zu Grunde gingen. Kaum 
- hörten die Lombarden von dieſem Zwieſpalte, fo fteigerten fie ihre Forderungen 
u. verlegten den bifchöflichen Schaaren von Köln, Trier, Magbebur , Worms, 
Münfter die Päffe;'diefe zogen nun durch Graubuͤndten, vereinigten ei mit dem 
Katfer, zu dem von Süden ber auch Ehriflian von Mainz heranzog. Ehe audy 
diefe ſich vereinigen konnten, machte der Tag von Legnano 29. Mai 1176 als 
lem Kriege ein Ende. Eine folche Kiederlage hatte Niemand vorausgeſehen; 
aber raſch u. im Gefühle feiner Würde wandte ſich der Kaifer mit Friedensan⸗ 
trägen an das Oberhaupt der Chriftenheit. In 14 Tagen einigten fidy die Fals 
ferlichen Gefandten, der Erzbifchof von Mainz, der Erzbifchof von Worms, der 
Erzbiſchof von Magdeburg, mit dem Papfte zu Anagni, der für die weiteren Uns 
terhandlumgen Venedig vorfchlug u. durchſetzte. Wiederum, als. hier die lombars 
difchen u. Fatferlichen Gefandten ſich nicht einigen Eonnten, ſchlug ber ‘Bapft weiſe 
genug einen fechejährigen Waffenſtillſtand für die Lombarden, einen fünfzehnjähs 
rigen für Sieilien vor. Der Kaifer göperte; er wollte nur unterzeichnen, wenn 
ihm der Papſt den fünfzehnjährigen Rießbrauch der Mathildiſchen Güter zuge⸗ 
de und, nach Ablauf diefer Friſt noch bis zu der Zeit, wo ber Papſt feine 
e beweife. Das erfle bewilligte Alexander IL, lud ihn nach Chioggia, in 


464 Ra Friebrich. 
der Nähe KBenebige, ein, wo ihm die päpftlichen Befandten ſogleich Einzug in die 
Stadt anboten, wenn er den Waffenftlliftand unterzeichne, Der Kaifer aögerte, 
bauend auf feine mächtigen Freunde in Venedig. Diefe beftürmten mit Gewalt 
den Dogen Ziani u. den Bapft um fofortige Enlaffung 5.8; beide blieben uner- 
ſchuͤtterlich. Da folgte der Kalfer dem Rathe der Fürften u. ließ den Waffen- 
— beſchwoͤren. Sogleich lbote ihn der Papſt vom Banne; 23. Junt holte 
yn der Doge feierlidy in die Stadt, geleitete ihn am 24. in die St. Marcus: 
icche, wo der Papft feiner wartete. Die beiden großen Gegner umarmten ſich, 
küßten fi; der Katfer dankte Gott mit lauter Stimme für den Frieden, führte 
den Papfi zum Nltare, hielt ihm nady der Meſſe den Steigbügel, während ver 
Papft fich höflich die weitere Begleitung verbat. Bon da an fahen fie ſich häu⸗ 
fig, in ernſten u. Beiteren Geſprächen, ohne weitere Formen. Am 1. Huguf 1177 
war die feierliche Schlußverfammlung u. Beichwörung des Friedens. Vergeſſen⸗ 
beit u. Berzeihung für die gegenfeitigen Anhänger, Anerkennung Alexanders und 
der Falferlichen Bifchöfe, Entfagung des Calist u. feiner Carvinäle, 15jähriger 
Nießbrauch der mathilnifchen Güter, gegenfeitige Beiirmung der Kirchen⸗ und 
Keichörechte waren die Hauptpunfte für Papft u. Kaiſer; Gjähriger Waffenſtill⸗ 
fand mit den Lombarden, 15jähriger mit Sicilien, Schiensgerichte u. Bergefien- 
beit die Hauptbeftimmungen für die übrigen Parteien. Brohloden u. Daniges 
bete gingen durch die ganze Chriftenheit, Mit neuem Glanze ftrahlten aus dies 
fem 20jährigen Todesfampfe Papfſtthum, Kaiſerthum, Städtefreiheit empor, um 
die Welt mit neuem Leben zu erfüllen. Ende Septembers erft verlieh der Kaifer 
Venedig, wurde in Pavia, Piſa, Genua glänzend dewinhen ließ fich zu Arles 
mit feiner Gemahlin Frönen als König Burgunds 30. Juli 1178, tagte zu Be: 
janann 45. Auguft u. erfhien nach Ajähriger Abwefenheit in Deutfchland in vol- 


Macht u. Herrlichkeit. Da erſchrack der MWelfe, ſuchte Bundeögenofien und 


fand nur bittere Feinde. Borgeladen, erſchien er nicht zu Worms u. Magdeburg; 
vergebens fuchte er zu Haldensleben die richterliche Entſcheidung des Kaiſers 
abzuwenden. Zum brittenmale nach Goslar geladen und nicht erfcheinend, wurde 
er geächtet. Das Urtheil wurde beftätigt zu Gelnhauſen 1180, 13. April, als er 
aus auf den fündeutfchen Reichsſtagen nicht erfchienen war. Alle Lehen wurden 
ihm abgefprochen; das verkleinerte Herzogthum Sachſen fam an Bernhard von 
Anhalt, das verkleinerte Bayern an Otto von Wittelsbach; Lübel u. Regensburg 


wurden Städte des Reiches; Heinrich vertheidigte fih in Sachfen, erbitterte aber _ 


durch Argwohn feine treueften Anhänger; beim Heranrüden des Kaifers verließen 
ihn feine Leheneleute, eine Stadt fiel nach der andern; im November 1181 warf 
er fi) zu Frankfurt dem Kaiſer zu Füßen, erhielt Gnade, behielt Braunfchweig 
und Lüneburg, mußte aber auf drei Jahre mit feiner Familie Deutſchland mes 
den u. z0g mit feinem Schwiegervater, Seineich 1, von England. Am 30, Aw 
guft 1181 war auch Alerander IH. geftorben, einer der größten Päpfte, einer ber 
edelſten u. weiſeſten Herrfcher. Seinen Rachfolger Lucius 11. (1181 —- 1185) 
vertrieben die unruhigen Römer wieder nad) Aragni. Chriſtian von Mainz wollte 
ihn zurüdführen, als audy ihn der Tod ereilte 1183. So waren, bis auf den 
Kaifer, faft alle großen Kämpfer geſchieden. Diefer ſchloß am 25. Juni 1183 
mit den Lombarden den Konflanzer Frieden. Die Etädte erhielten das Recht 
der Befefttgung, der Bündniffe, die Wahl der Conſuln und alle Einnahmen u. 
Hoheltörechte, Die fie feit Alters befefien. Wo ihr Umfang zweifelhaft, konnte fi 
jede Gemeinde durch eine jährliche Rente an den Kaifer von 2000 Pfund ımd 
darunter diefelben erwerben. Der Kaifer erhielt den Bürgereid oder Lehngelb, 
Lebensmittel für den Römerzug und Wege und Brüden in Stand gefekt. 


Auch hier trat völlige Berföhnung ein; auch Hier erhielt der Kaiſer Reichsrechte 


und Einnahmen genug, um unter den ftetd uneinigen Stadtgemeinden den beben- 
tendften Einfluß auszuüben. Als Herr der Chriftenheit hielt er nun feinen glän- 
zendften Reichstag zu Mainz, Pfingften 1184, wohin Gefandte und Fremde aus 
*— ganzen chriſtlichen Welt zulammenfttömten zur Schwertleite ber beiden Kat 


Friedrich. 465 
ferföhne, König Heinridy8 u. Herzogs 5.5. Mehr als 50,000 Ritter follen er⸗ 
[dienen feun; Philipp, Erzbifhof von Köln, Hatte allein 4000 Begleiter bei fidy. 

er franzöfifche Troubadour Guiot de Provins nennt an 100 Herren aus Frank⸗ 
rei mit Ramen. Ale Anwefenden wurden auf Koftlen des Kaiferd bewirthet, 
3. durfte nun hoffen, die ‘Plane feiner Jugend als Greis durchführen zu koͤnnen. 
Kein mächtiger Fürft fand ihm gegenüber; fein ältefter Sohn war deutfcher Kö 
nig; der zweite, F., Herzog von Schwaben; für die übrigen: Konrad, Dtto, Phi⸗ 
lipp war die reihe Erbſchaft Welfs VI., Rothenburgs, Burgunds, Pfullendorfs 
u. fo viele heimgefallene Krongüter. Der PBapft dagegen mußte vor den Römern 
nad Verona fliehen u. Schuß beim Kaifer fuchen. ſechsſste u. legte Rös 
merzug (1184, Dct. bis 1187 Bebr.) ſchien des Kaiſers Macht für immer zu 
begründen. Bom Papſte, mit dem er fidy zu Verona nidyt einigen konnte, wanbte 
er fi) an Mailand, vergabte ihnen für den Zins von 300 Pfund alle Hoheits⸗ 
sechte u. erhielt dafuͤr ihre Hülfe zur Aufrechthaltung des Konſtanzer Friedens u. 
zur Bewahrung der mathilvifchen Güter, Dann gewann er den Markgrafen von 
Efe, verfärtte feine Partei unter den tosfaniichen Städten, unterflüßte bie 
Feinde des Papſtes im Kirchenftaate u. gewann, trotz allen Gegenanfirengungen 
der Päpfte Lucius JU. u. Urban 11. (1185 — 1187), durdy die Berlobung feines 
Sohnes Heinrid, mit Bonftanze das mächtige Reapel u. Sicilien. 150 Saums 
tbiere fchleppten den Brautichag nad) Mailand, wo 1187 am 27. Juni bie 
Bermählung u. Krönung Heinrichs ftattfand in der glänzendſten Verſammlung 
deutfcher Fürften, normännifcher Barone, Lombarbifder Bürger. Des Kaifers 
Uebermacht an Land u, Leuten, an Geld u, Schiffen war nun fo feft gegründet, 
daß der nen Bölfer Unabhängigkeit, wie die der Kirche, faft verloren war. 
Bergebens beklagte fi) Urban 1l., daß der Katfer die mathildiſchen Güter zurüd- 
behalte, die Geiſtlichen befteuere, vor weltliche @erichte ziehe, ven Rachlaß der 
Biichöfe einziehe, und deßhalb die erledigten Stellen länger unbefegt laſſe. “Der 
Kaiſer ſ durch ſeinen Sohn Heinrich den Papſt feſt ein in Verona, beſetzte 
den Kirchenſtaat, ſperrte die Alpen. Schon brach die Tyrannennatur Heinrichs 
in Italien aus, während F. ſelbſt in Deutſchland die Biſchöfe ſchreckte, von der 
nen nur fein vormals treuefter Anhänger, Philipp von Köln, zum Widerſtande fid) 
rüftete: da erſcholl die Klage durch die GChriftenheit, daß bei Hittin das heilige 
Kreuz, der König von Serufalem, der Großmeifter der Templer in Salapins 
ände gefallen, die Ehriftenmacht am 4. Juli 1187 vernichtet fel; ihr folgte der 
tedendruf von Serufalemd Groberung am 3. October, Urban UL flarb vor 
Schmerz, 19. October; Gregor VI. erhob feine ernfle Stimme an alle Glaͤubi⸗ 
gen: „Rehmet den Augenblid der Gnade wahr, errettet das Land, wo der Brunns 
quell des Glaubens entfprang u. vergeßt, wo der Himmel zu gewinnen iſt, alle 
geringeren Zwecke!“ Darauf ftarb er am 19. December, Hm olgte Clemens Ill. 
(1187 — 1191). Der 66jährige Kaifer gedachte feiner Schirmherrſchaft über 
die Ehriftenheit, nahm zu Mainz das Kreuz 27. März 1181, zerflörte die Raub 
chloͤßer, die ungerechten Zolftätten, verfühnte fich mit Phllipp von Köln, gebot 
andfrieden, fandte Heinrich den Löwen auf 3 Jahre nad) England, fchloß 
ünftige Berträge mit Bela 1. von Ungam, mit Iſaak Angelud von Kon- 
Kantinopel ‚ mit Kilidſch Arslan 11. von Sconium, bot Krieg oder Frieden 
dem Saladin, zog im Mat 1189 mit 20,000 Rittern zum dritten Kreuz⸗ 
zuge aus über Wien nach Konftantinopel, unterwegs verflärkt von. ‘Deuts 
then, Böhmen, Ungarn. Nach langen Unterhandlungen mit Iſaak fehte er 
über nach Kleinafien, März 1190, fchlug vor Iconium das Heer des treulofen 
Gultans, während fein Sohn Friedrich die Stadt erflürmte am 18. Mat, u, fam 
lücklich in das Land des armenifchen Fürſten Leo. Der Orient erfchrad; felbft 
aladin fchidte Boten mit milden Borfchlägen: da riffen den faft fiebenzigjährigen 
Heldengreis die Fluthen des Kalykadnos (Saleph) bei Seleucia in Cilicien nies 
der (10. Juni 1190). Zu Antiochia wurden die verweslichen Theile begraben, in 
Tyrus feine Gebeine, Sein edler Sohn F. farb bald darauf vor Accon 20, Ian, 
"enlencpelopädie. IV. 20 


466 | Friebrich. 


1191, nachdem er noch 1190 (19. Rovember) den Deutſchorden geſtiftet Hatte. 
Der Tod im Dienſte des Kreuzes breitete über das ganze Leben des Kaiſers 
feinen Glanz aus und löfchte die Erinnerung an feine perfönlichen Fehler, an fo 
viele, nicht au rechtfertigende, politifche Schritte. Er hatte ihn wohl verdient; troß 
des harten Kampfes fland er mit feinem Gemüthe u. feinem Willen ganz inner: 
halb der Kirche: das beweifen auch fein Privatleben und feine Klofterftiftungen. 
Nach ihm Hat kein Kaiſer mit folcher Kraft geberiät, noch je das deutfche Bolt 
wieder mit foldyem Selbftgefühle eine foldye Macht dem Auslande gegenüber ent- 
widelt. Aber beiden tenlte es nicht an felbftfüchtiger, übermäfflger Erhebung, die 
oft das höhere Ziel, die Ehre und das Wohl der ganzen Chriftenheit, auß dem 
Auge verlor. In mehr als einer Hinficht konnte daher F. nach der Schlacht bei 
Legnano, als ibm das Leben Alexanders des Großen vorgelefen wurde, mit Recht 
ausrufen: -„Slüdfeliger Alexander, der du Stalten nicht faheft! Glücklicher wäre 
auch ich, wenn ich nach Aften gezogen wäre!“ Trotz der ſchweren, faft 8Ojährigen 
Kriege, Hand Deutfchland in hoher Blürhe; die Reichthümer des Südens firömten 
mit der Bildung dorthin zufammen. Wolfram von Eichenbady wuchd auf unter 
dieſen Kämpfen, der größte Gpifer unſeres Volles, ebenfo einer unferer größten 
Iateintfchen Dichter, der Archipoeta; an fie ſchließen ſich Hartman von der Aue, 
Walther von der Bogelweide u. Heinrich von Veldeck. Die majeftätifche Baulunſt 
ftand auf ihrer größten Höhe, um in wenigen Jahrzehnten ſich von ihrer erhabenen 
Tochter, der goihiſchen, überwinden zu laſſen. Huch in der Baufunft haben wir nie 
wieder Oi geleitet. — 2) 8. II., deutfcher Kaifer 1212 — 1250, ge 
boren zu Sefl in der Markt Ancona auf der Reife, 26. December 1194, während 
fein Bater, Kaifer Heinridy VI, durch graufenhafte Hinrichtungen das Weihnacht: 
feſt zu Palermo feierte, verlor fchon 28. September 1198 feinen Bater, der erft 
32 Jahre alt war u. feine Wutter Konflanze 27. November 1198 in ihrem 44. 
Jahre. Sterbend vertraute fie ihr einziges, vierjähriges Kind und das verwirrte 
Sicilien u. Apulien dem Einzigen an, der helfen wollte und Eonnte, ihrem Ober: 
lehnsherrn Papft Innocenz II. (1198—1216). Es Eoftete diefem großen Herr⸗ 
fherr alle Anftrengungen: Geld, Heere, kirchliche Strafmittel, um das Reich 
jeinem verlafienen Mündel zu erhalten gegen die verfchiedenen, verwegenen: Bars 
teihäupter, die an den wilden Schaaren der Deutfchen und Sarazenen ſtets treue 
Genofien fanden. 1209 wurde fogar Katfer Dito IV. von ihnen zur Eroberung 
des Landes eingeladen. Schon war Neapel gefallen; da bannte der Bapft den 
eidbrüchigen Welfen November 1210. Diefer drang nichts defloweniger vor und 
wollte nady Sicilien überfegen, als ihn Die durch den Bann hervorgerufenen Bes 
wegungen nad) Deutfchland zurüdriefen. Bald wurde auch F. als der lebte Hor 
benftaufe, von den Freunden feines Haufes zur Katferwahl eingeladen. Palmſonn⸗ 
tag 1212 fegelte er aus Palermo, ließ feine Gemahlin, Konftantia von Aragon, 
deren Hand ihm der Papft 1209 vermittelt hatte, als Reichsverweſerin zurüd u. 
wurde zu Rom von Innocenz IH. mit Rath u. Geld unterflügt. Der Papft konnte 
aud) von feinem Mündel das Befte hoffen, da dieſer ihm Alles verdankte, was 
er hatte, und noch im Februar 1211 die Oberlehnsherrlichkeit der Kirche und bie 
freie Wahl der Bapitel anerkannt hatte. Mit nur 60 Mann konnte F., der feind- 
feligen Lombarden wegen, über die Alpen ziehen, u. nur der Abt von St. Gallen 
rettete ihn vor Dtto, indem er ihm drei Stunden früher das ſchwankende Kon 
flanz gewann. So Hein u. abhängig begann F. den erften Theil feines Herrfcher- 
lebens von 1212—1225 bis zum Bertrage von St. Germano. Dann verbündete 
er ſich mit Franfreich 19. November 1212 u. erhielt 20,000 Mark Sülfogelber; 
Dito dagegen war mit England verbunden. Am 6. December wurde er zum Könige 
gemanı zu Srankfurt, und verfprach 12. Juli 1213 zu Eger dem Papfle: freie 

ahl der Gapitel, freie Appellation nah Rom, Aufhebung des Spolienrechte, 
Beſchirmung u. ichereroberung der päpftlichen Befigungen, unter denen Ancona, 
Spoleto, Ravenna, die Mathildifchen Güter, He aufgeführt werden. Dann 
Brad In ber Schlacht bet Bouvines, 27, Zult 1214, Philipp Auguſt von Frank⸗ 


Friebrich. 47 


reich für immer Otto's Macht, der 19. Mat 1218 machtlos u. reuevoll farb auf 
Harzburg. Run wurde %., 21 Jahre alt, gekrönt zu Aachen 25. Juli 1215, und 
nahm freiwillig mit vielen Fürften das Kreuz. Paläfina fowohl, wie das funge 
(fett 1204) lateiniſche Kaifertfum zu Konftantinopel, beburften dringender Hül 
Freiwillig verfprah auch %. zu Straßburg 1. Juli 1216 dem Papfe: gleich 
nady Empfang der Katferkrone feinen Sohn Heinrich, den König von Sidilien, aus 
der väterlihen Gewalt zu entlaffen, ſich nicht mehr König von Sicilien zu 
nennen, fondern dieſes Reich durch einen tauglichen Mann bis zu deſſen Groß» 
jährigkeit regieren zu laſſen mit genauer Beachtung aller Rechte der römifchen 
Kirche, u. fo offen zu zeigen, dag Sicilien u. das Kaiſerthum durchaus nicht vers 
bunden feien. Als nun der große Innocenz III geftorben war, folgte der treue Ho⸗ 
norius III. 1216—27 ver „lieber in Milde verfahren will, als mit Strenge.“ Er hatte 
mır dad eine Ziel im Auge, das wahrhaft Weltgefchichtliche feit den erften Zeiten 
der Geſchichte, ven Sieg des Occidents über den Orient, den Gieg des Ehriften» 
thums über das Heidenihum. Während nun 1217 König Andreas mit feinen 
Ungarn und den Süpdeutfchen zu Lande, die Nordweſt⸗ fcyen zur Gee zum 
heil. Lande firömten, u. 1218 Romanen u. Germanen bie —— Belagerung 
Damiette's begannen, verfolgte F. mit aller Anſtrengung feines genialen Geiſtes, 
mit Sintanfeun aller Verſprechen, aller Eide, feine eigenen Plane: Erblichkeit 
ber Katferfrone im Haufe der Hohenflaufen, Erhebung der Kaiſermacht zunächft 
in Italien u. dann audy in Deutſchlaud auf Koſten der kirchlichen u. fändifchen 
Freiheiten u. Rechte. Der Weg war klug, fehr Hug. 12. Januar 1219 verſprach 
er zu Hagenau wiederum dem Papſte den Kreuzzug, bat aber um Ausſtand, ers 
bielt ihn u. dankte herzlich 16. Juni. In den Briefen vom 10. Wat u. 6. er 
sember erklärt er feine flete Dankbarkeit gegen die Kirche, und wenn auch fi 
Sohn Heinridy von den Fürften zum deutfchen Könige gewählt würde, fo geſchaͤhe 
»tefe® nur, damit Deutfchland in feiner Abweſenheit befier regiert würde. Er 
ſtellte audy im September zu Hagenau eine neue Urkunde aus, defielbigen Ins 
haltes mit der von Eger und veripricht auch darin, nicht bloß Sicilien, fondern 
auch Gorfica und Sardinien der römtichen Kirche zu bewahren. Der Papft gab 
ihm Ausſtand bis zum 21. März 1220 u. verfprady Ihm vorber die Kaiſerkrone. 
Am 26. April 1220 wurde indeß Heinrich von Sicilien wirklidy zum deutſchen 
Könige gewählt u. am felben Tage die Bifchyöfe für ihre Stimmen kaiſerlich bes 
lohnt. Nichts defto weniger ſchrieb F. an den Papft 13. Zult, ohne fein Wiſſen 
a. in feiner Abweſenheit hätte die Wahl flattgefundenz nie folle aber Sicilien u. 
die Kalferfrone vereinigt werden; ſtets werde er hierin und in allen andern 
Dingen fidy fo benehmen, daß die Kirche mit Recht ſich freuen Eönne, einen folchen 
Sohn gezeugt zu haben. Der Kreuziug fet ebenfalls nur durdy die Umflände vers 
zögert. Wiederum behielt der Papft nur die Sache der Ghriftenheit im Auge, 
nahm den König u. feine Beflgungen in befonbern Schu u. bedrohte feine Geg⸗ 
ner mit dem Banne. Sept. unternahm %. im September 1220 feinen Römerzug, 
ernannte den heiligen Engelbert von Köln zum Reichsverweſer, Heß die Lombar- 
den u. ihre Krone Hug bei Seite, zog gerade nach Rom, beftätigte und verftegelte 
vor der Stadt noch einmal alle Beriprechen, wurde am 22. Nov. zum Katfer 
gefrönt, nahm von Reuem das Kreuz, fchwur, einen Theil des Heeres im nädyften 
ärz vorauszufchtden u. im Auguft mit dem andern zu folgen u. beftätigte am 
felben Tage unter andern die Freiheiten der Kirche und der Firchlichen Perſonen, 
worunter namentlich Freiheit von Steuern u. weltlichen Gerichten. Dann zog er 
nach Neapel u. Sicilien, um bier den Lehneftant zu brechen und nach feinen Ans 
ſichten umzuformen in einen wahrhaft einfeitigen und fireng geregelten. Als ihn 
dann der Papft an den Kreuzzug mahnte, bat er um neuen Ausſtand. Da er⸗ 
mahnte ihn der Papft 21. Auguſt 1221 in väterlicher Liebe an feine Eide: „Ich 
—* mich über deine Erhöhung gefreut, wie ein Vater über die Erhöhung feines 
nes in der Ueberzeugung, daß daraus für die Kirche u. die ganze Chriſten⸗ 
beit der größte Gewinn hervorgehen muͤſſe.“ — „Hüte Did), Er Zußtapfen 


deiner Vorfahren zu treten, weldye von Gott fo geftraft wurben, daß außer bir 
kaum noch Giner von ihrem ganzen Geſchlechte übrig iR.“ — Bedenke, daß id, 
viele Wugen und Obren habe und fehr wohl weiß, wie Bielen in Deutfchland u. 
Apulien ich einen Gefallen thäte, wenn ich unangenehme Mafregeln gegen dich 
ergriffe.” 9 Tage nachher war Damiette u. ganz Aegypten verloren an Gultan 
Allamel; des Kaiſers Flotte war zu fpät gefommen. Die Vorwürfe des Papſtes 
föhnte der Kaifer durch neue Verſprechen in ver Unterredung zu Veroli, April 
1222. Wiederum kamen Papft u. Kaiſer gufammen mit König Johann von Je⸗ 
rufalem, dem Patriarchen und den Orvensgroßmeiftern zu Ferentino März 1223. 
Der Kaiſer erhielt wieder Ausftand auf zwei Jahre; zugleich die Hand Jolanthens, 
der Erbin von Jeruſalem, mit allen Eroberungen , die im Morgenlande Era 
würden. 25. Juli 1225 wurde zu St. Germano ein neuer Bertrag gefchloflen; 
der Kreuzzug wurde feflgefebt auf Auguſt 12275 fände er dann nicht flatt, ſei 
der Kaifer gebannt. Im November hetrathete dieſer die Jolantha u. nannte ſich 
fogleich Rinig von Serufalem. Bis dahin, bis zu feinem 31. Jahre, hatte $. 
durch Schmiegen und fcheinbares Radgeben feine Plane durchgeſetzt; er felbR 
war römifcher Kalfer u. König von Sicilien gegen fein Berfprechen; fein Sohn 
war König von Deutfchland u. von Sicilien gegen die Verfprechen; er war Kös 
nig von Serufalem und hatte den Kreuzzug nicht gemacht genen feine Eide; bie 
flolgen Barone u, Staͤdte Siciliens waren gebrochen u. in der Gewalt des Könige, 
der Bapft auf Die Bahn des Nachgebens gedraͤngt, von der fich ſchwer wieder 
einienfen läßt. Jetzt begann er den 2. Abſchnitt feines Herrfcherlebens 1225—39 
vom Bertrage zu St. ®ermano bis zum Banne am Balmfonntage. Jetzt verfuchte er, 
wie weit er mit Schweigen u. offenem Zugreifen gelangen könne. Es waren nod) bie 
Lombarden übrig, dad Morgenland, die Unabh ng! eit der Kirche und die dent 
ſchen Hürften, Städte und Prälaten. Diefe überließ er unächf hrem allzumaͤch⸗ 
tigen eigenen Treiben und Blühen ; ihre Zeit war noch nicht gefommen. Grblidye, 
von keinem außer ihr begründeten Rechte eingefchränfte, im Herrſcherwillen geeinte 
und getragene Staatögewalt war fein Ziel. Und allerdings war der alte Lehns⸗ 
ſtaat am re und wie auf dem Boden der Kirche durch den heiligen 
Franciscus (ji. d.) und den heiligen Dominicus (f. d.)) ein neues und 
nothwendiges monarchiſch⸗demokratiſches Element fo zu fagen fich erhob, fo mußte 
auch auf dem Boden des Staates dem monarchifchen u. dem Demokratifchen feine 
höhere Geltung werden. Nicht in der Wufgabe lag %.8 Unheil, fondern in ver 
Art, wie er fie löfen wollte, denn der heilige Ludwig von Frankreich (1226 bis 
1270) bat fie glüdlich gelöfet. Aber 5.8 ganzes Senn, fo fählg er des tiefften 
religiöfen Lebend war — ſchaͤtzte er doch die heilige Elifabeth u. ihren Gemahl 
überaus body — ging doch nie ganz in diefem auf; einer der gefftigften Menfchen, 
lag er doch auf das Tiefe in den Banden der Sinnlichkeit. Bon Kindheit auf 
verwaist und von Berrath umftridt, in einem Lande, worin fein Bater ald Ty⸗ 
rann verflucht wurde, lernte er früh die menfchliche Natur prüfen, durchſchauen 
und oft verachten, lernte er früh die Gewalt der Klugheit kennen dem Eigennutze 
gegenüber, und Fam bald zum Bewußtfeyn feiner eigenen Geiſteskraft. Zu früh 
losgerifien von allen natürlichen Banden und Freuden der Sitte, der Liebe_und 
Treue, ohne Erfah, in völliger aufrichtiger Hingabe an das Chriſtenthum, TR er 
in Allem, was die Gemüthöwelt angeht, ſchwankend, willfürlicy, wechfelnd ges 
blieben; in Allem, was ſich mit dem Berftande erfaflen läßt, ar, feft, bewuns 
dernswerth. Oft genug wird ihm fein Katferthum eben fo gut, wie das Papſt⸗ 
thum, al8 eine Boffe vorgefommen feyn, Chriften u. Muhammedaner gleiche Tho⸗ 
ren, gleiche Betrüger. Für feine Lobredner in unferen Tagen würde er ein huld⸗ 
volles Lächeln mit erhabenen Redensarten bereit gehabt haben; was er im Hers 
zen von ihnen gedacht hätte, wollen wir ihnen felbft zu denken überlaffen. Seine 
rüdfichtslofen Anfeinder aber vergeflen, daß er ein Geiſt war, wie wenige; baß 
er einen Beruf hatte, fo groß wie wenige, u. die volle Kraft dazu u., wer weiß 
sole oft, ben guten Willen; daß ferner der gerechte Kampf gegen ihn von Manchem 


| Friedrich. 460 
—— wurde, der nie heilig geſprochen wird, und mit Mitteln, die niemals die 
irche erlaubt hat. Sagt doch auch ſein Gegner, der Franciscaner Galimbni: 
„hätte er feine Seele geliebt, Wenige wären ihm gleich geweſen auf Erden.“ Jetzt, 
in feinem 31. Jahre (1225), änderte F. fein Auftreten. Gleich nach der Helrath 
Jolanthens fchrieb er fich, nicht ohne Beradhtung feines tapferen Schwiegervaters 
Zohann, König von Serufalem, forderte, nicht ohne Verachtung des Bapftes und 
feiner eigenen Eide, die Spoletaner zur Heereöfolge auf und ſchrieb ale Lombars 
benföntg einen Reichstag nad) Cremona aus, wohlwiſſend, daß jede Einmiſchung 
in die Lombardenhändel, die er fo klug und forglich ſeit 14 Jahren vermieden, 
ben befchworenen Kreuzzug unmöglich machen würde. Die Lombarben erneuerten 
auch fogleich ihren Bund 2. März 4226, vereitelten den Reichstag, wurden ges 
äcytet 11. Juli. Der Katfer aber ſchrieb einen falbungsvollen Klagebrief an den 
PBapft und trug diefem das Schiederichteramt auf: das beſte Mittel, den Papft 
felbR in die troftlofeften Händel zu verwirren. Aber ihn erlöste der Ton 18, 
März 1227. Am andern Tage wurbe @regor IX. (1227 — 1241) gewählt, 
ein SOjähriger Greis, aber voll Kraft und Entſchiedenheit, von 4 ſelbſt oͤffent⸗ 
lich geprieſen. Er wandte ſich ſofteich ſtrafend an die Lombarden, vaͤter⸗ 
lich mahnend an den Kaiſer. F. ging auch im Auguſt drei Tage auf die See, 
kehrte dann zurück in die Bäder u. ließ das Kreuzheer ſich verlaufen. Der 
apft fprady, wie er mußte, den Bann aus, aber mit milden Worten, und 
befhwor den Katfer in einem Gchreiben, dad Heil feiner Seele zu bebenfen. 
Und Friedrich? Er verfuchte, wie weit er bei Fürften u. Völkern gegen den Bapft 
vorſchreiten Könnte. Er befudelt hoͤhniſch das Andenken Innozenz UI., fpridht von 
einer „angeblichen Kirche." „Streden nicht die Wusgearteten, die Uneblen, in ih⸗ 
rem Wahnfinne verwegene Hände nad Königreichen und Kalferthümern aus?“ 
„Deßhalb vereinige ſich die Welt zur Vernichtung diefer unerhörten Tyrannel, 
diefer allgemeinen Gefahr!” Dann fpridyt er von der erften, heiligen Kirche, 
von Chriſtus, ihrem Grunde. Klug war dieſes u. daß er den Papft aus feiner 
eigenen Hauptſtadt vertreiben ließ und, Auguſt 1228, nach Jer uſalem fegelte, 
durch Bertrag mit Sultan Kamel daffelbe u. Waffenſtillftand auf 10 Jahre erhielt. 
Am 18. März 1229 ſetzte er fich felbft in der Grabeskirche die Krone aufs Haupt 
u. erklärte, der Papft habe allerdings den Bann ausfprechen müflen, u. er wolle 
fich aug um Gottes willen vor ihm, als Gottes Statthalter auf Erden, demüthi⸗ 
gen. Damit gewann er wieder viele Herzen. Er aber hatte alſo durch ſeine ei⸗ 
enen Mittel, ohne Kreuzheer, ohne Hülfe der Orden, der Prälaten u. Barone 
erufalem®, das Königreidy erobert, er erhielt die Krone alfo durch ſich und feine 
Heirath al® eine unumfchränfte, erbliche. Das war von Anfang an fein Wille 
ewwefen. Unterdeß waren die Fatferlidhen Beamten verwüftend in den Kirchen⸗ 
aat eingefallen, bis fie König Johann vertrieb, der Eriede zu St. Germano, 
28. Auguft 1230 durdy den Dominifaner Qualo, Alles wiederherftellte, freie Wahl 
den Prälaten, Steuerfreiheit und geiſtliches Gericht den Geiſtlichen gab, Ber 
hung Allen. Al8 nun auch am 1. September zu Anagni Papft u. Kalfer, in alleini= 
ger Gegenwart des Deutfchmeifterd Hermann von Salza, fidy verftändigten, ſchien 
eine ſchoͤne Zeit zu beginnen. %. aber wandte feine Thätigfeit wieder ganz auf 
Sicilien. 1231 erfchten fein Geſetzbuch durch Peter de Binea, das dem Lehns⸗ 
weſen vollig feine Kraft nahm und der Zonigogewan zuwandte, ein wohlge⸗ 
ordnetes Gerichts-, Steuer⸗, Heer⸗- und Verwaltungsweſen einführte und 
neben dem mächtigen, zahlreichen Beamtenſtaate, halbjährliche, berathende Pro⸗ 
vinziallandtage ſeßte. Dieſes waren die wahrhaft guten Seiten an ihm. 
Aber bei allen Verbeſſerungen blieb die eigene irdiſche Macht fein Gauptzel. 
Das zeigte ſich, als er, unterftüst vom PBapfte, die Lombarden na avenna 
laden ließ, fie wegen ihres Nichterfcheinens u. feindlichen Benehmens Ächtete, des 
Papftes Schiedsrichterſpruch, der in diefer verwirrten Sache nur Dad höhere und 
fihere Ziel im Auge behielt, die Rettung des heiligen Landes u. den Schug des 
Iateintfchen Kaiſerihumes, bei Seite fegte u. ſich mit Cyela Ve Rouom (N) 


270 | Friedrich, 


verbündete, einer Tyrannennatur, wie fie die Welt je geiehen bat, u. ihn fogar 1238 
zum Ecywiegerfohne machte. Da fiel Heinridy, fein Sohn, von ihm ab, der 
nun 15 Sabre in Deutfcdyland ohne väterliche Aufficht geherrfcht und nicht aum 
Beten gelebt hatte. Der Papf trat entfchleden auf für den Kaiſer, 13. März 
1235, obwohl er ſchon bittere Klagen gehört hatte, daß F. die Kirchlichgefinn- 
ten unter dem Vorwande des Kreuzzuges ind Morgenland fchide, politiiche Ver⸗ 
gehen unter dem Titel Ketzerel graufam verfolge, viele Etädte wegen ihres Be- 
nehmens im Kriege ſtark beftrafe, gegen den Frieden den unabhängigen Templern 
ihre Güter vorenthielt u. in feinem Geſetzbuche die Rechte der Kirche gegen feine 
Eide mannigfach verlegte So konnte der Katfer durch fein Erfcheinen In Deutich- 
land den empöreriichen Sohn mit leidyter Mühe fangen u. nach Apulien ſchleppen, 
wo er 1242 im Kerker farb. Zu Worms heirathete F. durch Bermittelung des 
Papftes vie reiche Iſabella, Heinrichs II von England Schwefter, 20. Juli 
1235, gab zu Mainz den Landfrieden, 15. Auguft, erhob zu Marburg die 
Gebeine der heiligen Eliſabeth, 4. Mai 1236, erwarb 1237 Oeſterreich und 
Steyermark, machte Wien zur Reichöftadt, feinen Sohn Konrad zum beutfchen 
Könige. Es waren glänzende Tage; um fo mehr, als auch Ezzelin Badua u. Zrevifo 
feiner Gewalt unterworfen hatte. Im Auguſt 1237 zog %. felbft über die AL 
pen, konnte aber kein Reichsheer gegen Italien verfammeln, u. Ihtug mit deut⸗ 
ſchen Soͤldnern, durch englifches Geld geworben, mit Saracenen u. ttaltenifchen 
Ghibellinen, die Lombarden bet Gortenuova 27. Nov. 1237 alfo, daß Mais 
land verfprach, alles Bold u. Silber auszuliefern, 10,000 Mann zum Kreuzzuge 
zu fielen, ihn als Herxn anzuerkennen, wenn er nur verzeihe. Vergebens bat 
die Gräfin von Gaferta, vergebens rieth der Bapft zur Milde, als dem ficherften 
Wege zur Macht; 5. wollte Ergebung auf ®nade u, Ungnade. Die Berzweifs 
lung trieb Mailand wieder zum Kriege; doch war der Kalfer nicht einmal im 
©tarde, die Stadt zu belagern over Brescia zu erobern, obwohl beinahe bie 
ganze Lombardei in feiner Hand war. Dann fügte er dem Iateintichen Kaiſerthume 
vorſaͤtzlich den Todesſtoß zu. Johann von Bethune zog mit einem mühſam 
eſammelten Kreuzheere durch Italien nach Konſtantinopel, da ließ ihn F. 1238 
m Früͤhlinge verhaften, die Häfen allen Kreuzfahrern verſchließen. Der Kaiſer 
hatte fidy naͤmlich mit dem gebannten Vatatzes von Nizäa, dem Hauptfeinde des 
lateiniſchen Kaiſerthumes, verbündet u. ihm feine Tochter gegeben; bufür hatte 
diefer, nebft Afan von der Bulgarel, dem Kaifer verfprochen, nach der Vertrei⸗ 
bung der Rateiner zu huldigen; diefen Lehnseid hatte Balduin von Konftantinopel 
nicht leiften wollen. Dem warnenden Papſte antwortete F. mit Hohn. Dann 
vermählte er im Herbfte 1238 feinen Sohn Enztus mit der Erbin von Sars 
dinien u. nannte Ihn König. Als ihn der Papft an die Eide von Eger u. Has 
enau erinnerte, antwortete er wiederum höhnend: „er habe auch gefchworen, als 
ed vom Reiche Getrennte wieder zu vereinen." Da bannte ihn ver Papſt Palm⸗ 
fonntag 1239 aus diefen u. folgenden Gründen: er läßt die Pfründen in Sici⸗ 
Iten unbefegt, giebt Kirchengüter ein, befteuert die Geiftlichen, zieht fie vor welt 
liche ©erichte; gibt den Templern u. Zohannitern gegen den Frieden viele Güter 
nicht wieder; bevrüdt u. beraubt die Anhänger der Kirche, begünftigt die Sara; 
zenen zur Knechtſchaft der Ehriften. Hiemit beginnt ver dritte Theil von 
5.8 Herrfcherleben: der Todeskampf zwiſchen Papſt u. Kaifer 12391250, 
Dazu machte ihn 5. durch feine Aufreljung der Fürften und Bölfer gegen „den 
ungetreuen Mann, den befudelten Prieſter, den wahnmwitigen ‘Propheten, den ans 
geblichen Statihalter Ehrifti,” der in Trunfenheit lebe und zu Bette gebe. Da 
antwortete der Y2jährige Greis ebenfalls mit bittern Vorwürfen über die Geftn- 
nung des Kaiſers. Diefer patte auf ein Concil angetragen; als der Papſt es 
nady Rom ausfchrieb, verweigerte er ven Prälaten die Reife und nahm die auf 
der genueſiſchen Flotte Befindlichen durch eine Seefchladhyt gefangen 3. Mat 1241. 
Ungebrodpenen Muthes flarb kurz darauf der Papſt 21. Augufl. %. entließ bie 
drei gefangenen Gardinäle; aber ver nengewählte Ediedin IN, Karb fchon 2, 


Friedrich. 7 


Nov. 1241, ſtebzehn Tage nach der Wahl; erfi 25. Juni 1243 wurde Innos 
cenz IV. gewählt, einer der größten damaligen Rechtöfenner u. Freund des Kai⸗ 
ſers. Bon den beiden Seiten begannen die Friedensunterhandlungen; ſchon hats 
ten 31. März 1244 Beter de Vinea und Thaddaäus de Gueſta die Beringungen 
befhworen, als der Kaiſer verlangte, zuvor vom Banne gelöst zu werben. In⸗ 
nocenz entflob nun 29. Juni heimlich aus Rom nad) Genua, von da nach Lyon, 
fprady auf dem Concile zu Lyon 17. Juli 1245 den Bann aus über den Kai⸗ 
fer, entfegte ihn feiner Würden. Mit allen Mitteln wurde nun von beiben Sei⸗ 
ten gelämpft. Vergebens fuchte Ludwig der Heilige im November 1245 und 
Dfiern 1246 beim Papſte zu vermitteln. Im Deutfhland. wurde auf dringende 
Ermahnung des Papftles Heinrich Raspe von Thüringen 22. Mat 1246 zum 
Gegenkonige erwählt u., als er fchon 17. Febr. 1247 farb, am 3. Oct, Wilhelm 
von Holland (1247—1256). Harte Schläge trafen den Kaiſer. 18. Febr. 
1248 verlor er feinen getreuen Thaddaͤus de Gueſta mit dem feſten Lager Bittos 
ria, fo daß er die Belagerung Parma's aufheben mußte. 26. Mai 1249 nah⸗ 
men die Bolognefer feinen heldenmüthigen Sohn Enzius gefangen; er mußte im 
Gefaͤngniſſe flerben. Im Gefängnifle des Kaifers ftarb aus Peter de Vinea durch 
Selbſtmord, bis dahin der treuefte Freund des Kaiſers, nun in fchwerem Ber- 
dachte des Berrathes. Nichts deſtoweniger fehte der Katfer den Krieg fort, uns 
terftügt von italieniſchen Ghibellinen, voran Ezzelin den Tyrannen, u. mit Saras 
cenen aus Apulien u. Afrika. Da ereilte ihn der Tod zu Firenzuola bei Lucerla 
13. Dec. 1250, nachdem er gebeichtet hatte, vom Banne gelöst war u. bie hei⸗ 
lige Gommunton empfangen. In feinem Teftamente vom 7. Dec. hatte er unter 
andern den Templern ihre rechtmäßigen Güter, allen Kirchen ihre Rechte u. Frei⸗ 
heiten zurüdgeftellt, die Wiebererbauung der Kirchen von Luceria und Bora und 
fonft befoglen, allen Unterthanen, die Steuern genommen, bis auf die unter Kd- 
nig Wilhelm II, 1166 — 1189 gültigen, allen großen Baronen u. andern Lehne, 
leuten alle ihre Rechte wiedergegeben, die fie zu Wilhelms Zeit befeflen, „der hei⸗ 
ligen römifchen Kirche, unferer Mutter, follen alle ihre Rechte zurüdgegeben wers 
ben, jedoch unbefchavet aller Rechte u. Ehren unferer Reiche, Erben u. Getreuen 
und unter der Vorausſetzung, daß auch fie alle Rechte des Reiches zurückgebe.“ 
Es war die firengfte Kritik "eines eigenen politifchen Lebens. Km, 
Friedrich. IL Defterreichifche (Babenbergifche und Habsburs 
giſche) Regenten u. Kürften. 1) F. derStreitbare, Derzog von Oeſter⸗ 
reich, der legte männliche Sproße der Babenberger, ein tapferer, aber nicht red⸗ 
licher Fürſt. Er hielt ed mit den Lombarden gegen Katfer %. IL, wurde dafür 
in die Acht erklärt, fühnte fi) aber wieder mit dem Kalfer aus. In feinen 
Berbältnifien zu den ungariſchen Königen Andreas I. und Bela IV. benahm er 
fi hetertlfig u treuloß (fe Gefchichte der Magyaren-von Johann Grafen 
Matlath, 1. Band, Wien 1828). In der Echladht bei Wienerneuflabt, die er 
egen Bela IV. gewann, wurde %. in ver Berfolgung getödtet. Von drei Frauen 
Daite er feine Kinder binterlafien; feine Länder wurden verfügbare Reichslehen, 
deren fi Ditofar von Böhmen bemächtigte, und die nach Dttofar’d Yal durch 
Kaifer Rudolph I. an das Haus Haböburg kamen (f. Rudolph u. Ottokar). 
2) 5. IL, römifcher König, Herzog von Defterreih, Sohn Katfer Albrechts I, 
und Glifabeth8 von Tyrol, geboren 1286, Nach dem Tode feined Baters übers 
nahm er für fih und feine Brüder im Jahre 1308 die Verwaltung der öfters 
reichifchen Lande. Die Beinamen, die den fünf Brüdern zu Theil wurden, charaks 
terificen fie: %., der Schöne; Leopold, die Blume der Ritterfhaft; Albrecht, 
der Weiſe; — der Freundliche; Otto, der Fröhliche. F.s Streben 
nad) der Kaiſerkrone wurde durch die Wahl Heinrichs VII. vereitelt; als aber 
diefer fchnell farb, bewarb fich F. abermals um diefelbe. Sein Jugendfreund 
Ludwig der Bayer verbieß ihm feinen Beiftand, hielt aber nidyt Wort, als er 
ſah, daß ein Theil der Kurfürften ihn ſelbſt zu wählen beabſichtige. Wirklich 
wurde Ludwig im Detober 1314 zu Frankfurt am Main gewählt u. am 6. Ian, 


472 | Friedrich. 


1315 zu Aachen gekrönt; F. hinwieder ließ ſich zu Bonn am 15.Rovember 1314 
auf freiem Felde krönen. Nun entbrannte achtjähriger Krieg zwiſchen Beiden. 
Ludwig war im Rachtheile, befonders durch die Tapferkeit Berge Leopold, der 
Blume der Ritterfchaft, und hatte ſchon den Gedanken gefaßt, zu —— nur 
fein Anhang widerſtrebte. Da kam es den 28. September 1322 bei Mühldorf 
auf der Ampfinger Ebene zur entſcheidenden Schlacht. F. wagte fie, ohne den zur 
9 (fe herbei eilenden Leopold zu erwarten. Schweppermann (f. d.), dem Ludwig 
die Kührung des bayerifchen Heeres übertragen, gewann die Schlacht; F. wurde 

efangen und blieb drei Jahre in der Burg Traußnitz in enger, aber anftändiger 
Saft. Durch Leopolde Tapferkeit hart bedrängt, beichloß Ludwig, feinen Gegner 
frei zu lafien, aber unter fchweren Bedingungen: %. mußte verfprechen, der Kös 
nigswürde zu entfagen, alle Reichögüter herauszugeben und mit feinen Brüdern 
gegen Ludwigs Feinde zu Fämpfen. Rach Defterreich zurüdgefehrt, fand %. feine 
Gemahlin, die ſchöne u. liebenswürbige Iſabella von Aragonten, erblindet; bie 
Shränen um den gefangenen Bemahl hatten ihr das Licht der Augen genommen. 
Da Leopold die Beningungen nicht eingeben wollte, zu denen fidy %. verpflichtete, 
kehrte diefer wieder in die Gefangenfchaft zurüd. Dieß erfchütterte Ludwig der⸗ 

eftalt, daß die frühere Kreunbfchaft wieder erwachte u., wie in den Zeiten ihrer 

ugend, tbeilten fle mit einander Wohnung u. Tiſch u. fchliefen in einem Bette, 
ja, als Ludwig gegen den König von Polen zu Belde zog, übertrug er 8. bie 
Berwaltung von Bayern; auch ' loßen ſie eine Uebereinkunft, vermöge melcher 
fie beide gemeinfchaftlich regieren follten. Als aber die Retchsfürften dieß nicht 
genehmigten, ſchloßen fie einen zweiten Vergleich, Kraft deflen Ludwig die Krone 
u, Stalien nehmen, %. als römifcher Köntg in Deutſchland herrſchen —* allein 
auch dieſer ® ielch kam nicht zur Ausführung, denn Leopold war indeſſen ge 
ſtorben, deſſen Kriegsmuth Ludwig am meiften gefcheut hatte, u. %. fühlte Feine 
Luft, fich neuerdings in einen langen Kampf einzulafien. Er lebte meift in dem 
reizend gelegenen Schloße Buttenftein, ftiller Betrachtung und der Andacht. In 
der von Im geftifteten Karthauſe zu Kae wurde er begraben. Sein 
Sterbetag ift ver 13. Januar 1330. Als die Karthaufe 1783 aufgehoben wurde, 
erhielten F.s Ueberrefle einen andern Ruheplag im St. Stephansdome zu Wien. 
— 3) F. als deutfcher König der IV., als Kaiſer ver III. dieſes Namens, älteſter 
Sohn Hero 8 Ernft des Eifernen u. der Zimbugis von Mafovien, geboren zu 
Infprud am 21. September 1415. Sein langes Leben if eine der unerquidlichften 
Erſcheinungen in der öfterreichifchen u. deuiſchen Geſchichte. Unthätigfeit, Elein- 
liche ir u. a: waren die Grundzüge feines Charakters. Als nach feines 
Vetters Albrecht IL. Tode 1439 er zum Kaiſer —* wurde, beſann er ſich eilf 
Wochen, bis er ſich entſchloß, dieſe Würde anzunehmen; als Vormund Ladislaws 
des Spaͤtgeborenen wollte er dieſen der Vormundſchaft nicht. entlaſſen, bis ihn 
die vereinte Gewalt der Ungarn, Böhmen und Oeſterreicher dazu zwang, 1452. 
As Ladislaw 1457 ftarb, tbeilte er die öfterreichifchen Lande mit feinem (%.8) 
Bruder Albrecht; aber die Brüder Iebten in fletem Unfrieven, u. einmal wurde 
3. in Wien in der Hofburg belagert, und nur des Böhmenfönigs Georg Podie⸗ 
brad Erfcheinen rettete ihn vor Gefangenſchaft. Nach Albrechts Tode fielen 
defien Lande F.en zu; aber deßhalb ging es den, durch die früheren Reibungen 
hart mitgenommenen, Ländern nicht beffer. F.s fchlechte Regierung, feine Unthä- 
tigkeit, verankaßten das @ntftehen von Räuberbanden, und %. fchamte fich nicht, 
von ihnen Ruhe durdy Geld zu erfaufen; und die elende Münze, die er prägen 
ließ, u. derer Andenken unter dem Namen Schinderlinge noch beftcht, zeigt den 
erbärmlicdhen Zuftand feiner Finanzen. Um das Deutfihe Reich befümmerte er 
fid) eben fo wenig; das Fauftredht entwidelte fich zu einer Höhe, wie es kaum 
nad) dem Falle der Hobenftaufen u. vor der Wahl Rudolphs von Habeburg ge 
weien; die Behme hatte die Freiheit, Ihn, — den Kalfer! vor Bericht zu laden; 
u. dieß Alles ließ er ſich gefallen. In Deutfchland dachte man ernftlidh daran, 
ihn abzufegen und einen andern Kakler zu wählen, Die Türken verheerten unges 


Feiedrich. 473 
firaft die öfterreichifchen Lande; aber pas meiſte Unheil entfland ihm durch den 
friegerifchen König von Ungarn, Matthias Korvinus. Nach vielfachen Zwiſtig⸗ 
feiten war zweimal zwiſchen dieſen beiven Herrichern Krieg ausgebrochen; das 
erfie Mal erfaufte F. den Frieden mit 150,000 Stück Dufaten, das zweite Mal 
eroberte Matthias Korvinus Wien und behauptete es bis zu feinem Ende. Was 
find nun die Glanzpunkte in F.s Leben? daß er in feiner Jugend Ierufalem bes 
ſucht hatte; daß er nad) Rom gegangen war u. ſich dort — der legte unter den 
deutſchen Katfern — Trönen ließ; daß er die Bermählung feined einzigen Sohnes 
mit des Herzogs von Burgund, Karl des Kühnen, einziger Tochter Marie zu 
Stande brachte, wodurch nach Karl des Kühnen Tode das reiche Burgundiſche 
Erbe an Oeſterreich fiel; daß er Marimilian zu feinem Racfolger twäßlen ließ. 
Und dennoch fah diefer unthätige Fürft am Ende feines Lebens fich wieder im 
Befige aller feiner Erbftanten, nur dadurch, daß er feine großen Gegner übers 
lebte. Als Matthias Korvinus zu Wien geftorben war, griff Marimillan bie 
Ungarn an und warf fie aus Wien u. den Erbſtaaten hinaus, 1490. %. lebte 
noch drei Jahre, zog ſich eine leichte Beichädigung am Fuße zu, die fidy derge⸗ 
ſtali verfchlimmerte, daß ihm der Fuß abgenommen werden mußte; durch über 
mäßigen Genuß von Melonen zog er ſich während der Selung ein bösartiges 
Zieber zu, welches fein Leben am 19. Auguf 1493 endete. war 79 Jahre 
alt geworden; feine Stammländer hatte er durdy 69 Jahre, Oeſterreich 36 Jahre 
bejefien; er war 54 Jahre Kalfer. Kein Habsburger ift fo alt getworben, wie 
er; kein deutſcher Katfer hat fo lange regiert. Bon feiner Gemahlin, der ſchö⸗ 
nen und geiftreichen Elenora von Portugal, hatte er ein einziges Kind, Marimi- 
lian, der ihm als Kaiſer folgte (fiehe Martmilian L). Die fünf Bolale U € 
ZOU (fd), die er überall anzubringen pflegte, find vielfach erklärt worden, ohne 
daß man beftimmt weiß, ‘was F. eigentlich damit gewollt. In die Zeit feiner 
Regierung fallen die wichtigften Entbedungen: Amerika, der Seeweg nach Oſtin⸗ 
dien, die Buchbruderfunft. — 4) F. mit der leeren Tafche, Herzog von 
Deſterreich, Graf von Tyrol, geboren 1382. Er befaß Tyrol u. die Habsburgi⸗ 
fchen Lande in der Schweiz, in Schwaben u. im Elſaß. Auf der Kirchenverfamm- 
Lund zu Konftanz begünftigte er die Flucht Papſt Johanns XXIII.; hiefür ſprach 
Katjer Sigmund die Acht über ihn aus; die Schweizer und die ſchwäbiſchen 
Stände fielen nun über feine Güter her. Allwärts bebrängt, ftellte fidy F. vor 
dem Kaiſer, wurde aber nur unter der harten Bedingung begnadigt, feine ſaͤmmt⸗ 
lichen Beflgungen dem Kaiſer zu übergeben. Diefer verkaufte fofort Mehr davon, 
und F. erhielt den Spottnamen „mit der leeren Tafche.” Da flüchtete er nad) 
Tyrol, wo fein älterer Bruder Ernft der Eiferne bereits fo waltete, ald wäre 
das Land fein Eigenthum, aber das Landvolk erklärte fich für F., u. auch Ernſt 
befann fidy eines Befleren; er rüdte mit 20,000 Mann vor Konftanz u. zwang den 
Kalle, ihm gegen Grlegung von 50,000 @ulven fein Erbe zurüd zu geben, die 
bereitö verkauften Güter ausgenommen. Fortan lebte %. in Tyrol ruhig. “Die 
damald ergiebigen Bergwerfe von Tyrol festen ihn bald in den Stand, den 
Spottnamen durch das goldene Dach in Innsſpruck zu widerlegen; er farb 1439. 

Sriedrih. ML Regenten aus dem brandenburg-preußifchen 
Haufe — 1) 5. Wilhelm der Große, Kurfürft von Brandenburg, geb. 6. Febr. 
- 1620, war ein Sohn des Kurfürften Georg Wilhelm u. folgte diefem 1640 in der 
Steglerung. Bon diefemRegenten an rechnen die brandenburgifchen Fon ihren 
Flor u. Ihr Anfehen unter den Mächten Europa’s, und er hat auch wirklich den 
Grund hiezu gelegt, fo viele Schwierigkeiten er zu befümpfen hatte; denn der Ans 
fang feiner Regierung fiel noch in die Zeit des ververblichen Religionskrieges, 
durdy den feine Lande fo fehr, als irgend eines, verwüftet wurden. Sobald er 
nun durch den weftphältichen Frieden 1640 Ruhe erhalten, fuchte er nicht 
nur die Finanzen in Ordnung zu bringen, fondern audy den Ackerbau zu befür- 
dern. Er trodnete Moräfte aus, machte die Sandgegenden fruchtbarer, vereinigte 
bie Oder u. Elbe durch den Muͤhlrofiſchen Kanal, erweiterte Berlin, trieb Hans 


474 Friebrich. 
del nach Guinea, nahm die reformirten —— aus Frankreich, ſeinem 
großen Vortheile, auf, befreite Preußen von der polniſchen Lehnbarkeit; ja, er er⸗ 
richtete fogar eine Keine Flotte von Kriegsſchiffen, mit der er den Spaniern mehre 
Schiffe wegen einer oyub von 2 Millionen Reichethalern wegnahm. Den Hol⸗ 
(ändern eilte er gegen Ludwig XIV. zu Hülfe Gin franzöfticher Einfall in das 
Gfevifche u. die zu geringe Unterflügung feiner Bundeögenofien bewogen ihn jes 
doch zum Hrieden von Voſſem 1673. Noch in eben dem Jahre griff er aber, 
als die Kranzofen die Pfalz verwüfteten, aufs Reue zu den Waffen, und da, auf 
Frankreichs Anfliften, die Schweden die Mark fehr hart behandelten, fo Eehrte 
er ploͤtzlich um u. erfocht bei Fehr bellin cf. d.) 1675 einen entſcheidenden Sieg 
über diefelben. In Berbindung mit Dänemark griff er hierauf das ſchwediſche 
Honmern an, und obgleich ihm die Kranzofen den Frieden zu St. Germain abs 
nöthigten, befam er doch nody einige. Drte vor Pommern. Während feiner gans 
zen Regierung erhielt er fich in "außerhalb Deutfchland im größten Anſehen, 
war oft ein Srievensftifter, leiſtete Hilfe in Kriegen u. gab die beften Ratbfchläge 
für Deutſchlands gem ned Wohl. Der Gelehrſamkeit und den fchönen KKünften 
that er feinem Gebiete, nicht ohne eigene Kenntnifle derfelben, Vorſchub. Gr 
legte die Univerfität zu Duisburg an, war der Stifter der Fönigl. Bibliothek zu 
Berlin, unterhielt den Geſchmack an Bildhauerfunft u. Malerei durch beſſere Mus 
fter, als derfelbe bisher gehabt hatte, u. fammelte ein vortreffliches Cabinet von 
Alterthümern u. Münzen. Uebrigens war er eifriger Proteftant u. fuchte bei jeder 
Gelegenheit die Rechte und Freiheiten der Proteftanten zu fchügen. Unter ihm 
wurden auch die Poftfahrten in feinem Reiche eingeführt, 1650; in bemfelben 
Se ließ fich zu Berlin der erfte Buchhändler, Rupert Völker, nieder u. 1661 
erfchien dafelb die erfte Zeitung. Diefer, in jeder Beziehung große, Regent 
ftarb den 29, Det. 1639; ihm folgte fein älteſter Sohn %., als Kurfürft IIL, 
nachmaliger erfter König von Preußen. — 2) F. L, König von Preußen, 
geboren zu Königöberg 1657, Sohn des Borigen, folgte feinem Bater 1688. 
An großen Eigenichaften diefem weit nachftehend, übertraf er ihn und alle feine 
Borgänger an Prachtliebe u. Freigebigkeit, daher fein Enkel F. II. in den Me- 
moires de Brandenbourg von ihm fagt: Er ſei groß im Stleinen und Flein im 
Großen gewefen. Er verfchwendete feine Schäge in leerer Pracht u. foftbaren 
Geremonien und gab I Geld und das Leben feiner Unterthanen zur Yührung 
öfterreichifcher Kriege hin. Als der Kurfürft von Sachen die polnifche Krone, 
und der Kurfürfl von Hannover bie Ausficht auf den englifchen Thron erlangt 
atte, verlangte F., deſſen Wacht allerdings der der beiden Genannten wentg- 
end gleich kam, auch für fidh die Fönigliche Würde. Frühere Berpflichtungen, die 
das Katferhaus für ihn Hatte, u. weitere Verfprechungen an Geld u. Truppen, 
zu denen er fidy verftand, verfchafften feinem Anfinnen am Eatferlichen gofe leicht 
Eingang, und F. ſetzte ſich am 18. Ian. 1701 zu Königsberg die Krone auf. 
Ale Mächte, mit Ausnahme Frankreichs und Spaniens (im Utrechter Frieden 
1713) u. des Papftes (1787), anerkannten die preußtfche Königswürde alfogleich, 
Preußen verlor übrigend unter F., troß der erhöhten Herrfcherwürde, das An⸗ 
feben u. den Einfluß, den es unter feinem Vater behauptet hatte. Doch wurde 
ed mit den Ländern Mörs, Tedlenburg, Neufchatel und Valengin, und dem von 
dem Grafen von Wittgenftein eingelösten Theile der Graffchaft Hohnftein vers 
mehrt; hingegen mußte der Schwibußer Kreis an Oeſterreich urüdgegehen wers 
den. Er farb 25. Februar 1713; ihm folgte 3) fein Sohn F. (helm L, 
geboren den 15. Auguft 1688. Diefer zeigte fchon von Jugend auf befondere 
Vorliebe für den Soldatenftand, worin ihn der Frtegerifche Fürft Leopold von An⸗ 
halt-Deffau, fein beftänpiger Gefährte, befeſtigte. Nachdem er am 25. Febr. 1713 
den Thron beftiegen hatte, war fein erftes Gefchäft, den überflüffigen Hofftaat 
feined Vaters zu reformiren; denn er war ein Feind von allem Gepränge und 
überflüfftgem Aufwande, ungefünftelt u. höchft mein in feiner Lebensart, ſtreng 
gegen ih u, gegen Andere in Beobachtung der Pflichten, aber eben fo gerecht, 


Friedrich. | :475 


redlich u. unermüdet arbeitfam zur Verbeſſerung feiner Länder. Gleich Anfangs 
feiner Regierung war er gendthigt, an dem Kriege fo vieler Fürften gegen Schwe⸗ 
den Theil zu nehmen; obgleidy er aber weit mehr hätte erhalten können, begnügte 
er fid) doch mit der Abtretung des Thelled von Pommern, zwifchen der Oper 
u. Peene, 1720. Er fchidte auch 1734 eine anfehnliche Hilfe zu dem Reiches 
beere, welches einige Zeit darauf Frankreich entgegengeftellt wurde. ber, ob er 
gleidy feine Koͤnigsvoͤlker fehr vermehrte, fo geſchah dieß doch nicht, um Erobe⸗ 
rungen zu machen, fondern nur, um zu feiner Vertheidigung ſtets gerüſtet zu 
feyn. Im ſolcher Sefinnung unterbrüdte er 1730 den Ausbruch feines Zerwürfs 
niffe® mit; England durch eine rühmliche Ueberwindung feiner ſelbſt. Aus der 
Oraniſchen Erbfchaft des Könige Wilhelm erhielt er Mörs, Stegen und einige 
andere Beſitzungen; audy fiel ihm noch vorher die Herrichaft Limburg zu. 
fegte eine Menge neuer Einwohner in feine Känder, namentlidy in das durch bie 
Bet verwüftete Preußen; befonders fanden die ausgewanderien Salzburger bet 
ihm bereitwillige Aufnahme, wie denn überhaupt audy er, dem bisherigen Syfeme 
feines Hauſes getreu, ein eiftiger Beſchützer des Proteflantismus war. Sein 
Swefen verband er genau mit feinen übrigen Einrichtungen, beſonders mit 
den Quellen feiner Einkünfte, munterte den Fleiß feiner Unterthanen auf und 
brachte viele Manufacturen empor. Aber die Wiſſenſchaften und feineren Künfte 
nebft dem Handel, geriethen unter feiner Regierung in einigen Verfall, far 
den 31. Mat 1740 u. hinterließ feinem Sohne F. II. (f. d.) ein geübtes Kriege» 
beer u. einen reihen Schatz. Wenn gleich feine Rauhheit, Hartderzigteit u. des 
fonders fein Recht u. Menſchlichkeit kränkendes Werbefuftem großen Tadel vers 
dienen, fo gehört er doch unter die verdienſtvollſten Fürften, die Europa zu feiner 
Zeit hatte, Siehe J. G. Mittags Leben F. Wilhelms, Halle 1740. Hist. de 
Fred, Guill. p. de M. Amflervam 1741. Sharafterzüge aus dem Leben F. Wil 
"helm I, Berlin 1787. 8. Morgenftern über F. Wilhelm L, 1793, 8. För⸗ 
fter, F. Wilhelm L, 3 Bde, Potsdam 1834—35. — 4) F. IL, König von 
Breußen, 1740—1786, der Große, auch der Einzige genannt, wurde am 
24. Januar 1712 geboren. Zwei fehr verfchiedenartige Einflüffe wirkten zur Bil 
dung des von Ratur aus koͤrperlich u. geiftig ungemein reidy auögeftatteten Krons 
pringen zufammen: der durchaus rechtfchaffene, fittlich ernfte u. dem Proteſtan⸗ 
tismus Rreng ergebene, aber dabei durch u. durch militärifche u. praftifche, mit 
pebantifcher Strenge auf Ordnung haltende Geift des Vaters, Königs Friedrich 
Wilhelm L, der der Wiſſenſchaft, Kunft u. aller höheren Bildung entfrembet war, 
u. der fanfte u. weiche Charakter der fein gebildeten Mutter, der hannöverſchen 
Prinzeffin Sophie Dorothea. Durch feine erften franzoͤſiſchen Erzieher, die geiſt⸗ 
reihe Frau von Rocoulle und den emigrirten Reformirten Duhan, die mit der 
Mutter zufammen gegen den Erziehungsplan des Vaters confpirirten, erhielt früh 
das Streben nach geiftiger Ausbildung, zugleich aber audy die einfeitige Vorliebe 
für franzöflfche Sprache und Literatur In dem Knaben vollig das Uebergewicht. 
Da indeß der König den Prinzen von feinem flebenten Jahre an dem Grafen 
von Finfenftein al8 Gouverneur u. dem Major Kalkftein ald Unterhofmeifter zu 
einer rein milttärtichen Erziehung (er wurde mit pedantiſcher Strenge an Orb» 
nung gewöhnt, mußte fafl den ganzen Tag auf Ererciren u. andere förperliche 
Uebungen verwenden, in frenger Kälte Schildwache ſtehen ꝛc.) übergab, fo ent 
fand bald eine Entfremdung und Spannung zwifchen Vater und Sohn, die, je 
mehr diefer heranwuchs, defto ernfllicdyer wurde u, endlich in ihm den unüberleg- 
ten Entſchluß erzeugte, ſich durch die Flucht nach England feiner unangene 
men Lage zu entziehen. Gin förmlicyes Complott wurde zu Diefem Zwede ange 
fponnen, an weldyem vorzüglich die ältere Schwefter des Kronprinzen, Wilhels 
mine, u. die Lieutenants Katt in Berlin und Keith in Weſel betheiligt waren. 
Auf einer Reife des Königs nach Wefel, auf welcher der Kronprinz ihn beglet- 
tete, folite der Plan zur Ausführung kommen (1730), als ein Brief Katt's, ber 
zu Frankfurt dem Könige in die Hände fiel, Alles verriet, Ein Turchihorer uns 


416 Friebrich. 
bruch der Wuth des Könige, zuerſt gegen F., den er thätlich mißhandelte u. viel⸗ 
leicht erſtochen haben wuͤrde, wenn nicht der General von Moſel entſchloſſen da⸗ 
en getreten wäre, dann zu Berlin gegen Alle, die irgend um die Sache 
wußten, war die nächfte Folge der Entdeckung. Katt wurde zu Berlin arretist, 
Keith hatte, von F. gewarnt, Zeit gehabt, nad) England zu entfliehen, wo er 
bis zu 5.8 Thronbefteigung blieb, Mit dem erften Ausbruche der Wuth war indeß 
die Sache nicht abgethan. %. Wilhelm fah die verfuchte Flucht nicht als einen 
unüberlegten Jugendſtreich, fondern als ein militärifches Verbrechen an (%. be⸗ 
Heidete den Rang eines Oberſt⸗Lieutenants), welches nady der ganzen Strenge 
der a ehem Disciplin geahndet werden folltee Gin niedergeſetztes Kriegsge⸗ 
richt verurtheilte den Kronprinzen, ber nach Küftrin in ſtrenger Gewahrfam ges 
bracht war, als Deferteur zum Tode, Katt ald Mithelfer zur Eaffation u. Fe⸗ 
flungsftrafe. Der König, durch 3% fortwährend flörrifches Benehmen noch mehr 
aufgebracht, war entfchlofien, das Urtheil zu beftätigen und nur das ernfte und 
tühne Zureden einiger ihm nahe ſtehender Generale (befannt ift das edle Wort 
des Seneralmajord von Buddenbrock: „Wenn Em. Majeftät Blut verlangen, fo 
nehmen Ste meines; jenes befommen Sie nicht, fo lange ich noch fprechen 
darf.”) u. befonders das Bemühen des üfterreichifchen Gefandten von Sedendorf 
vermochte ihn einigermafien milder zu ſtimmen. Aber noch lag eine Ausföhnung 
fehr ferne. Das Urtheil des Kriegsgerichtes über Katt wurde vielmehr vom 
Könige zur Todesſtrafe gefchärft, die unter dem Fenſter des Bringen in Küftrin 
vollzogen werben ſollte. Sie wurde vollgogen, ob ganz dem Worte des Befchles 
emäß, ift im neuerer Zeit mit Recht bezweifelt worden; in dem Berichte des 
edigers Müller an den König beißt es: vor den Augen des Kronpringen. Die 
dur Katt's Hinrichtung in dem bis dahin unbeugfamen F. bewirkte reumüthige 
Gefinnung, die von dem Präfldenten von Muͤnhov, der fich durch feine väter- 
liche Behandlung dab ganze Zutrauen F.s erworben hatte, geftärkt und befeftigt, 
von dem Prediger Müller in feinem Berichte an den König vortrefflich benügt 
wurde, brachte endlich in dieſem eine Umftimmung hervor. %. wurde in fo weit 
begnadigt, daß er noch vom Hofe entfernt, vom Milttärftande ausgefchlofien feyn 
und ale jüngta Rath bei der Kriegs⸗ u. Domainenkammer in Küſtrin arbeiten 
ſollte; eine Schule, die gewiß dem fünftigen Regenten für feine praftiiche Aus- 
bildung in der Verwaltung, wie überhaupt die ganze Erztehungsart des Waters 
dem künftigen Feldherrn für feine militäriſche Ausbildung, weſentlich genügt hat. 
Ein Jahr hatte F. auf diefe Weiſe in Küftrin verlebt, als die Verheitathung fet: 
ner Schwefter Wilhelmine mit dem Erbprinzen von Bayreuth die erfte Beranlafs 
fung gab, daß er wieder bei Hofe erfcheinen durfte; indeß mußte er alsbald nach 
feinem Ertl zurüd; erft im Dezember 1731 erfolgte vie völlige Ausfähnung. F., 
der jet ganz gehorfame u. unterwürfige Sohn, nahm ohne Widerrede eine Ge 
mahlin aus den Händen des Vaters, Eliſabeth Chriftine, PBrinzeffin von Braun- 
fehweig-Bevern, 1733 im Junt, die er fehr adhtete, ohne je mit ihr zufammen zu 
leben; er forgte dafür, daß fein Regiment immer als das am beften exercirte er- 
fhien u. folgte feinem Vater auf deſſen Infpectionsreifen, wobet er denfelben von 
feinem militärifhen Talente vollig zu überzeugen Gelegenheit hatte; fo namentlich, 
als fie fih im Jahre 1734 bet der Fafferlichen Armee am heine unter Prinz Eugen 
befanden, in dem jedoch F. nur mehr den Schatten der alten Heldengröße bewundern 
oder bemitleiden Fonnte. Im felben Jahre fchenkte ihm der König die Herrfchaft 
Ruppin als Leibgedinge u. kaufte ihm das Lufifchloß Rheinsberg. Dieß wählte 
nun F. zu feinem befländigen Aufenthalte; bier gab er ſich ganz, jedoch nicht 
ohne Ordnung u. Plan, feiner Neigung zu wiffenfchaftlicher u. Fünftlerifcher Be⸗ 
—BF hin; er ſtudirte Philoſophie (beſonders die Wolf'ſche, aber nach 
franzöfiſcher Ueberſetzung) Staatskunſt und Kriegskunſt; er dichtete, er ſpielte 
Blöte ; um fich fammelte er einen Kreis geiſtreicher Männer, zum Theile ausge⸗ 
Aichneter Künftler (die beiden Gebrüder Graun, den Biolonift Benda, die Maler 
“Ang und du Buifion, dann Kalferling, Kuobeldtori, Atom, Deschamps, 


Friedrich. 47 


Chaſot); damit nicht zufrieden, knuͤpfte er mit faſt allen literariſchen Celebritä⸗ 
ten Briefwechfel an, indem er ihnen ſchmeichelte und ſich von ihnen ſchmeicheln 
ließ, mit Rollin, Algarotti, Graveſand, Maupertuis, vor Allen aber mit Vol⸗ 
taire, in dem er das erhabendſte Ideal, das die Menſchheit bis dahin hervorge⸗ 
bracht hatte, erblickte. Dieſe feine uͤberttiebene Hochachtung gegen Voltaire, die 
nachher, wenigſtens was den ſittlichen Charakter deſſelben angeht, ſo ſehr ent⸗ 
täufcht werben ſollte, war ohne Zweifel eine aufrichtige; aber allzuſehr klingt es 
doch nad) Schmeichelei, wenn er Boltaire’5 wegen die Marquife du Chatelet bie 
örtliche Emilie nennt u. fie mit Descartes, Leibnitz u. Rewton in eine Reihe 
Bent (binterlafiene Werfe IX., 32), Die Begierde nad Ruhm hatte ihn ganz 
eingenommen u. der Iiterarifche Ruhm fchien ihm damals noch herrlicher, als der 
friegerifche; er hatte indeß nicht fo viel Zutrauen zu ſich in diefem Punkte, daß 
er ale Schriftſteller aufzutreten gewagt hätte; der Antimacchiavell, der im Jahre 
1740 erfhhien, wurde gegen feinen Willen herausgegeben; übrigens finn feine 
Bemerkungen über dad europälfche Staatenfoflem und mehres Andere von dem 
fpäter Herausgegebenen in dieſer Zeit entſtanden. — Unterdeſſen flarb 3.8 Wilhelm L 
am 31. Mat 1740 u. binterließ feinem Sohne F. ein Reid von 2190 J M. 
mit 2,240,000 Einwohnern, ein Ihtagfertigee Heer von 80,000 Wann u. einen 
Schat mit 8,700,000 Thalern. Die Geſchichte der Abjährigen Regierung F.s IL 
iR mit der allgemeinen Geſchichte der neueren Zeit mannigfady verflochten, weß⸗ 
halb wir bier nur einen kurzen Ueberblid geben, wegen des Einzelnen auf bie 
betreffenden Artikel verweifenn. %. änderte zwar nicht wefentlih an den Ein⸗ 
richtungen u. Regierungsgrundfägen feines Vaters, aber er hauchte ihnen durch 
feinen Geiſt, feinen Scharfblid, feine unermüdliche, Alles umfafiende Thätigkeit 
ein neued Leben ein; das koſtbare Leibregiment u. andere unnuͤtze Ausgaben wur⸗ 
den abgefchafft, dagegen bei der fehr großen, in Folge des überaus firengen Win, 
ter® von 1739 auf 40 eingetretenen, Theuerung das Korn aus den Magazinen 
um einen fehr geringen Preis verfauft; die Rechtspflege wurde verbeffert, bie 
Folter u. dad Sacken der Kindesmörberinnen abgejchafft, unberingte Duldung in 
Religionsſachen als Grundſatz aufgeftellt, forwie auch eine große Preß⸗ und 
Redefreiheit in politifchen Angelegenheiten geftattet. Die Vergrößerung und 
Berbefierung des Heeres wurde noch eifriger betrieben, als unter dem vorigen 
Könige. F. hatte hiebei jedody nicht feine Anſprüche auf das Herzogthum Berg, 
wie jener, fondern die ſchleſtſchen Fürſtenthüͤmer Jägerndorf, Liegnig, Brieg und 
Wohlen, oder vielmehr, vermittelft diefer, ganz Schleflen im Auge» Der Top 
ale Karls VI. den 20. October 1740 gab ihm bie pafienfte Gelegenheit dazu 
cf. ſchleſiſche Kriege); gleihzeitig mit feinen Anſpruͤchen und Friedensvor⸗ 
fchlägen an Marta Therefla, rüdte er Mit “einer großen Armee in das faft uns 
vertheidigte Schlefin ein (im December 1740) u. Papstes Lit emachte 
Eroberung durch die Siege bei Mollwitz (10. April 1741) u. bei’ Chotaſit, (oder 
Gzaslau, 17. Mai 1742), weldye den Fall der Feftungen Glogau, Brieg und 
Keiffe zur Folge hatten u. Maria Therefla zu dem Breslauer Frieden (11. Juni 
1742) zwangen, in weldyem Obers u. Rieverfchlefien u. die Graffchaft Glatz, mit 
Ausnahme des Färftenthums Leichen nebft eines Theiles der Fürftenthümer 
Troppau, Yägerndorf u. Neiſſe, an Preußen abgetreten wurde; weldyes dagegen 
die Zahlung einer auf Schleften pfandweiſe geliehenen Summe von 1,700,000 
Thlm. übernahm. Glaubenstoleranz, die der König übte, Milde und Gerechtig⸗ 
fett, fowie Hebung des Wohlftandes, getvannen ihm bald die Herzen feiner neuen 
Untertbanen. Unterdefien nahmen die Angelegenhetlen Marta Thereſta's eine 
günkige Wendung; fie ſchloß mit Großbritannien‘, Sachſen und Sardinien zu 
orms am 13, September 1743 ein Bünde zur Gewährleiftung der ihr durch 
die pragmatifche Sanction (f. d.) zugeſprochenen Länder. %., der dieſes 
Bünpdnif als hauptſaͤchlich auch egen Dren gerichtet anfehen mußte, verband 
fi) insgeheim mit Frankreich, (dloß mit dem sale Karl VIL, mit dem Könige 
von Shen u. dem Lundgrafen von Heſſen die Frankfurter Union 22. Mat 


5 
„a 


N 


478 | Jriebrich. 


1744 zum gegenſeitigen Schutze; mit dem erſteren noch außerdem eine geheime 
Uebereinkunft zur Theilung Böhmens, und brach dann unvermuthet mit einer 
- Armee von 80,000 Mann in Böhmen ein, nahm Prag, wurde zwar burdy ges 
ſchickte Maneuvers aus Böhmen surüdpebrängt, zwang aber endlich nach einem 
noch nicht zwetjährigen Kampfe durch die Siege von eben am 4. Juni 
1745, bei Sorr am 30. September, bei Henneöborf am 23. November über 
die Defterreicher u. bei Keſſelsdorf am 15. December über die Sachſen, die Feinde 
zum Srieden, der am 25, December 1745 au Dresden geichloffen wurde und 
der Hauptſache nach die Send tigung des Breslauer Friedens enthielt (flehe 
ſchle 9 he Kriege). Die vieljährige Ruhe, welche nach dem zweiten 
ſchleſtſchen Kriege eintrat, benüpte F. mit unermüdeter Thätigkeit einerfeits zur 
Hebung der Berwaltung u. des Wohlftandes, indem er, überall mit eigenen Au⸗ 
gen fehend, die Beamten genau controllitte, die Rechtöpflege verbeflerte durch den 
ausgezeichneten Juriſten Cocceji ließ er das Corpus Juris Fridericiani entiwerfen, 
auf welchen Grund fpäter ein neues Geſetzbuch unter dem Ramen des preußiſchen 
Landrechts —— wurde, welches jedoch erſt nach dem Tode F.s im Jahre 
1794 zur Verkündigung fertig wurde), den Handel durch Anlage von Kanälen 
die Induftrie durch Errichtung u. Unterflügung von Fabriken, den Aderbau dur 

Urbarm ung unfruchtbarer Streden (namentlich des großen Oderbruches mit 
280 neuen Dörfern) beförberte, anderfeits, in richtiger Würbigung der politifchen 
Berhältniffe, zur Vergrößerung u. Ausbildung feiner Armee, die er auf 160,000 
Mann brachte. Dabei ließ er in feinem früheren Eifer für Wiffenfchaft u. Kunſt 
nicht nach; Berlin u. Potsdam wurden durch große Bauten verfchönert; er ſelbſt 
ſchrieb in dieſer Zeit die M&moires pour servir à l’histoire de Brandenbourg 
(2 Bde., Berlin 1751), das Gedicht L’art de la guerre, und mehres Andere; 
Maupertuld wurde zum Präftventen der neu umgefchaffenen Akademie ernannt; 
Boltatre, mit dem er ſchon einige Male perfönlich zufammengefommen war, Ließ 
fi) durch große Opfer endlich bleibend an den Berliner Hof ziehen. Hier aber 
wurbe dem Könige die bitterfle Enttäufchung bereitet, indem der vergötterte Phi⸗ 
loſoph fi) dem Könige, je länger deſto mehr, in der ganzen Niedrigkeit feines 
elenden Charakters enthülte. Für die erfahrenen gerechten Kränkungen fuchte 
fi) der elende Menſch durch Die Herausgabe feines Privatlebens F.s IU., fo wie 
durch die unbefugte Herausgabe eines Bandes von Gedichten, deren Wanufeript 
er dem Könige entwendet hatte, zu rächen. — In feinem Privatleben bielt ber 
König die firengfte Ordnung ein; fein Lieblingsaufenthalt war das von Knobels- 
dorf erbaute Luſtſchloß Sansfouci bei Potsdam. — Unterdeflen hatte fidy die po⸗ 
Iittfche Lage Europa's bedeutend geändert. Oeſterreich u. Rußland, eiferfüchtig 
auf das gewaltige Emporftreben Preußens, verbanden ſich insgeheim mit Sach⸗ 
fen zur Untervrüdung deffelben; England, welches mit Frankreich in einen See 
krieg verwidelt war, fuchte Dagegen eine Verbindung mit Preußen, wodurch hin 
wiederum Frankreich fich Defterreich näherte. %., dem von Sachfen aus die 
Projekte der Verbündeten verratben wurden, beſchloß, auch dieſes Mal den Fein, 
den zuvor zu kommen. Durch einen Einbruch in Sachſen, 24. Auguft 1756, be 
gann er den dritten fchlefifchen oder ftebenjährigen Krieg (|. d.). Diefer 
Krieg zeigte den König in der ganzen Größe feines Feldherrntalentes, feines uns 
gebrochenen Muthes, feines unerichöpflichen Genies. Hatte er es früher mit dem 
von allen Seiten bedrängten Defterreidh allein zu thun gehabt, fo ſtanden jept 
Defterreih, das Reich, Yranfreih, Rußland und Schweden vereint gegen ihn, 
der von England feine bedeutende Hülfe zu erwarten hatte; hatten früher einige 
Siege den Kampf entfchlenen, fo mußte er jet ein langes, wechjelvolles Syke 
des Schickſals beftehen, in dem fein Muth oft durch die härteften Niederlagen, 
durch die troftlofetten Ausflchten geprüft wurde, Der Krieg endete nach fechzehn 
Hauptfähladhten, von denen neun fiegreicdh für F. waren, bei der gänzlidhen Er- 
mattung aller Krieg führenden Theile, durch den Hubertusburger Frieden mit 
Deferteih u. Sachſen 1763 15. Februar, u. den Pariſer Frieden mit Frankreich, 


Friebrich. 419 


1763 10, Februar: ein Friede, der zwar Miles auf den Stand vor dem Kriege 
zurüdflellte, aber dennoch durch den nun ganz ficher geftellten Beſitz Schleftens, 
durch den erlangten Ruhm und feine moralifdhe Bedeutung nicht minder wichtig . 
für Preußen u. glorreih für F. war. Preußen nahm von jetzt an den unbeftrit- 
tenen Rang unter ben Hauptmädhten von Europa ein. Aber das Land hatte 
durdy die übermäßigen Anfttengungen, fo wie durch die Berheerungen der Ruffen 
im DOften u. die Brandfchagungen der Franzofen im Weften, furchtbar gelitten; 
troß der angeftrengteften Bemühungen des Königs konnte es nur langfam fich 
erholen. Das Kom, das für den folgenden Feldzug in den Magazinen aufges 
fpeichert war, u. die überflüffigen Pferde wurden unter bie bedürftigften Lanbleute 
vertheilt, eine Summe von 2,339,000 Thalern den Provinzen zur Dedung ihrer 
im Kriege gemachten Schulden überwiefen, der Provinz Schleften auf 6 Monate, 
Pommern u. Reumark auf 2 Jahre die Steuern erlafien, in biefen beiden Bros 
vinzen allein 14,500 Häufer neu aufgebaut. Im Ganzen hat der König vom 
Jahre 1763—86 die Summe von 24,399,838 Thalern unter die Provinzen vers 
theilt, u. zwar nidyt aus der Gtaatsfafle, fondern aus feinen Brivaterfparnifien. 
Die früher fchon angefangenen Unternehmungen zur Hebung des Wderbaues, der 
Induſtrie u. des Handeld wurden in gröferem Maßſtabe fortgefept, namentlich 
zu Rugen des Iehteren in Berlin eine Bank errichtet, in die der König 8,000,000 
Thlr. legte. Gleichzeitig mit diefen Bemühungen, die vom Kriege gefchlagenen 
Wunden zu heilen, betrieb der König mit dem größten Gifer die nzung und 
Eimübung feiner Armee, die bald wieder auf 160,000 Mann gebradht war, um 
jedem neuen Berfuche der Feinde fofort die Spige bieten zu Fönnen. Den Ofs 
fülerftand ergänzte er rein aus dem Adel, den er überhaupt in jeder Weiſe zu 
heben fuchte, u. für den er in den Provinzen Schlefien, ‘Bommern u. den Mars 
fen ein Creditſyſtem errichtete, nach welchem jeder Rittergutöbefiger auf fein Grund⸗ 
Küd, unter Bürgfchaft der übrigen, bis zu einer beftimmten Höhe des Werthes Gelder 
aufnehmen kann. Bei allen bieten Ausgaben zum Wohle des Landes war dennoch der 
Schazß bald wieder gefüllt. Dieſen Ueberfluß an Geld verdankte jedoch der König nicht 
allein feiner Sparſamkeit, fondern zum großen Theile auch einer neuen, ganz nady 
franzöfifdyem Fuß eingerichteten Zolladminiftration, gewöhnlich „Regie genannt, 
bie den Untertanen um fo drüdender u. verhaßter war, als fie ganz aus Frans 
zofen aufammengefegt war. Auch im Handel und in der Induſtrie erhob fi F. 
nicht über die Anfichten feiner Zeit, welche von Abiperrung u. Monopolen alles 
Heil erwarteten. Für das Unterrichtöwefen that F. weniger, doch fprady er durch 
Einführung des Schulzwanges ſchon den Grundſaz einer, über alle Glaffen des . 
Volks fid) erfiredenden Schulbildung aus, von der er jedoch ganz unklare Bors 
ftellungen hatte. — %. fand noch mehrfache Gelegenheit, die Stellung, welche er 
feinem Reiche unter den europätichen Mächten gegeben hatte, geltend zu machen, 
obwohl dieß nicht immer auf eine i viligenoe Welle geſchah. Im Ganzen ging 
feine Bolttif dahin, dem öſterreichiſchen Einfluffe entgegen zu wirken. Er ſchloß 
fidy) deßhalb durch einen gegenfeitigen Schußvertrag (11. Auguft 1772) eng an 
Rußland an, was eine Untertügun der Wahl des Günftlingd Katharina’s, des 
Stanislaus Poniatowoky, zum Könige von Polen, fo wie der gedrüdten Diſſiden⸗ 
ten im Intereſſe Ruplands zur Folge hatte (die Diffidenten — nicht- unirte 
Griechen u. Proteftanten, hatten früher in Polen gleiche Rechte mit den Kathos 
lifen genofien, diefelben aber in Folge ihrer antinationalen Intriguen verloren). 
Die erfte Thellung Polens, wodurd Preußen das von dem deutfchen Orden im 
Thorner Frieden abgetretene ‘Bolnifcy- Preußen (Weftpreußen), mit Ausnahme von 
Danzig u. Thorn, einen Theil von Großpolen (den Regediftrift) u. das Bisthum 
Ermeland befam, fommt großentheils auf 5.8 Rechnung, defien Bruder Heinrich 
in Betersburg den erften Anfchlag gemacı hat; u. die ungerechte Art der Aus⸗ 
führung war nicht geeignet, die Ungerechtigkeit des Erwerbes zu mildern. In 
Deutfchland wirkte F. den Uebergriffen Deterreiche unter Joſeph IL entſchieden 
un» Träftig entgegen, fowohl durch fein entſchiedenes Auftreten für die Integrität 


480 Friedrich. 


Bayerns (f. bayeriſcher Erbfolgekrieg, als durch die Gründung des Fürſten⸗ 
bundes (ſ. d.). — F. ſtarb zu Sansſouci am 17. Auguſt 1786 an der Waſſer⸗ 
ſucht, die er unheilbar gemacht hatte, weil er auch in der Krankheit den gemöhn- 
ten Genuß allzu leder und Fünftlich zubereiteter Speifen fidy nicht hatte verfagen 
wollen. Seine Thaͤtigkeit hatte er bis faſt unmittelbar vor feinem Tode bewahrt; 
nicht fo die Heiterkeit feines Gemüthes; er wurde vielmehr, befonders nachdem 
feine alten Vertrauten einer nach dem andern ihm von der Seite genommen 
waren, mit jedem Tage unzugänglicher, mißtrauifcher, ja menfchenfeindlicher. Der 
Mangel an Bemüth und an Innigfelt in feinem Charakter, der durch die gäny 
liche Entfremdung vom Yamilienleben noch gefleigert war, trat naturgemäß defto 
mehr hervor, je mehr die Kraft feines glänzenden u. alles Gewöhnliche überberr- 
ſchenden Genies erlahmte. Sehen wir ab von diefem mehr Innerlichen, u. halten 
wir und mehr vorzüglidy an der äußeren Erfcyeinung, die vorzüglich der gefchicht- 
lichen Beurtheilung angehört, fo verdient ohne Zweifel Preußens F. durch die 
Bereinigung der Feldherrn⸗ u. Regentengröße mit dem regen Sinne für Wiſſen⸗ 
fchaft u. Kunft den Namen des Einzigen, den feine Zeit ihm beigelegt Bat; we: 
nigftens find aus allen Jahrhunderten nur wenige Männer aufzuweiſen, bei denen 
eine folche Vereinigung in ſolchem Maße flattgefunden hätte. Sr hinterließ feinem 
Rachfelaer ein um 1325 [_J Meilen vergrößertes, mit einem Schate von 70 Mil. 
u. einer Armee von 200,000 Mann ausgerüftetes, durch Bevölkerung, Gewerb⸗ 
fe ‚ Wohlſtand u. wiſſenſchaftliche Bildung blühendes Reich, welches durch feine 
ußere u. innere Bedeutung eine entſchiedene Stelle unter den Großmächten Eu- 
ropa's einnahm. Uebrigens erhob auch F. ſich nicht über den Geift feines Zeit 
alters; es war dad damals herrfchende abfolute Renierungöfpfem, welches in ihm 
in der vollendeten Form fid) ausprägte; was er wirkte, dad wirkte er durch ſich, 
durch jeine eigene Thätigfeit, fein eigenes Gente; er felbft war die Alles treibende 
Kraft in der großen Mafchine des Staates; das Gute und Große war, daß er 
fi) dabei nur ale den erften Diener des Staates betrachtete; Das Schlimme, 
daß, wenn diefe Kraft erloſch, nur ein äußerer, todter Mechanismus übrig blieb; 
einen lebendigen Organismus im Staatöleben zu gründen, das war nicht feine 
Idee und feine Sache; der Beamten- und Milttärftann waren die Stügen feiner 
Maximen, gegen den aufftrebenden Bürgerfland hatte er eine inftinktartige Abnei: 
gung; dazu wurde er durch feine politifche Stellung darauf hingewiefen, einen ge- 
füllten Schatz u. ein immer fchlagfertiged Heer als die eigentlichen Hebel feines 
europätfchen Einfluffes zu betrachten. — Seine traurige Gingenommenheit für die 
franzöflfche Literatur und, man Fann fagen, faft fflavifche Abhängigkeit von Bol: 
taire (ſelbſt nach jenen bitteren Erfahrungen in dem perfönlichen Umgange mit 
Boltaire fonnte er nicht umhin, fpäter die Gorrefpondenz wieder anzufnüpfen u. 
bis zu Voltaire's Tode fortzufegen) mag in der Erziehung und ven Berhältnifien 
eine Entfchuldigung finden; dann muß man aber dabei ‘auch nicht vergeffen, daß 
er durch feine Waffenthaten, namentlid den Yranzofen gegenüber, dem deutfchen 
Namen hohe Ehre erworben hat. Seine Sorge für Aufrechthaltung der deutſchen 
Reiheverfaflung war freilidy nur ein Vorwand gegen Oefterreich; jedoch wäre es 
unrecht, die völlige Zertheilung Deutſchlands, die er allerdings ausgewirkt hat, 
ihm allein zur Laſt zu legen. Seine religiöfe Toleranz (bekanntlich fchügte er die 
überall verfolgten Sefutten in feinen Etaaten wegen ihres vortrefflichen Unter: 
richte; auch wurde unter ihm die katholiſche Kirche in Berlin erbaut) und feine 
Nichteinmifhung in die Gewifiendangelegenheiten feiner Untertbanen („In meinen 
Staaten kann jeder nach feiner Façon ietig werden”) würde unbedingte Anerfen- 
nung verdienen, wenn er nicht dabet eine Verachtung und Verfpottung der hrift: 
lichen u. aller pofitiven Religion gar zu offen zur Schau getragen hätte. Jedoch 
tft man nicht beredytigt, anzunehmen, daß er den Glauben an Gott ganz verloren 
hätte, u. in der fpäteren Zeit nahm er ſich wenigſtens der chriftlichen Moral ge- 
gen die Angriffe des WMatertaliften Solad mit Eifer u. Wärme an. — Seine 
dinterlaffenen Schriften beziehen fi auf Geſchichte, Staatswifienfchaft, Kriegs⸗ 


" v 
“ 


dricheich 5 


sifenföaf, Philoſophie und Literatur. Sie find enthalten in folgenden Samm⸗ 
ker = Oeuvres publ. du vivant de l’auteur (4 Bände, Berl, 1789); Oeuvres 
—— de F. (15 Bde., Berl. 1788 und zwei Supplementbände 1789), voll: 
iger u, Eritifcher in den Ouvres completes (20 Bde, Hamb. u. Leipz. 1790 
u. 24 Bde., Potsdam 1805). — Ins Deutfche find fie mehremale überfeht, fo 
vom Biefter, Zöllner, Sander. — Die Oeuvres historiques de F. le Grand — 
1830) enthalten die Mömoires pour servir & Fhistoire de Brandenbourg, d 
Histoire de mon temps; die Histoire de la'guerre de sept ans, die M&moires 
depuis la paix de Hubertsbourg 1763 jusque & la fin du partage de la Po- 
eu, die Mömoires de la guerre de 1778. Eine Pradytausgabe läßt gen 
op der König von Preußen durdy die Berliner Akademie veranftalten. 
iber &.. © Dobm, Denkwürdigfeiten meiner Zeit (Lemgo 1814—19), Kolb, das 
ken 8. de6 Elngigen (Speyer u. 2p}. 1828), Pagenel, Histoire de F. le Grand 
Bar. 1830), Dorer, of F. the second (Xond, 1832, 2. ey dr Foren, 
eben u. Thaten 5. d. (Mei. 1842, 2. Aufl), Preuß, 8. d. I Bde, 
Berl. 1834. F,M. —5) 5 ‚Wilhelmil, König von — et 41744, 
Hin Sohn Aug. Wilhelms, Prinzen von Preußen, Bruders Königs F.s I. As 
Knabe zeichnete er fich durch Aumuth, körperliche Schönheit und gefättige Mas 
nieren vortheilhaft aus, wurde zum Krieger gebilvet, vermählte ſich 1765 
um -erfien und 1769 zum zweiten di bewies 1778 im bayerifchen Erbfolge 
Iiege feinen Heldenmuth und die ihm eigene perfönliche Unerſchrocenheit, und ger 
langte in Auguft 1786 nach 8.8 Il. Tode auf den Thron. Seine Beglerung, die 
ter der wor! Bthergehenden weit zurüdblieb, wurde gleichwohl durch die Zeitum- 
de begünftigt. Die Fürftenthümer Bayreuth und Ansbach wurden mit den 
ändern der Rurlinie vereinigt und ein großer Theil von Polen erworben. Aber 
bei dem fühlbaren Mangel an Beftigkeit verrathenden Mafregeln behauptete fie 
nicht mit der vorigen gleiches Anſehen in den Cabineten der europäiſchen Staa- 
ten, und ber nel, den fie in dem Kriege gegen Frankreich nahm, trug nicht 
wenig dazu bei, die Verwirrung des vorher fo vortrefflichen Finanzzuſtandes zu 
vermehren. Diefer Krieg wurde durch den Bafeler Frieden 1795 geendigt. Auf 
das Innere I Landes richtete der König ftets ein wachjames Auge, und nach 
feiner natürlichen Gutmüthigfeit beförberte er das Wohl der Unterthanen, fo viel 
re fonnte. Aber oft- wurde er von eigenmüßlgen Rathgebern irre geführt, ıt. ver⸗ 
hiedene feiner Regierungsverorpnungen geretchten nicht zum Glücke feines Landes. Bes 
mr machte feine Bedhränfung der Religions- u. Glaubendfreiheit durch das Re⸗ 
igtonsebitt 1798 viel Senfation. Zu demjenigen, worin er von feinem großen Vor⸗ 
singe abwich, gehört auch der Mangel einer ftrengen Beobachtung ver Sparfamfeit in 
taatsausgaben. Er wen den 16, November 1797, und ihm folgte fein Sohn 
. Wilhelm ©. 3. ®. 9. Kosmann, Leben und Thaten F. Wilhelms 11. 
(Berlin 1798). — 6) $. Wilhelm HL, König von Preußen 17 71840, ältes 
Rer Sohn F. Wilhelms II. und der Prinzeffin Loniſe von Hefien-Darmftadt, ward 
— 1770 geboren. Seine Bildung erhielt er zum durch 5. Il., feinen 
Broßoheim, der auf ihn große Hoffnungen ſetzte. Als Kronprinz begleitete er 
Prag zu Bhlomatiihen —— mgen nad) Dresden und auf dem Feld⸗ 
von Mr nad) Frankreich, bei weh, jer Gelegenheit er mehrfache Proben 
RT ches gab. Im Jahre 1793 vermählte er ſich mit der le m Prin⸗ 
veffin die von Medienburg-Gtrelig, mit der er bis zum Jahre 1810 in einer 
plädktchen Ehe de und die ihm in den Zeiten Harter Prüf wie ein ſchůten⸗ 
ver Engel zur Seite fand. Am 16. Rov. 1797 folgte 8. Im feinem Vater 
uf dem Feng Je größer der Drud war, mit dem in mannigfacher Beziehung 
Regierung des unfelbftfländigen und namentlich in den leten Jahren von 
unwürbigen Öünflingen m mißbrauchten F. Wilhelm II. auf dem Volle laſtete, deſto 
— Bar die a nungen, die man -auf die Thron eſteigung eines Königes 
jehung kt den en 8. erhalten hatte, Und der neue 
Da Ba ai mac Kräften zu afllen rürıten De 


——— 


> 

Günftlinge ber vorigen Regierung wurden entfernt, das verhaßte Religionsebikt, durch 
weiches die Prebiger durch Zwangsmaßregeln zur genauen Feſthaltung ver alten 
reformirten Glaubensnormen alter turden, abgefchafftz das drüdenve Gens 
furreglement durch ein neued und zwedmäßigeres erjegt, vie Eabinetsorbrem nicht 
mehr nach Wilfür ausgegeben, fondern im denfelben fogar die rechtlichen Gründe 
des Verfahrens entwidelt, endlich eine weife Eyarfamteit, ftatt der früheren Ber» 
fdhwendung, eingeführt, Weniger ehrenvoil erſcheint die politifche Stellung, bie 
Preußen damals einzunehmen begann. Durdy den Separatfrieven von el 

(17. Mat 1795) verlor es nicht allein vorläufig feine Befigungen am linken 
ufer (wofür ihm in einer geheimen Stipulation das fäcularifirte Fürſtbiothum 
Münfter zugefichert wurde) fondern es verfegte auch fich felbft u. das ganze nörds 
liche Deutfchland innerhalb einer, vom Niederrheine nach Schlefien gezogenen, Des 
marfationslinie in den Zuftand der Neutralität, fo fern nämlich die ndidlich von 
berfelben liegenden Staaten fich Innerhalb. drei Monaten an Preußen anfchließen 
würden, was mit Ausnahme Sachfens alle thaten. Durch den Läneviller grleden 
wurde Frankreich in dem Befipe des linfen Nheinufers beftätigt, Preußen aber für 
feine bort verlorenen Befigungen nach dem Reicheveputationshauptfchluße (1803) 

durch eine Anzahl fäculartfirter geiftlicher Herrfchaften, unter denen das 
ſtift Münfter die bedeutendfte war, entfchädiget, wödurch es gegen 180 [J len 
mit 400,000 Einwohnern gewann. Auch bei der dritten Coalition Defterreiche, 
Rußlands und Englands (1805) verharrte Preußen in feiner, feit dem Bafeler 
Srieden angenommenen, neutralen Stellung, und wenn auch die verfönliche Uns 
wefenheit des Kaifers Alexander in Berlin, verbunden mit einer Gebietöverlegung 
in Franken, den König in Etwas umftimmte, fo brachte doch der fünf Tage vor 
der Schlacht von Aufterlig durch den Grafen Haugwih, freilich einenmächtig und 

vorellig, abgefchloffene Wiener Bertrag Alles wieder auf den alten Fuß, ja, 
Ben nahm fogar für Kleve und Neufchatel u. das zu Gunften Bayerns abgetres 
tene Ansbach das, von Napoleon willkürlich verfchenfte, Königreich Hannover an. 
Wenn Napoleon dabei die Nebenabftchten Hatte, Preußen mit England zu verfetnden, 
B elang ihm auch diefes; jedoch wurden die entftandenen Zwiftigfeiten ſchon 
Foigenben Sabre wieder beigelegt. Preußen allein fand auf dem Feſtiande 
jet noch mit ungebrochener Macht Rapoleon oegemüber, u. die preußifhe Armee 
glänzte noch in dem Ruhme der Siege 5.6. Ratürlid) waren jegt Napoleons 
Abfichten zunächk gegen Preußen gerichtet; ein Buͤndniß des Katfers mit Ruß⸗ 
land u. England, Ahle die Errichtung des Rheinbundes, ſchienen deutlich genug 
feine Abfichien zu verrathen. Preußen ruͤſtete ſich mit großem Selbfivertrauen 
jm Kriege, zu dem Grund genug vorhanden u. bald Beranlaffung gefunden war, 
ber die Niederlage von Jena u. Auerftäpt (1806), die ſchmaͤhliche Uebergabe ber 
Feſtungen, die beiſpiellos fchnele Eroberung des garen Landes bis an die Elbe, 
waren eine bittere Enttäufchung und gaben herbe, aber heilfame Kehren. Der 
König benahm ſich in diefer harten Prüfung würdig; ungebrochenen Muthes 309 
er ſich in feine öflichen Provinzen zurüd, frafte mit Strenge bie Pflichtver- 
jenen u. ſetzte, mit Rußland verbunden, den Krieg fort, bis ihn die Schlachten 
Eylau und Friedland zu dem Frieden von Tifit (9. Juli 1807) nöthigten, 
weldyer ihm die ganze weltliche Hälfte feines Reiches bis zur Elbe, dann bie 
früer zu Polen gehörenden Provinzen größtentheils enttiß (jelbft Rußland nahm 
einen Theil von diefen aus Napoleons Händen) u. Preußen den drüdenften Eins 
fehränfungen, die faR feine politiſche Bedeutung vernichteten, unterwarf. Noch 
irankender faft, als ber Friede felbh, war für ben König der Uebermuth, mit dem 
er von Rapoleon gegeben wurde, und mit dem die Franzoſen auch in den nicht 
abgetretenen Provinzen fchalteten. Erft im Jahre 1809 Fonnte der König nach 
Berlin zurüdtehren. F, Wilhelm trug diefes herbe Geſchid als ein Chriſt, mit 
Etgebung in den göttlichen Willen u. ungebeugtem Duthe. In einem väterlichen 
Schreiben nahm er Abſchied von feinen, in den abgetretenen Landestheilen wohs 

ben ihı Mebenen 


nenben Unterthanen; m gebl ober \ungte. Vos Reorqeniſation 


Friebrich. 2 
:e6 u. ber bürgerlichen Berhältniffe, unterftügt von dem General Scharns 
:n Miniſtern Stein u. Hardenberg, ein neues Leben einzuhaucdhen u. fo 
der Stille eine neue Kraft in feinem gefchwächten Staate zu erwecken, 
Napoleon Feine Ahnung hatte. Die ne der Armee, welche 
arnhorft mit eben fo viel Einficht, als Thätigfeit geleitet wurde, beftand 
b tm der gänglichen Aufhebung des Werbefyftems und ber Borrechte des 
af den Offiziersftand, dann in mannigfacher Berbefferung in der Beflet- 
kwaffnung u. Ginübung. Hiemit gingen Hand in Hand die Reorgant- 
x bürgerlichen Berhättniffe, welche eine Milderung oder gänzliche Auf⸗ 
ver drüdenden Adelövorrechte, eine Hebung des Bauernftandes umd des 
Innes der Städtebewohner erzielten; die Erbunterihänigfeit wurde aufge 
Bewerbefreiheit eingeführt, eine neue Stävteordnung gegeben. Diefe 
ungen, die aber freilic) auch wieder ihre —— Mängel hatten, 
vorgenommen auf dem Orumde des preußifchen Landrechts, deſſen Der 
sen bisher nur ſeht einfeitig zur Ausführung gefommen waren; fie waren 
E des Minifters Stein. Hs Stein felbft, weil er als Mitglied des 
ger Tugendbundes, der zum Theile fehr eraltirte Grundfäge predigte, 
nerkfamfeit Napoleons allzujehr erregte und feine Entlafjung nehmen u. 
ußte, wurde es in demſelben Geifte, nur etwas ruhiger und — 
denburg fortgeſetzt. Auch für den Unterricht — in dieſer Zeit des 
verhättnigmäptg viel; namentlich wurde die Univerfität zu Berlin (1809) 
» Berlegung der Frankfurter, die zit Breslau (1810) gerännet Für den 
loß eine reichliche Duelle in der Veräußerung der Domänen und dem, 
atiſtiſch nie zu rechifertigenven, Säfularifiren u. Verkaufen der geiftlichen 
So ward in Preußen in den Jahren 1807—1812 im Stillen der Keim 
neuen Kraft gelegt, die ſich bald zu bewähren Gelegenheit befommen 
18 fi Napoleon im Jahre 1812 gegen Rußland rüflete, mußte der 
ch freilich zu einem Bündniffe mit ihm bequemen, Fraft defien er 30,000 
ar franzöflichen Armee ftellte; welche unter York einen Theil des linken 
der zur Eroberung von Liefland beftiimmt war, ausmachten; fie waren 
t, die bei dem Küdzuge der Franzofen von Napoleon ſich losfagten. 
delle Misbiligung diefer eigenmächtigen That ded General York war 
Demüthigung, welcher ſich der König unterziehen mußte. Es folgen die 
m Zeiten der Befreiungäfriege, in welchen Vreußen, in der edlen Begets 
Men andern vorangehend, wieder gut machte, was es durch feine Iſo⸗ 
n den Revolutiondfriegen gefehlt hatte, F. Wilhelm, ver durch feinen 
en Aufruf von Breslau aus (3. Februar 1813) den erften Anſtoß zur 
Gehebung Preußens und Deutfchlands gegeben hatte, nahm an dem 
er Greigniffe u. an den Helventhaten feiner Armee den Iebhafteften, oft 
yon Antheil (fo bei Kulm, den 30. Auguſt 1813, bei Foͤre⸗Champenoiſe 
1814; fo als er nach den Unfällen der Berbündeten Im Ser. 1814 durch feine 
einen weitern Rüdzug hinderte u, die Feldherrn zum muthigen Vorbringen 
18 _beflimmte), und gieichwie er tm Unglüde auf Gott vertraut hatte, 
Heß er nicht, jegt im Glüde ihm die Ehre zu geben. — Der König hieli 
Kaiſer Alerander einen feierlichen Einzug in Paris, reiste nach Ab⸗ 
:8 Friedens mit demfelben über London in feine Hauptſtadt zuräd, wo 
» Auguft feierlich eingc u. dann nad) Wien zum Gemarefi Ing, der 
auch ihm den alten Befig feiner Länder beflätigte. Die — wo⸗ 
m Elba rief den König noch einmal in den Krieg, der durch die Schlacht 
erloo 18. Januar 1815 eben ſo ſchnell, als glorreicdh entſchieden wurde, 
elm zog zum zweiten Male fieg in Paris ein u, kehrte am 19. Det, 
tlin zurüd. — Aus der folgenden Regierung F. Wilhelins II, die nach 
n oben bezeichneten Grundfägen in friedlicher Weiſe u. zum Wohle feiner 
nen (wir weiſen befonders hin auf die Gründung des Zollvereind, wo⸗ 
a Handel ein neuer uffchwung gegeben womde) , rn —B 


a4 Friedrich, 
Vorliebe für das Mititär, fortgeführt wurde, heben wir zur befferen Ueberficht fol 
gende drei Punkte hervor: die äußere u, innere Polttif, das Unterrichts u. Bil⸗ 
dungawefen, die religiöfen Angelegenheiten, Die heilige Allianz, welche auf fchö- 
nere Weiſe, als im Mittelalter, die Idee der Vereinigung aller hriftlichen Völker 
zu einem Bruderbunde verwirklichen zu wollen ſchien, erfüllte dieſe Erwartungen 
Teineswegs, u. gab ſich immer mehr als einen Bund zur Aufrechthaltung fireng 
abfolutifttfcher Regierungsformen zu erkennen; in dieſem Sinne wirkte der König 
= auf bie Gau Bundesverfammlung ein; in dieſem Sinne ſchloß er ſich, 
aud) nachdem der heilige Bund durch den Tod Aleranders aufgelöst war, im⸗ 
mer enger an Rufland, dem er durch feine bewaffnete Neutralität bei der Inſur⸗ 
rection der Polen (1830) die wefentlichften Dienfte leiſtete. Mehr zur eigenen 
Sicherheit geſchah die Aufftellung eines Obferwationscorps an der belgiichen 
®ränze bei Gelegenheit der legten franzöflfchen u. der beigifchen Revolution. — 
Die am 22. Mat 1815 der Nation verfprochene Berfafjungsurfunde mit zeitge- 
mäßer Bolfsrepräfentation trat vieleicht wegen der, in ztemlicher Verbreitung in 
Deutſchland auftauchenden, demagogtfchen Umtriebe nicht ins Leben; doch wurde 
durch die am 5. Juni 1823 angeordneten Provinziallandftände vorläufig den Pros 
vinzen ein Organ gegeben, ihre Wünfche an den Thron zu bringen; das weitere 
wurde der Zukunft vorbehalten, — Für Wiffenfhaft u. Schulen gefchah in die⸗ 
fem Zeitraume in Preußen mehr, als in irgend einem andern Lande; eine Reihe 
der ausgezeichnetften Namen zierten die preußifchen Untverfitäten, deren Anzahl 
durch die 1818 zu Bonn errichtete vermehrt wurde, u. die Fortbildung des nie⸗ 
dern Schulwefens wurde mit raftlofem Eifer betrieben.» Aber unbewußt u. unerz 
Fannt vom Könige, der dem pofltivem Chriftenthume aufrichtig ergeben war, bil- 
dete ſich von oben herab in der Schule ein Geiſt aus, der das dortbeſtehen des 
pofitiven Chriſtenthums innerhalb des deutfchen Proteftantismus, als deſſen Vor- 
Tämpfer längft der preußtiche Staat daftand, gründlich gefährdete, Hegel, feit 
1818 an die Univerfität Berlin berufen, gab durch feine Philoſophie der foge- 
nannten rattonaliftiichen Richtung im deutfchen SProteftantismus ihren eigentli- 
hen Haltpunkt u, wirkte in immer weiteren Kreifen dem pofitiven Ehriftenihume 
feindlich entgegen, Nicht minder machte fih aud) in dem BVolfsfchulwefen , wel- 
ches von der Kirche ganz losgetrennt wurde, ein meuerungsfüchtiger u. aufgebla- 
fener Geift bemerkbar, der mit der beabfichtigten Verbefferung auch die Verach⸗ 
tung alles Alten u. felbft der pofitiven Religion beförderte. Sicht minder wurde 
der König auch im religiöfen Gebiete durch das, mas er in guter Meinung für 
die Religton that, die unmillfürliche Veranlaffung zu Entwidelungen, deren Fol 
gen fich jept noch nicht abfehen laffen. Die, im proteftantifchen Deutfchland allge 
mein mit großem Gifer, aber, audy mit großer Rüdfichtslofigfeit gegen Die Ka- 
tholifen begangene, dreihundertjährige Jubelfeier der Reformation (1817) hatte 
namentlidy in dem Könige ven fehnlichen Wunſch nady einer Wiedervereintgung 
der beiden alten proteftantifchen Hauptparteien, der Lutheraner und Reformirten, 
angeregt, Aus diefem Beftreben ging die fogenannte evangelifcye Kirche hervor, 
deren Wefen in einer gefeplich ausgefprochenen Bereinigung jener beiden Haupt: 
partelen, ohne daß in der wefentlichften Differenz wegen der Abendmahislehre 
eine Einigung ftattgefunden hätte, befteht. Auf den Grund diefer Vereintgung 
wurde die neue Agende (f. d.) entworfen, die nicht ohne Anwendung von Zwangs⸗ 
maßregeln allgemein eingeführt wurde. — Bon diefer Zeit an griff der Ratlonalis- 
mus u. der Unglaube im Proteftantismns immer rafcher um fi. — Als aber 
der König durch die Geſetzgebung über Kindererziehung in gemifchten Ehen auch 
in die ferneren Angelegenheiten der katholiſchen Kirche, die durch die Bulle de sa- 
lute anımarum vom Jahre 1821 eine im Ganzen befriedigende Stellung in Preußen 
befommen hatte, eingriff u. den Erzbiſchof Clemens Auguf von Köln, ber fi) 
Randhaft ſolchen Eingriffen wiederſehte, gewaltfamer Weiſe von feinem Eige ents 
fernen und nady Minden in bie er bringen ließ, wurbe er in einen 
Kampf mit der latholiſchen Kirche werwidelt, vefen Ex x wicht mehr qu erle⸗ 


. driedrich. aoh 
3 beſtimmt war (f. Clemens Auguſt, Erzbifchof von Köln und Kölner 
irren). Der König farb am 7. Juni 1840, nachdem er ſich im Jahre 1824 
m zweiten Male mit der Gräfin Augufte von Baradı (Fürftin von Liegntg) 
einer morganatifchen (Ehe verbunden hatte, mit Hinterlafiung von 3 Töchtern 
4 Söhnen, von denen der Altefle als %. Wilhelm IV. nady ihm den Thron 
Veg. Vergl. Befonbers über den perfönlichen Charakter F. Wilhelms II, Cha⸗ 
!terzüge u. hiſtor Ib: Bragmente aus dem Leben des Königs von Preußen von 
let (Bb. 1u. 2, Berlin 1842—46). F, M. — D 8. Wilhelm IV., König von 
eußen pet 1840, Sohn des Borigen u. der Königin Louife (f. d.), geb. den 
. October 1795, entfaltete feine trefflichen Anlagen unter der forgfältigen 
lege feiner Mutter u. unter der Leitung u, dem Unterricht von Männern wie 
lbrüd, Ancillon, Scharnhorft, Knefenbet, Savigny, Ritter, Lancizolle, Schinfel u. 
wuch, zu denen er auch fiets in den freundfchaftlichften Beziehungen blieb, Die 
eilnahme an ben Feldzügen von 1813 u, 1814 kann als die Vollendung feiner 
nziehung betrachtet werben. Er wurbe ſchon frühe zur Theilnahme an den 
jaategeichäften gezogen, u. erwarb fi als Militärgouverneur von Pommern 
: allg. je Liebe feiner Untergebenen. Sein Kunftfinn, geläutert durch Reifen 
& Stalin u. Paris, bewährte fich durch mehre von ihm ausgeführte Bauten 
andere Kunftfchöpfungen. Bei feiner Thronbefteigung (7. Junh) erfolgte eine 
eilweiſe Amneftie für politifcher Verbrechen wegen Verurtbeilte, u. bald gab ſich 
ab, daß ber neue König einen ziemlich eigenthlmlichen Weg einzufchlagen beab⸗ 
htige. Künfler, Gelehrte und Dichter, befonders ſolche, die ald Vertreter des 
tbeutfchen end gelten, wurben in feine Nähe gezogen. Der Adel erfreute 
b mehrfacher Begünftigungen, beſonders wurde die —— * Majoraten 
n Oben herab unterflügt. Im kirchlichet Beziehung hat F. Wilhelm IV. viele 
ünden der vorangegangenen Regierung wieder gut gemacht, was an den bes“ 
‚ffenden Orten Ä d. Art, Preußen und Kirche) ausführlich erörtert wird; 
8 Geltenwefen wird, — foweit biefes in einem, vorzugsweiſe proteftantifchen, 
taate möglidy — gehörig überwacht u, dem Brülfen u, Schreien der Firchlichen 
evolutionärs Ginhalt geihan. Der, bei der Huldigung zu Königsberg wieder 
ftauchende, Wunſch um Gewährung der längft zugefagten Bolfsrepräfentation 
ırde damald zwar abgewiefen, u. man befahränfte fi vor der Hand bloß auf 
mueiterung, ber ſtaͤndiſchen Verfaffung durch Errichtung von Ausfchüfien u. den 
rud der Verhandlungen; dagegen hat das Patent vom 3. Februar 1847 einen 
hmtichen Anfang zur Gewährung ber Vollswünſche gemacht, dem Namen 8. 
Albelms IV. ein unflerbliches Andenken u. der Zukunft Preußens (f. Preußen, 
eſchichte) eine heitere und glüdliche Entwidelung gefihert, fo daß auf diefen 
oßartigen Aft dad: »magnus ab i o saeclorum nascitur ordos gewiß 
ne volfändigfte Anwendung findet. freiere Ordnung der Genfurverhälte 
fe und bie ichtung des Obercenfurgerichts gibt einen ſchönen Beweis von 
m rechtlichen Sinne des Königs und von feiner Beachtung der unabweisbaren 
derungen der Zeitz noch Mehrem ficht man in biefer Beziehung von Geiten 
3 Bundestages auf Antrag Preußens entgegen. Rad) Außen ift die Politik 
Wilhelms IV. eine treue Yortfegung der unter der Regierung ‚eines aters 
obachieten. Einem Mordverſuche, den der ehemalige Bürgermeifter Tſche ch 
44 auf den König machte, entging biefer — der Mörder wurde zu 
pandau hingerichtet. F. Wilhelm 3 feit 1823 mit der Pringeffin Elifabeth 
n Bayern, der Zwillingöfchwefter der Gemahlin des ‘Prinzen Johann von 
achſen, vermählt. Da diefe Ehe bis jegt linderlos If, fo iſt des Könige Bruder, 
:tlhelm (geboren 1797), Prinz von Preußen, präfumtiver Thronfolger. 
Friehrid. IV. Könige von Dänemark, — 1) $. L, geboren 1477, 
ıchte ſich die Abweſenheit König Chriſtians II, der 1523 nach den Riederlan⸗ 
1 gefegelt war, fo gut zu Ruten, daß ihn nicht nur bie Zütländer, fondern 
& in Zahresfrift ganz Dänemark u. Rorwegen, gegen Berftattung großer Frei⸗ 
ten, zum Könige annahmen, Gr führte ven Proieſtantiscaus In ganı Dänes 


us Lriedrich, 


mark: ein, u. da der vertriebene König Chriſtian IL mit kaiſerlicher Hülfe 1531 
in Norwegen einfiel, fo befam ihn 5 gefangen. Nach feinem Tode (10. April 
4533) folgte ihm fein Sohn Ehriftian IL — 2) 8. IL, geboren den 1. Juli 
4534, Sohn Ghriftians TIL, folgte feinem Water 1559. Mit Hülfe des eu 
von Holftein unterwarf er fih das Land Ditmarfen 1559; durch den Gtettiner 
Frieden erkannte er Schweden als unabhängig von Dänemark an, u. erhielt dar 
für. einige weftliche Provinzen dieſes Landes 1570; durch die Erbauung der Ge 
lung Kronenburg bei Helfingör fegte er ſich in den Befig des Sundzolles. Uns 
ter Peiner Regierung erhob fih auch ver Streit wiſchen den drei norbifchen 
Mächten über den Beſih von Liefland, der bis in den Anfang des 18. Jahrhun⸗ 
dertö dauerte, wo er zum Vortheile Rußlands entfchieven wurde. Die Inneren 
Angelegenheiten ordnete $. mit vieler Staatsflugheit u. zum Wohle des Landes, 
eleitet von dem Neicherathe Peter Ore. Er ftarb 4. April 1588 u, hatte feinem 
ohn Chriſtian IV. zum Nachfolger, 3) F. IM., geboren 1609, folgte 1648 feinen 
Bater Ehriftian IV., und mußte eine fehr harte Capitulation unterzeichnen. Auf 
Zureven einiger Mächte miſchte er ſich in den damaligen ſchwediſch- polniſchen 
Krieg gegen Schween, am welches er 1660 Schonen, Halland, Blekingen und 
Bahus abtreten mußte, De erzeugte diefer unglüdliche Krieg unverhofft für 
den König den Vortheil, daß ihm die Neichsftände die vor unumfdpränkte Ge⸗ 
walt mit der Erblichfeit der Krone in männlicher und weiblicher Linie förmlich 
übertrugen, welchem Beifptele auch Norwegen folgte, Die legten 10 Jahre res 
glerte 5. in Ruhe, u. nach feinem Tode, den 9, debt. 1670, beftieg fein Sohn 
Ghriftian V. den Thron, — 4) #. W, geboren 1671, Sohn Chrtiſtians V., folgte 
feinem Bater 1699. Gleich der Anfang feiner Negierung war ein Krieg, ven 
Schweben fo nachdrüdlich führte, daß F. 1700 zum Travendahler Frieden ges 
awungen wurde. Als Schweden 1709 gegen Rußland unglüclich Tämpfte, ver- 
einigte ſich F. wieder mit Rußland und Polen, griff Schweden von Neuem an 
und erlangte 1720 in dem Frieden zu riebrichöburg den Sundzoll von Schwe⸗ 
den u. die Gewähr des Beſihes von Schleswig, fowohl von diefer Krone, als 
auch von Großbritannien u. Frankreich, So wurde denn das ganze Herzogthum 
Schleswig der Krone einverleibt. Der Gottorp’fche Anſpruch dauerte aber doch 
noch über 50 Jahre fort, F. war übrigens ein, um das innere Wohl feines 
Reiches beforgter Regent, defien Sparfamfeit aber an Geiz grängte. Gr erlebte 
1728 das Unglüd, daß der größte Theil von Kopenhagen durch eine ſchredliche 
Seuebun in Aſche ‚geigt ward u, flarb den 42. October 1730, worauf fein 
ohn Chriſtian VI. die Regierung übernahm. — 5) F. V., geboren 31. Mär 
1723, Sohn Chriſtians VI., nach deſſen Tode 1746 er die Regierung übernahm. 
Ruhe u. Frieden von außen, Berbeflerung des Landes von innen iſt der Charal⸗ 
ter derſelben. F. reiste ſelbſt durch Norwegen und Dänemark, um den Zufland 
des Landes genauer fennen zu lernen, u. ließ ni ſowohl die Aufnahme des. Hans 
dels und der Manufalturen, ald auch der Kuͤnſte und Wiſſenſchafien angelegen 
feyn. Die Stiftung ver Ritterafademie zu Sorde, die Einr Stun der Seminas 
rien zu Bergen u. Drontheim zur Bfdung der Iappländifchen Miffionarien, die 
veranftaltete genaue Unterfuchung ver Landesprodukte, die Stiftung des Frie⸗ 
—— u. großen Erzlehungshauſes, die Beförderung der Land⸗Oekonomie 
in Fülland u. Island, die Errichtung der Malers, Bilvhauers und Baumeiſter⸗ 
Alademie, find ebenfo viele Beweiſe feiner königlichen Sorgfalt. Der Handel nad 
den amerifanifchen Eolonien„wurde allen Unterthanen frei gegeben. Den Hol 
jein-Plön’fchen Landesantheil vereinigte er 1761 mit der Krone. In der Reihe 
er trefflichen Minifter, die F. hatte, u. die feiner Regierung vornehmlich fo viel 
Glanz gaben, ſteht der ältere Bernftorff (f. d.) oben an. Mit zunehmenden 
Jahren überließ fi der König feiner Neigung zum Trunke, fiel in eine langwie⸗ 
Fr Krankheit und farb den 14. Januar 1766. Ihm folgte fein Sohn 
an VIL — 6) $. VL, Sohn Ghriftians VIL und der Karoline Mathilde von 
England, geboren 1768, führte ſeit 1784 die Regierung für (einen geifeöfranfen 


Bater, dem er 1808 auf dem Throne folgte. Er farb 1839. Ihm folgte Chri⸗ 
fian VIH. auf dem Throne ©. Dänemark, Geſchichte. ß 
Friedrich. V. Sähfifhe Regenten und Fürſten. 1) F. der Ge⸗ 
biſſene (oder mit der gebiſſenen Wange) auch der Freudige genannt, 
geboren 1256, Sohn des Landgrafen Albrecht des Unartigen und Nargrethen⸗ 
von Oeſterreich, welche, da ihr Gemahl feine Neigung Kunigunden von Eiſenberg 
zuwandte, 1270 entfloh und beim Abſchiede von ihren Kindern, im Schmerze der 
Trennung, F. in die Wange gebiffen haben foll, wovon biefer ein bleibendes Mat 
und obigen Beinamen erhielt. Er gerieth, verbunden mit Dietzmann, mit feinem 
Bater, welcher ihn der Erbfchaft berauben wollte, 1279—86 u. 1289 in Krieg; 
trat 1286 als Pfalzgraf von Sachſen auf u. wurbe 1291, nidyt ohne einigen Kampf 
mit feinem Bater und Joachim von Brandenburg, nad dem Tode %. Teuts, 
Markgraf von Meißen. Albrecht verkaufte Thüringen an Kaiſer Adolph von Nafs 
fau, worüber ein Krieg mit dem Kaifer entfiand und auf F. 1296 in Altenburg 
ein Mordaufall von den Kaiferlichen gemacht wurde. Diefer Krieg begann 1306 
unter Kaiſer Wibrecht I. wieder aufs Neue, nahm aber nach den Schlachten bei 
Luda 1307 u. bei Borna 1308 eine für 3. günflige Wendung. Nach dem Tode 
Dietzmanns erhielt F. Thuͤringen ausſchließlich (1309), da er es ſchon vorher, 
im Jahre 1300, als ſein Vater in das Kloſter gegangen war, mit demſelben be⸗ 
ſaß, und ward 1310 von Kaiſer Heinrich VIL in allen Beſitzungen beſtätigt. 
1312 gerieth er in einer Fehde mit Markgraf Otto von Brandenburg bei Großen⸗ 
hayn in Befangenfchaft, warb aber fpäter wieder frei. Im Jahre 1322 rührte 
ihn der Schlag; feine Gemahlin, Eliſabeth von Arnshaugk, führte nun bis zu 
feinem Tode 1324 die Regierung. — 2) F. L, der Gtreitbare, erfler K 
von Sachen, Sohn des Landgrafen F. ded Sirengen, war 1369 geboren und 
folgte 1381 feinem Bater in der Regierung. Gr zog feüihgeitig in mandyen Krieg 
und führt feinen Beinamen mit Recht. Faſt feine ganze Regierung hindurch be 
fehdeie ex bald die Bafallen, bald die Agnaten des Haufed. Am melften zeich- 
nete er fi aber 1419 im Huffitenkriege aus, wo er dem Kaifer Sigmund wich⸗ 
tige Hülfe leiftete. Zur Belohnung derfelben ertheilte ihm dieſer 1420 die Ans ⸗· 
wartfchaft auf die fächfifche Kurwürde. Brandenburg mußte das Land, das es 
nach dem Tode Albrechts II. in Beflg genommen hatte, wieder einräumen, und 
Lauenburg wurde mit feinen Anfprüchen abgewieſen. Der Huffitenfrieg zog dem 
Kurfürften und feinem Lande aber audy manches Unglüd zu. Bei Bruͤr erfchlus 
gen die Huffiten 8 Grafen und 4000 andere Streiter. Um Aufſſig zu entfeben, 
rachte 3.8 Gemahlin ein Heer son 20,000 Mann zufammen. Von dieſen kam 
aber mehr als die Hälfte um. Nach einem abermals nicht glüdlidy ausgefalle⸗ 
nen Yeldzuge nady Böhmen ftarb Kurfürfi F. 4. Januar 1428. Sein Land wurde 
durch verfchledene @ebietdanfälle vermehrt. Zuerft erbte er einen Theil von dem 
Lande feines Oheims Wilhelm L, 1410, der die Herrfchaft Eulenburg, deßglei⸗ 
chen Köniaflein, Pirna u. f. w. erworben und eine Zeitlang die Mark Brandens 
burg pfandöwelfe befefien hatte. Sodann flel ihm auch 1425 das Land feines 
Bruders Wilhelm IL zu, das diefer unter andern durch Schloß u. Stadt Saals 
feld vermehrt hatte. F. war überhaupt der anfehnlichfte Reichafürft feiner Zeit. 
Eine von Huß (f. d.) 1409 veranlaßte Aenderung auf der hohen Schule zu Prag 
bewirkte die Gründung der Univerfität veipaig Ci d.). — 3) F. M., der Sanfts 
müthige, Kurfürſt von Sachſen, Sohn des Vorigen, geboren 1411, folgte dem 
Bater 1428 in der ſaͤchſiſchen Kurwuͤrde. Ob er gleich der Sanftmüthige heißt, 
fo mußte er doch far feine ganze Regierung Krieg führen, zuerft mit den Huſſiten 
und dann mit feinem eigenen Bruder Wilhelm, wegen der Thellung des Landes 
Thüringen. Zulegt regierte er in Ruhe und ftarb 1464. Er iſt der Stammvater 
aller heutigen fächftfchen Linien durch feine beiden Söhne Ernft u. Albrecht. — 
4) 8. IL, der Weife, Kurfürft von Sachſen, Sohn des Kurfürften Ernfl, ges 
boren 1463, bekam nach feines Baterd Tode 1486 die Furfürftliche Regierung. 
Gr behauptete ein großes Anſehen im deutichen Reiche, Kar Marlon 


488 Friebrich 
ernannte ihn nicht nur zum Statihalter beim Reichsregimente 1493, ſondern auch 
zum Reichsſtatthalter. Gr beftätigte ihm die Erbfolge von Jülich und Berg, die 
fchon Albrecht und Ernft erhalten hatten, die er aber dem Herzoge von Kleve 
überlaffen mußte, 1511. Sein Andenken verewigte er unter andern durch 
die Gtiftung der hohen Schule zu Wittenberg 1502. Seine Macht vermehrten 
die neuentbedten Bergwerfe (3. B. die Sibergruben zu Schneeberg und auf dem 
Schredenberge) außerornentlih. Die merfwürbigfle Begebenhett, die ſich unter 
feiner Regierung zutrug, war die fogenannte Reformation (f.d.), die auch an 
%. einen Unterflüger fand. Er flarb unvermählt 1525. — 5) F. Auguſt IL, oder 
der Gerechte, König von Sachſen, geboren 1750, Sohn des Kurfürften F. 
Ehrifttan, übernahm aus den Händen feines Bormünderd 1786 die Regierung. 
Sich bloß mit dem Wohle feines Landes beichäftigend, ſchlug er die polnifche 
Krone aus und hielt fi) von den großen politiſchen Ereignifien fern, infofern er 
nicht als Reichsftand daran Theil nehmen mußte. Erſt nad) Auflöfung des Reiches 
ſchloß er fiy an Preußen an, bis er nad der Schlacht bei Jena die Koͤnigs⸗ 
würde annahm und dem Rheinbunde beitrat,. Zum Herzoge von Warſchau ers 
hoben, hielt er an Napoleon treu, felbft bis zur Schlacht von Leipzig, wofür er 
von den Berbündeten zum Gefangenen erflärt und durch den Wiener Congreß 
zur Abtretung der Hälfte Sachſens an Preußen geswungen wurde Am 7. Juni 
1815 kehrte 4 Auguſt unter dem Jubel des Bolles in feine Hauptfladt zurüd 
und war von nun’ an eifrig bemüht, die Wunden, die der Krieg dem Lande ge- 
fhlagen, zu heilen und einen neuen Aufſchwung in allen Berhältnifien des öffent 
lichen Lebens vorzubereiten, Im September 1818 feierte er fein 5Ojährige® Res 
ierungs⸗ und im Januar 1819 fein Ehejublläums; er flarb zu Dresden den 5. 
at 1827; ihm folgte in der Regierung fein Bruder Anton (f. d.). Bergl. 
Herrmann, Leben 5. Auguſt's (Dresden 1827) und Politz, die Regierung 
5. Augufs von Sachſen 2 Bde. (Leipzig 1830). — 6) F. Auguſt II, König 
von Sachſen, Alteftler Sohn des Prinzen Mar und der Prinzeffin Karoline Mas 
thilde von Parma, Hefte des Borigen, geboren 1797, erhielt eine trefflicdhe Er⸗ 
Kehung, begleitete feinen Oheim während der MWedhfelfälle des Jahres 1809 nad) 
eipzig und Frankfurt am Main, 1813 nad Regensburg und Prag. 1815 bes 
gab er fi) mit feinen Brüdern in das öfterreichtiche Hauptquartier nach Dijon, 
ohne jedoch an den Kriegdoperationen Theil zu nehmen, da die Schlacht bei Wa- 
terloo den Krieg beendigte, ehe die Defterreicher zum wirklichen Kampfe kamen. 
1813 wurde er ©eneralmajor, im darauffolgenden Jahre Mitglied des geheimen 
Ratte, 1822 flimmberedhtigtes Mitglien deſſelben, und 1830 @eneral und Chef 
der fächfifchen Armee, in welchen Eigenfchaften er thätigen Antheil an der Staats» 
regierung u. Militärverwaltung nahm; in den Jahren 1824, 25, 28, unternahm 
er Reiſen nad) den Niederlanden, Paris und Stalien, bei denen er wiſſenſchaft⸗ 
liche Zwede verfolgte. Beim Ausbruche der Unruhen in Sachfen, September 1830, 
in Folge deren das Land eine seitpemäße Sertaftung erhielt (vgl. Sach ſen Ge⸗ 
ſchichte) wurde er, nach Verzichtleiſtung ſeines Vaters auf die eventuelle Thron⸗ 
folge, Mitregent und nad) dem Tode des Königs Anton 1836 König. WS ſol⸗ 
cher hat er durch feltene Regententugenden dad Glück feines, ihm mit warmer 
Liebe anhängenven, Volles begründet. In allen Fäaͤchern wifienfchaftlich gebilvet, 
bat er befonders die Botanif und Mineralogie zu feinen Lieblingsſtudien erwählt; 
auf einer botanifchen Reife 1838 befuchte er Iſtrien und Dalmatien, auf einer 
andern 1844 England. Er war zum erſten Male mit Karoline, Erzherzogin von 
Defterreich, vermählt und nad) deren Einverlofem Tode (1832) vermählte er ſich 
zum zweiten Male mit der Prinzeſſin Marie von Bayern; doch iſt auch diefe Ehe 
kinderlos geblieben. 

Friedrich. Vl. NRegenten und Prinzen aus verfhiedenen Häu— 
fern. 1) 8.1, Kurfürft von der Pfalz, auch der Siegreiche, und von fels 
nen $elnben ber böf e Fritz genannt, Sohn Ludwigs des Bärtigen, geboren 1425, 

folgte felnem Bater, in Gemeiuſchaft wit (einem Ulteren Bruder Luhrıtq tem Sanft⸗ 


dFriedrich 2 
můthigen, in der Regierung und befam nad) des Iehteren Tode 1449 die Allein⸗ 
tegterung und die Bormundfchaft über deſſen Hinterlafienen Sohn Philipp. Well 
er erklärte, nicht fandeögemäß vermählen zu wollen und Philipp feinem 
Erben anzunehmen, fo befam er 1454 die Kurwärbe und Regierung eigenthäms 
lid. Gr führte mit feinen Nachbarn beflänbig Krieg und unterKügte ben Grafen 
Adolph von Raffau gegen den Grafen Dietrid von Iſenburg, der, vom Katfer 
begünftigt, jenem das Erzbisthum Mainz flreitig machen wollte. Im der Folge 
flug er ſich aber zu deflen Bartei_ und sufocht 1472 über Adolphs Bundeöges 
noffen bei Heidelberg einen großen Sieg, der ihm, außer dem Markgrafen von 
Baden und dem Grafen —— gegen 350 Grafen, Herren und andere 
Cdelleute in die Hände lieferte, die ſich durch große Summen und viele Derter 
löfen mußten. Der Papſt that ihn in den Bann, und der Kaifer erklärte ihn in 
die Acht; er aber baute bei Heidelberg den Trupfaifer und firebte, wie vorher, 
bei feinen Unterihanen fidy Liebe und bei feinen barn t zu verſchaffen. 
Er ſtarb 1476. — 2) $. IV., Kurfürſt von der Pfalz, Sohn Ludwigs Vl. ges 
boren 1574, trat 1592 die Reolerung an, legte den erſten Brund zur Siadt Mann, 

bald viele aus den Niederlanden ausgewanderte Proteſtanten nies 
derließen. vereinigte Lautern und Reuftabt an ber Harbt nad) Johann Kas 
fimtrd Tode mit feinem Lande und Riftete kurz vor feinem Tode zu Hal in 
Schwaben bie bekannte proteftantifche Union (f. d.) 1610, worauf er am 9. Sep⸗ 
tember befielben Jahres farb. — 3) F. V., Kurfürk von ber Dal, als Ki 
von Böhmen der Winterkonig genannt, geboren 1547, trat 1614 die Regierung 
an, bie ſich beſonders durch die unglüͤcklichen Schidfale auszeichnete, welche er u. 
fen Land im 30jährigen Kriege erfuhren. Böhmen wählten ihn nämlich 
1619 fatt des Kaiſers Ferdinand IL zu ihrem Könige. Mein er befaß, als ein 
unerfahrener und dem Vergnügen ergebener Fuͤrſt, weder bie nöthige Staatsklug⸗ 
heit, noch Kriegderfahrung, um fich in biefer Würbe zu behaupten... Bald vers 
fcherzte er die Achtung und Liebe feiner neuen Unterthanen, u. nad) der unglüds 
iichen Schlacht bei Prag (8. Rov. 1620) nahm er feine Zuflucht zu den Holläns 
dern. Spanier und Bayern verwüfeten indefien fein Land. Wergebens fuchte er 
mit feinen Freunden es zu retten. Tilly plünderte Heidelberg, und der Herzog 
Maximillan von Bayern ſchickte die treffliche Bibliothef (bibliotheca palatina) 
geäßteniäeite nad Rom. Ebendemfelben verlich der Kaiſer 5.6 Kurwürde. Der 
od Guſtav Adolphs cf. d.), auf den er fein game Vertrauen gefegt hatte, 
zog auch den feinigen nad) fi. Gr farb zu Mainz 19. Nov. 1632, — 4) 8. 
Eugen, Herzog von Württemberg, Sohn des 1737 veftorbenen Herzogs Karl 
Alerander, geboren den 21. Ianuar 1732, trat in feinem 17. Jahre als Obrifter 
tn preußifche Kriegsdienfte u. wohnte 1755 dem Unternehmungen der franzöftfchen 
Truppen auf Minorka bei, wo fein Bruder, Prinz Ludwig, das Commando führte, Im 
fiebenjährigen Kriege bewies er bet vielen @elegenheiten eben fo viel perfönliche Tapfers 
keit als Feldherrmalente, beſonders gegen die Ruffen und Schweren. Im Mat 
1769 verließ er die preußiſchen Dienfte und hielt ſich darauf bei feinem Bruder, 
Herzog Karl, in Stuttgart auf. In der Folge refibirte er mehre Jahre zu Möms 
pelgard, bis der frangöfifche Krieg diefe Gegend umficher machte, worauf er 
in das, vom Könige Preußens 1792 erhaltene, Generalgouvernement über die 
den fränkifchen Fürftenthümer Ansbach u. Bayreuth begab und feine Reſidenz in 
Bayreuth nahm. Hier wurde er 1795 Föniglich preußifger General ⸗ Feldmarſchall. 
Am 20. Mat dieſes Jahres, nach dem Tode feines Bruders, des Herzogs Lud⸗ 
wig Eugen von Württemberg, übernahm er die Regierung der württembergifchen 
Staaten, gerade unter ſehr bedenktichen Umftänden, da der franzöflfcge Krieg fie 
au zerrüften drohte. Er traf die wirffamften Anftalten u. ſchloß bald darauf einen 
Geparatfrieden mit Frankreich. Negentenforge und die anhaltenden und vielen Ars 
beiten, die er jelbft übernahm, beichleunigten feinen Tod, der am 23. December 
1797 erfolgte. Sparfamkeit ohne Geiz, bracht ohne Verſchwendung, Heldenmuth 
ohne Graufamfeit, Bater- und Landeöliebe, Güte des Kerns, DRrhecel RL 


eo driedrich. 


Tugend, waren die Grundzüge in feinem Charakter, — 5) $.L, Wilhelm 
Karl, König von Württemberg, Sohn des Borigen, geboren 6. November 1754 
zu Treptow in Pommern, wo fein Bater, damals preußffcher General, fein Stand» 
guastier hatte, Seine hochgebilbete, geifrelihe Mutter Dorothea, Tochter des 
arfgrafen F. Wilhelm von Brandenburg-Schwebt und — 8.8 des Großen, 
auf defien Anrathen F. gleich feinen Geſchwiſtern, obgleich fein Bater katholiſch 
war, aus Rüdficht auf die Religion des Stammlandes in der proteſtantiſch⸗lu ⸗ 
theriſchen Religion erzogen wurde, leitete die Bildung feiner erſten Jugend, bie 
er, der unruhigen Kriegözeiten wegen, je nachdem die Berhältnifie fich geRalteten, 
bald zu Treptow, bald zu Berlin zubringen mußte, bis er nad) Beendigung des 
Krieges im Jahre 1764 mit dreien feiner Brüder zur weiteren Ausbildung nad) 
Laufanne gefchlet wurde, wo während eines vierjährigen Aufenthaltes nr feine 
Anlagen ſchnell entwidelten, und er befonders in den Naturwiſſenſchaften und ber 
Mathemasit reigende dortſchritte machte. Nach feiner Rüdkehr von F. I. zum 
Ober ſten, u. 1778 zum Generalmajor ernannt, vermählte er fi) den 27. Detober 
1780 mit Auguſte Karoline Friederike Louiſe, Tochter des regierenden Herzogs 
von Braunfchweigs Wolfenbüttel, die ihm zwei Prinzen und zwei Pri en, 
unter erſteren den jeht regierenden König, gebar. Er unternahm bierauf mit dem 
bamaligen Gropfürften, fpäteren Kalfer Paul, der eine Schweſier von ihm zur 
Gemahlin hatte, 1782 eine Reife durch Deutfejland, Holland, Frankreich u. Jia⸗ 
Uen, u. trat nach —&æ derſelben als Generallieutenant u. Generalgouver⸗ 
neur von Hl) Sinnland in die Dienfte Katharina's IL, in welchen er, fpäter 
zum Oberbefehlähaber gegen die Türken u. Gouverneur von Gherfon ernannt, bis 
4786 blieb. In diefem Jahre entfagte er allen Dienſtverhaͤltniffen u. zog ſich An⸗ 
nge nad Mömpelgart Ir fgnen Eltern, fpäter aber nach Monrepos, einem 
andgute am Genferfee zurüd. Bon bier ginger 1788 nach Holland u. Frankreich 
wo er den erften Sihungen ber Rationalberfammfun beiwohnte u, verlegte nad 
(ner Rüdkehr feinen Wohnfig nady Ludwigsburg. Er nahm 1796, nachdem fein 
jater durch das linderloſe WbRerben feiner beiden Älteren Brüder zur Regierung 
gelangt war, den Titel eines Erbpringen an u. fuchte als ſolcher das Eindringen 
der Sranzofen in Württemberg zu verhindern, mußte aber der Uebermacht weichen 
u. zuerſt nach Ansbach, fpäter nady Wien u. London flüchten. In lepterer Stadt 
vermählte er ſich — ſeine erſte Gemahlin war 1788 geſtorben — den 18. Mai 1797 
mit Charlotte Auguſte Mathilde, Kronprinzeffin von England. Durch das, am 23. 
December 1797 erfolgte, Hinfheiden Tines Baters zur Regierung gelangt, war 
fein erſtes Befreben darauf gerichtet, dem von ven Brangofen hart mitgenoms 
menen Hergogthume Ruhe u. Frieden zu verfchaffen; feine Bemühungen follten jes 
doch vergeblicy ſeyn; denn, obgleich er durch das Treffen von Bietigheim u. Böns 
ningheim 1799 fein Land Anfangs vom Keinde fäuberte, konnte er doch dem bald 
darauf eindringenden General Moreau leinen Wiederſtand leiften, und mußte fi 
516 zum Abfchluffe des Lüneniller Friedens 1801 flüchtig zu Erlangen und Wien 
aufhalten. Rach dem Frieden wurben aber feine, durch geichidte Unterhanblungen 
geleiteten, Bemühungen zur Bergrößerung der Macht feines Haufes mit — 
ekröͤnt; denn durch ben — — 1803 erhtelt er die laͤngſt ers 
inte Kurwürde, u, außerdem für feine jenſelts des Rheins verlorenen Beflgungen 
von 46,000 Seelen dießſeits deſſelben eine Entfcyädigung von 110,000. @benfo 
erlangte er durch feinen Beitritt zum Rheinbunde u. durch fein Feſihalten an Ra; 
poleon 1806 die Königöfrone u. weitere @ebietövergrößerungen, die fich 1810 auf 
212 Meilen mit 800,000 Einwohnern beliefen, jo daß das Königreich Würts 
temberg, welches aus dem Herzogthume gleiches Namens hervorgegangen war, zu 
diefer Zeit, ſtatt 153 [I] Meilen u. 600,000 Einwohnern, jet 365 Meilen und 
1,400,000 Ginwohner zählte. Dit Annahme der Königswürbe hob er aber auch 
die alte württembergifche Verfafſung auf und herrfchte, ohne fi) um die Rellas 
mation ber aufgehobenen Stände zu befümmern, von nun an ganz unumfchränft. 
Diefer Echritt, fo ſtatk auch dab Marien \einer Untethonen harüber war, ger 


reichte dem Lande in den damaligen Berhältniffen nur zum Bortheiles denn ber 
thatkräftige, willensſtarke u. gerechte Charakter 5.6, der den fchwierigen Zeitum⸗ 
fländen vollfommen gewachſen fühlte, hielt manche Laften, die fein Protektor Napoleon 
dem Lande auferlegen wollte, und gegen weldye die Landſtaͤnde fich nicht hätten 
fräuben können, von demfelben entfernt, u. wenn auch fein gewaltthätiges Ver⸗ 
fahren bei mandyen Beranlaffungen, die drückenden Steuern und Jagpfrohnen, 
weldye während feiner Regierung der Landesbewohner leiften mußte, zu gerechten 
Klagen Beranlaffung gaben, fo darf doch nicht verfannt werven, daß die ſchwie⸗ 
tigen Zeitverhältnife eines Theiles die Schuld daran trugen, andern Theiles aber 
das Bute, das er feinem Rande leiflete, das dem Bolfe Mißliebige bei. Weiten 
überwog. Bis nad) . der Schlacht von Leipzig hielt er bei Napoleon aus; dann 
machten die politifchen Conjunkturen feinen Uebertritt zu den Alliirten, von denen 
ihm fein Länderbeflg garantirt wurde, nothwendig; er ließ feine Truppen mit 
ihnen nach Frankreich marfchiren, trat jedoch erft nach langem Widerſtreben ven 
41. Sepibr. 1815 den Wiener Congreßbeſchlüſſen bei, — den Anforderungen 
der Zeit zu entfprechen, legte er ven. wieberverfammelten Stänven feines Bo 
1815 einen Berfaffungsentwurf vor, der aber von benfelben verworfen wurde. 
Während der hierüber flatifindenden Berbanblungen ereilte ibn der Tod den 30. 
October 1816, nady einer Regierung von 19 Jahren. — %. liegt in der Schloß⸗ 
kapelle a Ludwigsburg begraben; er war ein Mann voll Lebenskraft, und wie 
am Gef, fo aud) am Körper von der Natur Außer glücklich ausgeftattet; troß 
feiner Korpulenz, befaß er bis ans Ende feiner Tage eine außerorbentliche Ge⸗ 
wanbtheit des Körpers. Mit einem durchdringenden Berfiande begabt, an rafcher 
Willensihätigkeit u. flolger Haltung feinen Umgebungen weit überlegen, wollte er 
das für feine Herrfcherfraft zu Kleine Württemberg ganz mafchinenmäßig regieren ; 
deßhalb war feine Regierung drüdend u. hart, u, das Bolf, das er in der That 
liebte u. für defien Wohl er eifrig beforgt war, nahm die Nachricht von feinem 
Zode in dumpfem Schweigen bin. In feinem Aeußern gab er ſich gegen Jeder⸗ 
mann barſch. Zum Beweiſe feines Geiſtes diene der Ausdruck Napoleons, der von 
ihm fagte: „unter allen meinen Bundesgenoſſen iR der König von Württemberg 
der Geſcheiteſte, aber audy der Grobſte.“ Ow. — 6) F. Franz, Großherzog von 
Medlenburg- Schwerin, geboren 1823, Sohn des Großherzogs Paul %. und 
der Prinzeffin Wierandrine von SBreußen. Unter der Aufficht feiner Eltern durch 
Privatlehrer vorbereitet, erhielt er 1838 in dem Blochmann’fchen Inſtitute zu 
Dresden feine weitere Ausbildung u. vollendete feine Studien auf der Univerfität 
Bonn. Der frühe Tod feines Vaters rief ihn von feiner wiſſenſchaftlichen Lauf 
bahn ab u. an das Staatöruder, das er fett dem 7. März 1842, eingevenf der 
wichtigen Pflichten, die ihm auferlegt find, mit Ernft leitet. — 7) 5. Wilhelm, 
Herzog von Braunfchweigstüneburg u. Deld, geboren den 9. October 1771, war 
ber vierte und jüngfle Sohn des regierenden Herzogs Karl Wilhelm Ferdinand 
von Braunfchweig, u. Wuguftens, der Tochter des Prinzen von Wales. Bon feinem 
Bater, der dem oft aufbraufenden, feurigen Temperamente feines Sohnes den 
Ruengfen Zwang entgegenftellen zu müſſen glaubte, oft raub behandelt, erzeugte 
fi) in ihm ein Geiſt des Trotzes u. des Widerfpruches, der zu manchen unans 
enehmen Auftritten in feinem fpäteren Leben Beranlaffung gab. Eben deßhalb 
onnte er audy nie Gefchmad an den Wiſſenſchaften gewinnen. Nach Bollendung 
einer ganz militärifch gebildeten Erziehung jote er eine Reife nach Italien ans 
treten, wurde aber durch die damaligen politifchen Conjunkturen, in der Schweiz 
angelommen, ander Weiterreife verhindert u. kehrte nady Deutſchland zurüd, wo er 
ald Stabecapitän in dem damaligen preußifchen SInfanterie-Regimente von Kalk⸗ 
Kein eintrat. Als Major machte er im 19. Jahre den — des Jahres 1792 
mit, in welchem ſein Vater, als Oberbefehlshaber des preußiſchen Heeres, com⸗ 
mandirte. In dem Gefechte bei Etſch, 27. November 1792, bieffirt, mußte er bis 
zur Heilung feiner Wunde den Kriegsfchauplag verlafien und wurde, zur Bes 
lohnung für bewiefene Tapferkeit, nad dem Separatfrieden non Boll, I. Tui 


L Friedrig, 


4795, vom Könige von Preußen zum Gommanbanten des in Halle garnifonirens 
den Regimentes von Thadden ernannt, welche Stabt er aber wegen Unannehms 
liplelten, in bie er mit den bortigen Studenten verwidelt wurbe, mit Frankfurt 
a. d. D, vertaufchen mußte; aber aus gleichen Gründen wurde er auch von bier 
bald nad) Prenziow verſeht. Das Jahr 1800, in welchem er ſich mit Marie 
Eliſabeth Wilhelmine, Prinzeffin von Baden, vermählte, fah ihn als Generalmajor, 
u. tm Jahre 1805 folgte er feinem linderlos verftorbenen Oheime in dem ei 
des, in Schlefien unter preußifcher Oberhoheit ſtehenden, Herzogthums Dels nad, 
da fein ältefter Bruder zur aahfolgs in Braunſchweig beftimmt, die beiden ans 
dern Brüder aber durch unheilbare Blindheit an der Regierung verhindert waren, 
Nach) dem unglüdlichen Beldzuge des Jahres 1806, den er-bei dem Blücher’fchen 
Eorps. bis zur Erftürmung Luͤbecks mitmachte, und in welchem fein Vater fiel, 
wurde: das Herzogihum Braunfchweig von Napoleon dem — Weſtpha⸗ 
len einverleibt u. F. Wilhelm, durch den Tod feines aͤlteſſten Bruders der Res 
glerungenachfoiger feines Vaters geworden , von der Nachfolge ausgefchloffen. 

till und zurüstgezogen Iebte er hierauf mit feiner Gemahlin, auf befiere Zeiten 
harrend, zu Bruchfal im Badifchen, bis ihm der Tod im 3. 1808 diefelbe entriß. 
Des einförmigen Privatlebens überbrüfftg, Fam ihm Defterreichs Antrag, im Feldzuge 
1809 gegen Napoleon zu dienen, erwünfcht. Er warb mit Öfterreichtichen — 
dien ein Freicorps von 1000 Reitern und 150 reitenden Artilleriſten in Böhmen, 
u. — während des ganzen Krieges, in Verbindung mit öfterretchtfchen Corps, 
in Sachſen, das er beinahe ganz eroberte, u. zioel Armeecorps, das eine an den 
—— Wald, das andere an die Donau zurückdrängte. Aber die gewonnenen 
Vortheile auf einer Seite des Kriegetheaters Eonnten die größeren Verlufte auf 
der andern Seite nicht aufwiegen. Der Waffenſtillſtand zu Znaym wurde ges 
ſchloſſen u. F. Wilhelm, ftatt feine Hoffnungen für Deutfchlands Befreiung ver 
wirllicht zu fehen, ſchaute nur noch KH Ferem Drude entgegen. Deſſelben übers 
beäffig, befehloß er, mit feinem ungefähr 2000 Mann ftarken Corps ſich bis an 
die Wefer durchzuſchlagen und ſich England in die Arme zu werfen. Diefer Zug 
allein fichert F. Wilhelm ein Blatt in der Geſchichte, u. In der That iſt es das 
Ausgezeichnetfie, was er während feines vielfady bewegten Lebens geleiftet hat. 
Mitten durch feindliche Länder, deren Bewohner zwar für die Regierungen, aber 
gegen ihn waren, verfolgt af allen Seiten von ſechofach ftärkeren Feinden, führte 
er feinen kühnen Entfhluß mit eben fo viel Muth u. Gewandtheit, als Gluͤd aus. 
den 20. Zult brach er mit feinem Corps — den Schwarzen, ihrer Kleidung 
wegen fo genannt — über Greiz, Zwidau, Altenburg, nad) Leipzig auf, erreichte 
den 25. Halle, drang den 29. ftürmend in Halberfladt ein u. traf, Heflen und 
Wolfenbüttel durchetlend, am 30. in Braunfchweig ein. Auf den Wällen feiner 
Refivenztadt gelagert, nahm er friedlich durch eine Proclamation von feinem ans 
ererbten Lande Befig, brady jedoch am 2. Auguſt, nach dem flegreicdhen Gefechte 
bei Delper, in welchem er 6000 Weftphalen und Holländer ſchiug, wieder auf 
rüdte am folgenden e in Hannover ein u. erreichte den 5. über Renburg die 
Umgegend von Hoya. Hier abermals durch das Reubel'ſche Corps gedrängt, 
glüdte es ihm, durch ein abgeſandtes Detachment den Feind glauben zu machen, 
ex werde fich zu Bremen ein en. Unterdeſſen bewerfflelligte er am 7. Auguf 
bei Elsfleih u. Brad die Einfchiffung feines ganzen Gorp6, indem er Schiffe u. 
Fahrleute auß”ber ganzen Umgegend mit Gewalt zufammentreiben ließ. Er lan 
dete am 14. Auf glüdtich in London, wo er, vom Bolfe mit Jubel begrüßt, 
mit engliſcher Gaftfreundlichkeit aufgenommen wurde u. das Parlament ihm for 
leich eine Rente von 6000 Pf. außfepte, fein noch 1350 Mann ftarkes, auf der 

fel BBight gelandetes, Corps von der britifchen grealerung in Sold genommen 
u. fpäter im Benninfularkriege verwendet wur Er felbft lebte zurüdgezogen zu 
London, indem er nun fich angelegen feyn ließ, Verbindungen mit dem Feſtlande 
& unterhalten, bis er in Folge der Creigniffe des Jahres 1813 die Regierung 
feines Bandes felbR übernehmen Tonnte, — Wes CThera u. guten Willens, den 


er zeigte, um bie, feinem Lande während der weflphälifchen Verwaltung ges 
f&hlagenen, Wunden zu heilen, griff er, durch fehlerhafte ‚Grundfäge geleitet, oft 
zu falſchen Mitteln, und daher fam «6, daß, troß gegenfeitiger: Zumeigung, oft 
Für u. Volk mit einander unzufrieden waren. Hauptjächlid) gehörte hieher der 
Rarke Mititär-Etat, der, da F. Wilhelm immer 10,000 Mann unterhielt, für das 
ausgefogene Heine Land allerdings zu drücend war. Als Napoleon am 1. März 
1815 zu Frejus landete, führte 5, Wilhelm fein Truppencorps in Perſon zu der 
Armee Wellington’. Cr Fämpfte den 15. Junt 1815 ſieben Stunden lange 
bet Duatre-bras mit 16,000 Mann Hannoveranern u. Braunfchweigern gegen den 
überlegenen Marſchall Ney u. verfchaffte durch feine Standhaftigfeit der britifchen 
Armee Zeit zur Verfammlung, fiel aber ſelbſt, von einer Kugel in die Seite ges 
troffen, als Opfer des Tages. Der Leichnam wurde nad) Braunſchweig ges 
bracht. Die Trauer feines Bolfes um ihn war groß; denn Fein Reblicher konnte 
ſich verſchweigen, daß er aufrichtig das Beſte gewollt habe. Bon feinen 2 Sähr 
nen Karl u. Wilhelm foigte ihm erflerer, unter smgliiäher Vormundfchaft, in der 
Regierung nad. Ow. — 8) 8. Wilhelm, Kurprinz u, feit 1831 Mitregent 
von Se, geboren zu Hanau 1802, Sohn des Kurfürften Wilhelm IL u. der 
Brinzeffin Auguſte von Preußen, flubirte unter der Leitung feines Lehrers, des 
nachmaligen Nrofeffors Suabediffen, zu Marburg u, Leipzig. u. lebte, ferne 
vom Hofe feines Vaters, theils in Bonn, theils in dulda, bis die Ereigniffe des 
Jahris 1830 (f. Kurheffen, Geſchichte) ihm die Mitregentfchaft verfchafften, 
FR Fulda hatte er eine Verbindung mit der Gattin des preußifchen Pientenants 
ehmann angeknüpft, die, um ſich von ihrem Mann fcheiden u. mit dem Kurs 
pringen vermählen zu fönnen, von der Fatholifchen, Kirche zum Proteftantismus 
übertrat. ‚4831 fand die morganatifche Trennung wirklicdy fatt, u. durch Verord⸗ 
nung vom 6. Det. d. I. wurde die Lehmann zur_ Gräfin von Schaumburg er⸗ 
hoben, auch den, aus diefer Ehe entfproßenden, Kindern der Titel „Grafen von 
Rothenburg“ beigelegt. Mit feiner Mutter, welche die morganatifche Schwieger⸗ 
tochter t anerkennen wollte, geriet) der Prinz vefhalb in eine Spann- 
ung, die zu hoͤchſt bedauerlichen Ereignifien Anlaß gab, worüber nie voll 
Rändige Aufflärung erhalten wurde. Zwar find feit der Regierung 5. Wilhelms 
mehrfache erfreuliche Refultate in Geſehgebung u. Berwaltung zu Tage gefoms 
men; gleichwohl fehlt es nicht an_fortwährenden Aeranlafungen zur M; 
mung zwifchen der Regierung, den Ständen u. dem Bolfe. — 9) 8. Wilhelm 
Konftantin, regierender Fürft von Hohenzollern-Hechingen, geboren 4801, fett 
1826 mit der Prinzeffin Eugenie von Leuchtenderg vermählt, erhielt unter der 
Leitung feines hochgebildeten und einſichtsvollen Waters, des Fürſten F. Her 
mann, eine treffliche Erziehung, bildete fidy auf Reifen für das Gefchäfte 
weiter aus und folgte, nachdem er fchon feit 1834 an der Regierung Theil ges 
nommen hatte, feinem Vater nady deſſen Tode 1838. Eine, von dem 
Gavre v’Ayffenu ihm zugefallene, Erbſchaft von 1 Million Franken fegte ihn im 
den Stand, in der Dehdenufabt Hechingen mehrfache Berfyönerungen ausführen 
u. der Landescaſſe einen jährlichen Beitrag aus ber Hofcaffe zuweiſen zu können. 
Neben der Sorge fü das Wohl feiner Unterthanen, die fich unter ihm glüdtich 
fühlen, {R der Fürft ein großer Freund der Künfte, beſonders der Mufll. Seine 
Ehe iR bis jetzt Einderlos. — 10) $. Günther, Für zu Schwarzburg-Rus 
dolftadt, geb. 1793, Sohn des trefflichen Zürften Ludwig F. u. der je 
fin Karoline von —— folgte 1807 unter Vormundſchaft und 
feit 1811 an der Regierung TI Rach der Schlacht bei Leipzig zog er mit 
den Verbündeten gegen Sranfreich u. übernahm dann die Regierung fell Bon 
dem zweiten Belbzuge in Frankreich zurüͤckgelehtt, vermählte er fich mit der Prins 
zeiftn Amalie Augufte von Anhalt-Deſſau 1816 u. gab in demfelben Jahre eine 
Verfaffung. Bon dem Volle gelicht, iR des Volkes Gluͤck fein fchönftes Stre⸗ 
ben. — 10) F. Wilhelm Karl, Prinz der Niederlande, geboren 1797, Sohn 
Könige L, wurde am preußiſchen Hofe erzogen und Layie Im virtene 


408 | Friedrich -Friefel. 


ländifchen Heere tapfer. bei Waterloo. Geine Anſpruͤche auf die deutſchen nafs 
fau-oranifchen. Erblande trat er 1816 gegen eine Entfchänigung an Domalinen in 
Rordbrabant ab. Seit 1825 iſt er mit der Pringeffin Louife von Preußen vers 
mählt. NIS tüchtiger Geſchaͤftomann zeigte er ſich in den Stellungen eines 
Generalcommiſſairs des Kriegsvepartements, Admirals und Feldmarſchalls. Im 
Jahre 1830 verfuchte er vergebens mit dem hollaͤndiſchen Corps in Brüffel 
einzubgingen; ven fchon flegreichen Zug egen Brüffel vereitelte das franzöflfche 
güileher. Seitdem zog er ſich in das N atleben :zurüd und fürbert eifrig bie 
ünfte und Wifienfchaften. 

. Biehrih 1) (Kaspar David), geboren 1774 zu Breifswald, in Kopen⸗ 

bagen zum Maler gebildet, geftorben 1840 gu Dresden, wo er fett 1798 zuletzt 
< als Brofefior lebte. In Zeichnungen in Gepia vielleicht unübertroffen, lieferte er 
ſpaͤter auch mehre Delgemälbe, befonders Landſchaften, in denen, bei tiefer Auffafſung 
der. Ratur, eine ernfte, trübe Stimmung vorherrfcht. — 2) %. (Theodor Heinrich), 
geboren 1776 zu Königäberg in der Neumark, preußifcher Regierungsrath, der 
1813 unter das Luͤtzowſche Corps trat, fpäter in Berlin lebte u. ſich 1819 bei 
Hamburg in die Elbe Rürzte, belannt als Satyrifer. 

Fries, in der Baufunft der mittelfle Thell eines Säulengebälles zwiſchen 
dem ‚Unterbalten u. dem Kranze (Architrav u. Karnies); dann auch ein langer 
ſchmaler Streif, der oben an der Wand in horizontaler Richtung hinlaͤuft. Der 
5 im erfleren Sinne war den Griedyen eigenthümlidy und wurde, nach Stieglig, 
dem Gebaͤlke beigefügt, um dem Ganzen mehr Höhe und ein edleres Anjehen zu 
geben. . Bei der dortidhen Säule findet man ihn mit Metopen u. Triglyphen 
(f. 8.) bezeichnet. Zur Auszierung wurden die Metopen dann häufig mit Res 
liefs bebedt, während unter den Triglyphen am Architrav und oberwaͤrts auf 
€ Unseafläche der Kranzleifte ſechs Kleine Körperchen, die Tröpfen, als 

mud dienten. 

Fries (Jakob Friedrich), geboren zu Barby 1773, war Anfangs Haus 
(ehrer in der Schweiz, begab fidy dann nad) Jena, wo er 1801 Privawocent u. 
3 Sabre fpäter SBrofefior der Philoſophie ward. 1805 lehrte er Mathematik zu 
Heidelberg u. fam 1816 als Hofrath u. Profeſſor der theoretifchen Philoſophie 
abermals nad) Jena, wurde aber wegen angeblidy demagogifcher Lehren von fels 
nem Lehramte 1819 fufpendirtz feit dem Jahre 1824 war er PBrofefior der Ma- 
tbematif u. Phyſik, u. felt dem Jahre 1842 auch Mitredafteur der neuen allges 
meinen 2iteraturzeitung. Schriften von ihm find: Reinhold, Fichte u. Schelling 
(Leipzig 1803); bbiloföphifdhe Rechtslehre u. Kritif aller pofitiven Geſetzgebung 
(Jena 1804); Syftem ver anilofonbie (Leipzig 1804); Willen, Blauben u. Ah⸗ 
nung (ebend. 1805); neue Kritif der Bernunft (Heidelberg 1807, 3 Bde., 2. Aufl. 
1830, 31); Syſtem der Logif (ebend. 1811, 3. Aufl. 1837); populäre Vorleſun⸗ 
gen über die Sternfunde (ebend. 1813, 2. Aufl, 1833); über die Gefährdung 
des Wohlſtandes u. Eharakter6 der Deutfchen durch die Juden (ebend. 1816); 
vom deutſchen Bunde und deutfcher Staatöverfaffung (ebend. 1817); Handbuch 
der praftifchen Philoſophie (ebend. 1817, 1832, 2 Bde); Handbuch der pfychis 
ſchen Anthropologie (Jena 1820-1821, 2. Aufl., ebend. 1837 — 1839, 2 Be); 
die mathematiſche Raturphilofophte (ebend. 1822); Julius u. Euagoras (yhiloſo⸗ 
phiſche Romane) (ebend. 1822, 2 Bde.); die Lehre der Liebe, des Glaubens u. 
der Hoffnung (ebend. 1823); Syftem der Metaphufif (ebend. 1824); polemifche 
Schriften (Halle 1824); die Geſchichte der Philoſophie u. f. w. (ebend. 1837, 
1840, 2 Bde.) Er gibt auch mit Schmid und Schröter die Oppofitionsfchrift für 
Theologie u. Philoſophie heraus. 

Sriefel nennt man einen acut verlaufenden Ausfchlag, welcher bald im Ges 
leite anderer Krankheiten (ſymptomatiſcher F.), bald als felbftfländiges fieber- 
baftes Leiden Cipiopathifcher F., F.Fieber) auftritt u. fich durch Heine, eins 
sen ſehende, hirſekornähnliche, wenig judende Bläschen auszeichnet, die eine fauer 
seagisenbe, u, bei guͤnſtigem Berlaufe nad) einigen Tagen trüb werdende Fluͤſſig⸗ 


2. Biel irn 3 


keit Item, ohne zu zetreiſſen vertrodnen u. ſich kleienförmig abſchuppen. Der 
8. iR ein Ausſchlag, welcher daſſelbe Individuum öfter fm Leben befallen kann; 
fein Ausbruch erfolgt nicht auf einmal, ſondern in ‚wiederholten Nachfchuben, die 
ich oft wochenlange hinziehen; er iſt eine Außerft gefährliche Krankheit, und wird 
namentlich durch Metaftafen Cplöpliches Verſchwinden des Ausfchlages u, wäſſe—⸗ 
tigen Erguß in den Herzbeutel, die @ehtrnhöhle 2c.) leicht: tödtlich; Eritifch und 
die ‚urfprüngliche Krankheit mäßigend wirft der fymptomatifche F. nur. felten, 
Der $. if dr wefentlich theumatiſcher Ausfchlag, kommt daher nur unter Vers 
hättniffen vor, die der Entwidelung rheumatifcher Leiden günſtig find, u. gefellt 
I fymptomatifch vorzüglich zu anderen Rheumatimen ; tdiopathiich tritt, er ges 
woͤhnlich in Epivemieen auf, die meiftens auf feine Diftrikte beichränkt find, 
nicht lange anhalten, aber oft eine große Sterblichkeit bedingen. Kinder werben 
felten vom F. befallen; dagegen zeigt er ſich —— weiblichen Geſchlechte 
u. zwar um bie Zeit der Pudertäts⸗Entwidiung mit Vorwalten von Bruſtzufällen, 
Bruf-g., — bei Wöchnerinnen aber mit Vorherrſchen von Unterleibszufällen, 
Daud-F. Uebrigens müffen zur Entſtehung des Fis nody andere unbekannte 
urfächliche Momente gehören, da derſelbe in manchen Gegenden ganz unbekannt 
iſt, dagegen in andern ** vorkommt, woher es auch rührt, daß in ver⸗ 
ſchiedenen Gegenden ganz verfchiedene Anfichten felbft unter den Lerjten über ven 
8. beſtehen, wozu noch beiträgt, daß häufig andere, nicht hieher gehörige, Aus« 
ſchlaͤge mit dem 8. zufammen geworfen werben: fo der Schweip-$., welder 
zum Borfcheine fommt, fobald eine zarte, weiche Haut, aus was immer für eis 
ner Urfache, in Schweiß geräth, — der fogenannte weile F. ein mit hef⸗ 
tigem Juden verbundener Ausſchlag, — ver Gicht-%., der im Gefolge gi 
fcher Leiden auftritt, — endlich der Sch arlach⸗F., eine durch Heine Bläschen 
ausgezeichnete Abart des Schaͤtlachs. Dagegen bilden toirkliche, nicht wefentlich 
verſchiedene, Unterarten des F. der rothe $., der welße F., der Kryftall-B.— 
Der fomptomatiiche F. Scheint ſchon den alten Griechen bekannt geweſen zur 
feyn; als felbfiftännige Krankheit erfcheint er aber erft feit dem Auftreten des 
englifhen Schweißes (f. d.), u. am Ende des 17. u. Anfang des 18. Jahre 
hunderis war er eine fehr weit verbreitete, gewöhnliche u. geflrdtete Krankheit; 
in neuerer Zeit iſt er dagegen, wenigſtens an vielen Drten, wieder feltener und 
weniger furchtbar geworden. E. Buchner. : 
riefen (Frisii, Frisones) flammt von dem altdeuiſchen frefen, beben 
«weil fie einen fumpfigen Boden bewohnten), germanifches Bolt, das a den 
Ingävonen gehörte u. die nordweſtlichen Kandfride Germaniend von der miitleren 
Rheinmändung längs der Küfle bi zu der Weſtlüſte der Simbrifchen Halbinfet 
bewohnte. Im Süden waren die Brufterer ihre Rachbaren. Tacitus theilt 
in F. majores und F, minores. Sie wurden durdy Drufus, der fie, an ihrer 
Küfte Hinfegelnd, den Römern unterwarf u. fle gegen einen geringen Zins ald 
Bundeögenofien annahm, mit den Römern befannt und fanden mit ihnen im 
Bunde, weil zwifchen ihnen u. den Germanen iſtaͤvoniſcher Abſtammung ein Ras 
tionalhaß befand. Sie fanden dem Drufus audy bei dem Einlaufen in bie 
Ems u, in den Seefriegen gegen die Brufterer u. Ehaucen bei. Bel den Kriegen 
des Tiberius u. @ermanicus biieben fie den Römern treu; doch fuchten fie 
dm 3. 28 unter dem Proprätorat des 2. Aprovius von dem römtjchen Einfluſſe, der 
ihnen läftig geworben war, zu befreien und es gelang. Corbulo focht glüclich 
jegen fie; unter Rero machten fie Anfprüche auf das Land zwifchen Rhein und 
He. Im 4. oder 5. Jahrhunderte fanden fie im Bunde mit den Sachfen, mit 
welchen fie audy nad) Britannien überfchifften; fie breiteten ſich bei dem Verfalle 
der Römermadyt über alle Länder von der Mündung der Schelve bis zur Ems 
aus und behaupteten ihre Sitze auch bei der Völkerwanderung. Ihre Anführer 
führten gm Theile den Titel Könige; fo 680 Adalgis und fein Sohn Radbob, 
den der Majordomus Pipin überwand, zum Tribute nöthigte u. dem er Frisie 


“ Friedland — Frimont. 


citerior entriß. Rabbob erhielt inbe dieſes Land in den Karl Martell ſchen Uns 
ruhen 716 wieber. Sein Nachfolger Poppo wurde von biefem fränfifchen Her⸗ 
zoge überwunden und bie F. ben Hanten 734 unterworfen. Unter König Piptn 
rn fie mit diefem gegen die Sachſen, aber unter Anführung eigener Fürften, 
te Franken gaben ſich ohme Erfolg viele Mühe, fie zum Ghriftenthume zu brin⸗ 
gen, bis ieh 754 Karl dem Großen gelang. Auch im Mittelalter. zeigten ſich 
die 8; fehr tapfer. Obgleich im 9. Jahrhunderte von den Normännern hart 
mitgenommen, widerftanden fie doch im 12. u. 13. Jahrhunderte den fie beftegen- 
den Grafen von Holland tapfer, zeichneten ſich unter den Kreusfahrern als kühne 
Seefahrer aus u. follen, nach Adam v. Bremen, um 1040 Island entdedt u, 
noch welter fahrend, ein golbreiches Land (vieleicht Amerika) aufgefunden haben. 
In der Folge gerfiel das Land in die Provinzen Weftfriesland, Friesland 
(wozu Dver-Dfiel u. Gröningen gehört) u, Oftfriesland (f. d.); erfiere Län- 
der machten Theile der belgifchen Provinzen aus und hatten eigene Grafen, die 
nad) u. nach von den burgundifchen Bürften verdrängt wurden; Weft- Friedland 
mußte fogar den Namen Nord Holland annehmen. Df- Friesland blieb immer 
bet Dentichland. — Die Friefifche Sprade nahm durch die politiſche Ads 
fonderung u. Beharrlichkeit der F. bei ihren altangeftammten Sitten u. Rechten einen 
langfamen Gang, fo daß, obgleich die altfrieftichen Denkmäter, deren Hauptjäclichfte, 
Die, Im altfeiefi en Wörterbuche von Wiarda, Aurich 1786, befannt gemachten, 
Brofmer Wilfüren u. das Agefabuch, herausgegeben von Wiarda, 1805, enthalten, der 
Zeit nady den mittels u, nicht den althochdeutſchen Denkmälern zur Seite ſtehen 
die friefifche Sprache darin auf einer ungleich älteren, ver althochveutfchen alemlich 
nahen, Stufe erſcheint. Zu bemerken find: Wiard's Gefchichte der ausgeftorbenen 
alten friefiichen Sprache, Aurich 1784, u. Friſil Spropl te af Rasf 1825. Noch 
jet wird ein Dialeft, ver an der Weftfüfte Schleswigs nördlich der Landſchaſt 
Brebftedt big Ripen u, auf den nördlichen däntfchen Inſeln der Weftfee gefprochen 
wird, als frieſiſche Sprache bezeichnet u. in demfelben in den Kirchen des nord⸗ 
weftlichen Schleswigs pepredigt, 
Friesland, 1) Provinz im Königreiche der Niederlande, am deutfchen Meere 
Mordfee); hat 49 [I Meilen niedriges, durch Dämme gefchüptes, fandiges und 
hatdiges, doch audy fruchtbares (Marfch-) Land u, wird nur von Heinen Flüſſen 
(größter: Lauwers, mündet in den Meerbufen gleichen Namens, Hleinere: Linde, 
Eonare, Paſeng), aber von defto mehr Seen (durch Ausftehen ded Torfs ent- 
Randen, ais Titeule-, Slooter-Bergumfee u. a.) u. vielen Kanälen bewäffert. Die 
Ginwohner, 240,000, meiſt Reformirte, find Frieſen, hängen am Alterthuͤmlichen 
forecyen einen eigenen Dialekt des Holländifpen (f. o.), befigen viel Redlichkeit 
u. Treue, treiben Aderbau (Getreide zur Ausfuhr, berühmte Erbſen, Kleefamen), 
Viehzucht mit Gewinn von Butter (für 700,000—1,000,000 Gulden) und Käfe 
(4 Mil. %), Pferde, Schafe, Schweine; haben mehre Indufttiegweige. $. fendet 
fünf Deputiste zu den Generalftnaten. Hauptſtadt Leeumarben. — Ueber das 
au ae k * an riefen. 2) f. Dſifriesland. 
tigga,.f. Freyja 
ML Gohann Graf von, Fürſt von Antrodocco) geboren 1756 
aus einer altabeligen lothringiſchen Familie, wanderte 1791 aus Frankreich aus, 
nahm Dienfte im Conde’fchen Corps u. ging nach Auflöfung deffelben als Oberk 
eines Zägerbataillons in öfterreichliche Dienfte, wo er nach u. nad) bis zum Feld⸗ 
marſchalllieutenant flieg. Er zeichnete fich in den Feldzügen von 1812 aus und 
übernahm, nad) des Fürften von Schwarzenber; Agang von dem öfterreichtichen 
Auziliarcorps , defin Commando hinter ber Sit 813 und 1814 befehligte 
er die Eavalerie und den rechten Flügel der Armee von Italien rühmli 
unter dem Serhgeugmeifer ‚Hiller. 1815 commandirte er das Heer gegen at, 
biieb aber mit 60,000 Mann am Po fichen u. entfendete nur den Feldzeugmeifter 
Sſancht mit einem Heere gegen denfelben, der deſſen Reich in Reapel bald ein 


Friſches Haff — Friſt. 497 


Ende machte, ‚Mit der Hauptmacht zog F. gegen: bie frangöfifchen Alpen u. lam 
Suchet mit ber, Befegung der Päffe derfelben zuvor , ſturmte Fort Esclufe, bes 
este Grenoble u. Lyon und entfendete einen. Theil des Heeres gegen Befangonz 
1821 befehllgte er das üfterreichifche Heer, das 52,000 Mann ftark nach Neapel 
ying, um daſelbſt die Ruhe wieder herzuftellen, rüdte in Neapel ein und flillte fo 
vie olutton. Der König von Neapel ernannte ihn zum Fürften von Antros 
occo u. der Kalfer von Defterreih zum General der Cavalerie u. zum: Grafen. 
1825 erhielt er das Generalcommando in der öfterreidhifchen Lombardei u, ward 
— ug Er ftarb 1831 im December als Hofkriegerathöpräfident in Wien, 
ın der holera. . 

Frifches Sf, 1. Haff. 

Friſchlin, Nifodemus, ein vielfeitig u. elegant gebilbeter Gelehrter, ge⸗ 
voren zu Balingen im Württembergifchen 1547, fudirte zu Tübingen und wurde 
yafelbft ſchon in 5 21. Jahre Profeſſor der. Dichtkunft u. Geſchichte. Als er 
rm Kaljer, Rudolph N. 1575 feine Komödie »Rebeccas überreichte, wurde er. von 
viefem zum gekrönten Dichter u. comes palatinus ernannt. Als er. 1578) wegen 
iner Rede »de vita rustica,« worin er ‚gegen die Laſter des Adels eiferte „in 
jroße Verdrtießlichleiten gerieth, Iegte er fein Ant nieder u, nahm 1582 das Reks 
orat.zu Laubady in Krain an, Tehrte aber jchon nach zwei Jahren, weil ihm 
‚as Klima nicht zuträglich war, nad) Tübingen zurüd. Da er hier feine Anftels 
ung erhalten fonnte, zog .er mit feinen, Manufcripten von einem Drte zum an⸗ 
verm, Fam mach Leipzig, "ara Wittenberg , folgte 1588 einem. Rufe ald Rektor 
ver Martinifchen Schule raunfchweig, blieb aber nur 48 Monate und zo 
yann nach Frankfurt a. M., in der Abficht, hier zu fchriftftellern u, eine Dru« 
inzufegen, Um die bazu erforderlichen Koften beftreiten zu lönnen, fchrieb er ‚aut 
einen Herzog Ludwig u. bat um das Erbgut feines Weibes; allein die herzoglicye 
Hoflanjlei 4 es Ähm ab, Da $. diefen Brief mit Bitterleit beantwortete, ſiellie 
nan ihm nach, nahm ihn gefangen und brachte ihn nach dem: Schlofie Hohen 
Urady. Hier war es, wo er den 1. Dec, 1590 des elendeflen Todes flarb, indem 
?r, da er feinem Felſenkeller entrinnen wollte, an. den Klippen deſſelben zer— 
Ichmetterte, Sein Unglüd entftand aus-einer Miſchung von eigener und fremder 
Schuld. Als Gelehrter verdient er die Achtung aller Zeiten. Die geihmadvolle 
Art feines Vortrages verfchaffte ihm beim mündlichen Unterrichte den größten Bei⸗ 
fall, Seine Schriften u. Gedichte Inn das Gepräge eines lebhaften und. erfin⸗ 
dungsreichen Geiſtes, und laffen eine genaue Bekanntfhaft mit den: Werfen der 
Alten bemerken. Zum Komifchen hatte, er ein vorzügliches. Talent, Einige gar zu 
beißende Stellen und Ausfälle gegen feine, Gegner —J gehört er, als 
Schriftfteller, unter die Jierden feines Jahrhunderts. an hat von ihm Aus⸗ 
gaben einiger Claſſiler, Abhandlungen über die lateiniſche Grammatik, treffliche 
Inteinifche Gedichte, Reden, Briefe u. f. w. Operum poelic, pars epica, (Argent. 
1602, 8.); pars scenica (ebend. 1592, 8.); Elegiae (ebend. 1601) ‚Frischlinus, 
fama scriptis ac vitae exitu memorabilis, auet. C. H. Ion (Braunfchw, 1727, 
8.); Jac. Frischlini (fratris) Frischlinus ‚redivivus (1599, 8.); Pflüger vita 
H F. Argent 1605. Bergl. Gonz. Heine proſaiſche Schriften Band J. (Tü⸗ 
ingen * 

Friſt, der Zeitraum, innerhalb deſſen entweder nach gefestiher Borfchrift, 
oder nad. Beftimmung des Gerichtes, oder nach ber Uebereinfunft der Partelen, 
und ber Genehmigung des Richters, eine Handlung gefchehen muß oder darf, Man 
unterfcheidet zunächft difatortfche.u. peremtorifche $.; jene iſt von der Art, 
daß ihre Berfäumung nicht den Verluft des, Rechtes, der vorzunchmenden Hand« 
lung, für die die F. gefegt war, nach ſich zieht, fondern.nur die, durch das Verfäums 
niß bewirkten, Koften oder etwa angedrohte Strafe; die F. wird erneuert und 
deren abermalige Berfäumniß mit höherer Strafe u. dem Verlufte der vorzunchs 
menden Handlung bedroht, wodurch fie eine peremtorifche F. wird, denn bie F. 
muß erft wiederholt u, erneuert werben, Dur Berfäumnig einer Neremtortichen, 

Realenepclopädle. IV; , ” 


498 er re 


F. dagegen geht die Berechti von welcher ini gefehten F. Ge⸗ 
—5 —* achen war, ——— * ‚war, 0) Me af es — Ungehor⸗ 
—————— bedarf, went die peremtoriſche F. eine vom Gefep mmte 


(fatale in der engeren Bedeutung) war. Regelmäßti 2 alle gefeglt * en per: 
emtotiſch; von der richterlichen dagegen — ve dritte gefehte F., 
wenn nicht (mas den Gerichten auch frei fleht), alle * Fen in — 
nißmaßig g lanası peremtorifche, zufammengenommen find. Gin fernerer Unterſchied 
iſt der, As ie tichterll⸗ . Een auf Anfuchen der Parteien ( F.geſuch) —— 
werben fi re ($- 1 $-Erftrefung, Brorogation, Dilatio), die ge 
Re jegen nicht. Die: eitredhnung in Anfehung der Fen ift die gewöhnliche 
* de} * Fe im Zweifel bie richterlich beftimmten Fen den Tag 
u dem Infinuationdtäge der richterlichen erfü ung an zu laufen, u, die Erben 
einer Partei, welche vor Ablauf. ver zur Born einer Handlung beflimmten 
8. flicbt, genleßen die volle F. wieder, welche für fie von der Zeit der Antretung 
der Erbichaft an berechnet ift. — Im fächfifchen Rechte ift befonders die IH AHER 
merkwürdig; fie ommt von der alten breimaligen Borladung her, von 
e jede den Zeitraum von 14 Nächten in ſich fa — fie befkht aus 6 oder 
u. 3 Tagen; diefe F. wird auch bei der fächflfe fähtung von Jahr u, Tag 
(ennus Saxonicus) zu dem Jahre noch an je langen Fen in den 
älteren Prozeforbnungen BEN das Ende eines Prozeſſes auf läftige Weiſe; 
neuere P haebun, die —32 u. anni e, pr dutch zwei; 
mäßige Abkürzungen —— zu ſteuern gefucht. Sermin. Der deutfche 
Unterfuhungsprogeß, * a an te firebend, kennt u — bei 
formellem Rechte —— Noth⸗F.en nicht. ea die F. zur Einreidung der Des 
fon hat nur den Sachtwalter treffende Verfäumnt — Se, Ber 
* eines anderen Defenfors, nicht das Präjudiz des Verluſtes der Defen- 
ir iſt der Gebraud) der RT meinrechtlich an feine Präcu- 
Mor. hervorbringende Noth⸗F. gebunden. Im Ant! Ya * aber, ſelbſt =. * 
peinllchen Gerichtsordnung Ariikel 21, und jeht noch da, wo er beſteht, 4. B. 
Sranfreich, finden Noth⸗den ftatt, 

Friihjofs · Sage, altnordtfche Sage, von Frithiof, Sohn Thorftens, eines 
Bonden (freien Bauern) zu Framnäs, welcher mit Ingeborg, Tochter Beles, 
des Königs von Syrfirand, bei Hilding erzogen wurde. Frithjof liebte Inge 
borg u. warb nad) Bele’s Tode bei defien Söhnen, dem wilden Helge und dem 
weichlichen Halfdan, um Ingeborgs Hand. Diefe aber fchlugen fie ihm, als 
einem Bonden, ab; Frithjof, dadurch gefränft, verging fi an Helge umd mußte 
x Strafe Angantyrs Schag holen; darauf mußte er, weil’ er den Brand von 

alders Tempel N veranlaft hatte, landflüchtig werden. Damals fam er zum alten 
Könige Ring orig), der en — ‚ehelrathet hatte, und dieſer ver⸗ 
machte ihm Reich u. Weib bei feinem Tode. Sefiofor ging nun nady feiner Hei⸗ 
math, fühnte feinen revel 6 daß er einen neuen Tempel baute und erbtelt 
von Halfdan (Helge war erfhlagen worden, da er einen finnifchen Tempel fürs 
zen wollte) die Hand Ingeborgs Rings Reich verwaltete er bloß 618 zur Müns 
diglelt des Sohnes defielben. Dieß der Inhalt ver, in Tegners (f. d.) Be 

arbeitung berühmten 5. — Ueber die töländiiche 8. f. tt, Saga. 

Friglar, alte Stadt in der Furheffifi Provinz Sie sfr, an * Eoder, 
ehemals mit einem berühmten "Benebictinerfiofler u. noch reiı eiſtlichen —* 
tungen, hat 3000 katholiſche Einwohner u. ernipe Fabrifen, def ers in Stein 
ai und Tabal. — Hier wurde auf einem Reichötage 919 Heinrich I. von den 

achſen u. Franken zum beutfchen Könige gewählt, 1232 wurde die Etabt von 
Heintich Raspe, Landgrafen von Thüringen, erobert u. 1400 Herzog Friedrich 
von Braunfhiweig dafetoR von den Grafen von Waldeck überfallen und getötet. 
Bis 1802 war F. kurmainziſch, fiel. dann an Kurheffen; 1803 wurde es zum 
Ze te. BWeftphalen gef&lagen, nach deſſen fehnellem Ende es wieder an 
url 


N] 


Frobenlus — Froͤllch. 499 


Frobeninus (Froben), Johann, ein gelehrter Buchdrudet, der deut ſche 
Aldus“ genannt, 1468 zu Hammelbutg in dranten geboten, erhielt ſeine wiſſen⸗ 
ſchaftliche Bildung in Bafel, war in den Offizinen ys u. Vetris Cor⸗ 
rector, legte 1491 eine eigene Buchdtugerei an u. drudte unter andern. die Werte 
von Erasmus (f. d.) und bie Iateinifchen Kircyenväter, Ge-flatb, als er eben 
mit — der ariechiſchen Kirchenväter beſchaͤftigt war (1527), welcher 
dann von feinen Söhnen Hieronymus u. Johann u, feinem Cidam Nikolaus 
ie ——— sa Sechbra gb = — — 

tobifher, Sir Martin, mter Seefahrer, geboren zu Don 

der Grafſchaft Dorf, trat frühe in ben Seedienft u. 2 ſich durch Kühnbeit 
u. Geſchicklichleit aus, Bon einer nordweſtlichen Durchfahrt überzeugt, erhielt er 
vom der Königin Eliſabeth drei Heine Schiffe. Er entbedtte jeln u. bes: 
ſonders die nach ihm benannte ‚Straße. Zwei neue, a diefem fe unternoms 
mente, Reifen blieben gleich erfolglos. Rühmlichen Theil nahm er 1585 an Drake's: 
Zug nach Weftindten, trug 4583 bedeutend zur .Zerflörung der Armada bet und 
vard 1594 mit vier Schiffen zur -Unterflügung Heinrichs IV. von Franlreich abe 
gefendet. Bei Breft töptlidy verwundet, flarb er auf der Rüdrelfe 1595. 

Frodoardus, geb. 894, ſtammte aus der Cha u ftarb ale 
u. Chorherr zu Gormich 966.. Er ift bekannt als er Duellenfchriftfteller, 
veffen Werke ſich durch Grünplichfeit und Wahrheitsliebe aus; + Annales, 
sive chronieon ab anno 919—966 «in den Sammlungen von Br. 125 
von Ducyesne Bd. 2; von Bouquet Bd. 5 1..6)5. Historia Rhemenseis. 
(herausgegeben von Sirmond, Par, 1611 u, von: Eouventer, Donay 1617); Huch 
Bedichte hat man: von ihm. r 

Fröhlich, Abraham Emanuel, beutfcher Dichter, wen 1. Febt. 1796 
m Brugg im Canton Aargau, Dr, der Phtlojophte, war feit 1827 Profeſſot der 
deutfchen Literatur an der Cantonsſchule zu Aarau, wurde aber 1836 feiner Stelle 
entlaffen, weil feine politifche Gefinnung der radikalen Regierung nicht angeneh 
war, Er ift feither Diakon u, Lehrer an der Stabtfchule zu Aarau. . war d 
ooetiſche Beiträge zu dem Schwelgertafchenbuche „Alpenrojen“ ſchon rühmlicy bes, 
kannt, als er ſich zuerft durch feine „neuen Babeln mit Umrifien von M. Difteli“ 
2. Auflage, Aarau 1829) in weiteren Kreifen einen Namen erwarb. Er, verließ 
nämlich die didaltiſche Welfe der älteren Fabeldichter und ftellte in, Kleinen origi⸗ 
zellen. Bildern aus dem Thierleben die Gebrechen unferer Zeit mit treffenden. 
Bige u. fcharfer Satyre dar. Bon feinen übrigen Dicyterwerfen nennen; wir ins⸗ 
vefondere feine durch Gefühl u. vaterländifchen Sinn ausgezeichneten „Schweizer« 
teder“ (Marau 1827), von denen viele, durch feinen Bruder. Theodor .(t 1836) in 
Mufif geſeht, bereits zu belichten Volksliebern geworden find, die „iegleen an 
Biege u. Sarg" (Reipzig 1835) u, die epifchen Gedichte „das Evangelium St, 
Johannis in Liedern“ (ebendafelbft 1835), „Ulrich ‚Zioingli, 2% Gefänge" (Zürich 
1840), und „Ulrich von Huttem, Epos inı17 Gefängen“ cebend, 1845). Im den 
edteren fucht er mit warmer, adjtungswerther Weberzengungätreue das Chriſten⸗ 
hum und ben älteren Proteftantiemus zu verherrlichen. Im neuefter Zeit hat er; 
sufgerufen durch die Zeitereignife in der Schweiz, ſich wieder der Satyre zuges 
vendet, In feinen Gedichten: „ver junge deutiche Michel, eine Sammlung von 
133 Xenien“ (Züri 1843 u. 3, Aufl, im nämlichen Jahre), „Radikale Jéſulten⸗ 
* ‚ nehalten am Neujahrstage von Pater Incognitus, Niıglied des Dibens 
er Reujefuiten“ (ebend. 1. u. 2. Aufl,-1845), aut dem Emmen felde bei Luzern 
um 1: April 1845” (ebend. 1845) u. Soch wunderbatlliche vaterlaͤndiſche Vro⸗ 
hezeiungen auf das Jahr der üngnade 1847 (Grauenf. 1847) geißelt er mit 
aunigem. Spotte u. mahnendem Ernſte das Treiben des Radikalismus und der 

veutichen Flüchtlinge in der Schweiz. Er tft einer der geachtetften u. wegen feiner 
harfen Feder am meiften gefürdyteten fogenannten Liberal-Eonfervativen, ,, « L. 

Frölih, Wilhelm, tapferer Anführer im: den Hugenottenkriegen, geboren 

w Mnfang des 46, .Dahrhunderts gu Rinebach bei dich ——— 


500 Frohnabloͤſung 


nannte Reformation in Zürich Meiſter wurde, als treuer Anhänger des katholiſchen 
Glaubens, 1527 feine Heimath u. begab fi) nad) Solothurn, wo er das Bürgers 
recht erhielt. Bald darauf trat er in framzöftfche Dienfte, in denen er ſich durch 
Kühnheit und Umficht auszeichnete. Wis Oberſt von verſchiedenen Schwelzerregis 
mentern, bie fich ımter feiner Anführung des Ruhmes ihrer Väter würdig zeigten, 
fämpfte er gegen bie Hugenotten. Mit 6000 Schweizern entfchlen er 1544 bie 
Schlacht von Gevffola. %. farb 1562, zum großen Bedauern ver koͤnigl. Familie. 
Er wird von Thuanus »magni nominis inter Helveties dux« genannt. L. 
Frohnablöſung. Au ſich bat der Dienftcontract, vermöge deſſen ber 
Grundeigenthümer —E fortgab und fich dagegen Zinfen, Zehenten, Feld⸗ 
u. Birthf aftsdienſte verfprechen ließ, nichts © chälfige® u. verlegt auch die na⸗ 
türliche Freiheit nicht; auch waren die Berbinplichkeiten Anfangs nicht fo druͤckend; 
als aber die Bevölkerung fpäterbin dichter ward, änderte fid) das biöherige Ver⸗ 
hältniß. Der Boden wurde an u. für ſich u. durch feine, durch Cultur geſtei⸗ 
erte, Ergiebigkeit mehr, die arbeitenden Hände weniger werihz dad Gelb trat 
ein anderes Verhaͤliniß zu den Landeserzeugnifien, als früher, die Unterihanen 
in ein anderes Berhältnig zu den Grundherren, u. es wurde nach u. nach bie 
bisherige Einrichtung beiden Theilen, vornehmlich ben Unterthanen, läftig, ie 
mehr d dient in der Bildung fortfchritten und begriffen, daß fie ihre Kräfte 
auf die Bearbeitung ihrer Felder nüglicher verwenden Fönnten, wenn dieſe von 
Laften frei wären. Daher insbefondere der Widerwille gegen die Dienſte Giehe 
Zrohnen) u. das nicht verfennbare Befireben, dieſelben fo ſchlecht u. nachläfftg, 
als nur immer möglich, zu leiſten. Unglaublich if die Berfchwendung an Kräften 
von Menfchen u. Vieh, die durch diefe Frohnen veranlaßt ward; zahllos waren 
die Kniffe, die fich der Bauer erlaubte, um feine Knochen oder die Kräfte feines 
Biehes, das, weil es größtentbeils des Frohndienſtes wegen gehalten werben 
mußte, an ſich fchon Fein und fchwer war, zu fdhonen, oder wenigſtens dem 
Frohnherrn zu fchaden. Die Foige davon war, daß das fchlechtbeitellte Feld 
andy ſchlechte Krüchte trug, und man kann wohl einen großen Theil der Berar- 
mungen des Standes der Butöbefiger in den früheren aelten der Beftellung ihrer 
Felder durch Frohndienfte zuſchreiben. Diefe waren fomit ein frefiender Krebs 
haben, der an dem Iandwirthichaftlichen Gewerbe nagte u. fein Aufblühen bins 
derte. Mit der Ausbildung gefunder Ideen über Staatswirthfchaft und Unters 
thanenwohl erhoben fidy daher Stimmen für pie Adlöfung der Grundlaſten und 
Dienfte, und es kamen fchon häufig Beifpiele vor, daß einzelne Gutsherren ſich 
dur Privatvertrag mit ihren Unterthbanen über Aufhoͤren der Laften u. Dienfte 
einigten, bis endlich audy die Häupter des Staates das Nützliche u. Nothwen⸗ 
dige der Ablöfung für die Unterthanen, den Staat u, audy den Lehnsherrn bes 
griffen. Es wurden erſt zur Berbeflerung des Zuftandes der Bauern die unges 
meflenen Dienfte in gemneffene verwandelt, dann aber durdy geſetzliche Beſtimmun⸗ 
gen faft überall die Ablöfung ſämmtlicher Frohnen geftattet. Das Verdienſt ber 
erfien Anregung gebührt, dem damals hart darum getabelten, Kaiſer Joſeph IL, 
der in der Mitte des vorigen Jahrhunderts die Ablöſung ber Grundlaſten und 
Dienfte in den oͤſter reichſſchen Erblanden verorpnete und für die Dienſte 
ein Marimum von 173 Proc. vom tohen Ertrage feftfehte. Jetzt iſt die Frohn⸗ 
oder Robotablöfung, wo fie in Defterreich nody nicht ausgeführt I, was in 
manchen Provinzen ‚gen, in andern theilweiſe flattfindet, dem freien Ueberein⸗ 
Tommen der Obrigfelten mit den Unterthanen überlaffen, und es find jene bloß 
amgeiolefen, fie nach Möglichkeit zu befördern. Nur in Galizien, Böhmen und 
Mähren beftehen die Frohndienſte noch in ihrer vollen Ausdehnung, find aber In 
den beiden letzteren audy ſchon theilweiſe abgelöst, und welche Schritte für bie 
Robotablöfung in Galizien gefchehen, iſt aus den öffentlichen Blättern bekannt. 
In England fand früher fchon eine gerfegung der Frohnen in gemefiene u. Ver⸗ 
wandelung derſelben in eine gewiffe Rente flatt; fonft aber beichen die Laften 
ao amangetaſtet fort, In Frankreich wurben zur Mevolutionsgeit 1793 alle 


Grundlaſten u, Dienfte ohne Bergütung ohne Weiteres aufgehoben. Auch führte 
die franzoͤſtſche republifanifche Regi ‚, wie fpäter die kallerliche, die Abld 
in allen eroberten Ländern ein: B, 1808 im Fuͤrſtenthume Fulda u. im 8 
reiche Weſtphalen, 1811 im Großherzogthume Berg und in dem Elb⸗ 
Weierdepartement. Leibeigenfchaft, ungemefiene Dienfte, Geſtndezwang ıc. wurden 
unentgelolid aufgehoben, gemeſſene Frohnen abgeſchaͤzt und mit dem 2öfachen 
Betrage vergütet. In Preußen wurben burdy Ebikte und Declarationen von 
1808, 1811, 1816, 1819 u. 1821. Dienfbarkeiten und Berechtigungen für abs 
löslich erklärt, und nad) einer Berorbnung von 1821 warb vorgefchrieben, . wie 
— ——— —— 
ollten. In Bayern er Br er: 9. a 
funde von 1818, in Württemberg und Baden burh bie von 1819, in 
Belfen- Darmfab! durch die von 1820, in Braunfchweig durch bie yon 
823, in HeffensKaffel u. dem Königreidhe Sachfen vurd bie von 1834, 
in den herzoglid ſächſiſchen Ländern durch die verſchiedenen Conſtitutionen 
auögefprochen u. überall durch fpätere einzelne Befehe, die den bisher angeführs 
ten mehr\oder minder ähnelten, eingeführt worden; nur in-Hannover u. Zur 
heffen wurden die, unter franzäßffcher Herrfchaft getroffenen, Verfügung 
Sefeße von 1814 und 1815 wieder aufgehoben,. d Beſti 
ind in den früheren Weg wieder eingelenkt. Die Einfprüdye der Grund» und 
beſonders ver Standesherrn Reben dem Fortfchreiten der et in einzelnen 
Staaten bindernd entgegen. + Es haben fidy zwar viele, gum T ehr plaufible, 
Stimmen gegm bie ung der Grundlaften u, er 
mentlich angeführt warb, —* den Unterthanen dadurch neue und in ber 
Wirklichkeit größere Laft, flatt einer gewohnten umd darum leichteren, aufgelegt 
werde; allein diefen Einwürfen flehen gewichtige Gründe gegenüber. Bereits. 
auch die Öffentliche Meinung zu Bunflen ver Wolöfung entſchieden; vie eifrig 
Gegner werden da, wo fie wirklich eingetreten, oft befehrt, und bie Minderheit 
ihrer Feinde wird immer Feiner. Betrachten wir die Vortheile, weldye die Ab⸗ 
Iöfung der Grundlaften u. Dienfte den Unterthanen, dem GStaate u. dem Grund⸗ 
herrn gewährt, Kurz, fo finden wir folgende Refultate: Die Unterthbanen bes 
freit fie von einer Menge Pladereien, ſchiefer und läftiger Einrichtungen und 
unzwedwmäßiger, widriger Kormen, die von dem laſtenden Theile ein weit größeres 
Capital an Arbeit und Mühe in Anfpruch nehmen, als es dem empfangenben 
Theile werth if: fie macht ihn zu einem freien Manne und zum Be eines 
freien Gutes. Für den Staat iſt fie vortheilhaft, weil er Dadurch eine Menge 
wirklich unabhängiger Staatsbürger erhält, bie, da fie nur für fi, nicht für 
einen Andern arbeiten, fidy weit mehr mühen und eifriger nachdenken werben, 
ihren Wohlſtand zu mehren, dadurdy auch dem Staate mittelbar nüslicher werden 
u. nun für Baterland u. Eigentbum zu fireiten einen größeren Beruf fühlen. Der 
Grundherr endlid empfängt weit leichter eine Einnahme, deren Beltreibung 
nad) der Die herigen Weiſe geh ig u. mühſam, die fogar oft unergiebig war; 
auch erwachſen Ihm aus der Gapitalifirung der zeitherigen jährlichen Einnahmen 
mancherlei Vortheile. Bol. JZahartä, „Der Kampf des Grundeigenthums mit 
der ®rundherrlichkeit” , Gelbeiberg 1831. St, 
Frohnen (Frohnden, Frohn⸗, Herrens, Hofdienfte, bäuerliche 
Dienſte, Scharwerke, (ſlaviſch Roboth, von robota, arbeiten; franzoͤfiſch 
corvees) von dem altdeutſchen Worte, Frohn, herrlich, herrſchaftlich, find Dienſte, 
weldye der DBefiger eines Bauerngutes (Frohmgutes) oder verpflichteten Grund⸗ 
ftüdes dem Staate oder der berechtigten Gerichts⸗ oder Butöherrfchaft (Krobn- 
herr) zu leiften bat. Die F. begreifen alle perföntichen Dienſtleiſtungen in fidy, 
welche von dem Beſitzer Frohnbauer, Fröhner) eines Bauerngutes, auf dem 
fie als Reallaſt haften, entweder gan unentgelblich, oder doch gegen eine verhält 
nißmäßig geringe Vergütung geleiftet werden müſſen. Sie find deutſchrechtlichen 
Urfprunges und gründen fid) auf einen ausbrüdlichen, oder ſtillſchweigenden Ber 


—* 





. 


502 Froiſſart — Fronde. 


> trag, dutch welchen freie Leute ſich mit ihrem Eigenthume einem mächtigen 
a oder einer geiftlichen Stiftung als 839 chußs, Dienfts u. Zinsleute 
‚übergaben, ober durch welchen fie ſich für das Cigenthum, oder die erbliche Be: 
Aehnung mit einem Gute, das ihnen vom Grunbheren eingeräumt: wurde, flatt 
ded Kaufe und Bachigeldes zu Dienften und Zinfen verpflichteten. Es war dieß 
eine natürliche Folge davon, daß urfprünglich einige, Wenige mit allem Grund u. 
Boden belehnt wurden u. biefe großen Grunvherren nun —— nach Belieben an 
die Mehrzahl wertheilten, unter der Verpflichtung, theils das: ihnen vorbehaltene Gut 
u bebauten, theils ihnen andere Dienfte, Natural- u, Geldzinſen zu leiften. Eine 
Ahntiche, in der Regel mit Leibeigenfhaft (f; d.) verknüpfte, Berpflichtun; 
warb: unterworfenen Wölferfchaften auferlegt, in deren Mitte die Sieger auf 
open Gütern ſich nieverliehen, wo eo dann jene; im Vergleiche mit dem Ber- 
en der alten: Bölfer, als eine Wohlthat betrachten mußten, unter dieſen Ver⸗ 
tungen ihre Güter behalten zu dürfen, Dan theilt die F. in vertrags- 
er oblerbommäßige u, in gefegliche, nämlich folche, die ihren n. em 
‚Grund in allgemeinen Randesgefegen haben, Rach dem Subjelte des Berechtigten 
untetſcheldet man Landfolge, d. 1. dem Staate oder dem Landesherrn zu leiftende 
Dienfte, als: Stege, Sicher, u. Brüdenbauführen, Aufjuchung, Verhaftung u, 
ende von ern, Jagdftohnen, Burgfeften ıc.; Gut8-®. (Herren, 
ofd —*8 die dem Gerichts- oder Guisherrn au leiſten ſind, als Aderbienfte, 
jatıdienfte, ‚Ehen ac. ; endlich Gemeinvesß. Reihepienfte, Nach bar⸗ 
»pflichten), wie die Nacht⸗ F., bei denen Jeder ver Reihe nach wacht. Nach 
der Art der Lelftung unterfcheivet man Spann- u. Hand-g. oder Dienfle, wor 
von lehtere Männer: oder Weiberdienfte ſeyn können. Die Spann:B. werden 
mit Zugoleh gethan ; die Hand».  beftehen in Botengehen, Treiben bei der Jagd, 
Gapın ‚en, Arbeit mit Haue u, Spaten ı.. Das nöthige, Gefchirr 
und, Geräth haben die Fröhner mitzubringen, Hinſichtlich der Zeit ver Leiftung 
find. die F. in gemeffene, bei denen Zeit, Ort, Zahl und Art der Dienfte ber 
ſtimmt iſt, und ungemeffene getheilt, bei welchen entweder nur das Eine, oder 
Andere, ober gar Nichts feftgefeht ift u. das Bedürfniß — —————— 
Gutes oder auch rechisveijaͤhries Herlommen den Maßſtab abgibt. Inder Regel 
Tonnen nur ſolche Dienſte verlangt werden, welche Feine befondere Kunſtfertigkeit 
erfordern, nicht länger, als von Eoumsmaufgang bis zu Sonnenuntergang dauern, 
bloß die Wochentage in Anfpruch nehmen u, vorher argefagt worden find; nicht 
angefagte Fönnen nicht gefordert werden. Jeder Dienft und defien Beichaffenheit 
muß vom Dienfiherrn eriwiefen werben. Gutöberrliche ſtehen den Landes⸗F. nad). 
Die 8. erlöfchen durch Verjährung, wenn der Berechtigte binnen 31 Jahten 6 
Moden 3 Lagen drei Mal Gelegenbeit gehabt hat, die 8. zu fordern: und. dieß 
ohne Proteftation verabfäumt hat, Die drüdende Laft der F. der Rachtheil, ven 
fie der Landwirtbfchaft, u. der oft geringe Nupen, ven fie den Berechtigten brin- 
gen, haben zuerft zu der Verwandlung der ungemeffenen in gemeflene und zulegt 
zu allgemeiner Ablöfung in vielen Staaten geführt. Bl. — St. 
Froiffart (Jean), Kanonikus und Schapmeifer der Collegiatlitche zu 
Chimay im’ Hennegau, geboren: zu Valenciennes 1337, geftorben 1401, als 
Dichter u. Hiftorifer berühmt, verfaßte viele Heine, gefühlvolle, geiftliche und ge 
ſchichtliche Gedichte, von denen aber Nichts gevrudt ift, als was beiläufig tm 
M&moire sur la vie de Froissart par de la carne de Ste. Palaye, in den Möm. 
de l’Ac. des susc. X. 664. und in befien Notice des poesies de Froissart, 
ebendaf. Hist. XIV. p. 219 ſteht. Wichlig iſt feine Histoire et chronique von 
1326 bis 1399 (par Denis Sauyage, Lyon 1559 — 61, 4 Bde., Hol., Paris 
4574, 4 Bde., Hol. Leptere iR die 5. Ausgabe, aber Feine iſt durchaus genü« 
gend. Gnglifh von Thomas Jones, Bd. 1, London 1803. F. ſchildert fehr 
Sücug 6, aber nicht überall ämpartelifch genug. Den Geift feiner Zeit kann 
man 


ut daraus kennen lernen. 
Eronde fir eine politische Bastel in Frankteich, die ſich während, der Min, 
€ L 


Beonleiguandfeh, 50 


berjäßrigkeit Ludwigs XIV. gegen ben Garbinal Mazarin, wegen ver Eins 
führung neuer Gteuern erhob, en Ramen erbieit fie von. Badhaumont, der 
einft Same fagte, „das Parlament (hiefes war naͤmlich das Hauptorgan 
der Oppo gegen Mazarin) Fäme ihm vor, wie bie Heinen Kaaben, die im 
Stadtgie von Paris mit Schleudern (Frondes) ſpielten; Ted u. übermüthig 
gen einander u. gegen bie Worüberg: „ ergriffen fie eilig bie Jugh wenn 
einen Bolizeibenmten von weitem ſehen.“ ‘Die &., dem Zringen von Gontt, bie 
söge Beaufort, Gondy, Bouillon u. Turenne an ber e, teieb die loͤnig⸗ 
liche damilie aus Paris; der Prinz Conds vereinigte fich mit den nhängern der 
8. oder den Frondeur o. Als Ludwig XIV. volljährig geworben war, trat Surenne 
zum Hofe über und vernichtete Die F. durch feinen. Gieg über Gonds (1652), 
St. Aulaireadlist. de la Fe (3 Bde., Paris 1827). 
Fronlelchnams feſt. Das /Wort Fronleichnam.«corpus Domini noctri 
Jesu Christi) ift gebildel aus Fron ober Frohn heißt nit Gerrfepaftlid 
lich wie welllich), althochd. v XP) ron, von» (Pirö== Hat, woher audy frı 
(fröhnen), althochd. v (P) Tönjan— Herrendienfte hun. Zu runde Legt das Got! 
fräuja, ‚altfächf. frö, fräho, angelie a freä, altnorbifch (&reyie), d. 1. Her, 
urfpränglich. wahrfcheinlich der, Gmädige, Erfreuende, Liebende. Das Wort Lei 
nam lautet althochdeutfch Lihhamo-Laber ſchon im 10. Jahrhunderte auch It 
namo mit efngejchobenem n) u. heißt ‚eigentlich Sieifhbebedung, ut; Dann der 
Tebendige, — u. fpäter der tobte Denfehenföryer, — Was die Sache felbR bes 
trifft, jo bedeutet das Wort Fronleichnam bei den Katholiten die confecrirte 
im heiligen Abendmahle, weil nach katholiſchem Lehrbegriffe der Goitinenſch Jeſus 
Chriſtus in dem Saktamente des Altats fortwährenh u. permanent, wahrhaft wirk⸗ 
Id und wefentlich, unter den Geſtalten des Vrodes und Weines 8 en iR. 
Gfer iR nur Die hlßorifche Crörterung des 8. zu gehen, ba das Her . 
matifche in dem Artilel Altarfacrament bi vollkommen erichöpft ik. — 
Die entferntere_Beranlaflung . zur Sinfährung des 8.8 gab bie Härefle des 
Berengar von Tours (f. d.>, welcher die reale Gegenwart it in der 
Gucharikte Iäugnete, obwohl diefe vom Anfange der chriftlichen Kirche bis herab 
ins 9. Jahrhundert im Allgemeinen umangefochten geblieben war. Da nun bie, 
der kirchlichen Doktrin entgegenfichende, Meinung Berengar’s noch zwei Jahts 
hunderte hindurch felbft in Sratien, u, befonders in Franlreich forterhlelt, fo fand 
fich die Kirche veranlaßt, ihren alten Glauben an die reale Präfenz Chriſti im 
Wiarfasramente in dem Lauten und feierlichen Belenntniffe der Fronleichnams⸗ 
Brozeffion Fund zu thun. — Die nächfte Beranlaffung zur Einführung dieſes Feſtes 
iR übrigens die heil. Juliana, eine Kloſterfrau auf Mont:Eornilon bei Lüttich, 
1192 zu Rotine, einem Dorfe zwei Stunden von Lüttidy geboren, welche im J. 
4210 al Ronne im genannten Klofter eine Viſion hatte, die den Mond im vollen 
Slanze, jedoch mit einer Lücke an feiner Runbung, darftellte. Da Juliana diefes 
Geſicht zu wiederholten Malen fah und von Gott felbf in einer Grftafe die Er⸗ 
Klärung erhielt, daß die Lüde des Mondes den Abgang eines Feſtes zu Ehren 
des heiligen Altarfacramentes bebeute; da endlich eine andere Ronne deſſeiben 
Kloſters, Ifabella, jener, welche im Jahre 1222 Priorin ihres Kloſters gewors 
den war, eröffnete, fie hätte in einer himmliſchen Entzüdung vernommen, es ſei der 
Wille Gottes, daß zur Verberrlichung des Altarfacramentes ein neues Kirchen 
fe angeorbnet werde: fo entdeckte Zullana die Offenbarung dem ebenfo gelehrten, 
als frommen Johannes de Laufanne, Ranonifus an der Martinslirche zu Lüttich, 
hierauf dem Jakob von Troyes, Archidiakon von Lüttich und nachherigem Papı 
Urban IV., dem Dominicaner Provinzial Hugo u. anderen ausgezeichneten Mäns 
nern. Der genannte Stiftöhere Johannes von Laufanne aber benahm ſich feiners 
ſeits auch mit dem Bifchofe von Cambray u dem Kanzler der Ui At Paris 
über die, der Priorin von Mont⸗Cornillon zu. Theil gewordene Revelation. Ale 
diefe Männer fprachen ſich für Einführung des deſtes aus. Go fehr nun aber 
die Majorität der Bewohner von Lüttich über das Vorhaben fpottrte, und In 


504 Fronleichnamsfeſt. 
Llbellen u. Satyten auf bie Priorin die, in Frage fiehenden, Viſtonen für Traͤume⸗ 
teten. und Betrügerelen * rie; fo vertheldigte dennoch der berühmte Sue von 
St. Eher auf öffentlicher Kanzel die Viſionen der heiligen Juliana, u. erließ der 
Biſchof Robert von Lüttich im Jahre 1246 einen Gitensrief, in dem er die 
Feier des Feſtes In felnem ganzen Biothum anbefahl. Der genannte Provinzial 
Hugo aber, ber inzwifchen Garbinalpriefter und päpfilicher Legat in Deutſchland 
eworden war, verordnete die Veranſtaltung des neuen Feftes in allen Kirchen 
Finer Legatton. Noch günftiger wurde für daffelbe bie Saum Gottes, daß Jakob 
von Troyes, welcher der Jullana u. ihren Viflonen ftets Glauben gefchenft hatte, 
als Urban IV. den päpfllichen Stuhl beftteg. Urban erließ im Jahre 1264 eine 
noch jet vorhandene. Bulle, durch welche das neue Feſt für die ganze Ehriften- 
heit per: wurde, Bald darauf ftarb Urban, und die Erefution der Bulle 
untetblieb (Benedict. XIV. de fest, p. I. c, 537). Defwegen ſchaͤrfte Papft Ele 
mens V. u. die allgemeine Synode von Bienne vom Jahre 1311 die Beo- 
bachtung der Bulle-Urbans ein. Seit diefer Zeit wird das Fronleichnamsfeft 
auch überall gehalten. Der Drient dagegen kennt es bis jeht noch nicht. — 
In Hr dabet beobachteten Ritus iſt Sglaenbee zu bemerken. Die theos 
phorifche Progeffion bildet den Mittelpunkt des ganzen Feſtes Die Ceremonlen 
find dabei die bei andern Prozeffionen dieſer Art gewöhnlichen. Nur in Deutfchland 
wird das hochtwürbigfte Gut an vier verſchledenen Plägen, auf befonders dazu her- 
gerichteten Altären depontrt, und fobann eine Ka Perifope, beftehend in 
den A Anfangeverfen des Evangeliums Jeſu Chtiſti nach Matthäus, Markus, 
Zufas und Johannes, abgelefen. Sodann werden Berfifel und Drationen — 
gen, bie jedoch bet den einzelnen Evangellums Abſchnitten wechſeln. Endlich, 
wird auf jeder der 4 Stationen mit dem Dftenforlum der Segen gegeben, indem 
damit der Priefter ein Kreuz, der Biſchof aber drei über das verfammelte Bolt 
befchreibt. Cine andere Auszeichnung diefed Tages beftehet in Deutfchland darin, 
daß vor und nach (in einigen De auch während) der felerlihen Meſſe mit 
dem Sanktiffinum der Segen gegeben, und während der ganzen Opferhandlung 
die Monftranz erpönirt wird. Nach beendigter Mrffeter am eginnt dann 
die, nad) den ——i Momenien oben befchriebene Vrojeſſion, bei der ſich 
Geiſtlichteit und Bolt, beive nach ihren verſchledenen Aöftufungen (Domcapitel, 
Stiftsherren, Pfarrklerus, Ordensgeiſiliche ıc., Minifterien, Regterungs-, Gerichts⸗ 
2. ic. Perfonal, Gewerbs: u. Bürger-Junungen, Bruderfchaften, Schuljugend ıc.) 
um das Sacrament: vereinigen, welches zur Anbetung und Segnung über Stra 
Ben und Pläge umgetragen wird. Diefe Progeifion wird übrigens von den ver- 
ſchiedenen katholiſchen Nationen” nach Ihrem Charakter mit befonderem Gepränge ge- 
ſchmũdt. Chorfnaben in Chorhemden und Geifliche in Pluvialen und mit bren- 
nenden Kerzen gehen über die Straßen dem vornehmften Priefter voran, der un 
ter einem, entweder von vier weltlichen Standesperfonen, oder vier Kierifern ger 
tragenen, Baldachin in der Foflbarften Monftranz das Sanctiifimum trägt; ein 
zahlteiches Gefolge aus der Gemeinde befchlieft den Zug. Im Spanien gehört 
es zum guten Tone, Kinder, als Engel gefleivet, mitziehen zu laſſen. Die Bru- 
derfchaften tragen die Abbildungen ihrer Schupbeiltgen, entweder als Holsftatuen, 
der ald Gemälde auf Bahnen vor dem Hochwürdigſten her. Alles wird von der 
Pracht und Herrlichkeit der Anzüge, vom bunten Schimmer der Farben, von Weih- 
rauchwolfen und raufcyender Mufit, wie von der Andacht begeiftert. Ueber die 
Brozeffion diefes Tages, welche in Deutfchland am Glängendften zu Wien, Mün- 
den und Köln Statt findet, fällt der Arheift Diverot folgendes Uriheil: „Manche 
abgefchmadte Rigoriften in Religionsfacyen kennen die Wirkungen äußerlicher Re— 
liglonsgebraͤuche auf das Volk nicht. Nie fahen fie wohl den Enthufiagmus der 
Menge am Fe, der fich felbft meiner zuweilen bemächtiget hat. Nie habe idy 
die langen Reihen Priefter in chrwürdiger Kleidung, nie die jungen Afolyihen, 
angethan mit weißen Chorhemden und umgürtet mit blauen Leibgürteln; nie habe 
Ich jene: Deenfchenmenge, die in andaͤchtigei Stile worangekt und folgt, ohne tief 


Fronte — Front, 505 
gerührt zu werben, gefehen, Niemals hörte ich ven feierlichen, Kon den Prieflern 
— und A einer — —— beaniw * 60 ohne daß 
meines Hergens Innerſtes erfchüttert, mein ganzes Wefen in religtöfe Gefühle 
aufgelöst, u, meinen Augen heiße Thränen entlodt worden wären. Es liegt in 
dem Allem etwas ——— Meiancholiſches Rührung Erweckendes, und zu 
andächtigen Gefühlen Hinreigendes." (Ehnteaubr. Schönd. des Ehriftenthums. 1. B. 
7. Cap.) Luther aber fagt in feinen Tifchreden ©. 359: ar Feſt des Frohn⸗ 
Leibs hat unter allen den größten u. ſchönſten Schein.“ — Dem Range nach it das 
8. Duplex 1. Cl. und mit einer Detav verfehen, deren ſchon der Earbinallegat 
Hugo und Papft Urban IV. erwähnen. Während biefer Octav wird alle Tage 
das hochwürdigfte Gut ausgefegt. Die Kirchen find während dieſer Tage an 
vielen Orten mit Birken und Blumengerinden gezteret. Auch werden hin und 
wieder am Sonntage in der Dctav und am achten Tage Progeffionen, tie am 
Feſte felber, nur mit weniger Solennität, gehalten, — Tag, an dem das F. 
von der ganzen Kirche gefeiert wird, if der Donnerötag nach der —V = 
Der Selen des für Biefen Tag befllmmten Officlums iſt der Heilige —2 
von Aquim, 2 

Fronte (frons, Stirne), die vordere Hauptfelte eines Gebäudes, Fa gade 
¶ 8); aud) die Geflchtöfelte eines Menfchen. . In ber Faftit an Seite 
oder Linie einer Truppenaufſtellung, welche urſpruͤnglich dazu beſtimmt iſt, dem 
deinde, im Falle eines Angriffes, jugewendet zu werben. 

Frontinus, Sertus Julius, ein Römer, von niedriger Geburt, ſchwang 
fich durd feine Verdienſte zu den Höchften Würden Tin Staate empor’ u. War unter 
Domitları im Jahre 70 Prätor u. im Jahre 74 Eonful: Als folcher beflegte er 
die Siluten in Britannien, erhielt von Nero bie Mufficht über die ei 
tungen in Rom und flarb 106 unter Trajan als — im welcher Würde ihm 
der jüngere Plinius folgte. Auch war er einer der größten Rechtsgelehrten Roms, 
Man hat von ihm zwei Schriften. "Die erfte betrifft die MWafferleitungen Rome, 
Ausgabe von I. Polenus, Padua 1722, 4.5 von ©. Ch. Adler, Altona 1792, 
8.5; von 3. Rondelet, mit einer franzöfifdyen Ueberfegung, Paris 1820, gr. 4. 

ter noch find feine Strategematica, welde in vier Büchern die 

£rtegerlfchen Beranftaltungen is.’ merkwürdigen Reden ver berühmteften griechiſchen 

w. römifchen Helden enthalten, u. wovon das vierte Buch die Vorfehriften der 

Kriegszucht betrifft. Ausgabe von Franz Düdendorp, 2. vermehrte", verbefferte 

Auge, ap 1779, 8.5 von ©. $. Wiegmann, Gölting. 1798, 8.5 deutfch, 
0 ’ h 

Frontis pice, franzöffch; frontispieium lateiniſch; die Giebelſeite eines Gr 
bäubes, oft die Au vordere Anſicht defielben. Bergl. Fagade. 

Fronto, M. Cornelius, aus Cita in Numivien gebürtig, Tebte um bie 
Mitte des zweiten Jahrhunderts n. Ehr., erwarb ſich in Rom als Sachwalter 
u. Rhetor großen Ruhm u. anfehnlichen Reichthum, u. wurde von Kaifer Ans 
toninus Pius zum Lehrer feiner: beiden abopiirten Söhne, "Marcus Aurelins u. 
Luctus Verus, in der Berebtfamfelt‘ ernannt, Seine, von Gellius u, allen an- 
dern alten Schriftftellern gerühmten, Schriften beftanden vornehmlich in Reden u, 
Briefen. Bisher Fannte man davon nür eine unbedeutende grammatiſche Ab- 
handlung de differentiis 'vocabulorum. Erſt neuerdings fand der gelehrte Biblio- 
thefar Angelo Mail in einen Codex reseriptus der Ambroftanifchen Bibltothef 
in Matland einige andere Werke des F., befonders Briefe von Antoninus Pius, 
M. Aurelius, E BVerus, Appianıs u, M., die aber den Briefen des Plinius 
ſowohl in Anfehung der Gedanken, ala des Ausdruckes, fo weit nachftehen, "daß 
man ſich die großen Lobfprüche, die fie theils fchon von Zeitgenofien (4. B. 
Gellius 19, 10), thell® von Späteren erhielten, nur aus dem verberbten Ge⸗ 
ſchmacke der lobenden Schriftfleller erflären Fannz auch iſt der genannte Coder 
voller Lüden, faſt in jeder Briefe. — Mars Ausgabe erſchien prächtig gedrugt 
au Matland 1815, 2 Bde,;, gr. 8:5’ chn treuer Abdrucidanen Kantine MR, 


506 Fronten — Frucht, 


4816, muB. Befler geordnet B. ©, Niebuhr diefe Schriften, nebſt der 
Abhand de difl. voo., mit ſeinen, Buttmann’6 u, Heindorf'8 Anmerkungen 
u. aus — Noten Mal’s heraus, Berlin 1816, 8. _ Die neuefte Ausgabe, 
mit mehr als 100 Briefen vermehrt aus einem vaticanifchen Codex reseriptus 
AR von A. Mat, Rom 1823, gr. 8, 
Fronton, franzöfifch (vom lateinifchen frons), die Stirnwand, der Giebel, 
2 obere — ann — ar — rg die 

annun⸗ ei e und römifche Archit ar 
un = nur im Kleinen, die — Gothiſche) dagegen in hoher ſpi ner 
Geſtalt bediente; indbefondere die dreiedige ing, an den Borlagen der Häus 
fer, über den Thüren und Fenſtern. Bgl. Giebelfeld. 

Froriep (Briedr. Ludw. v.), — 1779 zu Erfurt, Profeſſor der Mes 
dhin zu Jena, ‚Halle, Berlin, Tübingen, feit 1816. großberzoplicher Obermebizinal- 
Rath, zu. Weimar. und Befiger. des Bertuch ſchen Induſtrie-Comptoits daſelbſt. 

‚Hauptfächer waren ‚von jeher Anatomie, Chirurgie u. Geburtshülfe,. welche 

er in verfchledenen fehäpbaren Werfen bearbeitete (Handb. der Geburtshülfe, 9. 

Aufl. 1832; Notizen aus dem Gebiete der Natur und Heilkunde, 79 Bde. 2, 

Aufl, Weimar 1831). — Sein Sohn, Robert F., geboren zu Weimar 1804, 

Brofeflor. in Berlin u, ‘Profector, gibt die befannten „EChtrurgtichen u, Klinifchen 
fertafeln“ (Wetmar 1820 und 28 ff.) heraus, 


rofch, f. ante 
ofehmäufeler, f. Rollenhagen. 


x heißt der Zuftand unferer Atmofphäre, in welchem das Waffer u. an⸗ 
dere. Bügeln in “ (5. b.) verwandelt — Der Grad der Temperatur, bei 
weldyem Waſſer au Eis wird, ift überall einer u. berfelbe, und alſo ein fefter 


Bunft, der den Namen Eis⸗ Froft- oder Geftierpunft führt. Vergl. bie 
Art. Eis, Eispunft, Kälte, 

Frofabfeiter find Strohfelle, welche man mit dem einen Ende an Gegen 
ftänden, die vor-dem Froſte bewahrt ven follen, namentlich an früh blühenden 
Dbfibäumen, befeftigt und: von da ununterbrochen in ein untergefegtes, mit Waffer 
angefültes, Gefäß bite, Der Urheber. diefer ‚fogenannten F. kann unmöglich ges 
mußt haben, daß die Kälte nicht eine wirkliche Materie, ſondern bloß Entfernung 
des Märmeftoffes ift, fonft würde ser wohl nicht auf den fonderbaren Gedanfen 
gerathen feyn, diefelbe nach Art des Bliges abzuleiten, 

Frucht (Fructus) heißt im engeren Sinne nur der Kruchtinoten di. d.) 
und die daraus ſich entwidelnden Theile nach der Befruchtung, Die Pflaume 
und Kirfche find Früchte im engflen Sinne, _ Im weiteren" Sinne verfieht man 
unter F. aber auch alle diejenigen Blürhentheile, welche nach gefchehener Befruch ⸗ 
tung. nicht verwelfen und abfallen, fondern mit dem #,-Snoten iheils verwachfen, 
theils frei zu $..Hältern u. &.-Theilen ſich erweitern. So ift e8 bei der Apfei⸗F. 
3% Bi der Kelch, der die F.⸗Knoten überwächst und das efbare Fleiſch des. Apfels 
bildet. Im weiteften Sinne begreift man unter 8. den gangen Verein aller, nach 
der Befruchtung bleibenden, Theile einer zufammengefeßten Blüthe, die oft mitein⸗ 
ander verwachſen. F. heißt alfo der bleibende Theil einer Blüthe, von dem Augen⸗ 
blicke der Befruchtung an, bis zum Samenausfalle. Sie befteht aus dem Samen- 
gehaͤuſe oder der Fruchthülle (Pericarpium, Perispermium) und dem Samen 
d. d.), Die Hr Hülle ift aus drei Häuten zufammengefegt: einer inneren (Bäcdher- 
haut, Endocarpium), einer äußeren ($.-Hüllenbaut, $.-Dede, Epicarpium) 
und. einer, zwiſchen beiden gelagerten, beſonders bei mandyen Früchten als Fleiſch 
erfcheinenden Haut (Sarcocarpium), wozu noch bisweilen ſtehen gebliebene Blu 
menthetle (Induviae) fommen. Man unterſcheidet: 1) Bolltommene Früchte, 
die wirklichen Samen in fidy einfchliegen, u. von diefen: a) Einfahe Früchte, 
die aus einem Stengel, mit oder ohne Verwachſung von andern Blüthentheilen, 
eniftehen; b) Fapfelartige; e) Nußfrädte.(Nux), wo der Same mit ‚einer 
enbarten, felten auffpringenden Schale: umgeben iſtz q) Fleiſch früch te mit. der 


rnit Beuel 7 u.‘ 


Stein. (Drapa); iſt die Hülle nicht, wie in den meiſten Fällen, gleichfo 
fondern durchloͤchert, Inotig, oder mit einer eigenen Art Schuppen. bebedt, jo h 
die J. e) bepamzert (loricatus) ; f) eigentlihe Kapfelftüdte; @) a 
mengefeste Früch te (Syncarpia), die durch ihre Verbindung und durch bie 
Veränderung anderer Blütdentheile ein ‚Sant bilden; 2) unvolllommeng 
Früchte der Kryptogamen, die keinen wirklichen Samen, fondern bloß 
lörner enthalten, auch wegen ganz abweichender Bildung ber Befruchtungsorgane 
oft aus andern Theilen des bes gebildet find (Samenbehältnifie, Sporangia). St. 
ruchtbarkeit, bei organiſchen Wefen die Fähigkeit ihrer Vermehrung durch 
Adfegen von Keimen, die dann aus eigenem Bermögen fich au Weſen gleicher 
Art entwickeln. Bel Organismen mit getrennten Gefchlechtern wird F. Immer 
auf das weibliche Geſchlecht bezogen, und dann bush vorherige. Befruchtung 
(f. d.) bebingt. Unter Thieren iſt bdie $. der Infekten u. nody mehr der Fiſche 
eine ungebeuere. Es tft Orknung ber Natur, daß Yurchaus hei Weltem nicht-fe 
viele Individuen zum Dafeyn gelangen und auch als befruchiete Keime ich aus⸗ 
bilden, als nach der F. der — **— möglich wäre. Beim Menſchen hengt 
bie F. der Frau von mehrfachen Beringungen ab, deren Mangel nicht immer 
Kraͤnklichkeit, fondern hauptfächlich in der Gonftitution begründet if; auch hat 
das Klima großen & . n, in denen 15—16 Kinder von einer Mutter 
geboren wurden, gehören eben nicht zu den Seltenheiten; 30 Kinder, von einem 
und bemfelben Ehepaare gezeugt, find wenigſtens nicht ohne Beiſpiel. — In 
heißen Gegenden find die Neger befonvers fruchtbar. Der Beginn der F. wird 
beim Weide gewöhnlich durdy ben Eintritt der Menftruation angedeutet, mit deren 
Aufhören audy ſie zu Ende geht. u | 
Fruchtbringende Gefelfhaft (Balmenorvden), 1617 von Kasyar von 
Teutleben (Hofmeifter des Prinzen Joham Ernſt des Juͤngern von Sachſen⸗ 
Weimar; farb 1629 zu Wien als koburgiſcher Gcheimer Rath), zur Erhaltung 
und ung der deutſchen Sprache gefliftete Gefellfchaft, Die zuerſt ihren Gig 
in Köthen, dann in Weimar, zulest in Halle hatte Kin regierender Für 
war ftetd ihr Präfident, und unter vielen Fürften waren auch der große K 
und König Karl Guſtav von Schweden, 3 Herzöge von Weimar und 2 Yürften 
von Anhalt Mitglieder. Sie war der Academia della crusca nachgebildet. es 
des Mitglied hatte einen befonveren Namen, deſſen es fidy in der Gejellichaft bes 
dienen mußte, u. wählte fidy bei der Aufnahme ein befonderes Sinnbild u. einen 
Wahlfprud. In Spielereien verfiel Re durch puriſtiſche Verſuche u. durch ihre 
buperfritifchen Berbefierungen der deutſchen Orihographie. Ueberhaupt leiftete fie, da 
fein großer @elehrier an ihr Theil nahm, wenig. Sie beftand bis zum Jahre 
1680. Reumarks, Neuſproſſender deutfcher Palmbaum. Rürnd. 1668. 
Fruchtfolge oder Fruchtwechſel nennt man die, durdy das angenommene 
Wirthſchaftsſyſtem beſtimmte Reihenfolge, in der die Feldfruͤchte in einer beſtimmten 
Reihe von Jahren hintereinander auf einem Ader gebaut werden. Der Ernteers 
trag hängt zum größten Theile von einer zwedmäßigen 5. ab, obſchon fpezielle 
Regeln mit Sicyerheit fich dafür nicht aufftellen lafien, da Klima, regelmäßig vors 
berrfchende Witterung, örtliche Lage u. natürliche Befchaffenbeit, ſowie der Culturzu⸗ 
ſtand des Bodens überhaupt, endlich der befondere organifche Bau der Culturpflanzen 
und eigenthümliche Wirthfchaftsverhältniffe, gewöhnlich für die einzelnen Fälle die 
beflimmten Regeln für die einzuführende F. bedingen. Im Wilgemeinen hat man 
zu beachten, daß mit dem Baue ausfaugenver, den Boden verdichtender und vers 
unfrautender Früchte und folcher, die das Land wieder ausfaugen, es lodern und 
reinigen, in zwedmäßiger Reihenfolge gerwechfelt werde. Die Orbnung, in ber 
der Boden durdy den Pflanzenbau zu benügen if, geht aus deſſen natürlidyer 
Sruchtbarfeitsanlage und den öfonomifchen Verhaͤltniſſen einer Wirthſchaft hervor, 
und es muß bald mehr den Raturfräften oder ver natürlichen Produktion (auf 
Wieſen und Weiden), bald mehr ver künſtlichen Produktion (durch Arbeit und 
Dünger) überlaffen werben. Je nachdem alfo vie Verhaͤltniſſe eines Hirikichaft 








508 Fruchtknoten · Fruchtwechſelwirthſchaft. 


guſammenwirlen, theils den Boden für eine beſtimmte Probuftion fähig machen, 
teils’ dem Abſahe ſſſer Er günftig find, ergeben fidy die verſchiedenen 
Bodenbenütungsarten. Wefentlich nothwendige Forderungen des Fruchtwechſels 
ober der F. find: die möthige Düngerprobuftion durch hinreichenden Futterbau, 
die möglichk befte Benüpung des dem Feldboden gegebenen ingers, die recht 
zeitige Beftelung der Feidgewaͤchſe ohne unverhältnigmäßige Koften, und volftän- 
dige Sicherung einer guten Eultur des Bodens. Die Eigenthümlichfeiten der vers 
felebenen Bopenbenügungsarten treten unter den Formen ber verſchiedenen Ader- 
baufpfleme (f.u. Aderbau) hervor, unter detten beſonders Dretfelderwirth- 
Thaft, Fruchtwechſelwirthſchaft und Koppelwirthfdhaft (f. d. M) 
au vergleichen find, wornach fidh ergeben wird, wie die dort beobachteten F. den 
hier angegebenen allgemeinen Grundfägen entiprechert. St. 

Kar tEnoten (germen, Eierftof, ovarium) bildet mit dem Griffel und 
ber Narbe den Stempel (pistillum), oder die weiblichen Befruchtungstheile der 
Pflanzen, welche aus dem Samenftaube die befruchtende Flüffigfett an fich ateben, 
das in ihnen enthaltene Pflangenei zum Samen entwideln und endlich theilweiſe 
ſelbſt zut Frucht (f. d.) werden. Der F. oder Eierftod macht den unterften, 
einfachen over zufammengefegten, —— (sessile) oder geftiefelten (pe- 
dieulatum), oberen (superum), d. t. völltg bis unterhalb feiner Baſis won der 
Blume umfchloffenen, oder unteren (inferum), unter= und außerhalb der Blume 
befindlichen, Theil des Stempels aus, aus dem fich die Frucht entwidelt und der 
die’ Anfänge des Samens, ald Heine mit Flüffigkeit gefülte Bläschen (Eierchen, 
ovala) in ſich enthält, St, 

Fruchtftüde, Gemälde, welche Garten- oder Baumfrüchte darflellen, m. von 
der Blumenmaleret kaum zu trennen find, indeß weniger Schwierigkeit, als diefe, 
darbieten, da Früchte eine längere Dauer als Blumen behaupten, und dem nach⸗ 
ahmenden Künftler auch länger zur Anſicht vorliegen, Ihre Kunftfette ergibt ſich 
aus dem, was in den Artikeln: Blumenmalerei u. Stillleben bemerft if. Der 
arößte Fruchtmaler war wohl Johann David de Heem, geboren 1600, ges 
forben 1674. 

Feuchtwechfel, |. Fruchtfolge. 

Fruchtwech ſelwirtoſchaft (Wechfelwirthfchaft), nennt man dasjenige 
Aderbaufyftem, das ſich weſentlich dadurch von der Körner» und Koppelivirth- 
ſchaft unterfcheidet, daß es feine zwei Halmfrüchte unmittelbar aufeinander fol 
gen läßt, fondern dazwifchen ftets Futterpflanzen oder Hadfrüchte, überhaupt Ge 
wächfe anderer Natur, einfchaltet, die fich entweder mehr aus der Luft, als aus 
dem Boden nähren, oder diefem doch weniger von ben, für jene geeigneten; Nah⸗ 
rungöftoffen entziehen, oder ihn wenigftend im einem Zuftande hinterlaffen, in dem 
er mit geringerer Mühe zur Aufnahme der folgenden Halmftucht geſchidi zu ma- 
hen ift, ald wenn er eben eine getragen hat. Diefe verbefferte Wirthfhaftsart 
bat erft in neuerer Zeit, —— feit Einführung des Klleebaues, größere 
Verbreitung u. Anwendung — Sie gründet ſich auf die uralte, beim Feld⸗ 
u. Gartenbau gemadyte Beobachtung, daß der Erdboden die Gewaͤchſe in un 

„gleich größerer Volllommenheit hervorbringt, wenn man mit benfelben wechfelt, 
u. daß fie nur um fo befier in einer Reihenfolge gedeihen, je weniger bie einan- 
der folgenden Gewaͤchſe mit einander verwandt find. Beſonders in Gegenden, 
in denen weder viele und gute Wiefen vorhanden find, noch das Feld mit Bor 
thell zum Graswuchſe niedergelegt werden Tann, iſt Wedhfelwirthfchaft zu einem 
rationellen- Betriebe von der Roͤthwendigleit geboten. Uebrigens Bann diefelbe 
auch bei Wiefen u. Weiden mit Borthell getrieben werden, ja, fie if bei guten 
Wiefen u. Weiden nur um fo vollommener; allein freng jenommen, Tann fie 
derfelben entbehren, da fie die Futterpflangen in ihre Feld hubeitung aufnimmt u. 
Me a a der Enritung mit Kine ap an 
möäfjen in fo großer Menge gebaut werben, als nothwendig if, um den er⸗ 

— ——— 


Fruchlwechſelwirthſchaft. 509 


ordnen, daß der Boden am Ende des Umlaufes nicht erfchöpft, fondern die Frucht» 
barfeit erhalten, wo nicht. erhöht wird. % en un ek 
. d.) if für die —— fo gut, wie für Koͤrner⸗ u, Weidewirtbfchaft, 
von der fen Wichtigkeitz. da jedoch. jene in vielen Berhältnifien ganz auf 
Fünftlichen Futtetbau angewiefen it, fo iſt bei ihr der. Erfolg noch ‚mehr. von 
einer zwedmäßigen — abhaͤngig. Man kann hiefür —— allgemeine 
Regeln annehmen, inſofern einzelne Vorſchriften darüber bel den — — 
ein wirlenden Umftänden nicht möglich finde: Es iſt bei der Wahl der landwirih⸗ 
ſchaftlichen Pflanzen zunächft auf das fichere Gedeihen derfelben, alfo auf die im, 
Klima u. Boden gegebenen Bedingungen dieſes Gedeihens, die erſte Rüdficht zu 
nehmen. Vor Allem iſt aber nady der Kieefähigfeit des Bodens zu forfchen, um 
für die — Se hetinshttung eine fichere Grundlage zu gewinnen. Die gewähls 
ten Pflanzen find fo zu einander zu ftellen, — den ihrer Natur angemef⸗ 
fenen Plah erhält. «Die Winterfriehte follen zu den Sommerfrüchten. in. einem, 
ſolchen Berhältniffe ftehen, daß ſich die Arbeiten auf Düngung, Saatbeftellung. 
und Ernte möglichft gleichmäßig fo vertheilen ,- daß. in Feiner, Jahreszeit ein zur 
großer Arbeitsprang entftehen kann. Zenen Pflanzen, von deren. beftem 
die Hauptelnnahmen abhängen, muß zur Erfüllung ver Bedingungen * 
deihens die vorzũglichſte Aufmerffamfeit Kam werben. Sind die Felder uns 
glekhanig, fo müflen für gleichartige laͤchen befonder8 pafjende Früchte zum 
bau gewählt werden, Die größte t bei der Wahl wird aber dann nös 
thig, wenn durch die Denüpungsweife des Bodens die Kraft allmälig gefteigert 
werden foll, zu welchen fe —J Futterpflanzen gebaut werden: müffen. 
Nothwendige gungen bei ‚einer felwirthfehaft find aber: Unbefchränktes 
Befisthum, frei von allen gemeinſchaſtlichen —— frafivoller un micht zu 
ſchweret Boden, gute u. wohlfelle Arbeit u. hinreichendes Betriebscapital, Dur 
dieſes Wirthfchaftöfftem allein wird «6 demnach möglich, die, den. Wirthfchaftds 
verhältntffen am meiften zufagenden, Pflanzen zu wählen, diefen von der Düngung 
den angemeffenen Theil zu geben, für die vortheilhaftefte Verwendung jeder Düns 
gerart die befte Gelegenheit darzubieten, die arbeitenden Kräfte auf die verſchie⸗ 
denen Jahreszeiten gleichmäßig zu vertheilen, die vortheilhafteften Zwifchenfrüchte 
einzufchalten u. die nträglichten Marktfrüchte mit den wohlfeilften Futterpflans 
zen zu verbinden, folglich Die höchfte Einnahme um den geringften Aufwand auf 
eine Weife zu bewirken, daß der möglich größte Reinertrag. unter den verſchiede⸗ 
nen Wirihſchaftsverhaͤliniſſen durch Feine andere Benügungsart volfommener und 
ficherer erreicht werden lann, als durch die F. Beſchaffenheit des Bodens und 
örtliche Berhältniffe modificren indeß ebenfo, wie bei den anderen Syſtemen eine 
jroße Berfchtedenheit und Eintheilung der Schläge bei einer Wechfelwirihfchaft, 
& gibt es einen 3, 4, 5 bis 8 u. 9+felverigen Umlauf. In Wirthfchaften, die 
feine hinlaͤngliche Maſſe Mift erzeugen, Fann die Brache mit Vortheil eingefchal- 
tet werben, bie überhaupt da nothwendig iſt, wo der Boden zu verunfrauten 
droht u. nicht in befonders hober Kraft ſieht. Bei Ueberfluß an Dünger dages 
jen Fönnen einige der obigen Regeln verändert und ſelbſt zwel und * Halm ⸗ 
te nach einander gebaut werben, As Beifpiele von Wechſelwitihſchaften 
mögen folgende Frugtfoigen dienen: Auf leichtem Sandboden: 1) Kartoffel 
Nunfels oder Weißrüben; 2) Roggen, Gerfte oder Haber; 3) Klee; oder: 1 
Kartoffeln, Runfeln over Kopffohl, gedüngt; 2) Gerfte oder Haber; 3) Klee; 
4) Weizen. Auf fehr reichen Boden, oder bei großem Düngerüberfluffe: 1) Bol 
men, gebrillt u. gebüngtz 2) Welgen; 3) Klee; 4) Winterreps, gedüngt; 5) Wi 
Bei Mangel an Dünger: 4) Brache, flark gedüngt; 2) Bi 8, behadt; 3) 
Behen; 4) Klee; 5) Weizen. Nach der Fruchtfolge von sin 
fein, gebüngt; 2) Gerfte mit Klee; 3) Klee; 4) Dinkel; 5) —5 gebüngtz 
6) Reps; 7) Weizen. Nach der Fruchtfolge auf dem Rittershofe in der Pfalz: 
2) Sräßtartofein, gerängt, dann 2) Winter-Roggen; 3) Incarnatklee, nach dens 
felben halbe Bradpe u, in diefe 4). Winter Roggen, woru such aialk sm 


jeim: 1) Runs 


510 Fruetidor —Frühlingstur, 
balde Düngung mit Miſt ge wird; 5)’ weiße Bichlartoffeln, gebüngt ; 6) 
‚Haberz 7) rother Klee; 8) — — Im den feltenen "sthatiayen Ras 
gen, wo ein unerfcjöpflich fruchtbarer Boden ober zu’ jeder Dünger tn hinteichen⸗ 
der Menge wohlfell zu haben ift, kann man a eine freie Wirthſchaft fühs 
zen, worumter man diejenigen Gulturfyfteme verfteht, in denen man ſich an feine 
beftimmte Sruantelge bindet, fondern den Boden ſtets mit benjenigen Früchten 
beftelt, die das Bedürfntß erheifcht, ober die am einträglichfien find, alfo mit 
Halmfrüchten u. Handelsgewäcjfen. Diefe Wirthfdyaften gehören allerdings zu 
den — allein fie erfordern große Kenninig u Einficht, micht alieln in 
das T des Ackerbaues, fondern auch in den ang des öffentlichen Hans 
dels u. Verkehrs. Sie eignen ſich hauventchl für kleinere ‚Güter in der Nähe 
oßer Städte, wo mar rn mit Leichtigfi ng verfchaffen u. jederzeit feine 
pufte gut abfegen kann. Berge. Schubarth, Ueber die Feldiot: fie: 
tungen, Reipz. 18045 Thaer, Grundfäge der rationellen Landwirthſchaft, 
neue Aufl, Berl, 1831, 4Bve.; Bürger, Lehrbuch der Landwirthſchaft, 3. Aufl, 
Wien 1830; Kreyffig, Dekönomifche u. phyſttaliſche Beleuchtung der wichtig- 
9 Feldbau⸗ oder Witr ihſchaftoſyſteme Europa’s 1c, Lyz. 18335 Reber, Hands 
ich der praftifchen Landiwirthfchaft ıc., Nürnberg 1839. St. 
jctidor war der 12, oder lehte Monat in dem, vom 22, Sept. 1792 bis 
zum 9. Sept. 1805 beflandenen, Kalender der franzöff Republik, welcher, wie 
bie übrigen, 30 Tage hatte und in die Zeit vom 18. Auguft bis zum 16, Sept, 
fiel; dal in Name, der auf deutſch Ftruchtmongt bedeutet, 4 
Frühling oder Frühjahr, eine von den vier Jahreszeiten der gemäßigten 
Zone, Mfironomifch betrachtet, fängt der F. an, wenn bie Sonne bei ihrem fcyeins 
baren Umlaufe zum Erſtenmale im Jahre ven Mequator berührt, um. mun gegen 
den nördlichen Wendekreis Deraufguftlgen: Es gefchieht dieß am dem Tage der 
Nachtgleiche am 21. März. Diefer  endigt ſich, wann die Sonne den 
jöchften Stand bei ung erreicht hat, alfo am längften Tage des ganzen Jahres, 
oder um den 21. Junlus. Im der gemäßigten Zone der füblichen Hatbfugel er- 
g it der F. in der entgegengefegten Zeit, alfo warn bei uns ber Herbft feinen 
sa nimmt, u. das Ende des ſüdlichen Fs fällt auf den Tag, wo wir Min- 
ter&-Anfang haben. Mit diefemraftronomifchen Fe geht nicht in vergangen ge 
mäßigten Zone das eigentliche Fo⸗Wetter an, vielmehr falten bei uns in Deutſch⸗ 
land nach dem Eintritte der Sonne in die nördliche Hälfterder Erbe noch ftarfe, 
zuweilen gar anhaltende Fröſte mit Schnee, und oftmals erfriert im Mat die 
Baumblüthe noch. Nördlicher hinauf tritt das #.8-Wetter noch fpäter ein, u. an 
der Gränge des Polarkreifes und jenfelts beffelben gibt es Feine eigentliche 8.8- 
Witterung, fondern, warn um die Mitte ded Junlus Schnee u, Eis aufthauen, 
nimmt die Hige, der langen Tage wegen, fo zu, daß die wenigen einheimifchen 
Gewächfe binnen 3 bis A Tagen nidht nur völlig grünen, fondern zum Theile 
fon in der Blüte ſtehen. — Im der heißen done gibt es feinen F. in dem 
Sinne, tie bei und, denn die Gewächfe bleiben Immer grün; auch trifft man das 
ganze Jahr über Blüthen an, u. es fann tur eine naſſe u. trodene Jahreszeit 
umterfchleden werden, — Stände die Achfe der Erde auf ihrer Bahn um die 
Sonne fenfrecht, fo würde bis unter die Pole ein ewiger F. herrichen. 
Früplingsäquindetium, Seaplinnss Bug. u. ——— —A 
lingspunft oder Nullpunft des Widders genannt, ift berjenige ch⸗ 
— der Efliptif mit dem Aequator, in den die Sonne um den 21.März 
eintritt, u. von da am fi) immer nörblicdyer vom Nequator entfernt. Bon bier 
fem Punkte werben die Grade der Gfliptif u. des Himmelsäquators, folglich bie 
Längen u. Rectafcenfionen der Geſtirne gezählt, — In jepiger Zeit Iiegt das F. 
in dem Schwanze des Wallfifches, während es früher im Widder fland, Bers 
gleiche Aequinoctium, 
Früblingsfur heißt der Gehtauch von Arzneien in der Fa⸗Zeit, um nom 
er genährte Krankheiten u. Unpägltäteten, heisners des Unterleibes, au bes 


. Yelpeelfe — Vrumetiul, si8 
ben, well die Bewegung in freier Lu F der Arzneien in dieſer 
Zeit förderlich if meguns een Erik k —— die an engenefienßen Arz⸗ 
Ri: F (ausg ne — —— — olken u. andere 

am 
— 7 vi — te "nahen des —— oder —— vor 
ae gewöhnlich einzutreten —— 
den Kinderjahren die Groͤße nad 
fenen, oder gelangt ſchon ns Kindesalter zur Mannbarfeit (Pubertät) 5 * 
leicht entwidelt ſich dann "der Geiſt in gleichem Schritte. Oft aber eilt au 
Fr dem Sa er voraus: F. des —* Dieſelbe wird meiſtens Pi 
ei n a in km, nor 38 Lebens erkauft, und nicht leicht leiſtet 
5 ahren — vorzůgliches. 
Frugoni (Garlo —A Bern ia), ein berühmt — 
ter, Rammte aus einem alten Geſchlechte zu Genuag, wo er 1692 
k nie vonfen & zu Bredcia u. Rom im Collegie Clementino bie —— — hielt 
nad in verſchiedenen Städten Jaug⸗ auf peforen zu Barm u. 
rb in ſeiner Vaterſtadt 20. De 1763. $. war im leichten 
und ehrlichen” Austen de einer ver vorzüglichken ——2 Dichter nenerer 
Zeit. Die eigentliche poetiſche Epiſtel, frongöfkchen Frage nad 170, 
er mit Algarotti (f. d.) zuer in Stalten b. Doetion 
Lv eo g —* re 15 Thle. 8. Eine etwa, rescia 1782 
cine Werten u. in Efchenburgs Beifpielfammkung, 3 3 338. 








23 eh 
en Heilige. erop, ein oſoph aus zyue, b batte zur 
Berei ng feiner Kenntniffe gu Anfen g des 4. Jahrhunderts eine Breite Ar 
Berfien dien unternommen und die 






beiven jüngeren Söhne feines Bruders, 
F. u. Edefius, als Begleiter mit fi) genommen. Bihte waren von frühefler Kind⸗ 
beit im der innigſten Verehrung u. Liebe zum Chriſtenthume er worden, auch 
verſtanden fie — die — Sprache, u. ihr m 1 este feinen willen, 
ſchaftlichen — ſelbſt * end der Reiſe, bei ihnen Als auf der 
eimkehr ihr Schiff in einem Hafen des rothen Meeres —X um ſich mit fris 
chem Waſſer zu verfehen, ging Merop mit einem Theile feiner Reifegenofien n. 
den Knaben an’d Land, wo ch diefe bald von der Geſellſchaft entfernten, um, 
unter einem Baume elagett, N leſen. Inzwiſchen wurden die Gelandeten uns 
verfehen® von den Einwohnern überfüllen u. orde auch die beiden Knaben 
wurden entdeckt; allein man ließ ſie, aus Mitleid oder Gewinnſucht, am Leben u. 
brachte fie zum Könige, ber, gerührt von ihrer Unfehulb, Einfalt und Schönhelt, 
fie en 3 en und forgfältig unterrichten ließ. Edeſius warb in der Folge fein 
Rund F. fein Scatmeifer und oberſter Geheimſchreiber. So lange er 
lebte, —3 — er ihnen fein ganzes Bertrauen, u. noch vor feinem Tode gab es 
ihnen, unter —— fuͤr ihre — Dienſte, zur Belohnung Die 
Freiheit. Fe Köntgin, welche nun als Reichsverweſerin an ihres Alteflen, aber 
noch unmändigen, Eines Statt regierte, bat die beiden Brüder, am Hofe u 
abet * PA mit ihrem Rathe zu unterflügen. Sie willigten ein, und bald bes 
ihre Tugend u. Staatsklu unbet auf eine erfreuliche Weiſe. %. leitete 
* * 35 fte mit eben fo viel Weisheit als Thatigkeit, ohne von ſeiner 
tellumg geblendet zu werden, denn als Chrif vergaß er über dem Zelte 
—* nie das — Er zog ſtets mit vieler Sorgfalt Erkundigungen ein, ob 
unter den romiſchen Kaufleuten, welche in Handelsgeſchäften das Land beſuch⸗ 
ten, Ghriften wären? Als ihm endlich einmal diefe Frage bejaht wurde, nahm 
er fie freundlich auf u. Ind fle ein, fi) auf chriftliche Weife zum Gebete zu vers 
ein, zu welchem Zwecke er ihnen Pläbe bewiltigte, fie mit allen Veduͤrfni 
zur E Grbanung von Bethäufern verfah u. durch daB eigene Beifpiel ver An⸗ 
dacht den ſehnlichſten dh ſeines Herzens bewährte, in dem feiner Obhut anver⸗ 
tennten Sande den Samen des göttlichen Wortes reiche Krächte tragen vs re. — 


512 Feuszta-Gpra— Fualdes. 


Nach erlangter Voljährtgfeit des Königs legte F. Rechenſchaft über feine Reichs⸗ 
verwaltung ab, und — traten beide Brider, fo fehr 4 Ya —— u 
1 die Königin Mutter mit Bitten in fie drangen, aus ihren Aemtern, um das 
Reich zu verlaſſen. Edeſius eilte zu feinen Berwanbten nady Tyrus, wo er 
nad) ‚einiger Zeit zum Priefter geweiht wurde, 8. aber behielt das ‚Hmmtie 
Baterland allein im Auge, weil ihm das Heil der in Aetbiopien zurüdgelaffenen 
Seelen zunaͤchſt am Herzen lag. In diefem Drange begab er ſich nach Mlerans 
drien, zum heiligen Athanaftus, fdilverte ihm den Zuftand der Ehriften In Aethio⸗ 
pien 1. forderte ihn auf, einen Mann dahin zu fenden, ber in der Kraft Gottes 
den Ramen. Iefa. Ghrifl verlünden würde, Abanaflus verfammelte feinen Klerus 
zur Beratbfchlagung u. verlangte von Br den Zuftand der äthiopifchen Ehriften 
der Berfammlung zu erzählen. Mitten im — rief Athanaſtus freudig aus: 
„Wo finden. wir Einen, auf dem der Geiſt Gotte— ', wie auf Dir, u. ber fo 
twäte, zur Ausführung dieſet ‚großen Unternehmungen?“ Er. weihte ihn 
jlerauf Pr Viſchofe u. fandte ihn nach Aethiopien zurüdz; F. gehorchte. Gott 
verlieh ihm fo außerordentliche Gaben, daß er, gleich den Mpofleln, wiele Wunder 
wirkte, und eine zahllofe Menge Nethiopier zum chriſtlichen Olauben belehtte. — 
Das Jahr feines feligen Hinfeheidens tft nicht belannt. — tag 27, Det. 
Freuszta-Gora, große Gebirgöfette in Stavonien, Sirmier Gefpannfchaft 
(unter den Römern Mons almus), welche bei Opatovacs beginnt, bis unter Rats 
Toroieg, auf einer Stree von 11 Meilen, das rechte Ufer der Donau begleitet u, 
gegen Dften immer. an Höhe zunimmt. Ste ift ein beinahe. ifolirtes Serpentin- 
e F u. erhebt ſich ungefähr 3000 über ven. Stromfpiegel,  Größtentheils mit 
lichen Eichen beach, trägt fie aber. audy vortreffliche Weingärten, u. felbft 
auf dem hochſten Rüden findet man noch einzelne Weinflöde, Ueber das Ges 
Sirpe bin Legen 42 Klöfer der einft unirten Griechen zerftreut, fämmtliche, den 
Mönchen vom Orden des heiligen Bafilius oder den fogemannten Kalngern ges 
bhörig._ Sie machen die Srusy fasÖora zum Athos der Donau, mD, 
ryrell, Anders, beliebter ſchwediſcher Gefchichtfchreiber, geboren 1795 in 
der Provinz Daldland, flubirte zu Upfala, war dann Lehrer in Stodholm, bis 
er. nad) einer Reiſe nach Polen u. Deutfchland 1835 Pfarrer zu Sunne (Werms 
land) wurde. Als wahres Volkobuch gelten „Erzählungen aus der ſchwediſchen 
Gefchichte" (Bd. 110, Stodholm 1823—43). Seine „Charafteriflif der Zeit 
von 1592 bis 1600 in Schweden“ erwarb ben Preis der ſchwediſchen Akademie 
4830... Im Jahre 1842 gab er in 2, Aufl, „Leben Guflavs II. Adolf! (2 Bve., 
Leipzig) heraus. AS Dichter ift er durch das Singſpiel „Wermlands Flidan‘ 
— —— Schulfchriften erſchien die Tchwebtfche Spracplehre in 
uflagen r 
des, die Ermordung des, gebört au den merfwürbigften Criminal⸗ 
fällen der neueren Zeit, F., ein Proteftant u. Liberaler, lebte zu Rhodes, einer 
einen Stadt im Departement Aveyron, u, war zu Napoleons Zeit Gerihtöpte: 
furator dafelbft, Er ftand mit dem Mäkler Jaufion u. dem Kaufmann Baftides 
Grammont auf gutem Fuße, entzweite ſich aber 1817 mit ihnen und wollte von 
Rhodez wegztehen, Gr verkaufte daher feine Befigungen u, lündigte feine Capi⸗ 
tale. Jaufton u. Baftive fchuldeten ihm u. ließen fi, wahrfcheinlich durdy die 
Furcht vor der Zurüdzahlung, bewegen, F. zu ermorden, F. warb den 19, März 
Morgens in das berüchtigte Haus eines gewiſſen Bancal, vor dem er vorüber 
ging, geſchleppt, dort. gegwungen, einige Wechſel 14 unterfchreiben, bann enfflet- 
det, gebunden u. ihm Kangjam auf einer Bank die Kehle abgefchnitten. Gegen 
wärtig waren: Jauflon, Baftide u, defien Bruder, Louis Baftide, Bancal u. def 
fm Frau (die den Topf hielt, in dem man das Blut des F. auffing), der Erfols 
ooldat Eollard, deſſen Geliebte Anna Bervit, ein andered Mädchen, und Bar, 
Miffonier, Bousquier, die Notare Befliere-Beynac, Dence-d’Ifourent und Rene. 
Dan trug hierauf den Körper, wie einen Ballen Kaufmanndwaaren gepadt, aus 
Stadt in. ben nahen Aveyron, Als ex dort Tags darauf gefunden wurde, 


Fuchs. 518 


ſſchienen Jaufion und Baftive nebfl deren Frauen in feinem Haufe, brachen in 
bwefenbeit von deſſen Sohne, der verreiöt war, das Pult von F. auf u. nah» 
en weinend mehre Papiere u. |. w. weg. Die 10jährige Tochter Bancals war 
äbrend des Mordes in einer nahen Kammer gewefen, doch hatte man gemeint, 
e fchlafez jegt Außerte fie aber, fle wille, wie F. ermordet worden fei, worauf 
we Eltern u. fpäter Jauſion u. Baſtide eingezogen wurden. Während des Pros 
ed fagte eine Dame in Rhodes, Madame Manſon, gefchiedene Frau eines Of⸗ 

jiers, ter des Prevotalgerichtspräfidenten Enjalran, fich verrathend, aus, 
ı6 fie der Mordthat zugefehen babe. Ste wurde ebenfalls vor Bericht gezogen, 
nach mehrmaligem Geftehen u. Wiverrufen, u. nachdem fie Memoiren, worin fie 
e Geſtaͤndniſſe widerrief (3000 Exemplare davon wurden an einem Tage vers 
uft), herausgegeben, blieb fie endlich, durch Baſtide's Frechheit, der fie öffentlich 
r Gericht aufforderte, die Wahrheit zu fagen, bewogen, bei der Ausfage, fie 
| den 19. März Abends, in Männerkleivern (wegen Liebesverhältniffen) ın der 
abe des Bancal’fchen Haufes gewefen u. habe ſich dort, durch das Nahen ei- 
s Menfchen erfchredt, in —38 — hinein geflüchtet. Hier babe fie Jemand 
griffen und in ein Gabinet gefchoben, wo fie noch ein verfdhleiertes Frauen⸗ 
mmer gefunden habe. Dort ſei fie, da das Cabinet nur durch eine Bretter 
and von dem Zimmer, wo der Mord vorftel, geichieden war, Zeuge deſſelben 
eweſen u. aus Schreden in Ohnmacht gefallen. Durch das hiedurch verurfadhte 
Jeräufch babe Vaſtide fie ermorden wollen, Jauſion ihn bieran gehindert, fie 
ber einen ſchrecklichen Eid auf 5.6 Leiche Ichwören lafien, Nichte zu verrathen. 
yurch ihre Wusfage wurden die meiften bei dem Morde thätig Geweſenen zum 
jeftändniffe bewogen ; nur Jauſion und Baſtide geſtanden nicht. Lingeachtet der 
jelfachen Widerjprüche, die im Berlaufe ded ganzen vermwidelten Prozeſſed 
ı Zage kamen, wurden Saufen, Buftive, Gollard, die Wittwe Bancal 
Bancal ſelbſt Hatte fich entleibt) und Bar vor der Aſſiſe zu Rhode; zum Tode 
erurthellt, die Uebrigen aber zum Gefängniſſe. Zwar caffiıte ver Eaflationshof 
iefe® Urtheil wegen Fehler in der Form; allein eine neue Affife zu Alby ent- 
bien auf gleiche Weile, daß Anna Benoit zur Brandmarfung u. lebenslänglis 
yen Karrenarbeit, die Anderen zu Gefängniß verurtheilt, die Manfon aber freiges 
wochen u. entlafien wurde; doch war erft in biefer neuen Unterſuchung das ent- 
heidende Geſtaͤndniß der Manfon und das Selbfigeflänpniß mehrer Theilnehmer 
folgt. Dieſes Urtheil warb den 3. Junt 1818 an Jaufion, Baſtide u. Eollard 
reich vollſtreckt; Bar erhielt flatt der Todesſtrafe 20jährige Karrenftrafe, die 
zancal Iebenslängliches Gefängnis. Bis auf den lebten Augenblid läugneten 
jaufion u, Baflive Nach ihrem Tode ward die Sadye im October 1818 auf 
enommen, um einige Individuen fchärfer anzuflagen, einige neu zu befchuldigen. 
>ier verwirrte ih aber die. Sache fo, daß man auf die Bermuthung kam, an 
zauſion ſei ein Juſtizmord begangen worden; doch gab die Unterſuchung fein 
eued Refultat u. ed wurde auch Feiner der neu Angeſchuldigten überführt. Wie 
3 fcheint, verwirrte auch bier wieder der Parteihaß abfichtlidy die Unterfuchung. 
Ye Manſon ward nady ihrer Befreiung fromm; doch vermochte ein Parifer Kaf- 
ale Bier, —A Zeit lange die Wirthin bei ihm machte, um Kunden 

ar 

Fuchs (canis vulpes, L.), Art aus der Gattung Hund, von der Größe ei⸗ 

ed mittleren Schäferhundes, von rothgelber Farbe, Kehle und Bruft weißlich, 
auch weiß, mit fpitiger Schnauze, ſtark behaartem, geraden, ſchwarz⸗ oder 
yeißfpisigem Schwanze. Er findet fi in allen Erdtheilen, am häuflgften in 
örblichen Gegenden, fchreit (bellt) wie ein Pfau, erfebt die Stärke durch Lift, 
zewandtheit und fcharfe Sinne u. macht fidy Höhlen in die Erde (Fuchsbaue). 
Jer Hauptbau befteht aus mehren, nady verfchtevenen Richtungen hinausgehen⸗ 
en Gängen (Röhren), die alle in einen etwa 3 Buß im Durchmeſſer haltenden 
deſſel zuſammengehen. Außerdem find in einem Baue noch mehre Kammern, wo 

Stenlencpdiopäble. IV. 33 


814 Fuchſs uſeln — Fanfkirchen. 


di t werden der 8 aufhält. An mehren Gtellen 

m m —ãARX d. —* ae erapenuslaufenne Röhre 

— nn 
u ' 

bie Baue von Dad en benüp t der 5., u, oft wohnen dort der Dachs u. der 5, 












durch eine gemeinfchaftlidye "ae gehend, der eine — der andere links 
Der F. frißt lebendiges auge! ‚Ge, junge Balen, Del, Maͤuſe, Krebfe, nr 
nig, Schlangen, in en ft —F * as I * 1, fit auch Im Rothfalle 
Früchte; er ar niemaie arten find: der Brand-f,, 
der Kreuz⸗F. valpes — a —* * en, einem ſchwarzen 
Sängee u. Diyerfreifen ber dem Rüden, Te he. (ev. bresilleneis), 
mit grauem Pelze, deſſen jedes Haar zwei fchwarze u. zwei weiße 
der v rginiſche &. (c.v. virginianus), au, an den Ohren eawas ne ll, der 
Qwarıe weiße, graue u. ganz rothe. 
infeln, |. Aleuthen. 

uder IR an mehren Orten in Deutfchland, der Schweh u. Schweden ein 

Kar) keitsmaß, beſonders Wein; hin und wieder auch ein Getreidemaß von 
— Groͤße, je nach den oͤrtlichen Beſtimmungen 

Fügen, das groͤßte Dorf im ehe 6 Serben Schwatz, mit 1400 
Einwohnern in 94 Häufern, einft dem. Erzſti De mit einem ches 
male % Suger fon Sc chloſſe. Ju der e et Bf iA man — 
Schnitzarbeiten der von F. ſtammenden Kuͤnſt — Ritt, . M 
Reit eine Rabels n, Eiſenzeugfabrik am Fuße des F 1 

—— faß 7000 Sup Meereshoͤhe —2 
weitum -beberrf 

— ee (GGriedrich Heinrich), —5 zu Heubroun 1781, bildete ur 
zum Her in Stuttgart, ſtudirte dann die Rechte zu Salt, bis er ſich ‚abermald 

der Kımfl zuwandte und feine Bildung —* in Rom vollendete. Er gm 
1818 zu Wien, wo er feit 1784 zulegt al® Director der Bun e lebte. 
zäglich werben von feiner Hand mehre Bortraits Ge IL u. w. ), —* 
Gemälde und 20 Hanbzeichnungen zu Klopftocks, 

Fühler oder Hühlhörner, gegliederte, ae aus Henn hohlen Gy 
lindern beſtehende Fäden, welche fi Ah mi zwifchen den Wugen ber Snfeften u. Schal⸗ 
thiere befinden. Sie find an Geſtalt u. Zahl unendlich mannigfal Gewoͤhn⸗ 
. haͤlt man fie für Taſtwerkzeuge; Kirby macht twahrfebeintich da fe das Ge⸗ 

T vermitteln. 

Fülhorn (Cornu copiae), ein mit Blumen, Fruͤchten u. f. w. gefülltee, 
meift gewundenes Horn, Symbol des Weberfluffes, —*28 des Reichthumes, 
Nach dem Mythus foll ed das Horn der Amalıhea, oder das, dem in einen Stier 
verwandelten Acheloos abgebrocdyene Horn ſeyn. Die Bautunf bringt es an 
Kapitälen und Gefimfen, befondere ber korinthiſchen Ordnung, an, ebenſo über 
Bögen, umter Fenſtern 

Fünen (dänifch [7 en), nach Seeland die größte väniich RyUT guet 
nen den Inſeln Langeland u. Taafing das Etift 3 bildet; 55 Reilen 

. 163,000 Einwohnern (das — Stift 61 Meilen und "72.000 Einwoh⸗ 
nen). ‚Sie wird von mehren Gewaͤſſern durchflofien, bilvet mehre Bufen (Birge, 
firad mit einem Kanal bid Odenfe) u. Borgebirge (Fyens Hoveed tm 
u. Keuts He am großen Belt). Die Einwohner (meiſt Dänen) treiben Kr 
bau, wenig Obft- u. Bemüfebau, aber anfehnliche Viehzucht. Der Geiſtlichkeit 
fieht ein Biſchof vor. Hauptſtadt des Stiftes u. der Inſel iſt Odenſe. »— 

Fünfkirchen, ungar. Pecs, Hauptſtadt im —— —ã— gm 
Metſeck⸗ Gakobe) Berge, mit 15,500 Einwohnern; Sig efn 
Dom, Seminarium, prächtige, ehemalige Sefuitentirche, — NA 
Bymnaflum, Bergbirektion, Steinkohlengruben, ſchwarzer Marnor. ver li 

Wein» u. Tabaksbau, Handel mit Bieh u. Kuonyemn, welche leßtere 


Fruentes — Fürftenberg. 318 


Waldungen in Menge liefern. Beim Dorfe Abaligeth die merkwuͤrdige Pfars 
rerhöhle, die ſich eine Stunde weit erfiredt. 

6, Don Pedro, Henriqueg dAzevedo, Graf, berühmter fpanis 
her Feldherr, geboren zu Valladolid 1560, unter Herzog Alba gebildet, nahm 
1580 Kriegedienfte, zeichnete ſich im nieverländifchen Kriege unter Farneſe und 
Spinola aus, war fogar 1596 eine Zeit lange Statthalter der Niederlande und 
wurde au verſchiedenen Gefandtfchaftspoften verwendet. Er wurde ald General 
he anierte bei Rocroh am 19. Mai 1643 gefchlagen und verlor daſelbſt 
au eben. Ä 

Yueros (vom lateiniſchen forum) bedeutet in Spanien überhaupt Rechte, 
Privilegien, Breibriefe; namentlich verſteht man darunter die Eonflitutionen und 
Borrechte, weiche die baskifchen Provinzen in Spanien und Ravarra fonft ges 
nofien und die der-König befchwären mußte So find die drei Heinen Brovinzen 
in Spanien: Biscaya, Wlava und Guipuzcoa eigentlich Republifen (Senorias) 
unter dem Schutze der Krone. Ste gehorchen Magiftratöperfonen, die theild auf 
wei, theils auf ein Jahr gewählt werben, haben unabhängige Berichte und zabs 
len feine Steuern. Stempel und Zölle find nicht vorhanden. Der Handel If 
frei; ſtehende Truppen kennt man nicht. Diefe Berfaffung iR alt und ward von 
den fpanifdyen Königen fletd erhalten. Der Verſuch Esparteros (1833), fie zu 
vernichten, trieb die Basken (f. d.) in die Reiben des Don Carlos. Später 
wien * F. der Uebermacht, doch ſtellte fie das Miniſterium Rarvaez 1844 
w er. 

Fürk (vom alideutſchen Furiſto, der Höchſte, Vorderſte), a jest eine 
doppelte Bedeutung und zeigt entweder einen bloßen Ehrentitel an, ohne eine das 
mit verbundene Function, oder die hoͤchſte Würde im Staate, und iſt dann gleich- 
bedeutend mit Regent. Die Titular⸗F.en find entweder Mitglieder der regieren 
den Familien, oder ein Ueberreſt der Feubalzeiten, in denen ihre Vorfahren wirk⸗ 
liche Staatsämter befleiveten, oder fie erhielten in fpäteren Zeiten dieſen Titel, ver 
ihnen den erſten Rang unter dem Hofadel anwies. Frankreich, Italien, Spanten, 
Deutfchland, find reich an folchen Titeln. Die Herzoge tn England find Feine 
F.en, wie denn auch ber herzogliche Titel in Frankreich geringer tft, als der fürft- 
liche. In Deutfchlann gibt man gewöhnlich den Titular:Fürften bei der Anrede: 
Euer Durchlaucht; in Defterreihh nur: Euer fürſtliche Gnaden. — Die 
meblatifirten F.en find jeßt nur noch ZTitulars.en. Die regierenden F.en find 
mehr oder weniger mächtig, und führen außerdem verſchiedene Titel, als: Kai⸗ 
fer, König, Großherzog, Herzog. Den Eurfürftlichen Titel hat nur noch das 
Haus Hefien-Kafjel beibehalten. Die Würde eines regierenden F.en iſt jet in 

uropa überall erblich ; die erwählten römifchen Katfer, die Wahlfönige von Bolen, 
die geiſtlichen Wahls$.en in Deutfchland erifttren nicht mehr. Dagegen ift Europa 
mit einer Art von F.en bereichert worden, die früher nur in England, und auf 
dem Gontinente nur in Schweden angetroffen wurden, nämlich bie conftituttos 
nellen F.en (f. d. Art. nerfaffung. | 

Türk, Walther, ein tapferer Schweizer, der Schwiegervater des Wil⸗ 
beim Tell cf. d.), aus dem Banton Urt, der, in Gemeinfchaft mit Werner Staufs 
facher aus Schwyz und Arnold Meldythal aus Unterwalden, 1308 an die Spipe 
des Bundes trat, der den Grund zur Freiheit und Unabhängigkeit der ſchweize⸗ 
riſchen Gidgenoffenfchaft (f.d.) legte. Sein Todesiahr wird 1317 angegeben. 

ürftenberg, altes Geſchlecht in Schwaben, deffen ſämmtliche Glieder von 
dem Urahn Egon (7. Jahrhundert) den Ramen Egon führen. Es theilte fidy 
im 46. Jahrhunderte in eine Heiligenberger und Kinzigthaler Linie, lebt 
aber nur nody in einer neuen Linie, der Stühlinger, und in einer landgräfs 
lichen Settenlinie in Defterreich fort. Die Helligenberger, welche mit dem kurs 
ſächſiſchen Statthalter, Kürften Egon Franz, 1716 erlofch, ward ſchon 1664 in 
ben Reichefürfienftand erhoben. Die rheiniiche Bundesacte orbnete das Haus F., 
zuſolge feinen Befisungen (36 [J Meilen mit 110,000 mwN, deu Greq⸗ 


» 


se Varſtenberg. 
berioge son Buben, dem Fuͤrſten von ohenjollern, ige m und bem Mönige 


von Württemberg unter. Seit YA Bohn Baht 
ausgedehnt. Sehiger: —— if Rast Sen, “ 176, Er ont 
ber öfereeiht 


fcher General, vermählt 1818 mit * —— 
lied der badi qen erſten Kammer und dere 
hen Seitenlinie it der Landgraf Friedrich een, on 1774 chi⸗ 
her wirklicher Geheimer Rath und Oberhofceremonienmeiſter. Münch, „Be 
ichte des Haufes und bes —* J (3 Bde., Aachen 1880 — -32) wird 
jelt dem Tode des Verfaſſers fortg 

„ Wärkenberg (Briedrid heim Ha Greipert vo von, Mine 

u. Generalvikar des ehemaligen —283 — 
1729 u Herdringen, dem Stammſchloſſe keiner San, die zu den X 
Weſtphalen gehoͤrt. Seine Bildung te er theils einen 
vatlebrer, theils zu Köln, wo er die Schule ber Sefälten u. die Univerſitaͤt bes 
fuchte, u. vervolllommnete fle dann auf Reifen, beſonders in Italien. Zurüdges 
kehrt, erhielt ex eine 1 präbende am Domcapitel zu Münfler, weldyes bald Darauf, 
da der Da ie bifchof von Köln, Clemens Au u der A eher 
von Münfter war, a. ch über feine Pflicht ale Dane, a bi 
Kriege gegen $riebrich 1. en Preußen beiheiligte, alle 
zu erfahren hatte, Diefe —— bildeten die Schule für die life dir 
dung 5.6, indem er im Interefie ver Stadt und des Landes bald bei der einen, 
bald bei der anderen Partei den Unterhändier bildete u. dadurch, zugleich weit den 
bedeutenden Männern, wie mit dem franzöffchen Marfchall —— ſo mit 












dem Feldmarſchalle Ferdinand von —— — und beſonders unter 
diefem commanbirenden Generale, — von — — u. el, 
dem fpäteren Befchlchtsfchreiber b bes — 

en Ende des Krieges wurde er von dem, a on von Clemens 





Gegen 
durch Dollane Einfluß zum Grzbifchofe von tn u. Fuͤrſtbiſchof won Sinke 
erwäblten, Max Friedrich (Graf von Königeed-Rothenfele) zum Miniſter und 
Generalvikar des Bisthums Münfter ernannt u. ibm fo ein fchöner, aber ſchwie⸗ 
iger Wirkungékreis eröffnet, Denn das Land, wie die Privaten, waren in. 
deB Krieges tief verfdhuldet, Handel u. Mderbau lagen barnieder, alle Berbält 
nifle waren zerrüttet. F. ſchuf durch eine von den Ständen auf 6 Jahre bes 
wiligte Claſſenſteuer, wovon auch die privilegirten Stände nicht befreit waren, 
eine Duelle, ben Gredit des Landes in kurzer Zeit wieber berzuftellen; tie Fe⸗ 
ſtungẽwerke der Stadt lich er abtragen, wodurch jene nicht allen eine bedentende 
s 1er ng gewann, fonbern auch hd LuR zum a geweckt 3. * jet bie 
urcht einer neuen Belagerung entfernt war; auf's angelegent — 
er ſich mit der Cultur des Landes, der Hebung des Ackerbaues u. des 
die Juſtizpſlege wurde in einzelnen Punkten verbefiert, eine Medizina — 
unter Leitung des berühmten Hoffarann entworfen, welche die erfe ihrer Art in 
Deutſchland war. So griff er in vielen Punkten den Berbefierungen des folgen- 
den Jabrbundert® vor; er machte die Aufaͤnge zur gänzlichen Wbichaffung der 
Leibeigenſchaft u. gu einer allgemeinen Bewaffnung des Volkes durch die Kan 
webr; die von ibm in Muͤnſter gearännete Milttärafademie iR ſchon deßhalb 
merkwürdig, weil der große General Kleber (1. d.) aus ibr hervorgegangen if. * 
feine Betbeſſerungen führte er nicht eigenmächtig, ſondern mit 
Landesſtände ein, die er freilich ganz nach feinem Willen lenkte — * 
faſſende Wirkſamleit 5.6 zum Wobie des Landes wurde gehemmt durch die, tm 
Zehr e 1730 mit einem großen Auſwande diplomatiiher Künſte und Geldes m 
ten Defterreichs durchgeiepte, Wabl des üferreichiihen Prinzen Marimilien 
Franz Liüngenr Sobn Maria Thereſia's) zum Coadintor des Grzbiidhofß von 
Köln und Fürkdiichefe von Münkır, Maximilian Friedrich Giebe darüber ren 
Dohm in den: Denfmürdigfeiten meiner Zeit). Da F., ſei es, vaß er feihk 
w. Sijchöflichen Stuhle Aebte, ci «b, af ex in der Ihet Die Mahl deb 














Fürftenberg. 317 


öRerseichifchen Prinzen mit den wahren Snterefien des Landes nidht vereinbar 
hielt, entfchieden dad Haupt der Oppofitionspartei, die vom Berliner Dofe pro⸗ 
tegirt wurde, gebildet hatte, fo war die nächſte Folge der Wahl Maximilian 
Brangene die Abdankung %.6 ale Minifter; da er jedoch Generalvifar u. Eurator 
ver Schulen, deren Verbe erung er fih nm mit ungetheiltem Eifer bingeben 
tonnte, biteb, fo war feine Abdankung als Minifter nicht als ein allzugroßer 
Berluft anzufehen. Denn die Berbefferung ded Schulmefens ift das, von und bi6s 
her noch nicht berührte, tupmmürbigte Geld der Wirkſamkeit 5.6. In der Bolfs- 
bildung bat %. durch die Berufung des unter feiner Leitung wirkenden, wenigftens 
ale praktiſcher ‚Häbagon unübertroffenen, Normallehrers Dverberg (f. d.) das 
geleiftet, was nicht bloß vorzüglicher, als alles Frühere war, fondern audy mit 
Men Lelftungen der, feitvem nach ihrem eigenen Urtheile fo fehr fortgefchrittenen, 
Pädagogik Fühn in die Schranfen treten Tann; denn wo finden wir ſeitdem 
fo viel wahre, ungefchminfte chriftliche Frömmigkeit u. Religion mit foviel Achter 
pädagogifcher Weisheit vereint? — Der Gymnaflalunterriht nahm F.s eigene 
unmittelbare Thätigkeit am meiflen in Anfpruch; er reformirte das Unterrichtöwes 
fen der Sefuiten, wobei ihm die Aufhebung des Ordens zu Hülfe fam, indem 
er einen neuen, von ihm felbft ausgearbeiteten u. tief durchdachten, Unterrichtsplan 
an die Stelle des alten feste; er fuchte und bildete zum Theile felbft die Lehrer, 
er befaßte fi auf das Angelegentlichfle mit allem u. jeden, was die Lehrer u. 
die Schule betraf. Sollen wir von unferem fortgerüdten Standpunkte ein Urtheil 
über diefe Wirkſamkeit F.s im höheren Schulfache abgeben, fo Eönnen wir einen 
zweifachen Mißgriff nicht verfennen: einmal, daß er in der Berufung ber Lehrer 
ſich allzu engberzig auf die Bränzen feines Münfterlandes befchränfte, und dann, 
was wichtiger if, daß er der Mathematif vor der Sprache und der Gefchichte, 
u. fo überhaupt einer einfeitigen Verſtandesbildung vor den übrigen Seelenfräften 
ein zu großed Gewicht gegeben hat. So erklärt es fih, wie aus biefer Mün- 
ſterſchen Schule, neben fo vielem Guten u. Acht Katholiſchen, auch ein einfeitines 
und engberziged Syftem hervorgehen konnte, welches von der Kirche verworfen 
werben mußte (f. Hermes). — F.s Berbienft endlich war audy die Errichtung 
einer vollſtaͤndigen Untverfität u. des Prieſterſeminars in Münfter. — Hatte er 
auf folche Belle den Tag in anftrengenden Arbeiten für das Wohl der Kirche, 
der Schule, des Landes vollbradyt, dann begab er fidy Abends in das Haus 
ber Fürftin Galytzin (ſ. d.), die feine Perfönlichkeit an Münfter gefeffelt hatte; 
benn er war gewiß, hier den Kreis der Männer zu finden, die in Münfter 
vereint zu haben nicht das letzte Verdienft 3.8 if. In der That ein feltener 
Berein, der dem ungefähr gleichzeitigen Kreife in Weimar, wo nicht an Talenten, 
fo doch an innerem Wertbe den Vorrang abgewinnen möchte. Hier erfchlenen, 
außer der geiftreichen Fürſtin u. dem polttifch gebildeten F. felbft, der tieffinnige 
Platoniker Hemfterhuts, der Findliche ‚Overberg ‚ der feurige, geniale Stollberg, 
ver ernfl-fatholifche Katerfamp mit feinen drei boffnungsvollen Zöglingen, alle 
durch die Bande des Fatholifchen Glaubens aufs Innigfte vereint, mit Ausnahme 
bes Philoſophen Pemfterhulß aber das möchte ja mit Recht Manchem ale 
der ſchönſte Zug In diefem Vereine erfcheinen, daß trog der innigen Ueberzeugung, 
womit alle, die den Stern der Geſellſchaft bildeten, für den Eatholifchen Glauben 
begeiftert waren, doch Irrende u. felbft Ungläubige nicht ausgeſchloſſen waren, 
wenn fie nur dem Zuge der ewigen Liebe nicht ganz widerfirebten. Daher Fam 
es, daß faft alle edleren chriſtlichen Elemente des damaligen Proteſtantismus 
mit diefem Eatholifchen Kreiſe in Münfter in Berührung traten; bier erholte fi 
Jacobi von feinen Zweifeln; bier fand der verfolgte Hamann eine Ruheftätte, 
bier war Claudius ein willfommener Gaſt; und felbfi der König des Weimarer 
Bereine zählte die hier verlebten Stunden zu den fchönften feines Lebens. — 
Huch diefer katholiſche Kreis zu Münfter ift, wie jede irdiſche Blüthe, bald ver: 
welt, aber was Gott mit ihm gewollt hat, das iſt offenbar en als den 
Erzbiſchof Clemens Auguftlf.d.) von Köln die bier empfangene Begeifterung für die 


q10 rſtenbund. 
latholiſche Kirche zum Bekenner machte, an deſſen —— vo die * ze kathe⸗ 







98 e zu neuem Leben erſtaͤrken follte. — An ver W 
iſchofs, Anton Biktor, nahm F. ſchon keinen Iebhaften 9 Knie mehr; —28— 
das Munſterſche Land an die preußiſche Krone kam, lebte 
oeg er ſtarb den 16. September 1810. — Ar inne e aa 
feſſor Effer zu Mlünfler, bei Deiters 1842, audı 
die Sören ia 98 er Som Schul iweien u, namentlich füne berühmte e Söulerbuung 
Mün 
ärkenbund ba bi, am am 23. Juli 1785 zu Berlin zwiſchen dem Rönige: von 
Preußen, Friedrich IL, a eu urfürflen von Brandenburg ‚ bem Kurfürkken von 
Eachſen und dem Khrfürken von Hannover aushrä a 3 hr Bertheidigung und 
zum Schuhe der etwa in Be ahr gerathenen beutichen gevafafiung zur 
—5* — des europälfchen ewichtes abgefchloffene lation, welche in 
ke eimen Artikeln die Mittel enthielt, durch welche man gegen eine, von 
aljer Jofeph IL. vorzugsweiſe durch den Anetaufeh des Niederlande gegen Bayern 
reiheit zu bereitende, Gefahr ſchuͤtzen wollte, Diefer Aſſociation 
kratın bald Mainz, Trier, Heſſen⸗Kaſſel, — Baben, Braunfchweig, Med- 
Ienburg, Weimar, Gotha. u. alt u bei, weil’ die Idee derfelben in ganz 
— land meldet bie bie machfende Mad Ocflerreiche unter Joſeph II. fuͤrchtete, 
entfchieben teden Anklan wahre Tendenz des 5.8 ging aber ‚gegen bie von 
za I. 8* —X — —1 Landes Bayern mit der öoͤſter⸗ 
en Monarchie. Als der Kurfürk Maximilian Joſeph von —— Sohn 
ers Karl VI. u. letzter an ber WBilhelm’fchen Linie des Haufe 
hrkeienae, am 30. December 477 u. Bayern an Karl di box von 
der Pfalz get efallen war, machte 1 Sof — 1 Anfprüche auf Bayem, weiche —* 
durch n Folge des bay — —— ener Frieden 
vom 13, Mat 1797 Hereiteit Bien —28 ayer n). Zubeh den Grin 5 ei 
nicht; er fuchte nunmehr die ® en mit feinen 
einen Ländertaufch zu bewirken. et I —2* m befreundeten ri 
Karl Theodor einen Tauſch Bayerns gegen bie —**— —— 
Ausſchluß von Luxemburg, Limburg und Namur, als ein zu ſtiftendes R5 late 
Burgund anbieten. Kar Theodor war geivonnen, allein fein präfumtiver Nach⸗ 
folger, ver Herzog Karl von Zweibrüden und defien Bruder Marimiltan Joſeph 
wollten nicht einwilligen, obgleich ihnen bedeutende Summen geboten wurden. 
Diefe, unter Bermittelung Katharina IL, Kaiſerin von Rußland, ge geheim RA 
nen Unterhandlungen veranlaßten ben 8. „auf Maßregeln gegen bie beabfichtigte 
Arrondirung Oeſterreichs zu finnen. Als der %. befannt getoorben war, traten öfter 
reichiſcher Seits mehre Schriftfieller auf, welche die in Ausſicht geftellte 8* 
Deutſchlands beſtritten und eine Erſtarkun ung Oeſterreichs auch fi da® übrige 
Deutichland nütlich hielten (über bie in ap ch — Aſſociation zur Erhal⸗ 
tung des Reichsſyſtemes von Otto von Gemmingen Reichsfreiherrn), während 
preußifche Schriftſteller, den F. als ein Meiferfüd ber Bolktt preifend, die Ges 
fahr darzuftellen verfucdhten, der die Arrondirung Defterreih® zu ferneren Fort⸗ 
fhritten in feinen Erweiterungen flärke, und ber Status quo audy befonders deß⸗ 
halb beibehalten werden müfle, damit Frankreich Defterreich gegenüber nicht zu 
fehr gefhwädht werde, da es In einem Kriege mit Defterreich fofort die Nieder: 
lande, welche nie vertheidigt werben könnten, befeben köͤnne, u. da es Frl 
nicht außer Stand gefeßt werben dürfe, durch den Erwerb Bayerns öſterreichiſcher 
Seits in einem Kriege mit Defterreidh im beutfchen Reiche Alllirte zu haben, u. 
durch Bayern ohne alle Gefahr ind Herz der öfterreichifchen Staaten einzubringen. 
(Chriſtian Wilhelm Dohm über den deutfchen F., Berl. 1784; vgl. Darftellun F; 
des F.es Coon Joh. Müller) Lpz. 1787 u. * u. Reuſt deutſche Staatdkanzl 
13. Thl., ©. 195 ff.) Der öſterreichiſche Hof ſuchte die Gemüther zu beruhigen, 
obgleich er Fi nicht dazu verſtand, eine befriedigende Erklärung abzugeben. Das 
Zaufhprojett ſelbſt aber wurde in Folge des F.es aufgegeben, Es — 


Türftenfeld — Juͤrſtenrecht. - 519 


ht zu verfennen, daß jener Taufch für Deutfchland vortheilhaft geweſen wäre, 
dem letzteres dann ohne Zweifel der franzoͤſtſchen Iwangeence nicht unter⸗ 
jen wäre, ba einestheils in der Gründung eines ſelbſtſtändigen Königreiche 
argund ein zuverläßiger Graͤnzwächter gegen Frankreich aufgefillt, und Deſter⸗ 
ich in feiner inneren Erftarfung durch Zuwachs von Bayern — kraͤ 
jer gegen Frankreich geworden wäre, was den übrigen deutſchen pürhen nicht 
chthellig geweſen wäre. Wein der Zeitgeift fah nur eine Gefahr in der wach⸗ 
iden Macht Oeſterreichs, u. das Tableau der Geſchichte war noch nicht aufges 
lt. Auch die bayerifchen Untertanen waren gegen ben Tauſch. Als das 
wmfchprojeft in Bayern befannt wurde, verlangten die Stände die Aufrechthal⸗ 
ng ber Set Rftänbigfeit ihres Landes, indem fie den Kurfürflen daran ermahn⸗ 
1, wie bereitwillig ihre Borfahren für die feinigen Gut u. Blut geopfert, und 
e freiwillia das Land fo viele Millionen Schulden übernommen habe, während 
: Stadt München folgendes an den Kurfürften gelangen ließ: „Wer immer das 
ndefte Gefühl inniger Vaterlandéliebe im Herzen babe, könne diefe Gerüchte 
möglich ohne Schmerz vernehmen. Dieſes ehemalige Koͤnigreich, für deſſen 
uhm u. Erhaltung des Inst reglerenden Herrn edle große Boreltern Jahrhunderte 
adurch gewacht, geforgt, gefämpft, fo oft geblutet, follte von der altbergebrachten 
elbſtſtaͤndigkeit — *32 zu der juͤngſten Provinz eines maächtigen Kachbarn? 
er Schweiß der Väter, ihre erworbenen Rechte, die Kreiheit Bayerns — vers 
ren gehen auf einmal? Auch fließen bereit6 die Thraͤnen des Vollkes; fchon 
dauere der Bater nebft feinem Eohne das Fünftige Elend der Enkel u, es er- 
(te der Eifer der Gefchäfte, es keime Mißtrauen auf, der Bürger verliere den 
uth, es erſterbe jeder Beweggrund zu gemeinnügiger Thaͤtigkeit. Gr. 
Fürftenfeld, feit 1803 aufgehobenes Gifterzienferflofler an der Amper, in 
berbayern, Landgerichts Brud. Es wurbe geftiftet von Seriog Ludwig dem 
trengen, zur Sühne der Blutſchuld, welche er vurd die, auf ungegründeten Verdacht 
n befoblene, Hinrichtung feiner Gemahlin, Maria von Brabant, ſich aufgebürdet 
ıtte u. entfland 1258 urfprünglich im Dorfe Thal, wurde aber nachher gegen 
irftenfelb verſetzt. Die Stiftungsurkunde Ift vom Jahre 1266. In der großen u. 
ächtigen Kirche ruhen viele Fürftenperfonen aus dem Haufe Wittelsbach. Die 
oftergebäude dienen jebt als Invalidenhaus. — Der fchöne und gewerbfame 
art Brud bei %., 1100 Einwohner zählend, iſt der Sit eines Landgerichtes 
eined Rentamtes. M. 
Fürſtenrecht bebeutet 1) im alten Reichsſtaatsrechte ein Gericht über Fürs 
n u. 2) im heutigen Staatsrechte das Privatrecht der Fürften. 1) Das F. im 
eren Sinne, als Yürftenneridht (judieium oder curia principum), ifl dad vom 
mige (Kalfer) und den Steicyöfürften in ihrer Figenfehaft als ebenbürtigen Ge⸗ 
ſſen (Schoͤppen) über einen Fuürſten gehaltene Gericht. In allen Fällen, in 
Ichen ed an Leib, Leben und Ehre eines Fürften ging, oder In welchen es fidy 
ı Reichölehnöverhältnifie eines Fürften handelte, konnte urfprünglicy nur von den 
treffenden Standesgenoſſen unter Borfig des Königs Recht geiprodyen werden. 
3 fübte ſich dieſes Gericht auf den altgermanifchen Rechtsſatz, daß der Ger⸗ 
ıne nur von feinen Standesgenoſſen gerichtet werden dürfe. te in den Ge⸗ 
hten über Freie der Gaugraf den Borftg führte, und die Schöppen das anzus 
ndende Recht wiefen, fo fand das %. unter Vorſitz des deutſchen Königs das 
zen einen Fürften zur Anwendung zu bringende Recht. Diele Art der Rechts⸗ 
ege, weldye in ihrer urfprünglichen Erſcheinung fich als ein Recht der freien 
zugemeinde darſtellt u. zur Sicherung der perfönlichen Freiheit der freien Gau⸗ 
offen diente, hängt mit dem eigenthümlichen Zuftande der germanifchen Rechts⸗ 
ellen der älteften Set auf das Innigfte zufammen. Das, meift nur in der Rechts⸗ 
ung u. Gewohnheit erfennbare, Recht wurde durch die ebenbürtigen Genoſſen als 
8, dem Gaugrafen zur Seite fiehende, lebendige Geſetzbuch nachgewieſen. Die 
höppen, hier im %. die ebenbürtigen Färften, gaben Zeugniß von den guten alten 
wohnheiten u. bildeten, indem ſie befiimmt, daß der Kaiſer verpflichtet ſeyn ſolle, 


320°. Fürſtenſchulen - Füffen, 7 


die Reichsacht oder Entfehung der Neichöftände von der Landesregierung m. f. ko: 
nicht anders, als durch Kun förmlichen Reichsſchluß zu verhängen. Dsnabr, 
Frledendinſtrument Art, 8., Nr. 3. Wahlcap. Kalfer Karls VIL, Art, 20.8. 1— 
10. Rach diefen Beſtimmungen wurde der Gegenſtand vor Reichehofrat ober 
Neichstammergericht verhandelt, worauf die gefchloffenen Akten dem Reichötage 
eingefondt, ‚und auf Grund. einer, von. einer unpartelifchen vereldeten Commiffion 
vorgenommenen, Prüfung vom ganzen Reichstage das Urtel gefällt, Solche Sen 
tenzen wurden vom Kater approbirt, publicitt 1, durch Die Kreishauptleitte volls 
zogen. 2) Das $. im neueren flantsredhtlichen Sinne begeichnet diejenigem Rechts- 
regeln, nad) welchen der tegierende Fürft feine perfönlichen Verhältniſſe u. indbe- 
fondere die Angelegenheiten feiner Familie zu ordnen berechtigt iſt. E86 bezieht ſich 
größtenteils auf Dispofittonen über das Vrivatgut des Regentenhaufes, u. auf 
das Famllten- u. Erbrecht der fürfilichen Familie, Seinem Inhalte nach. erfcheint 
das Privatfürftenrecht als ein Theil des Vrivatrechtes (jus privatum i um, 
jurisprudentia heroica) und wird nur in fo weit: Gegenftand des Öffentlichen 
Rechtes, ald die Thronfolge und andere publichftifche Verhältniffe von demſelben 
abhängen. Als Quellen des F. es find hervorzuheben die, aus der Autonomie. des 
oben Reiche adels —— — Hausgeſede, Familien⸗ und —— 
0 onen Obſervang, die Staatsgrundgefege ber einzelnen. Länder , En ie 

eichsgeſehe. 

Fürpenfehnlen beißen die Gelchrtenfchulen zu Pforta, Meißen u. Grimma, 
welche von dem Kurfürften Morip von Sachfen 1542 u. 43 geftiftet u. mit den 
Ginfünften der eingezogenen Kloftergüter —— wurden. Der größte Theil 
der Schüler (Mlumnen) erhält unenigeldlich Unterricht, Wohnung u. Koft (Kreis 
ftelten) 3 diejenigen, welche dieſe Bergünfttgungen nicht genleren heipen Ertraneer. 
Die Alumnen find einer firengen — und isclplin unterworfen. Die 
früheren Mipbräuche und Gebrechen, welche in den angemaßten Vortechten ber 
höheren Schüler vor den niederen Ihren ®rund hatten (Pennaltsmus), find mit 
der Zeit meift befeltigt worden. Bon jeher haben die F. mit ungetheilten Kräften 
der Pflege des claffiichen Studiums ſich gewidmet; eine nicht geringe Anzahl der 
größten Geifter der Nation iſt aus ihnen hervörgegangen, 

Fürth, fehöne u. fehr gewerbreiche Stadt im bayerifchen Krelſe Mittelfrati- 
fen, in der Nähe von Nürnberg, an der Pegnig u. Rednih, mit 17,000 Eins 
wohnern (worunter 600 Katholiken und fat A000 Juden) hat eine jüdtiche hohe 
Schule, ein jünifches Gericht, hebrälſche Buchdruderei, wichtige Babrifen und 
lebhaften Handel. Es gibt bier über 1000 Gewwerbömeifter, darunter Bildhauer, 
BVergolver, Goldfchläger, SBapierfärber, Dofenmacher, 80 Strumpf- u. Mügens 
wirker, 50 Baummollweber, bedeutende Spiegel» u. Rofogliofabrifen, Schleif- u. 
Bolierwerfe. Auch hat die Stadt einen großen Jahrmarkt u. in der Umgegend 
ſtarken Tabalsbau; Eifenbahnverbindumg (feit 1835 — die erfte Eifenbahn in 
Deutfchland mit Dampfkraft) mit Nürnberg, Erlangen, —— w_f. m 
Sehendwerth IM aud der alte Königehof. — F. eniftand durch eine Kapelle, 
die Karl der Grofe bier, wo er ein Nachtlager gehalten, dem heiligen Martin 
au Ehren erbaute u. wohin nachher zahlreiche Walfahrten entftanden, Im dreis 
Higiährigen Kriege wurde es von den Schweden befept, dann von den Kaiſer⸗ 
lichen, u. 1634 von den Kronten niedergebrannt, Nachdem es wieder aufgebaut 
war, brannte es 1680 zum zweiten Male ab. 

Füftliere, eine Art Fußvolf, welches feinen Namen von der, zuerft in Krank 
reich eingeführten, Flinte (fusil) erhalten hat. Bet ven meiften Armeen tft alles 
dußvoll Güftter, was nicht Grenadier oder Jäger if; Musketiere befichen nur 
nod) dem Namen nach. In - der. preußifchen Armee find fie größtenfheils zum 
vorn Dienfte beftimmt, und es hat daher ein jedes Infanteriere t ein 

Bataillon, 

Füffen, alte Stadt in Bayern, im Kreife Schwaben u. Auburg, Bie liegt 

am Lechfluſſe, der hier einen ſchoͤnen Waſſerfall bildet und hat sin Landgerichi, 


tat, Ober jollamt, eine Salzoberfaktorel, ein Delanat, das ehemalige Bene ⸗ 
tinerffofter St.) Mang, sein. Spital, ein Franciscanetlioſter. Die Biwohner, 
00 an der Zahl, nähren fi) von Viehzucht, der Klopfahrt, von Graben und 
indel mit Thonerde, Kalt, Gyps, rinot, verfett hoͤtzerne Geſchirre, 
uten 1322 
n Bifchof Friedrich von Augsburg erbaut u. ift noch heute fehenswürdig wi 
ner Glasgemälde, Arabesfen ıc. Nach der Borftabt jenſeits des % 
neue Thereſtenbrũde. — Die Römer. nannten den ’ ad fauces Julias. 
den erſten Decennien. des: 7. Jahrhunderts kam der heilige Magnus in: bie 
gend u. — bier. eine Kirche u. ein Klofter mach der Regel des heiligen 
mebikt. ı Am 22. April 1745 wurde in dem Schloffe zu F. der befannte Friede 
iſchen Bayern) u. Defterreich geſchloſſen. 413. September 1796 Niederlage der 
anzofen durch die Defterreicher, i mD. 
Fuͤßli, eine in der Kunfigeſchichte berühmte Famille von, Zürich. 1) 8, 
atthtas (+ 1664) malte Feldſchiachten, Seeftürme, nächtliche Feuerobrünſte 
d anbere redensfcenen. Um feine Einbildungsfraft durch den lebendigen 
odruck von ürzung und Schreden zu einer ſolchen Darftellung zu beleben, 
rumte. er einft mit bloßem „Degen auf feine Schüler ein. Er war überbieß ein 
ter PBorträtmaler. — 2) Job. Kafpar, geb, 1706, ein guter Landſchafto⸗ 
Porträtmaler, machte fd durch fein „Leben Rugenda’s u. Kupezti’s (Zürich 
58), „Geſchichte der beſten Künftler in der Schweiz“ (ebenbafelbft 1769—79, 
Bde), „Berzeichniß der vornehmſten Kupferftecher umb ihrer Werke“ («bendaf. 
70), „Eeſchichte von Windelmanns ‚Briefen an feine Freunde in der, Schweiz“ 
vend, 4778) u. durch die, Herausgabe von, „Raph. en Gedanfen über. die 
önheit und den Gefchmad in der Malerei“, (ebend, 1770) um die Kunftges 
te verdient. Er war ber Freund 1, Lehrer. der bedeutendſten Künftler feiner 
it u. farb 1781. Bon feinen Söhnen haben ſich beſonders ausgezeichnet 
Ki Sohann Rudolph, geboren-1737,. geftorben 1806, belannt durdy fein 
ſches Berzeichniß _ der, beiten: Kupferſtiche nach — Meiftern ‚aller 
chulen· (5 Bände) und „Journal: der. bildenden Künfte' für die Öfterreichiichert 
taten” (Wien 1801). — 4) $., Sobann Heinrich, geboren. 1742, bilvete 
> in Stalien an Mid). Angelo's Meifterwerten, warb. 1790 Mitglied u. Pros 
or an der Malerafademie zu London, fpäter Bräfldent derfelben u. ſtarb den 
‚ Abrit 1825 auf feinem Landhaufe bei ‚London. Er wmalte eine Shaleſpeare⸗ 
d Miltons Galerie u. A. m., gefiel. ſich in gefpenfterhaften Darftellungen und 
Ibern des Schreden® u. der. Zerftörung. Sch Borlefüngen über Maleret er⸗ 
ienen, von Eſchenhurg überjegt, 4803 zu Braunfchweig, feine ſämmtlichen 
erfe 1808 und 1809 zu Züri. — 5) 8., Johann-Rudolph (geb. 1709, 
torben 1793), Minfaturmaler,. vertaufchte die ausübende Kunft mit der Feder 
ſchrieb „Allgemeines Künftierlericon“ (Züri; 1763—1779), die Frucht eines 
shgfährigen Fleißes, welches: fein Sohn 6) F., Johann Heinrich, 1806 
6 den fortfegte. Diefer, geboren den 3. December 1745, privatifirte nad) 
er Kımftreife durch Italten zu Züri, ward Antheilhaber einer Buchhand⸗ 
ig und 1775 Profeffor der vaterländifchen Gefchichte und Polttit, gelangte zu 
hrern Staatsämtern, war während der helvetiſchen Einheitöregterung Senator, 
inifter ıc, und feit 1803 Mitglied des großen und Heinen Nathed, Im höheren 
ter legte er feine Aemter nieder u. ftarb deu 26. December 1832, Er ſchrieb 
ıfgefhichtliche Abhandlungen, Bolksfchriften und Mandyes-über Schwelrerge- 
ichte Gie burgumbifchen Feidzůge, den Schwabenfrieg, Waldmanns Reben 
A), u. redigirte hiftorifche u. belletrifttfche Zeitfchriften. Als Freund Joh. v. 
üller’s, dem er feine Materialien zur Schweisergefhlchte überließ, Matthiffon’s, 
mitetten’8 ꝛc. gab-er deren Briefwechfel heraus, — 7) B.,, Wilhelm, geb, 
03, bis zur Septemberbewegung 1839 Mitglied des Obergerichted, entfaltet in 
ren Schriften: „Münchens vorzüglichfte öffentliche Runtfeh 4 (München 
11) u. „Züri u. die wichtigſten Städte am Rheine, mit Bezug auf alte u. 


‚2 Fuge ⸗Fugger. 


neue Werke, der Architektur, Skulptur u. Maletei“ (Winterthur 1842, 2 Bde.) 
——— damilie und. ausgebteitete Kenntniffe. Er ſtarb dem — 
uge Gon fügen, nicht, wie Einige wollen, vom lateiniſchen fuga), eine 
fünftliche Zuſammen ayıngı ber Stimmen, indbefondere aber ein mehrftimmiges 
er 8 aus zwei Stimmen beftehendes) Tonftü init einem herrſchenden mes 
lodiſchen Sage, der von allen Stimmen auf verfchiedene Welſe nachahmiend tvie- 
derhoit wird, fo daß ein Ruhepuntt nur mit dem Schluſſe eintritt. Jede Stimme 
Bi bier aiſo ihre eigene Melodie u: behauptet ihren eigenen Eharalter, weß⸗ 
jalb denn Feine als begleitend erfcheint, Das Nefthetifche-fegt man dareln, = 
im der F. die Gefühle einer Mehrzahl ganz übereinflimmend, und — 
—3 ſtändigkeit der einzelnen Samen fid) äußern. Die F. hat folgende 
helle: 1) das Thema (Hauptfag, Subjekt, Anführer Führer, dux), als das 
Fundament der. &., zur Rachahmung u; in beflimmter Weife eis \wieberkehrend, 
2) Die Antwort (Geführte, comes), die Imitatlon des Thema in einer andern 
Stimme, und auf einer andern Stufe der Tonleiter, 3) Der Wievderfchlag 
(mobulirte Wiederholung, repercussio), ‘die Orbnung, in weldjer das Haupt: 
Thema und die Antwort in den verfchledenen Stimmen — ſich hören 
laſſen. 4) Das Gontrathema (Eontrafubjeft, Gegenthema, Gegenharmonte), 
die Melodie in einer andern Stimme, wenn eine Stimme ven Suite, aus⸗ 
führt, 5) Die Zwifchenfäge oder Switchenharmonte, in der — 
ee 
felung in die $. zu en mi vw er Hauptſa⸗ 
Betts fügt dieſen tanbih) noch die Stretta ımd das Pedal bei, von 
welchen erftere, als bie Iebhaftere und ge ene Imitation des Thema und der 
Antwort, der glänzendfte und effectvollfte der 8. iſt, und im lehteren alle 
Reichthumer fü — — &8 gibt verſchiedene Arten der Fin, nämlich 
einfache, mit einem einzigen. Haupiſahe; Doppelfugen (brei- und vier 
jache), mit mehren Hauptfägen; firenge, worin mır das Thema mit dem 
Gegenthema audgeführt fr Kunft-®. (F. ricercata), wenn‘ dieſe Ausführung 
An allen möglichen @eftalten erfolgt; freie (F. libera), tn welcher Zwifchenfäge, 
deren Notenfolge nicht aus dem Thenta  entlehnt if, verwebt werden; regel« 
mäßige, mit allen oben erwähnten Beftanbtheilen u. dgl. mehr, In die Ins 
— — wurde die F. eingeführt von Glovanni Battiſta Lully, 
jeboren 2 
8 Fugger ‚ ein weltberühmtes, in einer Linte fürftliches, in der andern gräf- 
liches Geſchlecht in Schwaben, das von 1) Iohannes %., einem Webermeifter 
in Oraben, einem Dorfe auf dem Lechfelde, abflammt, ver ſich Behufs des 
Handels mit feinen Fabrifaten- in Augsburg niederließ und durch Berhetrathung 
mit Klara Widolph (1370) das dortige —— erwarb. Seine zweite 
Gattin. war (1382) die Rathsherrntochter Elifabeth Ofattermann, mb 8. 
felbft wurde einer der Zwoͤlfer feiner Zunft u, Freifchöffe des Vehmgerichts. Er 
ftarb 41409. — Bon feinen 5 Söhnen fehten 2) Andreas und 3) Jakob das 
väterliche Gefchäft mit Gtüc fort, erwarben bedeutende Reichthümer u. wurden 
die Stifter zweier Adelögefchlehter: Andreas der F. vom Reh, fo genannt 
von dem, feinen Söhnen von Kaifer Friedrich III. verliehenen Wappen, bie! aber 
Thon 1583 wieder ausftarben, und Jakob des noch blühenden Haufes 8. von 
den Lilten. Des lehteren drei Söhne: 4) Ulrich, 5) Georg u. 6) Jakob, 
trieben den Handel u. Bergbau auf das Grofartigfte. Kalſer Friedrich IV., der 
eine Anleihe bei ihnen machte, ertheilte an Uirich ein Wappen mit den goldenen 
u, blauen Lilien für fih, feine Brüder und ihre fämmtlichen Nachkommen. Da 
Jalob finderlos farb u. audy Ultichs Söhne feine Erben hinterließen, fo pflanz⸗ 
ten nut Georg8 Söhne 7) Ratmund und 8) Anton das Geflecht fort. 
Beide flanden bet Karl V. in hohem Anfehenz; er wohnte während des Augs ⸗ 
Burger Reihetages (1530) in Ihrem Haufe u erhob fie zu Grafen u, Banner 


Fulahs — Fulde. ‚523 


ren auf der fchrwäbifchen Grafenbanf. "Die, ihnen für‘ 70,000. Goldgulden vers 
—E—— aft hen u. Herrfcyaft — erhielten fie als Eigen⸗ 
um ; ſpãter verlieh ihnen Karl V. Gerechtſame, u. für. die Unter! 
fie ihm 1535 bei feinem Zuge gegen Algier gewährten, das Recht, Gold⸗ 
Silbermungen zu fchlagen , das fie von 1021-024 u.1694ausübten. Ans 
v binterließ 6 °Millionen Golofronen 'baar, Juwelen und Güter nicht mitger 
hnet. Bon: ihm wird das, unter ſolchen Umſtäuden keineswegs Anplaublice 
aͤhlt, daß er, als Karl V. ihm nach feinem ne Zuge Behuchte, die lal⸗ 
liche Schuldverfchreibung in’ einem Feuer von Zimmtholze verbrannt habe. — 
ich die folgenden Kaifer, beſonders Ferdinand IL, ‚ertheilten den &.m mehr; 
schte u. Freiheiten. Gleichwohl gaben dieſe den "Handel nicht auf, der u 
reichen Segen brachte, daß fle im 17. Jahrhunderte 2 Grafz u. 6° # 
1,57 ‚andere Orte ı1, viele Häufer Inu. um Augsburg, beſaßen. Dabel ı 
igten ſie Wiſſenſchaften u. Künfte, unterhielten Maler u. Mufiter, befagen bie 
Abarften Sammlungen (ihre Wohnungen und Gärten waren Meil ‘der 
anfunft u. des damaligen Gefhmads) u. übten Wobltbätigkeit in großartigen 
eiſe. Go bauten fie zum Beſten der Armen in Augsburg die Snageret 
Augsburg), flifteten viele Kinnfenhäufer, Schulen, Legäte u, legten, der 
formation entjchteven abgeneigt, zahlreiche" Spenden für vie Tatholifche * 
eder. — Bon Raimund u.) Anton ſtammen noch die beiden Hauptlinien: die‘ 
aimundiſche und Antontus’fcher Erftere theilte ſich durch Raimunds 
oͤhne wieder in den Pfirtifhen wKirhberg-Weiffenhorntfhen Aſtz 
ztere in drei Aeſte, von denen der erſte tm 1676 im Mannsſtamme ers 
Ih, der’ zweite in drei Zweigen %.- @lött, Ber Kirhberg u. Nordens 
yef, und der dritte, in dem Zweige 8.:Babenhanfen noch fortblüht. — 
Graf Anfelm Maria. FBabenhauſen CH 1821) wurde amd. Au— 
ft 1803 von Kaffer Franz Ik für fich u, feine männlichen Nachkommen‘, nad) 
m Rechte der Erfigeburt; in den Fürftenftand‘ erhoben, at. die — dieſes 
auſes (feit 1806 mediatiſirt) umfaſſen 7 Meilen mit 12,000: Einwohnern 
find in drei —— DM die — en Buy * 
ungen mögen gegen , rheini tragen. er 
Ba FH 10) Beonend Karl Re jeboren 1827, —* feinem Bater 
nfelm 4836 unter Vormundfchaft? Die Verhältniſſe des Sfichen Hanfes find 
‚06. durch eine königlich bayeriſche Derlaration feftgefegt und die Hausverträge 
e Grafen u. Fürften F. 1822 beftätigt worden, 


abs, |. Houlahe, y 

da, die freundliche u. wmohfpebaute Hauptflabt der gleichnamigen Pros 
nz Kurheffens, liegt am rechten fe ver Hier noch nicht ſchiffbaren Fulda, 
der Sig des Landesbifchofes, fowie mehrer oberen Juftiz- und Verwaitungs⸗ 
hoͤrden u, hat ein Priefterfeminar, «ein! Symnaſium, ein Forftinftitut, eine ans 
jnliche Bibliothek, ein Franciöcanerklofter, zwei Frauenklöfter, ein Convict der 
rmberzigen Schweftern, eine Fabrik, welche gute Muflfinftrumente liefert, und 
ne Baumwollenzeugfabrif, 10,000 Einwohner. Im der zu Anfang des 18. Jahr⸗ 
mderts neu erbauten Domkirche ruhen die: Gebeine des großen Apoftels der 
eutfcyen, des Heiligen VBonifacius, u. ded Kaiſers Konrad 1. DieSt. Michaels⸗ 
sche iſt als ein wohlerhaltener Reft karolingiſchen Bauftyles merkwürdig. Dem 
chloſſe gegemüber erhebt fi das 1842 erriätete Standbild des Heiligen Boni⸗ 
dus, von Profeffor W. Henfchel zu Kaffel tn Erzguß ausgeführt, — F. vers 
met fein Entſtehen dem eben genannten Heiligen, welcher durch feinen jüler 
turmi hier ein Benebictinerflofter errichten Heß (744), in defien Mauern Bonts 
cius nach feinem Martyrertode (755) begraben wurde Zu feiner‘ Ruheftätte 
allten unzählige Pilger, u. das Kloſter wuchs dadurch fehr an Bedeutung. Die 
loſterſchule war bald die berühmtefte in ganz Deutfchland, beſonders als Rha— 
inus Maurus(f.d.)dafelbft lehrte. Das anfehnliche Kloftergebiet, nady der Hand 
m Fuürſtenthume ethoben, wurde 1802 in Folge des Fineolter Friedens Can 


ae 5 
524 Fulda — Fulton. 
rifiet und gelangte 1816 endlich, nach mehrfachen Wechſel der Herren, an 
Kurheſſen. mD. 
( —J— Griedrich Karl), ein gelehrter Sprach⸗ u. Geſchichtforſchet geb. 
zu Wimpfen bet Heilbronn den 13, Sept. 1724, fubirte zu Stuttgart u, Tübin⸗ 
en, wurde 1748 in hollaͤndiſchen Dienften Feldprediger, ſtuditte 1750 noch eine 
lange zu Göttingen, ward 1751. Garnifonsprebiger auf der mürttemberglfchen 
dFeſtung Aſperg, 1758: Pfarrer zu Muͤhlhauſen an der Ens in Württemberg, und 
1787 zu Enfingen, wo er den 11. Dec, 1788 ſtarb. Tieffinniger Serfehungeneit 
harakterifirt feine Schriften. Aus den Urtönen der Natur fuchte er bie Abftams 
mung der deutfchen Wörter zu erforfchen. Daher feine Sammlung u. Abſtam⸗ 
mung germanifcher Wurzehwörter, Halle 1776, 4. Diefes Wert der Beleg 
zu Preioſchrift über die beiden Hauptdialelte der deutichen Sprache, Ly 
1773, 4., die in Göttingen gekrönt und auch dem Melung’fchen Wörterbuche der 
hochdeutſchen Mundart vorgevrudt wurde. Sein Berfud) ‚ einer allgemeinen 
deutſchen Idiotilenſammlung, Berlin 1788, 8. iſt das Refultat langer Forfchuns 
‚gen, ſowie mehre feiner Abhandlungen in dem deutſchen Spradyforfcher. 8. bemügte 
auch die Sprache zur Auftlärung der Gefchichte, von der er einen intereſſanten, 
lolorirten Ueberblid in 12 Blättern (Bafel 1782, Fol.) gab, zu deſſen Erläute 
rung ein Ueberblick der Weltgefehichte Mugsb. 4783, 8.) dienen. follte, Abet 
die Kürze, deren er fich bei Allen, was er ſchrieb, bediente, war Urſache, daß er 
öfters dunfel wurde. "Lange nach feinem Tode erſchlen burch die rafllofe Mit: 
wirkung des Pfarrers rn aus 56 Nachlaſſe: Ulftas gothiſche Wibelüber 
fepung mit einer grammatifch-wörtlichen Iateinifchen Ueberfegung zwifchen den 
Zeilen, fammt einer Sprachlehre u. einem Gloffar, Weiffenfeld 1805. 4., ein für 
jeden Sprachforfcher wichtiges Wert. — Gin großartiges genetifches Sprady 
werf nde — humanae originihus,* in Borm eines Stammbaumes (7 Tang 
w 9 hoch), das nie zur Herausgabe Fam, fowie ein trefflicher Plan der Feftung 
Hohenasperg u. threr Umgegend, mit. einer Drehfcheibe, befindet ſich im Befige 
des Nebacteurs dieſer Realencytlopädie, in deſſen elterlichem Haufe eine hinter 
laffene ledige Tochter F.o farb, 

Fulgentius, Kirchenvater, nm d: 3. 468 in Afrika geboren, hatte es in feiner 
frühen Jugend in der tiechifchen und fateinifchen Literatur ſchon ſeht weit gez 
bracht u. zeigte bald wiele Fähigkeiten. Die Kirchenväter, u. beſonders den Aus 
guſtin, hatte er fleißig ſtudirt. Den größten Theil feiner Lebendzeit brachte er 
unter abwechfelnden Sedieaten in verſchledenen Klöftern zu, wurde 507 Biſchof 
zu Ruſpe in Afrika, fegte aber feine firenge Lebensart auch als Biſchof fort und 
farb 533, nachdem er wegen feiner Gelehrfamfeit und Frömmigkeit ſich einen 
großen Ruhm erworben hatte. Unter Anderem fchrieb er: Lib, IL de duplici 
Praedestinatione, de sacrificii oblatione. et:de missione Spiritus S. De trini- 
iste. De remissione peccatorum. 18 Epistolae, worunter einige Qrsfanblungen 
find. ‚Opera, i — ©. Fabrio. bibl. gr. T. XML 800. ° 

gurit, ſ. Bligröhre. - g : ' 

ulton (Robert), Mechaniker, geboren um 1767 in ber Graſſchaft Lans 

caſter (Pennſylvanien), war zum Goldfchmieb beftimmt, fand aber Geſchmack an 
ver Malerei u. bildete fich unter Wert in England. Die Bekanntfchaft mit einem 
andern Amerikaner, Rumfey in Devonfhire, der ein geſchickter Mechaniker war, 
vermochte ihn, daffelbe Gefchäft zu wählen, und bald zeichnete er ſich durch bie 
Kuhnheit u. Neuheit feiner Plane aus. Roch in England gab er eine Schrift 
über die Berbeflerung, ber Kanalſchifffahrt (1796) heraus, — 1800 in Ge⸗ 
meinſchaft mit Joel Barlow die Panoramen in Paris ein, wobei er Ruf und 
Geld gewann, und befchäftigte ſich mit der fubmarinen Schifffahrt, um dadurch 
Krlegsſchiffe In die Luft zu ſprengen. Als die franzöfifche Reglerung auf feine 
Auträge nicht einging, machte er einige Berfuche in England. Gr Tehrte dann 
mad) Amerika zurüd, baute ein ſubmarines Boot, eine Marmorfchneides u. Por 
Hpwhßle, eine Maſthine zum Dicken von Kauen, u.: verbeflerte die Dampffchiff ⸗ 


ee As 


fahrt, deren. Erfindung er ſogar beanfpruchte, Er ftarb 48155 feine Kinder wurben 
vom. Gongrefe feeigebig unterſtũht. . “ 
Fulvilus (Fulvia gens), ein —— Biebejergefchlecht, "das aus Tuscu- 
lum ftammte, Ihm gehörten die Familien der 'Eentumalus, Flaccus, Nobilior, 
Pätinus- u. Verailus an. — Wir nennen darands: M; B. Flarcus, der Eon, 
ful u. 264 vor Chriſtus Dietator war; er bezwang Eorfita, ſchlug die Al 
u. exfocht noch andere Siege, M. F. Nobtltor, Conſul 193 vor Ehr., a 
— in Spanien u. gegen die Aetolier, u. führte als Cenſor viele öffentliche 
bäuderauf. E. 8. Flacens befehligte im 2; punifchen Kriege gegen Hans 
nibal, war viermal, Eonful und auch tor. Sein: Enfel M, F Hlaceus, 
ebenfalls Conſul, zeichnete ſich während der grasshiichen Unruhen aus. Zu eben 
diefem Gefchlechte gehörte auch die berüchtigte Fulvia, Tochter des M. 5, 
Bambalio, nad einander Gattin des P. Eiodtus, des C Curio n. zulegt des 
M, Antonius; ein ehrgeiziges, herrichfüchtiges Weib, regierte ſie durch leptern, u; 
während: deſſen Abweſenheit in Megypten, durch feinen Bruder, den Eonful &; 
Antonius, Rom far unumfchränft; ihre Eiferfucht gm ihren: Schwiegetſohn 
Oetavianus fachte den. Bürgerkrieg in Italien an. ging ſelbſt nad) Prä⸗ 
neſte, fammelte, völlig bewaffnet, ein Heer um ſich, das fle leitete; aber. gefchla= 
gen, floh fie nach Brunduflum und: von da nach Macevonien und ſtarb bald 
darauf 40 vor Ehr., zu Syfion, Cicero war iht Todfeind, und als ihrem Ger 
—* vn * = ermordeten Beindes (gebracht: wurde, durchſtach fie, feine 
e mit Nadeln. ve 
und, 1) Johann Frtebrich, geboren —— Frantfurt · a. M, ſtudirte 
Theologie in Heidelberg u Jena, ward Lehret der —— Gewieinde in 
feiner Vaterſtadt bis 1830, dann politiſcher Schriftſtellet. Seine Oppoſition ges 
"die deutſchen Furſten, feine Vertheidigung volksfouveräner Bringen u fein 
Hide an dein Männer-Bunde: veranlapten feine mehrmalige Verhaftung u. Ges 
fangenhaltung: zu Frankfurt a. M, u; auf dem Hardenberge bei Mainz, aus der 
er ro in neuerer Zeit loogelaſſen wurde. Außer mehren politifchen Zeit und 
Flugſchriften, (der Eulenfpiegel, Die deutfche Boikshalle, die Facel, Zeitipiegel, 
Erbfteine, Scherz u. Ernft u. a.) fehrieb er: Das Gandlvatenwefen in Brankfurt 
aM. 1775 und 1830, Dffenb, 4830; Ludwig der Sromme, Fraulfurt 1832; 
Gemeinfaßlicher Ueberblick der älteften deutſchen Geſchichte, Dffend. 1834. — 2) 
Karl, Wilhelm Ferdinand v. F.,.geboren zu Wolfenbüttel, 1761; trat 1780 
als Lieutenant-in die fächfiihe Garde du Eorps, nahm, Mißverhältniſſe halber, 
1785 ‚feinen. Abfchied, trat jedoch 479L-als Rittmeifter wieder im das neuerrich⸗ 
tete Hufarenregiment, Fam 1805 ald Major in den Generalftab, machte als Adr 
jutant des Generals Szeſchwitz den Selozug von 1806 mit, überbrachte dem Kur- 
fürften die Nachricht: von. dem erfahrenen, Mißgefehide, u. daß Napoleon, wenn er 
zubig im Lande bleiben wolle, ihm Waffenfiuend ewähren. u. Allianz mit ihm 
ſchlieben wolle ‚begleitete, nun feinen Herrm nach. Berlin und den Minifter des 
Auswärtigen, Grafen Bofe, nach Poſen, um dort Frieden mit Frankreich zu fchließen, 
ward 1807 Obriftlieutenant, Blügeladiutant,, Oberft u. Generaladiutant, ging zu 
Napoleon nad) Finfenftein in Preußen, wohnte im Gefolge feines Königs dem 
Congteße von Erfurt 1803 bei, ward. 1809 Generalmajor und Generalinfpector 
der Gavalerie, begleitete den König nach Blauen u. Frankfurt a. M. und ging 
wieder zu Napoleon nach Wien. 1810. erhielt er eine Gavaleriebrigade u. Are 
diefe dem fächfiichen Corps unter Reynier 1812 zu, ward bier Divifionsgenerat 
der ſaͤchſiſchen Eavalerie, als der er fich bedeutend im ruffiichen Feidzuge aus« 
zeichnete, folgte dem Könige 1813 nad Böhmen, erhielt jedoch nach deſſen Rüd- 
ieht Feine Anftellung, fondern privatifitte in Wurgen, erhielt 1814 vom ruffifchen 
Gouvernement fetnen Abſchied, ward jedoch nach des Königs Rücklehr 1815 aus 
Der: Gefangenfaft wieder angeſtellt. Er ward nun 1818 zu Wellington, wegen 
zu zahlenden Subfivien, nad) London u. Paris gefendet +1, privatiſirie nun wies 
der zu Wurzen, bis: ihn 4825 ein Schlagfluß * an deſſen Folgen er 1828 





ww Buntännte line, 

lonigl. fächfifcher Generaltieutenant ber Gavalerte zu Wurzen farb. Napoleon 

ihn ven der ausgezeichnetſten Offiziere der ſächſtſchen Atmee. Et fchrieb: 
Geſchichte Katfers Friedtich IE, Zuͤllichau 17925 jeans dem Zeiten ber 
Kreuszüge, Leipz. 18211824, 4 IThle.; Erinnerungen ans dem Feldzuge des 
fächfifchen Corps unter dem General Reynier im Sabre 1812, Dresden 1830 


, eres mehr, — 
| > undamentalbaß oder Grundbaß, bezeichnet in der Mufif ſowohl die Fun ⸗ 
ee d. i. Die Tonila, die Bi * Unterdominante jeder Tonart, 
als auch eine Reihe tiefer Töne, welche bie wahren Grundtöne ber Hai 
anzeigen, und iſt übrigens völlig ——— mit Generalbaß (f. d.) 
Das erfte Syſtem des Grundbaſſes ftellte Jean Philippe Ramenu, geboren 1683 


zu Dijon, auf, 

Bunte (Karl Philipp), ein verbienter ır. geachteter paͤdagogiſchet Schrift: 
fteller, geboren zu Görpfalfe 2 Brandenburg 1752, folgte, da = fi) dem Um 
terrichte u, der Bildung der Jugend zu mi befchloffen hatte, einem Rufe 
als Lehrer an das Philantropin zu Deffan, und warb in der Folge dafelbft Ins 
fpector des Schullehrerfeminartums. Der Fürft von Schwarzburg-Rubolftadt er- 
theilte ihm 1804 den Titel eines Regierungsrathes, aber die Hoffttung u. Aus 
ficht auf eine Verbefferung feiner Außeren Lage, die ihm als Vater einer zahlreis 
hen Familie doppelt werth in mußte, wurde vereitelt durch das — der 
Kriegejahre, u. ohne feine Wünfche erfüllt zu_fehen, ſtarb er auf einer Reife zu 
Altona 13. Juni 1807. Seine literatiſche Thätigfett in allen Zweigen der Pär 
v soft war fehr groß, und er hat fich, bei manchen fühtigen Compilationen, 
auch durch mehre gehaltreiche u. ſeht zwertmäßige Schriften, beſonders naturhts 

ſſchen Inhalts, bleibende Verdienſte u. gerechte Anfprüche auf ein dankbares 
Andenken erworben. Den 'allgemeinften Beifall und das größte Publifum fand 
= „Naturg ichte u Technologie für Lehrer in Schulen u. für Liebhaber dies 
fer Wiffenfchaften — 1790, 3. Bbe.; 6. Auflage 1815, 8. befo 
von Wiedemanı, mebft verſchiedenen kurzen natırfiftnifepen Lehre u. Leſe⸗ 
büchern, Dieſen ſehr nüglichen Schriften folgten: Leſebuch für Bürgerfchuten, 
Berlin 2 Shle:- 1788, 8. Lehrbuch zum Unterrichte der Töchter, ebend. 2 Bbe, 
1800, 8. Handbuch der Phyſil für Schullehrer, Braunſchw. 17975 2. unge 
arbeitete Auflage von J. H. ©, ride, 2 Bde, 1804, 8. Handworterbuch der 
Naturlehre, ig, 2 Thle 1805, 8. Neuss renles Schul-Lericom, Btaunſchw. 
5 Bände 18005 Naturgefchichte für Kinder, 10. Aufl, herausgegeben von Lips 
pold. Lpz. 18415 Myihologie, neue umgenrbeitete Auflage von ebenvemfelben. 
Hannover 1824 u, a. = 

Funken nennt man alle Heine, feurige Körperchen oder Theilchen, 
welche durch Irgenb eine Kraft von einem Körper abgefondert iverben. So brin- 

je 3.B. die Schläge des Hammers auf glühendes Elfen F. hervor, die nichts 

deres find, als Thellchen des glühenden gehämmerten Metalle. In maı 
Fällen geben audy nicht glühende, ganz Falte Körper brenmende F. went fie ges 
ſchlagen werden, 4. B. Stahl am Steine gefchlagen. Die hiebei fallenden F. find 
Siabifide, welche durch die Gewalt des anſchlagenden, fcharflantigen Steine 
losgetrennt, und durch die: heftige Reibung entzündet werben. Nicht felten find 
diefe Stahlftücchen, wenn man He mit einem Papiere auffängt und unter einem , 
Mikrofcope betrachtet, mit Steinftüden in’ einander verfehmolgen oder verfchladt, 
Der Grund, daß die losgeriſſenen Theilchen durch die Reibung feurige F. wer 
den, liegt unftreitig darin, weil bet diefer gewaltfamen Operation der gebumbene 
u alfo unmittelbare Licht und Wärmeftoff zerſeht wird, 

Furcht, das Gefühl, welches ein unvermeldliches Uebel erregt. Die vorwaltende 
Keigung zur. (B.famkeit) ih gewöhnlich in zu iebhaften Borftellungen von einer, 
der eigenen Kraft überlegenen, Äußeren alt Seaeänber u. bemä et ſich des 
—2 am fo mehr, fe beſchraͤnkter die Kemniniſſe von den eigent! 


hen Bere 
Halmien der Aupameik I una Kat. Wetogtatett iR MRUeHUfEED yalkhen 6. 


o biefe etwa fatt "Haben Fönnte) und Muth, indem tm ihr die Kraft, ein Uebel zu 
ämpfen, noch ‚mangelt. Häufig iſt fie bloß Folge der Unkunde einer Gefahr, 
er auch des Leichtſinnes in einem gefährlichen Zuftande, ⸗ 
Furia (Brandiwurm, faria infernalis, inne), angeblich ein Wurm ans 
t lappländifchen und bothniſchen Sümpfenz er it nicht dicker, als ein Haar, 
gdum mit feinen Häärchen bejept, ki fi) aus der Luft auf Menfchen und 
ch herab, erregt fürdhterliches Jucken, Brandfleden und bald glas? bald 
ıgfamen Tod, wenn nicht der Wurm herausgeſchnitten wird. Beobach⸗ 
igen haben indeß noch Feine Beſtaͤtlgung hievon gegeben. 
rien, ſ. Eumeniden. * 
uriofo, Etalienlſch) heftig, umgeftikm ; bezieht fich jedoch als muſikaliſche 
—— nicht ſowohl auf ungeftüme, heftige Bew |, als auf eine 
—— daher allegro furioso u. dergl, Der Componiſt aber bes 
nt ſich dazu aushaltender Diffonanzen, fremder, harter erg uw 
Furins, in der früheren Zeit Fucius, Name eines yatrltihen eſchlechtes 
alten Rom, zu dem die Acul ednes, Bibaculi, Camilli, Fuftu. A. ge 
tten. Unter andern zeichnete ſich Luc. 8. ee der im Jahre Roms 
3 Brätor war, durch mehre Siege über die Gallter aus, Als er 557 mit dem 
. Claudius Marcellus Eonful geworden war, fegten beive den Krieg mit vielem 
füde tm cisalpiniſchen Gallien Int, ſchlugen die Bojer u. Ligurer und Tehrten 
t vieler Beute nach Rom’ zurüd. 
rore machen, italtenifch far furore, wird von Theaterſtücken, beſonders 
n Opern, gebraucht ‚die umgeheueren, gleichfam wüthenden Beifall erhalten 
ben, der Ausdruck aber auch auf Sänger, Schaufpteler u. Muſiker angewendet. 
Furlanetto (Giufi — geboren zu Padua 1775, 1805 Lehrer, dann 
Ireetor des bijchöflichen ıinars, eine lange audy-‘Brofeffor an der Unte 
efität Dafeleft, befchäftigte ſich ſeit 1822 blog mit der alten Literatur. Man 
eine neue Ausgabe von Forcellini's Lericon (A Bde, 182834) u, 
ehre ardhäologifche Schriften, darunter: Le antiche lapidi del museo di Este, 
3ab. 1837) ; Illustrazioni di un anlico monumento sepolerale scoperto presso 
citta dı Padova (ebend. 1838); auch beforgte er einen Mieerabprud‘ von 
torelli’6 Werke: de stylo inseriptionum. Pad. 1819—23, 5 Bde. 
Furth, Gränzftadt im bayerifchen Walde gegen Böhmen, ‚Kreis Oberpfalz 
Regensburg, Landgerichts Cham. Sie liegt am Chambflafe, an u. auf el 
äßigen. Felshügel, deſſen Platte ein alterthümliches Schloß Frönt. Der Hohens 
en u. Oſſer im Süden u, bie —— Ded u. Dieberg Im Norden ums 
Hen die ſchoͤne Landfchaft als großartiger Gebirgsrahmen. Die 3200 Einwohs 
w nähren ſich hauptfächlich vom Feldbaue, u. das vorzüglichfte Produkt deſſelben 
wie durchgehends im Bayerwalde, der Flache. Es wird hier aljährlich am 
onntage nad) dem Fronleichnamsfefte ein, aus grauer Vorzeit herſtammendes 
olföfeft, der ſogenannte „Drachenftich“ gefeiert. — In der Umgegend Glas- 
itten, Spiegelichleifen, eine PBaptermühle 1. — F., damals Air: ein Wels 
£, wurde 1 von Kaiſer Heinrich IV. den Grafen von Bogen verliehen und 
efe erbauten hier eine Burg. Die Stadtrechte datiren fich von 1322, : Bereits 
! Anfang ded 16. Jahrhunderts war die — Bürgerſchaft der — 
hne* eimverleibt u, müßte zur Kriegszeit Mann fü Mann ausrüden, um di 
ränge zu bewachen und zu vertheidigen, Diefe Wehrpflicht zog in den häufis 
m Fehden gegen die Böhmen der Stadt großes Unheil zu, indem die Beinde 
48 an den Häufern u. Feldfluren der Bürger Rache zu nehmen fuchten. Im 
erlaufe des 3Ojährigen Krieges wurde das Schloß zu F. von den Schwer 
m erflürmt und der Pfleger und Gränzhauptmann Jettinger auf dem Walle ers 
jofien. Im fpanifchen Vehn e beſtegelten die Bürger von F. die alte 
reue abermals mit ihrem Blue Neunzehn von ihnen en am 13. Auguft 
'03 unter. den Pallaſchen ver feindlichen Reiter, denen fie fidh nächſt Antles- 
unn bei 8; entgegengeiorfen hatten, — Der Hohen bog en fleigt eine Stunde 


‚euere 


füpli von F. iſolirt u, wahrhaft majeftätifch aus den breiten Thälertt des wei⸗ 
pen 5 des Chamb u: des Freibaches auf, Seine Hoͤhe beträgt 3334 P. F. 
Eine weite Umſicht über die Gauen Bayerns u. Böhmens gewährend, iſt er el⸗ 
ner der beſuchteſten Hochpunkte des bayeriſchen Waldes. weſtlicher Gipfel, 
der Surtgſtall· ‚genannt, trug ehedem eine Veſte, zu welcher Graf Albrecht II. 
von See um. 4190 den Grund gelegt hatte: z mD; 

Fuſel, das ‚Del, das während: der Gährung in ber Maifche, wahrſchein⸗ 
lich aus dem Kleber der Körner, ſich erzeugt u, mit der Deftillation übergetrie: 
ben, den Branntwein verunreinigt. Je dem Stoffen, woraus ber ‚Brannts 
wein bereitet: wird, find Farbe u. Geruch des 8.8 ſeht verfchieben. Mar fcheivet 
ihn aus dem, mit Waffer werbünnten, Branntwein durch Kaͤlte abz er iſt Teichter, 
als diefer, in der Kälte fchmterig, gelb, ldot ſich im Waſſet faum auf, dagegen in 
—* —— Altohol u, 2 Ch. Aeiher; er verbindet ſich mit Allalien zu feifen- 
artigen Körpern, 

Fuß (pes), 1) am menſchlichen Körper: der unterſte Theil der unteren Extre⸗ 
mität, faft Bloß zum. Gehen u, der diefem verwandten Bewegung beftimmt, und 
alſo von geringerer — als. die ihm entſprechende Hand der oberen 
GErtremität. m unterfcheidet am F. 8. Rüden, F-Sohle, Ferſe, Ballen und 
Zehen. Durch theils angeborene, theils fpäter entflandene, einſeitige Musfelver- 

bei Weichheit und Rachgiebigielt der Knochenmaſſen, werden die F⸗ 
Verfrümmungen gebildet, und man unterfchelvet in. Diefer Beilchung: Platt-F-, 
Klump:. u; Pferde:$. 2) Gin faft überall bekanntes u. gebräuchliches Längen 
m jevı von ſeht verfchledener Größe. - Man unterfcheidet Decimal-$., 
welcher auch geometrifcher F., m fcher 8; wegen feiner) Eintheilung 
in 40 Zoll ü 40 Einten fo genannt wird, u, den Duobecimal-., welchei 
au gemeiner Werkfuß Yet, u. deſſen Eintheitung in 12 Zoll a 12 Linien 
&s hält daher der [J 5. im Decimalmape 100 u, im Duodecimalmaße 144 Zoll, der 
Eubit-E. im Decimalmape 1000 u. im Duodecimalmaße 1728 Eubifzol. $ 
interfcheidet man Riemen. als eine Fläche von 1 8. lang u. 1%. breit, 
end. als einen Körper von 1 F. lang, 4. Zol:breit und t-Zoll' did, Eubit-d, 
als einen Würfel von 4 8. lang, breit u. did, — 3) In der Baufunft der un? 
terfte Theil eines architeftonifhen Werkes, worauf daffelbe außer dem Grunde 
zubt, Indbefondere der unterfte AL seiner Säule, oder eines PBilafters, auch das 
Schaftgefims (mit Gliedern verpiert, oder im Fall er glatt und einfach ift, bie 
Plinthe, bei Boftamenten aber ein. $.Gefims genannt). Mit dem übrigen Kör 
per muß. ber F. in angemeffenem Berhältniffe ftehen, und feine Höhe darf nicht 
unter dem ‘20, oder 24, nicht über den 10. oder 12. Theil. der Körperhöhe ber 
tragen. An Säulenaber ift der größte F. nicht über ven 14, der — nicht 
über den 20. Theil der Gefammthöhe. — 4) In der Berskunft ein Bersglied, wel⸗ 
ed nicht weniger als zwei, nicht mehr, ald fünf. Sylben enthalten fann u. nad) 
der Zahl diefer Spiten, welche fich in ihm vereinigen, felbft verändert u, unters 
föhleden wird. — Rüdfichtlid der Anwendung der Versfüge hat man die Be- 
merfung geltend gemacht, daß die, welche von den Längen zu den Kürzen übers 
gehen, einen aufregenden, ‚und im umgefehrten Verhältnifie einen befänftigenden 
Eindrud hervorbringen; wo aber ein Uebergewicht der Längen ftattfindet, eine Bes 
geihnung des Ernfien, Großen u, Feierlichen, u. umgekehrt, durch ein Ueberge: 
wicht der Kürzen, die des Flüchtigen u. Lebendigen zu erreichen ift. — Die Uns 
terfheidung von Bersfüßen und Wortfüßen bezieht ſich übrigens auf ven 
Vers u, auf die einzelnen Wörter in demſelben. — 5) In der Mufik begeichnet 
8. die guten u, fchlechten Tafttheile; ein gewiſſes Verhältniß der Höhe u. Tiefe 
der Töne; einen Theil der Orgelpfeifen, weldyer den Wind denfelben zuführt und 
endlich dem, unterften Theil der Flöte, Vergl Fußton. 

Fußangeln, dreifeitige Eifen mit vier, 3 Joll langen Spigen, von denen ims 
mer eine emporfteht, wenn die F. zwifchen Die Wolfsgruben der Feldſchanzen, 
auf bie -Brefchen ober in zu ſeichte Ueberichwennuungen geworfen werden; das 


Hindurchgehen feindlicher Soldaten zu hindern. Auch um das Stehlen von Feld⸗ 

früchten, Obft u. dgl. zu hindern, werben fie an Orte, die man unzugänglid mas 

hen will, geworfen. _ Das Legen von F. ift aber in ver Regel nicht ohne obrig- 

—— — As erlaubt, weil fie leicht ben Unfchuldigen ſchaden Fünnen, 
gl, Se u 

Fußkuß war im Driente von jeher. ein gewöhnliches Zeichen der Unters 
twürfigfeit u, Berchtung. Im Abendiande führten die fpäteren idmiſchen Kalſer 
den 8, ein... Seit dem 8. Jahrhunderte wurde er auch den Päpften geleiftet, 
Zeichen der Unterwerfung der weltlichen Gewalt unter bie geiftliche, u. nody 
befteht im römifchen Hof-Eeremoniell bei Audienzen u. andern feierlichen Gelegens 
heiten. ber F., wobet der heilige Vater einen mit einem Kreuze bereichneten 
toffel trägt, «Jeder Katholik, der fich der Perfon des Papfles näbert, Teiftet den 
F. der nut fürftlichen Perſonen erlaffen wird; bie Proteftanten füffen dem Papfte 
bei Audlenzen die Hand. — Auch die Pantoffeln der, auf dem Paradebette aus» 
geftellten, Leiche eines. Papftes empfangen den F. 

Fußton, Fuß, Süffig, find Ausorüde, die ſich auf ein angenommenes 
Maß der Orgelpfeifen beziehen. Diefes Maß aber beftimmt. die Beichaffenheit 
der, Stimmen, . Die unterfte, oder tieffte. (C) Pfeife einer Orgel, von dem Umfang: 
ober der Höhe u, Tiefe der. Singflimme, iſt gewöhnlich 8 Fuß lang u. biefer 

ft die Drgel Sfüffig (8 Fußton). » Je nachdem nun das Längenmaß- der 

en. verboppelt,..oder um die Hälfte vermindert wird, erklingen auch: Die Töne um 
eine Dctave niedriger ober höher. So ift bei einer Orgel von 16 F. das un⸗ 
terfte Cum eine Octave tiefer u. bei einer von 4 %; um eine Dctave höher, als 
bei der Orgel von 8 F. u. ſ. w. Hiernadh bezeichnet F. auch bei andern In⸗ 
Arumenten eine gewiſſe Höhe, obgieich die Benennung eigentlich der Orgel ange— 
hoͤrt, indem die Pfeifen thatlächlich die Länge hatten, nach welcher fie den Ras 
men G⸗ 16, 32füffig), führten, Gegenwärtig aber erſeht bie te ber Pfei⸗ 
fen, was an ihrer Länge abgeht. ' 

Fußvolk, Infanterie, eine Truppengattung, weldje zu Fuß ficht u. jeht 
als Hauptwaffe das Heine Gewehr mit dem Bajonnet hat, Nach ihrer Art, 
d.h, Becbtart, zerfällt fie in die Linten- u. leichte Infanterte, Aufer diefem 
theilt man bie Infanterie, nach ihrer Beflimmung, Bewaffnung u. Bekleidung, in 
Musketiere, Füftliere, Grenadtere, Jäger u. Schüßen (f. d.) ein, von 
denen die, drei erſten Benennungen jetzt nur noch uneigentlich gebraucht werben, 
weil ſich die dadurch. bezeichneten Truppen faft bloß noch durch die Kleidung un⸗ 
terfcheiden. Die Musfetiere u. Grenadiere gehören zur Linien- oder ſchweren 
Infanterie, die Füflliere, Jäger u, Schügen zur leichten; doch fechten die Füuͤſt⸗ 
liere auch als Linten-Infanterte, u. umgekehrt die Grenadiere u. Musketiere, auch 
als leichte Infanterie, Die Infanterie der Landivehr iſt als Füfllter anzufehenz 
defgleichen gilt dieß von demjenigen F. welches fich bet den Freicorps befindet, wenn 
es nicht geſogeneGewehre führt, Cine mit Piten bewaffnete ‚Infanterie it in Cu⸗ 
topa nur noch bei dem Landflurme, und auch bier nur zum Theile, üblich, Die 
Vorzüge ‚des 8.8 find: feine gleichmäßige Tauglichkeit für den Kampf in der 
Näbe u. in der Ferne, für das Gefecht: mit blanfem u. mit Schteßgemwehr, in ge⸗ 
ſchloſſenen und aufgelösten ‚Haufen; feine ‚vorzügliche Widerfiandefähigtelt gegen 
alle übrigen Truppengattungen; feine Brauchbarkeit u. Angemeſſenheit, wenn auch 
nicht. ganz unbebingt, zu jedem Kriegsgeſchaͤfte u, in jedem Terrain, fo weit dies 
fes übrigens noch Kriegsführung zuläßtz feine leichtere Abrichtung, wohlfeilere 
Ausrüftung u, feine geringeren Bedürfnifie. Zwar find die Bewegungen des F.o 
nicht fo rafch, feine Mafjenangriffe nicht fo ungeftüm, als die der Reiterei; feine 
Geſchoͤſſe reichen nicht fo weit als die des Gefchügvolfes, und ftehen den letzieten 
nad), wenn es auf Zerträmmerung dicker, tobter oder Iebenbige, Maſſen ankommt; 
allein in Abficht der Beweglichtelt macht es felbft der Relterei ben Vorrang 
fireitig, da es weniger von mandyerlet Bebürfniffen u, von Hinderniffen des Terrain 
abhängt, u. für, fein. fchnellere® Fortkommen außerdem. noch oft Gelegenheit, fin 

Realencpelopäble, IV, a 


we. Sepanflenr-Yattemsner. 


det, MPferbe, Land» u. MWafferfuhrwert aller Art zu benüpen. Die Bewaffnung 
des 3.6 befleht in einem — theils mit glattem, theils mit gezogenen 
Laufe, theils mit, thells ohne Baſonnet; häufig noch aus einem lutzen Seitenge- 
wehre; inbefien bleibt bie ‚Sauptwafte des 5.6 immer das Echießgewehr, well 
bafielbe allein zum Gefechte in der Ferne dient, weil in der Nähe die Bertheidi- 

sefchtofener ‚Haufen, ausfchließtich mit der Pife oder dem Bajonnet, mangel- 

bleibt, weil ſich für den Angriff mit diefen Waffen nicht immer eine gute Ge- 
Tegenheit barbietet, u. endlich, weil geringere Haufen, befonders für das zerfireute 
Gefecht, des Sohleigenehns gar —* entbehren lonnen. 

Fußwaſchen, eine uralte Sitte bei allen Morgenländern; denn da dieſe Feine 
Schuhe, noch weniger Strümpfe, fondern'nur Sandalen trugen, fo mar es ber 
‚großen Hige und des fandigen Bodens wegen Bevürfniß; daher ein Liebesdienſt 
umd eine Erquidung beim Empfange eines Gaftes, der aus befonderer Achtung 
oft won dem Herrn felbft verrichtet wurde (1. Moſ. 18, 4. 24, 32. Richt. 19, 21.), 
wie denn überhaupt die Füße waſchen, falben und füffen für ein yet, ‚großer 
Ehrfurcht und Werthſchaͤhung galt (1. Röm. 25, 41., Luk. 7, 38, — 46, 
Joh. 12, 3., 1. Tim. 5, 10.). Auch die Priefter waren gehalten, vor ihrem Ein 
tritte in das Heiligthum aus einem, ju dieſem Zwecke Anpebragten, —A 
Fa und Füße zu wafchen (2..Mof. 30, 18 — 20,, 40, 28 — 30.). Die 

ußmafchung, welche Zefus felbft an feinen Juͤngern verrichtete, war ein Be 
weis feiner großen Demuth und Liebe, und zug! eine finnbiloliche Handlung 
oh. 13,5 — 9, 14 — 17); Zum Andenten an diefe heilige Handlung Iefu 
bei Einfegung des heiligen Abendmahles iſt in der römifch- und griechifch-tathos 
lichen Kirche der: feierliche Gebrauch "eingeführt worden, dag alljährlich am grür 
nen ge > der Papft, die Bifchöfe, der Patriarch und geftönte Häupter 12 
armen alten Männern die Füße wachen, fie nachher bei Gilde bedienen und bes 
ſcheulen. Die Fußwaſchung gilt in der Fatholifchen Kirche als ein. Sacramentale, 

Fuftage nennt man im Allgemeinen die Behältniffe, wie Fäſſer, Kiften, Säde 
u. ſ. w., in welchen Waaren verfendet werben. 

Fuſti heißt urfprünglich ein. Gewichts-Abzug, den man beim Kaufe von 
Waaren, wie Rofinen u. dgl, für die Stiele macht (von dem italienifchen Fusto, 
der Stiel), u. überhaupt eine Gewichtövergütung, welche der Berfäufer bei manchen 
Waaren außer der Tara (f. d.) für Unreinigfeiten und. fonfligen Abgang gewährt. 

uttermauer, revötement en pierres, muraille de revötement, heißt in der 
jortififation die Mauerverfleidun, Mira Eroböfhung; fe charakterifirt ſich durch 
re Stellheit wor jeder andern Berfleivungsart, Die $.n find hauptfächlich an 
den Gräben zu finden; fie folen dann zugleich durch ihre Steilheit die Sturm 
ficherheit erzeugen, bie den Eroböfchungen abgeht, und dem Geſchühfeuer wider⸗ 
ſtehen. Man unterfcheidet Gontreescarpens ab Escarpenmautern, je nachdem fie 
auf der Äußeren oder Inneren Seite des Grabens find, Eine Escarpenmauer ers 
reicht: gewöhnlich bie Höhe von 28—32 Fuß, wenn fie allein gegen Leitererfteigung 
fügen fol, Da aber eine fern freiftehende F. von Weitem ſchon im Brefche 
gelegt werden lann, fo müffen fle gegen das direkte Fernfeuer gefichert werden, 
und dieß gericht entweder durch vorgelegte Werke, Gouvrefacen, oder durch hohe 
Glacis, wie 3. B. das Lehtere in Parts ver Fall if, wo jedoch die Mauer faſt 
durchgängig 2-3 Fuß herausficht, oder dadurch, daß man die Mauern bloß auf 
die Horigonthöhe heraufführt, fogenannte halbe F. Der directe Widerſtand gegen 
das mahe, direkte Feuer befteht in der Maſſe, die man dem Feuer entgegenfegt, 
Wenn die Mauern recht Karl find, fo kann man ſchon eine längere Widerftandes 
bauer erwarten; auch mauert man häufig mit Gewoͤlbbogen, damit die Mauer 
felbR befier widerſtehe. Auf das Matı Tommt fehr viel an; harte Steinarten 
dauern natürlidy länger, als weiche; vortrefflidh IR Granit u. Bafalt, am ſchiech⸗ 
teſten Sandſtein. Sogenannte Bußmauer-ift die bee. Gine Art abgerüdter $. 
iR der eh (chemin de ronde) ber älteren und — frangöftfdyen Bes 
figungen, B6 IR den nämlich eine, auf eine halbe B. aufgefehte, 8 Buß hohe 


“. 

Futterdanzer a w 
erenelirte Matter, hinter der bie Berme des Wales it: Neu auge it findet man 
diefe Mauer bei allen franföfifchen Anlagen aus der Zeptzeit, 3. B. in Zoulon, yon, 
Belfort, Straßburg, Paris, Eine derartige Mauc ‚aber nicht nur ſehr bald 
niedergefchoffen, da fie mur felten gut gededt feyn wird; fle kann auch, mittelft 
hinter fie geworfener Hohlgeſchoſſe, nach. Anleitung des Woolwicher Berfuches, 
re alter langen baten ieenigen. Mlangen ud Mianienthle, web 

utterpflanzen heißen diejenigen Pflanzen um! ‚angentheile, wel en, 

qur. Sandioubfehatt gehörigen, Hausthleren als Futter gegeben werben. Diefelben 
find: -Wurzel- und Knollengewädfe (Runfelrüben, Kartoffeln, Rüben); 
Gräfer und Kräuter (Spörgel, Spinat, Pimpinell u. f. w.); grüne Pflan- 
sen (Lugerne, Efparfette, Klee, Widen) ; Gräfer (Bio —* 1. kwy 
Anbau ſolcher, ausſchließlich zu Viehſutter dienenden, Gem or (Bau) umfaßt 
tm weiteren Sinne auch den Bau des ——  BWiefe), im engeren 
hingegen den Anbau foldher F.-Rräuter, die gefäet oder geſtedt werden. Der F⸗ 
Bau N eine wichtige Verbefierung der neueren Felowirthichaft, indem hiedurch die 
Stallfütterumg herbeigeführt, großer Düngergeinn bewirkt und die reine Bradye 
fr gen ebachhaft worden ift (Bol. D. E. &. Whiftling, die Kräuter nı 
ihrem 1, ihrer Befchaffenheit und Anwendung, ‚ps. 1805). Man: teilt da 
Butter in rauhes Futter ais Heu, Grummet, Stroh u. dgl; hartes Futter 
als: Gerfte, Hafer u.a. Körner, Eicheln, Kaftanien u, f. w.; weiches Butter, 
als: Trebern, Branntweinfpülig, Spreu, Delkuchen, Kartoffeln, Rüben u. dal.; ee 
nes Futter, ald: Gras, Klee, Widenfutter, oder zeitig und grün abgemähte erſte 
(Buttergerfte), oder Hafer (Futterhafer) u. ſ. w. dur res oder gedörrtes Fut⸗ 
ter, ald: Heu, Grummet, Stroh (Hutterftroh, wie Gerſten⸗, Hafer, Erbſen / und 
Widenſtroh) u. dgl. Pestere Art Futter wird gewöhnlich auf einem Boden (dut⸗ 
terboden) aufbewahrt; wo er über Viehſtällen befindlich iſt, müffen lehtere eine 
— haben, wenn das Futter nicht verderben und dem Viehe ſchädlich 

Fatarum heißt diejenige Form bes Zeitwortes (ſ d.), welche bie zukünftige 
eit ausprädt. F. FA womit eine, in der Zul als vergangen g 7 

andlung bezeichnet wird, : 


@® 


6. 1) als Laut- und Schriftzeichen, der 7. Buchftabe des beutfchen 
und aller romaniſchen Alphabete, der 3 des — gothiſchen u, ber orlen⸗ 
taliſchen, ein Conſonant und Gutturallaut, bildet ſich unter Die Berührung 
der Dberflädhe der Zunge durch Hervorbrängen ber Luft ziifchen diefer und dem 
hinteren Theile des Gaumens, während die Zunge fih an die Unterzähne Lat 
*9 weichen die Mundarten bei der Ausſprache des G unendlich von einander 
ab, indem es einige faft wie f, andere tie ch, wieder andere (die Brandenburger) 
tote j ansfprechen. — 9) Als Abkürzung: a) im Lateintfchen — Gajus, gensz 
b) auf Eourszetteln: Geld; c) auf neueren Münzen: tn Defterreich Ragybanya 
Ungarn); in Frankreich Pottters; in Preußen Stettin. — 3) MEZ ahlzeichen: 


im Hebraiſchen J= 3, J = 3000; griechiſch y= 3, y = 3000; latelniſch 
£ — 400, 6 = 400,000. — 4) In * Muf f die fünfte diatonifche Klang⸗ 
ufe in der Stammtonleiter C-dur und. die wahre Duinte von C. Bon biefem 
Tone führt der G- oder Violinfchlüfel den Namen, weil auf der gweiten Linie 
des Tonfpfems, wohin er gefept wird, die bafelbft: befinbliche —8 das. iR. 


” .abel— Gabu. 


Ferher verſteht man unter g bie didſte Salte der Violine, und die Glaviaturtafte, 
die den Ton g hören läßt. 

Gabel, die, das allbefannte Werkzeug von Eifen oder Silber, mit 2, 3, 4 
Zinten, um Spelfen in den Mund zu führen, war den Alten micht befannt, fon 
derit fie bedienten ſich zum Effen der Finger. Sie iſt eine italienifche Erfindung 
und war im Mittelalter felten;_ doch kommen im Hortus delieiarum der Ezerrad 
von Landsberg, Aebttifin von Hohenftein im Elfaß (farb 1195), ©,n auf einer 
Darftellung einer Tafel meben dem Mefler- vor. Im Anfange des 16. Jahrhun⸗ 
dertö waren Gn felbſt bei Hofe neu. In Frankreich Fam es im Kloſter Et. 
Maur über den Gebrauch der Gin zu einem heftigen Etreite zwifchen den alten 
amd jungen Mönchen, Indem jene ed für Sünde hielten, das Blei andere, als 
mit den Händen, zu efjen, die finger aber die G.n gebraucht wiffen wollten, 
Nach England folfle zuerft 1608 Th. Eoraate aus Itallen gebracht Haben. In 
Spanten find ſie noch jept felten. In Ehina fennt man fie nidyt u. bebient 
ſich Ratt der Meffer und ©, beim Gffen leiner hölerner Stäbchen. — Sa 
nennt en verfchledene größere Inftrumente zur Landwirthſchaft, Jagd 
und jerei, 

abel (Jablona), Heine Stadt und Gebirgspag im Bunzlauer Kreiſe des 
Königreichs Böhmen, am Jungfernbache, mit 2400 Einwohnern, welche Tuch: u. 
Leinwandimeberel treiben. Hier ein Gefecht zotfchen Defterreichern und Preußen 
4757, welches für die Iegteren unglüdlich ausfiel, Auch im bayeriſchen Seöfoige 
Triege verfehanzte ſich hier 1778 die Vorhut des Laudon'ſchen Cotpo, wurbe a 
durch das fchnelle Vorbringen des Bringen Heinrich von Preußen abgefchnitten 
and zum Theil gefangen, 
jabeldeichfel heißt eine Deichfel, deren man fich bedient, wem nur ein 
Pferd vor den Wagen gefpannt werden fol; fie befleht aus 2 Stangen welche 
hinten durch ein Duerholz vereinigt werden, woran ein anderes Stuck Holy be 
fertigt iR, welches zwiſchen die Deichielarme paßt und mit einem eifernen 
darin befeftigt wird. Um die ©. in die Höhe zu halten, iſt an dem Tragfaltl 
des Pferdes zu beiden Seiten ein breiter Riemen (Deichfelriemen, Tragriemen) 
befeftigt, welcher in einer Schleife, oder in einem eifernen Ringe liegt und damit 
an die beiden Stangen der G. geſtedt wird. Statt diefer ©. braucht man aud 
wecmaͤßiger in neuerer Zeit gewöhnliche Deichfeln, die etwas links ausgeſchweift 
d und an bie mittelft eines dreiedigen Cifens hinten ein Drtfcheld, vorn eine 
Widerhalte befefigt it. Sie gewähren den Bortheil, daß das Pferd fidy freier 
bewegen und vornehmlich in der Spur der Zfpännigen Pferde gehen Fan, wäh- 
rend es fonft immer auf der Grhabenheit, die zwiſchen beiden Bahnen iſt, Taufen 
muß. — Beim Artilleriefuhrwefen, wo ſolches nach dem englifchen Laffetirungs⸗ 
Spfteme eingerichtet ift, wurde auch die ©. eingeführt; dasſelbe iſt jedoch jeht 
überall_abgefchafft, und dagegen die gewöhnlicher Art, 2 Pferde neben einander 
an bie Deiesfel zu fpannen, angenommen worden, weil durch das Hintereinanderfpan 
nen der ‘Pferde eine Kolonne um das Doppelte verlängert wird und ſchnelle Be 
wegungen damit faft unmöglidy find. 
abelenb (Hans Konon von der), geboren 1807 zu Altenburg, 1830 
Kammerafiefior, 1831 Regierungd- und Kammerrath dafeldft, fubirte tn Leipiig 
und Göttingen aufer dem Rechte aflatifche Sprachen, denen er fortwährend bie 
Mufe, welche Ihm feine öffentliche Etellung als Geheimer Kammer- und Rıle 
Bas zu Altenburg läßt, zuwendet. Gr war der Erfte in Deutfchland, der 
die —— des finntich-tatartfehen Eprachflammes nach rationalen Grundfägen 
bearbeitete. Et gab »Elöments de la gramm. mandschoues (Altenburg 1833), 
mit HI RöHe ben-„Ulftlas“ (f.d.) heraus und lieferte, außer Beiträgen au der 
von a ‚act für * * Fand 3 bg 
Brammatif u. „Orumdzüge der Syrin’fhen Grammatit“ (Altenb. ). 
I Gabella, fi Abzugsgeld. 
GEtadte Lattuıe, am nördlichen Buße des Alba⸗ 


Gabinins — Gabinus. ay 


vergebirges. Hier gründeten Pelasger ven Dienſt der Juno, die daher den Bel⸗ 
‚amen Gabina hatte. Sie gehörte zum lateiniſchen Städte-Bunde u. firitt Ans 
angs mit Rom um die Hertſchaſt von Rom, Auf Anftiften ver Volsfer. erflärte 
9. 528 v. Chr. den Römern den Krieg. Diefe belagerten bie. Stadt, lieferten 
inige unmwichtige Gefechte, verheerten das Gebiet, und. Belagerte und. Belagerer 
itten Mangel. Da warf ſich des Königs Tarquintus Sohn, Sertus Tarquinius, 
m Einverftänbnifie mit feinem Vater, doch angeblich. von dieſem beleibigt, den 
Habiern im die Arme. Bald ward er ihr Felbhert und —— mehrmals fieg⸗ 
eich und alle Strapazen mit den Soldaten theilend, Aller Zuttauen. Rachdem 
taber bie wichtigften Bürger aus dem Wege geſchafft, öffnete er ſeinem Vater 
de. Thore (Wohl der Erzählung von — und Darius I. nachgebildet). Zu 
Kuguftus Zelten fanden nur noch einige. Häufer, aber die Umgegend war ‚bur 
bre Steinbrüche befannt; jeht iR Nichts mehr davon übrig, und ber Bla, wo di 
Btabt ftand, zweifelhaft. ; 

Gabinins, 4) Aulus, römiſcher Volkstribun aus plebeliſchem Gefchlechte, 
este im Jahre: 67.0. Chr. die Gabinia lex durch, der zufolge Enejus Pompejus 
mf 3 Jahre innerhalb des Mittelmeeres zum Befehlshaber der, gegen die Sees 
äuber zu ſchickenden, Flotte gewählt und ihm gleiche Gewalt mit Proconfuln 
n ben Provinzen, 50 römiſche Meilen vom Meere landeinwärts, gegeben, auch 
de Macht verftattet, werden: follte, Sees und Landtruppen nad) Bedürfnig anıus 
verben und ohne Rechenſchaft Geld dazu aus dem Aerar zu nehmen, 58%. er. 
erfchaffte ihm Pompejus das Gonfulat, während deſſen fein Gegner. Cicero eris 
Irt wurde. Much fehte er während feiner Amtsführung das Geſeh durch, daß 
‚en PBrovinzialen nicht Geld auf Zinfen gegeben. würde, oder daß, wenn dieſes 
eſchehe, fie nicht auf den Wechfel verklagt: werben dürften. Als Broconful von 
orten (wozu er, der erfte Fall diefer Art, vom Bolfe erwählt: wurde), führte 
£ Krieg gegen Arabien und fehte für Geld den Hyrfanus IL, ftatt des Ariſto⸗ 
ulus, den er gefangen nach Rom ſchickte, zum Könige von Judäa, den PBtoles 
aãus Auletes für Talente (über 7 Millionen Thaler) ‚'ftatt des Archer 
208, wieder in fein Reich ein und faugte feine Provinz faft-ganz aus. Nach 
tom zurüdgefehrt u. wegen Grpreflungen angeklagt, wurde er auf immer erilirt, 
ber von Gäfar zurüdgerufen, fiel er bald darauf im Bürgerfriege. 

Gabinus, der H., Briefter u. Martyrer, Schuppatron von Dalmatien, fammte 
ns einer vornehmen, mit dem Kaifer Diocletian verwandten Familie, die ſich zum 
Shriftenthume befehrt hatte. Seine Eltern famen nach Rom, wo Eajus der Bas 
er ein fehr anfehnliches Amt erhielt und die Hoffnung hätte nähren Fönnen,, feine 
Söhne bald durch anfehnliche und einträgliche Poſten verforgt zu fehen, wenn 
Diocletian nicht ein Widerfacher des chriftlichen Glaubens geivefen wäre. Im 
Rom .verhefrathete ſich G. mit einem edlen, ſchoͤnen und rei Frauen zimmer; 
elde hriftlich-fromme Eheleute liebten einander mit aufrichtiger Zärtlichkeit und 
rzeugten eine einige Tochter, Sufanna, die alle Tugenden ihrer Eftern in ſich 
vereinigte. Der fromme und liebevolle Vater Fannte die Umftände. der Zeiten u. 
te Gefahren, die den eiftigen Ehriften drohen, er zeigte daher feine Tochter alle 
de Mittel, denfelben zu entgehen. Seine Lehren machten einen ſo gewaltigen 
Hindrud auf fie, daß ke für die Erhaltung ihres Glaubens und Ihrer Keufchl 
ven Martertod litt. So beforgt ©. war, feine Tochter in der Treue am wahren 
Blauben zu erhalten, eben fo angelegen ließ er ſich feyn, auch Heiden der chriſt⸗ 
ichen Kirche zuzuführen. — Sein ganzes Leben war ein Inbegriff der vorzüg⸗ 
ichften Tugenden; ihm gemügte e8, zu wiflen, daß ein Menſch Hülfe von Nöthen 
abe, die er zu leiften vermöge; mehr bedurfte es nie, ihm zur Thätigfeit aufzu- 
aumtern. Nächft der Menfchenltebe trat die Demuth; als eine: feiner Lieblings⸗ 
ugenden hervor; ihm war Nichts — ats fein Lob zu hören, und oft 
agte er den Schmeichlern: Äußere Werke verdienen niemals Ruhm, die innere 

einung aber, weldye die Werfe- erft verdienſtlich oder verwerſlich mache, fei Nies 
nand, ald Gott allein bekannt, Wahre Demuth ift immer mit Geduld verbun⸗ 


m > Gabler, 


den; auch unferem Heiligen war biefe Tugend eigen, die fich — bet dem 
‘Tode feiner geliebten Gattin und bei feiner Geſangennehmung Im glänzendfen 
Lichle zeigte. Cr weihte jener zwar Thränen, tröftete ſich aber mit der Ueber: 
eugung, Gas ihre Trennung von ihm Gottes Wille war. Bald nach diefem To- 
‚eöfalle wurde G. fo jehr er ſich auch dagegen fträubte, zum SPriefter geweiht, 
‚weil er vor allen Andern für würdig geachtet wurde, diefes Amt zu verwalten, 
odgleidy er felbft die entgegengefegte Meinung von fich hegte. Als er aber ein⸗ 
Eu Priefter war, erfüllte er alle föpflichten mit der ftrengften falt, Lehrte 
durch Wort und Beifpiel, indem er flet8 darauf bevadht war, am Erften das zu 
thım, wozu er Andere anelferte. Bei feinem een Eifer für die Verbreitung des 
rifilichen Glaubens u. der ihm angeborenen Gerechtigkeit Tonnte es gar nicht 
Ha daß er den ‚raufamen Berfolgungen Dioeletians, deſſen Haß gegen die 
'ehre Jeſu Ehriftt die Liebe zu feiner Blutsfreundfchaft bei Weiten überwog, un 
terliegen mußte. Er wurbe im Jahre 296 gefangen genommen w. ftarb im Kerier des 
Hungertodes. Sein einpiger Bruder ajus, der tm Jahre 283 den römtfchen Stuhl 
beftiegen hatte, wurde auf Befehl des: Kaiſers, bald nady dem Tode des Heiligen 
©, umgebracht, weil damals immer die Paͤpſte u. Bifchöfe vor anderen Ghriften 
als Todesopfer gefucht wurben. — 19. Febr. 

Gabler 1) (Matthias), kurbayeriſcher geifllicher Rath, und Gtabtpfarrer 
zu Wemding, geboren 1736 zu Spalt in Franken und er, open in dem ſchen 
Städtchen emdin trat in feinem 18. Jahre in den geht örden, finbirte dann 
in Ingolſtadt Philoſophle und in Dillingen Theologie und wurde 1770 Profeſſot 
der erfteren zu Ingolftadt, wo er 11 Jahre mit großem Betfalle lehrte. Er wurde 
Doctor der He te und Theologie, Mitglie‘ — gelehrter Juſtitute 
im Auslande, fürklich Eichſtädtiſcher wirklicher, dann Furfürftlicher —* Rath, 
und erhielt 1782 die Stabtpfarrei zu Wemding, wo er ſich mit ungebeugtem 
Muthe um Berbefferung des Kirchen» und Schulwefens vielfach verbient machte, 
bis er 7, Sebruar 1805 ftarb, Als gelehrter Kenner der phufltaliichen Wiffenfchaften 
ſchrieb er mit Beifall eine Abhandlung von dem Kräften der Körper. olfadt 
1776, 8. Theoria magnetis, ebd. 1781. 8. u, eine Naturlehre, München, 5 Thle. 
41776—79. 8., die fehr Bee gründlich, volfändig u. deutlich abgefaßt ift. bb. 
— 2) ©, Seyenn Philipp, geb. zu Frankfurt a, M. 1753, ſtuditie auf dem 
Gymnafium feiner Baterftabt und bezog 1772 die Hochſchule zu Jena mit dem 
Vorfage, ſich ver Theologie An widmen, Grlesbach u, Eichhorn, mit ihren kri⸗ 
tifchen Forſchungen, regten feine eregetifchen Studien an und beim Abgange von 
der Univerfität (1778) erwarb er ſich durch eine gelehrte Abhandlung über die 
Stelle des Hebräer» Briefes 3, 3—6 die Beltofophfiche Doltorwürde, Zurüdge 
Tehrt. in feine Vaterſtadt, bereitete er fich zum afademifchen Lehramte vor u. hielt 
dann 1780 als Repetent der Theologie in Göttingen Vorlefngen über griechiiche 
u, römifhe Klaffiter u, über Eregefe des neuen Teftaments. 1783 als Prorec⸗ 
tor an das Aripyamafım nad) Dortmund berufen, feige er nad 2 Jahren 
einem Rufe nady Altvorf als ordentlicher Profeffor der Theologie, wo er 1787 verlegte 
von den Doctoren der Theologle war, die dafelbft creitt worden find, Neben feiner 
amtlichen Stellung entiidelte er hier ſchon eine fruchtbare ſchriftſtelleriſche Thä- 
tigkeit, Es erfchlenen : der Entwurf der Hermeneutif des neuen Teftamentd 1783; 
GT einer hiſtoriſch⸗kritiſchen Einleitung 1789; der erfte Theil von Eichhorns 
Urgeſchichte mit Einleitung und Anmerkungen, und als Nachtrag: neuer Verſuch 
über die mofaifche Schöpfungsgefchichte aus der höheren Kritit. Zugleich wurde 
die Herausgabe des neueften theologiichen Journals begonnen, das zu 12 Bänden 
Eiger wurde u. fehr viele Beiträge von ihm enthtelt, An Dr. Baulus (ſ. d) 

telle Fam ©. 1804 als zweiter orbentlicher Brofeffor der Theologie nad) Jena, 
wo ſeine Antrittörede fich „über die erſten Bifdyöfe der chriflihen Kirche u. ihren 
Urfprung“ verbreitete. 1812 rüdte er durch feines ehemaligen Lehrer Griesbach Tod 
in die erfle Profeffur vor u, ward 1817 gehelmer Gonfiftortalrath u. Director des 
Hrologifdyen Geminare, - 19 Jahre lange wirkte er als Lehrer in Jena, begleitete 


2) ” 
Aabriei — Wie: “ 


Smal-bas Prorestorat u, ſtarb ohne vorausgegangene Krankheit am 17, Februar 
1826. Seine theologiiche Anfchauungsweife war rationaliftifch; er führte zuerft den 
techniſchen Ausdrud „Rationaliemus” mit befimmter. Begriffbeztehung in die Dog⸗ 
matif ein, um damit das, dem Supranaturdlism entgegengejehte, Shyflem zu. be> 
zeichnen. Um bie, biblifche Kritik ‚des neuen Teftaments hat er ſich anerfennungs- 
werthe Verdienſte erworben, u. feine philologiſche Bildung in der. Schule Heyne’s 
vielfach erprobt. Griesbachi —— academica gab. er 1625 mit tre 

BVorredem heraus und. lieferte Beiträge u. Recenfionen. zu den Helmftädtifchen ii⸗ 
terarifchen Annalen, der Nürnberger — — u, Jenaer allgemeinen, Literatur Jei⸗ 
tung. Seine vielen afademifchen Abhandlungen finden einzeln verzeichnet in 
den Actis Academ, Jenens, ed, Eichstaedt, ‘Vol, I, p. 6. Cm. — 3) ®. Georg 
Andreas, Sohn des Borigen, geboren 1786 zu Altporf, ſtudirte 1804 in Jena 
als — ‚Hegel, war 1807 Hauslehrer bei Schiller in Weimar, 
dann in berg, wurde 1814 Lehrer am Gymnaflum in Ansbach, 1817 Pros 
feffor am Gymnaftum zu Bayreuth, 4824 Rector deffelben, 1824 Brofeflor ‚der 
claffifi Literatur u. philofophifchen Propädeutik am, Lyceum  dafeldft und tm 
nämli Jahre, Kreisji —** 1835 ging er ais ordentlicher Profeſſor der 
Philofophie an Hegels Stelle nach Berlin. Gr fchrieb: Lehrbuch der 585 
3 päbeutif“ (Bd. 4, Erlangen 1827). u, „bie Hehel ſche Philofophle“ 
Sg 


erlin 1843). 

brief, einer der 3 Erzengel, ber himmlifche Bote, der uns durch drei götts 
liche, Sendungen befannt ift: 1) an den Propheten Daniel, um die Zeit des ſo 
lange erſehnten Mefftas - anzuzeigen (Dan, 8, 15 u. ff. 10, 5.6. 9. Cap. 11 
u. 12)3 2) an den Priefter Sacariae, welchem er in der Geburt eines Sohnes, 
des heiligen Johannes des Täufers, den Vorläufer. des. wahren Meffias anfüns 
dete (Luc. 4,11. 19. 20. 3)-an die, feligfte Sumpfrau Maria, mit der mio je 
ften u. rufen Botſchaft ‚rüdfichtlich der Geburt des Beet: des ⸗ 
ned des höchften (Luc. 1, 26 — 88). — Na den Rabbinen iſt G. ber 
Engel des Todes für die Iſraeliten, u. alle abgeſtorbenen Seelen werden an ihn 
abgeliefert; nach dem Talmub der Engel des, Feuers, des Donners u. des Reis 
fend der. Früchte; er wird einſt auf den Fiſch Leviathan Jagd machen u. ihn 
überwältigen, u. er hat auf Jehovah's Gehelß den Tempel zu Jeruſalem ange 
sündet, che Rabuchodonoſors Krieger  denfelben In Brand ſtedten. — Nach der 
muhammedanifcyen Lehre iſt ©, einer dag 4 Engel der Offenbarung u. Aufzeich- 
nung Pe ‚aätlihen Rathfchlüffe, der den Muhammed bei der Abfaſſung des Kos 
sand infpirirte, 

Gabrieli (Gatarina), berühmte Sängerin, seine Römerin, geboren 1730, 
eben. fo bemerfenswerth wegen ber Shönkit ihrer. Geſtalt, der Fülle ihrer 
Stimme, des Befiges großer muſitaliſcher Talente, ald wegen grängenlofer Lau⸗ 
nenhaftigkeit, die ihr den Aufenthalt in Wien u. in Rußland verſchloß u, fte zu 
PBalermo ind Gefängniß führte. Sie war eine Schülerin. Porpora’8 und Metas 
ftafio’®, u. erntete überall, auch in England (1775), den ungemeſſenſten Beifall, 
Die Armen verloren in ihr (fie Rarb zu Rom 1796): eine Wohlthaͤterin. 

Gadebufch, alte Stadt und Amtsfig im  Großherzogthume. Medlenburg- 
Schwerin, mit 2400. Einwohnern. Hier fand 1711 wiſchen den Schweden ır, 
Dänen ein für die erfteren glüdliches Gefecht ſiatt. Bei dem benachbarten Dorfe 
Wöbbelin fiel am 26. Auguft 1813 Theodor Körner (. d.); er liegt Dafelbft 
unter einer Eiche begraben, wo ſeit 1815 auch feine Schwefter u. feit 1831 ‚fein 
Bater neben ihm ruhen, 

Gaͤa (lateinifd) Tellus), die Erde ald Göttin. Als fie im endlofen leeren 
Raume (Ehao 8) entftanden war, wurde fie Mutter vieler Kinder. Zuerft gebar fie 
den Uranos (Sternhimmel), die hohen Gebirge und den Pontos (Meer), Mit 
Uranos entftand von ihr Dfeanos, das die Erde umftrömende Meer, Japetos, 
Rheta, Mnemofyne, Teihys, Kronos u. f. w. Uranos aber ferkerte jedes biefer 
Kinder ein, ‚Sie gab daher ihrem Sohne Kronos eine Hippe, womit dieſer ben 


L Gahoen ·Gartuer. 
Bater entmannte. Aus bed Uranos Blutstropfen entſtanden die Erinnyen und 
die janten, Unzuftleden mit Kronos, Meß fie Zeus durch Rheia in Kreta 
auferziehen ‚. welchem fe dann riet, mit: Hülfe der hundertarinigen Rleſen den 
Kronos zu befämpfen. Man verehrte fle fpäter als weiſſagende Göttin. 
Gähnen heißt ein tiefes u. Iangfames Ein» und Ausathmen, welches unter 
Mitwirkung der Athmungsmus leln vor ſich geht, wobei duich Herabziehen des 
Unterfteferd. der Mund, weit geöffnet wird, womlt zugleich eim behnender Ton u. 
Sireden des Körpers verbunden {ft u. das aus dem unangenehmen Gefühle Teich» 
ter Betäubung. hervorgeht. Es erfolgt gewöhnlich nach einer Ermüdung, befon- 
; ders Teidht u. häufig bei Menfchen von gerelitem u. 5 hwächtem Nervenfyfteme, 
bei Schlafbebürfniß , ‚dem man nicht nachgeben will, oder das. man noch nicht 
gehdcte befriedigt, oder dem man über die Gebühr Bacgegeben bat beim Hunt, 
Im Ralter Luft, vor dem Erfrieren, beim Eintritte eines Steberanfalles, bei Kram 
pfen und Ohnmachten; auch Langewelle, Gähnenfehen und ſelbſt die Vorftellung 
en in In er re ho 6 — 
Gahrung GFermentatlon), der Vorgang, wodurch organl er 
entweder dur bloßen Cintu von Märme, uf oder Wafer, ober durch die 
Gegenwart eines in Faulniß begriffenen Körpers (Herments) entmiſcht und in 
neue, Produkte verwandelt werden, Diefe natürliche ne meift mit 
se ſichtbaren inneren Bewegung der ſich verwandelnden Körper verbunden u. 
td darum ©. genannt, Dev ganze Vorgang befteht in einer Fäulnig. Die 
— der ©, find, nach der Natur der gewählten Subſtamen, ſeht verſchleden. 
. Mar unterfcheidet Zuder-®, oder Berwandelung von Pflanzenfafern, Amvden 
Gummi in Zuder (f. Dtaſtaſe); Wein-®, oder Umwandelung von Zuder 
in Allohol u, Kohlenfäure; Efſig⸗G., Milch⸗G, faulige ©. (over Fäufnif 
und te organifcher Stoffe)ıc, Unerklärt iſt noch ‚die Einwirkung des 
eieftrifchen ‚Zuftanded der Luft auf gährende oder gährungsfähige Blüffigkeiten, 
sole bekanntlich Bierwürze u. — bei Gewiltern lelcht ſauer werden. 
Galiſche Sprache, Etſt in der neueren Zeit, fet dem Erſcheinen ver Oſſi⸗ 
aniſchen Dichtungen, hat diefe Sprache die Aufmerffamfeit auf fidy gelenkt. Sie 
gehört der. Feltifchen Familie an und wird In den fchottifchen Hochlanden gefpro: 
hen, in zwei alemlic) abweichenden Dialeften, deren einer ſich über Argyle umd 
die weftlichen Diſtricte verbreitet; der andere, im Norden, hat in der Grafſchaft 
Fee feinen Sig. Der Sprache iſt der Gebirgscharafter entſchieden aufge 
drüdtz fie Mingt raub, gurgelnd, ift überaus reich am boppelten u. mehrfach zu- 
fammengehäuften Vofalen u. wechfelt die Ausſprache deffelben Lautes auf mannig- 
fache Weife, ſo daß abgefehen von den organtchen Schivterigkeiten, das richtige 
Sprechen der ©. Sp. dem Fremden faſt unerreichbar if. In dem Formenbau 
findet ſich mandyes Seltfame, 4, B. die Gewohnheit, die Bildungen des Zeitworts 
durch doppelte Kormen, am Anfange u, am Ende, zu bezeichnen. Im Ganzen ift 
das Galiſche weder durch großen Reichthum ausgezeichnet, noch kann ihm eine 
befondere Anmuth beigemeſſen werben. Zu einer wichtigen Literatur hat fich diefe 
Sprache nicht erhoben; die Gefänge der alten Barden haben ſich won uralten 
Zeiten her unter dem Bolte mündlich fortgepflanzt u. bilden noch jegt den Kern 
feiner Erintterungen, den Mittelpunkt feiner Vorftellungen und Empfindungen, 
Aufgegeichnet wurden fie theilweife zuerft von Macpherfon (Offtan, — 
CEdinburgh 1808; andere Sammlungen find fpäter gefolgt, Bibelüberſehungen u. 
reltgiöfe Schriften find vorhanden. Grammatik von Ah lwardt in. Vaters Ver 
gleſchungstafeln, Halle 1822, Wörterbudh von Shaw, London 1780, Macland 
u.Dewar, Glasgow 1831, Leod (nebft Grammatik), Edinburgh 1828, 
Gärtner, 1) Karl Ehriftian, geboren 24. November 1712 Ei Freiberg 
im Erzgebirge, erhieft feine Bildung zu Meißen u. auf der Univerfirät Leipzig, wo er 
Mitglied der fogenannten fächfiihen Dichterfchule war. Nachdem er einige Zeit Hofs 
meifter in — geweſen, ward er Profeſſor der Poeſte und Moral am 
Garolinum dafelbft, 4755 Kanonicus des Stiftes St, Blaſius u. 1780 Hofrath, 


Behr So: we 
u: farb daſelbſt 14. Februar 1791. 1 ©; beſaß vlele Kenntniſſe u. einen geläuter- 
ten Geſchmack, aber: geringe poetifche doferkraft. Alo Kritifer erwarb er, 
ein Freund geglätteter Gay früher ein Anhänger Gottfheds, dann genlfen 
maffen der Führer beim. Adfalle won demſelben ımd Stifter der Bremer Beiträge, 
is bei den Beftrebungen ber fogenannten ſächſiſchen Dichterfchule große Ber- 
enſte um das Gmyorftreben der neuen poetiſchen Richtung. Sammlung einiger 
Reden, —6 1761. Die geprüfte Treue, Schäſerſpiel, daſelbſt 1768 
Die ſchone Roſeite, duſtſpiel, Leipzig 1782. Linguels Beiträge zum ſpanlſchen 
Theater, aus dem Frangoſiſchen, Braunſchweig 1769, 2 Bde. u. A. — 2) ©., 
Friedrich v., geboren zu Koblenz 1792, am mit feinem Vater, einem Baumel⸗ 
fter, 1804 nad) München, ging, um feine Studien im Baufache zu machen, 1812 
nad) Paris, 1814 nach Rom ı. Sieilien , 1819 nach land und warb Pros 
fer an der Baualademie u Oberbaurath; zu. München, fowie Generalinfpeftor 
er architeltoniſchen u. plaſtiſchen Kunſtdenimäler in Bayern, widmete ſich bis 
1823 faft ganz feinen: Schülern auf der Alademie; fpäter verwendete er, ſeitdem 
er«1829 den Auftrag ,' die Ludwigslirche zu bauen, erhalten, feine Zeit mehren 
theils für öffentliche Bauten, beſonders zu. Mündyen; er baute unter andern das Bis 
bliothefgebäude; ' Blindeninftitut ,"Untverfitätögebäude, das: Erziehungsinftitut: für 
adelige Sränleln zu Münden; faſt die haibe Ludwigsſtraſſe, dad Kurhaus zu 
Brüdenau, u. machte den Plan zu der Stegeshalle bei Kelheim 11. In feinen Bauten 
igt fich das Beſtreben nach Erlangung einer, unferem Zeitalter angemefienen, felbftz 
indigerr Bainweife in dem Wiederaufrehmen des. vaterkändifchen Rundbogenfiyls 
es 11." Jahrhunderts, mit Vermeidung jever antiken Reminideenz. 1836 beglei- 
tete er den König Ludwig nach Sriechentand u. wurde Oberbaurath, 1842 aber, an 
Eornelius (f. d.) Stelle, Director der Akademie u. farb zu München 1847. Man 
hat von ihm folgende Schriften: Anfichten der am meiften- erhaltenen — 
Monumente Siclliens mit erläuterndem Texte, München 1819; römiiche, Baur 
werglerumgen nach der Antike, 48245 Auswahl von Bafen und Gefäßen, 1825, 
anf Stein gravirt. 

Gaeta, Seeftadt und ftarfe Feftung, an dem grdihnamigen Bufen 
des Mittelmeeres, in der neapolitanifchen Provinz Terra di Lavoro, auf einer 
ſchmalen, durch ‚einen teilen Felſen gebildeten Landzunge, neben welcher ein zwei⸗ 
ter Hügel mit der Eitavelle liegt, von welcher die Stabt- fich zum. Ufer hinab» 
zieht, it Sitz eines Biſchofs u. zählt 16,000 Einwohner. In der Eitadelle wird 
der Reichnam des Conneiable von. Bourbon ‚aufbewahrt, der bei der Erftürmung 
Roms durdy die Katferlichen im Jahre 1528 blieb u.,, als im Kirchenbanne ges 
ftorben, in einem Glaskafien getrodnet wurbe; fein prachtvolles Grabmat iſt je- 
Doch zerflört, Auch der Prinz von Heffen-Philippsthal liegt bier beraben. Drei 
Monat lange Belagerung u. Erflürmung durch, die Defterreicher 17025: Belages 
zung vom’ April Bis Auguft 4734 durch die Franzoſen; wiederholte Belagerung 
durch eben diefelben unter" Maffena vom Februar bis Jull 1806, u. ebenfo in 
den Jahren 1815 u. 1823 durch die Defterreicher, u EM, 

Gaeta (Martin Michael anarlen 130g von, f..Gaubin. 

Gäruler, gr Bolfsftamm im füdlichen Mauritania tingitana, wahr⸗ 
ſcheinlich das Stammvolk der heutigen Berbern. Wie diefe, nahmen’ fie. die Ge⸗ 
genden auf um den Atlas ein, waren ein wildes, friegerijches Wolf, ‚das aber 
eine wenig geregelte. Berfaffung hatte ır. in ‚den afeitanifehen Kriegen der Römer 
es bald: mit diefen ‚hal mit. ihren. Feinden hielt u. nie ganz bezwungen wurde. 
Rach Strabo- waren. die G. Nachbarn ver Garamanten, des lehten Volkes, 
das bie alte Geogtaphie ·lannte; ſie theilen fich in ©. Dar u, ©. Nigti Me 
lanogätult, von weit dunklerer Farbe). Ihr Land hieß Gätulten. 

* Gagarin, eine fürftlihe Familie in Rußland, die ihren Urfprung von 
Rurif, dem Beherrſcher von Starodub ableitet. Der merkwürbigfte derfelben iſt 
Matthias ©, —— — von Sibirien unter Peter I. Als der Krie 
mit Karl XUL für Peter ungünftige Wendung nahın, faßte G. den fh 


m. Bit Sıilnt- 


Sibirlen von Rußland loozureißen u. ſich dafelbft zum ſelbſtſtaͤndigen Beherrfcher 
zw erheben, Aber che er noch fein Vorhaben ausführen Fonnte, wurde er zu Be 
teröburg ommen u. wor den Fenflern des Senats erhängs nachdem ihm 
Peter vergeblich Berzeihung verheißen hatte, wenn er fich ſelbſt T&huldig befennte, 

Gagat, f. Brauntohle, 

Gagern 1) (Hans Chriſt oph Ernſt, Sreiberr von), geboren 1766 
zu Kleinnieverheim bei Worms, trat früh in naffauifche Dienfte, bewirkte 1802 
als Minifter n. in Paris feinem Fürften eine reiche Entfchäbi jung, u. 
1806 bei der Mebtatifirung einen bebeutenden Zuwachs. In Folge. eines Dis 
eretd von Napoleon legte er feine Stellen nieber u. verfuchte mit Hormayr und 
dem Erzherzog Johann 1812 einen Aufftand in Tyrol, nach * — 
ſich in das —— ‚Hauptquartier, dann nach England begab. ich 
Napoleons Sturze naſſautſch⸗oraniſcher Staatsminiſter, nahm er 1815. als nteders 
ländifcher Gefandter am Wiener Eongreffe Theil, ſprach in Paris für Die Zus 
rüdgabe des Elſaſſes u. war von 181618 nieberläudtjcher,Befandter am Bun- 
destage, wobei er mit Nachdruck für Einführung Iandfändifcher Berfaffungen 
verwendete. Im Fahre 1820 penfionirt, erfchien er als Abgeorbneter in ber heſ⸗ 
ſiſchen en Kammer u. kam: 4829. als lebenslängliches Mitglied in die erfte, 
Auch Hier hat er fich, wie immer, deutfch, Human, gebilvet, eigenthümlich, viel: 
feittg 1., mit fteter Feſthaltung der hiſtoriſchen Rechtögrundlage, liberal: ge: as 
Schriftfteller iR er befannt durdy „Refultate, ver Sittengefchichte,“ (6 Bände, 
2. Auflage, Stuttgart 1837), „Rationalgefchichte der Deutichen (2 Bde. 2, Auf 
Tage, Frankfurt 1825), „Mein Antheil an der Politit* (6 Bde, Leipzig u. Stutts 
gan 1823—44), „Kritik des Voͤlle (Reippig 1840). — 2) (Heinrich 

ilhelm —5— Frelhert von), Sohn des Borigen, geboren 1799, ſtudirte 
die Rechte in Göttingen, Jena u. Heidelberg, Mitlämpfer bei Waterloo u. Mits 
fiifter der Burfchenfhaft, trat 1821 in grı — heſſiſchen Staatöbienft u. 
war 1832 Reglerungsrath. Auf dem Landtage 1832 machte er fi durch Eräfr 
tige Sprache tm Iiberalconftitutionellen Sinne der Regierung mißliebig, die ihn 
penflonirte, ©. verzichtete Durch Anſuchen um Abfchied auf die Penfion, erwarb 
durch Güterankauf die Wählbarkgit u. erſchlen abermals auf dem Landtage 1834, 
der in Folge einer Streitigfeit zwiſchen ihm. u; ‚einem Regierungscommifjäre auf- 
gelöst wurde, Weniger Häufig erfhlen er auf den folgenden Landtagen, doch ift 
„er wieder Mitglied des gegenwärtigen, wo er in Diefem Augenblide wieber die 
allgemeine Aufmerkfamfeit auf ehrenvole Weiſe auf ſich ‚For Mit Eifer u. vieler 
Sachtenntniß bewirthfchaftet er auch das Gut Monshelm bei Worms, 

Gail 1) (Jean Bapt.), berühmter —— geboren 1755 zu Paris, ge 
ftorben daſelbſt 1829 als Conſervator der föniglichen Bibliothek, lieferte mehrere 
geſchaͤtzte Ausgaben griechifcher Glaffiter (Homer, Theofrit, Thufidides,ac.), darun- 
ter die des Herodot mit: Atlas u. geographiſchen Erläuterungen (Paris 1823). 
Einzelne Abhandlungen enthält Le Philologue (22 Bde, Paris 1814—28 nebft 
Atlas). griechifche Grammatik erlebte 10 Auflagen. — 9) (Sophie), 
ee (geboren: 1776, geftorben 1819), Gattin des Vorigen, ſchrieb die 

elfälltg aufgenommenen Opern: Deux Jaloux, Mad, de Launay, la Bastille, An- 
gela, Meprise, Sör@nade. 

Gailard (Gabriel Henri), ein verbienftvoller frangöfifcher Hiftorifer, 
geboren zu Dftel bei Soiſſons 1726, widmete fidy dem: Wechtäkuhtum und war 
vᷣtele Jahre Advofat beim Parlamente zu Paris, Da er fi durch feine hiſtori⸗ 

“ riften vortheilhaft befannt machte, wurde er Mitglied der frangöflichen 
tademie u. der Akademie der Infchriften ‘u. erhielt, nach Auſhebung derfelben 
eine Stelle im Rationalinfitut der Künfte u. Wiffenfchaften im e der Ge⸗ 
ſe tie. Sinige Zeit war er auch Profefior der Geſchichte bei der Gentrals 
ſchule, nahm aber feine Entlafjung u. begab ſich nach St. Firmin bei Chantilly, 
10 er 1806 ſtarb. ©. war ein halbes Jahrhundert lange eim fehr thätiger 
Ecriftrellee u, machte fd) unter anbern vorteilhaft befannt burch fein Rloge 


Gainsborough —Galacz. 539, 


de Descartes, 1760. 12. Histoire de Frangois I; roi-de' France, ‘Parts 1766. 
8 Bde. 12. (ein jehr brauchbares, öfterö aufgelegte Merk, deſſen 4 erfte Bänbe 
auch ind Deutfche überfegt wurden. Brauinfhw. 1767, 8.) Des malheurs de la 
guerre et les avantages de la paix, 1767. 8.'(eine von ber frangöftfchen Afa- 
demie gefrönte SBreiefehrift, die auch ins Schwebifche überfept wurde). Eloge 
de Charles V. 1767, 8. Eloge de P, Corneille, 1768, '8: (von der Mfademie 
zu Rouen gekrönt). — de Henri IV. 1769, 8. (von: der Atademle zu Ro⸗ 

elle gefrönt). Hist. de la rivalit& de laFrance et de ’Angleterre. 1771 sq. 12, 
Ki entf von %. 2. Brunn, 1. Thl, Deſſau 1784 u. hernad Berlin 1787, 8.). 
Hist, de la rivalitö de la France et de !’Espagne, 1801,'8 Bde. 12. Ausgabe 
2, 1807. 12, Hist. de grandes querelles entre l’empereur Charles V. et Fran- 
* 1. 4777, 2'Bbe. 8. Hist: de Cheriesmogne, 1782, 4 Bde. 12. (wurde 1785 

"8 Hollänbifche überfegt). Vie de Mr. de Malesherbes. 1805, 8. Er hatte aud) 
Anthetl an dem’Journal des Savans, an den Notices et extrails de Manuser, ‚de 
Ja bibliotheque du roi, u. bearbeitete die Abthellung der Geſchichte in der En- 


Er möthodique. 
jatnsborongh (Thomas), ein berühmter engtifcher Landſchafts⸗ u. Porträt _ 
maler. Scyon frühe entwidelte ſich fein Talent zur Malerei; feine Lehrerin war 
VE Natur, u. feine Akademie die Wälder von Sufolt, wo er 1727 —— war. 

#43. Jahre zog er nach London, machte feine Stubien "bei Gtavelot u. einige 

ihre in der alten Afademte zu St. Martind-Lane. Er verheirathete ſich bereits 
tan 19. Fahre, zog nad) "Ipswich und Bath, Tam 1774 wieder nad) London, . 
malte das ganze Fönigliche * und farb 1788. ©. gehört unter bie erſten 
Landſchaftsmaler u, ift in feiner Manter faft unerreihbar; fein Kolorit iſt hats 
moniſch w die Zeichnung feiner Figuren ı. des Biehes ſehr korrect. Bei allen 
dieſen Berbienften verließ et die Landfchaftsmalerel, wurde aber ein: ebenfo Ki 
Porträtmaler, ver wenige feines gleichen hat, u. nach dem Ardell, Diron, Viva⸗ 
res, Wattfon, Green u. a. in Schtwarzfunft und mit dem Grabſiichei gearbeitet 
haben. Siehe Ph. Thidneſſe, Sketch of the life‘ of Th. G. 1789, 8. 

Gajus (font minder richtig auch Eajus gefchrieben), römifcher Rech ts⸗ 
Iebrer unter Habrian u. Antoninus dem Frommen, verfaßte ein Lehrbuch des 
römifchen Rechtes, welches Zuftinian dem feintgen zu Grunde legte, Bon’ diefem 
Höchft wichtigen Werfe waren feit dem 18. Jahrhundert bloß 2 Blätter bes 
Tannt, bis Niebuhr 1816 in Verona faft das eig auf einem Codex rescrip- 
8* * des heiligen Hieronymus entdeckte, Reueſte Ausgabe von Goͤſchen 

. 

Stadt in der Moldau, berührt nur mit dem ſchmalen —— 
zwelfchen den Mündungen des Sereih und des Pruth bie Donau, breitet ſich 
einer Länge von einer halben Stunde an u. auf einer; gegen den Strom jäh ab⸗ 
fallenden, Erhöhung aus und beficht aus ber Hitftant m. Neufladt, Jene ift 
‚ein verworrener Haufen ımanfehnlicher, hölgerner Hütten u. Schoppen, ber von 
zegelofen, huup Gtraßen ogen wird; die Neuftadt iſt beſſet gebaut; 

de zufammen zählen befäufig 12,000 Einwohner, Man findet 7 Kirchen, ein 
Kiofter, einen großen Bazar, ein Schiffsiwerft, viele IWanrenhäufer ı. Getreide 
ſpeicher, eine Garantainankalt, ein Hofpital, eine Kaſerne; audy braut man hier 
sang gutes Bier, das dem Wiener wenig nad Der belebte Hafen (ber 
einzige in der Moldau), in welchem man fchon Imafter antrifft, bittet eine 
intereffante Reihe abwechfeinder Erfcheinungen.: Im Jahre 1845 tiefen 
deloſchiffe ein, und zumelft hier wird die Umlabung ber Frachten aus 
jonaufchtffen In die Seeſchiffe vorgenommen, Auch die Boote ber bferreicht- 
Shen Dampfichifffahrtsgefellfchaft fegen in ®. Baflagiee u. @üter auf die Sees 
Dämpfer über, Die Handelsverhältniffe der Stadt, als Hauptfapelplag der 
dukte der Moldau, u, als Niederlage für die in dieſes Fi thum gel 
fuhrartifel, find auf einen Hohen Grad der neun gediehen. 
berechnete man die Geſaminteinfuhr auf 12 und die Ausfuhr auf 15 


„540 ‚Balaktometer — Galatien. 


Biafter,; u. ſelldem hat der Verkehr noch anfehnlich zugenommen. ©. u. das 3 
Stunden oberhalb liegende Braila bilden eine dem Handel Odeſſa's gefährliche 
Eoncurreng; daher das Mißvergnügen Rußlands und die ‚Hindemife, welche es 
der © fahrt an den Donaumündungen zu erregen ſucht. — ©. wurde am 
1: Mat 1789 von den Ruffen erobert, welche indeß noch im Auguft defielben 
. Jahres eine Niederlage durch die Türfen erlitten. 11. Auquft 1794 Friedensprä 
lminarien zwiſchen Rußland u. der Pforte, 10. Mai 1828 Niederlage der Türs 
fen durch die Ruffen, mD, 
Galaktometer, Milchmeſſer, ein Inftrument zur Unterfuchung der Mid, 
insbefondere in Bezug auf ihre Verfälfhung durch Waſſer. Man könnte dazu 
ein gewößnliches Aörometer f.b;) gebrauchen, wenn nicht der Antheil an 
Rahm die Mitch fpecififch leichter, der’ an Käfe aber fie ſchwer machte, Ange 
mefjen i Dagegen der vom Hauptmann Neander zu in angegebene G. 
der in gläfernen Eylinber beſteht, in den gute reine-Milch gethan und an 
welchem bemerkt wird, bis wie weit der, nach einiger Zeit: Ruhe. fich abfegende, 
Rahm hinabreicht, ebenfo, bis wie weit die durch Säure niedergeſchlagenen Käfe 
. tbeile aufwärts ben Gylinder füllen, um barnad) Bergleichungen mit anderer 
fchlechter ır. — Milch anzuftellen, 
Kant (franzöfifch) 1) f. d. a. gepußt, gefchmüdt; dann: 2) artig, höfr 
Mc), befonders im Umgange mit dem weiblichen Geſchlechte; auch verliebt; 3) 
euphonijcher Auodruck für ausſchweifend, Lieverlich; ſo in der- Zufammenfepung : 
ge Krankheiten. Bon der erften Bedeutung haben die Galantertewaus 
: ren ihren Nanten, worunter mar im Allgemeinen alle, zum Puge und Schmude 
& örende, ı Lufusartifel verfteht, mit Ausnahme: der Ellenwaaren, alfo feidene 
inder, Kleine Tücher, Fichns, Handſchuhe, Hauben, Damenhüte, Kraufen, Leib- 
jürtel, Ghemifetts, — feldene u. feine baumwollene Strümpfe, Spigen, Bär 
jet, Ächte u. unächte Bijoutert-Waaren, Dofen, Rod- u. Stodfnöpfe, feine Ges 
genftände aus Gußeifen, Leder, Hol, Glas, Blech u. dal. 

Galatea, 1) eine Nereide, SBolyphem zerfchmetterte aus Giferfucht ihren 
Geltebten Acis u. fie verwandelte Ihn in eine Queile; 2) eine Statue des Pyg- 
malion, die bei feiner Umarmung ſich belebte: 

Galatien, Landfchaft in Kleinafien, im Norden von Paphlagonien u. Bükys 
nten, im Dftenevon Kappadocten, im Süden von Lyfaonien u. Phrygien, im Weften 
von fegterem imd Bithynien Begränit; f&hönes, fruchtbares Land, von den beiden 
Bergen Olympos u. Magaba bevedt u. von dem Sangatius und Hatys durch⸗ 
zogen; vorzüglich befaß eõ herrliche Viehweiden; Korn, Del, Süpfrüchte gab es 
tm Ueberflufe. Die oberfte Gottheit ver Galater hieß Agdiſtis u. man brachte ihr, 
wenigſtens in früheren Zeiten, Menfchenopfer var. Die byzantinifchen Kaifer theilten 
©. in Galatia prima mit der Haupfftadt Anfyra, u. Galalia secunda oder salu- 
taris mit’ der Haupıftadt Peffinos ab. In den älteſten Zeiten gehörte das. Land 
zu Groß-Phrygien; als aber, etwa drei Jahrhunderte v. Ehr., bie zwiſchen der Do- 
nau u, den Alpen wohnenden celtifchen Stämme, nachdem fie Hellas verwüſtet, 
unter Lutatix Führung über den Hellefpont fegten und, von ven Hleineren Königen 
Kleinaftend zu Hülfe gerufen, in größeren Schwärmen tn diefem Erdſtriche er- 
ſchlenen und ſich dergeſtalt vermehrten, daß fe bald ven Ginwohnern furchtbat 
murben, fo wies ihnen König Attalos von Pergamos im Jahre 2 die norböft- 
lichen Gegenden feines Reiches als feften Wohnfig an. Da dieſe Barbaren vors 
güglich zu drei Horden gehörten: den Trofmäern, Tektofagen u. Tolifto- 
bogen, fo entftand eine dreifache Landesabtheilung: das Land der Trofmäer er⸗ 
firedte ſich im Oſten des Halys, das der Zeftofagen im Gebiete von Anfyra, 
das der Toliftobogen im en um Peſſtnos. Jede Abteilung zerfiel wieder in 
vier Gauen oder Tetrarchien, deren jeder ein Teirarch, ein Dilaſtes und Strato 
phylax vorftand, Ihre Berfaffung war ganz ariftofratifch: ein Senat von 300 
Alten hielt die gefepgebende Gewalt in Händen; ihre Landtage hielten fie nach 
ber Eitte ber Eile In einem Cichenwalde. Von ben awölf Teirarchen wurde im 


wu Anen € ” \r 
Galation — Gelbe, 1 


alle eines Krieges einer zum Hauptanführer erwählt. Dieſe Verfaffung Löste ſich 
weffen in Monarchie auf, nachdem — — ihre Würde — gemachi 
ıtten. Dejotarus erhob ſich zum etſten Etbloͤnige von G.; aber ſchon unter 
inem Nachfolger Amyntas wurde das Rand Römerprovinz u, eine Proprätur ; 
sch ließen die Römer dem Volfe einen Schatten feiner urfprünglichen Berfäffung, 

Galation, der Heilige u, Martyrer, im Anfange des 3. Jahrhunderts 
ı Emefa in Syrien von hriftlichen Gitern geboren, welche die @ebote des Chri— 
enthums der Erziehung ihres Sohnes: zur Örundvefte legten: u. dafür das Ver⸗ 
nügen ärnbeten, daß. derſelbe, in freudiger Meberzeugung vonder Unübertrefflichs 
it diefer göttlichen Borfchriften, fie auch ſteis mit frommem Eifer erfühte. Das 
ed hielten fie ihm die gefchidteften Lehrer, fo daß er auch in den Wiſſenſchaften 
edeutende Fortfchrlitte machte. So rüdten die mannbaren Jahre heran, In welchen 
3. fi um eine Gattin umfehen folltez feine Wahl fiel auf Epifteme,eine heid⸗ 
ifche Jungfrau, die nicht nur ihrer önheit u. ihres Vermögens, fiber noch 
yeit mehr ihrer außerordentlichen Sittſamleit wegen in Außerft ehrenvollem Bu 
and. Damals war der Unterfhhieb der Religion noch Fein Hinderniß für die 
Jüftigfeit und Unauflösbarfeit der Ehe, demnady durfte ſich der chriſtliche Zünge 
ng unbebenklidy mit einer heionifchen, ihm durch die zaͤttlichſte Gegenliebe- Io! 
ende, Jungfrau verehelichen. Freilich nährte G. wohl in feinem Herzen den ger 
eimen Wunſch, daß. auch Epifteme den alleinigen Gott, wie er, anbete, doch 
sollte er dieß Feinesweges von ihrer Zuneigung verlangen, fondern bie Ueber 2 
ung von der Wahrheit der chrifilichen Religion folte fie zur Annahme Derfeiben 
ewegen. —  Belve Gatten vereinigten > darüber, daß Epifleme von einem 
yriftlichen Priefter in den Grundfägen des Glaubens unterrichtet werden u. dann 
ad) ihrem Gutdünfen "handeln: folle; allein nur ſeht kurze Zeit brauchte ıeö, um 
er jungen Frau die Augen zu Öffnen, deun bald begehrte fie, voll des 5. Eifers, 
as Sacrament der Taufe. Da fie bei ihrem Unterridhte Manches von den Aus 
ehmlicpfeiten u. Vortheilen eines, von der Welt abgefonderten, Lebens: gehört, ſo 
ntftand in ihr das fehnlichfte Verlangen darnach; fie eröffnete dieß ihrem Gat⸗ 
em, w. da ſich auch in ihm dieſer Wunfd; längft heimlich geregt hatte, beſchloſſen 
e ihre Trennung, um ſich in einfamen Drten ganz dem Gebete, der Betrachtun, 
. der Ausübung ortgefäliger Werke zu widmen. Demnach begab fi ©. na 
yenfgen, in einem glüdlichen Gheftande durchlebten, Jahren auf einen Berg in 
er Nähe des Sinai, auf welchem mehre Einſtedler ein firenges Leben führten; 
ipifteme aber bezog ein weit davon entiegenes Frauenklofter, in welchem mehre 
fungfrauen, abgefondert von der übrigen Welt, dem Herrn mit aufrichtigen Herz 
m u. gänglicer Verachtung aller irbifchen Güter dienten. — Zwei Jahre waren 
3, in feinem heiligen Leben verftrichen, als ſich unter Kaiſer Decius eine neue 
Berfolgung der Ehriften erhob, Man ſuchte ſie überall auf und peinigte ſie auf 
as Graufamfte, wenn fie dem Glauben nicht entfagen wollten. ‚In diefer Berfol- 
ung wurde ©. mit noch einem Cinſiedlet — die anderen waren entflohen — ger 
angen genommen, in einen finfteren Kerler geworfen u. fehr hart behandelt, So⸗ 
ald Epifteme Nachricht von dem traurigen Schidſale ihres Gatten ‚erhielt ‚vers 
eß fie ſogleich ihren ſicheren Aufenthalt, ftellte ſich freiwillig vor ©.8 Richter mit 
em Befenntniffe: daß fie eine Chriſtin fei u. von ihrem: Gatten nicht Länger ges 
sennt bleiben wolle, um mit ihm des gleichen himmlifchen Lohnes theilhaftig zu 
yerden. Nach biefer entfchlofienen Erklärung wurde. fie in G.s Kerker geworfen; 
yenige Tage darauf unmenfchlich gegeißelt, verftümmelt und endlich ve unübers 
yindlicher Standhaftigfeit enthauptet. Belde gingen in den Frühling des ewigen 
ebens ein im Jahre 250, Jahrestag: 5. November, 

Galba, Sulpteins, römifcher Kaiſer aus dem alten Geſchlechte der Sul ⸗ 
fcler, geboren 4 v. Ehr., war 32 n. Cht. Conful, Feldherr Galigula’s in Ger⸗ 
vanien, dann Statihalter des tarraconifchen. Spantens. Da er hier fehr geachtet 
var, fo gab Nero (f. d.) Ind Geheim den Befehl, ihn hinzurichten, Daburdy zum 
lufftande genöthigt, wollte er dieſen eben: beginnen, als die Nachricht von 2 


Pe WER Gelen. 


Tode eintraf, Er würbe um 68 n, Ehr, von den Prätorianern zum a ausgerufen, 

og aber bald durch Kargheit, Strenge u, dabei Rachſicht gegen feine Günſtlinge 
8 Unwillen des Volles auf ſich. Um dieſen abzulenken, nahm er den Piſo 
Lleintanus zum Sohne u. Thronfolger an; allein Otho, der ſich hiezu Bor 
nung gemacht hatte, warb von den Soldaten zum Kaiſer ernannt und ©. 69 n. 
Chr, ermordet. Bol. Sueton u. Aurelius Victor Caes. 6, u. epit. 6. Eu- 
trop 7; 10 u. Plutarch In der Lebensbejchr. ©.6. 

Gale 1) (Theophiluß), ein presbyterianifcher Geiftlicher aus Devonfhire, 
geftorben 1677, machte fid) als ein eifriger Anhänger des wyſtiſchen Platonie- 
mus befannt. Er gab eine philosophia universalis (kon. 1676, 8.) heraus, die 
er in zwet Theile abtheilte, Im erften entwidelte er ven Urfprung und Fortgan; 
der Phtlofophie und ihre Abkunft aus der Offenbarung, und. da er glaubte, da 
Plato d alt diefer lennen gelernt und feine Bllofophle daraus gefchöpft 
babe, (Kind er am umftändlichften von der platonifchen Philoſophie. In dem 
weiten tert er vorzüglich die Lehren und Meinungen anderer älterer Philos 
fophen, umd erläutert dann fein eigenes elleltiſches Spftem, das im Weſentlichen 
auf Reuplatonismus u. Kabbalismus hinausläuft, — Berdienter machte fich fein 
Sohn, 2) (Thomas) um die neuplatonifhe Philoſophie durch feine Ausgabe 
des Zamblichus. Er Hat überbieß mehre alte u. mittlere Schriftfteller durch feinen 
Fleiß erläutert, erneuert oder mehr in Umlauf gebracht. So gab er eine Samm⸗ 
lung der griechiſchen Mythologen heraus (Cambridge 1674, Amfterd. 1678), der 
gtiechiſchen Rhetoriker,” worunter einige —— (Drf. 1676), den Heiodot 
WEond. 1679) ic. Die — der engliſchen Chronilſchreibet aus den mitt⸗ 
leren Zeiten, die Fullmann u. Bell 1684 unter dem Zitel: Script, rer Angl. ans 
gefangen hatten, fegte er in zwel Bänden 1687 und 1791 unter dem faft näms 
Wi Titel fort. Nachdem er verfchiedene Aemter 3. Cambridge und London 
veiwaliet hatte, erhielt er endlich ben einträglichen Ruhedienſt eines Dechanten 
von Dort u. ftarb dafelbft 8, April 1702, 67 Jahre alt. 

Galeaſſe nannte man früher auf dem mittelländifdhen Meere bie größte Art 
Ruderſchiffe, der Galeere ähnlich, mur mit mehr Kanonen, die bemegtiä) waren, 
beſeht. Sie hatte gewöhnlich auf jeder Seite 23-32 Ruderbänfe, jeve Bank mit 
6—7 Mann befept, u, bi über 1000 Mann Befagung. In Dänemark, Schweden 
u, Holland nennt man noch jept ein ver Oaleote (f. d.) ähnliches Hleines Schiff mit 
einem großen u. einem Befanmafle ©. oder Galeas. 

Galeere hieß ein, früher beſonders auf dem mittellaͤndiſchen Meere gebräuchliches, 
langes Ruderfahrzeug, am jeber Seite mit 25—30 Rudern, von denen jedes mit 
856 Ruderern befegt war. Lehtere waren meiſt Sträflinge und daher mit einer 
Kette an das Ruder angefchlofien, woher es rührt, daß noch jeht wie härtefle 

wangsarbeitoſtrafe in Fiantreich, Italien ıc. Baleerenkrafe heißt. Die ©. war 
tes als wie Galeaſſe, und daher zum ſchnellen Laufe gelitten, Da fie ohne 
Verde war und daher bei ſchwerem Wetter die Eee nicht halten konnte, dabei 
aber nicht ‘tief im Wafler Ye fo war fie befonber® zur Fahtt zwiſchen Klippen 
u. Untiefen brauchbar. Sie halte goal ‚oder drei nicht zu hohe Mafen, die nie 
dergelegt werben Tonnten u. war mit 6-10 Kanonen befeht. Cine Heinere Gat⸗ 
tung, mit 16—20 Rudern auf jeder Seite, nannte man Halb»®. oder Bnleote. 

Galen, Bolt in Rorv-Schottland und Irland, Reſte der alten G, die, urs 
forünglich Kelten (f. d.) oder Gallier, das mittlere Gallien u. gang Britannien 
nebſt den dazu gehörigen Inſeln betvoht ‚ von den Kymren u. Belgen aber in 
obige Länder gedrängt wurden. In Srankreid verloren fie u. ihre Sprache ih 
ganz. Jene ©. aber reden noch zum Theile die Bälifche Sprache (f. d.). 
Galen (Chriſtoph Bernhard vom), Bifchof von Münfter, einer der bes 
sühmteften deutſchen ienprälaten des 17. Jahrh., wenn aud nicht eben 
Such) „ bie eines Biſchofs würbig find, doch durch folche, Die einem Fürs 
fien in der te einen großen Ramen verichaffen. Er Imte aus einem 
abeligen In Mepohalen u. wurde 1650 zum Biſchoſe von Münfer ges 


vun 
Gilt. "7 
aͤhlt. Bald entzweite er ich mit der Stadt Münfter, die: feine haft 
Ihtranerfennen wollte, belagerte fie dreimal u, eroberte fie endlich den 6. Aur 
aft 1661, worauf er eine gute Cliadelle anlegte. 1665 verband er ſich mit Eng⸗ 
nd gegen Holland u. ei verfchiedene DVortheile über lehteres, und 16 
at er mit Sranfreich gegen: eben diefe Republik in Bund, worauf: er verfchiebene 
städte u. Feſtungen eroberte, bis ihn der Kalfer 1674 zum en zwang. Im 
Igenden Jahre verband er fi mit Schweden, machte von Neuem einige Erobe⸗ 
ıngen u. ſtarb den 19. Sept. 1678 in feinem 74; —— Er war ein Mann 
sn feltenem Unternehmungsgeiſte, einer der größten Feldherrn feiner Zeit, ohne 
wor jemals Kriegedienfte geihan zu haben, und wenn er fo viele , als 
duth befefien hätte, fo würde er vielleicht ein zweiter Alerander over Gäjar ges 
orben feyn. "©. Jos. ab Alpen de vita et reb, Ch. B. de G. II. T. Coes- 
Idiae 1694, 8.5 deuiſch mit Mokürgungens Leben: und Thaten u. ſ. w. 
Fe elens lsusiue) ach Hippokrates der berühtefte Arzt des Alt 
alenu⸗ audius), n pokrates der mtefte Ar, er⸗ 
ums, geboren 131 n. Chr. zu Pergamus, der Sohn des Architekten Nikon; 
en erften (befonders mathematijchen) Unterricht erhielt G. zum Theile von feinem 
ater; im 15. Jahre betrat er bereits die Schulen der Phlloſophen feiner Baterz 
idt u. wurde beſonders vom den Werfen des Ariſtoteles u. Theophraftus anges 
gen; 148 widmete er ſich, einem Traume feines Vaters darin Folge leih 
m Arzt Berufe und beſuchte nun vier Jahre lange die Schulen 
eniſe letztez 152, nachdem fein Vater geftorben war, begab er ha um 
ine Arztlichen Studien fortzufegen, nach Smyrna, dann nach Korinth, und zus 
5t, nachdem er nody naturhiftorifche Reifen in Kleinaſien u. Paläſtina gemacht 
ıtte, mach Alerandrien, wo noch immer die Anatomte, freilich nur an Thier⸗ 
ichen, mit befonderem Gifer betrieben wurde.) 158 fehrte ©. wieder nach Pers 
mus zurüd u. wurde Arzt des mit dem Aesculaptempel verbundenen Gymna⸗ 
ms, wo ihm reiche Gelegenheit zu Beobachtungen, befonderd im Gebiete 
r Chirurgie, ‚een war; 164, wo er durch einen Auftuhr aus feiner 
aterftabt vertrieben wurde, wendete er ſich nach Rom, wo er durch feine Bil⸗ 
ng und durch feine ärztliche, beſonders prognoſtiſche Gewanbtheit das Zur 
ıuen der Bornehmen fi) erwarb, dagegen aber mit den übrigen Merzten, wohl 
cht ganz ohne eigene Schuld, nicht beften Vernehmen lebte. Streitigkeiten 
it diefen führten das Aufhören: feiner beliebten phyſiologiſchen Borlefungen und 
ı 3169 feine Wbreife von Rom herbei; auf langem Umwege kehrte er in 
ne Heimath zurüd, wurde aber ſchon im folgenden Jahre als Leibarzt der 
alfer Lucius Berus u. Marcus Aurelius nah Rom u. Aquileja (der damaligen 
efidenz) berufen; lehnte die —— Aurelo, ihn auf feinem Zuge 
die Matkomannen begleiten, Folge einer im Traume erhaltenen 
Man ab u, blieb als Leibarzt des jungen Gommodus in Rom zurüd, welches 
, wie e8 fcheint, bis zu feinem, im Anfange des 3, Ber erfolgten, Tode 
cht wieder verließ. Hier num verfaßte G. die Mehrzahl ſeiner ten; es find 
rem 125 nicht mebizintfche, von denen Feine auf ung gekommen dftz eben fo find 
} mebtzinifche Schriften verloren gegangen; dagegen befipen wir 83, unzweifel- 
ft ächte, u. mehr als nochmal fo viel umächte, zweifelhafte oder fragmentäriſche; 
Herdem gibt es in den Bibliotheken zerftreut noch 80 ungedrudte Schriften von 
m. ©.8 Verdienſte find unbeftreitbar, beſonders in der Anatomie u. Phnfiologie, 
rer durch ımabläßige eigene, freilich nur an Thieren angeftellte, Unterfudjungen 
t neuen Entdecungen bereicherte. In der Pathologie verfuhr er viel zu ſyftema⸗ 
ch u. zwängte eine Fülle von Grfahrungsfägen in ein finnreich verkünfteltes u, 
Mfürlich mens Syſtem ein, fo daß Beide fi zu einem unirennbaren, über 
helichen und harmonifdyen Ganzen verbanden, ben diefe sögefelefiene and in 
abgetundete Gigenthümlichtelt verſchaffte aber dem Syfeme des ©, eine in 
Geſchichte der Wiſſenſchaft unerhörte Herrſchaft, deren Macht erſt im 16, 





544 Galeone —Galianl, 


Jahrhundette gebrochen watb, und deren Nachklänge ſelbſt Heutzutage noch fich 
fuͤhibat mächen. E. Buchner 

Goaleone, hießen ehemals in Spanien und VPortugal ſchwere dreimaftige 
Kriegsſchiffe, auch zum Kriege ausgerüſtete Kauffahrer, die uͤber 400 Laſten 
trugen. Sie waren außerordentlich hoch von Bord, und hatten manchmal vier 
Berdede über einander; auch in Frankreich hatte man Gen. Späterhin wurden 
fie in Spanien u. Portugal Karaken genannt und trugen oft mehr als 2000 
Raften; jet nennt man noch in Spanien diejenigen Schiffe G.en, welche zum 
Handel nady Amerifa beftimmt find, 

Galeote, ein bei den Dänen und Schweden gebräuchliches Fahrzeug ‚das 
einen. großen u.‘ einen Befahnmaft hat u, hinten rund ift, wodurch es von 
der Gaieaſſe unterfcheldetz die dreimaſtigen Gen ſind nicht mehr im -Gebrauge, 
Man muß diefe G.n nicht mit einer, im mittelländifchen Meere gebräuchlichen, 
Heiner ®aleere (f. d.) verwechfeln, die ebenfalld ©. genannt wird. Bons 
bardier-®, hieß ein foldyes Fahrzeug, wenn es zum. Bombardement von Exee- 

e, f 


vaneE» endet wurde. 
Galerie (franzöftich galerie; von aller, ‚gehen; -richtiger- aber vielleicht vom 
Deuſchen wallen), 1) der Ban! ein langer, ſchmaler Raum- in einem 
de, der wenigftend dreimal fo lang, als ‚breit iſt, und ſich dadurch von 
einem Saale unterfcheldet; dann ein zur Berbindung der Zimmer bienender Ges 
ländergang, Eorridor.(f. d.)x— 2) Weil man ſoiche Gin gewöhnlich mit 
Sammlungen von Gemälden und anderen Werfen: der. bildenden Kunft zierte, jo 
heißen auch derartige Sammlungen felbft, mögen ſie nun in einem, ober. in 
einer Reihe von Zimmern aufgeftelt; over nadhgebildet in Drudwerfen enthalten 
ſehn / ©. — 3) Im Theater die, entweder vor, den Logen. befinblichen- Plähe, 
oder jene, welche, der oberftien Deste zunächf, für die Zufchauer, beftimmt- find; 
auch wohl die dafelbft verfammelten Zufchauer ſelbſt. — 4) In Feſtung en ein 
den Kafematten ähnliches Gewölbe, mit Schieplöchern für die Snake verjehen, 
und heißt-aud) darum frenelirte ©. Sie find theils unterirdifch, in Ger 
flungen, unter den Facen der halben Monde, in den retirirten Werfen, und in 
der Fontreestarve, theild aber auch über dem Horizont, wenn man 4 B.-eine 
Reboute mit einer folchen Erenelirten G., an der Esfarpe umgibt, — Man nennt 
aber audy den unterirbifchen gemauerten Gang, der rings um bie Gontreeöfarpe 
läuft, u, aus welchem die verfchiedenen Minengänge u. Horchgänge unter das 
Sacls gehen, die untertrdifche ©. einer Sehung, ober die MW inen.®. 
Galiant (Fernando), geboren 1728 zu Ehlett im Neapolitanifchen, fur 
birte die Rechte, machte ſich fchon in feinem 18; Jahre durdy eine wigige Schrift 
befannt, 11. ſchrieb bald nachher ein wichtiges Werk über das Muͤnzweſen, wor 
durch er die Aufmerkfamfeit des Hofes anf fich 0; Er erhielt mun geiftliche 
Beneficien, machte auf einer Reife durch Jtalten mit den berühmteften Gelehrten 
Belannifhaft und erwarb ſich die Gunft Benedifts XIV., der ihm. 1753 ein 
Kanonikat erthellte. Als Mitglied der Alademie von Herkulanum nahm. er. Theil 
an bem_befannten Werke über die Alterthümer diefer und ber übrigen. Stäpte, 
Seine Öffentliche Laufbahn fängt mit dem Jahre 4759 an, wo er zum Gefandt- 
fhaftöferretär nach Ftankreich ernannt wurde. In Patis lebte er im Umgange 
mit den. erften Stantsmännern u. Gelehrten, u. ſchrieb gegen die Defonomiften 
fen »Dialogues sur la commerce des bledss, deren Schreibart felbft Voltaire 
tounderte, Als er 1769 nad) Neapel zurüdfam, ward er mit Anfehen und 
Ehrenftellen überhäuft, u. diente dem Staate in den wichtigen Angelegenheiten 
mit feltener Einficht bie an feinen Tod, den 30. October 1787. AS wihiger 
Kopf u, Gefhäftsmann gr er unter die erfien Männer feiner Zeit, arbeitete 
in mehren Fächern der Wiffenfchaften mit gleicher Leichtigkeit u, zeichnete fich in 
jedem durch Originalität aus. Biele Sachen, die er nie ftubirt hatte, ergründete 
er in einem Augenblicte fo, daß er wortrefflich darüber fprechen u. ſchreiben Eonnte, 
Gr fdrieb am liebften über meue, wenig bearbeitete Gegenftände, u, über folde, 


die dem Nupen und dem Nuhme feines Vaterlandes dienten. Im beutfchen 
Ueberfegungen Fennt man von ihm: „Dialogen über —— Lemgo, 
1777, 85 u. „dad Recht der Neutralität mit einigen Zufägen von K. 9. Gäfar.“ 
Leipzig 1790, 2 Bde., 8. 

Galicien, ein früheres Königreich der ſpanlſchen Krone, der nordweſill— 
Theil der pyrenaifchen Halbinfel, Im Norden umd Weften von dem atlantifi 
Drean, fm Süden von der portugieſiſchen Provinz Tras-08-Mondes, Im Often 
von Afturien u. Leon begränzt, hat einen Slächenraum von 748 [J Meilen, mit 
einer Einwohnerzahl von etwa 2 Millionen Seelen, u, wird in die 4 Probin; 
Eoruia, Lugo, Drenfe u. Pontevedra getheilt. Das afturifche Gebirge verbreitet ich 
durch die ganze Provinz u. endet in den Caps Drtegal u. Finisterre, Die Kü- 
ſten find fehr zerriffen u. die Gebirgszüge durch tiefe u. ſchwer zugängliche Thäler 
unterbrochen, Im Süden ift der Minho, der ©. von Bortugal faheidet; fonft 
findet man nur Küftenflüffe, wie-den Tambre, Ufa u. A. Das Klima if hier 
tauber, als in irgend einem anderen Theile Spaniens, an den Küften ch fo 
mild, daß dort beträchtlicher Weinbau getrieben wird. Die fonftigen Produkte 

* Blade, Hanf, Kartoffeln, Nüffe, Kaftanien, Bich, Bienen und Fifche, 

ä mit ausgedehnten Waldungen beftodt; Metalle finden ſich zwar, 
fie werben jedoch nicht ausgebeutet. Die Bewohner, Gallegos genannt, find 
ftarfe, Fräftige u. arbeitfame Leute, bie in ganz Spanien herum ziehen Gährlich 
gegen 10,000) u. die befehwerlichften Arbeiten verrichten, namentlich ſich aber in 
ober Anzahl zu Madrid als Waiferträger aufhalten. Die wichtigfien Seehäfen 

.S find: Bayona, Goreubion, Muros, Camatinas, Ribadeo u. |. w. Ow. 

Galiläa, der nördlichfte Theil des alten Baläfina (f. d.), weſtlich an 
das Meer, öftlih am den Jordan, mörblich an Syrien grängend, ſüdlich vom 
Tabor begränzt u. überaus ſtark bevölfert. In Ober«G, wohnten meift Syrer, 
Phönizter und Griechen, in Nieder ⸗G. die Kanaaniter, die einen befondern 
Dialekt fprachen u, bei den übrigen Juden verachtet waren, Diefed Loos Haben au 
die — bie größtentheild aus ©. ftammten, u, die Chriſten überhaupt, weil 
ihre Religion von hier ausgegangen war. Gegenwärtig gehört ©. zum Pafchalit 
von Damaskus in der türktichen Provinz Syrien 
Bewohnern finden fi) nur wenige Ehriften. 

Galilei, Galtieo, eines‘ der größten mathematifchen Gentes, geboren zu 
Piſa den 15. Februar 1564, war der natürliche Sohn von Bincentio ©, einem 
berühmten Muſiker u. Gomponiften, Im feiner frühen Supend befchäftigte er ſich 
mit Mufit u, Zeichnen, u. auf_ der Bo en Schule zu Piſa widmiete er ſich der 
Arzueikunft. Da ihm vor dem fcholafifchen Seihwäge der Profefforen ecelie, fo 
Mudirte er für fich ſelbſt die claffiichen Griechen. Beim Lefen des Euflides er⸗ 
wachte feine Neigung zur Mathematif. Schon in feinem 26. Jahre erhielt er in 
Piſa den mathematifchen Lehrftuhl und 1592 wurde er von den Benetianern als 
Brofeffor der Mathematif nad) Padua berufen. Sein Hauptftudfum ie auf die 
Entdedung der eigentlichen Gefepe der Bewegung, und ihm verbankt man unter 
anderem auch die Berbefferung des Thermometerd u. des Teled! Bermittelft 
diefes Teteren machte er wichtige Entdeckungen am Himmel, die er in feinem 
»Nuntius siderius« befdhreibt. 1610 beobadhtete er in dem Monde Gebirge und 
Thäler, in der Sonne verfcjiedene Fleden, in der Milchſtraße mehre bisher ums 
bemerfte Geftirne; er beobadjtete bei dem Benuöfterne ähnliche Zunahme. Ab⸗ 
nahme, wie bei dem Monde, bei dem Saturn die längliche, vielfeitige Figur, 
bei dem Jupiter die vier Monde, Hernach benügte man feine Entvefungen zur 
näherer Beftimmung der Länge und damit zugleich zu ficherer Fahrt auf dem 
Meere. Erft 1632 wagte er es, tn feinem Systema cosmicum die Erde aus dem 
Mittelpunkte der Schöpfung zu verdrängen, u. k fich um die Sonne drehen zu laſſen. 
Eine Eongregation von Cardinalen, Ordensgeiftlihen und Mathematikern unter- 
fuchte diefes Werk, verdammte es ald 2 gefährliches u, forderte ihn vor 
das Ingnifitionsgericht,. welches ihn zum Wiverrufe verurtheilte, "Seitdem heſchaͤf⸗ 

ealmpclopible. IV, ” 


oder Soriftan, und unter dem 


346 Galizien. 


Higte er ſich mit der Mechanif. Seine Nachforſchungen über die Länge bes 
eeres fchidte er in Handichrift an die Beneralftaaten, die auf biefelben die 
möglichfte Aufmerffamfeit wendeten. Durch allzu vieles Anfirengen feiner eg 
wurde er in feinem 74. Jahre blind u. den 8. Januar 1642 ftarb er. Im den 
Annalen der Mechanik, Optif und Aftronomie ift fein Name Anpergängiic. 
Gr beftimmte das Grundgefeg der Mechanik in Anfehung ver Zeit und Kraft, 
unterfuchte dad Gefeh, twornach ſich die ſchweren Körper beim Kalle richten und 
bewies durch die Erfahrung, daß alle Körper von verſchiedener Schwere in 
leicher Zeit gleiche Räume, durchfallen. Er entdedte das Verhältnig zwifchen 
Seit und Gefchwindigfeit bei fallenden Körpern; inglelchen auch das Gefeh des 
Wachsthums der Räume bet fortvauerndem Falle, beftätigte dieſes Alleo durch 
die Erfahrung, und machte miditige Anwendungen davon. ine feiner worzüg- 
Uchſten Entvedungen war die Beftimmung der parabolifchen Bahn, welche ges 
worfene Körper befepreiben. "Die wichtigften Eigenfchaften u. den: Gebrauch bed 
Vend pi Beftimmung Heiner Zeiträume haben wir.ihm ebenfalls zu werbanken. 
Eadlich iſt die Materie von der Feſtigkeilt u. dem Widerftande fefter Körper von 
ibm zuerft unterfucht md in's Licht gefept worden, Zur Erholung en 
‚herjhafte und ernfte @ebichte, welche ihm Ehre machen. Geine Werte tenen 
adua 1744, 4 Boe., 4, Malland 1808, 13 Bde; Lebenebefchreibung v. €. 
Zagemann, Weimar 1787, 

Galizien (Halicz, d. b. Salzland), ein dem öfterreichifchen Staate ein- 
verleibtes Königreich von 1580 [I Meilen, das in der neueften Zeit in DR 
u. Weft-G,, mit den Hauptftädten Lemberg u. Krakau, zerfällt, {ft von Schleſien, 

am, Polen, Rußland u. der Moldau eingefchlofien n. bildet. den norböfl. 
Abhang des Karpathenhochlandes u. die oberen Hlußgebiete des Dujeſtr, Bruth u. 
Bug, welche hier entfpringen u, mit ihren Rebenflüfen die größere Ofihälfte des 
Landes einnehmen. Im Weften bildet die obere Weichfel nur den Grämfluß, gegen 
Krakau u. Polen; fie nimmt von bier den San, die Wislofa u. den Donajee mit 
dem Boprad. auf. Der lehtere iſt der einzige Karpathenfluß, der die Waſſerſcheide des 
Gebirges durchbricht; denm er entfpringt ztemlich tief in Ungarn und bildet eine 
Waſſeiſtraße nach diefem Lande. Ganz ©, if eine Hochebene. Die Bukowina 
&.: h. der Cichenwald) in Südoften, durch das Kollwangebirge von ©. getrennt, 
iſt faft ganz Gebirgsland, Zwei ausgezeichnete Produkte bringt das Land her⸗ 
vor; Getreide n. Salz, beides in Ueberfluß, erftere® am meiften in der Bus 
lowina, lepteres in den Vergwerfen u. Duellen, bie ſich 60 Meilen weit länge 
den Borbergen des ganzen Karpathengebirges bis in die Moldau hinein erfircden. 

olz gibt es im Ueberfluß. Die Karpathen liefern Kupfer, Eifen, Blei u. etwas 
tiber, legteres in der Bulowina; Gold führt die Biftricga mit. Wild iſt reichlich 
vorhanden; auch Bären u. Wölfe (es follen jaͤhrlich bei 1500 Stüd erlegt wer 
den) find nicht ſelten, ſowie man auch Auerochſen u, Biber dort trifft. — Die 
Einwohnerzahl überfleigt 5 Millionen. Die Galizter find größtentheils polnifchen 
u. ruffifhen Stammes (Rothruffen in der Ebene imDften des Sanz Po 
tubier in dem Karpathen, beide auch Rufniafen oder Ruffen genannt), aber 
neben. diefen auch 70,000 Deutfche, 170,000 Waladyen, im der ‚Bufowina 
240,000 Juden, ferner Armenter, Griechen u, Zigeuner; in der Bnfowina leben 
auch viele Moldawer (Moldowenen). Unter den Chriſten bekennen ſich 2,200,000 
zut roͤmiſch⸗katholiſchen Kirche, die unter einem Erzbifchofe fteht. Unirte Grie 
hen, die einen Erzbiſchof u. Bifchof haben, gibt eso faft eben fo viele, nicht 
unirte (faft nur in der Bufowina) 300,000; auch die unirten Armenter haben 
einen — Die Ptoteſtanten (30,000) haben 2 Superintendenten. Noch 
ibt ed Menoniten und in der Bufowina eine Sekte der griechifchen Kirche, bie 
lippowaner, die ihre Leichen verbrennen. Die Juden haben gegen 300 Ey 
nagogen. Wiſſenſchafiliche und Vollsbildung flehen höher, als im benachbarten 
Polen. — ©. gehörte (als Fürſtenthum Halich, auch Rothrußland genannt) ſeit 
dem 12. Jahrhunderte zu Ungarn, ſeit 1340 zu Polen, kam aber. 1772 an 


Ä 


©. Melle. 7 
Defterreich und warb 1795 noch durch einen Theil von Polen (Weft-®.) vers 
größert, Im Wiener Frieden 1809 wurde aber Iehteres faft ganz wieder abgetreten 
(einige 1809 an Rußland abgetretene Diftrifte im Often find 1815 zurüdgegeben) 
und. 1815 die jesige Gränge beftimmt. Im; der neueften Zeit wurde, nach der 
Aufhebung des Freiftnates Krakau (November 1846), Krakau die Hauptftadt von 
Weit-®,, u. Lemberg von Oſt-G., wie bereits oben angedeutet wurde. Die 
oberften Sanbeebehörben find die Hoffanzlef im Wien u. das Gubernium in Lemberg. 
Der oberfte Gerichtshof {ft in Wien, ein Appellationsgericht in Lemberg, 4 Lands 
rechte und die Ortögerichte in den Städten. Eeit 1775 gibt es Landflände, 
die aber Fein größeres Recht Haben, als in dem öfterreichifc) » deutfchen Provinzen, 
Eintheilung des Landes in. 19 Krelſe. — Bon den bebeutendften. Stäpten find, 
außer dent on ‚genannten, zu bemerken: Bochnia, Praemysl, Sambor, Brody, 
Tarnopol, Stanislawow, Ezernowig, Wieliczka, Jaroslaw, Jaworow, Sucjawä 
u. ſ. w. — ©. zieht ſich in einem langen bogenſörmigen Streifen I den 
then u, meiſtenthells parallel mit denſelben fort, Ein Theil fe bie⸗ 
erfisedt ſich in dieſes Gebirg u. es laufen dort feine Gränzen auf den nord⸗ 
hohen Kämmen fort, ‚Gegen Norden iſt G. vom Königtelche Polen, was 
Berfehr betrifft, faft —8 geſchieden. Gegen Oſten iſt es die Bulowing, 
mit welcher das Land in einigen Beziehungen ſteht; von Volhynien iſt es fo ziem⸗ 
lich eben fo abgeiperrt, wie vom Künigreiche Polen. . Gegen Süden ſchelden es 
die Karpatben Nato von Ungarn u. die commergielle Verbindung beiver Lander itt 
beinahe nur auf den Schmuggel befchränkt, Gegen Weften ftößt ©. nur in einer) 
furgen ‚Strede an Deutichland, fand aber bisher in Iebhafter Verbindung mit 
‚ wovon befonderd die Gränzftadt Biala Zeugniß gibt. Das Kllına iſt 
taub; der Boden reich u, fruchtbar. Eigentliche Ebenen, beſonders foldye vom 
oßer Ausdehnung, hat ©. nicht, fondern es bildet das. Land einen fteten Wellen⸗ 
lag, der ſich iu einer. fortlaufenden Reihe von mehr. oder minder hohen Hügeln 
zeigt, Geine Oberfläche befteht größtentbeils aus. einem fehr fruchtbaren Lehme, 
der. ſich für einen fehr ausgedehnten MWeizenban eignet, Im neuerer Zeit hatte 
die Agrieultur große Fortfchritte gemacht; doch hat die meuefte unglüdliche Ka⸗ 
taftrophe ihr wieder fehr geſchadet. Getreide, Reps, Runfelrüben, Kartoffeln 
werben. fleißig gebaut; der meiftentheils Fiesfäbige Boden machte eine Bermehrun; 
der Futtermafje leicht, deren man ſich vor Kurzem noch allen Ernſtes befli 
Daffelbe gilt auch in Bezug auf die Viehzucht. — Der in G. einheimifche Men⸗ 
ſchenſchlag ift meiftentheils fräfıg, willig zur Arbeit, wenn man ihn zu behans 
dein verfieht, aber innerlich ftörriih, wenn man ihn dazu zwingt, Im Durchs 
fchnitte find — namentlich in den Gebirgsgegenden — die Männer wohlgeftäl- 
teter, als die Frauen; indeß findet man unter lehteren auffallende Schönheiten, 
Der Branntwein ift der Nektar. der Galizier, und durch dieſe Neigung wird das 
Bolt den. Juden tributbar, die es daher weit mehr In ber Hand haben, als bie 
Feudalherren. Da der Bauer nur durch den Juden feine Produkte ins Geld 
fegen kann, fo. hat er fidy fo an bie Bevormundung des Iehleren gewöhnt, daß 
diefer. ihn ganz nach feinem Willen leiten darf, ebgteich er wer Bauer) ihn vers 
achtet u, geringfchägt, — Die Robot (Frohne), die von den Grundherren zwar 
nach ihren Rechten, aber „mitunter mit allzugroßer Härte u, Strenge gefordert 
wurde war es, welche die Belafteten feit fo langer Zeit erbitterte u. fchrediiche 
Rache in, ihrem Herzen erzeugte. Man erzählt fih Züge von unglaublicher 
Graufamfeit ſolcher Gutöherren, Diefe u. folgende 2 Umftände machten die jüng« 
ften blutigen Scenen, wobel Hunderte von Edelleuten von den Bauern erfchlagen 
wurden, erflärlidy, nämlich-1) find-die Zwingberren u, der Bauer gar nicht einmal 
urfprünglid von einem Stamme u, 2) find die Kandeöbehörden, faſt nur aus 
Deutfchen beftehend, den Schlacdhtigen, wegen ihres meift übermüthigen Benchs 
mens, wenig geneigt, was, den Bauern gerade nicht verborgen bleiben Tonnte, 
Der galizüche Bauer hängt mit inniger Liebe an feiner (der Tatholifcyen) 
Kirche, — Was den Inneren Berkihr in. G. betrifft, fo wird — —8 gut an⸗ 
5 


[0 Soitia Ber. . 


gelegte Landſttaßen dort fehr befördert; die Nebenftraßen und Wege find freilich 
Shlentheils noch fehr ſchlecht. Die Straßen leiden übrigens auch häufig durch 
die vielen aus den Katpathen herabftrömenden Gewäffer, die gar oft die fefteften 
Brüden are: Die BVöllendung der Ferdinand -Rorbeijenbahn bis nad) 
Bochnia u. Lemberg wird den inneren Verkehr des Landes ungeheuer heben; feine 
Rohprodutte werben rafchen Abfag finden u. im Werthe fleigen. Mit Wirths- 
häufern iſt es in G. noch fo ſchlecht beftellt, daß man meiftens nur Zudenfchenfen 
—— deutſche Gaſtwirihe, wie man fie in Ungarn fo häufig trifft, findet man 
G., befonder8 auf dem Lande, nur felten, doc findet man eine gute Küche 
in den Judenfchenfen. If man ſedoch gerwungen, In dem Wirthshauſe eines 
Einheimifchen einufehren, fo geräth man fehr leicht in den Fall, außet Brannts 
wein Nichts für na ja nicht einmal ein Stüd Brod u. Hafer für die Pferde 
belommen. — Wie e8 im Allgemeinen um die Gewerbe flieht, das Fan man 
Ya leicht denken, wenn man weiß, wie viele Erzeugniffe der Induftrie nad) ©, 
aus di tfchen Öfterreichifchen Erbftanten eingeführt werben. Außer den noth⸗ 
wendigften Handwerkern, Schuftern, Schneidern, Schmieden, Seilern, Sattlern, 
Fleifchern u. Hi findet man die andern faum in der Zahl, daß fie dem bringe 
endften Bedürfnifle genügen. ben deßhalb muß man aber auch fo viele Waaren 
vom Auslande —55 — und muß dagegen feine Roherzeugniſſe wohlfell hingeben. 
Der Handel iſt, wie wir oben fchon andeuteten, größtentheils In den Händen 
der Juden, die im Lande umberztehen und dem Landmanne feine Erzeugnifje ab- 
Taufen u, ihn dafür mit Waaren der. Gewerbe verfehen; dabei machen ſie na⸗ 
türlich anfehnlichen Gewinn. Indeß beftcht neben dieſem Schacher auch ein 
Großhandel, der aber feinen Sig nur in den großen Städten hat. Er wird 
auch meiftentheild von jübtfchen Häufern betrieben, Yon denen die Heinen Hans 
deloleute diefer Nation nur die Agenten find. Bon welcher Seite man alfo den 
yandel Gio betrachtet, ohne die Juden wäre er Nichts und das Sand Fäme in 
eine völlige Anarchie, wenn diefelben plöglich vertrieben werden follten. Der 
Reichthum der Güter der Natur ift jedoch fo groß, daß das Band, troß der 
nachtheiligen Verhältniffe, in denen es mit feinem Handel u. feinen Gewerben fleht, 
dennoch an Wohlhabenheit, befonders während der Zeit, die es unter Oeſterrelchs 
Scepter ſteht, Br zugenommen hat, u. bet immer fleifigerer u. verftändigerer Bes 
nägung dieſes Reichthums würde es endlich in einen fehr blühenden Zufiand ges 
tommen ſeyn, wenn es nicht durch die kürzlich (1846) flattgefundene traurige 
Kataftrophe fo „gesalifam und fo weit zurüdgeworfen worden wäre. — Gehen 
wir auf den foctalen Verkehr im Innern des Landes, d finden wir ihn ebenfalls 
nicht An dem Zuſtande, wie er z. B. im weſtlichen Europa iſt. Indeß war er 
im heſten Gange, wenigſtens unter den Stammgenoſſen unter einander, bis ihn 
der Aufruhr flörte; daran aber fehlte e8 immer nody, daß ſich die angefehdlin, 
oder auch als Beamtete hereingefommenen, Deutfchen innig mit den Landeseins 
wohnern verfchmolzen hätten, wogegen aber Iehtere mehr anftrebten, wie erflere. 
Indbefonbere war u. tft es noch der Adel, u. zwar der niebere (die Schlachtigen) 
noch mehr, als der höhere, weldyer ſich durchaus mit den nicht 
jänzlich befreunden kann; weit eher gibt fich das mit dem Wolfe ı. es tk daſſelbe 
Ir unter allen ale u wo Polen haufen, den Deutfchen am wenigen abge 
neigt. — Durch Regul rung und refp. Aufhebung der Rabot, die in der nächfen 
Zufunft bevorfteht, wird ©, als ein von ber Yatır gefegnetes Land, audy zu 
einem wirllich wohlhabenden u. glüdlichen fich heranbilden. — BA. 

Galizin oder Gallizin, f. Galycin. ; 

Sal (Eriedrich Jofeph), geboren am 9, —— zu Tiefenbrunn im 
babifchen Dberamte foyb ver Sohn eined Krämers, ſtuditte bie -Mraneis 
kunde in Straßburg und Wien u. ließ fa an legterem Orte als praftifcher Arzt 
nieder. Bald machte er fidy vortheilhaft befannt, befonders durch feine „philofos 
a0 mentptnifche Unterfuhungen über Ratur u. Kunft im Franken u. gefunden 

des Menfgen" (Wien 1792), noch mehr aber- als Gründer der Ehe 


Glide.  . Lo 


Iehre (f. Kranioffopte), über welche er vom Jahre 1796 an Privaivorlefungen - 
hielt, „bis fie Ende des Jahre 4801. von der öfterreichifchen Regierung verboten 
twurben. 4804 verband fi) ©. Behufs der ferneren Ausbildung u, Verbreitung 
feiner Lehte mit Spurgheim cf. d.) u. trat 1805 mit demfelben eine grüßere Reife 
durch Deutfchland an, auf welcher er an vielen Orten Borträge über feine Lehre hielt 
u. derfelben theils Segeiferte Anhänger, theils heftige Gegner erwarb. 1808 ließver 
fich bleibend. in Parts nieder, u. beichäftigte fich neben feiner, befonders unter den 
Deutſchen ausgebreiteten ärztlichen PBrazis, mit Vorträgen über die Schädellehre, 
ſowie mit anatomifchen Arbeiten über das Gehirn, weldye zu den ausgegeichnet⸗ 
Ren auf diefem Gebiete gehören; 1828, den 23, Aug. farb er auf feinem Land- 
gute Montrouge bei Paris ©. hat ſich durch feine Entvetungen in der Anato- 
mie u. Phyfiologie des Gehirns bleibende Verdienſte um die Heilfimde erworbenz 
weniger gilt dieß von ihm als Gründer der. Schäbellehre, die unter feinen eigenen 
Händen von dem allein zum Ziele führenden anatomifchy:phyftologifche e ab⸗ 
wich u. durch Heranziehung des großen Publifums noihwendig immer iſſen⸗ 
ſchaftlichet werden mußte. — Seine Hauptwerfe find: Anatomie et physiologie 
du systöme nerveux (Par. 1810—20, 4., 4 Bde, mit 100 Taf., die er in Ber- 
bindung mit Spuriheim heransgab; ferner: Sur les fonclions du cerveau (Bar, 
1822—25, 8., 6 Bde.) überfept ins Englifche u, deutfch im Auszuge (Nürnberg 
1829, 8., u. 1833, 8.). E. Buchner. 

Galläpfel, Auswüchfe an Eichen in Folge eines Infektenfliches. Die weib⸗ 
liche Gallwespe bohrt nämlich in die Blattftiele oder Blätter ver Quergus in- 
fectoria Heine Locher und legt ihre Eier hinein, worauf fich jene Auswuͤchſe bils 
den und den Larven zum Aufenthalte dienen, bis diefe nach ihrer Verwandelung 
ſich durch die Mafle des G.s hindurchfteſſen Die Beften fommen aus Kleinaften, 
two fie vor dem Ausfriechen der Inſelten gefammelt werben (grüne ober ſchwarge 
©.); weniger gut find die weißen, aus denen das Infekt ſchon geltochen ift. 
Die füdeuropälfchen G. find nody geringer an Güte. je ©. von der. Quercus 
cerris auf den Infeln Griechenlands, in Ungarn, Mähren, Kroatien, Stavonien, 
haben eine eckige Geftalt und gelblid braune Farbe, Man Fennt fie unter dem 
Namen Knoppern. Die ©., aud die Knoppern, dienen hauptfächlid zur 
Tintebereitung, zum Schwarz» u, Türfifchrothfärben. Ihr mwefentlicher Beſtand⸗ 
theil ift die Gerb- oder Gallusfäure (40-45 8). Scheel flellte fie zuerſt 
dar; leichter Prouft, indem er auf zerftochene ©. waflerhaltigen Schwefeläther 
goß. Ste gibt mit Oxydſalzen einen ſchwarzblauen Niederfchlag. 

Gallais (Jean Pierre), geboren zu Angers 1757, lehrte vor der Revo- 
fution, ver er ſich flets feindlich zeigte, Philoſophie an einem Benedictinercolle⸗ 
gium. Im Jahre 1792 richtete er Ins Journal general gegen die herrfchende 
Partei u. gerieth durch feinen Appel ä la posterit6 (1792) wegen ver Hinrichtung 
des Königs auf 7 Monate ins Gefängniß, während fein Verleget unter, ver 
Guillotine bluten mußte, Hierauf befchäftigte ihn die Redaktion der Quolidienne 
u. des Censeur des journaux. Proferibirt, entzog er ſich 2 Jahre den Nach⸗ 
forfdyungen ber Terroriften u. fland 10 Jahre lange dem Journal de Paris vor. 
1820 zum eorafeflor an ber Rechtöfchule in Paris ernannt, Rarb er noch im 
gleichen Jahre. bat mehre, nicht unparteiifche Werke über die franzöffche - 

evolution hinterlaſſen. . 

Galand (Antoine), berühmter Drientalik u. Numidmatifer, geboren zu 
Rollot in der Picardie 1646, erwarb ſich auögebreittte Sprachfenntnifie, machte 
eine Reife in die Levante u. nach Konftantinopel, wide nad) feiner Rüdtunft 
Mitglied der Mademie der Infehriften, erhielt 1709 die Profefiur der arabifchen 
Sprache am Föntglichen Gollegtum zu Paris und flarb den 17. Februar 1715. 
Unter feinen Schriften u. Abhandlungen, welche meiſtens Gegenſtaͤnde der orien- 
taliſchen Literatur erläutern, find die arabifchen Maͤhrchen am befanntefen: Les 
mille et une nuits, oft gebruct Paris 1785, 5 Bde. 12., Genf 1790, 5 Bbe, 
12., anlegt Paris 1840. Deutſch ‚von I. H. Voß, Bremen, 6 Bde. 1781 & 


. © 


vod gas Gallen; 


Bon ©. iſt auch die »Hist, de a Sultane de Perse et des Visirs, Contestu res, 
fraduits sur original Turc de Chec-Zads.« Paris 1707, 12 Bve, 12, u. Les 
contes et fables indiennes de Pidpai et de Lokmann,« 2 Bde., Paris 1724; 
zulegt Parts 1840. 

Gallas, ein Bolt in Mittelafrifa, von negerartiger Bildung, braun ober 
ſchwarz und Ianghaarig; felt 1537 aus Balt hergefommen, hat es den Abyifi- 
lern die fhönften Provinzen entriffen, zählt jeht gegen 20 unabhängige, ſich oft 
Defriegende Stämme, u, iſt fehr roh. Einige Stämme finden am Bluttrinfen u. 
am Bemalen mit Blut Vergnügen, u. vertheidigen ſich mit Schilden von Och⸗ 
De Der Religion nach find einige Muhammedaner, andere Betifchverehter; 

je theilen fich in Bertuma- u. Boren-G,, jene wohnen weſtlich, diefe öftlich. 
Eine große Abibeilung heißt Edjou. 

Gallas, Mattdiah, Graf, aus einer, — aus dem trientiniſchen 
flamı Familie, geboren 1589, trat früh in Kriegsptenfte und machte den 
30jäh: Krieg beinahe ganz durch. Er war einer von jenen Generalen, denen 
der Kalfer den Berrbefeht vertraute, als Wallenſtein ſich mit des Kaiſers Bein 
den eingelaffen datte. Zm Ganzen war ©, ein unglücklicher Feldherrz man 
nannte ihn den Heerververber, Daß er dennoch die Schladyt von Nördlingen 
gegen zwei ſolche Feldherrn, wie Baner ımd Herzog Bernhard von Weimar, ge 
warn, beweiöt, wie viel im Kriege von —— u. der Elntracht im Eom- 

mando abhängt. Er flarb 1647 zu Wien. Die Familie Gallas erlofdy in der 
Mitte des 18. Jahrhunderts; ein Thell der Güter ging auf einen Grafen Glam 
über, deffen Nachlommen feither Clam⸗Gallas heißen. Matläth. 

Galle ift eine, aus dem Pfortaderblute durch die Leber abgeſchiedene, grüne, 
bitter ſchmedende, efeihaft riechende Flüffigfeit, die, fo lange re noch in der Le⸗ 
ber ſich bifindet, Heller tft, in der Gallenblaje dagegen, wegen der Auffaugung 
re Fülfgen Theile, dichter und grüner und von aufgelösten Schleime fäden- 
stehend wird, im frifdhen Zuftande alfolifch ift, beim Kochen nicht gerinnt und, 

bei gelinder Ste deftilirt, eine waſſerhelle Flüffigfeit gibt, die eigenthämtich fade 
riecht, durch Reagentien nicht geändert wird, felbft nach langer Deftillation bald 
fault, beim Grfalten fich trübt w. durch effigfaures Blei gefällt wird, Die Gall 
fammelt fi beim Menfchen im gefunden Zuftande in der Gallenblafe zu einer 
Unge u, mehr, u. ergteft fi) während der Verdauung tropfenweife in den Zmwölf- 
fingerdarm. Die bisherigen chemtſchen Analyſen der Galle eferten ein fehr in⸗ 
conftantes Ergebniß, weßhalb man noch zu Eeinen ficheren Anfichten über die Zus 
fammenfegung der ©. gefommen if. Als Hanptbeftandtheile verfelben find anzus 
ſehen: Bilin, die harzartigen Säuren, Gelinfäure u. Eholinfäure, die Berbinduns 
gen diefer mit Bilin und mit Natron und die Verbindungen mit feiten Säuren, 
elſäure und Margarinfäure mit Natron. Die Abfonderung der ©. tft in der 
Thierwelt fehr weit, fo zu fagen, allgemein verbreitet und eine für den Verdau⸗ 
ungsprozeß fehr wichtige Secretion, die übrigens bei den verfchiedenen Thierclaſ⸗ 
fen nicht mittelft ſtets gleicher Organe vor fi) geht. So haben mehre Thiere 
ar Feine Gallenblaſe u, manche Feine Leber. Wo jene fehlt, iſt häufig der Aus 
hrungsgang der Leber fehr erweitert, wie 4. B. beim Pferde; wo diefe mangelt 
wird die G. durch andere Gefäße auf der Oberfläche des Magens abgefchieben. 
Der Nugen der Galle befcht im Wefentlichen darin, die im Magen begonnene 
Verdauung im Darme (f. d.) vollenden, d. t. aus dem Speifebrei den Ehylus 
Mildfaft) bilden u. die unbrauchbaren Stoffe zur Ausfcheivumg fähig machen 
zu helfen. Die Gallenabfonverung if vielen kranihaften Störungen und die ©. 
felbſt mancher krankhaften Veränderung unterwotfen, welche ftet6 von mächtigem 
Einflufle auf die Verdauung, fo wie auf das gefammte animale und —2 
Leben find u. viele namhafte Kranlheiten hervorzutufen vermögen, u. 

Gallegos f. Balicten. 

Gallen, 1) Fluß-©., Knie-G., rundliche, meift unfchmerzhafte und elas 
Aiſche Geſchwuͤlſte in den Flachſenſcheiden u. Gelenltayfeln, melde fich verfchle, 


Gallen — Gihkcasifüre Kicche. 2 2 
ben laſſen (durchgehende ©.) ober unbeweglich find (feſtſizende G.). Ste hindern, 
hefonder® in den Flechfenfcheiden, den Gang und entfiehen in Folge ftarfer Ans 
trengung. — 2) Eine Krankheit bei den Pferden, in Kleinen Gefhwülften oder 
Blafen beftehend, die entweder Folge von Erfältung, Mißhandelung oder allzu⸗ 
xoßer Anftrengung find, — 3) Die fandigen und naffen Stellen auf Aedern, 
Sand, Naf-G. — 4) Bet Metallgußarbeiten, beſonders bei Gefchügen: Lufte 
Hafen, die ſich auf die Oberfläche des Metalls ſehen u. mehr oder minder große 
Bertiefungen bilden. Seitdem jedoch die Kanonen maſſto gegoffen, gebohrt und 
ibgedreht werben, finden nicht leicht mehr ©. ftatt (die vorzüglich durch die aus 
yem Kerne entwidelte Feuchtigkeit entftanden), weil jeht die Äußere Fläche hinweg⸗ 
genommen wird. 

Gallen St., fe Sanct Ballen. 

Galtenfieber, f. Galle u, gaftrifch. 

Gallerte (franz. gelöe), 1) thterifche oder ©. Stoffe, heißt der Haupibe⸗ 
kandtheil aller feſten Theile tbierifcher Körper, iſt im natürlichen Zuflande tin 
Baffer unlöslicy, wird ed aber durch Kochen. Beim Erkalten erſcheint fie als 
ine durchſichtige/ gäbe, geruch⸗ u. gefchmadlofe Maſſe. Man braucht fie «bet 
Bouillontafein) zur Bereitung von Fleiſchbrühen, zum Klären, zum Schlicht der 
Beber u. f. wi; Am beften wird aus Knochen bereitet, weldye man mehre 
Eage in Falte verbünnte Salgfäure legt: Die falzfaure Löfung wird dann auss 
yewafchen. — 2) Jeder did eingefodhte, beim Erkalten zur zitternden Maffe ger 
Ainnende u. durchfichtige Saft jchleimiger u, faurer Früchte, 4. B. von Johan⸗ 
ıiöbeeren, Himbeeren u, f. w., ober auch ein fehr concentrirter Abſud von tdlänz 
fchem Moos, durch Zufag von Süßholg oder Zuder wohlſchmeckendet gemacht. — 
Hitſchhorn⸗ G. wird aus einem halben 7% gerafpelten S ſchhorns mit 6 Waſ⸗ 
er fo lange gekocht, bis eine herausgenommene Prode beim Erkalten gerinnt 
Mit Eitronenfaft, Mandelfyrup, Zuder oder Gewürzen verfeht, dient fie als ein 
‚ehr nährendes u, flärfendes Mittel. 

Galetti, Zohann Georg Auguft, geboren zu Altenburg 1750, flubirte 
inter Pütter u. Schlözer (f. dd.) zu Göttingen u. lam 1773 ans Gymnaſtum 
u Gotha, wo er, nady Nieverlegung feiner Profefjur 1819, als Hofrath, Hiftorto- 
yraph u. Geograph 1828 ftarb. Seine zahlreichen Werfe über Geſchichte (Gotha's, 
E DBve., 1779 — 81; Thüringens, 6 Bde, 1782 —84; Deutfchlands, 10 Boe,, 
1787— 965 der Türfet_ 1801; des 7jährigen Krieges, 18075 Spaniens u. Ports 
yale, 3 Bde., 1809; Defterreiche, 1810; Frankrelchs, 1815 ıc.) find fleißig, aber 
—E gearbeitet, Brauchbar find feine oft aufgelegien, geſchichilichen 
tehrbücher. 

Galli, Fernando, f. Bibbiena, 

Gallicaniſche Kirche. Die katholifche Kirche iſt weſentlich eine, über alle 
Bändergrängen u, nationalen Verſchiebenheiten der Völker erhabene, ſichtbate, ors 
— gegliederte Gemeinfchaft, deren lebendigen Mittels und Einheitspunli der 

achfolger des Apoftelfürften, der römtfche Papſt bildet, Demnach Tann, richtiger 
Beife, von gallicanifher, frangöfifcher Kirche nie gegenfäptich zur allgemels 
ten, römifchen Kirche, fondern nur infofern die Rebe ſeyn, als die Fatholife 
Rirche in Frankreich ſich durch ihre befondere Gefchichte, Ihren Glanz u. manı 
itherfömmliche Gewohnheiten u. Gebräuche auszeichnet. Doch, in einem anderen 
Sinne wird gewöhnlich der Begriff der g. K. aufgefaßt. Man ſpricht von g. K., 
nfofern man der Fatholifchen Kirche in Frankreich beftimmte, ihre eigenthümliche, 
Freiheiten (libertös de Veglise gallicane) vindieirt. Diefe, höhnifcher Weiſe ſo⸗ 
enannten Freiheiten, eine reine Ausgeburt des Kirchenfeindlichen, proteftantifchen 
itorialprincips, zielen Insgefammt dahin, die Fatholifche Kirche Frankreichs 
von ihrem Oberhaupte zu trennen u. zu entfremben und fie, als Rattonalkirche, 
vem Gtante dienfibar au machen. Die g. K. im legteren Sinne if die Echös 
fung einiger, im Geifte des Broteftantismus bewußt ober unbewußi befangener, 
Poller u, Gtaatöjuriten. Sie erfreute ſich des befonderen Gchuges der Bars 


552 Gallicauus — Gallieismus 


lamente, welche, nach dem Ausdrude des Grafen von Maiftre, im 16. Jahrhun⸗ 
derte dem Proteftantismus, im 17. Jahrh. der Fronde u. dem Janſenlsmus und 
in den lehlen Zeiten ihres Beſtehens dem Philofophismus und Republicantsmus 
Huldigend, die abfoluten Hoheitsrechte des Staates immer mehr in dem Bereiche 
der Kirche auszudehnen fich beftrebten. Die zu Bourges im Jahre 1438 unter 
Karl VII errichtete „pragmatifche Sanction,” durch welche die Bafeler Decrete, 
fo welt fie für die Gründung einer Nationaltirche geeignet erfchlenen, für Frank 
zeidy in Anwendung gebracht wurden, bildet eine Hauptbeftimmung der g. 8. 
Daran fehlieft ſich der von dem Halbproteftanten P. Bithou am Ende des 16. 
Jahrhunderts verfaßte Traftat über die g.n Kn⸗Freiheiten, ein Werk, welches 
P. Dupuy im Anfange des 17, Jahrhunderts, mit Beweisftüden (mpreuves«) 
verfehen, wieber herausgab. Die Geiftlichfeit Ftankreichs hat ſiets dieſe fingirte 
. K. fammt ihren angeblichen Freiheiten auf das Entfchiedenfte bekämpft. Im 
Sapre 9 unterfuchten 22 franzöfifche Bifchöfe die oben-erwähnten Werke über 
Die gal chen Breiheiten u. erklärten darauf in einem Rundſchreiben an ihre 
Amtsbrüber: —— hat Jemand den Kampf geführt mit Grundſaͤhen, bie 
dem chriſtlichen Glauben, der —— Kirche, der kirchlichen Zucht, dem Heile 
des Königs u. des Reiches fo feindlich find, ais diejenigen, welche in jenen Wer⸗ 
Ten unter einem fo geiöpmeivigen Titel enthalten. find.” I Uebereinftimmung 
mit Fonoͤl on ſchreibt Fleury, man fönne einen Traktat über die Servituten der 
fchreiben, fo wie man einen Traftat über die Freiheiten derfelben abgefaft 
abe, u. an Belegen (preuves) würbe cd nicht gebrechen. Zwar trat im Jahre 
682 ein Theil der franzöfifchen Geiftlichfeit, der berühmte Boffuet an der Spihe, 
in einer. eigenen Berfammlung auf Berorbnung des, wegen des Streites über die 
fogenannten Regale (f. d.) gereizten, Ludwig XIV. zufammen, u, dem Willen des 
—2 Monarchen ſich fügend, unterzeichneten diefelben eine in 4 Artikeln ab- 
efaßte Erklärung über bie en der päpftlichen Gewalt, mit weldyer noch 
immer die Anhänger der gallicanifchen Irrlehre ſich brüften. Diefe Erklärung 
muß jedoch ald das Ergebniß einer augenblidlicdhen Täufhung und Berblendung 
angefehen werden, Bofuet felbft geftcht dem Gardinal von Eftrees, er verſtehe 
die Hreiheiten der g.n K. ganz anders, als die franzöfifchen Magiftrate. Die Er- 
Härung von 1682 hat Ludwig XIV. ſelbſt wieder aufgegeben, wie dieſes aus 
einem Schreiben defjelben an Innocenz XIL hervorgeht. Durch ein Senatus- 
Eonfult vom 17. Febr. 1810 hat Napoleon diefelbe wieder an das Licht gezo⸗ 
gen. Gbenfo hat er in den fogenannten organtfchen Artikeln vom Jahre X 
viele gallicanifche Marimen hinſichtlich des Berhältnifies der Kirche zum Gtaate 
wieder fanctionirt. Auch heute gibt es in Frankreich nody eine Partei von Pos 
Hitifern u. Staatsjuriften, welche, troß aller Veränderungen, weldye das Kirchen⸗ 
flaatsrecht durch die neueren Gonflitutionen erlitten, dennoch zähe an dem Phan⸗ 
tom der g.n K.n-Freiheiten fefthält. In der energifchften Welle hat jebody ber 
gefammte franzöffche Episcopat, nach dem Borgange des Garbinalerzbiichofs 
von Lyon, im Jahre 1841 die Anfichten diefer Partei verdammt, -Jon. 
Gallicanus, Heiliger u. Martyrer, hatte ſich als Confular durch feine 
Berdienfte die Bürgerfrone erworben und Rand bei dem Kaiſer Konfantinus in 
ger Gunft, Durch die helligen Johannes und Paulus zum chriſtlichen Glaus 
en befehrt, folgte er nach erhaltener heiliger Taufe dem heiligen Htlarinus nad) 
Dftia, wo er ganz der Hofpitalität und dem Krankendienſte widmete. WIE 
dieß bekannt wurde, flrömte aus der ganzen Umgebung eine Menge Menfchen 
herbei, um biefen 'eblen Mann zu fehen, wie er den Armen die Füße wufch, den 
Tiſch zurecht richtete, Wafler Über die Hände gos, die Entfräfteten forgfältigk 
bediente und jede andere Pflicht frommer Nächfenliebe erfüllte. Unter Zultanus 
dem Abtrünnigen hier vertrieben, gelangte er nach Wlerandrien, wo ihn der Statts 
halter Raucianus zwingen wollte, den Bögen zu opfern u., ais er dieß Randhaft 
verweigerte, mit dem Schwerte nieverftoßen 5 
Micismus, das Hinübertragen von Eigenthümlichkeiten der franzoöſiſchen 


Satin. m 


prache in andere Sprachen, beſonders In die lateiniſche und deuiſche. Vergl. 
ich den Art, Gräcismus. h . 
Gallien, bei den Alten der Stamm des jepigen Branfreihs.cl, d.). Cär 
r gibt als Gränzen den Rhein, die Alpen, das Meer und die Pyrenden am 
de Gallier waren ein celtifches Bolk; vor Ankunft der Römer: wilde, ganz uns 
oitifirte Menfchen, die in eine Menge Heiner Stämme: zeifielen u. eine, Art von 
ıtriarchalifcher Berfaffung hatten, Ihre Sprache Hang rauf u. hartz ein Frem⸗ 
x konnte die Wörter iaum nachſprechen. Ihre urfprüngliche Religion war wahr 
)einlich ein reiner Deismus; fie hatten ein höchſes Wefenz bie Helden, die ihre 
agen verherrlichten, wurben als gottähnliche Heroen verehrt; der, Cichenwald war 
r Tempel, die Barden fangen dort während der Opfer hehre Lieder. Aber: diefe 
afache Religion hatte fich bald verloren; aus dem Einen Gott waren zahlreiche 
gen eniftanden, die Heroen wurden felbft in Götter verwandelt, ein Priefter⸗ 
md, die Druiden (f.d,) hatte fich geblidet, u. mit ihm war Zauberet, —A 
tpfterienfram eingewandert. Die Gallier lebten höchſt einfach von ichs 
ht, Jagd, Fifchereiz noch Fannten fie die Rebe nicht, und eine Art Bier, aus 
erfte gebraut, war das einzige Getränk, welches, neben. dem Waſſer, Bornehme 
Geringere genoffen. Eben fo einfach waren fie in der Kleidung. und in ber 
tohmung; doch hatten fie ihre Hütten neben einander, u. ſchon waren fie in den 
ſellſchaftlichen Zuftand eingetreten, als -fie mit dem Auslande. befannt wurben, 
ufer biefem eigentlichen ©. hatten die Römer noch ‚Gallia.cisalpina, welches 
18 jeige Oberttalien, Savoyen ausgenommen, nebft einen. Theil vom heutigen 
ytol u, Krain, u, von Mittelitalien Ferrara, 83 u. Romagna umfapte, 
as von Fremdlingen befegte Land. machte in den Augen des Älteren Römer 
inen Theil Italiens aus, fondern hieß &,, weil Gallier e6 bewohnten, u. zwar 
eisalpina oder G. citerior, um ‚ed ‚von dem wenig. befannten, großen, eigentli 
en ©. jenfeits der Alpen zu unterfchelven. Nach Eroberung von G. eisalpina 
gen es die Römer noch nicht zu Italien (mas erft Auguſtus that), fondern bes 
indelten ed ald eine vom Prätor verwaltete (daher-G, quaestoria) ‘Provinz, be⸗ 
bten e8 aber mit Lateinern (bie die Toga trugen), weßhalb G, cisalpina audy 
togata hieß. Die Gallier in G. eisalpina jenfeits des ‘Badus blieben ald rö- 
ſche Unterthanen in ihren Sigen, u. ihr Land hieß fernerhin das Land der Ins 
brer, Genomanen, wurde aber mit einem gemeinfchaftlichen Namen: als G, 
anspadana bezeichnet, unter welchem Namen zugleidy die weftlichen Striche in 
iemont bis an die Alpen mit begriffen wurben; das —— geisgene G. cisal- 
na dagegen hieß GC. cispadana, Das eigentliche große G., jenfeits der Alpen, 
eß dagegen G. transalpina (G. ulterior, G. comata). Die Römer eroberten die 
dige Provence und die Dauphins zuerft und nannten die Provinz ae auds 
»ießlich Provincia oder G. provincia. Das übrige ©. theilt Gäfar in-G. cel- 
2, G. aquitanica u, G. belgica. Auguftus unterfhled noch — nach dem 
ufe der Flüſſe, der Vertheilung in Legionen u, den hauptfächlichften Unterſchei⸗ 
ingögeichen. Die Küfte des. mittell möifihen Meeres (Languedoc, Provenge, Dau⸗ 
ino), erhielt die Provinclalbenennung von Narbonne (Aquitanien), G. narbon- 
ısis, (G. romana, G, braccata). G. aquitanica erftredte ſich von den Pyre⸗ 
ien bis an die Loire; das Land zwifchen der Loire und Seine wurde das cel⸗ 
he G. genannt u, entlehnte bald darauf den Namen G. Iugdunensis von der 
»lonie Lyon. G. belgica lag öſtlich der Seine und hatte in älteften Zeiten den 
bein allein zur Gränge; furz vor Gäfard Zeiten aber hatten die Deutfchen einen 
fehnlichen Theil von Belgien weggenommen; daher gaben die römifchen Et⸗ 
erer der Gränze G.s von Bafel bis Leyden den prunfenden Namen Ober⸗ u, 
leder-Deutfchland, (Germania superior u. inferior), Gratian theilte ©. in 17 
tovingen, nämlich; Narbonensis prima, Narbonensis secunda, Alpes maritimae, 
pes viennenses,. Alpes grajae et penninae, Novem populana, Aquitania 
ima, Aquitania secunda, Lugdunensis prima, Lugdanensis secuada, Lugdu- 
— Germania 


msis terlia, Lugdunensis quarta, Belgica prima, ion sovunda, 


‚554 Galtienns— Gallen, 


superior, Germania inferior u. Maxima Sequanorum, Diefe Eintheifung beftand, 
BI8 die Römerherrfepaft ihr Ginbe erreicht Hatte, 

Gallienus CB. Lictnius), römischer Kalfer, Sohn und Nachfolger des 
Kaiſers Balerianus, 259 v. Ehr., Anfangs Triegerifch, heinach aber Auferft aus 
ſchwelfend und unglücklich. Nicht weniger ald 30 Thronbewerber Fämpften um 
diefe Zeit um bie errfapaft des Reiches und vermehrten die Drangfale, welche 
daſſelbe von allen Seiten ängfligten, mit allem Giende ver Bürgerfriege. ©, 
wurde im Jahre 268 von feinen eigenen Soldaten ermordet. Bergl. Aurel, Vict, 
Caes. 33 u. epit. 33 Eutrop. 9. 6. Trebellius Pollio in vita, 

Galimathias, auch Galimathias, verwirrter Wortſchwall, unfinniges Ge⸗ 
ſchwaͤh, tft in feiner Wurzel u. Bildung nicht Mar. Campe erzählt, Rothe 

jemeinnügige® Lericon verweiſend, ein franzöffcher Bauer, Namens Matthias, 
‚abe einen Rechtohandel über einen Hahn (gallus) gehabt, Sein Anwalt, ber 
jetne vor Gericht, umd zwar Stute der Zeit gemäß, in lateiniſchet 
Sprache geführt, habe fidy einige Male verfprochen u, galli Matthias flatt gallus 
Matthias geiapt, Da dieß feinen vernünftigen Sinn gegeben, fo habe man dieſen 
Ausprud in der Folge gebraucht, um damit einen finnlofen Bortrag zu bezeichnen, 
Schmitthenner u Schwend fuchen dad Wort auf eine deutfehe Wurzel zus 
rüdzuführen, Jener erinnert an das althochdeutfche lallari —⸗ Schwaͤher, diefer dentt 
an das althochveutfche göllan u. an das altnord. galan = tönen, fingen, einen 
Laut von ſich geben u. an das italien. matto — nartiſch. Etwas re Wahr 
fheinlichfeit findet Schwenck in einer Bildung aus Borfylbe Ges (früher 
auch Ga-) u. dem Zeitworte limmen — brüllen, fnurren, retfchen, ſchteien. Doch 
auch dadurd) iſt das Wort noch nicht erklärt, namentlich in Berug auf die Ens 
ding —tas. Teipel glaubt, dieſes — ta 8 Fönne veffelben Namens feyn mit 
der lehten Sylbe in Dolmetfch, was fehr bezweifelt werden muß. *. 

Gallo (Marzio Maſtriiti, Marquis von G), aus Neapel, während 
des ftanzðſiſchen Revolutionskrleges neapolltaniſcher Geſandter in Wien, ſchlug 
aber 1795 die Stelle eines Premierminiſters aus, unterzeichnete in Neapels 
Namen 1797 den Frieden zu Campo Formio, war audy bet den Unterhands 
fungen mit Franlreich von 1798 —1800 thätig, wurde Napoleon befannt und 
bet ihm beliebt. 1802 ging er als neapolltaniſcher Gefandter zur italleni⸗ 
Then Republif und von da nach Frankreich, unterzeichnete 1805 einen Ber 
trag mit Frankreich wegen der Räumung Reapels von franzöfifchen Truppen u, 
nahm nad) der Landung der Ruffen und Engländer in Neapel feinen Abfchied. 
Bei Joſeph Bonaparte's Throndefteigung ward er Minifter des Auswärtigen, 
unterzeichnete 1814 den Alllanztractat mit Defterreich und England und diente 
Murat treu. Er lebte nun bis zur neapolitanifchen Revolution als Privatmann u. 
ward 1820 wieder Minifter des Auswärtigen bei Ferdinand VI. Gpäter zum 
Geſandten in Wien beſtimmt, wurbe er zu Klagenfurt durch ein Haudſchreiben 
der Metternich, das ihm anzeigte, er Tönne keine Wubienz beim Katfer 
finden, aufgehalten, kehrte nach Bologna zurüd, begleitete aber fpäter_ben König 
von Neapel zum Eongreffe von Lalbach. Rad dem Ginrüden der Deferreicher 
in Neapel zog er fich zurüd und Rarb 1833 zu Reapel. 

Galomanie, die übertriebene Borliebe für alles Franzöſiſche, die ſich in 
Deutfchland namentlich zur Zeit Friedrichs des Großen und während ver Ra 
en Hertſchaft auf eine bald höchſt Tächerliche, bald höchſt bedauerliche 

eife zeigte, : 

Gallon, in England das einzige normale Hohlmaß für alle trodene una 
füffige Dinge: fein gefelicher Inhalt iR: 10 Avoir-du-poids- Waſſer bei 
2° Bahr. s, und 30 Zoll Barometer» Stand. Man hat demnach 277,274 engl. 

Eub. Zoll 1. & 4 Duarts a 2 Pints; 2. —=1 Ped; 8 G.— 1 Bufhel; 
8 Buſhels — 1 Quarter. Für trodene Subſtanzen aber, die beim Meſſen nicht 
g , fondern gehäuft werben, hat man 1 Sad — 3 Buſhels; 12 Sads 
= 1 Epalbron (ehemals 4 Buſhels — 1 Tom). 


Salon Gauns. En 


Gallopagos, Onfelgrunpe von 15—20 Inſeln tm Auftralsgean, unter 
yem Aequator, an Columbla's Weftküfte; fie find vulkaniſchen Urfprunge, haben 
irennend heißes Klima, Trinfwafler nur im Innern, find arm an Vegetation, 
jaben nur {m Innern einiger Infeln Bäume, von Säugethteren nur mit Schiffen 
yergefommene Ratten u. — aber mehrere Arten ſonſt nirgendo vorlommen⸗ 
ver ut. noch unbelannter Vögel, dagegen zahlreiche Eidechfen, langen u. Sees 
1. Landfehildfröten, die bis 200 Afınb wiegen und oft von Reiſenden getödtet 
verden, um das in ihrer Blafe befindliche Waffer zu trinken, Die größte Inſel 
ſt Aldemarle, 75 englifche Meilen Tang, mit mehren noch thätigen Bulkanen, 
— Am nördlichen Ende der Karlsinfel oder Floriana befindet ſich die 
Eferben mit einem guten Sandungsplape u. einer Berbredyer-Eolonie, f. u. 
Die ©. wurden von den Spaniern im 16. Jahrhunderte entdedt, von benfelben 
ıber bald wieder verlaffen. In der Folge wurden fie, aber immer nur auf kurze 
— von Freibeutern, Wallfiſchfängetn u. Handelsleuten beſucht, bis 1832 der 

orbamerifaner Bilamill bier eine Golonte gründete, die, befonders durch polls 
8 Verbrecher yon Gulto aus vergrößert jeht ungefähr 400 Köpfe zählen mag, 
die ſich vom Baue der Kartoffeln u. Bananen, ſowle von Schilvfröten, wilden 
Schweinen u, Algen nähren. 

Galus, 1) Fuc. Corn, aus Gallien gebürtig, —— von Aegypten 
anter Auguftus, wegen deſſen Ungnade er ſich jelbft entleibte im Jahre 27 v. Ehr., 
Hin Fremd Vir gils, der feine zehnte Efloge am ihn richtete. Er war einer der 
jfüdlichften Dichter in der Elegie, nur von minder gefälligem Ausdrude, als Tir 
datt und Properz. Seine Gedichte find aber verloren gegangen; denn bie 
echs Eleglen, die man ihm zuweilen beilegt, find gewiß nicht von ihm, fondern 
don einem fpäteren u, geringeren Verfaſſer, wahrfebeinlich dem Cornellus Marts 
mianus ©,, der unter mafafus um 550 n. Ghr. lebte. Sie fiehen in verſchie⸗ 
denen Ausgaben der drei vorhergehenden Elegilet und find zu Benebig 1501, 
4. eingelm gedruct. Eine andere, von diefen verſchiedene, dem Cornelius ©. beige 
legte, Eegle ſteht im dritten Bande der Wernsdorffchen Sammlung Hefnerer 
fateinffcher Dichter. — 2) G. Bitius Trebontanus, römtfcher Kalfer, war 
anter Derius Statthalter in Möften und wurde nad) deſſen Tode, an dem er 
die meifte Schuld hatte, 251 Kaifer, Er erfaufte den Frieden von den Gothen 
and verfolgte die Chriſten. Die Soldaten tödteten diefen üppigen Regenten und 
Br Sem Zotuflan, den er zum Mitregenten angenommen hatte, 23. — 9 

., 1. Häne! 

u 6 der Heilige, um das Jahr 560 von abeligen ımb frommen Eltern 
geboren, die ihren Sohn ſchon in feiner Kindheit Gott aufopferten und den Or⸗ 
densgeiſtlichen des Kloſiers zu Bencor übernaben, um ihm eine chriftliche Erziehung 
yu fihern. Er batte das Glück, unter die Aufſicht des heiligen Columban (f. d.), 
eine6 Mannes von hoher Tugend, zu treten, machte durch dieſen hellſehenden 
Meifter ſowohl in der Frömmigkeit, als auch in den MWiffenfchaften, vorzüglich 
ba Stublum der heiligen Schrift, fo beventende Fortfchritte, daß er fehr bald die 
ſchwerſten Stellen ausaufegen und in ben verborgenften Sinn einzubringen vers 
tand. — Rach der Einfleivung mußte er, dem Willen feiner Oberen gemäß, bie 
heiligen Weihen —— aber feine Demuth ſträubte ſich fehr dagegen, weit 
re ſich für viel zu unwürbig hielt, um auch nur zur geringften Ghrenftufe in ber 
Lirche zu gelangen. — Alẽ der heilige Golumban Irland verließ und mit zwoölf 
Möndyen nach Frankreich reiste, um daſelbſt in gänzlicher Abgefchtevenheit zu 
‚eben und das Moͤnchs⸗Inſtitut fortzapflanzen, nahm er nnter dieſen Zwölfen auch 
ven G. mit fidy; er felbft aber A ipälet nah Stalien. — Als fein Abt und 
Heißer diefe Reife antrat, war @. frank, weßhalb er ſich nad) Arbon, einem, unweit 
»es Konſtanzer⸗Sees gelegenen, Flecken zu einem tugenphaften Priefter, Namens 
Billimar begeben, der ihn während feiner langen Krankheit mit großer Liebe 
pflegte. Nach twiedererlangter Gefundheit erfundigte ſich ®.: ob tn diefen Ge 
genden ein abgelegener, einſamer Ort fei, in welchem er ſelne Woatnung mia 


ii u. Gola. on 


gen Fönne, um bierübrige Lebenszeit in der Ginfamfeit, abgeſchleden von allem 
menfchlidhen Umgange, in Buße u, Stillſchwelgen zuzubringen. Bon Iltibold, 
einem Diaton Wilimars, erfuhr er nun, es gäbe zwar einen foldyen, feinem Bor 
haben eutfprechenden Ort, doch hielten fi) Schlangen und andere wilde Thiere 
darin auf; die N ihn indeß nicht ab, mit Iltibold Dimaunehen, Bei ©. Ans 
lunft entjlohen die Schlangen und andere Thlerez der Heilige erfannte fogleich 
aus göttlicher Einſprechung dieſen Platz als den ihm vom beftimmten 
Wohnort; er richtete demnach ein Kremz auf und feste dafelbft fein bußfertiges 
Leben er: Der Ruf feiner Helligkeit zog bald einige Jünger zu ihm, bie unter 
feiner Reitung flehen und ſich durch die Befolgung feines Beifpield der ewigen 
Seligteit würdig machen wollten. — Inzwiſchen befand ſich der Herzog Gunzo, 
Beheirſcher dieſes Lanpftriches, in größter Befürzung, weil feine Tochter Tidis- 
burg von einem böfen Geiſie arg gepeinigt wurde. Obgleich zwei Bifchöfe, die 
eigentlich gefommen: waren, um fie von diefem Uebel zu befreien, vergebens ihre 
Beſchwoͤrungen vorgenommen hatten, fo eg der Herzog dennoch, der Heilige 
Gotied werde ihm durch fein frommes Gebet zur gepünfehten Gnade von Gott 
verhelfen können; er ließ ihn daher durch Willimar dringend bitten, feine Tochter 
zu beſuchen. ©. Fam zu ber Befeflenen, betete für fie, legte feine Hände auf ihr 
‚aupt und befreite fie von dem böfen Geiſte. Der hoch erfreute er0B bot dem 
eillgen reiche Gefchenke, der fie aber bloß für den Zweck annahm, die Armen 
des dleckens Arbon damit zu unterftügen und. in feiner Einöde eine Kleine Kirche 
u Ehren der heiligften Jungfrau, deren befonderer Verehrer er war, zu. bauen, 
Um bie Kirche eißten ſich zwölf enge Zellen für feine Schüler, denen er bie Res 
gel des heiligen Golumban zur genauen Befolgung vorfchrieb, — Dieß war der 
tfprung der fpäter fo berühmt gewordenen Ablel St, Gallen und der Stadt 
gleiches Namens. — Durd) den Tod des Biſchofs Gaudenz von Konſtanz war 
der bifchöfliche Stuhl daſelbſt erledigt; da fich nun mehre Bifchöfe aus der um- 
Legenden Gegend in Konftanz verfammelten, um für einen fo bedeutenden Spren- 
gel einen neuen Hirten zu wählen, richteten fie ihre Blide auf den heiligen ©, 
den der Herzog Gunzo dahin berufen hatte. Geiftlichfeit u. Voll baten ihn ein 
müthig, ihr Führer zu werben; fo fehr aber auch Gunzo, die Sildöfe und alle 
Uebrigen dephalb in ihn drangen, war es dennoch unmöglich, feine Demuth zu 
befiegen ;_er verweigerte ftandhaft die Annahme diefer Würde, Eben dieſe Demuth 
und Gntfernung von jeder ehrenvollen Stelle einer Obrigkeit zeigte der Heilige, 
als die Mönche aus dem Klofter zu Lureul, nach dem Tode ihres heiligen Ab⸗ 
tes Eufaflus, ©. zu Ihrem Abte erwählten und ſechs aus ihrer Mitte zu ihm 
fendeten, um ihn zu bewegen, die Yührung ihres Kloſters zu übernehmen. — In 
diefer Erniedrigung, Buße und Selbfiverläugnung bradyte der Heilige alle feine 
noch übrigen Lebenstage zu; er heiligte ſich feldft und arbeitete zugleich an der 
geiloung der wenigen üler, die der Herr feiner Sorge anvertraut. hatte. 
ein frommes Belipiel trug eben fo viel, als feine Lichtvollen Unterweifungen, 
dazu bei, daß fie ſtandhaft auf dem ſchmalen Wege der Buße und Abtöbtung fort- 
woandelten, den fie für die Erlangung der himmll dan Glotie gewählt hatten. — 
Der heilige ©. war ſchon hochbetagt, als ihn Wilimar zu einem hohen Feſte, 
das man in Arbon feierte, einlud. Der Heilige erſchien, predigte am Feñitage 
dem Bolfe mit vielem Gifer, wurde aber bald darauf von einem heftigen Fieber 
überfallen, da® feinen, durch Hohes Alter und unaufhörliche Bußwerfe ohnehin 
ganz erfchöpften, Körper vollends aufrieb. Gr vertaufchte, beiläufig neunzig Jahre 
“alt, das irdiſche Leben mit der Ewigkeit des Baradiefes im Jahre 646 am 16. 
Det., an weldyem Tage auch die Kirche fein Gedaͤchtniß feiert. 

Galmei (cadmia), Gattung aus der Gruppe Zinf bei Leonhard; Sippe 
aus den Beuerhalben bei Dfen; Art aus der Gattung Zint-Baryt bei Mobs, IR 
Tohlenfaures Zink, enthält 64 Zink, 23 Kiefel, etwas Waſſer; if härter als Fluß⸗ 
fpath, hat gelblich grauen Strich, wiegt 34, fchmilzt am Lichte, braufet mit Sal⸗ 
Peter» Shure, erſcheint nierenförmig aufgehäuft, wit Heinkörnigem, unebenem 


Galt — Galvanismus. 557 


Btuche, Perlmutterglanze, grau, gelb, grüm, braun, In elgenen Floͤen In Kaͤrnthen, 
Ungarn, 1.2.0. 9a — es IH Bereitung des Meffings. 

Galt Gohn), geboren 4779 zu Irvine (Myrfhtre), Anfangs Kaufmann, 
nady einer Reiſe in die Levante (beſchrieben London 1812) Agent in Gibraltar 
und Amerika, wandte ſich dann ganz der Literatut zu und leifiete, befonders im 
Fache der Banden Erzählung aus dem ſchottiſchen Leben, Ausgegeichnetes. 
Seine Gedichte erſchienen 1833; —8 früher hatte er das Leben des Cardinals 
wei Benjamin Weſt's und Byrons gellefert. Er ftarb 1839 zu Greenod. 

aluppi (Balthafar), berühmter italienifcher Gomponift, von feinem Ge 
burtsorte Buran, einer venetianifchen Infel, Buranelle genannt, war geboren 
1703, ftudirte die Mufif zu Venedig. zeichnete ſich bald als @lavierfpteler u, &ompos 
niſt ruhmvoll aus. Lange war er faft der einige Befiger der italienifhen Theater 
u. wirfte zu Venedig als Capellmeifler von St. Markus u. dem Conservatorio 
dell ineurabilli, bis er 1765 einem Rufe als Faiferlicher Obercapellmeifter nach 
St. Petersburg folgte. Er fehrte aber 1768 zu feinen Aemtern nach Venedig zus 
rüd, componirte noch fm Alter mit jugendlichem Feuer und ftarb 1785. Seine 
Opern, etwa 50 an der Zahl, gehören größtentheild zur komiſchen Gattung, zw 
welcher ſich fein Talent beſonders neigte, und worin er fi durch hervorſtechende 
Gemälde und drollige Einfälle allgemeinen Beifall zu erwerben wußte, Doch fehlt 
es auch feinen ernſihaften Opern und Kirchencompofitionen nicht an feurigen und 
ausbrudsvollen Arten u. Chören, 

Galvani (Aroifto), berühmter Arzt u. Phyſiler, geb. zu —— 1737, 
Audirte mit Erfolg die Arznettoiffenfchaft, Ichrte die Anatomie an ver Univerfität 
feiner Baterftabt, erwarb ſich als Geburtshelfer allgemeine Achtung, erlangte aber 
eine ausgebreitete Gelebrität, als er 1791 die tbteri e Gleltrichtät (Galvanis- 
mus ſ. d. genannt) entdeckte. Auf diefe Entdeckung ſoll ihn eine Krankheit feiner 
Satıin geleitet haben. Der Arzt Hatte ihr vorgefchrieben, Brühe von gefottenen 
Fröfchen zu trinken. G. bereitete fie felbft zu u. bemerkte, als er den Fröfchen die 
Haut abzog u. fe berührte, eine unfreiwillige Bewegung, die ihn dann auf feine 
Theorie führte, welche allgemeine Senfation erregte und zu merfwürbigen Unter 
ſuchungen und Beobachtungen Bolta’s, Aleranders von Humboldt, C. W. 
Ritters u. A. Beranlaffung gab. Er ftarb 5. Dec. 1798, 

Galvanismus nennt man jene Art von Eleftricität (f. d.), welche durch 
Berührung zweier ungleichartiger Körper, 3. B. zweier verſchiedener Metalle, ers 
tegt wird u. die von Galvani u. Bolta zuerft enivedt u. beobachtet wurde. Im 
Jahre 1789 fand nämlidy Aloyfius Galvani, Profeſſot der Medizin zu Bologna, 
daß Froſchſchenkel, die er zu mediziniſchem Zwecke präparirt u, mittelft Heiner, kupfer⸗ 
ner Haden an einem eifernen Baltengeländer aufgehängt hatte, in lebhafte Zu— 
dungen geriethen. Diefe Erfcheinung ließ den fcharffinnigen Beobachter ein neues 
Prinzip erfennen, u. feine Mitiheilungen hievon, die bald über ganz Deutfchland, 
Sranfreidy u. England verbreitet wurden, gaben Veranlaffung genug zu den mans 
nigfachſten Wiederholungen der gemachten Verſuche. Galvant glaubte, eine be- 
fondere Rervens ader Beneflüffgfeit annehmen zu müffen, durch welche dieſe 
Zudungen der ihlerifchen Theile hervorgebracht würden, und biefem gedachten 
Fluidum wurde der Name "galvanifde Slüfftgkett“ beigelegt. Alexander 
Bolta, Profeffor zu Pavia, war in damaliger Zeit der Einzige, welcher ver Ans 
fit Galvant’8 nicht beiffimmte, da er nämlich durch unermüdete Aufmerkfamfelt 

den wiederholten Berfuchen bald zu der Entdeckung „geführt wurde, daß nicht 
von einer thieriſchen Flüſſigleit diefe Wirkung bevingt fet, fondern daß die hiebet 
benügten Metalle von verfehlebener Art feyn muͤſſen. Bald ftieg die Lehre diefer 
Glektrictät zu einem ber wichtigen Zweige der Phyſit, u. in meuerer Zeit wer⸗ 
den von den galvanifchen Kräften, beſonders in techniſcher Beziehung, die erfolge 
reichten Anwendungen gemacht. — Eine Zufammenftellung zweier ungleidyartiger 
Elemente (4. B. Metalle), weldye durdy ihre Berührung Glektricität (daher audy 
Berührunge- oder Contaci⸗Gleltiicitath erzeugen, nennt man eine einfache gab 


38 Galvanismus, 


vanifhe Kette, u, ihr Vermögen, Elellricität zu erregen, ihre ‚eleftrommtos 
rifhe Kraft, jene Elemente oder Leiter ſelbſi aber die Elektromotoren. 
Wenn man die Zunge pwiſchen eine. Zinf- u. eine Kupferplatte, oder auch zwi⸗ 
fo eine Silber» und Kupfermünge, die etwa von der Größe eines Kronthalers 
nd, Iegt u. beide Metalle an ihren hervotſtehenden Thellen mit einander, berührt, 
0 wird man ein eigenthümliches Gefühl u. eben fo einen Gefchmad wahrnehmen 
xingt man zwei foldhe Platten, iſollit angefaßt, mit einander in Berührung u, 
trennt fie aldbald wieder, fo zeigen beide geringe, durch den Gondenfator nach⸗ 
weisbare, Mengen Eleftricität von entgegengefegter Art, und zwar bie te 
pofttive (=), die Kupferplatte negative (—). Die Stärke u. Art der, 
welche jeder ber beiven Körper dürch Berührung annimmt, tft bei 
Körpern auch verſchleden. Hiefür wurde eine eigene Reihe (Spannungsreihe) auf: 
eftellt im nachftehender Weife: Zink, —— Dei, Zinn, Eiſen, Stahl, — 
g, Kupfer, Kobalt, Wiomuth, Antimon, — Chrom, Silber, Ridel, Du 
(ber, Gold, Platin, Kohle. — Das Zinn nimmt in —53 mit ‚allen übris 
gen bier genannten Elektromotoren + Eleftricität auf, u. ift demnach von allen 
der eleftropofitiofte; Kohle dagegen, die mit allen übrigen — Eleftricität aufe 
— hier der allernegativſie die übrigen Leiter zeigen ſich eleltropoſitiv ge⸗ 
ven alle nach ihnen, u. eleftronegativ gegen alle vor ai aufgeführten Elemente, 
die elektriiche Spannung von. 2 Gieftromotoren. ift aber um ſo größer, je ent 
fernter fie in der eleftrifchen Spannungsreihe von einander ftehen. Durch Tem: 
jeraturerhöhung, durch Anlaufen der Metalle an ihrer Oberfläche u. ſ. w. ändert 
is dieſe Spannungsreihe auffallend. Die Menge der galvanifchen Elektricität 
läßt ſich dadurch werftärfen, daß man größere Platten zufammenbringt, oder daß 
man mehre Plattenpaare fäulenförmig auf einander fchichtet, wobei man zwifchen 
jedes Paar einen angefeuchteten Leiter, 3. B. eine Scheibe aus Pappe oder Fi 
bringt. Durch die Leitung wird dann die in jedem Blattenpaare erregte Gleki 
eität von ber ganzen Säule fortgeführt u. an den Enden aufgehäuft. Diefe Ein- 
richtung wurde von Bolta vorgeſchlagen und nach ihm VBolta’fhe Säule ge 
nannt, Um noch größere Mengen von Eleltricität zu erzeugen, bildet man auch 
aus den Gleftromotoren breite, zum Theile umgebogene Platten, welche man in 
vieredige, nicht leitende Kaften (Tröge, daher Trogapparat) flellt; oder 
man bildet fie im Eylinderform (Grovifhe Säule) u. fs w. Wird nur 
das hervorragende Zink» und Kupferende einer ſolchen Vorrichtung durch 
einen leitenden Draht in Verbindung gebracht, fo bilvet ſich ein fortwährender 
eleftrifcher Strom (galvantfcher Strom), u, man nennt unter folchen Berhältniffen 
die Kette geichloffen. ill man mehrere Binfacdhe Ketten der befchriebenen 
Art zu einem einzigen galvanifchen Apparate vereinigen, fo kann dieß auf zweierlei 
Weiſe gefchehen, indem man entweder alle Zinfenden u, Kupferenden unter ſich, oder 
das Zinfende der erfien einfachen Kette mit dem Kuferende der zweiten Kette, 
das Zinkende diefer mit dem Kupferende der dritten Kette u, ſ. w. verbindet, 
Solche Zufammenftelungen werden zufammengefehte galvaniſche Ketten 
oder Batterien genannt, Das Zink⸗ u, das Kupferende, ſowohl von einfachen, ald 
von zufammengefepten Ketten, werben die Pole genannt, u, bildet erfleres den negas 
tiven, lehteres den pofitiven Pol; mur bei der eigentlichen Volta'ſchen Säule ift 
die Lage der Pole van Die Wirkungen der galvantihen Ketten find: 
4 Bhyftologifhe Wirkungen. Berührt man die beiden Pole mit den 
Cbefeuchteten) Fingern, fo wird man fortwährende elektrifhe Schläge empfinden, 
die beim Berühren u. Loslaſſen befonders heftig find. Bei abgeftorbenen thieri⸗ 
gm Körpern werben, wenn der eine ‘Bol mit dem Magen, der andere mit den 
usteln in Berührung kommt, ftarfe Zudungen u. Bewegungen hervorgebradit, 
2) Phyſikaliſche Wirkungen. Wenn ein dünner Metalvraht mit den beiden 
Polen einer Säule in Berbindung gebracht wird, fo wird er ſich alsbald erhihen 
bis zum Roibglühen, mandmal auch ſchmelzen und verbrennen. Wird biefer 
Besbinbungebzaht anf eine Heine Entfernung unterbrochen, fo Arömt an Diefem 


Galvanographie — Galvanoplaſtik. 559 


u 4 

Bunte bie Elektricität: in Geftalt: —— * Chemi 
Wirkungen (fiche a et u 4) — Beten en 
diehe Elektromagnetismus). Da die galvanifhen Apparate, deren jehr 
le u. von ben verfchtevenften Ginrichtungen vongefchlagen wurden, meiſt nad) 


einiger Zeit Wirfung verlieren, und daburch, daß das Zink an feiner 
denk die Flůſſigleit orybirt Die, fo Zambont eine trodene 
alvantfhe Säule von Platten aus Gold» und Sitberpapier, bie auf der 
— flebht find. Es find gegen tauſend ſoicher Plattenpaare 
not 
t. 


um einige ng hervorzubringen, die indeß immer ziemlich: ſchwach 
Säulen behalten, im günfigten Falle ihre Wirkfamfeit gegen 15 
Jahre. Bolta's Hypothefe, deren. hier nicht weiter gedacht werben fann, hat 
Diele Ani ungen, beſonders in neueter Zeit, erlitten, Man vergleiche, die 
Artifel Gleltr! » Galvansgraphie, Balvanoplaftif ıc. ferner: „Gefdichte des 
Galvanismus“, von Trommödorf; „Die palaaniigge Kette” , von Ohm; „Lehr⸗ 
buch des Galvanismus u, der Eilektrochemie”, von Fechner; dann von demfelben, 
Maßbeſtimmungen über die galvanifche Kette, Auch von Dany, Ritter, Pohl 
u Pfaff find ausgezeichnete derartige Abhandlungen erfchlenen, aM. 
vanograpbie heißt die, von dem Profefior Franz von Kobell erfundene 
2. benannte Kumft, in Tufchmanier gemalte Bilder oder Zeichnungen auf galvanis 
ſchem Wege zu copiren. Es wird dabei, über ein ſolches, auf plattirtes Ruhe 
gemaltes oder gezeichnetes, Bild aus einer wäflerigen ferv —X ne 
Nupferplatte dur) den galvanifchen Strom gefällt, , Dieſe Platte enthält das 
Bild vertieft oder wie gravict, fie iſt in wenigen Tagen fertig u. läßt ſich abe 
drucen, wie eine gewöhnliche rabirte, Für beſonders werthvolle Kunflwerfe hat 
die ©. einen entſchiedenen Vorzug vor derLithographie erhalten u, der. Roulire 
u. Aquatintamanier werden in Verbindung mit der ©. die wefentlichfien Boriheile 
entfpringen, Wir haben im heurigen Jahre in der Leipziger INufttirten Zeitum; 
über dicken Gegenftand Einiges mitgetheilt, verweifen aber ganz befonders auf. ve 
Särift: „Die ©., eine Methode, Tufcpbilber u. Beicpnungen durch galvaniſche 
Platten im Drude zu vervielfältigen“, von Franz v. Kobell (Mündy,, Kterarife 
artiftiiche Anftalt, 2. Aufl). Bgl. auch den Artikel Galvanoplaftif. aM. 
Galvanoplaftik heißt bie, von Profefior ZJakobi in Peteröburg um 1836 
erfundene, neue Berfahrungsiweife, mittelft Benügung galvaniicher Ströme in Erz 
zu formen, Sie beruht auf der Srfahrung ‚ daß — rolaugäfung durch eine 
galvanifhe Strömung (f. Galvanismus) in feine Beftandtheile zerlegt wird, 
—— Schwefeilkure, die ſich dem Zinf, und im Kupfer, das ſich dem mit 
dem Zink in galvanifche Verbindung gebrachten Metall: mittheilt. Diefe Mittheis 
fung erfolgt in fo feinen Thellen, u fie ſich in u. an alle feinſſen Theile eng 
anlegt. jählt man num zu diefer metallenen Unterlage eine Münze, eine Mes 
daille, einen Schriftftempel, ein Relief oder vergl, fo erhält man eine ireue Ab⸗ 
bildung davon in vertiefter Form, u. feht man dieſe dann der galwanifchen Strör 
mung aus, ſo iſt eine genaue Wieverholung des Originals das Ergebniß davon 
und, zwar, bei geböriget Aue führung, diefem abfolut geh. Bei der Ausführung 
wird das Stüd, 5. B. eine fupferne Münze, in ein Gefäß mit einer concentrirtem 
Auflöfung vom Kupferoitriol gelegt, in die Auflöfung ein mit verdünnter Schwefel- 
fäure gefühlte® Gefäß mit poröfen Wänden (4. B. aus — oder Thon), 
im welchem eine Zinfplatte liegt, getaucht u. das Kupferflüd.deö unteren mit: der 
Zinkplatte des oberen Gefäße durch einen leitenden Metalldraht verbunden, wor⸗ 
auf fi) dann das Metall aus der Kupferlöfung auf der darin liegenden Mün; 
nieberfchlägt u. man auf diefe Art einen metallenen Abdtuck derfelben erhält, Für de 
Ausführung im Großen bedient man ſich noch befler einer befondern conftanten Bat⸗ 
terie oder einer magnetoeleftrifchen Mafchine, mit deren Polen man einerfeits das 
Driginal, anderfeits eine Kupferplatte verbindet, die dann einander gegenüber im 
Kupferauflöfung geftelt werben. Rach einigen Tagen ift in der Regel ver Kupfer 
Überzug. nid ‚genug, um abgejblk werden an Kunen, Muf.bemfeihen Wege Ir-- 


500 . Gain. 








von Metall, elbſt natürliche Stoffe, 
man, uud Oper: do DAT, ps (CHR milliß; Elfe, Safe 
daß fe wie von Gold ober Bronze uf das fein —5 —— af pi Auf dieſen 
* bie einfache u. ze — 555* — | 
bei wird im Er tlichen genau ‚wie der eigentlichen ©. ‚ns 
werden die zu vergofbenden u. zu Gegen 






nicht von Kupfer 
yitrtol, fondern von —* Gold» ober Sub ranfifung u u G wendei 
man fletö die Cyauverbindungen dieſer M an. de haben bereits 
eine ae u. allgemeine ae ndew, 556* Spencer, Stolle u. 4 
weſenili erungen g warb. arößten 
theils — t; ſie ea ieboch —ãſ*— and —* ne faͤhig. Eine Air 
ders gewinnreiche Anwendung biefer ung iR die an eaifee 
Aieigung von get — Referaten welche zuerſt von —X pr ers 
le Man. erhält bei Knnenung einer, au 
fie. 1 aid ‚Söwefetfäme enthaltenden, ver lſaͤure 
2. 10 Tagen zuerf einen Kupfernienerfchlag auf der u er Diivendl eins 
u. abgeputzten Kupferplatie, der ſich, nach Abfeilen der Ränder, durch 
einen dunnen Hornſpatel mit leichter Mühe von ver inalplatte trennen läßt, 
ohne ‚daß. eine von beiben Platten nur im minbeflen bef t wird, unb Dann 
ein galganoptaßiiches 1 Basrelief, eine erhabene Gopie aller in bie Piatte 
ar the eib it Dife , Y Fe —— ir ac ync lan 
u, Eint A *. vendl als Patrice en en 3 
— —* —— "Hält Feen der erfen Matt —— — im 
n a ‚en a en Platte befin 
Striche u. mit mifroöfopifcher Genauigkeit an {iR fomit ae 
platte in jeder Om: vollfommen., gleich. ein gio 
Kunf, da man den Kupferplaiten bis nur: eine fs der 3 
{eöner Abdrũde gewinnen konnie. Bergl. Galvanog rap e ee: a a 
bie G. (Petersb. 1840)5 Knobloch, der Galvanismus in Ne 
wendung felt 1840 (Erl. 1842); Bepholdt, die galv. Vergoldung, 
u. Berkupferung (Dresd. 1842); Lipowitz, —88 Anleitung ir Betr 
Bergoldung und Berfilberung (Frankfurt 184%9)5 DO fann, die Anwendung des 
hydroelektr. Stromes ale —— (Wurzb. 1842) 5 Wern er, die G. in ihres 
rain ai Au Got lyzi — tes fürftliches Geſchlecht in Rußland, 
alyain oder au olyzin, berühmtes fürftliche n 
das ſeinen Uirforumg von Sehne Großfürften von N hanen, dem: — 
der Jagellonnen, herleitet. Wir führen daraus an: 1) Michail Iwanowitſch 
Bulgakow; er war Bojar u. Wotwode, befehligte die Auffen geamn die Ertanis 
fyen Tataren und gegen die Litthauer, ward aber 1514 von dem Fürften K 
Rantin von Oſtrog fang en u. 38 Jahre in Wilna in Gefangenfchaft ehalten. 
Durdy den —* efrel, ing er 1552 in das Dreieinigkeitskloſter bei IR ostan, 
wo er bald farb. — 2) Waſilj Waſiljewitſch, war 1610 nad) der Ent 
ſetzung Schuiskoi's, nahe daran, Czaar zu werben, da ihn, der bier 
vorſchlug, allein der Hetmann der Kofaten, Zolliewski, fepte die Wahl Wladie⸗ 
laws von Polen durdy, u. ©. ward nun Anhänger ver beiven falfchen Dimitriv. 
Mit dem Batriardhen Hhilaret als Geſandter nach Polen geſchickt, warb er uns 
—5 verhaftet und flarb in polniſcher Gefangenſchaft 1619. — » Waſilj, 
Vicekoͤnig von Kaſan u. Aradan u. Reichöflegelbetwahrer, führte in ben erflen 
Jahren der Ezaaren Iwan und Beter I. far allein die Regierung, 309 genen bie 
frimmifchen Tataren zu Felde, wurde 1689, weil man ihn der eftechlichkeit - 
Bm nach Eibirien verwiefen, erhielt in der Folge feine Begnadigun 
arb 17143 auf einem Landgute unweit Moskau. Gr liebte die —æ——— 
beförderte die Verbeſſerung der Sitten. — 4) Boris Alexjewitſch, war cin 
Gunfiling Peters J., dem er in dem Aufruhre der PBrinzeffin Sophia das Leben 






Gama — Gamaliel. 81 


ettete, indem er den 12jahrigen Czaar in das Koſter Troizkoy Sergiew trug. 
ud er liebte Gelehrſamkeit m. Künfte, forgte für die Beförderung derſelben und 
tarb ven 10. Det. 1713. — 5) Michall Micqailowitſch, geboren 1674, 
rat ſchon im 12. Jahre in Kriegsdienſte, focht tapfer gegen die Türken bei Aſow 
ı. verrichtete beſonders viele ruhmmürbige Thaten in dem Kriege gegen Schwe⸗ 


ven. Unter andern gewann er 1708 die Schlacht bei Dobrim und Lezmai gegen 
ven fchwerifchen Feldherrn Lömwenhaupt; 1714 fiegte er ald commandirender Ges 
neral in der Schlacht bei Wofe in Finnland, und 1720 fchlug er den Feind zur 
Ser. Rad dem’ Frieden erhielt er die Statthalterfchaft von St. PBeteröburg und 


ie Oberbefeblöhaberfielle über die Flotte u. Admiralitaͤt; 1724 wurde er Generals 
eldmarſchall, 1730 Praͤſident im Staatskriegsrathe u. Reichöfenator, flarb aber 
wch am .21. December deflelben Jahres. — 6) Dimitri, on des Vorigen, 
ar ruffiſcher Geſandter am franzoͤſiſchen und am deutſchen Kalſerhofe, beforgte 
Einſicht dad Intereſſe der Kaiſerin Katharina, unterzeichnete mehre Verträge 
8* beiden Hoͤfen, verlangte 1792, nach 30 im Staatsdienſte verlebten 
} ‚ feine Entlafjung und flarb in Wien den 30. September 1793 mit dem 
Ruhme .eine® reblichen u. gerechten Minifters. — 7) Amalie, Gattin des Vori⸗ 
—F Tochter des preußiſchen Generals Grafen von Schmeitau, verlebte einen 
ihrer Jug 


825 


fi 
* 


end am Hofe des Prinzen Ferdinand von Preußen u. wählte, weil 
[ meiftens auf Reifen war, Münfter zu ihrem Aufenthaltsorte. Sie 
eine von hoher Anmuth u. Geiſtesbildung, verfammelte Die ausgezeich⸗ 
ıetften Gelehrten um nn: Gõothe, Jacobi, Hemfterhuis, Fürftenberg, (f. d.) die Brüber 
Drofte von Bifchering (ſ. dd.) Hamann n. A. waren iheils ihre Geſellſchafter, theils 
bre vertrauten Freunde. Ihr Einfluß war auch bei der Rückkehr toiberge 
f. 8.) zur katholifchen Kirche mitwirtend. Sie farb 1806 zu Angelmode bei 
Ränfter. — 8) Sergey, ruſſiſcher Gnerallieutenant, diente 1789 unter Potem⸗ 
in gegen die Türken u. trug zur Ginnahme von Oczalow bei; 1794 that er ſich 
jegen die Polen hervor und erwarb ſich durch rechtliches, anſtaͤndiges Betragen 
genen Achtung. Er erhielt im November 1794 von ber Kaltern den St. 
Blabimirorven enter Claſſe, und warb im December 1796 unter Paul I. zum 
Beneral u. af ernannt. Zuletzt war er Oberbefehlöhaber der rufflichen Armee, 
te 1809 in Ballzien einrüdte, ſtarb aber in diefem Jahre, ald er eben die Graͤnz⸗ 
verichtigung mit Defterreich orbnete. . 

Gama (Basco de), berühmter -portugiefifcher Admiral u. Seefahrer, geb. in 
ver portugieflfchen Seeſtadt Synes 1450, wurde von König Emanuel 1497 mit vier 
Schiffen ausgefchidt, um den Weg nad Oſtindien um Afrika herum zu fuchen. 
Kach einer langen Reife, da er wegen ungünfliger Winde erft im 4. Monate 
a8 Cap der guten Hoffnung umfchiffen Tonnte, erreichte er Melinda, wo er 
inen mubhammedanifchen Steuermann erhielt, und kam im Mai 1498 in Kalicut 
in, nachdem er vorher Mozambique und Mombaze berührt hatte u, 11 Monate 
inf der Fahrt geweien war. Anfangs freundlich in Kalicut aufgenommen, entging er 
inem — auf fein Leben, welchen die Eiferſucht mauriſcher Handelsleute 


eranlaßt, durch die Ruͤckkehr nach Europa. In Liſſabon mit der wichtigen Ent-⸗ 
eckungsnachricht angekommen, wurde er zum Admiral des indiſchen Meeres ernannt. 
Iis folder ging er 1502 mit einer Flotte von 20 Schiffen zum zweitenmale nad) 
Indien, fehlug eine Hinduflotte, machte beträchtliche Beute u. Fam im folgenden 
nach geſchloſſenem Bündniſſe mit den Königen von Cochin u. Kananor, u. 
ſach genommener Rache an dem Könige von Kalicut, wieder zurück. Nachdem 
3. den rund zum neuen Glanze Portugals gelegt hatte, ftarb er zu Cochin, 
pofelbft er, nady einer dritten erhaltenen Sendung als Bicefünig von Indien ers 
annt, feinen Sit hatte, im Jahre 1525 den 24. December. Im G.s Entdeckun⸗ 
ſen zu verewigen, ließ der König Emanuel das prächtige Klofter zu Belem ers 
auen. Auch die Luflade von Eamoens, welcher G. begleitete, befingt die Aben⸗ 
euer der lebten Reife, | nn 
Gamaliel, ein berühmter Schriftlchrer aus der Sekte des Pharifder, Mit- 
Roalencyciopädie. IV. 38 | 


v 


m Gamba Gammũ · 
ges des hohen Rathes zu Yerufalem und Lehrer des heiligen Apoſtels Paulus, 
an hält ihn für den In der Mifchna öfter als Autorität angeführten Rabbi 
©. den Greisé, einen Sohn des Rabbi Stmeon, der um 90 n, Ehr. farb, — 
Er war es, der zur Borficht und Milde im Verfahren gegen die Mpoftel und die 
Chriſten überhaupt rieth (Mpoftelgeichichte. 5, 34 — 38) und im Synebrium 
die ewig denfwürdigen Worte fprah: „Wenn dieſer Rathichluß oder dieſes 
Wert von Menfchen if, fo wird es zerfallen; wenn es aber von Gott iſt, fo 
tönnet Ihr es nicht zerflören, ihr möchtet fonft gar als Widerſacher Gottes er 
funden werden,“ 

Gamba, 1) Ritter von ©, franzöfifcher Generalconful in Tiflis, ſtammt 
aus einer alten italieniſchen Familie, beretste 1817—18 im Gefolge des Generals 
Yermoloff Georgien und den Kaufafus, fam 1819 und 1824 nad) Parts, ging 
aber bald wieder ald Eonful nach Georgien; fchrieb: Voyage dans la Russie 
(1820—1824), Paris 1826, 2 Bde. — 2) ©. Bartolomeo, geboren zu Bal- 
fano 1766, Gehuͤlfe in der Buchdruderel des Grafen Raimondini, trieb befonderd 
bibltographifcdye Studien, errichtete eine Buchhandlung tin Padua, fiedelte nah 
Venedig über und ſtatb daſelbſi ald Bic-Bibitothefar von ©. Marco 1841; Bon 
feinen zahlreichen bibliographifcyen Schriften nennen wir: Elogi d’illustri Ialiani, 
Venedig 1829. — 3) :Btetro, Graf v. G., geboren zu Ravenna 1801, Bruvder 
der Gräfin Gutcetolt, der Gelitbten Lord Byrons, begleitete diefen nach @ries 
henland und bfieb bis zu feinem Tode um ihn. Später trat er in des Dberſten 
Babofer Eorps, erlag aber den Strapazen 1826 im Dorfe Dara. Bon ihm if: 
»A narrative of Lord Byron’s last journey to Greece« (London 1825). 

Gambe (viola di gamba), Kntegetge, weil fe zwifchen ven Knien ger 
halten wurde, erſt mit fünf, dann mit ſechs Satten, von ſcharfem, aber ange 
nehmen Tone, nach welchem bei der Drgel das G.n-Regifter eingerichtet iſt. Die 
©. Fam zuerft in England auf, fand überall Aufnahme und war lange fehr be 
Tiebt, bis fie endlich durch die Vervolfommnung des Bioloncells (f. d.) 
Be Butt, Der Iehte Birtuofe auf der G. war Karl Friedrid 

el. d). e 

Gambenwerk, ein von Hans Hayden in Nürnberg 1610 erfundenes, nur 
zum Vortrage langfamer Säge geeignetes Tafteninfirument. Vermittelſt eined 
Schwungtades, durch den Fuß in Bewegung geſeht, berührten 10 — 12 Eleine, 
auf ihren Kanten mit Bergament überzogene und mit Getgenharz beftrichene, 
Rollen die Saiten, welche, durch Taften nievergedrüdt, den Ton der Gambe 

dren ließen. Georg Gleichmann, Mayer (1757) und Riſch (1795) u. A. ver 
inderten und verbefierten e8, worauf «8 dann Bogenclavier genannt wurde, 
früher auch Beigengtanfe teymbel. 

Gambia, Afrifanifch-britifhe Colonie. Die britifchen Beflgungen 
in Senegambien liegen am Gambiaftrome u. befichen: aus der Infel 
St. Mary, der Hauptniederlaffung, mit der Stadt Bathurk, dem Sitze des 
Gouverneurs; aus Macarthy8sinfel, einem Werder im Gambia; umgejäht 
755 Meilen von der Mündung aufwärts, mit dem James-Fort, u. einigen 
‚anderen kleineren Niederlaffungen in der Nachbarſchaft der zulegt genannten Intel. 
Diefes Gouvernement, 50 d. [JM._ groß, mit etwa 8000 Einwohnern, welches 
in feiner Bodenformation ganz dem Tieflande von Senegambien, wie tropi⸗ 
[chem Klima u. Gewächsreiche angehört, hat diefelbe commerzielle Bedeutung wie 
Gierra-teone ([. d.). 

Gamma, die frühere Benennung de Guidoniſchen Tonſyſtems, zu deſſen 
Grundton Guido das griechiſche I’ angenommen hatte. Sept verfleht man 
darunter den Tonumfang eines jeden Irkrumente, und bei den Franzoſen die 
Tonleiter oder Scala. Daß aber Guldo nicht der Erfinder dieſes & CT’), ſolches 
vielmehr ſchon früher gebräuchlich gewefen iR, weist nach ©. Kiefeweter in 
der Abhandlung: „Guldo von Arezo, fein Leben u. Wirken.“ Leipzig, Breitkopf 
u. Härtel, 1840, 4. 


Baabersbein — Santes. bes 

Gandershelim, alte Stadt im Herjogthume Braunſchweig, an vet Gande, 
einem Nebenflüßchen der Leine, mit By Einwohnern, hat 4 Schloß, ehema⸗ 
liges Abteigebäude u. iſt der Sig eines Kreisgerichts u. eines proteftantiſchen 

jeneralfuperintendenten. — ©., wurde ſchon um 860 von dem Herzoge Luvolf 
von Sachſen u. defien Gemahlin Oda ais Stift für adelige Damen gefliftet, 
nachdem das vorher in der Nähe gegründete Stift Brunshaufen zu klein ger 
worden war. Die erfte Aebtlifin war Hathumoda, die Tochter der Gründerz 
das neue Klofter wurde 831 beenbigt, von aller weltlichen u. geiftlichen Juris⸗ 
dietlon erimirt unmittelbar unter den Papſt geftellt; in Kurzem wurde das Stift 
fehr reich, erhielt 991 das Recht zu Münzen u. wurde nachher Reihsfürften 
thum, das feine eigenen Erbämter hatte, daher auch gewöhnlich fürſtliche Prinzef 
finnen ebtiffinnen in G. waren. 1568 wurde dag Stift Iutberifh und fam 
1802 an Braunſchweig; doch blieb die Aebtiffin, eine braunſchweigiſche Prin⸗ 
zeffin, bis zu ihrem Tode im Befige ihrer Würde, 

Ganerbeit (aus dem altdeutfchen gan, f. v. a. gemeinſchaftlich u. Erben, 
9 ‚Herren, gebildet) Mitbefiger, gemeinſchaftliche Beſiher, hleßen zur 
Zeit des Faufrechtes ſolche Familien, die ſich durdy einen Burgfrieden zur ges 
meinfcyaftlichen Vertheidigung vereinigten und dazu eine Burg, ®.-Haus, 5 
Schloß beftimmten, oder denen folche als Lehn überlaffen wurde; fo 3.8. Sried- 
berg in der Wetterau, Widdern bei Heilbronn u, a. — In der Folge, Als 
das Fauſtrecht aufhörte, erlofchen auch die G.⸗Erbſch aften, u. man verfteht 
jegt, wo der Name noch vorkommt, im weiteren Sinne unter ©. überhaupt ges 
meinſchaftliche Befiger eines Gutes. 

Gang, Erzgang, nennt man in Gebirgen gewiſſe Spalten u. plattenför- 
mige Lagerftätten von doſſilien, welche gemeiniglich die Schichten des Gefteines 
durdhfchneiven, daher eine von demfelben abmeidhende Lage zeigen, und mit einer 
Maffe angefüllt find, die ſich mehr oder weniger von ver Gebirgsmaffe ſelbſt 
unterfcheldet, Ihre Richtung nach ven verſchiedenen Weltgegenden wird das 
Streichen derfelben genannt, u. ihre Neigung gegen die fenfredhte Ebene das 
Fallen. Gin wichtiger Theil der Bergwerfölunde tft die Abmefjung, Ber 
fitmmung und Berechnung defien, was die Gänge betrifft (fiche den Artikel 
Rarfietve). 

Ganganelli, ſ. Clemens XIV. 

Ganges (Banga, Gonga, d. t. Fluß), Hauptfirom in Hindoſtan, der 

dem Gebirge Himmalaya, oder Schnergebtrge, am weftlichen Abhange des 
Berges Kantatfie in Tivet, 100° D. 2. 35° K. B. entfpringt, bei Gangoutri 
das Gebirg verläßt, u. nach feiner Vereinigung mit dem Jumna, 4M. breit u. 
bei einer Tiefe von 30 F., ſchiffbar wird; hug hinauf macht er mehre Waſſer⸗ 
fine. Er nimmt nachher noch den Goggrah, Soane, Gundud, Serudiche, Sind, 

arde, Radi, Dunmador, Dewa, Beiwah, Kane, Tonufe, Kamgonga, Guntt, 
Koß, Kaudä, Gangaraa, Alacada u. f. w., auf, u. ſelbſt vom Bramaputer ftrömt 
ein Theil bei Lukipur in denfelben. Etwa 40 Meilen von feiner Rindung, fängt 
das, durch die beiden Arme Eoffindazar u. Jellinghy gebildete, Delta des ©. an, 
das fin der Regenzeit dutch regelmäßige Ueberſchwemnungen befrudhtet wird; er 
fängt gegen Ende Aprils zu fleigen an, erhebt fidy nach u. mady dis zu 31 enge 
Hfehen Buß über eine, 23 geographifche Meilen weite, glühe u. kehrt gegen den 
Dcober wieder in fein Beet zurüd. Cr vermag bie größtem Kauffahrer u. felb 
ee je, 618 75 Meilen aufmärts von feiner Mündung, zu tragen, da bie 
Bluth 45 franzöfifche Meilen in ihn hinaufgeht. Rad) einem Laufe von 385 M. 
ergießt er ſich in 9 Armen 3. ®. Ougli oder Hugly, in den bengalifchen Meer 

Er führt Edelſteine, Perlen u. Gold mit fich, iR febr 2 m diſchen, 

fröten u. großen Krokodilen, u. wird von den Indiern für heilig gehalten, 
ler nad) ihrer nung unmittelbar aus ben Füßen des Brahma enifpringt, 
Sobald daher ein Kranker von den Aerzten aufgeoeben if, fo bringen ihn feine 
Berwandten eitigf an den G., gießen ihm oft mit Echlamm ven Waſſer 


584 Ganolien ſyſten Saus. 


in den Mund, oder tauchen ihn in den Strom u. befördern fo den Tod des 
Kranken. Die entfernter Wohnenden haben ſiets etwas von feinem Wafler in 
lupfernen Flaſchen bei fi, um es vor dem Tode zu trinfen, Die, von den ver 
brannten Zodten übrig bleibenden, Knochen werden tn den ©. getvorfen. An 
mehren Vollmondstagen des Jahres if es daher auch ftrenge Pflicht, fich im ©, 
zu wafchen u, Almoſen auszutheilen. Das größte Feſt fällt aber auf den zehnten 
Tag ded Neumonds im September; bet feinem Schluße wird das Bild der Ganga 
in den ©. — da fie num zu ihrem Gemahl Schiwen zurüdlehrt. 

Ganglienfpftem oder Stumpfnervenfyflem (systema nervorum gang- 
liosum s. sympalhicum, gewöhnlich nur nervus sympathicus genannt) bezeichnet 
ein für fi) abgefchlofienes, dem Gehirn, Rüdenmarfs » Nervenfyfteme 
entgegengefeßte®, aber mit diefem durch zahlreiche Fäden innig verfettetes Ner- 
venfyftem, das fämmtlichen Vegetations⸗ u. den unwillführlichen Funktionsappas 
raten vorfteht u. darum auch vegetatines ober unwillkürliches Nerven- 
8 genannt wird, Daſſelbe entſpringt nicht aus einem gemeinfchaftlichen 

ittelpunfte, verbreitet fich negartig ohne beflimmte Symmetrie und beftcht aus 
einer graulichen und weichen Subftan; , in weldyer befondere organifche, graue, 
vollfommen freie, fcheidenlofe, nicht röhrige, ſehr durchfichtige, faft gallertarti; 
Fafern nachgewiefen wurden. Es hat einen centralen-und einen peripher 
ſchen Theil, Der centrale Shell (Ganglientette, Knotenthetl) bildet 2 
Stränge, wovon an der inneren Fläche u. am jeder Seite der Wirbelfäule einer 
liegt, nad) oben bis in die Schävelhöhle und nach. unten bis zum Steißbeine 
reicht, auf deſſen vorderer Fläche in einem gemeinfchaftlichen Knoten oder in einer 
Schlinge mit dem jenfeitigen Ende —— Der peripheriſche Theil (Ger 
flechte), aus den 24 bis 25, in Zwifchenräumen der Gänglientette ſich anſchlle⸗ 
enden, Knoten entfpringend, verbreitet fich in vielfeitigen —— u., ſelbſt 
wieder zahlreiche Knoten (Gangllien) bildend, nach allen Richtungen, verbindet 
fih mit den Empfindungsnerven, vermittelt den Zufammenhang zwifchen den ein» 
zelnen Ganglten des Gränzftranges, geſellt ſich zu den unminfürlichen Musfeln, 
umwindet die Blutgefäße u. tritt mit diefen zu den Organen deö vegetativen Les 
bens. Beide Theile des GangliennervenfyRems theilt mar nach ihren Regionen 
In den Kopfr, Hals», Brufts, BVauch- u. Badentheil. Die Ganglin- 
nerven befigen Empfindung, wie aus zahlreichen Berfuchen an lebenden Teleren 
hervorgeht, und wie mehr noch bie krankhaften und fchmerzhaften Supfinbun en 
in jenen Thellen, welche unempfindlich fen ſollen, weil fie bloß von Gangli 
nerven verjehen find, beweifen. Sie befigen bewegenden, aber unmwilltührlidyen 
Einfluß auf Die von {hnen verfehenen Theile, wie galvanifche Berfuche u. die Au⸗ 
wendung von, Aetzmitteln darthun, aber do nod nicht ganz außer Zweifel ſtel⸗ 
Ien, ob die erregten Bewegungen nicht etwa von den, mit ihnen verwebten, Ge⸗ 
birnnervenfaflern vermittelt werben. u 

Gauglion (Ueberbein), eine Feine runbliche, unter der Haut bewegliche, 
unfchmerzhafte, auf einer Sehne oder Gehnenfchelde in der Nähe der Gelenke, 
befonder6 des Handgelenfes auffienbe, Geſchwuiſt. 

Gangräna, der heiße Brand (dj. Brand). 

Gans (anser), Gattung aus der Familie ver Gänfevögel; der Schnabel iſt 
tegelförmig, vorn beträchtlich ſchmäler, am Grunde höher als breit, an den Rän- 
dern find fegelförmig fpipige Lamellen, die Zunge iR fajerig, Die Beine find län 

ver als bei den Enten, aber weniger rüdwärts gehett, an ber Quftröhre if feine 

rommel. Nahrung: Kräuter u. Körner. W schen u. Männdyen ohne befons 
dere Abzeichnung. Die ©. lebt gefelfchaftlich, zieht im Winter ſüdlich, fliegt 
dann in Form eines Winfels mit Geraͤuſch u, Geſchrei. Bei Linne unter anas 
begriffen. — Die wilde ©., 2’ 10 Lang, 5' breit, hat orangefarbigen Schna ⸗ 
bel, blaßrothe Augenlieder, gelblich fleifchfarbene Füße; Kopf u. Hals find brauns 
grau, Oberxleib ebenfo, nur weißlic Fantirt, Unterrüden u. Slügel hellafchgrau, 
dorbere Schwungfedern u. Schwanz bunfelbraun mit ſchwarzer Spige, Burgel 


. San  - s 

Bruft dunkelaſchgrau, Bau auweiß, braungeſledt; bie Jungen gleichen 
ma denen der ven Bänfe, ie wohnt im ar Europa, vo — 
r, als bis nach Dänemark binauf, zieht bei Anfang des Winters fühlich, fußt 
egetabilien, niſtet in Moräften auf der Erbe und legt 8 fchmupig + weißgrüne 
ter, welche 4 Wochen gebrütet werden. — Die gemeine zahme ©. flammt 
on ber wilden ab, iſt etwas größer, als dieſt u. ihr oft am Barbe ganz gleich, 
t jedoch auch weißer, ja meh sn weiß. Sie begattet ſich ſchon im Januar, 
pt dann um Lichimeß 12 — Gier u, brütet foldhe in 26—30 Tagen aus. 
ndere Arten find: Saat-®,, hat —S Schnabel mit ——— em 
wierbande, tothe — dunkelroih⸗ grauen Kopf und Hals, hellgrauen Unterhals 
id Unterleib, DI riden ſchwarzgrau mit —— Federkanten, Flügel 
nger als der dunkelbraune Schwanz, dunfelbraune Gchwanzfevern, ſchwatzweiß 
pudertzʒ lebt Im Norden von Europa, Afien und Amerika, zieht in Schaaren 
1 Mittel-Europa, wo oft Taufende auf die Saatfelder auffallen. Die Rin« 
ele®. hat Schnabel, Füße, Kopf, Hals u. Oberbruft ſchwarz, unter den Baden 
nen den Hals nicht ganz umgebenden Ring, Oberleib graubraun, Wfter weiß, 
nterleib graubraun gewellt, Dedfevern der Flügel ſchwärzlich weiß gewellt, 
chwanz — mit weißen Kielen, das Weibchen etwas heller. Sie lebt hoch im 
oiden, doch lommt ‚fie im Winter nach Frankreich, Holland und auch nach 
eutſchiand. Die Rothhals⸗G., Kopf, Kehle, Hinterhals, Rüden, Unterbruf, 
‚berbaudy, Unterbau) u. Steiß weiß, zioifdyen dem Schwarz u. Rothbraun der 
zuß eine weiße Binde, Flügel u. Schwanz ſchwarz, der nabel dunkelbraun, 
it ſchwarzem Nagel, Vorderhals u. Biuſt brauntoth, zwifchen Augen u. Schnabel 

an den Selten des Halfed ein weißer Fled; fie lebt in Norvaflen, doch zieht 
: füblih. Die Schneeg. mit oran, enfarbigem ESchnabel, gelblicyer Gtirne, 
then Büfen u. zur Hälfte ſchwarzen Gwungkebern am übrigen Körper weiß, 
enfalls im nörblichen Afen u. Amerika, zieht tm Winter nach Süden, Pi je 
* hiebel ſehr Hoch, IR fehr blöde u. dient den Bewohnern jener Gegenden 


= Rabrung. . 
Gans, 1) Salomon Philipp, Wovofat zu @elle, mo er 1788 geb. war, eben 
achtenswerth durch feinen redlichen @baratter, als verbient Durch feine auf Fortbilbung 
s Rechtsweſens berechnete Schriften. Bet der Vertheldigung der Ofterober u. Göttinger 
efangenen zog er ſich wegen beleidigender Schreibart eine dreimöchentliche Haft 

. &r ſtarb 1843. — Schriften: „Bom Verbrechen des Kindermords", Hans 
wer 1824; „Bon dem Amte. der duͤrſprecher vor Gericht“, ebendafelbft 1826, 
Aufl. 1827; „Kritifche Beleuchtung des Entwurfs eines gtrafgefegbuches für 
:8 Königreidy Hannover“, ebend. 1827—28, 2 Bde; „Entwurf einer Erimis 
ılprogeordnung fir das Königreich Hannover“, ebend, 18271828, 2 Bde., 
Öttingen 1830; „Weber Berarmung der Städte u. des Landmannes“ Brauns 
weig 1831 u. 9. — 2) ©, Eduard, ordentlicher Profeflor der Rechte an 
t. Untverfität zu Berlin, geboren daſelbſi den 22. März 1798, auf dem Gym⸗ 
iſium zum grauen Kloſter vorgebilvet, ſtudirte feit 1816 zuerft in Berlin, dann in 
Öttingen u. Heidelberg, wo er mit Thibant u. Hegel cf. dd.) ein inniges 
:eundichaftöverhältnig anfmüpfte. 1820 Tehrte er als Dr. der Rechte nach Berlin 
rüd u. ſchrieb in demfelben Jahre feine berühmten Saale zum Gajuß, 

elchen 3 Jahre fpäter das Erbrecht in weltgefhichtliher Entwidelun 

in bleibendes Wert, nachfolgte. Nachdem er 1825 eine Reife nach Franfret 
England unternommen, wurde er außerorbentlidyer ‚Brofefier der Rechte an 
t Berliner Univerfität u. begründete ſchon im folgenden Jahre mit hr u 

ı Bereine mit dem verflorbenen Secern von Cotta die Berliner Jahrbücher 

e wiſſenſchaftliche Kritit, deren thätiger Mitrevakteur er bis zu feinem Tode 
bikeben. ©. fland ald Vertreter der philofophifchen Rechtsſchule in autfepledener 
ppoſition gegen bie hiſtoriſche, an deren Gpige Savigny fand. Gein Streit 
it dieſer war aber immer nur ein rein wiſſenſchaftlicher und hielt ſich fern von 
ler perfönlichen, hinterhaltigen Polemif, Wie alle genialen Menfchen, erfchten . 


566 Gant — Garantie, 


— auch er hie u. da in extremen, oft wunderlichen ; aber, was wide 
er bei den audgezeichneten Köpfen unferer Zeit Pi nbet, bie höchke Rechts 
lichkeit des Charakters hat ihm auch Diejenigen, die etwa durch jene Formen 
verlegt wurden, ieh! wieder verföhnt. Obwohl dur u police he. Dehnung 
der neueren franzöflfchen Doctrin 'angehörend und durch En Majrmhat 
zu Paris eng befreundet mit Männern, wie Broglie, Genf & art 
u. A., blieb er doch weit entfernt von jenem undeutfchen alismus, der * 
die deutſche Selbſtſtaͤndigkeit, ſowohl im wiſſenſcha ci Y% politiſchen 
als das Höchſte ſetzt. Seine hiſtoriſchen, wie f —EE ——— 
Grundlage Hegel'ſcher Staats⸗ und Kehle af, —e voll 
Regſamkeit ihre * Richtung einſchlagend, verbreit 
dem monarchiſchen Staate, unter Pi Schuhe er lehrte — —* nefäh 
iv Tonnen, u. penn a ee en —5 Een n | f Arnd 
‚Borträge über die neu te im bevorſtehen t fortgufegen, 
ſo ge da es nicht, weil dieſe Borträge vor einem zahlreichen u. nicht bloß aus ' 
©tudirenden betchenben Bublitum Anlaß zu Beſorgni m —5— ſondern weil 
man in der damaligen aufgeregten Zeit — bald „na der Jullusrevolution — 
ihn nidyt der Berfuchung ausfegen wollte, fidy durch ein unbefonnenes Wort 
compromittirm. Gr flarb als ordentlicher Profeſſor an der Berliner Univer⸗ 
den 5. Mat 1839. Werke: „Scholten zum Bajus“, Berlin 1820; Em 
Erbrecht in gefchichtlicher Entwickelung“, ebend. 1824— 35 ‚4 Pe 
des römifchen a ya ‚ ebend. 18275 vborlefungen über bie Fr Mr 
legten 50 Jahre“, in Raumers hiſtoriſchem Tafchenbuche 1833 —34 5 
Gähriften“ Berlin 1834, 2 Bände; „Rüdblid auf Berfonen und Bufinbe u 
Bariö“, chend. 18365 „Ueber bie Grundlage des Vefipes“, ebend. 1 
gab 5 Degele Borlefun en über Philoſophie der Gefehichte 1837 a, 
Sant, der äffentli ide Verlauf der Güter eined Verſchuldeten. Das Wort 
ſelbſt flammt von dem lateinifchen quanti? Bol, übrigens den Art. Concuro. 

Sanymedes, Sohn ded Tros und der Kalirchoe, ein fchöner Juͤngling, 
wurde von den Göttern in den Olymp erhoben, um des Zeus Becher zu füllen; 
als ar eld erhielt Tros ein treffliches Geſpann. Nach Andern entführte ihn Zeus 
durch feinen Adler, oder er ſelbſt als Adler, oder er raubte ihn durch einen Sturm. 
68 AR auf dem Joa, oder auf dem dardaniſchen Pegerus oder bei Ha 
Ban. Man verfebte ihn an den Himmel ald Kunde, der Waller aus Mr 

affermann). Hiermit Rand vieleicht die Sage in Berbindung, Eh een 
Geber der Rilquellen fel. Viele Steine und Gemmen flellen jenen Rau 
den Adler, fo wie ihn ſelbſt als Mundſchenk vor, Zwei ſchoͤne Statuen sr 
fi) im Batican, und eine im Palaſt Farnefe. 

Gar, f. v. a. gehörig zuberettet,. fertig, fommt namentlich in Sufan- 
menfegungen vor und bezeichnet die Beendigung irgend eine — * oder 
23169 Prozeſſes. So nennt man Erze, welche durch — btreiben, 

chmieden ıc. völlig rein und geſchmeidig gemacht worden find, G.⸗Erze. a 
en Zelle, die durch die Bean andlung et Lohe (ſ. d.) ihre erforberliche Wei ⸗ 

t erhalten haben. G.⸗Küchen liefern tert zubereitete Speifen. — ‘Dem füd- 
deutfchen Provinzialtemus „Etwas iR gar,” d. h. zu Ende, 3. B. „mein Gelb, 
meine Geduld iR 8, liegt diefelbe Bedeutung zu Grunde, 

Sarantie, Sicherſtellung, Bürgfchaft, iR in ſtaatorechtlichen Ver⸗ 
haͤltnifſen, wo das Wort vorzugsweiſe gebraucht wird, die Grundlage der Sicher⸗ 
heit fuͤr die Aufrechthaltung der Rechte, entweder vaſchiedener Volker gegen eins 

ander, oder der einzelnen lieder eines Staates, In früheren Zeiten eilt won 
viel darauf, bei Friedensſchluͤſſen eine dritte Macht die ©. der Friedensbe 
gen übernehmen zu fehen; allein die Erfahrung hat nur F oft die Unzul 

ſolcher Buͤrgſchaften nachgewieſen, indem in Fällen der Noth der Barant feine 
Hülfe verfagte, handel vieleicht felbR der Erfte war, der die verbürgten Bes 
dingungen verlehte, faR immer aber den baburch erlangten Giufluß zur Ginmifchung 










Garot Ga ? 


In die inneren Angelegenheiten des andern Staates benützte. Man ſordert G. 
gegen jede Beziehung der Berträge und Gefee; daher muß biefelbe der Art und 
Ratur der möglichen Berlegung angemefien ſeyn. Der moraliichen Berlegung 


muß eine moraliide Kraft gegenüber geftellt werden; gegen phyſiſche Gewalt Fan 
eine gleidy große Gewait Sicherheit geben. Der phyſiſch Schwache hat gegen 
— feine G., wenn er fe nicht in der moralifchen Kraft ber 
Geſehe u.. der wölferrechtlichen Berträge findet, Die Aufrechthaltung der mora⸗ 
Ufchen Wacht und aller ihrer Sätfemietel daher durch das Intereſſe der Schwa ⸗ 
en gebeten und gibt dieſen ihre Sicherheit. Sowie die Mittel der moras 
i Macht geſchwaͤcht werben, hängt die Unterdrückung nur von dem Willen 
des Starten ab. Es gibt dann Feine ©. genen ihn. Darum fönnen ſchwache 
Staaten nur dann Ihre Unabhängigkeit verbürgt glauben, wann der Geik der 
Berträge, das if, die moralifche Bad des Böll tes, von den großen Mädhs 
ten in Ehren gehalten wird. Darum wird der unbebeutendſte Angriff eines Ries 
ſenſtaates gegen bie Rechte eines olmmächtigen Rachbars eine Beehung der 
Sicherheit aller nicht ale groben Staaten. Die moraliſche Kraft des 
Bölferredhts if dadurch unterbrüdt, umd nun gilt fein anderes Recht, als das 
der Gewalt. — In den neueren Berhältnifien der Staaten bebürfen bie Unter 
thanen einer ©. gegen ben Mißbrauch der oberflen Gewalt. Diefe ©. follen fie 
DEE an en, 
3 8* tanten reihe ahlen, entlichleit der 
sin, e Ah Rd di monlihe Mat ve Bee Dur Di 
ir jaften verlegt, fo fieht moral a e but je 
Gewalt unterbrüdt. — Stände, welche fich die erwähnten »ingfehafıca für immer. 
entziehen laffen, verlegen ihre Pflicht und haben mit den G.n zugleich das Weſen 
der tepräfentativen Verfaſſung zertrümmert. 

Garat (Dominique Jofeph, ©. v.), Staatsmann und Philoſoph, ges 
boren 1758 zu Uftariz (Bayonne), war beim Ausbruche der Revolution Redacteur 
»e® Journal de Paris. Deputirter für Bordeaur tm Gonvente, eröffnete er als 
Juſtizminiſter Ludwig XVI. das Tobesurtheil, ward fpäter Minifter des Innern, 
dann Profefior der Philofophie an der neuen Rormalfchule, 1798 Befandter in 
Reapel, 1799 Mitglied des Rathes der Alten; unter Rapoleon Graf, Senator u, 
Ritter der Ghrenlegion; lebte dann zurüdgezogen, bis er während der hundert 
Tage als Mitglied der Repräfentanten-Rammer wieder erfchien. Bon Ludwig XVIII. 
aus der Lifte des Inſtituts geftrichen, trat er erſt nach der Jultrevolution wieder 
in und flarb 1833 zu Ufarl. Seine Eloges de I’Höpital, de Suger u. 9, 
Be le Due: (bone Proſa; auch ſchrieb er: »Mömoires sur M. Suard eto.« 
\ ‚ Bar. ). 

Garcia, Ranuel, Gefangtehte u. Gomponift, Bater der berühmten Mas 
ibran (f. d.), geboren zu Sevilla 1775, zeichnete fi in Cadiz und Madrid, 
ann in Paris als Sänger aus, machte jedody 1811 in Italien weniger Glüd 
ınd trieb nun die Geſangskunſt mehr theoretifch. Später führte er eine Operns 
vefelfchaft nach Amerika, verlor aber feine in Rem: Dorf und Mexico erworbenen 
Reichthümer bei Bera-Eruz dutch Räuberhand. In Paris wieder auf feinen 
rüheren Erwerb gewieſen, hat er befonders, nächft feinen Töchtern Rourrit u. bie 
Reric-Ralande gebildet. — Seine zweite Tochter, Pauline Viardot⸗G., geb. 
u Paris 1821, zunächk zur Glavieroirtuoftn beftimmt, entwidelte fpäter audges 
eichnetes Gefangstalent u. entzüdte 1838 auf einer Kunftreife mit ihrem Schwas 
jer Beriot (. d.) in Deutſchland als Concertfängerin, ging dann zur Oper 
iber und erlangte fo entſchiedene Grfolge, daß fie jegt zu den bebeutendften Saͤn⸗ 
erinnen der italienifchen Oper gehört. 

Oarcilafo de Ia Vega, f. Bega. \ 

Gard, 1) Fluß im ſuddſtlichen Frankreich; entfpringt tm Departement u. in 
sen Gebirgen Lozere aus den zwei Duellenflüffen Gardon D’Alats und Gardon 
Auduze, die ſich bei Rivalta vereinigen und den fon und die Cyſonne aufe- 


ww Gardafee — Garde. . 


nehmen, mündet in die Rhone und führt Gold mit ſich. Ueber ihn gebt. bie vom 
den Römern aufgeführte Waflerleitung, Bont de Gard jebt genannt, bei dem 
Marifleden Remoulind. 2) Davon benanntes Departement, beftehend aus ber 
Landſchaft Nismes (zum Thelle), Uzoss und Mais, gränzt an dad mittellaͤndiſche 
Meer, bat 109 [JMeiten u. 375,000 Einwohner, worunter 4 Katholiken, iR füb- 
(ich g, an den Küften moraflig, nörblich durch die Barriguen und Seven⸗ 
nen (Gipfel: Esperon) gebirgig, bewäflert von der Rhone, Ardoche, Eäze, Gar 
don, ferner Vidourle, Haaul, Dourbie, deren Ducllen bier find, mehren Ka 
nälen (Sylvereal, Dorn don, grande Robier) u. Seen (Etang du Repauffet u. a.), 
bat in den Ebenen heißes, auf den Gebirgen gelindes Klima, in den Thälern 
fruchtbaren, fonft gemlich dürren Boden, bringt Seide, Wein, Baumdl, allerlei 
Gewürze, Taranteln, Scorpione, Blei, Spießglanz u. a. Mineralien; Ackerbau 
fann, wie Wieſenbau, nicht überall getrieben werden, Schafzucht iR bedeutend, 
mit Bewinn von Käfe (Roqueforter), Obſtbau audgebreitet, vie Kaſtanien tägkiches 
Nahrungsmittel. Man beichäftigt fi) außerdem mit Berfertigung von Tücher, 
——— Branntwein, Glas u. a. D. Eintheilung in A Bezirke; Haupt 
adt Nis mes. | “ 
Gardaſee (Lago diGarda, Benacus), der öſtlichſte der im lombardiſch⸗vene⸗ 
tianifchen Rönigeeiche gelegenen Landſeen, 5—12 Miglien breit und 35 Miglien 
lang. Die Ufer find fruchtbar, haben fübliche Begetation, Oliven, en (von 
Bardolino), Wein von Benaco u. f. w.. und find bei Defenzano und Salo be 
ſonders —6 Beach baut man viele Limonten dafelbfl, mit denen, fowie mit 
Fiſchen, ein beträchtlicher Handel getrieben wird. Gegen Norden iſt der See ein, 
geichloffen von den Bergen Bravo, Tremalgo und Fraine; gegen Süden enbigen 
die Ufer in die feichteren GoMi Benacefl. Banz fünlich iR die 2 Miglien Lange 
galbiniel Sermione (Sirmio), wo man noch die Ueberreſte des Bandhaufee von 
ull zeigt (Grotte di Catullo). Im $rühlinge fleigt der See oft um 5 Fuß 
— das Gletſcherwaſſer; er iſt aͤußerſt klar und tief (bis zu 290 Metres). 
Wechſelwinde wegen iſt die Schifffahrt darauf nicht ganz ohne Gefahr. Südlich, 
wo der Mincio aus dem See fließt, iſt ein Hafen, der durch die Sehung Be 
ſchiera (mit 2500 Einwohnern) befchüst wird. In naturbiftorifcdher Beziehung 
bietet die Gegend vielfaches Intereſſe an Berfleinerungen, Eonchylien u. f. w. 
Die Ufer des Sees find durch Billen, Gärten und Dörfer belebt; Haupthafen u. 
Hanbelöpläge find: Defenzano, Salo, S. Vigilio, Laziſe, Malfefine 
und der größte Riva. In der Mitte des Sees eine Infel, 1 Miglie lang, wit 
einem vom Grafen Louis Lecchi erbauten fchönen Wohnhaufe nebft Gartenanlage, 
— Eonft bemerkenswerth find die Papiermühlen von Toscolano und Mas 
derno, der ——i— von Ponale, die Paläſte Bettoni und Bogliano, die 
Hügel von Bardolino, wo die herrlichfien Feigen wachfen. — gl. Le lac de 
Garda et ses environs, decrits par G. 8. Volta 1833. — Riccordi d’un viag- 
gio pittorico ai laghi di Garda, di Seppia e di Ledro par Mosconi. 
Garde heißt in einem monardhifchen Staate derjenige Truppentheil, welcher 
die Beftimmung bat, den Dienft um die Perfon des Regenten » verfehen. In 
roßen Staaten beſtehen G.n von allen Waffengattungen, in Fleineren befdhränft 
fich die ©. auf Infanterie oder Reiterei, oder auf beide. Ste unterfcheiden ſich von den 
übrigen Truppen theils durch befiere Bezahlung, theils durch beſſere Bekleidung, oder reis 
here Berzierung. Sollen diefe Truppen wirkliche ©.n feyn, fo daß man fle als eine Elite 
der Armeen betrachten kann, fo erhalten fie ihren Zuwachs, ſowohl an Gemeinen ale 
an Dffisieren, durch ausgefuchte, gediente und bewährte Männer aus den übrigen 
Regimentern, wobel man dennoch auf fchönen und großen Wuchs, als Reben: 
eigenſchaften, (dem fann. Sogenannte Nobel⸗G. beRehen gewöhnlich bloß aus 
Edelleuten u. dienen dann nur zur Pracht und zum Lurus. Kine andere Art 
©. find audy die fogenannten Leibregimenter. — G.n famen in der Gefchichte 
Schon fehr früh vor; fie finden fich bereits bei den aſſyriſchen u. perftfchen 
Monarchen unter verfchledenen Benennungen. Alesander der Große nahm 


/ 


Gatbelegen — Sardeiobe. — 


dazu die Söhne der Vornehmſten Macedoniens, die ſich In 2 Claſſen unterſchie⸗ 
den: die geringeren waren Waffenträger und beſetzten die Außeren Theile feiner 
Sohmung oder feine® Zeltes, warteten feiner Pferde ꝛc. Aus ihnen wurden feine 
Jagb⸗, Tiſch⸗ und Schlafgenofin (Hetairot) gewählts bei den römifchen 
Katfern vertraten die Prätorianer (ſ. d.) ihre Stelle und hatten oft den 
größten Einfluß auf Befebung des Thrones. Später bewachten die Trabanten 
und noch fpäter die Hatfdhiere die Berfon der deutſchen Kalfer, und bie 
Einrichtung an anderen Höfen war diefer analog. Bis zum 17. Jahrhundeste 
blieb die G. jedoch ſtets bloß zur Leibwache des Monarchen oder des Feldherrn 
befimmt und war daher nicht ſehr ſtark; oft wählten mißtrauifche are, 
wie Ludwig XI, Ausländer, beſonders Schweizer und Schotten, zu ihren ©.n, 
da fle der Treue diefer am meiſten vertrauten, wie ſchon am byzantinifchen 
Hofe befonders Germanen dazu gewählt wurden. In Frankreich fdheint der 
* Ludwig XIV. fie zuerſt ſehr vermehrt zu haben. Unter ihm beſtand 
die’. (Maison du roi, worunter die G. da Corps, die Mousquetaires, die G. 
frangeise) aus ungefähr 8000 Mann. In Preußen hatte Friedrich der 
Große zuerft.einige Batalllone Infanterie und einige Escadronen zur G. Stärs 
ter waren die ruſſiſchen G.n, weldye ſchon 1785 auf 10,000 Mann gefliegen 
waren, und Rapoleon fchuf die franzöftfche ©. ſchon zur Zeit des Conſu⸗ 
late ala Gonfulars u. fpäter ald Katfer-®. aus den ausgefuchteften Leuten 
der Armee, wovon Niemand je eine Regimentöftrafe erlitten haben durfte Rad 
und nach wurde die Kaiſer⸗G. bis auf die Stärke eines Armeecorps erhoben u. 
meiſt im lehten entſcheidenden Momente ald Referve verwendet. Man unterſchied alte 
G. (3 Regimenter Grenadiere, die (Son länger beſtanden hatten, u: 2 Regimenter 
Zäger) u. feit 1812 junge ©. (15 Regimenter), 6 Regimenter Eavalerie u. mehre 
einzelne Schwadronen, worunter audy Mameluden und die Ehren⸗G.n, zufammen 
38,000 Wann, waren. Die Grder Bourbonen beftand aus etwa 2500 Mann 
Haustruppen und etwa 4 der Armee, darunter 6 Schweizers Regimenter. Seit 
der JuliussRevolution wurde jedoch die franzöſiſche ©. aufgelöst. — Die preus 
ßiſche ©. wurde 1815 auf ihren gegenwärtigen Fuß eingerichtet und beträgt 
nach ihrer ge enwärtigen Formirung eine Divifon Cavalerie, eine Divifion In⸗ 
fanterie und eine Artillerte-Brigade. Auf ähnliche Weife ift auch die rufftfche 
©. formirt. Die engliſche G. beträgt 3 Regtmenter Gardes du Corps, 7 Res 
otmenter G.⸗Dragoner und 3 Regimenter Fuß⸗G. — Bei anderen Armeen, wie 
3 B. der öferreichtfchen, wiembergifhen, ſächſiſchen u. f. w. 
find die G.n nur Leibwachen des Monarchen im eigentlichen Sinne und bes 
fehen daher nur aus FEleineren Corps (f. d. Art. Robelgarden). Die Leib⸗ 
wache ded Sultans wurde aus den Janitſcharen (f. d.) gewählt, und tm 
Aegypten waren die Mameluden cf, d.) urſpruͤnglich zu einer Art ©. bes 
Rimmt geweſen. 

Gardelegen, Kreisſtadt im preußifchen Regierungsbezirke Magdeburg, an 
der Milde, hat ein Schullehrerfeminar, zwei Kirchen, 3 Hofpitäler und 5000 Ein» 
wohner und ift Geburtsort von Joachim Lange und Tiedge. — Die Stadt fol 
früher Ifenburg (Castellum Isidis) gehetßen haben und nad) der Göttin Iſis 
genannt worden Eon, die dafelbft verehrt wurde, wie man benn noch lange bie 
Stelle des Götterbildes zeigte. Nachdem das Heiligthum von den Franken ers 
fört worden war, wurde G. von Heinrich I. 924 gegründet und war bis um 
1478 Freiſtadt; ſeit 1547 befeftigt, litt &. im 30jährigen Kriege viel; 1643 — 47 
von den Schweden noch mehr befeftigt, wurden feine Werke 1638 von Kurfürft 
Friedrich Wilhelm gefchleift. 

Garderobe (franz.), der Aufbewahrungsort für Kleider; im Theaterwes 
en fowohl das Ankleidezimmer der Schaufpteler u. Schaufpielerinnen, als auch 
te verfchledenen Anzüge derfelben. Der ®.-Infpektor führt bei einem Theater 

die Oberaufficht über die G., bringt die Eoflüm-Angabe in möglich richtige Aus⸗ 
führung u. macht bei jeder Aufführung eines neuen Stüdes hierüber die nöthigen 


ER: ...Berbie-— Garnerin. 


Vorſchriften. Garderobier Heißt bei einem Theater derjenige, dem die 
Pflicht obliegt, Darauf zu fehen, daß jedes Kleidungsftüd von ihm felbR u. den 
Scaufpielern u. f. w. rein, unbefchädigt und im brauchbaren Stande erhalten 
werde. Die 8, Dränung bezieht ſich theild auf die Zeit, in welcher die, für bie 
Schaufpieler u. f. w. beflimmten, Anzüge bereit liegen u. die Schaufpieler u. f. w. 
ſelbſt in der G. fich einfinden müſſen, theild auf die Hülfsleiflungen des Garde⸗ 
robiers, des Friſeurs u. dgl. bei dem An, Ums u. Auskleiden. 

Gardie, Grafen de la, ein urfprünglich franzöfliches Geſchlecht aus Lan 
gueboc, das um die Mitte des 16. Jahrhunderts nad) Schweden (Liefland) aus⸗ 
wanderte. 1) Bontus, Baron de la G., aus Barcaffonne gebürtig, ſtand erſt 
in franzöfifchen, dann in ſchwediſchen Dienſten, flieg bald zum Feldmarſchall und 
Senator; 1580 entriß er den Rufſen Karelien u. ftarb 1585. — 2) Jakob, Gr. 
de la G., Sohn des Vorigen, geboren 1583, zeichnete ſich unter Karl IX. von 
Schweden gegen die Ruffen aus, befehligte daB Heer, welches dem Czaar Schus⸗ 
fol Hälfe gegen den falfchen Demetrius brachte, drang mit bemfelben bis nad, 
Mogkau vor, wurde aber buch Berrath feiner Leute von den Polen beflegt. 
Später befland er mebte glüdliche Gefechte, fchloß den Frieden von Stolbowa, 
ward Praͤſident des Kriegsdepartements u. farb 1652, — 3) Magnus Babriel, 
Graf de la G., Sohn des Borigen, Kriegsrath u. Kanzler von Schweden, ver 
Inst, wiewohl umfonft, die Königin Ehriftine, deren Günftling er war, von ber 

ederlegung der Krone abzubalten, ward dann unter König Karl Guflav Ge 
neraltffimus in Liefland, erhielt 1656 dad Bouvernement über Semgallen u. Lit⸗ 
thauen u, vertheidigte Riga genen die Ruſſen. Rah Karl Guflavs Tode nahm 
er ald Kanzler Antheil an der Regentichaft, ward darauf erfler Miniker Karls XL 
u. farb. 1686. Diefer &. Eaufte den Codex argenteus in Holland wieder und 
ſchenkte ihn, in maffives Silber gebunden, 1669 der Univerfitätsbibltothef zu Ups 
ſala. Mehr über ihn ſ. Schweden (Belch.). 

Garigliano (der Liris der Alten), fiſch⸗ vornehmlich aalreicher Fluß 
im Königreiche Neapel, entfpringt auf dem Apennin u. fließt durch die Provinz 
Terra di Lavogo Ind Mittelmeer, nachdem er bei Bonte corvo für flache Schiffe 
(Sandalt) fahrbar geworden. Da, wo er die Straße von Rom nad) Neapel 
durchſchneidet, iR eine Schiffbrüde. Die Ufer find flach und motaſtig, das Ge⸗ 
fälle äußerfi gering. — Hier verbarg fi im Schiiffumpfe Marius (f. d.). 

Sarizim, Gertffim, jetzt Griftm, eine Bergfpige des Gebirged Ephraim, 
im Süden der Stadt Sichem, ver Bergſpitze Hebal im Norden gegenüber, von 
welcdyer fie nur ein enges, fehr fruchtbares, wohl angebautes Thal trennt, iſt der 
höchfte Berg Samaria's, etwa 2500 Fuß mefiend, fruchtbar u. gut angebaut. Auf 
dem ©. wurde beim GEintritte in das Land Ehanaan der Segen über die Beobs 
achter des Geſetzes ausgeſprochen (Deutr. 11, 29. 27, 12. of. 8, 33.). Um 
330 v. Ehr. baute Manafles, der Bruder des Hohenprieftere Jaddus, einen Tem⸗ 
pel, weldyem der König Antiochus den Ramen Jupiter „des Gaftfreien” gab, 
um die Juden zur Abgötterei zu zwingen (2. Malk. 6, 2. vgl. 5, 23.). Die Sas 
maritaner hatten auf derfelben Stelle (um 400 v. Chr.) einen Altar errichtet u. 
beteten u. opferten daſelbſt (Joh. 4, 20—22.); auch nach der Zerflörung jenes 
Tempeld dur den Maklabäerfürften Johannes Hyrfan im Jahre 130 v. Ehr. 
Bis auf den heutigen Tag halten die Samaritaner dort 4 Mal im Jahre Got» 
tesdienft u. bringen ihr Paffahopfer dar; denn dort hat nad) ihrer Meinung die 
Stiftshütte mit der Bundeslade geftanden. Ueber die Heiligkeit des Berges ©. 
war immer ein lebhafter Streit zwifchen den Samaritanern u. den Juden. 

Garnerin, 1) Sean Baptifte, geboren zu Paris 1766, war ein Scyüler 
des berühmten Phyſikers Charles (ſ. d.), bekleidete in der Revolution eine Se 
cretärsftelle in den Bureaur des Rationalconventd u. trat im Prozeſſe der Koͤ⸗ 
nigin Marie Antoinette als Zeuge wider diefelbe auf. Später war er Illumi⸗ 
nateur der Königin Hortenfla und Joſeph Bonaparte's u. leitete 1825 mit bem 
Dhyfiter Robertfon die Berfuche mit dem Fallſchirme (vgl, d. Art. Luftballon). 


Garnier — Sernisen. | 
dedjahr unbekannt. Seine Tochter 2) Elifa, geboren 1791, ließ fich, bei ber 
weſenheit der Aliirten in Baris nach der zweiten Einnahme ber Stadt, am 21. 
ptember 1815 in Gegenwart ded Könige von Preußen aus einer Höhe von 
00 Klaftern mit dem Kallfchirme herab. 3) Jacques Andres, jüngerer Brus 
: von ©. 1), geboren 1769, vervolllommnete den Fallſchirm an dem Luftballon 
97 und ließ ich in demfelben Jahre aus einer Höhe von 1200 Klaftern mit 
ufelben herab, welches Erperiment er mit feiner Frau öfter zu Paris u. 1800 
Petersburg wiederholte. Gegen feinen Bruder fchrieb er: Usurpation d’etat 
de reputation par un freöre au prejudice d’un fröre. Paris 1815, 4. 

Garnier 1) (Robert), Thenterdichter, geboren zu la Fertoͤ Bernard in der 
— Maine 1534, ſtudirte zu Toulouſe die Rechte, wurde Rath und dann 
iminalrichter zu Mans, zuletzt unter Heinrich IV. Mitglied des großen Rathes 
Paris u. ſtarb 1590. Seine Trauerſpiele (Tragedios, aris 1482, 12. Rouen 
16, 12.) fanden bei ihrer erfien Ericheinung den größten Beifall, u. er befürs 
rte auch wirklich den befieren Geſchmack, brachte mehr Regelmäßigfeit in dad 
mzoͤſiſche Trauerfpiel und vaflelbe der gegenwärtigen Form näher. Er führte 
a Titel Tragicomedie auf dem franzöffchen Theater ein; fein erſtes Stüd, 
wein, iſt vom Jahre 1568, fein beſtes Hipolyt, vom Jahre 1573. — 2) ©. 
ean Jacques), geboren zu Goron im Maine Departement 1729, kam in das 
llöge d’Harcourt zu Paris, und nachdem er darin einige Jahre fludirt hate, 
ırde er abjungirter Profeflor der hebrätfchen Sprache am Collöge royal und 
68 Infpector defielben, zu deſſen Umfchaffung er das Meifte beitrug. Er bes 
Aftigte fich vornehmlich mit der Philoſophie der Alten, insbefondere des Plate. 
eine Abhandlungen über Epiktets Leben u. Grundſätze aeigten, wie tief er in 
n Syſtem eingedrungen fet, u. fein Homme de lettres, 1764, 2 Bde., und 
aitö de l’öducation civile, 1765, enthalten wichtige Vorſchlaͤge zur Berbefierung 
e Unterrichtsmethode. Am befannteften aber wurde er durch die Fortfehung von 
elly's u. Billaret's Gefchichte von Frankreich, in welcher er mit unermünlichem 
fer die beſten Quellen verftändig benügte u. die Fehler eines zu pretiöfen und 
ywülfigen Tones, die man feinen Vorgängern Schuld gibt, glüdlich vermied. 
doch umfaßt feine Arbeit nur die Gefchichte Frankteichs vom Jahre 1469 bie 
63. As man 1791 von ihm den Ein auf die vom Könige angenommene ons 
tution verlangte, nahm er feine Entlaffung, lebte viele Jahre in großer Dürfs 
keit, befam endlich eine Penſton u. eine Stelle im Rational-Inftitut u. ftarb 
05, beinahe 76 Sabre alt. Als Freund einer philofophifchen Unabhängigkeit 
raͤnkte er fich auf die einfachften Benürfniffe ein, war beicheiden, obne Praͤten⸗ 
n, Ehrgeiz u. Furcht, fireng gegen ſich, nachfichtig gegen Andere, im gefells 
yaftlichen Umgange angenehm und ein treuer Freund. — 3) ©., Pageß, 
tienne Joſeph Louis, eines der Häupter der demokratifchen Partei in ver 
inzöfffchen Deputirtenfammer, geboren zu Marfeille 1801, war der Sohn eines 
hifföchirurgen u. wurde nach feines Vaters Tode im Haufe feines Stiefoaters 
agès zu Paris erzogen. Mit Dürftigleit Tämpfend, fuchte er als Commis fels 
n Unterhalt zu erwerben, während er feine Freizeit wifienfchaftlichen Studien 
dmete. Schon damals neigte er ſich entſchieden zu radikalen Beftrebungen hin, 
is der Umfland beweist, daß er in der Gefellfchaft Aide-toi u. bei den Gar- 
narid eined der einflußreichfien Mitglieder u. HauptfBrecher war. Nachdem er 
6 Rechtoſtudium vollendet, trat er, In Wiffen u. Bortrag ausgezeichnet, in die 
ihe der Advocaten ein. G. war einer der Haupttheilnehmer an der Juli⸗Re⸗ 
Iution, wurde, troß der Proteftation Gaftmir Poͤriers, in die Deputirtenfammer 
wählt u. kämpfte als radikaler Republikaner u. Revolutionär, wie er fich felbft 
amt, confequent gegen die Regierung. Er flarb 1841 an der Schwindfucht ; 
n Leichenbegänanig war, mit einziger Ausnahme des von Lafayette, wohl das 
lxeichſte, das Paris in neuer Zeit gefehen wurde. Als Privatmann u, Menſch 
ir fein Charakter in jeder Beztehung höchft achtenswerth. 

Garniren (franz.), mit Etwas verfehen, befegen. Garnitur, alle einzelne. 


m Baruifon — Garrick. 


Städe, weldhe zu einander gehören, Zubeho vd ale Zeue, 
—5 — —X un) Hr ai une erben; Befet, 


alerung. 
Sarnifon beveutet theils den Standort eines Truppentheils im Frieden, 
theils Bien Truppentheil felbft, oder überhaupt die Befagung eines Ortes, be 
ſonders einer Feſtung. Auf eine von dieſen beiden Debeutungen beziehen ſich da⸗ 
auch alle fanimenfepungen mit dem Worte ©. G.s⸗Truppen find fold«, 
die zur Befagung der Feſiungen bekimmt find; in einigen Armeen verbindet 
man aber mit 8.6 Bataillon oder Gompagnie noch den Bearift von alten, 
gelenten Soldaten, welche, als Halbinvalide, pa den Felddienſt nicht mehr taug ⸗ 
ich find. G.-Dienſt bedeutet theils Feſtungs⸗ oder Beſahungsdienſt heile Akt 
verfelbe auch überhaupt dem Felddi enſt gegenüber, alfo Frieden o dieuſt, wel 
FH ich größtentheils nur in dem Belagungsbienft beſteht. &.- Prediger, 
.Chirurgen, find bleibend für die Bejagung eines Standortes befiimmt n. 
folgen_berfelden nicht, wenn fie vieleicht eine andere Beftimmung erhält. 

Garonne, 1) ein Fluß im fühmelidhen Frankreich, der breitete bed gatjen 
Landes, mit einem Wlußgebiete von 1900 [J Weilen u. einem 94 Meilen langen 
Laufe, enifpringt auf den mittleren Pyrenden, im Ihale Arran, fließt norbivefl, 
bis Monrefean, dann norböfl. bis Touloufe, durchRrömt die Departements Hautes 
Garonne, TarsBaronne, Lot⸗Gatonne u. Gironde, wirb von Gazeres an ſchiff⸗ 
barz von der Mündung der Dordogne an, von deren Einfluß abwärts der Fluß 
den Namen Bironde —— ſelbſt für die größten Seeſchiffe, iſt im weiteren Laufe 
voll Inſeln, die den Schiffen gefährlich find, u. ergießt ſich unterhalb Borbeaus, 
4 [en breit, im das atlantifcdhe Meer. Bon den 30 Zuflüffen, wovon 8 
ſchiffbar, find zu erwähnen, Links: Nefle, Save, Gimone, Rals, Gers, Baiſe 
u. Ciron; ven: Galat, Arize, Arriöge, Tarn, Lot, Dordogne mit der Goröie 
und Dreh Ag Ft A ae Sanel ah Her 8 die 
jewaltigen Springfiuthen, welche, Waſſerbergen auf das Ufer ftürgen 
* oft oe —— — anrichten. 2) ge te, ein Departement im füb- 
weftlichen Srantreih, 112 [I M. groß mit 468,000 E., aus den Landfchaften 
Toulouſain u. Gomminges zufammengefegt, zwiſchen dem Departement Tarn⸗ 
©. im N., Tarı im N. D., Aude im D., Arriege Im S. O., der ſpaniſchen Pros 
vinz Aragon im S., u. den Departements Hauted-Pyrended u. Gare im W., ge 
hört im S. ®. mit etwa dem 12. Theile feiner Bodenfläche zu dem Hochge⸗ 
irgolande der Pyrenäen (Maladetta 10,548 %., Perdighero, Dualrot u. |. w.), 
währen alles übrige Land fich auf die nörblichen Borftufen biefer Gebirgsketie 
u. das Hügel» u. ebene Land von Languedoc u. Gascogne veriheilt. Die bes 
deutendſten dig find: G. Arrioge, Save, Lers und Tarn; die haäuptſächlichſten 
— Getreide, Flachs, Trüffeln, Tabak, Wein, Bauholz, Seide, Hornvich, 
aulefel und Eſel, Geflügel; Eifen, Kupfer, Blei, Antimontum, Wismuth, Zink, 
Ealz- u. Mineralquelen. Die Induſtrie ſchafft Glas, Fayence, Woll- u. Baums 
wollgewe be. Das Departement iſt in die 4 Arrondifiements Touloufe, St. Baus 
dend, BillefrandyesdesLauraguaid und Muret, mit 39 Eantons und 597 Ge⸗ 

meinden getheilt; Hauptſtadt Touloufe, Ow. 
Garrid, David, einer der berühmteften englifchen Schaufpieler, der Roe⸗ 


clus der Engländer, geboren zu Hertford am 20. Februar 1716, der Sohn eines 
Kapitän, u Liihfield, dem Wohnorte feines Vaters, wurde er von einem 
Geiſtlichen, Namens Hauter, in der lateiniſchen und griechiſchen Sprache unter⸗ 


richtet. 10 Jahre alt, Fannte er ſchon einige der beften dramatifchen Erzeugniffe 
feines Volkes u. führte mit feinen Gefchwiftern und einigen Schulfameraden 

den Srholungsfhunden Heine theatralifche Stüde auf. Diele frühzeltige Lieblings 
leidenſchaft beeinträchtigte feinen guten Fortgang Im Lernen, fo daß der Bater 
ihn mit feinem Bruder nach Liffabon fandte, um Beide dem Handel und Kauf 
mannsftande zu widmen. ©. fand feine Luft für dieſe Delmmung unb kehrte 
Ibon nach einem Jahre wieder in die Heimath zurüd, indem er bei berähms 


Garten. - m 

ten Samuel Johnſon 4735 die Haffifchen Schriftſteller fich erffären ließ. 1736 
begab er fidy nad) London, um die Rechte zu ftudiren. Der Tod feines Oheims 
feste ihn in den Befig einer nicht unbeirächtlichen Erbfchaft; er reiäte nach Ro⸗ 
cheſter, um bei Golfon Mathematik zu fudiren. Der unwierftehliche Hang zur 
Sdauſpiellunſt behauptete jeht, nach vielen Hin und Herzügen eines beftimmten 
2eber:öberufed, die Oberhand, er ſchloß ſich einer wandernden Schaufpielergefells 
ſchaft an, Fam nach London und feierte hier in der Rolle als Richard I. einen 
glänzenden Triumph. Bewundernswerth war fein Mienenfpiel, ſcharfſinnig und 
überdacht die Eharafteriftit der übernommenen Rolle, lei groß in Auffäſſung 
der Kraslihen, wie der fomifchen Individwalitäten, Unübertroffen gab er ven 
Hamlet in dem Shafefpeartfchen Drama. Nachdem er 6 Jahre lange in Lon⸗ 
don und in Dublin fi unverwelkliche Lorbeeren errungen, übernahm er die Dis 
teetion des Drurplane- Theaters, und ließ ſich befonders angelegen ſeyn, Shates 
ſpeate's Dramen in Auffhwung zu bringen u. überhaupt das Publikum für ei⸗ 
nen befieren Geſchmack empfänglich zu machen. 27 Jahre lange behauptete er 
als den berühmteften Schaufpteler feiner Zeit. 1776 zog er fi von ber 
Bühne zurüd, begab fi auf fein Landhaus Hampton bei London, wo er fi 
des Umganges geiftreicher Perfonen zu erfreuen hatte u. ftarb, an heftigen Stein» 
——— leldend, 20. Januar 1779. Seine Hülle wurde neben Shafefpeare's 
onument in der Weftminfter-Abtei beigefegt u, der Bifchof von Rochefter — 
die Leichentede. Er hinterließ feiner Frau, Violette (geborne Weigel von Wien), 
6000 Pf. St. reined Vermögen, 2 prachtvolle Landhäufer mit vielen Weinvor⸗ 
räthen, Gquipagen und Meubeln, einer —255 — Gemäldegallerie, beſonders 
garth’fdyer Bilder u. einer vorirefflichen Bibliothef. Hiezu kam noch eine jahr⸗ 
liche Rente von 1500 Pf. St. Bon der Birtuofität feines Mienenfpiels u. der 
täufchenden Kunft der Nachahmung in Gang u. Geberde gibt die Anekdote Zeugs 
niß, nad) der er dem berühmten Bogarıp zum Porträttren fich geſeht habe, das 
mit derſelbe in feinen nachgeahmten Gefichtözügen das Bildniß von Fielding ent 
werfen fönnte, welches der englifchen Ausgabe von Fieldings Werken vorgefegt 
werben follte. ©. verfuchte ſich auch in Abfaffung dramatiſcher Stüde, u. von 
feinen 27 Lufifptelen haben fi) einige noch bis auf unfere Zeit auf der Bühne 
erhalten, 3. B.: The clandestine marriage, Miss in her teens, The lying valet u. 
m. a. Geine theatralifchen Schriften wurden in 3 Bänden gefammelt, London 
17985 theilweife finden fich dieſelben auch in Bell's British theatre. Eine Rus, 
wahl von feinen Prologen u. Gedichten in »Poetical works of Dav. Garrick,s 
London 1785, 2 Boe.; für feine Lebensgeſchichte enthalten intereſſante Züge s 
Davies memoirs of Dav. G., London 1780, 2 Bde. u. Murphy Ihe life of G., 
London 1799. Anziehend find auch die Bragmente aus feiner Gortefpondenz, 
weldje vor ‚einigen Jahren veröffentlicht wurbe unter dem Titel: »The correse 
pondene, of Dav. G. with the most celebrated persons of his time,« London 
832, 2 Be, d. — Cm. . 
Garten heißt urforüngtich, nach dem gothifchen Worte gairden, umgäts 

ten, eine Einzdunung, Umgärtung, dann ein eingezäunter Plad, u. findet fidy in 
derſelben oder verwandten Bedeutung in & allen Spra Inbo sgermanifchen 
Stammes, fo gothifh nurtigards, engliſch garden, althochdeutſch Farto, mits 
Fa Hy — Inn, hortus, 4 xöpzos — — grob 
an; jardin, fpant ierto, italien! ierdino, polni od u. ſ. w. 
ill vom Aderbate Perglichen iR der G.⸗Bau rais) aber auch wirkt das Be⸗ 
bauen eines begraͤnzten Stückes Land für efbare u. zierende Gewächſe, u. war 
durch Handarbeit. Bei dem jetzigen verfeinerten Stande der Kunft muß man ihn 
die, durch Handarbeit bewirkte, Bildung u. Gultur einer mehr ober foeniger auds 
gedehnten Sandfchaft benennen, bie zu verfchledenen Zwechen, als dem des Kuhens, 
der Zierde und ded Vergnügend, eingerichtet wurde. Bis es jedoch hiezu ges 
langte, bis die S-Runt zur ſchoͤnen Kunft ſich erhob, fand es fehr lange an, 
u, erf die jüngfen Jahıhunderte geftalteten fie dazu, nachdem Frankteich um bie 


m Sarten. 


Mitte des 16. Jahrh. durch feine neuen, freitich nachher als geſchmadlos verrufe ⸗ 
nen, G⸗Anlagen die Bahn dazu gebrochen. — Nichts deftöweniger IR der @.-bau, 
u ſelbſt, wenn auch nicht nach unfern Begriffen, die ©.-Kunft, fehr alt u. reicht 
jar bis in die vorhiſtoriſchen, myſtiſchen Zeiten hinauf. Waren die Gärten der 
ten auch nicht Fun! mäßig angelegt, fo war doch die Korm, die fie en ga⸗ 
ben, regelmäßig u. ſymmetriſch. Gigenthümlich iſt, daß fogar die uns befanntes 
fen Urteligionen des Hellenis mus, die mofatiche, griechiſche u. muhammedaniſche 
Lehre, wie ihr eigenes Schöyfungsfyftem, ihren Himmel u. ihre Hölle, fo auch 
jede ihren ©. hat, u. nady der von und aboptirten mofalfchen Lehre unfere Schi 
fung fchon in einem ©. Rattgefunden haben fol, Der ©. der jüdifchen Lehre 
k demnach für den Gebraudy der Menichen, der des griechiſchen Polytheismus 
für die Bötter, u. das Paradies der Muhammedaner ift die Belohnung der Tu 
jendhaften in der künftigen Welt. Gan Eden, das jüdiſche Paradies, fol in 
Serkm gelegen haben. Deſſen Befchreibung von Mofes ift die Idee eines Dich⸗ 
r8, der auf feinen Begenfland jede Art von Vortrefflichtelt, deren er feinen ©, 
für fähig Hält, überträgt. Vemerkenswerth iſt, daß er in einer fo fernen Zeit 
(1600: vor Ehr.) ein Genätve von fo allgemein gültiger Natur entwerfen Fonnte, 
Es fcheint, als habe das Paradies in feiner großen Ausdehnung, von einem 
Fluffe bewaͤſſert, von hohen Bäumen beftattet, einige Aehnlichteit mit Thiergät⸗ 
ten u. Parts im neueren Geſchmade gehabt, die, nach Walpoles Behauptung, 
nach der ausfährlicgen Schilverung Mitton’s in England angelegt wurden. Die 
@ärten der Heöveriven lagen in Afrifa, beim Berge Atlas, nah Sfylar (600 
vor Chr.) mit Bäumen aller Art dicht u. regellos bewachjen; unter dem Frucht⸗ 
bäumen befanden fidy Goldaͤpfel (wahrfcheinlih Drangen), Granaten, Maulbes 
ten, Weinreben, Oliven, Mandeln und Wallnüffe, als Zierfträuche Schneeball, 
Myrthe, Lorbeer, Epheu und wilder Delbaum, Der von Muhammed verheigene 
G., der Himmel feiner Religion, ſoll reichlich mit fehattigen Grotten, Duellen 
a, ſchwarzaͤugigen Huris verfehen ſeyn. Die älteften Gärten, deren die @efchichte 
erwähnt, find die Babylon’s u. Affyrien’s (2000 v. Ehr.); fie zeichneten 
ſich durdy eine romantifche Lage, großen Umfang u. Verſchiedenheit der Erzeug- 
niffe u. des Nutzens aus u. wurden in ihren Tagen unter die Wunderwerke der 
Welt gezählt, namentlicy die hängenden Gärten der Semiramis. Ste waren ges 
gen 4 Morgen groß u. erhoben ſich ſtufenförmig in Terraffen übereinander, die 
von mehr als 300 5. hohen Steinpfeilern getragen wurden. Die verfchiedenen 
Terraſſen u. Grotten enthielten Spriupbrunnen, lumenparterre, Sihe u. Speiſe⸗ 
fäle und vereinigten die ſchönſte Zierllchleit der Blumen und des Gebuͤſches mit 
Schattenpartien u. ausgedehnter Ausfidht. Die erfien Blumengärten fommm 
indeß bei den Indern vor, u. eines Roſen-G.s. des phrygiſchen Könige Mi 
das. erwähnt Herodot. Bei den Juden glänzt beſonders Salomo’& S., der vier 
edig u. mit einer hohen Mauer eingefaßt war: er enthielt eine Menge Pflanzen, 
als naturhiftorifche Gegenſtaͤnde merkwürdig, wie den Ifop, der aus ber Mauer 
mwächet; wohlriechende u. prunfende Blumen, wie die Rofe, bie Lilie, den Calmus, 
Kampher, Rarde, Safran u. Zimmt; Forſtbäume als: die Geber, Fichte, Tanne, 
u. die reichfien Sruchtbäume, Feige, Weinſtoch, Apfel, Palme, Olive, Granate u. 
Johannisbrovbaum; Waſſer in Brunnen u. lebendigen Strömen u. einen Harem. 
Die Gärten der Perfer, Paradieſe genannt, ſcheinen nicht ſowohl Tunftmäßig ans 
gelegte, al angenehme, der ungemein begünftigenden Ratur überlaffene, mit Frucht⸗ 
bäumen, Pflanzen u. Blumen befegte Pläpe geweſen zu feyn, deren Zenophon, 
Diodor u. Strabo mehre erwähnen; body berichten Plinius u. andere römifche 
Schriftfteller, daß in den kleineren Gärten der Perfer die Bäume in geraden As 
leen oder regelmäßigen Figuren gepflanzt und die Rabatten zu beiden Seiten der 
Wege mit Kofen, Veilchen u. andern wohlriechenden Blumen bevedt waren. In 
den vorzüglichften Gärten fah man Kioske, Ruhepläge, Springbrunnen, Bogels 
Fon u. Thürme, von denen man eine weite Ausficht genießen konnte. LUebers 
aupt hielten die Morgenländer das G.-Weſen body; Plͤnius rühmt befons 


ders die Sy rier als tüchtige Gärtner. Die Griechen, weldye bie Gebrauche 
u, die Architeftur der Perſer nachahmten, werden auch ohne Zweifel ihr G.⸗We⸗ 
fen angenommen haben; indeß iſt es notoriſch, daß daſſelbe von ihnen über ver 
Bultivirung anderer Künfte vernacdhläffigt wurde. Die von Homer beſchrie⸗ 
benen Gärten des Alkinous u. Laertes fcheinen mehr dem Nutzen, als Vei⸗ 
gnügen gedient zu haben u. waren im Grunde nur gutangelegte, mit. einer 
umgebene, angenehme Obſt⸗ Küchen: u. Weingärten, mit einigen Blumen. “Die 
Öffentlichen Gaͤrten von Athen waren mit Tempeln, Altären, Gräbern, Statuen, 
Dentmälern, Grotien, Lauben u. Ihürmen geſchmüͤckt. Er im 3. Sahrbunderte 
vor Chriſtus fingen fie an, auch Blumen zu cultiviren, wie die Narcifie, Rofe, 
Schwertlilie u. das Veilchen. Ber den Römern kam das G.Weſen früh te 
Gebrauch; die erfie Erwähnung in ihrer Geſchichte betrifft den G. des Tar 
nius Superbuß (534 vor Chr.), in dem es viele Rofen u. Mohn gab. Erf Ku⸗ 
cullus brachte es aber auf eine höhere Stufe, mehr dadurch, daß er fremde Ge 
waͤchſe, wie die Kirfche, :Pfirfche, Aprikoſe ıc., einführte, als durch die überla⸗ 
dene Pracht; denn Im runde mangelte es den Römern ebenfalls an fchönen Bär 
ten. Die Bärten des Lucullus bei Bajä am Meerbufen von Neapel wettelferten 
an Pracht u. Koftbarkelt mit denen der morgenlänbifchen Monarchen, die er be 
fuhr u. fie nachgeahmt Watte, beſtanden aber hauptfädhlich aus wentdufigen Ge⸗ 
baͤuden, kuͤnſtlichen Hügelh u. weiten Waſſerflaͤchen. Die: Gaͤrten ver Römer bei 
der Stadt dienten nur zu dlonomiſchem Gebrauche; Lufgärten fand man um 
die Villen, von denen man bei Pliniuß dem Juͤngern die ausführlichfte Befchrets 
bung findet. Die Ziergärten fließen an die Häuter und an das Außerfie Ende 
eines Parkes (Paradicus) mit Gaͤrten, Wiefen, Yeldern, Weingärten, Delbaunts 
pflanzungen, Wäldern, Thiergärten, Tempeln, Dentmälern, Luſthäuſern, Flüſſen, 
Bächen, Eren. Rad) Augufl's Zeiten, unter dem der Blumen! ‚einen üben 
triebenen Brad erreicht hatte, verderbten Künfteleien u. Spielereien, wie befchnit- 
tene Hrden, Buchsfiguren u. dergl., den Geſchmack. Nach Hadrian u. Diocles 
titan verfielen die römifchen Prachtgaäärten. Das G.Weſen der Römer war rein 
empiriſch, u. wir befigen nicht nur fein, ausfdyließlidy mit demfelben fich befchäfs 
tigende®, Werk von ihnen, fondern wir finden auch in denen, die ihrer gelegenbeits 
lich erwähnen, mehr die Landhäufer, als die Gärten befchrieben, u. die Schrift⸗ 
fteller begnügen ſich meift, deren Anmuth u. Kruchtbarfeit zu rühmen. Mehr oder 
weniger handeln davon: Cato, Barro, Birgit, die beiden Plinius u. Eolumella. 
Bom Berfalle des weftrömifchen Reiches an und faſt das ganze Mittelalter 
hindurch befchränfte fich die ©. - Eultur beinahe ausſchließlich auf die Kloͤſter, 
die auch fpäter um Obflbau u. Blumenzucht fidy befondere Berpienfte erwarben. 
Zwar richtete Karl der Große fen Augenmerf au auf ven G.bau; allein 
feine Anordnungen erftredten fidy nidyt über ven Rubgarten hinaus. Um die Jet 
der Wiederherftellung der Künfte u. Wifienichaften fing man in Italien wieder 
an, Luflgärten anzulegen, von denen Peter von Crescenti handelt, ver im 14, 
Sahıhunderte ein, Karl II. von Neapel gewidmetes, Buch über den Landbau fchrieb, 
Die Familie der Medicis befchügte und beförberte zu Anfang des 16. Jahrhun⸗ 
derts, neben den andern Künften, auch die G.Kunſt. Um diefe Zeit, wo man 
auch in Frankreich, Holland und Deutfchland größere Gaͤrten, aber immer noch 
feine Kunftgärten, anzulegen anfing, wurde der Geſchmack an Statuen u. Urnen 
in den Bärten durdy den Cardinal von Efe hervorgerufen. Franz J. von Krank 
reich ahmte zuerft dieß nach, u. bald thaten e8 Mehre. In den Bärten wur 
den Bilanzen in Töpfe u. Bafen gefledt u. die Zimmer, Balfone u, platten Däs 
der der Häufer damit gefhmüdt. In Spanten führten erft die Mauren 
wieder den G.bau ein, u. noch befindet fidy der G. des Alcazar bei Sevilla in 
demfelben Zuftande, wie ihn die Mauren anlegten. Seine Wege find mit Mar- 
mor gepflaftert, mandye Beete mit Immergrün umftedt u. von Orangenbäumen 
befchattet ; Bäder u. Springbrunnen find in Menge vorhanden. Mit dem Ende 
der Maurenherrfchaft verfiel der G.bau abermals, und erſt Karl V. that wieder, 


j.,, 3 Gerienban. 


Etwas dafür, Die Gärten, welche für bie fchönften in Spanien gelten, wutden 
unter Philipp IV. nach franzöſiſchem Gefchmade angelegt: die des Escurial von 
Idephons u. Aranjuez. Cine eigentliche G,-Kunft bildete fich, wie fchon Eins 
gangs erwähnt, erft in Frankreich vom Ende des 16. Jahrhunderts an aus; 
wie aber der ganze Geſchmack damals verirrte, ſo auch der Gefchmad in 
GAnlagen; man fand nur fhön, was eine regelmäßige mathematiiche Flgut 
bifvete, und jede natürliche Anlage häßlih. So entftanden Gärten mit geraden 
Gängen, Aleen, Wänden von verfchnittenem Buſchwerle, in denſelben Nifchen 
u Bien oder Statuen, Pyramiden, Obelisken aus Tarusheden gefchnitten ; 
Springbrunnen zur Zierrath; ftatt der Blumen waren Beete mit bunten Potjel⸗ 
lauſcheiben angefüllt ıc. Wie aber diefer fteife Geſchmack auch abftieß, fo ver 
mochte es doch der den Franzoſen innewohnende Sinn für das Schöne, nad 
denfelben Gärten impofant u. anfprechend auszubilden, u. Lenotre (f. d.), da 
eigentliche Schöpfer der franzöfifyen G.⸗Kunſt, hat die Gärten zu Verfailled und 
andere im diefem Gefchmade fchön u. genial ausgeführt. Seine Nachfolger ver: 
unzlerten feine Methode aber immer mehr. In — wo die Tulpen ⸗ und 
‚Hyacinthenmanie um jene Zeit pen thren Anfang genommen hatte, ahmte man 
den Franzoſen nach, ging aber in der geſchmackloſen Ausftattung der Gärten mit 
verfehnittenen Bäumen und bemalten hölzernen Figuren noch weiter. Man jah 
bier fogar ©.Beete mit farbigen Steinen und Dulden in höchſt ſymmettiſchen 
Formen ausgelegt, ſtatt mit Blumen beſetzt. In Deutfchland, wo immer viel 
Sinn für den ©.bau geherrfcht hatte, u. derfelbe in den Reichaftäpten, Klöflern 
u fir lichen Refivenzen ſtets gepflegt worden war, ſchloß man ſich, wie in ben 
übrigen europätfchen Ländern, ebenfals an den franzöfifchen, fpäter an ben enge 
chen Gefhmad an. In England fand nad Karls I. Reftauration die fratt 
ſiſche G.-Kunft ebenfalls Eingang, und feit Wilhelm IM. der holändiiche Ge 
Ihmad, bis verſchiedene Umfende den neuen englifchen Styl herbeiführten, 
von dem Mafon fagt: Bacon fei der Prophet, Milton der Herold des modern 
nen G.Weſens, Addiſon, Pope u. Kent die Ritter des wahren Gefchmades ge 
weſen. Ad Pope in feinem &. zu Trinkham das erfte Mufter eines G.s geger 
ben, dem die Idee zu Grunde lag, daß ein ©. eine ivealifirte fchöne Landſchaft 
in befchränftem Raume feyn fole, verbreitete fi der Geſchmad an G.“ 
als Parts, warb bald allgemein, u. gewann auch nach und nady in allen 
dern des europälfpen Gontinents Eingang, obwohl biefe Richtung, welche die 
®.-Gultur der neueren Zeit nahm, häufig, flat zur Natur zurüd, zur Unnatur 
fi u — in Femliche Kuͤnfielel ausartete. Eine beſſere Schule. ſtifteten 
jayne Knight u Str Uvedaie Price (1794), denen der talentvolle Repton (1810) 
folgte, deren Bemühungen die B-Anlagen ber Gngline: beveutende Berbei 
zungen verdanken. Die Spielereien der wel u. ODbelislen verſchwanden 
mer mehr, und Thaͤler, Gehölze und Anhöhen werden nicht mehr entſtellt. Die 
Nothwendigleit, mit dem Ginkommen zu fparen, bat zumal den GSrundſah 
aufgebrungen, daß Wahrheit und Nugen der Mapflab der Schönheit fet, fo 
daß, nach Repton’s Bemerkungen, das Gharakterififche des jegigen verbefferten 
Sehmades in einem richtigen Sinne für allgemeine Küplichkeit befteht. Vergl. 
Boyleau, Trait6 du jardinage, Parid 1638; —R Thöorie et prä- 
tique du jardinage, ebend. 1706, deutfch Augsb. 1731; Schröder, De horlis 
vet. Hebr. 1722, 4.; Hirfchfeld, Theorie in der ©.-Kunft, Lpz. 1779, 5 Vde. 
4.; Laborde, Description des nouveaux jardins de la France etc., Par. 1808 
bis 145 Dietrich, Handbuch der fchönen ©.-Kunf, Gießen 18155 Lou don, 
Encyklopädie ded G⸗Weſens, aus dem Gnglifchen, 2 Bde., Weimar 1823—26, 
worin auch die wichtigfle ältere u. neuere 6.8 jeratur verzeichnet if. Bi. 
Gartenbau, diefer ſchoͤnſte u. wichtigſte Zweig der landwirthſchaftlichen Bes 
ſchaͤftlgungen zerfällt in die Küche n⸗ oder Gemüfegärtneret, in die Ob 
oder Baumgärtnerei u. in die Luſt-, Zier- oder Rurusgärtnerei, wor 
hin Blumenzucht⸗, Glashaus- u. Landfdhaftsgärtnerei gehören, Den 


Sartnbn | 577 


erfien Rang im ©. nimmt unflreitig England ein, wo fo viele Umflände eins 
wirkten, ‚ihn auf feine hohe Stufe emporzubringen und die Neigung zur Barten- 
pe e zum vorherrſchenden Rationalzuge der Briten zu machen, welche fie au 
n ihre Golonien mitnahmen. Durch Klima u. Boden Re verbreitete fi 
ber ©. ſchon im 16. Jahrhunderte (f. Garten) durch holländifche Gärtner in 
England, und bildete fidy feit Anfang des 16. Jahrhunderts, beförbert dur 
bie reichen Butöbefiger, ihre vielfachen fortwährennen Verſuche u. beſonders dur 
die von ihnen geftifteten Bereine für gegenfeltige Mittheilung und Aufmunterung 
immer mehr aus. So entflanden die Garten» u. Blumenvereine oder ©. 
Geſellſchaften, welche dann auch die Ausftelung von Blumen und Früchten 
und die Herausgabe von Zeitfchriften zur Kolge hatten. Die erſte war die 
Linné'ſche Geſellſchaft 1789; dann folgte 1805 die Horticultural Society 
in London, die 1809 einen Föniglichen Freibrief erhielt u. feit 1812 Transaction 
of the Horticultural Society herausgab, 1817 einen Eeigga Garten bei Hams 
merfmith erwarb u. fpäter einen großen zu Chiswick anlegte. Die in Schottland 
[don früher beftandenen und wieder eingegangenen Blumiftengefellfchaften lebten 
gegen Ende des vorigen Jahrhunderts wieder auf, u. die Edinburgher gab Berans 
ang zu der 1809 geflifteten Caledonian Horticultural Society, welche alle gZpeige 
des G.s bedeutend förderte und ſeit 1820 Memoirs of the Caledonian H. 8. 
herausgibt. Nach dem Muſter dieſer Geſellſchaften bildeten ſich bald ähnliche in 
mehren Städten Großbritanniens, namentlich in Eſſex, Lancaſter, Dort, Man⸗ 
cheſter, Suffolk, Bloucefter, Durham, Bedford, Hereford u. f. w. Auch in 
Rordamerifa wurden derartige Vereine in Newyork, Philadelphia ıc. geriet, 
In Frankreich, wo beſonders die Bomotogle in dem Minifter Ehaptal einen 
eifrigen Bertreter fand, ward 1809 bei der Wiedereinrichtung des Obſtbaumgar⸗ 
ten® der Karthäufer in Paris eine Schule für Obſtbaumzuͤchter damit verbuns 
den. Im Jahre 1827 warb die Societe d’horticulture in Paris geftiftet, aus 
dern Schooße 1828 eine Societe d’agronomie prätique hervorging, weldye 
Annales d’horticulture herausgibt. Mit erfierem Bereine verbunden tft die, 1829 
von Soulange-Bodin gegründete, Gartenanftalt in Fremont, weldye Karl X, 
fpäter zu einem Royal institut horticole erhob, das feit 1830 Annales herauss 
it. Holland bat Garten- u. Blumengefellfhaften in Harlem und Werfchot, 
elgien in Brüffel, Gent u. Antwerpen, am erfleren Drte die Societ6 d’horti- 
culture u, die Storagefeufihaft. Deutſchland reiht fi) im eifrigen Betriebe 
des Gartenbaues zunädhft an England an, u. in mandyen Gegenden find Gärten 
felbft noch verbreiteter, als bier. An Bereinen bilvete fich zuerſt 1803 die po⸗ 
mologifcye Zeuſchet u Altenburg, die ſeit 1822 pomologiſche Annalen heraus⸗ 
gab Getzt mit den Spittbeitungen ‚der naturforfchenden Geſellſchaft u. des Kunß⸗ 
u. Handwerfervereind verbunden), Anfangs bloß für Obſtbaumzucht, feit 1832 
auch für Gartenbau u. Blumenzucht; ihr folgte die praftifche G.⸗Geſellſchaft in 
Srauendorf in Bayern, die feit 1823 eine Allgemeine beutfche Bartenzeitung 
(jedt Ber npte Frauendorfer Blätter) herausgibt. In Berlin entfland 1822 die, 
nady dem Muſter der Londoner gebildete, G.⸗Geſellſchaft für den preußifchen 
Staat, welche ihre Verhandlungen herausgibt, jährlich Preiſe ausfegt und mit 
der eine Bärtnerlehranftalt u. eine Landesbaumfchule zu Schöneberg u. Potsdam 
in Berbindung ftehen. Im Dresden bildete fi) 1828 ver ©®.-Berein „Hlora” 5 
1829 der Berein für Blumifiif und ©. in Weimar; in eben diefem Jahre der 
Thüringer ©.:Berein zu Dietenvorf u. 1831 die G.Geſellſchaft zu Braunſchweig; 
päter entflanden: die Obſtbaum Feeat in Zittau u. der Verein der deutſchen 
bſt⸗ u. Weinproducenten, der Ä jährlidy an verfchtedenen Orten Deutſchlands 
verfammelt u. feine Berhandlungen im Drude erfcheinen läßt u. m. A. Haupts 
zweck aller diefer Vereine ift Beförderung der Pflangencultur,. den fie durch Zus 
fammenfünfte, um ihre Anfichten und Erfahrungen gegenfeltig auszutaufchen, 
Gorrefpondenzen, Berfuche, Ausftelungen, Bibliotheken, Pflanzenſammlungen ıc. 
zu erreichen fuchen. Die Literatur iſt außerorpentlich zahlreich, Davon, außer ben 
Realencpclopäbie. IV. X 


578 Gatve. 


im vorigen Artilel u. oben angeführten Werken, bemerlenewertha Zeitfchriften: 
nAlgemeine Gartenzeitung“, von Dito u. Dietrich, Berlin 1833: ff.5 „Der Gar- 
tenbeobachter“, von Gerfienberg, — 1837 fs, Dietrich, elſahe für 
Gärtner 2c.%, Jena 1840 f. Wörterbücher: Dietridy, „Lexicon: der Gärt- 
nerei u. Botanik”, Um u, Berlin 1800-40, 30: Bde; Handbücher: „Neues 
volftändiges Gartenbuch“, Um 1838 ff., 3 Dre; Mepger, „Gartenbuch 1c.“, 
alle Cörikians vhllfopfifßer Säriffer bi 8, Sahrfunde 

jarde, Ghriftian, philofop! I} hunderte, 
jeboren zu Breslau am. 7. Januar vg eines Färbers, flubirte in 
Srantfurt an der Oder Philofophie bei Baumgarten, verlegte ſich in Halle be 
ſonders auf Mathematif u, machte In Leiprig, wo er im Haufe Gellerts wohnte, 
"auch mit Weiße vertraute Bekanntſchaft. 1760 ſtarb Gellert u. G. warb als aufer- 
orbentlicher Profefjor der Philofophie nach Leipzig berufen. Er habilitirte ſich durch bie 
Abhandlung »De ratione scribendi -historiam philosophiae«, (Fülleborns Bet 
träge, 2 Stüd) u. las über Logit, Mathematik u, einige Schriften des Eicero, 
legte aber. ſchon na 3. Jahren wegen geſchwaächter Gefundheit feine Stelle nie 
der und privatifirte in feiner Vaterftabt, ganz den Wiffenfchaften Iebend, Eine 
Philoſophle des Lebens, die an metaphofihen Spekulationen nur entfernten Au 
theil nimmt, deſto aufmerffamer aber bei der mora| Selte der menfchlichen 

Natur verweilt, wurde und blieb das vorherrſchende Bedürfniß feines Flaren und | 
ruhigen Geiftes. Im Umgange mit; Gebildeten aller. Elafien und Stände 
erwarb er ſich einen Schah piychologticher Wahrheiten, welche den Inhalt feiner 
Schriften fo anziehend machen. Zugleid) gab er ſich in der Form feiner Schriften 
die danfenswerthe Mühe, Eleganz der Schreibart mit Gründlichleit der Forſchung 
zu verbinden. Die alten Glaifiter u, die englifchen Profaiften Burke, Bergufon 
u, Adam Smith, von deren Werfen er auch mehre überfepte, waren feine Mufter, 
Leider wurde ſein Leben ihm vielfach verbittert durch häufige Anfälle von Hypo 
ondrie und Nervenihwäche, wozu er fchon in feiner Jugend durch anhaltende 
ſihende Lebensweife und übermäßige Anftrengung, feiner Geifteökräfte den Grund 
gelegt hatte, Vorzugeweiſe aber waren bie lepten Jahre feines Lebens durch 
eine furchtbar -[hmerzhafte Krankheit heimgefucht, den Gefichtäfrebs, fo daß ır 
mit bewunderungsmärdiger Geduld u. Standhaftigfeit die graufamften Schmerzen 
ertrug, durch die, wie er ſich felbft ausvrüdte, die Natur ihr eigenes Geſchoͤpf 
zerfiörte; der erfle December 1798 machte feinen Leiden ein Ende. Seine erftın 
Abhandlungen erfchtenen in der neuen Bibliothek der ſchönen Wiſſenſchafien, 
herausgegeben von Weiße, ine Unterredung, welche ©, mit dem Köntge von 
Preußen, Friedrich U. hatte, veranlaßte ihm zur Ueberfegung von Cicero's Büchern 
von den Pflichten, welche durch die beigegebenen philofophifchen Anmerkungen in 
der Literatur zu großem Anfehen gelangte. Außer Ariftoteles Exhif u. Bolitif 
überfepte er aus dem Englifchen: Burke, über das Erhabene; Fergufon, Moral 
hilofophie; Gerard, Verſuch über das Genie, Paley's Grundfäge der Moral u. 
olitf, Mehre fcharffinnige Arbeiten in der Populärphilofopbie, (3 Bde.) über 
Geſellſchaft u. Einfamteit, fanden fi in der Sammlung feiner Hleineren Schriften: 
„Verſuche über verfchiedene Gegenfände aus der Moral, der Literatur und dem 
geſellſchafllichen Leben“, Breslau 1792—1802, 5 Bde. Seinen fhriftfiellerifchen 
Werth u. Charakter hat treffend fein Freund Manfo-in einem eigenen Programme 
gewürdigt (abgedruckt in den ſchleſiſchen Provinzialblättern 1799), Kürtner, in 
ten Chatalteren deutfcher Dichter u. Profaiften, faßt bündig fein Urtheil in den 
Worten zufammen: Scyarffihtigteit und britiſchet Tieffinn, ein durdpdringenber 
Bemerkungsgeift, tiefe Belefenheit in dem beſten Schriftfiellern der alten u. neum 
Zeit, feine lehrreihe Kritik, feuriges Gefühl des Schönen u, Guten, Adel, Bes 
Rimmtheit, Kraft {m Ausdrude: dic find die auffalendften Züge in dem Cha⸗ 
tafter der B.fchen Schriften. Seine fubtilften Gedanken u. Schlüffe weiß er mit un 
übertrefflicher Anmuih vorzutragen. Die Gragie der folratifdhen Eule, die 
Mndeljohnd fpekulative Schriften fo ſeht verſchoͤnert, war auch Ihm hold. Gelbk 

J 


. Gmail ·. [ 


den deutſchen Grammatifer iſt feine Sprache claſſiſch. Sein Ereuud Manfo 
—* ihm das ehrende Denkmal in den 3 zarten Diſtichen: * 
Dwelen Unfterblichen Hat fein Genius immig gehuldigt 
Die 0 Weisheit m. dir Göttin des Mafes u. Ziele; 
Guter Kranfer, du haft bein Roos. in. Zeiten geahnet 
Und aus. Allem gewählt, was der Gebrüdkte bedarf, 
Lieblich Hat di in Gtunven des Schmerzes die eine getröflet 
nd durch’s Leben zum Grab friedlich die zweite geführt. 

Gas iſt fo viel ald Luftart, u, man bezeichnet damit alle bleibend elaftiz 
ſche srüfpgfeiten, d. i. Iuftförmige Körper, die unter. jedem Drude u. jeder Kälte 
luftförmig. bleiben, wodurch fie fih von dem glelchfalls elaftifch-füffigen Dampfe 
€. d.) unterfcheiden. Ginzelne G,e laffeh fd jedoch durch fehr ftarfen Drud u. 

jtoße Kälte in tropfbare. Flüffigfeit verwandeln; man nennt fie daher comprefs 

Aibte oder coörcible ©.e, zum Unterfchlede von den incosrcibeln, oder pers 
manenten, deren ©.-zuftand durch unfere bisherigen Gomprefftonsmittel noch 
nicht hat aufgehoben werden fFönnen, obwohl die dereinftige Möglichkeit diefer 
Ummandelung nicht geläugnet werben fann, Die G.e unterfeiden fid ‚von den 
tropfbars-flüffigen Körpern namentlich dadurch, daß ſie fich nicht nur, wie 
dieſe, nach unten und feitwärts, fondern auch nach oben u. überhaupt nach allen 
Richtungen aus zudehnen fireben,. infofern ſie nicht durch fle umfchließende fefle 
Körper daran verhindert werben, Diefes Beftreben ſich auszubehnen u, mit andern 
ähnlichen Flüffigteiten gleichfam zu vermifchen, nennt man bie Diffuffton der 
Gee. Die ©.e find alle Durchfichtig u. die meiften farblos; mehre, wie das fals 
petrigfaure, das Ghlor-, Jod, Brom:®, u, a,, verſchieden gefärbt. Sie beflgen 
ein gewiſſes fpecifiiches Gewicht, was. für die einzelnen G.e durch Vergleichung 
mit dem der atmofpärifchen Luft, oder dem des Mafferftoff- oder Sauerftoff:&.e, 
die als Einheit gefept werden, beftimmt wird. Das leichtefle ©. ift das Wafler- 
ftoff-, das fchwerfte das Jod-®.: jenes 13—14 Mal leichter, dieſes über 8 Mat 
{hwerer, als atmofphärifche Luft. Die Elementar-®.e find geruchlos, bie zuſam⸗ 
mengefegten meift unangenehm riedjend ıt. irrefpirabel. Es find entweder einfache, 
elementare Stoffe, wie Sauerftoff, Wafferftoff u. Stiditoff, oder binärzufammen- 
gefegte, aus zwei Elementen beftehende, deren Zahl außerordentlich groß if. Die 
meiften der_feften einfachen und binären chemifchen Stoffe laffen ſich durch Et⸗ 
bigung in ©.-form verfegen, forwie auch die meiften Berbrennungsprodufte dieſen 
Aggregattondzuftand anzunehmen pflegen. Die erfte GAheorie gab van Helmontz 
us Im traten Rey, Boyle, Bled u. A. auf, u, Priflıy, Scheele, Eavendifh, 
Rutherford, Ingenhouft, Kovolfier, Fontana, Berihollet, Berzelius u. A. bildeten 
die Galehte nady den Grundfägen der neueren Chemie ‚aus. St. 

Gasbelenchtung, nennt man die Beleuchtung der Straßen u. Gebäude durch 
brennbare Gafe, vorzüglich durch Koblenwafferftoffgas, die man aus Zerfegung 
verfehtedener brennbarer Stoffe mittelft Hige erlangt, Meift werden Steinfohlen, 
feltener Del, hie u. da wohl aud) Theer, Bechöl, Theerdi, diſchthtan, Holz, Torf, 
Harz, Pech, Talg, Knochen u. dergl. dazu verwendet, welche durd) trodene Der 
ftilation zerfegt, ein Gemenge von Fohlenfaurem und Koblenorydgafe, gelohltem 
Waſſerſtoffgaſe, gefättigtem Kohlenwaſſerſtoff⸗ und —— — geben, 
das brenn- u. leuchtbar if, Die, nach erfolgter Reinigung zurüdbleivenden, mögs 
Lichft reinen Cafe werden dann dur Röhren an den Ort geleitet, wo fle zur 
Beleuchtung. dienen follen. Hier firömen fie aus geelgneten Mündungen aus, an 
denen fie angezündet werden. Angezündet, als Gaslicht, gewährt die ©. ein anf 
te8, Helles, weißes Licht, welches das Kerzens und Argand’iche Lampenlicht welt 
hinter fc) läßt, nicht funfelt und lämmert, und mit gleichförmiger Stärke, ohne 
Docht u, Schnuppe, ohne Geruch u. Rauch fortbrennt, Zugleich brennt das Gas⸗ 
cht in. horizontaler, verticaler, jekie, furz in jeder Stellung. gleich gut; ver 
Lichtpunft verändert ſich nicht, wie bei. den Kerzen, Durch bleße Drehung eines 
Hahnen lann man die Größe u, Stärke der dlamme — lann ſle fo 


D 


L. u Gasbeleuchtung. 
roß machen, daß ſie jeden Winkel des Zimmers erleuchtet u. faſt Tageshelle auf 
gm Ar u. fo, Hein, daß fie faum bemerkbar ift u. ein guted Nachts 
licht gibt, Bringt man an den Enden der Gnsröhren eine Anzahl feiner Deff⸗ 
nungen an, fo. bilden biefe eben fo viele Beuerfirahlen von brillantem Glanze. 
Befonders geeignet erfcheint die ©. für größere Anftalten, wo viele Räume auf 
einmal zu erleuchten find, daher zur ——— zur Erleuchtung von 
Fabrifgebäuden, Gafthöfen c., und fie hat hier, außer ihren übrigen — 
auch noch den, daß fie da, wo Steinkohlen zur Erzeugung des Leüchtgaſes nicht 
ar zu hoch im Hrelſe fiehen, Jjede andere Beleuchtungsmethode in Bezug auf 
Montfetheit übertrifft. Es läßt fich diefe Beleuchtungsart aber audy für den Pri- 
vatgebrauch mit Bortheil anwenden, indem von größeren Anftalten leicht Röhren 
in die einzelnen Wohnungen geführt und während einer gewiſſen Zeit mit Gas 
yerfengt werben fönnen, ober indem man das Gas mittelft Heiner Gafometer in 
rivatwohnungen transportirt. Uebelftände find bagcamı daß, wenn mit dem 
jafometer ein Verſehen gefchieht, alle von ihm gefpelsten Gasflammen ploͤtlich 
erlöfchen, daß bei der Meinten Oeffnung in der Gasleitungsrößre, wentgftens 
bet Steinkohlengas, ein übler Geruch, felbft bei gereinigtem Gafe, entfteht, und 
daß, wenn man einmal vergißt, in einem Zimmer die Ausftrömungsöffnung nad 
dem Auslöfchen gehörig zu fliehen, das Gas das Zimmer erfüllt, wo e& fi) dann, 
wenn Licht hineingebracht wird, entzündet, — Das Verdienft der Anwendung der ©, 
im Großen gebührt Deutfchen, Winzer u. Lampapius, das ihrer eigentlichen 
Erfindung aber einem Gngländer Murdoch, Nachdem die Ghemifer ſchon zu 
Ende des vorigen Jahrh. auf die Wortheile aufmerffam gemacht, das, bei der Ber: 
Tohlung der Brennmaterialien verloren gehende, gelohlte aferkoftga noch weiter 
au benügen, u. Murdoch 1798 verfucht hatte, aus Torf u. Steinfohlen brenns 
jared Gas zu bereiten, machte zunächft Rampadius (f. d.) feine Idee hierüber 
in feiner „Hüttenfunde“ —— befannt u. ihm folgte in Ftankreich Le⸗ 
bon. TE ſtellte Gas durch Deftillation aus Holz dar u. wendete es zur Be 
Teuchtung in einem eigenen Apparate, der, übrigens nicht von ihm, fondern von 
einem Deutfchen Runfel erfundenen Thermolampe (f. b.) an. Weil indeß hie 
eine große Menge Steinfohlen nöthig war, fo Fam diefes Verfahren zu Teiner 
Anwendung, obſchon es wahrſcheinlich den — Anſtoß zur G. gab. Seit 
1810 fing man in England an, ſich der Steinfohlen zu diefem Zwecke zu bebienen, 
u. ſchon tm folgenden Jahre wurden in London einzelne Straßen u, Kaufläden 
durch Gas erleuchtet, während Lampadius im Wreiberg gleichzeitig gelungene 
Verfuche mit der ©. anftellte. In London ward die ©. 1815 zuerft von einem 
Deutfchen, A. Winzer (englifch nach der Ausfpräche Winfor gefchrieben), der 
die Gas: u. Coalgefellſchaft daſelbſt fliftete u, auch in Paris die erſte Gaecom⸗ 
pagnie gründete, wo er. 1830 flarb, im Grofen eingeführt; das folgende Jahr 
führte Lampadius die ©, auf dem Fönigl. Amalgamirwerfe zu Freiberg u. 1817 
PBrechtlcf. d.) im polytechnifchen Inftitute in Wien ein. Um diefe Zeit bildeten fih 
in England noch weitere Gascompagnten (fo die Congrev'ſche, die International: 
gascompagnie u. a.), welche es übernahmen, die Erfindung auch auf andere Städte 
Großbritanniens u. des Gontinents zu übertragen, u. jegt find die Straßen und 
einzelnen Gcbänbeder bebeutendften Städte Englands und des Gontinents, fo in 
Parts, Lyon, Wien, Berlin, Dresden, Leipzig, Frankfurt, Stuttgart, Hannover 
u. a., theils durch Die Gascompagnien, theild durch eigene Mittel mit Gas er 
leuchtet. Seit der erften Grfindung find indeß nicht bloß die Methoden der Er- 
zeugung, Reinigung u. Fortleitung des Leuchtgaſes mannigfadh verbefiert, fondern 
aud eine Menge anderer Stoffe zur Gateryeugung in Gebraudh gezogen worden, 
Reines Wafferftoffgas IR zur eigentlichen Gasbeleuchtung —— , weil es mit 
nur wenig leuchtender bläulicher Flamme brennt, und das Sumpfgas it 
feines geringen Kohlengehalte® nicht wohl anzuwenden. Dagegen " das gend 
gas Gibildendes Gas), bei dem zwei le Wafferftofigas mit einem Theile 
agen Kohlenſtoffes verbunden uny auf ein Map Derdiätet And (Sewicht = 


Gasbelench ung · 
0,985), das geeignetſte. Die gewöhnlichen Stoffe zur Leuchtgasbereitung find nun 
Steinfohlen und Del; — feltener —* DE ade 
aus Steintohlen ward namentlich durch Murdoch und Accum eingeführt; fie Hi 
jegt in England u, Deutichland beinahe ausfchließlich im Gebrauche. Del oder 
Thran, durch Tailor u. Martineau eingeführt, wird nur an einzelnen Orten ans 
gewendet, 3. B. in Liverpool u. Köln. Harz, entweder für ſich, oder in Kienöl ge 
löst, u. Pechöl wurden durch Ehauffenot, Mathieu, Danre u, Boscary in Paris 
und Hagenau, durch Brocchi in Antwerpen, durch Daniell in England, durch 
Schwarz in Schweden praftifch in Anwendung gebracht, Torf, früher ſchon von 
Murdoch gebraucht, ward neuerdings wieder von Mollerat verfucht. Hieran reiht 
fidy die neuefte Erfindung von Selliguns,; welche bereits in Antwerpen und Die 
ion das Harzgas u. in einem Theile von Lyon und Paris das Koblengas ver- 
drängt hat. Die Gasfabrifation zerfällt bei der Benügung von Steinfohlen und 
des Zorfes in zwei Hauptabfehnitte, die Erzeugung u, die Reinigung des Gaſes; 
die lehtere fällt beim Dele und andern Matrelallen weg. Bei den Steinfohlen 
muß nämlid) das Gas von Kohlenoxyd⸗ und Schwefelwafferoffgas, die fich zu⸗ 
gleich entwideln, gereinigt feyn, da diefe Gasarten, wie das Wafferfloffgas, weit 
weniger leuchtend trennen und Ießteres auch einen übelm Geruch entwidelt. Zur 
Leuchtgasbereitung aus Gteinfohlen eignen ſich na die erdharge und 
wwaflerftoffreichen Kohlen; bei Weitem die beſte Sorte iſt die englifhe Kännel- 
oder Schwarzfohle (Canel coal); unter den deutſchen Steinfohfen verdient die 
Saarbrüder Blätterfohle den Vorzug. Sie muß pechaähnlich fm angebrannt wie 
ein Licht: brennen, ſich durchaus nicht zur Braunkohle hinneigen und gute, aufs 
geblafene Coals Hinterlaffen. Man erhigt die zerfleinerten Steinfohlen in liegenden 
gußelfernen, elliptiſch geformten Gasretorten, welche hinten u. vorn durch Dedel luft 
dicht gefchloffen find, Durch die hintere Oeffnung gefüllt werden, an der vordern aber 
mit einer fenkrecht aufwärts ſteigenden Abführungsröhre verfehen u., zu 3 oder 5, 
über einer gemeinfdhaftlichen Feuerung in den gemauerten u. gewölbten Gasofen fo 
eingelagert find, ‘daß das auf dem Hofe angezündete Feuer fle von allen Seiten 
umſpieien u. in Krfchrothe Gtühhige verfepen fann. In diefem Higegrad werben bie 
luftdicht verftrichenen Retorten 5—8 Stunden erhalten. Er entwidelt nun das Gas, 
welches durch das Reitungsrohr, das durch ein Sattelrohr abwärts geführt wird, 
mittel Flantſchen (gußeifernen Rohranfägen) abgeleitet wird. Hierauf nimmt mar 
die abgefegten Coais, die einen Faum geringeren Werth haben, als die Kohlen, 
aus u. erfegt fie durch neue Steinkohlen. Das, durdy eine Biegung des Rohres 
einen eifernen Gylinder vor ber Retorte geleitete, Gas läßt bier, ſchon ein 
wenig erlaltend, den mitgebradhten Theer und das mit Ammoniak geſchwängerte, 
in den Waflerdämpfen enthaltene Waffer fallen,.Welche gleich nupbare Rebenpros 
dulte bilden; noch mehr aber wird von beiden in der fylinbrifchen Theercifterne 
abgeſetzt, mit welcher der Eylinder durch ein abwärts "gefrümmmtes gußelfernes 
Rohr verbunden iR. Während nun bie Ablagerung: des Theers u. des ammonls 
kaliſchen Waſſers fertpaumt tritt dad Gas in einen, den Branntweinfühlappas 
raten ähnlichen, vieredigen qufelfernen Kaften, in ben die Röhren unten miitelſt 
Blanıfchen eingefchraubt find, den Gonbenfator, wo es die dligen und rußigen 
Theile vollends abjept, fo we einen Theil ded Ammontats. gijn das Gas nım 
noch von der Koblenfäure u. den ſchwefeligen Dünften zu reifen, läßt man es 
mittel einer guheiſernen Leitungsröhre durch den Reintgungsapparat, einen mit 
Kallmilch (A Theil gebrannter Kalk mit 22-25 Theile Waffer) gefüllten, guß— 
eifernen Kaften freien, u. damit der Kalk nicht zu Boden finfe, wird er durch 
den mit Schaufeln verfehenen Rührer in beftändiger Bewegung gehalten. Nach⸗ 
dem es in diejer Blüffigfeit die meiften fremden Stoffe, die ſchlecht leuchten, oder, 
wie dad Schwefelmafferftoffgas, einen unangenehmen Geruch geben, abgefegt, fteigt 
es dann in Blaſen wieder auf u. durch ein Leitungsroht als ein 60-70 Pro⸗ 
zent Leuchtgas enthaltenes Gas weiter im ben Safpineter, in dem. es fi ſam⸗ 
melt, um von da am bie verfchledenen Orte, an denen es brennen fol, verbreitet 
. 


vr“ . Sadbelenchtuu⸗ · 
zu werben." Der Gaſometer beſteht aus einem gußeiſernen ober blechernen, von 
eifernen Reifen zufammengehaltenen, oft noch von KM umgebenen, großen Wafler: 
bebälter, der 20- 30,000 Kubiffuß faßt. Im diefen, mit Wafler fahr gefüllten, Be 
Den mündet das Mundloch der Leitungsröhre fo aus, daß es flets über dem 

öchften Wafferflande ift. In den MWafferbehätter wird ein ähnlicher Eyfinder von 
Eſenblech, der Gasbehälter, gefenkt, deſſen Boden aber oben, die Defnung unten 
iſtz diefer dient zum NRefervoir des Gafes, das denfelben, wenn reichlicher Zufluß 
da ift, hebt, wenn aber viel Verbrauch von Gas fatıfindet, finfen läßt. Aus demfelben 
geht nämlich) durdy das Mundloch wieder eine Leltungsröhre ab, in die Das Gas 
urch den Druc deffelben gebracht wird u. die es andern gußelfernen Röhren zus 
führt, die es zu den Puntien leiten, an denen es brennen fol. Diefe Leitungs 
zöhren zu u. von dem Oafometer haben vor und hinter diefem zwei Hahnen, um 
dem Gas, wenn jener gefüllt, den Zugang, besichungswelfe den Ausgang zu 
wehren. Oben if her Gnebehälter an einer Kette befeftigt, die, über mehre Rollen 
mengehenb. einen Zeiger an einer Scala bewegt, weldye anzeigt, ob der Gadbes 
hälter fleigt oder fÄNt, wornady man weiß, ob mehr Steinfohlen aufgegeben wer 
den follen, ober nicht, Derglelchen Gasapparate befinden fi meiſt in eigenen 

rößartigen Gebäuden, Gasanftalten, von denen bie ©. einer ganzen Stadt ge 
— elot wird, In dieſen werden, tie wir geſehen, noch nebenbel Coals, Steinlohlen⸗ 
iheer, Theerdi, Pech oder Brandharz, ſchwefelfaurer u. faljfaurer Ammontaf und 
etwas blaufaurer Ammontat (zu Berlinerblau), endlich aus der gefättigten 
Kalfmildy eine en Farbe gewonnen. Torf wird behandelt wie Steinfohlen. Das 

ereinigte Gas beträgt im Mittel ungefähr 1400 Kubiffuß per Tonne (4 Scheffeh 

ohlen, und eine Gasflamme verzehrt davon in der Stunde 54 Kubilfuß. 
Die Leuchtgasbereltung ans Del oder andere vegetabiliſchen oder thleriſchen 
Stoffen iſt viel einfacher, da dem Delgas feine foldhe unreine Stoffe beigemifcht 
find, als dem Steinfohlengas; weßhalb der Theerchlinder, der Condenfator ır. der 
Reinigungsapparat wegfallen, Der Gasapparat felbft iſt verfchleden, da man das 
Delgas nicht unmittelbar in ben Retorten erhigen fann. Man wendet zwar auch 
hier eine, übrigens nicht ovale, fondern cylinderförmige Retorte in einem Dfen 
an, füllt aber dieſelbe nur mit Hein gefchlagenen Coals oder Ziegen und läßt 
nun, während dieſe glühen, das Del aus einem über der Retorte befindlichen 
Gylinder, in den ed aus einem Gefäße mit Hahn gelangt , deſſen Auefluß genau 
geguliet werben ann, fortwährend in dünnem Gtrahle in die Retorte fließen. 
‚Hier ſtreichen die Deldämpfe an den glühenden Coals und Ziegen hin und vers 
wandeln fi) in Gas, das durch eine Röhre in die Flüffigkeit des Cylinders 
fletgt und von da vurch ne andere Röhre nach einem mit Waſſer gefüllten Ge- 
fäße gelangt, aus dem 26 abermals in eine Röhre austritt u. nach dem, freilich 
weit klelneten, Gaſometer geleitet wird, wo man es wie das vorige verwendet, 
Anwendbar bierzu find alle fetten Dele von hinreichend niebrigem Preiſe, ſelbſt 
ganz —ã—— u. ſolche, die ſich wegen ihres widiigen Geruches nicht in Lam⸗ 
brennen laſſen; ebenſo Abfaͤlle u. Bodenfag derſelben. Fiſchthtan, Harz, Pechoöl, 

heerdl und Erddl werben auf dieſelbe Weiſe behandelt; ja, man hat in England 
begonnen, Delga6 aus Menfchentoth In bereiten. Da die Bereitung des Gaſes aus 
De, obſchon im emeinen koſtſpiellger, weit einfacher it, als die aus Gteins 
tohlen, fo wird vilffelbe beſonders für ‘Brivatanftalten, Fabriken ıc. verwendet. Ein 
Pfo. RÜbdl liefert etwa 32 Kubilfuß Gas. Das Delgas entwidelt in feiner Bers 
brennung nady Umfländen 14—3 Mal fo viel Licht, al6 das Steinfohlengas. Harz 
liefert fehr reines Gas; ein Pfund Ilefert gewöhnlich 26 Kubikfuß. Pechöl, das 
ebenfalls fehr reines Gas liefert, gibt aufs Pfund etwa 40 Kubiffuß. Die Gin 
ang angeführte Meihode von Selliguns befleht darin, dag man Waſſerdämpfe 
utch eiſerne, mit Holztohlen gefüllte, rothglühende Röhren freichen und das dar 
durch entftehende Gemenge von Wafferfloffs u. Kohlenorxydgas In einen gleichfalis 
glühenden Spıinber mit den Zerfegungöprobuften zufammentreten läßt, die ſich 
aus einem Tohlenfoffreichen Dele —ES Dleſes Ieptere tropft fortwaͤh⸗ 

* 


DEE Poren) - m 


rend auf einige, im Cylinder aufgegangene, auch rothalühende Ketten. Dadurch 
verwandelt ſich ein Theil des Waflerftoffgafes in Kohlenwafferfloffgas, und man 
erhält ein Gemenge der drei Gafe, welches nur durch Wafler zu gehen braucht, 
um bie mit fortgerifienen Deltheile abzufegen. Das anzumendende Oel Tann 
Steinfohlentheer-, Erd⸗, Pechdl ıc, feyn. — Die Fortleitung u. Verwendung des 
Leuchtgaſes endlich betreffend, fo tritt daſſelbe durch das Ausflußrohr in unters 
irdiſche Röhren und bewegt fich feinem Beflimmungsorte — der Schwere, 
die das Gas in dem Gasbehälter auf daffelbe ausübt, entgegen. Die Hauptröhren 
find von Gußeifen, an dem einen Ende mit einer Schnauze, an dem andern mit 
einer Wulft verfehen; um das Ende des Rohres wird ein in Theer getränftes 
loderes Tau gewilfelt, die Schnauze dann in den. Wulft eine mit Blei eine 
gelöthet u. fo in eine vor Froft fhügende Tiefe horizontal in die Erde gelegt. Bon 
diefen Hauptröhren gehen dann, mittelft eingefchraubter Nebenröhren, Seitenlel⸗ 
tungen ab, die von Eifenblech, Kupfer oder Blei find, Iepteres befonders im Ins 
nern der Häufer, Zu den dünnften Röhren (Brennern), welche zulegt unmittelbar 
zu den Flammen führen, nimmt man Meffing. An den Drten nun, wo die Gas— 
flamme brennen foll, werben Schnäbel (Beuchterfäge) ——— Diefe loͤnnen 
entweder in die Höhe gebogen werden, ſo daß eine einzige Flamme (jet) durch 
eine Kleine Deffnung hervorbrennt; ober man wendet 3—5 fächerig vereinigte 
Flammen (Fledermausbrenner), wie meift zu den Straßenbeleuchtungen, an. Am 
Beten brennen fie aber, wenn fie auf Art der Argand’ichen Lampen zum Auf u, 
Zudrehen eingerichtet find (Atgand'ſche Brenner), wo die Flamme bis auf halbe 
Bußfänge verlängert werden kann. Da auf lehtere Weiſe natürlich mehr Gas 
confumirt wird, man auch nicht wiffen Fann, ob im Innern der Häufer die Gas» 
flammen längere over fürzere Zeit brennen, fo hat man Gasmefjer eingerichtet, 
weldye die Maffe des confumirten Gafes nach Kubikfugen berechnen, Diefe Gae⸗ 
mefier find ventilähnliche Räder, die in den Röhren furz vor der Flamme ange⸗ 
bracht find und ſich beim Austritte des Gafes drehen. Die Zahl der Drebungen 
wird durch eim Zeigerwerk angeneben; das Ganze iſt mit einem, nur der Gas- 
verwaltung zugänglicyen, Gehäufe umgeben, Gordon erfand tragbare Gaslampen, 
um tragbares Leuchtgas aus den Gafometern in die Häufer zu ſchaffen. Es wird 
nämlidy eine große Menge Steinfohlen- oder Delgas mittelft der Drudiampe auf 
Ts oder 75 des vorigen Raumes verdichtet und fo in tragbare Gaslampen ges 
bracht. Diefe, für häusliche Zwede fehr praktifche, Methode hat indeß noch nicht 
die erwartete allgemeine Berbreitung gefunden. St, 
Gascogne, 1) eine ehemalige Landſchaft in Frankreich, die mit Guyenne 
eine Brovinz bildete u. nad) den alten FA Baslen, ihre Benennung 
erhielt, begriff im weitern Sinne die Ländchen Gondomßls,Babardan, Marfan, Turs 
fan, Ehalofie, Marennes, Landes, Bigorre, Labour, Soule u. Armagnac, ober die heus 
tigen Departements Landes, Hautes ⸗Pyrenoes, Ges. fe bn füblichen Theil von 
aute-Baronne, Tarn-Garonneu. Lot: Garonne. Der Boden der ©. ſenkt ſich von dem 
ochgebirge der Pyrenäen im Süden u. den Hochebenen der Gevennen u. des 
jebizged von Auvergne im Often zur flachen Meereötüfe. Im Weften find 
weite Ebenen, Eand, Haide u. Moraft, von Radelmaldungen durchzogen, beweg⸗ 
liche Sanddänen u. Lagunen am Meere, die im Süben mit baumartiger Halbe, 
Tamaristen, Meertiefern u. Korkeichen bekleidet find. Im Ofien vulkaniſcher Ges 
birgöboden. Die Landſchaften am Fuße der Gebirge u. länge der Fluſſe, fo wie 
das Hügelland, theilen nicht bie öde Unfruchtbarkeit der weiten Sandebenen, und 
bringen viel Wein, Getreide, Kaſtanien, Obſt, Mais, Hirfe, Hanf, Tabak u. f. w. 
ervor. Gonfige Produkte find: Kupfer, Cifen, Steinfohlen, Biel. Anfehnliche 
indußtrie, befonderd Wollweberel. — ©. gehörte ſeit 602 zu dem fränfifchen 
Reiche u. ftand unter der befonderen Aufficht der Herzoge von Aquitanien, weß⸗ 
bald es auch meift zu diefem Herzogthume gerechnet wird. Später machten fi 
diefe_ Herzoge unabhängig, wurden jedoch von Karl d. ©. wieder unterworfen, 
der fobanı der ©, eigene Herzoge gab, deren Stamm jedoch 1054 ausflarb, wors 
. 


[1 Gatmefſer — Gaſtein. 


auf bie Landſchaft an Guyenne fiel. Im Jahre 1450 wurden beide Provinzen 
von den Engländern erobert, dieſen aber 1453 wiedet von Karl VII. abgenom⸗ 
men u. feitbem von Frankreich nie mehr getrennt. Die Einwohner (Gascogner), 
ab ihres ruhmrebnerifchen Weſens in Frankreich zum Sprichworte geworden, wans 
dern viel. aus, find als tapfer, Hug u. thätig befannt, — 2) ©, Golf, ober 
Meer von ©,, der Meerbufen des atlantifchen Deeans an der Weftküfte Frant- 
reichs, der Norbfüfte Spaniens gegemüber, wird auch Meerbufen von Biscaya 
oder cantabrifches Meer genannt, Ow. 
Gasmeffer, |. Gasbeleuchtung. 

. Gaspari (Adam Ehriftian), ein verbienter geographiſcher Schriftfteller, 
4752 zu Schleufingen geboren, ftubirte zu Jena, wurde 1795 Profefior der Phi- 
loſophie dafelbft, kam 1803 als Profeffor der Gefchichte, Geographie u. Statiflit 
nad Dorpat u. 1810 als folcher nad) Königsberg. , Er ftarb 1830, Schriften: 
Lehrbuch der Ervebefchreibung, 1. Eurfus, Weimar 41792 (15. Aufl. 1826); 
2, Eurfus, ebend. 1793 (11. Aufl. 1826); Handbuch der neueften Eidebeſchrei⸗ 
bung, Weimar 4797—1805, 4 Bbe,, u. (mit Haflel, Cannabich u, Gutsmuihs) 
Volftändiges Handbuch der neueften Erbbefchreibung, ebend. 1819 — 265 1800 
—1803 war er Mitherausgeber der —— geographifchen Ephemeriden. 

Gaſſendi (Pierre), geboren 1592 zu Chartanſier (Provence), warb 1608 
Lehrer der Rhetorif zu Dijon, 1617 Profeſſot der Philofophie zu Air, 1645 Pro- 
feſſor der Mathematik zu Patis, wo er 1645 farb. Er trat ald Belämpfer der 
ariRotelifchen Philoſophie auf in feinem Werfe: Exercitationes paradoxicae ad- 
versus Aristoteleos (Grenoble 1624 u. Haag 1659); weniger glüdlich befämpfte 
er Sludd u. Cartes. Sein, befonders nach der Atomenlehre Epifurs gebildetes, 
Syftem (deſſen Anhänger Gaffendiften) wurde bald wieder. verlaflen, vgl 
franzöſiſche Literatur. Seine Opera, herauögegeben von S. Sorbiere 
Cer audy ©.8 Leben befchrieb), Lyon 1658, 6 Bde., von N, Averanius, Flor. 
41727, 6 Bde, Hol,, vgl. Bernier, Abrögö de la philos. de G. Paris 1678, 

Gafner (Johann Joſeph), eim tm vorigen Jahrhundert vielbefproche- 
ner Wunder- Doctor und Teufelsbefchwörer, geboren zu Brap bei Blu- 
denz in —— Auguft 1727, wurde bei den Seruiten erzogen u. erhielt 
4758 die Pfarrei Klöfterle im Bisthume Chur; von’ 1774 — 76 reiste er, nach⸗ 
dem er feine magifche Kraft zuvor längere Zeit an feinen eigenen Pfarrlindern 
erprobt hatte, in Schwaben umher, wo zahlreiche Hellungen von Krankheiten, 
namentlich aber die Auotreibung böfer Geiſter aus Beſeſſenen, feinem Ramen bald 
einen ausgebreteten Ruf verſchafften. Er fand jedody dabei eben fo viele Geg⸗ 
ner als mbänger 3 während der Bifchof von Gonftanz, der ihn in feine Refidenz 
berief, in G. Kichis weiter als einen Chatlatan erbliden wollte u. ihm zur Rüd- 
kehr in feine Pfarrei rieth, fand er day gen an dem Biſchofe von Regensburg 
einen mächtigen Gönner, der ihn nach Elmangen einlud, wo er wirklich mehre 

außerordentli nn Kuren verrichtete, worüber von einem Beamten fortlaufende 

Protokolle aufgenommen wurben. Bon biefem feinem Proteltor erhielt er auch 

die Pfarrei Bondorf bei Regendburg, wo er im März 1779 farb. ©. war ein 

Mann von feurigem Gemüthe und oem Glauben, dabei aber ohne große Ges 

Fler Die Schriften, welche für und egen ihn gefchrieben wurden, find 

fehr zahlreich; auch trat er ſelbſt als Shrithe er auf. Eine Lebensbefchreibung 

erichlen von {pn su Augsburg 1775. 

Gaftein oder Bad⸗G., kleines Dorf, fünwerlih u. 10 Meilen von Iſchl, 

im Salzburger Kreife des Erzherzogthums Defterreich, in dem hohen, 3000' über 

der Meeresfläche gelegenen, romantiſchen ®.erthale bei dem prächtigen Achen⸗ 

Wafferfalle, einem der fchönften in Europa, mit 100 Einwohnern, dem Wildbade 

leiches Namens und einigen Häufern zur Unterkunft der zahlreichen Kurgäfe, 

‚gebirge, Olimmers und Thonfchiefer, Granit und Gneiß bilden das @irge 

um ©. Die ſechs, zu den ſchwaͤcheren alkaliſchen Thermen gehörigen Quellen — 

die Fürftenquelle, die Doctorsquelle, die Straubinger» oder Sranzensquelle, die Spi⸗ 
⁊ 


Soffrentfäeft-wehsitn MM 


talquelle und noch zwei andere Quellen — find in ihren. Mifchungsverhäftnifien 
einander gleich und zeigen nach der Hünefelv’fchen Analyfe folgende Beftand- 
thetle: Schwefelfaures Natron 1,4331 Gr., Ehlornatrium 0,2834 ©r., „Chlor 
falium - 0,1405 Gr., Koblenfaures Natron 0,0595 Gr., Kohlenfaure Kalferde 
0,3394 Gr,, Kieſelerde 0,3315. ©r., Talferve 0,0100 ©r., ——— 0,0138 
©r., Eifenorydul 0,0484 Gr., Schwefelnatrium 0,0292 ®r., Flußſaute Kallerde 
Spuren, Phosphorfaure Thonerde 0,0292 Gr., Summa 2,7180 Gr. Die Tem 
peratur bifferirt bei den verſchiedenen Quellen zwiſchen 36 bis 38° R, G,, ob⸗ 
ſchon fehr arm an Eohlenfaurem Gafe und nicht viel reicher an. feſten Beftand- 
theien, iſt durch. eine fehr einbringliche 5 auf den menſchlichen Drganis- 
mus — in welcher es ſich Töplig nähert, Diefe Witkung ſpricht ſich 
als eine belebende, reizende, ftärfende bei allgemeiner Schwäche aus und nimmt 
noch eine fpecififche Richtung auf das Genitalfyftem und erweist ſich in allen 
dahin. gehörigen und daraus hervorgehenden Kranfheitözuftänden höchſi wirkfam, 
— Gine fehr wohleingerichtete und. fr befuchte Filtalbadeanftalt findet ſich noch 
in dem, eine Stunde davon entfernt gelegenen, Markifleden u. Hauptorte Hof-G,, 
wohin das Waſſer durch Holzröhren geleitet wird. u. 
Gaftfreundfchaft. Als es noch feine Wirthöhäufer oder Gathöfe gab, war 
der Wanderer auf das Obdach und die Nahrung angewieſen, die er in der erſten 
Hütte fand, die ihm aufſtieß, under fand Beides, da Sitte, und Gefeh die Be 
wirthuug der Fremden empfahlen und. heiligten. — Dem Gafte wurde vor Allem 
ein Bad bereitet, oder wenigftend die Füße gewafchen und dann, Speife u. Trank 
vorgefegt. Erft nachdem er mit Speife und Trank verſehen oder einige Tage ber 
wirihet war, durfte man den Fremden nach Namen und Vaterland: fragen, Beim 
Abſchtede gab man ihm Geſchenke. Einzelne Familien errichteten G. unter ſich, 
bewirtheten und befchenkten dann. immer die Glieder ihrer Familien, wenn fie. zu 
ihnen famen, Gaftfreunde vermieden. ſich zu befämpfen, wenn bie beiverfeitigen 
Städte oder Völker im Kriege waren, umd eben fo. Fonnte der Todfeind ficyer 
ſeyn bei dem Feinde, wenn er den Herd ober. die Gattin defielben um Schuß u, 
©. angefleht hatte, So vertraute ſich Goriolan dem Tulius, feinem größten 
Beinde, Themiftofled dem Admet, — Die Kelten und Gallier liegen ihre Thüre 
offen, damit ein ermübdeter ober verirrter Ftemdling Nachts gleich herein Fonnte, 
Noch jept iſt Dieß in Norwegen üblich, Die alten Deutfchen verpflegten jeden Fremden, 
oder führten ihn, wenn ed an Raum oder Mitteln gebrady, in ein anderes Haus, 
In gleicher Art herrfcht auch jegt die ©, bei den Arabern und anderen morgen 
ländifchen Völkern. — Indefien mußte, jur die. Bevölferung und namentlich 
auch die Zahl der Reifenden zunahm, die ©. zu Jäßig werben, um im alten 
Glanje fortbeftehen zu können. Die Gefchenfe, die man Anfangs dem Gafle gab, 
wurden nun von ihm gefordert, oder die Odrigfeit oder einzelne wohlhabende u, 
ut gefinnte Menfchen bauten Häufer, wo bie Fremden ach fanden und ſich 
elbſt verföftigen Tonnten, wie dieß noch jet im Morgenlande üblich if. 
Gafthäufer. Als das Reifen häufiger wurde, mußte die alte Gaftfreunds 
es t (f. d.) nothwendig aufhören u, man fand ed allmälig vortheilhafter, dem 
remdling feinen Tiſch und fein Haus gegen eine Vergütung, anzubieten. Nach 
‚Herodot haben die Lydier zuerft ©. gehabt; in Griechenland, vorzüglich in Athen 
u. Sparta, waren die fogenannten Eefen u. Pandoch een Anftalten, die 
einfgermafien mit unfern Gafthäufern vergleichen laſſen, d, h. Gebäude mit ofr 
fenen Hallen, in denen Fremde, die mit einem Gaftfreunde in feiner Verbindung 
fanden, übernachten konnten; für Speife, Trank u. fonftige Bequemlichkeit mußte 
jeder Ankömmling felbft forgen. Zu Jeſu Zeiten waren ©. im Orlente und 
bei den Römern gewöhnlich; zu Jerufalem erbaute Johannes Hyrkanos bie 
‚erfte Herberge für Fremde. Doch glichen die fämmtlichen G. im Altertfume wohl 
mehr der Karavanferais (ſ d.). In Spanien und Griehenland muß 
der Fremde in die ©. alle Speifen mitbringen und fie ſich daſelbſt bereiten 
laſſen. In den italienifchen Gn pflegt man um Alles, was man ſich ger 


' Fr De Germägte. 


ben Täßt, vorher zu handeln, um nicht auf das Aergſte übertheuert zu werben, 
Engländer fellſchen ſaſt in allen Gin, bevor fie einfehren. Die beften ©. find 
ohne Zweifel die franzöflfchen, englichen u. ſchweijeriſchen, auch die in Sübdeutfch 
land übertreffen an Glanz u. prompter Bedingung viele norddeutſche, obgleich e& 
auch in Nordbeutfchland, befonders ſeit Vermehrung ber Sommunlcationsmittel 
u. daher auch der Relfenden, weit beffer geworben iſt — Nach ihrem Range u, 
ihrer Beftimmung theilt man die ©. in: Gafthöfe, Reftaurationen, Kaffechäufer, 
Schenken u. f. w. Die vornehmften ©. In großen Städten heißen Hötels, Die 
©. führen zur Unterfcheldung meiſt Schilder, die won Perſonen, Städten, Thie 
ren, Bäumen, Blumen u, f. w. bergenommen find; nur die Hötels pflegen den 
Beinamen von Ländern zu führen, 3. ®. Hötel de Baviere, de France, de Saxe 
2. f. w. Andere nehmen den Namen Hof an, mit der Bezeichnung irgend einer 
Nation, z.B. fächfifcher Hof, oder einer Stadt, wie: Stadt Berlin, Stadt Per 
ter&burg, Stabt Aiben. Im ſolchen G.n wird meit Mittags Table d’höte ger 
fpeist, u. nur des Abends u. nur in kleineren auch des Mittags portlonsweiſe 
(nach der Gharte). Die Bebienung geſchleht faft allenthalben durch Kellnerz nur 
in ‚einigen Gegenden, 3. B, Bayern, Defterreich, Frankreich, erfolgt fie, außer in 
ben erften Gin, durch Mädchen. Sſt find obrigkeitliche Taren der verſchiedenen 
Beürfniffe angefchlagen. Die Zahl der ©. ift meift in einer Stadt oder einem 
Diftricte befttimmt, fo daß zwar bie G,-Gerechtigkeit von einem Haufe auf ein 
anderes verlegt oder verkauft, jedoch nicht ohne Zufttmmung der getheripen 
©. Wirthe Jemand mit einer neuen ©, Gerechtigfeit belichen wird, gleiche 
Gaftfreundfcaft. 

Gaftmäbler, Schon im Alterijume wurben überall frohe Greignifje durch 
gefellige Tafelfreuben gefeiert, So ſchmüdten fidh bei ven Hebräern die Gäfle 
mit vom Wirthe überfandten Feflkleivern, auch wohl mit Kränzen, u. falbten fi 
das Haar. Früher faß, fpäter Tag man nad) perfifcher Sitte zu Tiſche, wo ab- 
wechfelnd Scherze, Muflf u. Räthiel die ng belebten u. würgten, Bel 
den Griechen wurben die G., von denen uns die Homerifchen Gefänge ein treues 
Bild geben, meift in den Nachmittagsftunden veranftaltetz die Gäfte ſaßen auf 
Seffeln, ein jeder meift an einem befonderen Tifche, u, es kam nicht auf die Zahl 
der Schüffeln, fondern zunächft auf reichlihe und Träftige Koft ar. Zerleger 
fehnitten die Speifen in Heine Stüde, die, wie auch fpäter, mit den Fingern zum 
Munde geführt wurden, und Knaben trugen in Bechern dem in einem ige mit 
Waſſer gemifchten Wein den Gäften zu. Rach dem Mahle ergöpten fle Sänger 
u. Tänzer. Schon damals veranftaltete man auch Pickecks, wo alle Theilnchs 
mer zur Ausrichtung des ©.8 mit beitrugen. Später befamen bie ©. eine feſt⸗ 
geordnete Geflalt u. wurden mit mehr Lurus ausgeflaltet. Man falbte fich das 

aar, fchmüdte fich feſtlich mit Kränzen u. Ian auf Ruhepolftern um die Tafel 

jeber ihr ſchwebte eine Rofe als Symbol der Berfchwiegenheit; daher die ſprich⸗ 
wörtliche Bezeichnung »sub rosa,« d. &. unter der Rofe Etwas mitthellen. Die 
Speifen wurden meift in 3 Gängen aufgetragenz der 1. war beflmmt, den Ap⸗ 
petit zu velgen, den 2. bildeten viele Schüffeln mit Wildpret, Geflügel u. Fiſchen 
u. der 3., beftehend aus Badwerk u. Früchten, den Nachtiſch. Man brachte bei 
fefllichen Gelegenheiten dem „rettenden“ Zeus, der Hhgien u. dem Genius einen 
Becher dar u. zahlreiche Trinkſprüche waren üblih. Dft betraf die Unterhals 
tung die ernfteflen Gegenflände, öfter noch herrfchten Scherz u. heitere Gefänge 
vor. Nach der Mahlzeit traten Mufiler, Tänzerinnen u. Poßenrelßer auf. Bet 
den Römern arteten bie ©. in ver Kaiferzeit in üppige Gelage aus, bie unge 
heure Summen verfchlangen und zu denen alle Länder die Lederbiffen Keferten. 
Bel den G.n der altın Germanen hatte das Trinken die Oberhand u. fte nahmen 
nicht felten ein blutiges Ende; ebenfo im Mittelalter. Hatte man fidh biöher mit 
ver einfachen Zubereitung befien, was die mädhften Umgebungen barboten, bes 
anügt und ein ©. nur nady dem Ueberfluſſe des Dargebotenen und ber Zahl ber 
Scüffeln gefdyägt, fo wurben nach ver Eutbedung Amerifa’6 auch die Eieug ⸗ 


* 


Gaſton ⸗Gaſtromalaci ) 
niffe fremder Länder u. bald auch die Künfte einer verfeinerten Küche in Anſpruch 
Ku Rach englifcher Sitte wird am Schluffe der Mahlzeit, wenn fi bie 
rauen entfernt haben, noch viel getrumfen, obſchon jept das Maß nicht mehr fo 
häufig überfhritten wird, wie früher. 

Gafton de Foir, f. Folr. 

Gaftrifch fommt von dem griechifchen Worte yasıp, welches Bauch oder in 
engerem Sinne Magen bedeutet, und bezeichnet Etwas, das in Beziehung zum 
Berdauungsfyfteme fteht: fo heißt der Magenfaft succus gastricus; dad Ber 
dauumgefyftem felbft wird das g.e Syftem genannt; — g.e Unreinigfeiten 
nennt man eine Verderbniß des im Magens u. Darm-Kanale Enthaltenen, alfo 
der aufgenommenen, nicht verdauten Nahrungsmittel, der daſeibſt abgefonderten 
Säfte (Des Magen-, ded Darm ⸗ Saftes ıc.), fowie der dahin ergoffenen (der 
Galle 1c.); entftehen in Folge diefer Verberbnig Krankheits ⸗Erſcheinungen (Mangel 
an Epluft, übler Gefchmad, belegte Zunge, Edel, Aufftogen 1c.), fo werben fie als 
ge Befch werden bezeichnet, e8 entftehen g.e Krankheiten; tritt Fiebet ein, 
fo nennt man es ein ges Fieber; — das gegen bie g.en Krankheiten in Ges 
brauch gezogene Verfahren heißt die antig.e Fri methode; fie beſteht zunächſt 
in Beachting firenger Diät u, in der Anwendung von Brech⸗ und Abführ- und 
auflöfenden Mitteln, E. Buchner. 

Gaftromalacie, Magenertvrichung, ein in neuerer Zeit als eigenthümliche 
Krankheit erfanntes Uebel, über deſſen Wefen die verfchlevenften Mnfichten herr 
ſchen. am halten es (in der Einwirfung des Magenfaftes auf die Magenhäute 
nach dem Tode begründet) für eine Art Selbfiverdauung; Andere fuchen es in 
der vermehrten Bildung der Effigfäure im Magenfafte, welche bei verminbertem 
ober aufgehobenem Nervenreinfluffe ftatt finde; Anvere wledet nehmen ein eigens 
thümliches antmalifches Gift ald Grundurfache an; Andere endlich laſſen babe 
aus worbergenangener, namentlich aus rofenartiger, oder überhaupt aus eranthes 
matifcher Entzündung entftehen. Jedenfalls iſt die Erweichung der Magenhäute 
eine dem Brande verwandte, bald auf Entzündung, bald auf vermindertem Ners 
veneinfluffe, bald auf örtlicher Ginmwirfung eines zerflörenden Stoffes beruhende 
Krankheit. Sie gehört aueſchlieblich dem Findlichen Alter an und Fommt gewöhns 
lich zur Zeit des Zahnens u. Entwöhnens vor und läßt ſich urfächlich meiftens 
auf Diätfehler zurüdführen. Ihr Berlauf tft fehr raſch und oft ſchon nach zwei - 
bis ſechs Tagen beendet u, in der Regel tödtlich. Mangel an Appetit u. Berflints 
mung des Gemüthes gehen diefer Krankheit als Borläufer gewöhnlich voraus, 
bis gänzliche Appetitlofigkeit, unauslöfchlicher Durſt, rothe, manchmal mit Aphihen 
Schwãmmchen) bededte Zunge, bald weicher u. fAhmerzlofer, bald aufgetriebener, 
le und empfindlicher Unterleib den wirklichen Eintritt der Krankheit ans 

ündigen; dabei verhält ſich das Kind unruhig, wirft ſich umher, zieht die Schenfel, 
meiſtens den linfen, gegen den Unterleib, erbricht ſich gleich Anfangs oder fpäter 
nad jedem Genuffe und gist durdy den Darm, abwechielnd oder gleichzeitig mit 
dem Erbrechen, eine wäfferige graue Flüffigfeit von fi. Darauf wird das Athmen 
kurz, leuchend, von furzem, trodenem Huften unterbrochen u. zeigt ſich das Kind 
immer unrubfger, oder liegt auf vem Rüden und gibt feinen Schmerz; im erften 
Falle durch anhaltendes Schreien, oder im legteren Falle durch Flägliches Wimmern 
zu erfennen. Das blaſſe Geficht röthet fi) auf Augenblide u. prüdt Traurigkeit 
u. tiefes Leiden aus, Die Haut über den ganzen Körper ift Falt, mit Ausnahme 
der Hände, welche heiß find. Fieber begleitet den ganzen Kranfheitöverlauf. Zus 
nehmende Kälte der Gliedmaßen, verbrehte Augen, gedehntes Geſicht, Convulflonen, 
Schlafzuſtand u, f. w. find die Verfünder des — oft ſchon nach 24 Stunden 
der Krankheit erfolgenden Todes. Nach dem Tode findet mar die Magenwände, 
beſonders in der, dem Zwerchfelle und der Milz zugewendeten Gegend, weich, 
möürbe, wie aufgequllen oder verbidt, in eine weiß oder röthlich graue Gallere⸗ 
oder ſchleimigen Brei gleichſam zerſchmolzen und burdjlöchert. Man findet Feine 
Achten Zeichen des Brandes ober der Entzündung, bloß die Hantgefäßnehe ber 


we " Gafwonanie— Gatterer. 
Schleimhaut erfcheinen mehr entwiclelt, befonders in der Nähe des Loches. Der 
Magen enthält, außer Speifereften, einen halb durchfichtigen Hebrigen fauren Schleim. 
Geſtank und branbiger Geruch fehlt gänzlich, Bei der Behandlung dieſes Uebels 
iſt deffen Verhütung die Hauptſache, indem man bie Krankheit, welche der Ma 
generweichung vorhergeht, jo behandelt, daß die Ieptere nicht erfolgt, Unter den 
Berhütungs- oder Kurmitteln iſt eine gute Ammenmil das befte; zu den hieher 
ehörigen Arzneimitteln find vorzugswelle das Opium, als wäfleriges Ertract, das 
Aakfaure Eifenoryd, das Ehlorwahler u. die Holzfäure — Ab 

Gofteomanie auch Gaftrolatrie, übertriebene Sorge für die Pflege des 
Leibes, Bauchdienft, 

Gaftromantie, 1) Weiffagung durch Bauchrednerkunft (f. b.), 2) bei ben 
alten Griechen Welfagung durch bauchige, mit Harem Waſſer gefüllte und mit 
Leuchtern umgebene Gläfer, worin ein Rind oder eine ſchwangere Frau. die ſich 
zeigenden Gebilde beobachtete, aus denen dann bie Zufunft gedeutet wurbe, 

2 — (gtiechiſch/ Gutſch mecker eiz daher Gaftronom ein 
eclermaul. 

Gath, Geth, 4) eine der 5 Städte der Philifter, zwifchen Eleutheropolis, 
5 römifche Meilen davon entfernt, u. Lydda, in der Nähe von Azoth, wohl bie 
füblichfle der Städte, Sie war Koͤnigoſih der Fürften der Gathiter, wo Joſue die 
Riefen nicht ausrottete u. Geburtäftadt zweier Riefen Namens Goltath (t. Kön. 17, 
4. 23.5 2% Kon. 21, 19.5 1. Ehron. 20, 5.), ſowie zweier andrer Riefen, Ara 
phlten; auch des —— Ethai, der zum König David kam (2. Kön. 15, 19. 
18,2.), u. des Obedebom. Nah G. wurde die eroberte Bundeslade von ben 
Philiftern gebracht , aber aus Furcht vor dem Gotte Iſtaels bald zurüdgegeben 
(1 Könige 6, 17.). Unter Samuel eroberten die Ifraeliten, diefe Stadt; doch 
war fie unter König Saul wieder im Beſihe ver Philifter. David floh dorihtn 
unter den Schutz des Königs Achis; ald er aber König geworben war, nahm er 
©. ein (2, Kön. 8, 1.5 1. Ghron, 18, 1.). Die Ifraeliten ſchlugen die Gethiter 
mehre Male, Später wurde diefe Stadt noch einige Male verloren, aber auch wieder 
gewonnen, u, drei durch Roboam angebrachte Werfe wurden durch Dylas gefchleift 
(2. Ehron. 26, 6.). Auch wider ©. fprachen die Propheten Weiffagungen aus 
(Amos, 6, 2,5 De 1, 10. 14.). Diefe. Stadt, welche aus ver heil. Schrift wie 
verfchwindet, war im 5. Jahrbunderte noch ein großes Dorf; jept findet man 
feine Spur. — 2) G., Stadt in Galiläa, aus welcher der Prophet Jonas 
ftanmte, defien Grab noch zu fehen ift, jegt Mefcher. 

Gatterer, Johann Ehriftopb, deutfcher Hiftorifer, geboren den 13. Juli 
1727 zu Lichtenau, einer damaligen Nürnberg’fchen Feſtung, wo fein Bater Un: 
teroffigier im Dragoner-Regimente war. Seine Borbereitungsftudien machte er in 
Nürnberg und beyog dann 1747 die Univerfität Altdorf, um pbilofophifche ynd 
mathematifche Vorlefungen zu hören, mit denen er auch ortentalifche Sprachkennt- 
niß verband. Das Studium der Theologie begann er zwar, verließ es aber bald 
wieder, um auf Anrathen Heumanns ſich vorzugöweife ver Geſchlchte u. deren Hülfes 
wiſſenſchaften mit jugendlicher Begeifterung hinzugeben; 1749 wurde er Hof 
meifter bet Heumanns Stieffindern. 1751 zum Magifter ernannt, erhielt er einen 
Ruf nady Halle an des verftorbenen Semler Stelle, zog aber eine Lehrſtelle am 
Symnaftum in Nürnberg 1752 vor. 1756 Gonreftor und. mit dem Titel eine 
Profeſſors der Reich&hiftorie u. Diplomatif am Auditorio publico beehrt, gab er 
die Holzichuer’fche Geſchichte Heraus, was die Veranlaffung ward, daß ©. nad) 
Kölers Tode im Juli 1759 als Profeſſor der Geſchichie nady Göttingen berufen 
warb, die im Umgange mit den ausgezeichnetften Gelehrten und in feinen ger 
—* chen Studien ungemein gefördert durch die reichhaltige Bibliothek, paarte 

feine alademiſche Lehrthätigfeit mit der fruchtbarſten ſchriftftelleriſchen Wirk 
famfeit. Seine Borlefungen verbreiteten ſich Anfangs über ale Theile des hiſto⸗ 
riſchen Studiums, befchränkten fi) aber fpäter auf Univerfalhiftorie u. auf bie 
DiRonifyen ‚Hülfswifienfchaften, worunter er Diplomatit und Geographie mit bes 


fonderer Vorliebe behandelte. Bei dem Bortrage der ——— eſchichte beobachtete 
er die Methode, zuerſt eine einfache Erzählung der Begebenheiten zu entwerfen, 
dann die Urfachen zu vetanſchaulichen, wodurch die Greigniffe veranlaft wurben 
a. endlich die näheren u. entferhteren Wirkungen und Salgen hervorzuheben, Im 
der Diplomatif führte er in methodiſchem Stufengange feine Zuhörer vom erften 
Anfchauen der Alphabete u, Ehiffern an bis zum Leſen von Urkunden aus allen 
Sabhrhunderten, u. erläuterte feine Anleitung durch Vorlage von inftruftiven Ma- 
Br u, Kupferftichen. Zu feiner Zeit ward das Studium der Weltgefchichte 
noch hödyft geichmadtoß betrieben; faum hatte man fi) von dem Sykeme der 
vier Weltmonarchien losgeſagt. ©. betrachtete ed ald Zwed des hiſtoriſchen Stus 
diums, durch getrene u, lebendige Darftellung ver politifchen, bürgerlichen u. reits 
giofen BVerhältniffe, fo wie durch eine anfchauliche Schilderung der ftitlichen und 
ntelleftuellen Bildung der Völfer in ver Vorzeit, die Lehrerin der lebendigen 
und Fünftigen Geſchlechter zu feyn, was fle aber nach feiner Ueberzeugung nur 
dann leiften Fonnte, wenn fie zugleich theils die Urfachen und Wirkungen hlefer 
Berhältnife bei jeder Nation u. deren wechfelfeitige Rüdwirtung auf die übrigen 
Bölfer in jeder gegebenen Periode, wie in einem Spiegel wiederzugeben verftand, 
Sein äuferes Leben war ganz dem ftillen Berufe feiner Wiſſenſchaft geweiht-u, 
auf feinen Hörfaal u. feine Stubirftube befchränft. 1770 ward er zum Hofrathe ers 
hoben, 1776 Mitglied der Sorietät der Wiflenfchaften, in deren Gommentarien er 
19 Abhandlungen niederlegte, vortreffliche Zeugnifte geblegener Gelehrfamfeit und 
farffinnigen Sorfchergeiftes. Die angeftrengten Studien ließen feinen feſten und 
efunden Körperbau dennoch das bobe Alter von 70 Jahren erleben. Er flarb 
* Bolge von Blaſenbeſchwerden am 4. April 1799, nachdem er vier Tage vor⸗ 
ber ne Vorlefungen über Diplomatit — 2— hatte, G. war vorzůglicher in 
der Gefchichtöforfchung, als in der Gefchichtsfchreibung. Er gab mehre — 
Beiträge zur Gefchichte in aufflärenden Unterſuchungen u. bereicherte dadurch die 
Maffe neuenthüfter Thatſachen: aber ein anfchauliches treues Gemälde ver 
Zeiten, ein befriedigended Ganze gefdhichtlicher Darftellung gelang ihm nicht, 
Auch ift Feines feiner größeren Geſchichiswerke vollendet u. abgefchloffen worden, 
In die einzelnen Thatfachen ſich vertiefend, mangelte ihm der ordnende, durch⸗ 
dringende Geift, welcher die Mafje von Bruchftüden erft zu einem lebendigen Ors 
janismus befeelen follte. Das Berzeichniß feiner Schriften überfleigt de Zahl 
900, nicht gerechnet viele Recenfionen in den Göttinger gelehrten Anzeigen u. der 
‚allgemeinen deutſchen Bibliothel. Wir deuten nur einige feiner Hauptwerfe an: 
Weltgefchichte in Ihrem ganzen Umfange 1785—87, 2 Boe.; Berjuche der allge 
meinen Weltgefhichte bie pe GEntvedung von Amerika 1792; Abriß der Dip! 
matit 1798; Praftifche Diplomatik 1799; Abriffe über Geographie 1775 u. 1788; 
Ghronologie 1775; Genealogie 17885 Heralpit 17915 Allgemeine hiſtor. Biblios 
thet 16 Be, 1767— 715 BRorifähes Journal 16 Bände, 1772—81. Ale feine 
nen Söriften, fammt den noch ungedrudten Mehanbtungen, finden fih ges 
nau verzeichnet in den Zeitgenofien 1 Bd., 2. Mötheil., S. 199—207. — dr 
feine ni Lebenöverhältniffe gibt Auffchluß: Heyne Elogium recitatum in 
ek in April m u. „Gatterer” eine Gfigge, 1800 (von feinem 
Schwiegerſohne orn verfaßt). 
vn (lat. pagus),, — des Landes in Beziehung auf Krieges und 
Gerichtsweſen — alten Deutſchen. Die ©.-Eintheilung blieb durch Deutſchland 
bis ins 12. ımd 13. Jahrh., wo dann die Grafſchaften, deren eine oder mehre 
einen ©, ausmachten, immer mehr erblih wurden. Es gab größere (Lands 
ſchaften) u, ere G.e, fo daß in den größeren (3. B. in dem pagus Thu- 
ringise provinciae) auch Kleinere vorkommen, wie 5. B. im G. Rord-Thüringen, 
Die Benennungen der G.e waren verſchieden entlehnt: fo nach den Flüſſen (ber 
Rhein:®., Wars ®.), nach der Himmelögegend (Rord-®., Wefter-®.), nach 
der AbRammung der Bewohner (Shwaben-®., Heffen-®.) u. f. w. s 
fäus, De causis cur divisio germ, in pagos sensim desierit, Kiel 1778. 


L} Gau — Mardentius. 


Gau (Chriſtian Franz), geboren zu Köln 17905 bereiste feit 1817 Ita- 
lien, Sieilten, Aegypten, Nubten und Eyrien; vom. frangöfiichen General-Eonful 
Drovetti unterflügt, gelangte er nad) Theben u, auf dem Ril bis Effian u. über 
die Wafferfälle des Nils, Die zwifchen dem zweiten Katarakt u, Philä gefundenen 
21 Denkmäler machte er nach feiner Nüdkehr- über Syrien nach Europa durd 
feine Inscriptiones nubienses, Rom 1820, 4. befannt. Gr begab. ſich fpäter 
nach Paris u. gab feine Antiquites de la Nubie, Parts 1821—27, deuiſch Tis 
Dingen 1821—28, 13 Hefte, heraus, die fih an das große franzöflfhe Pracht 
werk anſchließen. Seit 1825: in Frankreich naturalifirt,, wurbe er 1826 von der 
frangöfifchen Regterung als Architekt angeftellt: 

Gauchos beißen die in einem halbwilden Zuftande lebenden Hirten, melde 
in den weiten ‚Ebenen der La Plata-Staaten CBampas genannt) in Süd-Ane 
rila entweder ald eigene Befiger, oder im Dienfte der großen Höfe (Eftancias) 
die bedeutenden, 10—12,000 Stüd ſtarlen, Viehheerden hüten und als treffliche 
Weiter berühmt find. Sie find meiſt Meftigen u. leben mit indianifchen Weibern, 
welche leptere alle Mübfeligkeiten und Beſchwerden ihres wilden Nomadenlebenö 
theilen, Man unterfcpetvet Oberhirten (Catapaz) u, Unterhirten (Biones). . Sie 
leben oft viele Meiten weit entfernt“ von aller menfchlichen Geſellſchaft, mähren 
fich faſi einzig u, allein von Fleiih, wohnen in elenden Hütten, leiden fich in 
Reder u. wollene Deden (Pouchos) und bereiten faft all ihr armfeliges Haus 
en aus Knochen, Lefen önnen wenige, Schreiben: gilt ihnen für große Kunft, 

te find zwar Katholifen, haben aber, von den Indianern vielen Aberglauben 
angenommen, Sie bringen ihre Zeit im völligften Müßigpange bin, find roh u, 
unempfindlich gegen Alles, ftehlen u. morden mit der größten Gleichgültigkeit u, 
verfolgen mit dem Scharffinne u. der Unermüdlichleit eines Indianers Ihren Feind, 
defien Blut allein ihre Rache fättigen Tann: dabel aber find fie jovial, heiter, 
felbft gutmüthig u. gaftfrei. Außerordentlich ift ihre Gefchidlichfeit im Reiten, 
denn k kommen faft bei feinem Gefchäfte vom Pferde u, ſcheuen fi, auch den 
Heinften Weg zu Fuß zu machen. Die den ©. eigenthümlichen Waffen find: der 
Laffo, eine 70 — 80 $. lange Schlinge, mit der fowohl There, ald Menfchen 
eingefangen und fortgefchleppt werden, und die Bolas, 3 Zoll im Durchmefier 
haltende Kugeln, weiche die ©. nady Menſchen u. Thieren werfen. — Der gegen, 
wärtige Präfivent von Buenos Apres, der durch feine wilde Graufamfeit berüchs 
tigte Rofas, if ein folder Gaucho. Ow. 

Gandentins, der Heilige, Biſchof von Brescia, zu Ende des 4. u. Ans 
fang des 5. Jahrhunderts. Sein frommer Wandel, verbunden mit gründlicher 
Gelehrſamkeit, ſehien ihn bei den Zeitgenoffen in Hochachtung, was ihn jedo 
keineswegs ſtolz machte, denn cr verlangte von der Welt weder Ghrenftellen, nı 
Würden; lieber wollte er durch die Flucht ſich unbefannt erhalten, als den Ge 
fahren des Lobes u. hoher Aemter ausiegen. Man hielt dieß für die Haupturs 
ache einer Reife, die er nady dem Driente machte; allein Gott, welcher die Des 
müthigen erhöht, ließ nicht zu, daß man in Itallen feiner vergaß: denn während 
er Im DOriente ungefannt herumrelöte und feiner Andacht am den heiligen Drten 
oblag, verlangten ihn die Kierifet u. das Bolk zu Biescia mit Ungeftüm zum 
Biſchofe. — Der heilige Ambrefius ald Metropolitan und die übrigen Biſchöfe 
madıten Im demnach durch Adgefandte feine Erwählung zu wiſſen u. erfuchten 
zugleich die Kapadocier, ihm feinen längeren Aufenthalt zu gefatten, falls er die 
Annahme des Biethums verweigern follte, wodurd nun ©. gewiffermaffen ges 
zwungen war, fid) dem Willen der Bifchöfe zu fügen. Er reiöte daher mit den 
Abgelandten nady Breocia, wurde vom heiligen Ambrofius geweiht und hielt an 
demfelben Tage vor ihnen über feine Welhung eine demuthöoolle Previgt. — 
Sehr bald erkannte die Kirche zu Brescia den khr von Gott verlichenen Schah, 
denn der heilige Bifcyof bewies fi in allen Pflichten eines forgfamen Seelen« 
hirten Tag und Nacht unermüdet befchäftigt. Man hat noch mehre feiner vor 
dem Bolte gehaltenen Reben, die er einem verbienfivollen Manne, Ramens Bene 


- Gaudin ⸗ Gaumen, [7 


volus, zuſchidte, weil derfelbe Kränflichkeit halber. eine Zeit lange nicht in die 
Kirche gehen konnte, — In den — des heiligen Johannes —2 
ſtomus wurde ©. mit vielen anderen Biſchoͤſen von einem Concilium zu Rom im, 
Jahre 406 an den Kaiſer Arfadtus nach Konftantinopel geſchigt, wo fie jedoch 
wegen ber Uebermacht der vielen Wiverfacher des heiligen Chryfoftomus viel 
Ungemach erlitten, bis man fie endlich unverrichteter Sache nach Italien zurüds 
ſchidte. Auf diefer Reife erwarb ſich der heilige ©. das Prävifat eines Beken⸗ 
ners, als welcher er — ungeachtet alles harten Verfahrens — mit den gewalt⸗ 
thätlg von den Feinden des heiligen Chryfoftomus eingefchobenen Bifchyöfen zu 
Konftantinopel durchaus Feine Gemeinfchaft haben wollte. — Bon den übrigen, 
Thaten des heiligen ©. haben wir feine Kenntnig; — wie man glaubt, iſt er. 
um das Jahr 419 heilig geftorben. — Feſttag 22. Dctbr. 

Gaudin (Martin Michael Charles G, Herzog v. Gasta), gebo— 
ren zu St. Denis 1756; er trat im 17. Jahre In ein Steuerbureau, warb ‚bald, 
Chef einer Unterabtheilung, nahm aber 4794 feine Entlaffung u. 309. fih nad) 
Soiffons zurüd, ward aber fpäter General-Gommiffair der Poften. ch 
Revolution vom 18. Brumaire warb er Finanzminifier, verbeſſette die Angelegen⸗ 
heiten des Schages fehr, hob die Rente u. ordnete das ganze franzöflfi — 
fotem; er wurde 4809 zum Herzoge von Basta erhoben. Durch ihn wurde 
befonders das Katafler zur Ausgleihung der Steuern entworfen. 1805. war er 
bei der Eommiffton, die Genua, u. 1811 bei der, welche die Elbe- u. Wefermün- 
dungen Sranfreich einverleibte, 1814 zog er fi von den Gefchäften zurüds 
Später wurde er Palt u, Gouverneur der franzöflichen Bank u. ia zu Paris 
1841. Er fhrieb: Memoiren, Par. 1826. vergl, franzöfifche Literatur, 

Gaudy (Franz Bernhard Heinrih Wilhelm Freiherr von), 
deutſcher Dichter, sin eines preußlfchen Generallieutenants u. einige Zeit Spiels, 
genoſſe Königs Friedrich Wilhelm iV., gene zu Branffurt a. d. O. 1800, im, 
College frangais zu Pario u. auf der Landesſchule zu Pforta gebildet, trat dann 
ins Militär und ward bald Offizier, Aber fchon 1833 nahm er den Abfchied, um, 
fi im Berlin ganz literarifchen Beſchäftigungen hinzugeben, machte einige Aus- 
flüge nad) Italien u. ftarb 1840 zu Berlin, Den liberalen Ideen der neueren Zeit 
huldigend, folgte er in feinen früheren Gedichten der Heine'fchen Richtung, bi er 
zu eigener Selbfiftändigfeit fich erhob. Gelungen find feine Heineren Gedichte in 
der Weiſe Beranger's, defien Lieder er mit Chamiſſo überfepte; wir erwähnen, 
mit Uebergehung feiner früheren literarifchen Arbeiten, die „Kaiferlieder“ (Leipzig 
1835), in denen er Napoleon ein ehrenvolles Denkmal fest, u. „Lieder u. Ros 
manzen“ (ebend. 1837); nach feinen Reifen nach Itallen erfchienen: „Mein Rö- 
merzug” (3 Bde, Berlin 1836) u. „Benetianifche Novellen“ (2 Bde, Bunzlaı 
1833), „Werke,“ gefammelt von Arthur Mueller, 2 Bde, Berlin 1845. 

Gaumen oder Gaumengemwölbe (palatum), nennt man den oberen vorderen 
u. oberen binteren Theil der Mund» u, Rachenhöhle. Jener, der Harte oder Ends 
Gerne G., wird von ven G.fortfägen der Oberfieferbeine u, von den horlzon⸗ 
talen Theilen der G.⸗Beine u, von den G.-Flügeln des Keilbeins gebildet u. iſt 
mit. einer dien, fhwammigen von Schleimbälgen, Gefäßen u. Nerven durchzo—⸗ 
genen u, an der Knochenhaut ziemlich feft anhängenden Schleimhaut (G.- Haut) 
überzogen; diefer, oder der weiche ©. (G.-Segel) beftcht an der oberen Fläche aus 
der Najen- an der unteren aus der Mundfchleimhaut, ift ebenfalls von Gefäßen u. 
Nerven durchjogen und, erfiredt ſich auf jeder Seite in 2 bogenförmigen Falten 
(G.bögen) nad) abwärts u. geftaltet fih zur Rahenenge, vor welcher in 
der Mitte das Zäpfchen hängt u. zwifchen welcher zwei, aus Schleimbälgen 
zufammengefepte, Drüfen (Mandeln) liegen. Derfelbe wird von 8 Musteln 
bewegt, wovon ihn zwet in die Höhe heben, zwei in die Duere fpannen u. vier 
nach ımten ziehen, Der Nuten, welchen der feſte ©. hat, befleht darin, daß er 
eine Scheldewand zwifchen Mund und Nafenhöhle bildet, der Zunge beim Spres 
hen zur Hervorbringung der fogenannten G.-Laute dient u, beim: Schlingen zur 


. 598 Gaunerſprache — Gab, 


feften Anlage der Zungenfpige Behufs der Weiterbeförderung des, auf der Zum; 
gefammelten, Biffens in der Art wirffam ift, daß biefer, dem Drude —— 
gegen das G⸗Segel hin geleitet wird u. diefes veranlaßt hinaufzufleigen, ſich in 
eine horizontale Lagerung zu verſetzen und die. hinteren Nafenöffnungen zu vers 
ſchlingen, damit der zu verfchlingende Gegenftand durch das fortgefepte Anpreſſen 
der Zunge nicht in die Nafenhähle gelange, fondern gegen den lund getries 
ben werde, Baia leltet beim Athmen durch die Nafe das —— herabhängende 
G.Segel die Luft von der Mundhöhle ab u. gegen dem Kehldechkel hin und ver 
fließt dagegen beim Athmen durch den Mund dieRafenhöhle, um die Luft nad) 
der Kehltihe Fe gelangen zu laſſen. — Unter den Krankheiten, welche am ©, 
vorfonmen, find vorzugsweife die Entzündung (f. Bräune), fophilitifche, Dued⸗ 
filber- u. andere Gefchwüre zu nennen, Auch Fann der ©. in feiner urfprünglis 
hen Bildung zurüdbleiden, thellwelſe oder ganz offen bleiben, ſich mit Hafen- 
harte verbinden (gefpaltener ©, oder Wolfsradhen), oder, durch Krank 
ae: erftört, durchfrefien werden, Im erfteren Falle hat die Kunft mit 
folg verſucht, die Vereinigung der getrennten Weichtheile durch die blutige 
Naht oder durch ein Mammerartiges, gezähntes Inftrument zu beiirfen; im 
en, wie im legteren Falle nimmt fie die Einlage eines Fünftlichen, aus Mes 

tall gefertigten G.s (Dbturators) zu Hülfe, M 

Sannerfprace, f. Rothwaälſch. 

Gaupp (Ernft Theodor), geboren 1796 BE Kleingattron bei Rauden in 
Nieverfchleften, Profeffor der Rechte u. außerorbentliches Mitglied des Oberlandee- 
geriät8 zu Breslau, gab heraus: Quator folia antiquissimi alicujus Digestorum 
codieis rescripta (Brest. 1823); ferner: Ueber deuiſche Städtegründung, Stadt» 
sera u. Weihbild im Mittelalter (Jena 1825); das alte magdeburger und 
ſchleſſiche Landrecht in feinem Verhältniffe zum Sachjenfpiegel (ps. 1928); Miss 
cellen des deutſchen Rechts (Breslau 1830); Lex Frisionum (ebend, 1832); das 
= Seh, F Thüringer Cebend, 1834); Recht u. Verfaſſung des alten Sachſens 
(ebend. yua 

Gauß (Karl Friedrich), einer der Masffinnigften Mathematifer, geb. 1777 
u Braunfchweig, zeigte ſchon auf der Schule große Talente u. iſt fett 1807 Bros 
Kor zu Göttingen, Seine Schriften Disquisitt, arithm., 1801; Theoria motus 
corporum coelest., 1809; Theoria combinationis observat. eto., 18235 Unter 
fuchungen aus den Beobachtungen des magnetifchen Vereins mit Wilhelm Weber 
(jeit 1836) haben die Wiffenfchaft weiter geführt, zum Theile ſelbſt neu geſchaffen. 
Im Jahre 1844 begann er die Veröffentlichung feiner Unterfuchungen über Gr 
genftände der höheren Geopäfte, 

Gavotte (franzöfifch), ein munteres, vorzüglich für den Tanz geeignetes Ton 
ftüd, beſtehend aus zwei Reprifen, im Auftakte anfangend, und dann der Tam 
Kin Nah Huct ſtammt der Rame von den Gavots, einem Gebirgevolle , 
m Ländchen Gap her. Auf dem Theater wurde die G. zuerſt von Beftris 
G. d.) getanzt. Die Melodie wird im 4 Takte gefeht. 

san, berühmter engliſcher Dichter, geboren 1688 zu Barnflaple in 
Devonfbire, erhielt von einem gewiſſen Luck, Schuliehrer in diefem Orte u. » 
ter, eine nlehung, die zur Entwickelung feines glüdlichen Talentes zur Pı 
nicht wenig beitrug. Die Befchäftigung eines Galantriehändlers, wozu ihn feine 
unbegüterte Familie beflimmt hatte, gewährte ihm Feine Unterhaltung. Er wurde 
4712 Sekretär bei der Herzogin von Montmouth, hielt fi hernady mit dem 
Grafen von Clarendon zu Hannover, zulept in dem Haufe des Herzogs von 
Queensbury zu London auf, und farb dafelbft 1732. ©. war, nad Vopes 
Urteil, ein gerader, anfpruchölofer Mann, ver immer fo ſprach, wie et dachte, 
Johnfon f ht ihm ganz jene mens divinior. ab, bie das Eigenthum grofer 
Dichter iſt, laͤßt Ihm aber als einem Sänger einer niedrigeren Sphäre alle 
Gerechtigleit widerfahren. Seine Gpifteln An kalt und monoton, feine bras 
matifhen Werke meiftens miteimäßlg. Großen Beifall fanden die, dem enge 


Sah ecſee ⸗· Sꝛra. m. 


Landmann unr etwas zu treu terifirend: »the she) 

In: ber Her Di den aan ln aaa. als 
—* den rufen feine — > BEA ia a — 
ET üb 5 An fen mit 5 erjählt u. den J 


hinter ider Be und durchivanderte alle ——— 
te von Großbritannien und Srland; goch — fie ein —— 
Änber; Poems (London 1720—75), zulegt (Eondon 4805, 2 3— 
7 Gate u u 3 ter Gfemifer und Päyfte, de 6. 
«Buflac Y - 
er ie im i wurde befannt 


wu 180 
ı fein Aufſteigen mit einem Luj mn von 22,000 Fuß; 1811 
e‘ a oc Bine — Arena heraus, in ben: in 
bachtungen über die galvanifche tafche und bie En 
17 1816 winde er. Brofefer an der — ule, 1800 
der utirtenfammer, 1832 Profeffor am naturhiforifchen Nuſenm, nach 
er ſchon früher zum Mitglieve der Parifer Alademie ernannt worden war; 
' erhielt ex bie Batre-Würe. Seine, in den Journalen zerfireuten, 
en größtentheil ins Deutfche überfept; mit Miex. v. bt bearbeitete er 
ı 1 ein paar Journal · Wufiägen rg auch: =) sur Vanalyso 
air athmosphörigue (Bar. 1804, 4. ortefungen über Ghemie wur⸗ 
Gere, de der Alm Eile 557— bes Eigene Sundee, auf 
ie ’6, an: der ’6, 
Anhöhe qui wiſchen Raphia u. — Aue va öde date gr 


en te aber auch Durip Dambei m, © be, wo; 
(fpäter Kon Farin g. Schon Mofes 
14 Anfehnlige Sur d. er 10, 18.)5 die Ex nahmen Re den . 


SR mo Simſon die Dertüge, 
Sue 3 Si fich ſelbſt Richt. 16, 1- 2m ng In Fa — — 
— (ine 9 5 F —— 5 ——— 
a at jer Heere. Wlerander X ai “% a 
el verwundet u. eroberte ſie erſt aweimo A Belagerung hi uud 
— 315 bier das *8 des ee —— 2agt, der da 
ring ala etes ef ie rien angreifen wollte, auf den —S — — 
Sieg —X auf Mo Btolemäus er ae 
Dem vermund he, Ei den eigenen Truppen Verwirrun— ng anti u u 
m Ausfhlag h, na Berlu 8,500 M., 
Motos; ©. En el in die AT der -Gleger. Wedhfelöwel 
? — Hegypter um bie v. Chr. eroberte 
ınder und zerflörte ſie; P fteß fie durch Her wieber aufbauen; 


? 


ir 


It, 1100 be 8 —— Br m Eeledein di @ —A 
ant 7 ei 
Again die Seuptfabt der —5 en —æ im 


— armenifchen Bi able 

me der bier viele vi © vi Bart haben an Sue —— De Bm ja bat 
6 b Grieche, geboren zu Wahre 
San ale Utah), cn va H ame Yan 3430, va Eau, Bater- 


in die Händı urbe bier einer der 
TRESTEREMITERNEN EEE 
elechcieradie· IV. W 


594 Gaze — Gebet. 


riechifche Spracdhlehre (Bafel 1541, 4.) u. vorzüglich durch Ueberfegung griedhi- 
re ins Lateinifche und von lateinifchen Autoren ins Griechiſche. —* 
Ueberſetzung von Ariſtoteles Hist. animalium, de partibus animalium u. de gene- 
ratione et corruptione, die fidy auch jet noch in den meiſten Ausgaben ber 
Werke deſſelben findet, wird für feine Deuptarbeit gehalten. Er farb in Ca⸗ 
labrien ums Jahr 1478. Bol. Fabricius B. Gr. Vol. I. X. p. 192. 

Gaze nennt man ein dünnes, durdhfichtiges, Fein gegittertes, wie Flot ges 
fertigtes Gewebe von Seide, Baumwolle oder Wolle, welches hauptſächlich zu 
allen Arten von Frauenputz, Zenflervorfegern, Unterfutter u. f. w. verwendet wird. 
Die orbinäre wird. gewöhnlich Butter: oder Steif-®., auch Marly genannt 
u. {ft in der Regel nur glatt; die feinen Gattungen hat man glatt, geftreift, & 
muſtert, geblümt oder mit Gold u. Silber durchwirkt, audy bunt gebrudt. 
bauptfädylichften Fabriken find in Frankreich, Holland, England und Deutſchland. 

ud aus China kommen fehr fehöne buntfarb ge u. ſchattirte Sorten. Die fdyön- 
en feidenen Fenſter⸗G.n lieferte Holland, allein fie wurden durch die in neuerer 
Zeit erfundenen G.n von feinem ‘Draht, weldye dauerhafter find, verbrängt. 

Gazelen oder Ghazelen, Iyrifche Gedichte bei den Arabern, PBerfern und 
Türken, die nie über 14 Zellen lang find und deren Eigenthümlichkeit darin bes 
fteht, daß ein einziger Reim durdy das ganze Gedicht geht, Eine Sammluug ders 
felben in fo vielen Abfchnitten, als Buchſtaben im Alphabet find, heißt Divan. Es 
iſt aber nicht nothwendig, daß eine folche erſt nach dem Tode des Dichters ver 
anftaltet fei, wie Mandye meinen. 

Gazelle, f. Antilope. 

Gebäude, jedes Werk der Baukunft, das für ſich ein Ganges bildet und 
defien nothwendige Erforvernifie Feſtigkeit, Bequemlichkeit u. Schönhelt find. In 
der Malerei wird unter ©. verflanden jeder Bau, ſei er Hauptgegenftand der 
Darftellung, oder nur zur Berzierung und Berfchönerung vorhanden, Palaſt fo- 
wohl, wie Hütte. Die Darftellung felbft verlangt eine gründliche theoretifche 
Kenntniß der Architektur u. der Perſpektive. 

Geber (Abu Mouffah, Didhaffar al Soft), geboren zu Hauran in 
Mefopotamien, war fo berühmt als Chemiker, Mathematiker u. Aftronom, daß er den 
Ramen Köntg der Araber erhielt. Bon ihm ſchreibt fich beſonders der Glaube 
an die Berwandelung der Metalle u. an die Univerfalmebizin, als die Bafen ber 
Alchemie des Mittelalters, ber. Man leitet audy die Erfindung der Algebra von 
ihm ab; er fchrieb: Liber, qui flos naturarum vocatur, ohne Ort 1473, 4.; 
Summa perfectionis magisterii etc, 0. ©. u. 3. (1470-80, 4.), u. a.; geſam⸗ 
melt, deutfch: volftändige chemiſche Schriften, Erfurt 1710, auch Wien 1751. 
Bol. Arabifche Literatur, 

Gebern, |. Barfen. 

Gebet, Beten, ift eine Erhebung bes Gemüthes zu Gott, bie Herzensſprache 
des Menſchen mit feinem Schöpfer. Dieß gefchieht durch Anbetung (f. d.), 
Bitte und Kürbitte, dur das Lob Gottes und durch Dank für erhaltene gött⸗ 
lihe Gnaden und Wohltbaten. Die heilige Schrift lehrt uns die Art u. Weiſe, 
wie wir beten follen, und die Kigenfchaften des G.s. Diefe find: wahre Ans 
dacht (f. d.) und Sammlung ded Gelfted, Demuth und Chrerbietigfeit, Ver⸗ 
trauen und freudige Zuverficht, Ergebung in den Willen Gotted und Gehorfam, 
nad dem Beifpiele Zefu (Matth. 15, 36., Mark. 14, 36., Joh. 15, 7., 1 
Betr. 5, 6. u. f. w.). Wir follen ferner beten im Stande der Gnade, im Nas 
men Jeſu, wie er uns felbft empfiehlt, ohne Unterlaßs d. h. wir follen ſtets un- 
fere Zuflucht zu Gott nehmen und im G.e beharren. Jeſus ſelbſt ließ ein zwar 
kurzes, aber Frafts und falbungsvolles Mufter von einem G.e zurüd, das deshalb 
auch das ©. des Herrn genannt wird (Katth. 6, 9 — 13., Lukas 11, 1 — 4). 
Nach diefer Vorſchrift müflen wir beten für das Beſte unferer Seele: um Ber; 

ebung der Sünden, um Stärke, und um die nöthigen Gnaben; ferner um das 
ohl unferes Körpers: um tägliche Nahrung, um Retung aus allen leiblichen 






Gebet— Gebhard. "\ 5 


Rötben, in Krankheit und Betrübnig, beim Beginne wichtiger Gefchäftee Die 
Nothwendigkeit des G.es erhellet aus den Lehren Jeſu, der felbft viele Zeit im 
®.e zubrachte (Matth. 7, 7. 8., 14, 23., Mark. 1, 35., Luk. 6, 12., 9, 28.), u. 
aus der Lehre feiner Apoflel (Kol. 4, 2., Jakob. 5, 13., 1. Theflal. 5, 17.5 fie 
folgt aber audy aus der Liebe zu unferer eigenen Wohlfahrt. Der Bebrängte er: 
hält troͤſtliche rg der Sünder heilfame Warnımg ; denn diefen letzteren erhört 
Gott nicht (Matth. 23, 14., Joh. 9, 31.). Wenn das G. die erwähnten (ige, 
fdyaften hat, fo iſt es für den Menfchen von ber außerordentlichfien und tröftlidy- 
Ken Wirkung; denn wer mit wahrer Zuverficht betet, erhält von Gott Alles, was 
{hm gut und nützlich iR (Matth. 21, 22., Zul. 11, 9 — 13.). Das G., als drin- 
gendes Bedürfnis jedes Menfchen in eine® Jeden Bruft tief eingegraben, war deß⸗ 
wegen auch fehon in den äAlteften Zeiten üblich, wie wir aus den Beifpielen 
Abrahams, Mofes, Samuels, Davids u. A. erſehen. Zwar finden wir im 
Geſetze des alten Bundes nur einmal (5. Mof. 26, 13 — 15.) eine ©.8-Formel 
vorgefchrieben; doch fchon die Pfalmen würden hinreichen, uns die Einführunff 
foldyer Formeln ſchon in früher Zeit zu beweifen; in ihnen mwurbe das ©. des 
anzen Volkes, von einer ausgebildeten Muflf begleitet, vor Gott gebracht. Man 
tete theils Sffentlih im Tempel, theild an abgefonderten Orten, denn das ©. 
MR nicht auf einen beflimmten Ort beſchraͤnkt. Die Sfraeliten beteten Inteend, 
bei großer Roth auch auf der Erde liegend; aber auch flehend, mit zum Himmel 
erhobenen Händen. Die Juden zu Jeruſalem pflegten ihr Geſicht gegen den Tem⸗ 
pel zu wenden, die Mannsperfonen entblößten da® Haupt, das weibliche Ge⸗ 
ſchlecht aber mußte verhält feyn. Nach einer befländigen rabbinifchen Ueberlie⸗ 
ferung bat bie große Synagoge, und in diefer befonderd Esdras, die wichtigfien 
©. angeorbnet, welche nody jeht dad G.⸗Buch der Juden bilden. Das &. der 
erften Ghrifen bei Tagesanbrudye (matutina, laudes) hieß die Prim. Um die 
dritte Stunde (9 Uhr) wurde die Terz gebetet; um die Mittagszeit (6. Stunde) 
betete man bie Sert; um 3 Uhr Nachmittags (9. Stunde) folgte die Ron und 
am Abende die Vesper oder das Ampel⸗G. weil man um diefe Zeit die Am⸗ 
pein, anzünbeie Bergl. die Artifel Anbetung, Andacht, Gottesdienft, 
agszeiten. 

Gebet, allgemeines, heißt in der Kirche ein foldyes, weldyes auf Anord⸗ 
nung des Didcefan-Bifchofs nach den Predigten, oder nach Ablefung des Evans 
gellume für Lebende und Berftorbene verrichtet wird. Dasfelbe enthält gewöhns 
lidy die drei Haupttugenden, die offene Schuld und das ©. für den Landesherrn, 
(in den ſtandes⸗ und grumdherrlidhen Kirchen darf nady diefen audy des Stan- 
deöherrn oder Patrons gedacht werden). Die Biſchöfe haben das Recht, neue, 
den verfchiebenen Feften und Zeiten des Kirchenjahre angemeffene, Gebete u. Lies 
der für befondere Betftunden, Bittgänge u. f. w. zu verfafien ober 
verfafien zu laſſen. | 

ebetbücher enthalten Sammlungen von Gebeten, weldye zum Gebraudye 
beim öffentlichen Gottesdienſte und als Hülfsmittel zur Beförderung der ‘Privat: 
andacht verfaßt und fo eingerichtet find, daß fie fowohl den verfchiedenen Theilen 
des Gottesdienſtes, beſonders der heiligen Meſſe, als auch den SKirchenfeften und 
anderen Andadhten, den Jahreszeiten und befonderen Gelegenheiten zu Andachts⸗ 
übungen entfpredhen. Die Approbation der ©. fleht dem “Diöcefanbifchofe zu. 

Gebhard H., Kurfürft und Erzbifchof von Köln, aus dem gräflicdyen Haufe 
der Truchſeſſe von Waldburg, geboren 1547, machte feine Stubien zu Ingolftadt, 
Dillingen, Bourges, Bologna und Rom, wurbe fdyon 1562 Domberr zu Auge» 
—J 1567 zu Straßburg und 1570 zu Köln; 1574 erhielt er die Domdechanei 
in Straßburg, 1576 die Dompropftei in Augsburg und 1577, obſchon der Her: 
309 Ernf von Bayern fein Mitbewerber war, wurde er zum Kurfürflen u. Erz⸗ 
bifchofe von Köln erhoben. Hier trat der eidbruüͤchige SBriefter in ein firafbares 
Liebeöverhältniß mit der Gräfin Agnes von Mansfeld, verheirathete fi) mit 
derfelben 1582 insgeheim zu Bonn und, nachdem er — ein ade nabeliegender 


508 Gebirge — Gebirgdartlllerie. 


Grund hiezu war ja eben diefe Heirath — geranme Zeit den auch in das Era 
Rift eingeprungenen Proteſtantiomus im Stillen unterſtützt hatte, trat er jegt als 
defien ofen eſchuͤtzer auf und erflärte feinen tt zum Proteſtantismus, 
fowie feine Moficht, diefen auch in dem rifie einzuführen. Dieſe doppelte Tren⸗ 
loſigkeit des oberſten Hirten entzündete n ch einen d unter den Kolnern; 
der Papft excommunicirte ihn 1583, der Katfer erklaͤrte in die Acht und das 
Domcapitel wählte den Herzog Er n ſt zum Erzbiſchofe. G. ſuchte Rh nun mit Ge 
walt zu behauptenz e6 gelang ihm zwar, bei Huls einen Gieg zu erringen, aber 
bei Flockenburg geichlagen, mußte er fliehen und lleß ſich nun jenem Herzeno⸗ 
geſpann in Straßburg nieder, wo er 1601 ohne Rachlommen . 
Gebirge nennt man zufammenhängende Bergmaffen, Reihen von Bergen 
(f. v mit im einander übergehenben Grunbflächen. Die höheren (als Haupt-@.) 
dehnen fidy zugleich auch auf lange Gtreden von mehren hundert Meilen aus. Bon 
aupt-®.n laufen Seitens oder Nebens®. ald Arme aus. Bon Haupt 
en (wie von den Alpen nach Frankreich, Deutfchland und Italien) gehen 
—ã—ſ — anf bon bieen FA PASTN — er 
rm mannigfa on Batterer (f. d. e 
fürliche, dinibeilung der —* in Meripian-®,, die duch g —— 
und —* ag Ar des Wequators sber der ——* 
von dieſen en, indem ungen nach allen en gew 
24 de De Bit 










ra 

als das Streichen nad) dem Nequator over ion, Denen 
natärlich mehr ober wenige: nähert. Immer find G. mehr oder weniger gefrämmt 
und ſtehen mit Geltenzügen in Verbindung, die mei niedriger werben und eben 
falls Settenzüge haben. So bilden fih gleihfam Stämme u. Beräftelungen von 
G.n und, im Ganzen Ber getipne, bie eine ganzen Lande feinen | 
rafter geben. Im feltenen $ en fügen ſich pie G. in eine gemeinfchaftliche 
zufammen (Gebirgoknoten) und verbreiten fi) von da aus nach allen ts 
egenden (wie der Hauptllod des Fichtel⸗G.s, des St. Gotthards (f. db.) 

o auf diefe Weiſe ©. zufammenftoffen, und wo daher das Regenwafler nad 
3 oder A verfchlevdenen Himmeldgegenden herabfirömt, findet eine T eitung ſtatt. 
Wenn ſich dagegen das Wafler nur von 2 Seiten von einem ©. ergießt, fo 
beißt dieß eine Scheidung. Solche Scheidungen Laufen natürlich fehr lang ges 
firedt aus, und jeder Gontinent hat eine Hauptſcheidung, bie ſich durch ven 
felben hinzieht. ine ſolche läuft in Europa vom Gap Gt. Bincent aus dur 
Spanien, Frankreich, die Schweiz, Deutfchland, öͤſterreichiſch Gallizien, rufff 
Polen, Rußland, bis zum Ural. Bon jeder Hauptfdyeldung gehen wieder einzelne 
Nebenſcheidungen aus; fo von der großen europätfcyen Scheidung auf dem 
St. Gotthard die, Stallen als Apenninen durdhziehenden G., von den Tyroler 
Alpen die ſich nady Griechenland ale Hämus u. f. w. erfiredenden G., von den 
ruſſiſchen Lanphöhen die Finnland, Schweden und Norwegen bedeckenden &, Na 
türlich bilden die aneinanderflofienden Scheidungen ſtets Theilungen. Die Schei⸗ 
dungen begrängen die $lußgebiete (ſ. d.). ntfernte Haupt-®. werden aud) 
wohl durch Quer⸗G. verbunden, woburd fidy wohl auch Ring⸗G. bilden. 
Der Höhe nach unterfcheldet man Hoch⸗G., die über 6000 Fuß hoch, über 50 
Meilen lang und über 6 Meilen breit find; Mittel-®. (mittlere ©.), weldye 
über 3000 Zuß body, über 15 Meilen lang u. über 4 Meilen breit find, u. Bors 
®. (Heine ©.), die wenigftens 1000 Fuß Hoch, 15 Meilen lang und 3 Meilen 
breit find. Berge von nody geringerer Höhe nennt man Landberge, Landhoͤhen, 
Feldberge, Hügel. Das Terrain nachſt einem Hoch⸗G. nennt man Hochland, 
nächſt dem Mittel-©. Mittelland, nähf dem Vor⸗G. Niederland. 

. Gebirgsartillerie, eine befondere Abtheilung der Artillerie, nur für den 
Gebirgsfrieg (ſ. d.) beſtimmt. Man bedient Na hierbet zwar der gewoͤhn⸗ 
lidyen, in der Armee üblichen Feldgefchübe, allein die Laffeten derfelben erfordern, 
eine befondere Ginrichtung, wenn file den Zwed des leichteren Transports im 
©ebirge und der erforverlichen größeren Dauerhaftigkeit erfüllen follen. Ders 





Gebirgskrieg — Gebläfe. 597 


gleichen Laffeten find: a) Die Schleifenlaffete oder Bodlaffete, welche 
aber nur für das leichtere Feldgeſchüz anzuwenden if. Sie ruht hinten auf zwei 
hoben Blodrädern, von welchen fie aber beim Ghargiren nidyt herunter gehoben 
werden kann u. hat ein Marſch⸗ u. ein Chargirlager. Mit der Stirn rubt fie 
auf einem befonderen Bodgeftelle, welches Kleine Blockräder hat u. zum Gefechte 
in die Höhe geftellt wird, auf dem Marſche aber hinten nacdhfchleift; das Char⸗ 
girlager befindet ſich faft ganz an der Etiın der Laffete. b) DieTragelaffete 
rubt auf 4 Blodrädern u. iſt für das fchwere Feldgeſchütz beflimmt, aber nicht 
fehr anwendbar, da hier die vorderen Räder, auf welchen der Proßwagen ver: 
mittelft einer Gabel ruht, niedriger feyn müflen, als die hinteren, über weldhen 
das Geſchůtz fich befindet h, die Fleinen Räder aber machen es unmöglidh, hohe 
Steine u, Felfenflüde zu überfleigen. — Uebrigens iſt eine befondere ©. bis jetzt 
noch in feiner Armee vorhanden; nur die Franzoſen hatten während der Revolus 
tion, für die Kriege in der Schweiz u. Oberitalien, eine dergleichen, aber fehr 
unvollfommen, zu bilden verfucdht; die Engländer verfahen ihre Befchüge in dem 
fpanifchen Kıiege mit Gabeldeichſeln di. d.). 

Gebirgskrieg, unterfcheivet fi wefentlidy von dem Kriege in der Ebene, 
da die Märfche befchwerlicher, die Wege fparfamer u. enger find, die Zufuhren 
fhwieriger werden, Hinterhalte häufiger vorfallen und alle Gefechte meiftentheils 
nur Bo engefehte find, indem das Terrain nur höchſt felten eine Hauptſchlacht 
zuläßt. Hier iR alfo das eigentliche Element der leichten Truppen, wo fle uns 
uberwindlich find, wenn fle mit gehöriger Hebung Tapferkeit u. Kühnheit vers 
binden. Die Ausfehbung von leichten Parteien bricht am ficherfien den feind⸗ 
lichen Angriff, wenn fie mit allen Schlupfwinfeln genau befannt find, in welche 
fie fih werfen, wenn fie auf Uebermadht ftoßen, aus welchen fie aber den Feind 
unaufhörlidy beunrubigen, feine Heineren Abtheilungen aufheben, feine Zufuhren 
wegnehmen oder verderben, feine Kommunikation unterbrechen u. f. w. Stets 
müflen die Päfle forgfältig beachtet, womoͤglich umgangen, wenn bieß nicht 
möglich iſt, von aufzuſuchenden dominirenden Punkten befchoffen und nur im 
Nothfalle forcirt werden. Am fchwierigften iſt ver Rüdzug durch ein Gebirge, 
zumal, wenn deſſen Bewohner feindlih find. Hier muß man fuchen den Feind 
aufzuhalten u. dabei das Gebirge in forcirten Märfchen bald zurüdzulegen, vor 
Allem aber jede Umgehung zu vermeiden u., wenn fie dennoch flattgefunden hat 
u, ein Paß zuvor befeht iſt, denſelben wieder zu gewinnen fuchen. 

Gebläfe heißen alle, bei gewöhnlichen Schmieden oder in Hütten, wo bie 
GErzeugniffe des Bergbaues bearbeitet werden, angewendete Borricdhtungen, in 
denen atmofphärifche Luft aufgefangen, gnefammelt, aufammengedrüdt u, durch 
längere oder Fürzere, damit verbundene, Röhren in die Röhren oder Defen geführt 
wird. Da die Büte aller G. auf dem Mechanismus beruht, die Luft ein= und 
auszulafien, fo find richtige u. tüchtige Wirkſamkeit des abwechſelnd fidy öffnen» 
den u. fchließenden Einlaß- u. Auslaß-Bentiles; die möglichſte Beichrän- 
fung des ſchädlichen Raumes, woraus der Berluft an zufammengepreßter 
Luft, dem fogenannten Winde, entfieht; die awedgemäße Linderung, d. i. Ans 
wendung ded Berbichtungsmitteld zur genauen Ausfüllung der Zwifchenräume in 
den ald ©. angewenbeten Bälgen, Käften over Cylindern; bie richtige Stellung 
der Düfe, d. t. der Endröhre, durch welche der Wind unmittelbar in den 
Feuerraum ftrömt, u. die Verbindung der Röhren für ©. mit erhigter 
Luft die Hauptpuntte bet der erfprießlich fein follenden Eonftruction der G. Außer 
den allbefannten Blafebälgen u. den Kaſten⸗G.n, die in der Regel aus Holz 
beftehen, nur felten mit gefchliffenem Roheiſen over Bleiplatten gefütterte Wände 
haben u. noch feltener von Marmor find, u. der leichten Eonftruction u. geringen 
Koften wegen noch oietfache Anwendung finden, if die Waffertrommel eines 
der älteflen G. Die eifernen Cylinder-G. find die vorzüglidhften und übs 
lichften. De Ketten: u. Waſſerſäulen-G., fowie Cagniards Schrau⸗ 
ben⸗G. find neuere Srfindungen, die wohl einzelne Vorzüge haben; doch ift 





Conſtruttion licirt u. au e Wirkſamkeit auf Umfänbe befkıt, 
ee felten ——— gefunden em Umſtaͤndliche —— — aller. Gat⸗ 
tungen von G. findet man in den metallurgiſchen eines‘ Lampabius, 
Karen, WBahrle, Scharrer. — Hartmann's Berg» u. Hüttenmänniſches Gen- 
verfatlong » Lericon gibt, foferne e8 ohne Abbildung der Degeukände Aber, 


t möglich, eine gute, bündige u. allgemein | 
a greibete von), — Dichter, — 1726 


zu Zeufnerede, ſtudirte die Rechte u. war 1748 bereite 
trat je in öfterreichifchen Staatodienſt u. ſtarb, in den Breibernftand 

a ae pe 
| Seigmadn joe Brink 











598 Ä Gebler — Gebunden. : 
e 


F 


Bolfötomddien, erwarb er fih um die Veredelung des 
Er iſt beſonders im rührenden Luffpiele, weniger in der | 
Gen freifinniges Drama, „Der Miniſter“ (1771), erregte viele atien; 
Xheatraliſche Werke“ (3 Bde. Prag 1772 -79. — 
ee in bet Fe Fr trade Bee en kan der Bar 
nf find g.e er und Treppen foldhe, bie e und g.e 
Säulen, die des Sockels entbehren; in der Declamatton u. im Gefange 
begeichnet 9. eine tiefe Rührung; in ver Ralerei heißen 5 Barden eine 
ittelfarben, zwiſchen dem Hellſten u. Dunkelſten ber n. We 
Berbindung biefer it — Pi erg Pin er *8 der in 
gewiſſer Ordnung, v welcher, nicht * einander 
angeſchlagen ieh. “in der Baß, der die Örumbnote dem Gefange mi 
anhält, Sondern fie wiederholt ober mit anderen ſchicklichen Toͤnen wel, = 
g.e Oktave, das öfter wechfelnde Anfchlagen des Grundtons u, ber 
Gebſattel, Lothar feln, Freiherr von, Erzbiſchof won München⸗ 
Freyſing, war geboren zu Würzburg den 20. Januar 1761, am 9.- Der. 
1773 durch Ref nation feines DO des Würzburgifchen Weihbiſchofes 3.4. 
v. ©., eine Präbende am Domftifte zu Würpburg, wurde am 25. Ocitober 1796, 
nach dem Tode des Domdechants v. Zobel, zum Dombechant bafelbft — u 
am 6. December veffelben Jahres zum Priefler geweiht. Er war zugleich Capi⸗ 
tular und Gantor des ehemaligen Nitterflifted zu Komburg, auch hochfürſtlich 
Würzdurgifcher Geheimer Rath u. (1797) Statthalter von Würzburg. Bel der 
allgemeinen Säculartfation der Stifte und Klöfer Deutfchlands trat er im ben 
Venflonsftand über. Rach Wiedererrichtung der bifchöflichen Stähle in Bayern 
wurde er ſchon am 25. Wat 1818 als Erzbifchof von München u, Sreifing bes 
ftätiget, aber eıft den 1. November 1821 confecrist. Er flach den 1. October 
1846 im Dienfte der Kirche af einer Zirmungsreife zu Mühldorf, Der Hoch⸗ 
felige, eine fefte Säule und Zierde der Kirche, war im eigent ©inne des 
Wortes ein guter Hirte der Ihm anvertrauten Heerbe, ber edelſte, großmüthigſte 
Freund und Bater der Armen und Bebrängten, der Beförberer und werkthaätigſte 
Unterflüger wohlthätiger Anftalten, ein Menfchenfreund fonder Gleichen — deſſen 
Andenken leben wird im Herzen von vielen Taufenden, die tin ihm nicht bloß 
den würdigſten Dberhirten, fondern auch den großmäthigften Freund und Wohl⸗ 
ihäter verehrten u. ihn als ihre Stütze beweinen. 

Gebunden, in der Muflt fowohl gezogen ober gefchleift, ald auch obligat 
oder Rreng; dann das Begentheil von bundfret, wenn nämlidy zwei neben- 
einander liegende Taften an Einem Ehor Gaiten ſchlagen. — — Zuſammen⸗ 
ſetzungen find: G.er Baß, ein zuverſchiedenen Melodien dienen der Ba. — ©. es 
Clavier, das nicht bundfrei If. — G.e Roten, zwei ganz gleiche, durch das 
Bindungszeichen, oder den Bogen (A) in Einen Ton zuſammengezogene Roten. — 
G.e Rede, foviel als Gedicht, poetifcher . weil dieſer durdy den Rhythmus 
an gewifie Regeln gebunden if. Die proſaiſche Rede, als Gegenſatz, beißt die 
ungebundene — G.e Schreibart, in der Muflk der firenge Etyl. — G.e Bioline, 


f 





Geur | oeR 
a je ae Bong Ye Blum un ir Zi ie 


) 
oſcheidung der —— — —* YA Diefe axf —— 
m e erſo Rs 
am Enbtermine der —— — V beim —— bon der Enpfäng- 
an gerechnet, am —E der 39—40. Woche. tt ein in Folge 
| Befschens der Gebärmutter, fich in 2. früheren, u —— — zu⸗ 
kzubilden. Dieſe große Aufgabe (die Gebaͤrmutter 
aft einen 544 Mal groͤßern Raum ein, —— — 
eingeleitet und geh durch Zufammenziehungen ber mutter, 
lche der Umfang der Gebaͤrmutierwandungen en berringert, aIAd a aber u bie 
— und Aunstreibung der Leibesfrucht bewerkſtelligt uſammen⸗ 
en der —— beginnen da, * in ber mane Saft die erſte 
—X — ehem hat, naͤmlich tm Grunde der tter 
) von bier ü der © 


en don Auen Ur Oct en ce Mad er 
‚um 

—— — * echt ———— 

an freien Zwifchenpaufen unterbrochen ; beim 


















8 
e u. faR unmerklich, Reigert 
mt wieder allmälig ab. Jede, auch bie lei 
bunden (in Schmerzen ſoliſt 
en a Ra oe KA gefentt (1 ern 3* 
wang von 
ı Lendenwirbein über bie Hüften g e EStchaambein Dann 
— —X Gehen, aller ein, welche im Liegen umd bei 
nem Ber Hagen oft toinden, an ben getwöhnlichen Geſchaͤften nicht 
idern, aber‘ Spre Fran u, en ben unterbrechen und von etwas Unruhe und 


pn igfeit begleitet nd. achdem diefe Rupfer kürzere oder längere Zeit, oft bis 
14 Tagen, angebauert haben, Tehren die 'e Wehen öfter wieder u. werben kraͤf⸗ 
er, andauernder u. fchmerzbaft, fo daß fe die Kıepenbe zwingen muß ſtillzu⸗ 
yen u, ſich mit dem Kücken oder den Händen anzuflemmen: vorbereitende 
eben. Ein Abſchnitt der Gibäute drängt Pr währenn der Wehe durch den 
uttermund hervor — die Blafe fell: ſich; aus den Befchledhtöthellen wird 
vas Schleim mit einzelnen Bluiſtreifen —— abgeſondert — es zeichnet; aus 
n nun bis zu 3—34 Zoll im Querdurchm er peofm fneten Muttermunde ragt bie 
afe prall u. fe hervor — die Blafe Beh I ugfertig. Eine jebt eintretende 
Ne eigentlide Geburtswehe, Treibweheé bewirkt das Zerreißen ber 
bäute, den Dlajenfprung, —ã— u. das Fruchtwaſſer fließt nun 
ßtentheils ab; nach einer 4 3 Rünbigen Fur während welcher Die Gebaͤrmutter 
) Iangfam verkleinert, Am ings fehr heftige, Bf e Wehen ein, bei 
(dem die Kreifenbe gem it, mitzuarbeiten u. große S 
—** — ber © — 





Kopf (bei orauskommende 
ni in den — u, tiefer ins Sıden herabgeirieben, zu welchem Behufe 
Kopffnochen in den Nähten zu en le Se u. felöR über einander Arie — 





die Kopfhaut faltet ſich u. bald ſchwillt fie ddematös an — Ko 
kopf. ne z Rovf iR nun bi8 an den ——— vor beiten breid” 


e 
bar, er iR im m Ginföncihen; Ba Ben en werben Au Ed —— — 
ı ganzen Körper der Kreißenden es ‚kit allgemeiner weiß ein Angft 
d —2 et erreichen den höcdhften Brad — Shättelwehenz der 
ıpf bleibt au außer ben Wehen Pr raten € er iſt im Priqtqeer 





600 Geburt, 


den, u. endlich wälzt er fidy, unter der größten Gefahr der Jerseifung bes Mit, 
teifleifches, Arnd daffelbe hervor u. nach kurzer Ruhe wird der übrige Körper des 
Kindes hervorgetrieben.. Das Kind iſt nun geboren; für die Mutter tritt eine 
wohlthätige Rube ein, weldye, in Berbindung mit dem erflen Schreien des Neu 
eborenen, fie die ausgeftandenen Mühjfeligfeiten fchnell vergefien macht. “Die Ges 
ärmutter zieht fſich fchmerzlos zu einer zwei Kauft großen Kugel zufammen, dann 
entfichen neue Wehen, Nachgeburtswehen, blutige Rachwehen, welde 
den Muttertuchen von der Gebärmutter löfen u. denfelben mit den Eihäuten, dem 
Rabelfchnurrefte und vielem Blute austreiben; bieß geidieht In der Regel ee 
Stunde nady der Ausfcheidung des Kindes u. damit iſt die G. vollendet. — Dieß 
der Berlauf der G., wie er in der Mehrzahl bei Erſtgebärenden flatt hat; er 
wird mannigfach mobdifichrt bei vorgerüdtem Alter der Gebärenden, bei Mehrge⸗ 
bärenven, bet nicht vorliegendem Kopfe ıc. — Man hat die G.en verſchieden bes 
zeichnet: als vollendet oder unvollendet, glüdlidy oder unglüdlidy, re 
gelmäßig ober regelwidrig, wenn fie mit Gefahr für Mutter oder Kind 
verbunden find, oder gar nicht durch die Kräfte der Natur beendet werben koͤnnen, be; 
fonders auch, wenn das Kind nicht mit einem Endpunfte feiner Laͤngenachſe (Kopf, 
Steiß, Knie oder Fuß) vorausfommt; natürliche oder künſtliche Cbeffer Fünf: 
liche Entbindung), gewöhnlich verlaufende innerhalb 6—12 Stunden, zu 
leichte fehneller u. ohne befonderes Grgriffenfeyn der Mutter verlaufende G., zu 
langfame, länger al8 12 Stunden dauernd, endlich ſchwere G., welche mit 
heftigem Grgriffenfeyn der Mutter verbunden find u. bei großer Anſtrengung nur 
langfam fortfchreiten. — Rad) der Anzahl der Früchte theilt man die ©. in ein 
fache u. mehrfache (Zwillings⸗ Drillings⸗ ıc, G.), — endlich nach dem vors 
liegenden Kindesthelle in Kopf: (Hinterbaupte:, Gcheitels, Stirn⸗, Geſichts⸗) 
Steiß⸗, Knie u. Fuß⸗G. — Man unterfcheldet ferner von ber rechtzeitigen 
(jeitigen) ©., weldye ain normalen Ende der Schwangerfdyaft eintritt, die Fehl⸗ 
geburt (abortus, fausse-couche) u. bezeichnet als foldye im weitern Sinne jede ©. 
vor dem normalen Ende der Schwangerfchaft, alfo beim Menſchen vor der 39. 
oder AO. Woche; im engeren Sinne (für wifienfchaftliche Zwede und befonders In 
gerichtlich mediziniſcher Beziehung) nennt man aber deblgeburt die Wusftoßung des 
Kies zu einer Zeit, wo der Yötus als noch nicht lebensfaͤhig angefehen wird, 
alfo bis zu Ende der 28. Schwangerſchaftswoche, und unterfcheidet davon die 
Hrühgeburt, die zwifchen der 29. u. 38. Woche erfolgt ; oder endlich bezeichnet 
man mit Fehlgeburt nur die ©. des Kies innerhalb der erflen 16 Schwanger; 
ſchaftowochen, wo gewöhnlih dad Ei ganz u. auf einmal abgeht, u. unterfdyeibet 
davon bie unzeitige G., welche zwiſchen der 17. u. 28. Woche erfolgt. — Die 
meiften Fehlgeburten ereignen ſich in den erften drei Schwangerfchaftsmonaten, 
vorzüglidy im dritten; fpäter werben fie um fo feltener, je weiter die Schwanger; 
haft in ihrer Dauer vorgerüdt iſt; doch fcheint der 7. Schwangerfchaftsmonat 
wieder mehr zur Fehlgeburt geneigt zu machen. — Beranlaffung zur Fehlgeburt 
fonnen geben alle bedeutenderen allgemeinen Krankheiten der Mutter, oder örtliche 
krankhafte Zuftände, au häufige Schwangerfchaft, zu zarte Jugend, heflige Ge⸗ 
müthöbewegungen ıc. ferner krankhafte Befchaffenheit des Eies oder heftige Er- 
fhütterung des mütterlichen Körpers, Volblütigfeit, erhitzende Speifen und Ge 
tränfe ꝛc. Hat eine Frau einmal eine Fehlgeburt gemacht, fo tritt häufig in ber 
olgenden Schwangerichaft wieder zur felben Zeit Fehlgeburt ein, und dieß kann 
ch ohne geeignete ärztliche Hülfe zum größten Schaden der Geſundheit noch öfter 
wiederholen. — Spätgeburt endlich nennt man eine, erſt fpäter als 40 Wochen 
nad ter Smpfängniß flatihabende G., deren Vorkommen in Betirchtnahme der 
aufgezeichneten Beobachtungen ſich nicht wohl wird läugnen laſſen, obwohl hier, 
bei der zunächfi von der Mutter ausgehenden Beflimmung des Gmpfängnißtages, 
fowohl Selbfttäufhung, als Betrug leicht flatt haben kann, u. andern Theile die 
phyfiologifchen oder pathologifchen urfächlihen Bedingungen einer folchen Spätges 
burt noch keineswegs feſtſtehen. Bel der Wichtigkeit der Frage über die Spätge: 


Geburtöhälfe. 601 


burt für manche rechtliche Verhaͤltniſſe, fo in Beziehung auf Baterfchaft, Legiti⸗ 
mität der Kinder ıc. find dann die meiften Geſetzgebungen pofitid eingefchritten u. 
haben beftimmt, bis zu weldem Zeitpuntte nad) der Empfängniß eine Spätgeburt 
rechtlich anerkannt werden dürfe. E. Buchner. 
Geburtshülfe nennt man die Hülfe bei der Geburt. Da aber der Akt des 
Gebärens kein in ſich abgefchlofiener if, fondern der unmittelbar vorhergehende 
Zuſtand der Schwangerfchaft, ſowie der nachfolgende des Wochenbettes mit der 
Geburt in innigem Zufammenhange fleben, fo daß fie ſich gegenfettig bedingen, 
fo verfieht man unter ©. in weiterem Sinne die, dem weiblichen Geſchlechte wäh⸗ 
rend der eben genannten drei Zuflände geleiftete Hülfe Dieſe Hülfe ift nun 
dreterlei: fie bemüht fih, bei naturgemäßem Berlaufe der genannten drei Bors 
"age, die nothwendigen Dienftleiftungen zu gewähren, eine Abweichung vom nors 
malen Berlaufe nach Möglichkeit zu verhüten u. eingetretene Abnormitäten baldigſt 
zur Erkenntniß zu bringen. Ste erreicht diefen Zweck durch diätetiſche Mittel u. 
beißt daher die diätetiſche ©., niedere ®., Hebammenfun; fie bildet 
daß eigentliche Geſchaͤft der Hebammen (f. d.). Wird aber zur Entfernung auf- 
tretender Abnormitäten die Cinwirkung dynamifcher Mittel, die Anwendung von 
Arzneien nörhig, fo nennt man dieß die höhere oder mediziniſche G. Werben 
endlich zur Erreichung des Zweckes — Berlauf der Geburt mit möglichfter Fern⸗ 
haltung aller Schäplichkeiten für Mutter u. Kind — mechauifche Mittel in Ges 
braudy gezogen, fo iſt dieß die mechaniſche, hirurgifche ober operative 
©., die Entbindun gskunſt. Die ©. tft daher nicht, wie man früher glaubte, 
ein Theil der Chirurgie, fondern fie iſt ein Theil der einen untheilbaren Heil 
funde und entnimmt ihre Heilmittel aus der Diätetif, aus der inneren Medizin, 
fowie aus der Chirurgie. Die Lehre der ©. umfaßt aber nicht bloß die Kennt- 
niß diefer Mittel u. ihrer Anwenbungdart, fondern fie muß audy Kenntniß geben 
von den abnormen Zufländen, gegen welche diefe Mittel in Anwendung fommen 
u., um biefe abnormen Zuflände gehörig würbigen zu können, auch Kenntniß von 
dem normalen, naturgemäßen Berlaufe der Schwangerfdhaft, der Geburt und des 
Wochenbettes. Kenntniß der ©. iſt für jeden Arzt nothmwendig, wenn er mit der 
Behandelung vieler franthafter Zuflände des weiblichen Geſchlechts, namentlich in 
Beziehung auf die ©efchlechtsverrichtungen, mit Erfolg fidy befafien will. Die 
Ausübung der Entbindungsfunft wird aber immer nur Sadye einiger erste 
bleiben, da zu deren erfolgreicher Betreibung immer gewiſſe Eigenfchaften gehören, 
welche fidy nicht bei jedem Arzte finden, und gewiſſe technifche Fertigkeiten noth⸗ 
wendig find, die nicht von jedem erworben werben fönnen, gleichwie audy in der 
Chirurgie nicht jeder Arzt ein Dperateur feyn kann. Der ausübende Geburts⸗ 
beifer, der Hebarzt, muß aber volftändig gebildeter Arzt feyn, fol er anders 
feinem Berufe auf zweckgemäße Weiſe entfprechen. Die Bildung von Halbärzten, 
welche, bei mangelhaften Kenntniffen in der Hellfunde, berufen find, die ©. in 
vollem Umfange auszuüben, in Wahrheit aber bei ihren unvollftändigen Kennt⸗ 
nifien in der mediziniſchen ©. gewöhnlidy nur Entbindungskunſt auf rein mechani⸗ 
ſche Weife betreiben, taugt Nichts. Die Heranbildung ſolcher Halbärzte iſt längft 
durch die öffentliche Meinung gerichtet, hat in Bayern felt mehren Jahren auf- 
ehört u. wird auch im übrigen Deutfchland (fowie in Frankreich) in nicht fehr 
anger Zeit ein Ende nehmen. — Geſchichte. Den Frauen bei der Geburt 
Hülfe zu leiften iſt ganz natürlich, u. war wohl feit dem Beftchen des Menfchen- 
eſchlechtes üblich; geleiftet wurde die Hülfe nur von Frauen. Die erfte Kunde 
Bievon bringt und die heilige Schrift, wornady e8 bet den Ifraeliten ſchon vor 
dem Audzuge aus Aegypten Wehemütter gab. Bel den Griechen u. Römern finden 
wir nur weiblicdye Gottheiten, welche dem @eburtögefchäfte vorftanden, auch wer⸗ 
den nur Hebammen erwähnt; body g" bereit Numa Bompilius (715—673 
v. Chr.) das Geſetz, daß fchwanger Berftorbene geöffnet werden follen, um wo 
möglich die Kinder bei Leben zu erhalten; dagegen ergibt fi aus den Schriften 
des Hippofrates (ſ. d.), daß zu feiner Zeit bei.den Griechen in fchwierigen 


008 Geburtöpälfe, 





Allen A urben, bie audh Hand anlegten, Deren 
Se — BR ——— After feyn —* ar ee normalem Geburts, 
attet war “ Im daher die, zur richtigen 


vorgange der Zutritt 
Heilung abnormer —* —— glidung ui dem naturg 
Borgange fehlen mußte. In 
—* fie fi) mandhes Huf ve ©. ae . &br.). 
rar Brage ehe — mie onen Geb 

u mfan häftes 
* Reh Bet Ustius von Amida im 6. un bei Baul von 

den Beinamen „der Geburtshelfer“ erward, tm 7. Jahrh. find 
“ —* noch immer bie toperationen zur Beendigung f 
burten. In der nun folgenden Zelt des Berfalis der Wiſſenſchaften fonn 
u Bio * —— "a riklichen Mbenblande aber befanb Aa 

o a m e an 

in den ı roher ununterrichteter Weiber, oder hoͤchſtens 

aimide 3 Bir . * a gahrhunderte fammelte Albertus Magnus 


chen, bifchen Schriftellern 
(. —E ſchwerer Geburten, welche Se —— derte hin maß⸗ 
ebend blieb. Ende des 15. Jahrhunderts w ber erſte ——A t am 
Lebenden Welbe vorgenommen. ine beflere 3 a trat ein mit dem Beginne bes 
hunderto, al8 auf Antrieb ber Ber — von Brauftſch Kr 
in das erfle tm Drucke —— hr —* Shıh 
ngern Frawen u. enga arten‘ — 1 — 
ein ud, Men Bet and, nn Bufagn a 


sachen erfchien u. ehmlichen von Ruf in 3 —E u 
von. fi, in SE 1s6h f Rot er fand. —— wirkte 
Be Gtitiung ba N na mar (be ade 4 Sans 

anatomifch-p ogiſchen un auf das un 
Leibesfrucdht von Befal (f. d.), % mbus 59, Salopia (. ».) x 
Noch immer aber wurden Männer nur zu den ſchwierigſten Geburten me 
daber es ihnen fortwährend an ehbriger Raturbeobadhtung fehlte, 
ihnen vorkommenden Yällen meih u" Anwendung mechanifcher —5 — —* 
zwungen waren, weßhalb denn die G. fortwährend als Theil der operativen 
funde, der Chirurgie, betrachtet wurde u. die Chirur rgen zugleich Sursee 
waren. Die ©. nabm daher vollen Theil an den Schiefaln der Chirurgie, und 
die namentlich in Frankreich hattbabenben Kämpfe zwifchen Aerzten u. Chirurgen 
blieben nicht ohne Einfluß auf die &. Ginen neuen Aufſchwung nahm dieſelbe 
durch die nun allgemein Platz greifenbe Wendung des lebenden Kindes auf bie 
Fuͤße, wodurch in vielen Källen die biäher allein für möglidh und nothwendig 
erachtete Todtung u. Zerflüdelung des Kindes erfeht wurbe. ben diefe Opera 
tion, verbunden mit der Unwifienheit u. theilweiſen Gewifienlofigfeit ver Hebams 
men damaliger Zeit, verfchaffte der männlichen G. mehr Eingang, u. als vollende 
Ludwig XIV. den Wundarzt 3. Element aus Arles zur Entbindung feiner 
Geliebten, La Baltere, nady Parts berief u. nachmals zum erften &eburtöhelfer 
des Hofes ernannte, wurde es unter den höheren Ständen bald allgemeine Sitte, 
fi) männlicher Hülfe zu bedienen, und ausgezeichnete Männer, wie Mauriceau, 
Portal, Peu, La Motte ıc. wendeten fi der ©. zu. In Deutſchland blieb 
noch Lange Alles den Hebammen überlaffen, von denen einige ſelbſt ſchriftſtellernd 
auftraten. Das erſte wiſſenſchaftliche Buch über G.: „Das neue Hebammen 
licht“, Leinen 1701, ſchrieb der verbienftvolle holländifche Arzt Heinridy van 
Deventer. Cine getvaltige: Ummälzung in der ©. ging um dieſe Zeit vor fid 
durch die Entdeckung der unfchädlichen Ropiiange, eines Inſtruments, daß eine 
Menge Entbindungen, die früher nur durdy Anwendung ſcharfer Snfrumente bes 
endet werden Eonnten, auf eine für Mutter u. Kind Bnchäbliche Weiſe ermögs 
lichte, Die Kopfaange wurge wahrſcheinlich ſchon am Auegarse des 17. Jahr⸗ 










EN 










ni 


Gebãaͤchtniß. '608 


ndertö vor dem Engländer Chamberlen erfunden, ber ſeine Erfindung geheim 
It u. fpäter an hollaͤndiſche Geburtöhelfer verkaufte. Das Berdienfi der Bes 
nntmadyung der Zange, vielleicht ihrer zweiten Erfindung, bat fi) 1723 Jo⸗ 
nn Palfyn in Gent erworben. Diefe Palfyn'ſche Zange glich noch wenig den 
utzutage üblichen; vie bedeutendſten Beränderungen an berfelben brachten ver 
angofe Zevret (f. d.) und der Engländer Smellin (f. d.) an, welche übers 
upt ald Repräfentanten des Entwickelungsganges der ©. in ihren Baterlän- 
m erfcheinen. Ihnen nahe flehen an Verdienſt um die Ausbildung der G. in 
ankreich: Aſtrue, Deleurye, Golayrs de Renhac, Baubelocque 20.5 in Eng» 
nd Champman, Duld, Hunter, Denman ıc. In Deutfchland machte Bochmer 
46 die Zange zuerft befannt; eine befiere Richtung befam die G. In Deutfchs 
nd aber erft durch Röderer (+ 1763), den erflen Lehrer der ©. in Göttingen; 
m folgte auf der betretenen Bahn fein Schüler ©. W. Stein (+ 1803); bald 
hoben fi) aber in Deutfchland zwei Richtungen der G., deren eine unter ber 
ihrung von Dfiander (f. 8.) die mechaniſche G., die „Entbindungsfunft“, 
ıf die höchfte ntwidelungeftufe su bringen fuchte u. nur im Fünftlichen Ent⸗ 
nden Hell fand, die andere Ridytung aber den Geburtöverlauf möglichft der 
atur zu überlaffen trachtete. Lebtere Richtung verfolgte vor Allem Boor (geb. 
52, Pofeſſor in Wien 1789, in Rube verfeht 1822, geforben den 19. Januar 
135), weldyer von der eingerifienen Operirwuth mit Wort u. That abmahnte, 
d al8 Gründer der jebt in fchland faſt allgemein herrſchenden Anſichten 
er ©. zu betrachten IR. Im folgten W. 3. Schmitt (geſtorben 1827), A. €. 
Siebold (f. d.), Wigand (ach. 1817), Wenzel (gel. 1827), V’Outres 
Int (ſ. d.) ıc. u. fo viele der ausgezeichnetften jet lebenden Geburtshelfer. — 
roßen Einfluß auf die Entwidelung der ©. hatte auch die im 18. Jahrhunderte 
folgte Errichtung von eigenen Lehranfalten für die G. und von Gebärhäus 
n. Die erfte Lehranftalt für ©. wurde in Paris im Hötels Dieu eröffnet, 
er nur den Hebammen der Zutritt gefattet, — eine Einrichtung, bie auch 
ıch Trennung des Gebärhaufes vom Hötels Dien fortdauerte u. noch heutzutage 
fieht. Die Entbindungsanftalt in Straßburg ward 1728 errichtet, in Dublin 
'45, in 2ondon 1749, eine eigene Lehranftalt aber erſt 1765 ꝛc.; in Deutſch⸗ 
nd wurde die erfte Hebammenfchule In Berlin 1751 errichtet u. noch im gleichen 
ahre die Entbindungsanftalt in Göttingen. E. Buchner. 
Gedächtniß iſt das Vermögen der Seele, Einprüde aufjubewahren, fo daß 
wieder in's Bewußtſeyn gerufen, d. t. reprobucirt werden Eönnen. Die Ein» 
üde, welche die Seele aufbewahren fol, müflen zur Borftellung gekommen feyn. 
urch die Borftellung nämlich nimmt die Seele in der zu Eude geführten Wahrs 
bmung Belt von dem Wahren; fie bemächtigt fi) der Dinge, bildet fich dies 
ben ein, oder nimmt ein Bild von ihnen auf, fo daß es ihr Eigenthum wird, 
& in ihr fortdauert, nachdem die Dinge aufgehört haben, die Sinne zu affici⸗ 
1. Der Grad des Empfindungsvermögend bedingt die Größe des Gedächtniſſes: 
zum Äft es in der Jugend fehr entwidelt, nimmt es bei dem Erwachſenen ab, 
rd es mit dem zunehmenden Alter ſchwächer und verliert es ſich beinahe gan 
| dem Greif. Der Säugling erfennt zuerfi die Mutterbruft, fo daß er be 
rem Anblide fchon ber Rabrung ſich freut, welche fie ihm gewähren wird; im 
Itten Monate lernt er Perfonen, Geräthe und andere fichtbare Gegenflände fen, 
n, im fünften auch das Hörbare, namentlidy Stimmen. Das ©. iſt Anfangs 
ı bloße Wiedererfennen, oder das Bewußtfeyn, daß derfelbe Eindruck ſchon früher 
tatt gefunden habe. So lange die Borftellungen nicht völlig beftimmt find, kön⸗ 
n allgemeine Achnlichkeitin leicht täufchen; auch können fie nicht alle mit glei⸗ 
er Leichtigkeit in's Bewußtſeyn zurüdgerufen werden. Anfchauungen reproducirt 
ın leichter, als Begriffe; Anſchauungen des äußeren Sinnes find leichter, denn 
e des inneren; Anſchauungen des Geſichtes find am leichteften u. die des Ges 
chs und Gefhmads am ſchwerſten zu reprobuciren, einerſeits, weil erftere alle 
dere bei weitem an Anzahl übertreffen und wir alfo in Rüdficht ihrer eine grös 


604 Gehalt — Sehärm, 


ßere erlangen, andererſeits, weil das Objective tee reproducirbar iſt 
als das Subſective. Mit der Lebhaftigkeit und Klarheit der Vorſtellungen, fo 
wie mit dem Auffaflen des Berbältnifies der Dinge, nimmt das ©. zu; die Sprache 
unterkügt daflelbe, denn das Bild gewinnt mit dem Worte eine beimmte u. darum 
verbarrliche Geſtalt. ‚Hinfigte feiner Entwidelung nennt man ein ®. gut, wenn 
c8 gewonnene Vorſtellungen ſchnell wieber vergegen tz treu, ſobald es auf 
längR vergangene Zeit zurüdreicdht und genau iſt, und ſchwach infofern es bie 
fer Tigenſchafien entbehrt. Das ©. zeigt in der Regel, als charalteriſtiſcher Zug 
des Geiſtes, beſonders vorherrſchende 178 che man als beſondere Arten 
deſſelben betrachtet; es gibt daher ein Wort⸗, Namens, Orts⸗ Kormen, 
ein muſikaliſches, fo wie ein Sach⸗G. Erſtere Arten beruhen zum Theile 
auf iſcher Fertigkeit, waͤhrend 


wahrt. Selten findet man dieſe Bo en des ©. ats 
ich, aber nicht nothwendig, ſchließt eine die andere aus; wer leicht faßt, behält 
felten Lange, da hingegen derjenige, weldyer ſchwer Etwas faßt, es gewoöhnlich un 
ausläfch! ; fein G. gleicht einem Marmor, in weldyen man nur mit Mük 
üge meißelt, die aber auch länger ber Zeit tropen, als diejenigen, welche 
man mit leichter Mühe in den Sandſtein eingehauen bat. Gleichwie dieſe ven 
ſchiedenen G.⸗Arten ald angeborene Raturanlagen vorlommen, ober durch Uebung 
erworben werben, ebenfo können fie auch Durch Krankheiten und Gtructurverlehun 
gen ded Gehirns für kurze Zeit ober für immer den oder ſaͤmmtlich verloren 
9 Weder der Phyfologie, noch der pathologifchen Anatemie iR es bis jept 
elungen, beftimmte Beziehungen zwifchen dem Baue ober ber Verletzung bed Ge 
Bime und der Art des befeffenen over verlorenen G.es nadhzuwelfen, was jedoch 
die Gall'ſche Schäbellehre (f. Phrenologtie) verfucht hat. Dem Etwas 
einverleiben heißt memoriren, was nach drei Methoben gefcheben Tann. Das 
mechaniſche Memoriren befieht in öfteren, buchkäblicher Mieberholung — ie 
näglichfte Weife; das inneniöfe Memoriren befleht barin, daß man bie Bor, 
Rellung, welche man in’8 ©, faffen will, mis anderen NRebenvorftellungen, die äußere 
Aehnlichkeit mit ihr haben, verbindet, um fo eine durdy die andere hervorzurufen 
— eine nicht zu empfeblende Methodes das indiciöfe Memoriren enblid 
befteht darin, daß man eine Verbindung der zu behaltenden Vorſtellung mit an 
deren, wo möglidy fchon bekannten, d den Berftand vornimmt — eine Methobe, 
weldye durch Bereinigung zweier Borftellfräfte, durch Einbildungskraft u. Verſtand, 
bie aufzunehmende Borftellung dem G.e tiefer einprüdt. I 
Gedakt odemägededt, Benennung einer Orgelftimme, deren Pfeife oben 
mit einem Dedel verfehen tft, woburdy der Ton fehtwächer, fanfter u. eine Octave 
tiefer wird. Gin Regifter folcher Pfeifen beißt man groß», mittels oder kleing. 
(ſtill⸗ auch aufldrg‘) je nachdem es 16-, 8» ober Afußig If. Vergl. Fußton. 
Gedanke ift im weiteflen Sinne jede von dem Bewußtfeyn (ſ. d.) auf 
gefaßte Borftellung ; in diefer Allgemeinheit gehören zu ven G.n audy alle Bilder 
der Phantafle und der Erinnerung, jede, einem Kunftwerfe zu Grunde liegenbe 
Idee, die in der Ausführung zur Anfchauung gebracht wird, u. in dieſem Sinne 
fpriht man auch von G.ndingen, im Gegenjage zu den wirklidhen. In engere 
Bedeutung aber tft &. eine, durch den Verſtand, durch mittelbared, willfürlichee 
Borflellen (Denken, f. d.) erzeugte Borflellung, die Immer eine allgemeine (ab- 
ſtrakte f. d.), ein Begriff cf. d.) if. G.nfolge ift der natürlidhe Zuſam⸗ 
menhang unferer Vorftellungen, namentlich unferer Begriffe, Urtheile u. Schlüſſe. 
Das Unvermögen, Borftellungen feſt zu halten u. zur Klarheit zu bringen, heißt 
G.nloſigkeit; erſteres kommt da vor, wo eine Weberlegenbeit der Phantafe 
über den Berfland vorherrfcht, letzteres iſt Folge körperlicher Schwäche, an ber 
auch das Gehirn leidet, oder in höherem Grade, eine Urt von Blöbfinn (f.d.). 
Gedeckter Weg, f. Bededter Weg. 
GBedärm, ſ. Darm, 


Seit — Gefaͤll. 605: 


Gedicht, f. Dichten u. Dichtkunſt. 

Gediegen heißt ein Metall, das feine allgemeinen Kennzeichen fchon im na⸗ 
lichen Zuftande darlegt u. mit andern Mineralien nur medhanifd verbunden 
zum Unterfchiede von ſolchen Erzen, welche noch mit frembartigen Beftand> 
len vermifcht find. — In übergetragener Bedeutung nennt man da⸗ 
auch g. Alles, was in feiner Art fo vortrefflidh If, daß es durch keinerlei 
nde Zuthat entftellt wird. 

Gedike, Friedrich, geboren 15. Januar 1754 zu Boberow in der Priegs 
„, von fehr armen Eitern, fiudirte zu Frankfurt, warb dann Hauslehrer bei 
alding, dem er, außer Weiterförberung in feiner Bildung, auch die Stelle eines 
bconrectors am Friedrichswerder Gymnaflum in Berlin verdantte. 1779 warb 
Director des genannten Gymnaſtums, 1793 Direstor des Kloftergumnaflume 
elbſt u. der Kölntfchen Schule, nachdem er ſchon 1784 zum Oberconſiſtorial⸗ 
1737 zum Oberfchulrathe ernannt worden. Er flarb 2. Mai 1803. ©. wirkte 
ndlich und fchriftlich auf eine befiere Geſtaltung des Schulweſens bin, bier 
dy feine verfchtedenen Lehrbücher, dort durch den biederen, ungefchminften Ton 
ıer Rede, verbunden mit Sicherheit u. Selbfivertrauen, was wieder Bertrauen 
Nöpte. Seine Schulteden gehören zu den beten feiner Zeit. Griechifches Les 
ıch, Berlin 1782, 12. Aufl, 1821. Lateiniſches Lefebuch, daſ. 1782, 21. Aufl. 
4. Franzoͤſiſches Lefebudy, daf. 1785, 17. Aufl, 1833. Kranzöftfche Ehreftos 
bie, daf. 1792, 7. Aufl. 1833. Lateinifche Ghrehomalhie, dat. 1792, 6. Auflage 
2, Engliſches Leſebuch, daſ. 1795, 6. ıf- 1827. Gefammelte Sch 
iften, daf. 1789 u. 95, 2 Bde. Auswahl feiner hinterlaffenen Papiere, von 
Horn, dafelbft 1808. x. 

Geefs (Wilhelm), auegegelchneter belgiſcher Bildhauer, geboren zu Anis 
pen 1800, bildete fidy zuerft in feiner Vaterſtadt, dann in Paris u. ließ fidy 
30 in Brüffel nieder. Hier befinden fidy auch feine Haupt u. Meifterwerfe: 
8 große Monument auf der place des Martyrs; das Brabmal des Grafen 
ı Merode in der Kathedrale und das Denkmal des Generald Belliard. Gin 
hüler der franzöflfchen Bildhauerfchule, weiß &. dennoch deren Mängel zu 
meiden u. zeichnet fidy durch Großartigkeit der Darftellung, wie Innigkeit des 
fühl u. Zartheit der Behandlung aus. 

Geel, 1) Johann Ludwig van, geboren zu Mecheln 1787, fett 1807 
sfeffor an der dortigen Akademie, Rudirte in Paris von 18091813 die dort 
gehäuften europätfchen Kunſtſchaͤtze, 1816 Bildhauer des damaligen Kronprin- 
‚ nachherigen Königs der Niederlande, der ihn nach Rom reifen ließ. Nach 
er Rüdfehr verfertigte ©. den großen Löwen auf nem Schlachtfelde von Was 
oo u. viele andere Sculpturen. — 2) ©. (Jakob), ausgezeichneter Philolog, 
oren 1789 zu Amſterdam, fett 1823 Bibliothekar u. Profeflor zu Leyden, verdient 
ch Ausgaben von Elaffifern (Theofrit, 1820, Polybius Excerpta vaticana, 1829), 
ftung der Bibliotheca crit. nova (1825) u. belletriſtiſche Schriften in hollaͤn⸗ 
ber Sprache („Forſchung u. Phantaſie,“ deutſch Leipzig 1842). 

Geeſt, Seeland, auh Suüdland, heißt, im Gegenfage zum Marfch- 
ide (f. d.), das hohe, trodene, fandige u. wenig fruchtbare Lan. 

Gefäl 1) im Allgemeinen: der Abhang eined Ortes gegen einen andern, 
er gelegenen. — 2) Bom Waffer gefagt, iR G. over Fall, der in irgend 
m Längenmaße ausgedrüdte Unterfchien, um den ein Ort B tiefer unter der 
rizuntallinie eines anderen Ortes A liegt, im Befonderen aber die Abweichung 
8 fließenden Waſſers von der wahren Horlzontallinie. Das G. zu finden lehrt 
Nivellirkunſt (ſ. %.). Je größer dad G., welches man flets auf eine 
iſſe Strede, 3. B. auf 100 Buß, bezieht, ausfällt, deſto größer wirb auch 
Geſchwindigkeit, mit welcher dad Wafler fließt. Diefe Strömung fängt an 
end zu werden, fobald auf eine Strede von 60 Fuß das &. mehr als 1 Fuß 
ägt. Ardhen-G. heißt das ©, in den das Wafler den Mühlrädern zufüh- 
ven Mühlgerinnen; Drudwalfer das ©, oberhalb der Waflerruder, u. les 


608: “ Sefanguißweſen. 


bendiges G. Riſche ober Roͤſche, der Abhang des Gerinnes unter vom gaq⸗ 
baue einer Mühle, — 9) Ja Hüttenwefen Tennt man 2. Gräben, in de 
die größten Kime aus den Pochtrögen abſezen. — 4) In ver Staate- 
w Stone, d« £ ee welche der Grundhert ober die Dörigbet von einem Bute 
o 
angnt . än d entweder beſtiamt, ſchuldig befun⸗ 
dene — —— Arreſte ms a an 2 


her Berfonen en — — und der Flucht 
dd *— hr u verfichern. Allerdings 
Da ud © Bailı ine pe * * * ———— — —5*— ngen ve 





AH 





bir erli ellſchaft, worauf e weilt, u. 

one im ‚warum fo Hiee ei —— er * feinem Lande ber us 
— EB was für die zugleich men che u. 
Theile der Stantöankalten — * gleich fie Fi ver 
bedeutenden Theile der Bevölkerung zum Un e bienen u. eine große Eich 
im — ſomit bei einer bee Hau gen der — Dr 
wendig einnehmen müßen. — Noch in der gweitn H 8, Jahrhundern 
waren die Gef effmgniffe in ganz Europa in einem hf lien 333 Häufs 
war z nicht Era eine —— der im — — 
u. a 
der ——— nach Fig en u. —— der age war harleh nicht za 
denken. ine —— der Strofgefangenen befand entweder 











Mn 


nicht, oder fie war ungenägen» u. unzwedmä en war bie übrige Be 
8 derfelben um fo härter. Behand audy In 
en wir namentlich Deutfchland nennen dürfen, da und dort ein etwas —* 
Ro I ivar x bage egen in Frankreich u. namentlich in England des Mißbrau⸗ 
Suhandes kein Ende. Nicht befier wurde die Sache dadurch, 
—— — 1718 Einzelne na Hilfe Ver Richter in bie norbameriie- 
Golonien verbannt wurden. r- den wohlhabenden oder den mit feinem 
Raube in Sicherheit gelangten Berbrecher war «8 Feine Strafe, da er Aut feine 
Ueberfahrt zu bezahlen brauchte, um ganz frei zu ſchyn; der Anfänger im Lafer 
wurde zwar als weißer Sklave verkauft, konnte fid) aber auch bald frei arbei⸗ 
ten, . Mit dem nt der Amerikaner hörke obnebieß die Re 
der ganzen Sache auf. Gin folcher Zuftand mußte Berbefferung finden, foba 
der Geiſt Acht chriftlicher Bruderliebe ſich dieſem Gegenſtande ——X 
ſolche religiöſe Unterlage hatten die Bemühungen der Engländer in Nordametila 
u. im Mutterlandg u. ihnen tft auch der nachhaltigſte Gifeg gelungen. In den 
vereinigten Staaten wurden auerf in den vom Quädergeifte geleiteten Penuſyl⸗ 
vanien Gefängniffe eingerichtet, in welchen die Bewohner wie Menfchen u. nicht 
wie wilde Thiere behandelt, mit den nöthigften Lebensbedürfniſſen verfehen und 
durch harte, allein gefunde Arbeit befyäftigt wurden, die ſomt nad) umfaſſenden 
Syfteme neben der Strafe auf Beſſerung berechnet waren. Noch mehr aber und 
unmittelbarer für und wirften nad) u. nach die Bemühungen einzelner edler, mit 
ftarfer Frömmigkeit handelnder Engländer, weldye zuerft aus eigenem Antriebe 
ſich der Unterfudhung u. rüdhaltölofen Darftelung der Gebrechen der vaterlänbis 
ſchen Einrichtungen widmeten, endlich aber Hülfe bei der Nation u. bei der Re 
ierung fanden. An ihrer Spipe fiebt der edle Howard (f. d.), an ihn reihen 
—* an Nild u. Eden, bald widmete auch Bentham ſeinen originellen Geiſt 
u. feine Gabe ſcharffinniger Zergliederung dieſem Gegenfiande. Und als dann 
endlich auch Maͤnner von — Bedeutung, einflußreiche Parlamentsmitglie⸗ 
der u. Schriftſteller, wie Buxton, Melern, olford, Bennett, Roſcoe, Romilly, 
den Gegenftand ſchriftlich u. mini vor d gefeßgebenbe Berfammlung y. vor 
das Publifum brachten; als ſich die großen und einflußreichen Vereine zur Rer⸗ 
— der Gefaͤngniſſe, zur Unterſuchung der Urſachen der Zunahme junger 
Verbrecher, namenilich die ———— für Verbeſſexung der — und 





Gefaͤngnißweſen. cor 
efferung junger Verbrecher bildeten und mit vereinten Kräften für denſelben 
wirkten: fo riffen fle die öffentliche Meinung u. Gefeßgebung mit fich fort, 
4 iſt felbft jetzt der Eifer nicht erfaltet u. ke eewege der lehte Schritt des 
es als bereits gefchehen zu betrachten. Bon ven Engländern aus verbreis 
ch derfelbe S:if der Beflerung auch über das übrige Europa, in welchem 
isgeftreute Samen einen, durch die oben angebeuteten philanthropifchen Ger 
bereitö vorbereiteten, Boden fand. Bald traten audy hier beredte und 
tsvolle Schrififteller auf. So unter den Franzoſen Appert, Danjou, Beaus 
. Tocqueville, Lucas; unter den Deutfchen ſchon früher Wagnitz, Arnim, 
Log, Zeller, Mittermater u. vornehmlich Julius; in den Niederlanden Ducs 
x. In vielen Rändern bildeten fidy ebenfalls Bereine zur Berbeflerung des 
ſo namentli in Frankreich, in Preußen, Württemberg u. f. w. Die Re 
ıgen errichteten eigene Behörden zur Aufflcht u, Durchführung des erprobten 
en; einige ſchickten ausgezeichnete Männer nad) England u. Rorpamerifa, 
ch an Ort u. Stelle über die dortigen Selen nißeinridhtungen und deren 
ıngen zu erfunden. — Es get nach der gl Bi ingangd gemachten Unter- 
ıng, dreierlet Arten von efängniffen: Poltzels oder Arrefthäufer, 
udungdgefängniffe und Strafgefängniffe. Eines Arreſthauſes 
E jede Oris⸗ und Bezirkspolizeiſtelle; eines Unterfuchungögefängniffes jeder 
ſuchungsrichter; Strafgefängnifie find nicht an eine beftimmte Dertlichkeit 
den, fondern koͤnnen befehen wo fidy ein Gebäude oder eine Gegend befon- 
dazu eignen. Der Zwed der erften if nicht, den Gefangenen lange aufs 
ahren, fondern entweder iſt er bald wieder ganz in Freiheit zu feben, ober 
rd den Gerichten übergeben. Deſſenungeachtet muß, da auch in kurzer Ber- 
it Fluchtverſuche gemacht werden Fönnen, die Forderung der Sicherheit u., 
x Staat durch das Recht auf eine Fürzere oder längere Yreiheitöberaubung 
audy ein Recht auf Gefunpheltszerflörung erhält, die Forderung der Befund» 
jemacht werden. Geſund aber if ein Arreſthaus, wenn es freien Zutritt 
uft bat, nicht feucht if, jedem Gefangenen binlängliche Luft gewährt, durch 
8 Wafchen u. namentlich Weißen reinlich gehalten iſt u. endlich Belegenheit 
iger Bewegung im Freien gibt. Die Stelle eines Gefangenwärters if nicht 
mit einem ganz tauglichen Manne zu befeßen, indem Scharfblid, Aufmerk⸗ 
it, Entfchloffenheit, Rechtlichkeit u. Menfchlichkeit von ihm gefordert werben 
25 außerdem muß er die nöthige Bildung haben, um die Liſten zu führen 
l. Bet dem nicht bedeutenden Gehalte u. der geringen Annehmlichkeit und 
nlichfeit des Dienftes tft überbieß die ah nicht groß. Erprobte, audges 
: Eoldaten find wohl am tauglichſten u. die Erfahrung im Amte fehr ſchaͤ⸗ 
verth. Daß der vorgefepte ‘Polizeibeamte felbft eine genaue, häufige u. uns 
ıthete Aufficht zu führen habe, verftebt ſich. Ebenſo I ed wuͤnſchenswerth, 
t die Gefangenen felbft nad) begründeten Klagen über die Behandelung bes 
‚ Unter feinen Umftänden aber darf er mittelbar oder unmittelbar betheiligt 
bei der Lieferung der Gefängnißbedürfnifie. — Was die Äußere Einrichtung 
Interfuhungsgefängniffe betrifft, fo tft dieſelbe von der bereits gefchtis 
ı der Arrefthäufer nicht verfchieden, außer allenfalls, daß hier lauter ganz 
Zimmer ſeyn müffen, weil die Gefahr einer Flucht größer iſt. Trotz dieſer 
bheit ift übrigens doch fehr zu wünfchen, daß Wrrefihäufer u. Unterſuchungs⸗ 
ngniffe immer ganz getrennt feten. Dieß fordert ſchon die von verſchiedenen 
ten zu führende Aufficht, fodann die Rüdfiht auf die Ehre bloßer Bolizels 
anten, endlich die Möglichkeit von Collifionen zwiſchen Unterſuchungsgefan⸗ 
‚u. den wedhfelnden Infaffen der Polizeiabtheilung. Sehr zweckmaͤßig if, 
in einem Unterfuchungsgefängniffe ſich ein Seichäfteymmer für den Unter: 
ngsrichter befindet, damit die Berhafteten nidyt über die Straße ind Ber- 
jebracht werden müflen, womit immer die Gefahr einer Entweichung u. uns 
ten Verbindung mit Außen gegeben if. — Auch hinfichtlich der Beamten 
ı bier feine anderen Grunbfäke ftatt, al8 die oben erörtertn. Rur mag 





«os Gefängeifwefen. 


bemerkt werben, 

san fo eingerichtet Pe 

— Enge we r ee 
ug u 

Surc Bill Dan Ueele 

Ben Barbie en a en Pr fa 

fängnifje wefentlich nur temporär ſich befinden 


M 
RL 
sitz 


H 


so 
& 
= 
ii 


riheils durch oder jo Ih. Ro 
UNE 5 Be De eh a et 
einem boppelten Gefidhtöpuntte jehens einmal nämlich, für die Sicherheit der 
Hauſes u. für die Erreichung des Zweckes ber Unterfuchung zu forgen, u. web 
ten die Entbehrungen u. 2 eines zwar ß noch nicht fir 
ſchuldig erklärten, I a erſchweren. Die zu 
eiehlungen find : 1) Bollſtandige Abſonderung jedes einzelnen 
nen Ahells durch Werbot u. Verhinderung aller nicht beſonders @ 
loußten und Verbindungen mit Außen, +beils dur) Cinräumung 
Mn ne an 
je. Ohne fo je nor 
g ungehi Verbindungen en; fie erfordert aber umwel 


un 3 
gerlichen Bchorfam gegen jeden Befehl u g 
Stile. 3) Der & An 
een 
Anwen! I 


harier \ N 
—X — — der Flucht u. Mofchneib: 
erfordert. Eiſt ide u. 


FH 
fr 


ch laſſen ſich Allgem, 
punkte auffellen: Zu Beſch aͤftigung kann der Unterſucht efaugen⸗ 
nicht gezwungen werben, beſonders, da ik In —S de Dep 
Unehre verbunden zu ſeyn pflegt, zur Zufügung einer foldyen vor Fällung des 
Urtheils aber der Gtaat leineswegs Bersöhtigt 4 Dagegen kann der ©: 
verlangen, daß man ihm eine, mit dem Zwede feiner Freiheitsberaubung verträgs 
liche, —X gewählte Beſchaftigung te. Ramentlich iſt bei — ideten Ge⸗ 
fangenen der Gebraudy von Büchern, reibmaterialien u. Licht ſeito drin, 
gender Wunſch, auf der andern Seite allerdings möglicher fe Gelegenheit zu 
unerlaubter Berbind: mit Außen. Als Regel wird dabei wohl angenommen 
werben bürfen, daß ſolchet Gebrauch, natürlich unter frengen Borfichtömaßregein, 
zu geflatten if, der Unterfuchungsrichter aber ihn aus behlmmten, von ibm dem 
höheren Gerichte vorzulegenden, Gründen im einzelnen alle ganz ober theilweiſe 
entziehen Tann. Schwierig if es, eine ganz tadellofe Einrichtung ber Bet: 
ge treffen. Das war, daß der ſolches vermögende Unterfußgungßgefangene 
echt hat, fich felbh zu verföfigen, u. daß hiebei nur etwaiger Mißbrauch, fei 
es unerlaubter Verkehr mit ven, ſei eö eine den Anftand u. die Ruhe der Ans 
ſtalt flörende Echlemmerei zu verhindern iſt, kann faum einem Zweifel unterlies 
gen, da der Genuß beliebiger Koft mit dem Zwede der Verhaftung in gar kei⸗ 
nem Zufammenhange, am wentgflen im Widerſpruche fleht. Eben fo un 
haft if, daß dem zur Selbfibeföfigung unvermöglicyen oder unwilligen —8 je 
nen die Koft vorläufig auf Koflen des Staates gereicht werben muß. Allein die 
Echwierigleit befteht darin, die Lieferung diefer Koft fo anzuorpnen, daß weder 
der Staat um fein Geld betrogen, noch dem Gefangenen das Gebührende und 
Rothwendige hiedurch entzogen wird. Hier lann wohl nur genaue u. unvermus 
thete perfönliche Biftation helfen. Daß in Krankheiten für ärztlichen Beſuch u. 
für die erforderliche materielle Pflege zu forgen if, bebarf nicht der Erwähnung. 
Wenn der Gefangene feinen Hausarzt dem vom Stante angeflellten Gefängnißarjte 


eb Gebrau 
* { —A en — —F ———— 


Ar Einricht 
ber Wahl e en bien —58* —* —— nur a Yen de Ge 
dere kn ı Geräumigteit dficht geno die Leich⸗ 
ugleis 0 der Schwierigkeit des inderen  Dienfes, t die —5* pr ——* n. 
er, die * Arbeit und ober Ya bie ‚nothiwenbige 
— 55 Pa A bei Au fe ar ei air au 
e Ung 
beitrug zu den —— 
bar, u. en -p es ein — ee a — 
die —— van —28* FA Ralt, auf nah 


a 
— andere Frage iſt, oe nt — entgegengefehben 
d Bo 

bloß meantich n Giacid N rei wir, 58 dehnen vn ve 
ſuche zu zweckn tungen gemacht worden waren, trat zuerſt Bent⸗ 
5* a anf —— Yon einander durch einen Hof getrennte, 
von mein der innere die Aufſeher, die — er n. 

—E— — — ber Aufene, egen den Hof und den imern Thurm zu, nur 


aus Giner Olaswand —* die —— — = ß har rote 

















abgefonderte Zellen unter 





pemachten Muflehern Im jedem die beobachtet, ließen ſollte. O 
nicht aus —5 — 3* hrs nur —— ab ——* * 
Berfu uchen, wie erungögefängnifie, u. baun 
u den, uf el — a gebr A —— Der Sonden Be 
be Ya a7 le ee er a —— fer — — —* * en | 
gemäß fich tm —E des "San da de befindet, von 


Diefem aber als Radien die einzelnen Sue ehe für die namen auslaufen: 
jur ebenen Erbe gegen das Rehaus die Arbeitefäle, hinten und oben bie eins 
jelnen kleinen Schlafzellen; zwiſchen je zwei Radien ein mit Gittern gegen bie 
Beripberte u. gegen das Seas able a fet es zur Benübun F 
freier Luft, fet es zur Arbeit im Freien, fiellung von Ir len; 
Bofpital u, a nlhaftögebäube in den dee 2 die ganze Gebaͤudemaſſe Ai 






mkreiſe umgebenden und von einer 5 Umfa ungemaucs begr 
una, Es wäre ungerecht, nicht un en bap d e Ausführung bie 
ſes Vorſchlages Bortheile mandyer Art gew muß} allein „jener unbeding» 
chkeit, diefen Plan einem 


ten &mpfehlun Reh body entgegen theild bie nm 
älteren, fonft vielleicht in allen anderen Rüdfichten l r empfeblenewertien. Be 
bäude anzupafien, theils auch bei Neubauten —— I ur) vie vielfachen Umfafs 
ſungsmauern veranlaßte, Höhe der Baufoften. elben Einwendungen treffen 
auch den ameritantihen Schacdtelplan, —— ß eine bis unter das 
Dach ch gehende, mit viel fern durch fere Umfaffungsmauer tm 
bftande von 10-12 Fuß das een e Gebäude enthält, weiches in eine 
—* Anzahl von Zellen ein ngeiheitt iR, bene if, deren air u. Fenſter fidy in biefen —55 — 
raum zwiſchen beiven Gebäuden mü Die Berbindung wird d bö 
Salerien ergeRelt, ber 1 boble Raum —ãæe u. geheizt u. durch wen ge Ib 
wachen leich Man hat indefien Feineswegs nothwendig, gerabe einen 
dieſer —* * feige, wenn gute Grgebniffe gewonnen werben wollen, 
einzigen Fall ber Annahme bes —— —8 —— uögenonns 
men, welches nur in einem, eftimmten, St de abe mög if if 
Seräumigfeit, Abtheilung in bie nd —1 Gemäcdhern, Einri tung eins 
einer einfamer und ganz dunlkeler Etrafsellen, zur Wbrägung der von vn efans 
Mealencyclopädie. IV. 88 















610 Gefangnifßweſen. 


en gegen bie Haudorbnung vor enommenen Verfehlungen, und ebenſo einzelner 
leiner, nur für Eine Perſon beſtimmter Arbeitslokale die Neueintretenden, 
vamit fie bier in ſich gehen moͤgen; ein‘ unterirbifches gemälbted, ober ein wit 
hoben Mauern umgebenes Behältnig zur Aufbewahrun Gefangenen bei Feuer 
ober einer BReuterel; freie fonnige Höfe, wo —8* jede Abthellung ein eige⸗ 
ner; Anſtalten zu Falten und zu warmen Bädern; Vertheilung von Bahtimmen 
durch das ganze Haus, namentlich auch in den Schlafgängen; leichter und mög. 
lichſt unbemerkbarer Verkehr der Beamten, namentlidy auch des Oberauffchere, 
mit allen Theilen des Hauſes, und Cinrichtungen zur ungeſehenen * 
der Gefangenen durch die Zimmerwänbe; bie eines ſtark ten 

auſes oder einer Kaferne: alle diefe Haupterforberniffe eines brauchbaren Ge 
Angnißgebäubes Eünnen auch bei einem, una zu einem andern Zwecke es 









auten, jebt aber verfügbaren Gebäude in gen genen Grade erfüllt werben, 
Die tüchtige Befebung der Beamtenftellen bei ©trafanfalt iſt baburd 
fehr erleichtert, daß es hier der Mühe werth und ſelbſt nöthig iR, einen Mann 
zen Blbung mb men Eulgem Banaz an De Ente De Bann u Kin De 
genz, Rechtlichkeit, Feſtigkeit und Brenfchenliebe Leichter De äh als bei 


i 


werben, 
den —— — den Arreſthaͤuſern und Unterfuchungsgefängnifien - 
vorzufeßenden Wärtern. Es verficht fidh, daß biefem erfien Beamten bie 
bed Ganzen, und namentlich der unbebingte Befehl über vie Unterau 
räumt wird u. daß er dagegen audh verantwortlich für Alles IR. 
Rang md feine wirthichaftlichen Berhättniffe müflen anſtändig geſtellt 
damit er us in dieſer Beziehung Eindruck mache und fich —X 
alle. — Bon ge Bedeutung iR die Wahl bes Defüngnipgeiktich 
verſchiedener der Gefangenen, mehrer Geiſtlichen. Da es 
nicht bloß von der Vollziehung des Rituals und von einem gelegentlichen, 
terefies und herzloſen, ſomit auch völlig unwirkſamen Zuſpruche handelt, ſondern 
von der Erwerbung des Bertrauend der meiſtens höchſt verdorbenen u. verfchmig 
ten Sträflinge, von einer genauen Kenntniß des Gemüthszuſtandes jedes einzel- 
nen deöfelben, von einer befländigen religtöfen Einwirkung auf Ginzelne u. Alle; 
da, mit Einem Worte, ein Miethling eben fo überflüfflg und feines Lohnes un 
werth, als ein eifriger und tüchtiger Mann höchft fegendreich iſt: fo iſt die Wahl 
mit befonderer Sorgfalt zu treffen. Iſt der rechte Dann gefunden, fo muß ihm 
auch eine ſolche Außere teilung negeben werben, daß er ſich nicht bei der erſten 
Gelegenheit wieder wegfehnt. Diefe Stelle ift Fein Anfangs» und Durchgangs⸗ 
dienft für einen jungen Mann. Iſt die Anftalt beveutend, fo wird ihn 
Ihm! ge Eeclforge und die Leitung des zu ertheilenden Unterrichts hinreichend 
eſchaͤſtigen, auch ohne weitere Gemeinde. — Für die Gtellen der Unteraufſeher 
taugen gediente Militärperfonen am eheften, wei® fie die am Beſten gezogenen 
Männer geringeren Etandes find, Gchorfam gegen Dben, Pünktlichkeit in Diente 
und Befehl gegen Unten zu vereinigen wiſſen. Unerläglich ift die Beſtellung weib⸗ 
licher Auffeherinnen in den Abtheilungen für weibliche Gefangene. — Ueber die Be 
hörbe, welcher die Strafanftalten zum Behufe einer Gontrolle ver Berwaltung und 
einer Zeitung der geiftigen Richtung unterzuorbnen find, kann nicht wohl ein Zwei⸗ 
fel Statt finden, Weil theild eine Webereinfiimmung unter allen Strafanftalten 
des ganzen Staates nölhig ift, theils es jedenfall paſſend erfcheint, wenn bie 
Gerichte mit gar Nichts beauftragt find, ald nur mit Rechtfprechen, fo find nicht 
diefe mit der Oberaufficht zu beauftragen, fondern das Juſtizminiſterium. Paſſend 
ift es wohl, wenn in demfelben zum Behufe dieſer Leitung eine eigene Commiffion 
befteht, Damit nicht der MWechfel ber Berfon des Minifterd auf die Feſthaltung er- 
probter Grundſaͤtze und die folgerichtige Durchführung von neuem Planen nady 
theilig einmwirfe. Auch kann es ver materiellen Zweckmaͤßigkeit des Befehlens 
nur förderlich feyn, wenn außer den Minifkerialräthen in einer foldyen Behörde 
auch noch andere Männer Sitz erhalten, welche ſich mit dem Gegenkande im 


i 


* 





er: 





Gefaͤngnißweſen. 641 


Ganzen genauer bekannt gemacht haben, oder welche mit einzelnen Zweigen bes 
Dienfted befonders vertraut find. Noch ift aber, außer dieſer Oberaufficht des 
Staates, eine durch freiwillige Tcheilnahme des Pubkikumo zu übende Eontrolle 
der einzelnen Strafanftalten nicht bloß als wünfchenswerth bargeftellt, ſondern 
auch da und dort wirklich ausgeführt worden. Das Mittel zu Folder Einficht, 
Berbinderung und Aufmunterung befteht namentlich in der Bildung eigener freis 
williger Bereine, welche eine fittliche Einwirkung auf die Gefangenen „u gewin⸗ 
nen Fuchen, mittelft vielfachen vertrauten Verkehrs mit ihnen, Bertheilung von 
guten Schriften, Ertheilung von Unterridt. Bon einem Zwangdrechte der Eins 
miſchung in die Berwaltung kann natürlich Feine Rede ſeyn; das einzige, der Ges 
ſellſchaft und ihren Mitgliedern zuftehende, Recht iſt dad des unbefchränkten Eins 
tritteß in dad Gefängniß und in alle feine Beftandtheile. Beifpiele ſolcher Ges 
felfchaften find in England und Amerika nicht felten. Auch in Deutfchlann find 
einzelne Bereine diefer Art thätig, und in Frankreich wurde unter der Reftauration 
eine große, aus fehr hochgeftellten Männern beſtehende, Gejellfchaft gegründet, 
welche mannigfache ähnliche Beweiſe von Thätigkeit und Einfiht gab. — Wi 
wenden uns nun zur Behandelung der Gefangenen. Hter müflen vor Allem 3 
AA Arten von Gefangenen unterfchieden werden. In ber erfien befinden 
fi ſolche, welche zwar eine bedeutende Poltzels oder eine geringe Rechtöverlegung 
mit einer Freiheitöberaubung zu büffen haben, dagegen aber, bei der nicht unehren⸗ 
haften Art ihrer Gefegesübertretung, auch nur mit einfachem Gefängniffe, nicht 
aber mit irgend einer Ehrenftrafe over einer weiteren abfichtlich harten Behand- 
lung zu belegen find. Die zweite Claſſe wird von Denen gebildet, welche ein, 
zwar materiell minder bedeutendes, allein von verächtlicher Geſinnung zeugendes 
Bergehen begangen haben, und bet welchen daher die der Ausdehnung nady mins 
dere Freiheitsſtrafe durch eine härtere Behandlung verfchärft wird, ohne Rüdficht 
auf die bierunter etwa leidende bürgerliche Ehre. Die dritte Claſſe endlich bes 
greift die ſchweren Verbrecher im fich, welche fomit audy die ganze Strenge des 
trafgefängniffes erftehen müflen. Diefe drei Wbftufungen der Strafanftalten 
mögen mit Feftungsftrafe, Zuchthaus und Galeere bezeichnet werben, 
Außerdem erfordern Rüdfichten der Menſchlichkeit und wohlverftandenen Klugheit, 
jugendliche Berbrecder, ohne Rüdficht auf ihr Bergeben und fomit auf die 
eigentlidy verdiente Art der Strafe, ganz abzufondern und in einer eigenen Strafs 
anftalt unterzubringen. Bet den zur einfachen Feſtungsſtrafe Berurtheilten ift 
bloß Freiheitsberaubung die Aufgabe der Strajfanpalt Jede weitere —ãe—i 
oder Entbehrung wäre ein Unrecht, eine beſchimpfende Behandlung, eine Barbare 
Ganz anders verhält fi) Alles bei denen zum Zuchthauſe Berurtheilten. Hier 
iſt nicht nur die reihettaberaubung firenger, und namentlidy die freie Bewegung 
außerhalb des angemiefenen Raumes nur in der für die Gefundheit erforderlichen 
Zeit geftattet, fondern ed kommt hier noch theils überhaupt härtere Lebensweife, 
theils namentlid Zwangsarbeit zur Freiheitöftrafe, und zu einer Cinwirkung auf 
ſittliche und religiöfe Beflerung liegt bier aller Grund vor. Bon einer eigenen 
befieren Verföftigung kann hier feine Rede feyn. Sowohl zur Demüthigung, als 
zur Berhinderung der Flucht, iſt eine ausgezeichnete Kleidung zweckmäßig. Der 
Berkehr mit Fremden muß der größten Vorficht unterliegen u. iſt nur fehr felten 
zu geftatten. — Eine Beantwortung der Frage, weldye Art von Arbeiten den 
©efangenen aufzulegen fei, würde bier zu weit führen u. hängt auch ſchon 
Davon ab, ob diefe nur auf kurze oder auf längere Zeit verurtbeilt find. — Die Bes 
handelung der zur Galeere (ſchweren Strafarbeit) verurtheilten Gefangenen tft ide 
aus in allen wefentlidhen Bunften ver in den Suothäufern zu befolgenvden gleich; 
nur darf und fol allerdings ſich hier der. Charakter einer fchweren Strafe aus⸗ 
fprechen. Es muß alfo die Arbeit noch ſchwerer, die Koft nody rauber, die ganze 
Lebenswelfe noch freudeleerer feyn. Der Geftrafte fol es tief und lange fühlen, 
daß er ein großes Vergehen gegen das Recht und bie bürgerliche eo 
begangen hat; Andere follen 44 ein warnendes Beiſpiel an hen; b 


6i2° Gefaͤngnißweſen. 


Idee des Rechtes ſoll durch ein, der Groͤße feiner Verletzung gleichkommen⸗ 
des, Uebel verföhnt a Dagegen iſt es ein tiefes ro wenn die Be 
handelung über biefes gereähte und menfchliche Maß der Härte 5 
wenn die Baleerenfiräfl 6 nicht als Menſchen behandelt, auch mublofe ⸗ 
ten, geſundheitzerſtoͤrende Entbehrungen ihnen auferlegt werden. Iſt ei 
brecher des Lebens ganz unwürbig und eine Todesſtrafe von ihm verdient: 
nun, fo erdulbe er fie, damit die Befelifchaft von ihm befreit ſei. Allein mim 
mermehr hat der Staat das Recht, einen ihnl Verhaßten oder von ihm Ge 
fürchteten langfam zu Tode au martern oder auszuhungern. ben fo iR «es 
tadelnswerih, wenn die Beſſerungo⸗Berſuche bier ganz aufge werben; 
vielmehr find fie in derſelben Weiſe zu betreiben, wie in ven Zuchthäufernz; Dem, 
wenn auf ber einen Seite wegen einer größeren btheit des töfinnes we⸗ 
niger „pofaung bed Gelingens ift und überhaupt hier ber —— der 
vorzutolegen bat, fo iſt auf der andern Seite die Nothwendigkeit einer Sehen 
ebenfalls größer und der Vortheil der bürgerlichen Gefellfchaft in dem alle des 
Gelingens bedeutender. — Die Vortheile der Berbannung großer Uebelihäter fh 
fehr einleuchtenb, und es iR daher auch ganz begreiflich, daß ſchon fo 
©taaten dieſes Mittels bedient haben, um Derer loszuwerden, welche 
ten und nicht beffern zu können glauben. Dennoch muß man fidh auf das Ent 
ſchiedenſte gegen biefed ganze Syſtem ausfprechen. Abgeſehen davon, daß nidt 
alle Staaten foldye entfernte Befigungen haben, noch auch ſich Durch 
leicht den Mitgebraudy ſolcher verfchaffen können: fo muß ſchon bie 
ſpieligkeit abfchreden, weldye unvermeidlich iſt bei der weiten Relfe, bei ber 

Enct die VBerbannten nicht ge erö fterben zu lafien, endlich bei der 
bigfeit, eine ſtarke öffentliche act in der Golonie zu unterhalten, damit nid 
eine Mörbergrube aus ihr werde. Sodann If bie tieh Enifttlichung in Aufchlag 
= bringen, welche die auf dem langen Wege Bermifchten vollende ganz verberbt. 

uch emtbehrt die Strafe alles finnlichen Eindrudes für Dritte, währenb fie für 
die Geſtraften ſelbſt hoͤchſt ungleich wirkt, nämlich für junge rüfige Leute nur 
al8 Bergnügungsreife, für alte und fchwächliche ais Lebenslänglicdye Berbannu 
und kaum zu ertragende Anftrengung. Endlich ift fie für Diele in fo fern 5 
ungerecht, ald fie auch bei nur zeltweifer Verbannung der Mittel zur Rüdlehr 
entbehren, und dadurch ihatfächlich auf Lebenslange aus dem Baterlande verwie 
fen werben. Als Strafe iſt fomit dieſes Eyftem nutzlos und ungerecht; inwie 
ferne ed aus dem politifchen Geftchtöpunfte, naͤmlich al8 Gründung einer Golonte, 
mehr Anerfennung verdienen mag, ift hier nicht zu erörtern. — Noch bleiben einige 
Demerkungen im Rüdftande über bie Sehanbiung jugendlicher Verbrecher. 
Die Gründe, aus welchen foldye von den Älteren und erfahreneren Sträflingen zu 
trennen u., ohne Unterfchied ihres Vergehens, in eine befonvere Anftalt zu vereinigen 
find, leuchten von felbft ein. Rur wäre es allerdings ein Irrthum, anzunehmen, daß 
bier die Strafe ganz in Hintergrund treten müfle. Die jungen Sünder find alle vom 
Richter als zuredhnungsfählg erfannt u. müſſen fomit nad) Freiheitobeſchränkung, Ar⸗ 
beit, Koft, Kleidung u. f. w. die Folgen ihrer frühen Berborbenheit tragen ; Verbrechen 
fol fein Recht geben, auf Koften des Staate® bequem u. gut erzogen zu werben. 
Allein eben fo Klar iſt es, daß hier viel größere Zeit umd Mühe auf Beflerung 
verwendet werden muß. Theils ift die Hoffnung auf Erfolg. weit größer, theils 
der Nutzen für den Staat, bet der wahrfcheinlih fangen Laufbahn ber zu 
Beffernden, bebeutend genug. Hier muß alfo mit der Gewöhnung an ſtrenge 
Arbeit volftändiger Unterricht in den Elementarfenntniffen u. in einem ehrenbaft 
nährenden Gewerbe verbunden werben, mit moͤglichſt forgfältiger fittlich -reltgiöfer 
Erziehung. Die BVBerfahrungsart muß natürlih auf den beſondern Gemüthszu⸗ 
ftand fo früh Berwilderter Rüdficht nehmen, und es fcheint das Sicherfle zu 
feyn, erft Äußere Ordnung u. Fleiß zu erzwingen, alsdann mit bloßer Berftans 
deebildung zu beginnen, von dieſer zu fittlicher u. endlich zu zeligiöfer lo⸗ 
laͤuterung aufzufieigen. Der bei unverdorbenen Kindern rathſame umgelkehrte 





Gefäße — Gefaßſoſtem. 613 


Gang würde Feinen Erfolg haben, weil erſt die fchlechten Angewöhnungen u. bie 
Gedankenlofigkeit befeitigt feyn müflen, ehe das Aufgehen guten Samens zu hoffen 
if. — Sollten aber auch alle bisher befprodyenen Forderungen an eine richtige Behand⸗ 
lung der Strafgefangenen in den Gefängniffen felbft vollſtändig erfüllt feyn, fo 
fehlt noch zur Streichung, zwar nicht des unmittelbaren, allein doch fehr wüns 
ſchenswerthen fecundären Zwedes der Strafe, nämlich der wirklichen Beflerung der 
Geftraften, eine weitere Beranftaltung. Gin aus der Strafanftalt Entlaffener 
findet nur allzu oft alle Lebenswege verfchlofien, u. fo bringt ihn die Roth als⸗ 
bald wieder auf die Bahn des Unrechts, von der wieder abzulenfen fo viele und 
vieleicht unter günftigeren Umftänden nicht fruchtlofe Berfuche während feiner 
Strafzeit gemacht worden waren. Da nun aber der Staat, ohne ſich einem fals 
fchen Scheine befonderer Fürforge für Verbrecher auszuſetzen, nicht wohl felbft 
für die entlaffenen Strafgefangenen forgen kann, fo find hier Bereine von Frei⸗ 
willigen zur Berforgung entlaffener Strafgefangenen fehr an der Stelle. Gie 
fönnen, nötbigenfalld durch einen Geldzuſchuß, für die erſte rechtliche Unterkunft 
forgen, mit Rath u. That die erften ſchwankenden Schritte in der neugewonne⸗ 
nen Freiheit behüten u. flüben, fo daß die fpäteren erflarkten ohne weitere Gefahr 
ethban werden Fönnen. Ramentlidy iſt ſolche Unterftühung für weibliche Ge⸗ 
angene u. für jugendliche Verbrecher von großer Wichtigkeit. — Literatur: (Arnim) 
„Bruchftüde über Verbrechen u. Strafen o. D.”, 1803, 1—3. Band; Danjou, 
»Des prisons, de leur regime et des moyens de les ameliorers, Parts 182135 
Zeller, „Die Strafanftalt al8 Erziehungsanftalt”, Stuttgart u. Tübingen 18255 
Julius, „Borlefungen über Gefängnißkunde“, Berlin 1828; Lucas, »Du systöme 
penitentiaire en Europe et aux Etats-Unis.«e, Parts 1828 fg., 1.—3. Band; 
Derfelbe, »De la reforme des prısons ou de la theorie de P’emprissonnements, 
Paris 1836; Beaumont u, Tocquevilie, „Amerika's Beſſerungsſyſtem“, überfegt 
von Julius, Berlin 1833; Marquet⸗Vafſelot, »Examen historique et critique 
des ih6ories penitentisires«, Lille 1835, 1.3. B®d,; Appert, »Bagnes, prisons 
et criminelse , Paris 1836, 1.—4. Bd.5 Howard, »The State of Ihe Prisons 
in England and Wales«, 4. Aufl., London 17925 Fowell Burton, »An inquiry, 
whether crime and misery are produced or prevented by our present system 
of Prison Discipline«, 6. Aufl., London 1818. Ferner die verfchiedenen Parla⸗ 
mentöberichte über dad Milbank-Penitentiary u. von dem Öberauffeher über bie 
britifchen Gefängniffe. Hartleben, „Annalen der Berhaft-, Straf u. Beſſerungs⸗ 
Anftalten“, Bafel 1825, 1. u. 2. Bd.; Appert, »Journal des prisons«, Bart 
1825 fg.; Julius, „Jahrbücher der Straf» und Befierungsanftalten“, Berlin 
1829 fg. (Bgl. d. Art. Befferungsftrafanftalten.) 

Gefäße find hohle, häutige, coniſche oder cylinderifche Röhren des thierifchen 
(menfchlichen) Kötpers, welche dad Blut zu den einzelnen Organen hin u. von 
denfelben wieder zurüdleiten, Blut-G. (Arterien und Benen): oder welche dem 
Blute felbft neue Bildungsfloffe (Lymphe) zuführen, &ympb-&. — Im weiteren 
Sinne nennt man ©. audy jene Röhren, weldye zur Ausführung von Stoffen, 
namentlich aus den Drüfen, beflimmt find, aus führende ©. E. Buchner. 

Gefäßſyſtem nennt man die Gefammtheit der oben (f. Gefäße) bezeichneten 
Nöhren, welche die Bewegung des Blutes vermitteln u. demfelben neuen Bil- 
dungsftoff zuführen, mit fammt ihrem Gentralorgane, dem Herzen (f. d.). Es 
gehören demnach zum G.e, abgeſehen vom Herzen, die Arterien und die Benen, 
ſowie die Uebergangsröhren zwiſchen beiden, die Capillargefäße, u. ſchließlich die 
Lymphgefäße. Alle diefe Theile des G.s bilden ein ununterbrodyenes zufammens 
hängendes Ganze, das nirgends durch offene Mündungen mit dem außerhalb 
befindlichen, fet ed im Innern des Körpers, fei-ed an der Oberfläche deſſelben, 
in Berbindung ſteht. Die Arterien u. Benen geben allentbalben in ihren Außer. 
ften kleinſten Berzweigungen durch die Gapillargefäße in einander über, nahe dem 
Serien aber bilden fie große Stämme; die Lumphgefäße dagegen Bilden für fich 

ne reichhaltige, allenthalben verbreitete, baumförmige Verzweigung, ftehen aber 


614 Sfeät. 
v ihre beid uptkämme a feinen 
Brfgang) m Badia he Diefe —— die —* ber Nähe 
de6_ Ger 8 Fr ar Dre nenn. ergiehen. ten ziehun auf Bon a — 
en den en en, in 
ee ask Mad Andrange er oßten Gemalt der Blutwelle Be ei" f * 
* e u. dickere Wandungen z dagegen finden en u. aud 
den Lymphgefaͤßen im Innern Klappen, welche en Juhali 
dieſer Gejäße wohl A der ——* na bem Kerzen durch m en “cine Be 
verfehrter Richtung gu verhindern. sam reislauf 
—— ec Rampf Einzelner over E. Buchner. 
er o anzer 6 
mit tödtlichen aa dee wordt, den Gegner Eu 
—— ——— zu en In ber gi 


t De in be wllicen aan vegen en ee m 
ir 
—* — Stellung u. Bewegung vorber —**— ſeyn 'mäflen, Der als 
G.s iR Befeitigung des be6 Feinde d. 5. entiweber 


gemeine inet Det ed, 
‚oe Gr v einde befehten Bodens; . famı 
—A —— om 5 eb —— — 












wirklich zur 
euns diefer die ei 





erſte Erfordernis 
einde einla id, 
See * Terrains. Zweite Gaming *. ee at fen Data Dche 


ment fo viel als möglich verdeckt zu halten eine Stellung fo zu * 
daß der Feind fie weber überfehen, noch ehe © eilt ridhtig Beurtbeifen une 
Drittens muß er den Feind felbft angreifen, wenn er ein ©. unvermeidlich 
ober zwedmäßig hält; denn bie srlahrung lehrt, Fi der angreifende Theil im 
mer großen Bortheil über feinen Gegner hat. Rur wenn man in einem ver 
(hangten 0 F en Poſten fleht, Ri wenn bie natürliche Lage ——— 
uns ei cheidendes —— gäbe, würde man ſich auf die Vertheidigung 
— te find Umfände, die ih im ©. er — fönnten, vor 
ber genau zu überlegen, fchon auf Faͤlle, welche vorfommn f im Boraus 
Mapregeln zu treffen, u. von biefen foot, al8 von der allgemein en Dispofition, 
jeber Sfile zu ee „Borgi —5 muß aber jedesmal ein 
beſtimmt werben, der au en Soldaten befannt feyn muß; auf den 
Zal, daß unfer Angriff n Pi gel ge, oder der Feind und aus wumferer 
verdrängte. — Was indbejondere das G. der Infanterie bein! FAN laſſe man 
nie einzelne Abtheilungen eines Bataillons für ſich feuern, "hie durch jet 
Unordnungen entſtehen; auch gefchloffene Infanterie muß Pr vor folden „Hüte 
und daher alle Bewegungen mit der möglichfien Genauigkeit machen. Wird fie 
von Gavalerie angegriffen, fo formirt fie ein ehlofienee Quarıs, —* mit 2 
Kugeln u, feuert ie über 100. Schritte; am Dehen auf 40 Schritte, wo dann 
* durch die doppelte Wirkung des Feuers Alles N edergerifn wird. Die 
auge beſtimmten Bataillone müflen wo möglich außer dem feindlichen Kano⸗ 
enfdu aufmarfchiren, weil bie Wirkung bes feindlichen Kanonenfeuers nie 
licher iR, als während deö Aufmarſches. Gewöhnlich läßt man ben 


ver Infanterie durch Cavalerie decen ; —E coupiri, 
vg leichte ER [73 9— am vorth erde, den a 
ia m fl. eo hirans Te —— m ip be 
Hrn — 
* m vorne r 

t — el hat au 37 ——— —E daher Immer 


Diele 
— —8 
ie auf den Mike Bft A 


\ —— 
nn 60 Fa er ——— 


Sant gu bringen fucht, ke 

durch Tirailleurs feuern, - Re man mit. aller gi en — 

die intel des Duarıe's ren. Es — fi) von ſelbſt, das die Cavalerie 

ſich nur in ebenem Terrain mit der Infanterie einlal Te Unter 

Ränden, wenn Gavalerie da if, um die feindliche 

deden, muß man dieſe zuerß aus dem Welde jchlagen, ehe man 
länfern befehäftigt —*5 

"ei 


a 
le 
9 


8 
Bi — ſo ie nn Kr age Theil das 
Me, weil. bie Aferde — zu 


IH 
Ser: 


d 
hi 


I 
Sg 
11 
* 
g®, 
ie 
— 
ER, 
= 
ar 
Fir 


il, 3 EI im ba et —ãA 

* Er jet —A a * Ben & m — 
ip —— —— und fan und fammeit, {m behänbigen. Börae 

‚der bie ng man — gurüdgefchla; —* fo A die Dh exe 

au den am weiteflen Zurü ee zu fommen, um nur Mann zum 

Stehen zu en und bi einander Hi haben. — Die Besen um Ar 

sllerier®« ben zum Theile ion während des Marfches ſtatt; — 

dige muß 5* er 4: ee, even aa * 

ben tor 2 gar 


6 abren 
d en A hungen machen müßte, würde ber Gebrauch des Langtaus mehr Nach⸗ 


eine 

voraus fehen Tann, werden nicht nur die —— a aber u. Bor 
tathöpferde, unter der Aufficht eines Unterofi KR — die an⸗ 
deren Truppen nach einem Orte zurüd; oc Tri Sıihe feinem feindlichen Angriffe 
audgefegt if, fondern auch von den Munition en bien Pi jo viele bet 
ben vie en als 6 um gehen Bedarfe —& en, 
atterien 16 ©. folgen, bleiben von den Eeren 6 2 weit entfernt, 

Eh ſich außer dem feindlichen ——— befinden, jeroch auch nach Cifor⸗ 


616 Geefle — Gefühl. 


dern einzeln hervorgezogen werden koͤnnen, um bie Protzen mit Munition zu ver⸗ 
en. Derjenige, welchem die Führung der Wagen aufgetragen iſt, muß daher 
N ne Batterie im Auge behalten, und wo Terrainhindernifie bieß nicht geftatten, 
durch zuverläffige Leute ſtets eine Berbindung mit der Batterie unterhalten. Das 
Heranziehen der Progen darf Feine Schwierigkeiten und re 6: Aufenthalt 
verurfachen; auch muß das Herbeifchaffen der Munition durdy ihre Stellung nicht 
verzögert werden. Die Dedung der Protzen u. der Reitpferde der reitenden Ars 
tillerie wird daher givar eine Rüdfiht feyn, welche man bei der Aufftellung neh⸗ 
men muß; doch wird fie immer den übrigen Erforbernifien einer guten Stellung 
RAT bleiben. — Die Gefechtlehre bildet ven weſentlichen Theil ver 
aktik (f. d.). 

Gefle, Hauptflabt der ſchwediſchen Landeshauptmannſchaft Gefleborg, an 
einer Bucht des bothniſchen Meerbufens Geflejärden, am Yluffe &., über den 
die 1772 gebaute Guſtavsbrücke führt, u. der bei der Mündung in den bothni⸗ 
ſchen Meerbufen in 3 Armen die Infeln Alder⸗ u. Islandsholm bildet, und an 
einem gezogenen Kanale, durch den Seefchiffe bis zur Stadt kommen Fönnen, 
die größte Stadt in Norland, mit 8600 Einwohnern, iſt Sitz des Landhaupt⸗ 
manns u, eines Biſchofs, hat ein Schloß, Gymnaſtum, einen Hafen, Hospital, 
die einzige Buchdruckerei in Rorland, Schiffswerfte, Leinwand⸗, Drell⸗ Tabaks, 
Zucker⸗, Segeltuch⸗, Klenruß-, Blech⸗, Wollzeugfabrifen, Bifcherei, Handel mit 
Kifen (jährlich über 31,000 Schiffpfund), Brettern, Fifchen, Theer, Didier, RE 

ein y ; eingeführt werben Koın und Salz; Schifffahrt, Strömlingöfifcherei (an 
86 onnen). 

Gefolge, eine groͤßere oder kleinere Anzahl von Perſonen, welche einen re⸗ 
gierenden Fuͤrſten, oder einen in hohen Civil» oder Militärämtern Angefellten, 
amtlich oder zur Bedienung begleiten. Dann auch f. v. a. Geleite cf. d.). 

Gefühl tft im Allgemeinen das unmittelbare Bewußtſeyn unferer Zu- 
fände u., in Diefem Umfange genommen, gleichbeveutend mit Empfindung (f. d.). 
— Der gemeine Spradge rauch nimmt fühlen aud vorgngemeile in der Bes 
deutung Taften. — Man nennt die Taftorgane mancher Thiere Fühler, Fühl⸗ 
füden, Fühl hörner (f. d.) — Der gebildete Sprachgebrauch unterfcheinet 
aber G. von Empfindung, befchränft letztere auf die finnlichen, leiblichen Zus 
flände, erfteres auf die nicht finnlichen, überfinnlichen, geifigen; er nennt Zahn⸗ 
weh, Kopfweh ıc. eine Empfindung; Schaam, Reue ıc. ein G. — Unläugbar 
find e8 ganz verſchiedene Zuftände des Subjertes, die in jenem u. dieſem Yale 
von ihm innegeworben werben, indem nach der oben angegebenen Unterfdyeldung 
®. beim Thiere nidyt vorkommt; dagegen läßt ſich nidyt läugnen, daß die Thiere 
ebenfo Empfindungen haben, wie die Menfchen. If Empfinden u. Fühlen von 
einander in der Art verfchieden, daß nicht jedes Empfindende auch des Fühlens 
fähig iſt, fo fegen beide verfchtevene Lebensprocefie voraus. Beim Menfchen, 
weldyer vorerfi nur ald Raturinpivivuum lebend erfcheint, erfcheint auch in ber 
erften Periode feines Dafeyns, wie beim Thiere, nur das Empfinden. Wird durch 
Erziehung das geiftige Leben angeregt, fo tritt auch das ©. ein; ja, «8 Außert 
fi) das gehiae Leben zunächft als Fühlen, wie das bewußte, fubjective Natur⸗ 
leben zunaͤchſt als Empfinden. — Da im Menfchen dieſe beiden Lebenspro- 
zeffe ineinander greifen, fo werben die Zuftände des geiftinen Lebens Urfacdye von 
are des finnlichen u. dieſe von jenen. Dadurd entfichen Zuftände zugleidy 

nlicher u. überfinnlicher Art, deren nur der Menſch, als lebendige Einheit von 
Raturindivivualität u. Geift, fähig If. Die Möglichkelt foldyer Zuflände nennt man 
®emüth (ſ. d.). Ste tritt, wie es ſich von felbft verfteht, erft dann ein, wenn das 
gefine Leben fich entwickelt. Wo dieſes unentwidelt bleibt, oder verfümmert, fin- 
et fi) auch das nicht, was man Gemüth nennt. — Ruhe des Gemüthes, 
Gleichmuth, Heiterkeit des Gemüthes, Berfiimmung des Gemüthes, Gemüthes 
krankheit, Gemũthsbewegung ıc. erklären fi) aus dem Gefagten. — Wenn Em⸗ 
pfindungen und ®.e Zuftände des Lebens find, deren fi) das Lebenne bewußt 


Ä | 
wird, fo wird ſich in ihnen bie Gefegmäßigfeit dieſes Lebens kund geben, 
geſchieht —2 in ogenannten Ton der Fi dem Empfinbungen 0 
anderſeits ber g Strebends, bie mit ihnen verbunden 
Empfindungen, wie ©.e, find dem Tone nach angenehm oder unangene 
jedoch auf verfchiebene Weile. Was als unangenchmer Inſtand empfunden wer 
den fol, muß ein Zuftand ber | 










m ſeyn. 
bensthätigteit muß fich 34 im erſten Falle als imerer Drang, Fried, bie 
en Zuftand aufzuheben, die Einflüſſe, durch welche ex entflanden ‚ 
nithin ale Widerſtreben, Berabſcheuen äußern; — im. als 
Trieb, dieſen Zuſtand zu erhalten, den Ihe. 
\ machen, mithin ai a langen; De 
obigen Sinne entſteht auf andere Weiſe & 
wir felbh geübt, ober von welcher man uns: 
benheit, der Freude, ober bes Abſchenes Bes 
enden Gubjerte aber wir befinden uns: dabei 
5 | 


6 Hemmung 
den jen » 
—* e dan 





3 ber Empfindungen u. Ge au 
' m. 2 

16 Soneh jener, zum BBohlgefallen 0 
fett des finnlichen u. geiigen Lebens gibt den M higefalen 
der Nißfallen. Diefer Raßſtab iR alſo beim entwidelten Renſchen ein boys 
pelter, u. darum kann baffelbe Ding ihm zugleich wohlgefallen und mißfallen. 
Das Wohlgefallen oner Mißfallen, wel auf der, Geſeßmaͤßigkeit des Natur⸗ 
ebens beruht, iſt nothwendig ein elgennä iges, well es durch Die, in der Em- 
findung zum Bewußtſeyn gebrachte, Steigerung ober Hemmung dieſes Lebens 
yerur * wird, - Das Wohlgefallen ober allen, welches auf der Gefch- 
näßigfelt des geiftigen Lebens bt, iſt nothwendig ein uneigennüßiges, 
veil die Urfache des angenehmen ober unangenehmen G.s dieſes nidyt 
ned) Steigerung oder Hemmung geifigen s erzeugt. — Der Zus 
ammenhang des Toned der Empfindung und des G.s mit der Geſetzmaͤßigkeit 
es finnlichen und geiftigen Lebens IR auch der Grund, warum man jene als 
Richtfchnur eines naturgemäßen, dieſes als Richtfchnur eines vernunftge 
näßen Lebens bezeichnet Mat. Folge peiner Empfindung‘ bat man als 
jberfte Diätetifche Regel auögefprochen, wie: „Hol Be deinem G.e“ als oberfien 
noralifchen Grundfah, ale Moralprinzip. Gleichbedentend damit find, wie es 
ich aus dem Obigen verficht, die Regeln: „Folge deinem Raturtriebe" und 
‚folge deinem vernünftigen, deinem moralifchen Triebe! Obwohl diefe Res 
ein für die Mehrzahl ber Menfchen als Leltfaden ihres Lebens dienen, fo find 
e doch feine zuverläffigen. Aus ähnlichen Gründen, wie beim Menfchen bie 
Empfindung als Fein in allen Källen ſicherer Mapftab für das feiner Geſundheit 
Rügliche oder Schädliche gelten fann, aus ähnlichen Gruͤnden iſt es auch das G. 
icht in Bezug auf das der Geſetzmäßigkeit des Geiſtes Entſprechende over Wi⸗ 
ıerfprechende, das an ſich Gute oder Schlechte, Rechte oder Unrechte. Die Claſ⸗ 
ficatton der Empfindungen u. G.e if eine ſchwierige, bisher noch nicht befries 
gend gelöste Aufgabe der Pſychologie — u. wird es wohl noch fo lange 
leiben als wir keine vollſtaͤndige Kenntniß des finnlichen n. geiſtigen Lebens u. 
hrer gegenfeltigen Durchdringung erlangt haben, — das Leben der Natur⸗ 





us Gm. 


individnalitaͤt eine leibli iſche Seite unterſcheiden luͤßt, fo unterſchelbet 
man ge bie z Golan 8 air Hg: m und — in fan a als A 


Sr ihre Due dr an: bes ne g* h. des 
ten N a —— die —— Fra 
weile, ber et, des * geben pfychiſ k6, * auch 














le Fr iR ben 2823 *55 fehr — 
a Sea pc Ka = a dr Sie 
fach —* — —ãA Organe. Und zwar vermitteln nicht u ve 
(giane 6: Kam —— als die —— des —— nl fperififch ver⸗ 
—— ologie, 11. a Beben br — — — 
Die pſychiſchen d td durch F ober Gemmung der 
a hdhatdt % einer bekimmten Mickua eukhn — 08. Ver Gebe 


— rg —— — — Fe — —— naeh 


empfindungen. ee De er — an bat re 2 
— Was Ne 0: m enbelang! { Kalt 5 — als e meralide 
Free u FH mini, 16.5 






he 
wich Dieb ©, 
— 


ber Zu aan 
ber Achtung ober — —. Fr —— Bewußtſeyn entwidelt ſich 


nothwendig zum rel Diefe G als eine in unferer 
—e ——ã— — dieſe de als ——— bezm * — endliche, und hie⸗ 
mit enifeht dad ©. der Mbhängigfeit von einem unbebingten, unbefchränfkten We⸗ 
fen, dem Geſetzgeber unſeres Le er de ae ©, in feinen verſchiedenen For⸗ 
men. Berwandt damit if das Ein „der Ehrfurcht vor den Eltern, Er⸗ 
ztehern und jeber guoraliichen Re A — Das intellectuelle ©. im engeren 
Sinne, auch das Wahrheit-®. genannt, beruht ebenfo auf dem Bewußtfeyn ver 
geifigen Geſetzmaͤßigkeit, wie - moralifebe ®., nur daß biefe bier als 36 
mäßtigfeit des freien Denkens an Ahle mehr ober minder lebhaft, 
daß Etwas dieſer Befesmäßigfel — oder widerfireite, daß Etwas wahr 
oder falſch fei, feyn koͤnne, oder feyn müfle, ohne doch das Warum? deutlich 
angeben zu fönnen, Bon biefem Wahrheits G.e, das als einziges Kriterium 
der Wahrheit unſerer Vorſtellungen nicht bloß von den Stoikern, ſondern auch von 
euere bezeichnet worden tft, And die intellectuellen G.e verfchienen, welche aus 
oe nerung oder Hemmung ber Denktbätigkeit, die nothwendig auch beim 
Bien zugleich eine bfochifche u. or — , entſpringen. Wir werben uns 
dabei der Kraft bewußt, die wir, (d. b. der Geiſt) über unfere pſychiſche u. or; 
ganifohe Thätigkeit üben, um einen Kar, Deutlichen @ Gedanken zu bilden. Ge 
ingt dieß, fo entfleht ein angenehmes ©., das der geiftigen Kräftigkeit, Macht; 
— gelingt es nicht, fo entfteht ein unangenehmes G., das ber eigenen geiftigen 
Ohnmacht, Schwäche. Handelt es fih um das Rachventen eines fremden Ges 
dankens, das Berftändniß feines Ausdruckes, und wird biefer als Urfache des 
leidyten Gelingens oder Mißlingens unfered Denkſtrebens, u. fomit der intellectuel⸗ 
len G.e vorgeftelit, fo tft er Gegenſtand des intellectuellen Wehlaeſauen ober 
Mißfallens. Wie das G. des Wahren von den intellectuellen G.en, fo t 
des Schoͤnen von den fogenannten Afthetifchen zu unterfchelden. Das 6 Des 
Schönen beruht auf der Geſetzmäßigkeit des menfchlichen Lebens, deſſen Ziel die 





Segenfüßler— Geheime Gefehfehaften. 618 


durchgängige, bleibende Harmonie des geiftigen u. finnlicdhen Lebens ift, herge⸗ 
ſtellt durch den beflimmenden Einfluß des eiſten über das legtere. Wo Immer 
wir ſolche Lebensharmonte, oder das Etreben, fie au verwirklichen, finden, bringt 
fie die in unferer eigenen MWefenheit begründete mehr oder minder Kar zum Bes 
wußtfeyn, erregt ein angenehmes G., ein uneigennügiges Wohlgefallen, wie da® 
Gegentheil ein unangenehmes ©., ein Mipfallen. Die Arten des Schönen und 
der durch fie erregten G.e aufzuzählen, dazu if hier nicht der Ort. Es erklärt 
fid) von felbft, wann und in weldem Sinne man auch das „Leblofe" ſchoͤn 
nennen koͤnne. Uebrigens ift befanntlidy die Bedeutung keines andern Wortes 
ſchwankender, al8 die des Wortes: Schön. — Die äfthetifchen G.e Im en⸗ 
eren Sinne entfichen aus dem Bewußtſeyn der Steigerung oder Hemmung ber 
P genannten Phantaflethätigfeit durch äußere Objecte, weldye dieſe felbft anregen; 
aber ed kommt audy bier, wie bei den Gegenflänvden der intellectuellen G.e, auf 
den Bildungsgrad u. die augenblidlicdye Stimmung des Menfchen an, ob und 
welche G.e ein Gegenftand in ihm erregen werde. — Bergl. Herbart, Lehrbudy 
der Piycdyologte, Königeb. 1834, das ©.8-Bermögen, ©. 75. u. f. f. Dr. Hils 
lebrand, Philofophie des Geiſtes, Heidelb. 1835, 1. Abtheil. S. 188 u. |. f. 
Rofenfranz, Pſychologie, Königsb. 1837, wo tvefienbe, wenn glei von He 
gel’d Standpunkte aus gemachte, Beobachtungen u. Reflerionen über Empfindung 
u. ©. zu finden find. Üeber das Selbſt⸗G., Perſönlichkeits⸗G., Selbſt⸗ 
bewußtfeyn, Ichbewußtſeyn (welches im Menfchen der Beginn feines geiftigen Les 
bens ift), im Unterfchieve von der Lebensempfindung, dem Individualitätsbewußt⸗ 
feyn (welches ſich auch im Thiere findet), fiehe: Die neueften Borfchläge zur 
Reform der philofophlichen Ethik u. empirifchen Pſychologie von Dr. Ehrlich, 
Bonn 1846 u. f. f. E. 

Gegenfüßler, f. Antipoden. 

Gegenbauer, Joſeph Anton, k. württembergifcher Hofrath u. Hofmaler, 
einer ver teflichften lebenden Hiftorienmaler, geboren zu Wangen im Wigäu 
1800, machte feine Studien in Mündyen und Rom. In feinen Gompofitionen 
hersfcht viele Bewegung, befonders ein glänzendes Colorit. Werke: Die Kabel 
der Pſyche, im königlichen Schloffe Rofenfein. Ein Eyflus Darftelungen aus der 
ſchwaͤbiſchen Geſchichte, im Schloſſe zu Stuttgart. 

Gegenbeweis (Reprobatio), die Parteihandlung, wodurch der Beweis des 
Gegners vernichtet werden fol. Bezieht fi) der ©. lediglich auf die dem Bes 
weiſe zu Grunde liegenden Thatfachen, fo iſt er directer ©.; indirecter ©. 
dann, wenn er bie Beweisführung über ein anderes Angriffömittel, als die Klage, 
ausmacht. Der ©. ſetzt immer einen Beweis voraus; feine Zuläffigkelt verfieht 
fih von air audy ohne ausprüdlicdhen Vorbehalt, und iſt bloß ein Recht, meiſt 
aber auch Pflicht einer Partei. Das Verfahren mit dem ©. if daffelbe, wie 
beim Bewelfe (ſ. d.) u, gegen den G. wird fernerer ©. nicht zugelafien (Re- 
probatio reprobationis non datur).. 

Gegenfag, 1) (Oppositio) ein Satz, der einem andern fo entgegenfteht, daß, 
wenn jener wahr if, dadurch Die Falſchheit des andern erwiefen wird. — 2) In 
der Rhetorik f. v. a. Antithefe, Contraſt (. d.). 

Gegenſchein, f. Adſpecten. 

Geheime Geſellſchaften. In ver Bildungsgeſchichte jedes Volkes, das zu 
einer höheren Stufe der Erkenniniß gelangt iſt, tritt eine Periode ein, wo baflelbe 
nicht mehr alle feine Kräfte im Ringen mit der äußeren Ratur und zur Befriebis 
gung der nächſten finnlichen Bedürfniſſe aufwendet; allmälig drängt fidy dem zum 
Gefuͤhle feiner Kraft erwachten Geiſte die Frage nad) der Urquelle alles Bor» 
handenen, nad) dem Grunde alles Werdens u. Vergehens auf. Aber dieſes Stres 
ben, den Schleier des Geheimniſſes, das den Urſprung aller Dinge bededt, zu 
lüften, befchyäftigt immer nur Einzelne, während die Maffen immer nody den For⸗ 
derungen des gewöhnlichen Lebens verfallen bleiben. Jene ſchließen fich daher 
enger an einander an, u, in gemefienem Kreiſe bitvet fidy eine Weberlieferung der 


620 Geheime Geſellſchaften. 


erfannten Wahrheit, oder Defien, was der Glaube ald Wahrheit gelten läßt. 
Eine ſolche Monopolifirung gewiſſer Erfenntniffe für einen beflimmten Kreis fin- 
den wir fchon bei allen Bölfern des Alterthums, bei den Brabmanen ber 
Hindu, bei den Prieftern der Aegyptier, den Magtern der Perfer, unter den 
Griechen bei den Eingeweihten ver eleufintfchen Geheimniſſe, den Pys 
thagoräern, bei ven Effäern der Juden, den Druiden der celtifchen Völ⸗ 
fer (ſ. dd.). Und da es hiebei überall auf die Dehauptung einer bevorzugten 
Stellung abgefehen war, fo nahmen alle diefe Vereine den Charakter geheimer, 
religiöß-politifcyer Geſellſchaften an. Da ferner, wie uns die Gefchichte zeigt, es 
diefen Vereinen eined geheimen Wiffend nur allzuoft u. allzugut gelang, Andere 
zu beherrfchen u. unterdrüdt zu erhalten, fo bildete ſich eben fo nothwendig eine 
Dppofitton gegen fie, die aber ebenfalls nicht von den Maſſen, fondern von eins 
zelnen Eingeweihten ausging, ſei ed, daß diefe ein Syſtem des Zwanges u. ber 
Täufhung von fi flogen, oder, vom Ehrgeize getrieben, fidy mit Feiner unters 
georoneten Rolle begnügen wollten. Daher kam ed, daß fowohl jene, die Einfluß 
und perrihaft erfirebten, als dieſe, die fich derfelben widerfegten, fidy in den 
Schleier des Geheimniffes hüllen mußten: jene, um fidy dem Widerfprudye, dieſe, 
um ſich den Serfolgungen ber Macht zu entziehen. Konnten doch ſelbſt die Be⸗ 
kenner der göttlichen Lehre Jeſu ſich lange nur als geheime Brüderfchaft den 
Bedrückungen eined Nero und der andern ihnen feindfellg gefinnten Machthaber 
entziehen, und ber Ghriftenglaube, obgleich im Lichte empfangen, mußte erſt im 
Dunkeln feine Kräfte entfalten, ehe er Derzjchend zum Lichte hervortreten konnte. 
Die weitere Geſchichte des Ehriftenthums zeigt uns gleichfalls eine Menge offener 
u. geheimer Gefellfchaften, die entweder wefentlich religiöfe Zwede verfolgten, 
oder als zeitweife anerkannte Corporationen, aus religiöfen Gründen geftiftet, zu 
bedeutender weltliher Macht gelangten, wie der in mandyer Beziehung bieher 
zu zäblende Orden der Tempelberren ıc. (f. d.), oder welche ausſchließlich 
weltliche Gewalt ausübten, wie der fo merkwürdige, wenigſtens geheime 
Bund der Behme (f, d.). Eine welthiftorifche Bedeutung erhielt aber nadh ber 
fogenannten Reformation die zur Bekämpfung derfelben errichtete Geſellſchaft 
Jeſu (ci. d.). Großes Aufiehen machte ſodann in Deutſchland die Entdeckung 
de8 geheimen Bundes der Roſenkreuzer (f. d.). Unter den, in verfloffenen 
Jahrhunderten entftandenen, g. ©. aber muß namentlich die Berbrüberung ber 
Sreimaurer (f. d.) genannt werben, weil fie in befonvers weiten Verzweigungen in 
unfere Periode hineinreicht u. den in den lebten Jahrzehnten entflandenen gehei⸗ 
men polttifchen Berbindungen nicht felten als Mufter, zuweilen als An⸗ 
nüpfungspunft diente. — Eine eigenthümlicye Neigung für Gründung g. G. bes 
mädhtigte fidy der Gemüther in vielen Ländern Europa's von der Mitte des 18. 
Sahrhundertd an. Es war dieß eine Periode der Herrfchaft eined nüchternen 
Berftandes, der nichts Anderes, ald das gerade in die Gegenwart wirklich Einge⸗ 
tretene, das handgreiflich Vorliegende gelten lafien mochte. Um fo mehr war 
dann das Gefühl mit feinen Ahnungen in das Reich der Dämmerung und des 
Duntels gerotefe. Es entftanden in u. neben der Freimaurerei eine Menge s. ©. 
die zum Theile unbeachtet wieder verſchwanden, zum Theile von den Regieruns 
gen verfolgt, hie u. da auch begünftigt wurden. Mehre derfelben verfolgten gut 
gemeinte, wenn auch nur erträumte, kos mopolitiſche Zwecke; In andern galt es 
nur die Befriedigung gemeiner finnlidyer Gelüſte. Endlich wurden viele dieſer 
g. ©. ein zeitgemäßes Mittel in der Hand ſchlauer © eirüger, welche die Geheim⸗ 
nifje der Ratur zu enträthfeln verfpradhen, mit der Entvedung von Lebenseliriren 
oder Univerfalarzneien, mit Schaßgräberet, Goldmacherei und Stein der Weifen 
fidy befaßten. Es ift hiebei beachtenswerih, aber erklärlidh, daß die Betrogenen 
faft ausſchließlich den fogenannten gebildeten, ihrer Aufklärung ſich berühmenden 
Glafien angehörten. In foldyer Welfe fpielte der berücdhtigte Caglioſtro (f. d.) 
zu Ende des 18. Jahrhunderts feine Role ald Wundertbäter, Magier und Her⸗ 
fteller eine von Enody u. Elias gegründeten altägyptiſchen Ordens, nachdem er 


Geheime Geſellſchaften. 6 


erft felbft während feines Aufenthalts in England In bie —— der Frei⸗ 
maurer ſich hatte aufnehmen laſſen. Auch auf die deutſchen Univerſitäten ver⸗ 
pflanzte ſich die Neigung für g. G., die mitunter einem Syſteme der Bedrückun 

der Jüngeren durch die Aelteren u. einer rohen Ausgelaſſenheit u. Liederlichk 

Vorſchub ihaten, zum Theile aber eine gegen eltige Bildung u. Veredelung ſich 
zum Ziele fegten. Die dagegen erlaffenen Verhote blieben unwirkffam, und unter 
wechfelnden Namen, als: Nationen, Orden, Landemannfchaften, Kränzdyen u. dgl., 
aber im Weſen diefelben, febten fie ſich bis auf die neuefte Zeit fort. Im Zahıe 
1792 befchäftigte ſich felbft der Reichstag mit diefen afademtfchen Verbindungen; 
aber, von widhtigeren Gegenftänden in Anfprudy genommen, ließ er die Sache 
um fo eher wieder fallen, ald dabei nirgends eine Befimmte politifche Tendenz 
hervortrat. — Die franzöfifcye Revolution war ein politifcher Net, der die gehei⸗ 
men Gabinetöregierungen u. das Geſpinnſt der Intriguen u. Babalen gemalifam 
aus einander riß. Die größte Deffentlichfeit war die Bedingung ihres Entſtehens 
u. ihrer Gntwidelung während ihrer erſten Bhafen; denn Die Gewalt war in bie 
Hände der Mafien gelegt, u. man mußte in diefe bineintreten, um auf fie wir⸗ 
ten und um fie leiten zu können. Die tiefgewurzelten, alle lichkeit zuruͤck⸗ 
ſtoßenden Leidenfchaften thaten ſich namentlidy in den öffentlichen Clubs Fund, 
Erf mit dem Sturze der Schredendregierung und der Auflöfung des Jakobiner⸗ 
Elubs zogen fi) da u. dort die heftigeren Republikaner in das Dunfel zurück. 
Und als die ermattete Nation, ein flumm gewordenes Werkzeug, in die Hände 
eined Wlleinberrfcherd gefallen war, der Teinen Willen u. Feine Anfichten dulden 
mochte, die jenen ‘Planen zuwiderliefen, bilveten fi nun auch im Volke u. Heere 
geheime polttifche Geſellſchaften zur Herflellung der Freiheit. Diefe gewannen jes 
doch in Frankreich felbft Feine große Ausbreitung, wenn auch die dagegen erlafs 
fenen Geſetze ihre völlige Wuflöfung nicht bewirken konnten. — Die franzöftfche 
Unterdrüdung gab dagegen in andern Staaten, zunähft in Italien, Beranlaffung 
zu dem Entfiehen bedeutender u. zahlreicher geheimer politifcher Vereine. Zwar 
ſuchte eine fabelhafte Tradition audy den Urſprung der Carbonart (f. vd.) in 
eine ferne Vergangenheit zu verbergen. Alle glaubwürbigen Radyrichten, wenn 
auch im Einzelnen von einander abweichend, flimmen jedoch darin überein, daß 
fie erft zur Zeit der franzöſiſchen Herrſchaft in Neapel entftanven iſt. — Wähs 
rend man in einem Theile Italiens gegen den Außeren Feind des Landes die 
Kräfte durch geheime Verbindung zu einigen u. zu fammeln firebte, verfuchte 
man biefes in Deutfchland in offenem u. öffentlich anerfanntem Bunde. Kurz 
nady dem Tilfiter Frieden, zur Zeit der größten Erniebrigung Deutfchlands und 
nad) der Zerfplitterung des preußifchen Staates, wurde zu Königöberg der Tus 
gendbund (. d.) errichtet, der fi) in Oſt⸗ u. Weſtpreußen, dann in den noch 
übrigen Provinzen des preußifchen Staates, am wenigfien jedoch in ver Mark 
Brandenburg verbreitete. Dieſe Verbindung Fannte feine Grade u. feine geheime 
Erfennungszeichen. Jedem Beitretenden wurden vor der Aufnahme die Statuten 
vorgelegt, die er ſchriftlich zu befolgen verfprach. Zugleich gelobte er Treue dem 
regierenden Haufe. Darum wurden nur preußifche Unterthanen zugelaffen, dieſe 
jedoch ohne Rüdfiht auf Stand u. Religion. — Rad) Rapoleond Sturze glaubte 
das flegeötrunfene Europa, feine Befreiung feiern zu dürfen. Nur der Süboften 
hatte an der allgemeinen Bewegung feinen Theil genommen; nur die unterbrüds 
ten Griechen konnten in den Völferjubel nicht einfimmen, u. um fo bitterer muß⸗ 
ten fte ihre Scnechtfchaft empfinden, um fo lebhafter mußte die Sehnſucht der 
Freiheit und Unabhängigkeit auch bei ihnen erwachen. inter Mitwirkung des 
Srafen Kapodiſtrias und des Erzbiſchofs Ignatius wurde im Jahre 1814 der 
Bund der Hetärta (f. d.) in Wien geftiftet, zur Verbreitung chriftlicher Auf⸗ 
Härung u. wahrer Religiofität unter den Griechen. — In Frankreich zogen fidy 
nach der Reftauration die verlegten Intereffen der napoleonifchen u. republifanis 
fchen Partei zum Theile in geheime Verbindungen zurüd, von denen einzelne zur 
Borbereitung eined Umſturzes nicht unbebeutenden Einfluß ausübten. Am 


ws . Geheime Gefelfäaften, 


meiſten wirkten jeboch ſolche Bereine, welche, wie bie Geſellſchaft »Alde-ieie, 
wicht als eigentlich geheime Verbindungen auftraten. — Während der Rehau 
Set entflanden auch bei den Liberalen anderer Länder zahlreiche Conſpi⸗ 
rattonen, die aber ſtets nur in befchränktem Kreiſe Thelinahme fanden und 
meiſtens vor dem Ausbruche eninedt und vereitelt wurden. Dagegen find fd 
Spuren vorhanden, daß ſchon damals foldye geheime Getelkhaften orga⸗ 
waren, die ausſchließlich politiſche Zwecke dauernd verfolgt hätten, 
obgleich ſchon in den erſten Jahren der Reftauration bie Freimaurerlogen ber 
Unzu en zu een nungöpuntien dienen mochten. — Echon vor dem Nuss: 
bruche der ſpaniſchen Infurrection war in Stalten die Gefellfchaft der Garbonari 
einigermaßen aus he Berborgenheit herausgetreten. Ste ließ Statuten, Rituale, 
Inſtruktionen und Katechismen bruden, wodurch aber die Zwecke der Geſellſchafi 
aur theilweiſe ind Licht geftellt wurden und man bie geheimere yolitifche Tendenz 
wehr zu verfchleiern, als zu offenbaren fuchte. Bor u. nad) bildeten br mande 
Abnlice, der Garbonaria nachgebildete Bereine, die aber zum Thelle v 08 ande 
arteten, wie bie Seiser der eurepätfgen Batrioten, der Dectft (Ent 
jet enen) u. a. bedeutendſte Verein dieſer Art war ber der Galderart 
(Keietfchmiene) in Neapel, der fih urfprünglicdh wahefheinlie aus außgeftoßenen 
annok d eine Zelt lange von ber ——* m bene 
e m un e olita 
— —— Meat Erle m 









art zuſammenſehie, darum von Anfang an 







hen R 8 
urrection Stalien bewegte, gewann 


t 
Kunde von der {pa 

Inpiere Bund ſchnell eine Ausdehnung Nur im März 1820, alſo 

onate vor dem Ausbruche der nenpolitanifchen Revolution Rola ‚ 
nicht weniger als 50,000 neue Mitglieder aufgenommen worben de: — Sa 
beſonderes Glüd machten dagegen die seh en yolitifchen Geſellſchaften in 
Deutſchland. In der erften Zeit nach Beendigung der fogenannten 
entfland zwar eine geheime politifche Berbinbung, die befonders in den Rhein 
fen einige Berzweigungen hatte; man glaubte die Quelle derfelben im Rh 





ertum Hardenberg zu entdecken. Da fidy indefien in Berlin die Anſichten An 
erten u. einige Mitglieder der GBefellfchaft zu bemerken Anlaß fanden, daß ihre 
Leiter mehr ein befonders preußifches, als ein nationales Interefie im Auge hatten, fo 
löste fie fi) bald wieder auf, Auf mehren deutfchen Univerfitäten wurde indeſſen 
die fogenannte allgemeine deutfche Burſchenſchaft (. v.), gegrinbet. Etwas 
päter bildete fi) auf einigen Univerfitäten unter fehr wenigen Mitgliedern ber 

genannte Jugendbund, der wenigſtens einige Berfuche machte, ſich befkimmter 
zu organifiren. Bon einem fogenannten Männerbunde ließ ſich jedoch Nichts 
entdeden, u. felbft jener Jugendbund hatte ſich bereit wieder aufgelöst, als 
die Unterfuchungen darüber eingeleitet und: die Straferfenntnifie gegen feine Mit 
glieder erlafien wurden. Die deutſche Burſchenſchaft fehte ſich zwar auch nad 
den gegen gerichteten Berboten auf den meiften LUniverfitäten unter verſchiede⸗ 
nen Ramen u. Zormen fort; nahm jebody mehr u. mehr den Charakter einer ges 
wöhnlichen akademiſchen Verbindung ohne politiſche Tendenz an. Wichtiger wurs 
den durch die folgenden Creignifie die geheimen politifchen Gefellfchaften, bie 
unterdefien in Bolen u. Rußland entflanden waren. Auf Beranlaffung des in 
Poſen wohnenden Dombromsfi bildete ſich in dem, von der rufflichen Regie⸗ 
tung geduldeten, Freimaurerorden ein patriotifcher Berein, ver fidy jedoch 
bald von der aus allzu verfchiedenen Elementen gemifchten Befellfchaft der Maurer 
faſt eriꝙ trennte. Der allen Mitgliedern angegebene Zweck war die Erhaltung 
polniſcher Sitte u. Eprache; aber der dem unfichtbaren Gentralcomite u. einigen 
der geprüfteften Mitglieder vorliegende war die Wiedervereinigung Polens zu Einem 
Reiche. Zu demfelben Zwede u. faft gleichzeitig bildete fich 1818 oder 1819 unter 
Lukaſinski der geheime Bund der Senfenträger, der gleichfalls aus ver 
Sreimaureret hervorging und ihre Formen entlehnte. Beide Bereine breiteten u 
in Ößterreichifchen u, preußtichen, beſonders aber im ruffifchen Bolm aus, Su 


Fi 
“ 





‚Geheime Geſtiſchaften 


) 
unter sepen Gtubenten in Berlin u, Bredlau, in Warſchan u. Wilna — 
in: diefer —— als Bund der Strahlenden, dann als Bund ber 
Philarethen, hie Dem usſchuſſe der Philomathen — waren unterbeflen 
Bereine gefiftet worden, die mit den patriotiſchen Maͤnnervereinen in Berbinbung 
traten, fit biefe in ihrer weiteren Werbreitung mit einem ähnlichen 
Bunde in Volhynien, der Templer, zufammen. Uber der Ber 
Tentzäger Wwurbe Der Regie entbedt er Iadte (ih auf und bie ber Deglerung 

itglieber fchloffen fich dem patriot ifhen Vereine 
Werk Yefielben. - n 


Die polniſche 
Zullrevolution die neue frangöfige Degierung 
Abwehr drohender —— mit 
den ‚de fon nad dem Urfprunge 
nie Ehe mit ku hehe 1a * 
ne El mr Berbreitane liber I Ideen im —— und zur. 
mwachung ihrer daft au ande Weiſe Be er gemacht hat. Jusbe⸗ 
u, chen 





+ 
1 
— 









ſondere dieß in ber * der 
Tal. Pr natürlich war a ehe Anhänger net aus ben 
benachbarten Ländern bei ben —3 ei fanden, 
die vom Anfange an dem —— —— 

Be re a I ee 
unter dem Namen einer eur Bropyaganda (j. dv.) zufammengefüßt und 








die Duelle derſelben in einer eigens dafür organifirten t,. 
Ka Yen Dam Tan San alle a a 
ran elbſt waren er um nern 
ten angelnüpft ——* dem dieſe beid «U Barcen um 
der fogenannten richtigen Bitte ſich eſchieden und . 
en Elemente ſich näher an einander gefchlofien Batten. Obgleich die Unter⸗ 
fuchungen über die Eriftenz Kartikifcher To. —* viel 35 na) eiviefen, 
iR 200 fein Zweifel, bapt deren namentli & ji — 
Berry beſtaͤnden haben, wenn u angehen, — — mehrer 
englifchen om Bldır. wie der Times, über Organiſa om u. Berbreitung der Cho- 
valiors dela lögitimits bis zum Lächerlichen übertrieben waren. Einen 
arößeren Umfang annen die demokratiſchen “jineiationen, die aber 
nur zum Heinften fen Theile als entilehe 9. G. fich conftituirten, vielmehr ven 
Gharafter von offen beflehenden Clubs hatten, ähnlich denjenigen der Jakobiner, 
Cordeliers ıc. der erfien Revolution, Ramentlidy gilt diefes von dem Jahre 1830 
oder 1831 gebildeten Club der Bollöfreunde Gin Prozeß wegen einer Ber 
fhwörung (2. Februar 1832) veranlaßte die Schließfung des Elubs der Volls⸗ 
freunde. ie Geſtllſchaſt »Aide-toie löste fidy freiwi ® uf. Bald jedoch erhol⸗ 
ch die Republifaner von ihrer Niederlage, und die gegen ihre Afiociationen 
ern ffenn Maßregeln a zunächfi nur bie Folge, daß fie fi zwedmaͤßiger u. 
yabtreicher zu organifiren firebten. Seht bildete ſich die Geſellſchaft der 
Menſchenrechte“ (ſ. d.), in welche fidy bis zum Jahre 1834 alle, oder doch 
die meiſten demokratiſchen Vereine verſchmolzen. Unter den eigentlidyen g. ©. 
nahm fortwährend die Carbonaria eine beſondere Stellung ein. Seit der Juli⸗ 
revolution, wodurch manchen früheren Garbonart die Zwede der Geſellſchaft, wer 
—J ihre bejonderen — Sei, erreicht fcheinen mochten, bildete fich 
AR ankrei A eine ns au ar m — 3. cratique Wr) 
dung einer republiian efafung au 8 iſt nieht ganz gewiß, 
ob außerbem od) die —— * Refauraten in — ben erreften 
fortbeftand. Der Haupifls der neuen Charb —_— war Paris, wo fie (ecke 
nur wenige Mitglieder hatte, Etwas groͤßer war die Zahl ihrer Anhaͤnger in 


sr 








Fr 


Gehtime Veſeiſchaften. 


U) 
— Die Grundſaͤtze dieſes Vereines, wenn auch nicht bis in ihre lehlen 
ſequenzen verfolgt, ee in dem sr Geis — ro⸗ 
publicaine Charles Toste.« An der Spitze Rand ber belannte Buonarotti, 
Grunbfäge von 1793—95. Nach der Richerlage der ve 
im Jahre 1834 nahmen daſelbſt die fyäter 
—— 
um our , Gommunidmu Ä 


ein Rarrer Bertreter der 





& herborging, der Hand werke, der 
Egalitaires. Auch wurden gegen Ende 1843 die Ritglleder eines | 
Bereins in Paris zuchtpoliz verurtheilt, u. es war bei diefem Ainlaffe 
viel von der angeblichen ausgebehnten Drgenkiation einer A} communifl- 
ſchen Berbindung in Gruppen von je 21 Mitgliedern die Rede. Endlich warde 
noch im Jahre 1841 eine, als ‚reformirte Carbonaria“ bezeichnete, Ber | 
in Südfe entbedit, wonach ſich als wahrſcheinlich vermuthen läßt, 
auch vie Charbonnerie democratique, obgleich vielleicht nur in ſchwachen Ber 

ngen, bis dahin —— hatte, u. wohl — fortdauern mag. — 
on vor den Jul iſſen hatte die unnatürliche Verkuppelung widerſtrebender 
— Kin often Rh — re —— 
e t, u. ſchon da en e Verbindungen 
ame Geil Bil a „Sn mn Des a Bel 
rt e republikaniſche 

um ſo ac vermindert zu haben, ba der neue —5— Thron auf eine 
viel breiteren demokratifchen Grundlage errichtet wurde, als bie fogenannte 
—— in Frankreich, und hiernach auch dem demokratiſchen Elemente ein 

erer, verfaflungemäßlger Isfungefr ® eingeräumt war. Erſt nachdem bie 
Greignifie in Frankreich vor dem April 1834 neben anderen politiichen Verbann⸗ 
ten einige der vertriebenen Mitglieder der franzöflichen Bereine nady Belgien ge 
führt hatten, figienen fi zeitweiſe wieder engere Verbindungen entfponnen zu 
haben, — Auch Spanien u. Portugal hatten unterbeflen ihre Revolutionsver 
fahren. In allen beveutenden Städten traten Bolkögefellichaften u. Clubs zufam- 
men, und in und neben biefen entflanden g. G. Man hat denfelben einen großen 
- Einfluß in den verſchiedenen Phafen der fpaniihen Revolution, namentlich 
bei den Berfolgungen der Priefier, bei den SInfurrectionen einzelner Des 

ufen der Chriſtinos gegen ihre Ninführer angefehrieben. — Die off 

Härungen ttalienifcher Regierungen glaubten die Duelle der Empörungen in 
Dbers u. Mittelitalien während des Jahres 1831 u. der folgenden Jahre im ver 
Garbonaria zu finden. — Auch in Deutfchland trat die Partei der 
nad) allen ihren Schattirungen u. in fehr vereinzelten Beftrebungen, aber lange nur 
öffentlich hervor. Die geheimen Berbindungen, weldye dem Charakter der “Deuts 
fen von jeher nicht zufagten, u. wober fie ſich immer hoͤchſt unbebolfen bes 
nommen haben, find bei ihnen durchaus ohne Bedeutung geblieben. Nicht lange 
vor dem Frankfurter Attentate (f. d.) batte fidy auf einigen deutſchen Sodr 
ſchulen unter dem Ramen Arminia eine Verbindung gebildet, deren Mitglieder 
an einer noch für möglich gehaltenen revolutionären Erhebung des Volks theilzu- 
nehmen ſich verpflichteten, oder wohl auch erwarteten, den Anſtoß dazu geben zu 
fönnen. Als dann im April 1833 das mit fo unzulänglicdden Mitteln bedachtlos bes 
gonnene Unternehmen gefepeitent war, wurde hintennach in Frankfurt u. der Umgegend 
ein ſ. g. Männerbund errichtet, der fidy hauptſächlich aus Handwerkern recrutirte, Die 
deutſchen Handwerlervereine, bie ſich in Der Schweiz bildeten, wußten ſich längere 








Geheime Polizei — Geheimappats. 0 


— von aller Geheimbuͤndelei waren e Vereine 
game rung u. Uns u, Tel m Den o lange fie —— 
urch das en communi ——ã einenbe vom Branereich her, beſonders feit der 
Ankunft Weitling’s ( G- —A entſtand eine —— 
zwiſchen den am ebildeten Vereinen. Es traten eine co 





organifirt hätten, davon liegen wenig feine unzweid 
ernenerten jungen Deutſchlaud aber wußten. drei oder vier ver» 

botbene Literaten ober Denke eine Rolle zu folelen, die nun aber bereits auch 
defiheiecten Werfude enger Fragmente ber Barıc der Ummältung I5 anderen 
—— Ländern, en eine nicht un e Zahl el 





in Sranfreich, in der —— — u. in Beigien an —— — 

tten den, tn Frankreich beftehenben, ns aneiälefen. ing Ein ige e italieniſche 
— mit dem, von der onarina — ange n. mit 
ihr ar fagten fidy von diefer los u. weil 


als fogenanntes 2 en Stalten, eine neue Berbinbung. Sam nt 


irn nenes —A ſpaͤter "junges Deutfelanb* fammn, 
en enge beuts 





en wenigen en politifchen Berbannten u. 

ber Sehens fand. fand, Much) ein jogemannice junges Polen u 

—* X — ch bildeten Ra in nicht weniger engen reifen. Man 
gedachte nun diefe Vereine unter fidh bindung zu feßen u. begriff Re unter 

vom —— chaftlichen Ramen eines en a Eur 5 kam jedoch über den 

————————— 

e C unge we u a en 

I Beta ie —* Begfane verei 


onnene, 
—— —— en bie O —* — Fb wenn — er⸗ 
wie ſchon oben hervor wurde, noch Anderes im Spiele war. be 
Seiten fchrieb man Hader jebo eine —* roͤßere Bedeutung zu, als fe 
wit he m aa unterbefien das ne Daun 8* rear u. weite 
dert chen * —— fee —— *— irn ba Ir Ei —* 
en curſo vn Da ‚ en e ⸗ 
ER mei eritäen Behörven wel f e Beitrittserflärung 
—— m 6x Bi gie on ja Era Sitanem. — © 
von agie m en ublifanern. — So 
gering an u. für ſich ſelbſt der : Einfluß der g. ©. her f den Berlauf der politifchen 
u. ſocialen Greignifie iR, fo berbienen biefelben gleich) wohl, ald Symptome des 
Ude, u bie  Bokemafen, niederbrüdt, San Beobachtung. Dieß gilt von 
en, Berbindungen Tolcher Art, en de ie des 
Baijeiane der ber "Schwei“ n e anögenommer, bie 
der aͤrmeren Claſſen u, ihr egen die Re a w —8* 
—* den 7 ir der lebten Jahre ihren A Anden, oder fie doch als Hebel 
ver Noitation benügen zu können meinten. Darum I — in der Geſchichte 
der Eutſtehung u. Entidelung bi as Bereine eine ernſte für Diejenigen, 
die nady ihrer Stellung 6 auf bie — der Voͤlker zu Au 
vermoͤgen, daß fie mit —? N. für Befchw des drohenden Sturmes 
fo dringend ot u ok ranger ſaͤumen u. zoͤgern. 


eheimerrath. 1) 6. * 6: ——8 tum, in mehren deutf en 
Staaten der Titel für das Gef miniſterium, an befien — egent 
lich Theil nimmi u, das Abe! dee Ge ai tn legter Inſtanz entſcheidet. — — 2 3n 
einigen Stanten, wie Deferr eich, Cachfen ürttemberg u. | 


Gtantöbeamien, m +®. ve he, be Sräfben a 





oldyer Eis u. Sti 
Steaimyclopädte. IV. 


628 Geheinichre — Gehelmſchrift. 

er ben Ziel — und Daß, Bräbitat 2 Die mit Dom Work 
eim zuſammen Preußen, 4. B. merregierungdrath, 

nen rialsaih u, Fe eben dem fie "äbrennen Beamten den Hang 

vor dem Be terunge- u. Son — rathe. Das bloße Präpikat G., ohne Zu 


fag, if Ben Rang 

oder Oberlandesgerichtsrathe, aber über dem ‚Dofeatbe Geheimrathover 

orbn ungen (Orders of privy council) heißen land * 
Gegenſtaͤnde der Etackeverwaltung, welche der vr Ohm Rath der 


5* —— sa ‚sorgängiger Be —— ——— 








ehre —— —* 
der alten Kirche, gen! e —— md S Ber 
Handlungen, wie 3 re u. Spenbung ber "hetigen € 


allerheiligſten —— dem Pr u, Rattb. 7, 6., 
Juden 1, — ſondern ſelbſt noch vor on f 
u. erſt dann zu —— um Kine Gntpeiligung * 
e 
dem Heiligen, die S nicht entweihet —8 bie Bus 
ſtaͤn u, vor bee tung u., in Selge ee ehe Bel 
Kirchenvorſteher u. — Dante ou. wann 
z. 8. bei fi 1: Bond Reieduncen u. vn Se reis 
onſt noͤt J war, um falſche Auſch 








es das Chriſten 3 
Sn] 
Sufinus, Mıhenagoros, Tertullion u. |. w. Gobalb aber das 







Bewältigung des Juden» und Helventbums ſchend — war, F 
—— außer Uebung. Hieraus erklärt ſich denn, warum für monde chen 
in ben Een Behrdunberten ch nur wenigere deutliche anf: fe 
warum nur in bildlicher Sprache von ihnen die Rebe i At üb da⸗ 
durch heraus, wie wwr eine Geheimnißlehre en bezweifelt ofen n baıhe 
werben fann, weil nicht auch dieſer oder jener Kir enlehter feinen Sch 
ex professo davon gehandelt bat. Es hing nämlich von Zeit- u. 
ben ab, biehe ober jene vr mehr bervortreten zu laffen, ober zu ben 
Gebe imſchrift, Scheimfchreibefunft, hifferforift over Krypte 
grapbie, wird das Schreiben mit geheimen, verabrebeten Zei genannt, 
weldhe nur von dem Eingeweihten, im e des Schluͤſſels — aufge: 
Lö8t werben kann. ine lie Ehrift heißt anf fer, —— Chiffre , 
auch das Schreiben felbft bedeutet. Man wählt ne Ziffern (daher ber San 
Chiffre) dazu, welche Buchſtaben, oft auch ganze W Ara Rr Bora une 
Auch bedient man fidy anderer Beiden, wie we — 
Linien u. dgl. zu dieſem Zwecke. ſar Petr eine ähnli 3: 
indem er an feine Freunde — erfehung der Buchſtaben fi 
aber diefe einfache Art von G. leicht, audh ohne den Schlüſſel zu be 
friren oder entziffern läßt, fo verfiel man nad u. na Ai vgſche edene —8 
Weiſen, um die "Enträthfelung zu erfchweren. So wird z. B. ein Buch mit 
einem guten Wortregifter, oder ein Wörterbudy zu Grunde gelegt ‚ und dann 
Pagina u. Zelle, wo dad Wort, dad man gerade braucht, zu finden if, mit Zahlen 
bezeichnet; kann man nun ein Wort nicht finden, fo wird mit gewöhnlicher hie 
nachgeholfen. ine andere Art von G. ift die, daß man die geheimen Wörter In 
einem größeren Aufſatze ganz anderen Inhalts anbringt, dem aber, für Den bie 
Ghiffertä hrift beſtimmt iſt, zuvor ein Blatt mit auögefchnittenen Gtellen zuſtellt, 
das, auf die Schrift gelegt, nur die geheimen Worte bervortreten läßt. wich, 
abgefehen davon, daß diefe G. fidy nicht zu größeren Mittbeilungen eignet, war 
damit allzu große Gefahr verbunden, wenn, was leicht gefchehen — 
Schluͤſſel oder das ausgeſchnittene Blatt entwendet ober bare Als man 


S 


H 


Gehirn. 627 


auds die fyumpathetifche Tinte durch Reagentien auflöfen lernte, fo, daß bie ver- 
borgene Schrift hervortrat, Tam die fogenannte Chiffre quarre oder Chiffre in- 
dechiffrable in Gebraud), weldye wenigftens bie Leichtigkeit des Gebrauches, die 
Schwierigkeit den Schlüffel zu finden, und die Möglichkeit, denfelben im bloßen 
Gedaächtniſſe zu bewahren, au Ed zu wechfeln, mit einander verbindet. 
Außerdem hat man nody zahlreidhe andere Arten. von ©. neuerer Zeit verfucht. 
Diefelbe wird hauptfächlidy im Kriege, beſonders aber in diplomatiſchen Ange⸗ 
legenheiten angewendet, wenn man Auffangen der Depefchen fürchtet, ſowie 
überhaupt bei allen wichtigen Verhandlungen, u. die Chiffrirkfunft bildet daher 
eine Hülfswiffenfchaft in der Diplomatie. Auch Bankiers u. Kaufleute benügen 
bie feige zur Mittheilung wichtiger u. geheimer Nachrichten über Courſe 
u. dgl. — Die Dea lifetefunf befchäftigt “ö mit dem Auflöfen der Chiffern, 
fowohl mittel® der Chiffrir- u. eatifzistabellen, ald vornehmlich ohne 
diefen Schlüffe. Das Letztere ift bei einfachen Ghiffern, wo jener Buchftabe 
[ein bleibende® Zeichen hat, nicht ſchwer, indem man für jene Sprache gewifie 

ein hat, nach denen man die Bedeutung der Zeichen errathen fann. Man 
ſucht 3. B. zuerſt die Bofale auf, indem man die Zeichen ausfucht, die in jedem 
Worte vorkommen, fucht dann diefelben durch das Berhältniß ihres Gebrauches, 
u. die Gonfonanten durdy die Stellung am Anfange oder Ende der Wörter, durch 
Doppelbuchſtaben ıc. zu erratben. Alle Kunft fcyeitert aber, wenn man nach 
einem Wortregifter chiffrirt. Es gibt übrigens auch verfchienene Mittel, ven 
Dech iffreur bei der anderen Art zu verwirren: 3.8. wechſelnde Zeichen zu ge⸗ 
brauchen, fie aus mehren aufammenzufegen, mit zwei⸗ u. dreigliedrigen Zeichen 
nur nach, dem Gingeweihten befannten, Verabredungen abzuwechſeln, nichtsgel⸗ 
tenbe Zeichen (non valeurs) einzufchleben ıc. Vergleiche Conradi, »Cryptogra- 
phia denudatas , Leyden 1739; Kortüm, „Anfangsgründe der Entzifferungsfun 
von deutſchen aleioriken ‚ Hannover 17825 Bergenne, „Polizeiſchrift“, E 
fenad 17935 Klüber, „Kıyptographie”, Tübingen 1809. 

Gehirn (encephalum), die erfte Hauptabtheilung des Nervenſyſtems; es fleht, 
wie das Rüdenmark vorzugsweiſe der Bewegung, dad Banglienfyflem der Defo- 
nomie des Körpers, fo als höchſte Eintwidelung des — aus den edel⸗ 
fen Richtungen des thieriſchen Lebens, den Einnedorganen n. pſychiſchen Thä- 
tigleiten vor, daher es denn auch im Menfchen, dem durdy die Entfaltung freier 
Geiſtesthätigkeit vor allen übrigen Geſchöpfen Bevorzugten, im Berhältniffe zu 
defien Körpermafle die größte Vollkommenheit an Umfang u. Geftaltun erreicht 
hat. Das ©, befindet da in der oberften der drei Haupthöhlen des Körpers, in 
der Schaͤdelhoͤhle, iſt von allen Seiten von den Knochen derfelben umgeben, hängt 
aber nady unten u. hinten mit dem aus der Wirbelfäule emporfleigenden Rüdens 
marfe durch das Togenannte verlängerte Marf (medulla oblongata) zufammen. 
Es wird zunächft umkleidet von der weichen Hirnhaut (pia mater), nad) außen 
von der harten Hirnhaut (dura mater), und zwiſchen beiden liegt die, einen ge⸗ 
fhloffenen feröfen Sad darftellende, Spinnmwebehaut (arachnoidea). Die Hirn⸗ 
mafle befleht aus der äußeren, grauröthlidy gefärbten, gefäßreichen fogenannten 
Rindenfubflan; (subst. corticalis) u. aus der inneren, —88 u. feſteren Markſub⸗ 
ſtanz (subst. medullaris). Man theilt das G. ein in das große (corebrum) u. 
das Heine (cerebellum). Die gewölbte Oberfläche des erfleren befteht aus wels 
lenförmigen Windungen mit Zwifchenfurdyen, wird durch einen fichelförmigen 
Fortſatz der arten Heemhaut von oben in 2 ziemlich gleiche Hälften —— 
getheili, zwiſchen welche in der Tiefe ſich eine breite und weiße Marlbinde bes 
finde" (der Balfen, corpus callosum). In beiden Hälften liegen die zweiſeit⸗ 
lien &.-Höhlen (ventriculi) mit dem jogenannen eftreiften Körper u. dem 
Sehhügel. Eine dritte Höhle fleht mit beiden in Verbindung, eine vierte Liegt 
in dem verlängerten Marfe u. eine fünfte in einer Scheivewand (septum pellu- 
cidum), welche vie beiden feitlichen A trennt. Beide &.- Hälften wer⸗ 
den an verfchienenen Stellen nody durch die fogenannten Commißuren mit einan⸗ 


* 


628 Gehler — Geibel. 


der verbunden. Das kleine ©. iſt von dem großen durch a en 
torıum) getrennt, nimmt den unteren Theil des Hirnhaupts einän. 

zwei * Hälften dar, welche in der Mitte durch ein ſch 
den find. Unter demſelben Liegt der Hirnknoten (pons Varolil), welcher das 
feine ©. mit dem verlängerten Marke verbindet. Außer den zahlreichen anderen 
Drganen, welche fi im G.e finden, find vorzüglich hen Arfprüinge ver 12 
Kervenpaare in demfelben genau verfolgt worden, weldye mei den Sinnesor⸗ 
ganen angehören. Bergleiche Reils „Archiv, Br. 8-12; Gall u S 
„Recherches eto.« (Parts 1809); Carus, „Berfuch ber —— des 
venfgeme ꝛ⁊c.“ (Leipzig 1814)5 Burdach, „Bom Bau u. Leben des ©.” ( 

1819 — 26); Bed, „Darftellung des G.“ (Leipzig 1824). — Krankheiten des 
®.8 find — abgefehen von der Mitleivenfchaft defielden bei den meiſten Kraul 
heiten überhaupt — die acute u. hroniiehe Hirnentzündung, welche ba 
loß in den G.⸗Haäuten (meningitis), bald im G.e ſeibſt (encephalitis) ihren 
Sitz hat; die &.,Wafferfucht Chydrocephalus), häufig aus den beiden vorigen 
entſtanden, zuweilen audy angeboten; &.-Gongeftionen wit Wusgang in 
Schlagfluß (spoplexia), das Gäuferzittern (delirium tremens), G.⸗Er⸗ 
wei chung (enoephalomalacis), &. Atrophie, ©.,Tuberculofe, &., Gkir 
rbu6 (encephaloid), ©.» u. S.haut-Shwamm, G.⸗Bruch (emcephal- 
oele), G.,> Mangel, G.⸗Erſchütterung, fo wie die meiften, auf dergleichen 
Zufänden beruhenden Geiſteskrankheiten. 

Gehler, Johann Samuel Traugott, geboren zu Goͤrlig 1751; fi 
dirte in Leipzig Die Rechtöwifienfchaft und Rarb als Oberhofgerichtsrath daſelbß 
1795. Er ftiftete zu Leipzig eine poetiſche ee aber machte « 
Mathematik u. Phyſik zu feinen Haup Sein Hauptwerk iR dad befannk 
„Phyſikaliſche Wörterbuch”, Leipzig 178795, 4 Bve. und 1 © 
wozu 1801 (von M, 9. Birkholz) ein Regiſter ale 6. Band Hinzugefügt wurbe; 
neue Ausgabe bearbeitet von Brandes, Gmelin, Horner, Littrow, Munde, Pfaff 
u. A. —* 1825—41, 10 Bde. (bis Wae). 

Gehör (auditus), das Ginnedorgan, mittelft deſſen die Schwingungen 
des Schalles zu unferer geifiigen Wahrnehmung gelangen. Wegen der oft beder⸗ 
tenden Ferne, aus welcher diefed möglich iſt, wegen bes volllommenen Bauet 
feines Organes (des Ohres f. d.) u. wegen feiner Bedeutung für den Geiſt u. ale 
Kunffinn, iſt es, nächſt dem Gefichte, das edelſte Sinnedorgen. Der fehr zu⸗ 
fammengefegte anatomiſche Bau der einzelnen Theile deffelben, fo gründlich er and 
unterfucht worden iſt, geftattet gleichwohl noch Feine Hare Cinſicht in Die Vor⸗ 
gänge, durch welche die Möglichkeit des Hoͤrens bebingt iſt; nur fo viel ſcheint 

ewiß, daß das fehr fefte knöcherne Gebäude des inneren Ohrs, nebft Trommel 
—* und Gehörfnöcyeldyen, weſentlich zur Schallleitung, der in der fogenannten 
Schnecke ausgebreitete, im Gehirne entfgringende G.⸗Nerve aber zur Ude 
bes empfundenen Eindrudes in das geiftige Bewußtſeyn dienen mag. Die Kran 

eiten des G.s, als: Schwerhoͤrigkeit, Ohrenbrauſen, Taubheit, beruhen meiſtens auf 

aͤhmungen, Blutandrang, Entzuͤndung u. er Zerſtoͤrung der inneren Theile 
des Sr. hie Ob. je ſchiefe Ri 4 Gegenſtand F file 

te, Gehrung, 1) Die ſchiefe tung eined Gegenflandes, eine 

Flaͤche, welche mit dr anderen einen Winkel son 45° bildet. Zur Herſtellung 
einer ©. bedient man fi) eines Gehrhobels u. des Gehrmaßes, welches 
die Hälfte eines rechten Winkels bildet, — 2) Ein Stüd Feld, dad an bem 
einen, oder an beiden Enden fpisig zuläuft, daher der von einem ſolchen gege 
bene Zehnte der ®.n-Zehnte heißt. — 3) Ein ſpitz zulaufendes Stüd Leinwand, 
das an ein gerades angefeht wird, wie 3. B. bei den Segeln, um biefe an ber 
einen Seite breiter zu madyen. 

Gelbel (Emanuel), geboren zu Lübeck 1816, einige Jahre Erzieher im 
Haufe des ruſſiſchen Geſandten in Griechenland, iept am Rheine lebend, trat zus 

mit höchft gelungenen Ueberfegungen Iyrifcher Gedichte des griechifchen Miter- 





Geier — Geijer. 629 


thums (,Claſſiſche Studien" Bonn 1840) auf; es folgten, Zeitſtimmen“ (3. Aufl. 
Lübel 1846); „Gedichte“ (6. Aufl. Berl. 1846); „Volkolieder und Romanzen der 
Spanier” (ebend. 1843) und die Tragddie „König Roderich“ (Stuttg. 1844). 
G. zeigt große Herrfchaft über die Form, und fein tief religiöſes und ächtdeut⸗ 
ſches Gemuͤth fpricht ſich am glüdlichfien im Liebe aus. 

Geier (Vultur), eine Art Sagraubvögel, leicht kennbar an den mit dem Kopfe 
gleichftehenden Augen, den Kleinen Echuppen an den Füßen, an dem langen, bloß 
vorn geipisten, ſtarken Schnabel und an den mehr oder weniger großen nads 
ten Stellen am Kopfe over auch am Halfez der Körper iſt ſtark, der Flug fchwer. 
Sie find feig, gefräßin, riechen übel und nähren fi) vom Aas. Ebenen in ver 
Nähe hoher Berge find ihr liebſter Aufenthalt. Man unterfcheidet Kamm-, 
Hühners, Aas⸗G. Die größte Art if der Gondor, deſſen Körper über 3° in 
der Länge, die auögefpannten Klügel 9—11’ meflen. Das Männchen hat einen 
fnorpeligen Stirnkamm von dunfelrotber, faſt fhwarzer Farbe; am hinteren Theile 
ded Kopfes, am Halfe, unter der Kehle iſt er nadt u., gleich dem Kopfe, gefärbt. 
Das Gefieder ſchwarz, mit Ausnahme eines Theil der Flügel, welcher weiß if. 
Er lebt zahlreidy auf den Anden Südamerika’, 

Geige, f. Bioline. 

Geiger, Abraham, geboren zu Frankfurt am Main 1810, ftubirte zu Hei⸗ 
deiberg und Bonn, wo er die Preidfrage: „Was hat Mahomed aus dem Juden⸗ 
thume genommen?” (Bonn 1833) löste. 1832 Tongte er einem Rufe als Rab- 
biner nach Wiesbaden und tft feit 1840 zweiter Kabbiner in Breslau ©. iſt 
befannt durdy feine reformatortfchen Beftrebungen im Judenthume und darob er- 
littenen Anfeindungen der orthoboren Juden zu Breslau und Berlin. Außer der 
obgenannten Preisſchrift fchrieb &.: „Melo Chofnajim,“ Sammlung älterer rabbis 
— 2* Schriften mit deutſcher Heberfepung, Berl. 1840. „Die lehten 2 Jahre,“ 
Pe po Seit 1835 gibt er eine wiffenfchaftliche Zeitfchrift für jünifche 

eolo eraus. 

Seiler (Erit Guftaf), Profeffor der Gefchichte an der Univerfität zu Ups 
fala, geboren am 12. Januar 1783 auf dem Bute Ranfäter in der Provinz Wärme: 
land, derfelben, die auch Tegnör den Ihrigen nennt, geftorben am 27. April 1847, 
war der Sohn des Kifenwerköbefigerd B. G. ©. und der Ulrica Magdalena 
Geisler. Er wurde im Winterfemefter 1799 in Upfala Student, erhielt fdyon 
1803 in der Beredtſamkeit den großen Preis der ſchwediſchen Alademie wegen 
einer Denffchrift über den Reichöverweier Sten Sture, und ward 1806 zum Mas 

ifter promovirt. Nachdem er 1809 mit dem nachmaligen Kammerherrn v. Schins 
el eine Reife nady England unternommen, : wurde er nady feiner Rüdfkunft im 
Jahre 1810 zum Docenten in der Sefchichte an der Univerfität zu Upfala er» 
nennt und erhielt in demfelben Jahre aufs Neue in der Beredtſamkeit den großen 
Preis der ſchwediſchen Afademie. Im Jahre 1812 wurde er zum außerorbents 
lichen Adjunkten der philofophifchen Fakultät und 1817 zum Profeffor der Ges 
fchichte ernannt, weldyem Amte er dreißig Jahre lange bis zum Herbfie 1846 vors 
ftand, wo er Dienffreibeit erhielt, um fein hiſtoriſches Werk zu vollenden, u. von 
Upfala nad) Stockholm zog. Er war während der Jahre 1822 — 28 Hiftorios 
graph bei den Orden Sr. Maj. des Königs, und wurde 1824 zum Mitglieve 
der ſchwediſchen Akademie erwählt und fpäter deren Präfivent. Im Jahre 1826 
trat er tn das Comité für die Ueberſicht des Unterrichtsweſens des Reiches ein; 
zwei Mal wurde er, obmohl weder Geiftlicher, noch überhaupt Theolog, von ber 
Geiſtlichkeit zweier verſchiedenen Didcefen durch Wahl dem Könige zum Bifchofe 
vorgefchlagen, verbat fich aber beide Male die Ernennung. Er wohnte ald Bes 
vollmächtigter der Untverfität den Reichstagen von 1828—30 und 1840—41 bei 
und war jedesmal Mitglied des Eonftituttons-Ausfchuffes. Seinen Ruf als Dich⸗ 
ter begründete er zunächft durch feine, in der Zeitfchrift »Idunas abgedrudten, meift 
fehr originellen Gedichte. Seine wichtigſten Arbeiten find folgende: „Weber falfche 
und wahre Aufklärung,“ Upf. 1810; „Berfuch zu Kirchenliedern,“ Upf. 1812; 


6” Geiler — Geilnan. 


Berhalt Id Moral," 112 
Beileleer a le 1a], ‚Zei Hin — ——* ER 
unphttofophifdjes Belenntniß, Gtodb. 1 veb fi 


„ Giodt, 1825; „Gerichte des ahmenifchen Wolken,“ 43. SäL., 

Be Se An = 

fen und Zagel hr > 
hen Aber d Romelj‘ foerungen 

Can un und ber Yorgigfk Sanbeinden — während. ber ve et von 


Karl’e XII. bis Guſtavs II. U Regterun, 1839 
—— — * — feine re g 
en über 
anf Zeit,“ Gtodholm. 18465 Knie an Fryzell,“ 


nen 18061 
ein Wort über die selbe Frage der Er mb. und Ge 4847. 
ia * gzurat IM. nachgelaffene und —* 
Schriften,‘ 'de., Upf. 1843, und von a — nl 
ce Bieles An Den mandes Verthvolle für Dion Hi u Sefe 
niet, Seine muſilaliſchen Werke find: „Muflt für © d Bianı ge 
meinfee ich mit M. Linbblad herausgegeben, Fr an. 184; „ 
fonate janoforte an Frau A. C. Löwenbjelm;" „ver "Bifing und ber Köhler 
abe unge 78 Se, St mi tößtentneild eigenem Zerte, IBSL—d6. 
Bet Sn 6 ihm feine Borfefungen, te; id Klarheit, Le 
einen außerorbentlichen 


— —— Oor. 
, Johann, vı ersberg, geb. 16. März is a 35 
—— ——— arte 
— 8 al jor_ der 


ae 


Prediger am Münfter 
= ze Zeit nad) Au, Kate Yann abe: wider Otte 
rot, wo er am 10. Mit, 1810 AS Repräfentant des im 15. 
—E eintretenden burleßfen —— after, w worin fh die 
—8 mit der didaltiſchen Satyre vereinigte, iſt G. au betrachten, der feine 
igten gewoͤhnlich —5 lateiniſch entwarf, fie dann der deutſch hielt. Er, 
der beltebteften und geaı — jeoner feiner Zeit, ein Mann von edlem Gefühle 
und bieberem Gharı Zreuhen keit, offene Ratvität und ächt chriftliche 
Liebe zu feinen Sharm a Bea et, prebigte mei über weltliche Texte und 
war, worüber wir jept allerdings nen mi gen, über das Rarrenfchiff feines 
indes Geb. Brandt (I. d.). Es galt vantaıe die fittliche Bildung des Bol 
fe, und dazu waren bie einbringlichen, moralifchen Kraftſpruche u. Lehren eines 
Brandt nicht fo, um unpaffend, —ã — fie in einer populären Frhge * 
vorgetragen winden, fi — ſo gerne zum Bortheile des 
funden Verſtandes — Pe Kraft ik ©.6 Beedigten em fo * 
abzufprechen, als guratiige Ei licykeit. Lebendige Bilder, aus dem Leben 
sung, ede u. fee Umriſſe cyar eriftren feine Darftellung. 
ir firaft mit A Freimüthtigkelt die Lafer Fr Mißbraͤuche feiner Zeit u, er 
mahnt zu wahrer —— und Tugend. Do mu man bei G.s 
die al von den theilweife verfätfähten unterſchelden, da fie häufig von Anden 
nachgeſchrieben, mit eigenmächtigen Zufät En und Entflellungen und fo 
dem Drude übergeben wurden, worüber Schweſterſohn und Ammtenachfolge, 
P. Widgram, bittere Klagen & rt in vr Borrede zu feinen Sermones et var. 
tract. 1518, wo er bie Achten ierfe feines Ohelms anführt. Vol. W. 8. FH 
2. v. Ammon: ©. v. K Leben, Lehren und Predigten, Erlangen 18265 8. 
FReN ®. v. K. fein Leben und feine Schriften in einer Auswahl. Fran! 
1829, 3 > wie, 3 PEN Pa ET — Kanjelberedtſamleit der 
ere 


Deutſch welfun; 
ben us m —E O.s anı nad a. Di 
Geilnen, Jerogti nefauffges Dorf an er Bahn, im Kante Dig, mi 


Geiſenheim — Geiflel, | 631 


200 Einwohnern, bat einen berühmten Sauerbrunnen, deflen eifenbaltigee Waſſer 
dem Driburger cf. d.) entſpricht, beſonders gegen Rieren⸗ und Blaſenübel, 
Berſchleimungen u. dgl. wirft und wovon jahrlich gegen 200,000 Krüge verſandt 
werben. Es tft befonders feit 1809 in Aufnahme gefommen. Bal. Ambur get, 
mediziniſch⸗chirurgiſche Berfuche mit dem G.er Mineralwafler. 2. Aufl. Offenb. 1809. 

Geiſenheim Markftfleden im Naſſauiſchen Amte Rüdesheim mit 2200 
Einwohnern, durdy Weinbau u. Weinhandel bedeutend. Der Rothenberg bei G., 
gleich dem Johannioberge (ſ. d.) ein kegelförmiger Borfprung des Saupigebirge®, 
gehört zu den beften Lagen. Merkwürdig iR das Haus am öfllichen Eingange des Or⸗ 
les, in welchem der Kurfürf von Manz, Johann Philipp von Schönborn, deſſen 
Werk der weftphältfche Friede war, das Instrumentum pacis entwarf. Hier audy 
arbeitete er mit Leibnig an Borfchlägen, wie bie fatholifche u. proteftantifche Kirche 
u vereinigen feien. In der Kirche fieht man das Grabmahl des genannten Für: 
Ben. — Unfern ©. ‚die malerifchen Ruinen des Klofters Marienthal. . 

Geifer, ein mertwürbiger heißer Duell im Thale Haufofel auf Island. Er 
bat ein Beden von 19 Fuß Durchmeſſer und treibt das Wafler aus demfelben 
abwechſelnd, nady einem vorhergehenden ſtarken Geräufche, bis 90 Fuß hoch. Da- 
bei der neue G. oder Strod, der einen glätteren und höheren Strahl (bi6 132 
Fuß) wirft, aber auch nicht fo egelmäßig geht. Das abfließenne heiße Wafler 
gebrauchen die Islaͤnder zu häuslichen dhtungen. 

Geismar, Dorf im Amte Felsberg der kurheſſiſchen Provinz Niederhefien, 
an der Efie, mit 600 Einwohnern, bat einen Sauerbrunnen, von dem jährlid, 
an 150,000 Krüge verfendet werben. Hier befand fidy audy die heilige Eiche, 
unter weldyer die alten Katten ihrem Gotte Thör (f. d.) opferten und bie 724 
von dem heiligen Bontfactus umgehauen wurbe. 

Gelsmar, Baron von, k. rufflicher General, geboren 1783 zu Severinghaus 
fen im preußifchen Regierungsbezirke Münfter, gerieth ale Faͤhndrich in öfterreis 
chiſchen Dienften 1800 in Stallen in franzöfifche Gefangenſchaft. Auf Ehrenwert 
bald wieder entlafien, vertaufchte er 1804 den öfterreichiichen Dienft mit dem 
englifhen, um nach Geylon zu gehen, änderte aber in Korfu feinen Entichluß u. 
machte 1805 mit den Ruflen den Zug gegen Neapel. Im Türlkenfriege 1806 
zeichnete er ſich durch Kühnbeit und glüdliche Eoups aus, nahm aber wegen ers 
littener Zurüdfegung 1811 feinen Abſchied und pachtete ein Gut bei Buchareſt. 
1812 trat er wieder in die Armee ein, wurde Adjutant des Gererals Bachmetieff, 
warb bei Oſtrowno verwundet u. commanbdirte 1813 ald Major in Sachſen ein 
Streifcorps von 300 Mann. Bel Kulm bewog er Eolloredo (f. d.) zur Umgehung 
des franzöflfchen linken Ylügeld, ward nach der Schlacht wieder Adjutant bei Mi⸗ 
loradowitſch, eilte mit 2 Kofafenregimentern nady der Schlacht bei Leipzig nach 
Weimar, um die Räumung Welmars von den Frangofen zu befähleunigen, nahm 
mit diefen an der Schladht von Hanau Theil, ward bier Oberft, focht 1814 unter 
dem Herzoge von Weimar u. wurde 1820 General, 1828 führte er die Avant⸗ 
garde des 6. Corps (General Roth), befette Buchareft und ward nach der klei⸗ 
nen Walachei detadhirt, wo er mit 5000 Mann gegen 15,000 unter dem Pafcha 
von Widdin fland, überfiel diefen nady mehren Gefechten 29. September im Lager 
von Kalefat und ſchlug Ihn, eroberte 1829 Turnow und das wichtige Rachowa, 
das er aber wieder räumen mußte, ſchlug jedoch den Paſcha von Scutart, ver 
felbR nad) dem Frieden von Adrianopel gegen den Balcan vordrang und endete 
fo den Krieg. 1831, im polnifchen Kriege, führte er als @enerallleutenant ein 
fliegendes Corps, dad Zamosc bedrohte, bildete dann die Avantgarde des Genes 
rals Rofen, ward aber hier bei Wawr gefehlagen. 1839 ward er unerwartet 
entlaffen, wie es hieß, weit ſich in feinem Korps verſteckte Unruhen gezeigt hatten. 

Geiſſel (Betfel), heißt Einer, der mit feiner Perfon für die Erfüllung 
eines Vertrages Bürgfchaft leiftet. Iſt ein folcher Bertrag bloß ein Privatver⸗ 
trag, fo heißt der ©, Leibbürge; doch kommt dieſes Berhältniß jetzt wohl nicht 
mehr vor; dagegen find G.n im Kriege noch zuweilen, obgleich auch felten, Sitte. 


62 | Geiffel. 


Im Alterthume und bei weniger cultivirten Volkern man ſich gegenfeith 
bei — von Friedend⸗ u. Weffenkilkänden G.n, ꝓb Ueberwinder nahe 
fie ſtets von dem Veſiegten. Man wollte ſich dadurch der Treue hes Ueberwun⸗ 
denen verſichern u. wählte deßhalb Vornehme, wo moͤglich des 
ten Oberhauptes, zu G.in; wurde der Friede dennoch gebr fo wär 
tung oder harte Gefangenſchaft das Loos der &. So Ri 
mer auf diefe Welle der Treue der unterworfenen Voöolker, und ganıen 
Mittelalter trifft man Beifpiele von ©. u. von bintiger Rache an ihnen an. 
Im neueren Staatsrechte it man von biefer Idee der G.n 
und der ©. bürgt jeht nur mit feiner für die 
end , ai der Zuhaber ** Pr —* ein mu ins 
toͤdten laſſen. aaten pflegen e 
man aber aus einer infurgirten, aber Sieber 
vornehmfen und angefebenften Einwohner zu ®.n zu n 
Ruhe des Bezirkes deſto ficherer zu feyn. Auch für die 2 
Gontributionen pflegt man, wenn man einen Ort verläßt, ehe dieſe bezahlt find, 
®.n mitzunehmen, um fidy ihrer Zahlung, eibR in dem Zalle, daß der Feind den 
or Sal zehn neo) —c fvon Köln, der Rachfolger des Ersbtichefs 
‚Sobannesvon, of von , 
Clemens Auguſt (ſ. d.) u. der Kortführer des von bi onnenen a 
Er wurde geboren am 5. Februar 1796 zu Gimmelbingen bei Neuſtadt an ber 
rbt in der Rheiniſchen Pfalz, u. — zu Haufe das Glück einer 
rziehung. Seine Eltern, obwohl nur einfache, aber ziemlich Semittelte Laub 
leute, waren in dem überwiegend proteflantiichen Btumelbingen Die Gtüge der 
fi immer gabtreicher verfammelnden Katboliten, bie, nady Reuftabt 
im Drte ſelbſt jedes kirchlichen Anhaltes entbehrten. Die früh ſich emi 
ewöhnlichen Talente des Knaben feine Eltern, feinem bringenben 
e, fi dem g en Stande widmen zu dürfen, nachzugeben und für 
feine wiſſenſchaftliche Ausbildung Sorge tragen zu lafien. on weit vielen 
Borkenninifien ausgerüftet, bezog der junge Johannes ©. das damals im hoben 
Flore ftehende Lyreum zu Mainz u. machte feine theologiſchen Studien am bor- 
tigen Seminartum, damals durdy Liebermann u. andere ausgezeichnete Lehrer 
eine * berühmteften theologiſchen Schulen in Deutſchland. in feinem 
es — ſprach Liebermann mit großer Liebe und — von [einem 





















) 



















. Rod wohnte ©. im Seminar, und hatte noch nicht bie 

empfangen, als ihm ſchon der Unterricht in den zur Philoſophie gehörigen Faͤ⸗ 
bern am Gymnafium zu Mainz übertragen wurde. Rad) Empfang ber Prie⸗ 
fterweihe (den 22. Yuguf 1828) febte er dieſe Thätigkelt am Gymnaſtum zu 
Mainz eine Zeitlang ort, wurde im Jahre 1819 zum Wfarrderwalter in Ham 
bady ernannt, und übernahm im folgennen Jahre eine Profefiur am Gynmaſtum 
zu Speyer. Hier hatte er Gele enbeit ‚, feine ausgezeichnete Lehrgabe zu ent- 
wideln, durch fein priefterliches Wirken an einer damals gemiſchten Lehrankalt 
für bie Fatholifchen Zöglinge mandyen Samen des Guten: auszufireuen. Schon 
m Jahre 1822 ward er jedoch diefem Wirkungsfreife enthoben, um, auf einen 
höheren Poſten geftellt, feine Thätigfeit über da® ganze Bistum Speyer auszu⸗ 
dehnen. Er wurde Domcapitular zu Speyer, und übernahm zugleich die Gtelle 
eines Schulrathed u. Schulinfpectors bei der bertigen Regierung. Seine hoben 
VBerdienfte um die Hebung des Schulweſens in Rheinbayern find befannt. Große 
Berwahrlofung der Jugend, weithin eingerifiene Ungebundenbeit u. religtöfe Er⸗ 
ee waren in der Rheinpfalz eine Erbſchaft aus der Zeit der franzöflichen 
Herrſchaft. Dazu famen die Vebergriffe der proteftantifchen Bevölkerungen, weldhe, 
ſelbſt nach der Vereinigung diefer Lande mit Bayern, die katholiſchen Interefien 
niederhalten zu fönnen meinten. Ruhig und befonnen, überall durch eigene An; 
ſchauung fid) von den wirklichen Sadhverhältniffen u. von den gerechten Anfor⸗ 
derungen der Katholifen überzeugend, hat G. in feiner Stellung zur Regierung 


Geiſſel. 633 


in Speyer Träftig für die Hebung der Fatholifchen Schulen gewirft und ein We⸗ 
ſentliches dazu beigetragen, daß in dem fo gemifchten Lande die katholiſche Hälfte 
der Bevölkerung in ihrem Antheile an den Schulen in ihre gebührenden Rechte 
eingetreten tft. Auch an der geiftlichen Verwaltung der Didzefe hat G. ald Dom- 
herr von Speyer einen thätigen Antheil genommen. Unter 3 Bifchöfen hat er 
mit entſchiedener Kraft an der Wiederherfiellung der Disciplin und an der Orb» 
nung fo mancher, durch die Unbilde der Zeit zerrütteter und verwirrter, Berhält- 
niffe im Innern der Kirche felbft gearbeitet. Ein ſolches Wirken ift weniger gläns 
zend, weniger in die Augen fpringend, als das Thun foldyer Männer, die von 
der Borfehung zur Wehrung des Deiligtäumee gegen äußeren Feind berufen find; 
aber es iſt nicht weniger verbienftlich, nicht weniger ruhmwuͤrdig, als jenes. Ja, 
nie hätte in Deutfchland der Kampf gegen den äußeren Feind der Kirche u. die 
en ihrer äußeren Feſſeln gelingen mögen, wäre nidyt eine Befreiung im 
nem, ein Wiederaufbau des Tempeld von Innen diefem mächtigen Wirken 
nach Auſſen vorausgegangen, u. hätte mit ihm gleichen Schritt gehalten. Die 
Zeit vom Abſchluſſe der Conkordate bis zum Jahre 1836 und 37 iſt darum in 
Deutſchland keines Weges eine Zeit der Unthätigkeit auf dem Gebiete der Kirche 
eweien; das hat der fpätere Erfolg gezeigt. Daß aber den Speyerfchen Biſchoͤ⸗ 
tn dieſer Hinficht nicht eine der leichteften Aufgaben zugewiefen war, wird 
Denen, deren Erinnerung noch in die zwanziger u. in die erſten vreißiger Jahre 
hinanfretdht, noch fehr wohl befannt feyn. Hier kam noch der befondere Umſtand 
hinzu, daß in den meiften Theilen der alten Pfalz die Katholiken, einer überwie- 
gend proteftantifchen Bevölkerung gegenüber, völlig unterbrüdt waren u., an lan- 
gen Drud —8 oft nicht Muth, oft ſelbſt nicht Intereſſe genug für ihre 
eigene Sache hatten, um zur Erkaͤmpfung einer günftigeren Stellung ſelbſt mit 
Hand and Werk zu legen. Die Umwandelung zum Beſſern ift auch hier gelun- 
gen, aber gewiß nicht ohne die größte Anftrengung Derer, deren Händen die Les 
tung der Kirche in diefer Zeit anvertraut war. Der Domberr ©. hatte durch 
fein raſtloſes Wirken die Yufmerkfamfeit des Könige Ludwig von Bayern auf - 
fi) gezogen, und das befonvere Bertrauen deſſelben erworben. Daher kam e®, 
daß er im Jahre 1835 zum Dombdedhanten, und am 20. September 1836 zum 
Bifchofe von Speyer ernannt wurde u. in den Adelsſtand erhoben wurde. Stine 
Präfonifation erfolgte am 20. Mai 1837, worauf er am 13. Auguft zu Augs⸗ 
burg von feinem Amtsvorgänger, dem dorthin verfegten Biſchof Beter Ridarz, 
geweiht u. am 30. Auguft zu Speyer feierlich inthronifirt wurde. Bon nun an 
fonnte v. ©. noch Fräftiger, als früher, für die Herftellung und Handhabung der 
Disciplin thätig feyn; Keine, noch fo entfernte, Pfarrei feiner Didzeſe entging ſei⸗ 
ner Aufmerkſamkeit, und oft erfchlen er ganz unerwartet beim fonntäglidyen Got» 
te&dienfte in einer entlegenen Landgemeinde, wo man feine Anmwefenheit am aller: 
wenigſten erwartet hatte Gr wollte ſich durch eigene Anfchauung davon über- 
zeugen, ob der Gotteödienft mit Würde u. Pünktlichkeit abgehalten würde, Einer 
der brüdenpften Uebelſtaͤnde der Didzefe war der große Prieſtermangel, der den 
Bifchof nöthigte, mandye Stelle unbefeßt zu laffen u. Briefler aud fremden Did⸗ 
zefen nady Speyer zu ziehen. Daher war der neue Biſchof vor Allem darauf 
bedacht, durdy Gründung eines eigenen Knabenfeminard dem Prieftermangel für 
die Zufunft abzuhelfen. Diefe Anftalt fieht gegenwärtig im fchönften Ylore und hat 
nicht nur durch ihre nahe Verbindung mit dem Speyerfchen Gymnaſium fehr viel 
dazu beigetragen, diefer früher gemifchten Anftalt einen rein katholiſchen Charak⸗ 
ter zu verleihen, fondern fle gewährt der Didzeſe bereits die Hoffnung eines hin; 
reichenden Nachwuchſes von Prieftern. Doch, nicht lange follte der Bifchof Jo⸗ 
hannes in einem Wirkungskreiſe bleiben, der ihm felbf fo lieb u. werth geworden 
war, in den er fich durch ein 20jähriges Wirken eingelebt, u. wo er befreundete u. 
verbündete Kräfte rings um ſich her gefchaffen hatte. Seit dem 20. Rov. 1837 
war der große Erzbiſchof Clemens Auguft von Köln gewaltfam feinem erzbiſchoͤf⸗ 
lichen Sipe enthoben, u, ein Kampf zwifchen ven Prinzipien der Kirche u. des 


'E Geiſſel. 


abſoluten, auf proteſtantiſchen Grundſaͤten ge Staates hatte Preußen 
einen großen Theil von ganz Deutſchland cc 4 Jahren erfcyättert. Cine 
führung des Streites war für Preußen eine me Unmoglichteit g 
u. der neue König Friedrich Wilhelm IV. erklärte ſich bereit, Den gerechten 
derungen ber e zu weichen u. feinen faR zur katholiſchen Staaten 
en wiederzugeben. Dafür erlangte ex aber W der Kirche ebenfalls 
fer, den Zurüdtritt des Erzbiſchofs Clemens son der Berwaltung der 
didzefe. Der König von Bayern m in biefer a Ans 
dad Geſchaͤft der Vermittelung. Schw war dieſes ‚ Die 
ehrung u. Liebe, die Clemens Auguſt unter allen oliken genoß, die —* 
der Hrinstplenfrage nicht von feiner Berfon getrennt wiſſen mochte, u. fdhon 
dem Gedanken, daß gerade er zurüdtreten folle, ſich are ſchmerzlichſte 
fühlte. Auch der Papſt war nicht Willens, auf das des yr 
Gouvernements einzugeben, fo willlommen ihm anderer die 
ceſſtonen (dr bie e in Preußen feyn mußten. Diefer nr 
Clemens uf felbR ein Ende, indem er freiwillig auf bie br ee 
verzichtete. Was ihn vorgtalich zu diefem Schritte bewog, war, er 
nem t6 vorgerüdten Witer die Rachfolge auf dem erzbiſch 
- Köln durch einen Mann von erprobter licher Geſinnung fi 
der Mehrzahl feiner Mitgliever zweibeutigen Domcaptte die Fünftige 
neuen ofoefe aus den ‚Dänden gewunben ſah. So wurde denn 
am 24. Sept, 1841 definitiv zum Coadjutor bes Erzbiſchofs Clemens 
mit dem Rechte der Rachfolge, u. zugleich zum Adminiſtraͤtor der Erzd 
nannt, Im Dezember deſſ Jahres reiöte er nad) Münfler, um 
Erzbiſchofe wgen Verwaltung der Dit Küdfprache zu nehmen, u. beg 
darauf nach Berlin, wo er mit hoher Auszeichnung empfangen wurde mb 
uar 1842 vor dem verfammelten Miniſterium in bie ve des Königs 
den Unterihaneneiv ablegte. Am 4. Mär er dann, noch ale Biſchof 
von Speyer, durch einen Hirtenbrief des Erzbiſchofs Clemens Auguſt fährt 
die Berwaltung der Erzdidzeſe an, wurbe aber im Gonfiftorium vom 19. M 
1842 vom Papfte feiner bifchöflidhen Kirdye von Speyer enthoben u. ale Er; 
bifchof ven Icon ium präfonifirt. Mit Hopfendem Herzen hatten alle Katholiken 
dem erften Hirtenbriefe entgegengefehen. Die hohe Ehrfurdyt, womit diefer erft 
oberhirtliche Erlaß von Clemens Yuguft fprach, der unbedingte Beifall, der den 
firchlichen Grundſaͤtzen des hochverehrten Bekenners gezollt wurde, erwarben dem 
Coadjutor die Liebe und Verehrung der Rheinländer, weldye, je näher der neue 
{rt u. die Heerde ſich kennen lernten, um fo mehr fich befefligte u. erweiterte. 
ewiß war die Wufgabe des Coadjutors eine der ſchwierigſten, die ſich denken 
läßt. Bon den grundfäglichen Feinden des Erzbiſchofs Clemens Auguſt ließ ſich 
auch für deſſen Coadjutor u. Nachfolger ‚Feine aufrichtige Freundſchaft u. Treue 
erwarten. Derfelbe hat fidh darüber auch nie getäufcht. Zwar hat er in feinem 
Benehmen gegen fie das früher Borgefallene ignorirt u. bat ſich felbk —e— 
in wie fern ihre Hülfe zum Wohle des Ganzen zu gebrauden, in wie fer 
Einflug abzufchneiden und ihr Wirken unſchädlich zu machen fel. Bon den aufs 
richtigen Freunden des Erzbiſchofs, die nicht allein aus Liebe u. Verehrung für 
feine Perſon, fondern vor Allem aus Begetfterung für die Sadye der Kirche trau 
auf feiner Seite geftanden, durfte er ſich zuverfichtlich des Guten verfehen, aud) 
wo ihre Perſon ſelbſt bei der neuen Geſtaltung der Berhältnifie mehr zurücktre⸗ 
ten mußte. Es galt ja hier die Sache der Kirche, ed galt dad allgemeine Wohl. 
Auf diefer Seite mochten Manche feyn, die das Wirken des Coadjutors gar zu 
fehr nach dem Maßſtabe der Verwaltung des Clemens Yuguft maflen, und doch 
waren die Berhältniffe gar fehr verſchieden. Die Verwaltung Clemens Wuguf’s 
war die Zeit eined gewaltfamen Durchbruches. Es galt, mit eherner Hand bie 
Ketten zu zerbrechen, womit ein proteftantifcher Staat, eine allgewaltige Burcau- 
Zratie, bie Kirche umwunden u, ihr jede Tree Arbendeanniäiiung, aeisunmen hatte, 


2 


7 





— 





—— 








— 









cVR 


Geiſſel. 635 


Der Durchbruch iſt wefentlich geſchehen, wenn gleich noch bei Weiten nicht alle 
Nachwehen des ververblichen alten Eyſtemes aufgehoben find, u. darum noch im» 
mer Beranlaffung genug zu Kampf u. Reibung geboten werben wird. ‘Preußen 
bat feit 1837 aufgehört, ein weſentlich protehantifcher Staat zu ſeyn, und in 
Folge defien ift auch die Allgewalt der Bureaufratie gebrochen. Seitdem tft eine 
anz andere politifhe Geftaltung im Innern nothwendig geworben, u. auch bie 
telung der Kirche zum GStaate iſt ſeitdem weſentlich verändert. Die Kirche 
bat fi in Preußen einen heimathlichen Boden erfiritten, u. die Katholiken füh- 
len fidy in Preußen nicht mehr als Fremde, vie es nothwendig haben, ihre koſt⸗ 
barften Güter wie gegen einen ſtets lauernden Feind zu bewahren, ober das 
Halbentrifiene im gewaltfamen Ringen nody feſtzuhalten. Ruhet audy fortan noch 
immer die Bürgfchaft für die Freiheit der Kirche in ihrer eigenen geifligen Kraft 
und in der Wachſamkeit ihrer Hirten, jo bat doch der Kriegszuftand zwifchen 
beiden Gewalten aufgehört, u. ein harmoniſches Zuſammenwirken von Kirche und 
Staat iſt fortan Aufgabe und Pflicht. In diefer Welle hat der Erzbiſchof ©. 
vom Anfange an feine —TF betrachtet u. ſeine Sendung ſchon in ſeinem er⸗ 
ſten Hirtenbriefe als eine Miſſion des Friedens bezeichnet. Daß er ſelbſt aber 
damit nicht gemeint habe, es ſei nun alle Gelegenheit zur Reibung entfernt, oder 
der Kirche ſei bereits in allen Stücken die ihr nothwendige Freiheit der Entwicke⸗ 
lung zurückgegeben, das verſteht ſich von ſelbſt, u. feine eigene Amtsführung bat 
die Beweife vom Gegentheile bereits geliefert. Gewiſſermaſſen eine feierliche 
Igureuen der neuen Zeit u. der neuen Geſtaltung von Kirche u. Staat in 
eugen war die im Auguft u. September 1842 erfolgte Grundfleinlegung zum 
Fortbaue des Kölner Domes. Der König legte hier mit dem Erzbiſchofe Coad⸗ 
jutor vereinigt, vor den Augen des ganzen rheiniſchen und deutſchen Volkes, den 
Grundſtein zu einem fatholifhen Dome, von deffen Kortbau u. Vollendung jedes 
deutfche u. Fatholtfche Herz fo herrliche Hoffnungen für die religiöfe u. politiſche 
Zukunft unferes Bolfes fnüpft, und wenn Her manche proteftantifche Stimme 
gemeint hat, ed Fönne doch nie u. nimmer gefchehen, daß der herrliche Bau nur 
für die Katholifen ausgeführt werde, fo hat doch der Erzbifchof von ©. ſchon 
gleich bei der Grundfteinlegung den Dom als Mittelpunkt des katholiſchen Glau⸗ 
bens für die Lande weit umher, als Tabernakel Gottes unter den Menfchen im 
heiligften Saframente des Altar bezeichnet. Damit aber nicht zufrieden, hat er 
mit großer Weisheit vom Anfange an fich felbft als alleinigen Baumeifter des 
Domes erklärt u. konfequent und ungelert durch verſchiedene von mancher Seite 
verfuchte Kunftgriffe, fen ihm klar bewußtes Ziel verfolgt. Dann hat er den 
inneren Aufbau feiner Kirche, den Clemens Auguft im fteten Kampfe nady Außen 
kaum batte beginnen können, mit großem Eifer fortzuführen geftrebt. Die Gabe 
des freien Wortes in einem Grave befitend, wie Wenige neben ihm, hat er wies 
derholt Gelegenheit gefunden, unmittelbar an das Herz feines Volkes zu reden, 
u, felbft den weniger kirchlich Seftnnten Bewunderung abzunöthigen gewußt. Das 
Domcapitel ward durch Männer erprobter Geflnnung ergänzt, u. dieſe zur Theil 
nahme an den Gefchäften der Verwaltung berufen. ine vorzüglidhe Sorgfalt 
ward dem Seminar zugewendet, die firenge Disziplin, wo fie abgenommen hatte, 
erneuert, u. Lehrer von wifienfchaftlicher Thätigkeit u. frommem firchlichen Sinne 
wurden an die Stelle der abgegangenen bermehfchen Lehrer geſetzt. An der Uni⸗ 
verfität zu Bonn wurden die hermeſtſchen Profeſſoren u. Docenten, die fidy nicht 
volfommen u. ganz dem päpftlidhen Breve unterworfen, quiescirt, u. flatt ihrer 
die PBrofefioren Dieringer, Martin und andere Männer von anerfanntem 
wiffenfchaftlichen Rufe angeftellt. Das tbeologifche Eonvict zu Bonn ward ers 
weitert, u. die Errichtung mehrer Knabenfeminare fleht bevor. Der Pfarrklerus 
war vom Anfange an ein Gegenſtand befonderer Aufmerkſamkeit des Erzbiſchofs 
v. G. Kine pünftliye Ordnung beim Gottespienfte wird in der ganzen Erz⸗ 
diögefe gehandhabt. Ein vorzügliches Gewicht wird auf die Früber km er 
vernadhläffigte SPrebigt gelegt; durch häufige Dekmardtonierengn “win Kun Cs 


036 Geifjelbeüder — Geiſt. 


eres Band umter den oft zu vereinzelnt daſtehenden Gliedern des Klerns ge 
Inüpft u. bie felt 3 Jahre begonnenen geiflichen Exercitien wirken wohlth 
auf die geiflige Belebung des Klerus ein. So get die kelt des 
ſchofs — * bereit® kraͤftig in alle Verhaͤltniſſe der Erzoldzeſe ein, als im 
Detober 1845 die Kunde von dem Tode des Erzbiſchofs Clemens er⸗ 
ſcholl. Clemens Auguſt war am Rheine nicht vergeſſen, u. alle Gemüther waren 
bei der Trauerkunde tief ergriffen u. bewegt. Aber eben fo ergriffen u. bewegt, 
als troͤſtlich erhoben, wurden fie auch, als aus der Ziefe der Bruf ihm der uf: 
Jorolo Wagen und fein „Kührer“ nachgerufen wurde und der Zurädbleibene 
den doppelten Geiſt des Hinmengenommenen a6 auf fidy herabrief. Nach Em; 
a a —— ovenber 1845), ward Johannes von ©. am 11. 
bladfe Ahller von Suter ua Kläfen von Köin im Dome ieridh Meibrenifr 
von Trier ım en von Köln im on 
u. in der begonnenen Weiſe feine erzbiſchoͤſliche Berwaltung wit 


und en fort. 
Si elbrüder, f. Slagellanten. . 
Geiſſelung, eine fehr alte, bei den Römern entehrende Strafe, wobel man 
ſich einer mit Blei oder Stacheln verfehenen Betifche aus Riemen oder Gtriden 
bediente. — Da Chriſtus und die Mpoftel die ©. erduldet hatten, fo wurbe es in 
der chriklichen Kirche üblich, fich freiwilligen [ungen zu unterwerfen, wm 
durch Theilnahme an den Leiden bie Slnben au fü 











a; 












Hol Bein 
Produkte unter dem Nämen „Rürnberger Waaren“ in den We 
der Stadt das. Röthelbad, ein Elfen» u. Kupferhammer u. bie auf Sehen Berge 
tbronende Feſte Helfenftein, die Wiege der im Mittelalter *3 
@enfen von Helfenſtein, welche gem eine® bedeutenden Landſtriches in ver 
von Schwaben, zwiſchen dem ar und der Donau, waren. Wiefenfldg, ©., 
Blaubeuern, Heidenheim gehörten diefen Dynaften, deren Rame im Jahre 
mit dem Gra —* erloſch. mD 
Geil, Im allgemeinften, umfaffendfien Sinne, heißt ©. die innere Urſa 
ber Thätigfeit eines Dinges, das Prinzip des Lebens, das Belebende, ober das 
die Lebensthätigfeit Regierende. — Man foridht in diefem Ginne nidyt nur von 
dem G.e im Menfchen,, von dem G.e im Thiere, dem G.e einer Gefellichaft des 
Staates, dem Welt:G.. Man nennt auch die leitenden Ideen, die herrſchenden 
Anfichten einer Generation, eined Volkes ıc., den G. feiner Zeit, den G. des 
Bolfed. Man ſpricht in demfelben Sinne von dem ®.e, der ein Buch durch⸗ 
bringt, von dem G.e der Geſetze. Selb, was das phyſiſche Leben erhöht, wird 
in diefem Sinne G., geifig, — enannt. Man redet von Weingeiſt, geiſti⸗ 
gen Getraͤnken ıc. — Die empirifche — braucht das Wort in beſchraͤnk⸗ 
terer Bedeutung, wenn fie vom Menſchen ſagt, feine Seelenvermögen ſeien G. u. 
Gemüth, oder wenn fie die phyfiſchen Krankheiten von Geiſteskrankheiten und Ge 
müthöfrankheiten unterfcheivet. Hier bezeichnet ©. das objektive Wahrnehmen u. 
Borftelen; Gemüth die Empfindungen, Gefühle, Stimmungen, Affelte, dad Streben. 
Sie unterſcheidet aber noch beftimmter die geiftigen Lebenserfcheinungen won den 
pſychiſchen u. körperlichen u. verfieht unter jenen vie ſelbſtbewußte, freie, vernünf⸗ 
tige, überfinnlicdye Thätigkeit, alfo Erfcheinungen, von welchen bei den Thieren 
feine Spuren vorkommen, obwohl biefe bewußtes, pfuchifches, ſeeliſches Leben 
äußern. Die Frage: wie man fid) das Prinzip dieſes geiftigen Lebens, den ©. 
im Menfchen, au denken babe, gehört der Metaphyſik ald Ontologie an und hat, 
wie die Geſchichte lehrt, ſehr abweichende u. unbeftimmte Vorſtellungen davon ge 
eben, darum auch in ihr dad Wort ©. ein vieldeutiges u. ſchwankendes if. — 
m zunächf bei den in der Gegenwart beſtehenden Borftellungswetfen zu bleiben, 
fo denft man den ©,, das Prinzip des vernünftigen, freien Lebens im Menfchen, 
entweder al& ein realſelbſtſtaͤndiges, fubflanzielle®, oder nicht. — Im erften Falle 





Geiſt. 637 


dentt man fi den ©. als eine qualitativ von dem Realprinzipe des leiblichen 
u. thieriſch⸗pſychiſchen Lebens verſchiedene Subflanz, — oder bloß als eine, einer 
vollfommeneren, höheren Kraftentwidelung jähige Subſtanz. — Denkt man das 
Prinzip des fogenannten geiftigen Lebens nicht als «in realſelbſtſtändiges, fo flelit 
man fidy dieſes geiftige Lehen nur als die höhere Potenz des finnlichen, unbes 
mußten ober bewußten Lebens vor, mithin als Erfcheinung deſſelben Realprins 
zipes, welches in der Bildung des leiblichen Organismus fich vorerfi als objek⸗ 
tives Leben geoffenbart haben muß, um dann, auf der Unterlage des Leibes zum 
Empfindenden, fi Findenden, Wiflenden, Objektiv⸗Subjektiven, Seelifchen werben 
zu koͤnnen. Beginnt es, auf diefer Entwidelungsftufe angelangt, den Subjekti⸗ 
virungeprozeß abermald (ooraudgefeht, daß Solches möglich wäre) und macht es 
nun (em bewußtes Leben zum Objekte feine® Wiſſens, wie früher das unbewußte, 
fo wird «6 G., d. h. ſelbſtbewußtes. — Bekanntlich iſt dieß die Anflcht der Hegel⸗ 
ſchen Schule (fiche darüber Zu krigl's wiſſenſchaftliche Rechtfertigung der chriſt⸗ 
lichen Trinitaͤtslehre, Wien 1846, Art. 2.). ir haben uns hier nicht in eine 
Erwägung der Gründe für over gegen bie eine oder andere Vorſtellungsweiſe 
einzulafien; aber bemerfen müflen wir, daß die Borflelung von dem Prinzipe des 
vernünftigen u. freien Lebens im Menfchen, dem Menfchengeifte, auf andere wich⸗ 
tige Borftelungen von entfcheidendem Einfluß if. Wird 3. B. der Menfchengeift 
nicht als Subſtanzielles vorgeftellt, fondern ald Subjektivität der Naturindividua⸗ 
lität, in der er ſich bildet, fo iR er Erfcheinung der Raturfubftanz, deren Gebilde 
diefe Individualität if. Die Natur, in der fein Leben wurzelt, erſcheint ihm ale 
das abfolute Seyn, weldyes das gemeine Bewußtſeyn ald Gott bezeichnet u. ver⸗ 
ehrt; was aber nicht als ein von Ewigkeit ber Perfönlicyes zu denken tft, ba 
es eben erſt im Menſchen felbidewußt, ©. wird. Ganz confequent fagt Feuerbach 
dann: der perfönliche Bott ift der Menſchengeiſt auf Erden, und es gibt feinen 
vernünftigen Cultus, ald den dieſes Erdengottes. “Die Eonfequenzen in Bezug 
auf Unfterblichkeit, Freiheit, Geltung der menfchlichen — im gefelligen 
Leben, find befannt u. in den lebten 15 Jahren vielfach befprochen worden. Sie 
find von jenen des, auf philoſophiſchem Felde fafl vergefinen, Matertaliemus 
des vorigen Jahrhunderts nicht weſentlich verfchieden, der den G., der Menfchen- 
feele fich als Körper, als feinere, ätherifche Materie, oder als organifche Grund⸗ 
lage des gröberen Leibes denken zu können meinte. Stellt man fidh den ©. hin- 
gegen als ein ſelbſtſtaͤndiges Lebensprinzip vor, aber diefe Selbfifändigfeit als eine 
—368 wie dieß im Monadismus geſchieht, ſo kann die Vorſtellung eines Got⸗ 
tes ein Produkt der Einbildung ſeyn, veranlaßt durch das Bewußtſeyn der 
Schwäche, der unzureichenden Kraft gegen Uebel ıc. Ein Abſolutes als Schöpfer 
des Geiſtes zu denfen, wäre abfurd; da diefer ja felbft ein Abſolutes if. Denkt 
man fi den ©. zwar als reel felbfiftändiges Prinzip , aber nicht audy ale ein 
von dem NRealprinzipe ded Raturlebens qualitativ verfchienenes, fo fann man 
confequenterweife nicht mehr von verfchiedener Gefehmäßigkeit des einen und des 
andern Lebens fpredhen; das Geſetz der Ratur iſt auch das Geſetz des G.es. Der 
Monadismus, wie der Heglifche Monismus, werden darum ald Raturalismus be: 
zeichnet, der in wiffenfchaftlicher Beziehung allerdings höher ſteht, als der abfos 
Iute Materialism, aber, wie gefagt, zu denfelben praftifchen Folgerungen führt, 
Der griechtfchen Philofophie ſtellte fi, ihrem Standpunfte gemäß, der Menſchen⸗ 
eift, wie die Thierfeele, ald Produkt, Emanation, Theil des belebenven Prinzipes 
n d.r Welt, der MWeltfeele vor. Dieſe Borftelung ging durch den Reuplatonis- 
mus auf das chriftliche Mittelalter über. — Descartes unterfcheidet den Men⸗ 
ſchengeiſt als eine qualitativ von der Materie verfchlevene Subſtanz. Aber — 
einerfeitö fieht er den G. als das Prinzip aller bewußten Lebensthätigfeit an, 
während er nady dem Borgange der antiken Philoſophie die Ratur für des Be⸗ 
wußtſeyns unfähig hält, u. fo G. u. Subjeftivität der Natur, d. h. Seele, iden⸗ 
tifichtt , wie es auch die riechen gethanz anberfeitd kann er die Subflanzialität 
des G.es u. der Ratur im Verhaͤltniſſe zu Gott nidyt fefthalten, da er dieſe als 


638 Geift. 


ae durch Mich ſelbſt Seyende, nach Plato's *8 als die einzige wahre 
nr ML gegenüber jene nur fcheinbare Subſtanzen find, nur wit, 
* Seyn haben. emit war bie —— mo — vorbereitet. Ihr — 
beige “ He eine wahre abfolute Sub oh ine f für une een 
upehnun und das Denken. 

— * ae des zweiten. Der ©. * 


ein mod 
* oe Aufn Owelfe des Mani 
de — de Die I Irene Di 
e aber und mit 
Grundlage va cin Bo Borausfe Uoaneiseite War 
ie Gef Dre se ent ben Ra 


es aus gleicher 
en 
Das, vn =: gas m Ba ya ERS SE 
Se unb Die —— —* — 


' 
—— fe Some konnte in 3 en diem u. —— * 
ent uf * * r ‚Dal — a 
noch jener An r 
ee mil Der polkven Hei e8 bedarf Feiner weitiäu 
‚ in we des Ehrihenihum Goit einen ©. nennt, näm 
tin fo ferne mit dieſem Bu ein ae ehem Fa —— 
freies Weſen bezeichnet wird. Daß das Chriſten 55 
Gott ſei in derſelben Bode von der Ratur verich He —— 
er fet in der Weiſe ſelbſtbewußt und frei, wie en — er fe 
— — verſteht fi) von ſelbſt, da es ja lehrt: Bott iR das * 5* fi 
de, von Ewigkeit ber Perfönliche, der Menſchengeiſt «a 
Bott gefehte Weſenheit, entftanden durch befien abfolutes m. nicht Dur 
Theilung feiner Subſtanz. Das durch ſelbſt Seyende u. das nicht durch 
ſelbſt Seyende koͤnnen aber doch nicht als weſentlich gleich gedacht werben (ſ. wie 
obenerwähnte Schrift Zukrigels Art. 3.). Die praktiſchen Conſequenzen, welche ſich 
aus der Anſicht, daß der Menſchengeiſt gleicher Weſenheit mit Gott ſei, ziehen ließen, 
d eben fo wenig mit der chriſtuichen Moral verträglich, da In biefem Falle das 
öfe, die Sünde, ummögbc) wird. Stellt man fich das Prinzip der vernünftigen 
u. freien Thätigkeit im Menfchen als ein fubfanzielles vor, und fomit den Mens 
fen als formelle Einheit dieſer getan Subftanzialität und einer Naturindivi⸗ 
ide. fo kann feine Frage mehr eyn über die endlofe Fortdauer der erfleren, 
troß der Sterblichkeit der leßteren. 2 verbindet ſich aber damit auch die Vor⸗ 
ſtellung des rein geifligen Weſens, d. h. einer endlichen geiſtigen Subran ‚de 
nicht mit einer Naturindioipualität zu einer Lebenseinheit verbunden iſt. Die Bor 
ftellung einer Claſſe rein geifliger Geſchöpfe, einer Geiſterwelt cf. d.) IR alſo 
fein out einer fhwärmenden Phantafle, fonvdern das Refultat eines ganz 
nen auf die in der Erfahrung gegebene Wirklichkeit bauenden Denkens. E. 
Geift, der Heilige, dritte Berfon in der Gottheit, welche.von dem Bater 
dem Sohne zugleich ausgeht, u. dem in dem Glaubensgeheimniſſe der aller 
heitigften Dreifalttgfelt die Seillgun der Menfchen, die Erleuchtung und Befells 
gung der Gerechten mittelft feiner flebenfachen Gaben: der Weishelt, des Bern 
ded, des Rathes, der Stärke, der Wiffenfchaft, der Frömmigkeit u. der Furcht 
Herrn zugefchrieben wird. Er kam am Pfingftfee, zufolge Ehrifi Ber nn 
über die zwoͤlf Mpoftel in @eftalt feuriger Zungen; ihm hatten fie eine völlige 
innerliche Umwendlung, Heligung und Stärkung zu verdanken, das Evangelium 
muthig u. glaubenseifri 2 Juden u. Helden zu prebigen, vor Irrthum u. F 
ſo wie vor Suͤnde u. Laſter durch ſeine Gnade bewahrt zu bleiben. Ihm if 































Me 









FE 


Geiſterwelt. 639 


Belehrung der Ungläubigen, die Erhaltung, Regierung u. Beichügung ber Kirche 
Chriſti beſonders zuzufchreiben; im Sacramente der ung und Prieſterweihe 
drüdı er den Empfängern einen unauslöfcdhlichen Gharafter ein; noch ganz beſon⸗ 
ders iſt er dem Oberhaupte der Kirche Ehrifti verheißen, ald dem Gentraleinheits- 
punfte der Hierarchie: un 15 zu feyn in Glaubensſachen (gratia infallibilita- 
ts in rebus fidei), weil au en Felfen der Sohn Gottes feine Kirche gebaut 
bat, den die Pforten der Hölle nicht überwältigen werden. Macedonius, ein Irr⸗ 
lehrer im 4. Jahrhunderte, läugnete die Gottheit des heiligen Geiſtes als Semts 
arianer; feine Irrlehre ward im Jahre 381, auf dem allgemeinen Concil von Kons 
ftantinopel durch 150 verfammelte orientaltfche Bifchöfe verworfen. KW, 
Geiſterwelt, heißt das gefammte Gebiet u. der Yufenthaltsort der, außerhalb 
der Körperwelt erifticenden, wollenden und fühlenden, denfenden und handelnden, 
törperlofen Weſen. Man unterfcdyeidet, nach der Verſchiedenheit der enfhaften 
u, Wirkungen der Geiſfter, böfe und gute, himmliſche und hoͤlliſche Geiſter. Die 
Theorie von der ganzen &. heißt Geiſterlehre (Pneumatologie), u. die befondere 
Geſchicklichkeit der Geiſterſeher, mit Geiſtern in Rapport oder Berbindung zu tres 
ten, fe zu beftimmten Zweden zu gebrauchen, oder vielmehr zu mißbrauchen, Gei⸗ 
ſterkunſt. Sie beſteht zunächſt in der Kunſt, Geiſter auf paflende, den menſch⸗ 
lichen Sinnen wahrnehmbare Weiſe fich barpellen (Geiſterſeherei) u. Andern er» 
fcheinen zu laſſen (Geiſtererſcheinungen); fle bewirkt dieß durch Geiſtercitiren und 
— wobei fie Geheimmittel u. mancherlei Formeln anwendet, welche 
zum Theile ins Bereich der diaboliſchen Sympathie gehoͤren, theils mißbrauchs⸗ 
weiſe ſehr ſugthat u. frevelhaft aus den heiligen Arcanmitteln u. heiligen Sa⸗ 
der Kirche entnommen find, daher die Kirche die Strafe der Excommunica⸗ 
n darüber verhängt hat. Der Glaube an überirpifche Geiſter u. an die Ges 
flerwelt im Allgemeinen iſt fo alt, als die Menfchheit felber; gar Bieles IR 
darüber, dafür u. dagegen von Gelehrten u. Ungelehrten, von Rationaliften und 
nriRlichen yſtikern, von Philoſophen u. “Dichtern gefchrieben worven. Die ges 
funde Menfchenvernunft hat Nichte gegen den Bolföglauben an eine Geiſterwelt, 
der auch in der gelehrten Welt in allen Jahrhunderten feine Bertheiviger bet den 
bevorzugteften Genies gefunden hat; die Metaphyſik gefteht die Wirklichkeit einer 
überirdiſchen Welt vollendeter Weſen, wie wir Menfchen find, u. das ewige Forts 
leben erfchaffener Geifter, wozu auch die Menfchen, als halb Geiſt oder Engel u. 
halb Thier gehören, gerne zu u. die wahre Philofophie oder Pſychologie befchels 
det fich, ihren Erfahrungsbereidy zu erweitern, wenn Thatfacdhen aus der @eifter- 
welt vorliegen, die hiftor ® glaubhaft verbürgt find. Nur foviel ift ausgemacht, 
daß die Kritik bei dergleichen Grsäblungen nicht fcharf u. behutfam genug anges 
ftellt werben kann, weil nur zu oft viel Balfches mit dem Wahren vorgebracht wird, 
um eined Theil der Leicht Väubigfe nicht preiszufallen oder dem Aberglauben 
zu huldigen; die Wahrheit Legt bier in der Mitte, u. um dieſe fol es der Phi⸗ 
loſophie fletd zu thun feyn. Kun, hiſtoriſch wahr find Geiftererfcheinungen, zuvers 
Läffig begründet im alten, wie im neuen Bunde; fa, die ganze Dffenbarungstheorie 
fällt oder flieht mit dem Beweiſe für die Exiſtenz der G. Philoſophen, die fle 
läugneten, glaubten auch gewöhnlidy nicht an das Dafeyn Gottes u. fprachen in 
ihrem Herzen: „Es iſt fein Bott,” oder verwarfen, verwegen genug, faft halb 
wahnfinnig das Chriſtenthum u. deflen göttlichen Urfprung. Allerdings hat der 
Stifter des Chriſtenthums im Bereiche der G. uns nicht volftändigen Aufichluß 
gegeben, jedoch den nothiwendigen und genügenvden; dabei bleibt wahr u. ausge⸗ 
maächt, daß er den Glauben an die überirdiſche Welt guter u. böfer Geiſter mehr, 
fach beflätigte; anderſeits muß wohl bemerkt werden, daß unfern befchränften 
Seelenkräften auf Erden foldye Belehrung Nichts gefruchtet hätte; weil Niemand 
aus uns im Stande iſt, dad Wefen der G. in ihrem inneren Zufammenbange u. 
deren Berhältnifie zur Körperwelt gehörtg zu begreifen. Der heutige Rationalis- 
mus, oder vielmehr der Unglaube unferer Tage, ftellt ven Teufel, als perfünlichen 
Beherrfcher des Hoͤllenreichs, mehr oder weniger in den Hintergrund, läugnet ihn 


64 GSeißerwelt. * 
bg ang, oder ignorirt ihn ale einen fürredenben 


alle abnorme Erſcheinungen A ge or⸗ und —— dem Geblete 
a —— N als des —— —— 
ben genügend zu erklären, ſelbſt —— em Zeil inc man De 
—9 unheachtet laſſen wollte, il one, 
—9 eine ©, möglich iſt, fo wie ſchon die be — ae ron 
mie mehr ald genügend. barthun, Fe auf —— 
ähnlidye oder mehr gleichfommenve, Weltförper jem wundervollen 
Weltall, diefem ftändigen Zeugen der — Ar u. ber. 
ie, da Gott- Nichts — 59 eiſchaffen ſondern da 78 5* 
derung 1. yur Ölidjgtet, unfe unßerbtlcper, das 
EEE 
, Aufenthalt e für Men! jeelen, 01 a 
, Wo Engel, Die Witte öperfonen wiſchen der Gottheit: den dern ' 


eftimmung. zur ewigen Seligfeit im oder ewigen Berdammuif ie 
der Hölle realifiren helfen. — dieſe Wahrheit ——— feR, vaß 
ſo wie in der Körperwelt überall em, — Stufengang unter 
und le Greaturen auf — Mer 


dem weifen. 
fi fund gibt, fo auch zuliden dem — volllominenſten 
— die Engel, als pure 7 onen abgeben h 
Berner noch wird nicht geläugnet, Daß bat A und um Dediehen, Die ſſehen, 
jo vieler Perſonen, bie Äeußerung des — — ü. 
die eigenthũmlichen ——— der Cum Deo Mognetlomus, der 
denartigften Seelenkranfheiten, des ded, ‚moi der aus der 
flammende Glaube * Bölfer, fi der rt nicht civiliſirten den 
flämme, es außer allen Zweifel ein Leben unferer Geele nach 
Tobe_ded Leibes einft eintreten nöfe,, ſo wie auch nad Surthtäfien und mehr 
Be ae Be TEST 
‚ngöpı wi 
je im Embryo des ſich enteoiteinden Thieres, 3. im Samen ober Kan 
der Ian oder ve Baumes, fi zeorfinben möffe u, durch unſichtbare Bermit⸗ 
ietung „i ur Reife gelange. Die ugnung ber ®. iR in lehter Rebuctton nur 
Yu 3 mus ober Pe an läugnet fie, weil man fie weder 
ſehen mo greifen, ni ahnen u. glauben kann. Aber wie es Dinge die 
den Ginnen angehören, tbt es auch foldhe, etc dem Berflande u. der 
van Fu Ang eine ug ectualwelt; 5 es gibt Dinge, welche dem Gefühle 
made u. Geruche ſich eritziehen, aber dennoch eriftiren; gibt 
& m ara ta liches, warum nicht auch ein total_Unfinnliches? Genie 
quenter Weiſe müßte von den Gegnern alle überfinnliche Geit ft and 
Gottes Dafeyn u, die menfählihe Seele, jeder —X e u. fenbact geläugnet 
werden. Daß fidh ferner die ©. bruchflüdtweife in guten, wie böfen Engeln, in 
qurüdgefehrten Menfchenfeelen gewiſſen dazu befähigten Menſchen dargelegt habe, 
fei es auch ausnahmsweiſe, oder mit firäflicher Ueberfchreitung des vom 
angegebenen Geſetzes, if oft u. genügend nachgewieſen und aud) anerfannt wor 
vn Noch muß zugeſtanden werben, daß biefer allgemeinen Boilsſage eine ober 
mehre biftorifche Wahrheiten zum Grunde legen mifen, ap die ganz eigenthüns- 
liche, unerklärbare Furcht vor Geiftern ſelbſi in den geiſtreichſten und frömmfen 
Individuen fein eitles tom ſeyn Eönne, und da e& hier ſich um eier 
ſachen Handelt, die ine aus Erfahrung kennen lernen muß, oder glaubiwäh 
Zeugen hierüber — Iihen Glauben beimefien fol: fo fieht der Beeninfilge t 
ein, warum er nicht die Wahrheit ſolcher ſubtilen Begenfände & ne 
und alle Mühe — ſolle, das zu äugnen, was mit all ce 
wegbemonftrirt werben Im; und da das Geiflige nur ge 
und bes Menſchen Get fi — das Et Hi SE RN Tr es 
—— billig u. das allervernünftigke: ver 


meinen Dafürhalten der Beten am Tugend, und ber Weiäkdegabten an Ber⸗ 
nd, wo fie anders es ehrlich mit ber Bahıteit halten, unbebingtes Vertrauen 
ſcheulen. Wusgefchloflen, verfteht fich von ſelbſt, bleibt aller u. jeder böswillige 
etrug ber Gaufler und Daföpenfpieier, jeder Mißbra vorwigiger Grübler, 
elcher in der Kunſt der Geier ig Oft leider, zur mach der ehe 
s art bat, und der von jedem wahren Chriſten nur zu bedauern if. Gol 
die Geiſterwelt auf legalem, rechtlichen Wege manifekiten, fo kann Solches 
ız durch Gottes Zulaffung, durch ein Wunder gefchehen u. muß ſtets einen vers 
inftigen Grund haben, weil die Körper» von der Geifterwelt burdy ein eiſernes 
jeg getrennt ift, u. wer Immerhin die Möglichkeit u. Wirklichkeit der Wunder 
t läugnet, wird jedenfalls auch die Geiſterwelt in ihrem Ah rtigen u. höchſt 
wunderungöwürbigen Bereiche nicht bezweifeln wollen. wlich darf un bes 
erft werben, daß keineswegs alle Menſchen in gleichem Grade in Verbindung 
it der ©. treten loͤnnen; es iſt dieß ein —X8 das die Gottheit nur aus⸗ 
leſen Wenigen ertheilt; ferner, daß der Eine vor dem Andern faͤnglichkeit · 
Anlage für das Begieiſen des Ueberſinnlichen in 1 t, fo. wie auch ans’ 
nommen werben muß, daß für alle Menfchenfeelen, beim Austritte aus der lor⸗ 
rlichen Hüßfe, durch den Tod eine gerwifie kürzere oder längere Vorbereitung für 
3 Jenfeits der ©. erfolgen müfle. — S. Theorie der Geiſterlunde von Sung: 
tilling, Nürnberg 1808. Kuno, Graf von Ranzau, Geſchichte der Befeflenen 
uerer Zeit, ‚Heidelberg 1836, dann von Paſſavani Sentier, Wirth, Biicher. 
mer M; Wiener, Selma, die järifche Geherin. 8. . von Stollberg, Ges 
* * R. Jeſu Chriſi. A Bd. Beilage über die Beſeſſenen det neuem: 
:Ramentes. ö 
Geiſtes kraukheiten — find Störungen des inneren Seelenlebens im Men⸗ 
ven, welche qröstentsele ihren Grund in Mönormitäten des Gehirns u. des davon 
hangenden Nervenſyſtems zum Theile oft auch im Unterleibe und deſſen geſtoͤr⸗ 
3 Hauptorganen haben; Krankheiten, worin alle Geiftesthätigkeit andauernd u. 
eiſtens ohne Fieber fo zerrüttet iſt daß der Leidende der Vernunft, des Ver⸗ 
indes und bes freien Willens mehr oder weniger beraubt iſt, oft erblich, fehr 
wer heilbar, oft mit längeren oder Türzeren Rachläffen (Iucida intervalla), bis⸗ 
Hlen mit ſchnell vorübergehenden Anfällen (raptus) behaftet, leicht Rüdfälle 
Idend u, mit den Jahren mehr überhand nehmend. Man unterfcheivet a) den 
lddfinn, b) die Melancholie, c) Manie oder Tobfucht, d) Wahnwit, e) Mono⸗ 
ande, partieles Ittſeyn. Die Heilung iR ünter den einzelnen G. noch am mel⸗ 
n bei der Mante, am feltenfien beim Blödfinne zu erwarten. Die höchſt ſchwie⸗ 
je Behandlung der Geiſteskranlen iſt theils eine pſychiſche, theil eine arznels 
de, theils eine veligiöfe. Jene hat die Ablenkung des Kranken aus feinem 
deenfreife durch angemefiene Beichäftigung u. Zerfireuung, flreng geregelte Les 
nöwelfe zum Zwedle, durch Gntfernung aus dem gewöhnlichen Lebenäfteife, am 
eſten in eine gute Irrenanftalt (j. d.)5 befonders iſt Lebensorbnung u. Ruhe 
ıpfehlenswerth, u. niemals darf der Arzt gegen das ‚Körper je des Leidenden 
Adhgültig feyn, weil Krankheiten der Seele größtentheild in MWönormitäten oder 
sankheiten des Leibes ihren Grund haben. Dem Wahne des Kranken darf 
ht fowohl durdy reizenden, offenen Widerſpruch, fondern mehr auf dem Wege 
biger ober überrafchender Ueberzeugung entgegen gerohtt werben, wie überhaupt 
© Arzt den Kranfen mehr mit Milde u. Klüghelt, als unvorfidhtiger Gtrenge 
beherrſchen fuchen muß. Die Zwangsjade if für Unbändige u. Ungehorfame 
sehmäßiges Etrafmittel, und nie darf der Kranfe hm Aufficht der Gefahr aus⸗ 
fegt feyn, ſich oder Anderen zu ſchaden; zugleich wird verlangt eine fehr hagere 
fpärliche Kof, denn Abhagerungs- u. Aushungerungsmethode tft hier am rechs 
? Plage, nur die allernoihwendigfien Rahrungsmittel dienen ſolchen Leidenden. 
te wichtigften Heilmittel find: allgemeine u. örtliche Blutentztehungen, vorzüglid) 
I nen enifandener Krankheit, bei Bolbtütigkeit u. Manie, audy Melandyaller 
uwarme Bäber, Falte Umfcläge, Talte Douche⸗ ones Regenbiner, Brrtyaiii,, 
Wesieocpelopäbte. IV. a 


2 Gerſtik — Seiſiliche Gerichtsbarkeit, 


Elellur, Abführungsmittel, Glüͤhelſen, Fontanelle, Haarfell ꝛc. — Die Urſachen 
der Seelenfrankheiten ſind verſchieden? Sünden u. Lafter, Mangel an Gottesfurcht 
u. Religion, Zweifel in Glaubenoſachen, nagende Borwürfe des Gewiſſens; be 
ſonders nad) Esquirol find Gtoly, Wolluft, unbefriedigter Ehrgeiz, Unmaß in 
Sinnengenüffen, unglüdliche Vorfälle des Lebens — Veranlafjungen der Seelen 
Eranfheit u., wo fie in Familien erblich war, meiftens unheilbar. Große Rüd- 
ficht erfordert der Zwifchenraum der Wiedergeneſung, u. auch nach erlangter Ges 
nefung Äft die Sorge wegen Nüdfällen nie aus den Augen zu ſehen. — Siche 
Heinroth, Lehrbuch der Seelenftörungen, Leipzig 1823. Hofbauer, Unterfuchun 
gen über die Krankheiten der Seele, Halle 1802. Gequirol, allgemeine und 
jpectelle Pathologie und Therapie der Seelenflörungen, beufch von Hille, 
ig 1827 u. a. KW. 
eiſtik. ſ. Geographie. 

Geiplihe Gerichtsbarkeit iR im weiteren Sinne bie gyfemmte Kirchen⸗ 
reglerungogewalt überhaupt (f. d. Art. Kirchenregiment), im engeren aber 
das Rede der Kirche, über fireitige Berhältniffe der jengenoflen, welche zu 
ihrem Reffort gehören, nach den —XR Beiegen und AR riften gu eniſchei⸗ 
den. Den Kirchenoberen fieht diefem nach das Recht zu, die Bergehungen gegen 
Religion und Kirchendisciplin vor ihr Forum zu ziehen, fie gu unterfudyen, dar⸗ 
über zu erkennen, und bie von ben Rtrchengefehen beftimmten Strafen gegen bie 
Sähyuldigen zu verhängen. Eben dahin gehören audy alle entRandenen Sireitig⸗ 
teiten über Vunkte des Lehrbegriffes, wie übes die innere Ordnung der Kirchen 
Geſellſchaft und die dahin einichlä, — Gegenftände überhaupt. Schon ber hei⸗ 
Uge Wpoftel Paulus ertheilt den —— len (1. Kor. 6, 4—7) die Vorſchrift, daß 
fie unter jhnen entflandene Streitigkeiten nicht vor die weltlichen Gerichte brin- 
gen follten, und gb ihnen die Grmahnung, vielmehr eine frievliche Ausgleichung 
auf fchledsridhterlichem Wege zu wählen, oder die Bellegung berfelben dem bir 
fHöflien Ausſpruche zu überlaffen. Paulus gab jedoch damit fein Gebot, fon- 
dern empfahl bloß den Ghriften die friedliche Ausgleihung ihrer Streitigkeiten 
mittelft Zuflimmung beider Theile. Nachdem das EChriftenthum unter Conan 
tin dem Großen ſich allgemein verbreitete, fpradyen viele Gründe für die Beibe 
haltung des ſchiedorichterlichen Verfahrens der Bifchöfe. Die Kirchenoberen jener 
Zeiten hielten ſich daher für berechtigt, nicht nur über Gegenftände der Religion 
und Kirchendisciplin ihre Eompetenz zu behaupten, ſondern auch wirkliche Rechter 
haͤndel und Givilfachen ihrer Blaubendgenofien zu fchlichten. Auf diefe Art bil 
dete ſich Die audientia episcopalis immer mehr aus, weldye fidy nach und nad, 
von den Sen und Umſtänden begünftigt, zu einer Art von allgemeiner Berichtes 
barkeit der Bifchöfe in geiflichen und weltlichen Angelegenheiten erhob. Cons 
ſtantin beflätigte biefe Anftalt und gab ihr die erſte —* auch die nach⸗ 
folgenden Kaiſer erklärten den fchiebörichterlichen Ausſpruch des Biſchofs in weits 
lichen Angelegenheiten für bindend, und _bie bifchöflihe Entſcheidung konnte ohne 
weitere Mppellation durch die weltliche Obrigkeit vollgogen werden. Diefelbe Ber 
ordnung vwieberholte Balentin II. Unter Marcian erhielt ver Erzbiſchof von 
Konftantinopel eine volltommene Gzrichtöbarkeit, und Ju ſiintan verlieh fowohl 
der höheren u. niederen Geiftlichfeit, al8 auch den Ordens-Geiſtlichen einen be 
feeiten Gerihtöftand und erimirte fo die Geifilichen von den weltlichen Richtern. 
Dad BVertauen, welches man auf die Bifchöfe und die Beiftlichen überhaupt fehte, 
forte das einfache und kürzere Berfahren bei der audientia episcopalis, beförberte 
diefe Anftalt ungemein, fo daß der Kirche die Aufſicht und TelbR die Jurisdiltlon 
noch über andere Gegenftände, welche mit dem Zwecke der Religion zufammenhins 

en, ald: über MWohltgätigkeite-, Kranken- und Gtrafanftalten, die Sorge für die 
Itmen, Wittwen und WBaifen, die Aufficht über die Biltualien u. dgl. überlaffen 
wurde. Diefe Vorrechte der Kirche Kamen auch in dem Byyanttnifchen Kaiſer⸗ 
thume in Aufnahme u. wurden dafelbft noch mehr entwichelt u. erweitert, Ebenſo 
günftige Fortſchritte machte die Eirchliche Gerichtsbarkeit in dem neu organts 


.Selftliche Berwantifgefk: i; — 


firten gothiſchen und fränkiſchen Reihe. Karl der Große und Friedrich H, 
beftätigten diefe Rechte, u. fo. gingen fle auf die deutſchen Geiſtlichen über. Nach 
der Rapitularien Sammlung Benedikts erhielten biefelden durch die Geſetze eine 
noch größere Ausdehnung, und fo befam auch bier die Kirche die Jurisdiktion 
über Gegenflände, weldye man wegen ihrer religids⸗kirchlichen Beziehung nach den 
Kirchengeſetzen beurtheilen zu müflen glaubte, als: über Teflamentd-Sachen, über 
alle durch den Eid verflärkte Verpflichtungen, über die Begräbniß-, Patronats⸗ 
und Zehentſachen u. dgl. m. Ueberdieß kam ihr auch die Entſcheidung über 
folche Segenflände zu, bei denen man etwas Sündlidhes fand. Auf diefe 
Weiſe bildete ſich eine concurrente —— von Seiten der geiſtlichen mit 
den weltlichen Gerichten. Seit dem ſechszehnten Jahrhunderte wurde jedoch die 
g. G. wieder größtentheils auf die Kirchen⸗Disciplin und überhaupt auf geiſtliche 
Angelegenheiten, oder doch ſolche, die wenigſtens bie Kirchliche Seite betreffen, 
und die durdy kirchliche Genfuren nicht aber mit bürgerlichen Strafen und Wir⸗ 
tungen, fanttionirt And, wozu namentli die Matrimonials Sachen gehören, bes 
ſchrankt. Die g. ©. iſt theild eine Innere (forum internum), weldye fidy bloß 
auf das Gewiſſen bezieht (f. d. Art. Beicht und Buße), theild eine Außere 
(foram externum), welche die Gegenflände der Disctplin betrifft, und deren Wir, 
tungen fich äußerlich in der Kirche offenbaren. Die rechtmäßigen Verordnun⸗ 
gen der Kirche für den Außeren Gericdhtöhof find jedoch audy für den inneren vers 
bindlich (f. d. Art. Kirchenſtrafen, Strafgewalt kirchliche). — Unter einem 
geiſtlichen Berichte verficht man einen Smbegriff von Perfonen, durch welche 
die 9. ©. nach der von den Kirchengeſetzen befimmten Ordnung ausgeübt wird, 
Rad der Analogie heißt es ein Civil⸗Gericht, wenn fidy die Unterfuchung und 
—— — auf die unter gewiſſen Parteien als Kirchenmitgliedern ſtreitig 
wordenen Rechte, z. B. auf Che⸗Rechte bezieht; ein Criminal⸗Gericht a 
wird ed genannt, wenn ein wegen kirchlicher Verbre Angeläulbigter in Unters 
fuchung gezogen und über ihn gu Recht erfannt wird. In den Älteren Zeiten 
wurde die g. G. von dem Biſchofe mit dem SPreöbyterium ausgeübt. Später 
gelangte diefelbe an die Archidiakonen, und bisweilen entfchieden die Didcefan: Sys 
noden. Aber auch die Archidiakonal⸗Gerichte kamen außer Uebung, und fo wird 
nun die g. ©. von den Bifchöfen u, ihren Orbinariaten oder Confiſtorien, in ges 
wiflen leichteren Faͤllen auch von den General⸗Vikaren und Offizialen auögeüht. 
Im Mittelalter fand auch eine Concurrenz zwifchen der bifchöflichen und päpftlis 
chen Juriodiction Statt; das Concil von Trient aber beſtimmte, daß jebe geiftliche 
Sache bei einem bifchöflifchen ®erichte angebracht und von biefem erſt darüber 
erfannt werben folle. Die Gerichtsbarkeit tft entweder eine ordentliche, wie 
3. B. jene des Papfles und der Bifchöfe, oder eine außerordentliche Er⸗ 
hält Jemand, weldyer die zur Dernaltung des Richter⸗Amtes nothwendige Eigen⸗ 
ſchaften befitzt, mittelſt eines Auftrag⸗Schreibens (commissorium, rescriptum 
commissoriale) von dem rechtmäßigen Oberen, der eigene Gerichtobarkeit hat, dieſe 
aufgetragen, fo heißt fie jurisdictio mandata; delegata aber wird fie genannt, 
wenn der Auftrag fidh nur uf eine gewiſſe Gattung von ridhterlichen Handluns 
gen, oder auch nur auf eine einzige bezieht. 

Geiſtliche Berwandtfchaft (cognatio spiritualis) iſt eine Berbindung ges. 
wiffer Berfonen, welche aus der Adminiſtrirung und dem Empfange der heiligen 
Taufe u. der Fir mung eniftcht. Nach dem römifchen Rechte iſt bie Ehe 
nur wegen Gevatterfchaften verboten. Suftintan verbot nämlich jene Perfonen 
zu ehelichen, welche man aus der Taufe gehoben hat. Die Trullaniſche Sys 
node (692) Can. 53 dehnte diefes Verbot auch auf die Eltern des Täuflinge 
aus; in der Folgezeit ward e& noch mehr erweitert und auf die Firmlinge er⸗ 
firedt. — Nach dem kanonifchen Rechte und insbefondere nach dem Concil 
von Trient (Sess. XXIV. C. 2 de reform. matrim.) befteht dad Hinderniß der 
g.n V. bloß a) zwifchen dem Taufenden, dem Saufinge und deſſen Eltern; b) 
zwiſchen dem Firmenden, dem Gefirmten und deſſen Eltern, u’ wiſchen dem 


“a Geiſtliher Vorbehalt — Geilihteit, 


Firmpathen, dem Firmlinge und vefien Eltern. Die Etellvertreter der Paiken 
nifft dieſes Hinderniß nicht, wohl aber ihre Gommittenten. Wer bei der Rad 
Holung der TaufsGeremonten ein Kind zur Taufe hält, kommt nicht mit demfelden 

eine g. 8. Derjenige Geiftliche, welcher aus Auftrag des Pfarrers die heil, 
Taufe ausfpendet, — wer im Nothfalle ein Kind tauft, der zieht ſich die 

. gu. Tauft ein Bater im Nothfalle fein eigenes Kind, fo entficht zwiſchen 
m und feinem Weibe das Hinderniß der g.n ®. nicht; tauft hingegen ein Bater 
außer einem Nothfalle fein eigenes Kind, ober hebt er es aus ber Taufe, ode 
führt er foldyes zur Simung, fo entfteht zwiſchen ihm und feiner Ehefrau, reis, 
der Mutter des Kindes, g. B. und er verliert im einem ſolchen Falle bis zur er 
Iongten Dispenfation das Recht, die Leiftung der ehelichen Piliht von feinen 
Welbe zu begehren. Bet den Proteftanten findet weder die g. B, noch das hie 
aus entipringende Ehehinderniß Statt. 

Gei tier Borbehalt, f. Reservatum ecclesiasticum. 

Geiftlichkeit — im Allgemeinen der Inbegriff aller zum Verwalten Firchlicher 
Aemter beftimmter Perfonen, im engeren Sinne die ordinirten oder geweihten Kir: 
chendiener, welche den Gläubigen die heiligen Sacramente fpenden, das Predigt: 
amt verwalten und überhaupt die pfarramtliche Seelforge zu-leiften haben. Man 
unterfcheivet höhere u. niedere ©. u, nennt ihre Abflufungen im. kirchlichen Ber 
einslörper aller einzelnen Olleder unter dem gemeinfamen Dberhaupte, dem Bapfte zu 
Rom, Hierardhlelf. d.). Diefer Oberhirt (summus Pontifex, Papa, Christi Vicarias) 
vereint in ſich die Fülle aller kirchlichen Gerechtfame (plenitudinem ordinis et 
jurisdiclionis ve orbem terrae) über alle Biichöfe und Priefter und Lalen der 
Tömtfch-Fatholtichen Kirche, fo daß, wenn auf Erben alle Geiſillchen ausgeftorben 
wären, von ihm allein aus neue Bifchöfe und Vrieſtet erwählt und orbinirt wer ⸗ 
den Hönnten. Seit dem zweiten Jahrhunderte nannte ſich, im Gegenſahe zum 
heidniſchen und jüdiſchen Priefterthume, die chriſtliche ©. xAnpos (clerus), ut 
fprünglich zunächR fo genannt wegen der von den Apofteln belebten Wahl durchs 
2006, doch bald audy, um von den übrigen Ehriften als ein Gott geweihter Stand 
(durch göttliche Gnadenwahl), deſſen Loos und Erbtheil Gott ausfchließlich ſeya 
fol, eben fo ausgezeichnet und vom Staate befchügt zu werden, wie im Alten 
Bunde die Prieftler und Leviten vor den gemeinen Juden bevorredhtet und bevor 
zugt waren. Meltefle (presbyteri) und Bifchöfe, als Lehrer und Aufſeher der Ge⸗ 
meinden, ſowie Diafonen und Armenpfleger hatten bereits die Apoſtei eingefeht, u. 
im 2. Jahrhunderte wurde das Lehren und Berwalten ber heiligen Sacrament 
aus ſchließilches Amtorecht der Preötyter, von denen einer in Gemeinden, bie 
mehrere beburften, als Biſchof über feine Amtscollegen gefeht ward. Bifchöfe m. 
Presbyter machten mit dem oberften Biſchofe Roms den höheren Prieferfand; 
Diafonen, Subdiakonen, Woluthen, Lectoren, Eroreiften und Ofttarter den niederen 
Priefterftand aus. Zum Klerus rechneten fi) Anfangs nur jene bi6 zum Gubs 
diafonate herab; felt dem 4. Jahrhunderte audy die unteren Kirchendiener. Jede 
diefer 7 geiſtlichen Rangordnungen erhielt ihren beftimmten Wirkungskreis und 
eine befondere Weihe; wer in bie 3 oberen Rangorbnungen gelangen wollte, mußte 
durch die vier unteren aufgeflegen feyn und in jeder eine gewiſſe Zeit verweilt 
haben (Introfitien). Vom 3. Jahrhunderte an unterſchieden ſich die Kleriker als 
ein bevorrechtiter Stand über alle Weltliche; die Fatholifhe G. warb burd 
Konftantin d. G., als erſten chriftlichen Kaiſer, auch ſtagisrechilich fanctiontrt, ers 
hielt befondere Rechte, Privilegien, Güter, Befoldung durch Dotation, oder flet6 flies 
ßende Einnahmen, durch Firchliche Weihen u. Anerfennung der Staatögewalt von dem 
Stande der Laien (Richtgeiflichen) unterfchieven. Den Klerifern ward unterfagt alle 
Thetlnahme an bürgerlichen Gefchäften, Aemtern, Gewerben ; der character indelebilis, 
der Primat des apoftollichen Stuhles zu Rom, in ununterbrocdyener Reihenfolge 
vom Apoſtelfürſten Petrus herab allgemeine Anerfennung ſich verfdhaffend, die pri- 
vilegia canonis, servitiorum, competentiae et fori, der hohe Begriff von der Hels 
ligfeit der geiftlichen Würde als Etelivertreter Gottes und Jeſu Chriſti gegen bie 


. \ 
Geiz — Gekroͤnter Dichter. ” 


Untergebenen, wodurch ein olericus zur ſchwerſten Gtrafe es fidy rechnen mußte, 
in den Lalenſtand zurüdverfeßt zu werden: alle dieſe Dinge waren es, welche bie 
©. überall in den katholiſchen Ländern zu den höchſten Ehren und Würden bes 
rechtigen dürfte. Unter Papft Gregor VII. warb durch allgemeine Einführung 
des CEdlibats in der katholiſchen Kirche, durch firenges Verbot der Simonie und 
Bindicirung des Inveſtiturrechts aus den Händen weltlicher Fürften der geiſtli— 
Stand in feiner erhabenen Würde und Rı tt zu jenem Anfehen durch göttli 
Fügung nebradht, welches er von Bott und Rechtswegen verdient und anpredhen 
Tann. Berfeplevene Päpfte und mehre Goncilien haben für die Rechte der G. 
gewacht und die triftigſten Geſete erlaſſen, — wovon das letzte allgemeine Concil 
au Trient bie genigendten Belege liefert — daß heilige Wiffenfchaft und unbes 
Ir Wandel die Hauptoorzüge dieſes Standes im Bolfe geltend machen 
ſollen, um für die Ehre Gottes und das Reich der Wahrheit und Tugend durchs 
greifend zu wirken. KW. 
Geiz Calthocydeutfch Fit, mittelhochdeutſch gite, eines Namens mit gähmen 
ober gtenen, d. h. den Mund oder den Rachen auffperren, althochdeutſch Fiön, 
Tinen, mittelhochdeutſch ginen) bedeutet zumächft dad Auffperren des Mundes oder 
Rachens zum Berfchlingen. Hiervon ging denn das Wort in den Begriff des 
heftigen finnlichen Strebens, der ungezügelten Gier über. Demnach: übermäßige 
Begler, ſowohl äußeres Gut zu erwerben, als auch ſolches zu behalten u, nicht 
das Mindefte wegzugeben, ohne die höchite Nothwendigkeit, e8 mag nun das 
Behalten, wie das Erwerben, durch rechtmäßige oder ne unedle, unrechtmä⸗ 
ige, verächtliche Mittel gefchehen. Die Aofcheulichkeit dieſer Leidenſchaft, die 
wahrhaft thiertich werden Fann, wird in der heiligen Schrift mit den Iebhafteften 
Barben gefchilvert, ald die Wurzel alles Uebels, als ein Gott gehäfftges Laſter. 
Bol. wm. 9. Eecl 10, 9; Mark. 7, 215 Röm. 1, 29; 1. Tim, 5, 215 Luf. 12, 
15; Eyhef. 5, 35 Hebr. 13, 5. x. 
Gekrönter Dichter (poöta laureatus). Die Sitte, einen Dichter feterlich 
mit einem Lorbeerfrange zu fchmüden, Fam von den Griechen zu ben Römern und 
erhielt fi in der Folge auch in Italien, wo die Dichterfrönung Petrarca's 1341 
die berühmtefte war. dem mit einem Töniglichen, von Robert v. Anjou, König 
von Neapel, gefchenkten Mantel befleiveten Dichter wurbe in einer babe ges 
from Formel im Ramen des Königs bewilligt: „in der Dichtfunft, wie in 
der Geſchichte u. überhaupt in Allem, was auf tiefe Künfte fich bericht, ſowohl 
in der Heiligen Gtabt (Rom), ald an jedem anderen Orte mit unbefchränfter 
Befugniß alle alten Bücher zu lefen, zu commentiren und auszulegen, neue zu 
Tage zu fördern und Gedichie zu machen, welche mit Gottes Hülfe von Jahr⸗ 
Hundert zu Jahrhundert fortieben werben." Aber auch die deutfchen Kaiſer ers 
nannten gefrönte Dichter u. ertheilten fogar den Pfalzgrafen dad Krönungsredht. 
David Eos ‚ Hifloriograph Kaiſer Heintichs IV. (geftorben 1106) war der 
Erſte, dem diefe Ehre der Krönung widerfuhr. —* der Rothbari (geſtorben 
11815 beehrte den Dichter Günther wegen eines Cpos (Ligurinus) mit dem 
Dichterfrange, Die alddann verſchwundene Sitte wurde durch Kalſer Friedrich Ul. 
erneuert. Gr krdnte zuvorderſt zu Frankfurt dem geiſtreichen Aeneas Sylvius 
Piccolomini (fpäter Papſt Pius IL), dann den Konrad Ceites zu Rürnberg am 
18. April 1487, nach Anderen 1491, u. m. 9. Kaiſer Rorimiltan I., von 
welchem Geltes das Recht erhielt, ben Lorbeerfranz Ramen des Katfers 
zu ertheilen, Erönte_ den Ritter Ulrich von Hutten und ben Bincenz gunginue, 
einen Schleſier, diefen am 1. März 1501: in Linz (Oefierreichtiche Zeitfchrift für 
Geſchichts und Staatäfunde, Wien 1835, Nr. 3, 4). Nach diefem dürfte der 
Eiegien» Dichter Georg Sabinus (Schuler) der zunächk gekränte feyn; ferner 
Johann Stigellus unter Kalfer Karl V., Ricodemus Srifhlin unter Kalfer 
Rudolph I. u. Martin Opig unter Katfer Ferdinand I; dann trat ein Rüdfchritt 
ein. Kaifer Ferdinand IL beftätiate zwar 1621 das Privilegtum der Straßburger 
Untverfität, Dichter zu Trönenz fie machte aber einen fo ſchlechten Gebrauch das 


(7  "Gelubfe— Geloſius. . 


von, daß fie zu gleicher Zeit drei Bewerbern ben Rorbeerframg ertheilte CB. U. 
Budif, die Dichterkrönungen in Deutfchland, im der Wiener Zeitfchrift für Li- 
teratur, 1835, Rr. 128). — In England war John Kay der Erfte, welcher 
fi g. D. S. M. Eouards IV. (geftorben 1481) nannte, Seine Baıfolger find 
unbefannt. Unter ‚Beinridp VI, (geftorben 1547) bekleidete diefen Poſten Slelton; 
unter Eliſabeth Spenfer, dem Ben Jonſon folgte, Sie hatten nicht bloß Oden 
au dichten, ſondern audy mit ben Architekten u. Malern die Leitung der Hoffeſte 
zu bewirlen. Genannt werben ferner: Dovenant, Diyden und Shodweli, mit 
welchem bie gerinten Dichter der conftitutionellen Monarchie beginnen, und jept 
wird ihnen Gouthey zugerechnet (Revue britanique, Aout, 1835). 
Getröfe (mesenterium), das fi) von den Lendenwirbeln aus umſchlagende 
Bauchfel, welches in feinem Yortgange, um den ganzen Darmkanal ald äußere 
ut zu überziehen, durchfichtige Plaiten bildet, awijchen denen bie Mrterien u. 
jenen , die zu den Gebärmen gelangen u. von ihnen zurüdfommen, bie Nerven, 
die diefe erhalten, befonders aber audy die Ehylusgefäße, nebſt den eigenen zu 
diefen gehörigen Drüfen (Gefrösprüfen fom. Ehylus), wie aud) vieles Felt 
befaßt find. Das, den Diddarm auf gleiche Art umkleidende, G. wird auch eigen, 
als Diedarm-®, (mesocolon), unterfchieven; das für den Blinddarm als 
mesocoecum, für den Wurmfortfah als mesenteriolum processus vermifor- 
mis, für den oberen Theil des Maftvarıms als mesorectum, 
Gela, ernalige Stadt auf der Südfüfte von Sieilien, deren Ruinen man 
noch bei dem heutigen Terranuova flieht, der Geburtsort der Brüder Gelon, 
Hieron u. Thrafybulos, war eine doriſche Golonie, die Aneiphemos aus Lin 
908 auf Rhodos mit Nhodiern u, Kretern 664 gründete n, Andos nannte; 
als die Stadt ſich erweiterte, nahm fie von dem bet ihr vor! Ömenden Fluſſe 
©. deſſen Namen an. Ungefähr 108 Jahre nad feiner Gründung -ftiftete ©, 
ſchon Agrigent u. erreichte die höchfte Stufe ver Macht, als 505 Kleander da- 
jelb® fidy zum Tyrannen aufwarf, dem nad 7 Jahren Hippofrates folgte, unter 
deſſen Scepter ſich die Sikuler ſowohl, ald fat alle griechifche Städte beugen 
mußten. Der nad 7 Jahren ihm folgende Gelon erhieit fogar die Herrichaft 
von Syrafus dazu, das er num bezog, während er feinem Bruder Hieron ©, 
übergab, woburd er den Verluft des Wohlftandes von ©, herbeizog, das nun 
ſtets unter dem GEinfluffe von Syrakus oder Karthago fand, WE, aus Zurcht 
vor letzterem, ©. fih an Dionys von Gyrafus anſchloß, belagerte e8 405 ver 
Karthager Imiltar, bei ver hartnädigken Gegenwehr der Bürger u. felbft deren 
Weiber und Kinder. Endlich eilte Dionyfius von Eyrafus zum Entfape herbei, 
wurde aber gänzlich gefchlagen, u. der Reſt feiner Truppen flüchtete mit ihm in 
die Stadt. Win Kriegsrath beſchloß, daß die Stadt verlafien würde. Kaum 
war bieß gefchchen, al6 die Katthager eindrangen u. ale Zurüdgebliebenen theils 
nieverftießen, theils ans Kreuz ſchlugen. In der Folge Eehrten die G.er in die ver- 
müfete Stadt uüd; aber bald darauf (311) bemächtigte ſich der, die Anhäng- 
Iicfelt der Bürger an Karthago fürchtende Agathokies der Stadt, erwürgie 
4000 der teichſten Einwohner, raubte ihr Vermögen, befegte bie Stadt u. rüdte 
gegen die Karthager vor, zog ſich aber zurüd u. ſchloß ſich in G. ein. Die bei⸗ 
ven ftreitenden Parteien ſchwächten fidy durch gegenfeitige Riederlagen, bis 
Agrigent die Mutterftabt befreite, die aber bald in wohänglafet von berfelben 
fand. Phintios, Tyrann von Agrigent, verpflanzte endlich G.s Ginwohner in 
die neu erbaute Stadt Phintias. Seitdem verfhwindet G. aus der Geſchichte. 
Gelafins, Name zweier Päpfle. 1) ©. 1, der Heilige, ein Römer, 
erwählt im Jahre 492, regierte die Kirche 4 Jahre und 9 Monate. Während 
er auf dem päpftlichen Stuhle faß, feufzte die Welt unter der Herrfchaft entwe- 
ver heidnifcher, oder keheriſcher Fürften. Der griechiſche Kalfer Anakaflus war 
der eutychlantfchen Keperei ergeben, Theodorich war Arlaner, u. Ehlodewig, ber 
Brantenfönig, war nody nicht getauft. Nichtedeſtoweniger leitete G. die Kirche 
mit fo vieler Klugheit u, Großmuth, daß er weber dem Anfehen feines Stuhles 


Gelbes dieher — Gelbſuht. 6 


Etwas vergab, noch ſich die Verfolgung dieſer Fürſten zuzog. Gr trug Sorge, 
die Feſttage, die Liturgie, das Stundengebet u. den ganzen Außeren Gottespienft 
in Ordnung zu bringen. — Um die geheimen Manichäer zu entdeden, befahl 
®., wie ſchon vor ihm Leo der Große ein Gleiches gethan hatte, daß die heilige 
Bommunton unter zwei Geftalten empfangen werben ſollte. Dieſes febt vorauß, 
daß man vorber die heilige Communion unter zwei Geftalten nicht für noth- 
wendig erfannt habe, nad dem Ausſpruche Chrifti: Wer dieſes Brod ißt, wird 
ewig leben. — G. hielt — im Jahre 495 oder 496 — zu Rom ein Concilium, 
welchem 72 Biſchöfe beiwohnten. In demſelben wurde beſtimmt, welche Buͤcher 
jur heiligen Schrift gehören, u. welche nicht. Auch wurde beſchloſſen, die Ent⸗ 
ſcheidungen der vier, bioher gehaltenen, allgemeinen Concilien von Rica, Kon⸗ 
Rantinopel, Epheſus und Chalcedon als kanoniſche Schriften anzunehmen, fowie 
auch alle übrige, von den Päpften genehmigte und von den heiligen Bätern ans 
genommene Goncilien. Ferner wurden die Schriften des heiligen Eyprian von 
Karthago, Bregorius von Nazianz, Baftlius, Aihanaflus, Cyrillus, Johannes 
Thryſoſtomus, Theophilus von Alexandrien, Hllarius von Poitiers, Ambroflus, 
Auguftinus, Hieronymus, Prosper, u. der Brief des heiligen Papfted Leo des 
Großen an den ‘Patriarchen Flavian gut geheißen. Zugleich wurden die unädh- 
ten Schriften benannt u. von den ächten gefondert. Alle Teberifchen Schriften 
wurden verdammt. ©. farb am 19. November 496, Die Kirche feiert jährlich 
ein Andenten den 21. Rovember. — 2) ©. IL, geboren zn Gadta, aus ber 
Familie Cajetani, wurbe erwählt im Jahre 1118 u. verwaltete die Kirche ein 
Jahr. leid) der Anfang feiner Regierung war Außer unruhig und er ſelbſt 
zroßen perfönlichen Gefahren ausgefest. Bor Kalfer Heinrich V., welcher gegen 
Rom zog, mußte G. mit Lebensgefahr fliehen u. es Fam zur Wahl eines Gegen» 
Bapfled, des Maurttius Burdinus, der ih Gregor VIH. nannte u. der 
ven Kalter Heinrich V. abermals kronte. Burbin fand zwar einigen Anhang 
auch außer Rom; in einigen Gegenden wollte man aber weder diefen, nody. ©, 
erkennen; in Frankreich u. in den meiften übrigen Königreicdhen wurde jedoch G. 
anerfannt. Nach dem Abzuge des Katfers kam G. nad) Rom und verbarg ſich 
n einer kleinen Kirche; allein er wurde verrathen und von den Bewaffneten des 
rangipant, eines vornehmen Römers, angefallen. Es entfland ein hartnädiges 
Befecht; der Papſt entflob in einem bemitleivdenswertben Zuftande. Abends fand 
nan ihn, von Mattigkeit und Traurigkeit niedergebeugt, auf dem Felde. Als 
Ihn feine Sreunde, die Ihn auffuchten, gefunden hatten, fagte er zu ihnen: „Laflet 
ınd dem Beiſpiele unferer Bäter und dem Gebote ded Evangeliums folgen; weil 
vir in diefer Stadt nicht Ieben können, fo laffet und in eine andere geben, und 
viefed Sodoma, dieſes Aegypten fliehen.“ In der Provence wurde er gut em⸗ 
fangen, hielt zu Bienne ein Concilium, und flarb zu Clugny, nachdem er 
eine Beichte vor einer großen Anzahl Menfchen angelegt, ben Leib u. das Blut 
ınferd Hellanded empfangen und Jedermann durch feine reinen Sitten erbauet 
yatte, eined heiligen Todes den 28. Januar 1119. 

Gelbes Fieber (febris flava). Was die Per für das Morgenland und 
He alte Welt, das iſt das g. F. für das Abendland und die neue Welt, ein 
ndemifch -epivemifcher Typhus mit fehr intenfiver Affection des Gallenſyſtems. 
Befentlidye Symptome find: gelbe Hautfärbung, Wusleerung ſchwärzlicher Maffen 
urch Erbrechung und Stuhlgang, Angft, Mattigkeit, hefiiges Fleber, rapider 
Berlauf u. raſche Toͤdtlichkeit. Die lokale Beſchaffenheit der wärmeren Seefüften 
Weſtindiens u. Nordamerika's, von wo aus das g. F. durch Anſteckung bis in 
te ſüdweſtlichen Küftenländer Europa's verpflanzt wurde, erflärt die Entſtehung 
ieſer Krankheit. Unter den Behandlungéweiſen ſcheint vie entzuͤndungswidrige, 
nit Berückſichtigung der galligen Symptome, die richtigſte zu ſeyn. 

Gelbſucht Llcterus). Das Weſen der ©. beruht auf Störungen in ber 
vormalen Gallenab- u. Ausfonderung u. charakterifirt ſich durch allgemeine gelbe 
5ärbung der Haut, fogar des Weißen im Auge, des Schweißes, ded Speichel ic. 


. u Gelb. 


ſeltenen Fällen fieht der Kranke fogar alle Gegenſtände gelb. Dabei Appetu⸗ 
Der. Hebriger, bitterer Gefchmad mit Uebellelt, weile thonartiger Stuhl⸗ 
ang, — der Lebergegend, Sieber. Der Verlauf iR bald acut, bald 
Sonn ‚ bie Beranlaffung meik in Störungen der Berbauung, Gallenfeinen, 

:anfheiten der Leber u. Pfortader zu fuchen u. bie Behandelung diefen urfächlichen 
Berhältniffen angemefien. 

Geld helßt überhaupt jedes, einen allgemein anerkannten Werth habende Tauſch⸗ 
‚mittel, wofür Der, welcher ſich irgend einen Gegenftand, den er nicht befigt, verfchaffen 
will, denfelben von Demjenigen, der ihn übrig hat, erhalten oder eintaufchen kann. 
Der Begriff befchränft ſich alfo in feiner allgemeinen Bedeutung nicht allein auf 
die edlen Metalle, die man nicht felbft verbrauchen fann, und die nur ein allge 
mein Anger Repräfentant jedes Werthes find, fondern es Fünmen auch andere 
@egenftände, namentlich folche, welche täglich u. allgemein gebraudyt werben, 
darunter gehören; audy galten fowohl im Alterijume, als auch noch jet bei uns 
cultivitten Bölkern, Salz, Vieh, Thierfelle, Leinwand, zum Schmude dienende 
Muſcheln (Kauris) u. dgl. ald ein ſolches allgemeines Ausgteichungsmittet und 
mithin al8 G. — In den erſten Stadien der menfchlichen Eivilifatton kannte man 
Teinen anderen Handel, als Taufchhandel, d. h. Derjenige, der von irgend einem 
Erzeugniſſe feiner Arbeit oder feines Grundes u. Bodens mehr befaß, ald er felbft 
brauchte, aber einen andern Gegenftand, den er nöthig hatte, oder zu beſthen 
wuͤnſchte, gar nicht, oder nicht im der möthigen Menge befaß, taufchte feinen 
Ueberſchuß von dem einen Gegenftande an einen Andern, dem berfelbe fehlte, der 
aber von der Sache, die der Erftere fich zu verfchaffen wünfchte, Ueberfluß hatte, 
pam den Iegteren aus. Dan fand jedoch fehr bald, wie unbequem u. unvoll 

lommen diefe Art des Handels war, indem febr oft ber von mehreren Indlol⸗ 
duen gewänfdhte Gegenftand nicht in hinreichender Menge in der Nähe zu haben, 
ober für diejenigen Gegenftänbe, welche die Bedürfenden im Ueberflufe hatten, 
nicht zu erlangen war, obgleich ſich bei weit entfernten PBerfonen dieſe Ber 
dingungen vereinigt fanden, u. deßhalb dachte man darauf, irgend einen Gegen 
fland, defien Befig Jedem mwilfommen wäre, als allgemeines Austaufhmitt«l an 
zunehmen. Die waren Anfangs die am häufigften pe Nahrung und zur Be 
Heldung gebrauchten Gegenftände; da fidy aber auch dieſe fehr bald als ungeni- 
end zu einem fo allgemeinen Zwede barfellten, fo verfiel man fchon im graueften 
lterthume bei den civilifirten Bölfern darauf, bie Metalle, und befonders bie 
edlen, ald Gold u. Silber, dazu zu verwenden. Diefe eigneten fi) deßhalb am 
Beſten dazu, weil fie faR ungerflörbar u. dem Verderben nicht ausgeſeht find, fich 
leicht in Theile von beliebiger Kleinheit theilen laſſen u. wegen —8 verhältnißs 
mäßig hohen Werthes bei möglidhft Eleinem Bolumen dem Werthe einer großen 
Quantität anderer Gegenflände gleich Fommen. Die Phöntzter, welche im Alter: 
thume den größten Handel trieben, follen fidy zuerſt der edlem Metalle zu dieſem 
Zwecke bedient haben; aber man hatte damals noch Feine Münzen, fondern man 
beftimmte die Duantität des Metalles nach dem Gewichte der eine unbefimmte 
Form habenben einzelne Stüde. Später eiſt begannen die Kaufleute, die Pries 
fer, die einzelnen Städte und die Fürften oder Kepublifen, Metallftüde von einer 
beſtimmten Form (meift in runden oder auch edigen Scheiben) u. von eimem bes 
ſtimmten Gerichte mit einem aufgebrüdten Zeichen oder Stempel zu verfehen, 
weldyes das Gewicht oder den Werth des Stüdes angeigte u. dem Jedermann 
Glauben ſchenkte. So entflanden die Münzen (f. d.). Da das Gold u. das 
Silber von allen Metallen In den geringflen Duantitäten erzeugt wurde u. beides 
daher nicht nur den höchſten, fondern aus den den wenigften Veränderungen unter: 
worfenen Werth hätte, fo wurde Anfangs der Werth de6 Goldes u. fpäter, be- 
ſonders nach der Entvedung von Amerika, allgemein der des Silbers ais Grunds 
lage und dieſes ald Rormalmetall angenommen. Des Kupfers bediente man ſich 
nur zur Darfelung ver geringfien Werthe, für welche in Silber ein zu Kleines, 
leicht verlierbares, Stüd Pie andgegeben werben müflen; auch wurde es zum 


Gehen, o. 
Bermifcyen mit dem Gilber u. Golde bmügt, theils um dieſe Metalle härter u. 
sauerhafter zu machen, theils um geringer haltige, aber deRo größere, Gilbermüns 
en von niebrigerem Werthe (Scheidemüngen) ſchiagen zu loͤnnen. Obgleich der 
Berth der edlen Metalle, namentlidy des Silbers, ziemlich ſtabil if, fo iR er 
8 doch nicht völlig, denn, da es im Grunde ſelbſi nur eine Waare if, fo muß 
ch der Werth defielben, nach der größeren oder geringeren vorhandenen Menge 
1. nach dem größeren oder geringeren Bevarfe, Reigen oder fallen. Dieß äußert 
Ich dadurch, daß bie dafür einzutaufchenden oder einzukaufenden Artilel oder 
Baaren tm Preiſe fallen oder fleigen; denn, iR das G. im Ueberfluffe vorhanden, 
der fällt fein Werih, fo iſt es natürlich, dag man für ein beſtimmies G.⸗ 
Duantum eine geringere Menge Waare erhält, als wenn wenig ©. vorhanden 
R u. der Werth deffelben alfo feigt. Indeſſen wird auch der Werih des G.es durch 
en rafchen Umlauf defielben vermehrt; denn, da es überhaupt nur baburch feinen 
Berth erhält, daß es aus einer Hand in die andere geht u., fo lange es ruhig im 
taften liegt, eigentlich gar feinen Werth hat, weil man ed nicht unmittelbar zur 
Befriebtgung irgend eines Bebürfnifles verwenden Tann: fo muß es auch immer 
ım fo größeren Werth erhalten, je öfter es feinen Befiger wechlelt. Der Reichs 
hum eines Landes beſteht daher audy nicht in der Maſſe des in demfelben vor 
sandenen Geldes, fondern in dem möglich lebhaften Geldumlaufe, u. es if vie 
Bficht und’ das Beſtreben jeder verfländigen Staatsregierung, diefe Girculation 
urdy Belebung des Handels, diefes maͤchiigſten Girculationsmittels, u. ver Ges 
verbe nach Möglichkeit zu fördern. Gin Berbot der Ausfuhr des baaren Geldes, 
oelche ohnehin nur fehr (ana überwacht werden fann, ift daher auch völlig 
wedios, ‚denn das ©; wird dadurch im Innlande aufgehäuft, verliert alfo fels 
en Werth und die Preife der Lebensbedürfnifie fteigen, während die Einwohner 
erbindert werben, fi für das, was fle im Ueberfluffe befigen, vie 
nen fehlenden Sryengrife des Auslandes einzutaufchen. Der ©. Mangel 
R daher auch mei nur ſcheinbar und entfieht gewöhnlich nur durch bie 
ehemnite Girculation des G.es, welches ſich, aus Mangel an Verkehr, in den 
Händen Einzelner nuplos anfammelt. Da die Quantität der vorhandenen edlen 
Retalle nicht immer für den Bedarf genügte, oder, weil die Reglerungen zuweilen 
icht im Stande waren, ſich daflelbe in möthiger Menge zu verichaffen, fo dachte 
aan auf ein Gurrogat des G.es, indem man einem an fich werthlofen Gegen» 
tande den Werth des gemüngten Goldes oder Süber& beilegte, und fo entfland 
as Baptergeld (f.d.). Auch die durch den weiter verbreiteten u. vervolllomms 
eten Handelsverlehr entftandenen Wechſel, fowie die Staatöpapiere und 
Ietten (f. dd. Art.) find ®.sSurrogate, durch deren Wusgabe die Mafle des 
irculirenden G.es vermehrtwird. Die Berfertigung des Metall: fowiedes Papier⸗G. es 
R in allen civilifiiten Rändern ein Vorrecht des Staates, welcher zugleich dass 
elbe garantirt. Gr prägt das Metall-®. zu einem etwas höheren Werthe aus, 
18 das wahre Metall hat, und erhält vadurdy nicht allein die Prägungstoften 
ergütet, fondern hat auch nody einen Gewinn dabel, Jedem Anderen ift daher 
as Prägen von Metall-&., befonders von geringerem, als dem gefeplichen Ges 
alte, fowte auch die Anfertigung des Papier⸗Gees bei Etrafe verboten. Das 
egen dürfen in den meiften Ländern Privatperfonen namentlidy Goldmünzen in 
er Münzflätte des Staates, gegen Entrichtung einer Abgabe als Prägungsge⸗ 
übr u. in dem gefeglichen Gchalte, für ihre Rechnung ſchlagen laſſen, u. di 
efchieht befonder dann, wenn der Preis des rohen Metalle einen ſolchen 
Stand hat, daß dabei noch ein Gewinn übrig bleibt. 

Geldern, ein ehemaliges deutſches Herzogthum, zwiſchen den Gebieten Fries⸗ 
ind, Wefphalen, Herzogihum Berg, Brabant, Holland und dem Zufderfee ges 
gen. Als einer der urfprünglichen Siye der Franken gehörte G. zu Auftraflen, 
arauf zum großen Herzogthume Lothringen; es wurde etwa 880 durch Bögte 
Iber Praͤfelten) verwaltet, wo man einen gewiſſen Wichard oder Wichmann nennt, 
em fein Geſchiecht folgte. Um das Jahr 1079 erhob Kaiſer Henri IV. da6 


»s Sec, : * 


feltenen Fällen ſieht der Kranke fogar alle Gegenſtäͤnde gelb. abe Mypelib 
Fheke, — bitterer Geſchmack Uebeillelt, nee thonartiger Stuhl⸗ 
ang, Schmerz in der Lebergegend, Wieber. Der Verlauf iR bald acut, bald 
gran ‚ die Beranlaffung meik in Störungen der Verdauung, Gallenfeinen, 
F —7 — der a Pfortader zu fuchen u. die Behanvelung dieſen urfächlichen 
erhältnifien angemefien, 5 
Geld Heißt — jedes, einen allgemein anerfanunten Werth habende Tauſch⸗ 
mittel, wofür Der, weldyer ſich irgend einen Gegenſtand, ben er nicht beſitzt, verfchaffen 
will, denfelben von Demjenigen, der ihn — bat, erhalten oder eintaufchen Tann. 
Der Begriff befchränkt ſich alfo In feiner allgemeinen Beveutung nicht allein auf 
die edlen Metalle, die man nicht ſeibſt verbrauchen kann, und die nin ein allges 
mein gültiger Repräfentant jedes Werihes find, fondern es Tönmen auch andere 
Begenftände, namentlich ſoiche, welche täglich u. allgemein gebraucht werben, 
darunter gehören; audy galten fowohl tm Wterihume, als auch noch jeht bei um 
eultivirten Böltern, Salz, Vieh, Thierfelle, Leinwand, zum Schmucke hienende 
Mufpeln (Kauris) u. dgl. ald ein ſolches allgemeines Ausgteichumggmitel und 
within als G. — In den erfien Stadien der menfchlichen Iifation kannte man 
Teinen anderen Handel, als Taufchhandel, d. 5. Derjenige, der von irgend einem 
Grzeugniffe feiner Arbeit oder feines Grundes u. Bodens mehr befaß, als er felbR 
brauchte, aber einen andern Gegenſtand, den er nöthlg hatte, oder zu beflgen 
wünfchte, gar nicht, ober nicht in der möthigen enge befaß, taufchte feinen 
Ueberſchuß von dem einen Gegenſtande an einen Anvern, dem derfelbe fehlte, ber 
aber von der Sache, die der Urhere ſich zu verſchaffen wuͤnſchte, Ueberfluß 
8 den letzteren aus. Man fand jedoch ſehr bald, wie unbequem u. unvolls 
mmen dieſe Art des Handels war, indem febr oft ver von mehreren Jndivi⸗ 
duen gewünfchte Gegenftand nicht in hinreichender Menge in ver Nähe zu haben, 
oder für diejenigen Gegenflände, welche die Bebürfenden im Geberflufte hatten, 
nicht zu erlangen war, obgleich ſich bei weit entfernten Perſonen diefe Bo 
dingungen vereinigt fanden, u. deßhalb dachte man darauf, ten einen Gegen, 
Rand, defien Befig Jedem wilfommen wäre, als allgemeines Austaufchmittl ans 
junehmen, Dieb waren Anfangs die am häufigfen pe Nahrung und zur Ber 
Heibung gebrauchten Gegenſtaͤnde; da ſich aber audy diefe fehr bald als ungenäs 
m zu einem fo allgemeinen Zwede barfellten, fo verfiel man ſchon im graueften 
llterthume bei den civilifirten Bölfern darauf, die Metalle, und befon! bie 
edlen, als Gold u. Silber, dayu zu verwenden. Diefe eigneten fich deßhalb am 
Beten dazu, weil fie fahr ungerftörbar u. dem Berberben nicht ausgeſedt find, fich 
leicht in Theile von beliebiger Kleinheit thellen laſſen u. wegen ihres verhättnißs 
mäßig hohen Weribes bei möglichft kleinem Bolumen dem Werthe einer großen 
Quantität anderer Gegenflände gleich fommen. Die Phönizier, welche im Alier⸗ 
thume den größten Handel trieben, follen fidy merk der edlen Metalle zu diefem 
Zwede bebient haben; aber man hatte damals noch Feine Münzen, fondern man 
beftimmte die Ouantität des Metalles nady dem Gewichte der eine unbekimmte 
Form habenben einzelne Stüde, Gpäter erfi begannen die Kaufleute, die Pries 
„ bie eingelnen Städte und die Fürften oder Republiten, Metallküde von einer 
Immten Form (meif in runden oder auch eigen Scheiben) u. von eiyem bes 
Rimmten Gewichte mit einem aufgebrüdten Zeichen oder Gtempel zu verfehen, 
welches das Gewicht oder den Werth des Gtüdes anzeigte u. bem Jedermann 
Glauben fchenkte. So entſtanden die Münzen (f. d.). Da das Gold u. das 
Silber von allen Metallen in den geringflen Duantitäten erzeugt wurde u. beides 
daher nicht nur den höchken, fonbern us den den wenigften Beräni em unters 
worfenen Werth hätte, fo wurde Anfangs der Werth des Boldes u. fpäter, bes 
ſonders nach der Gntbe von Amerika, allgemein der des Silbers ald Grund⸗ 
lage —A * — —E er eg man ſich 
zur zur Darftellung erthe, für wi in er ein zu Eeinch, 
leicht verlierbares, Stuck Bitte angegeben werben muͤſſenz auch wurde es zum 


‘ 


Geldern; ‘ ww 


Run unternahm er den ſchon früher (1384) begonnenen Kreuzzug gegen bie heit 
nifhen Preußen 1389, u. dann z0g er dem Herzoge von Bourbon zu Hülfe gegen 
dte Saracenen in Afrifa 1390. Nach dem Tode feines Vaters folgte er Ihm ale 
Wilhelm IX. im Herzogthume Sülih 1393. Da er keine rechtmäßigen Kinder 
yinterließ, fo erbte fein Bruder Reinhold IV. G. u. Jülich 1402. Seine wid 
ligſte Fehde war die für Johann, Herrn von Arkel, feinen Schwager, gegen den 
Brafen von Holland 1407, u. im endlichen Frieden mußte Johann feine Haupts 
tadt Gorcum an Holland abtreten 1412. Ihn beerbte feine Tochter Marla, ver 
nählt mit Johann von Egmont. Auch Reinhold IV. farb ohne rechtmäßige Nach⸗ 
kommen 1423; ihm folgte daher fein Großneffe Arnold von Egmont in &, 
unter Bormundfchaft feines Baters, des obigen Johann. Zwar ertheilte der Kalfer 
Sigismund auch dieſes Land 1425 dem Herzoge Adolph 11. von Berg, der Jüs 
lich erhalten hatte; allein dieſer Konnte ſich nicht behaupten u. pie endliche Ent⸗ 
iheidung des Herzogs von Burgund fidherte Arnold den Veſißz von ©. 1437. 
Dagegen mißlang fein fpäterer Verſuch, Jülich zu erobern. 1458 empörten fi 
mehre Städte wider den Herzog, als diefer eine Steuer forderte, und fein eigener 
Sohn Adolph, der nady der Herrfchaft tradhtete, hielt e8 mit den Empörern 
Arnold fuchte den Sohn unfchädlidh zu machen, indem er ihn ind heilige Land 
Ipidie. Als Adolph wienergelchtt war (1463), fpann er neue Umtriche gegen 
jeinen Bater, u. obwohl er von diefem Berzeihung erhalten hatte (1464), fo miß- 
brauchte er doch feine Güte aufs Schändlichfte, Indem er fidy feiner durch Ber; 
rath in Grave bemädhtigte 1465, ihn dann nad) dem Schloffe Buren ſchleppte, 
wo er ihn fünf Jahre lange gefangen hält, während er bie Zügel der Regierun 

an ſich riß. Der Papſt, der Kaiſer, viele andere Fürften (fpäser befonders Ka 

der Kühne Herzog von Burgund) fuchten Sohn u. Vater zu Dourlans mit eins 
ander zu verfühnen; Adolph benahm ſich dabei fo frech und gottlod gegen den 
Bater, daß Karl ihm verhaften, u. nach Kortryk bringen ließ. So trat nun Ar 
aold wieder die Regierung an 1470; allein er mußte beſonders wider die Städte 
Brave und Rimmwegen kämpfen; er vererbte daher fein Land gegen eine Summe 
Geldes, mit Uebergehung des unnatürlichen Sohnes, feinem Belchüger, dem Her- 
zoge von Burgund 1472 u, ſtarb dann 1473. Karl I., der Kühne, nahm das Land 
In Befitz, bezwang die Stadt Nimwegen, ward allgemein anerkannt u. ſchickte Die 
Kinder des gefangenen Adolph an fenen Hof. Nach feinem Tode 1477 wurde 
Adolph feiner Haft entlafien und von den Gentern an die Sn einer Bartet 
zeftellt, welche die Erbin Marta von Burgund zwingen wollte, ihn zu beirathen; 
ein er warb bald bei der Belagerung von Dorneck erfdhlagen, Juni 1477. 
Beine Schwefter Katharina erhielt nun die Berwaltung von G., bemühte fi) 
aber vergebens für die Loslaffung der Kinder Adolphs. Dagegen machte Wil, 
yelm von Egmont, der Bruder Herzond Arnold, ebenfalls Anſpruͤche auf die Res 
zentfhaft: für ihn erklärte fich der Erzherzog Marimilian, der Gemahl Maria’s 
on Burgund: da aber bie Gelderer zwiichen beiden Bewerbern getheilt waren, 
o nahm Marimilian 1483 das Land für fi) in Befitz u. behauptete fidy bis 
um Jahre 1492, wo Karl II. von Egmont, der Sohn Adolphs, der ihn auf 
einem Feldzuge in die Niederlande begleitet hatte (1485) u. in Frankreichs Ge⸗ 
fangenfchaft gerathen war (1487), nun vom Könige Karl VII. den Gelberern 
‚mpfoblen u. allgemein anerkannt wurde. Vergebens fuchte der neue Kaiſer Maxi⸗ 
nilian I. das Land mehremale wieder zu erobern: die Statthalter der Rieder⸗ 
ande hatten vielmehr genug zu thun, fich Karls zu erwehren, ver ſtets Hülfe bei 
Sranfreidy fand und an der Spige feiner ſchwarzen Banden (feiner Sölbner) 
ven Brabantern u. Holländern durch feine Streifzüge öfter (befonders feit 1507) 
mpfindlichen Schaden zufügte. So trieb er es fort als Werkzeug Frankreichs, bis 
ver neue Kalfer Karl V. ihn durdy den Bertrag von Gorinchem 5. Det. 1528 
wang, ©. und Zütphen von ihm (als Herrn der ganzen Nieberlande) in Lehen 
u nehmen u. feinen Berbindungen mit Sranfreidy zu entfagen. BIS um das Jahr 
538 blieb er nun ruhig: da fuchte er die Stände zu bereden, den König von 


[3 Gelöfrafen. 
Ftankreich als Oberhertn zu erfennen. Diefe dagegen nöthigten ihn, da er Finder: 
106 war, fein Land feinem Better Wilhelm IV., Herzog von Jülid u. Eleve, ger 
gen einen Jahrgehalt abzutreten. Karl farb noch 1538. Wilhelm (IL) EB 
zwar Beflg von ©. und Zütphen 1540, aber die Belehnung vom Katfer fonnte 
er nicht erhalten; da ſchioß er ein Bündnig mit Frankreich 1541 und Fämpfte 
glüdtih, bis Karl V. ſeibſt in die Niederlande Fam und ihm zur Unterwerfung 
wang: Wilhelm mußte durch den ——6 September 1543 ©. u. Zütphen 
raußgeben, welche tun mit den übrigen Niederlanden vereinigt wurden. In der 
nieberländifchen Revolution trennte fich der nördliche Theil Genſeits des Rheins) 
mit Zütphen, Arnheim und Nimmegen, das holländifche oder Rieder⸗G., und trat 
zur trechter Unton (1581). Arnheim wurde die Hauptftabt dieſes ebenen frucht⸗ 
baren Landes (etwa 94 [JM. groß), welches die ferneren Schidfale der übrigen 
Aroningen theilte ; der füoliche (Kleinere) Theil mit der Hauptfadt G. Benloo u, 
toermonde, blieb Spanien treu u. wurde daher das fpanljche oder Dber-©. ge⸗ 
nannt. Durch den Ftieden von Uttecht 1713 fiel Diefed Gebiet meiſtens an 
Preußen (u. weniges an Defterreidy) ; in den Friedensfchlüffen von Bafel u. von 
Laneville 1795 und 1801 fam das Ganze an Frankreich; durch den Brieden von 
Bari 1814 wurde es zwifchen den Niederlanden u. Preußen getheilt: hier bilder 
Simmern von Ober⸗G. (20 [J Meilen) einen Kreis im RegierungssBezirte 
jeldorf. 
Geldſtrafen find Leiftungen an Geld, wegen Unterlaffung oder Begehung 
einer anblung, Der eigentliche Zwed derfelben iſt demnach, durch Einh, (hun 
einer Summe Geldes, deren Entbehrung für den Leiftenden empfindlich ift, 
Unterlaffjung irgend Aner Handlung zu ahnden u. ihn zur kunfligen Nichtunter⸗ 
Taffung zu beflimmen, over aber, die begangene Handlung zu befrafen und durch 
die Bußleiftung zur Künftigen Unterlafjung ſolchet Handlungen zu befimmen. — 
Gegenwärtig trifft man die G., weldye an umd für ſich mie nachtheilig auf Ehre 
wi tönnen, im Givilverhältnig als Mittel zu Zähmung des Murhwillens, bes 
Unfleißes u. der Saumfeligfeit. Der muthwillige Progepführer, der faumfelige oder 
ordnungs widrig handelnde Advofat, der Nichteinhalter beflimmter Formen (3. ®. 
Nichtausftelen einer Befcheinigung, Nichtbeftellung eines Mandatars), der Bo 
amte, welcher die Gefchäftsordnung vernachläfftgt, zahlen G. — Auch gegen Eri- 
minalsBerbrecher findet ſich diefe Strafanwendung, thells als Strafübel für ſich 
beſtehend, theild in Verbindung mit reiheitöbefchränfung, thells als Mittel 
zur Ummwandelung von Krreffirafen nad) einem beftimmten Berhältniffe.e — a 
Deutfchland war der Gebraudy der ©. vorzüglich dadurch fo häufig geworden, 
daß eineiſelts das ganze Gebiet der Wilfür u. der Mangel befiimmter Gtrafge 
fee durch ©. ausgefüllt zu werden pflegte, andererſeits aber ein mächtiger Reij 
für die Gerichtöform u, fportulirenden Beamten in der Vervielfältigung einer 
Strafart lag, welche als angenehme Frucht Erfap für die Laften der Jurispiftion 
gewährte u. bie Befolbungsanfprädhe ficher ftelte. — Unter den neuen Geſehge⸗ 
ungen zeichnet ſich in Hinfiht der G. die Kranzöfifche aus. Sie ſcheldet nicht 
nur häufig (mas _audy andermärts Nachahmung fand) ſelbſt die Bränzen der 
Eompetenz durch Senfegung von Bußfummen, al Marffteinen der Jurisdiftion, 
fondern verbindet auch Frelheitsbeſchraͤnkung u. G. in Summen, wo es fid 1.8. 
um Drohungen, Berwundungen, unfreiwillige Tödtung,, Angriffe auf Sittiichkeit 
u. f. w. handelt. Sie benügt auch die ©. fehr oft ald Ordnungsſtrafe. Erwägt 
man den dermaligen Standpunft der Bildung u. Menfchenfchägung, u. indbefon, 
dere des Geldes als Vermoͤgensmeſſers, fo läßt fi, neben vielem Andern, nicht 
verkennen, daß derfelbe Grund, der den allgemeinen Haß gegen Bermögensconfids 
Tationen aufgeregt hat, im Wefentlichen derfelbe if, weldyer kei ©. ſich Außern 
mußte; daß rollen der flrafbaren Handlung u. der Strafe (der Fall des Wu⸗ 
ders u. Hazards audgenommen) durchaus kein Berhältnig beftche, welches einer 
firengen Prüfung anteriogen werben fönnte; daß feibft dann, wenn, nad) eos 
pold des Weiſen von Toskana Beifpiel, eine Entfchaͤdigungscaſſe zum Beſten der 


Geleckt · Bei: 2 


durch Verbrechen befchäbigten ober untechtmaͤßig in Unterſuchung gezogenen Ins 
dividuen gebildet werben wollte, doch die zurucſtoßenden Begriffe über Erwer⸗ 
bung u, — der Fonds aus den Strafgelvern nicht beſeltigt werben 
Kann, u. daß durch die Löfung derſelben für die, ohnehin ſchon fo mächtige, Geld⸗ 
Ariftofratie ein neuer Vorzug legal gegründet würde, welcher der Behandelung 
vor dem Geſetze widerfprechen müßte. — ©, follten daher der Beranlaffung möge 
lichſt anpafiend, nicht zu häufig gebraucht, nicht nady Sägen, wie ein Waarens 
preiscourant, beftimmt, auf uneigennügt e Weile verwendet u, fo angeorbnet feyn, 
daß durch fie die firafbare Perfon nicht gleichfam losgemacht wird. Nie darf 
die Gefepgebung ©. für foldye Gefepesübertretungen -beftimmen, die in Geldgierde 
ihren Gniftehungsgrund haben; nie muß. fi) der Reiche, wenn er feine zu⸗ 
reihenden Gründe anführen kann, durch Geld von der Strafe losfaufen 
dürfen. Bergl. Amtsberg, über Mulften und deren Berhältnig zum National 
wohle (Kopenh. 1814). 3 

Geleckt nennt man in der Malerei, wenn in der Ausführung eines Ger 
mäldes übertriebener Fleiß, übertriebene Milderung u. Vertreibung der Farben 
fihtbar wird, wodurch daflelbe gleichſam polirt erpeint, Das. ©.e if der Ges 
genfap einer gehn Behandlung, wie auch der leichten u. Iebhaften Ausführung, 

eraubt die Durftellung ſelbſt aller Friſche und alles freien Lebens u. bleibt im⸗ 
mer Hein und kleinlich 

Gelee, f. Gallerte. 

Gelee, Elaude, von feinem Baterlande Lothringen, wo er auf dem Schloffe 
Champagne 1600 geboren war, gewöhnlich Claude Lorrain genannt, nach 
vieler Kenner Urtheil der größte Kandfchaftmaler, der je gelebt. hat. Er zeichnete 
nur {m freien. Felde, brachte aber oft game Tage u. Nächte dafelbft zu, um bie 
verfchiedenen Abwechfelungen in der Natur, die Morgenröthe, den Aufgang und 
Untergang der Sonne, den Regen und die Gewitter. zu beobachten; aledann ging 
er nach Haufe, und brachte das Merkwürbigfte von dem, was er geſehen hatte, 
in feine Gemälde, welche die Natur mit großer Wahrheit worftellen. Die fhöne 
u. Fräftige Barbengebung hatte er zu Benedig von Giorgione u, Tizian, u, bie 
Abfegung der Farben bei den ——— durch Beobachtung der Natur ge⸗ 
lernt, — Er hat auch 28 Blätter raditt, welche aber, außer der Compoſition, e 
Berdienfte haben, Nach ihm haben uns befonders die Engländer fehr glänzende, 
prächtige Kupferftiche geliefert. Er ftarb in Rom 1682. 

Gelehrjamkeit, 1) im objektiven Sinne, der Inbegriff wiffenfchaftlicher 
Kenntniffe, 2) im jeb jeftiven der Befig derfelben, Elgentlich begreift die ©, 
das gefammte Gebiet der Wifienfchaften, fowohl die philofophiichen, als die his 
Rorifehen in fid, oft aber wird das Wort auch bloß von den leßteren oder einem 
Haupifache des Wiflens gebraucht und iſt dann gleichbedeutend mit Literatur 
d. d.).. Daber ein Gelehrter, ber fi durch methodifches Studium Kenntniffe 
von beiderlet Arten der Wiflenfchaften erworben hat, oder aber auch bloß hiflos 
rifche Kemntniffe von benfelben befigt (Literator) ; im gemeinen Leben überhaupt 
Einer, der auf der Univerfität feine Studien gemacht hat. Wer Kenntniffe von 
vielen Wiſſenſchaften in hohem Grade befipt, heißt Polyhiſtor; mem ſolche 
vorzüglich im einer der vier Fakultäten eigen find, Fafultätsgelehrte. — Ge 
lehrte Sprachen heißen folche, deren Kenntniß man bei jedem Gelehrten vor⸗ 
auszufegen pflegt, wie die griechifche u. lateiniſche. Vgl. Fichte, Borlefungen 
über die Beflimmung des Gelehrten, Jena 4795, Meufel, Leitfaden zur Geſchichte 
der Gelehrfamfeit, 3 Bve., Leipzig 1799—1800, 

Geleit hieß in Deutſchland zu den Zeiten des Fauſtrechts die Begleitung 
mehrer bewaffneter Männer, unter weldyer Reiſende, befonders ſolche, die Waas 
en bei ſich führten, ihren Weg zurüdlegten, um nicht der Gefahr ausgefegt zu 
feyn, von Raubrittern oder Weglagerern aufgehoben und ausgeraubt zu werden, 
Diefes G. ließ ein Mächtiger, meiſtens der Landeöherr fs, durch befondere 
G.s⸗Manner leiſten u. erhob dafür eine gewiſſe Abgabe, das G.s⸗Geld. Wis. 


[4] elent— Gellert. 


zu Ende des 45. Jahrhunderts von Martmillan I. der allgemelne Landfriebe ver 
fündet wurde, mußte jeder Reichaftand dieſes lebenbige G. Ieiften; indeſſen 
wurde daſſelbe, nachdem der Landftiede vollftändig ins Leben getreten war, über- 
lüffg u. durch das todte over fchriftliche erſeht, mo der zu Geleltende einen 
Schein erhielt, daß er fiher und ungeftört reifen Fönne, Hiefür ward ebenfalls 
eine befondere Abgabe erhoben. Das ©. if jept, als eine mit den gegenwärtigen 
Berhättniffen nicht mehr harmonirende Einrichtung, in far allen deutſchen Staa- 
ten, wenlgſtens in allen Zollvereinsftaaten, abgeſchafft, oder mit dem Weg- ober 
Chaufſeegeide verbunden worden. 

Gelenk (articulus), heißt am menfchlichen u. thieriſchen Körper die Stelle, 
wo die Knochen, oder die dieſe vertretenden Feſtgebilde fo mit einander werbunden 
find, daß dadurch eine größere ober geringere Beweglichkeit berfelben bewirkt 
wird. Diefe G⸗Verbindung (Artifulation) wird Immer durch Zwifchenförper 
bergeftellt,, u. iſt entweder eine unbewegliche (synarthrosis), wie bei den fletigen 
Fachen (Schävelfnochen ıc.), oder eine bewegliche (diarthrosis), tie gwolſchen 
Arm u, Achfel, oder eine ftraffe (amphiarthrosis), wo einige — ftatt 
findet, wie beim Rüdgrathswirbel ıc. Der Zwed der ©. ift, die Thelle des 
Skeleis zu einem Ganzen zu vereinigen, Alle, als freie unterfehlebene, G.e find 
durch Bänder zufammengefügt, deren hauptfächlichfted ſackförmig die überfnorpel- 
ten Knochen überzieht und fo ein Kapfelband bildet, dad durdy Seitenbänder 
noch mehr Befeftigung erhält. Innerhalb der Kapfielbänder bildet ſich nun eine 
eigene ee welche mit einer lymphatiſchen ſchieimlgen Feuchtigkeit, der ©. 
— ere (synovia) erfüllt ift, welche die Schlüpfrigfeit der G.e erhält u. von 
eigenen Drüfen, die in den ®.-Höhlen in Haufen zufammen liegen (G.-Drüfen), 
abgefondert wird. In einigen Gen befinden ſich auch Zwiſchenknorpeln zur Be 
wirkung der Berbindungen der überfnorpelten Knochenenden. — Die G.e find 
vielfachen Krankheiten unterworfen, die ſtets große Vorficht in der Behandlung 
erfordern ü. leicht ©.-Berwahfung (Mntylofis, f. d.) nad) fich ziehen. — 
Auch gehören Hieher die Berrenfungen, deren Sonne bisweilen das fogenannte 
widernatürlicde ©. (articulus praeternaturalis) {ft, wo entweder der ausge 
renfte Knochen, in der —* des eigentlichen G.es ſich feſthaltend, eine Art un 
vollfommened ©. bildet’ ein Fall, der unheilbar if; oder nach Knochenbrtüchen 
die Verheilung der Knochenenden fo unvollkommen iſt, daß fie gelenfartig gegen 
einander beweglich find. Hier fucht man bie Verwachſung durch fange Su 
bet pafiendem Berbande, oder durch Anwendung von Nepmitteln, des eils 
auf die nicht vereinigten Stellen, auch wohl duich — derſeiben zu 

Gellert, Chriſtian Fürchtegott, geboren 4. Jult 1715 zu Hainichen bei 
Freiberg, der Sohn eines Predigers, Audirte in Meißen u. (feit 1734) im Leipıtg 
Theologie, wurde dann Hauslehrer, 1751 außerordentlicher Profeſſor der Philo- 
fophte In Leipzig, wo er ſchon 1745 feine Vorlefungen begonnen, u. ſtarb dafelbft 
13. December 1769. ©. verdient ald Lyriker, Dramatiker, Fabuliſt u. Brofatter 
unfere Aufmerkfamfeit, wenn er auch in feiner Hinficht als je jer Dichter und 
ſchoͤpferiſcher Genius anzuerfennen if. Gr ift überall bürgerlich ehrfam u, fromm- 
fhüdhtern u. wirkte durch fein Leben u. fein Wort in diefer Hinſicht fehr ſegens⸗ 
reich. MS Schrififteller trägt er das Gepräge ber franzöflfch-gottfchedifcen 
Schule. Seinen Dichterrukm gründeten Fabeln u. Erzählungen; als Fabulif ift 
er nicht felten ſchalkhaft wigtg, aber noch öfter weitſchwelfig u. ein füßes Gefchwäg 
führend. Geine geiflichen Lieber, meift durch ee und Wärme gehoben, 
find_mehr moralifche Betrachtungen, als eigentliche Kirchhenlieder. Kann ©. fid) 
in feinen, für das bürgerliche Leben gefchriebenen, Luftipielen eigentlich nie zum 
wahrhaft Komifchen erheben, und fehlt meift die dramatifch-lebendige Handlung, 
fo find fie doch fittlicdy rein und verfuchten es eigentlich deutſche Stoffe auf die 
Bühne zu bringen: fie Fönnen als ein Spiegel der Sitten u. des gefelligen Tones 
der damaligen Zeit angefehen werben. Als PBrofaift zeichnet fi) ©. für feine 
Zeit durch Klarheit der Gedanken und hohe Bildung des Styles aus, obgleich 


Gellins — Gaubbe. 


or 
& bier eine unangenehme Breite nicht felten TäRig wird. Saͤmmiliche Schrifs 
‚ Leipzig 1769, 10 Thle., 1784. Bgl. Leben von J. A. Cramer, rad. 
Döring, 1833, ", 

Gellind, Aulus, im Mittelalter und felbft noch in der 2. Hälfte des 17. 
hrhunderts von einzelnen Gelehrten Agellius genannt, ein —— Sprach⸗ 
ter des 2. Jahrhunderts, unter dem Kaiſet Antoninus Pius. Seine und noch 
rigen Noctes Alticae find eine Sammlung mannigfaltiger Bemerkungen, die er 
» aus den beften griechifchen u. Lateinifchen Schrifiſtellern während: feines Auf⸗ 
haltes zu Athen in den Winternächten nefammelt hatte, und bie er zum Vers 
ägen und Unierrichte feinen Kindern zufammentrug. Es find lauter zerftreute 
muerkungen, meiſtens über —S hiſtoriſche u. antiquariſche Gegenftänbe, 
fprünglidy waren es 20 Bi de wovon ſich aber das 8. u. der Anfang des 6. 
loren hat. Für den Sprachlehret und Kritifer enthalten fie viel Rüpliches. 
ı8gabe von 3. F. u. 3. Gronov,, Leyden 1706, 4. N... mit einer Vorrede 
d Ereurfen von I. 2. Gonrabi, Leipzig 1762, 2 Bde, gr. 8., von A, Lion, 
Boe., 8., Göttingen 1824 u. 25. 

GSelnhaufen, Stadt in der Wetterau, in der Eurheffichen Provinz —— 
mals freie Reichsſtadt, mit 3800 Einwohnern. Die zug gleiches Namens 
f einer Kinziginfel u. Trümmer eines alten Fatferlichen Balaftes CRfaly), fonft 
vohnt von Friedrich dem Rothbart, befinden fich hier. ©. wurde von Karl IV. 

Schwarzburg verpfändet, das Pfand fpäter an Kurpfalz übetlaſſen, welches 
die Reichöfreiheit nehmen wollte, 1734 wurde ©, wieder für Reichöftadt er- 
rt; doch, da bie fan errichaften dagegen appellitten, wurbe durch neues Urs 
4 1769 die Freiheit beftätigt, was aber ohme Wirkung blieb. 1802 wurde ©. 
3 Entfhädigung an Kurhefien gegeben; 

Gelübde iR ein freiwilligesu, ernftliches, Gott gemachtes Berfprechen, 
oas Gute zu hun, wozu man außer biefem nicht verbunden if. Es unters 
eldet fi) von einem einfach guten Borfage dadurch, daß man fich durch daf- 
be gegen Gott zu Etwas verbindlich macht, fich felbft aber eine beſondere firenge 
—2 in der Art auferlegt, daß die Nichterfüllung eines gethanen Gſs 
nem zur Sünde angerechnet wird. Jedes G. läßt ſich nur in innigfter Begie⸗ 
ng auf Bott u. das Tugendgefeg denken; ſobald ſich aber eine, zwar nicht ger 
tene, jedoch nach dem Sittengefege erlaubte, Gott wohlgefälige u. den Rebe 
ı Dritter nicht nachtheilige, Handlung als ein fubjeltives Tugendmittel darfellt, 

Tann diefelbe für ein gewilles Subjekt nach feiner individuellen Lage Pflicht 
rden, u. diefes fft ed, was man einen moralifchen und in Beziehung auf das 
yangellum, fofern nämlich der Gegenftand defielben eine Lehre des Evangeliums 
veren Beobachtung den Ghriften nicht allgemein befohlen, fondern nur mit 
ädficht auf ihre beionderen Umftände angerathen ift, einen evangelifchen 
ath nennt. Der Gegenftand des G.e if ſonach eine anräthige Yandtung, 
lche der Gelobende für fich nach reifer Erwägung beffer findet, ald das Ger 
atheil, u. ©. haben überhaupt den Zweck, unfere Gottesverehrung barzuftellen, 
, müffen heilig gehalten werden, indem die Gelobenven durch ein Berfprechen 
) Gott verbindlich gemacht haben. Deuteron. 9, 23, 21 — 23. Pred. 5, 3. In⸗ 
fen hängt doch die Kraft und Verbindlichkeit ver ©, gunäch von dem freien 
illen der Gelobenden ab, indem diefe nur zu Demjenigen verbunden werden, 
ızu fie fich durch ihr freiwiliges Berfprechen Gott verbindlich gemacht haben. — 
t der Gegenſtand eines ©.8 eine Reiftung, welche nur ten Gelobenden angeht, 
nennt man das ©. ein perfönliches, und die Verpflichtung geht in diefem 
De, 3. B. beim ©. der Keufchheit, nur auf die gelobende Perfon, nicht aber 
f Andere. Betrifft aber der.Öegenftand eined Gis eine mohtthätige ober fromme 
andlung zu Gunften Dritter, z. B. einer milden Stiftung, fo heißt das G. ein 
ngliches, u. dieß iſt nicht nur für den Gelobenden, fondern aud) für die Er— 
ı verbindlich. Begreift das ©. eine Leiftung der erſten u. zweiten Art zugleich 
fi, fo nennt man es ein gemifchtes, u es muß von ben Erben in fo fe"- 


[3 BGelũubde. 


erfült werben, als es ein dingliches G. iſt. In wie fetn ein ©. mit oben 
ohne Bedingungen abgelegt wird, heißt es ein bedingtes oder unbebingtes, 
Das unbedingte ©., weiches 3. B. ohne Beflimmung einer Zeit gemadyt wird, 
muß ohne Werzug, das bebingte aber, deſſen Erfüllung 4. B. von einem’ gewiſſen 
Tage abhängig gemacht wurde, muß mit Ablauf deſſeiben erfüllt werben. Der 
Form nad) wird das ©. in das feierliche (votum solenne) und in das ein- 
fadye (votum simplex) eingetheilt. Erſteres ift dasjenige, welches durch den 
Empfang der höheren Weihen vom Subptafonate aufwärts folennifirt wird — 
oder durch die Ablegung des Drvens-Profeffes in einem won der Kirche beftätig« 
ten Orden gefchteht; lehteres aber iſt jedes andere G., welches ohne den Empfang 
einer der höheren Weihen und außer einem von der Kirche approbirten Orden, 
wenn gleich unter noch fo großen Belerlichfeiten, abgelegt wird, Das feierliche 
©. muß, nach der Kirchenjprache, im Angeflchte der Kirche gemacht u. von ders 
felben angenommen werden. Wer ein felerliches ©. abgelegt hat, wird hledurch 
zu allen entgegengefepten Handlungen unfählg, u. jede demjelben entgegen unter» 
nommene Handlung {ft unerlaubt und fündhaft. — Bel einem einfadyen ©: find: 
die demfelben zuwider vollbrachten Handlungen gleichfalls unerlaubt, allein fie 
jaben vor dem Äußeren Gerichtähofe — pro foro externo — rechtliche Kraft u, 
tekung. — Das einfache ©. hat übrigens vor Gott und dem Gewiſſen die- 
felbe Verbindlichkeit, wie das feierliche, nur in Beziehung auf die Kirche hat 
diefes eine eigene Verbindlichkeit. — Es Fann bei G.n zwar nicht, wie bei Berr 
trägen, die eniſprechende Decupation ftatt finden, well dieß zwiſchen Gott und den 
Menſchen unmöglich iſt; allein es legt —— Mar am Tage, daß, gleichwie « 
die Pflicht der Gerechtigkeit verlangt, die einem Menfchen gemachte Verhelßung 
in Erfühung fommen zu laſſen, dieß in einem um forhöheren Grade bezüglich ber 
Gott gemachten Berfprechungen eintritt, Die Erfüllung eines einfachen && hat 
Gott ſchon im alten Teftamente ausdrücklich geboten, ev. 27. Num. 6, 2. 
Bf. 73, 12., und den jüdifchen Prieftern war der Vollzug aufgetragen, welche 
folchen felbf mit Zwangsmitteln durchfegen konnten. Ehriftus hat zwar das 
Geremontalgefeh abgefchafft, aber das Moralgefeh vervollfommnet, Maitb, 
5, 17. Daher man «8 auch im ber chriftlichen Kirche nicht bloß als höchft 
fündhaft anfah, ein fimples Gclübde, wo die Möglichfeit der Erfülung vorhan⸗ 
den war, unerfüllt au laſſen, fondern ſelbſt auch zwangsweiſe den Säumigen oder 
der Leiftung des Gelobten fi Weigernden hiezu anzubalten fi) verbunden er⸗ 
aöhtee; menigfene läßt die Kicche den Gelobenden ohne Gefahr feine® Seelen 
eis von feinem G. nicht zurüdtreten. Heut zu Tage wird man freilich bie 
ung eines einfachen perfönlichen G.s auf dem Zwangswege nicht wohl zu 
bewirken fuchen, obfchon der Geiſtliche in der Beicht, wenn der @elobenbe bie 
Nichterfüllung des gethanen ©.6 bekennt, die geeignete Rüdficht hierauf eintreten 
zu laffen nicht ermangeln kann; denn, daß die kätholiſche Kirdye die Richterfül⸗ 
lung des ©.8 al etwas Sundiiches anficht, Tann, auch wenn jener Zwang zur 
Leitung im Allgemeinen weggefallen iſt, der Beichtptieſter nicht ignoriren. — 
Die Verpflichtung zur Erfüllung eines &.6 hört auf: 1) wenn die Erfüllung deſ⸗ 
felben phyſiſch u. moralifch unmöglich iR; 2) wenn bei einem temporären u, 
unbedingten die beflimmte Zeit abgelaufen, oder die Bedingung, woran es ges 
Inüpft war, mangelt oder nicht erfüllt worden iſtz 3) wenn e6 dem Gelobenden 
zur Zeit der Ablegung des ©.8 an der erforderlichen freien Ueberlegung u. Ein⸗ 
willigung — wenn Einem z. B. die Abiegung eines G.s durch äußere 
abfolute Gewalt abgenöthigt worden iſtz A) wenn es nur zum offenbaren Radıs 
ihelle u. zur Verlegung der Rechte Dritter vollgogen werden fannz 5) wenn bie 
Vorgefehten des Gelobenden, an deren Ginwilligung er gebunden if, 3. B. die 
Eitern das, ohne ihre Einwilligung von einem unmündigen Kinde, oder bie Klo⸗ 
ſter⸗Obern das, von einem ihrer Flofer-Gonventualen ohne ihre Zufimmung abs 
gelegte G. durch ihre —A Grtlärung (per irritationem) aufheben. 
laſehung ver Kiofergeiftlichen findet jedoch in dem Kalle eine Ausnahme 


Gelübbe, 657 


Statt, wenn das gelobende Drdendglied von einem minder Äirengen Orden zu 
einem Orden von firlkter Obſervanz überzugehen gelobet. 6) Können die G. audy 
durch Dispenfation aufgehoben werden. Die Diöpenfation ertheilt entweder 
der Papſt, namentlich in ven ihm vorbehaltenen Fällen, oder der Bifchof in den 
einfachen G.en; audy Tann letzterer einen Aufſchub oder eine Umwandelung — 
Umänderung (commutatio voti) in andere gleicdy gute oder noch befiere Werke, 
exceptis votis castitatis et religionis, ertheilen. — Sur Ertbeilung der Diopen⸗ 
fation in den G.n wird eine gerechte u. vernünftige Urfadye (justa rationa- 
bilıs causa) erfordert. Diefe Anden Statt, wenn, a) ein ©. ohne gehörige und 
vollflommen freie Ueberlegung abgelegt worben iſt; b) wenn von Er ung eines 
G.s ein moralifcyer oder zeitlicher Nachtheil zu fürchten ſteht; c) wenn die Ums 
fände fidh feit der Ablegung eines G.s fo verändert haben, daß e8 nur mit größ- 
ter Schwierigkeit erfüllt, oder ohne Verletzung eines höheren Gebots nicht gebal- 
ten werben Tann; d) wenn das Wohl der Kirche oder des Staates die Nach⸗ 
fiht erheifht. — Zur Zeit des Jubiläums der Fatholifchen Kirche koͤnnen auch 
die Beidhtoäter einfache ©., mit Ausnahme des G.s der Keufchheit u. jenes, in 
einen geiftlihen Orden zu treten, in andere gute Werke umwandeln. Diefe Fa⸗ 
Eultät muß jedody in der AusfchreibungdsBulle ausprüdlidy verliehen feyn. — 
Einfaches ©. heißt ein, außerhalb eines kirchlichen Ordens abgelegted G., 
welches das Berfprechen enthält, entweder in ein religtöfes Inſtitut zu treten, 
mit der ſich die Ehe nicht verträgt, und bier Profeß abzulegen, oder die ewige 
Keufchheit zu halten, oder nicht zu heirathen, oder die höheren Weihen zn empfan⸗ 
gen; es bildet übrigens nur ein auffchiebendes Ehehinderniß. Bon dem einfa- 
hen G. unterfcheidet ſich das feierliche, unter dem jened ©. verſtanden wird, 
welches in Bemäßheit der Beſtimmungen des Kirchenrathes von Trient (XXV. 
C. 15. de regular.) mit der Ablegung des Ordensprofefled in einem von ber 
Kirche befätigten Orden gefchieht u. ein trennendes Ehehinderniß bildet. 
Es verbindet alle Orbensperfonen, fowohl in Manns als in Frauenkloͤſtern, ja 
felbR die Ordens sLaiens Brüder und Schweftern, fofern fie Profeß abgelegt ha⸗ 
ben, wenn anders diefelben nicht durch nadhgefuchte u. erlangte papkliche Dis⸗ 
penſation, welche jedoch nur äußerſt ſelten eriheilt wird, davon wieder entbunden 
worden find. Ebenſo find auch die katholiſchen Ordens⸗Ritter, in jenen Ritter⸗ 
Orden, weldyer die Ehelofigfeit erfordert, zur Ablegung u. Beobachtung der felers 
lidyen Keufchheit verpflichtet, u. die Verbindlichkeit dauert für alle Ordens -:Ber- 
fonen, weldye einmal Profeß abgelegt haben, audy dann nody fort, wenn ihre 
Orden aufgehoben oder fäfularifirt worden find, indem das felerlidye Keuſch⸗ 
heits⸗G. unbedingt abgelegt worden ift und die Aufhebung ded Ordens die Ers 
füllung defielben nicht unmöglid, macht u. ſolches auch außer dem Kloſter noch beob⸗ 
achtet werden fann. — Hat Jemand das feierlihe Keuſchheits⸗G. fürm- 
lich ab eiea, fo iſt er unfähig, eine gültige Ehe, wenigflend obne die erlangte 
päpftliche Dispenfation, zu fchließen u. die von ihm nachher eingegangene Ehe ift 
nichtig. — Bei diefem G. geftattet die Kirche die Wuflöfung der vor der Ables 
gung deffelben eingegangenen, aber nody nicht vollzogenen Ehe (matrimonium 
ratum), u. läßt in diefem einzigen Falle auch die Wiederverehelidhung des andern 
Theiled zu. Wäre aber die Ehe ſchon durch Beifchlaf vollzogen, fo fann der eine 
Ehetheil nur mit ausdrücklicher Einwilligung des andern in einen geifllidhen Or- 
den treten, und in ihm Profeß ablegen. Der im Latenflande verbleibende Theil 
darf jedoch in dieſem Falle bei Lebzeiten des andern, in einem Kloſter lebenden, 
Ehetheils ſich nicht wieder verehelichen. Iſt hingegen nach ſchon vollzogener 
Ehe der eine Ehetheil ohne Wiſſen u. Willen des andern in einen geiſtlichen Ors 
den getreten, fo kann letzterer den Rüdtritt des erfleren verlangen, u. diefer ifl, 
wenn er auch ſchon Profeß abgelegt haben follte, zur Rüdkehr fowohl, ale 
zur Leiſtung der ehelichen Pflicht verbunden ; er felbft darf von dem andern Theile 
bie Setung der ehelichen Pflicht niemals fordern, noch nad) dem Wbleben deſſel⸗ 
ben fich wieder verehelichen. — Die ©. der englifchen Bräuleln Ind feine feier⸗ 


Nealencpclopädie. IV. 


658 Gemälde Gemeinde, 


lichen, fondern nur einfache G.; fie werben vaher nicht als treimende, fonbern 
nur als verhindernde Ehe⸗Hinderniſſe betrachtet, 

Gemälde, die Darfiellung fichtbarer Gegenſtaͤnde mit den ihnen eigeuthäm- 
lichen Formen u. Karben auf einer Fläche, oder eine foldye Darſtellung einer Si⸗ 
tuation, oder eine Scene der genblung , die vor allen Dingen verkänblid). ſeyn 
muß. Die Grundlage eines ©.8 if zwar die Zeichnung, allein biefe gefaltet 
fi) erfi zum G., wenn Rundung und Beleuchtung, Licht u. 

u. Hellvuntel durch Karben ausgedrüdt werben. Zur Berkänvlichkeit aber trägt 
bet die Belanntfchaft mit dem Gegenßande u. das Lokale der Aufkelung. Bor 
zugsweiſe muß dem Künfler Sinn u. Geiſt zur Benüge eigen feyn, um bie ver 
ſchledenen, in der Situation enthaltenen, Motive hervorzuheben u. erfinderiich zu 
veranfchaulichen, wetl nur in ſolcher Weiſe der Boraang felbft bedeutfam u. bie 
gefammte Darftelung individualiſirt erfcheint. Die Eompofition iR mithin vom 

Rler gewiß nicht weniger zu berüdfichtigen, als die Zeichnung u. Farbenge⸗ 
bung. ernady hat ein ©. immer zweierlei Eigenſchaften: artikifche, von 
äußeren Stnn, u. Afthetiiche, welche ven Schönhritäfinn anfprechen u. 

Es find dieß jedem Kunftwerke nothwendige Momente des Ginnlidhen u. 
gen, zur Einheit verbunden. — Außerdem nennt man ©. fehr ausführliche Schil⸗ 
derungen der Begenftände nach ihrer eigenthümlichen finnlichen Veſchaffenheit, u. 
infofern iR figürlich von poetifchen u, mufifalifchen ©®.n die Rebe, 

Gemarke, f. Barmen. Ä 

Bemblour, Bemblours, Stadt an der Drneau, im Bezirke u. der belgi⸗ 
ſchen Provinz Ramur; Mefferfabriten, 2200 Einwohner. — ©. If nad) 
das Gemintacum der Alten. Hier gründete der auftrafifche Prinz SGutbert 

Btibert) 922 eine noch ſtehende Benedictiner⸗Abtei, deren erſier Abt Erluin war. 
ie Webte hatten große Freiheiten u. das Münzrecht; fie ſelbſt hatten ven. Titd 
als Grafen u. den erften Rang in den Staaten Brabants. 1153 umgab Abt Ar 
nulf ©. mit Graben u. Mauer. 31. Januar 1573 hier Niederlage der Rieder 
länder durch Don Juan v’Auftria, 

Gemein ift das & wöhnliche, Alltägige, auch Mipfälige, u. ſteht in Wiſſen⸗ 
fhaft und Kunft dem Eolen entgegen, weil ed das @eiftreiche, oder das feinere 
ſittliche Gefühl vermiffen läßt. In der poerifchen Darftellung fleht es tiefer, als 
das Flache u. Platte, u. in der Kunft erfcheint es ſowohl im Stoffe, wie in der 
Form. Das ©. firebt aber überall dem rohen Reize der Sinnlichkeit zu u. ent- 
behrt an fich aller äfthetifchen Würde. Man unterfcheidet das G.e der Geflnnung 
von dem der Stsuation u. der Handlung. Jenes zeigt feine Spur einer geiftigen 
Selbſtſtändigkeit u. ift daher mit höheren Zwecken nicht vereinbar; dieſes Tann 
zwar zur Darftellung eines deutlichen Contraſtes im Tragiſchen und Komifchen 
zur Anwendung fommen, jedocdy immer nur dem höheren Intereſſe untergeordnet, 
und beide Arten dürfen vom Künftler, wie neuere Aeſtheiiker nicht mit Unrecht 
fordern, nur in dem Kalle zugelaffen werden, wo fie im Zufammenbange bed 
möglidy getreu abzubtldenden Naturlaufs ſtehen, oder, wie bei unteren Volls⸗ 
clafien, Refultate einer bewußtlofen Unftttiichkett zu feyn ſcheinen, in welchem Falle 
fie dem äfthetifchen Gefühle wentgftens nicht hinderlidy find, dennoch aber eine 
höchſt umfichtige Behandlung erfordern. Im ſolcher Beziehung konnte audy Schil⸗ 
ler fagen, daß ein Künftler das G.e adele, durch ein Anfnüpfen an etwas Gei⸗ 
fiiged, u. Göthe fleht damit durdy die Bemerkung in feinem ®egenfabe, daß der 
Künftler fid, vor dem ®.en nicht fürchte u., indem er ed aufnimmt, daffelbe ſchon 
geabelt werde, weil nämlich die Kunſt für ſich felbft edel fei. Denn bier wird offens 

vorausgefegt, daß der Künftler die Fähigkeit befibe, dem G.en eine bedeut⸗ 
fame Stellung anzuwelfen, u. ein ©.8., was dazu nicht geeignet if, auch nicht 
von ibm aufgenommen werben wird. 7 

Gemeinde iſt eine Genoſſenſchaft von freien Menſchen, Weldye die Erreichung 
ihrer Lebens⸗ u. Sittlichkeitszwecke auf einer beflimmten Landesſtrecke, unter dem 
Schutze der Geſetze, zu erreichen ſich vorgefeht bat. — Die Strecke Ihrer Nieder 


Gemeindeochuung. 659 


Tung bildet ihren Bann over ihre Gemarkung, Die Thellnehmer an der Ge⸗ 
ſſenſchaft heißen Bürger, welches urfprünglich einen Burgbewohner bezeichnet 
fich aus der Zeit herleitet, wo die Bewohner des flachen Landes unter dem 
huhe eines Burginhabers oder Zwingherrn als Leibeigene, oder ald Heim⸗ u. 
'ahlbürger unter jenem einer feften Stadt fanden. — Der Urfprung der G. o— 
zfaflungen AR in der, durch das Chriſtenthum herbeigeführten, Gieitfation zu 
den. Um die Kicche baute man zumächft die Wohnungen der früheren chriſtii⸗ 
m Anſiedler. Als fie nach u. nach audy Eigenthümer u. Grundherrn wurden, 
? Ländereien in Aufnahme brachten u. Se Bevölkerung erhöheten, brachte das 
ıfbtühen der Bodencultur u. die Ertragbarkeit der Feldgründe überhaupt in die 
entlichen Sinsiöhtungen durchaus eine große Veränderung. Die ehemaligen 
tafen u. Reichsbeamien wurden Eigenthümer ber Reichögebiete u. dieſe vererbs 
d, daher mußten fidy Zerftädelungen derfelben nothwendigerweiſe, fo wie damit 
& die Herrfchaften, mehren. Die Ausbildung der gefehtähaftlichen Berhältnifie, 
onders nachdem die Härte der Hörigfeit u. Leibeigenſchaft ſich milderte und 
t Bauer zu Eigenthum u. perfönlichem Rechte gelangte, erweiterten auch bie 
rigleitlichen ——c Sie wurden um fo laſtiger, je größer das Gebiet war, 
wenn man auch die Vogt⸗ u. Richterflellen vervielfachte, fo war doch nöthig, 
! ber Zufammenrüdung der Untergebenen um ihre Kirdyen oder bie ſchudherrü⸗ 
m Zwinger u. Burgen, oder, mit andern Worten, bei der Entſtehung der Dör⸗ 
eine Behörbe zu beflellen, die den Lokalbedarf einer öffentlichen Ordnung bes 
edigen fonnte. Es war um fo nöthiger, als man nicht felten die Hülfe des 
ogtes entfernt und daher verfpätet er in Anfpruch nehmen Eonnte. der 
acht, die über das Gebiet geftellt war, nachgebildet, mußte dieſe Lofal + Obrig- 
t werben. Sie war nur eine Kraft im verjüngten Maßfabe u. ein Ausflug 
t oberfien Gewalt, daher fie fi auch als deren Stelivertröter Iegitimirte und 
Itend machte. So entftanden die Dorfgerichte, und fie entfernten ſich von ber 
rundherrlicyfeit u. Staatsgewalt in dem Maße, ale die G. n der Horigkeit ent: 
uchfen u. zu einer gewiſſen Muͤndigkeit ſich aufſchwangen. Es traten an die 
tele des blinden @ehorjams und des gewaltfamen Befehle ſchon Weisthümer 
Dorforbnungen. Das vertragsmäßige Recht war errungen. Die Zerflöruns 
n u. Berödungen des 30jährigen Kriegs bildeten vollende das G.⸗Weſen aus. 
te Territorial-®ewalt erhielt ihre abgefedte Graͤnze. Man erkannte, daß für 
: Macht es nur ein Gewinn fei, über Menſchen und nicht über todie Gründe 
tfügen zu können. Die verödeten Landesſtrecken wurden jet von ben Gemar⸗ 
ngd-Genoffenfchaften als Allmende (f. d.) in Beflg genommen. Der Untergang 
E Archive in der flurmvollen Kriegszeli rief neue Verbriefungen hervor, die das 
flichtverhäftniß der Untergebenen gegen ihre Oberherrn — u. befeſtigen 
ilten. Ueber diefe örtlichen RechtdeBerfaffungen bildete ſich die Reichs⸗Gewalt 
8 richterliche Oberaufficht aus u. verdrängte nach u. nach die Willkür und die 
wingherrfchaft mit ihren Ausflüffen. — Mit der Kheinbundesacte erhielten die 
.n zwar eine größere Befreiung von der Grundherrlichkeit; fie waren aber auch 
gegen, wie in allen unbefchränkten Monarchien, weniger felbfiftändig, und nur 
38 et, nachdem in dem deutſchen Bunde fich conftitutionele Staaten gebildet 
ıben, iR auch für die Gin die Erringung des eigentlichen Zieles zu ge en. 
5. den Art. Bemeinde-Drbnung.) 

Gemeindeordnung. Je umbeferänfter die monarchiſche Verfaſſung war, 
Ro mehr befcpränfte man die Stabt- u. Landgemeinden u. führte fie von Oben 
tab am Gängelbande, wie Unmünbdige, was nothwendig die Entwidelung ihrer 
räfte und die Möglichkeit, eine Selbfiflänvigkeit zu erringen, hindern mußte. 
aber war in der legten Zeit der deutſchen Reichöverfaffung, wo fh die Terris 
rialgewalt immer mehr empor hob, das Intereſſe für die Verfaflung ganz er- 
ichen, und was noch fehlte, um es vollends zu vernichten, vollbrachte in man- 
m Staate die abfolute Gewalt in der Rheinbundess:Beriove. Jept hat man 
ıgelenkt, und die Landſtande in allen conftitutionellen Staaten Ip Rp zur 


660 Gemeindeordnung. 


Pflicht gemacht, vor Allem für eine gute ©, zu ſorgen. — Kaum ſollte man glau⸗ 
ben, daß die Emancipation der Gemeinden nebft guten G.en in Deutfchland zuerft 
von einer reinen Monarchie, dem Föniglich preußifchen Staate ausging u. doch 
hat es feine volle Richtigfeit. Den Schlüffel zu diefer Erfcheinung wird man 
leiht in dem finanziellen Vortheile finden, daß alle Gemeinden, weldhe fo zu 
fagen der väterlichen Gewalt entlaffen werden, ihren Haushalt nicht nur allein 
unterhalten, fondern auch alle ihre Bebürfniffe beftreiten und die Gemeindeämter 
befoiden müffen. Bayern abmte zuerft das Beifptel der preußifchen Städte-Drv- 
nungen nach und geftattete, daß auch Penflonäre Gemeindeämter übernehmen durf- 
ten. Die Polizei warb zwar Anfangs dadurch in einen etwas ſchlechteren Zu 
ftand, als unter den Königlichen Wolizeivireftionen, verfegt. Bald füllten aber 
auch thätige Beamte diefe Läden mit Ehren aus, — Es liegt in der Natur der 
Sache, daß Derjenige, der ſich allein vorfleben u. regieren will, auch den Grat 
von Bildung und Gharafteräife befipen müffe, ber dazu erforberlich iſt. Es 
folgt alfo von felbft, daß eine G. dem Cultut Grade der Gemeinden angemefen 
feyn müfle, Nach unferer Meinung follten die G.en dreifacher Art jeyn: 1) für 
große Städte, 2) für Heine, 3) für Landgemeinden — Staͤdteordnungen, Lands 
©.en. Bon einer biefer drei Elaffen zur andern muß immer mehr Spielraum ver 
Gemeindefreibett gegeben, dabet aber nie die Eriflenz einer guten Etaate-Auffiht, 
welche die Entwidelung eines Syſtems von DOberherifchaft des Reicheren über den 
minder Begüterten hindern und den Wohlhabenden zum Radyiheile des Gemeinde 
vermögens brgünftigen kann, verabfäumt werden. Die Hauptgegenftände, welche 
eine zwecimäßtge, die rechte Mitte treffende G. umfaffen muß, find folgende: I) 
Bildung der Gemeinden. Gie kann mur duch ein Geſetz ausgefproden 
wirden. Jever Gtaatebürger muß auch Mitglied einer Gemeinde feyn. 2) Ber: 
fhtedenheit der Bürger. Orts, Schutz- und Ehrenbürger, 3) Erwer 
bung des Bürgerrechtes. Sie muß nicht von der Willfür der Regierung 
abhangen, aber audy nicht, wie biaber, durch den Kaftengeift in den Gemeinden 
erſchwert weıden. 4) Kechte, Befugniffe und Pflichten der Gemeinden 
und zwar a) in Bratehung auf Poltzei Verwaltung, b) Rectspolizet, c) bürger 
liche Redtepfl’ge, dı Strafrecht und e) Berwaltungsredt, 5) Gemeinderath. 
‚Hier muß in Hinfiht der Dauer der Gem indeämter ein guter Mittelweg geräblt 
und befonder& bet den erfien Aemtern einerfelts die Gelegenheit, ſich ganz mit den 
Gemeindeverhältniffen vertraut zu machen, gegeben, andererjetis aber auch die 
Möglichkeit, allzuherrfchend zu werden, benommen fryn, 6) Bürgerausfcduß. 
Er ift als die Gontrolle des Grmeinderaihes anzufehen und fo, wie in der repr- 
fentativen Verfafjung die Lanpftände der Regierung gegenüberfteben, fo ſtehet ald 
Wächter der Gemeindeverfaffung und Beodachtung deren Haue haltes der Bürger 
ausſchuß nıben dem Gemeinderathe. 7) Gemeindeverfammlung. Im ge 
wiflen Yällen muß fie Statt haben, ſowie nach der Gonftiturion eines Staates 
die Regierung in gewiſſen Faͤllen an die Einwilligung des Volksrepraſentanten 
gefumen ft. 8) Unterorpnung der Gemeinden unter die Bezirke 

mter. Gehet diefe in einer Gtäpteorbnung weiter, ald daß das Beztris-Amt 
das Oberauffihtereht des Staates ausübt, fo wird mit der einen Hand entzo- 
gen, was mit der andern gegeben if, und die ©. erfcheint nur als ein Blend⸗ 
wel. 9) Bom Gemeindevermögen. Es if im Wefentlihen nad den 
naͤmlichen Grundfägen und mit den nämlichen Marimen zu adminiſtriren, wie fle 
auch in Hinfiht des Staatövermögens in Anwendung fommen. 10) Gemeinde 
Bevürfniffe. Höchfte Gleichheit if bei deren Umlegung, die nur dann Gtatt 
haben fol, wenn die Ausgaben nicht durch den Ertrag des &emeindevermögens 
gededt werben können, daß erfte Prinzip, fowie in einem gesgaelten Steuerjgfeme; 
doch muß für die Erhebung der Beiträge zum Gemeinde-Mufwand ein anderer 
Grundfag, als für die Staatsabgaben gelten. Wichtig if auch ein richtiger Map: 
Rab für die Beittagspflicht der Wusmärfer (f. d.). 11) Gemeinde-Frohnden. 
Reine Ausnahme, als Infofern fie der Bortheil der Gemeinde ſeibſt erheiſcht. 12) 


Gemeines Recht — Gemmen, 661 


Detrois®efälle Große Vorſicht bei deren Anordnung, befonvers in Stäbten, 
damit fie nicht Theuerung veranlaflen u. Fremde abhalten, da ihr Geld zu vers 
zehten. 13) Gemeinde-⸗Rechnungsweſen. Diefes tft ganz fo zu behandeln, 
wie dad Staats-Rechnungswefen. — Nie möchten wir übrigens die beiden Städte⸗ 
Ordnungen und die Land⸗G. für die Dörfer in ein Ganzes zufammen vereinigen, 
fondern jede, die ihre eigenen Grundlagen haben muß, für ſich befleben Iafien. 
Wir glauben, daß dadurch mit mehr Licht und Ordnung, ohne höhere Eingriffe, 
der erwünfchte Zweck erreicht wird. Auch iſt fehr zu empfehlen, daß die neuges 
fhaffenen ®.en nach einem, zu Sammlung der Erfahrungen hinreichenden, Zeit⸗ 
taume einer Reviflon unterworfen werden. Ä 

Gemeines Recht heist 1) überhaupt das in einem Lande allgemein geltende 
Recht; 2) in Deutfchland das römifche und kanoniſche Recht und die Reldyöges 
fege, im Begenfage zu den einzelnen Landrechten. Fr Recht. 

Gemeingefühl, au) Gemeinfinn, heißt die Wahrnehmung der Seele von 
dem Zuftande des eigenen Körpers, unabhängig von den Sinnen, fo daß man 
eine dunfele Borftellung bat, die nicht unter einem beflimmten Begriffe nefaßt wer 
den kann, baber au nicht mittbeilbar iſt. Das ©. hat feinen Sitz in dem 
durch den ganzen Körper verbreiteten Nervenſyſteme, beſonders aber {ft es in dem 
Ganglienſyſteme ausgebildet. Es IR normal ald Gefundheitsgefühl, das 
fid) durch die „abrnehmung der Ungeftörtheit der Törperlichen V ungen ans 
deutet, abnormift ed ald Krankheitsgefühl, bier aber auf beftimmte Weife in 
Empfindungen hervortretend, die, wenn auch nicht Elar dargeftellt, doch durch 
Bergleichungen charafterifirt werden fünnen, wie das Gefühl von Schwere oder 
Zerfiblagenfegn der Glieder, von Angf, von Uebelkeit ꝛc. Auch die Gefühle 
von Hunger und Dirk und mehre, die den Charakter haben, eines äußeren Ob⸗ 
jekts für die aufgeregte Vorſtellung zu entrathen, Eönnen hieher gezogen werben; 
ebenfo aber auch die höheren Anregungen des Lebens in Befriedigung finnlicher 
Genuͤſſe aller Art, ja audy fchon das Wohlbehagen, weldyes die bloße Befettigung 
eines belaͤſtigenden Gefühles erregt. 

Gemeingeift, ein von Mehreren erfaßtes Intereſſe für einen an ſich hohen 
und edeln Zweck, dem eine Flare Idce zu Grunde liegt. Iſt aber der Sinn bloß 
auf einen gemeinſchaftlichen Bortheil gerichtet, der durch ein Zufammenmwirfen 
Mehrer erzwedt werben fol, fo ift dieß nur ein gefleigertr Egoismus, der 
feibfi rem ©. völlig fremd ifl. 

Gemeinbeit, |. Gemeinde. 

Gemeinfinn, die Fähigkeit, fih in der Sinnenwelt leicht und umfaffend zu 
orientiren; dann die Empfänglichkeit der Seele für Ideen, die fich auf dem Wege 
der finnlichen Erkenntniß ausbilden, wie Sinn für Natur, Kunft, Erhabenes 
u. f. w. (vgl. Gemeingefühl). — Im gewöhnlidyen Leben wird G. auch 
gleichbedeutend mit Gemeingeift (f. d.) gebraucht. 

Gemenge beißt 1) die Verbindung heterogener Stoffe mit einander — wobei 
fie einander — wie z. B. Waſſer und Milch in einer Pflanzenmilch — bloß berühren, 
während eine chemiſche Verbindung foldyer Etoffe, durch welche fie einander 
durchdringen, ein Gemiſch genannt wird. — 2) Auf Blaufarbwerfen bie 
fogenannte Befhidung, d. h. die Miſchung verſchiedener Kobaltarten unter 
einander und mit weißem Sande, zur Darftelung der blauen Yarbe, und in 
Hüttenwerfen die Beidyidung im Allgemeinen; auch in den Glashütten 
die geſchmolzene Glasmaſſe. 

Gemmen (vom latein. gemma, Knospe, u. von der Aehnlichkeit mit dieſer 
auch Perle), find koſtbare Steine, in weldye«erhabene oder tiefe Figuren einge- 
fhnitten find. Erftere nennt man Cameen (f. d.), Ichtere Intaglio. Ausge⸗ 
zeichnet in diefer Kunft waren die Griechen u. Römer. Die griechiſchen Künflier 
haben biebet fich Feiner ervichteten Sttuattonen bedient, ſondern, Bacchanalten und 
Tänze abgerechnet, den Stoff aus Sagen u. Göttermythen entnommen, oder Bes 
ziehungen benügt, weldye im Berhältniffe zu dem Individuum fanden. Außerdem 


62 Genmmingen · Bornberg+- Gensfe. 


will Windelmann aus der Stoſch'ſchen Sammlung ſich überzeugt haben, wie 
in gefchnittenen Steinen fowohl, als in nody Älteren Arbeiten, die Bilder fehr 
felten von Begebenheiten genommen find, die nad) dem trojanifchen Kriege oder 
nad) der Rüdkehr des Ulyſſes in Ithaka vorgefallen find. Thrahndorf (vie 
Lehre von der Weltanfhauung u. der Kunſt) hat auch bie ſeht richtige Bemet ⸗ 
fung —— daß bei vorzüglich gut u. nicht zu tief —— ©. eine eigen⸗ 
thümliche Täufhung obwaltet, indem die vertieften Bilder derfelben bei gel er 
Einwirkung des Lichtes Coder durch's Licht gefehen) dem Auge in erhabener Ars 
beit erfeheinen, fo daß man verfucht wird, den Taftfinn zu Hülfe zu nehmen, um 
fih vom Gegentheile zu überzeugen, Allein, auch die Kunftechnif ift beinahe zu 
einer Kunft des Gefühls geworden, da ber Kuͤnſtler nicht, wie der Bildhauer, mit 
dem Auge fein Wirken regieren Tann, fondern daſſelbe faft im Gefühle haben 
muß, Er hält nämlich den auf Wachs —— — jen Heine fcharfe, 
durch ein — in Bewegung geſehzte, Rädchen und if im diefer Weite 
die Formen ausfhärfen. Am meiften wurden dazu Bergfryftall, Blutftein, Car⸗ 
neol, Chalcedon, Jaspis u, Onyr verwendet. — Sonſt verftcht man unter G. auch 
die fowohl erhaben, als vertieft gefchnittenen Steine, obgleich man erftere inabe- 
fondere Gameen zu nennen pflegt, Mit Recht bezeichnet Hegel ©, Cameen und 
Baften der Alten als unfchägbare Kunftwerfe, welche im Heinften Mafftabe und 
in höchfter Vollendung den ganzen Umkreis der Skulptur darlegen, vom der ein 
fachen Göttergeftalt an durch die mannigfaltigften Arten der — bis zu 
allen möglichen Einfällen im Heiteren u. Antifen. — Colas in Parié hat eine 
mechaniſche Borrichtung erfunden, durch welche unmittelbar von der ©. felbfl, 
und zwar durch lauter Parallel-Linien, die fidy auf ven erhabenen Stellen ver 
dünnen, auf den tiefen verftärfen, ein fo volllommened Abbild in gravtrter Linien ⸗ 
manier gewonnen wird, daß man das Driginal mit feinen feinften Rüancitungen 
des Schnittes felbft vor ſich zu fehen glaubt. Sehr belehtend iſt E. H. Tölken’s 
erllaͤrendes Berzeichniß der antifen vertieft gefchnittenen Steine der loöniglich 
preußifhen ®.-Sammlung (Berl. 1835, 8.). % enthält 3640 G. woruntet 65 
mit antifen Fafjungen. — Sammlungen, f. Daktyliothek 
Gemmingen-Öornberg, eine alte, abelige und zum Theile freiherrliche Fa⸗ 
milie am Rheine , in Schwaben und Franfen, die unter Alerander Severus aus 
Rom nach Deutfchland gekommen feyn foll, — In der Siteratur machten ſich be 
Eannt: 1) Eberhard Friedrich, Freiherr, geboren zu Heilbronn 8. Rovember 
1726, fudirte in Tübingen und Göttingen, machte dann gelehrte Reifen, warb 
1748 wirklicher Rath, bei der tembergifchen Regterung, 1767 geheimer Rath 
u. Rarb 19. Januar 1794, durch feine Geſchaͤftokenntniß, Tätigkeit u. Gerechtig⸗ 
teltöliebe befannt, weniger als Oden⸗, Lieder-, Fabeldichter, Satyrifer und Hi 
riter. Poetifche Bilde in das Landleben (Züri 1752); Poetiiche und profatfche 
Stüde (Branff. 1753, neue Musg. Braunihw. 1769). — 2) ©., Dtto Hein 
rich, geboren 1756 (nach Andern 1738, 1739) zu Heilbronn, turofälafeher Kim 
merer, dann Hoffammerrath, privatifirte 1784 in n, 1797 in burg. Gr 
ſoll als badiſcher Geheimerrath zu Heidelberg März 1836, nach Andern als bayes 
tifcher Reichsrath zu Anſpach 3. Juni 1822, wieder nach Andern zu Wien 1800 
geRorben feyn. Es fcheinen mancherlei Berwechfelungen bei diefen Nachrichten 
vorzufommen. Am befannteften wurde DO. H. v. ©. duͤrch fein Schaufpiel: „der 
deuiſche Hausvater,“ worin die bürgerliche Welt in ihrer ganzen Werkeltages 
phyflognomie u. Mittelmäßigkeit, ohne alle Originalität der Erfindung, ohne Farbe 
u. Friſche erfcheint. Bald folgte eine ganze Fluch ähnlicher Luſt⸗, Rühr⸗ u. Fa⸗ 
milienflüde u. überfchwenmte das Theater. Außerdem ſchrieb G. nody: Stoney 
u. Sully (Augeb. 17775 Pygmalton, Mannheim 1778; die Erbfchaft, daf. 17795 
Richard II. nady Shafefpeare daf. 1782 u. A. “ n 
Gemſe (antilope rupicapra L.), die einzige, im Mitteleuropa, auf den Alpen, 
auch, auf dem Kaufafus, den Pyrenäen u. a. Gebirgen vorkommende, Art von 
Ant’ nd do), mit glatten, Anfangs geraden, dann rüdwärts hadig ger 


Gemöhorn — Gemüt, 063 


bogenen, kurzen Hörnern, weißlichem Kopfe, fchwärzlichem Flecke durch die Wugen, 
arobem , langem, nady den Jahreszeiten verfchtedenem (meißgrauen , roihbräuns 
lichen oder ſchwaͤrzlichen) Belz, Hark gefpaltenen Hufen, rauben Huflanten. Die 
G. klettert gut, lebt geſellig (20-40 Etüd); doch Ieben auch die alten graum 
Böde (Stoßböcke) für fih. Im Magen der G., nochm auch anderer Thiere, 
werden die Gemfenfugeln (aegsgropilae) gefunden; fie entfichen theils durch 
Ablecken der Haare, oder durch das Futter (befonders von athamanıha meum), 
find gewöhnlich mit einer zäben, zuweilen fleinigen Rinde überzogen u. von rother 
oder brauner Karbe. Ehemald waren fie officinell. Man jagt die G. wegen des 
wohlſchmeckenden Fleiſches der lungeren Thiere, wegen des zur Zierde von Etöden 
u. dergleichen dienenden Hornes, Talges, beſonders aber wegen der Felle, 
welche, gegerbt, ein fehr weiches Leder zu Kleidungsſtücken liefern, auch zum Rei⸗ 
nigen des Quedfilbers gebraucht werben. 

Gemshorn, eine Flötenflimme der Orgel, gewöhnlich von 2, A und 8, zus 
weilen auch 16 Fußton, deren Pfeifen oben enger find, als unten, und einen 
fanften Ton geben, 

Gemüfe heißen Pflanzenfloffe, weldye, mit Zletichbrühe oder Wafler und mit 
Zutbat von Fett, Butter u. f. w. gefocht, zur Speiſe für fly, oder als Zu⸗G. 
zu Fleiſch dienen. Man unterſcheidet Garten⸗G. von zarten, in Bärten geaoge- 
nen Pflanzen und Feld⸗G.; grünes ©. von Koblforten, Hülfen-®. von Hüls 
ſenfrüchten, Wurzel⸗G. von Wurzelmerl. Die G. gewähren eine leichte, meiſt 
gefunde Nahrung, obgleidy fie nach Verſchiedenheit der dazu gewählten Gtoffe 
und Zuthat mehr oder minder verbaulich find; auch beläßigen fie leicht durch 


Blaͤhungen. 
Gemüth, auch wohl Seele genannt, iR, im Gegenſatze des Vorſtellungs⸗ 
u. Srfenntnigvermögens, die Richtung des Willens durch das Gefühl, bie unter 
allen Außern Beränverungen u. Wechſeln fidy gleipeieibenbe, fefte, innere Grund⸗ 
lage, nach weldyer jede Empfindung u. jedes Gefühl einen beſtimmten Ton, eine 
bejondere Färbung u. eine bleibende Richtung empfängt. Aus dem G.e, ald dem 
Stamme, fproßt jede Empfindung als ein Zweig; af das ©. richtet ſich Alles, 
was unfere ‘Berfönlichkeit betrifft, wir erbliden es nicht an und für ſich, fondern 
nur in dem, worauf es feine Strahlen wirft, bei einzelnen Handlungen, beim 
Begehren und Berabfcheuen, daher in dem ©. ver fittlidhe Werth des Menfchen 
wurzelt, Ein heftige Begehren over Berabicheuen heißt eine &.8: Bewegung; 
dieſe werben, wenn fie alle anderen Gefühle überwältigen, zu Leidenſchaften u. 
Affekten Ci. d.). Leidet das G. durch geifligen Drud, fo entfiehen ®.8:6tö- 
rungen und ®.8:Franktheiten, die an ſich Non Geiſteskrankheiten find, aber 
endlich, bei nicht weichennen Einwirkungen, in diefe tm eigentlidhen Sinne über- 
geben. Iſt dagegen die Seele in einem Zuflande, wo finnlidye Anregungen fein 
ebergenoiäht über Vernunft u. Willen üben, fo iſt dieß G.s⸗Ruhe. Endlich {fl 
©.6:Welt der Inbegriff defien, was das ©. in eine eigenthümlicdhe Stimmung 
verfegt, Gefühle, Leidenfchaften u. f. w. Die Ge.s⸗aArt des Menfchen wird bes 
ſtimmt durch die Bollfommenheiten (G.Tugenden) feines G.s, ald: Büte, Rein- 
heit, Offenheit, Größe, Stärke, Tiefe, Reichthum, Feſtigkeit, Sanftheit, Empfäng- 
lichkeit, Lebhaftigfeit, Selbfifländigfeit u. a., u. durch feine Mängel (&.8:fehler), 
als: Bogsheit, Unreinheit, Verfchlofienheit, Enge, Leerheit, Armuth, Schwäche, 
Flachheit, Wanfelmuth, Rauhheit, Retzlofigkeit, Trägheit, Unſelbſtſtaͤndigkeit. Die 
verfchiedenen Zuſtaͤnde deſſelben, nad) Gegenfäben, werden ald G.s⸗Stim⸗ 
mungen bezeichnet; dergleichen find : Ruhe und Unruhe, Stile und Bewegung, 
Gleichmuth und Störung, Heiterkeit und Truͤbheit, Zufriedenheit u. Unzufrieden⸗ 
heit. Was das G. anfpricht und von demfelben mit Wohlbehagen aufgenommen 
wird, heißt gemüthlich, u. gemüthlich iſt ein Menſch, der ©. bat. Der Ge⸗ 
müthliche wird zum Gemuͤthvollen, wenn er ein tiefes, kräftiges ©. bat u. fein 
G. bethätigt, wogegen gemuͤthreich fid) mehr in dem Umfange u. der Mannigfals 


. 664 Gent — Gendebien, 


—— der G.s⸗thätiglelt zeigt. Wer wenig G. hat, heißt gemütharm, wer 
feines hat, gemüthlos. 

Genaft 1) (Eduard Franz), beliebter Sänger u. Schaufpieler, geboren 
41797 zu Weimar, betrat hier 1814 zuerft die Bühne, erhielt feine — im 
Gefange zuerft unter Häfer in Stuttgart, war dann in Dresben, Hannover, Leip⸗ 
dig, führte einige Zeit die Direction des — Theaters, dis er 1829 in 

jeimar lebenslängliches Engagement erhielt. Seine Stimme, einen tiefen Bariton, 
wußte er durch ausgezeichnetes Spiel u. treffliche Mimik zu heben, und Partien, 
wie Don Juan, Lord Rutbwen, u, a, waren feine vorzüglichften Leiftungen. Er ift 
jetzt * zu ben älteren Rollen im Schauſpiele übergegangen. Auch coͤmponirte er 
viele Lieder umd die Oper: „bie Berräther in den Alpen.” — 2) Karoline 
Ghriftine Geborne Böhler), Gattin des Borigen, geboren zu Kaſſel 1800, 
ausgezeichnete Schaufptelerin, ward 1818 in Leipz. engagirt u. verehelichte fich 1820 
mit dem Borigen, den fie überall hin — u. das Publifum durch treffliches 
Spiel_fowohl, als ihre gewinnende Berfönlichkeit entzüdte, 

Gendarmen (gens d’armes), 1) in frühererZeit eine Art ſchwerer Reiterel, 
weldye, in Regtmenter gebildet, zur Garde (j. d.) gehörte. Ste waren mit voll: 
fändiger eiferner Rüftung verfehen, u. man leitet ihren Urfprung aus den Ritters 
zeiten ab, aber nicht von den Reiteröfnechten her, ſondern von den Rittern felbft. 
Aus ihnen errichtete König Karl VL. von Franfreich 1445 bie Compagnies d’or- 
donnance, je aus 1 Hauptmann, 1 &ientenant, 1 Standartführer (Guidon), 1 Wacht: 
meifter u. 100 Langen, jede zu 6 M,, alfo aus 600 M. beftehend. Mit der Ritterfchaft 
verfchwanden audy diefe ©. bei den Heeren. 2) ZJeht verfleht man unter G. ober 
Gensdarmerie eine Art Truppen, welche theils die Mititärpoltzei ausüben, theils 
aud zur allgemeinen Landespolizei mitwirken, und ihren Dienft theils zu Fuß 
thelis zu Pferde verfehen. Die frangöfiichen G., welche in der Revolution aus 
der ehemaligen Morechauffse gebildet wurden, ftanden im Treffen hinter der 
Fronte, um die Berfprengten wieder in ihre Reihen zu treiben. Das Hauptgefe 
über fie vom 28. Germinal des Jahres 6. (1798) ward 1801 vervollftänpigt, 
Sie genoffen großes Anfehen und wurden nach 10jähriger tavellofer Aufführung 
aus dem Heere gewählt. Selbft der General mußte ihnen, wenn fie ihn auf Er— 
ceſſen befanden, den Degen abgeben. MWiberfeplichfeiten gegen fie waren hoch vers 
pönt, dagegen hatten fie auch große Verantwortung. Gewiß waren fie das aus 
gegeichnetfte Eorps_ der franzöftjchen Armee. Rach Ihnen wurden 1809 ©. auch in 
Preußen, Bayern, Sachfen u. f. w. gebildet u. zum Theile nur aus einer früheren 
Einrichtung (die zu denfelben verwendeten Lente hießen Landdragoner, Polizels 
bufaren),.umgeändert. Die ©. find, ach Arganifirt, fehr nüplich, indem fie das 
Sefindel abhalten u. das Land gegen Räubereien ſchuͤen. In Preußen beſtehen 
Land⸗G. welche die Polizei auf dem platten Lande u. in den Stäbten erhalten, 
Armee-®., weiche den @eneralen als berittene Ordonnanzen beigegeben find, u. 
Gränz⸗G. zur Erhaltung der Ordnung auf der Zolllinie. Indeſſen find fe 
jegt lange nicht mehr fo zahlreich, ald kurz nad) dem Kriege. Bol. Beilmayr, 
die Gensdarmerle im Königreiche Bayern (Salzb. 1814); Kamptz, allgemetner 
Coder der Genodarmerie (Berlin 1815); C. v. Pervin-PBarnajon, Handb. 
für deutfhe G. (2y3. 1810). j 

Gendebien, Alerandre, geboren um 1800 zu Brüffel; Abvolat und Mit- 
tebafteur des Courrier de Pays-Bas, trat ald Gegner der Regierung, befonders 
van Maanens, auf, vertheidigte de Potter u. war bei der Gommiffton, welche zu 
Ende Auguns 1830 nad) Haag reiöte, um dem Könige bie Beſchwerden der Bel- 
gier vorzutragen. Bon diefer Zeit an u. nady feiner Rüdreife war er Mitglie 
aller Eommifftonen u. kurz vor der Ernennung des Regenten wurde G. Minifter 
der Juftz; doch nahm ihm der Regent, Surlet de Chofier, bald darauf das 
Bortefeuille wieder ab u. ernannte ihn zum Präfidenten des Obergerichtöhofee. 
Dennod) war ©. ald Mitglied der Repräfentantenfammer fortwährend in der 
Oppofition, ſchlug 1832 die Stelle eines Generalprofurators beim Gaffationshofe 


Genealogie, | 665 


aus u. trat nun ganz auf die Seite der Republifaner. Bon biefer Partei wurde 
er ftetd wieder in die Kammer gewählt. 

Genealogie, eine Unterabtheilung der Heraldik (f. d.), zu deutſch Ge⸗ 
ſchlechts kunde, ift diejenige Biftenfbaft, weldye das Alter u. Herfommen ei⸗ 
ned Geſchlechtes, insbeſondere aber des Adele, deſſen Verbindungen und Ber- 
mähblungen, u. überhaupt den Blanz einer Familie durch urkundliche Belege, als 
da find: Tauf⸗, Traus m. Todtenfcheine, Chroniken, Kauf: u. andere Briefe, 
Grabſteine u. dgl. vom Sohne auf den Bater, je weiter, je rühmlicher zurüdzus 
führen ſucht. Bon einem alten Gefchlechte abzuftammen und das Geſchlechtsore⸗ 
gifter rein u. unverfälfcht zu bewahren, galt nicht nur bei den alten Deutſchen, 
deren ©. die Bardenliever pflegten, fondern bei allen gebildeten Völkern des Als 
terihums, infonderheit auch bei den Juden, als ein Föftliches Kleinod. Bon Ba- 
ter u. Mutter aus frei oder edel geboren, bildete bei den Germanen die Freien, 
was im Uebergange zum Mittelalter den Stammbaum zu 4, 8, 16 u. mehr Ah⸗ 
nen erzeugte, u. dem durch Turniere, Stifter u. felbft Gefebe bis zu Ende des 
18. Jahrhunderts eine unerreihbare Geltung zuwuchs. Wenn fchon heutzutage 
dieſe Wiſſenſchaft fich vernachläßigt findet, fo if ihr dennoch im Allgemeinen u. 
beſonders auch bei ftreitigen Erbfällen ein hoher Werth nicht abzufprecdhen. Sp. 
Die ältefle ©. iR die Götterlehre u. Beipenfabel, fowte wiederum die äl- 
tefte (mythiſche) Befchichte der meiften Völker genealogifch if; denn fie leiteten 
Die Volko⸗ u, Ländernamen newöhnlid) von einem Gott, Heros, König oder An⸗ 
führer, al8 ihrem Stifter u. Urheber, ab. Faͤngt doch dad Menfchengefcdylecht felbft 
nad) den heiligen Urkunden mit Einem Stammvater an. Die Jsraeliten, weil 
fie genetiſch Ein Volk waren, hatten von den früheften Zeiten an Geſchlechtsre⸗ 
giſter u. hielten eigene Leute (Schoterim, Schreiber), welchen die Beforgung 
der Gefcyledhtötafeln aufgetragen war. — Die Berfafjung mandyer Staaten und 
die Ungleichheit ihrer Bürger, wopurdy Hohe oder Bornehme (Nobiles, Notabiles) 
u. Niedrige oder Gemeine (Ignobiles, Leute) als Stände oder Kaften, Patrizier, 
Plebejer, Adel, Volk, Tiers-Etat unterfchleden wurben u. jene befonvere erbliche 
Vorrechte (Staatsrechte) erlangten (z. B. Stimmrecht auf Landtagen ıc.), verans 
laßte eine forgfältigere Behandlung der G., die im Mittelalter durch andere, das 
mit in Verbindung ſtehende, Anflalten (3. B. Turniere) befördert wurde. Um 
diefe Zeit traten daher auch die erften genealogifchen Schriftfteller auf 
u. das 15. Jahrhundert ift befonders reich an foldyen. Da damals die Geſchichte 
noch faft aller Kritik ermangelte, fo brachte man, um den Großen zu ſchmeicheln, 
eine Menge Fabeln in die ©. und führte deren Geſchlechter oft bis auf Aeneas, 
Achilles oder irgend einen andern Helden des trojanifchen Krieges zurüd, wie 
man dieß fdyon zu römifchen Zeiten gethan hatte; adeligen Familien dichtele man 
Ahnen an und fo entfland u. a. Hürn ers deßhalb berüchtigtes Turnierbuch, 
Simmern 1527. Kein Geſchlecht kann feine Ahnen wetter, als ins 11. Jahrhun- 
dert zurüdführen; weit fpäter noch find die Gefchlechtönamen entflanden. Im 
Anfange des 16. Jahrhunderts brachte Irenikus in feiner deutfchen Gefchichte 
u. PBappenheim in feiner Gefchichte des Haufes Pappenheim einigermaflen ges 
funde Anfichten in die G., die aber noch immer mit mythiſchem Wuſte u. leeren 
Eonjecturen überlaven waren. An diefen Gebrechen litten noch H. Henninge 
u. E. Reusners Arbeiten, gegen Ende des 16. Jahrhunderts. Erſt die Frans 
ofen du Chesne, ©. u. 2. du St. Martbe, Bode, Ghifflet, Laboureur, Lancelot 
le Blond brachten Licht in die &.; ebenfo Dugdale in England. In Deutidy: 
land vereinten zu Ende des 17. Jahrhunderts Rittershaufen u. Spener, fletd auf 
urkundliche Beweisführung dringend, die Heraldif mit der G. Im 18. und 19. 
folgten: Köntg, von Imhof, Hübner, Gebhardt, Hörfchelmann, Jchterig, Rantt, 
Eckhardt, Treuer, v. Schlieffen, v. Hormayr, der einmal betretenen Spur u. lei⸗ 
fteten befonvers in Aufhelung der G. fürftlicher Häufer Vorzügliches. Auch in 
England thaten Douglas, Betham, Gordon Gleiches. Nicht ohne Wichtigkeit 
waren biegenealogifchen Aimanachs u, Handbücher, zu denen der gothaiſche ge 


666 General— Generalpächter, 


nealogifhe Kalender ben meiften Impuls gab. Bol. Gatterer, Abriß der ©, 
Göttingen 1788; Koch, Tables genealogiques des maisons souveraines d’Eu- 
rope, deutfh Berlin 1803; Boigtel genenlogifche Tabellen 1810. 

General, die allgemeine Benennung für einen Dffister von hohem Range, 
welcher jegt in den meiften Armeen wentgftens eine Brigade kommandirt wenn er nicht 
eine andere befondere Beftimmung, als z. B. beim Kriegöminifterium, im General: 
Rabe (f. d.) u. f. w. hat. Es gibt verſchiedene Grade der Ge, welche jedoch 
nicht in allen Armeen gleich find u. aleiche Benennungen haben. Die gemöhne 
lichften Benennungen find wohl: &-Major, als der unterfte Grad, dann fol, 
@®,sLieutenant, dann G. der Infanterie oder Gavalerie (Artillerie, Gente), endli: 
der Marfhall oder Feldmarſchall, auch G⸗Feldmarſchall. Der ©.-Feldzeugmeifter 
war urfprünglich der oberfte G. der Artillerie; bei den Defterreichern führen die 
©.e der Infanterie diefen Namen. 

Generalbaß, bassus continuus, basso continuo. Der Vortrag der Bas 
flimme eines Tonftüdes, verbunden mit der Intonation aller einzelnen, mit Zi 
fer bezeichneten Weeorde, deren Grundlage fie bildet; dann die Kunſt ober Lin, 
terwelfung, eine Baßftimme zu beziffern (f. d.), oder eine mit Signaturen (f. d) 
verfehene Baßſtimme zu fpielen; endlich, allerdings aber in zu großer unftattbaf 
ter Ausdehnung, das ganze Stubium der Harmonte und Tonfunde (f. d.); Ge 
wöhnlich wird der ©. auf der Orgel ober auf einem Gfavierinftrumente gefptelt, 
theils um die Harmonte zu verflärfen, theils die Intervalle von mandyem Accorde 
u erſetzen, die in ben wenig flimmigen Sägen nody fehlen, u. die harmoniſchen 

üden auszufüllen, die öfter ziwifchen den Stimmen vorkommen, — Als Erfinder 
des ©.8 wird in der Negel der Mantuaner Kapellmeifter &. VBiadana um 
4600 genannt, In biefen Zeitpunkt ſeht zwar auch G. Baint die Eıfindı 
deffelben, ohne fie jedoch dem Biadana zuzufchreiben. Ihm zufolge haben biı 
K ichzeitige Schriftfteller über diefen Gegenfland gefchrieben, nämlich Viadang 

iancardi u. Agrayarl. Kleſewettet (Gefchichte der Muſik, S. 76) behauptet 
ausdrüdlidh, daß der ©. m. die Beyifferung lange vor Biadana vorhanden ge 
wefen feyen, u. leßterer fie in der ſtets falfch angezogenen berühmten Worrede zu 
feinen Concerti sacri 1603 eben fo wenig gelehrt, ald erfunden habe, Des näheren 
Beweiſes wegen beruft Kiefewetter ſich auf feine Tabulatur der älteren Praft. 
Art, 4., Lelph muflfal, Zeitg., 1834. Belläufig bemerkt, war Biadana ein Spar 
nier (fein Staltener), aber Kapellmeifter an der Domfirche zu Mantun, micht 
Mailand, fpäter an der Kirche di conoordia, endlich am der zu Fano. Endlich 
fol die Art, den G. nad) der Regel der Octave zu fpielen, Delaire um das 
Jahr 1700 erfunden haben. Die Griechen haben die Bezifferung des Baſſes 
nicht gefannt, u. v. Drieberg hält (vielleicht ebendeßhalb) das nanze Ziffern 
Unweſen für maſikaliſchen Gharlatanismus, zumal die Accorde in Roten audges 
ſchriehen werben Tönnen. . : 

Geueralmarfch, ein in einer ganzen Armee allgemeines u. beſtimmtes Zei: 
hen mit der Trommel ober Trompete zum Aufbruche. Sobald ©. gefötagen, 
oder bet der leichten Infanterie Allarm, bei der Eavalerie zum Ausrüden geblas 
fen wird, hat jeder Soldat ſich fogteich u. fo raſch, als möglich, bewaffnet, mit 
voliänbigem Gepäde, auf den Allarmplatz oder den ihm fonft bezeichneten Por 
ften hinzubegeben. 

Generalpädhter (Fermiers göneraux) biegen in Frankreich feit .1546 bis 
zur Revolution die Mitglieder einer Geſellſchaft, an die mehfe Gefälle, z. B. das 
Salz» u. Tabaksmonopol, die Binnen- u. Gingangszölle von Paris verpachtet 
waren. Zuerft verpadhtete Franz I. eine Salzfteuer, zu der fpäter mehre indirecte 
Gefälle kamen. Sully entzog fie den bisherigen Inhabern 1599 u. brachte durch 
Verpachtung an die Meifbtetenden u. Hinzuziehung mehrer Gefälle, die bisher 
anberwärtö verpachtet oder verkauft geweſen waren, ben Ertrag 600,000 Laub 
thaler höher, als er.geivefen war. 1728 wurden die bioher einzelnen Pachte in 
eing Finance gönsrale vereinigt und alle 6 Jahre an 60 Mitglieder verpachtet; 


Generalſtaaten — Geueralvikar. — 567 


789 betrug dieſer Pacht über 46 Millionen Thaler, die von 44 Perfonen be- 
ıhlt wurden; diefe unterhielten wieder ein Heer Unterbeamten u. bildeten ein eis 
enes Finanz⸗Collegium, das die Gefchäfte in 11 eigenen Deputationen betrieb. 
hr Gewinn, den Sully Ende des 16. Jahrhunderts zu 30 Millionen Thaler 
ihrlich angibt, betrug zuletzt jährlich nach Necker nur noch 6 Millionen Thaler, 
ı der Wirklichkeit gewiß weit mehr; der allgemeine Groll des Volkes war daher 
uf die ©., die diefe Summe durch die, für Jedermann höchſt drüdenden, Abgaben 
est ’ geriätet und in der Revolution wurden deßhalb fa alle G. ein 
er desfelben. 

Generalſtaaten, 1) ehedem die verfammelten Deputirten der vereinigten Nie⸗ 
erlande, weil fie fi mit Gegenflänvden, bie das gemeinfchafttiche Wohl aller 
zrovinzen betrafen, 3. B. mit Krieg u. Allianzen, beſchäftigten. Sie refipirten 
ı Haag, gingen feit 1593 nicht auseinander u. beflanden aus 60 Deputirten; 
och hatte jede der 7 Provinzen nur Eine Stimme. Die Deputirten wurden 
yeild auf Lebendzeit, theils auf beftimmte Zeit, nach Belleben der Brovinzen, er⸗ 
ählt; Offiziere u. in andern Staatsdienften Stehende waren felt 1625 ausge⸗ 
hloſſen. Der Erbflatthalter ward als erfled Mitglied der ©. angefehen ; bei 
er Groberung Hollands durch die Franzoſen 1795 wurden fie aufgelöst ‚vgl. 
ttederlande. 2) Seit 1815 die Deputirten der beiden fänpifchen Kammern 
ı den Riederlanden. Lite: Ihre Edelmögenden, Reſidenz: Haag (früher abs 
yechfelnd mit Brüſſel). Bol. Niederlande (Geſchichte). In den beigifchen 
Inruben, weldye die Trennung Belgiens zur Folge hatten, wurden fie wieder 
usfchließlich auf die 7 vereinten nörblichen Brovinzen der Niederlande befchränft. 

Generalvikar (vicarius generalis), heißt der, von einem Bifchofe aufgeftellte, 
ändige Stellvertreter in Ausübung ber bifchöflichen Jurisdictionsrechte, unter 
jelchem Namen alle zum Kirdyenregimente gehörigen Rechte, alſo die der geifl- 
hen Adminiftration eben fo fehr, wie die der eigentlichen kirchlichen Gerichts⸗ 
arfeit, verftanden werden; im Gegenſatze zu den Rechten der Weihe (juris ordi- 
is) d. h. zu den eigentlichen prieflerlidyen Funktionen des Bifchofs, bei welchen 
ch derfelbe der Weihbiichöfe u. Eripriefter als Gehülfen bedient (f. d. Art. Bi⸗ 
hof). Ein anderer Name für ©. iR auch officialis principalis. Jedoch kom⸗ 
ven auch beide Ramen zur Bezeichnung zweier nebeneinander ſtehender Aemter 
or, wo dann der ©. für die Aominifirationd s, der officialis principslis für die 
urisdictionsgeſchäfte im engeren Sinne beflellt if. Das Amt der G.e kam im 
3. Jahrhunderte auf. Bis dahin hatten die Archidiakonen (ſ. d.) diefe Ge⸗ 
häfte verfehen. Als letztere aber durch die ungebührliche Ausdehnung ihrer 
jewalt die biſchöfliche Würde u. Macht mehr u. mehr beeinträdhtigten, hoben die 
3ifchöfe, von den Päpflen unterflübt, das alte Amt der Ardyiviafonen dadurch 
uf, Daß fie nunmehr zur Wusübung ihrer Jurisdiction perſonliche Mandatare, 
eren Vollmacht fie jeden Augenblick widerrufen fonnten, und die ganz abhängig 
on ihnen waren, ernannten. Untergeordnete Delegaten biefer Art werden of- 
iales oder vicarii foranei genannt, während die unmittelbaren, fländigen u. all 
emeinen Stellvertreter der Biſchöfe in der Ausübung des Kirchenregiments aus⸗ 
hließlich den Namen G.e erhielten. Die Ernennung eines G.s fleht ganz In 
er freien Wahl des Biſchofs; er fann jeden Gelftlichen, wenn er audy nody 
icht Priefter ift (doch tft 3. B. in Spanien dieß erforderlich), als Mann feines 
zertrauens dazu erwählen; jedoch foll er mit den nöthigen Kenntnifien ausge⸗ 
iſtet, deßwegen in der Regel Doctor oder doch Licentiat des Fanonifchen Red)» 
8 feyn. Da, wo der Umfang der Didzefe, die Menge der Geſchäfte, oder das 
erfönliche Unvermögen des Biſchofs es erheifcht, fol immer ein G. beflellt: wer⸗ 
m. Wo Ein Bifchof mehre Diözefen vereint regiert, foll er für die einzelnen 
Hözefen befondere G.e aufftellen. Auch können in einer Diözefe mehre G.e in 
ylidum, die alfo alle zufammen für die ganze Diözefe competent, u. nur mehre 
räger Eines Amtes find, befellt werden, wie dieß in Frankreich fehr häufig tft 
grand vicaire), Die. Amtögewalt des G.s umfaßt die gefammte biſchoͤfliche Res 


668 “ Generation — Genever, 


alerungsgeiwait Davon find jedoch eine Reihe wichtigerer Fälle, die ausfchlieh 
ich dem Biſchofe vorbehalten find, ausgenommen, wie namentlich die Errichtung, 
Aufhebung, Theilüng, Verleihung und Entziehung von Pfründen und Memtern, 
wichtigere Straffälle, Ertheilung von Dimifforin zur Ordination u. ſ. m., wozu 
«8 einer fpeziellen Bevollmächtigung durdy den Biſchof bedarf. Uebtigens fann 
der Bifchof die Gewalt feines ©.8 nody mehr befchränfen; daher «8 bei der Br 
urtheilung der Amtsbefugnifie deffelben zunächft auf den Inhalt der vom Biſchoſe 
empfangenen Vollmacht anfommt. Der ©. wirb mit dem Bifchofe nur als Eine 
Berfon angefehen, daher Tann von ihm nicht mehr an den Biſchof appellirt wer: 
den, wie dieß bei ben vicariis foraneis ber Fall if. Das Mandat des ©.s if 
tein perfönlich ; «8 lann daher von —— jeberzeit frei widerrufen werden, 
u. es erlifcht dafjelbe von felbft im dem Augenblide, wo ber Bifchof, der es er 
theilt hat, flirbt. Gerade dieſe ſchlechthinige Abhängigfeit des ©.d vom Biſchofe 
Äft e6, welche dem Wefen u. der Fülle der Bifehöfiden Gewalt entfpridht, wäh: 
rend bie allzu felbfilänbig und unabhängig gewordene Gewalt der Archioiafonen 
damit, alfo mit einem Fundamentalartifel der Fatholtfchen Kirchenverfaffung, im 
Widerfpruche ſtand u. daher auch, fobald dieſer Mißſtand ſich mehr umd mehr 
fühlbar machte, von der. Kirche ab; efchafft u. durch das Inſtiiut der @.e erfi 
wurde. Der ©. nimmt al® —— je nächſte Stelle nach dem Bifchofe 

u, geht allen Dignitaren der Domcapitel vor, während er in Functtonen, wo er 
nicht als Stellvertreter des Bifchofs, fondern etwa lediglich als Domcapitular 
aufırktt, feinen anderweitigen Rang einnimmt, Bon dem ®.e tft wohl zu unter: 
f&heiden der Gapitelsvifar, der bet Erledigung eines bifdöflichen Stuhles 
vom Domcapitel * Verwaltung der Diözefe während der Sedisbacanz gewählt 
wird. Der Gapitelsvifar fteht nicht in demſelben perfönlichen Abhängigfeitöver- 
hältniß zu dem. Eapitel, wie der ©. zum Bichofe; vielmehr hat er feine durch 
die Kirchengeſehe beflimmte Amtögewalt, u. kann ihm non dem Gapitel nach ſei⸗ 
ner Wahl nicht mehr nach freiem Grmeffen die Gewalt entzogen werden. H. 

Generation (wörtlid Zeugung), 1) Die einzelnen Glieder in der Ge 
ſchlechto folge von Kindern, Enfeln ıc., ober auch rüdwärts. von Eltern, Groß- 
Eltern 16. — 2) Die Maffe zu gleicher Zeit lebender Menfchen, man rechnet fie 
fo lange als dauernd, bis Die Mehrzahl derfelben präfumtiv geftorben iſt; bier- 
nad) fontmen auf jedes Jahrhundert etwa 3 ©.en. 

Genefis qurfpeung, nannten die 70 Meberfeper (Septuaginta) das erfle 
unter den kan onifchen Büchern und unter den Büchern Moſis, von under 
frittenem göttlichen Anſehen. Es mihält 1) die allein ächte Urkunde von 
der Schöpfung der Welt u. der Menfchen, bis auf die Sündfluth; 2) die fer⸗ 
nere Gefchichte der Erzväter, unter denen Abraham, Iſaak und Jakob die merk 
wuͤrdigſten find, Abraham aber der Mittelpunkt des ganzen Zeitabfchnitted von 
mebr als 2300 Jahren it — bis zum Tode des Patriarchen Jo ſebh. Diefes 
Bud) {ft eines der merkwuͤrdigſten u. lehrreichſten der ganzen heiligen Schrift. 

Genefung (reconvalescentia), iſt der Uebergang von einer Kranfheit in den 
Zuſtand ber Gefundheit, der von dem Arzte Immer als eine Periode der Kranl⸗ 
beit ins Auge gefaßt werden muß. Die nach und nach wieberfehrenden Körper 
u —X erheiſchen Schonung. Der neue Lebensirieb täuſcht oft durch nur 
ſcheindare Kräftigkeit. Befonders if dem wiederkehrenden Appetit zu mißtrauen, 
dem die Verdauumgsfraft noch nicht entfpricht. Dft werden durch Fehler wäh- 
rend der ©. Rüdfälle oder Rachkranfheiten herbeigeführt. 

Geneihbliakon (griech.), ein Geburtstagsgedicht. — Genethliafus, ein 
Nativwätöfeller, der aus dem Stande der Geftiine bei der Geburt eines Men- 
hen defien kuͤnftiges Geſchick vorausfagte. 

Genetife (griedh.), was fi) auf die Erzeugung, Entſtehung, Abſtammung 
bezieht; daher g.e Erflärung eine ſolche heißt, die nicht mur die Merkmale, 
fondern auch die Entfchung von Etwas andeutet. Bergl. d. Aıt. definiren. 
Genever (vom franz. geniörre, Wacholder), ein durch Defillation aus 


Geuf. | 668 


Wachholder bereiteter Branntwein, welcher befonders bei Li Geeleuten ſehr bes 
liebt iR u. daher einen bedeutenden Handelsartikel bildet. Der beſte und meiſte 
wird in Holland u. namentlich in Schiedam bei Rotterbam verfertigt, wo es als 
lein gegen 300 Brennereien gibt; in ganz Holland aber follen jährlich gegen 
2 Millionen Anker oder 80 Millionen Berliner Quart verfertigt u. davon $ aus⸗ 
geführt werden, dad Meifte nady Oſtindien. — In England heißt der holläns 
difche Wachholderbranntwein Geneva, der im Irlande verfertigte aber Gin. 
Genf 1) ver Canton, feinem Umfange nach der Eleinfte der ſchweizeriſchen 
Eidgenofienfhaft u. dem Range nad) der zweiundzwanzigſte, liegt am fühlichften 
in der weftlichen Schweiz, von Savoyen u. Frankreich umgeben, und nur durch 
einen Keinen Bezirk mit dem Canton Waadt verbunden, in welchem audh, ganz 
abgefondert, die Gemeinde Beligny liegt. Sein Flächeninhalt, 44 ) M., befteht 
aus Hügeln, die vom Jura u. Saleve herabfkeigen u. aus Fleinen (Ebenen; bes 
wäfjert wird derfelbe von der Rhone, weldye die Arve aufnimmt, u. einigen klei⸗ 
neren Bächen; Enthellung in 36 Givilgemeinden. Bon den 63,000 Einwohnern 
find etwa 20,000: Katholifen, welche zur Diözefe des Biſchofs von Laufanne 
(zu Freiburg) gehören; die übrigen, mit Ausnahme von etwa 800 Lutheranern 
u. 10) Juden, gehören dem calvintfchen Belenntniffe an. Sie ſprechen die frans 
zöflfiche Sprache u. find eine Zufammenfegung von Franzofen u. Schweizern, ges 
wandt, fröhlich und thätigz fie wohnen in 8000 Häufern, welche für 40 Milllo⸗ 
nen Franken affecurirt find. In dem milden Klima u. dem durch den Fleiß der 
Bewohner fruchtbaren Boden gebeiht der Weinſtock, feines Gemüfe, die fchönften 
Dbfigärten, Wiefen u. Getreivefelder. 9300 Jucharten (poses) werden zu Wein⸗ 
bergen, 44,196 zu Wderland und 18,687 zu Wiefen und Baumgärten (alle zu 
25,000 ®evtertfuß) benützt; auch Viehzucht wird getrieben, fogar Schafzucht. 
Man rechnet an 3000 —4000 Stüd Merino's in den Umgebungen der Haupts 
ſtadt. Aber das Alles reicht zum inneren Bebürfniffe nidht bin, Die Ausfuhrs 
artikel befichen in Fabrikwaaren, die zahlreich in der Hauptflabt verfertigt wer⸗ 
den: vorzüglid Uhren, Gold⸗ u. Giiberarbeiten, baummollene Zeuge, Tücher, 
Leder, Hüte u. f. w. — Der Canton befteht aus der ehemaligen Republif ©. u. 
ihrem Gebiete u. einigen Driichaften Savoyend u, des Laͤndchens Ger, weldye 
theild durch den Wienersliängreß, theild durch den Frieden von ‘Paris im Jahre 
1815 ihm beigegeben wurden. Die Berfaffung {fl demofratifchyerepräfentativ; alle 
Bürger geniepen gleicdye Rechte. Die oberfte Gewalt übt der Repräfentantens 
Rath, der, mit Inbegr:ff ded Staatorathes, aus 278 Gliedern beſteht; den Bors 
fig in beiven Räthen führt der erfte der vier Syndicus. Der Staatsrath iſt die 
verwaltende u, vollziehende Behörde. Er zählt 28 Mitglieder, deren Stellen les 
benslänglich, aber der Genfur unterworfen find. Außer dem oberften Gerichtshofe 
von 9 Peiſonen befteht ein Recurs⸗Gericht zur Begnadigung und Eaffation von 
Urtheilen gegen Verbrecher. Die erſte Inftanz heißt Audienz-®eridht. Handels: 
Streitigkeiten entſcheidet ein eigenes Gericht (vgl. Geſchichte). Die Staatsein⸗ 
fünfte betragen etwas über eine Million Yrancd, u. eben fo viel die Ausgaben; 
das Bundes:Eontingent beträgt 1405 Mann. Die öffentlichen Lehranftalten, bes 
ſonders in der Hauptftadt, find Bert ich eingerichtet. An der Akademie werden 
alle Wiſſenſchafien gelehrt, und diefe, fowie die Künfte, durch verfchtevene Gefell- 
fchaften befördert. — ©. hieß in älteren Zelten Geneva u. war eine Sfäpt ber 
Allobroger. Im 5. Jahrhunderte kam fie an die Burgunder, und um dieſe Zelt 
war audy fchon das Bisthum zu G. gegründet. Sie gerieth dann unter die Herrs 
ſchaft der Ftanken u. ward im 9. Jahrh. eine Stadt des letzten burgundiſchen 
Reiche, unter dem die Grafen von ©., von denen der erfle, Ratbert, 880 vors 
fommt, ihre Würde erblich machten. Diefe Grafen widerſetzten ſich, als Hochburgund 
unter Konrad II. Theil des deutfchen Reiches ward, den Kalfern, u. mit Mühe un- 
terjochten fle diefe. Sie legten deßhalb ihre Oberherrlichfeitsrechte in die Hände der 
Biichöfe zu G., welche in befländiger Feindſchaft mit den Grafen von ©. lebten. 
Restere trugen im Ganzen den Sieg davon u, bemächtigten fid) auch der umliegenden 


670 Genf. 


Gegend, öftlich und ri vom Get See, die fie als Grafſchaft Genenots ve 
gierten. Um 1175 bemächtigten ſich die Grafen von Savoyen eines großen Theis 
les dieſes Beſihes, ja, fie breiteten ihre Herrſchaft bis G. und eine Zeit Tange 
auf die Stadt felbft aus, machten, wegen des 1365 von Karl IV. erhaltenen 
Vicariats, Anfprüche auf die Oberherrlichfeit und blieben auch dabei, als der 
Kaifer im folgenden Jahre das Vicarlat, auf Anfuchen des Bifchofs, wieder auf 
bob. Schon im 13. Jahrhunderte war bie — Genevois, nach Ausfterben 
der eigentlichen Grafen, an die Familie Billars gekommen, Vertragsweiſe fielen 
deren Beflpungen, als auch fie 1401 erloſch, am Die Herzöge von Savoyen. Diele 
gaben gewöhnlich die Herrfchaft Genevois nadhgeborenen Prinzen ihres Haufe 
zur Apanage, während die Stadt ©. ihre Unabhängigfeit unter dem Biſchöfe er, 
hielt und in ihren Rechten von Katfer Sigismund beftätigt ward. 1478 veran 
laßten Streitigkeiten mit Savoyen die Stadt ©. zu einem Bündnif mit Freibur 
und Bern, das fpäter, 1519 und 1525, erneuert wurde, 1527 befreite ſich 
Stadt gänzlich von dem favoyifchen Bicevom. 1533 ſchloß audy ©. fidy der fo 
genannten Reformation an; es war der Sig der Hauptkämpfer für den Abfall 
von der Kirche (vergl. die Artikel Calvin und Reformation) umd hat fih 
dadurch das *Bräpifat des „pröteftantifchen Roms“ erworben. Der Biſchof that 
deßwegen die Stadt in ven Bann, und das der Kirche treu gebliebene Freiburg 
kündigte der Bürgerfchaft das Bündnig auf. Dagegen erklärte fi) nun G. vom 
Biſchoͤſe frei und Bern erneuerte 1558 dem bisher nur auf 25 Jahre gefchloffenen 
Bund auf ewig, welchem 1584 aud) Zürich beitrat. Bon nun an wurde ©. als 
zugewandter Ort der Eingemoffenfchaft betrachtet. 1602 machte Savoyen einen 
Berfuch, ſich der Stadt durch eine Escalade zu bemächtigen, ward jedoch zurüd- 
geſchlagen. 1798 rüdten die Branzofen in Genf ein umd vereinigten die Stadt 
vermöge eines, den 26, März unterzeichneten, Bertrags mit Frankteich. Ste warb 
dadurd) Hauptftabt ded Departements Leman, zu dem die ganze Grafichaft Ge 
nevois u, m, a. kam. 1815 warb das wieder von Frankreich losgerifiene ©, 
ein — Canton der Eldgenoſſenſchaft. Die Stadt erhielt dazu Abtretungen 
von Genevois. Dieſe Provinz Fam wieder an Savoyen, und es warb durch den 
Wiener Congreß beftimmt, daß das game Genevoisg mit Faufitgny, Ehabloid 
und dem oberen Theile von Ehambery bei künftigen jen neutral ſeyn ſolle. — 
Das ehrenfefte, befonnene, und in feinem alljettig fich entwidelnden Wohlſtande 
fich behaglich fühlende ©. blieb von den Folgen der frangöſiſchen Julirevolution, 
welche in den übrigen Gantonen der Schweiz mehr oder minder heftige Ummäl- 
zungen hervorriefen, faft gänzlich unberührt und, wenn wir eine vorübergehende 
confefftonelle Sriedensftörung im Jahre 1835, die ihren Grund in der folennen 
Jubelfeier der Genfer’fchen fogenannten Reformation (mas in einem fo kleinen 
parttätifchen Staate, wenigſtens in dieſer Form, gewiß nicht am Platze war) hatte, 
abrechnen, fo war es erft der neueflen Zeit vorbehalten, die Fadel wiettacht 
und des —*— aud) in dieſes ſonſt fo hoch geachtete Gemein! hinein 
qumerfen, — Am 3. März 1841 bildete fich, ofien ſibel hervorgerufen durch die 
ertagung eined Geſehes über die Municipalorganifation der Stadt ©., eikıra 
difaler Berein, deſſen Streben dahin ging, ale in der Berfaffung noch befindli⸗ 
u hiſtoriſchen Wlemente vollend& zu verdrängen u, ultrabemofratifche an deren 
ätelle-zu fegen. Diefer Verein wurde bald fo zahlreich, daß die Regierung fidh 
sersig fah, am 22. Rov. 1841 den Repräfentantenrath zu verfammeln, um von 
diefem Vorſchlaͤge zur Menderung der Berfafjung im rein demokratiſchen @eifte zu 
empfangen. Zwar verfammelte der Ständerath an dieſem Tage die Truppen des 
Gantond; da diefe aber nur ſehr wenig Luft zeigten, gegen das Bolk zu Kämpfen, 
fo beſchloß die Regierung eine Revifton der Verfaffung von 1814 und die Wahl 
einer conftituirenden Berfammlung zu diefem Gehufe. Diefe trat am 11. 
December zufammen und endete ihr Gefcyäft im Junt 1842, wo die neue Ber 
faffung ins Leben trat. — Einmal der Beilegewalt nachgegeben, konnten weitere 
Atentate diefer gegen das Anfehen der Regierung kaum mehr befremben. Da 


Gef. 671 


nämlich die Conſervativen die Mehrheit im Berfafung rathe, im conseil röpre- 
sontatif und im Staatsrathe, die Radikalen dagegen 





® 
| m ftädtifchen Gemeinderathe 
behaupteten, fo Fam es im Februar 1843 bei Gelegenheit der dritten Berathung 
über daß, ven Radikalen verhaßte, Gefeb wegen der Berwaltung des Staatsraths zu 
einem bewaffneten Aufftande, wobei es die Infurgenten auf Einfegung einer pro- 
vifortfchen Regierung abgefehen hatten. Allein die Miligen fanden —* dießmal 
(reicher zum Schuge der Behoͤrden ein u. die Inſurgenten mußten, nachdem bie 
terung am 14. Febr. 1844 eine allgemeine Amneftie erlafien, die Waffen ftreden. 
Soon vorher (12. Ian. 1844) hatte fi der Große Raıh für die Kinführung 
der Geſchworenengerichte entſchieden. — Auf der Tagſatzung von Züridy im Jahre 
1846 war ©. dem Beſchluße der Minderheit, das Defenfivbündnig der fieben ka⸗ 
tholiſchen Gantone gegen die Freiſchaarenzüge (f. vd.) aufzulöfen, nicht beis 
getreten, vielmehr flellte nady dem Schluſſe der Tagſatzung der G.er Staatsrath 
dem am 21. September 1846 verfammelten Großraihe den Antrag, auf die Eins 
berufung einer außerorventlicdyen Tagſatzung hinzuwirken, damit diejenigen Gantone, 
die auf ihrem Gebiete einen feindlichen Einfall in einen andern Canton entweder 
felbR organifiren, oder deſſen Organiſation durdy Andere zulafien würven, dafür 
verantwortlich gemacht werben follten; auch follten dem Bororte zeitweife zwei 
eidgenöffifche Repräfentanten beigegeben werden. Dieß war nun freilich ein ents 
ſchledenes, aber gewiß nur allzu begründetes, Mißtrauensvotum gegen Bern, an 
weldyes mit dem Beginne des Jahres 1847 die vorörtliche Leitung überging. 
Diefer Rantsrärthliche Antrag wurde von dem gwßen Rathe, in einer zwar etwas 
mopifichtten Form, angenommen; jedenfalls aber blieb es bei dem vorläufigen 
Nichtbeitritte G.s zu dem Züridher Votum. Auf diefen Befchluß bin verließ vie 
gelammie radikale genferifche Oppofition den Sitzungsſaal, und noch am gleichen 
ge (3. Det.) wurde eine Berfammlung von mehren hundert Bürgern veranftals 
tet und eine größere von einigen Taufenden auf den 5. October vorbereitet. Die 
legtere erklärte einmüthig den Großrathöbefchluß für ungültig und ernannte eine 
fogenannte conftitutionelle Commiſſton von 25 Mitgliedern zur Abfaſſung der Pros 
teftatıon u. zur Miıtbeilung verfelben an den Borort u. an alle Schweizer Res 
gierungen. Inzwiſchen berief die Regierung Truppen und erließ am 6. Det. eine 
wirkungslos gebliebene Rociamation. An demfelben Tage. bildete fidy im Quar⸗ 
tir St. Gervais, am linfen Rhoneufer, eine Volksverſammlung. Sie beichloß 
zwar, Feine Dffenfive gegen die Regierung ergreifen zu wollen. Allein auf die 
Nachricht, daß die Verhaftung einiger Häupter der Volkspartei beabfichtigt fet, 
bemächtigten fidy die Unzufrievenen am Abende der Borfladt St. Gervais u. ver- 
bartifadirten fie während der Nacht. Nach vergeblichen Unterhandlungen am 
folgenden Tage ließ der Staatsrath am Nachmittage die Vorſtadt befchießen, allein 
die Infurgenten wiefen überall die Angriffe der Milizen der Regierung mit ftars 
fen Berluften für diefe zurück. Gleichwohl gedachte der Staatsrath, am 8. Dkt. 
die Beſchießung fortfegen zu laflen. Allein eine, an demfelben Tage im Haupt- 
theile der Stadt gebildete, Volköverfammlung ließ jegt durch ihre Abgeordneten 
den Staatsrath zur Abdankung auffordern. Bon allen Seiten verlaffen, gab er 
nad und legte die Gewalt in die Hände des Gemeinderaths. ine Bolföver: 
fammlung am 9. Det. ernannte eine proviforifche Regierung von 9 Mitgliedern 
unter dem Borfite von James Fazy, dem Hauptleiter der Bewegung, erklärte 
den biöherigen Großrath für aufgelöst und In der Sonderbundsfrage den Beitrtit 
G.s zum Antrage von Zürich. Sugleic wurde auf den 25. Dct. die Berufung 
eines neugewählten Großraths von 90 Mitgliedern, der Hälfte des früheren, bes 
fchloflen, der zugleidy als Verfaſſungsrath einen neuen Gonflitutiondentwurf aus⸗ 
arbeiten follte. Im Laufe diefer Verhandlungen wurde von dem, der Mittelpartei 
des tiers parti angehörenden, Abgeordneten Senn der Borfchlag zu einem in der 
Bildungsgefchichte der Verfaſſungen ganz neuen Wahlfyfteme, zu einer fogenann- 
ten Repräfentation der Meinungen gemadht. “Der eigentliche Urheber des⸗ 
felben tft der befannte Fourieriſt B. Conſidérant, der kurz vor und nach der 


672, u Genf. 

G.er Revolution in Laufanne und G. ſocial Vorleſungen gehalten: unb 
Revolution als die’ erfie N elaftkifepe ir, Gurone be ed ba Alein biefer Fi 
flag fand nirgends Anklang, indem man mit Recht bemerkte, daß in Diefem Kalk 
die meiftbietenden ‘Brogrammenmacher ſtets den flärfiten Zulauf haben würben, 
Sept iſt endlich das neue G.er Verfaſſungswerk beendigt; allein basfelbe iR noch 
fo neu und bat noch fo gar Feine Geſchichte, daß ein Urtheil darüber nach ſeinen 
inneren Sehalte wohl kaum möglich tft; nach feinem Urfprunge beurtheilt, kann das 






pofltion gegen die neuefle Ordnung der Dinge Bervorgetreten, und ed if 
als wahrfcheinlidh, daß für ©. neue Wirren in Ausficht ſtehen. 


Reſultat jedenfalls nie ss ausfallen. Auch iR ſchon jest eine zahlreiche 3 
den 


Genf, die Hauptfladt des Cantons, am Ausflufle der Rhone aus 
Genfer See, weldye die Stadt in drei ungleiche, durdy 4 Brüden wieder verbun 
dene Theile trennt, liegt auf einem fchönen Hügel, 1152’ über der Meeresflächk, 
tft befeſtigt u. Die bevälkertfie Stadt der Schweiz, indem fie 30,000. Binwohne 
(darunter über 6,000 Katholiten) zählt. Wenige Städte von gleichem Umfange 
genießen in wifienfchaftlicher, Fünftlerifcher u. gewerblicher Beziehung eine® fo aus⸗ 

ebretteten u. gegründeten Rufes, ald G., dad von jeher für einen Sig firenger 
—* ner Geſelligkeit, großer Ruͤhn keit in Gewerb u. Handel u. eine 
mit Maͤſſigkeit gepaarten Weberfluffes galt. G. iſt der Geburtsort nicht w 
rünmter Männer: eines Lefort, Reder, Bonnet u. vieler anderen großen 
Ichrten, Künftler u. ſ. w. Die Stadt iſt nody jetzt Lieblingsaufenthalt vieler 
Srempen, namentlidy der Engländer, wozu ed durch den feinen Gefellfchafteten 
einer Bewohner, feine herrliche Rage am See, defien Ufer bald lieblich u. frucht⸗ 
ar, bald wild u. romantiſch find, ſich vorzüglich eignet. Unter den öffentlichen 
Gebäuden zeichnen fidy aus: die Kathebraltirche Gt. Peter, unter allen Gebäuben 
der Stadt am höchfien gelegen, mit einer neuen Borberfeite nad) dem Mufter des Baw 
theons in Rom u. drei Thürmen, in deren Innerem ſich die Grabmäler des Her 
3098 Heinridy von Rohan, feines Sohnes Tankred u, des Agrippa von Yubigue 
befinden; das Ratbhaus, zu deſſen höchften Zinnen man ohne Treppen gelangt; 
das Colleglium, das Obfervatortum, das Hofpital, Schaufpielhaus, der alte 
Inſelthurm u. viele fehr fchöne Privathäuſer. Unt 


den Anfalten u. Bereinen 
ftebt oben an: die Akademie mit 15 ordentlichen u 


mehren außerorbentlidhen 

Brofefioren. Das Collegium mit 9 Claſſen, die Zeichnungsſchule, Die deutſche 
Schule, zwei Schulen des gegenfeitigen Unterrichts; die Geſellſchaft zur Be 
[perung und Ermunterung der Künfte und des Aderbaued; die Gefellfcdyaft für 
aturwiſſenſchaft; zwei Geſellſchaften für Arzneikunde; die allgemeine Lefegefells 
ſchaft in einem trefflichen Lokale; die Gefelichaft für den Kirchengeſang und für 
Katechumenen; eine Bibel» und die Miſſtonsgeſellſchaft. Das Hauptipital mit 
audgedehntem, von der Hauptpirection geleitetem Wirkungsfreife; das MWobhlthäs 
tigfetöbureau; die Walfens u. Vormundskammer; die ‘Privatverforgungsanftalt 
für weibliche Waiſenkinder; die allgemeine Erfparnißcafie.e Das neue, trefflid 
eingerichtete Zuchthaus (prison pe&nitentiaire) übertrifft Alles, was von Straf 
bäufern in der Schweiz eriflirt. Unter den verfchiedenen wiſſenſchaftlichen umd 
Kunffammlungen fteht oben an die Stabtbibltorhef mit mehren merkwürdigen 
Handichriften, Alterthümern, vielen mathematifchen Inftrumenten und Bildnifien 
berühmter Grafen; die Bibliothek der allgemeinen Leſegeſellſchaft; das akademiſche 
Mufeum; mehre Raturalien- u. Mineralienfammlungen von Privaten, der bo: 
tanifche Garten auf der bürgerlichen Baftel; die Sammlung von Gemälden und 
Sypsabgüflen im Muftum Rath und. mehre Privatfammlungen. — Als Fabrik 
Stadt iſt ©. die erſte in der Schweiz; über 3000 Menfchen befcyäftigen fi 
mit der Berfertigung von Uhren (jährlich gegen 80,000) und mit Arbeiten von 
Bold und Kleinodien, über welche alle ein Bureau die Aufficht führt. Die Ars 
beiten für Uhren find fo mannigfaltig u. vertheilt, daß 3. B. eine eigene Ieaer 
Fabrik befteht. Beträchrlich find auch die Kattundrudereien u. Gerbereien, Tuch⸗, 
Feilen⸗ Hut» u. Schuhfabriken. Auch wre icaen Bonauird way lhasiie 






Genfer See — Genie, er. 


Geſchaͤfte. — Die herrliche —D end mit prächtigen Landhäuſern, ſchönen Hü⸗ 
geln, Gärten, Weinbergen u, leblichen Seeufern bietet die mannigfaltigfte Aus⸗ 
wahl zu Spaztergängen u, Heinen Ausflügen dar. Auf ver Schweizer Seite 
iſt ein fchöner Standpunkt eine Biertelftunde vor dem Thore St. Gervals, Man 
fieht die ſüdliche u. öfliche Gebirgsfette, den Jura u, die Geeuferz ferner auf 
dem Bine St. Jean bei dem Landhauſe les Delices, nahe dem Landhaufe des 
Herrn Chatles de Eonftant, bei den Hügeln von Sacconer, bei dem fehr ce 
(Heaven gebauten Landhauſe des Herrn Saladin im Dorfe Pregy. — Eine 

terteltunde vor Groß-Sacconer {ft der fhönfte Standpunft, den Montblanc (f. d.) 
bei Sonnenuntergang zu fehen. Auf der Savoyiſchen Seite find empfehlens⸗ 
werth: die Hügel Cologny, Boiſſiere u, Champel, Plainpalais, Tour des Jar⸗ 
ding, beim ufammenflofe der Rhone u. Arve, 

Genfer, See (lateiniſch lacus Lemanus, daher ftanzöſiſch Iac Leman), ein 
fifchreicher See an der Außerften fünweftlichften Selte der Schweiz, zwifchen dem 
gernothume Savoyen u. den Gantonen Wallis, Waadtland u. Genf, hat den 

amen von der daran liegenden Stadt Genf. Er ift 33,670 franzöfliche Klafter 
oder 20 Stunden lang, 7200 bis 7500 Klafter oder 34 Stunden breit, dem 
Belfen_von Meillerie gegenüber 949 Fuß tief, 1125 Fuß über dem Meere, hat 
15 [] Meilen im Spiegel, wird von der Rhone durdftrömt und nie ganz mit 
Eis devedt, Gr ift von reigenden Ufern umgeben und befonders reich an Lachs⸗ 
Forellen, die oft an 30 Pfund ſchwer find, u. dem ihm eigenen Berat. Die aufs 
fallendfte Naturmerfwürbigkeit des Sees iſt die Seicye, eine Art Ebbe und 
Bluth, die bisweilen 4 Fuß beträgt u. von der Veränderung in dem Drude der 
Atmofphäre plöglich emiftcht. Die Schifffahrt auf dem See ift fehr beveutend, 
Indem derfelbe nicht nur von wielen großen Schiffen, die bis zu 3000 Gentner 
laden, fondern auch von zahlreichen Dampfichifien befahren wird. — Bon dem 
®. hatte das franzöfliche Departement Leman den Namen, welches die nörblidye 

jälfte Savoyens u, das Genfer Gebiet begriff u. auf 47 [J Meilen 210,478 

Inwohner u. die Hauptſtadt Genf hatte, 

Genga (Annibale della), f. Leo XI. 

Gengenbach, Stadt und Amtsfig im Mittelrheinkreife des Großherzogthums 
Baden, an ver Kinzig, hat ein ſchoͤnes Rarhhaus, — wet Kirchen und 
2700 Einwohner, weldhe viele hölzerne Grräthe verfertigen, eine große Steins 
gutfabrif u. einen Etfenhammer. — ®. war fon im 10, Jahrhunderte um die, 
nad Ginigen ſchon 740 von Herzog Ruthard von Elfaß, nach Andern 742 von 
Biſchof Pirminius von Straßburg geftiftete, reichöunmittelbare Benebictinerabtet 
gleiches Namens entftanden. 1278 erlangte Abt Berthold von Kaiſer Rudolph I. 
das Prioileglum, daß die Klofterunterthanen nicht an ein höheres Gericht ap⸗ 
pelliren durften. ‚Die Stadt war einige Zeit halb an Straßburg, halb an Kurs 
pfalz verfegt, jedoch im 3Ojährigen Kriege, als Kurpfalz geächtet war, freige⸗ 
geben, ward 1632 von den Schweden genommen, 1688 von den Franzoſen arg 
mitgenommen, Fam 1802 an Baden u, galt (mit Offenburg, Zell u. Thal- Hams 
meishach) als Graffhaft. 

enle Catein. ingenium), ein eminentes, nicht durch Fleiß und Uebung era 
torbenes, fondern angeborenes Geiftevermögen, weßhalb auch die Alten daſſelbe 
einem unmittelbar In dem Menſchen wirkenden Gotte (genius), einer innewohnenden 
aöttlichen Kraft der Begeifterung (ivSovorasuor xai iepov rveöna) zufchrieben, 
Dan besteht das ©. entweder auf Geiftesfähigfeiten überhaupt, oder auf eine bes 
fondere Hähigfeitigu freierer Entwidelung des Geifted, entweder Etwas ſchnell u, 
Hlar einzufehen, um darnach mit Leichugkelt Vorftellungen oder Ideen zu combir 
niren, oder für eigene Leitungen; hiernach unterſcheidet man auch mehre Arten 
des ©.8, als vhrtofophif@es, mathematifches, —— mechani⸗ 
ſches, Rundg. Sind einem Menſchen mehre Geifteskräfte In ungewöhnlicher 
öhe, aber einander unterftügend, verliehen, fo fagt man won Ihm. ıı N 
2% WÄR die Sphäre, in welcher Einer dabutch Höheres Who, wugitnien N 
Wealinepelopäbte. IV, Ar 


* 

2 . Batien —Bentib, \ 

3 
nennt man ihn auch ein Univerfal.®. Das ©. hat mit dem Infinkt nicht nur 
das mn ba es angeboren iſt, fondern auch, daß es wirkt, ohne-fidh eigentlich 
bewußt zu feyn, wie und auf welche Weife es thätig u. probuciiv I Uebrigens 
hat «8 ohne auenihung durhaus feinen Werth, was fchon Horaz trefflich in 

Igender Stı jegeichnet : 

fe Strophe be Doctrina vim promovet insitam, 
’ Rectique cultus nectora roborant, 

Was dad ©, erfaßt, das erfaßt es willenlos, durch einen inneren Drang, zu⸗ 
gleich aber auch mit Wärme und Innigkeit z es lebt und webt dann in ihm und 
wird gleichfam die Seele feines Erzeugnifies. In dem Verhältniſſe, als ein G. 
eine beftimmtere Richtung nimmt u. gewöhnlich dann nur Außerordentliches Leiftet, 
tritt fehr leicht in das gel je Leben ein Mipverhältnig ein; daher jedes ®. in 

twöhnlichen Lebensverh imifen Nachſicht in Anfpruch zu nehmen hat. Gewöhns 
ia iſt ein ©. nur auf die Jahre ver Kraft angewiefen. Ein frübzeitiges ©. (in- 

'nium praeoox) hat einen fehr prefären Werth (j. Frühreife). Vgl. Sulzer, 
ber das ©., im 1. Thelle der vermifchten philofophifhen Schriften; Flögel, 
vom ®.,. im 4. Bd. der Breslauer Sammlung vermifchter Beiträge; Br 
Rräffer, vom ©. (Hanau 1770, 4); Wieland, Berfud über das ©. (Reipzig 
4779)5 Bouterwed, vom griechifchen und modernen Gentus (Bötting. 1791; 
Weife, allgemeine Theorie des ©. (Heidelb. 1822). 

Genien (genii), waren nach der Vorſtellung der alten Römer, zu denen 
diefe Lehre von den Etrusfern übergegangen if, urfprünglidy die Bötter der Fort 
yflanzung des Menſchengeſchlechtes (von gignere, zeugen), daher. vorzugs weiſe 
Schuhtzgditer der Bamilienväter; dann Überhaupt Gottheiten untergeorbneten Raus 
ges: „Hellige Diener des Zeus, der flerblichen Menſchen Behüter.” Spaͤter thellte 
man fie in Wefen guter u. feindfeliger Ratur, Bangaen legterer Art fchredten u. 
verwirtten die Werkten; die guten leiteten die Gteßdlichen zur Tugend u. bildeten 
fe, ſelbſt auch gute Dämonen werben zu Fönnen. Alles batte einen guten u. einen 
böfen Genius: Menſchen, Gefchäfte, Städte, felb Götter. Bei den Römem 
biegen die ©. der Brauen Junonen. Sie werden als fchöne Jünglinge, gemöhns 
lich mit einer Schale in der Rechten u. einem Füllhorn in der Linken, abgebilvet, 

Genieſucht, das Streben, für ein Genie gehalten zu werben, in weldyer Be 
ziehung der Ausdrud Kraftgenie das Verächiliche jenes Strebens bezeichnet, ins 
dem es fih durch Wernadläßigung (ſelbſi Verachtung) der notbwenpigfim 
Formen in die Lage ſetzt, Bizarrerin oder Garifaturen zu liefern, 

Genlis (Stephante Feiicits Ducreft de St. Aubin, Marquiſe 
von Sillery, Gräfin von ©., geboren in der Gegend von Yutun 1746; 
zeichnete ſich als Mademoifelle de St. Aubin durch Schönheit u. muffatifches 
Talent aus, vermählte ſich mit dem reichen Grafen von ©., der fidy nur vurch 
das Lefen eines Briefe von ihr in fie verliebte, u. ward 1782 Gouvernante ber 
Kinder des Herzogs von Orleans. Beim Ausbruche der franzöfifchen Revolution 
verließ fie Ftaniteich u. ging 1791 nach London, Rad) Paris zurüdgekehrt, fol 
fie — was übrigens, einige Memoirenmittheilungen abgerechnet, durch Nichts nach⸗ 
gewiefen ift — die Geliebte des Herzogs von Orleans geweien feyn. Bei ihrem 
diegmaligen Aufenthalte in Parts machte fie die Bekanniſchaft von Dumouriez 
($ d.), bet defien Heere ſich die jungen ‘Prinzen von Orleans befanden, u. folgte 
{hin nach St. Amand. Weil fie indeffen feinen Plan, gegen Paris zu marfchiren 
und die Republif zu flürzen, nicht billigte, ging fie 1793 nady der Schweiz, wo 
fle eine Zeit lange in dem Klofler zu Bremgarten lebte, Aber noch im gleichen 
Jahre wechfelte fie diefen Aufenthalt mit Altona u. Berlin, aus welch lehterer 
Stadt verwiefen, fie unter Napoleons Regierung nach Frankreich zurüdkehrte, wo 
fie 31. December 1830 farb. Bon ihren zahlreichen Schriften (Romanen, Erle 
bungsfchrifien 2.) nennen wir: Theätre d’education (Paris 1779); Adele et 
Theodore (ebendafelbft 178%); Weillees du Chiteau henüetetet 1784); An- 

nales de la vertu (ebendaſelboſ A785); Les chausliers Au organ rigen 


Gennezareth — Genovefa. er 


195, 3 Bände, neue Auflage 1805); Precis de Ia conduite de Mad. de G. 
bendaſelbſt 1796); Les möres rivales (ebend. 1800, 3 Bände); Les voeux 
meraires (ebend. 1800, 3 Bde. 12., n. Aufi. 1802); Nonveaux contes mo- 
mx (ebend. 1802, 6 Bände); La Duchesse de Valliere (ebend. 1804); Zuma 
bend, 1807); Alphonse (1809, 3 Bbe.); Diclionnaire des &tiquettes (ebend. 
318); Les Parvenus (ebend. 1819); Memoires (über ihr Leben, Paris 182.— 
’, 3 Bde.) u. v. a.; Kleine Romane und Crzählungen, überfept von Th. Hell 
'eipg. 180720). Auch ihre größeren Romane find größtentheild von TH. Hell, 
» 2 M. Müller, 8 Zfchode u. A. überfegt worden. 

Gennezareth, im alten Tefamente audy das Meer Kenereth, im Neuen 
r See Tiberias oder das ‚geluätfepe Meet genannt, iſt ein berühmter, fchöner 
indſee, etwa zwei Meilen fürlich vom Ger Merom, im nörblichen PBaläftina, 
n drel geographifchen Meilen Länge u. einer bis anderthalb Meilen Breite; er 
Ird fm der Länge vom Jordan durchrdmt, führt gutes, klares, trinlbares und 
chreiches Waſſer; er IR von ſchoͤnen Bergen, von einer fehr fruchtbaren reizen» 
n Gegend, ſowie von vielen beträchtlichen Gtäbten u. Flechen umgeben wie von 
ethſaida, Kapharnaum, Korozain, Tiberlas u. a. m. Jefus hielt ſich viel im 
fien Umgebungen auf, und wählte dort feine erſten Apoſtel, deren auch mehre 
n den naheltegenden Drten gebürtig waren (Matth. 4, 18—22). Auf biefem 
ee lite Jeſus den gefahrwollen Sturm (Matth. 8, 23—27) und wandelte, fo 
ie Petrus, auf demfelben umher. Bon diefem See aus lehrte audy der Hellanb 
s am Ufer verfammelte Bolt (Matth. 13, 1. 2. u. f.; Luf. 5,4. 3.). Dort 
ſchahen die wunderbaren Fiſchzuge (Luk. 5, 4—9.; Joh. 21, 1. 6. 11.). Seht 
ißt diefer See Bahr el Tuartyeh: Eee von Tubariyeh, — ©. beißt auch 
e wunberreiche Gegend um den Ser, deren Reize u. Fruchtbarkeit fehr gerühmt 
erden; fie IR etwa 30 Stadien lang u. 20 Gtabien breit. 

Genovefa, heitige Jungfrau und Patronin von Paris war 422 in 
m Dorfe Ranterre, zwei Stunden von Paris, geboren; ihr Bater hieß Severus, 
re Mutter Berontia. Als G. fieben Jahre alt war, reiste ver berühmte Bi⸗ 
vof von Auzerre, der heilige Germanus, durch ihren Geburtsort; eine große 
tenge Menfchen ſtroͤmte ihm entgegen, um feinen Segen zu erhalten, auch &:8 
tern fammt der Tochter fehlten nicht. Der Biſchof richtete feinen Blick auf 
s Kind, und von einem hinimliſchen Lichte erleuchtet, fah er die außerorbents 
ben Gnaden vorher, welche der Herr G.en eriheilen würde. Gr rief die Eltern 
ber zu ſich und ſprach zu ihnen: „Ihr ſeid glüdlich, ein fo tugendhaftes Kind 

haben; euere Tochter wird groß vor dem Herm feyn. Miele werben fie bes 
undern, fidy ihre Tugend zu Ruten machen u. fie nadyahmen: „Hierauf wen⸗ 
te er fih an das ler felöft mit den Worten: „Meine Tochter, willſt du 
1e Braut Jeſu Ehriftt werden, und ihm bein ganzes Herz weihen?“ „Ja ich 
ill es gern“, erwiderte G., „ich trage eim fehr großes langen, mid) ganz 
m Hellande zu widmen; bitte den Herrn, Daß er mir biefe Gnade erzeige.“ 
ı führte fie hierauf in die Kirche und legte ihr, während man die Ron und 
eöper betete, die Hand auf das Haupt. Am andern Tage verlangte er vor. 
ner Abreife ©. nody einmal zu ſehen; er erinnerte fie an das geftern abgelegte 
exfprechen, Ghrifi Braut zu werden u. gab ihr zum Unterpfande biefer heiligen 
ermählung eine Medaille, auf die ein Kreuz geflohen war, um fie umyubängen. 
Berabfcheue*, ſprach er hierauf, „den Halsfhmud von Perlen und Evelfteinen 
jeden anderen eitlen Puh. Bekümmere dich nicht um die Eitelfeiten der Welt, 
mn du an bimmlifhen Gaben reidy werben und zu ber feligen Unſterblichteti 
langen wiüR.“ — Bon viefer Zeit an betrachtete ſich ©. ale ganz von der 
emeinfehaft anderer Menfchen abgefondert und fühlte, ungeachtet ihres zarten 
ter6, feine andere Begierde mehr, als nach Webungen der chriſtlichen Bolls 
mmenheit. — In einem Miter von achtzehn Jahren flelte man. ®.en mit noch 
vet andern Jungfrauen dem Biſchofe des Syrengel® zum Kuniou B 
Pleiezs vor... —SS unſere Heilige die jüngke wor, We W Vo 


> 
676 . Genovefa. 

der Oberhirt auf den erſten Platz, mit der Weußerung: her Herr habe fie fen 
— womit er ohne Zweifel auf das anſpielen wollte, mas ſich mit ihr 
vor dem heiligen, Germanus Augetrogen hatte. Rad dem Tode ihrer Eltern z09 
ſich G. zu einer Matrone nach Parls zurüd, bie ihre Taufpathe war; dahin 
bradpte fie jenen Geiſt der Mbtöbtung mit fih, der fie zu den firengften Baß⸗ 
übungen, befonders feit fie ſich ginng dem Vienſte Botted geweiht hatte, au 
trieb. Sie aß nur zweimal in der Woche, am Sonntage u. Donnerftage, aber 
nur wenig @erftenbrod und Bohnen; den Genuß des Weines verfagte fie fih 
jänzlich u. trank Nichte, als Wafler. Bel diefer Lebensweife blieb fie dis im ihr 
—8* Jahr, wo fle endlich auf Zureden einiger Biichöfe anfing, etwas 
und diſche zu genießen. Mit Hr Abtödtungen verband fe unverlehliche 
Reinigfeit ded Leibes u. der Seele, Demuth, lebendigen Glauben u. einen 
Gef der Aertulefhung, der, wenn fie fi gas tm Gebete mit Gott unters 
hielt, ihre Augen zu einer unverfiegbaren Thränenquelle machte, Die Inbrunf, 
mit welcher fie die evangeliichen Borfchriften und fungen zu befolgen ftrebte, 
wurde mit jenen inneren Tröftungen belohnt, mit denen die eitelen Weltfteuden 
Teinen Bergleih aushalten; allein Io Tugend follte auch durch das Feuer der 
Trübfale geprüft werden, daher ließ es Bott zu, daß ihre Feinde gleichſam in 
einen gemeinfchaftlichen Bund gegen fie ufammentraten und Ihre Lebensweife zu 
verbächtigen fuchten. Ihr Berverben beabfichtigend, wähnten fie die tauglichkte 
Gelegenheit in der Offenheit G.ens zu finden, mit ber fie von den auferorbent- 
lichen Ganſtbezeu⸗ ngem tebete, welche ihr der heilige Geift erwiefn hatte, Eie 
behandelten die ee ige als eine heuchleriſche Ehudrmerin u, wußten ſich durch 
gesäffiee u, ſchmachvolle Reden beim Volle Glauben zu verfchaffen, bis die An 
des heiligen Germanus von Wurerte, der wieber durch Paris reiste, als 

ea ‘ zum ggrelten Male nach Großbritannien verfügte, dieſem Unweſen ein 
du ſehie. Der Bette Oberhirt, wohl bewandert In der Kenntniß ver Wege 
ottes, durchblidte G.ens Unſchuld, nahm öffentlich ihre Bertpeibigung auf 
fi u. beſchaͤmte die Hirnlofen Erfinder der Berläumdung. Mein man ließ fe 
nicht lange in Ruhe; durdy folgende Beranlaffung erhob bald wieder von 
Neuem gegen fie die Verfolgung. Der Hunnenfönig Attila war mit einem 
ſurchtbaren Kriegsheere in Sranfreicdh eingedrungen; das Gerücht von feinem Ans 
zuge erfühte ganz Paris mit Schreden ; die Einwohner, weldye ſich in der Stadt 
nicht mehr für ficher hielten, befchlofien, fie zu verlafien u. fi) nach irgenb einem 
beffer befeftigten Drte zu begeben. ©. verlor bei biefer allgemeinen Veſtürzung 
den Muth nicht; fie wagte es fogar, den Einwohnern den göttlichen Schuß zu 
verfprechen, wofern fie zum Fafien, Beten und Wachen ihre Zuflucht nehmen 
würden. Einige Frauen, durch diefe Rede bewegt, ſchloſſen fidy mit ihr im die 
Öffentliche Taufkapelle ein u. brachten da mehre Tage im Gebete u. in der Buße 
au, allein die Uebrigen behandelten ©. als eine falfche Prophetin m. gingen in 
ihrer Wurh fo weit, daß fie fi an ihrem Leben vergreifen wollten; vieleicht 
wäre es wirklich um fie geſchehen geweſen, wenn nicht eben der Archlbiakon von 
Aurerre gelommen wäre, um ihr fromme Geſchenke vom heiligen Germanus zu 
bringen, durch die derfelbe zu verſtehen gab, daß er ©. hodhfhäge und mit ihr 
in heiliger Kirchengemeinſchaͤft ſtehe. Durdy dieſen Umftand wurden bie grims 
migften Verfolger der Dienerin Gottes bewogen, in fidy zu gehen, Sie ſchaͤmten 
fich ihres unmürbigen Betragens und nahmen menfchlidhere, der Religton ents 
fpredyendere Gefinnungen an; als fie nachher fahen, dag Alles fo am, wie bie 
‚Hellige voraus gefagt hatte, faßten fie eine mit jedem Tage ſich mehrende Hoch⸗ 
atung für fie, denn fie befaß, außer der Gabe der Welkfagung, auch jene ver 
Wunder, deren fie zu Paris, Meaur, Lyon, Troyes, Orleans u. Tours befon- 
ders ausgezeichnete wirkte; das Gerücht ihrer Heiligkeit verbreitete ſich in die ent⸗ 
fernteften Gegenden. Die Ueberzeugung, daß ©. bei Gott fo viel vermöge, 
ficherte ihr nicht minder dad Zutcauen, al Te Veriirung 6 Wolkes. Dieles 
Bertranen äußerte ſich vorgüglidy bei der Belagerung son Yane var Suiweit, 


Geure · Maleri. ¶ u 


König der Franken, und ed war nicht vergeblich. Als bie Belagerien fih von 
mgerönoth bebreht fahen, ſtellte fi) G. an die Spihe der um Lebensmittel 
lusgeſendeten, begleitete fie nach Arcis-ſur-Aube u. Troyes u. verfchaffte ihnen 

eine glüdliche Rüdkehr, ungeachtet aller Gefahren, denen fie von feinblicher 

Selte auegefegt waren. e näbrte eine befondere Andacht zum Seitigen Mars 

tinuß von Tours u. dem heiligen Dionuflus von ‚Basis; des erfteren Reliquien 

befuchte fie mehre Mafe, dem heiligen Dionyfius aber und den Gefährten feines 

Martertoves ließ fie an eben dem Orte, am welchem fie ihr Blut für Jefum 

Chriſtum vergofien hatten, eine Kirche bauen. Sie entwarf auch den Plan zu 

der den heiligen Apofteln Petrus u. Paulus beflimmten Kirche, welche Chlodwig 

zu bauen anfing u. Klotilde fpäter vollendete. Endlich farb fie in einem Alter 
von 89 Jahren, die fie fm der Ausübung aller guten Werke verlebt hatte, am 

3. Januar 512, fünf Wochen nach Gilonig, dem erſten chriftlichen Könige 

Franlteichs. Ihr Leichnam wurde neben dem biefes Yürften beigefeht, innerhalb 

der Mauern der neuen, Damals noch nicht vollendeten Wpofellirche. — Gleich 

nad) ihrem Tche erbaute dad Bolf auf ihrem Grabe ein hölzernes Bethaus, das 
bis zur Vollendung der Kirche ſtehen blieb; in ber Folge erhob man ihren Leich⸗ 
nam aus der Erde, um ihn in einem prachtvollen, vom heiligen Eligius verfere 
tigten, Rellquienlaſten aufzubewahren. Das, jest hinter dem Hochaltare beſind⸗ 

Hide, Käfchen wurde 1242 durdy die Gorgfalt des Abtes von St. Germain 

aufgehen. — Das Gedachtniß der heiligen 6. felert die Kirche am 3. Januar. 

96, ag Herzogin von Brabant, Gemahlin des Pfalggrafen Stegfried 

von Mayenfeld, zur Zeit Karl Martelld. Nach der Legende 409 Siegfried gegen 

die Saragenen u. ließ feine Gemahlin unter dem Schuge feines Haus hofmelſters 

Golo zurüd, Diefer machte ihr verbrecherifhe Anträge, klagte fie, als fie dieſe 

abwies, des Ehebruches an und vermochte Siegfried, den Befehl zu ihrer Hin⸗ 

richtung zu gem. Ein Knecht, mit der Vollziehung der Strafe beauftragt, ließ 
fie in den Ardennenwald entfommen. Hier verbarg fie ſich eine Zeit lange und 
ließ ihren dort geborenen Sohn Schmerzenreidh von einer Hirſchluh nähren. 

Ihr Gemahl fand fie einft auf der Jagd in dem Walde bei Andernach wieder, 

erkannte ihre Unſchuld u. führte fie zurüd. Golo aber nahm fi) das Leben u. 

Siegfried gründete auf der Stelle, wo er ©. wieberfand, eine Kapelle. , Diele 

Legende if Stoff zu einem der früheften Bolfsbücyer geworden. Grundlage dazu 

iR die Schrift ded Pater Cerizier: »L’innocence reconnue.s Tied und Müller 

haben diefe Legende in neuerer Zeit bearbeitet u. Raupady in ein Drama gebracht. 

Genre-Malerei (vom franz. genre, Gattung), oder Gattungsmalerei, die 
ausſchließliche Darftellung gewilfer Gegenflände, ober einer befonderen Gattung 
derfelben, die Darftellung des Individuellen, wie ſolches den Erfcheinungen des 

Lebens angehört, nidyt aber aus der Idee des Künſtlers hervorgegangen if. Die 

Sache des letzteren if bloß, wie far allgemein geglaubt wird, dad Wahrnehmen 

derfelben, wenn gleich eine bebeutfamere Auffaffung und eine Darftellung in vers 

größerten Berhältnifien fie auf eine höhere Stufe heben und der Hiftorienmalerek 
annäbern kann. Dadurch wird aber jenes Beichränftfeyn des Kuͤnſtlers auf ein 
bloßes Wahrnehmen größtentheil® wieder aufgehoben. Ganz gut vergleicht daher 

Menzel die Gattungsmalerei der Novelle, welche urfprünglic eine Situas 

tion nady dem Leben mit aller Wahrheit u. Lebendigkeit zu ſchiidern firebt, fich 

aber durch Vergrößerung dem Roman, wie jene der Hiftorienmalerei annähert, 

Dennody bleibt das Genre feiner Natur nad der Wirklichkeit angehörig, iR mehr 

für das Komifche u. Sentimentale geeignet, u. fein Inhalt gilt weniger, als bie 

Kunſt der Darfellung. Es iſt demnach wohl nicht mit Grund zu behaupten, 

daß bie Arbeiten des Benre überall wie Fleine bunte Bilder erfcheinen, oft zwar 

mit techniſcher dertigkeit u. Fleiß ausgeführt, aber ohne den Geift anzuziehen u. 

gu erheitern, ober zur wahren Betrachtung in ſich zurüdzuführen, weil ihnen ber, 

bie ‚einzelnen Theile zu einem harmonifdyen Ganzen vereinigende, Orundton abs 
geht. Denn, IR gleldy in neuerer Zeit, namentlich vurdy ven Kowghro um 


mw Seiiſerich — Genſonus. 


Baptiſte 9r eue (geboren 1726, geſtorben 1805) dieſe Malerel zu einer hen⸗ 
ſchenden Gattung der Darſtellung erhoben, To Haben doch ie Alten ebenfalls 
Gegenſtaͤnde des gewöhnlichen Lebens dargeftellt, jedoch immer nur in umterges 
orbneter Welfe, wie fpäter die Niederländer, unter welchen David Fenters 
(1) in dieſem Fache als großer Künftler ſich audzeichnete, Und bier erfcheint denn 
das. MBefentliche der Gattungsmalerei in einem durchaus verſchledenen Geſichts⸗ 
punkte, nämlidy von Seite des individuellen Talents als die fubjective Auffaſſung 
und Ausführung eines Kunftwerks, welches durch Wahrheit, wie durch auferor- 
dentlich gefhicte Darftellung, auch dad Bedeutungslofe zu erheben u. bedeutend 
zu machen weiß, indem ber Künftler in aller Lebenpigfeit mit Geift u. Gemüth 
das Innere u. Aeußere folcher Gegenftände erfaßt und fte in folcher Befeelung, 
mit Dlefer zugleich feine Fünftlerifche Subjectivität felbft, für bie Anfchauung hin 
üt. Der SKünftler verarbeitet hier feinen gewählten * nicht zu einem in 
ich fertigen u. auf fich beruhenden Werke; er feflelt nur ein Bergängliches am ein 
bieibendes Beflehen, denn feine Blumen u, Bäume, Puh u. Schmuck der Geräth- 
haften des täglichen Lebens, die Pferde, Bauern u. f. w. erfreuen u, entzüden 
des Maler wegen, weil fie firirt u. ftatarifch find. Es fol fich an diefen Gegen- 
ſtaͤnden kein Refler des Gemüths darſtellen, fondern die ganz fubjective Seide: 
lichkeit, welche die Mittel der Darflellung für fich felber zum Zwede macht 
amd zum objectiven, Gegenftande als Kunftwerk erhebt. Man hat daher im ber 
Dat fehr Unrecht, in ſolchen Geftaltungen eine Gemeinheit des Stoffes u, der 
Behandelung zu erkennen, Ei 
Genferih, Getferich, König der Banbalen in Spanien, ein berühmter, 
aber graufamer Eroberer u. Regent, gelangte nad) Gunderich, im Jahre 428 auf den 
Thron, Cine Einladung des römiihen Statthalters in Afrifa, Bontfacius, be 
wog ihn, mit feinem ganzen Bolfe nach diefem Lande überzufegen, nachdem er 
die Sueven, die feinen Abzug beunruhigten, zurüdgefchlagen hatte, 429. Er er 
oberte unter gräulichen BVerwüftungen u. mit einer Graufamfeit, welche die Ban- 
dalen felbft vor anderen barbariſchen Nationen auszeichnet, einen Theil Numi- 
diene, die profonfularifche Provinz u. Byſacene. De Artaner dafelbft unterftüg- 
ten die Bandalen, ihre Glaubendgenofien. Innere Unruhen bewogen G., einen 
Frieden einzugehen, der ihn im Befige feiner Eroberungen ließ 435. Im einem 
zweiten Kriege breitete ſich G. über Africa propria aus, welches ihm im Brie- 
den 442 verblieb. Eben jo glüdlich focht er gegen feine fühlichen Rachbaren, 
die Mauren. Der Ruf der Kaiſerin Eudorta führte ihn nach Italien 455, 
welches er, nachdem er Rom geplündert hatte, wieder verließ. Mayorian wollte 
ihn in Afrika angreifen, verlor aber feine Flotte und mußte mit ihm einen Fries 
den eingehen 458. Allein ©. ſetzte feine Angriffe auf die KüftensLänder flets 
fe Die beiden Kaiferhöfe entwarfen 468 einen großen Plan eine gemein 
— Angriffs, der durch die Ungeſchicktheit oder Verrätheret des grieht 
ſchen Anführers der Flotte, Bafiliskus, fcheiterte. G. eroberte Sicilien und all 
Inſeln bei Italien u. bediente ſich mit großem Erfolge des klaͤglichen Zuſtandes 
des untergehenden römtfchen Reiches. Doch ſchloß er mit Odoacer und dem Kir 
nig Zeno Frieden 474. ©. war nicht nur ein tapferer, fondern auch ein welfer 
Regent, der feinem Reiche neue Kräfte zu geben fuchte. Mber er war Ghriflen- 
verfolger, u. die Katholiten wurden von ihm mit Grauſamkeit behandelt. Er 
farb 477. Die Furchtbarkelt des vandalifchen Reiches war eine Wirkung von 
®.8 Perfonalgröße. Seine Nachfolger gaben nidyt nur zu , daß die Bandalen 
in afrifanifche Weichlichkeit verfielen, fondern fle fuhren auch fort, den katholiſchen 
Theil ihrer Unterthanen durch die heftigKen Berfolgungen zu erbittern. 
Genfonne, Armand, geboren zu Borbeaur 1758, war Advofat, Fam zu Ans 
fang der Revolution in die Parifer National-Berfammlung; mit Bergntaud und 
Yuavdet eines der thätigfen Glieder der Gironde, ward er nad dem Wels 
Departement geſchickt, um den Widerſtand des Klerus gegen die Revolution zu 
hemmen u, empfahl hiezu verföhnende und wilte MINE, Rot er Wor We 


. — —— 
Geußler — Bent, . + b 2} 
wendeten firengen; 1792 warb er im März Präflbent der Rationalverfamms 
lung, firebte bis zum a uß unaufhörlic gegen die Minifter u. die Bartet 
de günlgtn an, fuchte aber tin den König zu retten und vertheidigte lebhaft 
die Appellation an das Wolf, aber vergebend. Am 7. März flürmte der Angriff 
des Berges auf ihn als Präfiventen des Convents ein, u. er fiel, der Mitſchulb 
an Dumourleys Flucht angeklagt, mit der Gironde zugleich, am 31. Oct, 1793 
unter_der Guillotine. 3 
Geußler (Johann Ratyazı geborm zu Oſtheim vor ber Rhön 1767; 
warb 1816 ordentlicher Profeflor der Rechte di jeldelberg, ging als foldyer 1818 
nad) Jena, ward Hofrath u. Belfiger des Schöppenftuhle und Hofgerichtes und 
ftarb 1821. Seine Werke betreffen befonders den Clvilprozeß: „Handbuch zu Mar- 
tins Lehrbuch,” 2. Aufl, 18215 Gommentar dazu, 2 Bbe., Heidelb. 18255 „Rechtös 
fälle,” 1817. „Anleitung zur gerichtlichen Praris,“ 2 Bve. 1821 — 255 Acien⸗ 
füde u. f. w. Er war auch Mitbegründer des rchivs für clviliſtiſche Praxis. 
Gent, (franz. Gand) Hauptkadt der belgifchen Provinz Offlandern, am Ein 
Fuße der 298, Lieve u. More In die Schelde, unter 51° 3° 12“ nördl. Br. u. 1° 23° 
ÖL. Länge, eine der fchönften Städte des Reiche, durch viele Kanäle, woruns 

ter die nach Oftende, Brügge u. f. w. führenden, in 26 Inſeln getheilt,, die 
durch viele Brüden (nahe an 300) mit einander verbunden find, hat einen Um⸗ 
fang von 2 Meilen u. einen Durhmefie von 4 Meile (doch wird diefer Raum 
zur Hälfte von Gärten, Feldern u. Bleichen eingenommen); 18 Thore, 55 Kits 
hen, 13 äffentliche Pläge u. 90,000 Einwohner. Die Stadt if in Form eines 
Dreleds erbaut und war Refidenz der Grafen von Flandern, fowie ber 
‚Herzoge von Burgund, und Fündigt fid) ſchon von Ferne durch die Menge der 
dampfenden Kamine als eine Habrikkadt erflen Ranges an. Es iſt das Man- 
cheſter von ‚Belgien; doch nur ein Schatten des ©. im 15. Jahrhunderte. Unter 
den zahlreichen öffentlichen Gebäuden bemerfen wir: Die große und alte Kather 
drale mit den Maufoleen ber Bifhöfe von ©. und. reichen Kapellen; die Kirche 
St. Bavon mit einigen berühmten Gemälden van Eyck's, die Micaelöftrche; fer 
ner dad Rathaus mit einer fchönen Colonnade, der Pringenhof, ein altes Schloß, 
wo Kaiſer Karl V. am 24. Februar 1500 geboren wurde, früher die Reflvenz der 
fpentieen Statthalter, der Thurm Bofrot, das Theater, das Univerfitätögebäude, 
a8 Zuchthaus vor der Stadt für 1500 Gefangene u. die Gitadelle. ©. Ift der 
Sig eines Biſchofs, eines Gouverneurs, eines Handelögerichte u. einer Handels⸗ 
Tammer; es hat ferner eine Univerfität (feit 1816, früher Zefultencolegtum) mit 
Sistiothet (60,000 Bände) u, Raturalienkabinet, ein Geminar, Arhenäum, Maler⸗ 
Afabemie, mufifalifches Eonfervatorium, Taubftummen, Inftitut, eine Geſellſchaft 
für Künfte und Literatur, des Ackerbaues, der Botanif, Statifik, 24 Hodpitäler, 
verfchtedene Waifenhäufer und ein Beguinenhaus, das 1230 geftiftet wurde, Auf 
dem Markte eine 336 Etr. ſchwere, 18 Fuß lange eiferne Kanone. Börfez ber 
deutender Handel u, Fabrifen von großer Wichtigkeit. Letztere liefern Baumwolls 
waaren, Leinwand, Tuch, Leder, Zuder, Seife, Eat, Papier, Tapeten, Gold» u. 
Silberwaaren, fo wie noch viele andere Artikel. Berühmt iR auch die hieflge 
Blumenkultur, deren jährliche Ausftellungen die allgemeine Bewunderung erregen 
u. an Schönheit u, Berfelevenartigtet der Sammlungen, Alles übertreffen, was 
Europa Achnlicyes aufwelfen Fann. G. zählt über 400 Gewächöhäufer von Blus 
menliebhabern oder Handelöblumengärtnern, die jährlich große Summen verdie⸗ 
nen. Eiſenbahn nach Brüffel, Antwerpen, Brügge u. f. w. Friede zwiſchen Eng- 
land u. den vereinigten Staaten von Rordamerifs 1714. — Die Stadt G. kommt 
nebſt dem umliegenden Gau ſchon im 7. Jahrhunderte vor. Kalfer Dito d. ©. 
legte hier 949 zum Schuge gegen die Grafen von Flandern eine Burg an, und 
fepte Grafen als Befchlehaber in diefelbe, die jedoch Graf Balduin von Flandern 
ums Jahr 1000 vertrieb, Bon da an blieb die Etadt bei Flandern und vers 
größerte fi) fo bedeutend, daß fle zur Zeit Phllipp's von Balois u. Karls VI. 
50,000 Mann ins Feld fließen Konnte, Dieſes Wachsthum und ihr auherordent⸗ 


650 Gentleman — Geng. 


cher Reichtum flößte den Gentern großen Unabhängigfeitöfinn ein, und fie em⸗ 
örten fich zu verfchtevenenmalen und nicht ohne Glüd gegen ihre Landesherren. 
In Jahre 1384 fiel G. mit Flandern an den Herzog Ni von Burgund, 
jegen ben es fich 1450, als er eine neue Steuer auf Saly legen wollte, empörte u, 
Fi Jahre lange fiegreich vertheldigte, bis es endlich, nachdem 300 Dörfer verwü- 
jet waren, in der Schlacht bei Aalft bezwungen wurde, Nach dem Tode ihrer 
ürflin Marla, der Gemahlin Erzherzogs Marimiltan, empörten ſich die Genter 
mehre Male gegen dieſem, u. ebenfo 1539 zu Gunſten Franfreidy8 gegen Starl V,, 
welcher zur Strafe 26 der edelſten Genter hinrichten ließ, der Stadt ihre Privi: 
Iegien nahm, eine Buße von 150,000 Goldgulden auflegte u. davon die Citadelle 
baute. Bon da an war Gis Macht gebrochen. Im Jahre 1576 wurde zu ©, 
die befannte Genter Pacificatton zur Vertreibung der Spanier u. der Herftellung 
der alten Freih-iten gefchloffen. Auch hielt die Stadt in dem Kampfe mit Spa⸗ 
nien zu den nördlichen Provinzen, bis fle 1594 durch den Herzog von Varma 
auf immer unterworfen wurde, In dem Kriege Ludwigs XIV, gegen die Nieder, 
Iande, im fpanifchen Erbfolge u. dem Revolutionsfriege wurde die Stadt mehr: 
mals erobert; von den Franzofen in den Jahren 1678, 1708, 1745, 1793 und 
47955 von den Alltirten 1706. Im Jahre 1713 fiel G. an Defterreidy, dann 
an Ftankreich; 1814 im Frieden von Paris an die Nieverlande und 1830 end- 
Uch an Bilgten. Ow. 

Gentleman (göntilhomme), eigentlich ein Edelmann, der das Recht bat, 
ein Wappen zu führen; dann im weiteren Sinne Jeder, der eine höhere, wiſſen⸗ 
ſchaftliche Bildung genoffen, der, ohme gemeine Arbeit zu verrichten, Mittel zum 
Xeben bat; überhaupt jeder Mann von feinen Sitten u. Manieren. — Daher 
auch Gentry (in England) den Stand bezeichnet, der das Mittel zwifchen dem 
eigentlichen Adel und den Bürgern hält, alſo Baroncıs, Knights, Squites 
und Gentlemen. \ 

Geng, Friedrich von, k. k. öferreichiicher wirklicher Hofrath im außer 
ordentlichen Dienfte bei der geheimen Haus» Hof» u. Staatskanilei, geboren zu 
Breslau 1764, ſtudirte in inigebere, wurde fchon 1786 Sekretär, 1793 Kriege 
rath u. fpäter Gchelmrath bei dem Generalvirectorium in Berlin, trat aber, da 
er fi) mit dem damals in Preußen befolgten Syfteme durchaus nicht befreunden 
Eonnte, aus dem dortigen Etaatövienfte aus u. erhielt 1802 feine obengenannte 
Stellung in Defterreich, in der er bis zu feinem 1832 erfolgten Tode eine hoͤchſt 
einflußreiche Wirkfamfeit behauptete. Äls publiciſtiſches Organ des k. E. Eabinets 
trat ©. als emtfchierener Gegner Napoleons auf; er ging, als nach dem Feld⸗ 
zuge von 1805 die Ftanzoſen bis Wien Dorbrangen, nach Dresden u. befand fi 
41806 im Hauptquartiere des Königs Friedrich Wilhelm III., wo er das Mani, 
feſt Preußens gegen Frankreich verfüßte, Später fehrte er nach Wien zurüd, wo 
er wieber in der Staatskanzlei arbeitete u. unter Anderem bie Manifefte Oeſter⸗ 
reichs aegen Frankreich in den Jahren 1809 und 1813 entwarf. Seitdem (1810) 
Für Metternich (f. d.) an die Spige der auswärtigen Gefchäfte getreten war, 
erreichte auch der Einfluß von G., der fid) tm Befige des unbedingten Zutrauene 
u. der perfönlichen Freundfcyaft feines Chefs befand, feinen Höhepunft, und es 
war feine geringe Auszeichnung, daß der Kürft ihm die Protofolführung, nicht 
nur bei dem Wiener Gongreffe, fondern auch bei allen folgenden, übertrug. Bon 
dem Kalfer von Rußland wurde er in den Adelſtand erhoben. G. war ein fel⸗ 
ner Weltmann, von Genußfucht nicht ganz frei, dabei aber im höchſten Grade 
unelgennügig. — Sein Berhältnig zu der berühmten Fanny &löler (f. 8), das 
er erft im vorgerüdten Alter anfnüpfte, dauerte dis zu feinem Tode fort. 
Schriften: Hiſtoriſches Journal, Berlin 1799 und 1800, 2 Jahrgänge (von 
ihm faſt ganz verfaßt (ein Auffag in demfelben ward als Essai actuel de Fad- 
ministration des finances de la Grande-Bretegne, Hamburg 1801, franz. über: 
En u. machte in England Auffehen); Schreiben an Friedrich Wilhelm IL bei 

iner Thronbefteigung, Berlin 1797, Brüffel 1820, Ueber den politiſchen Zu 


. x * * * 

Senu. an 
ſtand — vor u. nach der framgöflfen Revolution, Berlin 1801 u. 1802, 
2 Hefte; Betrachtung über dem Urfprung und Charakter des Kriegs sam die 
franzöfifche Revolution, 1801; Fragmente aus ber. Gefchichte des. politiichen 
Gleichgewichts von Europa, Leipzig t 1, 2. Aufl. 1806. Er überfegte: Burfe, 
Betrachtungen über die frangöffhe Revolution, Berlin 1793, 2 Bde, 2. Aufl, 
1794, und Mehres aus dem Frangöfiichen. Auserwählte Schriften, durch MWeid, 
Stuttgart 1836—38, 5 Bde. Kleinere Schriften, herausgegeben durch Schlefier, 
Mannheim 1833-39, 5 Bde. — Bol. Barnhagen vr Enfe, Gallerie von 
Biloniffen aus Raheld Umgang u. Griefwechet, Leipzig 1832. — Maurer 
Sonftant, Briefe von Geng an Johann v. Müller, Schaffsaufen 1838. — 

Binder, Fürft Metternich u. fein Zeitalter, 3. Auflage, Schaffhaufen 1845. 
Genua (ital. Genova, franı. Genes), Hauptfiabt der ehemaligen Republif 
gleiches Namens u. des jepinen ſardiniſchen Herzogthums G. unter 44°, 23' B. 
und 26° 38° 2, am mitteländifchen Meere, erhebt ſich amphitheatraliſch am 
Meerbufen feined Namens im Süvende der nördlichen Apenninen, mit feinen 
folgen PBaläften und Gaftellen Gaher Genova la superba). Bon der Lanpfeite 
Doppelt mit Mauern umgeben, von denen bie eine unmittelbar, die andere auf 
den Höhen in einer Ausdehnung von 18 Miglien um bie Stadt geht, hat diefe 
enge, unregelmäßig gebaute, meh nur zu Fuße zugängliche Straffen (ausgenoms 
men find die Via Balbi, nuoya et novissima u. neuerdings, die Via Carlo Felice, 
Carlo Alberto (Carrettiera), Giulia u. die ganye Borftadt della Pace), von des 
nen die fchönere zwifchen S. Toma und dem Leuchtifurme ald Spaziergang 
dient. Die Häufer u. Paläfte find fünf-, ſechs⸗ ja acht u. neunfödig, von 

aufen häufig bemalt. Die Einwohnerzahl beläuft fid) auf 100,000. ©. if 

eines Etzbiſchofs, der Provingialbehörden u. hat eine Univerflrät mit allen Bacultäs 
ten; es iſt ein Haupthandeldplag, befigt einen Frelhafen, Manufakturen von Das 
maft, Schletern, Sammt, feldenen Strümpfen (Solei e Hubert), baummollnen 
Zeugen, italienifchen Hüten, Blumen, Bändern, Seife, wohlriedyenden Waſſern, 
Maccaroni, Papier u. f. w. Man arbeitet fehn fein u. feibin in Hol; (al Sole), 
Marmor, Alabafter, Elfenbein, Korallen, Gold Goßrgehänge in Biligran bei Bars 
rabino, Fontana u. f. w.), Silber u. Kupfer; auch bat die Regierung eine Wafs 
fenfabrif vafeldft eingerichtet. Ansfuhr-Artifel find: Reis, Del, Dliven, Limonen 
u. a, Brüche, Geivenfoffe u. f. w. Ginfuhr-Artifel: rohe Seide von Slclllen u. 
Calabrien, Baummolle aus der Levante, Getreide, Bed) aus Deutfchland 
u. ſ. w. Die Sprache in ©. iR unrein, der Volfödialekt ein harter, ſchweryer⸗ 
fanlider Jargon, Die Bewohner find syätig u. betriebfam, wie fein anctdes 
talienifche® Bolt, gelten aber als unzuverläßig. . Das Klima if im Winter 
mild, im Sommer aber wegen zu großer Hige ungefund, Der Wein taugt nicht 
viel, Berühmt find die kirchlichen Prozeſſionen der 3 großen Brüverfchaften, & as 
fg genannt, durch den Schimmer ver Landestrachten befonders Intadgen 
an fpricht viel von dem Reichthume u. Pomp, aber auch von dem unverlöhns 
lichen Hafie diefer Brüberfchaften. ©. if die Baterkadt von Hadrian Y. u. Glov. 
Balbi. Hier oder im benachbarten Dorfe Eagureto ward 1447 Chriſt oph 
Colombo (f. d.) geboren. Im Auguſt 1824 und im October 1928 wurde ©, 
von heftigen Ervbeben heimgefucht, deren Spuren noch an verfchledenen Gebaͤuden 
wahrzunehmen find. — ©. unterfcheldet fi) von allen Städten Italiens dadurch, 
daß es von der Zeit feiner wachſenden politifchen Größe nur wenige, wo nidt 
gr keine Kunftvenfmale aufzuweifen hat, u. fo iR die Kunſtgeſchichte der reichken 
tadt ärmer, als irgend eine. Far fämmtliche Gebäude von Bedeutung gehören 
einer fpäteren, mehr harakterlofen, nur durch PBrachtfinn anegepechneten et an; 
an Sculpturen hetrſcht der größte Mangel; ein einziger Bildhauer, ano 
Lercaro im 15. Jahrhunderte, wird erwähnt; nur in der Malerei treten einzelne 
Individuen hervor. Giotto's Wirkfamfeit erfiredte fi nicht hiehet. Als Älte- 
fen Maler nennt man den Mönch von. Jeres u. Niccolo da Boltrt im 14. Jahr 
hunderte, von denen jedoch Feine Werke übrig find. Der eigentliche Bater der 


D Senne, . 
Genueſiſchen Schule iſt ums Ende des 15. Jahrhunderts Lodovico Brea (Et. 
Maria della Eonfolazione u. St. Marla de PP. Domenicani di Gaftello), der 
lebhafte Karben u. Bewegung liebt, allein feine hervorfehender Eigenthümlichfeit 
befigt. 1515 berief der-Doge Ditavlano Fregofo den Bildhauer Gtov. Gtacomo 
Lombardo und den Maler Carlo di Mantegna nach ®., und biemit beginnt erft 
eine Art Kunftleben daſelbſt. Bornehmlich thaten fi) 2 Künfller, Antonio Ev 
min! und Teramo Piaggia, hervor, bie die neuen Lehren mit alterihmlichen 
Sinne aufzufaflen bemüht waren (S. Andrea, Dominifanerffofter). 1528, nad 
der Einnahme Roms durch Karl V., kam Perins del Baga, Raffael's Schüler, 
nad ©. u. fand beim Dogen Doria willfommene Aufnahme, Er übertrug den 
Geſchmad, der in den vatlcanifchen Verzierungen herrfchte, in den Palaft des 
Dogen, den er mit Hülfe von einigen Römern u, Lombarden ausmalte, und wos 
ran auch bie Genueſer Lanaro u. Pantaleo Galvi, ferner Gtov. Cambiaſo ſich 
bildeten/ defien Sohn Luca zu größerm Rufe, ald fein Vater, gelangt ift. Im 
diefen u, vielen andern erfennt man ein freilich nur äußerliches Auffaffen Raffaes 
liſcher Darſtellungsweiſe. Natürlich Tonnte auf diefem Wege nichts Cigen- 
Apämticeb, Reues entftchen; die bald tiefgefunfene Kunft hob fich fodann nod) 
mal im 17. Jahrhunderte durch die Beuihungen einiger Ausländer, Gotifried 
u. Kornellus Waal u. A. und des Glov. Battifta Bag, obſchon auf Feine 
he; deſſen Racheiferer Sorri, den Bernardo Strogt bildete, der umter dem 
amen te Genovefe ein beliebter Golorift ward. — Bon öeſonderen Merk 
würbigfeiten der Stadi nennen wir: die Kathedrale S. Lorenzo, ein mittelalter- 
liches Gebäude im germanifch-lombardifchen Bauſtyle, reftaurirt von Galeayo 
Aleſſi, dem Chor u. Kuppel zugefchrieben werden. Das Martyrium des heiligen 
Lorenz am Gewölbe des Chores, al fresch von Tavarone, Die Kapelle S, Gion, 
Battife (mit Sen fterblichen Ueberreften deſſelben u. mit Sculpturen) von Mat 
teo Clvitali. Madonna u. der Täufer von Andrea Eontuceh da Sanſovino. Hoch⸗ 
altar von Giacomo u. Guiglielmo della Porta. — In der Gatriftei der Sacro 
Catino ein Gefäß, das während der Kreugzüge angeblich aus Eäfaren 1101 
duch Gugllelmo &mbraico nach ©. Fam, u. das man — als ein Gefdyenf der 
Königin von Saba an Salomon, als den Kelch, aus dem Chriftus das Abend» 
mahl gefpendet, audy außerdem als einen vermeintlichen Smaragd (von 14 ein 
alb Zoll Durchmeflerd — ehedem für fo heilig hielt, daß ein Geſeh von 1476 
‚odeöftrafe dem drohte, der es etwa mit Gold, Stiber, Stein, Corallen oder 
pp etwas berühren würde, weil eine Verlegung befielben ein unerfeglicyer Scha⸗ 
der für die Republif wäre. Man bewahrte es in einem eifernen Schranke in 
der Sakriſtei, zu dem der Doge allein den Schlüffel hatte; einmal im Sabre 
warb es zur Schau auögeftellt, wo es am erhöhtem Orie von einem Prälaten 
an einer Schnur gehalten wurde. 1809 Fam es als Kriegsbeute nach Paris, 
wo fmdeß der „Smaragd“ für gefärbten Glasfluß erfatmt ward, was feine Zw 
rüderRattung im Jahre 1815 erleichterte, Schon vorher hatte M. de la Com 
damine die wahre Befchaffenheit erfannt; man hatte fie aber verſchwiegen, um 
von den Juden ein bedeutendes Anlehen auf dieſes Pfand zu machen. Die Kirche 
Vännunzlata, nach der Zeichnung des Domenico Scorticone u. Giac. della Porta, 
die größte Kirche G.s nach der Kathedrale; fie wurde In der Mitte des 17. Jahr: 
bundertö auf Koften der Familie Lomellini erbaut. Die Malereien find von Giov. 
B. Garlone (Martyrium des hl. Clemens), ein Abendmahl von Procaccint, der 
heil. Ludwig dad Kreuz anbetend von B. Garbone; die Kapuziner verfehen den 
Dienf an diefer Kirche. — S. Marla dt Carignano, gefiftet von der Bamille 
Sauli, deren einer Sohn die Brüde Earignano davor hat erbauen laffen. Die 
Gemälde in diefer Kirche find von Guercino, von Dominicus und Hieronymus 
Piola. Bon der äußeren Gallerie der Kuppel hat man eine entzüdende Aus ficht, 
fo daß man bei heiterem Horiyonte Eorfifa erblict. — Unter den Paläften führen 
wir an: den Palaft Dorta, 1529 von. dem Dogen Andreas Dor ia (f. D.) er 
baut. Im Garten, der eine {chdne Wufdgt am wen Som Verst, Geht has 


. 


Bildniß des Erbauers als Neptun, in Daun auf feine glüdlichen Kreugüge 
jegen die Türken und Mauren. Dortfelbft befindet ſich auch ein Folofjaler 
Fehtter und das Denkmal des, von Katfer Karl V. am Dorla, gefchenften 
Hundes Rondan. Das Portal, die Stuccaturen und Arabeöfen der Bor- 
halle find von Perins del Vaga; ebenfo die Kindergruppen, Horatius Cocles 
und der Kampf der Giganten, — PBalaft Balbi; mit — ortleus, reizen 
der Gärten und guten Bildern. Pal, Brignole, mit fehr bettächtlicher Ge⸗ 
mäldegallerte. Pal. della Citta over Ducale, wo ehedem die Dogen refibir- 
ten, nad) der Zeichnung des Simon Gantone 1778, der die Aufyabe hatte, wer 
gen Feuerogefaht Fein Holz in dem Baue zu verwenden, reflaurirt. — Andere 
frentliche Gebäude und Anflalten find: die Untverfität, ein prächtige Gebäude 
mit 2 marmornen Löwen im der Vorhalle. Im Saale der Juriſtenfalultät iſt 
eine Himmelfahrt Marti und eine Familie von Galeotti; Im Saale der Theo» 
Togie der engliſche Gruß von Sarzana und andere Gemälde von Galeottt, Gir, 
Ferrari; im Saale der Phtlofophie der engliihe Gruß von Dom. Parodi, Apollo 
amd die Mufen, Plato und feine Schüler, Ariftoteles deögleichen von Ferrari und 
Ignatius von Loyola von Pevemonte; im Saale ver Medizin Bilder von Ferrari 
und in der großen Aula Fresken von Andr. Earlone, die Befchneidung von Sar- 
zana und ſechs Bronzeftatuen von Glos. Bologna. — Die Bibliothek der Uni⸗ 
verfität zählt 45,000 meift theologifhe Bücher. Bon ven Manuferipten ein Quin⸗ 
tus Curtins aus dem 15. Jahrhunderte, von einem PBortugtefen ins Branzöfliche 
Überfegt, mit den Thaten Aleranders in Miniatur, Auch chineſiſche u. arabifche 
Manuferipte. Bon den Bibliotheken find bemerfenswerih: die Bibliothek der 
Univerfität (f. d.); die Bibliothek der Padri missionari urbani bei S. Matteo, 
welche einen Theil der Manuferipte, die der Biſchof Filippo Sauli dem Hofpts 
tal in ©, hinterlaffen hat, befigt; die Bibliothet Berio, mit 15,000 Bänden u. 
1500 Manuferipten; von den Archiven das geheime Staats archiv mit 
wertvollen Urkunden für die a des Handeld nnd der Schifffahrt; mit 
denen, dem Ghriftoph Colombo vom Könige von Spanien ertheilten Privilegien, 
Sehenswerth find auch: das Naturaliencabinet, die phyfifalifchen Sammlungen und 
der botaniſche Garten der Univerfität, Für das Öffentliche Vergnügen forgen 4 
Theater, darunter das Theater Carlo Feltce, eines der größten in Stalien, 1828 
unter König Karl Felix gebaut, umd zahfreiche reizende Spaziergänge. Das große 
Hofpital zählt im Durchſchnitte 1000 Kranke und 3000 Findlinge. — Albergo 
dei poveri, vielleicht das prächtige, europäifche Hofpital, pegrändet von einem 
Brignolt und zur Aufnahme von 1000 Nothleidenden eingerichtet, faßt aber jcht 
deren 20005 Taubftummentnftitut, von dem Abbate Detavio Offarotti 1801 
für 22 Knaben und 11 Mädchen gegründet, Die Afademien der Wiffenfchaften 
und der fchönen Künfte, die mediginifhe und die Schifffahrtöfchufe verdienen hier 
ebenfalls rühmlichft erwähnt zu werden. Der große Aquäduct, der ©, mit frl- 
chem Wafler verforgt, beginnt 12 iglien von da, bei Biganega; feine Bogen 
bt man in der Stadt zwiſchen S. Anna und der Kapuzinerkirche. Der Hai 
einer der bedeutendften im Mittelmeere. Die Breite der Einfahrt zwifchen den 
;pigen der beiden Molos, die nicht ganz gefahrlos iſt und Innen in der Richtung 
von Dften gegen Weften gewonnen werben muß, beirägt 250 Klafter. An ber 
Seite des molo nuovo, hinter der Duarantäneanftalt, erhebt ſich der hohe Leuchts 
t hurm, defien Laterne alle Abende unter Kanonenfignal angegündet wird, und 
an defien Fuß man neue Befefigungen angelegt hat. An feiner Rordfelte if das Ar⸗ 
fenal (Darsena), der Bauhof für die Stantsfchiffe, berühmt durch Fiesco, 
der hier um's Leben Fam. An der Offelte des Hafens befindet fih der Sreis 
hafen mit der Dogana, der mit feinen vielen und reichen Magazinen zwiſchen 
den hohen Mauern wie eine Feine Stadt erfcheint. Ueber der Dogana befindet 
fi) der große Saal S. Giorgio, ehedem Eigentyum ber Banca di S. Giorgio, 
der großen genuefifchen Handesgekiiäat aus dem Mittelalter, die 1815 autag« 
16t worben, mit mancher an genueſiſchen Patrlohamud Woweredro AEt v. 


[0 Gens. 


der berühmten mittelalterlichen Marmorgruppe bed Greifen, der einen Adler 
as Sinnbild Kaiſer Friedrichs I.) u, einen Fuchs (Sinnbild Bifa’s) In den Klauen 
ält. In einem andern Saale ver Dogana findet man eine Madonna von 

omentco Piola, und über dem Haupteingange ein Stüd der Piſaner Hafen, 
fette, von den Genueſen 4290 als Siegeöjeichen heimgeführt. Im meuen Ar 
fenale (ehevem Klofter S. Spirito) bewahrt man einen antifen Schiffsſchnabel 
und eine hölzerne und eine kupferne Kanone, angeblich im Seeſiege bei Chiona 
4379 den Venetianern abgenommen. — Gefchich te. Die ältefte Nachricht über 
©. findet fi in Livlus, der die Stadt durch Magon, einen Bruder Hannibals, 
von. der Seejeite einnehmen und zerflören läßt,  Wievererbaut von Spurtus Lu: 
eretiuß, blieb fie bis zum Falle des Reiches unter römifcher Herrfchaft. Nachber 
iheilte fie das Schidfal aller italienifchen Städte und gewann erſt unter Karl dem 
Großen und feinem Sohne Pipin, ber fie einem Herzoge Ademar gab, unter dem 
fie 801 Corſtia eroberte, neues Leben. Obfchon von den Mauren im 10. Jabr 
hunderte erobert, zerftört u, feiner Einwohner beraubt, bildete ©. doch bald die Haupt 
ſtadt des Landes Ligurien, vertrieb in Verbindung mit Piſa die Saragenen aus 
Sardinien 1015, machte ſich nad) Vertreibung feiner Grafen zur freien Republll 
und gewann großes Anfehen zur See, Sein Wohlftand hob Ir mit den Kreuy 
zügen, wo die Genuefer, gleidy den Benetianern und andern italienifchen Städten, 
die Kreugfahrer auf ihren Schiffen nach Klein-Aſten führten und dem Könige 
Balduin die aſiatiſchen Seeftädte erobern halfen, wo fle die Probufte des Drienis 
amd die Waaren des Lurus Fennen lernten und Europa damit verforgten, De 
levantiſche Handel Fam fomit in ihre Hände und machte die Stadt reich, mäds 
tig und blühend. G. breitete nun (fett 4154) feine Herrfchaft nicht mur über 
Wontferrat, Monaco und Nizza, fondern auch über die Küſte von Provence und 
feloft über Marfellle aus, eroberte, Elba, Malta, Syrafus und deſſen Gebide 
(1204) u. beftegte feine Rebenbuhler, die Piſaner (1284), mit denen es feit 1070 
beftändfge Kriege wegen Gorfifa und des Mitbefiges von Sardinien (bis 1175) 
geführt hatte, So ward ed Meifter auf dem weflichen Mittelmeere, indeß es ſich 
augleich öfttich der wichtigften Häfen am ſchwarzen und afowfchen Meere be 
machtigt und Nievderlaffungen angelegt hatte, unter denen Kaffı die vornehmfte 
war (1261). Insbeſondete wurde ©. nady der MWievereroberung Konftantinopeld 
durch die Griechen von Kaiſer Michael VIII. Maläologus fehr begünftigt, der ibm 
ge und Zolfreiheiten in allen byzantinifchen Ländern, nebft der freien Schiff⸗ 
fahrt im ſchwarzen Meere, ertheilte und felb die Vorſtadt Pera abtrat. Mer 
©. hörte auf, der mädhtigfte Seeſtaat von Europa zu feynz; äußere und innere 
Umftände wirkten zu feinem Berfale. Gin 130jähriger Krieg (1250—1381) mit 
feiner Rivalin Venedig ſchwaͤchte feine Macht, wäßtend gleichzeitig bürgerliche Un 
zuben und befändige Kämpfe zwiſchen Demokraten und Arifofraten die Republil 
zerrifien, daß fie oft felbf von ihren Bertriebenen bekriegt wurde und bie Erwäh- 
Fung eines lebenslänglichen Staatsoberhaupteß oder Doge den Faftionsgeif, nicht 
zu bändigen vermochte (1339). Man glaubte nun, — ein Fremder, zumal ein 
geiflicher Herr, am erften im Stande fel, die Parteien zu vereinigen und die Ruhe 
zu erhalten, und machte den Erzbifhof Johann Biscontt zu Mailand zum Dogen 
(1353-61). Aber bald vertrieb man den von ihm eingefepten Statthalter und 
erwählte wieder einen eigenen Herzog. Unter ſolchen Unruhen, von denen G. 
fortwährend der Schauplag war, eroberte es gleichwohl die Infel Eypern (1373) 
und war im hieraus eniftandenen Kriege (dem 4. und legten) gegen Benebig fo 
fiegreich (1379), daß diefes feine Rettung'nur feinem fchnell wiederkehrenden Muthe 
verdankte. ©. verblühte, als die oömanifchen Türken ihm feine Befigungen in 
der Krim und am ſchwarzen Meere entriffen (1474); dagegen würde ſich ihm eine 
neue Duelle unermeßlicher Reichthümer eröffnet haben, wenn damals beim Senate 
der ©enuefer Chriſtoph Eolombo Gehör gefunden hätte. Auch ver Zwiſchenban⸗ 
del &.8 mit den oflindifdyen Waaren ging ein, ſeitdem die Entdedung des Caps 
dem Weltverkehre eine ganz neue Richtung gegeben hatte (1498). Seine Innere 


. Gens Geier [1° 


Anefnigfeit und die @iferfucht zwiſchen den zwel mächtigen Bamilien ber Moornf 
1. Fregoſt, deren jede die Regierung an ſich reißen wollte, hatte indeß ©. längft 
am feine Freiheit und dahin draht, daß es auswärtige Hülfe, bald bei Mai⸗ 
and, bald bei Frankreich fuchen mußte (1396—1528) und ſich bald diefem, bald 
'enem, auch einmal (1409—13) dem Bartgrafen von Montferrat unterwarf. Eos 
yald es der Oberhertſchaft des Einen oder Andern überbrüfg war, ſtellte es, nach 
Berjagung des Statthalter und der fremden Befagung, die Dogenregierung wies 
ver herz der bisherige Oberherr zrgtich ſich entweder mit dem Dogen, ober fe 
eine Prätenfion fort, bis er nach Furzer Zeit refituirt wurde. Während dieſen 
Zerrättungen verminderten ſich die Einkünfte der Republik; fo mußte fie den See⸗ 
yafen Livorno den Florentinern um 100,000 Ducaten verkaufen (1479). ©. wurde 
eitdem nicht mehr als rröpRänbiger Staat betrachtet. Ludwig XI. verlieh es 
116 ein Lehen der Krone Frankrelch dem Herzoge Franz Sforza von Matland 
1464). Ws daher Ludwig XIL. Mailand eroberte, fo unterwarf er fi) auch ©., 
’as mit jenem Herzogthtime gewonnen und verloren ward. in Wufland de& 
Bolkes gegen die Franzofen (1507) endigte ſich mit der Hinrichtung des erwähle 
tem Hergogs (Paoio di Novi) und fchimpflicher Unterwerfung. Kranz J. nahm 
:6 von Reuen in Befig (1515), verlor es an die Spanter (Karl V.), und bes 
!am es durdy Andreas Dorta wieder (1527), bis diefer die franzöflfche Partek 
verließ und nach Bertreibung der Franzofen fein Vaterland yon fremder Ober⸗ 
herrfchaft befreite (1528). Defienungeachtet aber erhielt doch ©. nie fein voriges 
Anfehen wieder, noch konnte der innere Barteigeift völlig umterbrüdt werben. Kate 
jer Karl V. wußte durch Geldanlelhen die vornehmften Familien an das Intereffe 
feines Hauſes zu fmüpfen; daher nahm ©. gegen Heinrich IL von Frankreich 
Bartei, verlor jedoch hiebei in Eorfifa einige Pläge, die es im Frieden zu Gambray 
nieder erhielt (1559). Die Ruhe, die ©. Hierauf mit dem erfchöpften Stalin 
pero, wurde mitten fm Frieden von Ludwig XIV. geflört, der die Stadt 11 Tage 
mge bombarbiren ließ (1684), weil die Genueſen einige Galeeren für Spanten erbaut 
hatten. Sie mußten den Dogen mit 4 Senatoren zur Abbitte ſchiden. Den Hafen Fi⸗ 
nale kauften die Genueſen von Kaifer Karl VI. (1713); Marta Therefia wollte ihn dem 
Könige von Earbinien überlaffen (1743), deßhalb nahm ©. im öfterreichifchen Suc⸗ 
tefftondfriege Bartet gegen den Kalfer, ward zwar von den Defterreichern in Befiß ges 
nommen (1746, Sept.), befreite fich aber durdy einen großen Bolfdaufftand wies 
der (December). 1797 brachen beim Borrüden der Franzoſen in Italien auch 
in ©. mehre Unruhen zur Unterbrüdung der Ariflofratie aus. Zwar wurden fie 
Für den Augenblick geftiüt, allein die franzöffhe Republik nahm ſich der Unter 
drüdten an u. zwang die Republif G, zu einer Aenderung ber Berfaffung, nach 
den demofratifhhen Principten Frankrelchs. Ste erhielt hiebet den alten Namen 
liguriſche Republik cf. d.). "1799 fiel das genueflfche Gebiet wieder in die 
Hfne der Deflerreicher, die Maſſena in der Stadt ſelbſt belagerten. Die 
Echladht von Marengo (f. d.) befreite die Eingefchloffenen; es ward Anfangs 
eine provffortiche Reaierung miebergefebt und dann die Verfaffung dahin abgeäns 
dert, daß ein, auf 6 Jahre gewählter Doge, der 29 Senatoren und eine ſich 
jährlich verfammelnde Confulta von 72 Gliedern au Seite hatte, die Regierung 
führte. 1804 warb ©. Frankreich einverleibt u. blieb bei diefem Staate dis 1814, 
wo die Engländer unter Lord Bentink (f. d.) ©. befepten; diefer verhieß der 
Stadt die vorige Freiheit, der Wiener Eongreß nahm indeſſen hierauf Feine Rüds 
Acht, fondern — ©. dem Könige von Sardinien zu. — Seit diefer Zeit fing 
8. an, fidy beveutend zu erheben, und feine zahlreichen Schiffe durchfahren den 
Dean. Bgl. Mailly, »Histoire de la republigue de G. jusqu’en 1694« und 
Serra, »Storia della Ligurias (4 Bbe., Tur. 1834). 
Genus, f. Sefhledt. 
Geoeentrifcher u. Heliocentrifcher Ort der Planeten. Da wir die Plas 
seten nicht von der Sonne, fondern nur von unferer Erde aus beobachten Fönnen, 
jo iR es im Gopernifantichen Weliſyſteme nothwendig geivorden, einen geocene 


[we Geseyklifche Mafgine— Berffelh, 


trifchen und einen Bellocentrifchen Ort eines Planeten zu unterſchelden z. denn da 
diefe nicht, wie die Firfterne, unendlich, fondern nur verhältnigmäßig weit entfernt 
find, fo iſt es offenbar nicht mehr einerlei, ob man einen Planeten von der Erde, 
oder von der Sonne aus betrachtet. Es heißt daher der, von der Sonne aus am 
Himmel beobachtete Ort, wo der Planet fteht, der heliocentrifche Ort deſſelben, der 
entweder durch hellocentrifche ng u. Breite, oder durch heliocentrifche Rectaſcenſion 
u. Deeitnation beſtimmt werden kann; dagegen der, von der Erde aus am Himmel 
beobachtete Drt, wo der Planet fteht, deſſen geocentrifcher Drt, der fich entweder 
durch geocentrifche Länge und Breite, oder durch geocentrifche Rectaſcenſion und 
Declination beftimmen läft. — Mie durdy Rechnung der geocentrifhe Drt eines 
Planeten aus deſſen hellocentrifchem Drte, und umgekehrt der heltocentrifche aus 
dem geocentrifchen hergeleitet werden lann, zeigen die Lehrbücher der rechnenden 
Afronomiez namentlich find in Jahns praft. Aftton. (Berlin 1835) diefe Ber- 
Wanblungen ausführlich u. von numerifchen Beifpielen begleitet, gegeben. In ven 
afronomijchen Ephemeriven pflegt man die heltocentrifchen Längen u. Breiten, die 
gensentrlfeen 1 „geraden Aufftelgungen und Abweichungen für die einzelnen Pla⸗ 
neten anzugeben. 

Geochkliſche Maſchine (Schwungmaſchine, Tellurtum) if eine be 
fondere Art von Planetarium (f. d.), und zwar eine mehr oder minder Fünf 
liche Vorrichtung, bier Bewegungen der Erde und des Mondes und aller dadurch 
ereugt werdenden Erflpeinungen, wie 4. 8. der Dionbviertel, ber_SIahreszeiten 
uf w. zu seranthaulihen. Gewoͤhnliche g. M.n werden mit der Hand, Die ger 
naueren durch Raͤderwerk in Bewegung geſeht. Bekannt iR die von Bohnen 
berger (f. d.) erfundene; Riedig u. Shure haben fehr zwedmaͤßige g. Mr 
um billigen Preis geliefert. ö 

Geodäfle oder Erdmeßkunſt, ein Theil ver praftifchen Geometrie über! 

r- diejenige Wiſſenſchaſt, welche ausführlich Iehrt, ein größeres oder El, 

tüd der Grdoberfläche mittelft geeigneter Mefwerkjeuge nach gewiflen ein, 
feiner Groͤße, Geflalt u. Lage nach, fowohl überhaupt, als au feinen eingels 
nen Theilen, genau zu beftimmen, theils graphifch (durch Aufnehmen), theils tr 
gonometrifch (Dusch Rechnung), und alddann von dieſem Stüde Landes die Bar- 
zeichnung des geometrijchen Grundrified nach einem vorgefchriebenen verjüngten 
Mapftabe auszuführen. Es gibt demnach eine niedere und eine höhere ©. Jene 
beißt gewöhnlich Feldmeßkünſt (f. Meffung). Die höhere ®. bat es mit der 
Aufnahme eined großen Stüdes der Grooberfläche (einer ‚Broving oder mehrer 
Provinzen, eines oder mehrer Länder) zu thun; mithin gehören die Grad meſ⸗ 
fungen d. d.) ebenfalls zur höheren ©. Ueberhaupt Liegt die trigonometrifche 
Aufnahme allen Aufgaben, mit deren Eöfung die höhere ©. {+ au befchäftigen 
bat, zu Grunde, wobel immer die allgemeine Regel glit, fowelt es irgend möglich 
und ſhunlich if, nie aus dem Kleinen ins Große, fondern ſtets aus dem Großen 
ins Kleine zu arbeiten. Bet der Beflimmung des trigonometrifchen Netzes find die 
wichtigſten Meßwerkzeuge: der Theo dol it zur fharfen Beſtinimung der Winkel 
der Dreiede) in Graden, Minuten u. Secunden, u. die Meß ſtang en zur geraden 
Beſtimmung der Bafls u. der Berififattonsbafis in irgend einem genau befannten 
Längenmaße (gewöhntih Metern, Toifen oder Fugen) erforderlich — Zur ©, 
werden noch die Rivellirfunft cf. d.) u. die Marffcheidefunft Ch. d.) ges 
rechnet. Uebrigens verfteht man, wenn in der gewöhnlichen Feldmeßfunft die Rede 
von der ©. ift, gewöhnlich die Anleitung, Xändereien oder Felder (Meder, Wiefen, 
‚Holgungen u. f. w.) zwiſchen zwei oder mehren Interefienten nach gegebenen Ber 
hältniffen, entweder auf graphifchem, oder calculativem Wege zu theilen. (Eines 
der neueſten, beften Lehrbücher der ©. if das von Grunert: Lehrbuch der 
Mathematif u. Phyſik, 2 Thle., 2. Abthl., Lpz. 1842, 

Geoffrin (Maria Therefe Rodet, Madame ©), geb. zu Paris 1699, 
Tochter eines Kammerdieners bei der Daupkine, u. 15 Fahre alt mit ©., einem 
zeichen, aber geiſtloſen Dberflieutenant ver Würgerall, versiis, woche und, 


Seffroy · Saint· ilaire Seognoſte. — 


fien Tode ihr Haus zum —— von Gelehrten, Künflern und Großen, 
iht Wahlfprud war: Geben u, ‚geben, Auch Graf Pontatowsli, nachma⸗ 
er König von Polen, gehörte unter ihre Freunde u. machte ihr feine Erhebung 
t den Worten befannt: »Madame, votre fils et roil« Sie folgte 1768 feiner 
nladung nad Warfhau und wurde bier, fowie in Wien von Maria Therefia 
Jofeph IL, mit großer Achtung empfangen; fie ftarb 1777. D’Alembert, Tho⸗ 
18 u. Morellet ſchrieben befonders über fie, und Morellet gab ihre Abhandlung, 
# la conversation u. ihne Lettres heraus, 

Geoffeoy-Saint-Hilaire, 1) Etienne, geboren zu Etampes 1772, folgte 
98 der Grpedition nady Aegypten, 1808 der franzöfichen Armee in wiſſen⸗ 
aftlichen Forſchungen nad) Bortugal, ward dann Profeſſot der Naturgefcyichte 
ı Jardin des plantes u. Brofeffor der Anatomie u, Phyftologie an der Facults 
8sciences, dann Profefior der Zoologie am Muss6 d’histoire de naturelle u. brachte 
uerdings die, vom Pajcha von Aegypten dem Könige gefchenkte, Giraffe von 
arfeile nad) Paris; legte 1841 feine Stelle nieder. Bon ihm tft auch ein 
‚enes zoologifches Syflem. Er gab heraus: Philosophie anatomique (Parts 
18, mit einem Atlas in 4.); Des monstruositös humaines (ebenv. 1822—34); 
t Guvfer: hist, nat. des mammiferes (ebend, 1820—35, 6 Bde., 2. Ausgabe, 
26—35, 4 Bde., 3, Ausg. 1831—35); Cours de hist, nat. des mammiferes 
send. 1829, n. Ausg. 1834); Philosophie zoolog, (ebend.4830); Etudes pro- 
essives d’un naturaliste (ebend. 1835). Außerdem viele Abhandlungen in den 
ten periodifchen naturhiftorifchen Schriften Frankreichs; auch arbeitete er an der 
script. de l’Egypte, an der Galerie zoologique ic. — 2) ©, (Ifidor), Sohn 
3 Borigen, geboren zu Paris 1805, zu Bordeaur Profeffor der Zoologie und 
dlogiichen Philofophie, feit 1838 Mitglied der Akademie der Wifjenfchaften us 
8 Snftituts, früher Hülfsprofefior der Zoologie am Musde. d’hist. nat. zu Bas 
3; Werke: Traitö de la monstruosits (Paris 1829); Hist. des anomalies de 
ırganisation chez l'homme et les animaux (ebend, 1832—36, 3 Bve.); Etu- 
s zoologiques (ebend. 1832—36); Sur ‚U'hermaphroditisme (ebenv. 1833)5 
Nions synihetiques et de physiologie naturelle (ebend. 1838); Fragments, 
ograph. etc. de Buſſon (ebend. 1838). Herausgeber von Buffons Werken, Mitz 
beiter an der Descript, de l’Egypte u. an mehren Journalen. 

Geognofie (von yy die lrde und yowcıs, die Kenntniß) iſt die, durch 
eobachtung u. Erforſchung der verfchledenen Gebirge u. Belsmaffen gewonnene 
enntniß von den zufammenfegenden Beſtandtheilen und dem Baue der feften 
:drinde, Sie betrachtet die Rinde unferes Planeten als etwas Fertiges, Ganzes, 
egebenes, unterfucht die einzelnen Baufteine, aus welchen fie zufammengefept if, 
wohl nach der ihnen eigenthümlichen Beſchaffenhelt, als nach ihren gegenfeitigen 
ezlehungen u. Berhältniffen, u. entwidelt endlidy die allgemeinen oder abftraften 
ehättnlfe, unter welchen jr der fefte Thell der Erde im Weſentlichen aus 
aturförpern zufammengefet zeigt, Die ähnliche (nicht aber gleiche) Aufgabe 
twandter Doftrinen, die mehre oder wenigere Relation, in weldyer diefe I. 
ſſenſchaſten zur ©. ftehen, veranlaßt häufig die „Subfumtion oder Begriffövers 
:&hfelung der phyfifalifchen Geographie, der Drpftognofle und der Geologie mit 
m Begriffe ©." Allein, während die phyfikalifche Geographie (f. d.) mehr 
ir die eigentlich phyfiſchen, äußeren Berhältniffe unferes Erdkoͤrpers im ae 
einen die Temperatur und Magnetismus befielben; dann im Speziellen bie 
sfcheinungen an der Oberfläche betreffend das Land, das Meer u. die Luft — 
trachtet; ferner die Orykiognoſie (und Mineralogie) die einzelnen individuellen, 
echaniſch⸗ einfachen, Mineralten als entfernte Beftandtheile des feſten Erdlörpers 
ich ihrer Beichaffenbeit und den fie charalteriſirenden Eigenthümlichkeiten unter» 
cht — erforfcht die G. die nächften Beftandtheile der feſten Eidrinde, ihre Bers 
Uniffe im Großen, fomit die Totalität der Zufammenfegungsverhältnifie des 
ten Erblörpers aus delsarten. Die ©, bietet alfo der Geologie (. R.), a8 
r 2ebre von ber Gntfchung und dem allmäligen Werren viert Btunuiutis, 


&® On Geognoſie. m 


nur den Ankrüpfungspunkt zu ihren Folgerungen u. Schlüffen über deren Urs 
fand u, Alter, — Um nun dieſen ihren angegebenen Zwed: „Renntniß ver feften 
Erdrinde in ihrer gegenwärtigen Befchaffenheit“ zu erreichen, verſucht die ©. auf 
analyilſch⸗ſynthetiſchem Wege 1) die ganze Maffe der Erbbeftandtheile — den 
die Gebirge conſtituirenden Felsarten) mit Hülfe der Oryftognofie in beftimmte 
Gruppen zu fondern (geognoflifcyes Eyftem); betrachtet fobann 2) diefe Gruppe 
a) nad) den Eigenthünttepfeiten ihrer Anordnung, ihres Auftretens, b) mad) ihren 
gegenfeitigen Beziehungen; 3) entwidelt fie die gefepmäßigen Verhältniffe, unter 
welchen diefe Gruppen, als conflituirende Beftandiheile, zum Ganzen der feften Erd- 
rinde treten. — Durch eine ſolche planmäßige Durchforfchung der mächtigen Glie⸗ 
der des Erdorganismus gelangt der Geognoft zugleich zu jenen wichtigen Er⸗ 
fahrungen über das Vorkommen, die Verbreitung, die Art u. Bar der Lagerung 
x. der nugbaren Mineralien u, findet ſomit in ©. den mädhtigften Anhaltes 
punkt für den „Bergbau,” — Leptgenannter, dem Gefagten gemäß, mehr unters 
jeorbneter Zweck war ed aber auch, welchen die Geognoften vor Werner, dem 
chöpfer der heutigen G. einzig im Auge hatten, Bereits bei den älteften Böl- 
fern, den Ghinefen, Phöniziern, Aegypten, Hebräern (1. B. Mof. 4, 22.5 1.8. 
der Könige 9, 28.) finden wir Verjuche, die Lagerftätten der edlen Metalle (Etze) 
u. nupbaren Gefteine durch Bergbau aus zubeuten. Allein diefe Bemühungen, for 
wie jene der fpäten Griechen und Römer (vergl, Theophraft von Erefus zepi 
zov ASov (deutfh von Schmiever 1807) und fein Lehrer Artftoteles (Spunrd 
xai ueraAltvra) Dioscorided von Anararba in feinen fünf Büchern epi vAy 
darpırys u, Blintus (Historia Natural. Lib. 33—37) und der Araber (Moicenna) 
trugen nur fehr wenig zur Erlan, mg einer näheren Kenntniß der Erdrinde bei, 
durch Georg Agricola da 1555. De ortu et caussis sublerraneorum; 
de natura eorum, quae efflaunt e terra; de natura fussilium; de veteribus et 
movis metallis; Bermannus, sive de re metallica dielogus; reoensuit et scholiis 
iHustr. a J. A. Sigfrido. Wittenberg 16125 deutſch von Lehmann (Breideng 
180612); Andreas Cäfalpin (De metsllicis 1596), Konrad Geöner (De 
rerum fossilium genere 1565), ®eorg Fabricius (Observationes de rebus me- 
tallicis, quibus ea potissimum applicantur, quae Agricola praeteriit 1565), Ma 
theflus (Sarepta oder Bergpofile 1562), Ynceltus (De re metallica 1551), fowle 
durch die fpäteren Forſcher: Aıhanafius Kircher (Mundus subterraneus 1664) u. 
3. 3. Becher (Physica subterranea, profundam subterraneorum genesin, e prin- 
eipiis hucusque ignotis, ostendens Francof. 1664) — wurde das Intereffe für eine 
genauere, freilich aber noch höchft mangelhafte Durcforfehung ber Gebirges 
maffen gewedt u. einzelne ragmente zu einer wiſſenſchaftlichen ntwidelung er 
worben. Mehr als die praftifche, an Feſthaltung des Beftchenden gerichtete eo⸗ 
achtung dieſer Verhaͤltniſſe beſchaͤftigte die Forſcher jener Zeit die in Hypotheſen 
und Spelulatlon ſich ergehende — Erfoiſchung des Urſprungs der deie⸗ 
arten und Gebirge (f. d. Art. Geologie) und ſeibſt noch in den Werfen eines 
Brüdmann (Megnalia Dei in locis subterr. 1727) u. Kundmann (Pomtuar. rer. 
nat. 1727. Rariora nuturae etc. 1737) waren es mehr nur die nugbaren Minera⸗ 
lien, ihr Borfommen u. ihre Verwendbarkeit, weldye einer genaueren Beachtung ges 
würdigt wurden. Gine um fo rühmendere Anetennung verbienen die Arbeiten 
weler deuiſcher Geognoften: 3. ©. Lehmann (Berfudy einer Geſchichte der Fl 
jebirge,, betreffend deren Entſtehung, Lage u. f. w., Berlin 1756) u. ©, Gh, 
üchtel (Entwurf zur älteſten Erd» u. Menfchengefchichte u. f. w., Frankfurt u, 
Leipzig 1773). Während erflerer mit ſcharf unterfceidendem Takte die Lagerungss 
verhältniffe, das füge, die elgenthümliche Anordnungen der Schichten, Die Bers 
fleinerungen u. ſ. w. beobachtete, entwidelte leterer mit gründlicher Einſicht die 
Reihenfolge der Schichten, ven zoologiſchen (palaeontologifchen) Charakter der 
einzelnen Felsarten u. die mineralogifchen Eigenfchaften der einzelnen Geſteine — 
und vermittelte fo jene Durchgangöperiode, welche ven unflerblicyen Forſchungen 
Werner voranging. Durch Abrab, Goul. Werner (geboren den 25, Gep 


R ao, w 


749, + den 30, Juli 1917 als — u. Profeſſor der Freiberger Bergafas 
emie) erftand, fowie die Mineralogie, fo auch die G. zur felbfiftändigen Miffen- 
haft. Seine gründlichen Sorfäungen, feine Werfe (über die Entftehung der Gänge 
799; ferner „Kurze Glaffifitatton der Gebirgsarten 1787“) vor Allem aber feine lange, 
nermüdete u. begeifterte Wirffamfelt als afademifcher Lehrer eröffnete feinen zahle 
ichen Schülern ein neues bisher choatiſch⸗wirres Feld zur Bebauung. Die durch 
Berner laum ind Leben gerufene Wiſſenſchaft, erhob ſich im Berlaufe weniger 
ahre durch die vereinten Bemühungen der berufenften Kenner zu einer, bei ihrer 
ugend Faum glaublichen Stufe der Ausbildung. Wir nennen bier (unter Ber» 
alung auf die bei dem Artikel „Geologie“ gegebene Literatur) nur die wichtige 
m Namen jener gelehrten Korfcher, — elt Werner bemüht waren, über 
nen der intereffanteften Punlte der Naturgefchichte: „über den Bau unferer 
rde* Licht u. Klarheit zu verbreiten. Rob. Bafewell, Introduction to Geology, 
'ustrative of the general structure of the earth (®ondon 1816), deutſch von 
. H. Müller (reiberg 1819), ©. H. Schubert (Handb, der ©. und Bergbaus 
nde, Nürnberg 1813), Fr. Relcheher (Anleitung zur G., insbefondere zur Ge⸗ 
rgöfunde, nach Werner. Wien 1812), €. W. H. v. Trebra (Erfahrungen vom 
nern der Gebirge, nach Beobachtungen gefammelt, Deffau und Leipzig 1783), 
. Br. W. v. Eharpentier (Beobachtungen über die Lagerftätte der Grze ıc., &pz. 
199), 3. Ch. 2, Schmidt —35* zur Lehre von den Gängen, ein Verſuch 
r fotematifchen Erforfchung der Naturgefehichte, diefer a Siegen 
327), I. €. W. Voigt (oret Briefe über die — Auſl.Weimar 
786), von demſelben (rraftiſche Gebirgokunde, Welmar 1797), J. Maculloch 
eologiesl classification of Rocks (London 1821), Al. Brogntart (Classification 
' caracteres mindralogiques des roches homogönes et heterogenes 1827), 
+ 6. v, Leonhard (Gharafteriftit der Belsarten 1 akademifche Borlefungen, 
Boe., Heidelb. 1823 ff. Agenda Geognostica, Hülfsbucy teifende Gebirgss 
sricher, Heidelb. 1829. Seine übr. Werfe ſ. unter —58 obeſondere das von 
eonh. gegründete Jahrbuch für Mineralogie u. G.), M. v. Engelhardt u. C. v, 
!aumer (Geognoftijche Verfuche, Berlin 1815), I. ©. Ebel (Ueber den Bau der 
rde im Alpengebirge, 2 Bde, Zürich 1808), Chr. Keferftein (Tabellen über die 
‚rgleichende ©., Halle 1825), &. v. Deynhaufen (Berfuche einer geogn. Beſchreib. 
on Oberfchleften, Eſſen 1822), Fteleoleben (Geognoſtiſche Arbeiten, 6 Boe., Ftei⸗ 
rg 1807—19), $. S. Beudant (Voyage mineralogique et „geoloe: en Hongrie, 
Id. 1—4, Par. 1822), 3. Nöggeraih (dad Gebirge in Rheinland u. Weftphaten, 
BDoe., Bonn 1822—26), Br. een (Ueberficht der orographifchen u. geos 
noftifhen Berhältniffe vom nordweftlichen Deutfchland, 2 Abthl., Leipz. 1830), 
v. Deynhaufen, H. v. Dechen u. H. v. La Rode (Geogn. Umriffe der Rheins 
ınder, 2 Thle., Eſſen 1835). Die Reifenden: L. v. Buy, Aler. v. Humboldt, 
ſchwege, Ruffeger, Thurmann, Puſch, C. Naumann, Poulett Serope, C. Daus 
:ny, Gonftant Prevoſi, Elie de Benumontz ferner: Kühn, Montlcellt e Eovelt, 
Jufrenoy, Garne, For, Hatwfins, Eonybeare, H. F. de la Bee, Jamefon, Sedg⸗ 
td, Lyell, Budland, Henwood, Mackure, Taylor, Neder de Sauffure, Heron 
: Billefoffe, Fournet, Eordier, d'Aubuiſſon, Bons, Reboul, Desnoyers, Desha⸗ 
3, Gay: Luffac, Bouffingauft, Stift, Botgt, Zeufhner, v. Strombed, A. Ers 
ann, Karften, Studer, Graf ©. v. Münfter, A. Fr. Graf v. Marfhall, $ 
ronn, v. Dechen, Eichwald, v. Albertt, Walchner, Biſchof, Sörenberg, & 2. 
otta, v. Hoff, W. Fuchs, Schafhäutl, Petholdt 16. 1. — Im geognoftifcher (u. 
ologifher) Beziehung wichtige Auffäge von vetſchledenen Autoren finden ſich: 
v. Leonhard's bereus angeführter Zeitfchrift; ferner in &. E. v. Moll's, Jahr⸗ 
icher der Berg und Hüttenfunde,“ C. B. Karften, „Archiv für Bergbau und 
üttenfunde,“ fm den geognoftifch-geofogifchen und mineralogifchen Zeitfchriften 
m Hausmann, v. Hof, A. Bone, Heatherftonehaugh, Silllmänn, in dem »Jour- 
ıl (Archiv) des Miness (feit 1794); ferner® „in (Gilbert-) Poggendorff's Ans 
ven,“ Kaftner’s „Archiv,* Okens »Isise; Berzelius „Jahresbericht“ 1c, u, im den 
Realempdlspädle. IV. 44 


600 Geognoſie. 


Deut en der verfchlenenen Akademien u. gelehrten Geſellſchaften (ER. v. bie 
— Literatur über „Geologie“ in Fried. ee Geſchichte der ©, 
30.*), ſaͤmmtliche Werke, Berlin 1837, Bd. 2 u. Keferflein: „ ichte u. Litera⸗ 
tur der G.“). — Wenn es dem Oefagten gemäß, Aufgabe der ©. it: alle Außer 
lichen Berhältnifie der feften Erdrinde, (weldy lehtere der Geognoſt mit Dem ge 
meinfamen Begriff „Gebirge“ bezeichnet) u. der dieſelbe zuſammenſetzenden Dino 
ralmaſſen (Feldarten, Bebirgsarten, Gefleine, rocks, roches) nach ihrer Anord⸗ 
“nung u. f. w. zu entwideln, fo wird der Löfung diefer Frage nothwendig eine 
möglich vollfommene Kenntniß der verſchiedenen Gefeine, aus welchen eben 
diefe Felsarten, Gebirgsarten, beftehen, als unerläßliche Grundlage wifienfchaft- 
licher Cinſicht u. Gliederung — vorausgehen muͤſſen. Die Anzahl derjenigen Mi 
neralfubflangen, welche bie Übemie u. Oryftognofle ald Befandtheile der Fels: 
arten nachweist — iſt eine verhältnißmäßig fehr geringe. Kiefelerve , —2 — 
Thon⸗ und Tallkerde treten als ihre Haupibafen auf. Se nachdem nun ein Ge 
Rein feiner ganzen Maſſe nach nur aus einem der mechanifchseinfachen, d. h. der 
ſichtlich nicht gemengten Minerallörper (4. ®. Quarz, Hornbiende, Be 
Blimmer , Wugit, Magneteiſen ıc.) beRehtz oder aber von Theilchen (Blättchen, 
Körnern, Kıyftallen) mehrer einfacher Mineralien zufammengefept iſt — nennen wir 
daſſelbe im erften Falle ein einfaches; in letzterem ein zufammengefchtes. Hinſicht⸗ 
lich ihrer Beſtandtheile unterſcheidet die G. die Keldarten: 1) in 
artige Geſteine, weldye nur aus einer der, In dem mineralogifchen Syſteme auf 
geführten Gattungen, entweder unmittelbar ober doch einer folchen ſich annährend 
— beftehen. 2) In ſcheinbar gleichartige, Befteine, in welchen die zu einem Gau 
verbundenen, zwei ober mehreren Mineralgattungen angehörenden Theilchen 
fe nei find, daß -fie ſich nicht mehr ſichtlich darſtellen ober unterſcheiden laſſen. 
3) In ungleichartige, in welchen die, wenn auch verfchlenenen Mineralgattungen 
angehörenden zufammenfependen Theilchen deutlich dharakterifirt, Leichtficht ich u. erx⸗ 
kennbar auftreten; z. B. Granit, beſiehend aus Glimmer, ſpath und 
4) Trümmer⸗Geſteine, durch eine bindende Maſſe (Teig, ) zuſammenge⸗ 
paltene Conglomerate aus mechaniſch zerlörten Gebilden. 5) Lofe Gebirgsarten; 
Folge chemiſcher, mechantfcher oder atmosphärifcher Einwirkungen in ihrem 
Beſtande veränderte Geſteine. 6) Kohlen. Bel den Schwierigkeiten, welche eine 
Claſſifikation der Yeldarten nach Ihrem Alter Cihrer Entfiehung und Altersſtufe) 
Darbietet (vgl, Geologie) waren es vorzüglicdy die eben angeführten Momente, 
welche bei den Berfuchen eines geognofitdhen Syſtems der Feldarten feſtgehalten 
wurden. Als das durchgebildetſte u. in Deutfchland gebräuchliche mineralogifche 
Eyftem der Felsarten nennen wir nur jened von C. C. von Leonhard und geben 
es hier (unter Verweiſung auf die bereits citirten Werke u. die age Ur⸗ 
tikel) nur in den allgemeinſten Umriſſen: Felsartenſyſtem. Erſte Abtheilung. 
Ungleichartige Geſteine. 4) Körnige Geſteine: Granit (Grenite), Protogha 
(Protogyne), Eyenit (Syenite): a) Gemeiner Eyenit; b) Zirkon⸗Eyenit i ©) 
perfibens&yenit. Diorit (Diabase, Greenstone), Dolerit (Mimose), Babbro ( 
photide, Granitone, Diallage-Rock), Eflogtt (Smaragbitfele), Pyromerid (Por- 
phyre Nepoleon, Porphyre globuleux). 2) Schieftige Wefteine: Gneis (Granite- 
veine), Glimmerſchiefer (Schiste micase, micaceous chist), Stafolumit (Gelenk 
auarz, biegfamer Sanpflein, Gres flexible, flexible Quarz), Eifenglimmer- Schtefer, 
Diorit-Schtefer (Diorite oder Diabase schistoide, Greenstone slate), Topasfeld 
(Roche do Topsze, Topszogene, Topaz Rock). 3) Porphyre. Felsſtein⸗Porphyt 
(Hornflein:Borpbyr, Eurite porphyrorde),. Zweite Abtheilung. Gleichar⸗ 
tige Geſteine. 1) Könige Geſteine. Granulit (Weißſtein, Eurite schistoide), 
Daursgefteine: a) förniges Duarzgeftein (Quarzfels, Quarz en roche, Quarz Rock); 
b) Pordfes Duarzgeftein (Meuliere), Hornblendes@efteine (Amphibolite grenne, 
Hornblend Rock), Augitfel® (Lherzolite, Pyroxene en roche), törniger Kall 
(Artaifftein, faltnifcher, Pariſcher oder Garrarticyer Marmor, Caloaire sacharoide, 
#Sranular limestone) , Türniger Gys (Chaux sulfatse saocharolde,, ‚gramuler 


Gypsum), Dolomit (Dolomie, chaux carbonatde —*8** mulairo, magne- 
sian Limestone), Steinſalz (Sel gemme, Rock-Saſt). 2) Schieferige @efteine, 
Tallſchiefet (Stöaschiste, talcose slate), Hornblende Schiefer (Amphibolite schis- 
teuse, Hornblende slate) , Ghloritfhiefer (Chlorite schisteuse , Chlorite slate). 
3) Dichte Gefteine. Uebergangsfalt (Calcaire intermediaire ou de transition, 
Transition Limestone), eg (Caleaire carbonifere, mountain Limestone), 
Zechſtein (Älterer Flöpfalf, Calcaire alpin, Magnesian-Limestone zum Theile), 
Muschelfalf (Calcare conchylien, Shell Limestone), Liasfatt (Gryphytenfalf, 
Calcaire bleu, ou marneux & Gryphees, Lias), Jurafalf (Calcaire jurassique) 
und ithographifcher Stein (Pierre lithographique, lithographic Stone) , Kreide 
(Craie, Chalk), . Grobfalf (coarse shelly Limestone), Süpwaffer-Kalf: a) dichter 
Süßwaffer-Kal (Calcaire d’eau douce, frish water Limestone); b) Kleſeltalt 
«(Calesire siliceux); c) Travertino; d) Kalttuf (Tuf calcaire, tufaceous Limes-+ 
tone) , Mergel (Marne, Marle): a) gemeiner Mergel; b) Keuper oder bunter 
Mergel (Marne ‚crisee) , bituminöfer ‚Kalt (Stinfftein, Calcaire fötide, bitumi- 
nouse Limestone), Dolithenfalf (Rogenftein, Oolithe), PBurbedfalfftein (Calcaire 
lumachette purbeckien, Purbeck-Limestone) , Porilander Kalfftein (Calcaire 
Porilandien, Portland rock), Coral, rag ‚(Calcaıre corallique) , Polyvenfalk 
(Calcaire a polypiers), jüngfter Meereötalf (Riffftein, Calcaire mediter- 
randan- ou & huıtres), Phonolith lingſtein, Leucostine compaote, Clinks 
tone), Kiefelichiefer (Rydiicher Stein, Lydiene, Flinty-Slate), Dritte Abs 
3 Skheinbargleihartige Gefteine, 4. Körnige Gefteine, Lava 
«(Lave) , Anamefit (bafaltiiher Grünfteln , grünfteinartiger Bafalt). 2. Schie- 
ferige Geſteine. Thonfchiefer (Schiste-argileux; Clay-Slate); Kupferfchiefer (bitumi⸗ 
nöfer Mergelfchiefer; Schiste cuivreux et marneux); Kohlenfchiefer (Schieferthon; 
Argıle schisteusv) ; Liaoſchiefet (Liasthon ; Mergelfchtefer); Kiebsfchiefer (Argile 
feuilletöe; ‚adhesio-Slate) ; *Bolirichtefer. (Schiste tripolden; Polishing-Slate). 3, 
SBorphyre,, Trachyt (Trapp-Borphyr;: Porphyre trapeen; Neorolite); Aphanit 
Grünftein-Porphyr). 4. Dichte Felsarten. Serpentinfels (Serpentin, Ophiolit; 
‚common Serpentin) ; Bafalt (Lave compacte); Wade (Vakite; Toadstone); Schal- 
flein (Spilite) ; Augitporphyr Cichwarzer Porphyt; Porphyre pyroxönique; Mela- 
phyre; Augiteporphyry ; Alaunfels (Roche alunifere) ; Thon (Argile; Clay): a) 
Gemeiner Thon, b) Plaſtiſcher Thon (Töpferthon; Argile plastique; plastic Clay), 
©) %ondoner Thon (Argile de Londres; London Clay), d) Belver Thon (Ar- 
gile veldienne; weald Clay), d) Gault, f) Kimmerldger Thon (Marne argil- 
jeuse hevrienne; Kimmeridge Clay), g) Dxforder Thon (Marne argilleuse ox- 
fordienne ; Argile de Dives; Oxford Clay), h) Kohlenletten (fchteferiger Keu⸗ 
erthon), i) Salztbon (Argile salifere). 5. ©lasartige Gefteine, :Bechftein, Ob⸗ 
Alan, Berlftein, Bimsftein, verglaster Kohlenfchlefer und vergläster plaftiicher 
Thon (Borzellanjaspis ; Thermadite —— ; porcelain Jasper). 6. Schladen⸗ 
artige Geſteine. Berfhladte Lava (Lave scorifiee, scorious Lava); verſchladter 
Bofalt (rheinifher Mühlftein; Basalte scoriac6, scorious Basalt); Erdſchlacke 
(Scorie terreuse, carıhy Slag), Vierte Abtheilung. Trümmer-Geftein, 
©raumwade (Tsammite, Traumate, Greywacke); Grauwade-Schiefer (Schiste trau- 
matique, Greywack6-Slate); alter roter Sandſtein Crother Uebergange-Sanpftein, 
Grös pourpre, old red Sandstone); Kohlen-Sanpftein (Gres houiller, Coal grit 
‚or Sandstone); todt Llegendes (Gres ancien, Psöphite; new red Conglomerate) ; 
bunter Sandftein (Vogefen-Sanpftein, Gres bigarrd und Gres vosgien, varie- 
‚gated Sandstone) ; Keuper:Sandftein (Gres da Keuper, Keuper-Sandstone); Lias⸗ 
Sanpftein (Eifen-Sandftein 5. Th., Gres du Lias, Lias-Sandstone) ; grüner Sand⸗ 
flein (Duader-Sandftein 3. Th., Gres vert, Greensand) ; Eifen-Sanpftein (Sable 
ferrugineux, Irensand, Hastings-Sand); Molaſſe (Gres terliaire ä lignites); Mus 
fchelfand und Sandftein (jüngerer, Grodfalf, Sand u. Thon der Sub-Apenninens 
Formation ; oberer Tegellalt u. Sand (Gres coquillier; Falcuns; Crag 4. 3h.); 
jüngfter Meeres: Sandftein; Nagelflne (Poudingue polygenique 7 gel) Kno⸗ 


692 Geognofſie. 


chentrüũmmer⸗Geſtein (Knochen⸗Breccie; Bräche osseuse); Tapanhoacange, Oanga); 
Srachyt-Trümmer-Geflein (Conglomerat trachylique; trachylic congiomerate) 
Bimsflein « Trümmer » Geflein (Conglomerat ponceux, pumiceous conglomerate) ; 
Traß (Dudflein; Trassoite, volcanic Tuff); gulfanticher Tuff (Tuff 'volcanı 
volcanic Tuff); Pauſilip⸗Tuff; Peperin; Phonolith-Tuff (Tuff —— 
ſalt Conglomerat (Baſalt⸗Tuff, Trapp⸗Tuff, tuf basaltiquo; basellic tuf); vemi⸗ 
Trümmer⸗-Geſtein. Fuͤnfte abheilung. Lofe Geſieine. Gerölle (Geſchiebe, 
Galets, Pebbles) ; Gruß; Sand (Sable); Magneteiſen⸗Sand (sable — us); 
Walkererde (Terre à foulon, Argile smectique; Fuller’s esrth); Mergelerde (Aſche, 
. "Marne cendre, carihy Swinestone) ; Löß (Briz); Lapilli; vulkaniſcher Sand (Sable 
volcanique) ; vulfanıfche Aſche (Cendre volcanique); Dammerde (Verre v6 
wegetable soil). Die Bodenarten: Granitboden, Kalkboden, Thonboden, Sands 
boden, bafaltifcher und Lavaboden. Sechfte Abtheilung. Kohlen. Schwarg 
kohlen: a) Blätterlohle, b) Kannelfohle, c) Rußkohle, d) Mineratifche Holskohle, 
Braunfohlen: a) Gemeine Braunkohle, b) Bitumindfes Holz, c) Moorlohle, d) 
Srofohle, ©) Alaunerde. Anhang. Torf (Tourbe, Peat): a) Land⸗Torf, b) 
Moraf:Torf, c) Meeres-Torf, Die vorfiehenden Gruppen find es, welche die G. 
als conftituirende Beſtandtheile der feRen Eidrinde in den mannigfalti Bu 
bältniffen ihrer Lagerung ac. ermittelte und feſtſtellte. Reben ihrer richtigen Er⸗ 
kenntniß und darauf begründeten Glaffififatton iſt nun eine zweite Hauptaufgabe 
der ©.: die genaue Betrachtung diefer Gebilde nach ihren Innern — auf Form, 
Zufammenhang ıc. besüglichen Berbältnifien fowohl, als nach ihren äußern Be 
ziehungen, d. ß wie fle in ihrer Geiſtaltung ale Banzed Kim ihrer Umgebung vers 
halten. Aus diefer a nBowelfe ergtbt fich die Unterſcheidung in innere 
und äußere Formen der Geſteine. — Im Bezug auf die „Innere n6form“ 
haben die forgfältigften Beobachtungen der Foricher an den verſchiedenſten Bun 
ten der Erde, wo nur immer, fei es durch kunſtliche Auffchließungen Church Brums 
nens und Rellergrabungen, Straßen» und Kanalbauten, Bobrarbeiten, Ber 
arbeiten, ®rubengebäube), oder durch natürliche Entblößungen (tiefe Thäler, Berge 
fdyluchten, Meeresfüften, Felsſtürze, Waflerflutben ıc.) ein Blick In die innere Ge⸗ 
birgöwelt vergönnt iſt, nachgewiefen: daß die Geſteinmaſſen, ſelbſt die bärteften 
und dichteften, niemals nur aus Einem Stüde beftehen u. vollkommen gleichförs 
migzufammenhängend find, fondern entweder durch Riffe, horizontale, mehr ober 
weniger geneigte, (hiefe, ja felbft fenkrechte Spalten zerklüftet, oder auf andere 
Weiſe in verſchiedenartige Formen gefpaltet erfcheinen. Die winken efer cha⸗ 
rafteriftifchen Berhältnife der Innern Gefleinform find nun 1) die Wöfonderun 
d. i. Trennung der Felomaſſen in mehr oder weniger regelrecht altete u. 
mannigfadye Welfe geordnete Stüde, (Unregelmäßig⸗maſſige u. vielfach zerflüftete 
Gefleine). Die Abfonderung der Geſteine trägt biöwellen den Charakter der Re 
geimäßtgteit nicht felten in überrafchender Weiſe an fi) und pie färlenförmige 
bfonderung, wie wir fle an Dioriten, Phonolithen, Feldſteinporphyren, Trachyten, 
Laven, insbeſondere aber an den Bafalten, Doleriten und Anameflten, z. B. an 
der Rordküfle Irlands, an dem berühmten Rieſenweg (Giants Causeway), auf ber 
Snfel Staffa u. a. a. D. bewundern, erfcheinen auf den erfien Bid ale das 
Werk orpnender Menſchenhand. Die Höhe diefer Säulen, zumal im Bafalt, bes 
trägt oft an 80 Fuß, ja die bafaltifchen Brismen ber Pallisado rocks am Hud⸗ 
ſonfluſſe nicht felten an 200 Fuß bei einer Stärke von 12 Fuß. Man beobach⸗ 
tet dreis, vier«, fünfs, ſechs⸗ und neunfeitige Säulen. Die prismatifdde Form 
die überwiegend vorherrſchende. — Richt felten find diefe Säulen der Duere n 
in kleinere Stüde abgefondert, in welchem man fie „gegliebert* nennt, Mit dem 
Ausdrude „ſtaͤnglich“ bezeichnet man kleine Säulen, die zugleich an regelmäßiger 
Bildung abnehmen, Außerdem findet man noch „nebogene”, Sförmig gefrämmte 
Säulen (fo im Bafalt auf Staffa, Dye Tunata Goala in Siebenbürgen). Eine 
eigenthümlicdye Art der Abſonderung iſt die „Lugelförmige, kugelige.“ Durch fphä- 
fh verlaufende Spalten erſcheinen Geſtein⸗ Bartieen in mehr oder weniger regel⸗ 



















Geoguofe. | 2:17 


mäßigen runden Maflen, „Kugeln.“ Derartige Gebilde finden wir befonbers häufig 
an Dioriten, Bafalten und an Laven noch thätiger Vulkane fo 3. B. die Kugeln 
der Hornitos am Fuße des Jorullo. Ihr Durchmeſſer wechſelt von 4 300 bis 
zu 8 Fuß; im Innern find felbe Außerft feſt, gegen die Peripherie mehr verwittert, 
taub und in dide, concentrifche Schalen trenndbar. — Die dritte Art der „Abs 
fonderung” if die 'plattenförmige oder tafelähnliche, wie wir ſie an Feldſteinpor⸗ 
phyren, Bhonolithen ıc. beobachten, Die durch weithin ſich erſtreckende, oft wies 
berfehrende Klüfte entſtehenden Platten find mehr. oder weniger regelmäßig bes 
gränzt, biöwellen fo did, daß fie ungeheure Blöde bilden, oder fie erfcheinen als 
geradfchallge Tafeln, die bis zum Schieferigen fi) verbünnen. 2) Durch tiefeln- 
dringende, auf die verfchievenartigfte, regellofefte Weife verzweigte, bald enge, bald 
riefig weite, in unbeflimmten Richtungen und unter den mannigfachften Neigungen 
zum Horizont ſich erfiredende Spalten und Riffe entfieht jene Innere Geſteinsform 
— welche wir „Zerklüftung“ nennen. Das wichtigfte der auf die innere Ges 
ſteinform bezüglichen Berhältnifie iR aber jenes der Schichtung.“ Jene Ges 
Reine oder Felsarten nämlich, welche, ähnlich den Blättern eines Buches, aus 
bereinander ihre Stelle einnehmenden, burdy zwei unter ſich parallele Ebenen 
begrängten Lagen, weldye man Schichten, Strata, nennt — beftehen; heißen ge- 
chichtete im Degenfap zu denjenigen Gefleinen, wo eine ſolche regelmäßige 
bfonderung unter feiner Bedingung wahrzunehmen. Ihre Entftehung, welche 
wie wir fehen werben, für den Geologen von höchfter Bedeutung it, dur 
Niederſchlag und Senkung der ſchwereren Thetichen aus Waſſer — läßt ſich im 
Kleinen noch täglidy an den Ufern umferer Bäche und Flüge nachweifen, wo bie 
Wellen gleichfalls foldye Depots von Schlamm und Sand fdhichtenartig abſetzen. 
Die geſchichteten Gebirge find es ferner, welche ausſchließlich (als Produkte des 
Baer) Berfteinerungen führen. Die verfchiedene Art und Weiſe ihrer Abſetzung 
aus der Flüſſigkeit, ſowie die ‚gewaltigen Kataſtrophen, weldye die Schichten ber 
Gebirge, fowohl im Akte ihrer Entflehung, als auch in der Folge, die bereits fer- 
tigen, betroffen — find die Urfache jener mannigfachen Eigenthümlichkeiten im 
Baue und Anordnung der Schichten, welche der Bergmann und Geognoſt mit der 
ihm eigenthämlichen Sprache bezeichnet und deren wichtigften wir hier kurz bes 
bren wollen. Schichten, einer horizontalen Ebene wageredht aufliegend und mit 
der Oberfläche der Erde parallel verlaufend, heißen: fohlige; geneigte, wenn fie 
mit lepterer einen Winkel bilden; aufgerichtete, wenn fie fenfrecht zu berfelben 
fiehen. Mit dem Ausédrucke: allen der Schichten bezeicdhnet man den Winkel, 
(die Reigung), welchen die Schichten gegen den Horizont machen. — Die Richtun 
und Längenerftredung, weldye eine Schidyte in ihrer Berbreitung In Beziehun auf 
die Himmeldgegend einnimmt, nennt man das Streichen derfelben. Das Mefien 
des Fallens geichieht mittels des Gradbogens (eined mit einem Bleilothe verfches 
nen Duabranten). Zur Beſtimmung der Linie des Streichens dient der Gompaß, 
defien Umfang, nad bergmänntichem Braud, in 24 Theile, Stunden genannt, 
getheilt ik. — Diejenigen Geheinmaflen, welche eine Schicht unmittelbar bebeden, 
nennt der Bergmann das Hangende; ihre Unterlage, die Mafien, auf welchen 
eine Schicht ruht, das Liegende. Die durch Mefiung der geringfien Entfernung 
zwifchen Liegendem und Hangendem ermittelte Dide der Schicht heißt ihre Maͤch⸗ 
tigkeit. Die Mächtigkeit der Schichten (ſeien dieſe fühlige, geneigte oder aufge 
richtete) iſt hochſt ungleich, den wir finden deren, die kaum 3” did zwiſchen ans 
dern fich hinziehen, welche 30—40' mächtig feyn können. Denjenigen Theil einer 
Geſteinsſchicht, welcher, ſei e8 durch urfprüngliche Lagerung oder In Folge von 
Auswafchungen durch Klüße und Meeresfluthen und künſtliche Entblößungen) an 
die Oberfläche der Erde bervortritt, nennt der Bergmann das Ausgehende, oder 
zu Tage Gehende oder Auſtehende derſelben. — Bel geneigten und aufgerichtes 
ten Schichten heißen die zu Tage gehenden Schichten: Schidhtenlöpfe. Eine 
eigenthümliche Grfcheinung an den Schichten if ferner jene, welche der 
Geognoſt mit dem Ausdrudes die Schichten Teilen A md, vun 


694 Seoguöfte. 
d. h. eine urſprünglich ziemlich mächtige Schicht nimmt nach einer Rids 
tung hin an Dide (Mächtigkelt) beträchtlich ab und verſchwindet entweder 
janz ober zieht ſich wie j. B vorzüglich Steinkohlenſchichten, nur noch ale 
aum erfennbarer Baden zwiſchen den Gefleinen bin. — Die verfchledenen 
mechanifchen Cinwirfungen, welche die bereits fertigen Schichten durch ander 
wettige Kräfte erfuhren, riefen mannigfacye Störung In ihrem regelmäßigen und 
prallelen Berlaufe hervor und wir fehen als Folge folder Störungen die Schich⸗ 
tem nicht felten gebogen, gewunben oder zerbrocdhen — Zerrüttungen, welche ber 
Bergmann Rüden, Wechfel, Sprünge (Failles, Barrages, Faults), Bermwerfungen 
oder Berfchtebungen der Schichten nennt. Was nun die „äußere Geheineform* 
betrifft, nämlich die Form eines Gefleins, ald Ganzes und in feinen Beztebungen 
und Berhältnifien zu den dasfelbe umgebenden Felsarten betrachtet — fo find «# 
namentlich drei Formen, unter weldyen die Gefteine auftreten: nämlich als Schich⸗ 
tungögeftein, oder ald Maffengeftein, oder ald Geſtelnsgang. Das Schichtungs⸗ 
eftein, unzweifelhaft ein Produkt des Waſſers, zeichnet ſich durch die ſchlchien⸗ 
rmige Lagerung der verfchledenen es zuſammenſehenden Gefteine aus; durch eine 
joldye Meberlagerung, oft fehr verfchtedener Grfteine entſteht ein Schichtungsfoften, 
welches nicht jelten große Randftredfen einnimmt. Zur Beobachtung der Schid. 
tungsverhältniffe eignen ſich am beften: Thon, Mergel, Kohle, Molaffe, Sandſtein 
und Kaliſtein. — Im Gegenfage zum Schichtungegefteine trägt: das Maffen 
flein niemals eine Spur von wirklicher Schihtung an fidh; es ermangelt Tas 
ginae feiner planmäßigen Anorbnung in feiner Lagerung, wie wir fie am Schid, 
ngögeftein wahrnehmen; wahrhafte Ueberlagerung fehlt bei ihm; viele dieſa 
Gefteine treten, ähnlich den Laven umferer noch thätigen Vulkane in Strömen 
auf, andere erfüllen Spalten in gefchichteten Gefteinen und ftören auf dieſe Weit 
die Regelmäßigfeit der Anordnung lepterer. An denjenigen Stellen, wo Maſſen⸗ 
gefteine mit Schichtengefteinen zufammentreffen, beobachten wir at — 
außer den angedeuteten Störungen in ihren Lagerungsverhältniſſen üherdieß Ber 
änderungen in deren Farbe, Gefüge, Eigenſchwere, Korm und chemifchen Natur 
— Eimpirfungen, welde nur durch den Einfluß erklärt werden zu Fönnen ſchel⸗ 
nen, den die Maffengefteine in ihrem urfprünglich feuerflüfftgen Zuftande auf bie 
Schichtungsgefteine ausübten. Die wichtigften diefer Maſſengeſieine find die Ba- 
falte, Syentte, Oranite, Porphyre 2c., oder jene von uns ald „abnorme* bezeichnete 
Telsarten. Gehen wir bier fogleih auf jenen dritten Punkt der geognoſtiſchen 
Aufgabe über: „Darftellung der Verthellung der einzelnen Gefteins Gruppe auf 
der Oberfläche unferes Planeten“ Cein Theil der geognoftifchen Doctrin, welcher 
bei feiner gegenwärtig noch ziemlich lückenhaften Ausbildung, einzig nur durch das 
Studium guter geognofifcher Karten möglich wird) — 5 finden wir in Berg 
auf Verbreitung gefchichteter und Maffengeftelne, daß erftere in quantitativer Be 
zlehung lehtere ungleich übertreffen; auch in Anfehung ihrer (Längen) Ausbrei⸗ 
tung treten lehtere mehr zurüd; felten find fie über fehr große glächen ausgebtei⸗ 
tet, ſondern meiſt bilden fie mehr vereinzelte, ſteil niedergehende Maffen, die mit⸗ 
unter som vereinzelt ald Gebirgaftöde ſich erheben. Rußland z. B. hat ebene 
Streden, in welchen auf taufend Duadratmeilen nicht eine Spur von Maffenge 
fein wahrnehmbar iſt. — Gefteinsgänge oder Adern find Klüfte, Riſſe oder Spal- 
ten, welche ſich bald mehr bald minder oft in unermeßliche Tiefe und Länge er 
fireden und mit Mineral-Subftanzen ausgefüllt find, welche von den die Räume 
einfchließenden, Felsgebilden verfdhleden Fr zeigen. Je nachdem das ausfüllende 
Mineral gewöhnlicyes Geſtein, oder aber metalliſche Subfanz iſt, unterfcheibdt 
man Minerals und Eragänge. — Auch in Berug auf die Gefleinsgänge hat der 
Sergmann feinen eigenthbümlichen Ausdrud. Er fpricht audy hier (mie bet den 
Schichten) von ihrer Mächtigfeit Cihrem Durchmeffer), vom Riebergehen der Gänge 
ihr Erſtrecden gegen das Eid⸗Innere — ihre Teufe), von dem Ausgehen oder 
Ausbeißen, vom Fallen und Streichen, vom Verſchieben u. Berwerfen, Zergabeln 
der Gänge, Gr unterfcheivet ferner die Gangmafle von der fie umfchließenden 


——mmBm.m_ 


j Geographie, “ 
Belsart (dem Nebengeftein) womit erfle bald feft verbunden — angewachfen, vers 
wachen — bald von ihr durch eine dünne Page (Schale) einer befondern Stein? 
art, welche Sahlband genannt wird, getrennt ift. Häufig zeigt ſich zwifchen Sahi⸗ 
band und Nebengeftein noch eine dünne Lage von Lehm oder Thon, welche er 
Bee nennt. Die Erzgänge find die Lagerftätten der edlen ober nuhbaren Mis 
neralien. Baule Gänge beftehen ihrer Maffe nach nur aus Thon, Reiten oder 
aus zerfegten, aufgelösten Gang- ober Geftelnarten, Taube Gänge find jene, auf 
welchen gar Feine Erze einbrechen; edle jene, welche metallifche Subftanzen in ges 
tiffer Menge führen. Die Erze kommen tn den Gängen ftet8 mit andern Gang» 
arten vor, d. t. mit nicht metalifhen Subflangen, welche zugleich mit ihnen Gang» 
räume erfüllen. Die gewöhnlichften Begleiter der Erze (Gangarten) find Quarz, 
Jaopis, Hornflein, Kalffpatb, Bitter- und Braunfvath, Baryt- und Flußfpath u. 
Thon. In Bezug auf die Verbreitung uud das Borfommen der edlen Metalle 
(als dem Gegenftande bergmännifcher Arbeiten) müffen wir hier auf die betreffens 
den Artikel verweilen, F. Ch. 8. 
Geographie (Erbbefchreibung ober Erdkunde, im Gegenfage zu 
Weltbeichreibung oder Weltkunde), iſt die Wiſſenſchaft, weldye die Kennt 
niß der Erde zum Gegenftande hat, u. zwar fowohl als einzelnen u. unabhängt- 
gen Körper im Weltall betrachtet, wie in Verbindung mit dem Syſteme der übrls 
gen Himmelsförper, Aus den drei verfchledenen Standpunkten, von welchen aus 
man die Erde wiſſenſchaftlich unterfuchen Fann, nämlich: entweder als einzelnen 
‚Körper feiner natürlichen Beſchaffenheit nad und mit Rüdficht auf die Art der 
Bertheilung und Abfonderung der Menfchen auf ihm, oder ais einen Theil des 
Sonnenfyftems, ergibt ſich auch eine dreifache Eintheilung der G., nämlich die 
mathematifche, die phufifche oder phyſikaliſche u. die vide ®. 
1) Die mathematifhe ©, ift die Anwendung der mathematifchen Wiſſen⸗ 
ſchaften, um die Berhältniffe der Erbe in Beziehung auf die anderen Weltkörper, 
fo wie bie Art u. bie Gefege ihrer Bewegung darzuftellen u, bie Erde nad) ihrer 
Geſtalt, Größe u. ihrem Umfang genau Tennen zu lernen. Eine ihrer Hauptaufgaben 
iſt die allgemeine Eintheilung und Ausmeffung der Erdoberfläche vermittelt ber 
Geodäfte und Aftronomie. Zu biefem Endzwede zieht fie Ceingebilvete) Linien 
Aequator, Wende und Bolarkreife, Meridiane, Erdare) und fept Punkte Pole, 
Aequinoctial- u. Solfitialpunkte, Zenith, Nadir), theitt die Oberfläche in gewiſſe 
Abfchnitte nach der Verfchiedenheit des Klima (Zonen), betrachtet den Horizont 
(wahren u. fcheinbaren) u. die Weltgegenden, erklärt uns die Erfhheinungen der 
regelmäßigen Bewegung des Himmelsgewölbes und feiner Geftirne, den Wechſel 
der Jahreszeiten, die verfehtedene Dauer der Tage u. Nächte In den verfchledenen 
Thellen der Erde, die Sonnen u. die Mondsfinfterniffe, beftimmt die Zeit- und 
Längenabtheilungen u. ſ. w. Die beiven Haupterfenntniffe, auf welde fie ihre 
Meßlunſt fügt, find: daß die Erde als Kugel zu betrachten fei, und daß die 
zer u. Kreife, welche man fi) am Himmel denkt, mit ähnlichen Punkten u, 
reifen auf der Oberfläche der Erbe übereinftimmen und zufammenfallen. 2) Die 
phyfiſche ©. befchreibt die Erde als einen für fich beflehenven Körper, und 
nimmt dabei hauptlächlich auf die Mannigfaltigteit ihrer Eigenfchaften und ihre 
Beftandiheile Rüdficht. Diefe treten in verfchtedenen Formen und Zuftänden auf, 
u. nad) Maßgabe diefer Verfchievenheit befchäftigt ſich bie phyſiſche G. ale me 
teorologifche ©. mit der Atmosphäre, indem fie die verſchiedenen Luftarten u. 
deren Gigenfchaften (Schwere, Zufammenfegung, Wärme u. dergl.), dann deren 
öhe n. Schichten (Schneelinie), die Niederfchläge aus derſelben (Thau, Nebel, 
olfen u. f. f.), die Farben, Bewegungen, Lichterſcheinungen in der Luft u, a. m. 
betrachtet; als Geifik, oder @eologie im engeren Sinne, mit den feſten Theilen 
der Erde, indem fle deren Oberfläche unterfu 8 Drogranhle) u. das Innere ders 
felben erforfcht (Oryktognofle) ; als — e mit den flüffigen Theilen 
der Erde, die Seribeileng umb Befcdhaffenheit des Weltmeers ver Tiefe, Farbe, 
Temperatur, den Bewegungen u. ſ. w. befielben, von ben Randfeen , Teichen 


696 Geographie 


Strömen, Flüſſen, Bächen u. ſ. w.; ald Produften ®; mit bem verſchiedenen 
Grzeugniffen der Erde, u. zwar aus dem Mineralreiche (mineralogifche ©.), aus 
dem Dlangenteiche Gotaniſche ©.), aus dem Thterreiche (aoolo; ifcbe ©.), enblih 
aud den Menfchen betrachtend 6 G.). Die y vide G. nimmt 
vieleicht auch Rüdficht auf die mögliche Entftehungsart der (Erde (Geogenie) 
2. auf die Veränderung der. Erdoberfläche. 3) Die RANGE ©., ohne Zweifel 
die wichtigfte unter: den drei genannten Unterabtheilungen der. G, bandelt von 
dem Menſchengeſchlechte u. defien Beztehungen zur Natur u, Grooberfläche, Ei 
at es rein mit der Dertlichkeit zu thun u. behandelt, dem Gefagten zufolge, das 
jeränderliche der geographifchen Wiſſenſchaften, während die mathematifche um 
pic ©. fi) die Erfenntnip des Bleibenden zum Ziele geiept haben. Cie 
it aufs Gngfte verbunden mit ‚der Geſchichte u. beide Wiſſenſchaften find nett 
wenbige Ergänzungen, indem bie eine ohne bie andere nur die Hälfte ihres fon- 
gen Werthes hat. In den Bereich der yolitifchen ©. fällt die Eintheilung dr 
Erde im die verfchtedenen Erbiheile und Länder, Staaten, Städte, Dörfer, Ei: 
lernt uns die verfchledenen Menfchenragen,, ihre Sitten, Gebräuge, ihren Glau 
ben, ihre Bildungsftufe, ihre ftaatlichen Einrichtungen, Regierungsformen u. n 
Tennen. Sie behandelt ferner die Beziehungen ber einzelnen Länder zu einande, 
ihre Land⸗ u, Seefräfte, ihre Handelöverhältniffe u, Interefen, Man fpricht def: 
halb auch von einer Untverfal-®., welche die ganze Erde, u. von einer Spezial 
G., welche nur ein einziges Land nminpls ferner von einer gefchichtlichen @, 
indem man fie der Zeit nach in alte, mittlere und neue ©, abiheilt, an die 
ſich ſodann die geographiich-ftatiftifche Darſtellung der Gegenwart anfdjließt. Da 
erfte Theil der geſchichtiſchen ©, geht won ber älteften mythiſchen Zeit bis zum 
Umfturge des römijchen Weftreiches. In ihren Kreis gehen demnach alle Bölle 
des Altertfums ohne Unterfchted, Die mittlere Gefchichte der ©, geht vom Um 
flurze des zömifchen Weftreiches (476) bis zur Entvedung Amerifa’8 (4492); die 
neuere ©, umfaßt den Zeitraum fett der Entvedung des vierten Weltiheild bis 
4789. Außer diefen Eintheilungen unterfcheldet man die. ©. in ihrer wiftenfcaft: 
chen Durchbildung auch noch in Bezug auf einzelne Stände und fpricht 3. ©. 
von einer Militär-®,, einer Handel8-©, u, f. w. — Die Geſchichte der ©. br 
ruht faft ausfchließlich auf der Gefchichte der geographiſchen Entvefungen, und 
eht mit diefer in dem innigſten Zufammenhange. In ber Älteften Zelt be 
hräntte fich wohl die ©. für jedes Bolf auf den Ort oder das Land feines 
iohnfiges, u. man hatte von dem Fernellegenden gar Feine, oder fehr dunkle Bes 
griffe. Später, als Krieg, Handel u. Reifen die Völker in nähere Berührung mit 
einander brachten, erweiterten fi audy die gegrashtihen Kenntniffe, blieben aber 
immer noch fehr mangelhaft. früheften Rachrichten von fremden Ländern 
hatten wohl die Phöntzter, wegen Ihres ausgebreiteten Handeis; bie Wegypter 
follen angeoi geographifche Bücher, von Hermes Triemegiftos verfaßt, gehabt 
haben. Diefe — waren übrigens meift nur im Befige der Priefterkafte, u. 
es iſt und von ihren Anfichten über die Erde Richts überliefert worden. Auch in 
der heiligen Schrift, namentlich in den Büchern Mofis und Jofua, finden fih 
viele geographiſche Bemesbungen, Die Griedyen erwarben ſich durdy ihre Krieges 
züge u. Reifen frühe fchon eine Kenntniß ihrer Rachbarländer, namentlich Klein 
aflens und einiger weftiichen Länder des Mittelmeeres. Anaximander (ums Jahr 
620) foll die erfte Himmelöfugel u. Landfarte gezeichnet u. leptere Hekatäos vers 
beffert haben. In den Schriften Herodots finden wir das erfle vonfländige Geo⸗ 
graphleivert, welches auf und gefommen if, dad Grgebniß feiner Ian, —8 
Reifen in Aften und Aegypten. Es läßt ſich übrigens daraus nicht — wie 
man die verichlebenen Grdiheile damals von einander ſchied, u. erft bei Arifoteles 
findet man eine genaue Angabe der Gränzen Afiens, Europa's u. Afrika's, die bis 
heutigen Tag faft noch ganz biefelben geblieben find. Die Entdedungsreifen des 
Stylar u. Hanno erweiterten bloß die geiiantice ©. Gegen Ende des 4. Jahr 
hunderts veröffentlichte Pythens feine „Vefchreibung des Oceans“ u, feine „‘Berk 


1: Be 5 m 


us“ (Umſchiffung eines Kuͤſtenlandes oder einer Infel nebſt — , das 
‚gebniß feiner Reifen im nördlichen Europa. Bon größerer Bedeutung, ald alles 
Borhergegangene, waren für die ©. Aleranders d. Gr. Kriegszüge und die von 
Ihan, fo wie fpäter von den Ptolemäern, veranftalteten Entvedungäreifen zur Ser. 
Rambafte Geographen jener Zeit find: Nearchos, der die Küfte zwiichen dem Ins 
dus u, Euphrat befüchte, Difäarchos, der Griechenland in einer Reifebefchreibung 
darftellte, u. Polemon, Mit Cratofthenes, geboren 276 n. Ehr., beginnt die Be 
geimung der ©. als Wiſſenſchaft. Gr fertigte eine Karte an, fiellte das erſte 
pftem der mathematifchen u. empirifhen Grdfunde auf, verfuchte eine Erbmefs 
fung, bezeichtiete die Lage der Derter nad) Pängen u. Breiten u. machte fom 
iaenttich den Anfang zur aftronomifchen.®, Seine Werke, fowie die des Pytheas, 
And übrigens nur tn den Schriften Hippardy’s, Plinius u. Strabo’s auf und ges 
fommen, In, gleichem Sinne arbeitete nach ihm Hipparch, der die G. noch mehr 
mit der Aftronomie in Verbindung ſehte u. den mathematifchen ae zu der Boll⸗ 
fommenheit brachte, den er bis zum 2, Jahrhunderte n. Chi. behielt, u, Poſido⸗ 
mius, welch lehterer, ein Zeitgenoffe des Cicero u. Pompejus, eine neue Etdmeſ⸗ 
fung unternahm u. dabei den Grad zu 500 Stadien rechnete, welches Map fi 
lange in Geltung erhielt. Auf diefe folgte Strabo mit feinem umfaffenden, aber 
Im mathematifchen Thelle dürftigen Werke, das noch jept vorhanden if, u. Mas 
rinos fügte im 2. Jahrhunderte zu ber Breite der Derter auch deren Länge hinz 
ku, fo wie er überhaupt die Erde beffer und in größerem Umfange Eennen lehrte. 
Auf die Vorarbeiten der Alerandriner und ein werlorenes Werk des Marinos ges 
Rüst, gab Ptolemäus ein Namensverzelchniß der Länder und Gtävte des bes 
Fannten Erbbodens, mit genauer Angabe der Länge u, Breite, heraus, das Agas 
thopämon (im 5. Jahrhunderte) mit Karten verfah u. Agathemeros (im 3. Jahr: 
hundette) in einen Auszug brachte, Nach ihnen fand bei den Griechen ein großer 
Stilftand in der ©. ftatt, bis Stephanos aa (ums Jahr 500) den 
jagen, zu feiner Zeit bekannten, Umfang der ©. in ein Wörterbuch brachte und 
emas aus Alerandrien das ptolemälfche Eyflem nach den Angaben der Bibel 
zu berichtigen fuchte. Von den Griechen ging die ©. als Wifienfhaft in dem 
Maße zu den Römern über, als biefe ihre Hertfchaft über die Erbe ausbreiteten; 
doch beichäftigten fie fich faſt ausfchließlich mit dem polltiſchen Theile ver ©. u. 
lleßen die mathematifche u. phyſiſche far ganz unbeachtet, was durch ihre Stellung 
als bloß eroberndes Volk auch fehr erflärlich erfcheint. Durch die Zerflörung Kar⸗ 
thago's (146 n. Ehr,) gingen die, in diefer Stadt gefammelten, geographifchen Werfe 
der phöntzifhen Seefahrer zwar völlig verloren, dagegen twurde ber Theil der 
Erde, weldyen ſich die Römer nach u, nach unterwarfen, durch bie ſteten Kriegs- 
süge weit genauer belannt, als zuvor. Julius Gäfar war ein eiftiger Geograph 
a. feine Gommentare geben — Einzelbetten über Gallen und Britannien. 
Allein erft unter den Kaiſern fcheint man ſich eine genaue Vermeſſung und Bes 
fereibung der Länder zur wifienfchaftlichen Reh eſtellt zu haben, Das größte 
erbienft darum erwarb fih Agrippa; Pompomtus Bela zog fein geographifches 
Eompendium meift aus den früheren Werfen der Griechen aus; Strabo hingegen 
ing bet det Abfaffung feiner Schriften Fritifh zu Werfe und muß als der erfle 
eograph des Alterhums angefehen werben, Er kannte die fphärifche Geflalt ver 
Eıde und bezeichnete die Art und Weiſe der Anfertigung des Globus. Nach ihm 
ſchrieb Plintus der Aeltere, welcher zur Zeit des Vespaſtan lebte und gan im 
eifte des Eratofibenes arbeitete. Die nachfolgenden geographifchen Schriften des 
Julius Honortus, des Aethlcus, des Guido von Ravenna u, die vorhandenen Jtines 
raria find meift nur Berzeichniffe wichtiger Orte, nebft Angabe ihrer Entfernungen 
von einander, Vom 8. bi zum 13, Jahrhunderte machte die ©. hauptfächlich 
bei den Arabern, den ffandinavifchen u. norddeutſchen Bölferfchaften, fo wie den 
italtenifchen Republifen, namentlich Venedig und Genua, Fortfhritte. Im Jahre 
816 ließ der Chalife Almamun einen Grad des Meridians meffen, um darnach den 
Umfang des Tidballs beftimmen zu Fönnen, ‘Die berühmteften atabiſchen Geo⸗ 


se . Veographiſche Geſellſchaften. 


graphen find: Maſſudi, Ebn Haufal, der im zehnten Jahrhimberte Tebte und eine 
ausführliche Befchreibung der muhammebaniichen Länder hinterließ, El-Eorify, 
Ebn⸗el Uardy und Abulfeda, welche treffliche allgemeine Arbeiten Iieferten, Um 
diefelbe Zeit verfuchten ſich die Normänner in merfwürbigen Seefahrten, zeich 
neten jedoch ihre Erfahrungen nicht auf, Größeren Nupen z0g dagegen bie ©, 
aus den fpäteren Kreupzügen-u. im 15. Jahrhunderte eröffneten ihr die glänzenden 
Eutdedungsreifen der Bortugiefen eine neue era, Chriſtoph Colombo fand 
Amerifa, Copernicus tief den mathematifchen Theil der G. wieder Ins Leben, u, 
damit eröffnete ſich das, ſeltdem mit nimmer raftender Thätigfeit bearbeitete, Held 
der Fotſchung. Schon genen Ende des 15. Jahrhunderts gab es in Malland 
einen eigenen Lehrftuhl der G, und Martin Behaim von Nürnberg fertigte 1484 
eine gute Landkarte, Der Holländer ©. Mercator führte auf den Karten die 
Gradeintheilung ein, wie fie noch gegenwärtig üblich iR, und nach ihm verdienen 
hauptfädhlich Cluverlus, Rlecloll u, Barentus genannt zu werben. Im Laufe des 
17. Jahrhunderts entdedten bie Niederlaͤnder einen weiteren neuen Welttheil, näms 
Ich Auftralien. Diefe Entvedungen und Fortfchritte warfen das, von den Alten 
aufgeftellte, wiſſenſchaftliche Syflem über den Haufen, Auf der einen Seite fegte die 
Rele des Magelhaens die ſphaͤriſche Grftalt der Erde außer. allen Zweifel, auf 
ver andern trugen bie aftronomijchen Fotſchungen eines Copernicus, Tode 
Brahe u. Galilet zur Bervolfommnung der aftronomifhen Karten wefentlich bei. 
Schon jept thaten die Afademien zu London u, Parls fehr viel für die G. Der 
Zweig der geographifchen Wiſſenſchaft, welcher bie Entfernung der Orte von ein 
ander zum Gegenftande hat, wurde in Aranfreich mit Erfolg von Sanfon, in 
Holland von Blew u, in Schweden von Buoeus gepflegt, ı. Wilhelm Delisle 
brachte in der Anfertigung ver Karten wefentliche Berbefferungen an. Diefen 
ftehen in Deutfchland Tob, Mayer u. Homann zur Seite, welch leterer durch 
feine berühmten Atlanten hauptfächlich dazu beitrug, den Karten auch beim Volle 
Eingang zu verfchaffen. Als bedeutende Männer in Betreff der mathematifchen 
©. müfjen genannt werden: Maupertius, Lacondamine und Delambre in Frank 
eich, 2. Euler und Tod. Mayer in Deutfchland. Das erfte Werf über ©., dem 
eine wirklich wiſſenſchaftliche Richtung zu Grunde liegt, ift das von Büſching in 
der Mitte des vorigen Jahrhunderts herausgegebene. Die phyſtſche ©. begründete 
Ph. Buache 1745 u. D. Bergmann brachte fle gewiſſermaßen zuerft zur ünerken⸗ 
nung. Andere bedeutende Namen auf dieſem Felde find: A. G. Werner, Saufs 
fure, Deluc, Aer. v. Humboldt, Buffon, Zimmermann, Blumenbach, Kant, Fabri, 
Schubert u. m, A. Am meiften geſchah für die ©, in den beiden iehten Jahıh, 
wo von Seiten der Regierungen Entded ungsreiſen angeordnet, Reife u. Länder 
beſchrelbungen herausgegeben u. große Bernieffungen angefellt wurden. Om. 
Geogtapbifche Gefellfchaften find frete Vereine zur Beförderung der geos 
graphifchen Wiſſenſchaft nach allen ihren Selten, welche ſich In der neueften Zeit in 
den verſchledenen Ländern Europa’s gebildet haben. Zwar beflanden ſchon früher 
einzelne ähnliche Gefellfchaften, tole 3. B. die afrifanifchen Geſellſchaften in Lon⸗ 
don u, Marſeille (hauptfächlich gegen die Sklaverei arbeitend) und die 1784 zu 
Kalfutta gegründete afintifche Geſellſchaft; allein diefe hatten fih einen ganz ans 
deren Hauptzwedt ihres Strebens gefept und betrachteten bie Ergebniffe für bie 
Geſellſchaft nur als Nebenſache. Die erfle, eigentliche g. ©. wurde im Jahre 
1819 zu Paris durch den Dänen Maltebrun u. Barbis du Bocage, im Bereine 
mit Fourier, Jomard, Langles, Letronne, Roſſel u. Baldenaer gegründet. Sie 
befteht aus 1 Praͤſidenten, 2 Bicrpräfidenten, 1 Generalfefretär, 2 Gcrutatoren, 
1 Rehnungsführer u. 1 Bibliothekar. Die Mitglieder theilen ſich in Souscrip- 
teurs, welche jährlich 36 France zahlen u. Donateurs die bet ihrem Eintritte ein 
für alle Male eine beflimmte Summe (nicht unter 300 France) zahlen; auswärs 
tige Ehrenmitglieder fönnen nur 18 aufgenommen werden. Die Geſellſchaft läßt 
auf ihre Koften Reifen in unbekannte Gegenden der Erde unternehmen, erfennt 
Meeife (618 zu 10,000 Frc6.) zu für die wichtigſten geographifchen Entbestungn 


—9 m” 


1, für ap neueften, die Wiſſenſchaft fördernden Notizen, Täßt Berichte 
1. geographifche Werke bruden u. Karten ſtechen Sie Kir jährlich zwet öffent» 
iche Sigungen und gibt ein Bulletin heraus. Dem Betipiele von Paris folgte 
Slorens, wo Bettt, Capponi, Fabbroni, Pafferini, Taddet u. W. im Jahre 1824 
‚nen Berein ftifteten, der ſich jedoch vor der Hand bloß auf Toscana befchränft, 
am einft eine möglichft vollftändige u, genaue Befchreibung deſſelben liefern zu 
!önnen u, ein Speclalmufeum vaterländijcdher Naturerzengniffe zu bilden, Sie hat 
>aber, aufer der Abthellung für Geographie n. Statiftik, nody eine zweite Abthel⸗ 
lung für Naturgefchichte. Die erfte g. ©. in Deutfchland war der im Jahre 
1823 zu Berlin von Ritter, Berghaus, Ende u. m. 9. gegründete Verein für Erd⸗ 
hunde, deſſen Mitglieder in monatlichen Verfammlungen über geographliche Ge- 
yenftände verhandeln u, ſich aegenfiige Mittheilungen über neue Entvetungen in 
der Geographie machen. In Sachſen wurde im Jahre 1830 dur Herm von 
Schlieben ein Verein für vaterländifche Staatsfunde gefiftet, der nur einen ſpe⸗ 
stellen Hauptjwed hat, nämlich die Erfumdigung des ftaatsöfonomifchen Zuftans 
des von Sachſen, ohne deßwegen aber Gegenftänbe, welche die Erdkunde im Als 
gemeinen berühren, völlig auszufchließen. Verein gibt feit 1831 Mittheiluns 
gen heraus. Aehnliche ide verfolgt die g. ©. zu Frankfurt a. M. mittelft 
der Borlefungen, die fie jährlich halten läßt. Am großartigften aber und durch 
die, ihre zu Gebot ftehenden, außerorbentlich reichen Geldmittel am einflußreichften 
wirkt die, am 16. Juli 1830 auf Anregung John Bartow’s gefliftete, g. ©. zu 
ondon (The royal geographical society of London), an der Spige von deren 
Auoſchuß (council) 1 Meifoent, 4 Bicepräftventen, 1 Nechnungsführer, 2 Anz 
mälte (Trusters) u. 2 Sefretäre fichen. Jedes der Mitgliever, deren es faft 600 
find, muß bei der Aufnahme 3 Pfd. St, u. dann einen jährlichen Beitrag von 
2 Pfund zahlen, Aus diefem Fond und anderen freiwilligen Unterfügungen 
läßt die Gefellfchaft Reifen machen, ſetzt Preife für geograpbifche Entdeckün⸗ 
gen aus und gibt Bücher u. Karten in den »Transactions of the royal geog. 
Bir heraus, Ow. 
jeologie (von y7, die Erbe, tellus, u. Aoyos, Lehre) iſt die auf wiſſen⸗ 
ſchaftlichen Prinzipien beruhende Darlegung von der Entflehung, dem Urzuftande 
u. der allmälfgen Ausbildung der feften Rinde unſers Erbförperd, Wie fie einer 
Sets verfucht, die im Beginne fhaffenden u. wirfenden Kräfte, den Urzuftand 
bes den Erbförper zufammenfegenden Materials theils aus phyfifalifchschemifchen 
Gefegen nachzumelfen, thells aus Analogien, Schlüffen und Hypotheſen zu erfor 
ſchen, zieht fie anderer Geits alle jene Aenderungen und Ummwanblungen in ben 
Kreis ihrer Unterfuchung, welchen die Erde, in specie ihre fefte Rinde im Laufe 
ber Zelten unterworfen war u. zum Theile noch tft, denen fie überhaupt ihre ges 
penwärtige Geftalt und Form verdankt, — Fhre Aufgabe iſt demnach eine ganz 
verfchiedene von jener der Geognofie (f. d.), mit welcher fte häufig, aber mit 
Unrecht als gleichbedeutend angenommen wird. Denn während die legtere nur 
die gegenwärtigen Berhältniffe und Befchaffenheit der den Erbförper zufammenfes 
benden Geſtein⸗ und Beldarten, fomit das Fertige (ro 62) betrachtet, fucht die 
©. (unter gleichzeitiger Bergung und zu Grunbelegung geognoftifdher Daten) 
Rets die Urfache, den frühern Zuftand, die verfchiedenen Phaſen u. Epochen der 
Bildungs-Gefhichte, das Werden u. die allmälige Anorbnung aller diefer Bau—⸗ 
materialien der Erde, fomit das ro röv Zvena zu erforfchen u. durch Betzichung 
aller Hülfsdoktrinen, ſowie durch genaues Studium der in den eingelnen Gebirgs⸗ 
Arten gleichlam als Denkmünzen nievergelegten Petrefalten (f. VBerfteineruns 
gen) wiſſenſchaftlich zu begründen. — Durch diefe Befchränfung auf die Erd» 
(H7)-Bildungd-Gefchichte, unterfcheivet fie ſich ferners wefentlich von der Kosmos 
logie (sosuos — Al, Welt), welche die Darlegung der Entftehung u. Bildung 
der das Weltall zufammenfegenden Körper (der Sonne, Sterne, Atmosphäre ic.) 
fich zur Aufgabe fept. — Der Urfprung der ©. fällt mit jenen Ken religldo⸗ 
poetiſchen Verſuchen des Orients zufammen, deren Reſultate die —e 


w⸗ Geologie 


—— u. Koomogonien, ſowie die mythiſchen Geogonieen find, wie ſie uns 
die Mythologie der Indier (in den Puranas) u. Aegypiler aufweist — Dichtun⸗ 
gen, welche als Nachllang früherer Mythen in der Sagengeſchichte fortlebten u. 
als foldye dem geologifchen Forſcher von Intereffe find. Die erfie, ältefte und 
zugleich — G.iſt jene umübertroffene Schilderung, welche Moſes in ſel⸗ 
ner Kosmogonle von ber-Bildung der Erbe hinftellt (Genef. 4, 6 — 11.), 
Urkunde, deren Göttlichkeit u. Wahrhaftigfeit jede neue Entdeckung im Gebiete 
der ©. nachweist u. von Neuem befräftigt, u. von welcher einer ber „größten ber 
jept lebenden Geologen (Marcel de Serres) ausruft: Wird das Wort der Tta⸗ 
dillon durch die conftanteften u. erwieſenſten (geologifchen) Thatſachen Lügen ge 
far! Nein, taufendmal Nein! Die Wiſſenſchaſt fagt In dieſet Hinſicht bafe 
jelbe, wie die Tradition!“ u. über welche Ad. Balbi (Mil. ethnogt. Mappem L) 
fich äußert: „Kein Denfmal, weber ein geſchichtliches, noch aſtronomiſches (geo⸗ 
Togifches) hat noch je die Bücher Mofis eines IrrtHums-überführt; es flimmen 
im Gegentheile mit demfelben alle von ben gelehrteften. Sprachforfhern und den 
gründlichſten Mathematifern gewonnenen Ergebniffe in wunderbarer Weife über: 
ein.“ (Man vgl. über das Verhältniß der wiſſenſchaftlichen Forſchungen zur 
heiligen Schrift: Marcel de Serreö: La cosmogonie de Moise comparde aux 
faits göologiques (©. 222), deutſch von F. K. Sted, 1841. Cuvier, Discours 
sur les revolutions da globe. Wifemann, Zufammenhang der Ergebniffe wis 
fenfchaftlicher Forfhungen mit der geoffenbarten Religion, Regensburg 1840, 
Andreas Wagner, Sefhichte der Urtelt mit befonberer Berüdfichtigung, der Men 
—5— u. des moſailſchen Schopfungsberichtes, Leipzig 1844.). — Selt dem 
uftreten einer — en, von myſthiſchen Poeſten freien Forſchung u. Spe⸗ 
culation blieb die Frage „über die Erd⸗Rinde-Bildung“ durch alle folgenden Jahr 
ih einer ber feißigft gepflegten Gegenflände wiſſenſchaftlichen Strebens. 
urch die unzweideutigſten Beweiſe zu der unläugbaren Webergeugung gelangt, 
daß der Urzuftand der Erde nicht der war, in welchem wir biefelbe jept erblidn, 
daß vielmehr ei, allmäliges Heranbilden der Materie u. ein Herausbilden der in 
ihr ſchlummernden Kräfte ftattfand, daß ferner in verfchledenen Epochen gemalt 
fame, umgeftaltende Kataftrophen über fie ergingen — verſuchte man auf ver 
ſchledenen Wegen die Erflärung der urfprüngliden u. fortfchreitenden Bildung 
der Erde. Ungeachtet der mannigfaltigften, widerfprechendften Meinungen über 
diefen Gegenftand, vereinigen ſich doch alle Geologen dahin, daß die Geftaltun 
der Erde aus einem andern Zuſtande, als dem flüffigen, nimmermehr mögli 
war. — Anders verhält es ſich mit der Annahme der Potenz (des Ageus), 
welche diefen flüffigen Zuftand bewirfte — hierüber waren u. find die Meinuns 
gen in 2 Parteien getheilt. Zwei —8 naͤmlich ſind es, welche als Grund⸗ 
Ürſachen der noch jeht an unferer Erdrinde ſich ergebenden Veränderungen gel⸗ 
ten u. welche hauptfächlic im Stande zu ſeyn fehehnen, diefe analogen Berhält 
niffe audy bei der Bildung der Erde bervorgerufen zu hal Aus den Wir 
kungen der Bulfane bildete ſich bie Sorkelung des Snfufrs des Feuers u. der 
Wärme auf die Bildung unferer Erdrinde. Vor unfern Augen treiben die Vul⸗ 
lane Maffen in gefchmolzenem , rue läfigem Zuftande aus der Erde an bie 
Dberflädye empor, welche abgefühlt u. erflartt jenen Gteingebilven ähnlich find, 
welche wir in gleichem Zuftande in u, auf dem Erbförper vertheilt finden. Ans 
derer Selts fehen wir noch jept durch dad Waſſer an der Erdoberflädye Bildun⸗ 
jen entfliehen, welche ganz — zu den, als die früheſten Erzeugniſſe diefer 
Phaffenben Kraft anerfannten Gebilden ſich verhalten. Bon diefen Erfahrungen 
auögehend, von ben Berhältnifien des gegenwärtigen Zuflandes der Natur auf 
analoge Urſachen u. Erfcheinungen der Ürepoche der Schöpfung ſchließend, bilder 
tem ſich die verfchledenen Anfichten der Parteien, deren eine die Bertreter des 
Feuers u. der Wärme u, ihrer Einwirkung auf die Erdrinde-Bildung fi) „Buls 
Taniften, Plutoniſten Cu. ihre Theorie Plutonismus, Bulfanismus), hingegen die 
andern, die Bertheidiger des Waſſers als Agens jener Urbibung fih Neptuni⸗ 


Vertegh, | 
flen Anhänger des Neptunismus) nannten, eine Trennung der Anfichten, welche 
wir in dem genannten beiden Haupt-Richtungen won den früheften Zeiten ber 
Bearbeitung der ©. bis auf unfere Tage — finden. Der Grund dieſer 
Spaltung dürfte in der verfchledenen Naturbefchaffenheit der Länder zu fuchen 
fen, im welchen zuerſt Forſcher auf diefem @ebiete erftanden. — So geftaltete 
fich in Aegypten, dem Gefchenfe des Nils, eine durchaus neptunifche Theorie der 
Erdbildung aus (Herodot, lib. I. cap. 11 u. 12. u. Zenophanes von Kolophon 
pres die Anficht aus: „daß wohl die ganze Oberfläche der Erde urfprünglich 
In einem fchlammartigen Zuftande fich müſſe befunden haben,“ ja Shntee der 
Mitefter Beet gleich den fpätern: Eratosihenes, Straton u. Kantho® In gans 
zer Allgemeinheit: „daß Alle auf der Erbe urfprünglich aus Waſſer müffe ent» 
Randen ſcyn.“ — Durd die Kenntnifnahme fremder Länder, beſonders durch 
das Bekanntwerden mit dem Bulfanenreihen Süvitalien geftaltete ſich die Theo—⸗ 
rie der Erdrinde-Bildung bei den Griechen zu Gunften des Vulkanismus u. ber 
reitd Parmenides, Zenon, Heraclito® u, befonders Empedocles der Agrigentiner 
fellten, dem Thale entgegen, die Anficht auf: „der Urftoff der Erde, aus wel 
chem alles Uebrige entftanven, ſel das Feuer geweſen“ Als Bater der Plutonis 
fchen Theorie ift 3 — Strabo zu nennen; denn in feinen Hauptſähen; 
4) Ein u. dafielde Land kann ſich in Folge umterirdifcher vulfanifcher Kräfte zu 
verfchiedenen Zeiten über den Meereöfptegel erheben und wieder unter denſelben 
verfinfen; 2) nicht bloß einzelne Länderfrerfen u. Infeln, fondern ganze Eontinente 
Fönnen aus dem Meere gehoben werden, u. 3) im Erd-Innerm befindet fich ein 
fortwährend noch thätiges Feuer — finden wir die Grundlinien des heutigen 
Bulfaniömus u, der Erhebungs-Theorte vorgezeichnet. Unter den Schrififtllern 
des Mittelalter war es beſonders Agricola, weldyer In feinen Werfen (De ortu 
et caussis sublerraneorum u, de nalura eorum, quae eflluunt e terra) dem Plu⸗ 
tonismus huldigte, während Bracaftaro in feinem Museum Calceolarii und der 
Däne Nicolaus Stenon (der erfte Begründer der Lehre von der Schichtung der 
Gebirge, forvie der verfteinerungsfreien Gebirge) die entgegengefehte Anficht vers 
theibigten, welche Lifter und Hook welter verfolgten. Allein verfelbe Hang zu 
Träumerelen, welchet in den Berfteinerungen nicht die Ueberrefte organifcher Wes 
fen, fondern Gebilde einer vis plastica (lusus naturae) erbliden ließ, führte die 
Forfcher der folgenden Zeit auf mancherlei Abwege. Ueberhaupt erfcheinen die 
damals aufgetaudyten Ideen eines John MWoodiward (An essay towards the na- 
tural history of Ihe earth, London 1685), des Neptuniften Thomas Burnet 
(Telluris theoria sacra, orbis nostri originem et mutalionem generales, quas 
aut jam subiit aut olim subiturus est, complectens, London 1687) u, der Vlu⸗ 
tonift William Whiftond (A new theory of the earth, Cambridge 1708 und in 
feinen Astronomical Principles), nicht weniger, als jene phantaftifche Hypotheſe 
des Rens Descartes, welcher zufolge die Erbe ein Stern gewefen fet, verfehen 
mit einem Gentralfener, welches durch BESAU TE Durchbrechung der Sternkrufte 
die Bulfane ſchuf, nur als Früchte ph — an ohne intuttive 
NRaturanfhauung, welche erft wieder Im Lazaro Moto einen fleißigen Ber 
bauer fand. Moro, in Strabo’s Fußftapfen tretend, unterfchien bereits 2 Erhe⸗ 
bungs⸗ Perloden, eine primitive, verfteinerungdfreier u, eine fecundäre, verfteinerungd+ 
führender Gebirge. Das Intereffe der geologifchen Theorien förderte namentlich 
auch der Philoſoph Leibnig, der zuerft 1693 in den Acta Erudit., Lips. pog. 40, 
u. fpäter in feinen Protogaea sive de prima facie telluris et antiquissimis hi- 
storiae vestigiis in ipsis naturae monumentis feine im Sinne des Plutonismus 
gedachte Theorie vortrug: die Erde habe durch euer ihren Anfang genommen 
u. weit mehr Veränderungen, ald man ſich vorftellt, erlitten. Zu der Zeit, als 
nad Mofes Erzählung Licht u. Finſterniß getrennt wurden, durchglühte ein hef⸗ 
tiges Feuer den größten Theil der erdigen Materie, Sowohl die Planeten als 
die Erde waren damals ſelbſtleuchtende Firfterne. ALS fie lange genug gms 
hatten, fehlte es ihnen endlich an Hinlänglicher brennbarer Materie, Sie erlos 


202 Geologie, 


en: alfo und wurden in dunkle Körper verwandelt. Durch das Zufammen 
melzen der Materie erzeugte das Feuer eine glasartige Rinde, Sobald di 
‚inde. fi abgekühlt hatte, fielen bie feuchten Seite welche als Dünfte in 
öhe geftiegen waren, wieder herunter u. bildeten bie Meere, Sie umfloßen an 
fänglidy die ganze Dberfläche der Erbfugel, und fliegen über bie —— 
Derter, die uns als feſtes Land und Sufeln befannt, — Nidyt minder Auffehen 
ertegend war die unterhaltende Theorie, welche Buffon aufftellte, Auf höchſt eigen 
—— Anſichten gegründet, nach welchem ihm die Erde ein von ber Sonn 
ırch einen auf die Oberflädye der letzteren gefallenen Kometen losgetrenntes Stüd 
ſchien, führte er diefe Bermuthung mit Iehafter Phantafte, hinte (det Beret- 
— u. einem gewiſſen Anſchein von Unfehlbarkeit durch, indem er mittels 
jerechnungen u. Experimente nachzuweiſen nicht ermangelter daß bei der Abſon-⸗ 
derung der Erdmaterie von ber Sonne, biefe Materie ihre Geftalt veränderte, 
daß das Licht in Folge der durch die abftoßende Bewegung verurfachten Iren 
nung verlöfchte, daß die Materie des Erdförpers in Folge ihrer Ablühlung im 
Innern glasartig fet u. f. w. — Alle biöher genannten mehr fpeculativen &y 
fleme, zum größern Theile Träumerelen einer üppigen Phantafte, von mißverftan 
denen Naturkräften abgeleitet u. ohne forgfältige Betrachtung der Natur entwor 
fen, kranken überbieß vorzüglich aud) noch an dem Gebredyen, daß fie mit ber 
Bildung u. Entwidelung der Erdrinde immer die Entflehung u, Ausbildung des 
janzen Erdkoͤrpers vermengen u. verwechfeln. MWirklicd fürdernd für das Gebe 
= der geologiſchen Wiſſenſchaft waren erft die mit nüchterner, rubiger Bejon 
nenheit gefammelten Beobachtungen u, verbienftvollen Arbeiten von ©. E. 
el. — Sein raftlofed Studium der Gebirge Thüringens, welche er in feinen 
indlungen: »Historia terrae et maris ex historia Thuringiae per montium de- 
scriptionem erecta« (in ven Act. Acad, elect, Mogunt. Erfurt 4772) u,: „Ent 
wurf zur Älteften Erd⸗ u. Menichen-Gefchichte, 1773“ niederlegte, führten zu 
Ueberzeugung: daß ale Schichten der Erdrinde eine horizontale Lage. behaupte 
ten, woraus er, der Erfte, den Begriff Formation bildete. Ihre eigentliche, yo 
fitive Begründung erhielten die Sorfungen über die Erdrinde-Bildung erft durd 
Abraham Gottlieb Werner (geboren 1750, + 1817). Sein Scharfblist, welder 
zuerſt in dem bisher regellofen, chaotiſchen Haufenwerk der Mineralien durch fein 
Syftem der Oryftognoftie Ordnung, ſchüf u. feine tiefen Kenntniffe in dem Kreiſe 
der Gebirgewelt, Mihrten ihn weiter zu der Unterfuchung über die Zufammen 
fegung der Erdrinde aus den von ihm fo ſchatf unterfchiedenen Gebirgsarten u. ba 
er mit Harem Sinne forfchend erfannte, daß diefe Gefteinmafjen eine behkmmte, ſtets 
wiederkehrende Ordnung u. Reihenfolge (vgl. Schichtung u. Formation im Art. 
Geognmofie) beobachten, — ſo gründete er auf diefe Fine Grfahrung bin fein 
geognoftifches Syftem, Diefes Syſtem Hat zu feiner Grundlage den Keptuniss 
mus. Seine Weberzeugung, daß alle Gebirgsarten urfprünglich gefchichtet, leitete 
ihn zu dem Schluffe, daß ein zerftörendes Agens, wie die vulkanischen Kräfte in 
Eruptionen es find, nimmermehr die Urſache einer fo geordneten, gleichbleibenden 
Schichtung feyn Fönnen, fondern daß vielmehr die gefchichteten, gleich den aufge 
ſchwenmten Gebirgs-Arten, Brodufte eines fucceffive ruhig fortfchreitenden Nieder, 
lages aus einem, die Gebirge in Auflöfung enthaltenden Urmeeres feyn müßten, 
Diefe feine Theorie der Erdrinde-Bildung wurde von feinen Schülern mit Be 
geiferung aufgenommen, in allen Ländern u. an ben verſchiedenſten Punkten der 
de Beobachtungen u. Belege für fie gefammelt. Der Reptunismus bildete 
fih durch die Verbienfte eines Johann Karl Freiet leben (Bemerkungen über 
den Harz, 2 Theile, Leipzig 1795), I. K. W. Voigt (prakiifche Gebirge 
unde, 2. Auflage, Weimar 1797), Pallas (Observations sur la formation des 
montagnes, !Beteröburg 1777), H. B. de Sauflure (Voyagös dans les Alpes, 
4 Thle., Reufchatel 1779 — 1796), de Luc (Lettres physiques et morales sur 
Thistoire de la terre et de I’homme, deutſch von Gehler, 2 Vde., Leipzig 1781), 
Ftanz Mmbros Reuß (Mineralog. Geographie von Böhmen,.2 Bpe,, Gresten 


Geologie, 708 


1793. und 41797), H. Gteffend (Beiträge zur Innern Raturgefchichte der Erde, 
eiderg 1801), Eharpentier (Mineralog, Geographie der kurſächſiſchen Lande, 
eipzig 1778) und zum Theile felbft noch durch Leopold von Buch (Verſuch eis 
ner mineralogifchen Beichreibung von Landed, 1797) — zu der herrfchenden Ans 
fidyt Aller aus. — Die Hauptzüge dieſer „Reptunifchen Theorie" beflanden im 
Weſentlichen in Kolgendem: Die ganze Maſſe unferes Planeten befand fi ur- 
ſprunglich in flüfftg-wäflerigem, aufgelösten Zuſtande. Diefe Aufldſung, welche 
alle erdigen Subftanzen (dad Material der fpäter fi) aus ihr herausbildenden 
Geſtein⸗ u. Felsarten) chemifch verbunden enthielt, lagerte fi) um einen 
(granitenen) Erdkern. Durdy großartige, in ungeheuren Zeiträumen fich ⸗ 
Kir Niederſchlags⸗ u. Kıyfallifationd- Progeffe (weiche aber wie eine jede Kry⸗ 
alliſation, Feuererſcheinungen nicht ausſchloſſen) bildete ſich aus diefer Auflöfung 
(Mutierlauge) eine gewalt ER granitifche Rinde fchalenartig um den bereits bes 
ſtehenden, feften Erdkern. eſer Kryſtalliſations⸗ und Niederſchlags⸗Prozeß war 
nicht mit einem Male vollendet, ſondern wiederholte ſich in —**— Zeitraͤumen 
und aus den allgemeinen oder mehr beſchraͤnkten Wafler-Bebedungen bildeten ſich 
jene Erzeugnifie der Urzeit — Granit, Gneiß, Glimmafchiefer, Fri Ma Ur 
Talk, Uıtrapp, Porphyr, Syenit, Quarz⸗Fels 2. — Die chrafterifilichen Mer: 
male diefer „Urgebirge,* nämlich das kryſtalliniſche Gefüge, die regelmäßige 
Schichtung, die Abweienheit jeder Spur von organtfchen Ueberreften oder von 
einer beraueg angenen Zerflörung und eieberzufammenfepun (Regeneration) 
fanden ıhre rflärung und Belräftigung in der Art und de ihrer Bildung. 
Der rubig vorfchreitenne Riederſchlags⸗ und Kıyftallifationds Prozeß vergönnte 
diefen Gebilden, ſich in dem entfchiedenften Grabe der Reinheit und des in 
Verbandes auch der heterogenen Theilchen darzufiellen. Der Mangel ver Ber- 
Reinerungen charalteriſtrt fie aber eben als Mrpebirger als ältefte, vor jeder Spur 
organtfcher Schöpfung entftandene u. fertige Gebilde. — Zwiſchen dem Schluße 
der Urzeit u, dem Beginne der Entftehung der fogenannten Floͤtzgebirge liegt vie 
2. Epoche, die Uebergangszeit mit ihren Gebilden den LUebergangs: Gebirgdarten 
(gevilffe Kalle, Grauwacken, die Thonfchiefer, die fogenannte Uebergangs⸗ 
Trappe, Hornblende - Geftein und Diorit ıc. 20), Gebilde, weldye zum grö- 
Bern Theile Produkte eines wilden, flürmifchen Kampfes der Elemente — 
mehr nur zerrüttete Riederjejläge ohne jene urfprünglidh ordnende chemiſche Aiton 
entftanden darflellen, u. nur Spuren innerer Bildungsfraft an fidy tragen. In 
die Mitte geſtellt zwiſchen der organiſch unbewohnten u. der bewohnten Pertode 
der Erdoberflaͤche, fchließen dieſe Felomaſſen bereit Trümmer vorhanden gewe⸗ 
fenen Lebens in fi. — Die 3. Periode der Erdrindebildung, die Flötzzeit, umfaßt 
die Bildung der Flößgebirge (von welchen erſt fpäter (im Syſteme) die Tertiären 
Ablagerungen getrennt wurden). Bereits hatte während eined bedeutenden Stiliftan- 
des in der Gebirgsbildung das organlfche Leben auf der Erdrinde begonnen, 
Dflanzen mit riefigem Baue, Eoloffale Thiergeftalten u. eine Füle der Vegetation, 
welche wir in den Berfleinerungen diefer Epoche bewundern, bebedte die Erd⸗ 
Oberfläche. Da plöplich trat jene graufe Berwüflung herein, wie fle ung bie 
Denkmäler der Ratur Bl den Alteſten Sagen aller Völker wieder erzählen. 
Bernichtung aller organtichen Wefen durch die allgemeine Waſſerbedeckung; Zer⸗ 
trümmerung u. Hinwegſchwemmung (lösung) fo der organiſchen Gebilde, wie 
der feflen Geſteine durch das gewaltige Strömen der Yluth, Ueberlagerung ber 
älteften Gebirgobildungen durdy die Trümmer zerflörter, umgeänberter Erzeug⸗ 
niffe früherer Epochen theild in regelmäßigen Ablagerungen, theild in groben Ans 
bäufungen. — Die 4. u. jüngfte Periode iſt jene der bloß mechanifchen Bildun⸗ 
en, jene des aufgeſchwemmten Landes. Der Kryflallifationdprozeß ruhte in ihnen 
Ähre Erzeugnifie gleichen jenen Bildungen auf dem fiften Lande, wie fie jept noch 
vor unfern Augen entftehen. Gteichzeitig mit u. nady dieſer Periode begann das 
Wüthen der Bulfane. Sept entflanden jene ächtvulkaniſchen durch wirkliche Aus⸗ 
brüche von Zeuerbergen angehäufte Gebirge; und bie pſeudovulkaniſchen Gebirge 









WM. Gertigke 
entſtanden durch Erbbrände (in Brand gerathene Steinfohlen und Braunfohlen 
gi ) welche ihre umändernde Einwirfung auf die bereits beſtehenden fertigen 
ine auf mannigfache Welfe ausübten. — Diefe Theorie der Erbrindel 11 
fand jedoch bald heftige Widerrede. Gleichzeitig mit Merner entwickelte der Schott 
länder James Hutton in feiner Theory of the earth eine dem neptunifchen Sy 
jeme geradezu widerſtrebende Erbbildungsanficht. Auf vulkaniſchen Grunbfägen 
end, behauptete er nämlich: daß alle Gebirgemafien aus ven tiefftem Tiefen 
des Meeres durch plutoniſche Kräfte hervorgehoben, die urfprünglich älteften Ge⸗ 
fteine in gefchmolzenem Feuerfluffe durch Berklüftungen und Spaltungen an bie 
Oberfläche getreten feyen, fo zwar, daß fie in diefem eutigfüfigen Zuftande 
über dieſelbe ſich ausgoßen u. durch ſtarke Erhigung, wohl felbft durch wirkliche 
Schmelzung eine Verdichtung, theilwelſe Berglafung der angrängenden Gefeint 
und Gonglamerate bewirkt haben follten. — Sein Freund James Hall verfuchte 
auf Huttons Andringen durch Erperimente die feuerfläffige Entftehung der Fri 
flalliniſchen Gebirgsarten (Granit ıc) faftifch —246 AM. von Sutien, 
„Theory of the earth«, 2 Bde, Edinburgh 1795; »Explication de Playlair sur 
la theorie de la terre par Hutton. Traduclion par Basset«, Paris 1815.) ber 
auch in Deutſchland trat eine Reaction gegen das Neptunifhe Syſtem ein und 
zwar durch einen Schüler Werners und anfänglich eifrigen — feines 
Syftems — durch Leopold v. Buch, Erfahrungen auf feiner nordiſchen Reife 
dur Rorwegen und Lappland (man vgl. & v. Buch, „Reifen durch Norm: 
u, Lappland“, 2 Thle,, Berlin 1810) beftimmten ihn, fowie der fpätere Bund 
des Faffa-Thaled, der Albaner Gebirge und Südfranfreihs allmälig zu. andern 
Anfihten. (Man vergl. 2, v, Buch, „Geoguoflifhe Beobachtungen auf Reifen 
durch Deutfchland u. Italien“, 2 Bde, Berlin 1802 u, 1809.) Während dort 
die außerordentlich deutliche Abnahme, welche die Höhe des Meeresfpiegels an 
den Küften des botniſchen Meerbuſens erleidet, den Gedanken in ihm 
machte, daß der Eontinent von ganz Schweden noch gegenwärtig. fortdauernd Ik 
langfam in die Höhe fteige, von Ftledtichshall bis gegen Abo u. vieleicht genen 
Peteröburg (was ſchon Gelfius behauptete) glaubte er ambererfeits im Fall, 
Thale, die Natur bei der Bildung der Dolomite glelchſam belaufcht zu haben, 
Seine Unterfuhungen der canatiſchen Infeln, des Pic von Teneriffa lieferten 
ihm daß Ergebniß, daß alle diefe Infeln das Werk einer vullaniſchen Thätigfeit 
im großartigften Mafe feyen, was zu der Vermuthung Beranlafjung gab: alle 
ähnlıchen Infeln des weiten Ocean dürften gleich den canarifchen auf plutonifchen 
Wege, d. h. feuerflüffig aus dem Erdinnern emporgequollen feyn. Sehr nahe 
lag nun der vom Allgemeinen auf das Speztelle übertragene Schluß: daß nicht 
nur große Eontinentalmaffen, fondern auch unfere Bergketten im Einzelnen durch 
Erhebung und Zerreifung ihres Zufammenhanges mit dem vormaligen Meeres- 
Grunde in ihre gegenwärtige Stellung verfeßt worden feyen. Diefe Idee erregte 
ungemeines Auffehen. Befonders in Frankreich gelangte die vulfanifch-plutonifde 
Erdrindebildungshypothefe, ſchon vorbereitet Durch die Werfe eines Faujas de Saint 
Fond und I. Deodat Dolomien, namentlid aber durch Ami Boue, (Essai geo- 
logique sur l’Ecosse, Paris 1821) u. Elle de Beaumont (Annales des sciences 
naturelles T. 18 et 19) zu jener allgemeinen Ausbreitung, im welcher wir dies 
felben durch die Bemühungen faft aller der bedeutendſten Seologen jegt erbliden, 
u. wie wir fie nachſtehend kurz ſtizziren wollen. Die ganze Erdmafie befand fi 
im Anfange in einem durchaus gefchmolzenen, feuerfläffigen Zuftande — in 
glühendem Zluffe, wobei Sonne und Meer heutiger Zeit den Dunffreis aus 
machten. Die Elemente des Erdballs Haben wir und ald gegeben, als zufams 
mengeführt, aber noch nicht als verbunden zu denken. Diefe Elemente, (nad 
La Place u. Kant's Aggregationstheorie (Ra Place, Exposition da Systeme du 
Monde. L’an 4. (1795) Tom. 2, Liv. 5, Capt. 6 und J. Kant „Theorie des 
gimmeio*, 4. Bufage, Beth 1808) — Sonnenfcjlchten) Tagerten fich bei ihrer 
tchtung (almäligen Grfaltung durch Waͤrmeabgabe) dicht an einander und 






Beslogie 
diefem de, :WBedhfelwirkung wiell Aeonen 
* — — —— ſich *32 2363 — die * * 
n 


33. ber „nemperatut * le u ring fa 
en cine Aal on Neuem — 

— — elle eine the hide Ma tafle, ein 
mefier und von unen m vo Radiation 
hlung) erkaltete, ment el fan den rt um feine Are (Rotation) 


‚ daß die geichmolgenen Berbin höhese. ' 
cm N en ern Ralifanonehen iotiondhre —* — iR — ihren 
Ueberganges vom em en zum rc ußande a ges K. & 
ft, „ it un te der Erbe weht den Day 

gern ‚2 Eu, 


um en in ern 2 ‚ taphifcher u, 
Genteum, von weichem aus 















€ 
er 
—F 
IE 
Fer 
air! 
Hs 
- 
PET 
J 
Art 
u 















J —— — —— ung —— langſam. —— 
trahlen der Waͤrme abgehen, tdteca enwaͤrtig 
geſchmolzenen feurigen Fluſſe. Das ——— * 

ſphaͤre, es konnte die feuerflü 
davon m halle guefebe auf gew 
in allmälige® Ausſtrahlen der 


üde —— Kaffe 
auch no 
niederen Temperatur condenſtrten ſich die Dämpfe, und für Ba 
der; gräulie Berwähungen pet neugebildeten Erdob waren bie 
Nun folgte eine —5 — ſchaffender ,‚ indem die niedergeſtuͤrzten 
aus ben zerlörten Geſteinmaſſen der noch jungen Erdkruſte, "Slößgebirge - 
bergan Kr (die normalen Gebirgbarten, Produkte des Walls) bildeten. 
ber ploͤtz aus und unbelannten Urſachen, Außerten ern 
u dieſem Momente ruhenden plutonifchen Kräfte ihre ft — die kaum 
ete Oberfläche der Erde wurde zerrifien, ſie zerbork dol der Gewalt 
inwirkungen von Unten und durch die mächtigen Klüfte u. tungen, 
ı oder quollen vielmehr jetzt die Gebirge hervor Gebirgöcsbkbungen Er⸗ 
—5 , weide ausſchließlich Die plutonifchen (abnormen, Produkte des 












8) heißen. — Gegenſatz der plutont und der n i rie 
ird —E br beruht vn in Beigaben: während bie —— nur 


Keuer u. die Wärme EL als in Yan u. Aufl 

‚stalmafle ver urfprän lichen Eisfe a rt : neptan Ag —5*— 
ieſer feſtweiche b 8 Hüffige Zufan Folge des Waflers u. 
ur dieſes letztere ba Fl De Pa is ehe fi unfere Erd⸗ 
? berausbildete. Während ferner die Beh der Blutoniften bahn 
daß nur das aus der Atmofphäre hera e Waſſer durch feine Be⸗ 
ngen und mechaniſch⸗ chemiſchen tionen , begünftigt durch die Erfaltunge- 
ente bet der Bildung der normalen Geſteinmaſſe war, (während Die 


men NA das Empordringen aus dem Groinnern in feuerflüffigem, 6 
lzenem Zuſtande erſt 149 ch bereits fertiger ng Ja der normalen, 

en) — fieht der Reptunifi in dem wäßlerigen, Aerla en Elemente das 
trial, in der Kryftallifation u. dem Geſetze der Schwere das Mittel, in 
Bebirgen ald ruhigen Rieverfchlägen — die Bildung. — Eine nothienbige 
diefer Meinungsverfchiedenheit tft die entgegengefehte Elaffification der Ge⸗ 
ſaſſen. Diejenigen Gefleinarten, we er nady Werner das Grzeugniß der 
en u. jüngern Üeriobe (Periode des aufgefchwenmten Landes der Floͤtz⸗ u. 
Theile der — — ſind, erſch ct ua plutoniſcher t, als 
teſten u. ie affenen. Umgetsört ob er Kun jene ene Geſteine, welche nach 
er bie frühe drinne bildeten (Urgeſteine, Syenit ıc.) in ber 


uencpclopäbie. IV 


lutoniſchen Theotie die un — geſchaffenen indem 
— nach bereits fertigen M en der normalen Geſteinatten aus eat 
Innern) hernorquellend "in: dieſem —— pen die früher d neh zerklůſ· 
— zerſprengten — ——— u. durch u —— ibter —— * 
Temperatur wäl ch. de6 Emporfteigens, — umänberten, — Drei Ki 
terien find es, welche für) die normalen nn —— 
feinen: nämlich Schichtung, B feyn von von  Berfeineru u. beftimme 
mgoverhältniſſe. inso beſondere machen. e& —— ae Gtaffifin 
—— — bernormalen — deren jede beftimmte, 
ſch bejeich mgen führt (man vgl, Leihaea geognostiea 
eo Abbildung und — der für die —————— un 
Berfteinerungen von H. ©. Bronn, Stuttgart 1834 f.) nad) einer beflimmien 
Altersfolge in Nachfiehendem zu geben. 4. Gruppe, oR-Ditunianifche Gebilde 
«Terrains allaviens ; ‚Allavium). -Angefhwemmtes Land, zum Theile; Gruppe der 
— Bidungen. Glieder; Dammerde; der Rafenelfenftetn. (Rimonit); 
Torf m untermeertjche 3 die Gefchiebez der Sand u. Lehmz der 
jüngfte Meeresfandftein ; der Meerestalf; die Ablagerungen des 
von Meeres -Schalthier- U; —— 2. Gruppe. Diluvianiſche — 
a u. aufgeſchwenintes Land 4. Th; ame der Gefch, 7 tertläre 
= .}' Terraines'diluviens. Dilasium. lieder: der Geb ut u. — 
öde (Findlinge, blocs erratiques); das -Gerölle (Geſe or 
Sand, Lehm, Mergel, Rnochentrümmer-Geftein, 88 u. Thon; Bohnerz Si 
Eifenery); Süßwafler- —— Sußwaſſer⸗Kail; —— IB und N 
Molaſſe u. a ager-u.Nefter von Braunfoblen. - 3. Gruppe. Süßwafe: 
Gyps Grobfalf, plafifcher Thon, Braunkohlen (Zertiäre Gebilde 3. Th.ʒ Bar 
rifer Formatton; ne mer pen: —— Glieder: 
Sand, Sandflein u. Mergel; Syps u. Mer; ——— Gypey; Ei 
Baffer- Kalt; —— Slaftifcber Thonʒ ee 4, pe. Kreide u 
gar Sandſtein (Duader oder Karpathen-Sandftein): he —S grüne 
moſtein; WälberZhens ; Eijen-Sanpftein;: Burbed-Sandftein. «5. Gruppe. a 
u Dolithenkalf-Grbilde. Glieder: Portlander- Kalk; Kimmeridger Thon; Eon 
rag· 'Orforder.. Thonz Lirhographifcher Stein; Polypen» Kalt; oberer * 
jüngerer Jura =, und Dolithen «Kalt; Dura - Dolomit ; unterer dichteter 
Jura + Kalk und umterer oder eifenfchüffiger Dolith. 6. Gruppe, Lias und 
Keuper. Gllieder: a). Lias - Sandfteinz. Ltas-Schiefer; Lins-Kalk; b) oberer 
oder quarziger Keuper-Sandfteinz: oberer. Keuper-Mergel; mittlerer oder buns 
ter thoniger "Keuper » Sandftein; mittlerer. Keuper-Mergel; Keuper-Gyps; um 
teren Keuper-Mergel;' unterer thoniger Keuper-Sandftein; Gyps mit Anbybrit u 
Steinfalz. 7. Gruppe. Mufchelfalf:u. bunter Sanpftein. Glieder: Koblenletten; 
Mufcyelkalt-Dolomitz Mufchelfalt; mergeliger u. — Ralt; Gyps *8 
Flögayps) ; Salııhon; Steinfalz; bunter Sandftein. 8. Gruppe, Zechflein und 
Todtitegendes. Glieder: Gype; bitumindſer Kalk; Dolomit (Rauchwade); 
Mergelerde; Zcchfteinz Kupferfaplefer; Todtltegendes. 9. Gruppe; Steinfohlen (Terrain 
houiller). Glieder: Koblenfchtefer; Steinfohlen; Kohlen-Sandftein; Bergfalf; alter 
other Sandflein. 10. Gruppe. Uebergangsfalt, Grauwade u. Thonſchiefer. Glieder: 
Mebergangs - Ralf; Dolomitz Grauwade; "Graumade + Schiefer; —“ 
Anders verhält ed "ich mit den abnormen (oder maffigen) Gefteinarten. In Ber: 
gleich zu den normalen zeigen fie, was Beftand, Bildungsweife u. Lagerung ve 
trifft, fehr auffallende Gegenfäge. In der eigenthümlichen Art und Weiſe ihrer 
Entftehung liegt der Grund, daß diefe Gebirgsarten ohne wahre Schichten, frei 
von foſſtlen Ueberreften find, viele von ihnen in Strömen vorkommen, oftmald 
ältere, Gebirgsarten überlagern. In den eigentbümlichen Entftehum — — 
der Plutoniſchen Geftetnarten liegt aber zugleich der Grund des Mangels einer 
beftimmten, die fucceffive Bildung, ſcharf charakterifirenden -Altersf aige derfelben, 
Bon Pltoniihen Grundſaͤhen ausgehend, kommen wit —— it Leonhatd) 


a® 


F 
— 


J 


Onikin _L 


ihr Entflehen betrifft; zu dem Refultates „daß manche abnorme Gebirgsat- 
den früheren. gewaltigen Ummälzungen angehören, deren Spuren die fefte 
de unſeres Planeten trägt, während andere der neuern Zeit um Bieles näher 
n, u. bei einigen die Bildung noch heutigen Tags fortdauert.) Die von Elle 
Beaumont verfuchte Beftimmung des relativen Alters der plutonifchen Gebirgs- 
a durch feine Syſteme der Gebirgserhebungen iſt noch zu Bean u. es Reben 
noch zu wenige, völlig erwiefene Thatſachen beweifend zur te, als daß fie 
wiffenſchaftlich durchgteifendes SKriterton bieten Fönnte. Im Allgemeinen läßt 
was die Alteröbeziehungen zwifchen vulfanifchen oder plutonifchen u. neptus 
en (normalen) Felomaſſen betrifft , die Regel fefftellen: * „daß abnorme Ge- 
neuern Urfprungs find, als alle normale, zwiſchen denen fie aus der. Tiefe 
altfam emporgebr. wurden; gewiſſe abnorme Gefteine aber dürften fämmt- 
n normalen in Abficht auf ihr Alter vor. denn ein Thell der erfteren 
tiefer ald lehtere. — Was nun die Glaffii der abnormen Feld-Gebilde 
fit, fo reihen fie fich in folgender Orbnung. Abnorme Felsmaſſen. (Syn: 
eichichtete Gefteine ; plutonifche u. vullaniſche Gebilde. Roches plutoniques 
oleaniques, Unstratiied rocks). — A. Bulcantfche Gebilve, 1) Erzeugniffe 
rer Beuerberge und: diefen zunächft ftehenden Felsarien. Lava, Lava-Trümmers 
‚eine u. Tuffe CPBeperin, Paufiliptuff, ber arte Tuff der Traß; Tra⸗ 
und trachytiſche Gonglomerate;. Pechftein, Obfivtan, Bimsſtein. 2) Baſal⸗ 
e Gebilde. Augit⸗ Borphyre und ihnen zunächſt ſtehende Geſteine. Baſalt, 
erite, Anamefite und der Konglomeraten Tuff; Augit-⸗ Pe 1 Wade (9) 
molith. B. Plutoniſche Gebilde (bie von der Werner’ichen le, ‚als pris 
ve Felsmaſſen betradhteten u. andere von iht der — Uebergangszeit 
zählten Geſteinatten) 1) Diotit, Serpentin u. Gabbro: u. dieſen mehr oder 
y nabeftehende — Diorit, Dioritſchiefer, Aphanit; Setpentinfels; 
0. 2) Porphyre, Granite, Glimmerſchiefer u. dieſen verwandte oder unter⸗ 
dunete Geſteine: Pyromerid; Eklogitz Hornblende⸗Geſtein, Hornblende-Schie- 
u. Augitfels; Feldſtein⸗Porphyr; Quarzfels; Topasfels u, ve Granus 
Syenit; Granit u. Protogyn; Ehloritichiefer u. Taltichiefer; Körniger Kalt; 
Bee oder fogenannter Urgyps; Dolomit; Glimmerfchiefer; Gneiß. — Die 
ontfche Theorte der Erd-Rindebildung hat ſich im Berlaufe einiger Jahre zu 
weitverbreiteften ‚herangebilvet und die Anfichten, der Werner ſchen Schule ver- 
1gt. ‚Unter den Geognoften u, Geologen, welche im ihren’ Werken zur weitern 
bildung u. Begründung biefer Lehre beitrugen, ſind außer den bereits ange- 
ten vorzüglich nachftehende zu nennen: Alexander von Humboldt (Essai geog- 
lique sur le gisement des roches, 2.Bbe.,. Paris 1826. Kosmos, Stuit- 
t 1845 u. in feinen zahlreichen Reifewwerfen) ; d'Aubuiſſon de Voiſins (Traits 
Geognosie, 2 Bde., 3. Ausg. Strafb. 1828); Ex; Breidlaf AIntroduzione 
Geologia, Milano 1811, deutſch bearbeitet von Strombet, 3 Bde. 1819, 
wunfhweig); Budland (Geology and Mineralogy ‚considered with reference 
ıatural theology, London 1837, 6. Bd.; of The, Bridgewater Treatises ‘on 
power wisdom and goodness ‚of God‚manifested in the 'ereation ; deutfche 
'gabe von Hauf); H. 3. de la Beche, Handbuch der Geognofie nad) ver 
Nuflage des englifchen Originals bearbeitet von H. v. Dechen, Berlin 18325 
Brongniart, Classification et caracteres des roches, Patis 1827; Tableau 
terrains qui composent l’&corce du globe, Paris 1829, deutſch bearbeitet 
Kleinſchtod, Straßb. 1832; C. Lyell, Principles of Geology, 2 Dove, Lon- 
1830 u. 1831, deutfch bearbeitet nad) der 2. Ausg. des Originals von Hatt- 
Br — 1832, Grundfäge der ©,, deutſch bearb. von ——— 
—42 ; Beudant, Voyage mineralogique et géologique en Hongrie, er 
16 1822. Ueberf, m Yuspuge von —S Reipz. — Earl Gäfar 
Leonhard, Lehrbuch der Geognofie und. ®:, Stuttg. 48355) Grundzüge der 
‚gnofte und ®., Heidelberg 1835; ©, oder Utgeſchichte der Erbe auf ur. 
2 fapliche Weife abgehanpelt, 4 Bde, Stuttg, 1836 — ex] Atlas. 


708 Geomantie. 
Bafalts Gebilde, Stuttg. 18335 deſſen Jahrbuch für Mineralogie und 
pe Original: Aufjäge ee ee um it 1 
tur bietet. ler. Pepboldt, ©, Leipy. 18455 ©. Biſchoff, lehte des 
nern unferes Eroförpers 1837; Burmeiſter, Geſchichte ver Schöpfung, —— 
Ausg. 1846; Nöggeraih, Berzelius, Bronn, Bernh. Cotta, Anleitung 7* 
dium der Geognofle u, G., Dresden u. Leipzig 1839—41; Mantel, il 
wene der G., deutſch von Burkart, 2 Boe,, ın 48395 Sedgwid, ba 
83 Fouttier u. A. m. — Der Streit der Geologen für die nept 
‚heorie einerſelts oder die plutoniſche Spwotfefe andererfeit6 wurde von den Ber 
theidigern der betreffenden Anficht mit dem regften Gifer, leider aber nicht felten 
auch mit Bitterfeit, bis zur Stunde fortgeführt. Bei der hohen Stufe, welche 
die Chemie nach Werner’s Tode — mußte bie Grundlage feines ir 
„dab alle Felsarten urfprünglich in Waſſer gelöst —— ‚va die 
Ghemie viele derfelden als tim MWaffer geradezu unldölich erfannte, Aber auf de 
‚andern Seite erfuhr audy der Plutontsmus der Gegenwart heftige, gegründete Gin 
fprüche, fo von aftronomifcher Seite ha Gruithuifen, der neueften Dies 
rieen der Erde ıc., Landohut 1838 und viele Auffäge in deffen „Analeften“; von 
geognofifchem Standpunkte durch K. A. Kühn, Handbuch der —— Br 
burg 1836, 2 Bde, (Präparativ- Theil); B. M. Kellhau, Ehrifttania’s su 
Territorium, in der von ihm beforgten »Gaea Norvegica,« Ehrifianta 185; 
Greenough, kritiſche Unterfuchungen der erften Grundfäge der ©; Moyle, Ar 
Se a 3.3, See 1822, 2 u. Men 
ind 5, , Seite 43 fi; 9. Wa; a. Orte); vom he 7 
durd €, Scafhäutl: Die G. in — altniſſe zu den übrigen Naturwiſ 
haften, München 1843 u. in den Münchener Orlehrten Anzeigen” Ca. a. D), 
ge Dogmen des Plutonismus ſtürzten durch feine eigenen — ft 
3 DB. die von Leopold von Buch vorgetragene Dolomitifattons-Theorte, die Lehr 
von der Entſtehung des Dolomits, weldye Pepholdt (a. a. D.) u. befonders: Bi 
träge zur Geognofte von Tyrol, Lelpz. 1843; Bergverwalter W. Fuchs: Die Be 
nettaner Alpen, Soloth, 1841; Wißmann, Gumptecht: Jahrbuch für Mineral: 
ar 1842, Seite 381 u. A. m, als gänzlich unhaltbar erwiefen. Ya ed wur 
jelbft jener Haupteinwurf gegen die neptunifche agent! die Untöglichkeit fo vie 
ler Selsarten in Wafer durch Oberbergrathd J. N. Fuchs Epoche machende Ent 
dedung des Amorphismus und feine hierauf begründete „Theorie der Grde,“ dr 
ftledigend entfernt, indem dieſem gelehrten Fotſcher zu Folge: Mineralien (Belt 
arten) nicht erft in einem Fluldum gelöst zu feyn brauchen, um j Troftallifiten, 
fondern unmittelbar aus dem amorphen Zuftande in den iryſtalliniſchen überzu 
jehen vermögen. CM. v. Fuchs in Poggendorf's Annalen für Phyſtk u. Chemie, 
jahrgang 1834, Bd. 31, Seite 577. „Zum Amorphismus fefter Körper.” Ueber 
die Theorieen der Erde, afademifche Rede, München 1837. Gelehrte Anzeigen 
1838, Nro. 26 ff. u. München 1844.) — Was num endlich die fernere Aufgabe 
der ©, betrifft: Nachweiſung der in hiſtoriſchen Zeiten ſowohl ftattgefundenen, 
als nod) gegenwärtig vor ſich gehenden Veränderungen auf u. an der Oberfläde 
unferes Planeten durch die Einwirkungen der Atmosphäre, des Waſſers, der Bul- 
kane, Erdbrände, durch vulfanifche Eruptionen, Entftehung fubmartnifcyer Infeln, 
Korallenbauten, Erhebungen u, Senkungen, Gietſcher ıc. — fo verweifen wir un 
fere Lefer fowohl_auf bie genannten Wrtitel, als beſonders noch auf Lyell 2 Br. 
des angeführten Werkes, deutfch von Hartmann; Guvier, Ummwälzungen der Erd⸗ 
Rinde, deuiſch bearbeitet von Röggerath, Bonn 1830 (Discours sur les revolu- 
tions da Globe, 5. Wusg., Paris 1828); v. Hoff, Gefdhichte der durch Leber: 
Heferumgen nachgeriefenen natürlichen Betänderungen der Erdoberfläche, 3 Thle., 
gone sn (ale — tuber, — —— Vegan 
., Bern u, Sriel offmann aliſche Geographie. miniliche 
Werte, 1. Br, Berlin 1837, ee F. Ch. 8. 
Geomantie Bunktirtun), heißt bie, namentlich won ben Araber 


Geometrie, 2709 


aufig betriebene, vorgebliche Kunft, aus gewiſſen, abſichtolos in den Sand ges 
— Punlten, nachdem man dieſelben in gewiffe Figuren gebracht hat, zu 
copl jen. r 

* Geometrie (Erdmepkunft) iſt derjenige Theil-ver Mathematik (f. d.), 
velcher die Eigenichaften der Raumgrößen (fletigen Größen) unterfucht und fie 
urch überzeugende Schlüffe beweist. Sowohl der Raum felbft mit feinen 3 Dis 
nenfionen, Länge, Breite und Höhe, ald die in ihm denkbaren Figuren, machen 
fo den Gegenftand. der ©. aus, Nur durch das Abftractionsvermögen unferes 
Berftandes wird es möglich, dieſe 3 Dimenſionen von —— felbft zu iren⸗ 
ven, um fte für. ſich befonders betrachten zu Fönnen. Man theilt die G. gewöhn- 
ich in niedere und höhere. Die niebere ©, befaßt alle Unterfuchungen über 
Berbindungen ‚gerader Linten, gerabliniger Figuren u. über von: Ebenen ein; 
chloſſene — dann die Beirachtungen des Kreiſes, der Kugel, des Cylln⸗ 
ver& u. des Kegels, Infofern darin Berhältniffe gerader Linien verglichen werben, 
Die böhere-©. befdhäftigt fi) mit. den Frummen Linien, den don ihnen einge 
hlofienen Flächenräumen und den von ihnen erzeugten Körpern u. Oberflächen, 
Bie fängt mit der Lehre von den Kegelfchnitten an u. geht dann zu den höheren 
rummen: Linien über, deren — —— Formen auseinanderfegt, Ste 
vedarf hiebei der Analyfis des Endlichen u, Unendlichen. Diefe Eintheilung der 
9, macht man —— fie iſt aber zu allgemein und deßhalb unzureichend, 
Befier möchte folgende feyn (wenn gleich auch hier die einzelnen Zweige nicht 
harf geſondert neben einander geftellt werben Fönnen, ſondern mehr oder weni 

n einander übergehen). a) PBlanimetrie, ebene ©., die es mit Gonftructton 
14 Ausmefiung der Figuren zu thun Bat, die in einer &bene liegen; b) Stereo⸗ 
metrie, förperliche ©. ; fie betrachtet u. mißt Körper aus, hat es alfo mit Raums 
jebilden zu ihun, die durch Verbindung mehrer (mentgftens 3) Ebenen entflehenz 
» Gomiometrte, meift Trigonometrie genannt, flellt das Verhaͤltniß von Kreis- 
vogen zu geraden Linien dar, um fo durch Rechnung die Gonftruction erfparen 
u fönnen.. Mit: Hülfe geometrifcher Formeln kann man Dreiede in der Trigos 
sometrie, Bieredte in der Tetragonometrie, Vielede in ber Polygonometrie ber 
echnenz; d) Analytifche ©; dieſe arbeitet nicht auf conftructivem, Wege, 
ondern ohne Figur durch bloße Rechnungs. ſie wird ber jeometrifche Analyfis 
enannt u ald Zweig der Analyfis(f.d.) betrachtet. Die Methode der ©., in Abficht 
8 Logifchen Verfahrens, ift überhaupt entweder fonthetifch, oder analytifch. Er- 
tete war beſonders die der Alten u. iſt zum Anfange des mathematifchen Stu- 
ums unerläßlich. Lehztere ift eine —— neueren Zeit u. führt bei höheren 
Nufgaben leichter zum Ziele. Mit großem Vorteile werden analytifche Auflöfuns 
ıem geometriſcher Aufgaben mit fynthetifchen verbunden. — Gefchichte. Rach 
Bear wurde die ©. (als Feldmeßfunft) in gieppnten erfunden, indem ber 
önig Sefoftris jedem feiner Unterthanen gleich viel Land zugetheilt hatte, wo⸗ 
vom jeder eine gleichmäßige Abgabe erlegte; verlor nun Einer durch Ueberſchwem⸗ 
nung des Nild Etwas von feinem Antbeie, ober wurden dadurch die Graͤnzmar⸗ 
em unfenntlid), fo wurde von einem Geometer ausgemeflen, wie viel er einge⸗ 
süßt hatte u. die Abgabe darnach vermindert, oder die Gränze wieder beftimmt. 
Die Hauptlehrfäge der praftifchen G. wurden aber in Griechenland er 
unden. Thales Ichrte ſelbſt die Aegypter erft, bie Höhe der Pyramiden aus 
veren Schatten zu meſſen u, erfand die Hauptlehrfäpe von den Winkeln an einem 
jegebenen Trlangel, ſowie Authagsras u. 9. ven nach ihm benannten wi 
jeometrifchen —5 — die minierlſche Bergteidung der Linien führte die 

jorder auf bie meerabein Ma e — a An en Ui 
ottates von 8 er geom e Gäte. [ato g 

nit ©. ; über der e feines Hoͤrſaals war bie In ee 
Ankunbiger eintrete. "Wubosos aus Anidos gilt ald ber verfchlenener 
Bäße in dem Lehre von den Körpern; Wonachmos ſcheint den Grund Kan 
jehte von den Kegelſchnitten gelegt zu 1, Über die Ariäos der 


710 Georg. 


zuerſt ſchrieb. Epoche aber machte Cuklides durch feine Elemente und ü , 
auch die G. für alle folgende Zeiten fireng wiffenfchaftlich begrünbenden fo 
ten. Archimedes eröffnete fi) Wege in vorher nie gefannten, noch gang um 
kannten Gegenden der ©. durch Bergleichung krummliniger Größen unter einan, 
der und mit gerablinigen. Apollonios aus Perga bereicyerte die Lehre von den 
Kegelfchnitten. Kerner find bemerkenswerth: Menelaos, Gerenod aus Antifa u. 
Nikomedes, der Erfinder der Conchoide, Pappos aus Wlerandrien, Diofle®, ver 
Erfinder der Eiffoide und Eutokios aus Askalon als Kommentator. Mit ihnen 
ging im 5. Jahrhunderte die griechifche ©. unter. Die Araber haben nur 
wenige Berbienfte um fie erworben; doch wurden in der Trigomometrie durch fie, 
flatt der Ehorven der Griechen, die Sinus eingeführt. (Vergl. arabifche Litera- 
tur.) Erf im 15. Jahrhunderte kam in Europa durch die Urberfegun en der 
geometrifchen Werke der Griechen von Gommandino u. A. dieſe Wiſſenſchaft 
wieder in Aufnahme. uch fing man im 15., noch mehr: im: 16. Jahrhunderte 
in Deutſchland an, trigonometrifche Tafeln volftändiger zu berechnen; Pur⸗ 
bach, Regiomontanus, Rhäticus, Otho u. N. erwarben Pi in biefer Hinſicht 
Berdienſte. Als erſter Mathematiker feiner Zeit wurde im 16. Jahrhumderie 
Maurolycus aus Meſſina angeſehen, auch Nugnez (Ronius) u. Vieta zeichneten 
fh aus. Durch Kepler im 17. Jahrhunderte wurde auch die ©. weſentlich be⸗ 
reichert, beſonders dadurch, daß er das unendlich Kleine in die ©. 
Außerdem erwarben fidy in biefer Zeit Cavaleri, Guldin, Lucas Valerins, 

celli Verdienſte. Beſonders zählten die Jeſuiten in diefer Zeit viele Mathematifer, 
wie: Clavius, Tatquet, Gregorius a; St. Bincentio. Descartes (ſ. d.) gab ber 
G. befonders durch die Anwendung der Migehra auf die Unterfuhung der Ras 
tur krummer Linien einen neuen Schwung; auch Fermat, Pascal und ® 
leiſteten Erhebliches für die Ausbildung der höheren G., nachſtdem: 

Wallis, Lord Brounfer, Mercator, If. Barrow. Mit dem Ende des 17. Jahr 
hunderts fchließt fi) das Zeitalter der mittleren G., die eg 
nad) dem Mufter der alten geformt war, oder fidy mit der Wigebra ver u. 
fi) der Summirung unendlicher Reiben bevientee Bon nın an aber febte bie 
Analyfis des Unendlichen, weldye Newton u. Lelbnig erfanden, die Geo⸗ 
meter in den Stand, nicht allein die Aufgaben, wobei, neben den veränderlichen 
Größen, feld audy die Gränzverhältniffe ihrer Veränderungen in Betradyt kom: 
men, leicht u. allgemein aufzulöfen,, fondern auch von dieſen Berbältnifien durch 
die Integralrechnung zu den endlichen Größen felbft zu gelangen. Bon biefer 
Zeit an find Analyfis, ©. u. reine Mathematik fo genau mit einander 
ftert, daß die Gefchichte der einen immer in die der andern eingreift. Doch bes 
hielt die G. der Alten immer ihre Verehrer, befonders in Italien und England. 
Unter den Neueren ragen durch ihre Verdienſte um Weiterbilvung der Er en⸗ 
ſchaft beſonders Bragelogne, Euler, Gabr. Cramer, Maclaurin, Brad: 
Clairaut, Jak. und Joh. auch Nik. Bernoulli, Rog. Cotes, Heinrich Chriſtoph 
Mayer u. A. hervor. 

Georg, der Heilige u. Martyrer, in Kappadocien aus einer angefche 
nen Yamilie geboren, begab fidy nady dem Tode feines Baters mit feiner wohl 
bemittelten Mutter nady Nikomedien, um unter Kaifer Diocletian in Kriegsdienſte 
zu treten. Seine Tugenden und Tapferkeit erwarben ihm die Gunſt des Kaiſers 
n. viele Ehrenftellen: als aber diefer anfing, die Ehriften zu verfolgen, legte ©. 
feine Dienfte nieber und verwies mit Freimuth dem Katfer fein graufames Ber 
abren. Der erzürnte Diocletian ließ ihn in den Kerker bringen u. verſuchte As 
ed, um ihn durch die glänzenpflen Verheißungen und fchmerzlichken Beinen un 
u zu nt als ra een —  errer er ide tet. H ch 
en Aſſemann'ſchen Beweiſen geſcha am 23. April 303; e urferän 
Alten von feinem Martertode gingen verloren. — Der {ge G. wirb hl 
Kirdıen bed Morgens und Abendlandes als einer ber ie ——— 

ats 


Jefu Ehriſti verehrt, Die Griechen haben In oox ven Titel Broßer 









’ Gr. as 


t eben u. fein Feſt iſt noch bei Ihnes:ehn großer 6 ZUR 
a he en De 


Konftantin dem Großen erbaut ſeyn ſoll, wie: auch die, auf dem Grabe des Hei⸗ 
ligen in Palaͤſtina geftandene; die Kaifer Juſtinian u. Mauritius ließen ebenfalls 
zwei unter Anrufung des heiligen G., die eine zu Bizanes in Klein⸗Armenien, 
die andere zu Konfkantinopel errichten. — Durdy die Bilger nad) Jeruſalem, die 
fetne Kirchen u. fen Grab in Paläfink Häufig befuchten, wurbe Die Berehrung 
Des heiligen &. auch im Abendlande werbreitet. Beſonderd berühmt war fein 
Name tm 6. Jahrhunderte nad) den Berichten des heiligen Gregor von Tours 
in Frankreich; dee heilige Gregor der Oroße ließ eine, zu feiner Ehre erbaute 
Kirche, die dem Einſturze drohte, wicderherſtellen. “Die heilige Klotilde, Gemah⸗ 
Lin des Königs Chlodwig, errichtete Altaͤre unter feiner Ainrufung u. woßte, daß 
Die Kirche des von ihr geſuifteten Kloſters Challes feinen Ramen führe. Aus 
alten biefen und noch chen Thetfachen geht ‚hervor, daß die Verehrung des 
Beiligen ©. im Abendlande, befoubers in treich, fehr alt il. — Der Beitige 
G. ewöhnlidy als ein Riter zu 4a Kampfe mit einem Drachen 
au | Ben, den er exlegt, abgebilpet; die Kriegsleute hatten vom jeher eine 
Undacht zu ihm u erfefen: feinen Cchuk befontder6 in den Schlachten au 
en Bann Bude Gene han a en Arme u 
on von Genua. Yu Ä auf ihren: um⸗ 

ter ihren normaͤnniſchen Koönigen eine große Andacht zum heili St riefen 


ihn während des Scylachtgetümmels Unger feinen 214 ſtellte 
Eduard LI. im Jahre 1330 g }; Orden: des —E —— 
ein zu Oxford gehaltenes National⸗ batte«fchen 108 Jahre früher vor 
a daß fein 5 in ganz Englarif als ein gebotener Feiertag gehalten‘ wer⸗ 
den ale. — Die —8 dee Kriegsleute zum heiligen ©. 8 
auf den Umſtand, daß ver Heilige vor der Schlacht bei Antiochia dem Heere 
der Kreuzfahrer erfchien u. Die Unglänbigen auf feine Bärbitte geflogen wurben. 
Auch Sehauptet man, er babe ſich dem Könige Richard von gland dargeſtellt, 
als er gegen die Sarazenen im Anzuge war, über welche deſſen Truppen ſo zum 
Muthe entflammt wurden, daß fle unter dem Feinde ein furchtbares Bluthad ans 
richteten. Jahrestag 23. April, . Tu 
Georg. I. Könige von Großbritannien — 1) ©. L Ludwig, 
Sohn Ernft Augufts, des erſten ieften von Hannover, geboren den 28, Mat 
1660, folgte feinem Bater 1638 It der Regierung ded Kurfürſtenthums. Bon 
feiner Gemahlin, Sophia Doroihen, der Tochter des lebten 3098 Wilhelm 
von Gelle, erbte er das Lüneburgifche u. Gellifche, u. nach dem Tode der Stönigin 
Anna (1714) die Krone von Großbritannien, wiewohl er dieſe mit dem 
Schwerte in der Hand gegen die Bartel des Prätendenten, befonders in Schott⸗ 
land, behaupten mußte. In dem Kriege gegen Karl XIL, der fein erflärter Feind 
war, erhielt er die Herzogthümer Bremen u. Verden. Ihm iR es bauptfädhlich 
zuzufchreiben, daß die Projekte des Barbinald Alberoni in Spanien fcheiterten. 
Durch die Flotten, die er zu rechter Zeit u. an den rechten: Drt abfchidte, ers 
warb er fid) großes Anfehen u. vielen Einfluß auf die Staatdactionen in Europa. 
Veberhaupt regierte G. mit großer Staatoklugheit u, mit ſicherem Augenmerke auf 
das Gluͤck feiner Ration u. auf Europa's Ruhe, fo daß er feine Krone zu einem 
Anſehen erhob, vergleichen fie unter feinen Borgängern nie genofien hatte. Er 
farb zu Osnabrüd, auf einer Reiſe in feine deutfchen Staaten, den 11. Juni 
1727. Sieh Memoires du regne de Georg I. (par D. Limiers) Haag 1729. 
5 Bde. The annals of King Georg I. 6 Bde. London 1716. — 2) ©. IL 
Auguft, Sohn des Borigen, gebogen 9, November 1683 zu Hannover, vers 
mählte fi) 1705 mit Wilhelmine Dorothea Charlotte, Pringeifin vom Anebady. 
Der Triegerifche Sinn, der ihn von Jugend auf befeelte, entwidelte fidy vorzüglich 
in dem Feldzuge in den Niederlanden von 1708, dem er beitwohnte, u. bei weils 
chem er Seiner Gefahr answich. Der. Tad feines Waters (1227) verichaffee ihm 



















ndete fich noch 


712 Georg, ° 


die Krone von Großbsitannien, ‚Einige innere Bewegungen abgerechnet, waten 

die erfen Jahre feiner fung rin, u. — une — —* 

ne ——— je trat er Are ande den Ya En, gel al 
uec 

* ame (27. Yunt-1743) ——— egen. Maria Zerfia fe fo grob 

tier —— er zur Rettung ihrer a * 4 aufopferi. 

35 den erſten Jahren, weldye auf den Aachner Frieden (1748) u 


tigte fich ©. mit verſchiedenen weiſen Anftalten zum Wohle feines 
fan 1755 brady ein neuer Krieg aus, ber fih von Amerika über 
verbreitete. "In demfelben verlor zwar England Ba —— ſah aber 


der Folge feine Anſtrengungen mit fo Id önt, daß es 3 
Fe feiner 3 it: gerade um bie Zeit ua, den * Dctober 1700 
Rarb. Er war fi ürft von glänzenben u — u vi 
frei don Schwäden u. Fleden, aber ihm 

= - rechtfchaffenerer Mann in dem geweien, als G. Fee 


——— 1738, der ältefte ee vom 
5 In am ten Shen mc Anfängern 
en € ron mit dem 
Mu er hränten. Er ließ ſich dabei von Anfichten leiten, * 
> der ‚vertriebenen Königsfamilie gepaßt hätten. So 
daß der Krieg mit Amerika, obfchon er Anfangs nicht unpepu 
Ki dor as jene —— von —— Gehorfame, die in 
Pr Praris IN unandführbar: fi dien 
durch di ——— "die we das 
= — gewinnen, in der einen Form — zu erlangen. was man 
ebene genäht hatte. (bene Beiraf ber ihärihte Streit Mi Wiltes 
um all die Kleinigkeiten, die fie es eigentlich waren, welche ben Zorn d 
Deredtfamfeit von/Junius erregten, mehr over weniger ein e\ tes Recht, die 
Freunde einer ſtraffen Regierungöform eine Kr theoretifche Wichtig! 
Die framgöfifche Revolution gab der praftifchen englifchen Politif einen neum 
Anfoßz aber eben, weil diefe — von der Rhrieh des Voiles getheilt wurd, 
hatte ©. II. ſelten Gelegenheit, mit feinen perfönlichen Anſichten und Gefühle 
hervorzutreten, die man jedoch aus feiner Bereitwilligfeit erkennen konnie, 
feine Zuftimmung zu allen Mafregeln zu Een man: das Einbringen 
der frangöflichen RevolutiondsZpeen verhindern fi Der Haupfjug in 
der legten Hälfte feiner Regierung iſt die — Wichtigleit —* fen 
lichen Meinung, welche fo asefelgreich die Umntergrabungen des oligarchiſchen 
Einfluffes begonnen hat. Die großen Bortfchritte Englands in jedem 3) 
ver Wiffenfchaften und Künfte werben fletd für den Köndg, unter dem 
erreicht, wurden, ehrenvoll feyn, obgleich ©. IL, bis auf einige Entdedungs 
Relfen (Byron, Wallis u, Gartioright) u. Erfindungen, die mit dem Kriege in 
Verbindung fanden, nur wenig mittelbaren Antheil daran hatte. Webrigens war 
©. II. yerföntic) muthtg, chatafterfeft, von gefundem, wenn auch nicht weit 
fehendem, Berftande und einfach im Gefchmade. Die Jagd, Belhäftigung mit 
Landbau u. Mechanik, vas Leben in der Familie, füllten fe ne Muße aus. Reli 
gids, fittlich, — mäßig, war fein —— muſterhaft. Als Gatte u. Bater 
war er nebſi der Königin ein unerſch Gegenftand des Lobes. Unrecht hat 
er nie gethan; außer wenn er das Unrecht Recht anfah, Er flarb 1820, nachdem 
er ſchon frühe Spuren von Geifeserrättun gezeigt u. ſeit 1810 den Gebrauch 
der Bernunft gm verloren hatte. Gr binterließ von ber ‚Beingeffn Sophie 
Chatlotte von Medlenburg- Strelig (geſtorden 1818) 13 Kinder: ©. Hug; 
ei ©. IV.; Friedrich Herzog von York; Wilhelm, en —& 
ter Wilhelm IV.; Eu, ‚Herzog von Be geſto 
Konigin or Ürm Augukzueneg von C —* — nunmähe. König von 
ʒ Muguß Friend Dig van Safer; Ko iph dicorich⸗ Heriog von 


Base... , ws: 

Gambrivg, ; Witig, »Amallop ef iha.deign € 
ete.« (3 Bde, London 1818) ve Jones, Fee — u 
reiga of King G. Ill.« (3 Bhe.,.ebend. 1825). — 4) &. IV. (Uugußus Eros 
derid), aͤlteſer Sohn des Borigen, geboren 1762, lich u. 

pe —* In Lee —* ae —ã wel iR 

u e 
— ae ober Gittemloßgtelt * * 


iete eine Reihe ähnlicher, worunter das mit Ero. 

—— — das am längften dauernde war, Seine Echuldenlaſt (300,000 Pfa. 
„wedye fein Vater zu übernehmen verweigerte, asia De das Barlament 

und ein Geſchent von 160,000 Pf. (1787). Bei der Geiſtes⸗ 

Tranfeit des a (1788) wiverfeßte e Ra Di u AN m ba das ‚Borlament — 
Trnennun ingen zum Regenlen Berfpredyen vermehrten 

— den ob verfchufdeten ©, 17955 wit feiner Couſine, ver 


Karoline von Braunfchweig, zu vermählen, er jedoch nady 
de der Charlotte de getrennt kebte. Im Jahre 1811 über 
nahm er, bad erfie Jahr ſedoch mit. — bie Kegentſchaſt. Die Politil 
ward idert. —— es Glange bewirthe 12 


Bürften. 
Bei Eröffnung des Parlaments, Dem, 1817, tom Leben 
einen Bolföhanfen ie aim Zone OST. — 
—— nen wollte, und bald darauf 


. . teidas dem Sberhaufe 
* die ie a die er nicht * ve 2 Beten ne 


diefer füdlichen Im Zahre 1821 beſuchte er ‚Saunber, 

10 ee Dahn von mel der Satin — 58 @.d.) zurüdkief. Die 

el in d N chpation ver Ka⸗ 

En 8), Gr Ma aan 18 Ihm folgte fein 

Clarence, alı a ®. ‚ »Me- 

moirs of the as —* rein ot I. he Erg "Londen 183139; Croly, 

Personal History of G. IV.« (2 Bde. ebend. 1: 

‚Georg. IL 1 gürßen aus vesfhiedenen Äuten, — )®, Herzog 

von · Sachſen, 3 om den 27. ı 1471, folgte 500 feinem Pins 

in der Re, he den Zunamen der 


Reihe, Aid ver Bart , v 

— 555* — — u feine ri haft mies bee 
le, guaa oßes Anſehen unter den Fuͤrſten Deutichlande. 

17. Muri 1589 enoige —— — 43. Fr 
begräßt, weil @. ‚Dean [einer fung en Rohe, (inne —— — 


feiner Gunſt hei dem Eule vl van Da ihn m von 5 Söhnen Feiner übers 

lebte, fo _famen feine Lande an Kl —* Heinrich den Srommen, einen 

a en von Sahlen a 0 
om . en, 

„Sohn des 4 Anton . ae jelben 1763 ıumter Mutter 


1782 führte, fiat er Ne Sel 
mit a Gin) —— Büren zu tobe Rangnburg, 


Charl⸗ te, j grafen Gehe Bälle 
die ale Dienerniiberile —* in —— Rime die 5 


744 Georg. 


Landes verbeſſerungo⸗Collegkum, das feine Aufficht über alle Zweige des gemeinen 
Wohles verbreitete, von allen Ortſchaften des Herzogthums regelmäßig Bericht 
erhielt u. die Berbefierungsanftalten ordnete u. leitete. In allen Gegenden bdes 
Landes wurde der Anbau wüfter Pläpe betrieben u. befördert, u. befonders für 
die Vermehrung des Biehflandes, durch die Gultur der Yutterkräuter, geforgt. 
Das Wild wurde niedergefchoflen, bei Sulzfeld ein großer Thiergarten angelegt 
u. die Waldnupung durch Anpflangung aus laͤndiſcher Bäume u. Geſträuche vers 
befiert. Um vie Pferdezucht zu verebein, ließ ver Herzog Hengſte aus Mecklen⸗ 
burg und Gagland fommen, und befreite die Mutterpferde der Bauern- von den 
Frohnen. Die ftädtifchen Gewerbe, die Fabriken u. den Kunſtfleiß fuchte ee durch 
Begünftigungen u. Borfchüäffe zu erheben. Gr legte durch das Land fdhöne u. 
dauerhufte Ehauffeen an, errichtete auf dem Schloße Dreifftgader (f. d.)- 
eine sreffliche Lehranftalt der Kork» und Jagdkunde, und zu Wafungen entkand 
durch ihn ein Inſtitut zur Beförderung fittlicher u. bürgerlicher Bervolllommmung. 
Gelne Unterflügungen erhielten die Armenanftalten aufrecht u. dauernd; eine von 
m ſelbſt verfaßte Inftruftion belehrte feine Diener ır feine Untertanen über 
te —8 Pflichten. In Abſicht auf das Kirn, und Schulweſen traf 
er die wichtigften, dem Geiſte und ben Bebürfnifien Zelt gemäßen Verbeſ⸗ 
ferungen. Bon feinem gebtlveten Geſchmacke u. feinem Wohlgefallen an fchöner 
Ratur und natürlicher Kunft hinterließ er den überzeugenpflen Beweis in feinen 
Sartenanlagen in u. bei Meiningen, u. nody mehr in den allgemein bewunderten 
Umgebungen des Badeortes Liebenftein und des Schloffes Altenſtein, wo er mit 
der Ratur u. der Schöpfung von Freuden für die Menfchen zu weitelfern fchien. 
Ueberhaupt wußte er allen feinen Handlungen den Charakter von. Liebe, Sauft⸗ 
muth u. Milde zu geben. Volksfeſte wurben von ihm veranflgltet u. mitgefelert, 
u. bei der Taufe feiner zweiten PBrinzeffin u. feines Erbprinzen nahm er Unter 
thanen aller Stände zu Taufzeugen. Auch wurde er, als er mitten unter ben 
fhönften Entwürfen für fernere Erhöhung des Gluͤckes feiner Unterthanen nad) 
einer fegendreichen Regierung von 21 Jahren den 24. December 1803 ftarb, fels 
nem Berlangen gemäß mitten unter feinen Bürgern begraben. — 3) ©. Fried 
rich Karl Joſeph, Großherzog von Medienburg- Strelig, geboren 1779, meiſt 
am Darmftädter Hofe erzogen, lebte nach dem Beſuche der Univerfität Roftod 
zu Berlin, wo feine Schweſter Louiſe an den König Friedrich Wilhelm III. und 
die andere, Friederike, nachmalige Königin von Hannover, an ben Bringen 
Ludivig vermählt war. Bon 1802—4 bereite er Stallen, vermittelte 1807 ven 
Anſchluß Medienburgs an den Rheinbund, war 1814 auf dem Wiener Eongrefie, 
dann in England, und folgte feinem Bater Karl 1816, Seine Gemahlin, die 
Prinzeſſin Marla von Heſſen⸗Kafſel, geboren 1796, hat ibm 2 Bringen geboren, 
den Erbgroöherzog Friedrich Wilhelm, geboren 1819, vermählt 1843 mit der Prin⸗ 
zeffin Auguſte, Tochter des Herzogs von Cambridge, G., geboren 1824, u. 
eine Prinzeffin, Karoline, geboren 1821, felt 1841 vermählt mit dem Kronprinzen 
Friedrich von Dänemark. Der höhere und niedere Unterricht hat in ihm einen 
thätigen Beförderer. — 4) ©. Wilhelm, Fürk von Schaumburgs Lippe, geb. 
1784, folgte feinem Water dem Grafen Philipp 1787 unter Bormundfchaft f 
Mutter Juliane, einer ‘Brinzeffin von Heflen- Bhilippsthal, die den bannövers 
ſchen Feldmarſchall, Grafen von Wallmoden⸗Gimborn, zum Mitregenten ans 
nahm. G. empfing feine Bildung zu Schnepfentbal (17489 — 94) u. 1802 unter 
Wilken's Leitung zu Leipzig. Bon einer Reife nady Itallen 1806 durdy den Zus 
fand Deutſchlands nach der Schlacht bei Jena zurüdgerufen, trat er mit dem 
Titel „Kürft“ 1807 dem Rheinbunde bet, hob die Reibeigenfchaft auf u. gab 1816 
eine landſtaͤndiſche zerfaflung. Bei Mißernte 1830 erließ er bie Hälfte 
der Abgaben. Den Rechtöftreit über vet Veſitz des Amtes Blomberg verlor er 
4838 an Lippe «Detmold. Mit ver Tochter des Fürflen G. von Waldeck, Ida, 
eboren 1796, feit 1816 vermäßlt, Bat er 4 Töchter u. 2 Söhne, von. denen ber 
Dprinz Abolph ©., 1817 geboren u. ta Leipıia u. Bonn (183788) gebildet, 


Georgenorden· Geergeß eymer. 183 
fi 1843 mit der Prinzeſſin ine von Waldeck verlobt Bat. — 5) ©. Hein, 
rich Friedrich, Fürft zu Walde und Pyrmont, geboren 1789, folgte feinem 
Bater, dem Fürſten G. 1813 u. bob alsbald alle Steuerbefreiungen auf, wos 
gesen die Bevorrechteten Einſpruch einlegtn. Eine Einigung kam auf dem Lands 
age 1816 zu Stande. Er if fett 1813 mit Emma, geboren 1802, einer Prin- 
zeifn von Anhalt» Bernburg» Schaumburg, vermählt, die ihm den Erbprinzen 
®. Victor, geboren 1831, den nzen Wolcad Melander, geboren 1833, 
die PBrinzeffin Augufle, geboren 1824, Webtiffin von Schaafen, und Hermine, 
geboren 1827, gebar. 

Georgenorden (Orden des heil. Georg), beſtehen dermalen vier: 1) der 
von Kurfürft Karl Albert von Bayern, made igem Kaiſer Karl VIE, zu Ehren 
der unbefledten Empfängniß Marlä u. des Ritters Et. Georg am 24. April 1729 
für den: vaterlänbifchen und fremden, insbeſondere ttalientfchen, Adel geftiftete ©. 
Die Ritter müflen von gutem Adel feyn und denfelben durch einen Stammbaum 
von 32 Ahnen nachweiſen. Zur Prüfung beöfelben, fowie des tadelloſen Kufes 
der Aufzunehmenden, wird Probezeit von einem Zelle zum andern, Georgli und 
Mariä Empfängniß, eingeräumt. Geiſtliche von abeliger ®eburt finden unter den» 
felben Bebin ungen ebenfalls Aufnahme. Diefer Orden fteht noch in hoher Btüthe 
u, dürfte nicht viele feines Gleichen in Europa finden. Die Ordensdekoration If! 
ein adhifpigiges Kreuz, vom himmelblau mit der heiligen Jungfrau in den Wolken, 
in vier Winkeln des Kreuzed die Buchſtaben V. I. B. I. (Virgimi immaculatee 
Bavaria immaculata), auf der rohen Wädfelte St. Georg mit dem Drachen 'unb 
bie Buchſtaben J. V. P. F. (Justus.wt yalma fiorebit) an himmelblauem, weiß 
und bunfelblau gerändertem Bande. Die erie Claſſe trägt es von der Rechten 
Linfen, mit Sterg auf der Bruft, In deſſen filbernem Mittelſchilde ein ro 
Kreuz; die zweite Elaſſe um den Hals, die dritte im Knopfloche. Am Orbendtage 
tragen die Ritter befondere Feſtkleidung. — 2) Ac Militärorden des 
bl. Georg, von Katharina IL 1769 geftiftet, für Militaͤrbienſt zu Land u. Ger, 
ſchwer zu erlangen u. daher der geachtetſte der ruffifchen Orden, in vier Glaffen 
mit 700, 400, 200 u. 100 Rubel Benfion für die Ritter. Decoratton: weißes viers 
flügeliges Kreuz, vorn mit dem heiligen Georg, hinten mit deſſen Rameneguge in 
der Mitte, an dreimal ſchwarz u. orangegeftreiftem Bande, von der erfien GI 
von der Rechten zur Linken u. mit einem goldenen Gterne und der Namenschiffer 
des Heiligen auf der Iinfen Bruft u. der iſe (ruſfiſch)y: Für Dienft u. Tapfer- 
keit; von der zweiten Glafle um den Hals mit dem gleichen Stern auf der Brufl, 
von der dritten u. vierten Claſſe ein kleineres Kreuz um den Hals u. im Knopf 
Ioche getragen. Noch errichtete Alerander I. 1807 ein filberned Georgenkreuz, 
das aber nicht als fünfte Claſſe gilt. — 3) Militärorden St. Georg der 
Wiedervereinigung von Neapel, geftiftet am 1. Januar 1819, in 6 Claſſen: 
Gran Collane, Commendatori, Cavalieri di dritto, Cavalieri di grazia u. goldene 
n. fllberne Medaillen, letztere für Unteroffiztere u. Soldaten. Der Kinin, ſtets 
Großmeiſter u. der Herzog von Calabrien Großconnetable. — 4) St, Georgs⸗ 
orden in Hannover, 23. April 1839 von König Ernft Auguſt, ald Haus⸗ 
orden der Krone geftiftet, in einer Claſſe, erfter Orden des Koͤnigreichs. Deco, 
ration: achtfpigiges, dunkelblau ematliirtes, mit der Koͤnigskrone gezierted Kreuz, 
in defien Mitte vorn der Ritter St. Georg mit dem Lindwurme, auf der andern 
Seite der Namenszu Stiftere, wirb an dunfelrothem gewäfiertem Bande von 
der rechten Schulter rradpider Iinfen Seite getragen, nebft einem filbernen acht⸗ 
fpigigen Sterne auf der linken Bruft, in defien Mitte St. Georg zu Pferde, ums 
geben mit einem rothen Bande mit der Infchrift »Nunquam retrorsum.« Dis 1844 
nur an fürftliche Perſonen vergeben. 

Georges-Weymer (Margarethe), geboren zu Bajeux 1788, Tochter eines 
Schauſpieldirektors zu Amiens, wo fie (don in ihrem 12. Sabre in tragiſchen 
Rollen auf der Bühne auftrat, wurde 3805 von der Schaufpielerin Baucourt 
nah Paris gezogen und erntelt dort auf dem Thektre francaise (namentlich in 





216 Georgia — Georgien, 


der Rolle. der Klytämneftra) fo hohen Beifall, daß ihre Nebenbublerin Du chee- 
nois vor ihr bald in den ‚Hintergrund: treten mußte. Bertraute Berhältniffe mit 
Napoleon follen der Grund geweſen feyn, warum ſie ſchon 1808 Paris verlieh 
u. nad Wien u. von da nach St, Petersburg ging. 1812 trat fie vor Napoleon 
in Dreöben auf, der fie. wieder nach Parts berief. Sie verließ jedoch ihr Engage 
ment 4816 ohne Urlaub, um Gaftrollen in England zu geben, wurde deßhaib um 
3600 #r. geftraft und aus der Lifte der Schaufpieler des Iheätre frangaise w 
Arien. 1820 ging fie auf das Theater der Vorte St. Martin über, wo 
kon alternd, dafffehe Rollen mit vielem Beifalle gab. Als die Barifer ihrer 
iberbrüffig waren, übernahm fie die Direftion einer reifenden Schauſpielergeſell. 
ſchaft und befuchte mit diefer das ſuͤdliche Branfreich u, dann auch Deutſchland 
und Rußland. Jept fcheint fie ſich gänzlich vom Theater Qurüdgeingen zu haben; 
wenigftend wird ihr jonft fo gefelerter Name feit einiger Zeit nicht mehr ee 
jeorgia, ver füdlichſte der dreizehn alten. Staaten ber norvamerifantfchen 
Union, von 30° 30'—35° nördl. Br. u, 3° 508° 38' weft. L., wird im R, 
von Zenneflee u. Rord⸗Carolina, im RD, von Eid-Garolina, im D, vom at 
Tantifchen Meere, im S. von Florida und im W. von Florida und Alabama be 
gränt u. hat einen Flächenraum von 2740 (61,450 engl.) [J Weiten. An der 
üfte eben, fanbig und fumpfig, ziehen fich längs derſeiben eine Reihe niederer, 
dicht. bewaldeter Sandinfeln hin. Die angeſchwemmten —— erſtreden 
weit in die Küfte hinein, erheben ſich allmälig zu fanft auffteigendem Hügellande, 
am das ſich im NW, die Ausläufer ders Aleghanied und Apalachen mit einer 
Bars Erhebung von 2,800 Fuß, anl en. Längs der Oftfeite ver —— 
wird der Boden feſter und bietet beträdht! Streden guten Landes; im Hi 
lande tft der Boden. abwechfelnd und größtentheild ‚gut ; W. aber felfig, 
und nur mit wenigen fruchtbaren Thälern wechſeind. Winterfroft ift jelten, di 
hat das Innere rauhere Winter, Das Land ift trefflich bewäflert. Die hauptſäch ⸗ 
lichten. Flüſſe, die faſt alle ſüdlichen Lauf haben, find: der Savannah, Alatar 
maha (aus dem Dconee u. Dafmulgee entftehend) u. Santilla. Der Cattahochee 
an der Weftgränge ftießt als Apallachicola durch Florida zum mericantfchen Golfe, 
Der Plantagenbau if in ©. vorherrfchend u, Baumwolle, Reis, Indigo, Tabak, 
Mais, Bataten u, in den höheren Regionen etwas Weizen, die namhafteften Er- 
zeugniffe. Auch den Anbau von Zuder hat man verſucht. Beinahe alle Lebens 
mittel werden von den nörblichen Staaten eingeführt. Die Biehzucht hat feine 
Bedeutung, ebenfo die Induftrie, welche hauptſaͤchlich Whiely, Rum, Leder, Pul⸗ 
ver, Seife und Lichter liefert, Die Einwohnerzahl G:8 beläuft ſich auf 700,000 
Seelen, worunter 2,800 freie Farbige u. 281,000 Sklaven. Bor wenigen Jahren 
gab es erft 5 kathol. Geiftliche im Lande, deren Zahl fich jegt aber vermebrt haben 
wird. Für den höheren Unterricht ift beffer geforgt, als für den des Volls. Man 
zählt 11 höhere Lehranftalten mit nahe an 700 Studenten; Afademien u. Latein 
ſchulen 176 mit 7,900 Schülern, und Bolfsfchulen nur 600 mit nahe an 16,000 
Schülern. Die Verfaffung Ge iſt demofratiich; die —— ———— 
aus einem Senate von 93 u, einem Haufe der Repräfentanten von 207 Mitglie⸗ 
dern. Zum Eongrefie ſchidt G. 9 Abgeordnete, Die Finanzen find georbnet und 
die Schulden betragen kaum eine halbe Million Dollars, Der Staat ift in 93 
Gantons getheilt; die Hauptftabt ift Milledgeville. — G, machte früher einen 
Theil von Garolma aus u. wurde 1732 pon Georg 11. ige Engländer vers 
llehen. Im Jahre 1733 famen die erften Anflebler ins . I, das 1763 zur bris 
tiſchen Provinz erhoben wurde, 1775 der Union beitrat u. 1777 als unabhängiger 
Staat fein erſies Crundgefeg entwarf. On. 
Georgien, bei den Berfern Gurdſch iftan d. 5. Sclavenland, bet den Kuſſen 
Srufien und bei den Gingeborenen Iberien, ein Theil der ruffiichen Kaufafus- 
Lander, in der großen Ginfenfung zwiſchen dem Kaufufus und ven armenifchen 
en gränzt im Norden ap die kaukaſiſchen Bergvölfer (an die a 
u, Rufe), im Süden an Armenien, im Wefeubeh das ſchwarze Meer, im DI 


= Georgien. 47 


rwan u. begreift die Provinzen Karthli ober Karthalinien, Kachetien, Sſom⸗ 
Imereth, Mingrelien und Gurten, mit einem Flächenraume von 1800 
en und 800,000 Einwohnern, unter denen etwa 600,000 eigentliche Geor⸗ 
: fih zur griechifchschriftlichen Religion bekennen, die übrigen aber einges 
e Turkomanen, Oſſeten, Armenter und Juden find. Die drei erflern Pros 
ilden das eigentliche Georgien, das einen Blähenindalt von 830 [J 
360,000 Einwohnern bat. G. liegt mitten im e zwifchen Schirwan 
nenien und reicht vom Hochgebirge des Kaufafus fünlidy his zu den Bor 
Inen ver Könfen, frudtbarfen und bewoßmtehen Stelle Borberafins, 
en nften, und bewo e ‚ 
; Wein, Feigen, Granaten, Mandeln und. Obſt. Reis, Welzen, Gerſte, 
Mais, Hirfe, Sorgho, Linfen, Tabak, Krapp, Hanf und 2 en 
fruchtbaren Ebenen faft ohne Anbau umd die Thäler haben die 68 
Die Gebirge bergen einen freilich nur wenig ausgebeuteten Reichthum 
illen u. find von den ſchoͤnſten Laubholzwaldungen bedeckt. Das Klima iſt 
ızen mild und gefund, in den tieferen Gegenden, befonders an ber Küfte, 
heiß und ungefund; die Sommerwaͤrme 3 bis zu 300 R. Die Geor⸗ 
⁊ Gruſier find ein ſhng Menſchenſchlag, (namentlich berühmt ſind die 
ob ihrer vollendeten Körperformen) voll Bleverfiun, Reinlichkeit, Gaſtlich⸗ 
ı Sreiheitöliebe, dabei aber träg, unwiſſend, rachſuchtig und dem Trunke 
rgeben. Sie treiben Ackerbau, mehr aber Seidezucht, en fchöne 
Hiens und Baummwollmaaren un treiben audy einigen Handel. Gie t 
in Adel und Leibeigene; —— georgiſche Stämme find die Gruſier, 
(ler, Lesghi und Suanen. Haupiſtadt ded Landes I Tiflis. Das 
at feinen Ramen von den vielen Königen, weldye Georg hießen, ober von 
ichnamigen Schußpatron, und war feit uralten Zeiten ein eigene® Koͤnig⸗ 
a8 bet allen Drangfalen, die es von kann achbarn erhulden mußte, 
feine Selbſtſtaͤndigkeit rettete, bis Koͤnig Heraklius fein Land tm sehr 
n Rußland abtrat. — Im Alterthume umfapte &. die Provinzen Iberla, 
‚ Albanta und einen Thell von Armenien; es unterwarf ſich Alexander 
oßen, machte fidy aber nach defien Tode wieder frei und blieb es über 21 
nderte lange unter eigenen Königen oder Mepheh's. Bon 247 v. Ghr. 
n. Ehr. herrfchten Könige aus georgifchem u. armenifchem Stamme (Phars 
tianer und Arſchakunianer); dann kamen die Könige aus dem pers 
Gefchledhte der Khosronianer, unter weldyen die alte, wahrſcheinlich 
ı perfifchen Mithraspienfte verwandte, Landesreligton von dem Chriſtenthume 
gt wurde; von 574—787 die Guramiden und von 787 bi8 1424 die 
ztionen. Während der Herrfchaft diefer lehtern wurde ©. eine Bros 
8 arabifchen Khalifenreichs (nur die Gebirgslandfchaften bewahrten ihre 
ingigfeit), machte fidy zwar gegen das Ende des 9. Jahrhunderts auf kurze 
et, aber nur um im 10. $ hunderte Perfien und zu Anfang des 11. 
nderts, nachdem es fich von erſterem Lande kaum wieder unabhängig ges 
Byzanz zindbar zu werven. Nachdem &. das Joch des oftrömifchen Kai⸗ 
es abgefchüttelt hatte, — es feine Unabhängigkeit bis zur Zeit der 
Ienherrfchaft im 13ten Jahrhunderte. Diefer Zeitraum if der glänzendfe 
rgifchen Geſchichte, indem die Könige David II. (1039 — 1130), Dimitri 
— 1150), David IL. (1150), Georg II. (1150 — 1171) und deſſen vom 
zleichfalls als König betitelte, wegen ihrer männlidyen Tugenden hodhge- 
Tochter Aift-Tamar (1171—1198) nicht nur befländige Kämpfe mit den 
uden und andern mohammedaniſchen Bölkerfchaften flegreich befanden, fon» 
gar Groberungen machten. Dſchingis Chan, der furchtbare Mongolenfüh- 
ührte auf feinem weſtwärts gerichteten Zuge auch G. ſchlug deſſen König 
IV., vermwüftete dad Land volftändig und einverleibte es feinem großen 
König Georg IV. fchüttelte dieſes Soc zwar um bie Mitte des 14. Jahr- 
6 wieder ab u. breitete feine Herrſchaft ——2 einige benachbarte “Bros 


748 Georgine— Gepaͤck. 


vinzen aus, allein ſchon unter, veffen Enlel Bagrat VI. (1360— 1396) unterwarf 
Tamerlan fi das Land in zweimaligem Siegeözuge. König. Georg VII. (1396 
bis 1407) verjagte nach Tamerlan’8 Tode die Muhammebaner wieder, allein bie 
Kämpfe gegen ie fo wie. gegen bie Perſet, dauerten ‚mit wechfelndem Glüde 
fort. Alerander I. (1414—1424) beging den großen politiſchen Fehler, Das Reich 
unter. feine 3 Söhne zu theilen und dem Einen Mingrelien nebſt Gurien, ‚dem 
Andern Korthli und dem Dritten die Provinz Kachetien zuzuweiſen. Jeder biefer 
Staaten thellte ſich wieder, und es gab eine Zeit, wo man in ©, nicht. weniger 
als 26 regierende Fürften zählte. Dadurch wurde natürlich die innere Kraft un 
mein geichwächt, und es fann nicht Wunder nehmen, daß Karthli u. Kachetien 
jaft fortwährend unter —— er, Mingrelien. und. Gurien aber unter türliſchet, 
ald der beiden mächtigen. Rachbarftaaten, Oberhertſchaft fanden. Um bas Clem 
des von den fremden Hertſchern unſaglich gedrudten Volkes vol zu machen, ber 
fehbeten ſich die einheimifchen Fürften an auch noch unter fich-felbft u. mad 
ten unaufhörlicde, aber immer erfolgte je Verfuche zur Befreiung von. dem fremden 
Joche, zu welchem Ende fie ſich feit dem Ende des 16, Jahrhunderts, enge mit 
den zufflfchen Czaaren verbündeten. Das Land Fam durch. diefe, fortwährenden 
Ban fo fehr herunter und. fein Zuſtand wurde fo prefär, dag Rußland 1799 
te Provinzen Karthli u. Kachetien, die Reiche Mingrelien und Gurien aber. im 
Jahre 1810 freiwillig. abgetreten erhielt und feitdem im Befig bat, Ow. 
Georgine oder Dahlia, eine in Meriko einheimiſche Pflangengattung aus 
der natürlichen Familie Compositae, Amphicenianthae, Heliantheae, die am End 
des vorigen Jahrhunderts (1790) zuerft aus ihrem Vaterlande no Spanien ges 
bracht und von dort aus auch im übrigen Europa befannt wurde. Hauptarten 
derfelben find: G. variabilis, eine. mannshohe, äftige Staube, mit ‚glattem * 
bebuftetem Stengel, unteren faſt doppeligefiederten, oberen fiedertheillgen oder 
theiligen, auch dann Blättern, 3—4 Zoll, großen, meiſt purpurrothen, auch 
den und weißen Blüthen,- G. coccinea, Kleiner, mit beduftetem Stengel, hodhr 
ober gelben, nie purpurrothen oder ag Blüthen. Beide in Merifoz; in euro 
pälfchen Gärten — Durdy die Cultur find. viele hundert gefüllte Varie⸗ 
täten erzielt worden, die fich durdy Yarbenpradyt und zierlihen Bau auszeichnen. 
Man hat-diefelben in den verfchiedenften Nüancen von roth, braun, gelb, weiß 
1 u, 2farbig, geftreift, gefledt, mit flachen und bütchenförmigen Zungenbfimchen 
legere heißen im gemeinen Leben englifhe Gu), breit und flady, oder gemölbt 
und fugelförmig gebaut ıc,, welche Eptelarten in den Verzelchniſſen der 
unter befonderen Namen aufgeführt werden. In ganz Europa, bejonders aber 
in England, wird der größte Luxus mit ihmen getrieben. Die Fortpflanzung 
eichieht entweder durch Samen, wo oft neue ſchöne Sorten, öfter aber leere u. 
N nbare Blumen fallen, oder durch Zertheilung des Wurzelftodes, an deſſen ober 
rem Theile die neuen Augen ſihen, oder auch im Frühlinge durch Stedlinge, Im 
Herbfte werden die aus fpannenlangen, mehre Joll diden, Knollen beftehenden 
Wurzeln ausgehoben und in trodenen Kellern den Winter hindurch aufbewahrt; 
fonft ift ihre Meberwinterung fhmierig, Die nicht zur Vermehrung der Pflanzen 
dienenden Knollen find ebar, aber nicht befonders wohlfchmedend, werden durch 
die Eultur milder, fönnen auch zur Fütterung bed Viehes benügt werden, Die 
Abkochung derfelben, fowie der Stengel, wird in Merifo gegen Magenbefchiverden, 
als harn- und blähungtreibendes Mittel gebraucht, if, auch neuerdings von 
TE, Aerzten, mit Mildy vermifcht, gegen ferophulöfe Lungenſucht em- 
pfohlen worden, 
Gepäk Heißt die gefammte Auschfung des Soldaten oder feines Pferdes 

im Kriege (vgl. den Art. Bagage). Da die Erfahrung lehrt, daß es vortbeil- 
haft fet, fo. wenig ©,, als möglich, mit in's Feld zu führen, weil die Armee deſto 
ſchwerfaͤlliger wird, je mehr Wagen hinter ihr fidy herfchleppen, fo trägt jet bei 
der Infanterie faft in allen Armeen, vom Feldwebel abwärts, Jeder fein ©. in 
einem Lornifter auf dem Rüden; der Gavalerift hat das feinige in dem Mantel- 


‚Gepiben Gene 8 


fe hinter fich auf dem Pferde Das ©. der Dffisiere darf nut eine gewiſſe 
zahl von Pfunden betragen u. wird theils —— — theils auf einem 
igagewagen, der für jedes Bataillon beſtimmt iR, fortgebracht. — Wenn im 
[de der Fall vorlommt, daß die Armee auf mehre Tage: Lebensmittel und Fou⸗ 
ge mit ſich führen muß, fo werben dazu Die Wagen vom Lande requirirt. < 
Gepiden (eigentlich: die Faulen, Langſamen), ein Stamm ber Gotho⸗ 
n, der von den langfam fid) bewegenden Schiffen den Namen erbielt, die. die⸗ 
ben aus Scandinavien nady Germanien getragen haben follen. Sie wohnten 
ifangs um” den Ausflug der Weichſel und wurden bald fo zahlreich, daß fie 
ter den erabernden Bölfern auftraten. 254 befiegten fie unter ihrem Könige 
iſtida die Burgundionen, erlitten aber- bald dog von den Dfigothen eine v 
e Niederlage. Sie unterwarfen ſich dem Littila in theilten feine Heeredzüge, waren 
er die erfien, bie nach des Weltflürmers Tode feine Eöhne verliehen und im 
ijaniſchen Dacien 454 ein eigenes Reich Rifteten. Sie befeftigten ſich umter 
m Gäfar Marcian durch ein Bündnis mit den Römern in demſelben. De 
jiten ihnen fogar, um fie zu Freunden zu erhalten, ein Jahrgeld. Den O 
tben ſtanden fie gegen die Sueven .bei, stem aber dem Könige Derfelben, 
yeoborich , 489 den Durchzug ans Thralien nad) Italien, wurden jedoch ges 
lagen. Unter Juſtinian breiteten: fie ſich weiter aus; dieſer rief. daher die Lon- 
barden gegen fie in's Reich. Diefe geriethen mit ihnen in Krieg und deren 
mig Alboin beflegte mit Hülfe der Römer u, Hoonier die Gepidenkoͤnige Thuri⸗ 
ıd u. fpäter Kunimund, zerflörte 569 das Reich der G. worauf bie Ueberreſte 
a mir Gert ag ev Ati 
era, 1) gemeinſchaft een Zinie 
—* (. d.), nämlidy der Fürften von ——e und Pe 
verödorf, mit 74 ] Meilen und 32,000 Einwohnern, weldye etwas Ackerbau, 
szüglidy aber Holzcultur, Gewerbe in Holzwaaren und Fabrifation wollener u. 
umwollener Zeuge betreiben, grängt an: den preußlfchen ‚Regierung 
yurg, den NReuftäbter Kreis des Großherzogthums Sachien- Weimar u. ben we 
ben Theil des Herzogthums Sachfen-Altenburg, iſt mei gebirgig und wa 
wird von der Eifter u. Selbnitz bewäſſert. Die gemeinichaftfiden Landesherrn 
ben in der Stadt ©, eine Regierung u. ein Conſiſtorium u. theilen auch die 
nfänfte unter fid). — Das Befchichtliche f. unter Neuß. — 2) G., Haupt 
dt der Herrfchaft, in ſchöner Lage im Elſterthale, 4 Gtunde von dem &luße, 
er den oberhalb eine ſchöne fleinerne und unterhalb eine hölzerne Brüde führt, 
dem aus der Eifer abgeleiteten Mählgraben,. mit 12,000 Einwohnere,: ſeit 
a» Brande von 1780 fhön gebaut, Bat breite, zum Theile gerade Strafien, 
öne Pläge, drei Kirchen, ein fürfiliches Palais,  fchönes Ratkhaus, Wafler - 
aft, Gymnaflum, Zucht- u. Waiſenhaus, zwei Hospitäler, fehr wichtige Wol⸗ 
heug⸗, beſonders Merinowebereien, für weldye über 300 Stühle: arbeiten, beven- 
ide Gerbereien u. Bierbrauereien, Windforfeifens, Baumwollen⸗, Kutfchen-, Tas 
k⸗, Wachstuch⸗, Porzellan, Steingut-, Hut⸗, Blatinfeuerzeugfabrifen, Bärbereien, 
ppfereien u. nicht unbeträdytlichen Handel. Sig der Regierung und des Con⸗ 
:oriums für die Herrfhaft G. (ſ. o.). — G. iſt wahrſcheinlich eine Anlage 
e Sorben u, fein Name ftammt wohl von Hora (Berg). Es gehörte früher 
ı Örafen von Groitſch und erhielt 1086 Stadtrechte. 1030 erlitt bier au⸗ 
blich König Rudolph eine Rieverlage durdy Kaifer Heinrich IV. Im 12. Jahr 
nderte fam die Stadt an bie genen von Reuß, jedody wurde fie 1292 von 
iedrich Tuta, Markgrafen von Meißen, gegen Dresden an Friedrich den Juͤn⸗ 
m vertauſcht. 1450 hatte fie von dem Landgrafen Wilhelm AU. von Thüringen, 
ı Heinrich von ©. beleidigt hatte, eine lange Belagerung u, einem Sturm au 
chen, wurde geplündert und abgebrannt, wobei audy das alte Schloß zerſtört 
ırde. 1598 fand bier ein Vergleich zwiſchen Brandenburg und Ansbach flatt. 
05 fliftete Heinrich Pokhumus das Gymnaſium. Früher fchon war ©&..;äfter 
vch große Feuersbruͤnſte heimgefucht werben; bie. verderb lichſſe aber war- am 






720 Geramb — Gerard, 


18, September 1780, wo 34 öffentliche Gebäude u, 686 Privathäufer abbranns 
ten. Sehr viel litt ©. im  preußtfch-frangöfifchen Kriege 1806 — 1814. 1890 
lam es bier bei der Refrutenausloofung zu einigen Erceſſen. J. @. — 
ſchrelhung der Herrſchaft und Stadt ©, Ronneb. 18175 C. F. Eiſe 
Geralfche Brandehronik, ebend. 1817. 

Geramb, Marta Jofeph, Generalpröfurator bed Trappiftenorbens, früher 

‘* Ferdinand, Baron von, Sprößling einer abeligen Famille aus ie warb 
1770 geboren u, führte in ven Jahren 1805 u. 1806 ein Fr 3 er un 
ter der Jugend feines Waterlandes gebildet hatte, gegen die Franzofen, 
1807 mehre feurige Proffamationen an die Wiener und Fämpfte ach im 
mit, von wo er ſich nad) London begab, um dott mit Unterflügung der 
zung neue Streitkräfte zu ſammeln. Wegen Schulden verklagt, mußte er, 
ihm deshalb Verhaftung drohte, England wieder verlaffen, wurdeaber 1812 bi 
feiner Landung in dem däntfchen Hafen Hufum auf Befehl Napoleons von fran 
söffchen Gensdarmen ergriffen, nad) Paris abgeführt und in dem Schloſſe Bin 
cenmes in firengen Gewahrfamgebradht. Hier war es, wo fein Mitgefangene, 
der Biſchof von Troyes, eimen fo entſchiedenen Einfluß auf die ganze Sinne: 
richtung des einſt fo lebens frohen Mannes übte, daß Gnach feiner in Wolge da 
Einnahme von Patio durdy die Alllitten erhaltenen Breilafjung, 1816 zu Lyon 
im den Trappiftenorden trat u. hier einen fo glühenden Eifer u. Glaubenemut 
beihättgte, ‚daß er zum Generalprofurator des Ordens ernannt twurbes Im da 
Yahren 1831— 1833 machte er eine Wallfahrt zu dem heiligen Grabe nad) 36 
rufalem, bei weldyer Gelegenheit er auf der Nüdreife auch eine Unterrebung mil 
Mehemed Ali hatte, u, 1837 warf er ſich dem heiligen Bater in Rom zu 
Neben mehren tr. ascetifchen Schriften haben wir von ihm: Letire & So- 

, Paris 1814; Bilgerfahrt nach Jerufalem und dem Berge Sinat, 3 Dre, 
2. Auflage, Paris 1836, u. Reife von Ia Trappe nad Rom, Regensburg 1839. 

Gerando, Joſeph Marie, Baron de, fi Degerando. 

Geraninum (Geranium), Pflangengoltung aus der natürlichen Familie der 
Geranotden, Kräuter mit gegenftändigen Blättern, Sblätteriger, regelmäßtger Kronc 
40— 8. oder 7, 5 u, 4 Staubgefäßen u. 3—8 fächerigen Kapfeln oder Beeren 
früchten. Darin die Abtheilung der Gerantaceen, mit notigen Stengel 
förmig zertheilten Blättern, u. 10 oder 7 monadelphifchen Staubgefäßen? um 
die 5 Griffel einer Säule verwachfen find. Die Gattung G. hat 10° Staubge 
fäße. Arten: E. sanguineum, hochroth; phaeum, rothbraum, in Gebirgsmäldern; 
Palustre, yfrfchöieprotg, auf feuchten Wiefen; pratense, blau oder wiolet, auf 
trodenen Wiefen ; sylvaticum, violet oder Töthlke in Raubwaldungen; Bobertis- 
num, rofenroib, an Zäunen; columbinum, pfirfihblüthroth, auf Kalffelvern ; dis- 
secium, purpurroth, derfelbe Standort; molle, wiolet mit dunfelrothen Modern, auf 
Aedern; pusillum, violet, an Zäunen und auf Aedern; rotundifolium, putput⸗ 
ze Fi anne Stellen; lucidum, purpureöth an Felfen und fteinigen, fi 

gen en. 

Gerard, 1) Erangois Pascal, Baron von, berähmter franzöffcher Ge 
ſchichtsmaler, geboren w Rom 1770, kehrte mit feinem Bater, einem Hain 


ih 


4 


bald nach Parts zurüd, ſtudirte unter David und warb einer ber 

Maler aus der neueren franzöfifchen Schule. Anfangs lebte er in % 
verdiente während der Revolution durch Arbeiten für Buchhändler fein Brob. 
Erf fein: Beltfar Gjept in der Gallerte Leuchtenberg in München) u. feine Pſyche 
Giegt im Palais Lusembourg zu Paris) machten ihn berühmt. Gpäter malte c 
befonderd Portraits. Richtige Zeichnung, fehr Tiebliches und wahres Golorit, 
Grazlie u. Anmuth find die Charaktere feiner Gemälde, deren Compoſttion durch⸗ 
aus trefflich georönet iſt. Unter den hiſtoriſchen Werken fteht fein Beliſar oben 
an. Gpäter Iteferte er die 4 Lebensalter. it Napoleon malte er audh wie 
Schlacht bei Aufterlig. Unter feinen anderen ‘Bortraitd befinden die der Ri 
nige Lüdwig XVIIL, Friedrich Wilhelms IH. von Preußen; von Sach⸗ 


Gerarbus. a1 


Kaiſers Merander u. v. a. in Parts anweſend geweſenen Fürſten. Noch 
erte er Homer (den er fpäter wieder vernichtete), den Einzug Heinrichs IV., 
Krönung Karld X. u. a. — XVIII. ernannte ihn zu feinem erſten Ma⸗ 
Er ftarb 1837. ©. war Mitglied fat aller europäticher Alademien. Sein 
Iter glich einem reichen Mufeum. Dem Talente der Bildnißmalerei dankt G. 
teitid, im Berbättnifie zu David, die größere Raturwahrheit und Wärme in 
en Werten, allein an Geiſt hat er feinen Meifter nicht übertroffen. Eine hohe 
rthſchätzung fand bei ihm, was neuerer Zeit in Deutfchland für die Kunft 
heben. — 2) Stephan Moritz, Graf v. &., geboren zu Damvilliers im 
ufebepartement 17735 trat 1791 als Yreiwilliger in die frangöfifche Armee, 
rd bald Offizier und Adjutant bei Bernadotte, begleitete diefen nach Wien, 
rd 1805 Obriſt und bei Aufterlig fcdhwer verwundet. Brigadegeneral 1806, 
Hte er den Feldzug gegen Preußen mit, warb 1809 Chef des Generalſtabs 
: Bernadotte u. führte die ſaͤchſtſche Cavallerie in die Schlacht von Wagram, 
'bligte 1810 tn zortugal, wo er fidy befonderd bei Fuentes d'Honor aus⸗ 
biete u. führte 1812 eine Brigade nach Rußland, wo er ſich wieder in den 
lachten von Swolenks u. Borodino hervortbat. In letzterer Schladyt übers 
m er an der Stelle des verwundeten Generals Gudin den DB über eine 
fon, machte mit derfelben bei dem Ruͤckzuge aus Rußland die Arrioͤregarde 
Davouſt'ſchen Corps u. erhtelt dann als 2. General unter Rey den Befehl 
t das Corps, weldyes bei Kowno aus den Trümmern der Armee gebilvet 
rd, um den ferneren Rüdzug zu deden, u. befehligte dann den Nachtrab des 
efänige von Italien. 1813 führte er die Avantgarde⸗Diviſton des 11. Corps 
er Macdonald u. trug mit diefer viel zum Gewinne der Schlacht bei Bautzen 
ward aber bald darauf bieffirt. Bel der Katzbach erhielt er die zweite Wunde 
in der Schlacht bei Leipzig die dritte. Er erhielt nun das Refervecorps, das 
Bari aus Gonferibirten gebildet ward. 1815 Generalinſpector der Infans 
e im Elſaß, trat er nad) dem 20. März zu Napoleon, der ihn zum Pair u. 
mmanbeur des Corps an der Mofel ernannte, focht mit dieſem tapfer bei 
ny und follte dafür zum Marfchall ernannt werden, mußte aber wegen Er⸗ 
Ipfung des Corps auf dem Schlacdhtfelde fichen bleiben, wodurdy die Preußen 
t gewannen, fidy wieder zu fammeln, Indem er den 18. Junt fein Corps 
h Waterloo führte, wurde er verwundet. Er zog fi) nad Tours zurüd, 
rd verwiefen, ging nad) den Rieverlanven, kehrte jedoch bald zurüd u. wurde 
ı Deputirten der Kammer ernannt. Er fprady nur im liberalen Sinne, nahm 
der Jultl-Revolutton Theil, befehligte Ende 1832 die Belagerungsarmee von 
werpen, ward deßhalb Marfchall, 1833 Pair u. Anfangs 1834 Kriegsmini⸗ 
u. Mintfterpräftvent, ſtand diefem Poſten, ungeachtet feiner Kraͤnklichkeit, mit 
Bem Gifer, auch feltener Rechtlichkeit vor, legte aber denfelben, in Yolge von 
rettigfeiten mit Guizot wegen der Angelegenheiten in Afrika, Ende October 
4 nieder, ward 1835 Großkanzler der Ghrenlegion, 1833 Obercommandant 
Nationalgarde, welche Stelle er 1842 dem General Jacqueminot abtrat. 
Gerardus, 1) der Heilige u. Martyrer, Biſchof zu Ezanad, Apoftel der 
jarn, wurde zu Anfang des 11. Jahrhunderts aus einer adeligen Familie ges 
en u. frühzeitig zum Dienfle Gottes in einem Kiofter gebildet. Mit Erlaubs 
feiner Oberen unternahm er nady einigen Jahren eine Reife nady Ieruialem, 
weldyer er über Slavonien nad) Ungarn zum heiligen Könige Stephan ge: 
gte, der ihn zu bereven fuchte, fidy bei ihm niederzulafien u. ihm zur Wusrots 
g der Abgötterung behülflicy zu fern. G. wollte jedoch nicht bei Hofe blei⸗ 
‚ fondern er baute fi) im Jahre 1030 zu Brel im Bisthume Besprin eine 
ne Ginftevelei, in welcher er mit feinem Gefährten Maurus in Uebung des 
tens und Gebetes firben Jahre zubradhte, nady deren Berlaufe ihn der König 
Beförderung des Seelenheild zu verwenden anfing. Da feine Predigten von 
' gele netften Erfolge waren, mußte er, wiewohl ganz gegen feine Neigung, 
bifchöflidhen Sig zu Czanad, einer Stat am ! eb, au gr fiebenbürg 


Realencpelopäble. IV. 


annehmen. — aba nahe Inn de Mater Och 
Andere, wel 
ven —— len ie —— Kr a Ei ech 
' 


Being en — — war bie eu BU ft is Bann, ni 
und Se Buß, mt der “alles — je nes —— 
Tage —— er den größten St der ht * at a 
em genen die Armen zu, fo zwar, daß er mit Taglöhnern 
Ken indel — Bi su dem — nach trug. *— des a 
je er den edelhaft Kranken u. Ausfäpigen; er um 
Dee 
eines umes wohnte er in —— on 
—* —— trug ein * Bußlleld auf dem Ba ——— 
Oberlleld. day © hans Tode hofften noch 
game, — Pr 8* Wiederein Fr des — fallen 
mnen, Sie verfpradyen demnach dem Andreas, einem Verwand: 
—* ae die Krone auf ” au überragen, on er te, be 5 


— — Fe a — dieß ©. rt, hielt er es fir 
feine en König durch ern orftellungen 
er pn w ha un rn g Ka Gehler durch 31 un —— 
9 daher mit den ent, —— * die ufafen waren, mit 
—— — lamen nad 
God an der a mo unfer Si Slgens 34 ie las u —— 
artertod —— er 


gerähuten far ı „Wir werben heu 
des VBiſchofs von Als fe im ae waren, über bie —— 
33. wurden fie von einer Rotte von heidniſchen Großen gerungener M 
der angefallen. Grft warfen dieſe eine rare Menge Steine in den | 
en, in weichem ©. fuhr; ver Heilige erwartete * nn eh fein Ende; | 
ald ri man ihn heraus, fchleifte ihn auf der Erde ihn mit Sich 
nen u. trat ihn mit Fühen. Gr aber betete or Yen 5125 ot; 
verzeih ihnen, denn fie wihen nicht, was fie thun.“ — 
ihm ‚guet der Böfewichte feine —X in Fr Leib, —5 Heilige 
a Geiß — Die bi — ard und Buld theilten Die 
Martertjums mit dem — em 8 htend dieſes laͤrmenden Wars 
falls langer der neue König auf dem Se an und entriß ben vierten Gkfdef 
den Händen der Mörder. HöchR empört über dieſen Borfall, erklärte. dp «der 
Ya laut Kom die Mögdrteret, fepte dad vom heiligen Gtephan I weit go 
Bacrung owert fort und regierte mit Ruhm. Die Warter des heiligen 
en der — der Ungarn genannt wird, weil er der Erſte A der in 
m Lande fein Leben für den Glauben opferte, trug fi am 
des Jahres 1046 zu. Er wurde auch vom Papſte für einen — ertamt. 
Unter der Regierung des Beil 9 Könige Ladisiaus wurden die Reliquien we 
heiligen G.s —* endlich aber den Benetianern auf deren [7 
fuchen verabfolgt; fie — deanadh zu Venedig in der Mutter⸗Gottes Kirde 
von Murano. — 2) ©, der Heilige Abt von Brogne, ein naher Verwandia 
des Herzogs Haganon “in den Niederlanden, wurde in der Graffchaft Namur 
von frommen Gitern geboren, die ihm eine ſehr gottesfurchtige Erziehung gaben 
und frühzeitig bei Berengar Grafen von Namur, defien Hof damals 6 ins de 
glänzen! war, eine anfehnliche Stellung verſchaffien. Der Süngling befaß 
von Ratur aus ein Iicbenswürbiges, einnehmende® Mefen und eine vor; 
Gabe zur Gottfeligkeit, — Eigenichaften, bie AH an einem glängenven — 
ver Tugend eines Reulings im Weltieben viele Fallſtride legen. ©. blieb aber 
ommen —Se ner erteaf em — Befuche 
a — Anbadıt den —— —— Gotteon! len a here 
wohl a —X 


Gerben — Gerbert. 123 


riegedienfte , die Unſchuld feiner Sitten. — Als G.s Hauptiugenden rühmen 
Ine Geſchichtsſchreiber vorzüglich die Schamhaftigkelt, die Liebe zu den Armen 

zum Gebete. Zwar hätten ihm feine Einkünfte wohl die Mittel geboten, fidy 
m angenehmen Genüflen diefes Lebens hinzugeben ; aber er verlor die Ewigkeit 
ie aus den Augen, daher vertheilte er unter die Armen, was er bei feiner mäßts 
en Lebensweiſe erübrigte, und fand feine größte Freude im einfamen Umgange 
it Gott duuch dad Gebet. — WS er einmal mit feinem Herrn, dem Orafen 
m Rumur, von der Jagd zurädkihrte, warf er fidh 8 Brogne in der Kapelle 
Iner Ahnen längere an vor das Angeficht Gottes. Bet ven hohen, andachts⸗ 
Wen Empfindungen feined Herzens fühlte er ſich fo erquidt, daß er nachher zu 
h ſelbſt fagte: „Wie felig find doch Jene, die Feine andere Beichäftigung haben, 
s Tag u. Racht ungehindert Gott zu loben, fortwährend tin feiner Be gen Ges 
mwart zu leben und ihm ihre Herzen unaufhörlich darzubringen. Kür diefen 
wed ließ er im Jahre 918 eine Kirche erbauen und gründete ein Chorherren⸗ 
ft. Wis ihn der Graf von Ramur eines wichtigen Geſchäftes wegen nad) Bas 
8 geihidt hatte, fand er fidy dafelbf von dem gottiellgen Wandel ver Mönche 
6 heiligen Dionyfius fo ungemein angezogen, daß er fidy mit Bewilligung 
Ines Srafın in das Klofler derfelben aufnehmen ließ. Bor feinem Eintritte bes 
te er noch den Biſchof Stephanus zu Tongres, feinen Ohein, um in diefer 
agelegenheit feines Helles fidy defien Rath u. Gegen zn erbitten. Während der 
ruͤfungszeit machte er ſich die Uebung der Abtödtung u. Geibfiverläugnung jur 
Ren Bricht, um die Eigenliebe zu zerftören, die fo gern die heiligk.n Hundluns 
em beflcdt u. die Kortichritte der Liebe hemmt. Er war fo demükhtg, daß fi 
ine Dberen ihres Anſehens bevienen mußten, um ihn nad 5 Jahren zur Ans 
ahme der Priehterweihe zu beivegen, Nach einem z hnjährigen klöſterlichen Le⸗ 
m ſchickte ihn fein Abt mit 12 Moͤnchen nach Brogne in die Niederlande, um 
aſelbſt ein neues Klofter zu gründen. Er bradyte es bald zu Stande u. hoffte 
& nun auf immer in eine kleine Zelle, die nah: an der Kırdye lag, zu vers 
hließen; Gott führte ihn aber bald wieder aus feiner Abgeſchiedenheit, indem 
: aufg fordert wurde, zur Verbeſſerung der Kıöfler nady Flandern u. Lothringen 
ı reifen. — Die von ihm erneuerte Klofterzudt drang bie nad) Frankreich. In 
leſen Bemühungen brachte er 20 Jahre zu, während weldyer er zum Abte ers 
aͤhlt wurde; hierauf begab er ſich nach Rom, um vom heiligen Bater die Bes 
atigung der verfchienenen Reformen zu erhalten. Rad) feiner Rückkehr beſuchte 
noch einmal ale feine Kıöfter u. verſchloß fi dann in feine Zelle, um fich 
ım Tode zu bereiten, der am 3. Dct. 959 eıfolgte. 

Gerben, Gerber, Gerbmühle Im weitläufigen Sinne bedeutet g. fo 
tel als veredeln, eine Sache durch irgend eine Berarbeitung in einen befferen Zus 
and ſetzen. So fpriddt man vom ©. der Häute u. Felle, vom ©. des Kupfer 
. Stable, des Dinkels, der Gerfle, der Hirfe u. f. w. ©. des Getreides heißt, 
aefelbe von der Hülfe befreien. Dieß geichieht 3. DB. bei der Gerſte in Grüßs 
rühlen u. Graupenmüblen, bei dem Dinkel in ven Mahblmühlen, wo 
afür ein eigener Gerbegang da if. Revet man von ©. ſchlechthin, fo verficht 
an gewöhnlidy nur das G. der Häute u. elle, um fie in Leder zu verwans 
ein, u. unter Ger ber den Handwerker oder Fabrikanten, welcher dieſe Arbeit vers 
ichtet. Ein foldyer G. iſt entweder Loh⸗G., Roth⸗G., welcher ſich zum ©. 
er Lohe bedient, wodurch das Leder in feiner ganzen Maſſe eine mehr oder we⸗ 
iger söthliche Farbe befommt; oder er iſt ein Weiß⸗G., Wlaun-®©., der das 
3. nicht mit Loh, fondern mit Alaun verrichtet; oder er tft ein Samiſch⸗G., 
elcher zum G. weder Lob, noch Alaun gebraudyt, fondern Häute u. Zelle haupt- 
ichlich durch Walken mit Thran zu Leder veredelt. Alle drei Arten von Ver⸗ 
yelungen lernt man genau in dem Artifel Lederfabrifen kennen. Gewöhnlich 
chnet man zu den G.n audy noch den BPergamentmader u, gewifiermafien 
uch die Kürfchner (ſ. d.). 

Gerbest, |. Sylveſter IL 

46* 


—2 Gerhert-5 Gerhardt: 
Gerbest, Martin, Breiherr von Sarſabt Des Beucblitken, 
Radenifes &r Blafaı' af Tem Ehurcisane, ahnen 1uBorb.amn Radar 
den 13. Muguft 1720, befuchte bie Singen, Freiburg, Klingnan u, 
St. Blaften, wo er jopbie m. gie e u. im 16. Jahre die Dr 
benögeläbbe ablegte. der Folge: ex. dajelbn Mpilofophie 11. Theol 
machte fich durch mehre riften über dieſe beiden Facher befannt, tmtern: 
von 1760—62 gelehrte Welfen durdh Branfreidh, Fralien u, Deutfehland, (vs 
ihm ſelbſt befc t_siter Alemannicame, ,_1763, 8 Deutfch, Um 
1267, 8.), u. warb 1764 von bem Gonvente feine Stiftes zum Bürtabte bei; 
felben gewählt. Als 1768 das ganze prädstige Klofter abbrannte, es 
mert wieber her, mit einer mächtigen Kicche u, Iepr vorzüg! Biblio: 
Sein Tod erfolgte den 13. Mat 1799. @. war einer der gelehrteflen u. 
verbienfvoliten Männer feines Standes, gebildet durd; das Stublum ber Alten, 
u. als Schriftfieller höchk verdient um die Mufllärung ber Gefchichte Des Mittel 
alters. Vahin gehören beſonders folgenve feiner grünblich ırten Werke: 
Codex epistolaris Rudolphi L Bom. regise, ©. Blafen 172, Bol; »de 
oantu et musica sacra a prima ecolesiae aciato u rt 
2 Bde. ebend. 1774, 4.5 »Vetus liturgia alemannicas, 2 Ihle, eb. 1776, 4; 
»Monumenta veteris liturgiae alemannione«, 2. Thle., ebend. 1277, M5 „Serie 
laroa eecsislic de musica more, polsiune, 3 ibe., eben. 1784, -Armb 
„Historia Nigrae Silvace, 3 Zhle., . 1783, 4. von WB Fenfchefeh 
war ©. aud ein eii ger Metörbener ber Kiuße, 0 “ 


Heoreiher u. ſcher Kemer ex war.. der A— 
eu — —A ⏑ ⏑⏑ — 


den lebten Jahren feine f dem ascetifchen: : 

Ge: at, 2» nen Habt fe, nach ne Sem 
Pflichten und Rechte in voller Uchereinfitmmung zu halten fucht. In erfierer Bes 
siehung iſt der Menfch gegen ſich felbR gerecht; tm lepterer leiftet er das, 
Andere von ihm, nach feiner Stellung zu ihnen, zu fordern Befugniß 
Mebung der ©. iR die Hauptgrundlage aller Staaten; daher, von 
oberen Gtaatö- Gewalt Un-®. offen und ungefcheut geübt wird 
in feinen GrunpfeRen erfcjüttert = 2) Die Zugend des Sichtere, 
ohne Anſehen der Perfon) nach befter Ueberzeugung und nad) ben 
Geſetzen zu ſprechen. — 3) ſ. v. a. Geredhtfame, Anfprüce, welche 
one —F Ar begründen, befonderd aber Vor ‚, PBriollegten ober Ger 
vitutrecht e (f. d.). 

Gerhard (Eduard), Arhäolog am Föniglidden Mufenm in Berlin un 
Mitgtied der Dalinr Aademie, geboren zu Poſen 1795; in Breslau u. Berlin 
unter Manfo, Schneider u. Bödh gebildet, ward er Prı ram Gymnafım 
zu Polen, ging dann nady Breslau, machte aber, duich ein langwieriges 
Wugenleiden genöthigt, eine größere wiſſenſchaftliche Reife nach Stalien, wo a 
dur die eigene Anſchauung der Denfmäler des Alterthums zu feinen archärle 
giſchen Studien angeregt wurde. Durch Bunfend (zu defien u. Platner's Be 
ſchreibung von Rom er Betträge lleferte) Empfehlung erhielt er 1832 feine jepige 
Stellung, in welcher er mehrmals zum Anfaufe von Kunffdhägen Reifen nach 
England, Italien und Griechenland machte. Als Philolog durdy »Loectiones 
Apollonienaes (Reipztg 1816) und feine Thellnahme an der Herausgabe ver 
„Philologiſchen Blätter“ bekannt, hat er fich beſonders durch zahlreiche Rono⸗ 
graphi n über einzelne Denkmäler des Alterihums einen fehr geachteten Namen 
erworben. Seine neueflen Schriften find: „Griechiſche u. euch Trinkſchalen 
des Föniglichen Muſeums in Berlin“ (Berlin 1843, Fol.). 

Gerhardt, Paul, einer der gemüthvolifien Liederdichter ber proteſtantiſchen 
Kirche, geboren zu Gräfenhainichen in Kurfachfen im Jahre 1606. Rachyem 


Gericht. 725 


er fi) 1651 ald Candidat des Prebigtamtes in Berlin aufgehalten, wurde er als 
Propft nady Mittenwalde berufen. Nach 6 Jahren kehrte er ale Diakon an 
die Nikolaikirche nach Berlin zurüd und wirkte hier höchſt ſegensreich bis 1667. 
As ein eifriger Autheraner enthielt er fidy nicht von leidenfchaftlichen Ausbruͤchen 
egen die Reformirten, und da der große Kurfürft in einem eigenen Edikte das 
Melemifiren auf der Kanzel firenge verboten hatte, fo fah ſich ©. in Folge miß- 
gönftiger Anzeigen in dieſem Betreffe genötbigt, feine Entlafiung zu nehmen, 

a er fich mit anderen Prebigern weigerte, den die Religion betreffenden Cdikten 
des Kurfürften Folge zu leiften, wurbe er bes Landes verwiefen. Gr wanderte 
aus u. dichtete in der beprängten Lage das tief ergreifende Lieb: „If Gott für 
mich, fo trete gleich Alles wider mich.” Das freudige Bottvertrauen, das in 
diefem unvergleicylidyen Liede fo zuverfichtlich u. rührend ſich ausiprach, täufchte 
ihn nicht. Seine Gemeinde ließ ihm reichliche Unterflügung zufließen und der 
Herzog Chriſtian von SachfensMerfeburg fehte ihm einen Jahrgehalt aus. Die 
Art und Welle, wie ihm zuerk die Nachricht von dieſer Ilnterflühung gerade in 
ber größten Roth zufam, verdient als ein befonderer Zug der göttlidyen Bors 
fehbung hervorgehoben zu werden. Auf feiner Reife nady Sachfen übernachtete 
er mit feiner Familie in einem Gaſthofe, u. da feine Frau über die Hülfslofig- 
fett, worin fie ſich verlaffen und lanvesflüchtig fab, bis zur Berzweiflung trofts 
[08 war, erinnerte er fie an die Worte des Pfalmiften: „Beflehl dem Herrn deine 
Wege u. hoffe auf ihn, er wird& wohl machen.“ Pfalm 37. Diefer Troſtſpruch 
ergriff fein Innerſtes mit einer heiligen Segeiferun ; er ging in den Garten 
binab u, ergoß fein Gefühl in das wunderfchöne Troftlied, das ſeitdem Taufen- 
den eine Duelle der Labfal bei den drüdendften Sorgen gewefen ik: „B fiehl du 
beine Wege, und was dein Herze kraͤnkt ꝛc.“ Seine Frau wurde durch dieſes 
Lied etwas befänftigt, u. an demfelben Abende noch trafen die Abgeordneten des 

erzogs von Sadyien: Merfeburg in demſelben Gaſthauſe ein mit dem huldvollen 

reiben eined Jahrgehaltes. Mit Thränen der Rührung im Wuge beteten G. 
u. feine Gattin mit gefalteten Händen die Wunder der göttlichen Fuͤhrung an u. 
G. fprady vol Salbung zu dieſer: „Sieh, wie Bott ſorgt, fagte ich dir nicht: 
Befiehl dem Herrn deine Wege.” Der anfehnlidye Jahrgehalt wurde ihm 2 volle 
Jahre gewährt, bis er 1669 das Archidiakonat zu Lübben in der Wiederlauflg 
erhielt, wo er am 7. Juni 1676 farb. In den proteflantifchen Geſangbüchern 
bilden mehre Lieder von ©. eine reihe Sammlung der tiefergreifenpfien und er» 
hebendſten @efühle; nur Schade, daß manche Lieder durch eine geiſtloſe Moderni⸗ 
firung in ihrer hohen Einfalt verunftaltet wurden. Begeiflerung für die erhabenen 
Cigenſchaften Gottes, wonnevolle Schilderung der unausſprechlichen Segnungen 
der ewigen Seligkeit, falbungsvolle Wärme eines überzeugungsvollen chriſtlichen 
Glaubens, athmen alle feine Gedichte und machen ihren tiefen Eindrud auf das 
empfängliche Herz fo gewaltig und unwiderſtehlich. Zwar finden fidy in der 
äußeren Korm der Lieder manche Härten, allein der reichhaltige Erauß lebend 
warmer Empfindungen entfchäpigt hinlaͤnglich für diefe Ausſtellung. Man fpricht 
von 420 Liedern, deren Berfafler ©. ſeyn fol. Zu den beften gehören, außer 
den ſchon genannten: „Nun ruhen alle Wälder“; „Ich finge dir mit Herz und 
Munde; „Wach auf mein Herz u. ſinge“; „DO Welt, ſieh bier dein Leben“; 
„Schwing dich auf zu deinem Gott, du 'betrübte Seele"; „Ein Lämmlein 
eht“; „Wie foll ich dich empfangen” u. ſ. w. Die erfle pebrude Ausgabe ers 
—* 1666: „Daus- u. Kirchenlieder“, Berlin, Fol., u. ſeltdem vielfältige Aus⸗ 
genen. A ben befchrieb Roth, „Paul Gerhardt nad) Leben und Wuten“, 
pain . 


m. 
Gericht, Während ver, jedem Menfchen von der Ratur eingepflungte 
Selbfterbaltungstrieb, ver jeden Einzelnen antreibt, die Mittel der Lebenserhal- 
tung u. des Lebensgenuſſes ausſchließlich ſich auzuelgnen, die Menſchen feind« 
felig von einander trennt und den Einen zur Nufopferung vrd Invem ir Keine 
Begierden und Leivenfchaften verleitet, iR es auf der anderen Seltr Tod 


— mr ein kn Gi aaa lee 
Ba abe BIT nee en 
dv. h. Die Rechte des Individuums [} ig der Geſellſchaft, ale 
Die Rechte jenen unbebingt geopfert werben, (bern es muß eine weile 
Muegleiöpung putfäpen beiden befhen, uelche alsdann vorhanden iſt, wenn die Br 
gierden und ee en 
derungen ver Beruf fo gemäßlet umb geregelt erben, daß ber 
—A—— — Dee Alt im Wügemeinen- bie Ga 6 bürgerlida 
or E engelone fh. Ge min — durch fol 
g Ge anı 
ebi wel den, [.' 
Mn Penn ren SE er 
erforberlidhe, Urtbeilökraft verbinden u. vermöge erw er 
Kenntnifle u. eh, ee vermöge bet ihnen voraus) 
Kan va Fr RE fie baren & 
—— — der Etantsverein beswedtt, zu vrüfen und außzufprechen, 
u 


H 
x 
7 
* 
& 


Gelee Berrnleten, wege nah Elm Amebihen Bud 
mehren zu einem Vereinigten, na Immenmehrh, 
fpredgen, Außer diefen Hauptperfonen gehören zu einem @.e auch Ro 
benperfonen, worunter vorzüalid der @.6.@ hreider, f. Reptopfiege 
Geriätlige Arzneiwiffenfcheft, 1 Stentostineitunde, . 

barkeit iR bie Öffentlichen Gerechtigkeit, das was 
in vorfommenden Bällen Rechtens IR, vun ein Erfenntniß. nady bem 
iu DeRlmmen u, «& Im Mollug zu [odem. Es find jebod der ; 
audy manche Regierungsfunftionen laflen worden, deren ff ale wi 
türliche ©. begeichnet und der eigentlichen Rechtöpflege, als der redhtefpre 
enden, entgegengefeßt_ wird. jefe Ieptere IR wieder entweder Gioil- da 
Griminals®., nachdem fie entweder: über Beſitz —Fã oder Über Berſchel⸗ 


—AA———— 
eit 


einzuſe hen. — Indeſſen erzeugte ſich in der ves Rantelofen Juſtandes ia 
Seeland Fr — ok d.), 1% als Beinugung eine 
Gurebeiges das Eigenthum (Patrimontum) ber Privaten geworben ER w. 
jede Privatfache, veräußert werden ann. In der Ausübung K fie 
oberfirichterlichen Gewalt u. Oberaufficht des Staates unterworfen. — 

Gerichtöordnung. Um Recht zu forechen muß das Bericht vorerſt ein 
genaue Kenntniß von der wahren Geftalt u. Befchaffenheit des gefdrten 07 
Ver haͤltniſſes u. der Störung felbft erlangt haben, darum muß dem R: 
nothwendig ein Verfahren vorausgehen, welches darauf berechnet if, dem Ge⸗ 
tichte dieſe Kenntniß zu verſchaffen. Dieſes Berfahren im Mligemdam 
Prozeß (f. d.)5 die darunter begriffenen einzelnen nothwendigen u. diens 
lichen Handlungen u, Schritte, »E Ordnung, in welcher biefelben auf einander 
folgen müflen, fowie bie Form, in welcher jede einzelne Handlung vorzunchmen 

‚ bilden die Gerichts» oder Progeßorbnung. 

Gerichts ſtand beveutet das Berhältniß einer Perfon zu eimem Gerichte, 
wodurch Gerichtsbarkeit dieſes über jene begründet, die Perſon alſo ven 
pflichtet wird, auf negen fie erhobene Klage oder Anklage bei diefem Gerichte pr 
Recht zu ſtehen. Dieſes Verhältnig beruhet im Allgemeinen darauf, daß ſich die 
Gerichiäbaste cined Cerihted Aei6 über einen Befimmten Banbetheprt erfre 


..: Geriptünerfefiung Bermnnirndis - 2 

daß innerhalb diefes Bezirls entweder digen We 
* * ——— an ke NH en = a 
ar ee —— ober — * ſolchen Bl ——— 
— 4) der nis Ende 1 dee Wohnort; 2) der befonvere 
perfönliche ber Dei 


— —— Verbindlichkeit — ken 
nwaltun; jen. verübten 1ö, Degen 1; 
3) der fach, ber gelegenen fotsle ber materielen und formellen Gon- 
nerität; privilegirte inſel der Perſon oder Sache. Im 
ſahe dieſer ordentlichen finden noch folgende außerordentliche htöflände 
Shatr, wenn mehre Streitgenoffen zu belangen welche feinen g 
aftlichen G. eirſtet Iuftanz —0 fo wird das, allen gemeinfchaftliche, Gericht 


jöherer Inftanz ais zuftänbig betrachtet; 2) wenn das ordentlicher Weiſe 
‘ Gericht w — — *3 ft recuſitt wird, fo Ar 
Hefien —— eln je ‚ernennendes außerordentliche; 3) die Parteien aben bie 
ng reinfunft für einzelne Fälle, Malt bes or rbentlicher fu 
en, a fonft unzuftändiges, — t zu wählen u. jomit bie 
zicht: arfeit auf dieſes außerorbentlicher fe zu — Bol. Forum, 
Sei —— —— ung. 


vo Sinn 17 Se Ne leder ls er 
Grünbun; Ei lichen Lehranftalt, wie Durch feine Sorten 

um bie Refotne und wiſſenſe DB Begründung. ber. bei Landwirihſchaft 
Bere u Erna 
Irtbfchaf u “ 

Gere, ebend. 810 ‘u..bie „Defono ſte“ — "Heraus. 


Gerlache (Etienne Konflantin Ban 8 orten e — 66 ann 

Advolat in Baris, dann Appellationsrath — iuch, vertrat RE —59 ie 

vieiſe Kenntniſſe u. das Talent feiner Rede die Intereſſe atholiten in 

Der niederländifchen zweiten Kammer auf das Seräftigfe, — 193 Präfident des 

Eaffationshofed zu Brüffel, u. winmet feltvem feine Mufe der Geſchichtſchrelbung 

a Histoire des Pays-Bas depuis 1814—1830, 3 Bände, 2. Aufl,, Brüffel 
Revolution de Liege sous Louis de Bourbon, Brüfiel 1831 u. m. a. 

Germain main Drei —— = St. Germain. 


ver —— * — — C ®), ee des 

Saligula (i. SENSE tister Sohn ded ſers Tibe⸗ 
4 

der Is 

Zur. FE nalen e sah — Pr 1 


u 

8 

7 

€ 

gie: 

Ben 
iafr 
>] 


Gernienien > Germspifche: Spralfen, 
1723 u. am volkänbigfen u. correlteſten zugleich mit den dabeln des Phliens 
von Delll, Zürich 1631. — 7 

Germanien (Germanin), eigentlich dad Sand — ‚vom Rheine, ndr dlich von 
ber Donau, die es von Rhätien u, Pannonien trennte, Auch, mach ZTacitus, von 
Sarmatlen, wogegen Bislemäos 6 längs ber Donau bid am berem größte 

on in Ober⸗Ungarn) fortlaufen und dann öͤſtlich won einer 

farmatifchen Gebirge u, die Meicfel, bis an die Dftfee, begrän 
Rorben nennt er bie Norb- u. Oſtſee ald Gräme, Es hieß, da 
ienfelt® des Kheines lag, Germania transarlenana, und außerbem 6, 
u G. barbara. Diefes G begriff alfo das — bis an bie 
u. den Rhein, die vereiniglen Riederlande, Polen und 

tland u, bie Infeln der Norde u. Oftfer. — > 
Unterweichfel, längs ber Küfte bis nach, Rupland, u. jenjeits ber Donau 
dos ——— See Srinen mare in a “ rn überall = 
u. na eften erweitert, gegen Often * 

Norden trennte ſich Dänemark und een auch von en 
waren: —E Gallien, gegen Süden Rhätlen, Roticum u. Bann 
nien, gegen Saͤvoſten Daden, aeoen Dften das europälfche Sarmatien, 
Rorden das it. feinen Infeln. (Die Bewäljerung u. die Gebirge Gso 
unter Deutfchland.) @. ivar fait ein Wald. Die größte unter den 
Walvungen war ber hercyniſche Wald, ferner Gabreia sylva, Luna sylva, 
sylra, Semaua sylva, Lacus Herculis, Teutoburgensis- saltusl, 
aylva. ver Boden Gis mar, wegen der vielen Waldungen, Gebirge , © 
fateat u. unfzudhtbar, bie Ulnigegenb um ven —— Wald aue gen 
Die Luft war nebelig, trübe, ber Shmmel regneriſch, das Klima kalt. 
der Boden Anlage zur Fruchtbarkeit; am Beften taugte er zu Biehweiden. Zu 
Bruchtarten, 6 ten: Gerſte, Hafer, wilder Spargel, —— 
eine Art üben. Bon Obftarten wuchſen hier nur wilde Aepfel u. 

afelnäffe u. in den Rheingegenden SKirfchen. Das zahme Vieh, Schafe, Rinder, 

e, waren wegen des ungünfligen Bodens u, Klima's klein und unanſehnlich 
Die Gänfe allein wurden gelobt. Defo mehr aber hatte es eigene wilde 
Ihlerarten, wie Elenthiere, Remmthiere, Auerochſen, Bifons, wilde Pferde im Row 
den u. ſ. w. Auch verſchiedene Fiſcharten erwähnt Piinius, z. B. den Eſox und 
Ancorago im Rheine, Silurus im Main. Bon Metallen war faß noch gar Richie 
in G. entbedt, deſto mehr aber wurden Salzwerke gebaut. Die Germanen traͤukien 
glühende Kohlen mit Salzſoole und befamen fo ein jemenes Salz. Das mal 
mwürbigfle Prodult war Bernftein (f. d.) an der Korbküfe, Begenfape von 
diefem ©. kannten die Römer das beigiſche Ballten, das die Germanen in Be 
fi genommen hatten u. das fpäter die Römer eroberten, als Germania cisrhenans, 
oder G. minor. Es zerfiel unter Konfantin d. ®r. in G. prima (G. superior) u. 
G. secunda (G. inferior). Die Römer hatten bier längs dem Rheine an 50 
Feſtungen. Die Einwohner kriegten immer mit den Germanen, beſonders am Un⸗ 
teriheine. Die G. prima begriff Helvetien u. den Lanpfrich am Rheine hinunter 
bis an die Mofel; weſtlich war der Wasgau u, bie Saat. G. socunda lief von 
der Mof I längs dem Rheine bis an die —X fort, begriff alſo das Koͤlniſche, 
an der Weftfeite des Nheines, Jülich, einen Theil von Luremburg, Limburg, 
Thelle von Geldern, Kleve u. Süoholland, Lüttich, Brabant, Namur, Ylandern 
u. Hennegau peößtenkeiis. — Ueber das Geſchichiliche ſ. Deutfchland. 

Germauiſches Recht, ſ. Deutſches Recht. 

Germanifche Sprachen heißen diejenigen, welche den Völlern germaniſe 
oder deutſchen Stammes (f. Germanten) angehören, und zuſammen eine as 
mitie der europäffchen Gruppe des großen Indo «germanifchen Sprachenkammes 
bilden. — Sie theilen ſich zunächſt in die beutfchen u. ſtanbinaviſchen Spra 
41) Deutſche Sprachen. Mit-Usbergehung des burgundiſchen und longodardiſe 


et 
h 
n 
Kies 5 


il 


Be 


Germanisuns — Bermanns, 729 


n und derer anderer Völker der Germania magna, von denen fo wenig 
»e geblieben find, daß Ihre Stellung in das Syſtem, wenn nicht unmög⸗ 
ch ſehr ſchwer tft, rechnet man dazu a) das Gothiſche (f. d.), zu dem 
ache der Gepiden, Bandalen u. Heruler gehört zu haben ſcheint; b) das 
tiche, welches ſich nady ver zei in das Althochdeutſche, vom S—A11 
derte, das Mittelhochdeutfche, feit dem 11., befonders dem 12. Jahrhun⸗ 
id das Neuhochdeutſche ſcheidet; Iebteres feit der Reformation. Zu dem 
eutfchen gehören die befannten Sprachen der Alemannen u. Kranken, im 
chdeutſchen als ſchwabiſche und fräntifche befannt, wozu die bayerifche 
amt; neuhochdeutfch iſt feit der angegebenen Zeit die Schriftfpradye ganz 
ande (f. unter Deutſche Sprache); c) das Niederdeutſche; dazu ges 
3 Altniederdeutfche over Altfächfifche, vom 8—11. Jahrhunderte in Ries 
n, Engern, dem Weſten u. Often- der Pfalz und den Niederlanden; aus 
r unbefannten, al8 Uebergangsfpradhe in der mittleren Zeit angenoms 
Rittelnieberdeutfchen ging das Plattdeutfche oder Niederfächfifche im Norb- 
eutfchlands, das Hollaͤndiſche im Weften deſſelben hervor (f. Nieder⸗ 
e Spraden); das Frieſiſche (f.d.); das Angelſächſiſche (ſ. d.), 
durch Vermiſchung mit romanifchen und nordifchen Elementen die engs 
Sprade (f. d.) hervorging. — 2) Die nordiſchen oder flanbinavtfchen 
n, für die alte Zeit unter dem Geſammtnamen altmorbifche Sprache zus 
efaßt, begreifen a) das Isländiſche, b) das Echwebifche, c) das Daͤniſche, 
Rormwegifche (f. d.). Ale diefe Sprachen, einem Stamme entfproflen, 
e nad) der räumlichen und zeitlicden Rähe oder Entfernung der Bölfer- 
die fie redeten, theild manche Annäherung, theils mandye Entfernung von 
; fo ſteht die gothiſche Sprache, obwohl fie nody einigen Anſchluß an 
rdiſche hat, doch zunächk in inniger Berwandtfchaft mit der hochdeutſchen; 
ander find wieder die hoch⸗ und niederdeutfche und alt⸗ u. angelfächfifche 
n, und von biefen find die lehteren den norbifchen Sprachen enger ver- 
als die erfieren. Aber die germantfchen Sprachen haben audy Bereiches 
aus den Sprachen der, ihnen benachbarten nicht-deutfchen, aber body 
ift verwandten, Bölfer erhalten, fo die gothifche aus ver litthauiſchen, 
1, tömifchen u. griechifchen, die hochdeutſche aus den ſlaviſchen und ben 
hen, aus legteren audy die niederländiſche, die niederdeutfche Einiged aus 
Ifchen, das Angelſächſiſche aus den celtifchen, dann aus der franzöflfchen, 
ediſche aus der finnifchen. Daher kommen die Abweichungen in dem Wort- 
, während der Organismus im Baue der Sprachen, das wahre Kenn- 
ür Stammverwandtſchaft, überall derfelbe geblieben iR. — An Bildungss 
ftehen die g. ©. Feiner andern nach; fie haben audy, außer den fepa- 
3räpofitionen, noch zahlreiche Eompofitionspartifeln u. großen Reichthum 
ungsſylben. Die Conſtruktion iſt in den alten Sprachen, die noch Ihre 
ıngefhwädhten, unverfehrten Endformen haben, eine ganz freie, in den 
die die Formen vielfady abgefchliffen, gelamwänht u. verloren haben, eine 
re, doch dem Wohllaute u. dem rhetorifchen Accente mannigfalt en Eins 
ährende, Uebrigens f. man bie einzelnen Sprachen. Grammatiſch behandelt 
itlichen g. ©. die deutfche Grammatif von Grimm (f. d.); ein die ganze 
ruppe umfaflende® Wörterbudy fehlt noch, wiewohl in dem althochdeut⸗ 
wachfchage von Graff, dem altfriefifchen Wörterbudye von Richthofen, 
hifchen Gloſſar von Gabelentz und Löbe reicher Bedacht auf die Ber: 
| der Wörter in der ganzen Familie genommen iſt. 
rmanismus, die Eigenthümlichkeiten der deutfchen Sprache in der Wort- 
u. Wortfügung (vgl. Gallicismus u. Gräcismus). 
rmanus, Heiliger und Martyrer, au Anfang des 17. Jahrhunderts 
geboren, wurde von feinen adeligen Eltern fchon frühe dem heil. Mo- 
Erzbifchof von Trier, zur Erziehung übergeben, weldye dieſer fowohl in 
, als wiſſenſchaftlicher Beziehung auf das. Trefflichfte beforgte. Schon 


tw £1.. ©. ten Eutſchluß, wie Welt zu verlaſſen und eröffnete 
Be u EEE 
„vor jan! w en 
des Hofeß, an weichem feine in usb, 
Bertrauen auf Gott, thellte Alles, was er Hatte, den Üirmen and ı 
6 fich mit drei Gefährten zum heit. rnutyb, der in ber Einöbe von Ham 
berg, nachdem: er feinen bifi en Sy aufgegeben , ein verben 
ee Beben führte. Der fromme Gin nahm ven mit 
Bereitiiiigfeit anf u. gewöhnte If unter {eier Seltung gu abgefi 
55 er ——— A 
@., — and) feinen Bruder —33— 
—— 
— Rlofre mn Garen is ver Branche Gemio belannt warte, etc er 158 
tung fenes Bruders wo er auf Aurathen des Abtes Walbepert 
wurde, Much bier fein erbaulicher Wandel bie Godhichäpung dis 
Mrd MWaldepert in einem fo Orabe, bap befe @ zum ** 
des von ihm Kloſters im Ba Die 
Röndye Tonnten nun unter der Dbfi h. agb 
Leben führen; leider bauerte bieß aber nicht länger, ais unbe ı 
Rachfolger lebten, denn unter ihrem weiteren Guccedenten, Cathicus iu 
Bing ſchon die Werfolgung gegen vie Unterikanen des Kiefkeud m, 
die —— um bad ht wurden, Inden 
Koiten von Kriegöfnedyten, bie eine ans andere aus Dem & 
tn biefer Gegend einbrangen und mit t Wles verwüäßeten..- Une 
Umfänden elite der heilige Abt mit feinem Rubruder Ronbenies 
Haufen entgegen; obgleich von Demfelben zu Boben 
a a an chen Se ana ; wih 
ver Graf vola 


2 


. ©. . but 
gie zu Ende des 7. Jahrhunderts, . 
—— — Weou die Leichname Veider durch zahlreiche Wunder. — S⸗ 
Berteröheim, Stadt in der daherſchm heinrlalz, am Cinflufe de 
Queich in den Rhein, über den bier eine ea firide führt, mit Er 8 
4 


t 

Flachs⸗ u. Hanfbau treiben u. Goldwäſche im Rheine. — Nach dem zwelien 
Sara em ©. zur deutſchen Bundesfeſtung beflimmt u. deßwegen 15 
Millionen Gulden von den franzoſiſchen Gontributionsgelvern an Bayern übers 
laſſen. Die Arbeit begann indefien erft 1835, wurde aber nad) einem großartigen 
Plane ausgeführt, fo daß die Stadt jept Rurmfrei if. Zugleich bat fie einen 

roßen Brüdenfopf auf dem rechten Ufer. Mit dem nahen Landau vereint, kann 
& eine ſehr gute Stellung bilden, indem eine Armee von 100,000 Wann, a: 
den Flügeln gededt. fi zwifchen beiden Plägen auffielen kann. — ©. fol das 
zömifche Vions Julius ober ‚Noviomegus geivefen ſeyn. 1294 endete hier Kaiſer 


Gerning— Gerona. Ya 


Rudolph I. von Habeburg fein ruhmvolles Leben. Karl IV. fchenkte c6 dem Kurs 

fürften Ruprecht von der Pfalz. 1674 wurde die Stadt von den Franzofen ein- 
enommen, im Ryswicker Frieden aber wieder zurüdgegeben; den lebten Ver⸗ 

16 fi) ihrer zu bemächtigen, machten die Franzoſen 1715, Eonnten fle aber auch 
teßmal nidyt behaupten. 

Gerning, Johann Iſaak, Freiherr von, geboren 1769 zu Frankfurt a. M.; 
Rand zuerft in Föniglich neapolitanifchen Dienften, verließ dieſe aber 1799, lebte 
dann zu Weimar, Frankfurt, Homburg u. a. O. ward hierauf zum heſſen⸗hom⸗ 
burgiſchen, dann zum heffen-darmfläptifchen Geheimrath erhoben, ging 1816 ale 
pomburgiiher ®efandter nach Frankfurt a. M. und kam 1818, nachdem er zuvor 

den Freiherrnfand war erhoben worden, ale Befandter nad) London. ‚Rad 

ankfurt zurüdgekehrt, flarb er 1837 dortſelbſt. Schriften: Die Hellquellen am 

unus, Lpz. 1803; Reife durch Defterreich und Stalien, ebend. 1803, 3 Bde. ; 
Gäculargevicht, Lpz. 1800 und 1802; die Rheingegenden, Baden 1821; Die 
Lahn» und Maingegenven. Wiesobaden 18215 er überfehte auch metriſch Ovids 
erotifche Berichte, Lpz. 1815, u. a. m. 

Gernrode, Stadt im oberen Theile des Herzogthums Anhalt-Bernburg, am 
Buße des Unterharges, mit 2500 Einwohnern, einer in architektoniſcher Hinſicht 
merkwürdigen Stiftokirche, worin das 1653 errichtete Denkmal des Mar arafen 
Gero (f. u.), und einer Gewehrfabrik. Dicht über der Stadt auf einem Be 
der Stubenberg, ein herzogliches Luftfchloß mit fchöner Ausſicht. — ©. war 

eine, von Gero, Markgrafen in Dfterland 960 gefliftete Frauenabtei, deren 
erfie Hebtiffin Gero's Schwiegertochter Hedwig war. 1521, unter der Webtiffin 
Eliſabeth, ſchloß fid, das Stift den fogenannten reformatorifchen Bewegungen 
an und wurde lutheriſch. 1614 vermäblte ſich die Aebtiſſin Sophia Elifabeth, 
Tochter des Kürften Johann Georg von Anhalt, mit Herzog Georg Rudolph von 
Liegnig, weßwegen Anhalt die Güter der Abtei, der es die Reichdunmittelbarkeit 
ohnedieß ſchon lange fireitig gemacht hatte, einzog. 

Geroldseck (Gohengeroldsed), ehemalige, jeht unter Baden mebiatifirte 
Reichsgrafſchaft, im Oberamte Lahr des badiſchen Mittelrheinkreifes, mit 24 Mei⸗ 
len und 5000 Einwohnern, weldye Viehzucht u. Obſtbau treiben, in der Ortenau 
und am Schwarzwalde gelegen, nehört dem Fürfen von Leyen; Hauptort iſt der 
Markıfleden Seelbach mit 800 Einwohnern, Si der fürftlicden Behörden. — 
Das | Ht in Trümmern liegende Schloß ©. foll von Gerold, einem Staliener 
und Anführer fhwäblfcher Truppen, zu Karls des Großen Zeiten erbaut worden 
feyn; indeſſen kommen Grafen von ©. erft feit Anfang des 12. Jahr⸗ 
hunderts geichichtlich vor; nach ihrem Ausfterben flritten fi Baden und Rafjau 
um die Beflgungen der Grafen, aber 1649 erhielten die Brafen von Cronberg 
diefelben ; feit 1711 gehört ©. den Grafen von der Leyen, die im fchwäbifchen 
Grafencollegtum Sig und Stimme bis zum Jahre 1806 hatten, wo die Grafen 
fouveräne Sdıfen dee Rheinbundes (f. d.) wurden. Zufolge der Wiener Schluß⸗ 
acte mußten aber diefelben 1815 ihre Sounverainetät über ©. an Oeſterreich übers 
laffen, das diefelbe 1819 an Baden abtrat, Bgl. 3.3. Reinhard „Pragmatifche 
Geſchichte des Haufes G.“ 1766, 4. 

Gerona, im Alterthume Gerunda, feſte Stadt im fpanifchen Fuͤrſtenthume 
Catalonien, am Fuße und Abhange eines ſteilen Berges, an der Mündung des 
Duhar oder Oguar in den Ter, in einer an Wein, Del, Obſt, Hanf, Getraide 
u. f. w. fruchtbaren Gegend, mit 15,000 Einwohnern, 5 Forts, worunter Mont⸗ 
jouy das vornehmfte iſt, einer fchönen Kathedrale, in der die Kanzeldede, der Altar 
und die Bildfäule der heiligen Jungfrau von Silber find, 3 Pfarıkirdyen, 13 
Klöftern, einem Hofpital und Armenhaufe; Sit eined unter das Erzbiothum zu 
Tarragona gehörigen Biſchofes, Eollegtum, Woll- und Baummollweberel, Handel. 
Die Stadt ward 1809 fat 8 Monate lange belagert u. 6 mal befchoflen, fo daß 
faR fein Haus unbeſchädigt blieb. Ihr heldenmuͤthiger Vertheidiger, Don Mas 
tiano Alvarez de Caſtro, capituliste erſt während einer ihn überfallenen Krank 


132 Seronten — Ueefen 


er ward nach der Uebergabe auf Rapoleons in ein Gefaͤngtiß 
Gene —* in dem er 3* 22. — 1810 Ah, - 
nien, bb. Mite, Di —— Balıs, wide 
die Mitglieder der Gern fa, ci 
Einſchluß der beiden ont ne die den Br in demſ 


Iten * edes 
ae a er lan en — 


5 *3 
ab, fällt N einem Laufe von 18 ——* 
Souffon, en a. in die Garonn 


age but 12 Yarym F Fern 
ß), wire bewäflert vom —*X es ſſe, 
t ein in Ganzen milbes * 

20,000 Einwohnis, die ein e eigene ® 

des jedoch nicht genügend) tr am 

—— Mr geigen dere treiben. Eintheilung im 
‚gebauter Flecen im eidgendſſiſchen Ganten , 

a e e lleinen, rings vom Ban Be —ã— 5 

lichen Fuße des Rigi und am öfllichen 

















Dt. 
sucht, von Berfertigung feidener Zeuge und von Hand 
zeriſ taateumwälzung, e 


der Welt, 
Jahr Fe ” A, vieles früher Beftehende Wieher ins, Leben 
eine alte Berfaffung wieder annehmen, Und bie 
ihre —— — ſehr am Herzen lag, konnten nur durch eine — ** Eat 
ſcheidung der eidgenäffifchen Tagſatzung des Jahres 1817 zur Ruhe gebradt 
werden. Seht bildet G. einen bejonderen Bezirk des Kantons Schwyz u. genieft 
Dina der Berwaltung des Corporationseigenthums mancherlei Borzehte.. 
Gersdorff, Karl —— Wilhelm von, ein verbienftvoller ſaächſiſcha 
General, geboren 1765 zu Gloſſen in der Oberlaufts, trat, nachdem er in Grimma, 
einig und Wittenberg feine Bildung erhalten, aus Neigun um Militär, kaͤnmpfte 
llen Kriegen mit dem fächflfchen Heere, war 1809 Chef des 
u "äcfiigen Corps und zeichnete fi bei Wagram aus; 1810 Generallieute⸗ 
nant, 1812—13 meiſt in der Umgebung Napoleons, —— er 1813 — Rs 
nige nad Leipzig als Generalapiutant und flarb, feit 1 dant des Gas 
dettencorpe, 1829. Er ſchrieb „Borlefungen über militärtfcye Gegenhänbe” (Dres- 
den 1826). — 2) ©,, Henriette Katharina, geborene Baronin von riefen, 
wurde zu Sulzbady, wo ihr Water damals geheimer Rath war, 1648 geboren. 
Sie erhielt einen gründlidhen Unterridyt und felbR in der Theologte u. Phi⸗ 
lologte fo weit, daß fie das Alte und Neue Teftament in den Grundſprachen lefen 
und verftehen konnte; auch in der deutfchen und lateiniſchen Poeſie befaß fle viele 
Geſchicklichkeit. Nach dem Tode ihres Gemahls, des Freiherrn Rif. von ©. AR 
Raths⸗Direktors u. Landvogts in der Lauflg) zog fie na Oennereborf bei 
tau und flarb dafelbft 5. Mär, 1726. Man bat von ihr eier el eber und 
poetifche Betrachtungen, Halle 1729, 8.; einige derfelden haben Dietrich und 
Zollikofer verbefiert. 

‚Serfon, Johann, berühmter Theolog mit dem Ghrentitel Doetor christie- 
nissimus, Charlie enannt von einem Dorfe in Champagne bei Rheims, wo 
er 14. Dez. 1 oren war. 1377 ſtudirte er in Paris —2 wo Peter 
von Nilly, der —z Cardinal, hochſt fruchtbar auf ſein Talent t einwirkte. 





ii 


"See ' 233 

382 Mitglied des Ravarrifchen Collegs, wurde er 1392 Magiſter und einige 
fahre fpäter Kanzler der Parifer Untverfität. Johann Parvus, weldyer die, an 
udwig Herzog von Orleans verübte, Mordthat zu befcyönigen wagte, fand an 
3. 1407 einen beharrlichen Gegner, u. diefer zog fich deßhalb den Sa des Herzoge 
on Burgund und defien Anhang zu. Auf der Synode von Parte 1408 ſuchte 
5. den Gegenpapft Benedict XII. zu bewegen, die Refignation zu wählen, um 
ie Epaltung zwiſchen ihm und Gregor XII. zu heben; ähnliche Bermittelung 
uchte er and auf dem Concil von Bıfa in Betreff des Papſtes Alexander V. zu 
ewirken: allein das Schisma wurde, ftatt befeltigt zu werden, nur vergrößert. 
IS Abgefandter auf dem Concil von Coſtnitz war fein Anfehen von bervorragen- 
er Bedeutung; man übergab ihm die Decrete u. Definitionen, um Entwürfe anzufer⸗ 
gen; er fuchte angelegentlidy die damaligen Zuflände der Kirche zu verbeflern u. 
ab wohl deßhalb den Koncilien eine Art Uebergewicht vor der päpftlichen Macht⸗ 
ollfo:nmenheit, wie fein Traftat de auferibilitate papne ab ecclesia beweist. Da 
ee Herzog von Burgund, der Hauptfeind des Kanzler, großen Einfluß in Paris 
ewann, wagte ©. nicht dabin zu kommen, fondern begab ſich nady Lyon, wo er 
ei dem Erzbifchofe und feinem Bruder Johann, weldyer Prior bei den Gölefinern 
yar, liebevolle Aufnahme fand und feine Muße nicht nur ganz dem Studium der 
Biffenfchaften widmete, fondern er, der gelehrte Kanzler und das erleudhtete Kirs 
henlicht, in rührender Demuth die Kinder im Katechismus zu unterrichten pflegte. 
&e farb plöglih am 12. Juli 1429. Die beſte Wusgabe feiner Schriften bes 
orgte Ellies du Bin in 5 Follob. Antwerpen 1706, nachdem bie erſte Samm- 
ung in A Bänden zu Köln 1483—84 erſchienen war; jedoch enthält der 4. Band 
tiefer erften Ausgabe mandye Stüde, welche du Pin nicht aufgenommen bat. Das 
‚oldene Büchlein de imitatione Christi wurde thm vindicht, aber gewiß mit 
Inredyt. Seine myſtiſchen Schriften enthalten ungemein falbungevolle Stellen, 
Sine harmontfche Zufammenftellung der A Evangelien verfuchte er in der Schrift: 
Aonotessaron seu Harmonia ex 4 Evangeliis. Zu erwähnen find ferner nod) 
ver cbige: Tractatus de auferibilitate Papae ab Ecclesia; de laude scriptorum 
ıd Coelestinos; de potestate ecclesiastica sive de origine juris et legum; decla- 
atio compendiosa defectuum ecclesiasticorum; de sacramento altaris u.a. Cm, 
Gerſte, hordeum, eine faft in ganz Europa flark angebaute und überall ges 
rauc;te Getraideart, mit welcher daher audy ein bedeutender Handel getrieben 
bird. Sie ſtammt wahrfdheinlich aus einem warmen Klima, da fie in jünlichen 
!Andern eine größere Vollkommenheit erreicht, als in nörplichen. Indeflen wird 
hr Anbau doch im mittleren und nördlichen Deutfchland, Holland, England, Ruß⸗ 
and am flärffien betrieben. Der Verbrauch derſelben iſt theild zur Speiſe als 
Sraupen, und als Mehl zum Bropbaden, theild zum Bierbrauen, ferner zum Maſt⸗ 
utter für Thiere, und auch das Stroh gibt als Erſatz des Heu's ein putee Fut⸗ 
er. Man unterſcheidet vorzüglich Sommer⸗- u. Winterg., wovon die erſte im 
prübjuhre, die zweite im Herbfte gefäet wird. Die legtere wird zur Mehlbereitung 
ewöhnlidy der Sommer:G. vorgezogen, wogenen dieſe mehr zur Bierbraueret ge 
hägt wird und daher audy gewöhnlich im Breife böher flieht. Die Winter:&, 
nterfheidet ſich meiſt dadurch, daß ihre Farbe Ind Bläulidye fpielt, wogegen bie 
er Sommer-G. gelblidy oder weißlich if. Uebrigene gibt es mehre Spielarten 
er ©., die fidy befonders durch die Anzahl der Körnerreihen oder Zetlen in der 
lehre unterfchelden, ats: die vierzetlige gemeine ©. CH. vulgare), auch 
leine Sommer-G. genannt, wird am bäufigften angebaut, weil fie ſehr ſchnell 
yädıft und mit jedem Boden vorlieb nimmt, obgleich fie ein leichted Korn und 
yeiched Streb gibt; die nadte vierzeilige ©. CH. coeleste), auch Him⸗ 
rels-⸗G. Himmeldforn, ägyptiſches Korn; die große zweizeilige ©, 
H. distichon), auch Platt-G. genannt; die zweizeilige nadte ©, ober 
wetzeiltge Himmels-G. (H. distichon nudum) ; die Bart⸗G., Pfauen⸗G., 
ädher:©., Reis⸗G., auch deutfcher Rets genannt (CH. zeocriton); die 
echözellige ©, Herbfi» oder Winter-G. CH, hexastichon) wird meiſt als 


f’ 
ni 


: 
} 
H 
Hl 


be Wen man ‚ein Korn von einander beißt, muß ver 1 
— — —A * 
ei er o 
und hart, nicht dumpfig und noch weniger von Warmern fen feyn. De 
von bläfferer Barbe wird zum Graupenmaihen, bie ‚fdbm- gelbe "sche zum 
Malgen vorgerogen. — Die G. wird auch in Melle, thelle in chem 
Abſude als Berkentrant, theills unter dem Ramen Hordeum 
wozu ©. Mehl in einer zugebundenen Gervieite mehre Stunden lang 
wir, angewendet, 


mit ben Gratlen anakreotifch ieichtfertig getändelt Hatte, wurde bald eim Jünger 
des Stopkod’icen Barvengei 6, ein Prieſter des norbiichen Skaldenthtumd u 
Ynkbere in Weider der Diher m (onen Sramafpele sügeler 
er L. ter com je 
Grunbfäge, die er in feinen „Briefen über bie Wextwlrdigen 
gar in Unwen —2— on 
Idıövtang 5. tage Baheni@afiihich, nad) Fk A Die Fünfte 
it u a J 
ing. Beate Erik, Wtona 1815, 3 Thaie x 
Kuer, Franz Anton, Ritter von, geboren 1795 zu Bruns jet uu 
Brofefjor ver vraftifchen Geomettie am volytechniſchen Jaditute in 
ũſirie Dann daſelbſt, beſonders mit dem Ciſenbahnweſen beſchaͤftigt, u. baute ie 
von Peteröburg nad Zarskoe-Selo führende erſte Ciſenbahn tn Rupland. | 
feiner Reife in Amerika feit 1838, wo er die Gifenbahnen unterfudyte und berchs 
ein umfaflende® Werk über diefelben angefangen hatte, farb er 1840 zu Raw 
York. Wirkes Lchrgegenflände der yratdfigen Geometrie, 18195 Sammlung der 
Mienfüde in Berreff der erſten öfterreichifchen Ciſenbahn zwiſchen Moldau um 
Donau, Wien 1827; Bericht über den Stand verlinternehmung der (ifenbaie 
von ©t. Petersburg nad Zarokoe⸗Selo und Pawlomeky, —* 18385 er geh 
audy feines Vaters, des als Mechaniker und Hydranlifer rähmlichk befannım 
Sram er zon G. Handbudy der Mehanit in der 2. Wuflag, 

88, tetaus. 

Gertind, heilige Jungfrau u. Aebtiſſin, 631 zu Rivelle im Rieder 
ländifgpen geboren, Tochter bes Herxogs Pipin des älteren umd der heiligen 
oder Jonberga. As ©. in der ſchonſten Jugendblüthe Rand, ftellten thr Kö 
Dogobert u. ihr Vater den Sohn ded Herzogs von Wuftraflen, einen tugen) 
ten, fdönen Züngling, als Bewerber um ihre Hand vor, allen mit glähenner 
Egamärhe gab fie die entfchlefiene Antwort: fie habe ſchon einen unfterbiichen 
Bräutigam gewählt u. diefem lebenslärgliche Treue verfprochen; biefem Fönne fe 
doch Helnen Sierblichen vorziehen. Sie hatte ſchon in zarter Jugend ihren Bett 
u. mit ihm das Hoͤchſte, die Geligkeit des ihn Euchenden, gıfunden, vermich 
weltlichen Ergögungen, an denen fie fein Vergnügen fand, u. machte mit 
falt über alle Relgungen des Herzens u. jeden äußeren Gindrud, um. den bimms 
Ufchen Frieden nimmer zu verlieren. — Auf Anratben des heiligen 
Igtene zu Mafricht, ließ ihre fromme Mutter nach dem Tode des 

2 das Haus, chem ©. geboren war, in ein Klofer umwandeln und be 
ſelbſt eine Kirche erbauen, Mutter und Zochter bezogen dann daſſelbe, fo viel 


PH 


% 


Geruch — Beruufind. | v3 


ich ihre Anverwandten, beſonders rüdfichtlidh der noch fehr jungen ©., dag 
terten, Dieſe war innigR über die einfame Wohnung erfreut, um fo ungeb 
rter mit ihrem geliebten Hellande in vertraulicher — zu koͤn⸗ 
n; ſie erhielt aber mehrere Genoſſinnen, die unter Leitung ihrer Mutter, unter 
iſtlichen Uebungen und Handarbeiten, ein —— 6 Lehen führten. — 
ach dem Tode ihrer Mutter mußte ©. Borfteherin werden. Ihr gotifelige® 
eifptel diente Mllen zur Grmunterung; dem Gebete u. der Betrachtung widmete 
: viele Zeit des Tages, aber nody mehr bei der Nacht; das Klofter verfah 

it guten, geiſtlichen Büchern von Rom und mit geiftreichen, in den Wegen bed 
eiles erfahrenen Männern, zur leitenden Führung auf denfelben. Ste lae a 
h in der Heiligen Schrift, worin fie ſtets neues Leben und himmlifchen Tro 
nd, u. wußte am Ende einen großen Theil derfelben auswendig. Zur Unter 
isung u. Pflege armer Kranker ließ fie in der Nähe des Kloſters ein Hofpital 
richten. Als G. nady der Abnahme ihrer Kräfte ihr Lebensende herannahen 
bite, übertrug fe das Borfteheramt einer ihrer Verwandten u. bereitete fi) aus⸗ 
ließlich auf die Ankunft ihres himmliſchen Bräutigams, dem fie voll freubiger 
werſicht entgegen fah, vor. Sie ordnete ihr Begräbniß an und verlangte in 
ıem härenen Bußkleide begraben zu werden. Am vorlesten Tage ihre Lebens 
hickte fie zu einem nicht weit entfernten heiligen Wanne, um ihn fragen zu lafs 
n, „wann fie flerben werde, denn fle erwarte ihren Tod mit Freude u. Furcht, 
eil audy der Gerechte nicht wiſſe, ob er des Haſſes, oder der Liebe werth ſei.“ 
m forgenben Tage, an weldyem fie, wie ihr Ultanus hatte fagen laflen, in das 
oige Leben übergehen würde, empfing fie noch einmal die heilige Communion u. 
ıb in der vorausbeftimmten Stunde, während der heiligen Mıfle, In den Um⸗ 
mungen ihres gefreuzigten Hellandes den Gel auf, im Jahre 664, im 33, 
ces Wlterd. — Gabrestag: 17. Mär. 

Geruch (olfactus), das Sinnesorgan, durch welches gewiſſe gasförm 
toffe zu unferer geifligen Wahrnehmung gelangen. Der ©. ik, wie der Ges 
ymad, ein chemiſcher Sinn, aber unter eblerer Form, und hängt eben fo innig 
it dem Athmungoprozeſſe zufammen, wie der Geſchmack mit der Berbauung. 
ad Drgan, wo die Geruchsempfindung vor fidy geht, ift die fogenannte Schne 
r'ſche Haut der 3 Rafenmufcheln u. Rafenfcheidemand, eine Schleimhaut, die 
s Oberhäutchend faft ganz entbehrt und bloß mit Schleim bepedt if. Der 
techanismus des Riedyens beruht auf dem Borüberftreidhen der, beim Einathmen 

die Naſe eingezogenen, mit Gerüchen beladenen Luft an der, die Rafe in vielen 

ilten ausfleidenden Schneider'ſchen Haut, auf weldyer der Riechnerv (nervus ol- 
otorius) ausgebreitet iſt, während die Hefte des nerv. trigeminus, die ihn faſt von 
len ©eiten umgeben, nur der Ernährung, dem @Bemeingefühle und dem Taft- 
gan beftimmt find. Bol. Nafe, 

Gerundium heißt in der lateinifchen u. den von ihr abflammenden Spra⸗ 
en diejenige Form des Zeitworts, weiche den Begriff des Infinttive (f. d.) 
bſtantiviſch ausprüdt u, deßwegen audy der Deklination (ſ. d.) füblg if. 

Gerufia, f. Geronten. 

Gervafius u. Protafius, heilige Martyrer. — Während ver alt 
ng des Kaiſeis Marcus Antonıus Iıbten zu Mailand vieie fromme Ghriften, 
eldye dem Herrn treu dienten. Unter dieſen befand ſich audy ein heiliged Ehe⸗ 
var, Bitalid u. Valetia, das um Chriſti willen den Martertod erlitt u. zwei 
‚öhne, Zwillingsbrüder, ©. u. SB. genannt, pintertich, Beide hatten von Ju⸗ 
nd an alle mögliche Anteltung zur Zrömmigfelt und Gotteofurcht erhalten. — 
(8 ihre Aeltern den Martyrertod erduldet hatten, fiel ihnen, als redhimäßigen 
eben, die hinterlaffene Habe zu; weil fie aber einfahen, daß irdiſche Reichthümer 
m Menſchen gar zu leidyt von Bott abwenden und zur Gitelfelt verleiten, vers 
mften fie Haus und ®üter, entließen ihre Sclaven der Leibeigenfchaft und vers 
‚eilten faſt Alles unter die Armen. Hierauf verſchloſſen fle fid in ein einſames 
jemach, worin fie dem Herrn 10 Jahre lange durch Beten, Faſten, Leſen u. Bes 


ree Detulaud ·· Gerven 

trachtuag Wienten; — Um: ae ——— 

Kan — —— 

U 

winge die Brüder ©. den über Verachtung ‚hocherzärnten Giten 

K Ohlen. Ye un8 Tine Matnert mehe ach? Mbchue Bar aub erale 

gleich Befehl, Die-Angellagten ihm vı ss fle erſchienen, a 

nen, don ihrem Glauben abgußiehen u. den Gbttern: zu opfern, 

zug glädil ke mertangen verfle @: ni A 

den Ei von beit ind —— — von en » Ve 
I» , Rofen Gerudp, einen Muh 

Baer bie u ech, GR Su ren an, 5 


heit jang feiich, ol 
fun; der le aus eine reiche, enle Matrone zu Ehren ber 
u Hin Rom eine Rirhe; diefem Löbllcen Weifpete folgten, nebR vielen 
ee Gapenine, Biſchof zu Brixen und der heilige Paulinus, Biſchof m 

fa. — 19. Jun 

Servinus (Georg Gottfried), geboren zu Darmſtadt 18055 er toldmde 
ſich Anfangs der Kaufmannfchaft, fubirte Hierauf in givebeg Geſchichte ab 
ward Privatdocent daſelbſt; 1835 ale Arofefr der Geſchichte nach Göttingen 
gefommen, trat er der Proteſtation der 7 Göttinger Profeſſoren und war 
mit ihnen entfegt (f. unter Hannovers G.), lebte dann in Radt u. Heli 
berg u. in Jtalien, u. iſt jept Profeſſor an der Untverfität zu Heidelberg. Gehrif 
tem: Geſchichte der Angelſachſen, Frankfurt 1830; Hiſtoriſche Schriften, ebend 
1833, 1. Band; Selhläte der poetifchen Rationalliteratur der Deutfi 
1835 — 1842, 5 Bände; Auszug daraus, als Handbuch der Geſchichte für yon 
tiſche Rattonalliteratur der Deutfchen, ebend. 18425 Grundzüge ber 
ebend. 18375 Ueber den Goͤthe ſchen Briefwechfel, ebend. 18365 Kleine 
Schriften, Karlsruhe 1838. 

Geryon (Geryones, Geryonens), Sohn von Ehryfoar und Kallircher, 
ein Riefe mit 3 Köpfen, oder aus 3 Leibern zufammengefegt, König in Hifp: 
oder auf den baleariſchen Infeln, oder auf der Infel Erythla, wo er ſchoͤne u. große 

erden hatte, bewacht von dem zweiföpfigen Hunde Orthros u. dem 

Euryton. Heralles, dafelbft angefommen, erſchlug die Wächter und trieb die 
‚Heerden fort. Als ©. hievon benachrichtigt wurde durdy Plutons Hirten Wo 
notios, holte er ihn am Yluffe Anthemos ein. Here, welche ©. tm Kampfe half, 
wurde von Herafies in die Druſt verwundet und ©. felbft von ihm erfe nr 
Stefichoros fchrieb eine Geryonis (poetiſche Erzählung der Geſchichte des 6) 


I vGeſ⸗ν ααα. ne" 
—— 
.batz 
einer Gütern 
208 — 
man 


vereinigt angenommen. So ja; 


333 
— 
43 
d 

SE 

A 
E 
= 
8 
= 
3 
— 
= 
5 


BE 
Bei 


— alle "Bürger eines 

Die angedeutete Berfchievenheit des Begriffes ers 

der Gegeo-Rebastion mit der haften — 
‚ebenfo verfehfe 


EDER 
iR 
HB 


Igen und rechtlichen Beurtheilungen 


Gertatkimmg) I, Ian u Virtlaimme 
emein haben, wie dieß . ©. 
ſcher Pr Kr u Di 


EA 


eeiffi 
Yu 


8 
ih 
28 
8 
x 
$ 


25 
5 


iund der Vie Gkimme 
—— — — 
umd ber Nuſtt zu nennen. Der insdrug des 
in fehr verichieden. Bel den: Sallenern der 6 
weiten Gapfindung: er IR Musbruf der Luß am Gängen fi bei den ran 
a Ta 
⸗ nur 
Gedanlens, ven die —2 und bei dem 
utſch en Kunfgefange t ſich mit jegeldhneter, von ben Stalienern 
h et überragende Tiefe u. teit des Gefühle. — Der 
würlide gt fih ale wuklalifcer Boritag it der Eiimme ohne Kımf- 
ung; der Fünftliche IR nach Regeln gebilbet, und wird nach der 
jen. ottrag eines Tonküdes von Gingfimmen Kun 
zein heißt 6. Stane. ferner nennt man ©. eine bloße In 
umentalkimme (bie Melodie), das Relodiſche, die fangbare Melodie eines 
mRäds, u. ein für Eine ober Stimmen zum Singen Gedicht, 
a a ee 
« . . len oder Singſchuien aber 
en 0 Unterdit im Ge nad) der ©.8-Lehre wird, In großen 


täbten unter andern auch bie. Gonfervatorien (1.d.) dazu befktmmt, — 
ade Bas bebeutet ©. auch eine Abtheilung des Helvengebichtd, weil bier 
3 FOR, mit Saft begtetet, im griehiiWen Mlterihiume fngend- vor 
urde. Bergl. das ©: der großen G.s⸗Schule des Bernacchi von 
eſtellt von H. 8. Leipz. u. Dresden, 1835, Fol; Nataliens 
dk, übe den @., Reipgig 1825, 2. Aufl.z:.H. 5. Mannftein, bie 
der claſſiſchen ©.6-Kunf, Leipzig und Dresden, 1839 gr. 8. (für Goms 
1, ©.8,Lchrer, m. 5 ©,8-Gchule von Rubint, Paris - 
— een von den Zeiten der. Apoſtel het ‚gen Die Bin 
en en engen Berfammlungen ⁊ 
—X m fingen. p 14, 15. &b 5, 1% ven, 
I bem Mintiden Goieöbienße In ner Diäyefe ober in car Be - 


m. 


Ri} 
srarl 


| 


705 " 0 ur . ' 

Udyen, gilt ine, ae 
abe‘ Era * — — Bi 

— letchteſte che We, ein i oe dipl we 

Kader iin, ma. va 

ie geeigneten, Werbe rung —* * Ben * 

behalten, nach den allgeme nen un jonderen mlaſſi zu dem 
Aubadıeühungen geotnet Fu 5 vi loben — — 
je Oberbehoͤrde verſehen werben. Die » & 

ri iR ein ein g ride —* wehlet = 

je der biichöflidhen Behörden. — Bet den Geren 
———— a ln w“ 
— les allgemeinen G.s aber iR darch das lanvecherrliche —X 


beide 
ee Hat «6 — 


Landes, 
J ſ. Liederfeſte. 
f. Singſchulen. 
iger, |. Seſandter. 


: 


Er 





den zu fahren ſelben diochis im Gcaib 
—ãXã San Stang a —— Üfentlichen ———— 
des Bares —X —— Hide hey wäh 
Staaten adjufehiden t And, denen be Ghren zuftchen. 
— %k im ordentnt e, die für b ‚und ee — 


m 
ein befimmtes bevoli: ib. heißen Un 
je Zeit ae ae —S ne One —— — 


2 


extra: plenipotentiaire) ann, da der 
— 7* —e — Gele 
Songree eng — — ae Mo 


m m [ 
—2 en u an —— — 


die dritte bildete, werden . (Chargis TAe) 


Gefandter, 788 


: eigentlich Feine Geſandten mehr, fondern nur vom Miniſterium beim Mints 
tum, oder von dem Geſandten felb zur Unterhaltung der Berbindungen mit 
n fremden Minifterium beglaubiate diplomatiſche Agenten find. Nur die drei 
ten Claſſen find bei dem Souveräne ſelbſt accreditirt u. können Audienzen bei 
an fordern, nicht aber die Mitgliever der nunmehrigen 4. Claſſe. Berfonen, 
: nur PBrivatgefchäfte ihres Fuͤrſten, oder von deſſen Unterihanen an einem Drte 
orgen, beißen Agenten u. bisweilen Refidenten. Haben fle mehr auf die 
indeldangelegenheiten eines Staates zu achten, fo beißen file Conſuln (f. d.). 
e Abgefandten halbfouveräner Staaten u. einzelner Theile eines Staates nennt 
m Deputirte u. zu ihnen tommen Eommiffarten, welche Bezeichnung ge 
hnlich auch denjenigen Beauftragten der Staaten beigelegt wird, die mit dem 
ölande nur eine fpectelle, nicht eigentlich polttifche, Angelegenheit abzumachen 
ben, wie 3. B. eine Gränzregulitung u. dgl. m. Diefe Bommiffarien genießen 
ı befonderen völferrechtlichen Schuß, fonft aber keine Vorrechte der Geſandten. 
[e diefe Perfonen find wohl von den vier Gefandtenclaffen zu. unterfcheiven u. 
oͤren ſaͤmmtlich nicht zum biplomatfchen Berfonal. Rur die Geſandten -1. Claſſe 
ben vermöge ihrer Function den Titel Ercellenz; die Geſandten 2. und 3. 
affe führen denfelben auch oft, indeß nicht durch ihre Poſten fell. Zur Ge⸗ 
idtſchaft gehören außerdem noch die Familie und das Gefolge des Geſandten. 
> pflegt ein Botichafter mehre Geſandtſchafts⸗Cavalierte, Attaches und 
ecretaire (Regationsfecretatre, Secrötaired’ambassade, s. de lögation, 
ch mit dem Zitel Legationsräthe), Bagen, einen Geſandtſchafto—⸗ 
rediger oder Kaplan, einen Geſandtſchaftskanzler für das Archiv, 
olmetfcdher, mehre Geſandtſchaftékanzliſten und Schreiber, Cou⸗ 
ere, Linrsebediente ıc. in feinem Gefolge zu haben. Der Gefandte 2. Claſſe 
ſchraͤnkt ſich ſtatt der Bavaltere auf einige Serretäre u. die Gefandten 3. u. 4. 
affe meiſt auf Einen Legationgfefretär. Die Wiſſenſchaft des Gefandten und 
ned Perſonals (Befandtichaftwifienfchaft) ik die Diplomatie (ſ. d.). Der 
efandte erhält bei feiner Abfendung ein Beglaubigungsfchreiben (Erebitiv, Let- 
> de creance), da® er, nachdem er zuvor eine beglaubigte Abfchrift davon dem 
taatöfetretäre eingefandt, dem Monarchen, bei dem er beglaubigt if, überreicht, 
zwar, wenn er Botſchafter, in einer öffentlichen, wenn er den andern Blafien 
‚gehört, in einer Privataudienz. Außerdem erhält er eine Snhruction, und bie 
teren Befehle befommt er durch befondere Depeſchen. Sobald der Geſandte 
m Monardyen vorgeftellt it, iR er als foldyer anerkannt u. tritt in alle Rechte 
felben (Gefandtfchaftsrechte) ein. Die Befandten, zumal die 1. und 2. Claſſe, 
ben nämlidy, außer den ihnen zufommenden Ehrenbezeugungen, auch bedeutende 
atertelle Borrechte, die fidy hauptſächlich in dem, ihnen u. ihrem Gefolge gebühs 
aden, Rechte der Erterritorialität concentriren, vermöge deſſen fie, ihr Per⸗ 
nal und ſelbſt ihre Wagen, fobald fie’ an die Gränze des Staates, an den fie 
fanbt find, betreten, fo betrachtet werben, ale ob fie ihren Heimathſtaat gar 
e verlaffen hätten. Deßhalb find fie der Eivil- u. Criminalgerichtsbarkeit des 
indes, tn dem fie fungiren, nicht unterworfen; die Güter, die dem Gefandten, 
6 foldyem, folgen, können nidyt nur nicht mit Arreſt belegt werben, ſondern 
ıd auch von Zoll u. andern Abgaben befreit, was indeß In neuerer Zeit, fowie 
ich die Befretung von Porti's ꝛc. wegen vorgefommener Mißbräuche da u. dort 
ı6nahmen gefunden hat. Im Vebrigen if er frei von allen Abgaben u. kam 
:gen Schulden nicht belangt oder verhaftet werden. Sein Hotel iſt von Haus⸗ 
chungen frei, e8 wäre denn, daß ſich politifche Verbrecher in daffelbe flüchteten, 
emeine Berbrecher pflegen die Gefandten gegenwärtig in der Regel auezulies 
n. WBerbrecher unter dem Gefolge des Gefandten werden von dieſem verhaftet 
ıd feinem Landesheren zur Beftrafung ausgeliefert; das niedere Perſonal in 
em folcdyen Kalle —X neuerer Zeit gleich aus dem Dienſte gelaſſen, um Col⸗ 
lonen vorzubeugen. Vergießt fidy ein G. ſelbſt fo welt, Henlungen zu begeben, 
: der gemeinen Sicherheit gefährlid, find, fo ergreift man Bo cherheitomaß⸗ 


Fe 


30 u Geniäte " 


n, fordert feine Zurüdberufung u. 
d. i. die 
Ei n au dis ser Ab ibn über sch 


belaften F Die | font üb ae 


der fanpie wohnte (DO 














wenn die Greditive 
Gtelung der Etanten gegen einander ober wegen lin; 

der ten Höfe mit ihm, oder * 

wenn er ęen einer Bei gung abreist 

Gtaate „ensseöaft A ie * — 

men in ber — te f on früh von, au! 

in&befondere bei den Juden, Griech an —28 

ten — über das ftorecht Polybins in 

des Derippos Hör. Im. Mittelalter waren die Geſaudten 

as Gen bei Barbaren een u, 


‚wer 









aan, Du ber, un Be, t, wie e6 cbenfalle 
net, 
* das da dad {iR ober g — Aa bezei * n&befonbere “ 
oder er geſa 
in em Namen nad, olbelanıe der be — (daft u. fol * beißt ve 
lateiniſch Historia don dem Griechiſchen ioropia, von ioropew d. i. fchauen, 
unten dann aber das Grlundete erzählen, — * —— 
——— ; u. fie iſt der Inbegriff deſſen, was an 
ben if; u. beflimmter: der Inbeg Hit befien, was fi 
— —88 eſchlechte begeben bat. Werden, wie bier —5*— aie Inhalt der 
G. die Begebniffe des geſammten Menfchengefchle efeht, fo wird die G. and 
— ——— oder —— —* se genannt: = abc 
diefer Inhalt kann audy befchräntter, u. viel — — geſetzt wer 
h B. der Inbegriff der Dentfehlanb wichtigen Begebni bie —— 
o fe eine Baterländifhe, Kirchen, Kunſt⸗, erär 
eſchichte u. f. w. gedacht werben muß. Wir befchäftigen uns hier zunächſt 
mit ber weiteren Entwidelung des Begriffes der Univerſal⸗ over Well. Wenn * 
* vorher bezeichneten, als den Inbegriff deſſen, was ſich Wichtiges mit dem Ren⸗ 
—33 echte begeben Fi fo fragt fi) zuerſt, was denn eigentlich, als weitgefchleh, 
Aa 







ur 
—— 


tig zu ten ſei. Dieſe Frage dürfte beantwortet feyn, 
n — —— Begebniffe des Menfchen a efchlechtes find Ind Deeigen, weiche auf 
befien Wohl u. i. auf defien Entwickelung u. Ufommnung bedew 


tenden un nachhaitiden Einfluß üben, oder mit andern onen e 

feiner Beſtimmung zus, oder von derfelben abführen. Nimmt man nämlich an, 

wie man anzunehmen gezwungen iſt, daß das Menfchengefchlecht um eines ve 

fiimmten, von feinem ächtigen und Allweiſen Schöpfer 5 Endzwecdes 

willen da iſt, ſo iſt die g duns dieſes Endzweckes die Befimmun des Men⸗ 

Iden, und ed muß die Erfüllung bie e 2 immung al6 daß abfolute ost der 
enſchheit gedacht werden, fo wie d erfüllung berfelben als das abfolute 





Geſchichte. 741 


Weh der Menſchheit gedacht werden müßte. Daß aber das Menſchengeſchlecht 
den ewigen Endzweck Gottes, feines Schoͤpfers erreichen oder erfüllen müfle, * 
terliegt, vermöge der Allmacht und Allweisheit Gottes, gleichfalls keinem Zweifel. 
agen Fi ausdrücklich das Menſchengeſchlecht, nicht alle einzelnen Men⸗ 
ſchen, oder ſelbſt alle einzelnen Völker, welche allerdings den Endzweck Gottes u. 
die Beſtimmung ihres Geſchlechtes nicht alle erreichen. — Hiernach wären wir 
wieder um einen Schritt weiter gefommen, und fagen nunmehr: Die allgemeine 
Welt⸗G. hat zum Begenftande das ganze menfchlicdhe Geſchlecht, und als Ge⸗ 
fhichtödarftellung hat fie die Wufgabe, unter Darlegung wahrer, und als wahr 
beglaubigter Begebenheiten zu zeigen, wie das Menihen efhlecht, von ber gött- 
lichen Borfehung geleitet, ſich im Laufe der Zelten feiner ® ung näherte. Die Be 
ſtimmung des Menfchengefchlechts iR zu allen Zeiten von Berfchiedenen verſchie⸗ 
den aufgefaßt worden, und je nad) diefer verſchiedenen Auffaffung auch ein ver- 
ſchiedener Geiſt in Berfiehen, Behandeln u. Darftellen der G. übergetra en wor: 
den. Allein, fo viel duch von weifen Männern und Philoſophen aller Sahrhun- 
derte bis auf unfere Tage über Endzweck u. Beflimmung des Renſchen nachges 
dacht, abgehandelt u. gelehrt worden If, fo haben diefelben doch nicht ermocht, 
zu einem durchweg genügenden Ergebniß zu gelangen. Bollftommen richtig bemerft 
Po Dr. $r. X. Sinmeißeln, dermalen Tatholifcher Stabtpfarrer u. Dechant zu 
Schweinfurt im Bisthume Würzburg, tn feiner Brofhüre: „Das wahre Brinzip 
der Erziehung,” Würzburg 1840, ©. 4: „Rur von der Höhe des Chriſtenthums 
herab, nur im Seh der übernatürlichen Offenbarung iR eine klare Auffaffung 
unferer böchften Beſtimmung moͤglich, und die Siena u erfennen, welche dem 
Menfchen in der Weltordnung angewiefen iſt.“ Und w gelangt man von dem 
Standpunkte der pofitiven chriftlichen Offenbarung zu dem unzweifelhaft richtigen, 
allen Anforderungen entfprechenden Refultate, daß der Endzweck des Menſchen u. 
feine Dafeynd nur in Gott ſelbſt zu fuchen u. zu finden iſt. Dahin führt die bes 
rühmte Stelle Pauli an die Römer 11, 36. auroũõ, xaı dr auroũ, nal &is 
avrdv ra ravra, Ex ipso, et per ipsum et in ipso, welche ſich 1. Kor. 8, 6. 
u. Kol. 1, 16. u. andermärtd dem Sinne nady wiederholt, und weldye ausdrück⸗ 
lich u. Mar befagt, daß, wie Alles von dem Dreieinigen Bott u. durch Ihn ift 
alfo audy Wied auf Ihn bezogen werde (etwa sis aurov avagysperaı, oder au 
ganz einfach, wie Kol. 1, 16. fleht, eis aurov Exrıoran). Und fragen wir nad) 
der praftifchen Seite diefer Wahrheit, fo finden wir fie alsbald angezeigt in den 
Morten des Heilandes Matth. 5, 48.: „Seyd vollfommen, wie aus euer Bater 
im Himmel vollfommen if.” Es wäre demnach das Gelangen zur Gottähnliche 
fett als Ziel u. Ende des Menfchen u. als befien Beſtimmung aufgeftellt. Es iſt 
aber die Gottaͤhnlichkeit nicht etwa bloß als ein Mittel zu denken, durch welches 
die Menfchheit eines anderen, weiter gelegenen Gutes theilhaftig werden follte: 
nein, Bottährflichkeit iſt der letzte und Endzweck des Menfchen, und ſchließt deſſen 
volle u. leute Beſtimmung in fidy. Wie nämlich Gott, vermöge Seiner unendlidyen 
Bolltommenheit, in derfelben und durch diefelbe eine unendliche Gluͤckſeligkeit ges 
nießt, u. in diefer Glückſeligkeit befländig und unveränderlich if, ß iſt auch dem 
Menſchen in der Gottaͤhnlichkeit, ſonach in der möglichen Annährung an Gott, 
der höchfte Grad der Stüdfeligkeit, deren er feinem Wefen nad) fähig iſt, aufge 
teen. Diefes drückt Himmelftein a. a. O. in folgenden Worten treffend aus: 
„So tft alfo die wahre, göttliche, ewige Beftimmung des Menfchen, daß er durch 
freiwillige Hingabe feiner Etkenntniß im Glauben, feines Gefühles in der Liebe, 
feines Begehrens in der Hoffnung, feined Willens im Gehorfame, feiner Sinn- 
lichkeit im Dienfte Gottes, zur Dor atnuchteit gelange, u. gleichſam fich auflöſend 
im Weſen Gottes, der göttlichen Natur in ihrer Herrlichkeit, Glückſeligkeit und 
Unveränderlichfett theilhaftig werde." Diefe Befimmung des Menſchengeſchlechtes als 
anerfannt voraußgefeht, fann man mit Reffel aligem eine Gef te? Ein- 
lettung $.1. am Ende erklären: „Die Untverfal:Gefchichte iſt die Darſtellung ber bis⸗ 
berigen Gortfehritte des Menfchengefchlechtes in feinem Streben nad) Bottähnlichkeit.” 


. alte, 
fe San Begril Sottähntihteit in niſcher 
er ER alı Knien —— en 
8: 


37 ganz [ir u zu —— su faſſen it, Wir midi * als den 


chen von umt 
bän Eenopbanes von Golo dem Bi spricht: „OU 
— a or & ae Toms lt, une * — 


X 
; 


wird 
von a Sabıbundert — 
Ende ſortſchreitet t is Unredyt wirb biefe Unter Bette WBeltregierung 
— Erziehung des Wenſchengeſchlechtes auch —— 
ben aber geſagt, und muͤſſen —— wiederholen, daß dieſe Cultur 
das —X te überhaupt, nicht auch für einzelne Bälle, ober 
jeden einzelnen [hen , de: u nothmenb gedacht werben barf, 
dem einzelne Völker A Bender ſich zu Zeiten, ja für Immer der 
Welterztehung u. dem Sortichritte ber Gulur entziehen können, wirklich 
haben, rs noch entzlehen. Demnach zeigt und die al gemeine Welt-®. in der 
rer Greignifie die beginnende „und fortfchreitende allgemeine Gultur 
—X efi 5 ted. Hiemit wäre nun die oben geftelte Frage, was — 
ie — chtlich wichtig u bettachten fet, —R erdttert, u. bis zur gamı 
eigeneine Gulur von Ba — Bin en en 
e Cultut von Bedeutung den je ol 
"lg Ialider De nen 
hy 


Li 


ern 


a nes allgemeinen Enltur are m t, fo iR auch 
enn auch eiwa an fi — ———— He unbebeuten! 
Kikorice Wichligtet bi legen, noch auch jegliches Bolt zu jeglicher En 
ein weithiſtoriſches Bott anzufehen. Belthißortige — neitäinariige 
Völker nennt man diejenigen, durch weiche bie « Mlgemein je Tultur gefördert ol 
auch gehemmt wird, (Franken — Bandalen; Karl d. Er. — Mahommer; Karls 
—E Aege — ber Araber Eroberungdzüge; abenblänbife es PBapkihum 
DH ches Schisma; Katholifches Chriſtenthum — Arianiomus, , Sonst; 
des Abendlandes flete Entwidelung — China's —— 
ur m.) ober auch, an benen die Bemegung der allgemeinen Eultur —& ige 
bar iſt. Da es nun übebieh in jeder Welfe ummöglidy feyn würde, ale nie * 
gebniffe der Menfchhett zu kennen, zu KR hr I wi rien ‚to 
t v —* an tiber m ib eisen ande ——— 
omimen, deren unmittelbare ober mittelbare welthiſtoriſche t 
iR; und beögleichen wird ſich die allgemeine Weli⸗G. 


Geſchichte. | 743 


jeglicher Zeit welthiftorifchen Völkern zu befaflen, die übrigen aber, wenn auch 
nicht immer ganz zu übergehen, doch nur in fo fern zu erwähnen haben, als fie 
zu den welthiforifchen in irgend eine Beziehung treten, oder eben ihr nicht- 
welthiſtoriſcher Charakter beſonders bedeutfam würde. Somit dürfte es als wahr 
angenommen werden müfien, was Xeo, Lehrbuch der Untuerfalgeihtähte 
Bd. 18. 1., S. 2 ff. ſagt: „Ein Bolt, defien öffentlidhe Berhältniffe noch in Keiner 
Weiſe auf die ntwidelung der gefellfchaftlicdyen Berbältnifie überhaupt beftim- 
mend eingewirkt haben, tft ohne univerſalhiſtoriſches Moment in feinem Leben. Mit 
Bölfern, wie die Samojaden u. Oſtiaken find, hat fich die Univerſal⸗Geſchichte zur 
Zeit noch nicht zu befchäftigen; felbft mit fo eigenthümlicdy gebilpeten Völkern, 
wie Ghinefen und Sapanefen, nicht eher, als bis die Motive nachgewieſen find, 
weldye die Entwidelung allgemeiner politifcher Bildung aus ihrem Leben genom- 
men. Zur Zeit flehen fie außer der Reihe von Böltern, an deren Leben und 
Thun fi) die Ausarbeitung deſſen knüpft, was wir Staat, Kirche oder in Summa 
Bildung geſellſchaftlicher Berhältniffe nennen.” Wenn aber der gelehrte Bericht: 
erftatter in der Freiburger „Zeitſchrift für Theologie“ 1846, Band 16., Heft 1, 
©. 114 ge en diefe Anficht Leo's in Betreff der Ehinefen Einſprache thut, und 
' dabei gl 4 Anfangs ſagt: „Welchen Einfluß China in der älteſten Zeit auf 

Aſten gehabt habe, können wir aus Mangel an’ Nachrichten nicht nachweiſen,“ 
fo ift ja eben in dem Mangel an Nachrichten u. in der Unnachweisbarfeit des geüb- 
ten Ginfluffed die Unmöglichkeit der Darlegung einer chineſiſchen Geſchichte, mithin 
die Unmöglichkeit, ein poſitives weltbiftorifches Moment bei den Ehinefen zu ermitteln, 
ausgeſprochen. Daß „ein fo ſtarkes Volk nicht ohne Einfluß gewefen,“ daß „ein Volk, 
welches über ein Drititheil des Menfchengefchlecdhtes herrfcht, u. ſ. w,“ daß ein fol- 
ches Volk „jedenfalls Beachtung verdient,“ dürfte nicht in Abrede zu flellen feyn; aber 
diefe Beachtung möchte jedenfalls nur die Beachtung eines Volkes feyn, wie wir es 
vorher bezeichneten, „deſſen nicht-welthiftorifcher Charakter beſonders bedeutfam iſt.“ 

Die Welt» Befchichte und ‚überhaupt jede ©. fol Geſchichtliches, d. i. wirt: 
lich Geſchehenes, alfo wahre Thatfachen, und als wahr verbürgte That⸗ 
fadhen enthalten. Daher muß dieſelbe alle unwahren und unverbürgten Sagen, 
alles Fabelhafte von den wahren Thatfacdhen wohl unterſcheiden: denn die 
Welts®. fol feyn eine Geſchichte der Eultur des Menfchengefchlechtes; was aber 
nicht wirklich war, oder ift, das konnte u. kann auch auf die Eultur nicht ein- 
wirfen, und was nidyt als wirklich Geſchehenes verbürgt feffteht, deſſen Einwir- 
fung auf die Gultur der Menfchheit kann nicht behauptet werden. Sagen und 
fabeihafte Erzählungen berüdfichtiget die ©. in fo fern, als durch viefelben bie 
biftorifche Wahrheit ermittelt, oder über den hiſtoriſchen Charakter von Zeiten, 
Bölfern oder Begebenheiten irgend wie Licht verbreitet wird. 

Bedenken wir endlich, daß blinder Zufall u. Ungefähr nie u. nirgende, weder 
verftändiger noch fittlidher Weife beftehen kann, fo müflen wir in den HiRorifchen Bes 
gebnifien eine erfte Urfache, einen höchflen leitenden Willen erfennen. Diefe erfte Urfache 
iſt Bott, dieſer höchfte Wille iſt Seine allmächtige Weltregierung, weldye neben ihren 
göttlichen Willen audy den von ihr erfchaffenen freien Willen des Menſchen ges 
fest bat. Bermöge diefer Freiheit des Willens kann der einzelne Menfdy zu feinem 
eigenen Verderben der göttlichen Weltregierung widerftreben, können fogar einzelne 
Menſchen, unter Goites Zulaffung, dem Weltzwede Gottes widerfirebende Ereig⸗ 
niffe bewirken; aber die endlidye Erreichung des göttlichen Weltzwedes kann den⸗ 
noch nicht verhindert werden. Es muß überall und vor Allem auf die erfie Urs 
ſache, auf die allwelje Leitung Gottes zurüdgegangen werden, deren Erfennen, 
wie ein gelehrter Berichterftatter in den hiſtoriſch⸗politiſchen Blättern 1847, Bp. 19, 
Hft. 10, S. 590 treffend bemerkt, „zu der wefentlichen Beruhigung führt, 
daß der Allmächtige audy die verfehrteften menfchlichen Anichläge In ihren (außer 
unferer Berechnung liegenden entfernteren) Folgen zur Beförderung Seiner beten 
und heiligften Zwede umzuwenden nie unterlägt.“ Diefe Wahrheiten zu erfennen 
iſt Zweck des Geſchichtſtudiums, fie zur Anſchauung zu bringen, iR Aufgabe der 


74 aan 


n u —5— —E Pi che nur er Fake — * 
—*5*— ſind, die Geſchi * nur die Lehre von * —— * 
—A— innen un m —— Unterfelebee alla Bahıkalt ı u. 
ng de Vernunft 
ft 1845, 8». 13, —— — 
e Theorie über da® Leben aufg ft wird... aber eine 
Sitte Eu 0 das Gute vernicpet, u. ba u. das * und daß 


Bafien unferer 2 Darkeliung 

o ergibt er ſchließlich die een 423 als des 
—* b — re Rs 
— tes, * 5 —* ne r 
en pecher Alt ehren Hefe ie — Fa 0, ah 
gefoßı u. — bargeel hat, am Gabe am Ende bes 19 cn — Ir HNQuellen en 


—— nd» n. oe! Kr det som Eltpahe car ewiſſen von 
unternommen, beſonders oft von "dem — —— unſerer ST vor ven 


als vielmehr ver 
— Kakrunge mi hüten Habe 































man nicht fowohl — 
einer geiſtloſen u. „ae and 
warnt; zeichnet 







be ‚ in vorfſtehender 
en a idee, 
Maine en u. Geiheöfänpfen N dichte vor unfen 


fämpfen in ver Wel 
— — ATRIET 
ge Q m en We en ' 
— wie —X Magnet, bald entfernter u. trüber, bald im 
barſter Nähe alle Menſchengeiſter an ſich zieht, und ihnen dur diefen 3 
in ihrem Bewußtfeyn als Sehnſucht nady Gott dehnt) Ihre tele an — 
jeder gebe ſich dieſer Betrachtung nur mit der Andacht hin, die vor allen 
Ignuns vor der Wahrheit u. vor der Unverletzlichkeit des SesenRandes Ware 
Darftellung einer welthiſtoriſchen Entwickelung, hun ce 
einem Syſteme anzwängte, weldye nidyt vis-A-vis der Erſcheinung 
wäre as nur eine * elei der Welt⸗Geſ ante, nicht fie Per Pa Dr. Siz, 
Geſchichts⸗Forſchung Das fuftematiich geregelte oralen aus 10 den vor⸗ 
andenen Geſchichtsquellen (f. Ay mitteld einer auf gelumben Grnundſaͤtzen 
den Kritik, mit Hülfe eines begrünbeten Urtheils u. verKändiger ine, 
bie et e Wahrheit zu ermitteln, u. als mauct zuverlaͤſſig ermittelt fee 
In, ee chichtsforſchung. Biep, „Das Studium der allgemeinen Ge⸗ 
(gig e,* Brag 1844, ©. 33 ff. fagt kurz u, ricitig: „Das Kufußen u. die Bervolk 
5 — bet biftorifchen Duelen tft a6 Amt des Geſchichtsf eh ers, Di 
ng lhre a iſt Sache der gefchichtlichen Beurtbeilung, © 
Relıpe Demnach it G⸗Forſchung verſchieden von —A Ge 
führen zur Ge PIAuTAHndndg als Lohn u. Ausbeute, die G⸗Forſchung mittels 
eigenen Auffuchens, Prüfen u, Erfennens, dad Geſchichts ſtu dium mittel6 Aneig⸗ 
nung u. Verſtehens des bereitö von Andern Aufgeſuchten, Gefundenen, Geprüften u. 
als wahr Erkannten: die G.-Forſchung ſchoͤpſt die Gefchichtöfunde unmittelbar 
ei den Quellen jeglicher Art, welche fie entiweder als rein anerkannt, oder mittels 
Ihe zu Gebote ftehenven Kräfte zu reinigen, u. gleichfam in einem einzigen klar⸗ 
Arien en Bache zu fammeln beflifien iR, das —— Ab lum f op die Ges 
ſchichtskunde aus der in den Geſchichtswerken interlegten u. für die Ra men ge 
borgenen Ausbente der G.⸗ð nen Ve Sr uog RR Ne 








[SH 


Geſchichts · Perleden. | 145 


veiterung der Geſchichtswiſſenſchaft, das Geſchichts ſt u di um ſubjektives Eindringen, 
Fortſchreiten in der Geſchichtswiſſenſchaft. Wenn aus dieſer Gegenüberſtellung der 
Interfchieb zwiſchen G⸗Forſchung u. Geſchichts ſtudium genu am hervorgeht, fo 
R gleichwohl nicht zu verfennen, daß Beide in ihren Beflrebungen eb häufig begegnen, 
. dag namentlich G⸗Forſchung mit gründlichen Geſchichts ſt u dium verbunden 
eyn müfle, während gruͤndliches Geſchichis ſtudium nicht felten in das Gebiet der 
B..%orfchung hinüber greifen werde. Das Geſchichts ſtudi um ins Befondere beiref- 
end, gehört hiche: nod) eine erläuternde Bemerfung über Sang u. Folge befielben. 
Benn man nämlich die beiven wichtigen Momente der Begebniffe, Zeit u. Ort ins 
luge faßt, fo geben biefe ein zweifache® Prinzip für den Gang, die Anordnung u. bie 
folge, d. f. für die Methode des Studiums oder auch des Bortrages der ge- 
chichte. Wird die Zeit das Prinzip der Anordnung, fo kommen die Begebniſſe des 
Renfchengefchlechtes in ihrer zeitlichen Aufeinanderfolge, wo audh immer fie vorgefal⸗ 
en feyn mögen, in Betradhtung: wird dagegen ald engl für die Anordnung 
er Ort genommen, und dann, um ein anderes hochwichtiges Geſchichtsmomenit 
ait hereinzuzieben, für‘ den Ort die Bewohner veffelben, das Bolt, fubftituirt, 
as Volk, weldyes, wie einleudhtet, in gleichem Maaße der Beograpiie, wie der 
Heſchichte angehört; werben demnach überhaupt die Bölker das Prinzip für 
te Anordnung des Geſchichtoſtudiums, fo kommen die verfchiedenen edichtlichen 
Bölker mit ihren Begebnifien nady einander in Betracht, u. die Akfolge würde 
n diefem Falle nur je innerhalb der Geſchichte des einzelnen Wolle zu beachten 
eyn. Die erflere Behanblungsart der Geſchichte heißt die ſynchroniſtiſche, 
ie letztere die ethnographiſche Methode (von o xpovos, bie Zeit, d quy- 
‚povıouös, die (eichpeitinfelt, to E3vos, das Volk, ypagpeiv, fchreiben, beſchrei⸗ 
en). Jede der beiden Methoden hat im Bergleiche zu der anderen ihre Bors 
heile u. ihre Nachtheile. Das ngerifiene, des a la u. der Innern 
dothwendigkeit Entbehrende, das Todte und zum Theile Gelfttöbtende des reinen 
Synchronismud; dagegen wieder das willführlicdye Parcelliten, der Mangel an 
inem Gefammtüberbiide der Menfchheit u. ihrer Schidfale in der rein ethnogra⸗ 
hiſchen Methode, viefes u. nody manches Andere find wohl anerfannte u. zum 
vheile. ſchwer empfundene Mängel der beiden genannten Methoden, welche Män- 
el man dadurch zu befeitigen gefucht hat, daß man beide Methoden in der Bes 
andlung der Geſchichte mit einander verbinde, u. fo die Eine durch die Andere 
rgänze, fo zwar, daß je die zufammenhängende Geſchichte der verſchiedenen Voͤl⸗ 
er vorgenommen, dabei aber die Zeitabfdhnitte der allgemeinen Weltgeidyichte 
vgl. Geſchichtsperioden) eingehalten werden, u. in einem jeden dieſer Zeit 
ibſchnitte nur Diejenigen Voͤlker, weldye, u. in der Aufeinanderfolge, wie fie zur 
velthiftorifchen Bedeutfamfeit erwachfen find, in Betracht gezogen werben. “Diele 
Rethode heißt, als eine gewifiermaßen aus den beiden obengenannten zufammens 
jegogene, die ethnographiſch-ſynchroniſtiſche Methode. Dr. Stz, 
Gefhichts- Perioden, Wenn der Lauf der Schidfale u. der Begebenheiten 
es Menfchengefchlechted von der allmäcdhtigen Hand Gottes geleitet wird, und 
nter diefer Leitung der Weltzwed Gottes erreicht werden muß, mithin die Schid« 
ale und Begebenheiten im Großen und in ihren Er ebadfien auf jenen Einen 
Veltzweck binzielen: fo muß behauptet werden, daß die wichtigen Begebnifle des 
Renfchengefchlechtes zu verſchiedenen Zeiten u. an verſchiedenen Orten nicht ver- 
Inzelt u. außer Verbindung daftehen können, fondern ein innerer nothwendiger 
jufammenhang unter denfelben angenommen werden müſſe. Diefen inneren, noth- 
yendigen Zufammenhang wentgftend aus den Erfolgen zu erkennen, tft eine wich⸗ 
ge ufgabe des Studiums der Weltgefchichte. Hieraus aber folgt, daß einer- 
ts die allgemeine Weltgefchicdhte nicht in ungufammenbän ende Voͤlkergeſchichten 
erriffen, noch andererſeits zur Eintheilung derfelben willfürlicye Zeitabfchnitte 
ngenommen werden dürfen. Dagegen treffen wir im Laufe ber —— 
ewiſſe merkwürdige Punkte an, wo entweder ein eintretendes ohes N, 
ber ber von einem ober von mehren Greignifien u. Watitüen Warkeriieie | IH 


746 Geſchichts· Perlobes. 
nunmels eintretende Erfolg dem. Laufe Der Geſchichte eine andere Wendung, ve 
Zeit einen aubern u, „gegeben hat. Eaice Bund ſind Wendepunkie, fh 
die natürlichen Ruhepunkte, bei welchen augekommen wir im Geiſte auf Die gay 
bis dahin von dem —— lechte durchlaufene Richtung gurädbliden, da 
neuen Impuls u, die veränderte Richtung erkennen, und das große, 
fehbare Gebiet der Weltgefchichte gleichlam in Abſchnitten ten Tune, 
Do darf man nicht der irrigen aut Raum geben, als hätten bei dieſen hie 
angebeuteten Abſchnitten in der Behandlung oder Anſchauung der Geſchichte ud 
wirklich Stillſtaͤnde u. Unterbrechungen in deren thatfächlichem 
liche oder rafche Beränd en. ded —RE Rattgefanben. G 
darum VBVietz „Das Studium der allgemeinen Geſchichte,“ 
6.157, S. 162: „Die Abtheilungen ver Weltgefchichte im Bro 
durch erleichtert, daß nicht einzelne Thatſachen ober are! j 
ondern nur großartige, andauernde Zufände, berem um 
eit herbeiführt. Derlei Zußände, in verfchiedenen 
— wenn fie auch tn ihren Anfängen ungleich find — 
begründen Weltalter und Weltperioden. Bel ihrer 
nad) if daher die Anwendung runder Zahlen geratbener, u. in ber Shot 
* m ee in an Zinem Sage, niht in Einen Sabre, m. 8 
en ſo wen N) e . welthiſtori Derlehen 
eben nur Uebergänge, und —X mit den fruͤheren —— Far 
die 

















e.“ — In dem bezeichneten Sinne num werben faſt ganz allgem 
— 2 — der allgemeinen Weltgeſchichte angenommen, wel 
oden der Weltgefchichte genannt werden, und. nach weldhen dieſe als alte 
mittlere u. neuere Geſchlchte unterfchieden wird. ‚Einige unferer Geſchichn 
fchreiber, wie Shlöser u. Eichhorn nehmennur eine alte w.ene neue Ach. 
eidhichte an. Doch wird ſich auch die Annahme einer mittlerer Geſchichte ia 
— ** — Darſtellung begründet finden. ' 

Die Gründe umferer obigen 3 Geſchichtsperioden ergeben ih and folgender Bo 
trachtung: Es hat die Weltgefchichte (vgl. Gefdyichte) zum Zwede, den Bang ber 
Cultur des Menfchengefchlechtes darzulegen. Cultur iR nur da möglich u. denkbar, 
wo der Menſch aus der Abgeſondertheit des Einzel- ober des Familenlebens in ven 
Zuftand des menſchlichen Geſellſchaftslebens herausgetreten iR, wo ſich Demnach ein⸗ 
Mehrheit von Menfchen oder Familien zu gemeinfamen Unternehmungen, zu gegen 
fettiger Hilfe u. vereinter Kraftanftrengung in hinreichend großer Anzahl dauern 
verbunden hat, und in dieſer Berbindung ihren geſellſchaftlichen Geſammtpwed 
verfolgt. Soldye Berbindungen find der Urſprung der Staaten, welche fich ſchon in 
graueften Alterthume, zu unvordenklichen Zeiten, die weit über den Anfang uns 
res gefchichtlichen Bereiches hinaus liegen, ausgebildet haben, u. theilweife in.ik 
ten Ginrichtungen damals ſchon zu bedeutender Vollkommenheit geſtiegen find, 
Was Religion, was Kunft, was Wiſſenſchaft, jede für fi, u. alle vereint, zum 
Eultur des Menfchennefchlechtes wirken, das offenbart fidy alles in dem Staa⸗ 
tenleben. Darum müflen wir der fchon von Ariftoteles in dem 1. Buche der Be 
litik dargelegten Anficht beiftimmen. Ihm If oinia, die Familie, zwar bi 
Srundlage des Staates, wos; da indeſſen Zweck und Bellimmung des 
Menfchen if, nicht bloß Ev, Leben, fondern ev Ayv, glüdlidy leben m 
dieſes ed Ayv bloß in einer Verbindung und Erweiterung der Familien zum 
Staate erreichbar iſt; fo iſt für Arifloteles die moAıs, obwohl dem Enifiehen 
nady jünger, als die oinia, erft der rechte natürliche Zufland des Menſchen. 
Hiernady wird alfo die Weltgefchichte pas Staatenleben der Menfchheit zu betrach⸗ 
: tem haben, folglidy eine Staaten» oder politiſche Geſchichte feyn. Die 
fruͤheſten Menfchen Iebten famtlienweife mit einander; dad Haupt der Familie war 
der Bater. Unter den verfchievenen Familien war Anfangs feine bemerkens⸗ 
werthe Verbindung oder Bereinigung. Gin foldyes Familienleben weiß die Ge 
ſchichte aller Jahrhunderte, wo fie von Menfchenflämmen und Racen auf fehr 


1 






BE mer m "7 re 


mu DM - 


- „Ms 


Geſchichts· Pertöben. "U 


niedriger Entwickelungoſtufe Meldung thut, nambaft zu machen. Go lebten’ alfo 
die Familien einzeln, und sogen, wie fie fiy vermehrten, einzeln in verfchiebene 
Landſtriche, welche fie, je nach ihrer ſchwach fortfchreitenden Entwidelung ale Fiſcher, 
Jaͤger oder Hirten bewohnten, fo lange fle dort ihre Bebürfniffe fanden, aber 
Dann aud) wieder mit leidyter Mühe verließen, und mit anderen Wohnflgen ver 
tauſchten. Groß: Unternehmungen, wichtige hiſtoriſche Begebnifie find bei foldyer 
Abſonderung der Yamilien nidyt denkbar, u. die Erfahrung hat deren Ridyivor- 
handenfeyn überall beftätiget. ber nady und nad) trieben Roth und Luſt zu 
feren Werken die Zamilien und Stämme zufammen; es bildeten ſich zuerft 
leine, dann, vielleicht durch freiwillige Bünpniß, vielleicht Durch gezwungene 
Unterwerfung, größere Völfer. Die Unabhängigkeit u, vie Eriftenz dieſer Alteften 
BVBölfer waren wiederum nicht durch Staatenbündniffe u. Derträge gefichert, fon» 
dern fie beſtanden fo lange, als fie ſich durch eigene Kraft und durch bie Gunſt 
Außerer Berhältnifie neben anderen, u. denfelben ‚gegenüber halten u. vertheibigen 
fonnten, Es Eonnte alfo diefer Zuſtand der Bölker und ihr Dafeyn immer nur 
von begränzter Dauer feyn; u. das Borhandenfeyn der großen Weltreiche, oder, 
wie man fagen fönnte, Untverfalmonardyien, deren ecke Beginnen ſich weit 
hinein in das Dunkel vorgefchichtlicher Zeiten verliert, u. aller Forſchung unzu⸗ 
gänglicy iſt, beweiſt mit ziemlicher Gewißheit, daß die erfien, aus den Yamilien 
u. Stämmen bervorgegangenen Bölfervereine bald der Macht irgend eines maͤch⸗ 
tigen Eroberers und flegreichen Krieger erlegen find. So if z. B. wohl faum 
au zweifeln, daß um die Ströme. Euphrates u. Tigris fi) zuerſt zahlreiche unab- 
bängige Bölterfchaften Semitlichen Stammes gebilvet haben; allein gu einer Zeit, 
weldye weit über unferer gefcbichtlichen Kunde hinausliegt, find viele Bölfer- 
ſchaften bereits alle ver Afiyrifcyen Weliberrfchaft unterworfen. Die große affy« 
riſche u. alle folgenden Untverfalmonarchien entflanden durch Krieg u. Eroberung, 
u. jede derfelben Rand nur fo lange, ald der Geiſt u. die Kraft, durch weldye fie 
begründet, in ihr fortlebte; wie dieſe ſchwanden, fo ermattete u. fank ihre Macht, 
u. fie fiel unter den folgenden Eroberer, u. lödte ſich in das folgende Weltreich 
auf. Dieß ik im Großen und im Allgemeinen die Geſchichte der Völker des 
Alterthums. Sie bleibt das ganze Alterihum hindurch gleichförmig in ihren Re 
fultaten, welche find Gründung und Untergang großer Weltherrichaften, eine 
GSleichfoͤrmigleit, weldye aus dem fidy gleichbleibennen Gharakter des ganzen 
Zeitalters nothwendig hervorgehen mußte. Sener Charakter aber war politifche 
Abfonderung ver Bölker u. Nationen. Solcyer großen Reiche zeigt das Alter- 
thum beſonders vier: das Affyrifch » Babylonifche, dad Mediſch⸗Perſiſche, das 
Macedontfche u. das Römifche Reich. Ihre Aufeinanderfolge u. eines jeglichen 
Auflöfung durch das nachſtfolgende Reich findet fidy, wenn auch nidyt ganz genau, 
ausgeiprochen von dem Dichter Claudian im 3. Buche des Stilico v. 163 ff., 
sic Medus ademit Assyrio, Medoque tulit moderamina Perses. Subjecit Persen 
Macedo, cossurus et ipse Romanis, wozu faum einine Jahrzehnten nad Glaus 
dian hätte hinzugefügt werden müflen, daß auch die Römer mit ihrer Herrſchaft 
eine Beute junger u. Eräftiger Eroberer geworben feyen. 

Als aber das Romer⸗Reich, deſſen Herrfchaft fich faR über die ganze damals 
befannte Welt erſtreckt hatte, dem immer mächtigern Andrang: roher, aber Eee 
träftiger u. bilvungsfähiger, größtentheits fchon chriftlicher Volksſtaͤmme nicht mehr 
widerftehen konnte; als es denfelben feine Provinzen, die Eine nad) der Andern übers 
lafien mußte, als endlich der fünfhundertiährige Thron feiner Caͤſare zerbrodyen war, 
da entftand Fein neues Weltreich; es erhoben ſich auf Roms Trümmern viele 
germanifcdy- briftlidhe Staaten. Das noch unter Roms Herrichaft ſiegreich ges 
wordene, u. fich immer weiter verbreiiende Ehriftenthum hatte Menichen, Bölfern, 
Leben u. Sitten‘ eine ganz veränderte Geflaltung gegeben. Die Süge der fchon 
ein Jahrhundert früher begonnenen großen Bölfertwanberung feßten die ganze bes 
faunte Welt in Bewegung. Durch das Zufammentrefien aber aller dieſer großen 
Greigniffe, waren der Gharakter u. alle früheren Zufläube des Zeitalters verin- 





748 Geſchichts⸗ Perioden, 


dert, Vie alte Zeit war getotfjermaßen ab ae der Uebergang in eine neue 

eit war vollendet. Hier hält die Welt hi ichte einen Ruhepunkt fe, fie ſchließt 

e Weltperiode, weldye fie das Alterihum nennt, u. beginnt eine neue Welt 
Periode, weldye, als nach taufend Jahren abermals, wie wir ſogleich fehen 
werden, neue, ganz veränderte Zuflände eingetreten waren, Namen Mit 
telalter erhielt, weil fie zwifchen dem Altertfume und ber neuen Zeit in ber 
Mitte liegt. Der anfängliche Charakter dieſes ter6 ließe ſich etwa bezeich⸗ 
nen ald Zerförung u, nun ale Borbereitung u. Uebergang 
zu neuen und feſteren Berhältniffen; wiewohl biefe ng 
weniger ald erfchöpfend u. das ganze Zeitalter umfaffenb genannt werben barf, 
fondern eben nur die anfänglichen Zuftände ausbrüden fol. 

Ein ganzes Jahrtaufend hindurch dauert dieſe Perlode des Ueberganges, während 
weldyer das große, roͤmiſch⸗griechiſche zwar chriftliche, jedoch von Fräheher Zeit durch 
zahlloſe Sekten zerriſſene, u. darum nimmer glückliche Reich zu Konſtantinopel alterte, 
u. feiner Aufloͤſung entgegenwankte; zweimal rohe, dem Chriſtenthume feindliche Bar⸗ 
baren aus Oſten die weſteuropaͤiſche Chriſtenheit bedroheten, zum Theile ſchon unter- 
jochten; das Chriſtenthum, durch gottbegeifterte heilige Boten getragen in den heidni⸗ 

hen Norden drang ; zwei gewaltige Reiche, das Kalifat zu Bagdad unter Harun⸗al⸗ 
aſchid (f.d.) u. die fränkifche Monarchie, das wiedererſtandene römtfche Reich, 
unter Karl dem Großen (f. d.) die Menfchhelt in Staunen ſetzten, ohne je 
doch Dauer und Ordnung zu fihern; die geiftliche Macht des Papftes ordnend 
u. ſchlichtend inmitten der Gewaltthat waltete, ver Roheit ſteuerte, ber 333 
errſchaft wehrte, Vildung durch Chriſtenthum und Kirche förderte, die 
eite, u, den Hoͤhepunkt ihres Anſehens erreichte, unter dem großen, 
fegneten u. heiligen Papft Gregor VIL (f. d.); GStäbte u. freie Bürg 
ei Handel, Bewerbfleiß und Kunſt, feſt wurzelnd im Boden der 
Kirche, zu Wohlhabenheit, Reichthum und Macht beranblühter; endlich die 
Kreuzzüge (f. d.) auf Künfte und Wiſſenſchaften, auf Gitten und Gebräuche; 
auf olltifde u. häusliche Berhältniffe, auf die gefammte Bildung der 
ſchen Menfchheit einen unermeßlichen Einfluß übten. 

Der Schauplat der Geſchichte des Mittelalters ift Europa, weil an den eure 
paͤiſchen Staaten u. Bölfern faſt ausfchließlich der Gang u. die Entwidelung der 
menfchlicyen Cultur ſichtbar if, u. die übrige Welt nur in dem Maafe an Bedeutung 
gewinnt, wie fie mit Europa in Berührung tritt, Es hatte fid) aber feit dem Unter⸗ 
gange der römischen Welt die neue Beftaltung der europälfcdyen —— als einer 
aige Welt, vorzugsweiſe aus den germaniſchen Völkern, natuͤrlich unter dem 
fleten &influffe ber eiglon und der Kirche, entwidelt. Die Kirche befaß im 
Mittelalter nidyt allein ihre urfprüngliche innere Gewalt des Glaubens über bie 
Gewiſſen, fondern fie war durch die Gunſt der Umflände u: u einer 
beveutenden äußeren Macht herangewachſen, weldye auf das Kr ei ſte in 
Lauf der Weltgebenheiten eingriff, u. deren Wendung u. Berlauf entichieden be 
herrſchte. Und nachdem die Macht der Kirche u. deren Alles bewältigender Ein- 
fluß, wie vorher gefagt, ihren Höhepunkt erreicht hatten, ba war dürch fle die 
gefammte weltliche Macht von faR ganz Europa zu jenem großartigen politiſch⸗ 
teligiöfen Unternehmen mädytig begelftert, u. hingetrieben worden nad) den heil 
Stätten, wo ber Fuß unferes gertichen Hellandes gewandelt, wo fein all 
bee Blut geflofien, wo der Auferſtandene herrlich erfchlenen, wo das Geheim⸗ 
nis unferer Erlöfung vollbradht, von wo das Himmeldwort des Cvangeliums 
hinaus in alle Welt erfchollen war. Es waren die Kreuzzuͤge gefolgt, u. hatten 
faſt zwei Jahrhunderte lange gedauert. Aber mittlerweile war eine Zeit bes 
Kampfes geiftlicher und weltlicher Macht gegen einander gefommen. “Denmm bie 
weltlicdhsgeiftliche Macht der Kirche hatte Ihre große police mung es 
fuͤllt, fle ade weltlicher Srofngberefehaft ae Te hatte bie Freiheit der euro: 
paͤiſchen Bölfer, u. damit zugleich die chriſtliche Gultur af alle Zeiten geflchert. 
Rod) Länger dauernde Aligewali hätte die papftliche vielleicht zu einer 





gie weittichen —* made, ober fie gar 
Ben, wie 6 vie 
che ——8 u. ieh ae © —ã aber x 8* ai 


eben rg 
—8 ieder das 
Jeber Fan An Bat en er rege —— ve. fi Sn a 
* = — en alas Br Bıfom — gelacht. 
ver 
e werden aller Drten in — vrlhen 3 
Dann treten ander e N 
+ at Menfchheit und „re Sur mädhtig beſtimmende u cm 
mlich in der zweiten Häl 5. Jahrh. werden große biöher unbelfannte 
Best eile, gänder u. * 459 u. bekannt, wodurch die 
— ————— 
haus umgewandelt w IDerben; ker wichtige, d diefen Entdedungen angehende, 
Hefelben zum —— Erfindungen. Gompaß, Ehlepalver 
Buchdruderfunß u. Leinenpaptier, entfa era kaum geahnte nie nt 
amleh —— = Bihung mi —— — 
imiffe Europas, ven * ne Eder nn Finnen 
—— in ia Be — — 
rad) —— ame Sure kife #2 16. bie A gi 
rennung, Refor 
—— — EI 
Venen, alle ' ber a *förbernd- 
* 


ver anderen def 
—— u. "ar gäajlie Beränberung in den Gharafter u. 
ea an um 
Zeit, welche — die Neuere Zeit heißt, u deren 1 Say, die Neuere 
















Beſchichte. Dr ed Ringen, it ehrli 
u. den —5 —— ——. ab aber . die HH 
Hüter des Menſchen, um Religion u. Glauben, u. Kirche, u. um Grhaltung u. 
der aus denfelben überlomm enen anberthalbtaufenbiährigen Errungens 
Se a rl nn 
* —— —— — Bänbniffe eu Bari, ober 


Krieg, mittelft Liſt oder Send, — 2 en I ‚fo des 
atlebens, wie des oͤff enun chen Lebens, ein Streben nach Fer rn Er Seiner 
ſelbſt u. feines wirkli vermeintlidy tes, entfchiedene® V ide 

Hier Intelectuellen Kräfte, —e —** ed, riefenmäßige Fottſchritte 
üdfchritte Ölaubens: diefe® u. —— noch das Eine oder Andere 













nären glel fam die Factoren, eren Gefammiprobuft after der Neueren 
ausbrüden wärbe. ge ehe t daber die e eines abgeſchloſſenen 
ittelalters zwiſchen Alterthum u, Reuerer Zeit, 8 en E —*8 * —— 
Annahme wohl begründet und unvermeiblidh. Dies . a. D. 8. 159 ©. 163 f. 


ſagt darüber u. a.: Due —— — — wunderbarer drangen und ver 

Refor nation mit ber Entdeetung von Amerika hat vor 300 Jahren nicht mur Be 
‚te frühere —5 in eine neue uümgeſtaltet, ſondern auch in der That eine neue 
Belt h Imaugefügt ........ Sehet jenſeits der Meere ein zweites, ein drittes 
— u, beginnt nicht auch für Afrika mit ver Eröffnung des6clav e n⸗ 
jandels im ——— —— für Aften mit der Landung der —* 


en eine neue verhängnißvolle ET ber Dinge 
mmerbin das Mittelalter gr — “Tr —— — 
ven Weir beibehalten... Das begreift fomit 





1845, XIV, re „ld: dien ae 
Welt: kalter, vor ne Mus. Ehrifus — * — rs der 
u inte Di Die ganze Zeit vor Ihm nur Gi ah anfang —— en —— vu! 
i — die © f t I 
Ya Sm, Er — u I ve if an 


der Helen, In Gegefane pe Re nn Sera 
af un; e 
Die Geſchi en ae hr fit bis a anfere Super die 
Bed genen —ãa „a — Jahrzehnt nämlich an Sen 


BEE rei ee 
— gift —— —— — 


ie 


Gele worbergeg, 
aiolit * 

— vn —F BA, feine — fe ei 
—— the uns —— Fr in ch 

beginnen fe. Die Er Safe 18 Branteih n. — = 
[he Sutemetich gen gm ea 6 Zuänbe'e 
ver endlichen — —— {m I Gchweiger-Santonen, 5* 2* 
Griechenlan 9 ei er Be ae Gum 
ausgelämpft wird, und was je der Mitte 
u —8 Bunde das Junge Deutſchland, die Junge ea ia Jeune 
und die Giovine Italia, was Radicaiismus und Ratkonatiemue 
mus und —— auf kirchlichem und politiſchem Sebi eftreben: — das 
Alles dürfte mehr als vu Gemüge erweifen, daß bie Revolution als WB 
noch nicht vollendet a Want diefelbe aber vollendet feyn wird, das bärfte 
zur Zeit nur von dem Auge Defin otſchaut werden, „vor Dem ein Zahetan) an ® 
wie der geſtrige Tag, der vorüber Aha und für Deffen Wiſſen «6 
heit gibt u. Tine Zukunft. Wir aber, u. unfere. Kinder Fönnen bis dahln 
länge das Zeitliche gefegnet haben, und von dem Schauplage der Geſchichte 
jetteten feyn. Dann mögen die Rachlommen das Urtheil —8 ſagen 


8 

b mit der Revolution Welt 

Yon da an, im ee Air Reueren eine Reue Ye und eine-Reue —2 

hie nn en, Die Zeugniffe, ans welchen bie wichtig * — 
ts· Que e fe, an en bie en niffe 

Menſchengeſchlechtes erforſcht Deren, heißen Gefhichtöquellen. ne 


= 


tigen Greigniffe durch muͤndliche Weberlieferung von Bater auf 
hinab in. die foigenden Generationen mitgetheilt, und deren 1 Hnbenten fortgep! 
Ras nun das Gedaͤchtniß der jugendlich Fräftigen, in frifdyer Lebenvigfelt 

auffafienden, unter ganz einfachen und größtenthelis jünftigen äußeren Berlält 
niflen lebenden, — beengenden, complicitten Formen und. ne en 
get getheilten — geſchwaͤchten Beihtehter vielleicht, und wahrſcheini Fi 
jegt Taum noch geahnte Stärke gehabt, und vermittels — die — 
ũndliche Weberlieferung eine (ee Äehe hedenienne Eriegterung, Ip wie Kinn, außer 


Geſchichts⸗Quellen. 754 


m nicht denkbaren Vorſchub erhalten haben; mag ferner der aͤußere Sinn ber 
gendlichen Geſchlechter, vermöge feiner noch nicht abgeſtumpften, ungemeinen 
rrezbarkeit, von den Eteigniſſen außer ihm einen fo maͤchtigen Cindruck erfah⸗ 
n haben, daß diefer in feiner objectiven Reinheit von einer gewiß noch ſchwa⸗ 
en und kaum entwidelten Subjectivität nicht getrübt, noch weniger verwiſcht 
werden vermochte, und mag auch hierin für die Treue der Ueberl ng eine 
deuiende Bürgfchaft gefunden werden: fo reicht body dieſes alles nicht hin, um 
e alfo mündlich überlieferten Wegebnifie über einen, audy nur einiger Maßen bes 
utenden Zeitraum hinaus gegen Unvollländigleit, Ungenauigfeit, und fonfige 
Ulfuͤrliche und —* Entſtellungen zu ſichern. Denn es wuchs die 
umme der Ueberlieferungen von Generation zu Generation durch das Hinzukom⸗ 
en der eigenen Erlebniſſe; das Selbſtgeſehene u. Selbſterlebte mußte, der Natur 
mäß, einen weit Rärkeren Eindruck machen, als das Ueberlieferte und bloß Ges 
ste, und, ſchon vermöge feiner Unmittelbarkeit, dieſes, je länger je weiter, tn 
n Hintergrund drängen und unſcheinlich machen. Waren nun auf dieſe Weiſe 
e Erzählungen früherer Bogen fie, deren Augenzeugen nidyt mehr vorhanden 
aren, ungenau und unvollfändig geworben, und begann man bie Lüden in den⸗ 
ben zu gevahren, fo mag es fehr natürlich wiederum nicht an Verſuchen ges 
it haben, diefelben zu ergänzen; und damit waren den Entſtellungen ber 
hor und Thür geöfinet. Aber noch viel weiter mußten diefe En umgen erſt 
mn getrieben werben, wann irgend ein wirkliches oder vermeintes Arion tereſſe 
8 Erzaͤhlers, wie ſolches nicht ausbleiben konnte, Zuthaten oder Weglaffungen, 
ergroͤßerung oder Verkleinerung als raͤthlich erſcheinen ließ. Unter dieſen und 
mlichen Berhältnifien, über welche fidy noch ſehr ausführlich handeln ließe, ohne 
och alle Möglichkeiten und Eventualitäten erfchöpfen zu können, deren wirk⸗ 
heo Borhandenfeyn aber bei geringem Nachdenken ſich als nosbwendig, heraus⸗ 
Den muß, konnte es nicht anders geſchehen, als daß die überlieferten Vegebniſſe 
yon nach nicht get langer Zeit unficyer, oft verändert, und zumellen bis zur Uns: 
nnilichteit entftellt wurden. Auf diefe und ähnliche Weile mögen die gahllofen 
nverbürgten u. fabelhaften Sagen und Mythen der Völker entflanden, u. durch 
ahrhunderte bindurdy in mannigfaltigfter Geftaltung fortgepflanzt feyn. 

Her neben diefen Entftellungen, welche die bloß im Gedaͤchtniß aufbewahrten ' 

durch mündliche Ueberlieferung fortgeflanzten Begebniffe im Laufe der Zeit erfah⸗ 
n mußten, ift audy noch zu bemerken, daß in den früheften Zeiten, vor Erfindung 
t Schreidefunft, die Ueberlieferung wichtiger Creigniſſe ſehr häufig in Symbolen 
id Mythen flattfand, welche nad) Berlauf von längerer, vielleiht haͤuſig von 
rzerer Zeit, dunkel, zum Theil ſchon falfcher Deutung fähig, und unverftändlich, 
ithin ihrer gewiflen und feften thatfächlichen Grundlage verluflig wurden, und 
zu dem bloßen Werthe oder Unwerthe fabelbafter Gebilde herabfamen. 

Bedenken wir endlich nody, daß bei den jugendlichen erfahrungslofen Blhleh- 
m, wie wir dieſes noch heut zu Tage bei weniger cultivirten Voͤllern finden, 
ächtiger Hang zu Mebertreibungen, zu Aberglauben ya zum Wunderbaren ger 
richt baden mag, fo werden wir ed begretflidy finden, wie oft nur ganz eins 
he Tharfachen unter dem Gepränge wunderlicher, bizarrer und unglaublicher 
raditionen gleichſam vergraben und verfcyüttet wurden, und häufig ganz verloren 
ngen. Auch liegt es ganz nahe, daß die Menſchen jedes ungewöhnliche, ihnen uners 
irüche Ereigniß dem unmittelbaren Einfluffe irgend eines höheren u. mächtigeren, theils 
ıten, theils boͤſen Weſens zufchrieben: und dieſes iſt der Urfprung der alten 
ötterlehren, welche dann durch Beimiſchung von Traditionen Mythen u. Sym⸗ 
fen zu den oft pomphaften Mythologien ausgeſchmückt wurden. 

Aus allem bieher über die ungefchriebenen Quellen der Geſchichte Geſagten 
git: fi, daß dieſelben als eigentlihe G.⸗Q. höchſt unvollftändig u. großentheils 
irftig find, daß ihre Benugung mit großen Schwierigkeiten verbunden if, und 
m Zwede des richtigen Berftänpnifies, der Erklärung und Deutung, bebeutende 
enntniffe, viel Scharffnn und große Umſicht voraugiert. 

Krk nad Erfindung ber Schreibekunſt und mit dem Varyanheniegn X 


m [VFTEUORE EP. a i . 
bener Do die Geſchichte eine: ſeſte Orunblage: Dem vas wo⸗ 
air una Bereit toirh, des In * 
en I — wofein bie Sprache, in welcher es gie 
* für die Begebnii Alhere © 


ewaͤhr. 
Wert; und Läffigfelt der g DO. va⸗ 
(ale Bier Di ‘ — ae auf die zu Ele Brig —' 


eg feit des © a an; und biefe ‚Brüfung und das zu ermittelnte 
De — je der Anna en Kritit. Scheszichtig b ner. Bi 5.5063, 
—— hiftorifcher. Zeugniffe von erfchöpfenben en di 
hängtg-if, ft, N kaum unter Regeln fen,“ "Die in biefer Be 
Hi jung häufig aufgeftellten Grundſähe en ‚nur Regeln, welche ber wien Sins 
nahmen wegen faum brauchbar find. So ———* 
ſtehende Zeuge dem entfernteren, daß der enge dem 
—9 * oft Andeı hier nicht wegen — nahe liegender Utſachen gerade das 
Ratt? „Die Umftände u. X a unter en die Zeugen 
iöntehen aben, entſchelden zulept ül Bien 
eh ae hriebene ©. Fer —* auch di a In 
noch varhandenen, fpäter verloren gegangenen 
— — Hab, Ans; 





en 

ruben für die ag: 
“ Bf v Kir ind henanfun, (artehenez Ude 
ferung 5 nen Gagen, u ba aefrishenen DR hiſtorif ee 
Dana ober nd alshne en Sign Ave reiche 
dann aber van Ar jene Art von jehr ergiebigen ©.-D., Heat riften 
Renumente, a ect ilder, ee — del, 

e Denkmäler erer Zeiten benupt. 
has — ägyprife plain au welcher Ti ci bes Gnglänbere Bram 

Hal 


—— — —— deſſen Loire 
relative & Valphabet des hiörogiyphes, employ& Br PL y 
a Dice re 4 Tat | fütres, Ioa noms ci Ica Surnoms so 
verains grecs et romajns,« Paris, 1822, 8. u. »Precis du 


des anciens Egyptiens ou rechesches sur los di6mens premiere de 

ie nulzes moibode Grpkiguen öprpiemns, Sri 1241.2, Kufge 1EREL 

ofen Bafıden nunsde (mir as 23 Salem mi Sig ga —— 

hat eine neue reiche ©e ler er durdy dern Bermpug Surfer 

erg ——— Sim the fo mug * Hy ein — 
⸗ e hd ſch auch na ane 

1 in das Jahr 3223 v. —*— uf führen u. ſonach das Gebiet — Welt: 


18 
geſchichte um. mehr denn ein Yahrtau ſend zu orliem L „Zeit 
für — **— Freburg 488, ER XIV., Heft 4 5 EN Zeuſchein 
luch d em Sagen erft begonnenen Pag en enden» Eyrade 
ftellen eine ee Exiebigkeit der durch erd ein EM aan 3. 
Quellen für die alten ZuRände von Inners F intera — 
dorſchungen auf der weſillchen Halbiugel vgl. Bieg$, die, Sohn nerfung. 
) Noch im Jahre 1839 frieb Leo Bb. I. 6, 88: — leich ih — — 
ma —S 8 


ben Angaben des Manetho in neuerer Zeit wieder auch 6 ae, 
FA vr ihm Eyhaltene aut ſchwierig zur Conſiruktion einer te ar a. Haren Ueber 


— u u 65 u 3 7 777 2022 


. St  . 2) 


Geſchichtſchrelbung. Die getreue m. mahthaftige Darftellung wohlerforfchter ıt, 
wohlerfaßter Gefhichteift Gefchichtfchreibung. Nicht bloß Gefchichte in der erften 
urfprünglicyen Bedeutung ded Wortes, nämlich Geſchehenes zu erzählen, ſondern 
Geſchichte in der ganzen Fülle der ihr als Univerfal- oder auch Speztalgeichichte 
beiwohnenden Bedeutfamfeit, in einem anfchaulichen Bilde darzuftellen, mithin in 
der Univerfalgeihichte den Eulturgang des Menſchengeſchlechtes, in der Spegial⸗ 
geſchichte den Bildungs- u. Entwidelungsgang des betreffenden Spezial-Objectes 
zu Harer Anſchauung zu bringen, ift die Aufgabe der ©. Demnad) fept die ©; 
nicht allein gründliche, durch Geſchichtsforſchüng oder Gefchichteftunium erlangte 
Gefchichtäfunde voraus, fondern es wird von dem Geſchichtſchrelber auch die 
Kunft der, Darftellung, eine eigentliche isropıny) zexvn gefordert, u. biefe eben- 
ſowohl rüsffichtlich der inneren gleichfam phyſiologiſchen Gliederung feines Wer⸗ 
fes, ald rüdfichtlicdy der Äußeren Form deſſelben. Verſchieden von dieſer hier 
bezeichneten mehr äußerlichen Geſchichtſchreibekunſt, und mehr umfaffend {ft das, 
was man ald Hiftorik bezeichnet, nämlich die Lehre von der gefammten Ers 
Tenntniß, Auffafjung u. — 5 der Geſchichte. Diefe Hiſtorik geht hervor aus der 
Gefchichtöphtlofophle: es fan nämlich, fagt Gervinus „Grundzüge der Hiſtorit,“ 
2elp}. 1837 ©. 62, die Philofophtedie Gefhichtfchreibung zu ihrem Gegenftande 
nehmen, und wird dann eine Hiforif entwerfen, in der 4 ſich auf das Weſen 
der Geſchichte, des Objects der G., verbreiten kann, gerade fo, wie fie in der 
Kunftphilofophte neben der Natur des Künftlers und des Kunflwerfes, auch das 
Reich des Idealen befprechen muß, aus dem fie jene erft herleitet.“ Wo es aber 
überhaupt eine Entwidelung, eine Geſchichte gibt, da Ift auch Bewußtſeyn der 
Geſchichte, und dann folgt weiter, was Dr. wei in der Abhandlung „Ges 
ſchich is philoſo ph ie ıc,“ „Zeitfchrift für Theologie,“ Freiburg 1845, Band 
XWV., Heft 2, ©: 214 fagt: „Wo ein geifliges Arbeiten if, wo erhabene Geſtal⸗ 
ten aus der Fluth des Lebens auftauchen, da fteht der Menſch und finnt dem 
Gelfte nad, der in ihnen wirkte; er ergreift den Griffel, um die Bahnen, in 
weldyen jene glänzenden Sterne auf- u. untergingen, für immer zu bezeichnen, zu 
freubigem erhebendem Angedenfen.” Das heißt mit andern Worten: Es folgt Ge» 
fhichtfchreibung. Und dann heißt es welter a. a. D.: Jedes folcdheBolf hat bet eis 
ner Gefchichte auch feine Geſchichtephiloſophie. Mit der Erzählung fpricht ed aus, 
wie ed die Ereigniffe auffaßt, was es für das Ziel alles Gefchehens hält, wie 
es fih das Verhaͤliniß von Ind ividunm und Gattung denkt u. ſ. w.; daß dieſe 
Art u. Weiſe feiner Geſchichis anſchauung zur Beurtbeltung feines Geiſtes einen 
Maaßſtab gibt, daß fie und feinen Sek von einer neuen Seite Fennen lernt 
(lehrt), iM durch fich ſelber klar.“ Wenn die Gefchichtsanfchauung fich bei jeg⸗ 
Ki fern nad) deren jeweiligem Eulturkande gehalie, glich die Geſchichts⸗ 
Philoſophie eines Bolfed von deſſen Eultur abhängig if, wenn, wie Ulrich, 
„Sharafterifif der antiken MRortogranhle Berlin 1833, ©. 6 fehr treffend fagt: 
„Der Phantaſt die Thatſache von Ihrer poetifchen Seite age ; der Kalte Bers 
fand diefelbe nach Urſache u. — ſecitt und ihren in Klugheit und 
Nüglichfeit findet; Gemüth und Gefühl die That vernachläffigen und fi) in die 
Seele u. den Geifteözuftand des Thäters verfenfen; die Sinnlichkeit endlich bei 
dem Bilde der That verweilt, fich an der Luſt, bie ſie gewährte, ergöst, u. nach 
finntichem Nuhen uriheilt*: Eo muß auch nothwendig bie G. als ein aus fo 
verfchievenen geiftigen und fittlidyen Zufänden hervorgehendes Refultat, bei den 
verfchiedenen Bölfern u, zu verfchledenen Zeiten fehr verfchleden ſeyn. 

Im Allgemeinen kann behauptet werben, daß außer dem Ehriftenthume die Offen⸗ 
barung Gottes in der Geſchichte des Menfchengefchlechtes entwweber gar nicht, oder 
nur mangelhaft erkannt u. aufgefaßt worden ift; es fann behauptet u. erwiefen werben, 
daß außer dem Ehriftenthume die verſchiedenen BVölter, Racen u. Geſchlechter der 
Menfhen nicht als eine einige gefammte Menſchheit, mit einer gemein 
ſchaftlich en menfchlichen Wi u, mit gleich er Befiumung begriffen worben 
find; es ficht vielmehr fe, daß namentlich das alte um in dieſer Bes 

Reolenggelopädie. IV. 48 


1 Geötätfäreitung . 


iehung in zum Thelfe fdjauderhaften Irrhümern und Werfehriheiten befangen 
u, Hi —R Chri ae ———— —— in ei 
en jehung etwa richtigeren Anfichten bloß dem jenthume zu vers 
danfen haben. Da nun das Gerißenhunn die Wahrheit befigt, u. das. Ehriften 
thum allein namentlidy die einzige wahre Geſchichtsanſchauung vermittelt bat, 
die einge wahre Sefoietsphllofpkie begründen tann, fo folgt, daß wahre ©, 
in dem Sinne, wie wir fie oben eiflärt haben, namentlid) eine wahre Univerjal- 
©. nur im Chriſtenthume möglich ift. Wenn aber allerdings nicht zu läugnen 
it, daß aud) in dem vorchriftlichen Heiventbume in dieſet Beziehung bereits 
Großes erfircbt wurde, 1 ein Etheben zum Höheren bemerkbar it, fo iR biefe 
Erfcheinung gerade fo zu erflären, wie das wahrhaft Großartige, was- bie 
griechische Phitofophie in ihrem aufrichtigen Streben und Ringen nach der ihr 
noch nicht offenbarten Wahrheit durch flufenweife Annäherung an dieſelbe ge 
leiftet hat. So zeigt eben Br. Michelis in Dr. Dieringer’s „Katholifcher Zeit 
ſchrift für Wiffenihaft u. Kumfl,“ 1846, Bo. 4, Heft 1 ©. 3 fh ‚daß das in 
nerlich Zufammenhaltende u. Leitende in der Entwidelung der gt echifchen Philo⸗ 
ſophie die Beziehung zu ver Im Chriſtenthume offenbarten, damals noch verbot ⸗ 
genen höchnen Wahrheit iſt“, u. fagt u. a. ©, 5 „denn wenn in ber That die 
chriſtliche Offenbarung die abfolute Wahrheit iR, fo muß fle audy, erkannt oder 
unerfannt, der legte Grund u. Beziehungepunft alles und jeden ernſtlichen Str 
bens nady Wahrheit feynz; eifannt, indem Hann auf diefem Grunde allein ale 
andere Wahrheit fi aufbaut; unerfannt, indem dann nur Im Ringen nad) ik, 
der menſchliche Geift zum Höheren ſich erheben fann.“ So hat denn auch das 
. vorrißliche Miserthum ©. 5 China bereits 9. Jahrhunderte vor Ehr. (Dr. Weit 
a. a O., S. 22t), gefammelt, ausgelefen u. georbnet von Konfutfe im 6. Jahr 
Hunderte v. Ehr.; auch die Aegnpter in ibren Infchriften auf den Tempel-Wänr 
den, Eäulen u. Pfoſten, und auf ihren Obellöfen, dann aber befonder& im den 
Tempelarchiven, aus welchen allen der Oberpriefler Manerho unter Ptolomäus 
Lagi ein Geſchichtbuch zufammentrug. Das Medifch-Perfifche Reich hatte feine 
Geſchichte vorzüglich felt Zoroafter, etwa im 8. Jahrhunderte v. Ehr., oder nod 
früher, in dem heiligen Buche Zend» Avefla. Die Indier, eines der älteſen 
Voͤllei von hoher Bildung, deren uns, wenn auch bis jept im geringen Maafe, 
befannt gewordenen Denfmäler wir anflaunen, hatten leine ©., aus Gründe, 
weldye von Dr. Weiß a. a. O. ©. 225 ff. feharffinnig und überzeugend ents 
widelt find. Bet ven Griechen begann die G. damit, daß, wie Strabo im I. Bud 
©. 12 ıEd. Casauboni) erzählt, die Alteften Schrifiſtellet bloß die Verſe des al 
ten Epes auflöften, um fo eine Art von Profa zu erhalten ; dann folgen gegm 
bie Witte des 6. Jahrhunderts vor Chr. die fogenannten Sagenerzähler, Aoyo- 
ypapoı mit threr noch ganz unfritifcyen u. unauverläffigen Sraählung, die Aoyo- 
ypapia genannt, durch welche die eigentliche G. erft vorbireitet wird. Diefe ber 
ginni mit Herodot, erreicht den Höhepunkt ihrer Blüche durch Thucydides, web 
chem Zenophon fon nicht mehr gleich fleht. Bei den Römern finden wir den 
Anfang der ©. eıft gegen das Ende des 3. Jahrh. v. Ehr.; DO, Fabius Pictor 
u. M. Porctus Gato, wilde beine zur Zeit des awelten punifchen Krieges leb⸗ 
ten, find die aͤlteſten römifchen Gefchichtfchreiber. Ausgebildet und blühend fin 
ten wir bie römiihe G. erft zur Zeit des finfenden Fteiſtaates durch Julius 
Cäfar, Salluf u. befonders Livius, den römifdyen Herodot. (Vergl. Quintil. 
3. 0. X. cap. 1. $. 101). Unter den Katfern ſank dieG. aus fehr begreiflichen 
Urſachen, welche man bet Tacitus Annal. I. 1. Histor. L 4. u. Agricola 1 u.2 
angegeben findet. Tacttus felbſt ergreift einen günftigen Augendlick (vergleiche 
Agric. 3), um in feinen Geſchichtswerken die Grtwicder nlängend zu heben. In 
der römifchen G, welche im Allgemeinen nur römische Spezlalgeichidhte behan- 
delt, finden wir einen Verſuch audy Univerfalgefchichte darzuftellen: Trogus Bom 
Deiuß, weldyer unter Kaifer Augufus (ehe, verfaßte in 44 Büchern, Historise 
Philippicae et totius mundi origines et terrae Siap, dar Bär Tea uns 


" Gefgiätömnterel," 155 


doniſchen Reiches, in welche aber deren Berfafier Epiſodenweiſe, als geogras 
phiſche und gefchichtliche Notizen, die Befchichte der übrigen damals befannten 
Völker eingefhaltet hatte. Daß indeſſen diefed Werk gleichwohl Feine Weltges 
gefhichte in dem von und angenommenen Sinne war, bedarf kaum bemerft zu 
werden. Bon dem verloren gegangenen Werke des Trogus Pompejus beflgen 
wir einen ziemlich getreuen Auszug in den Büchern des Juſtinus. 

Die ©. ftand bei den Alten in hohen Ehren; um Anderes nicht zu erwähnen erin⸗ 
nern wir bloß an Plinius Epist. VI. 16, wo er den Gefdhichtfchreiber demjenigen 
an Ehren gleichſtellt, defien große Thaten derſelbe befchreibt: »Beati quibus datum 
est, aut facere soribenda, aut scribere legenda« Auch hatten die Yıten richtige 
Begriffe von dem Ernſte u. von der Schwierigkeit der G., wobei fogar die eigen⸗ 
thümliche, nicht nur Äußere, fondern audy innere Beziehung zwifchen den darzu⸗ 
helenben Saden und deren Bild, der Geſchichtsdarſtellung durch die Sprache 

rer Aufmerffamfeit nicht entgangen iR, fo daß das facta diclis exaequanda bei 
Salluft Cat. IH. nicht für eine bloße Phrafe gehalten werden muß. Diodor 
von Steilien führt diefen Gedanken in Beziehung auf die Erzählung der Thaten 
des Hercule® weiter aus, wenn er lib. IV. p. 151 A. (Steph.) fchreibt: Övasgır- 
rov ovv forı TO xara ryv dEiav inacrov TwWv npaxdtvrwv arayysidar, 
al rov Aoyov E&ıawWacaı rois ryAınovroıs Epyoıs, ois da TO utyedos ina9- 
Aov Yv 7 a9avasia, eine Schwierigkeit, weldye Iſokrates fogar für die Rede⸗ 
fun anerkennt, wenn er, Panath. XUL fagt: xat rw uryedeı ar rw aller 
xalındv EEıdadaı rods Eraivous, „ſchwer ift es, der Größe und der 
Schönheit der Thaten das Lob der Rede glei zu halten.” 

Die älteften aller befannten gefchriebenen Befdlehtö-Urunde ‚haben wir von 
dem alten Bolfe Gottes, den Juden, überfommen. &8 find die heiligen Geſchichts⸗ 
bücher des alten Teftamentes, unter biefen vor allen der Bentat euch oder die fünf 
Bücher Mofts. Abgeſehen von der göttlichen Wuctorität, mit welcher dieſe Urkunden 
bekleidet find, fo geben biefelben audy über die älteften u, dunkelſten Begebniſſe des 
Menſchengeſchlechtes unter allen anderen Berichten die vollſtaͤndigſte u. am meiften 
genügende Auskunft; u. wenn man die den zahllofen Mythen u. Traditionen ber 
verfchiedenen Bölfer zum Grunde Legenden Thatfachen ermittelt, fo findet man 
zwiſchen diefen u. den Mofalfchen Berichten eine erſtaunenswürdige Ucbereinftims 
mung. Erſt zehn Jahrhunderte nach Moſes begann die eigentlidhe ©. der Gries 
chen mit Herobet, dem Bater der Geſchichte. Die Geſchichte Mofts u. die ges 
fammte heilige Geſchichte des alten Tefamentes tft, mit Wusnahme der Nach⸗ 
richten über den Urfprung u. die Urzuflände der Welt und der Menfchheit, eine 
Spezialgeſchichte der Juden, freilich mit einer fo hohen Bedeutſamkeit, wegen der 
unmittelbaren Beziehung dieſes Volkes zu Bott, u. feiner Schiefale zu den höch⸗ 
ſten und heiligften Intereffen der gefammten Menfchheit, daß wir in diefer Spe⸗ 
zialgefchichte die Seele und das innerſte Leben der alten Weltgefchichte kaum 
verfennen Dürfen. 

So viel wollten wir über &., deren Begriff, deren Urfprung n.ältefte Zuftände 
kurz andeuten. Ihre Entwidelung, ihre Erforderniſſe, ihre Hilfsmittel, ihre Literas 
tur, ihre fpäteren u. heutigen Zuftände zu befprechen, iſt nidyt diefes Ortes. Dr. Stz, 

Geſchichtsmalerei oder Hiftorienmatleret, befchäftigt fidy mit der Dars 
flellung menfchlicher Figuren, oder gefchichtlicher Gegenſtaͤnde. “Das Gebiet der 
G. begreift die Mythologie u. die Kabel, das Befchichtliche u. Sinnbildliche, u. 
iR Daher von der größten Ausdehnung, erfordert aber dieſerhalb auch umfaſſende, 
vielfeitige Kenntnifie. Außerdem kann die gefchichtliche Malerei ohne Poeſte, d. t. 
ohne poetifche Auffaffung der That, nicht der Ratur, nicht beſtehen; denn nur 
dadurch allein empfängt fie die Klarheit, Bewegung u. Gharakter. Ihre Bedeut⸗ 
ſamkeit beruht hiernach hauptfädylic darin, daß fie den Gedanken voranftellt, 
Raturgeftalten als deſſen zräge fret erfindet u. den Menfchen nady feinen mans 
nigfaln en Aeußerungen, Zufänden u, Gharakteren darkelt. Dorum Ira 
bei Beltem bie Landſchaftomalerei u. es eignen ſich u. Denn EN» 






a Eeföihe— Celanac. 


lich nur großartige Ereigniffe, in den entfcheidenften Momenten aufgefaßt, damit 
fowohl durch die Verbindung mehrer Figuren die Kraft des Bewußtſeyns, ak | 
aud die Größe ver That zur Anfchauung gelange. Jedoch kann Immer zugege 
ben werben, daß tm befchränkten Mafftabe auch eine eingelne Figur mit dem 
Ausdrude eines lebhaften beflimmten Seelenzuftandes ein geſchichtliches Bild ge 
ben förne, das SBorträt ausgenommen, weil darin eine Handlung oder 
ein Zuftand nicht als wirklich dargeftellt wird, Wergleihe Malerei und die 
Arten verfelben. 

Geſchiebe, auch Rollfeine, nennt man mehr ober weniger abgerum 
dete Bruchküde von Beldarten aller Art in verſchiedenartiger Zufammenhäufung 
u. verſchiedener Größe; in ber Megel find fie loſe, bisweilen auch loder verbun 
den durch ein Bindemittel von Sand, Thon oder Rail, eM. 

Gefchlecht (genus), 1) der Inbegriff lebender Wefen, die von Natur einm 
übereinimmenden Gharakter ihrer Bildung erhielten, in wel Sinne 3. B. 
die Menſchen in ihrein Zuſammenbeſtehen ald Menfchen:G. bezeichnet werben u. 
man ebenfo auch von Thiers und Pflanzen⸗G. ſpricht. — 2) Lebende Weſen in 
Bezug auf ihre Entftehung von Weſen derfelben Art u. ihrer Kortpflanzung. — 
3) (Gens), Famillen, die gemeinfchaftliche Abſtammung haben; fo ſpricht man 
von einem adeltgen, berühmten, auögeftorbenen ©, u. |. w. — 4) (Sexus), ode 
männliches u. weibliche ©., die, bei den meiften thierlichen Organismen u. bi 
allen Ihteren auf höheren Stufen fattfindende Scheidung, aufolge welcher alla 
darunter befaßten Individuen in Bezug auf die Forwflan ung Ihrer Urt verſchie⸗ 
dene Organe verliehen find, an deren zufammentwirfende 3 tigkeit (G.s⸗ Vereinl⸗ 
gung) die Fortyflanzung fethft gebunden if. 

Geſchlechtstrieb, der Trieb, welcher and dem Erwachen des Gattungt⸗ 
lebens zur Zeit, wenn das individuelle Leben in feinem Blüthenalter feine 
vollen Höhe gelangt if, hervortritt u. in dem Maße, als das Individuelle Leben 
in der Schwäche der fpäteren Jahre fi) immer mehr in ſich ſelbſt zurüchieht 
erlifcht. Der ©. geht rein vom Körper aus und iR das Streben des Einnenlo 
bens, ein neues, individuelles Reben zu erzeugen u. dadurch die Gattung, bei dem 
allmäligen Wiederuntergange der Individuen, zu erhalten. Es theiit daber auch 
der Menſch diefen Trieb mit den Ihieren u. der ©. wirft auch beim Menſchen 
Anfinctartig, obgleich er nicht fo, wie bet den Thieren, an beſtimmte Zeiten ge 
bunden iſt, auch nicht fo wild, wie bet biefen, hervortritt, fondern der überlegenen 
Herrfchaft der Bernunft fich fügt. Mitteift des Gemeingefühle theilt er fidy vom 
Körper aus der Seele mit u. erregt bier die Begierde durch Aufregung bes Wil 
lens zur Befrtedigung, doch ohne deutlich in's Vorſtellungs Leben überzugeben, 
wobei die Phantafte fehr angeregt wird und ins Epiel fommt. Eben fo wirten 
aber auch Franfhafte Reize durdy Steigerung der Reizbarkeit u. des Rervenlebens 
auf Erhöhung des Gees und virfegen den Geik in den Zuſtand der Unfreibeit. 
In befonderer Richtung auf ein beftimmtes Individuelles Wefen des anderen Ber 
ſchlechts wird aber der G. im humanififchen Leben, nady den nichrigeren oder 
höheren Stufen der Ausbildung des Gelſtes, zur Oefchledtsliebe, (iche 
unter Liebe). 

Geſchmack (gustus), 1) der Sinn, weldyer uns durch die Zunge und bern 
Nerven in den Stand fezt, die chemtich:materiele Beichaffenheit verſchiedener 
Körper, die mit der Zunge in unmittelbare Berührung treten, wahrzunchmen u. 
au unterfceiden. Zwei Bedingungen find hiezu erforderlich: a) muß der Körper 
im flüffigen Zuftande auf die Zunge wirken, mag er nun an fid} ſchon flüffig 
feyn, odır durch die Säfte der Mundhöhle erſt aufgelöst werden; daher 3. B. der 
©. undeutlich oder ganz aufgehoben if, wenn, wie in mandyen Biebern, die Zunge 
troden, raub, oder mit zähem Echleime bededt if. Aus derſelden Urſache geben 
Rarre oder kalte Körper, wie Holz, Stein, feinen G. Je auflöslicher dagegen 
ein Köper, defto lebendiger iſt tm Augemeinen fein ©. ; daher audy die Wärme, 
als eiſte Bedingung der Muflöfung, ein weſentliches Erfordeiniß iR. b) Darf die 


Geſchoſſe ¶ Geſcaa⸗·d) evr 


au ſchmedende Flüſſigkeit nicht indifferent ober neutral ſeyn, ſondern es muß int 
der Miſchung ein chemiſcher Pol das Uebergewicht haben. Daher ganz einfache 
hemifche Verbindungen, wie Waſſer oder Schleim, Speichel u, f. w. nicht ges 
ſchmedi werden. Man ſchmedt nicht die Kryſtalliſation, nicht die Form der ri 
per, fondern ihre Mifchung. Die Gefchmäde verlangen daher eine chemiſche Eins 
teilung, 3. B. in faure, alkalifche, ſalzige, füße, bittere, fcharfe, zufammenzichende 
u. aus diefen wieder zufammengefegte. — 2) Wekhetifcher ©. if die erworbene 
Bertigfeit, das Schöne nach feinem eigenthümlichen Werthe zu erfennen,- zu würs 
digen u. vom Gegentheile zu unterfcheiden u. zwar, wie richtig bemerkt iſt, durch 
eine Art innerer Anfhauung, durch lebendige, zum Berußtieyn gebrachte Aufs 
fafjung, ohne reflektirende Betrachtung, in unmittelbarer Wirkung. Der ©. an 
ich zwar iſt, wie jedes andere Wermögen, angeboten, d. i. jedem Menfchen mes 
fentlich zufommend, dennoch aber nicht als bloße Raturanlage zu behandeln. 

ber über das Achte Schöne urtheifen zu Fönnen, muß zu demfelben Bildung des 
gefammten geifligen Lebens, vielfeitige u. reine Anfchauung des Schoͤnen in Ras 
tur, im Menſchenleben und im der Kunft hinzutreten, damit er fogleich von der 
seinen Form ergriffen u. das erregte Gefühl zur Elaren Vorſtellung der Elemente 
der Borm bingeleitet werben Tann. Durch diefe Bildung, bie Immer nur das 
ächte Schöne für genügend erfennt und als folches würdigt, unterfcheidrt der ©, 
fich weſentlich von dem auf bloßer Raturanlage ruhenden Schönheitögefühl denn 
der ©, als ein auf Erfahrun; umäpigfelt gegründetes richtiges Gefühl und fein 
gehlbeier Skun, urtheilt dem zufolge über das Schöne. Da nun Urthelie über das 

chöne überhaupt fchon Anſpruch auf allgemeine Geltung machen, weil bei den» 
felben nicht die Empfindung allein, der bloße Ginneindrud, entfcheidet, fondern 
auch der Geift mitwirft, fo kann der Afthetifche ©. nicht als ein bloß Subjet⸗ 
tives, Willtürliches, Zufäliges zu betrachten feyn. Derfelbe wird vielmehr, in der 
erwähnten Ausbildung, wie das wahre Aftbettiche Urtheil, von der objektiven Gel⸗ 
tung des Schönen beflimmt, denn ihm genügt ja nur das wahre Schöne. Es bes 
fteht alfo hier eine objektive Geltung des Schönen und eine fubjektive Auf⸗ 
faffungsfraft, u. da jene unter gleichen Umfänden, u. dieſe unter gleichen Bedin⸗ 
gungen ſich immer gleich bleibt, fo wäre darum auch dem richtig ausgebildeten 
G. im Gamıen die Milgemeingittigtet nicht abzufprechen. 

Geſchoſſe heißen die verſchledenen Profekitte, welche durch die Geſchüͤtz e 
C. d.) abgeſchoſſen werben. Diefelben find entweder Vollkugeln, ganz von 
&ifen, oder Hohl⸗G., welche enıwever Oranaten heißen, fobald fie aus Haus 
bigen,, oder Bomben, wenn fie aus Mörfern gefchoflen werben; endlich aber 
auch Schrot⸗G., wozu die mit eifernen Kugeln gefüllten Kartätfchen gehören, 
welche aus Kanonen gefchoflen werben, u. die aus Haubigen geſchoſſenen Ehras 
pnels, welche mit Heineren Slintenfugeln gefüllt find. 

Geſchuͤtz heißt jede Feuerwaffe, fobald fle zu ihrer Bedienung mehre Mens 
fen u. zum Transporte befondere Borrichtungen, Wagen u. Pferde, bedarf. Der 
Eonftruftion und der daraus folgenden Gebrauchsweiſe nach zerfallen die Ge in 
Kanonen (um beinahe geradlinigen Schuffe), Sanbigen und Mörfer 
(zum Bogenwurfe), daher Wurf»®. Gin volfändiges ©. beſteht aus 
Rohr, Laffette und Proge, weiche, je nach ber Größe und Beſtimmung der 
©, verfchleden find — Die erfle Epur eincd G.- gebrauches fält in die Mitte 
des 13. Jahrhunderts, wo bei der Belagerung von Sevilla die Mauren fl 

eroiffer Feuergeſchoſſe bedienten, deren Wirkung erflaunlich geweſen feyn fol 

Rad ihrer weiteren ®Berbreitung erhielten fte allerhand abenteuerliche Ramen, 
ale 4. B. Doppelfononen von 100-120 Pfund, Gifencaliberfanonen 50-60, 
GSolumbrina von 20-120 Pfund, Paflavolente von 16, Sacte 10—12, Aspive 
42, Falte, Balkone 6, Falconet 4, welche Ramen vorzüglidy tn Itallen in Ges 
braudy waren. Die deuiſchen Artileriften, vamas Büchfenmeifter genannt, theilten 
damals (don ihr ©. in Belagerungs: (Maueıbrecher) und Feld-®.: die fdarfe 
Mepe von 100 Pfd. Gifencatlbe, die Kanone (Bafitter, Nothbüchfe) 75 Pfund, 


5 Geſchwader — Sefhworenengeriäte, 


die Siegerin (Nachtigall) 50 Pfund‘, Quartoma (Karthaune, Viertelebüchfe) 35 
Pfund. Beld-®.: die Rotbfchlange, — (Drade) 16—18 Pfd. Eifen, 
die Schlange 8 Pfo., Balkone, Balthorn, 4—5 fund, Falconet 2 Pfd.; fpäter 
feigte die Eintheilung in Doppelr, ganze u. halbe Karihaunen. NRach u. nach biL 
te fihh das ©. Wefen gu feiner jepigen Stufe aus: G.rKunft iſt diejenige 
Wiſſenſchaft, welche die Gonftruftion u. die Anfertigung aller zu einem ©. nötbl: 
en Dinge Ichrtz häufig verfieht man darunter auch den techntſchen 
6 ©.6, d. b. die Art und Weiſe, wie man mit einem G. ober werfen 
muß; doch gehört der milttäriiche Gebrauch jedenfalls in das Gebiet wer Tatill. 
Literatur: Benturt, von dem Urfprunge u. ben erſten Kortfchritten Des heutigen 
a lack Rädlich; Hoyer, Gefehichte der Kriegekunſt; Deder, 
te Weſens. 

Geſchwader (Escadre), eine Heine Flotte, ober auch ein detachirter Thal 
einer foldyen (f. Flotte). 

Gefhwindtgkeit (Celeritas) heißt das Verhaͤltniß des Raumes, den ein Kdr, 
per durchläuft, au der Zeit, die er dazu nöthig hat. Von zweien bat ber eine 
größere G., der tn Fürzerer Zeit denfelben, ober einen noch größeren Raum, als der 
andere, ober der, wenn fie ſich beide tel fange bewegen, einen größeren Raum 
zurüdlegt._ Man bezieht im der Phyfik bei der Beftimmung ver &. die Räume 
auf eine Zeiteinheit, welche: immer die Secunde if, und nennt dann bie ©, 
oder eigentlich da6 Maß derfelben: den in einer Secunde zurüdgelegten Raum, 
Weiß man daher, einen wie großen Raum ein beivegter Körper in einer gewiſſen 
Zeit durchlaufen hat, fo hat man nur, um feine ©. zu finden, den Zahlenaus 
drud des Raumes mit dem Zahlenausbrude der Zeit, in Secimden verwanbelt, 
au dividiren; daher, wenn C die G., 8 der Raum, u. T die Zeit beveutet, die 
Gormel: C ⸗, woraus folgt: S=C Tu. T = Die ©. der verfchlee 
nen Körper iſt ungemein verſchleden; fo 3. B. beträgt in 1 Secunde bie G. der 
Donau 5—6 Parifer Fuß — der ſchnellſten Ströme höchftene 12, 5 — des 
Windes 10,0 — des Gturmes 50,0 — de6 heftigſten Orfanes höchfens 120,0 
— eines mit der Hand geworfenen Steines 50,0 — einer Blelfugel, aus einer 
Bindbühfe geſchoffen mit hundertfach comprimirter Luft, hochſtens 654,0 — 
einer Büchfenkugel, hochſtens 1500,0 — einer Echnede 0,005 — einer Fllege 
beim genönligen Fiuge 5,0 — eines Falken 71,3 — eines Adlers 95—2 — 
einer Brieftaube 141,0 — eines Luftballon 50,6 — eines geübten Schlittſchuh ⸗ 
laͤufers 30,0 — des gewöhnlichen Waufiſches 12-3 — des Windbundes 78,0 
— ber englifhen Rennpferde 41,3 — eines Kameels 6,3 — eines fchnellfegein: 
ben Schiffes 14,0. — Die ©. des Lichtes (f. d.) beträgt 42,400 Meilen. 

GSefchworenengerichte (engliſch u. franzöf, jury) bilden den Gegenfag von 
gm Gerichten, in denen bie @ericytöbarfeit bloß durch Staatsbeamie, ohne 

heilnahme des Volles, verwaltet wird. Wenn Stellvertreter des Volkes (mithin 
infofern_bicße Privatperfonen), entweder für jeden einzelnen Fall befonders, ober 
pa für mehre Bälle, body nur vorübergehend erwählt, entweder allein über 

echtsſachen ihrer Mitbürger entſcheiden, oder wentgfens an den Urtheilsſprüchen 
der tichtenden Staatsbeamten durch ein dem Rechisanſpruche vorausgehendes, 
ober bemfelben folgendes Etlenntniß Theil nehmen, fo heißt dieſes im Inpeme 
nen ein ©. Die aus dem Bolfe hervorgehenden Einzelnen werden von dem Eide, 
durch weichen fie fidh, bevor fie auf ihren Eigen Plag nehmen, zu gewiſſenhaſtei 
Eatſcheidung verpflichten, Geſchworene (jarymen, jures) genannt. Der angegebene 
Begriff umfaßt in feiner Allgemeinheit die verfchiedenften Arten u. Beftalten diefer 
Seriteform. Unfere deuiſchen Echrififteller u. Landflände, wenn ſie die Frage über 
Einführung der ©. verhandeln, denfen weder an die Heliaften zu Aıhen, noch 
an bie judices selectos, ober an das Gentumviralgericht der Römer, noch an die 
alten Ecyöppens oder Schrannengerichte der Deuifchen und anderer germanifchen 
Bölfer, fondern an diejenigen &. wit welhen man dieelts des Rheines von 


Geſchworenengerichth. a 


Frankreich aus näher bekannt geworben iſt. Dieſe franzöflfchen G. find indeſſen 
ſehr neuen Urſprungs. Erſt durch die Conſtitution u. das organiſche Dekret der 
Nationalverſammlung vom 16. September 1791 wurden fie, als Rachbildung der 
englifchen Jury, in Frankreich eingeführt. Diefe, fchon in ihrer urfprünglichen Form 
dem.Originale ziemlich unähnliche, Copie wurbe bald nachher durdy neuere Ge⸗ 
feße (3. B. den Code des deltis et des peines) vom 3. Brumaire des Jahres IV.) 
bedeutend verändert, und endlich im Jahre 1809 durdy den Rapoleonifcyen Code 
@’Instruction coriminelle, zum Bortheile willfürlicdyer Gewalt, fo durchaus umges 
Raltet, daß (wie in Frankreich gerade bie eiftigſten Anhänger diefer Anftalt am 
lauteften beklagen) von einem G., außer dem Namen und einigen zur Täufchun 
aufgeflellten Formen, Nichts mehr übrig geblieben if. Um das Wefen, den Wert 
u. die Bedeutung eines in eine conftitutionelle Monarchie eingefügten G.s zu ers 
fennen, darf daher nidyt eine, zumal verzerrte und verftlümmelte, Rachbildung ins 
Auge gefaßt, fondern es muß auf bie ächte voländige Jury, wie fie in Eng⸗ 
Iand befleht, wo ihr noch unentdedter Urfprung fidy in das Fernfle Alterthum 
verliert, wo Jahrhunderte nady und nad) an ihrer Vollendung gearbeitet haben, 
zurüdgegangen werden. Dort iſt der König, als Inhaber der vollſtreckenden Ges 
walt, zugleich die Duelle aller Gerichtsbarkeit, weldye in feinem Namen, durch 
die von ihm allein beftellten Richter verwaltet wird. - Den Borrechien der Krone 
fieben die Rechte und Freiheiten der Nation befchränfenn gegenüber. Darum darf 
Sein Töniglicher Richter einem Unterthanen einen Theil feines Bermögens, oder 
deſſen Kreibeit oder Leben abfprechen, als, nachdem biefer durch unpatrtelifche 
Mitbürger (feined Gleichen) fchuldig erfannt worden if. Der Grundſatz: daß 
Kiemand, ald durch den Wahrfprucdy Prince Gleichen, für ſchuldig erkannt werben 
dürfe, eiſtreckt ſich aber nicht bloß auf Strafſachen, fondern audy’auf Civilrechts⸗ 
fadyen. Jede Civilrechtsſache, bei welcher es nicht bloß auf Entſcheidung einer 
seinen Redhtöfrage, fondern nody auf Beweis ankommt, muß von dem Königs 
richter nach dem Urtheile von 12 Geſchworenen entſchieden werden (Geſchworene 
des Civilgerichts). Bei Verbrechen und Vergehen aber, deren Anſchuldigung den 
Bürger einer doppelten Gefahr, erftlich eines fchimpflichen Prozeſſes, dann einer, 
Freiheit, Leib und Leben verderbenden Berurthellung Preis gibt, bedarf derfelbe 
auch eines doppelten Schutzes. Daher in diefen Faͤllen eine zweifache Jury, zus 
vor eine Anklags⸗Jury, dann eine Urtheils⸗Jury. Jene wird für jede Gerichts⸗ 
figung, weiche iheils vierteljährig, theils halbjährig flatt findet (f. d Art. Aififen) 
durdy eine Berfammlung von 23 Männern aus den vornehmflen u. wohlhabends 
fien Einwohnern einer Stadt oder Graffchaft gebilvet, um über die Zuläffigfeit 
oder Unzuläffigfeit der Stellung eines Unterthanen vor Gericht zu erfennen, Sie 
heißt von der Größe ihrer Berlammlung Groß⸗Jury (grand-jury), wählt jedes⸗ 
mal aus eigener Mitte ihren Borftand (foreman) und bält, gefondert von dem 
@erichte, bet geſchloſſenen Thüren ihre Verfammlung. Niemand erfcheint vor ihr, 
als der Advokat des Anklägers nebſt ven Zeugen, mit welchen er feine Anklage 
zu begründen u. den Angeklagten zu überführen hofft. Wird die Anklage verwors 
fen, jr wird der Befangene fogleih auf freien Fuß gefeht; gegen Denjenigen 
aber, deſſen Anklage gebilligt worden, beginnt jetzt das eigentliche Hauptverfahren 
vor der Urtheils⸗Jury, welche nur aus 12 Männern befteht, (daher Eleine Jury 
peity jury, genannt) u. die auf die, von den Großgeſchworenen gebilligte, nun fürm 
erhodene, Ankiage über das Dafeyn oder Nichtdaſeyn der Schuld felbft zu erkennen hat, 
Bei Straffachen if, der Regel nach, die Ueberzeugung der Gefchworenen durch 
feine gefetlichen Borfchriften über die Art u. Kraft der Beweismittel befchränft 
oder geleitet; das Gefeh kennt bier fo wenig einen Unterſchied zwifchen zuläffigen, 
verbächligen oder untüchtigen Zeugen, als es die Zahl der Zeugen beftimmt, 
welche volle Ueberweifung begründen follen. Alles dieſes leidet jedody Ausnahme, 
theils bet Privatrechtöfachen, wo die Ueberzeugung der Befchworenen ſich nad) 
den Borfchriften einer ftrengen Beweistheorie zu richten hat, theils in Straf⸗ 
fadyen bei den befonbers ſchweren Anllagen auf Grade wm Keamwerusis | 


_ | Beſchworenengerichte 
wenigſtens zwei, unmittelbar bie That bekundende, Zeugen ur Ueberweifuug vor 
handen ſeyn müflen, fol nicht das Straferfenntniß durch Gaffation wieder unge 
Roßen werden. “Der Ausſpruch der Geſchworenen über Schuld oder Unſchuld if 
Tein Richterfpruch (sentome), fondern er iR und heißt Wahlfprud (verdia) 
fofern durch benfelben die juridiſche Gewißheit der Schuld oder Nichtſchuld her⸗ 
eftelit wird. Das Berbict der Geſchworenen gehört, nad) der engliſchen Rechts 
Date, neben dem Geſtaͤndniſſe öffentlicher Urkunden u. f. w. zu den Beweis mit⸗ 
teln. — Ein Berbict fann aber nur alodann unumfößlicdye juridiſche G 
machen, wenn daſſelbe mit Einhelligfett aller zwölf Stimmen abgegeben if. 
Denn, wäre auch nur Eine Stimme wider eilf, fo fünde für Die Wahrheit bes 
Ausſpruches nur eine Wahrſcheinlichkeit im Berhältniffe von 11 gegen 1, un 
folglidy wäre der Ausſpruch nicht mehr ein zuverläffiger Wahrfprudh, ſondern 
nur ein Wahrſcheinlichkeitsſpruch. Die Einheligfeit, welche fowohl für ſchuldiz, 
als für nichtfchuldig vorhanden feyn muß, macht in England durchaus keine 
Schwierigkeit. Lafſen diejenigen, weldye für nichtſchuldig votiren, ſich von den 
anderen Geſchwornen nicht überzeugen, fo betrachten biefe die ſtandhafte Leber 
zeugung jener ald einen flarfen Grund des Zweifeld an dem Dafeyn der Schuld, 
treten daher, ihrer eigenen Ueberzeugung gewiſſenhaft mißtrauend, zu denen über, 
welche für die Nichtſchuld flimmen. Solchergeſtalt zieht nicht felten wie Bine, 
rität, ja vieleicht nur ein einziger Geſchworener, die Mehrheit der entgegenge- 
festen Stimmen zu fi für das Nichtſchuldig herüber. Sonach kann denn in 
England (wenige Faͤlle ausgenommen) über Niemand eine Strafe verhängt wer 
den, bevor nicht wenigſtens vierundzwanzig feiner Mitbürger (12 in der Auflage 
Sury, 12 in der Urtheils⸗Jury) ale gegen ihn vorhandenen Beweiſe geprüft m 
ſich durch dieſelben für vollfommen überzeugt erklärt haben. — Diefe Darfell 
zeigt, wie fo manche Borfkellungen find, welche in Deutſchland über ©, 
vorherrſchen. Gewöhnlich vermifcht man die Jury mit öffentlicher Rechtöpflege, 
iwiemeht jene ohne Deffentlichkelt, diefe ohne Jury beftehen fann u. wirklich beſteht. 
Daß diejenigen, weldye über die Schuld entſcheiden, den Ankläger u. den Ange 
klagten, fo wie die beiderfeitigen Zeugen, felbft fehen u. hören, macht das Wein 
der mündlichen Rechtspflege im Allgemeinen aus, weldye ſowohl vor Geſchorenen⸗ 
als vor Beamtenridhtern ftatt finden fann, wie dieſes in England vor den Ge⸗ 
richtshoͤfen zu Weftminfter, wenn in einem Prozefie nur über Rechtsfragen ge 
ſtritten wird, in Frankreich vor den Civilgerichten aller Inſtanzen, fowie bei den 
Polizei⸗ u. Suätgeriöjten, u. im Königreiche der Niederlande dermalen auch bel 
allen Eriminalgerichten der Fall if. — Fafl immer rechnet man ed zum Weſen 
der Geſchworenen, daß diefelben an Feine gefeglichen Bewelsvorfchriften gebunden 
feyen u. (wie man fidy zuweilen auch unrichtig ausdrückt) nur nach fubjektiver 
Veberzeugung urtheilen. Allein für alle Civilrechtsſachen haben die Geſchworenen 
nad den firengen Borfchriften eines gefeglichen Beweiſes zu urihellen, und bie 
Geſchworenen der Eriminalgerichte find wenigſtens bei Hochverraih u. ähnlichen 
Verbredhen an die Ausfage von mindeſtens zwei Schuldzeugen gebunden. — 
Die Gefchworenen entfcheiven nicht bloß über die Eriftenz von Thatfachen, 
wie man fo oft behauptet. Wäre dieſes, fo würde die ganze Anftalt Nichts 
feyn, als ein beſchwerliches und doch nur eitles Spielwerf. Ste entfdheiden im 
Ganzen über die Schuld; und die Frage über die Schuld: iſt aus That- und 
Rechtsſachen zufammengefegt. Um das G. (wir befchränfen und aber bier bloß 
auf die Jury der Strafgerichte) gehörig zu würdigen, muß daffelbe nicht zunächſt 
als Juſtizanſtalt von feiner juridiſchen oder polizetlichen Seite, fondern vor Allem 
aus dem Standpunkte der Staatsverfaffungspolitif von feiner ſtaats⸗ 
rechtlichen Seite genommen werden. Rur diejenigen Eigenfchaften deſſelben, vers 
möge weldyer deſſen Daſeyn mit dem Dafeyn und dem Fortbeftande einer freien, 
die hoͤchſte Gewalt beſchraͤnkenden Staatöverfaffung als wefentlich verknüpft ge 
dadıt wird, bieten die Gründe dar, aus welchen fie von dem Engländer als 
eines ber berrlichfien Besmächnifie Keiner Worioten , Ser tie 


Gefäwornengeriste, w 


Jury mächk als Griminalanfalt betrachtet, u. in biefer Beziehung an fie den 
Maßſiab der Prüfung legt (wie es gewöhnlich in Deutfchland gefchleht), fallt 
daher ganz aus dem richtigen Standpunkte: ihr Hauptzwed iſt leineswegs, dem 
Staate eine fo viel m ie gute Strafretöpflege, fondern der Ration eine fos 
viel möglich ſichere Bürgfchaft ihrer Raatöbürgerlichen Freiheit zu gewähren. 
Nicht bloß darauf if fie berechnet, durch Förberung der Gtrafgemalt den Staat 
gegen Verbrechen zu fichern, fondern vielmehr, durch Hemmung der Gtrafgewalt, 
gegen biefe, den Unterthan fo viel möglicdy zu fhügen. Darum eben tritt, fobald 
die Strafgemalt einen Unterthan bebroht, ſogleich zwifchen ihn u. den angeblich 
beleidigen Staat eine doppelte Reihe unpartellfcher Männer in die Mitte, beide 
mit der auf ihr Gewiſſen gelegten Giveöpflidt, die Gtrafgewalt abzuwelfen, 
wenn fie nicht die Gefchworenen durch Evidenz der Beweiſe von der Schuld des 
Beklagten überzeugt. Ob viele oder wenige Verbrecher beſtraſt, ob nicht weit 
mehr Schulbige losgeſprochen, als ſchuldig befunden werben? ob, nicht der mäch- 
tige Schuß, welchen diefe Einrichtung jedem Angefchuldigten gegen bie ftrafende 
Gewalt gewährt, ‚die öffentliche Ruhe u, Sicherheit nicht gefährde? Diefes find 
ragen, weldye Da, wo man weiß, was eine Achte Jury und wozu fie da if, 
gar nicht in Anſchlag Fommen. Wenn mur fein Unfchuldiger verurtheilt wird, 
u. wenn es dem Könige unmöglich gemacht ift, feine Strafgewalt elgenmädhtig, 
blöß durch die Urtheilsfprüche feiner felbfigewählten, von ihm abhängigen Beams 
ten außzuüben, fo hat die Gefchworenenanftalt ihre Beflimmung erfült. Mehr 
will man nicht von ihr, aber auch nicht weniger. Gegen willfürliche Ausübung 
der Strafgewalt fichert keineswegs die den Richterbeamten gewährte Selbfftäns 
digkeit und Unadfepbarfeit (denn, wer vor feinem nicht zittern darf, hat 
doc) noch immer viel von ihm zu hoffen) audy keine, das Urtheit des Richters 
befchräntende, gefegliche Vorfchrift über den Beweis der Schuld, weil doch immer 
die Anwendung foldyer Beweisiehre in die Beurtheilung eben der Perfon gegeben 
AR, welche auch die Strafe u beftimmen bat. Kein Land iR in Europa, imo alle 
Giemente, welche die allfeitige Entwidelung der hoͤchſt möglichen Bolllommens 
heiten eines &.8 begünfligen, fo vollkändig u. in einem folden Grade vereinigt 
aufammentrefien, al England: eine ächtfreie, in ihrer Freiheit Rarfe Berfaflung; 
ein weitherrichender, Alles belebender und beivegender Gemeingeiß; ein Bolt, 
welches nicht durch befoldete Staatsdiener regiert wird, far alle Gefchäfte der 
Verwaltung durdy Männer aus feiner Mitte ſelbſt beforgt u. an den wichtigſten 
Gtaatdangelegenheiten Theil zu nehmen gemohnt if; endlich eine große Anzahl 
reicher und bemittelter Gutöbefiger in jeder Graffchaft, wodurch nicht nur bie 
Auswahl tüchtiger Männer, fondern auch der erforverliche Wechſel unter dens 
felben erleichtert wird. Gleichwohl läßt auch dort diefe Anftalt Bieles vermifien, 
Manches beflagen, wie Gerichtöannalen Englands beweifen u. bie erfahrenfien, 
unverdächtigfien Freunde diefer Anfalt bezeugen. Allein, welches menſchliche 
Infitut iſt unfehldar? das an Tag Kommen der Irrthümer, welche bei geheimer 
Juſtiz geheim gehalten werden, iſt Yon Gewinn genug, und die Juſtizmorde der 
©. fönnen nicht durdy Formen und Papier verbedt werden. Sie handeln unter 
Aufiht und Controle, und ihr falſcher Ausfpruch gefchieht nicht auf Koften ber 
Reputation der Staatögewalt, daher biefe.audy nicht verfucht wird, ben Itr⸗ 
thum auf Koſten ber Gerechtigkeit zu verdeden. Seit Jahrhunderten waren bie 
Breiheiten der Nation durdy Gharten verfidyert; fie hatte ein Parlament u, ihre 
©®., u. doch fügte dieſes Alles nicht gegen die plumpfle Tyrannet u. bie 
fürlichften Urtheilöfprüche. Unter den % ienten des Haufes Tudor, wie unter 
den Stuarten, waren die Geſchworenen Kichts weiter, ald dienfibare Werkzeuge, 
die man dur Hoffnung und Furcht zu Allem gebrauchte, wozu man ihrer 
durfte. Unter Karl IL hatte beſonders durch die BepsahGornusafte (.®, 
die englifche Berfaffung ihre höchſte Ctheoretifche) Vollendung erreicht, und do 
war Karls Regierung gleichfam nur ein einziger fortgefepter revel an dem El⸗ 
geatpume, bem Leben und ber Freiheit feiner Unterigomen, Vater won wiisen 


vor Geſchworenengerichtel 


Schlachtopfern, welche damals die Geſchworenen dem Despotismus Prada, 
find Ruffel, Armfrang und Alg. Sidney bloß die berühmteſten! ER feit Wil 
beim UL. trug der uralte Baum der englifchen Berfaffung mit ihren G.n fee 
Bene: u. noch iſt feitbem nicht viel mehr als ein Jahrhundert verrichen, fo 
eginnen deſſen Zweige zu verborren. Das ©. allein wird deſſen Abſterben nit 
verhindern. — Um nody die fogenannten G. Fran kreichs zu wärbigen, ge 
nügt es, mit Wenigem die Hauptpunfte, worin fie ſich von den englifchen unters 
cheiden, anzuführen. Rad) dem Code d’instruction criminel beftchen I) neben den ®.n 
die Polizeitribunale, die Zuchtgerichte (tr. de police correctionelle), dann noch 
(ungerechnet die Kriegsgerichte) die Gpectalgerichtöhöfe, von welchen die Zucht 
Gerichte bis auf fünfjähriged Arbeitshaus, die leßtgenannten auf Todesſtrafe 
ohne. Jury erfennen, fo daß in dem dortigen Syſteme ber Gerichtsverfaſſung Ye 
G. cher zur Ausnahme, als zur Regel gehören. Es gibt dort feine Anklagsge⸗ 
[nmorenen, ſondern über die Stellung eines Angeklagten vor Gericht wird auf 
ntrag eines Öffentlichen Ainflagebeamten, nach dem Bortrage eined aus Alten 
referirenden Richters, in geheimer Sigung bloß von Richtern erfannt. In _ Eng 
land müflen wenigſtens zwölf Großgeſchworene die Anklagsakte für zuläffig er⸗ 
fannt habenz in Frankreich wird der Angefchuldigte nicht ledig, wenn gleidy die 
Berathungsfammer eined Beztifögerichtes mit Ginhelligfeit der Stimmen auf 
defien Entlaffung erfannt bat, fobald es nur dem öffentlichen Ankläger bellebt 
wider foldyen Spruch die Oppofition einzulegen. — In England find alte Die 
jentgen von der Geſchworenenliſte ausgefdloffen, weldye irgend Eimas von ber 
Reglerung zu boffen oder zu fürdhten haben; im Frankreich gehören, außer ven 
Großbegüterten,, die Bankiers u. f. w., Doctoren u. Licentiaten, fowie Verwal⸗ 
hmgebeamte, unter diejenigen, weldye vorzugsweiſe berufen werden. “Dabei if 
die Zufammenfegung des G.6 ganz u. gar von dem Bräfeften, dem Aſſtſen⸗ 
Präßventen und dem öffentlichen Anklagsbeamten abhängig gemacht, fo Daß bie 
Regierung freie Hand hat, fobald fie will, unter Korm einer Jury eine Ihre 
dienſtbare Specialcommifflon niederzuſetzen. Das ©. entſcheidet überbieß nicht 
mit Etimmeneinhelligkeit, fondern mit einer bloßen Mehrheit von acht Stimmen 
gegen vier für Schuld. Dabei iſt ferner auch alles Andere darauf beredynet, den 
eine ächte Jury beflimmenden Grundſatz geradezu praktiſch umzufehren, nämlid: 
fo viel nur möglich zu verhindern, daß ja kein Scyuldiger entfomme, felbft auf 
Gefahr, daß auch Unfchuldige fchuldig gefprocdhen werden. Richt nur iſt der 
willkuͤrlichen Berhaftung feine Gränze gefept, fondern e8 wird auch noch der An 
geſchuldigte, ehe er vor die Gefchworenen geftellt wird, der geheimen Inquiſi⸗ 
tion eines fogenannten Inflructiondrichters (juge d’instruction) unterwors 
fen, weldyer nicht bloß gegen ihn geheime Zeugenverhöre aufnimmt, fondern aud 
bnn au einem Geftändniffe zu bringen fucht, das fpäterhin wider ihn u. feine Mitſchuldigen 
im öffentlichen Berböre gebraudyt werben kann. Endlich ifl das öffentliche Ber 
fahren vor den Geſchworenen felbfi darauf angelegt, audy hier noch dem Ange 
fhuldigten wo möglich Geftänpniffe zu entloden, die Gefchworenen, nody ehe die 
Debatten anfangen, im Boraus gegen ihn einzunchmen, diefelben durch die De 
batten zu verwirren u. endlich na beendigten Verhandlungen den Eindruck der 
felben in ihrem Gemüthe durdy deducirendes Plaidiren zwifchen 2 Rechtögelebrten, 
dem öffentlichen Ankläger und dem Bertheidiger, wieder auszulöfden, um fte für 
den Eindrud des Schlußvortrags (resume) des Affifenpräfidenten defto empfäng- 
licher zu machen. — Daß dieß freilich Alles noch viel ärger in Deutſchland nad) 
der bisherigen Berfaffung tft, läßt fidy nicht läugnen. Wenn aber von Ginfüh- 
rung der ©. nunmehr die Rede ift, fo muß audy nicht dieſes simulacre de jury, 
wie es in Frankreich felbft allgemeln genannt wird, fondern eine ächte, im @eifte 
der Freiheit u. Liberalität gedachte, das ift, eine englifche Jury gemeint fei. Ob 
u. wo eine foldye einzuführen ſei? darüber lönnen nidht bloß allgemeine Bes 
trachtungen entichelden, fondern «8 hängt Ieme Trage hauptfählid davon ab, 1) 
ob In einem Lande die Rantsredyiliigen Baraudiegungen wulonuen Ai | wir 


be et VO 


den eigentlichen Werih und bie —ã—nùſ—— eines Geſchworenengerichts bes 
ſtimmen? 2) ob die ſtatiſtiſchen, finanziellen, geiſtigen u. ſittlichen Elemente vor⸗ 
handen find, welche nothwendig vorausgeſetzt werden, wenn ein Geſchworenenge⸗ 
richt, außer feinen nachtheiligen Eigenſchaften, auch diejenigen Borzüge entwickeln 
fol, weldye überwiegend jene Nachtheile vergüten. — Wo aber audy die conflis 
tutionellen Elemente nicht vorhanden find, um G. ſchon jeht als Regel einzufühs 
ren, da follte wenigftens für die Deffentlichleit der gerichtlichen Verhandlungen 
geforgt u. ein Geſchworenengericht ausnahmsweiſe in den Fällen berufen werben, 
wo ein Beſchadigter es tn einer Sache, fie ſei correctionell oder criminell, mit 
der Regierung oder den Miniflern zu ihm hat. Die Erfahrung zeigt hinreichend 
daß wenige unpartelifche, wahrhaft unabhängige Geridhtshöfe auf Deutfchlands 
rechtem Rheinufer vorhanden find, fobald bie folgung von Miniftern u. ihren 
Gehülfen ausgeht, oder ein Berlegter gegen fie auftritt: denn, wie kann ein Rich⸗ 
ter unabhängig genannt werden, den eine MinifterinlsRegierung oder ein Minifter 
durdy Beförderung, Befoldungszulage, Empfehlung zu einem Orbensbande u. f. w. 
indirekt zu befiechen vermag? Wir kennen fogar Juſtizmänner, die ſich nicht 
fhämen, alle Rechtsverdrehungen zu Bunften einer Regierung als nothwendige 
Uebel zu erflären u, willfürliche Strafen gegen Soldye eintreten zu lafien, weldye 
die Minifterials:Regierungen ihre® Vortheils wegen verfolgen. Wo aber unabs 
hängige Richter in der Mehrzahl nicht exifiiren, da wird den Beichulbigten, unter 
dem Scheine von Gerechtigkeit u. mit einer unter geheiligten Formen verſteckten 
Wilfür, Ehre, Vermögen oder Freiheit entzogen, weil verfappte Defpoten, bie 
übrigens nicht einmal ſcher, ſondern Diener ded Staates find, ihre Rache 
üben oder ihren Bortheil fuchen wollen. — Hoffentlich, u. es iR gegründete Aus 
fiht vorhanden, wird au Deutichland die baldige Einführung der Müntw 
lichkeit u. Oeffenthichkeit (ſ. 9.) im Geridhtöverfahren diefe Beforgnifie 

immer verſcheuchen u. , iR diefe® Gut einmal errungen, dann kann immerhin 
über die Art der Zufammenfebung des Gerichtes hinweggeſehen werben. — Li⸗ 
teraturs Feuerbach, Betradytungen über dad Gefchwornengericht, Landshut 
1812, Defien Erklärung über feine angeblich geänderte Ueberzeugung in Anfes 
bung der G., Erlangen 1819. Gutachten der königlichen preußiſchen Immediat⸗ 
Zufttzcommiffton über das Befchwornengericht, Berlin 1818. Moskül über das 
Gefhworenengeridht, in Bezug auf das Gutachten der königlichen preußifchen 
Immediat-Juſtizcommiſſion, Leipzig 1819. WMittermayer, über die öffentliche, 
mündliche Strafrechtepflege u. das Gefchworenengericht in Bergleihung mit dem 
deutfchen Strafverfahren, Landshut 1819. Gottü, die peinliche Rechtepflege und 
der Geift der Regierung in England, nach dem Yranzöftfchen frei bearbeitet von 
v. Hornthal, Weimar 1821. Mittermayer, Mündlichkeit, Anklageprinzip und 
Geſchwornengericht, Stuttgart 1845. 

Sefhwür (ulcer), Trennung des Zufammenhanges weicher oder fefter Koͤr⸗ 
periheile, beftimmt und unterhalten durch eine innere Urfadhe, oder audy einen oͤrt⸗ 
lichen Fehler, nebſt Verluſt von der Subſtanz ımd Giterung. Die ®.e koͤnnen 
fi) auf allen Drganen anfegen. Man unterfcheidet innere u. äußere, obfdhon 
fie fi) am häufigften uf der Haut und an weichen Stellen entwideln. Ueber 
eine graue Eintheilung "derfelben bat man ſich nody nicht vereinigt. Oſt bilde 
das ©. eine Ableitung für innere Krankheitszuftände und wird daher auch durch 
die Kunſt erzeugt (Haarfelle, Kontanelle, Cauterium u. f. w.). Die Lehre von 
den ©., Helfologle genannt, behandelten Ruft „Helfologte* (10 Hefte, Berlin 
1837—42) u. 2eifing (2. Auflage, Berlin 1841). 

Geſchwulſt (tumor), jede franfhafte, an irgend einem Körpertheile entſtan⸗ 
dene Eıhabenheit oder Auftreibung, die jedoch nicht (wie Polypen und ähnliche 
Bildungen) ein einenee, gleihfam parafttifches Erzeugniß iR. Man unterſcheidet 
fie nad) den Urfachen, wie: Waſſer⸗, Winds, Eiters, Blut: Gm u. a.; nad dem 
Eharafter, wie: Entzuͤndungs⸗G.e, ferophuläfe, theumatiſche ®.en u. a.ı nadı dem 
Zheilen, wie: Knochen- Gelenk, Drüfms, oder andy Kayin KA, Saw 


. 


2 Gefehfäeft — Geſellſchafteia ſeln. 


u. a,5nad). befonderen Umſtaͤnden, wie: Balg-®., weiße &., Sped-®. u. v. a 
Bde Zuftände, bie an ſich auch G.en find, befommen Gigennamen, wie Brut, 
Aneurysma, Barir,/blinde Hämorrhoiden u. a, 

Befeufchaft (societas) , eine Bereinigung mehrer Perfonen zu gemein 
ſchaftlichem Zwede durch gemeinfchafıliche ittel. Die meiften ©.en haben fih 
aus Zuneigung, ohne beflimmte Verabredung, allmälig gebildet u. bilden ſich in 
diefer Art noch täglich u. vielfach. Ale Familien, alle Staatenvereine. gehören 
hieher. Allein der Begriff von ©, findet auf fie, fowie auf alle andern geſelligen 
Vereine, nur dann Anwendung, wenn zugleich Befimmungen über Rechte und 
Pflichten der a netroffen werben, Ueber bie verfchledenen Arten von ©, 
nach deren befonderen Zwerten ſ. die betreffenden Artikel: Famil ie, Staat, 
Kirche, Aderbaur, Handels ⸗Geen, Kunft-Bereine ac. — Belehrir 
©.en haben den Zwed, der Bedanterie, worein die Gelehrfamfeit nur allzugern aus 
artet, wenn einzelne ihrer Zweige abgefondert bearbeitet werden, entgegen zu at, 
beiten u, die Familien-Verwandtſchaft aller Wiffenfchaften lebendig zu erbalten. 
Sie loͤnnen übrigens nur dann. ihren Zweet erreichen, wenn ihre Innere. Organt- 
fatton fo eingerichtet iſt, daß Die, im Gebiete des Geiſtes tödtende, Theilung ber 
Arbeit vermieden, und jedes Mitglied der G. veranlaßt wird, nach möglichfter 
Untverfalität zu freben, Eine ſolche Einrichtung tft leider bei den meiften unfr 
er gelehrten Gen eine wünichenswerthe Sadye. Sie find gewöhnlich mur cin 
Zufammenfluß einfeitiger Gelehrten, von denen jeder. feinen eigenen Weg ge 
oder irgend einer einfeitigen Lehre, 3. B. der Naturpbllofophie, eine befchränft 
Richtung zu geben fucht, Nur vielfeltig gebilvete Männer fönnen eime wahr 
gelehrte ©. zu. Stande bringen, Sie koͤnmen zugleich eine Körperfchaft bilden, 
die ſo wohlthaͤtigen geiftlidhen orporationen, wo biefe fehlen, zu erfegen. & 
iR dieß in ernfte Erwägung zu stehen, da durch Eultur der allgemeinen Bil: 
fenfhaft das geiftige Gapital der Vdiler am ficherfien vermehrt wird, Ber 
gleiche Akademie, 

Gefenfchaftsinfeln, Societaͤts- oder Georgs Ill Infeln, eine große Infel 
gruppe im ftillen Meere, zu Muftralien gehörig, unter 222 — 227° öftl. 2. u. 16 
—18° ſũdl. B., zuerſt enideft von Quiros 1616, vorzüglich aber befannt ge: 
worden dur Coot (. d.) 1766 — 77; fie werden zu 40 [J Wellen mit circa 
40,000 Ginwohnern gerechnet, haben ein fehr angenehmes Kıima, doch beſchwet⸗ 
liche Brandungen an den Küflen, atemlich bedeutende Berge (10,230 Zug), ind 
fruchtbar an Brodbäumen, Cocos, Bananen, Obſt (Evl’6), Zuder u. v. a. Bon 

terfüßlern waren vor der Anfunft der Europäer (1769) nur Schweine, Hunde 
u. Ratten da; jest find mehre Hausthiere dort einheimiſch; Vögel u. Bifche find 
in Menge vorhanden, Die Einwohner find malaiſcher Race, Fupferfarbig, ins 
Dunkle fallend, ſchön gebaut (die Weiber meift lichifarbig u. fehr anmuthig), Er 
mürbig, gefellig, gaftfrei, leichtfinnig und ſinnlich (befonders audy das weibliche 
Geſchlecht); fie Heiden ſich in die Tebuta (ein Stüd Zeug, über die Achfeln u. ven 
Leib herabhängend) und die Marra (ſchmaler Zeugftreif um den Unterleib); der 
Kopf if mit Federn gefehmüdt oder mit einer Art Turban ummunden, die Ob 
sen find mit Perlen verziert, die Haut wird tätowirt. Die Wohnungen ſtehen 
einzeln, umgeben von Palmen, haben wenig Geräh und find einfach conftruirt; 
zur Nahrung dienen Brodfrüchte, Gocosnüffe u. a. Vegetabilien u. Fiſche, nebſi 
Bleifch der Hausthiere. Man beſchäftigt ſich mit der Zucht des Bapiermaulbeer: 
baumes, mit Bifcherel, Berfertigung von Canots (für Fiſcherel und Krieg befons 
dere), von Waffen (Schleudern, Keulen, Bogen, Lanzen, Wurffpießen, vor der 
Europäer Zeit), Kleidungsfüden (Gewebtes aus dem Baſte des Papiermaulbeer⸗ 
baumes, des Cocos u. a. Pflanzen) u. Teppichen. Die Einwohner I«ben in Ro 
nogamie (haben jedoch auch Beifchläferinnen u. Freudenmädchen) halten die Weiber 
etwas eingezogen, chren das Alter nicht, reden eine eigene (wortarme) Sprache, 
lieben ald Bergnügungen Schwimmen, Tanı, Muſik (ſpielen Flöte mit der Rafe), 
Bechtfpiele u. ſ. w. Der Gögendient, went ud Reuienugir inloanin usıeh, 


Geſellſchaftovertrag — Geſeniub. dee 


verſchwindet feld Einführung des Chriſtenthums durch die Engländer je mehr u. mehr. 
FH iſt auch die Bibel in die Landeöfprache überſeht. i Ihre Kenntniffe find 
etwas Aftronomie und Arzneilunſt. Sie werden regiert durch einen fouveränen 
König, dem ein elfland beigegeben if, u. der ſich burch einen befondern Bürtel 
Maro) auszeichnet. Alles if Bier erblich. Seit Annahme der Sriflihen Religion 
Rönig Bomare auf Dtahaitt trat mit dem größten Theile feines Bolfes 1815 
zum Chriſtenthume über) find viele Veränderungen tn der Lebensart des Volles 
eingetreten. Die ‚Sauptinfeln find: Dtahaltt, Matten, Tethuroa, Huaheine, Ulietea, 
Draba, Bolabola, Tubuat u. a., im Ganzen gegen 100 Ellande. 
Geſellſchaftsvertrag (Sorietätsvertrag)heißt der Vertrag, nach welchem 
awel oder mehre Perfonen zu einer Socletät zufammen treten u. Geld, Sachen 
oder Dienfleitungen, des gemeinfchaftlichen Bortheiles wegen, zu einem erlaubten 
Zwede beitragen. Er Tann bloß durch freie Vereinigung der Thellnehmer einges 
hangen werben, wird. aber durch die bloße Einwilligung und Uebereinkunft aller 
Shellnchmer perfelt. Der Reoninifche Vertrag (f. D) iſt ungültigj auch 
möffen notbtoenbig alle Theilnehmer Etwas beitragen, well fonft in Hinſicht auf 
den, der Nichts beiträgt, eine Schenkung, aber Feine Socletät vorhanden wäre. 
Der ©, begründet folgende Rechtöverhältnifie: Jedes Mitglied (socius) iR vers 
pflichtet, die verfprochenen Beiträge zu leiften u. kann dafür den verheißenen An- 
iheil am den Vortheilen u. dem Gewinne der Geſellſchaft anfprechen. Berwals 
tet eines ber Mitglieder das Gefelfchaftsvermögen ganz, ober theilmeife, fo tft es 
verbunden, diefelde Sorgfalt, wie auf feine eigenen Angelegenheiten, darauf zu 
verwenden und Rechnung abzulegen. Dagegen muß ihm die Geſellſchaft die für 
fie von ihm gemachten Vorſchüſſe u. Wuslagen erfeßen. IR die Rasafoen nicht 
zu einem dauernden Zwede entftanden, fo hört fie auf auch mit'den einfeitigem, 
nicht zur Ungeit erfolgten, Rüdıritte eines einzelnen Mitgiledes. Die Thellung 
des Vermögens der getrennten Geſellſchaft geſchleht nach denfelben Grundfägem, 
wie bei der Eröfchaftätheilung. Auch die fe iR ein Geſellſchaftscontract, u. da 
im Allgemeinen jeder Vertrag, durch den eine juridiſche Geſellſchaft zu Stande 
fommt, ein folder if, fo hat man audy wohl ſchon den, von Einigen beim 
Staate vorausgefegten, Vertrag G. (contract social) genannt. Im Uebrigen be 
ruhen alle Eompagniehandlungen u, gemeinſchaftlichen Fabriten u. andere Unter- 
nehmungen auf einem Socletätövertrage. Bol. Treitfchke, die Lehre von den 
Erwerbögefelfcyaften, Leipzig 1844. St. 
GSefenius, Heinrich Friedrich Wilhelm, ausgezeichneter Orlentalif, 
geboren 3. Februar 1786 zu Rorbhaufen, wo fein Bater ald praftifcyer Arzt lebte, 
Am Gymnafium feiner Vaterſtadt würbig vorbereitet, bezog er 1803 die Untvers 
fität Helmftädt, um Theologie zu ſtudiren, und gab zugleih am Pädagoglum das 
geist Unterricht. 1806 ging er nach Böttingen, um an Wegſcheiders Gtelle bie 
epetentens Stelle an der theologifchen Kafultät zu übernehmen. Seinen philo⸗ 
ſophiſchen Borlefungen zeigte ff; aber Hegel abgenelgt; biefelben hörten 1: 
auf und G. wandte num feine afademifche Thätigfeit der hebrälſchen und aras 
bifchen Sprache zu, mit Verbindung alıtefamentlicher Eregefe. 1808 nahm er, 
durch) Joh. von Müller empfohlen, eine Lehrerſtelle an dem Gymnafium zu Hel- 
iigenſtadt an. 2 Jahre zuvor hatte er die Ausarbeitung feines hebrätſchen Kerikons 
begonnen und fonnte 1810 den erſten Band vesfelden erfcheinen laſſen. Zugleich 
erſchlen In demfelben Jahre noch „Verſuch über die Maltefliche Spradhe;’ da 
erging an im am 9. Februar der ehrenvolle Ruf als außerorventlicher Profeffor 
der Theologte nady Halle. Er fliftete 1813 eine exegetiſche Geſellſchaft unter den 
Studirenden, weldye vortreffliche Gelehrte heranbildete. Seine, anfänglich in Flet- 
ner Geftalt 1813 zum erften Male veröffentlichte, Grammatik der hebräiſchen Sprache 
erlebte 44 Auflagen, die neueſte 1845 von Röbdiger, u. wurde in faft alle Spras 
hen überfegt. Klarheit und Zwedmäßigfelt in Anordnung des Materials find 
bleibende Vorzüge biefer Arbeit. Das hebrälfche Lehrbuch Kiew erlebte aletchkals 
Mehrere. Auflagen; bie neuefte iſt von de Wette veiorgk ABA: US son 


Pi) en m 


der Grammatiffolte dienen: „Gefchichte ver Hebrätfchen Sprache u. Schrift,“ 1815, 
und ald weitere Begründung des furz zufammengefaßten grammatikaliſchen Stofe 
fes „das. ausführliche grammatifch-Frittihe Lehrgebäude der hebräifchen Eprade 
mit Bergleichung der verwandten Vialelte.“ 2pz. 1817. Das Handwörterbudy, alt 
ein Auszug für Schulen ans dem größeren Werke, warb 1833 auch Iateinifch bes 
arbeitet unter dem Titel; Lexicon manunle hebr. et chald, in V. T. libros, 
4820 unternahm er, begleitet von feinem Freunde, Thilo, mit Föniglicher Unters 
Hügung eine wiflenfchaftliche Reife nach Franfreidy und England und befchäftigte 
fidy beſfonders in Oxford mit den ungedrudten Bibelverfionen und, mit Auszügen 
aus den alten hebrätich- arabifchen u. fortich- arabifcdhyen Lrricographen u. Grams 
matifern, Früchte diefer Reife waren die Monographien über die handfchrifili 
hen Lerica der Bar Alt und Bar Bahul 1834 und 1839, als 2. Heft der Anec- 
dota orientalia unter dem Titel »de Lexicographis Syris ineditis.«e Nach fe 
ner Rüdkhr erfchien „der Prophet Zefaia“ überfige und mit einem phllole⸗ 
ſſch⸗iritiſchen und. hiftorffchen Gommentar begleitet 1821 in 3 Theilen. Seine 
orliebe für die Semitiſche Paläographie führte ihm auch auf die phöntziiden 
Eprachſtudien. 1825 gab er heraus de inscriplione Phoenicio-Graeca« 1836 
»de inscriptione Punico-Libyca« fo wie paläograpbiiche Studien über phönisifche 
und puniſche Schrift. Als Ergebniß einer wiederholten Reife nady England um 
Holland erſchlen das große Werf: Scripturae linguaeque Phoeniciae monuments 
quotquot supersunt edita et inedita ad autographorum oplimorumque exem- 
lorum fidem edidit additisque de scriptura et lingua Phoenicum comentariis 
illustravit 1837. Weil er einen Ruf an des verkorbenen Eichhoins Stelle unter 
den a Bedingungen, aus Anhänglichkeit für Halle, ablehnte, wurde a 
iaktathe erhoben. Große Kränfung verurfachte ihm die unwürdige 
dächtigung feiner religiöfen und theologiſchen Ucberzeugung in dem berüchtigs 
ten Auffage: der evangeliſchen Kirchenzeitung von 1830, wmobet es auf nichts Ge⸗ 
tingexed, als auf feine und ſeines Collegen Wegſcheiders Entfernung vom Lehr 
amte abgefehen war. Als Ergebniß einer langen Unterſuchung erflärte das Mis 
niſterium unter Witenflein „daß fein Grund vorhanden fel, gegen die denunclirten 
Profeſſoren einzufchretten.“ Indeß, fo berühmt ©. als Sprachforſcher if, fo ww 
nig eiſptießlich und gründlidy war feine eigentliche theologifche @elehrfamfelt: er 
huĩdigie dem rationalismus vulgaris. Gr hars am 23. October 1842, im Folge 
einer galligen Magenkrankheit. Als Ortentaliſt war feine Gelehrfamfeit eben fo 
umfafiend, als gründlich, und erſtredte fich auf die entihm Sprachen des ſe⸗ 
mirfhen Stammes, Vergleiche: Gefenius, eine Erinnerung für feine Freunde, 
Berlin 1842. Cm, 
Gefeg. Das, was in einem gemeinſchaftlichen Ganzen oder Lebensfreife die 
einzelnen Theile innerlich zur Wirkfamkeit oder Lebensihätigkeit antreibt, heißt deſ⸗ 
fen Trieb (f. d.); das, was biefe Triebe regelt, was die Harmonte des Lebens 
erhält, was die, dem Lebenaganzen, feinen Theilen u. feiner Aufgabe entfprechen 
den, Richtungen der Lebenstriebe beflimmt, G. Diefes iR mithin, im feiner allges 
meinten Bedeutung, die, aus der lebendigen Beziehung verſchiedener Kräfte für 
bie untergeordnete Kraft enifichende, Röthigung oder beflimmende Richtung. So 
erhält der einzelne Erdiheil oder irdifche Körper durch gie Beztehung zur gans 
gen Erde die Nöthigung, zu dem Mittelpunkte der Erbe ſich hinzurichten, oder das 
G. der Schwere. Co erhält das göttliche, vernünftige Geſchöpf, als foldes, 
durch feine Beziehung zur Botiheit, zum göttlichen Willen, die Roͤthigung, ſich 
diefem anzufchliegen, das religiöfe &. Das Etaatemitglied aber erhält durch 
feine Beziehung zum Etaategangen und zu deſſen Willen die Röthtgung, biefem 
zu folgen, oder das Stagt G. — Die einzelnen G.e aber können entweder 
natürlidye ſeyn, fofen fie bloß aus der Natur ihres Grundgefeges ober ihrer 
Srundverhättnifie abgeleitet werden, oder pofitine, fofern ihnen bie gefepgebende 
Gewalt durch Anwendung auf die einzelnen Berhältnifie einen poflitven Ausdrud 
‚gegeben, fle äußerlicy vorgeiärieben ner (RAT or, DE Run vom 


Geſebgebuug " rer 


theils durch woͤrtliche Willenserllaͤrung erfolgt ſeyn (geſchtlebenes Recht), theils 
Tann der geſehgeberiſche Wille durch Gandtuiigen audgefprochen werben (Obfers 
vanze u. Gewoͤhnheite recht), weldye man, tn Verbindung mit ben natürlichen ®.en, 
auch ungefehriebenes Recht nennt, Es Fönnen ferner die ©.e nach ihrer. rechtlis 
lichen u, örtlichen Allgemeinheit auch in allgemeine u. befondere, u. außers 
dem, nad) ihren Gegenftänden, noch auf bie verfchiedenfte Weiſe eingetheilt werden, 
— Die &.e eines Staates, d. h. die in einem Staate feierlich befannt gemach⸗ 
ten Befllmmungen, wodurch die Rechte der Bürger anerkannt, die daraus fließens 
den Verpflichtungen -feflgefegt und die Verlegungen jener Rechte unter Androhung 
von Strafen verboten werden, häben feinen andern Zwed, ald der Staat felbfl, 
nämlich: Sicherheit der Geſeliſchaft in Ausübung Ihrer Rechte, d. 1, in Erhaltung, 
Bermehrung umd folcher Organtfation der Kräfte, wodurd der allgemeine Nupen 
befördert wird. Diefer gibt den G,en ihren Grund und ihre Heiligkeit: denn ein 
©., das dem allgemeinen Nugen miderfpricht, wird feindlich gegen den Staat 
wirfen und ihn zerftören. Wie die Natur-©,e der Dinge nur die Art oder Wirs 
Tung ihrer Kräfte anzeigen u. das unmittelbare Erhaltungs-Prinzip diefer Dinge 
find: fo follen die ©.e des Staates die Wirfungsart der Kräfte des Bürgers 
anzeigen und ihre Ethaltung verbürgen, Die Ausübung ver Kräfte eines Bür⸗ 
‚ers ift aber, was man fein Recht nennt, folglidy follen die Ge die Rechte der 
jürger ‚erhalten und befhügen. Dieß ift die allgemeine Bedingung aller ©,e, u, 
feine Vorfchrift, welche diefe Bedingung nicht enthält, kann ald ein Staatd-®, ans 
erfannt werden. Die Gewalt zwar fann zu Handlungen zwingen, welche den 
Rechten widerſprechen, aber fie wird dadurch nicht geſehmäßig. Die innere Hei⸗ 
ligfeit, d. #. die Wahrung der Rechte, muß in dem G.e walten“ Diefe innere 
Bedingung wird audy allgemein zugeftanden; die Schwierigleit beit Beuriheilung 
der Ge liegt nur darin, daß die Menfchen bei Entfcheidung des Urthellö über 
die Güte eines G. es nicht einig, und daß ſich fein Außeres Zeichen angeben läßt, 
Diejenigen unfehlbar zu erfennen, denen die Entfcheidung gebührt. Hier fann nur 
Uebereinfunft zu Hülfe-fommen, und die Verftändlichkeit der Uebereinfunft hängt 
von der geiftigen Ausbildung Derjenigen ab, weldye mit einander übereinfommen, 
Es muß alfo ein geiftiges Prinzip wirken, das man- nicht willfürlich fhaffen kann, 
das ſchon vorhanden feyn fol. Clviliſirte Völker; Stände, deren Mitglieder auf 
geiftiger Höhe Reben, werden beſſere Ge machen, als es die Barbaren verfehen. 
Wenn aber die Bölfer, oder die Staatöbiener, roh und unmifiend find, dann iR 
ihnen nicht zu helfen. Die G.e alfo richten ſich und müſſen fidy richten nad 
dem Zuftande der geifigen Ausbildung eines Volles. Darum aber Fönnen fie 
auch nie für ewige Zeiten gegeben werden, und das Stabilitäts⸗Eyſtem wis 
derfpricht hier, wie in vielen anderen Rüdfchten, dem Katur-®.e der bürgerlis 
hen Gefellichaft, — Ausnahmes@.e, d. h. gefepliche Beſtimmungen, welche 
von der Regel abweichen, dürfen nur in fehr wichtigen Fällen und, wo fie eine 
wahre Rothwendigfeit erheifcht, nur mit Zuſtimmung Derer, welche an Errich⸗ 
tung des G.es Theil nahmen, auch nur auf eine befimmte Zeit eintreten. 
Gefeggebung: Das Recht, Geſetze (f. d.) au geben, Tann in einem 
Gtaate entweder einem Ginzelnen, oder einer gewiſſen Tlaſſe oder Körperfhaft 
übertragen, oder endlich als allen Bürgern zufländig betrachtet werden, und 
auf diefem Unterſchiede beruhen ‚die drei befannten Kegierungsformen der Mes 
nardhie, Ariftofratie u. Demokratie, Da zur Helligung eines Gefehes vor Wied” 
die Innere Gerechtigkeit deſſelben, d. h. fein nothwendiger Bufasımenhang mit 
dem allgemeinen Woble erfordert wird, fo liegt Fein Widerſpruch in der Sache 
ſelbſt, wenn die Bbfaflung und Bekanntmachung der Geſehe einem einzigen Mens 
ſchen übertragen wird. “Der Einzelne kann fo gut, u. oft beſſer, als Biele, den 
Geiſt auffaffen u. ausfprechen, der das Veihäliniß der Rechte der Bürger gegen 
einander beflimmt. Ebenfo kann eine Körperfhhaft, wenn Re aus den beflen und 
gebilveiften Bürgern beſteht, gerechte Geſehe geben. Endlich weist die Geſchichte 
wehre gute Geſche, auf, die in Wolts-Berfammiungen abakalı watun. “Os 


163 Geſetzgebung 


Frage: „welche Art der G.een die beſte fey?“ läßt ſich daher nicht aus Bernunfts 
ſtünden ohne Erfahrung beſtimmen. Die Güte der Er iſt die Hauptſache 
Ds aber Giner, Einige oder Viele die beften Gefepe, d. t. die größte Sicherheit 
der Gefellichaft zu Stande bringen werben, iſt nur durch Erfahrung zu Löfen, u. 
wird ſich die Loͤſung, zufolge der vorhandenen Erfahrung, jedesmal anders auswel⸗ 
fen, Nach der Herrfchaft eines Tyrannen hoffen dieMenfchen von denen Schuf, 
welche fie von dem Tyrannen befreiten. So entfleht die Ariftofratie. Haben 
Ariftofraten die Macht gemißbraucht, fo glaubt das Volk felbft die G. überneh 
men zu müffen und führt dieDemofratie ein, Artet diefe, wie nur zu gewöhnlid, 
in Anarchie aus u. wird die Staate-Gefellfchaft von den Unordnungen derfelben 
geplagt, fo unterwirft fie ſich leicht wieder einem Einzigen, um Ruhe und Did 
nung. herzuftellen, Daraus ift der mettürliche Schluß gesogen worden, daß nidt 
winfürlich irgend eine der Regierungoſormen einem Bolfe mit Erfolg aufgebrun: 
gen werben Fonne, fondern daß der jevesmalige Zuftand deſſelben, wie er fih 
num einmal auswelst, zu Rathe gejogen werden müffe. Im Stande der Dar 
barei, wo die Sklaverei noch In den Gefinnungen der Menfchen herrſchend if, 
Tann es nur dem Wahnſinne einfallen, die Menge zum Schiedsrichter über die 
Gefege aufzurufen. Her kann allein ein großer Fürk, wenn bie Vorfehung einen 
folchen verleiht, dem Bolfe zu Hülfe Fommen. Nicht minder wahnfinnig würd 
es feyn, wollte Einer, oder wollten Einige tn einem civfiifirten Wolfe, wo .durd 
Arbeit u. Geifte&:Eultur das demofratifhe Prinzip ſich ſchon als mächtig aus 
erviefen hat, die alte Willlür der Dligarchen wieder einführen umd bie, im de 
Nation lebendig gewordene, Steinen als nichtiq behandeln, Der Gefepgeba 
Tann weder die Barbaren in eivilifirte Bürger plöplich umſchaffen, nody darf 
hoffe, daß oitifirte Bürger ihm wie blinde Sklaven geborgen werben. Der 
Grad der Eultur einer Nation entfcheidet alfo von Rechtöwegen, wen bie ©, 
gebühre. Ein Huges, geblldetes Volk muß anders, als ein unkluges, ungebilds 
tes, in Hinficht derfelben behandelt werden. Die, mit dem Zuftande der Nation 
tm Wiverfpruche firhenden, Verordnungen Fönnen zu feinem guten Erfolge führen. 
— In ruhigen Zeiten, wo die Parteien die Nothwendigfeit anerkannt haben, in 
den allgemeinen Intereffen gemeinfhaftlichen Schug zu fuchen, wird jede Partei 
die Hülfe der Intelligenz bei der G. — von welder Seite fie auch Fommen 
möge, vom Fürften, vom Adel, ober vom Wolfe — als einen ehrwürbigen Bas 
trag, als eine heilige Abgabe an bie Geſellſchaft, zu verehrten wiffen. Golde 
Gefinnungen aber laſſen ſich nicht erzwingen: fie find entweder da, ober nicht, 
u. nad) ihrem Dafeyn, oder ihrer Abwefenheit, wird fidh die G. als ehrmürdig, 
ober verberblich ausweifen. In allen conftituttonellen Staaten gegenwärtige 
Zett haben die Volförepräfentanten Antheil an der &. — Bei jeder ©. iſt vor 
züglich darauf Rüdficht zu nehmen, daß die Geſetze fehr beſtimmt, bindend, fur, 
deutlich, mit Auftichiigkelt u. Befeltigung aller, auch nur ſcheinbaren Wine 
forüche, in eine ſyſtematiſche Ordnung zufammengereiht u. fo in allgemeinen Eigen 
abgefaßt find, daß die verfchiedenen denkbaren fpeciellen Fälle auf diefelben zuräd 
geführt u. angewendet werden Tonnen. Se vollſtändiger die möglichen Bälle in 
denfelben enthalten u. je richtiger die Rechtöbeftimmungen find, deſto mehr zeich⸗ 
net fi die ©. aus, Die Worte des Geleges follen von ſcharfem u. abgemef- 
jenem Sinne feyn, u. bei Allın einerlei Begriffe erweden; alfo nie durch unbe 
limmte Ausdrücke ungewiß gemacht werden. Wo nicht Ausnahmen, Einfchränl⸗ 
ungen u. Mobififattonen adfolut nothwendig find, müßen fie ganz weggelaſſen 
werden. So wenig, als möglich, darf eine gute ©. dem tichterlidhen Ermeſſen 
überlaffen. Der Grad ver Cultur eines Volles muß auch den Brad der Strenge 
oder Milde ver Geſetze beſtimmen y. überhaupt der Geil der Mäptgung ver 
Geiſt des Geſehgebers fiyn. Die Geſetze müßen dem Volksgeiſte, den Gtiten u. 
Gebräuchen defielben möglich anpaffen u, dürfen nie den Grundſätzen des nas 
türlihen Rechts widerfprechen. Der in einem Geſetze angegebene Beweggrund, 
der nie, beſonders bet fpeciellen Geſetzen, fehlen, aber immer vom. Zerte der Ges 


w: 


> 
Gefehgebung. 769. 
fee geſondert feyn fol, muß. des Geſetzes würbig ſeyn. Wie unnühe Geſetze bie 
nothiwendigen ſchwaͤchen, fo ſchwächen auch foldye, deren Wirkung man vereiteln 
kann, dad Anfehen der G. Ueberhaupt muß diefe überzeugen; daher die Stims 
men des Bublitums für fie feine gleichgültige Sache ſeyn Fönnen, wenn ein freier u. 
allgemeiner Gehorſam bezwedt werben foll. Will man ſich mit Sicherheit von der Güte 
eines fpeziellen Geſetzes überzeugen, jo muß man es nidht vereinzelt unterfuchen, 
fondern in feinem Zufammenhange mit allen denen, welche in Aoficht des ©.6, 
Zweilges, wohin es einfchlägt, ein gutes Geſetz⸗ Syſtem ausmachen. Der wid 
tigfte Punkt unter allen ift aber der, daß die G. der Veifaſſung des Staates 
comform fel, u. auf ihn allein muß audy die oft aufgeworfene Frage zurüdgeführt 
werden: „ob für alle deutfchen Staaten ein einzige Geſetzbuch, alfo ein einformiges 
bürgerliches Recht durdy eine, von den beutichen Regierungen gemeinfdyaftlicy er⸗ 
nannte, G. s⸗Commiſſion hergeſtellt werben ſoll?“ find aus dem oben ange⸗ 
führten Grunde, wenigſtens was die größeren beutfchen Staaten betrifft, gegen- 
iheiliger Meinung. Die Elemente des bürgerlidien Rechtes finden fich in der 
Öffenttichen Berfaffung, in den hirkömmlichen Inftituten u. der Lıbensweife eines 
Landes. Dedwegen paßt nicht immer ſchlechterdings das Geſetzbuch des einen 
Landes auch für das andere. Gin Handelsſtaat wird ein ganz andered bürgers 
liches Recht ausbilden, ale ein Aderbau treibender Staat. In beiden Staaten 
iſt 3. B. der Credit zwar die Seele des Berfehres ; in dem Handelsſtaate muß 
Dagegen das bürgerliche Recht den ‘Berfonal-Erebit auf Koften ded Real⸗Cre⸗ 
dies, im Ackerbau treibenden Etaate aber den Real:Erevit auf Koſten dis 
Perfonal:Sredites aufrecht erhalten. Mit dem Berfonal-Erevit hängen dad Ges 
heimniß des Bermögenszuftandes fichernde Anftalten, große® Zutrauen auf dın 
Eid, ſtrenges Wechfelrecht, WBerfonalarref u. f. w. zufammen. Alles dieß if 
anders, wo der Real⸗Credit der Entwidelung des bürgerlidyen Rechtes den Ans 
trieb gitt. Nicht einmal das, auf die Bepürfniffe eine aderbauenden Volkes 
berechnete, bürgerlidye Recht paßt auf ein anderes gleicher Art; denn ed kommt 
darauf an, ob der Ackerbau ald Handwerk, oder als Landwirthſchaft, von 
Bauern oder von @üterbefigern betrieben wird. Davon hängt ein eigenes Erb» 
Recht, ein eigenes Hypotheken⸗Syſtem, eine eigene Behandlung der Koncurfe 
u. f. w. ab. — Die porgüglichhen Civil⸗Geſetzbuͤcher find Bas oͤſterreichiſche, preufs 
fifhe und franzöflfche. as preußiſche iſt im Materiellen weiſe, flitlich u. 
ächt deuifch. Der Form nad) iſt es erſchöpfend und in der Sprache nicht felten 
claiflfch- Dagegen 'ift es auch zu weitläufig, Fafuififch, tm der Anwendung zu 
wenig ſyſtematiſch, in der Bearbeitung ungleidy, und veranlaßt durch eine zu 
große, und doch nicht gleichfoͤrmige, Bolfändigkiit Ungewißhelten, veren Beſei⸗ 
tigung wieder viele neue Berordnungen nöthig macht. Das öͤſterreichiſche Civil⸗ 
Sefigbuch zeichnet fidy im Formellen durch Einfachheit u. Faßlichkeit der Anord⸗ 
nung, Kürze u. Bündigfelt des Ausdrucks, im Materiellen aber durdy Sittlichkeit 
und Agitgemäßbei der meiften Befimmungen aus. Dagegen werden befonder® 
etadelt: die Unrichtigfelt mandyer Definttiionen u. die Hinwelfung auf die Polizei⸗ 
efege In Gegenftänden, weldye zum Rechte gehören. Dem franzöfifchen Geſetz⸗ 
Buche (Code Napoleon) iſt Einfachheit im Plane, Deutlichkeit und Beftimmihelt 
nicht abzuſprechen. Es hat aber auch bedeutende, von Savigny, Pfeiffer, von 
Rechberg u. W. m. bezeichnete Fehler u. könnte, als überhaupt zu wenig paſſend 
für unfere deuiſche Bildung u. Sitte, weder zur unbedingten Annahme, no 
vorzügliches Muſter für eine deutfche Geſetzgebung aufgeftellt werden. Inzwiſchen 
iſt aber eben fo wenig die Annahme des öfterreichifchen over preußlichen &:fehs 
Buches (auch wenn alle in venfelben enthaltenen Fehler befeitigt würden) ebens 
falls wieder aus dem oben angegebenen Grunde für die confitutionellen Staggen 
Deutſchlands anzurathen, weil nämlich eine verſchiedene Staatöverfafiung auch 
eine verſchiedene bürgerliche ©. zur Zolge haben muß. — Die &.6-Kunft haben 
unter den Alten Plato und Cicero (de legibus), von den Reueren vorzüglich 
Realencpclopädie. IV. \ 49 


mo Gefiht, 






Montesquten, Filang ieri und Zadarkä «f. dd.) behandelt. Bergl. auch 
Gomte, »Traite dolegisiatione @Baris 1827, 4 Be). 
Geficht begeidmer dreierlei: 1) foviel als — (1. 8.) — auch zweites 
.; — 2) der Vordertheil des Kopfes, das Mntlig, in weichem bie äußeren Gnd- 
PBunfte aller Sinnesorgane, mit einziger „bes Menſchen, 
wie bei allen Thieren, die beſonders ausgebildete Iorgane haben, — 
— ja, auch der Taflfinn, der über den ganzen. verbreitet Äft und 
Be en een 
ren am erfopfe. t. biefer ; 

die. Aufere Erfcheinung, wie dieß beim Menfchen der Fall if; wir. betrachten 
daher aud) das Tier mehr im Ganzen, feiner vollen Geſtait nady, oder doch 
den Thierfopf als Ganzes, mährend beim Menſchen nur der Bordertheil des 
Kopfes, das G., zunächft ins Auge ac wird. Unter ©. verfteht man Mies, 
was. vom Menfchentopfe ſichtbat u. nicht mit Hauthaaren bewachſen iſt 
terfcheivet fich vom Worderfopfe des Thleres durch die Au der Auferen 
Sinnesorgane, die vollendetere Bildung des Gehirns -n. fo au‘ ‚Sıirm, 
u. durch die höhere Entwidelung der unter der Gefihtöhaut befindlichen Mudfeln, 
wodurch dem Menfchen Ausdruf feines Gimütherufandes und Dartegung feines 
Willens möglich wird. Die wichtigften Gefichtstheile bilden die äußeren 
Organe, von denen die Augen dem ®.e feinen ——— geben; * 
— haben die Ohren, welche das ©. ſeitlich begrängen u, nur bei ber 
tenanficht fi. vollfommen zeigen; dagegen bedingt das Organ des 
bie Rafe, weldye als — Theil In der Mitte des ©.8 über alle 
Thelle hervorragt, in hohem Mafe die Geſichtabildung; es zeigt fich in 
Form audy weit mehr Mannigfalttglett, als bei irgend einem anderen inne 
Drgane; jede Nafe- aber papt nur für ihr ©., u. Verluſt oder Mißblldung de 
Nafe zieht weit bedentendere Entfellung nach ſich als Verluft oder Mißbildun 
irgend eines andern ©.-Thelles. Der Mund, als Thürhüter des Gefhmadfinnet, 
ift von Wichtigkeit, weil aus ihm. die Rede hervorgeht, welche uns den geiftign 
Zuftandı des Menſchen anzeigt, daher auch am Redenden zunächft der Mund dm 
Vlich auf ſich zieht. Die Orundlage des ©. wird gebildet von den: G.Knochen: 
den Oberkieferfnochen, wen Baumenbeinen, ven Thränenbeinen, den Rafenbeinen, den 
untern Mufcheln u. den Jochbeinen, welche paarweife vorhanden find, u, dem Pflug 
ſcharbeine u. dem Unterkiefer, welche nut einzeln, aber fymetrifch gebaut find; bei tragen 
noch das Etirnbein und bie Schläfenbeine, welche zu den Schävelfnochen gerechnet 
werden, Alle diefe Knochen find unter ſich oder mit den Schädelfmochen unbe 
weglich verbunden; nur allein. ber Unterkiefer.ift beweglich, Jeder Menſch bat 
feinen eigenen &.8-Ausdrud, welcher zunächkt durch die Fnöcherne Grundlage 
bedingt ift; ſelten finden fich zwei Menfchen, die bei aufmerffamer Betrachtung 
nicht fchon im Gefammtelndrude weſentlich von einander abweichen. Dieſe Ab: 
weihungen find aber um fo größer, je mehr die Menfchen audy im geiftiger 
Entividelung von einander verichieden find; daher ſich neugeborene Kinder weit 
mehr ähneln, als erwachfene Perfonen, ferner bei wilden Böltern in ber ©.& 
Bildung weit weniger Unterfchteve ſich zeigen, als bet cultivirten Völkern. Es 

bt aber gewiſſe Hauptcharaliere im G.6-Auedrude, dienicht nur Menfchenragen, 
Under auch Bölfer, dann die Familien, Gefchlechter, u. verfchtedenen Alter uns 
terfcheiden; fo ift das ©. des Negers von dem des Eutopäers bei blofem Be 
trachten der Fndchernen Grundlage leicht zu unterfcheiden ; fo ift das G:ficht des 
Ralleners von dem des Engländers verfchieden, um fo mehr, je unvermiſchtet 
fih die Bölfer erhalten haben, daber befonders bei den Juden, ben E&fimos ıc.; 
in Gamilien wiederholen ſich die ©. + Züge, oder lehren in fpäteren Generationen 
wieder: fo bei den Bourbonen 2c.; das weibliche ©, ift runder, dad Kinn mehr 
oval u. der G.-Ausdrud überhaupt mehr von den MWeichtheilen des Gs abhängig, 
als beim Manne; im Alter werden ſich die ®.-Züge bei beiden Gefdhlechtern 
ähnlich; deutlich unterſcheidet fi endlich auch das alte Geſicht, abgefehen von 


den Rungeln ıc., durch das * allenen 
Zähnen. Die — *8 des G.s be ans a see nad abe Theile 
nicht an das Kuohengeräße anbeften, fehr- — u. esergaehg ten Rerven 
u. Gefäßen u. einer jart men Dani, Un unter der ſich nur wenig er ablagert. 
Großen Einfluf Pa nnigf sieiglett des &.6-Ausüruds Hat wie freie * 











fett der des G.s Reben: voran die Augen 
ng Bewegung ich g ber — — G. 5* * 
Angenlieder, Raſenfluͤgel, des Mimdes ꝛc. reihen; beim Sprechen wird Jaoqh der 
Mund zum Mittelpunkte ver 2* ung. De Itchleft der G.0⸗Theile 
iR. bei einigen Menfchen größer, a anbern, wie durch. Mebung — 
liche Beherrſchung verſelben erl —— am, ſo —— ande 6 ushrud 
nicht mehr der ae! Gemuͤtho ſtimmung eniicht; ſtatt bei 
dem Barbentoedhfel dee ©.8, ke dem Errdthen und — — — bes 
aufwallenden, wie des been G.o⸗ 


gefunden, ein anderer im kranlen Zuflanbe, daher vun * 9 Bern 
befeiben ein. mächtige6 Mittel in ver ärztlichen Diagnofit: bilnet; namen 
Dentet das fogenannte e Kinnotzatiide | ®. ln 4 auf. das berannahen 








fcheiden, während d a 3* aller Bewegl ige 
den Tob anzeigt. — kimſtl wed iſſe M & 
am G.e —e— cine einzelnen hellen vef t ie —— Bunt * 


es Koͤrpertheilen angenommen, bie —*— X minder in jedem Geeſich wieder⸗ 
olen u. beren mauce — die Regelmaͤßigkeit des G. Degen fo ſoll 
namentlich Die ‚ eine gerade Linie von dem oberſten Theile der Stirne 
an bis zum Rinn erh, im vollfommen wohlgebauten wmenfchlichen Körper zehn⸗ 
mal enthalten feyn. —— hievon iR die Camperſche — ee 
30g nämlich in der Seitenanſicht des Kopfes eine Linte vom Außern ange 
nad dem vorragendſten Punkte des Oberfiefers u. von da eine andere —— 
vortagendſten Punkte der Stirne; beide Linien bilden einen Winkel, der um * 
ſpitzer wird, jemehr die Stirne gegen den Oberkiefer zurüdtritt, dagegen wird 
der Winkel um fo größer, je mehr fi) das Geſicht Dem menfchlichen und bier 
wiederum bem idealen fchönen annähert: beim Thiere ik der Winkel immer ein 
fpiger, am weiften bei den Bögeln; beim Drang»Dutang, dem dem Menfchen 
am naͤchſten fichenden Affen, beträgt er 58°, Keger dagegen ſchon 70°, 
beim Guropäer gewöhnlidh 80°, ja, am ſchonen —2 90° oder einen rechten 
Winkel, — an den Kunftwerten” der alten Zeit findet man Ihn bis zu 100° vers 
größert, — 3) ©. nenst man audy den Befichtsfinn, den Ginn des Sehens, 
den zweitwichtigkten der Sinne, weldyem mur ber Gehoͤrſinn vorgeht, wie wie 
daraus ſehen, daß angeborener Mangel des letzteren in ber geiſtigen Entwidelung, 
in dem, was eigentlidy den Menfchen zum Menſchen macht, weit mehr hindert, 
als dieß der Fall beim angeborenen Mangel des 8.-Einns it (fiehe Blinde, 
Zaubfiumme). Anders verhält ſich freilidy ‘Die Sache etwas beim Berloren- 
e” der ſchon vorhanden geweienen Sinne; fo wird Im Alter der Berluft des 
& weit fchmerzlicher empfunden, als ber des Gehoͤrs, weil im letzteren Falle 
ur Schrift, Geberde, Zeichen der Mangel immer en einigermaßen erfcht wer⸗ 
* kann, während für das mangelnde ©. Fein tz möglich il. Durch daB 
©. erhalten wie Borfiellungen von der äußeren Sehaltung” u. von der Färbun 
beleuchteter Gegenſtaͤnde. Der Borgang biebei it weit mehr befannt, als di 
bei irgend einem anderen Sinne der Fall iR (f.Schen). Organ des 6 iR das 
Auge (f. d.). Krankheiten des G.⸗Sinnes beruhen mei auf Krankheiten bed 
Sehorgans, over fie find Folge allgemeiner Krankheiten ded Behind und des 
Nervenſyſtems. Das ©, mangelt bei den nieberfien Thieren, welche nody feine 
Nerven befigen, vollklommen, auch beim erſten Auftreten von Rervenbildung, fo 
bei den Eingeweidewürmern, fehlt nody Das Auge, obwohl der ganze Körper 
Sichtempfindung, oder doch Empfindung für bie vom Lichte * chende Wärme 
bat. Die eiſten beſümmten Gehorgane haben Die Schutcken; den Inſelten 





1 Geſicht. 


Montes quieu, Filangicti und Zachariän(ſ. db.) behandelt. Berg. ud 
Gomte, »Traits de legislalion« (Paris 1827, 4 Bde.). 
Geſicht bezeichnet dreierlet: 1) ſoviel als Bifton (. d.) — auch zweites 
G.; — 2) der Vordertheil des Kopfes, das Antlitz, in welchem die äußeren End⸗ 
Punkte aller Sinnesorgane, mit einziger Ausnahme des Taflfinne, beim Menſchen, 
wie bei allen Thieren, die beſonders auegebildete Sinnesorgane haben, vereinigt 
find; ja, auch der Taflfinn, der Über den ganzen Kägper verbreitet IR und beim 
Menfchen in den Fingerfpigen fein Hauptorgan hat, hat diefe bei den weißen 
Thirren am Vorderkopfe. Doch. tritt dieſer Kopfiheil bei keinem Thiere fo in 
die äußere Erfcheinung, wie dieß beim Menfchen ‚der Fall ik; wir betrachten 
daher auch das Thier mehr im Ganzen, feiner vollen Gehalt nady, oder doch 
den Thierfopf als Ganzes, während beim Menfchen nur ber Vordertheil bes 
Kopfes, das G., zunächfi ind Auge gefaßt wird. Unter ©. verfieht man Wie, 
was vom Menſchenkopfe fichtbar u. nicht mit Hauthaaren bewachſen iR; es m 
terfcheivet fi) vom Vorderkopfe des Thieres durch die Ausbildung der Äußeren 
Sinnesorgane, die vollendetere Bildung des Gehirns u. folglich audy der Gtirue, 
u. durch die höhere Entwidelung der unter ver Geſichtshaut befindlichen Muskein, 
wodurch dem Menſchen Ausprud feines Gemüthszuſtandes und Darlegung feines 
Willens möglich wird. Die wichtigſten Geſichtstheile bilden vie Äußeren Ginnee- 
Drgane, von denen die Augen dem ®.e feinen Geipicharakter geben; weniger 
Einfluß haben die Ohren, welche das ©. ſeitlich begränzen u. nur bei der Se— 
tenanfiht fi volllommen zeigen; dagegen bedingt dad Drgan des Geruchet, 
die Raſe, weldye als unhaariger Theil in der Mitte des G.s über alle übrigen 
Theile hervorragt, in hohem Maße die Geſichtsbildung; es zeigt ſich im ihre 
Form auch weit mehr Mannigfaltigfeit, als bei irgend einem anderen inne 
Drgane; jede Rafe aber paßt nur für ihr ©., u. Berluft oder Mißbildung der 
Raſe zieht weit beveutendere Entſtellung nach ſich, als Verluſt oder Mißbildung 
irgend eines andern G.⸗Theiles. Der Mund, als Thürhuͤter des Geſchmacſinnes, 
iſt von Wichtigkeit, weil aus ihm die Rede hervorgeht, welche uns den geiſtigen 
Zuſtand des Menſchen anzeigt, daher auch am Redenden zunächſt der Mund den 
Blick auf fidy zicht. Die Grundlage des G.s wird gebildet von den G.⸗Knochen: 
den Öberkieferfnochen, den Baumenbeinen, ven Thränenbeinen, den Rafenbeinen, den 
untern Muſcheln u. ven Fochbeinen, welche paarweife vorhanden find, u. dem Pflug⸗ 
ſcharbeine u. dem Unterkiefer, weldyenur einzeln, aber ſymetriſch gebaut find; bei tragen 
noch das Etirnbein und die Schläfenbeine, welche zu den Schädelknochen gerechnet 
werden. Ale diefe Knochen find unter ſich oder mit den Schädellnodyen unbe 
weglich verbunden; nur allein der Unterkiefer iR beweglich, Jeder Menſch hat 
feinen eigenen G.8-Ausprud, welcher zunächſt durch die Indcherne Brumblage 
bedingt tft; felten finden fidy zwei Menfchen, die bei aufmerffamer Betrachtung 
nicht fchon im Gefammteindrude wefentlich von einander abweichen. Diefe Ab 
weidhungen find aber um fo größer, je mehr die Menfchen audy in geifige 
Entwidelung von einander verichieden find; daher ſich neugeborene Kinder weit 
mehr ähneln, als erwachſene Berfonen, ferner bei wilden Bölfern in der ©.% 
Bildung weit weniger Unterſchiede ſich zeigen, als bei cultiotten Völlern. Eb 
gibt aber gewiſſe Hauptcharaftere im ©.8-Yuadrude, die nicht nur Menfchenracm, 
Eondern auch Bölfer, dann die Kamilien, Gefchlecdhter, u. verfchiedenen Alter un 
terfcheiden; fo if das ©. des Negers von dem des Europäers bei bloßem Ber 
trachten der Imöchernen Brundlage leicht zu unterfcheiden ; fo iR das Geſicht des 
Stalieners von dem des Engländers verfchieven, um fo mehr, je unvermifdhter 
ch die Völker erhalten haben, daher befonders bei den Juden, ben &sfimos ıc.; 
n Familien wiederholen fidy die &. » Züge, oder kehren in fpäteren Generationen 
wieder: fo bei den Bourbonen 2c.; das weibliche G. iſt runder, das Kinn mehr 
oval u. der G.⸗Ausdruck überhaupt mehr von den Weichtheilen des G.s abhängig, 
-  al8 beim Mannez im Alter werden ſich die G.⸗Züge bei beiden Gefchlechtern 
donlich; deutlich unterſcheidet fi endlich auch das alte Geſicht, abgefehen von 





Bene Ä 75 
Säulen und Pilaſtern das Gebaͤlke der Saͤulenart gum:®. genommen wird. 
allen Fällen aber muß das Haupt⸗G. dem Style und dem Reichthume des 
Aube6 entſprechen. 2) Das zwiſchen zwei Stockwetlen angebrachte Gurt⸗ 
Balken⸗G., beſtehend aus einigen wenigen Gliedern und eben dadurch ſich 
dem Bande, einem breiten glatten Streifen, umterſcheidend. Es kann 12—18 
breit feyn, wovon alsdann der Streifen (Streif) 4, und einige Glieder uns 
demſelben 4 erhalten. 3ZADas ©. an Zimmer-WBänden empfängt gewöhn«- 
nur einige Glieder, wird jebody auch, wo. die Wände Pilaſter haben, nach 
Gebaͤlke derfelben, oder bei hohen Zimmern dem Kranze eines Säuleng-bälte 
3. gebildet. 4) Das Fuß⸗G., die Cinfaſſung des unteren Theils einer Maner 
er Wand über dem Fußboden, aus einer Socke beſtehend, die wenigſtens 
Elle hoch if, oben entweder nur eine Hohllehle und ein Plaͤtichen, over einen 
b, ein Plättchen und einen Anlauf bat. Fuß⸗G. heißt Ind. auch jeder, mit 
dern verzierte, Fuß an einem Poſtumente oder Gebäude Druſt⸗G., die 
Re, aus einigen Gliedern beſtehende Vedeckung eines Geländers. 
Geſinde if die allgemeine — für ſolche Perſonen, die fi genen 
ere auf beſtimmte oder unbeſtimmte Zeit verbindlich gemacht. haben, um Lohn, 
Aigung oder anderweitige Bergütung die gewöhnlichen Geſchafte in Haus u. 
‚ oder befonnere Berrichtungen zu beforgen. — Der Bertrag zwiſchen Dienk- 
haft und G. bat weientlidy den Gharakter des Miethvertrags; einer fchrift- 
n Urkunde bedarf es daher zur Guültigkeit desſelben nicht. : Zwedmäßig IM 
T die Unordnung, daß der Bertrag auf Anſuchen ber Parteien genen eine bes 
mte Meine Gebühr von ver Polizeibeboͤrde aufgezeichnet wird. Der Hause 
r iR es, der den Bertrag abichließt, oder durch defien Zukimmung, wenn bie 
u ihn abgefchloffen hat, derſelbe gültig wird. Gewöhnlich bat wie Braun bei 
Annahme weiblicdyer Dienkboten die Bermuthung für Ach, daß ver Hann ein 
Oigt babe, Um Zerwürfnifien vorbeugen und den häufigen Wechſel der 
aſtboten zu verhindern, iſt öfters beſtimmt, daß Niemand vie Dienfkbeten des 
ern ohne defien Vorwiſſen miethen und fie dadurch zur WBerlaffung ihres bio⸗ 
jen Dienfled veranlaffn dürfe. Yür den Eins und Austritt ver Dienkboten 
ald Regel beflimmte Termine feftgefeht im gegenſeitigen Intereſſe der Dienſt⸗ 
‚haften und Dienkboten. Nuztzlich iſt die Einrichtung, nach welcher die Pos 
yehörde Diejenigen aufzeichnet, welche Dienfle orer Dienſtboten fuchen, u. auf 
angen darüber mögliche Auskunft ertheilt. — Das ©. gehört in der Regel 
ärmeren, ungebilveten Claſſe des Bolkes an und If defhalb der. mächtigeren 
Mberrfchaft gegenüber weniger in der Lage, feine Rechte zu wahren, fid) g-gen 
nträchtigungen und Mißhandlungen zu ſchützen. Darum erfcheint es billig, 
der Staat diefem zahlreichen Theile der Bevölkerung, der in ein, im beflen 
e nicht beneidenswerthes, Abhängigkeitsverhältniß zu treten genöthigt iR, feine 
ndere Fürforge angedeihen laſſe. Auf der anderen Gette aber erfordert es 
Yausliche und öffentliche Ordnung und daB eigene Interefie der, größtentheils 
in einem, der Zucht und Aufſicht bebürftigen, Alter ſtehenden Dienſiboten, 
der Dienfiherrfchaft eine gewiſſe hausherrliche Gewalt über biefelben einges 
at, zugleich aber auch, daß ihr gewiſſe, aus ſittlichen Rüdficyen entfpringende 
pflichtungen auferlegt werden. Aus dieſer doppelten Anforderung an ben 
at, dem Schwächeren Schutz zu gewähren, zugleich aber für Aufrechtbaltung 
Zucht und Ordnung zu forgen, entfpringt die Rothwendigkit der Entwrrfung 
: befondern &.» Ordnung, in weldyer die Rechte und Miflichten bee © 6 u. 
Dienfiherrfchaften in dem angeführten Geiſte genau feftgeftelt fing, Die varin 
altenen Beſtimmungen koͤnnen jedoch nicht den Zweck haben, und Wer⸗ 
lichkeiten, die auf dem Wege eins beſondern Vertrags feſtgeſ en moͤch⸗ 
auszuſchließen; fie follen nur die mannigfaltigen rechtlichen Selten des Ver⸗ 
Sverhaltniſſes fubſidiäͤr normiren, dadurch Streitigkeiten vorbeugen und vie 
tel zu ſchleuniger Sun ber ensftandenen an die. Hand geben. Eo 
er mit der Natur des ©.» Werhältniffes und mit der Ratur uud dem Due 





einer G⸗Didnung weſentlich zuſammen, das die, aus jenem ſich entfpinnenben, 
Streitigfeiten in der. Regel nicht in einem formellen, langfamen u; foflbaren Ge 
zichtöverfahren verhandelt: und. entfchieben- werben ‚Tonnen. Die Schlichtung ders 
felden"muß vielmehr der Boltzeibehörde übertragen: werben, welche auf dem 
Wege der Adminiftrativjuftig nach einem kurzen fummarifchen Verfahren rafh u. 
in vielen’ Fällen nach moralifcher Ueberzeugung zu entſchelden bat, "Nur bei wich⸗ 
tigeren, ‚die ©.-Drdnung nicht. entfchiebenen, eftagen kann bie Berufung 
oder Berweifung an den Richter  ftatıfinden.. — Das ©, it verpflichtet, ſich 
allen häuslichen und auf den Haushalt Bezug habenden Dienften, voransgefeht, 
daß der Bertrag nicht auf die Verrichtung beftimmter Dienfte abgeſchloſſen wor 
den Aft, zu unterziehen, den durch Unterlaf der ſchuldigen Aufmerffamfeit ent: 
fandenen Schaden zu erfeen ; ſich allen häuslichen Anotvnungen und Eimich- 
tungen der Dienfberefchaft zu unterwerfen und Befehle, Ermahnungen und Wars 
nungen’ mit Befcheidenheit aufzunehmen. Hterbet entficht die Frage, ob dem Dient- 
boten ein Recht der Klage gegen bie Herrichaft eingeräumt: werden fol, wenn er 
von dieſer dutch Scheltworte, oder durch eine ‚geringere körperliche Züchtigung ſich 
verlegt „glaubt? Einestheils ſcheint es das Interefie ‚der Dienftboten, als des 
ſchwaͤcheien Tells, gu fordern, daß.nicht durch Anerkennung eines geringern Züch⸗ 
tgungerechte de dien zu einem Mibbrauche deoſelben gebahnt werbe; anberntheilt 
würde das Anfehen der Dienftherrfchaften vielſach geſchwächt und bie Auftecht- 
haltung der Zucht und Drdnung erfchiwert werben, menm ſchon ein. der Hausfrau 
in der Aufregung entfehlüpftes nachdrüdliches Scheltwort fie einer Imiurienllage 
ausfepen würde. — Das G. hat Anſpruch auf hinreichende und geſunde 
nad), ortdüblicher Sitte, auf Unterlafjung von’ Zumuthungen, welche feine SKräfte 
überfleigen, ‚auf einige Erholungszeit, auf einige Zeit zur Beforgung eigener Ans 
gelegenheiten, zum Befuche des Gottesdienftes, auf Verpflegung in —— Krank 
beiisfällen, auch wenn die Krankheit nicht eine Folge der Dienftverrichtungen if, 
ein perfönliche® Borzugsrecht in Bezug aͤuf den ſchuldigen Liedlohn beim oncurs, 
Es iſt in der Regel, ohne Beachtung der gewöhnlichen Auffündigungszeit, zur Ber- 
laſſung des Dienftes berechtigt, wenn es von der Dienfiherrfchaft gröblich miß- 
handelt, wenn es zu fitten- oder redhtäwibrigen ‚Handlungen verleitet, wird, wean 
die Dienftherrfchaft ihren Wohnfig: bleibend. verändert, wenn der Dienftbote durd 
Heitath, oder auf andere Art, zur Anſtellung einer eigenen Wirthfcyaft- wortheil: 
bafte Gelegenheit erhält, die er durch Ausdauerung der Mietbzeit verfäumen müßte 
u. ff Berläßt er den Dienft zur unrechten Zeit, ohne rechtmäßige Urfache, jo 
wird. er;ineben der Berechtigung der Dienftherrichaft zum Schavenerfage, pol 
zeitich beſtraft. Die Rechte und. Verbindlichkeiten der Dienfherrfchaften vergeben 
fid zum Theile aus dem Biöherigen. a" beliebigen Entlafjung. der. Dienftboten 
find fie berechtigt, wenn bie Iepteren ſich Beruntreuungen zu Schulden kommen 
laffen, auf den Namen der Dienftherrichaft borgen, die Kinder. derfelben zum Böfen 
verleiten, dem Trunfe oder Spiele fidh ergeben, ober fonft ſich lüderlich aufführen, 
über der Nacht aus dem „Haufe bleiben, wiederholter Unvorfichtigkeit: mit Feuer 
u. Licht ſich fchuldig machen u. ff. Zur Auftündi; ng des Miethövertrages, auch 
wenn er. auf längere Zeit abgeſchloſſen worben, fi die Dienfiherrichaft berechtigt, 
wenn nach dem Abſchluſſe desſelben die Bermögensverhältniffe der lepteren in Abs 
nahme fommen. Ein gleiches Recht wird den Dienfiboten zugeftanden, wenn bie 
Eitern derfelben, wegen einer nach der. Vermiethung vorgefallenen Veränderung 
ihrer Umftände, fie in ihrer Wirtbfchaft nicht entbehren fönnen. Im den meiften 
deutſe ten beſtehen entweder allgemeine, das G.-Weſen je im ganzen Lande 
regeinde, oi efondere G⸗Ordnungen für einzelne Städte, 
Gefin {R die, den Handlungen zu Grunde liegende, Denkungsart in 

Bezug auf das Sittengefeg; biefelbe if gut, ſofern fie dieſem entfpricht, im Ger 

jentheile aber fhlecht; in gleichem Gegenfage it eine G, edel oder gemein, ers 

‚ben ober niedrig. “Summer fidy auf die moralliche Natur des Menfchen bestehend, iR 
firvon Einnesart, dem Buykichenned Setrb, von vr nt Grgaliier Sintäde 


4 


bedingten Siunlichfeit, vem Naturell, unterſchieden; Ichtere kommt auch Thieren zu. 
Geſiuͤnnungs los it derjenige, welcher in einem Falle, wo es nicht ſeyn follte, Gleich⸗ 
gültigkeit befigt, auch es nicht der Mühe werth bält, über feine Werthſchaͤgungen 
mit fi ins Reine zu kommen, ober andere Sefinnungen vorgibt, als er hat, u. 
fie Außeren Rüdfichten unterorbnet. l | 
Gesner 1) (Konrad von), geachteter Polyhiſtor, mit dem Beinamen - „ber 
deutfche Plinius,“ geboren 1516 von armen Eltern, ſtudirte in Züri u. begab 
ſich, nachdem fein Bater 1531 im Kappeler⸗Kriege gefallen war, nach Straßburg 
zu Gapito, bei dem er Unterricht im Hebrälfchen nahm. Zu Bourges uns Parts 
beirieb er die. Humanttätsftubten und erbielt, 20 Jahre alt, das Lehramt ber 
Grammatik in feiner Baterkabt. Um Mebistn ſtudiren zu lönnen, erbielt er vom 
Gtadtrathe ein Stipendium und begab ſich zu dieſem Behufe nach Baſel. Rach 
Lauſanne als Brofefior der griechtichen Sprache berufen, blieb er dort 3 Jahre u, 
ging über Montpellier nach Bafel zuräd, um ſich in der Airmeilunde den Doltors 
grad zu erwerben. Als Profeſſor der Medizin und NRaturwifienfchaften behauptete 
er 24 Jahre diefe Stelle in Zürich. Er ſtarb dort an der Peſt am 13. December 
1565. Außer feinen ausgebreiteten Sprachkenniniſſen, hatte er in ber. Phyſik und 
Botanik für die damalige Zeit bewundernswerthe Fortichritte gemacht und biefe 
fowohl durch Reifen, ald durch Einrichtung von Sammlungen befördert. Unter 
den chen war er der Erfte, weicher in feiner Bibliotheca wniversalis (Züri) 
1545) einen Abriß der allgemeinen Literaturgefchichte verfuchte. Seine vorzüglich“ 
fien Schriften find: „Historia animalium, dem Kalfer Ferdinand zugeeignet; Col- 
loclio Chirurgorum graec. vet. et lat. 15555 Enchiridion historiae planterum 
15415 opera botanica ed. Schmidel (Rürnd. 1753—71, 2 Ode. Fol. mit Kofr.), 
De omni rerum fossilium genere, gemmir, lapidibus etc. 156565 Symbola 
Galeni 1541; De Thermis et fontibas medicatıs Germanise et Holvetise 15535 
Mithridstes, seu obgerv. de dıfferentiis lin m. 1555; Epistolae medicinales. 
Ueber fein Leben u. Yeine ſchrifiſtelleriſche Thätigkeit hat ©. ſelbſt in feiner Biblio- 
theca nu, in einem Briefe an den englifchen Arzt Dr. W. Turner Notiun gegeben, 
Zu biefem feinem Meifterwerfe, der Bibliotheca, erfchien von ihm 10 Jahre fpäter 
ein Racdhtrag unter dem Titel Appendix 1555. Zu diefem famen nun nody von 
anderen Gelehrten Ergänzungen und Yortfegungen, weldye nothwendig mit dem 
Hauptwerfe zu verbinden find, nämlich Lycosthenis elenchus. Simbri epistome, 
Constantini nomenclator. Frisii bibliotheca 1583. Verderii supplementum (Leyd. 
1535). Hallervordii bibliotheca curiosa 1676. Welschü specimen supplemento- 
rum u. Fabricii emendationes. Der berühmte Bibliograph Ebert rühmt von G.s 
Bidliothek, „daß fle eine reiche, noch bei weitem nicht erfchöpfte und fehr oft um 
Vieles fidherere Quelle ſei, als die Werke fpäterer Bibliographen, namentlidy des 
feichten u. ungenauen Livenius. G. begann feine Idee eined allgemeinen Literaturs 
werfes in feinem 25. Jahre, u. nad) drei Jahren ſchon waren feine Borarbeiten 
fo weit gediehen, daß er fie für ven Drud anordnen konnte. Das Werk follte 
nady feinem Plane in drei Hauptabtheilungen zerfallen: 1) In ein alphabetifches 
Sährififtellerlericon, 2) in eime allgemeine‘ ſyſtematiſche Literatur, worin felbf eins 
zelne Abhandlungen Aufnahme finden follten, 3) in ein alphabetiſches Realreper⸗ 
torium. Statt lebterem gab er ein bloßes Sadhregifter. Diefed Werk ik ein um 
fo bewundernöwerthered Werk deutfchen Fleißes u. beharrlicher Ausdauer, ald er 
mitten in diefem Berasbeiten des riefenhaft angewachſenen Material auch noch 
gegen Kränflichkeit u. bittere Dürftigfeit zu kämpfen hatte. Gewiß fann man auf 
diefen rafllofen Literator Caſaubons Worte bier anführen: O, biblipgraphorum 
quidquid est, assurgite huic tam colendo nomini. @ine * 
lieferte Hanhart (Winterthur 1824). — 2) G. (Johann Ratthiao), Huma⸗ 
nift des 18. Jahrhunderts, war am 9. April zu Roth im Ansbadhifchen geboren, 
wo fein Bater ‘Brediger war. Auf dem Gymnaflum zu Ankbach legte er ben 
Grund zu feiner nachherigen umfafiennen Sprachkenntnig im Griechiſchen u. Las 
teiniſchen, wie audy im Hebraͤiſchen. Auf ver Lntveriit Ivan war ır TUN 


276 Gefpann — Geſpannſchaften. 


Theologie, ward 1745 Eonreftor am Gymnalum zu Weimar und bafelbft Hof: 
bibliothetat. Nur Furze Zeit weilte er als Rektor in Ansbach, indem er 1730 dm 
ehrenvollen Ruf, an der Thomasfchule in g das Rektorat zu übernehmen, 
vorzoq. Nachdem bie Univerfität Göttingen [5 ndet war, wurde er hier 1734 
Profeffor der Beredtfamfelt,, führte die Dberauffiht über das Schulweſen in 
‚Hannover, errichtete ein phiiologiſches Seminar und nahm thätigen Antheil an 
den Bibliothefartatögefchäften. Für die Fönigliche Soctetät der Wifjenfchaften war 
©. das erſte erdentilche Mitglied der hiſtoriſchen Claffe, und nachdem er 1756 
den Hofrathetitel erhalten, wurde er 1761 zum beftändigen Direktor der Soclerät 
ernannt. Er farb am 3, Aug. 1761, Zum fruchtbaren Stubium:der alten —— 
fifer trug er ſowohl * inen Thesaurus ber lateiniſchen — wie 
Wedmaͤhlge Ausgaben griechiicher u. römifcher Autoren viel bei. B-jonders das 
Sächliche der Elaffiker, welches damals allzufehr, im Verhältniſſe des Sprad- 
lichen, in den Hintergrund nefchoben ward, wurde von ihm verdtenſtlich berüd, 
ſichtigt. Baader, in feinem Lexikon verftorbener bayerifcher Schriftfteller, gibt ein 
genaues VBerzeichniß aller feiner einzelnen Schriften und Programme, deren Zahl 
fid auf 224 beläuft (Seite 193—200): Hlevon bemerken wir nur Die Chresto- 
mathia Ciceroniana 4717, worin bie — Stellen nach den beften Aut: 
gaben von Gruter, Grävius u. Gronov vermehrt find; 1723 die Chrestomatbis 
Pliniana; die verbefferte Ausgabe von Fabri Sorani Ihesaurus eruditionis scho- 
lastiae 1726. — 'Chrestomatbin Graeca 1734, welche von Bongtne 1773 ins 
Lateiniſche u. von Büchling 1795 ins Deutfche überfegt ward. Unter den Aus 
gaben feiner Claffifer find bemerfendwertht Scriptores rei rusticae veteres I- 
dinit Cato, Varro, Palladius, Vegetius, mit Anmerkungen u. Wörterbuch. Emei 
a. Schneider beforgten hievon eine neue Auflage in 4 Bänden 1773—96, Plinii 
panegyricus 1735. Quintiliani de institatione oratoria perpeluo commentario 
illustr. 4738. Plinii epistolae 4739. Luciani opera cum versione Hemsterhuisi 
et Gesneri 1743 ed Reitzius 4 Voll. Horatii eclogae (293. 1752). WBerbefierte 
Ausgabe von Bothe 1822. Sein Hauptwerk: Thesaurus novus,linguae et erudi- 
tionis romanae (4 Bde. Fol. 1747—48); Die kleinen deutſchen Schriften wur: 
den gefammelt und zufammengebrudt 1760. Drpbeus bag mit kritiſch re 
vidiriem Teste, welche völlig ausgearbeitet ald Manufeript in ©. Nachlaf fih 
vorfanden, gab Hamberger al$ opus posthumum 1764 heraus. Die beträchtliche 
Anzahl Briefe ordnete Adolph Klob: Thesaurus epistolicus Gesnerianus collegit 
et praefalus est. (2 Bde. 1768-70). Sein Ehrengebächtniß feierten Barumelfier 
4762 v. Michaelis Fol 1761. Cm. 
Gefpann, 1) im Allgemeinen die Zugtbiere, welche zugleich an ein Fuhrwerl 
geyannı werden, befonders, wenn deren mehre find, al6 zwei; dann 2) das ir 
treibung der Landwirthſchaft erforderliche Zuge „Ochſen, Kühe, Pferde, 
deren Wahl ımb Borzug zu dieſem Zwede keine allgemeinen Regeln aufgefckt 
werben Iönnen, indem bier das Meile von den Lofalverhältnifien abhängt. We 
die Größe des Beſiges es nicht anders erfordert, dürften Kühe unbedingt vorm 
ziehen ſeyn, da diefe, neben der (freilich nicht im Mebermaße aufzulegenden) Ir 
beit, audy noch den doppelten Rugen der Mildy u. des Kalbes gewähren. 
Gefpannfaften (latein. comitalus, ungat. Varmegye, eigentlich Iſpan⸗ 
f&haft, von Iſpan, Graf) heißen die einzelnen Landesabtheilungen tn Ungarn, 
Siebenbürgen u. ven Rebenländern, deren jede einen Dbergefpann, zwei Bicege 
fpanne, mehre Gtubl» u. BiceRuhlrichter, General: u. Partitular« Präceptoren 
(Steuereinnehmer) Rotare u. f. w. bat, die alle von Mel u. in der ©. anfäßig 
ſeyn müf „mit Ausnahme der Obdergefpanne, alle 3 Jahre von den Gomttatsr 
inden aus 3 von dem Obergefpann vorgefchlagenen Candidaten neu erwaͤhlt werben. 
a6 die Obergefpanne betrifft, fo iſt die Würde von 12 berfelben erblidy; in den 
übrigen ©. ift fie entweber mit einem hohen Reichsamte, oder mit der biſchöſtichen 
MBürde verbunden , oder wird vom Kinige an Einen von hobem Adel verliehen, 
Ungarn iR in 46 &, u, noch A delanhee Ronikakten, ob Tveshürgiier Uns 


Gefpnk— Gene. . m. 
arland in 11 G., Kroatien und Glavonien (mit Ausnahme ber Militärgränze) 
— Fa a von dem althochdeniſchen kisyann — Eingebung ( 

eſpen von pan ebung (von 
fpanan = eingeben, lateiniſch ere), dann Berloduug, d. i. teafifde Ein- 
ung, geifterhafter, täufchenber ‚ Bhantom, Gelftererfcheinung. Der Ger 
penferglaube hat zu allen Zeiten: Anhänger gefunden, gewiß darum, weil er mit 
der Lehre von der Unſterblichkeit zuſammenhaͤngt. J. Grimm fagt barüber iu feiner 
deutſchen Mythologie: „die beruhigten, in ber Unterwelt oder den Himmel aufge 
nommenen, Seelen fichen fortan nur in einer aflgemeineren Berbindung mit ber 
Erde und ver Lebenden; ihr Andenken wird durch ehe, wahrfcheinlich wurde es 
tm Alterthume auch durdy Opfer gefeiert. Hiervon unterſcheiden fich foldye Geiſter, 
die nicht, oder nicht volllommen der Seligkeit und Ruhe theilhaft geworden find, 
apa ‚elien immel und Erde ſchweben, zumellen aber an wie alte Stätte 
er Heimath zurüdtebren. Diefe erfcheinennen, wiederlommenden, umgebenden 
Fe efieid —— vurh — Verträge ober Sat begründete 
Geſpielderecht, das ehe 0 ommen begrün 
Reit, ein Stüd But bei einem vorgehenben Rufe von dem Berfäufer aus dem 
Grunde auszulöfen,, weil es mit dem Gate des Käufers früher eines gebildet 
bat. es Recht war bei den Deutfchen ſchon in den frühehen Zeiten befamit 
u. bat feinen vorzüglichien Grund in dem berrfchenden Begriffe von einer natärs 
lichen Billigkeit, dem Wustöfer einen Vortheil zuzuwenden. Gr läßt ſich am 
Beſten dadurch erllären, daß es für einen Gigenthümer eines Grundſtuͤckes, mit 
dem das Auszulöfende ein Ganzes bildet, von der höchken Wichtigkeit ſeyn muß, 
daſſelbe leichter überfehen, anpflanzen u. mit weniger Koftmaufwand in Agricul⸗ 
turfand legen u. fo bequemer für ſich und ben Staat nuͤglich machen zu können. 
Die Hauptgrumbfäge find bei Diefem befonderen Rechte ber Löfung ganz — mit 
allen übrigen Loͤſungsrechten u. beſtehen darin, es nur bei einem Kaufe lie⸗ 
ender Güter, oder einer die Natur des Kaufes habenden Uebergabe eined ſolchen 
—* an Zahlangsſtatt eintritt, gewöhnlich mur binnen einem Jahre geldst wer⸗ 
den kann, der Musloͤſer an die tele des Käufers treten und alle Bedingungen 
des Verkaufs erfüllen muß u. endlich, daß, wenn ber Röfungsberechtigte in ben 
Kauf willigt, er damit zugleich das Löfungerecht vergibt. Das &, hat ih and) 
in dem franzöfifchen Geſetzbuche u. in den meiften neueren Civilgeſetzgebungen ber 
einzelnen Staaten erhalten. u 
Geßler von Brunel, Albrecht, — deſſen hikorifche Criſtenz übrigens 
in neuefter Zeit von Kopp in feinen Urkunden zur Geſchichte der eingenöfftfchen 
Bünde, (Luzern 1835) nicht ohne gewichtige Grände angefochten wurde — foll 
aus einem allemannifchen Geſchlechte entſproſſen u. nach der bekannten Tradition, 
die Schiller in feinem Wilhelm Tell fo unübertrefflich bearbeitete, von Katfer 
Albrecht I. (ſ. d.) um 1300 als Landvogt nach Uri gelebt worden ſeyn. Hier 
fol er durch maßloſe Willkür die Waldſtaͤdte gegen ſich aufgebracht haben unb 
von Wilhelm Tell cf. d.), den er durch die Sumutbung, en Apfel von dem 
Haupte feined eigenen Sohnes wequuſchießen, verfönlich gegen ſich gereist hatte, 
tum Geröße De in der hohlen Gaſſe bei Küßnacht durch einen Armbruffchuß 
etödtet worden fiyn. 
s Geßner, Salomon, deutfcher Idyllendichter und Landſchaftomaler, wurde 
am 1. April 1730 zu Zuͤrich geboren, wo fein Bater Buchhändler und zugleich 
Mitgtied des großen Rathes war. Sn der öffentlichen Stadtſchule feiner Bater- 
Radt, fowie durch häuslichen Unterricht eines Geiflichen, wurden ihm die Infanges 
geinde der claffiichen Sprachen des Alterthums mitaeiheilt. Allein die vedantiſche 
ethode der damaligen Lehrweiſe entleidete ihm das Lernen, u. ſchon jcht fuchte er 
fich heimlich durch Leltüre von Robinfon Erufos u. durch feinen angebormen Bildungs 
trieb, welcher ihn zum Figurzeichnen u. Wachöformen binzog, für die langweiligen 
Lehrfkunden zu entihädigen. Der Mangel ſichtbarer Kortfchritte im Lernen verans 
late feine @itern, ihn auf das Land zu einem Rreiger zu Kühle, ve rien, 















‚ı u” . 


von ben Zerfiteuungen ferne gehalten, gründlichere Schulfenntniffe fich aneigne. 
Die ſchoͤne Gegend, das trauliche Familienleben u. der gemüthliche Umgang des 
Geiſtlichen Hatten auch auf feine Bildung fehr woblthätgen Einfluß; Brodes 
Gebichte riefen die erften bichterifchen Berhuche des Jünglings hervor. Nach zwei⸗ 
jährigem Landaufenthalte lehtte er nady Zürich zurüd, und die Belanntfchaft mit 
den dortigen. Gelehrten, Schultheß, Tobler, Steinbrüchel, ermunterten feine Tas 
lente. In Analreons Versmaßen verfuchte er ſich nun auch in erotifchen Liedern 
Indeß drang fein Vater in ihn, einen beftimmten Lebensberuf zu praktifcdher Wirt 
famfeit zu ergreifen u. ſchidte ihm zu dieſem Behufe 1749 nach Berlin, um bier 
das Gefchäft feines Vaters, den Buchhandel, zu erlernen. Allein hiezu fühlte x 
nicht die geingRe Neigung, u. fein Widerwilie gegen diefen Dienft fteigerte ſich 
bald in dem Grade, daß er eigenmädhtig feinem Lehrherrn entlief. Der erzürnte 
Bater entzog ihm anfänglich jede weitere Geldunterftügung, er aber befchränfte 
fich auf die Auferften Bebürfniffe u. folgte feiner Vorliebe zum — ‚men, 
Schon war er im Begriffe, zur weiteren Ausbilbung in feinem Licblingefade 
nad Holland zu ziehen u. dort, wenn auch fümmerlich, von feiner" Kunft fich zu 
ernähren : da ließen die Eltern won ihrer, Strenge nah u, erlaubten ihm, indem 
fie die nöthigen Geldmittel verabfolgen ließen, nen Aufenthalt in Berlin nı 
für-feine Lieblingsftubien moͤglichſt m nügen. Ramlers Urtheil über feine dicht 
ſchen Berfuche war anerfennend, wiewohl er über die Mängel u. Härte der Sik 
benmaße. verdienten Tadel ausſprach. Dieß gab Beranlaffung, daß G. fein 
meiften ſchriſtſtelleriſchen Arbeiten in ungebundener Rede abfaßte, Auf einer Reife ' 
in «Hamburg erwarb er fid die Fteundſchaft Hagedorns. Er ließ fidy nun in 
feiner, Baterftadt nieder und widmete fi) in angenehmer Mufe der Landſchaſt- 
maleret u. deren Kunflfchwefter, der Poeſie. Ehe er noch das gefegmäßige 
erreicht hatte, erwählte ihn das Vertrauen feiner Mitbürger in den großen Rah 
u. übertrug Ihm die Aufficht über die Hoch und Frohnmwälber des Eantons. In 
Folge eines Schlaganfalls: endete er fein glüdliches Leben am 2. März 1787, 
Durdy feltene Hergensgüte und fehulblofen Frohſinn machte fein Charakter 
Allen beliebt. In feinen Dichtungen hatte er ſich die Ivenle Schäferwelt zum Bor 
wurfe auserlefen. Selbſt Gegenflände, welche aus der bibliichen Gefchichte u. aus 
der Schilderung der Urwelt entnommen find, 4. B. ber Tod Abels, ein Gemälde 
ans der Sündfluth, find ganz im Tone des Schäfergedichtes bargeftellt. Sein 
Gedicht „Daphnis“ ward veranlaßt durch die Reftüre des von Amiot überfegten 
Longus; anfänglich 1754 anonym erfchienen. Seine Idyllen ‚gelangen ihm wohl 
deshalb fo gut, weil er meiftens individuelle Empfindungen feiner eigenen häuss 
lichen — keit zu Grunde legte, und dadurch das Kolorit der Schilte 
zungen anfdaulid und Iebensvol wirde. Weniger ſprach der Tod Mbeld an, 
weldyer 1758 zum erſtem erſchien u. feine Entfiehung dem geäußerten Zweifel 
Bodmers verbanfte, bag wohl ©. für die Ausführung einer Epopöe feinen Beruf habe, 
Borzugöweife in Frankreich, wo Huber eine franzöftfche Ueberfegung feiner Idyl⸗ 
len befannt machte, wurde er als ein klaſſiſcher Schriftfieller und gleichfam als 
Repräfentant aller Schäferbichter feiner Zeit gepriefen u. bewundert. ie Schrifs 
ten, worunter aud) Briefe über die Landfchaftsmaleret, wurden gefammelt heraus 
gegeben in Zürih 1762. Wie er in der Poefie durch glüdliche Schilverung, 
fanfte Raturfhönheiten und natve Befchreidung einer ivenlen Unſchuldöwelt fh 
&baraterifirte: ebenfo erwarb er ſich auch in der Landſchaftsmalerei ein feltenes 
Verdienſt. Seine Profpekte find romantiſch ausgedacht, befonder die Bäume 
hoͤchſt gelungen u. feine Nadel leicht und kräftig. Im Jahre 1770 gab er 12 
tabirte Landſchaften heraus, welche zu feinen beflen Arbeiten geäbte werden. 
Hottinget hat fein Leben 1796 ausführlich beſchrieben. — 2) Sein Sohn Kon 
rad &., zu Züridy 1764 geboren, nimmt unter den neueren Künftlern ais Thiers 
maler einen der erfien Pläbe ein, fowohl in den gemüthlichen Darfellungen aus 
bem gewöhnlichen Leben, als aud in dem Schlachtgetümmel, wo meifiens der 
höchfte Brad der Leiden chafuhchteht deriät und WE \n har wine Bean 


. ⸗ 
" " % * 


iſt. Bon feinem Vater erhielt der Knabe vie erſte Auleitung zur bildenden Kunſt, 
die er zu Dresden unter Graf, Klengel nnd Zingy fortſetzte. Sein Vriefwechſel, 
den er von Dresden aus mit feinem Bater führte, nihält einen reichen Schatz 
trefflicdher Bemerkungen für angehende Künftler. 1784 machte er eine Kunflieife 
nach Augsburg u. Mündyen. Rugendas, Wouwermann, en, Ruysdael 
und Glaube Lorrain waren ihm bie Muſterbilder feiner Racheiferung. Soviel 
. auch die Dreddener Ballerie darbot, fo zog ex doch ver, die Ratur zu Rubiren, 
u. da er auch, mm richtige Figuren gu zeichnen, Sinatomie fubiren zu mäflen 
glaubte, belehrie ihn fein Vater: die Anatomie gibt Richtigkeit; aber Schönheit 
der Zormen mußt du den Antiken abfehen.” 1786 nad) Zurich zurüdgelehrt, trat 
ee im folgenden Frühlahre über Mailand eine Reife nad Rom an, wo er im 
Umgange wit Lips, Tifchbein, Angelila. Kaufmann, eine hoͤchſt genußreiche Bil 
dung fand. Indeß gab er der niederlaͤndiſchen Echule Den Borrang vor der ita⸗ 
Itenifchen, weil jene die Ratur einfadyer, treuer u. das Kolorit forgfältiger gibt. 
Profeſſor Morig, ganz vertraut mit römifcher Literatur u. Kunß, durchwanderte 
mit ihm mehre Gegenden Italiens. “Der erfolgte Top feined Vaters im März 
1788 rief ibn in bie Heimath gurüd. Der Schotte Douglas, welcher 1790 
Zürich befudyte, machte ihm die Einladung, ih nach England zu begleiten. Im 
Yuguf 1796 trafen fie in London ein, und bald erhielt G. von reichen 
Kunftfreunde, Mitchelfonden, ehrenvollen Auftrag, auf feinem Gute Middleton ei⸗ 
nige Jahre.feinem Goͤnner Kunftwerfe zu liefern. 1804 kehrte er in's Vaterland 
zurüd u. bereicherte von nun an bie Kunſtausſtellungen au Zürich mit feinen geih- 
von erfunbenen u. Eräftig ausgeführten Delgemälden. Eine engliiche Bucheiagd, 
eine Pferdeweide, fanden allgemeinen Beifall. Bis in fein hohes Alter blieb er 
ihätig, ſowohl mit dem Bintel, als mit der Rabirnavel und dem Grayon. Gr 
farb am 8. Mai 1826. Als Künfller zeichnete er ſich auch im Bataillemalen 
aus. Ueberhaupt haben feine Werke eine geiſtvolle Eifindung; bie Zeichnung iR 
fleis richtig, befonder® in den Pferden, indem bie Anatomie immer genau beob« 
achtet wurde; wur bei den Bäumen wünſcht man fchönere Form und leichteren 
Schlag. Sein Kolorit war früher eintönig, er verbefierte aber daſſelbe merklich. 
Sehr glüdtidy war er in Darfkellung des Waſſers, worin er die Durchſichtigkeit 
und Beweglichkeit der Ratur darzuftellen verſtand. Auch durch Kichtefiefte und 
Kebelwirkungen fuchte er zu überrafchen. Zuweilen find jedoch feine Farben nicht 
sein u. Klar genug, u. e6 ſteht zu-befürdhten, daß dieſe Gemälde fehr bald dunkel u. 
im Alter unfenntlidy werden. In London gehörte er unter die erſten Künftler, 
welche Verſuche im Steindrucke machten. Dan hat mehre geäpte Blätter von 
ibn, welche in einer leichten, freien Manier angeführt find. Nach ihm fertigten 
Mehre ſchone Blätter in aqua finta. Cm, 
Geſtänduiß (oonfessio) iR bie —— Jemandes, daß eine dem Erklaͤ⸗ 
renden nachtheilige Thatſache wahr; im Griminnirechte, daß ein Verbrechen von 
ihm verübt worden fe. Je nachdem ein ©. vor Bericht oder außergerichtlich 
geichieht, heißt es ein gerauiges oder außergerichtliche® (confessio judicialis 
“ oder extrejadicialis) ; weitere Unterfcheldungen An: ein ausbrüdiidyes oder ſtill⸗ 
ſchweigendes, unbebingtes oder bebingtes, vollländiges ober unvollfiändiges, voll⸗ 
giltiges ober mangelhafte ©. u. f. w. Zu einem vollgiltigen ®.e, d. 1. zu dis 
nem foldyen, welches ohne Ausftellung zu einem Ertiminalbeweife dienen, worauf 
ein Griminalerfennintß gebaut werden ann, gehört, daß es wirllidy abgelegt 
fei von einem Beiheiligten, der die Wahrheit nady feinem geikigen und koͤrper⸗ 
lichen Zuftande, bei der Handlung und bei ber aueiage, fagen fann und will, 
Daher reicht ein ſtillſchweigendes Geftännnig in der Kegel nicht hin; es muß 
frei, d. 5. ohne daß der Angefchuldigte phyſiſch oder moraliih, z. B. durch 
Drohungen (in dem Maße, dab er die Nachtheile eines unterlafienen G.es für 
rößer, als die eines unwahren G.es bält) dazu gezwungen IR, nicht auf captis 
e oder Suggeftivfragen, mit ausbrüdiichen u, deutlichen Worten ,. vor ade 
befebtem, competentem. Gerichte, als Rejultat ded Treten Aapıca Rd, 





ww Geſtlkalatou ⸗ Deſun dheit. 

den andern Vewelsmitteln ber That in der Hauptſache übereinftimmenb, wo mög 
lich unter Angabe folder einzelnen Umftände, die mir ver Thäter wiffen ann, 
gefchehen, ohne daß aus ber Verſonlichieit des A ten u. vorwaltenden 
anderen Umftänden fich auf ein ummwahres ©. fch! Dadurch werben 
aber bie Bemühungen des @erichtes, den Angeſchuldigten zu einem aufridytigen 
®. zu bringen, Grmahnung, Borbaltung der gegen ihm vorliegenden Beweiſe, 
Gonfrontattonen, zur Recognition nicht ausnefchloffen, Leiſtet der Angefchuldigte 
ein volgültiges, überbieß unummundenes &, aller zum Thatbeftande des Bers 
brechens erforderlichen Merkmale, fo wirft es einen volllommenen 6. Bi 
Einräumung nur einiger wefentlicher Merkmale iſt der Beweis unvollfommen, 
bei einem, durdy Hingufügung einer die Strafanwendung in conereto aufheben 
den Thatfache qualifichrten, G. nur dann volfommen, wenn dieſe Thatfache durch 
die Unterfuchung als unwahrſcheinlich ſich darftelt. Gin wegen der mangelnden 
Fähigkeiten oder der Motive dar mangelhaftes G. hat höch den Werth ds 
ner Anzeige (Inidielen); dem Mangel der Form und des Inhaltes kann burg 
Wiederholung abgeholfen werden, oder das G. wirft nur adminteulirend. Gin 
nicht von Gründen unterflügter Widerruf des Ges if ungültig. das ©. wir 
nur minder gültig, ober ganz ungültig, fo weit bie für den Widerruf angegeben 
Gründe das G. widerlegen. 

Gefikulation oder Geberdenſpiel nennt man die Körper» oder Hände 
betvegung eines Rebners. Sueton (1. d.) fpridht auch von einer gesticulatio 
digitorum, Finger! En Bol. d. Art, Action u. Mimit, 

Geftreng (ohne Zweifel vom latelniſchen strenuus abgeleitet), eine Tängt 
veraltete Titulatur für Verfonen vom niederen Mel, Richter, Doctoren u. Anden, 
die früher dem Adel gleich geſtellt wurden. 

Gefüte, Anftalten zut Hebung der Pferdezucht eines Landes dadurch, daf 
durch Anfcaffung vorzüglicher Befhäler u. Mutterftuten u. regelmäßige Behand 
lung ber Fohlen die — einer edleren Pferderace erzielt wird. By. Pferd. 

Gefundbrunnen, f. Mineralwaffer. 2 

Gefundheit nennen wir den Zuftand eines Individuums, bei welchem die 
einzelnen Organe in zrordmäßiger Webereinfimmung vorhanden und ausgebildet 
find und die eimelnen Rebensfunktionen auf eine, der Erreichung ihres Zmwedes, 
Erhaltung des Lebens, angemeffene Weife vor ſich gehen. Jeder organiſche Kor⸗ 
per kann ſich daher im Zuftande der Gefunbheit befinden, u. wir ſprechen in die 
fen Sinne auch von einer Geſundheit der Pflangen; auf höherer Entwicelungss 
ſtufe ſteht Die G. des Thiers, am höchften die des Menfchen, bet welchem in Be 
rüdfiditigung felner 2 Richtungen: ber Leiblichenw. getftigen, audy die ©. in vop 
pelter Richtung fich darftılit, ald ©. des Reibes, örperlidhe G., und als ©, 
des Geiſtes geifige G. Beide können mit einander vereint vorhanden feyn u. 
dann genießt der Menſch vollkommener G. oder es iſt nur leibliche, oder mr 
geifige ©. vorhanden. . Dieb kann aber nicht fange der Fall feyn, da G. ve 

örper® immer auch ©. der Seele bedingt und umgelehrt. Bedingt iſt die ©, 
thells durch innere, theils durdy Außere Verbättniffe. Die inneren Bedingungen ' 
find: normale Beſchaffenhelt aller Theile u. Miſchungen bei der Geburt, ihre nor- 
male Entroidelung und ihre ebenfalls normale Rüdbilvung im Greifenalter bie 
zum Gintritte des Todes; — die äußeren Bedingungen der ©. find vorzüglid: 
teine, angemeſſen dichte, nidyt ganz waſſerfrele Luft, der Temperatur u. dem Klima 
angemeffene Vekleidung und Wohnung, gehöriger Wechfel zwiſchen Schlaf und 
Baden, Ruhe u. Bewegung. hinreichende, wohl verdaulliche Rahrungsmittel und 
Getränke, fo wie endlich entfpredhende Ginnes= u. Seelenreize. Abſolute ©, 
d. 5. volle Erfülung des Begriffes G., nibt es nicht, mit Ihrem Eintritte. wärde 
alle Indtoiduatität In Bildung der Organe und in der Thaͤtigkeit derfeiben anf 
‘hören; wenn man von ©. fpricht, fo verftebt man darunter nur telative G.; «6 
müffen nämlidy gewiſſe Breltenrade (Rioneiungen) her G. angenommen werben, 
innerhalb welcher be gegenieltiger ag iger ven Braun dh 


 „Befunbpeitöpfiäge i 5 
Ihren Funltionen ver der G. noch erfüllt wird, deren jeder Ine aber 
immer mebr von ber in —2 — G. ent G. iR 4 ohne 
daß ihr Begriff verloren geht, je nach dem Lebensalter: was im Kindesalier ein 
eichen der ©. if, würde im Jugend» oder Mannesalter kraulhafte Erſcheinung 
ſeyn; verfchieden iR die G. andy nad) dem Grfdylechte: Manches, was beim 
Weibe der G. gemäß ift, wäre es nicht beim Manne; vie G. iſt ferner verſchie⸗ 
ben nad) dem Körperbau: was bei einem robuſten Menſchen normal iR, iR es 
häufig beim ſchwachlichen Menſchen nicht, daher wurde auch oben ber Begriff 
der relation ©. auf Uebereinfimmung ver Organe mit. ihren Funktionen ‚bes 
gründet; verfchteden äußert fidy envlidy die & nad) dem Temperamente: was als 
normal ericheint beim Sanguiniker, iR es nicht beim Phlegmatiker. Ban 
kann gewifie Hauptformen der ©. annehmen, 3 Denen es 
Zwiſchenformen gibt: 1) die atbletifhe G., weldye ſich kund gibt dur 
ſtarlen, feRen Körperbau, große Energie. der Funktionen und kräftige Reaction 
gegen alle äußeren Gınflüfle; fie : kbömmt vorzugsweiſe dem mittleren Lebens 
gie Gapfängiiätik gegen tegenbe und [mächknee Ginfäfe; fe Tom fap 
Enpfaͤn en e un 3* ommt fa 
eden —** in a einer Periode feine Lebens zu; ihr nahe ſteht 3 
die gäbe oder elaßijde G., weidye beſonders dem weibli Geſchlechte 





gen iR und ſich auszeichnet durch eine eigenthümliche Beharrlichkeit des Judivi⸗ 
duums, gegen Ginfläffe Art einen gewiſſen Grad des Wohlbefindens zu bes 
haupten, oder venfelben raſch wieder herzuſtellen; 4) die zärtliche G. Tommt 
dem Kinvedalter zu und iſt verbunden mıt großer Empfänglicdyleit gegen äußere 
Einfüffe jeder Art, bei ungefchwädhter Lebenstraft; 5) Die ſchwache G. endlich 
Iommt dem Greiſenalter u. den früh Gealterten, aber doch gelund Gebliebenen au 
fle bedarf zu ihrer Erhaltung erregender Lebensreize und geht ohne dieſe bald 
Krankheit über. — Dad Gegentheil der G. ik Krankheit -(f. d.); nach jeder 
Kranlheit, endet fie glüdlich, tritt wieder Geſundheit einz ehren die Krankheis⸗ 
anfälle öfter wieder, fo if in den Zwifchenzeiten der Menſch nicht gefund, fon- 
dern wir nennen ihn kränklich; es IR Das öftere Wiederkehren von Krankheite⸗ 
anfällen ein Zeichen, daß In den Organen Etwas vorhanden fel, was ihre forts 
dauernde gefundbeitögemäße Funktion fört. E. Buchner. 
Gefundheitöpflege, der Inbegriff der Borfchriften über Erhaltung und Foͤr⸗ 
derung der Gefundheit. Sie zerfällt zunächſt in zwei Abtheilungen: die indivi⸗ 
duelle ©., weldye die B:fehügung der Giſundheit ded Individuums zum Zwede 
hat, u. die dffentlidhe ©., welche die Gıhaltung des Wohlbi findens im Gans 
zen und unter den Maſſen erfirebt; die lehtere bildet den wichtigften Theil der 
medizinifhen Polizet (f. d.). Die G. hat zunaͤchſt die Aufgabe, die Bes 
dingungen der Geſundheit cf. d.) herbeizuführen u. zu erhalten; u. zwar bes 
fhränte ſich ihre Wirkfamkrit vorzugswelfe auf bie äußeren Bedingungen — 
Diätetik im weiteren Sinne Die ©. zerfällt nady den Mitteln, die fie an- 
wendet, den gegebenen Zweck au erreichen 1) in die Lehre vom zivedgemäßen Ge⸗ 
braucdye der Nahrunge mittel (Bromatologie), der Betiänfe (Potologie) und der 
Gewürze (Aromatoloaie) — Diätetif im engeren Sinne; 2) Lehre von dem Eis 
fluffe der Luft, der Winde, des Jahreswechſels ıc. u. den Echugmitteln gegen 
deren Einflüffe (Klimatologie); 3) Lehre von der geſundheitsgemäͤßen Anlage 
Wohnungen (Drfologie); 4) Lehre von der Erhaltung der Thätiglelt u. der nor⸗ 
malen Tertur der Haut, welche zum Theile ins Gebiet der Koſsmetik gehört (Ders 
matohygienir) durdy Bäder u. Waſchungen (Butrologle), Einrelbungen u, Sal 
bungen (Ghriömatologie) und durch NReibungen und Knetungen (Tridologie); 5) 
Lehre von der efunvbeit@gemäßen Kleidung (Efbetologie) ; 6) Lehre vom gefund- 
beitögemäßen Wechſel deo —6 und Wachens (Hypnologie); 7) Lihre von 
den lörperlichen Uebungen (medizinifhe Bymnaßtt). iR nothwen⸗ 
digerweife nach der Individualität verfchleden; was für ben einen Geſundheits⸗ 
außand paſſend IR, IR für einen andern .unpaflend ; +% \allen Yin Walıer \n.ver, 


R ee ! 
©. nur allgemeine Grunbzüge geben, bie’ bei jedem nen Individuum 
feiner relativen Sefundheit bdnderungen erleiden; 20 — jeder En) 
zelne ſelbſt willen, was ihm zuträglich if, u. was nicht, Der allgemeinfte Car 
aller ©. if: „Halte Map in allen Dingen,“ aber die Beftimmung des Mafes 
iſt für jede Individualität eine andere. Betrachten wir die ien der G, 
fo empfiehlt ſich für die athletiſche Gefundheit: fr Benin Mn 
nicht bloße Fleiſchkoſt, abwechfelnd mit kurgem Hungerleiven, teichliches Waſſen 
trinfen, Vermeidung von Gewürzen, Körperliche Anfttengungen oder Erfaß derſel 
ben durdy gymnafuͤſche Uebungen; kühle, —— nirgends brüdende Kleidung, 
falte Bäper, kurzer Schlaf, überhaupt mäßige Ruhe, Vermeidung rafchen Kliıs 
feld. - Die mittlere Gefundheit verlangt auch mittleres Berbalten; 
gleichmäßige Ernährung, gemifchte Diät, Kleidung und Wohnung wohlangepaft 
dem Klima und der Jahreszeit; Anftrengungen find nicht nöt aber auch nidt 
ſchaäͤdlich. Die zähe Gefundheit bedarf feiner befonderen Vorſichts maß 
am Beften folgen derlet Individuen ihrem natürlichen Antriebe, särtlide 
Gefundheit Danenen erfordert unausgefepte Pilige und Abhaltung aller auch 
nur wenig nachtheiligen Ginfläffe z ja, In manchen Fällen, wo voraus ſichtlich das 
Indlolduum fein Wohlfeyn gegen die äußeren Einflüffe nicht würde behaupten 
fonnen, müffen alle äußeren Einſluͤſſe — abgehalten werben; in anderea 
dagegen empfiehlt ſich ein Wechſei des Verfahrens, um das Individuum zur 
mittleren Gefundheit hinüberzuführen, u. da dieſes Verfahren die Gefundheit ber 
ftigen fol, nennt man es Mbhärtung, die zunächft darin befteht, ungewohntt 
intüfe An gewohnte zu verwandeln, dadurch ihre Wirkung zu verrimgen, die 
Reaction dagegen au erhöhen. Die ſch wä chliche Gefundhelt it: der Wbhär 
tung nicht fähtg 5 fie erfordert Reftauration und Stärfung, fowie die Abhaltung 
jedes fchwächenden Einfluſſes; fie erheifcht daher immer eine fräftige, aber leich 
verbauliche und befonders nicht umfangreiche Nahrung, "viel Ruhe und Schlaf, 
Wärme u. geringe Feuchtigkeit der Luft, warme Bäver, aromatifche Wafchungen 
u. Reibungen x. — Die pfychtſche ©. fällt zufammen mit der an 
‚Heilkunde (f. Pſycholo gie, Beiftestranthetten). E. Buchner. 
Geten, ein Völferftamm in Thrafien, zwifcdhen dem Hämos u. Iſter, der 
von den Siythen abftammte, auch häufig bei feiner Ausbreitung auf dem nörs 
lichen Ufer der Iſter mit den Daciern, die mit ihnen ftammverwandt waren, ver 
mechfelt wurde. Wahrſcheinlich machten fie eines, der Urvölfer der Slaven aus; 
ein tapferes, unerfchrodenes Volt, das oft mit den Römern in Streit geriet u. 
erſt unter Trayan bezwungen wurde, der ihr Land zu Darien zog, diejenigen, die 
längs dem Tyrus wohnten, hießen Tyrigetem Ihr Heros u. Gefeßgeber hich 
Zelm xio; er Iehrte ihnen die Wnbetung des Feuers u. bie inperbilptek ve 
eele ir. wurde nach feinem Tode göttlich verehrt, 
Getränte find Flüffigkeiten, welche, in den Magen gebracht, den Durk 
di. d.) löfchen, die Verdauung befördern u., in bie Gäftemafle aufgenommen, bie 
verlorenen flüffigen Theile des Blutes wieder erfegen, das Blut. verbännen und 
jomit eine übermäßige Thätigfeit des Gefäpfyfkems ermäßigen, auch nach ihren 
leſtandiheilen ſelbſt ernähren. Wenn eine zu geringe Menge von ©. genofien 
wird, dann geht die Verdauung Iangfamer vor Ye weil die Speifen ſchwer auf 
geldöt werden, weßhalb der Speifebrei troden bleibt und die Ereremente ziemlich 
hart auögeleert werden. Ebenſo wird bei nicht zureidhender Aufnahme von Gr 
der Kohlen» und Stigſtoff im Blute vorwaltend, daher das Blut did, dunkel, 
ſchwarz und ſein Umfluß verlangfamt, weßhalb ein Uebermaß an Galle emiflcht, 
hypochondriſche u. hyſteriſche Berfimmung u. Störung im Unterleibe erfolgt und 
jener Zufand im Blute erzeugt wird, den man unter dem entzündlichen begreift. 
Die ©. unterſcheiden ſich Hoetentlid durch ihre chemiſche Zufammenfegung und 
zerfallen nady diefer in folgende Arten: 1) Reines Wafler; 2) Waſſer mit tbie 
Afcyen Stoffen (Mil, Molke); 3) Säfte u. Mufgüffe von vegetabitiichen Gtofen 
Gitronmifaft, Zchaaniöbeerenfart, Thre, Kae 1. RA) y Ay yantprer Acckfafei, 


elreibe, Ä v8 

ten (Bein, ne 19; 9) wege e Fläffigfeiten. : Das Wafler eigenttic 
au (8 be Ar a Ober met natürlich be m gr en reiben sabern wi — 

n o ebenen, een 
niffen des Körpers, ale gerade ber —— Das an nähren 
den Beſtandtheilen reiche G. iR die Mi er). 2). Säfte, vegerabliher && ha 
der Himbeeren, Gitronen, Pomeranzen und dgl, mit aa vermifcht, dienen 
a en aan, Bi 

‚oder zur Zerfehung afle geneigten en, 
nebenbei ald Säuren oben Säuerlidye und Ay ®. werben gewöhntidh au 
vom gereisteften Magen ertragen. —— Shee u. Kaflee: wirten. —A 
wie warmes Waſſer, auf den Darmkanal. Starker *8 u Sof reizen vie Ner⸗ 
ven» und Gefaͤßthaͤtigkeit au ri und veranlaflen Cong Kopfweh, Schwindel, 
—— —77 — Herppochen u. Bluifluͤ * Glieder und abe 

im Anfange Munterkeit, — eiterkeit, herna —— Wirkung Verminderun 
der geiſtigen Thaͤtigkeit. Die Ehofolade IR Ihres Deigehaltes wegen f 
daulich. Der geikige Gehalt ber, an Bist u. Rervenleben aufregenden, some 
verleiht dem Weine Cigenſ teiche dem Menſchen in gleich vielen 
hun en nachtheilig, wie vort haft werben Tonnen. Gerditen over reijbar 
Menichen bekommt ut ber Bein felten gut. Als Beigabe zur Rahipet * 
dert er mächtig Die Berb ſtaͤrkt u, belebt den ganzen Körper. 
mung bed männlichen Dr —— us ſagt der Weingenuß beſſer zu, als dem De 
lichen. Während das Weib der Natur trener bleibt u. vorzüglich nur die Milch 
enießt, lebt. der Mann vorzugsweiſe Die geiftigen. ©., um nad Rärteren An⸗ 
hr ung bie Eräftige, aber Per — —— u. feine p 

e fein Selbſtgefuͤhl zu ſteigern. bagegen bedarf foldyer tele 
—* hat die at Re ung —A veri Durch ihren hä 
un reichlicheren Genuß feine Weibli keit ehr das höhere Lebensalter i 

uß Lebensbeduͤrfniß. Die weingeifkigen Flüſſigkeiten enthalten bie reiht 

* andtheile in größerer Menge, als die gegohrenen, darum ergreifen fle 
das RNexwenſyſtem in weit höherem Grade, als jene, und berühren die Blutmaſſe 
ſehr feindlich, indem fie zu ſtarker Verkohlung ‚führen und zunähft von da aus 
auf den Odammtergeniomus höchſt ververblidy einwirken. (©. d. Art. Brannt- 
wein) — Die Anfammlung u. der Aufenthalt der G. im Magen bietet dieſel⸗ 
ben Erfcheinungen, wie jme der feſten Speifen. „ei nehmen, wie dieſe, mehr 
ben linfen und mittleren Theil des Magens ein, der Pförtnertheil enthält davon 
am wenigſten. Gef: Tepieht die Wusdehnung des Magens zu raſch und zu ſtark, 
fo werden die ©. wieder ausgebrochen. Bezug auf die Veränderungen der 
&. im Magen zerfallen fie in zwei Glafien: in foldye, weldye keinen Speifebret 
bilden (reines Wafler, ganz ſchwacher Weingeiſt, die vegetabilifchen Säuren) u. 
in foldye, were ganz oder zum Theile chymiſicirt werden (De, Mil, Schleim 
u. f. w.). Die wäflerigen Thelle des G.s verfchwinden fehr bald aus dem Mas 
gen, theils durch Aufſaugung, theils durch den Mebertritt in Sen Dünndarm, ohne 
weitere Umwandelung erlitten zu haben, die Erſteren dagegen bleiben —* und 
werden in Chimus (Speifebrel) umgewandelt u. verbaut. Die weiteren Beräns 
derungen, welche die G. in den dünnen Gebärmen erleiden, find eine Foriſ 
des im Magen begonnenen Prozeſſes. Die aufgefaugten waͤſſerigen Theile 
ben werden vom Blute aufgenommen, in ven Nieren abgeſchleden, durch Die 
garnteiter in die Harnblafe geführt u. von da durch die. Harnröhre entleert; die in 

pelfebrei umgemandelten dagegen gelangen als Milchſaſt (Chylne) In die Eee: 
faitröhre, von da in das Benenblut und werben ſodann zur Ernährung bee 
Koͤrpers verwendet. 

Getreide heißen eigentlich diejenigen Grasarten, deren mehlreicher Samen 
zur Rahrung für Menſchen oder Hausthiere gebraucht u. die deßhalb im Großen 
auf Feldern angebaut werden. “Die: find alfo: Roggen oder Kom, Weijen, 
Spelz oder Dinkel, Grrfe, Hefe, Hirſe, Schwoden wo Mur dur TUR NR 






























der. in der Hauptſache übereinfihunenb, ud 
— die —— 
⸗ —— Berfönlichfeit des 





Umfänden ſich auf ein umwahres ©. Feb 
I u Eenifengm vn Br, ben Ananda Ä 
Grmahnung, Werbaltung der genen ſihn verliegenven : 
A onen, zur Recogn nicht na toffen. Leilst der Vingefilutuägte 
ein vollgültiges, überbieß —— — aller ya Timibeanbe Des‘ re 
brechens erforderlichen Merlmale, fo-wirkt es einen volllsmmetten: 
Vinränmung nur einiger — Mertmale iR der Beweis: 
bet einem, Sl ie Gtrafanwendung in —— — 
den Thatſache nur *238 volitomen, wenn dieſe Thatſache ud) 
“Ne Unterfahung al⸗ —* ſich barkeit, Ein —— 
keilen ober ver Motive dan mangelhaftes 
ner Anzeige (Indiclen); dem Mangel ber und des 
Dieberholungq abgeholfen werben, ober das ©. wirfi nur ad 
Kr 
nur m g, o 3 ung o 
ee berdenſyi cam man Die Alepats 
on o eberdenſpie 
55* ei Sal. Ga ti ——s—— 
ram, Fin etion 
—— — latein 


— BE a 











ar 
iöz, 
ur 











as me rt Ne Blesandt cum —* * 
einer edleren Pferderace ergiet WArb, Bel: Wiek 


welchem Ye 


Iung: der Fohlen m au 

Geſundbrumen, |. Mineralwaffer. 

Gefundpeit nennen wir den Zuſtand eine® Subiotvuums 
einzelnen Organe in zwedmäßiger Uebereinſtimmung vorhanden und ausgebilvet 
find und die einzelnen Bebenefunftionen auf eine, der Erreichung Ihres Jwedet, 
Erhaltung des Lebens, angemeftene Weiſe vor geben. Lu 
ver Inn jr daher im Zußande ber Geſundheit — u. wir fpredhen in Me 


ſen 
ſtafe ſteht die G. des Thiers, am höchſten die des Menſchen, bei welchem in Be 
—— feiner 2 Richtungen: ver Leislicenn. geikigen, auch vie ©. in 
pelter Richtung fich degenn als G. des Leibes, Förperlihe G., und ale 
des Geiſtes geifige @ ‚ Beide können mit einander vereint vorhanden ſeyn u. 
dann genießt der Menſch vollkommener G. oder es il nur leibliche, ber um 
geitige G. vorhanden. Dieß kann aber nicht lange der Fall feyn, da G. des 
rperö immer audy ©. der Seele bedingt und umgefehrt. 
theils durch Innere, theils durch äußere Verbältniffe. Die inneren 
ſind: normale Befchaffenbeit aller Theile u. Miſchungen bei der Geburt, 
male Gntwidelung und ihre ebenfalls normale Ruͤcbildung im Gr 
zum Gintritte des Todes; — die äußeren Berinaungen der &. fin» 
seine, angemeflen bichte, nicht nanz wafjerfreie Luft, der Tomperatur u. 
angemeffene Belleivung und Wohnung, gehöriger Wechfel den 
Wachen, Ruhe u. Bewegung, —— — — verdauliche 
— ſo wie envti entfprechende Sinnes⸗ u. Seelenteize. Abſolute ©, 
d. he Pe e —— ung des Begriffes G., bt e6 nicht, mit Ihrem Ginträtte. wärbe 
n Bildung der Organe und in der Thätigfeit Derfeiben auf 
Kr —* man: von ©. ſpricht, fo verſteht man darunter nur telative &. ; «6 
aaöflen —— an drei Breite * (Räangirungen) der G. angensanten werben, 
innerhalb wei Kanne wilden Yen’ Organen: 





ji 










Bi 


FL 





Ill 








33 








Gewinnſte des aornhandels eine euerung des Getreldes nach ſich zoͤgen, 
bat man dergleichen Zwiſchenhaͤndler mit den : en Namen: Kipperer, Korn⸗ 
wucherer u. |. w. gelegt und fie der allgemeinen — Preis ge eben. Res 
glerungen fid) Dadurch nur zu oft zu falichen Raßregeln h laffen 
u. — m te permeintlichen Nachtheile, Ba aus diefem Handel für die Con⸗ 
a re follen, zu verhäten — haben fle lieber vorgezogen, ſich dem 
8 mit eide —— zu unterziehen und durch Anlegung * Magazinen 
em zu befürdhtenden Getreidemangel vorzubeugen. So fehr au ein Berfahe 
ren. der Art die Dilligung und den unbebingten Beifall des Semeinen —E er⸗ 
en mag, fo ſehr verdient es geneigt zu werden, da es fomohl unter ber 
, als gegen den Borthell des Staates if, ſich auf Brivat -Unternehmuhs- 
gen einzulaffen, baber 3 e ⸗ A Unterkägungs- uftalten, geleitet durch 
obere Staatsbehoͤrd — — Erfolge zu erreum a 
als wenn fie von —— ig rat onen unternommen werb 
ter allen Umflänven wird der Kornhaudel v onen twohlfeller et 
ben, ale vom Staate. Erſtere werben hamer iefenigen Gegenden, wo die Fruͤchte 
am wohlfeilſten, u. biejenigen, wo fie am theuerften find, Tennen, u. ihr 
vortheil wird fie nd in jmen das Getreide oufzufaufen und es in biefen 
wieder ebufegen. Die Folge davon iR: gleich ertheilung des Getrei⸗ 
des über ð che eines Landes und möglichfte BldhReung der Getreide⸗ 
tedenen Provinzen: ein Bo erh weldyer den oebeitenben Claſ⸗ 
aa ee F I zu Gute In. — 9 — mie, ati u 4 
Theuerung herv en könnten, ‚fo gew 
tige Gründe man une Lug gegen —— wie dieſer 


nament en betrieben —— g en 
— Ele Sei: ji bie —— —— —— nd ver * 
Vorwurf ma 
ne een Bere * t ‚ fe mög au —* 
* — —* ohne mi, ob aigige Rh be- 
onderd arme ‚in oth an ‚ — daß er ſonach in Getreidewucher 
ausarte. Daß bie Öetreivehänbler nah allen Kräften darauf binarbeiten, ben 
Preis ihrer Waare auf einen möglich hohen Standpunkt au —* ihn ſo lange 
möglich auf dieſem Standpunkte zu erhalten und, sb He Ausfiht auf 
roh der unbe haben, aid eher, ald im h le 1 aufen 
ri Harz natürlich ar nicht. zu verbenfen, N bep bei 
ungünftigen ran a auch Verluſte & ı Iogen haben, und und bat ſo Gere iR 
es wohl, daß fie auf diefe Weiſe u 6 seigerumg der Getreidepreiſe mehr ober 
weniger beitragen. Ganz befonver6 »ürfte dieß jebt der nt feyn, wo fo viele 
bebeutende Gapitalien aus dem Staatspapier⸗ u. Actienbande a wur: 
den, von denen gewiß manche Summe auf die lodende Betr lation ver- 
wendet worben ift, deren Beſitzer fo letcht nicht nöthig Bat, mit Am Vorraͤthen 
loszuſchlagen. Die in- Berlin und mehren anderen Hanbelöpläben auch im ©. 
Mode gewordenen Scheinfäufe auf Zeit, welche eigentlich Nidyts als eine Wette 
auf dad Steigen u. Fallen der Preife find, haben Ve ai aber unzweifelhaft in bie 
be getrieben, u. dieſes Berfahren iſt ein wah I cher, gegen den die Ges 
etze, troß aller Bemähtelungen, mit ber fcho elofehen Strenge Gehnfchreiten * 
ten ; denn es müͤſſen dabei Tauſende armer Menſchen leiden, um die Habgier 
einiger Einzelnen zu befriedigen. Aber wenn ſonach der G. auf der einen Seite 
audy wirklich der großen Mafie einen Nachteil bringt, der allerdings, da ber 
Gegenſtand deſſelben ein ganz unentbehrlidyes ebensbevürfniß iR, Se ärmere 
Be al am empfinblichiten berührt, fo wäre es doch gewiß die größte Thor⸗ 
m Hinderniffe in den Weg zu legen, oder ihn wohl gar verbieten zu wol- 
en, * er die Ausgleichung * Mangeis auf ver einen u, des U eberluffee auf 
der andern Seite vermittelt, guten Jahren die Entwerthung der Frucht, 
welche dem Producenten und vr mittelbar wieder dem Sin den cms 
Renlencpclopädie. IV. 


Rz PER an. 


u" Grab die: bei jedem gnbivlduum 
—« ai. eich, es ſoͤllte — een 


el was A geiräntich nicht. Der allgemeinfte' af 
wer, ii Dingen,“ die Befti: des J 
55— a ale Sin "te N oil I 


empfiehlt han die PH — traͤftige N, abet 

Be kurzem Hungerleiven, reichliches: Waffers 

Hinten, von ae, — infitengungen oder Grjaß berfeb 

den durch gi ſche -Uebungen; Tühle, leichte, —— drüdende Kleidung, 

falte Bäder, fürzn. Schlaf; —X mäßige Ruhe, —— raſchen Klima 

ſeis Die mittlese Gefunbheit verlangt auch mittlered Verhalten: 
ws — — Diät, Kleidung und ya — 


Kim md engungen ur nicht nörhig, aber au⸗ 
— Die he elek hm feiner befonberen — — 
Fran t 55 ee Sn (hm — uno — — * 
auer wenig nach en Ginflä 1 kl mefidyeti 
gr fin 2 Bohlfegn ri * —— nl mirde: —— 


hal 


3 


Font fe mög aba abgehalten werben; in amberen 
dagegen a ein des Berfahrens, um das Jabividuum bern 
aittleren r u da dieſes erfahren die Geſundheit 


dheit hie bene en 

He fol, 3 hr es ———— die * darin beſteht, — 
—— ve alla. De Die fhwä wie © pefunuheit re ii 

nicht | 38 Rekauratton und Staͤrkung, forwie die Abhaltun 
Kae ne —X5 — erheifcht daher ‚immer ‚eine Fräftige, —— eich 
Ferne um und befonbers umfangreiche Nahrung, "viel Rube und Schlaf, 

Wärme ü. geringe der Luft, warme Bäper, aromatiſche Mal 
u. Reibung: pſychiſche ©. fält aufaimmen mit ber edlen 
Sets Üingeisnte, —— dab 
yon den Got ie fat, cu Kg 6 —— uf den De 

fer 7 Rammverwaubt waren, 

—E — lich machten fie eines der Urvdller der Elaven — 


find And guhffigteiten ig in dan Rogn ebracht, den-Durk 
d.) löfchen, Die Beri 18 befördern u, in die e- die 
en igen Theile - Bi — —— — 


=. 

se 
ih; 
irre 
e 
in | 
ir 
ehr 


ul: 


jo wird bei ni 
Sohle —— ie Blut vonvaitend, daher das Blut 
— A KH weßhalb en Uebermaß an 
Berkimmung u. Störung tm. Unterteide enfo 
Ei KR =) in re en 8 entzündlichen 
ee (ano, Mel 9) Eifen. Muffe oe bene 
, 6) 
— Suentisheamah, Tr Kahfer u. —J Se 


HH 


mM 


Gewanb Gewehr: “ | 781 
derungen, bei Indoffirung der Wechſel, bei Anweiſungen an 8 ober 
eferungs⸗Statt ıc. von ven ee ondere Dehimm : en 
enſo de Sara ge G. Bein bc © —— % un, —* 
agen, en, bei Veſtan en, bei a 
e u. Ber u. Ber slelhen andere geregelt. b. = a bes Intereſſe für die 
anal Detonomi hat aber die 5. Mir Büän ler bei verläufen 

es beſtehen hierüber tn allen Staaten — —XA chaftsgeſe hze, nad 
Ichen der Käufer von Hausthieren gegen ben Nachtheil gewiſſer, Ankau 
er von einem Unkundigen überhaupt nicht erkennbarer, aber vorhandener Ha Haupt, 
lee (Gewährsmängel) während einer jeßgefehten Zeitfrit (Gewährzett) 
‚age Bank iunge lage) auf Ann ——— aufes, oder: Schadenerſat 
gen den Verkäufer erheben kann. Die erſte — dieſes Geſetzes iſt ſchon 
ikte der Aedilen des römiſchen Rechtes gegeben u. nun in allen entopälfchen 
—* —— — mit a —* der, Tie Gewaͤhrsmaͤngel gültigen 









ED omal Menden, ei 
un en r en e 
en bie älteren, in manch mehr * in ern noch rechtokraͤ —— — —*8* 







ſehr mangelhaft u. un —— \ Maker den, in —— etze uud t ge⸗ 
ıchten, Gewaͤhrfehlern kann ſich der Käufer von dem Ber ee neb — ehr 

weitere, in dem Verkaufdacie fpeziell genannte, Zufände u. Unbrauchbarkei⸗ 
ine tſcha —* ung gu alien fo wie es ibm auch unbenommen bleibt, 
| t u. 

Gewand, Ar benden dar jede Bekleidung menfchlicher Figuren 
Jraperie) ob; dd —— der Ausdruck auch auf Dasjenige bezogen Din, 
16 zur De eblofer Gegenflände dient. Man unte Se enauns 
ı naflen von ben en, faltigen u. fliegenden Gewaͤndern. Eee chließen 
n Körperformen fi) an u. laffen die Bewegung durchblicken; letztere verhüllen 
br oder minder den Körper, oder einzelne le. Treffliche Muſter von beiden 
liden wir an griechiſchen Statuen. Wie die Plaſtik, verfuhr wohl bie 
alerei der Alten; doch fehlen barüber genügende Rachweifungen. näherer 
it wurde der ideale Styl der Gewaͤnder wieder von da 3 Angelo und Raf⸗ 
| ve. Das ©. nimmt alle Sorgfalt des Künftlers in Anſpruch. 

der Bedeutung und dem Beichmade entſprechen, und der Maler 
—** muß noch bei dem Wurfe deffelben nicht allen den Forderungen der 
ahrheit u. Schönheit, fondern auch den des Golorit6 genügen. Denn Ye de Ge⸗ 
inder haben auf die Haltung der Gemalde, auf das Helldunkel u. die 
e entfchiedenen Einfluß. Roc, immer werden dem Künftler die Unterfu ungen gen 
indelmanns über das ©. (in feiner Geſchichte der Kunft), fowohl des Gedicht: 
ben wegen, als in Beziehung auf Stoff, Form und Barbe zu empfehlen feyn. 
gl. Draperie u. Faltenwurf. 

Gewehr begreift im Allgemeinen alle Baffen, weldye zur aktiven Vertheidi⸗ 
mg und daher auch zum Ungriffe dienen (ein Kuͤraß z. B. wird nicht zum Ges 
br gerechnet; auch daß Geſchütz belegt man nicht mit dieſer Benennung). 

—W entweder Feuer⸗ oder blankes G.; zu dem erſteren gehört die 
N , Aa der Karabiner, die Piftole, auch der Doppelhaken u. die Wall 
uskete; zu dem lehteren der Degen, Säbel, Pallaſch, Htrfchfänger, das Bajon⸗ 
t, die Lange, dad Kurzgewehr, die Partifane, gi arde, ®. der J San 
iften theilt man auch in Obers und Unter: nämlich Flinte und Saͤdel. 
eiten⸗G. find: der Degen, Säbel, Pallaſch u. Hirfehfänger. — Die G.e aller 
rt werben in eigenen G⸗Fabriken, die entweder auf Koſten der Regierungen, 
er von Privatunternehmern betrieben werben, verfertigt, fo zwar, daß jedes ein⸗ 
ne Stüd durch eine befonvere Claſſe von Arbeiterıf zugerichtet wird. Gewöhns 
b aber behchen befondere Fabriken für die Berfertigung der Seiten⸗G., andere 
er das Perle Be ⸗G. — Gewehrfabriten u‘ —X a en wu 

opa; ſo 3. DB. in Deutichland: im ER U 





788 = Gewerbe Gewerbfreiheit. 
lach in Kärnthen, Suhle, Danzig, Potsdam tn. — Netfe, Schmalkalden, 
Reinſcheid, Sohlingen, ferner zu ar 3 berndorf in Württems 
berg u. a. m.; in SEE sehe? In ZEN u London u. ©! N 
in Srankrel — ge, St. Eharleville, Schar, Abbeville, 
thal.u. Verjailles; in Italien zu. Brescia; in Rußiand zu Tula u. in Spanin 
am Aalen a, u Sitilos, Ovledo, Iaqualada, Toledo u. in Eatalonien. 
jewerbe iſt der Inbegriff der Gefchäfte, womit Jemand — 
terhalt zu erringen ſucht. Da dieſe Geſchaͤfte weſentlich verſchleden find, eh 
ſich von ſelbſt, daß man in diefem Sinne durch G.e bie tebenften 
arten auöbrüden fönne, weßwegen die Handwerke (f. d.), i man oft als 
leichbedeutend mit G.e nimmt, als eine Art biefer mg erſcheinen umb der 
Bepeif de8 ©.e-Wefens weit inhaltsvoller feyn muß, ald ber des Hanbwerkäns 
fens. Diefer Inhalt wird verftändlich, wenn man erwägt, daß bie — 
‚ober der Aderbau, die Landwirthſchaft, bie induſttielle robuftion jagen 
Stufengange vom Handiwerfe bis zur Fabrif, Manufaktur, Kunft_u. — 
die commerzielle Produltion, Handlung, Schifffahrt, als die conſtitu— Er 
mente biefes herrlichen u. finnreichen Begri ich darftellen. Da demnach die 
ſes Gebiet die ganze Enttwidelung der menichl fte umfi , fo rauf 
demfelben ein unüberfehbares Feld für bie öffentlidye Cinwirkung 
der Aegide der Gerechtigkeit, Sicjerheit und DO: fol der Gefe die 
ſchlummernden Kräfte weden, ihre Entwidelung unter ', die freie 
irdern und bie — entfernen. Dann ar dann blühen, dann br 
lohnen die ©. beide; der Staat u, der Privatmann find glüclich. 
Gewerbfreiheit ift da vorhanden, wo die Ausübung der Geiverbe n 
von der ng der biefelben übenden Berfonen abhängig iſt. 
dem aufgeftellten Begriffe über Gewerbe oder Induftrie müßte daher, zur Grm: 
fung der Sreiheit u, ihres — Weſens, vor Allem untetſchieden werben, au 
4. Gattung der Induſtrie die Anwendung gemacht werden wolle, Keinem 
fel unterliegt e8, daß die Löfung ber Bodanfıl jel,, die Entfernung der 13 
Feudallaſten, der Dienftbarfeiten, der Befchrän! in ber Felverbeftellung u. |. m, 
oder, was die Sache energifcher bezeichnet, var Freiheit des Bodens und des 
Aderbauers, oder des Landiwirthes, vorzüglich geeignet find, den Feldbau auf die 
hoͤchſie Stufe der Bollfommenheit zu ftelen und dem Landwirthe den Bollgenuf 
feiner Mühen zu gewähren, Allein, wer möchte diefen Zuftand, wegen ber Gr 
freulichkeit der Idee, ohne Rüdficht auf’ beftehende Berhältniffe zu verkünden wa 
en? und doch lobt man auch beim Landbau, daß in England förmliche Lehr 
— beſtehen, daß fein Pächter Knechte dingt, welche nit dieſe Lehrjahre er 
fanden haben! — Ueber die Freiheit des Handels, welche ſich ſchon aus dem 
Grunde rechtfertigt, weil diefer in engen Gränzen unmöglich blühen kann, ſ. das 
Nähere in dem Artikel Handelsfreiheit. — Was num aber die Freiheit in 
Bezug auf die Handwerker betrifft, fo weichen. hier die Anfichten — von 
einander ab, indem bie Einen die, zuerft in England, dann in Folge der Revolution 
auch in Frankreich, u. fpäter mit mehren oder minderen Mobdificationen auch in den 
deutfchen Staaten eingeführte Einrichtung vertheibigen, daß Jeder, der ei ee 
werk gehörig zu berfehen glaubt, dafjelbe gegen eine an den Staat zu zahlende 
Abgabe, wogegen er einen Gewerbsichein, Patent (f. d.) erhält, frei aus 
üben darf. Ais Beweis für diefe Anficht wird die hohe Volfommenbeit der enge 
liſchen u. franzöftfchen Gewerbe angeführt. Bon anderer Seite dagegen wird ein 
gewendet, daß hiedurch die Rechte der Zünfte (f. d.) oft geradezu verlegt wür 
den; daß man, ftatt gefchtefter Arbeiter, durch diefe Einrichtung nur Pfufcher, u. 
anftatt wohlhabender Meifter nur darbende Einzelnarbeiter erhalte. Bielfahe 
Schein⸗ u, wirflidye Gründe fügen beide Anfichten. Die verfhledenen, bier in's 
Auge zu jepeben Rüdfichten würdigend, dürfte bie Gefegebum; —— in 
‚allen Zweigen der Znduftrte für eine verntniige R RR RS jabel 
fol aber nie überfehen werden, daß die Kraheit in Sie a de aiain. 


| 
| 


| 


Gewerbpolitzei — Sewerhfänlen, ww 


Beſchraͤnkungen beftehe, und daß es der ebung nicht zuilomme, unt 
Fe br ni —e * — —2* Wohl Pr die Gpibe 6 45 
wird. er er Orig R Mi —— ai en ben Fr zur 
Innun er Ge aft, beſtimme ed 
Unterrkit, entferne widernatärl ——— © ,‚ erlaube den. Zutritt zu he 
Bewerben nad) — der —5*— ebe allen Gewerben gleichen Schut, 
ſorge Prämien hauankalten für die. Güte der Erzeugniſſe nr 
die Su des — — gebe der Wanderung eine —28 
fir Dat Sabfolbuum, wie für den Gtaat vortheilhaft wird und Ye Me vr 
der Innungs⸗Geſetze dieſen Uebergan eine Bee — welche 
die Intereſſen der Gegenwart ehrt und doch 0 almällg auf ein Punkt bringt, 
welcher —ãAã und —2 — zu einigen fähig if. IM vie — dann in het 
ver Staat geihan, was ihm obliegt; ; im Webrigen dürfte ba 
nous fairos bier ale die größte Wohlthat, bie von Um erwarte "erden 


erſcheinen. 

|... o iR jene Einwirkung der Polizei auf gewerbliche Beziehungen, 

den en nady Beſtimmun Dee Eu ſcha fe — 
, aus —— für die — dieſe ſelbſt gegen die G 4 
orderungen bed Publikums tm —— — inſicht b t 
Dei, RL der Pol ion diefe Zufriedenſtellun ung nicht bloß im Allge- 
meinen, ' fondern nalktatie m glich entfyred Ib erfolge liegt in berfelben Ober 
auffichtepflicht. möge bie Dualität a hen Weife — 
— * a © —— CR wre —* —* 
na be w e 
ðlren * da er wo bie Sefumbheit bs F die ee gefä al wer 






den Ennte, wo Mißbrauch, Täufchung, B ten Ant. 


. .. mr a 3 er 


We abzuſchneiden. 


Aber o bleibt es Wechſelforderung, die 
ne Störung ee He ind, offene a —* ber "Dualieht, {“ 


Maßes, —— zu berich en. 

Diefe linken dürft eichen —E * Men zwe keit hd 
olizet zu — ‚ viefe auch gehörig zu : * —58— Ueber if I in 
at⸗ ober Rechtsverhaͤltniß, oder Mißgriffe hinſichtlich der inföpreltungen 





Gewerbſchulen. Geht vn, „on dem Srunbfade aus, daß jebe Schule 
nur die Aufgabe hat, für die fün a ra und befondere, menfchliche Be- 
fimmung vorzubereiten, u. daß Hi ein Pr eben fo RR Schter iß, wenn Un⸗ 
nothiges getrieben u, darüber bie fefte Aumt wird, 
als wenn der Unterricht fich nicht auf le nerliche 25 en folgt date 
and, daß für die verſ ha auptelafien der —— Die ihren befondes 

en Berürfnifien entfi eh enden, Gattungen von Schulen nd bi And. Selder 
—— laſſen aber drei unterfajeiben. Die zahlreichſte 
umfaßt die große Maſſe der gesöhntfehen Handwerker (f. Bam fommt 
jene Glaffe von Gewerbenden, weiche 6 ihrer Arbeit zur GEnttverfung Agene: be⸗ 
deutender Plane gendthigt find, oder genauerer Kenntniffe w 

nen Theilen der Kchnifchen Wiſſenſchaften bepürfen; Sur er Bein en m ende 
ti fiehen theils die Unternehmer großartiger, u 
die, weniger zur Ausführung, ald zur theoretifchen (Sen Mieltumg u. Eng 1 

menden Gelehrten in den tedhnifchen Fächern. Yür die este Claſſe bedarf 
ed, da doch der gewöhnliche Unterrigt in den ouefchnlen nicht hinrei t indem 
er ‘auf die befonderen Bebürfniffe des Gewerbeflande® gar Teine h, den ht nimmt, 
fondern bei den erfien Anſangsgruͤnden aller Bildung fen —5— 
G. ( Real⸗Vuͤrger⸗ le weiße vn den Unterricht bis zum Ein die Lehre 
übernehmen und, neben jenem an emeinen Erlernten, noch die ee der 


febre, der Raturf b bed Zeichnen 
a ellom ba = Kldhen Eiyale; Hkaka when m 





"799 Gewerbfeuer. 


niedere Gelehrtenſchule nüglich in eine foldhe umwandeln Fönnen. Das Gefdhrd 
einfettiger Pedanten, welche Ihre, bier ganz unbraudpbaren, Kennniffe für die einig 
mögliche menfchliche Bildung halten, fan natürlich hievon nicht abbalten, Da 
die zweite der, oben begeichneten Blaffen mehre Jahre länger der Schulbi 
widmen Fann, fo werden denn nun in Gewerbemittelfhulen nicht mur 
obengenannten Fächer weiter u, tiefer betrieben, fondern es fann auch noch Un 
terricht. in Geographie, Statiftit u. neuerer Geſchichte, fowie in ven, für die Gr 
werbenden eined jeden Landes bebdeutendften, lebenden Sprachen erihellt werben, 
Unterweifung in den tobten Sprachen iſt nicht notbivendig, da das 
us die Literatur der Technik rein modern find, die formelle, durch dieſe 
+ zu erwerbende, Bildung aber durch Mathematif auch erlangt werben mag Sol⸗ 
her Schulen bevürfen natürlich nur die größeren und gewerbreichen ©: g bir: 
auswärts Wohnenden mögen ſich, wie biefes jet auch bei den Gymnafien 
f&teht, zur Benügung dahin begeben. Der hochſten Stufe der Gewerbenden ent! 
ein polytechnifches Inftitut, im welchem die fümmtlichen, dem anegebilde: 
ſten Gewerbömanne wünfdhenswerthen Kenntniffe, namentlich alfo, außer den 
nannten, Nationalökonomie, kaufmännische Bucyführun ‚, Handeld- u. Wechfi 
von möglich ausgezeichneten Lehrern in wi enfehahtlicher Form und. Vollendung 
gelehrt und.die künftlichen Fertigkeiten auf die höchfte Stufe gebracht werden 
war, wenn es das verfügbare Lehrperfonal irgend zuläßt, in ber Art, 
wendung der Theorie auf die bauptfächlichfen Giwerbe abgefondert ge; 
Eelbft für einen großen Staat genügt eine — Anſtali 
Daß alle drei Claſſen von Schulen, je nach ihrem itfntffe, mit 
derlichen Apparate und mit Sammlungen verfehen feyn müffen, bebaı 
ver Erwähnung. Sind fie alle, namentlidy auch die niederen Realfi 
örig eingerichtet und nach Bedürfniß verbreitet, fo bebarf es dem 
—V nicht mehr, welche jegt in verſchledenen Formen ſtatt finden 
über Gebühr gepriefen werben, wie der-Sonntags- u. Abendſchulen für 
und Gehilfen, ‘der Vorlefungen für Erwachfene über einzelne Zweige ber &s 
werbwifienichaften, für die Meifter u, dgl. Höchflens mögen für die weitere Aus: 
bildung in den Kunftfertigfeiten, wie Zeichnen, Modelliren u. f. w. für diejmi 
jungen Leute, welche früher in die Lehre treten mußten u, ſomit nicht Die mötbige 
Sicherheit u. Kenntnig in der niederen Schule erlangen fonnten, ſolche Neben 
fchulen zur Weiterbildung während einiger folgender Jahre: beibehalten werden, 
Werentlich verfchieden von den bisher geichliderten Schulen und ganz außerhaib 
ihres Syſtems nd find ſolche Unterrichtöanftaiten, in welchen manuelle Fertig 
tet in einzelnen ten Gewerben gelehrt werben foll, weiche fomit für Zöge 
linge befttmmt find, welche die eigentlichen Schulen bereits hinter m 
pielmeht denfelben die Lehrzeit oder Gebilfenzeit im eigentlichen Geſc tt ſeden 
ſollen. Ste find hauptſaͤchiich zur Bildung pänftlicher, geſchmackvoli arbeitender 
und inteligent wirfender Arbeiter befkimmt, u. mögen namentlidy in foldyen Län 
dern, in welden die älteren Gewerbenden nody in jenen Eigenichaften 
find, fomit die jungen nur eine fchlechte Anweiſung u. Badurd @ Gewol er⸗ 
halten würden, an ihrer Stelle ſeyn. Bei allgemein vorgerüdter Bildung des 
ganzen Staates aber find fie überflüfftg und lönnen folglich mit der Zeit 
iieder eingeben. 

Gewerbftener, Die Induftrie des Menſchen kann entweder einfach, oder 
aufammengefegt feyn; einfach, wenn er bloß durch Anwendung feiner perjönlichen 
Kräfte, Geſchidllchteiten u. Fähigkeiten Eiwas erwirbt, u. zufammengefept, wenn 
er bet feiner perjönlidyen Thätigkeit zugleich eines Capitals bedarf, um fh 
ein Einkommen zu verfchaffen. Jene nennen wir die perſonliche, dieſe die ſaͤch⸗ 
liche oder Gapital-Induftrie. Das reine Eintommen, welches aus erfterer ents 
fpringt, heißt die perfönliche Induftrierente, u. das aus lepterer die fächl iche 
oder Gapital-Induftrierente. Die Befteuerung beider Battungen von Imduf 
renten Ift Gegenſtand ver ©,, welche heak au Tape \n ven veriääteenen Ernaieı 


Bet: 
EHE 


Et 
3888 


i 


Gewerkſchaften — Gewicht. 9 
Inen weſentlichen Beſtandiheil ver daſelbſt eführten Stenerſyſteme bildet, 
daß diefe Beſteuerungsart zulaͤſſig u. — a wird: wohl von Niemand bes 
t werden wollen. Die Induſtrierente wird eben fo gut, wie jede andere, 
‚8. Sapitals, Orunds u. Bodenrente u. f. w., unter dem Schutze des Staates 
rworben, u. bie ö entliche Verwaltung iR daher audy berechtigt, dieſelbe zu den 
Ugemeinen Laſten beizuziehen. Wie, und auf welche Weiſe dieß zu bewirken fet, 
amit einzelne oder ganze Glafien Feine Gtenerprägravationen erleiden, darauf. 
ommt ed vorzüglih an. Die Yusmittelung der yperföulichen Inpußtrierente . 
en wenigen Gchwierigfeiten unterworfen. da in jedem ÜDrie der jährliche 
Irbeitöverdienk leicht erforfcht werven kann. Zu dem Ende werben die Gchäßer 
In eigened Belenntniß jedem Gewerbögenoffen abfordern u. demſelben ihre eigene 
Reinung Hinzufügen. Durch Bergleihung beider u. gehörige Berüdfichtigung 
er ald wahr bekınbenen Angabe ſetzt nun bie Gteuerbehörde das Cinkommen 
efinitio feR u. beſtimmt darnach die zu verſteuernde reine Induſtrierente, : welche 
ach Abzug Defien gefunden wird, was zur Erhaltung des perſönlichen Stamm 
Bermögens, naͤmlich ded Gewerbmannes u. feiner Familie, nothwendig erforderlich 
R. — In :Betreff der Staatöbiener befennen wir uns zu der Anfidht, daß vie 
elben für ihre Befoldungen oder Emolumente von der G. gänzlich auszufchließen 
men. Da fe ihre Zeit u. Kräfte der regelmäßigen Berrichtung ihrer Dienfiges 
chäfte widmen, fo Fönuen fie, felbR bei der angeſtrengteſten Thaͤtigkeit, ihre Bes 
oldungen u, Emolumente in der Regel um Rice vermehren u. bürfen baber 
mc, da angenommen werben muß, baß fle ihnen vom Gtaate zum ſtandesge⸗ 
näßen Ausfommen ausneworfen worben find, wit Seiner Steuer belaſtet werben, 
Fin jeber öffentlicher Diener, ver fi) dem orbentlichen Gtaatövienfte — 
ann einem Wosiiniftrater verglichen werben, ber ein fremdes -@efchäft in Muf- 
rag feines Prinzipals verrichtet; u. wie es den Grund einer gerechten Bes 
jeuerung zuwiderlaufen wärde, biefen gu beſteuern, eben fo wenig würde es mit 
ıenfelben zu vereinbaren feyn, wenn man die Gtaatsbeamten mit einer Befols 
ungsſtener belaften wollte. Diefe Steuer bat der Staat lediglich ſelbſt zu tras 
en, was eben fo viel it, als wenn fie von ber oberen Berwaltungsbehörbe 
ae nicht angefeht würde. Diefelben Grundſaͤtze gelten auch von den Künfllern, 
nfoferne fie vom Staate Befoldungen ziehen. ihre außerorbentlidye Ins 
uſtrie ihnen einbringt, wie } B. neue Erfindungen, Benefiz⸗Vorſtellungen, 
Soncerte u. f. w., fo hängen diefe Einkünfte viel zu fehr vom Zufalle u. andern 
Imftänden ab, ale daß fie der Befteuerung unterworfen werben koͤnnte. (ine 
oldye Steuerfreiheit koͤnnen aber nicht Diejenigen in Anſpruch nehmen, welche ihre 
tenntniffe nicht unmittelbar dem Staate winmen, fondern durch biefelben unbe 
angt für fid) erwerben, wie 3. B. Aerzte, Advokaten, Literaten, Künfler u.f.w. 
derjenigen induftriöfen Claſſe, welche zum Betriebe ihres Gewerbes Gapitale 
edarf, kann biefelbe Methode angewendet werden, um den Arbeitöverbienft over 
ie perfönliche Induſtrierente aus zumitteln. In Anfehung des aus den Gewerben 
ntfpringenden Capitalgewinnſtes hat man „ unterfcheiden: das in den Gcwerben 
teddende fire, von dem durch fie befchäftigtn umlaufenden Gapitale, von 
belchen beiden der jährliche seine Gewinn auszumitteln ik. Eine Gewerboſtatiſtik, aus 
veldyer die Größe der Probultion des ganzen Landes u. feiner Unterabtheilung 
er Provinzen, Kreife, Städte u. Dörfer, erfeben werben könnte, wuͤrde Bichel, 
m genaue Refultate zu erhalten, mit dem größten Vortheile gebraudyt werben 
Öönnen. Zur völligen, gleichſoͤrmigen Verteilung der G. wäre fogar eine foldye 
Hewerböftatifiif eines Landes unumgänglich erforderlich. 

Gewerkſchaften, f. Bergbau - 

Gewicht, nennt man die Befimmung des Maßes eines Körpers nach feiner 
Rafle (Schwere), nicht der Zahl oder dem Bolumen nah, u. zwar mittel der . 
Bage «f. d.). Durch biefelbe findet man das Verhältniß des Drudes jenes 
törpers zum Drude eines als befannt angenommenen Körpers. Man bat Daher 
a unterfchelden: eigentliche ©., mit dem man wiegt, wur ©. dub Siryakı, 


792 Gewinn. 
das durch jenes beftimmt wird. Dieſes Beſtimmen wittelſt ber hein 
m abmwägen, w ſo viel ‚bedeutet, als: ermitteln, 


Ginheiten des eigentli 9.8 in dem ©. irgend eines Körpers enthalten 
= ®. fi — benannte e7 B. 1 Centner, 1 Kilogramm, 


. fi, t nt‘ ein Drud 
Da BE —— 
einen © ien Diud Äußern und in verſchiedenen tungen (kleiner 


©.e) zerfallen, Faft jedes Land Hat fein Normal«®., d. 5. gewifles, gan 

————— ©., nad) welchem alle übrigen Ge des Landes 

den. Außerdem theilt man, in Bezug auf bie verfdyiebenen Gegen 

jetvogen werben, bie hierzu anjuwendenden G,e in Hanbeld-, . om 
jotbefer-, ferner Müng», Gold+ u. Silber⸗, Mark-, Jumelen+®. 

Gewinn heißt im Taufmännifchen Sinne der Nupen, den ein Hanbeläge 
ſe oder eine Faufmännifche Unternehmung —— oder die Summe, ım 
welche das urfprüngliche Vermögen oder der Fond des Kaufmanns in einer 
Br Be Fa worden Br Er EN I — 
durch, daß der ann ie Waaren theurer lauft, er 

at, u, da ©. der Hauptzwed der Thätigkett eines ee * fo muß dat 


= 


eben beffelben dahin gerichtet ſeyn, fo wohlfell ala lich 

Beide ale mög * verfaufen. Da ed natürlich in 

it, wie billig er einkaufen u. wie theuer er verfaufen will, indem das 
von dem Willen des Verkäufers, das Lehtere aber von dem der 
u, davon abhängt, zu welchem reife fie die Waare von Andern Kaufen 
—— um den moͤglichſt größten Gewinn zur — 

ſchraͤnkt, eingetretene, für dieſen Zweck „onen Umftände u. da 
künftige Eintreten derfelben nad Möglichkeit und Wal feheinicfeit vorauszube 
rechnen, ° Dieß iſt die Sache der Spekulation C. d). Die Größe bes Gs 
liegt aber kelneswegs Immer darin, wie wiel der Kaufmann für eim beftimmtt 
Duantum von einer Waare mehr 5 als er dafür bezahlt hat, ſondern m 
hängt meiftens auch davon ab, wie oft er biefes Pius im einer g 
erhält. Daher kommt es, daß das Beftreben des Kaufmanns nicht all 
gehen muß, den Verkaufspreis einer Waare im Berhältnife zum Eink 
möglichft hoch anzuſchlagen, fondern auch dahin, daß er die Waare mögliäk 
af —— u, fein Capital möglichft oft umfept, alfo den richtigen Mittelweg 
auffindet, Es lann daher oft ©. für ihn feyn, die Waare mit zu ver 
Faufen, wenn er nämlich dadurch einem größeren Berlufte, der ihm bei fpäterem 
Verkaufe treffen würde, ausweidht, oder wenn er auch nur dadurch in dem 
Stand gefept wird, fein Capital auf eine vortheilhaftere Unternehmung zu ver 
wenden, — Die Bereditigung des Kaufmanns, feine Waare mit ©. zu 
fi alfo von dem Käufer mehr dafür bezahlen zu lafien, als er felbft bezahlt 
bat, liegt darin, daß er dem Iegteren oder dem Gonfumenten die Mühe erjpart, 
fie in Heinen Quantitäten von den oft weit entfernten Producenten zu beziehen; 
ja, dem Gonfumenten würden, wollte er ſich auch biefer Mühe unterziehen, bie 
Waaren tn vielen Fällen nicht einmal wohlfeiler, fondern oft fogar theurer 
fiehen kommen, ald ver Kaufmann fie ihm verkauft, theil$ weil der erftere 
weiß, wo fie am beſten u. wohlfeilften producirt wird, theils weil ihn die Trand 
portfoften für ein kleines Ouantum verhältnigmäßig höher zu ftehen kommen, ald 
fie dem Kaufmanne für ein großes Quantum zu fiehen kommen, theils auch 
weil der Producent feine Erzeugniffe in Fleinen Ouantttäten entweder gar nicht, 
oder doch nur zu einem namhaft höheren Preiſe verfaufen würde, als er fie in 
großen Duantitäten dem Kaufmanne überläßt, Aus dem legten Grumde treibt 
der Kaufmann oft einen gewinnbringenden Handel mit Waaren, welche gang in 
der Nähe erzeugt werden. Der ©. ift alfo gleichfam der Lohn des Kau 
für die, mit der Beziehung und dem Wiederverfaufe der Waare fie Be 
miühung, für die Verwendung {eines Coyoche ya, Kr Wor wiäler 


{ 


En 


R 


3: 





Deu 2e; 


tton u. |. w., und bieß iſt ber ‚ wogegen unerlanbter G. derjenige 
feya wärbe, den er b Berfälfchun Waare, durch —— 
Ba Eh an 
Zauföpreife und dem höheren Berkaufspreife feiner Waare kann der Kaufmann 
jedoch in den weniaften Fällen als wirklichen Gewinn beirn ‚ ſondern er 
muß davon noch alle die Koften abrechnen, die er auf bie ung feines 
Geſchaͤfts verwendet, als: Gehalte u. Löhne feiner Gehülfen, ‚ Heizung 
umd Beleuchtung feiner Geſchaͤftolokalitaͤten, Gewerbſteuer, Gchreibmaterialien, 
Geraͤthſchafien, Briefporto u. f. w., deßgleichen auch die Verlufle, die er an 
mandyen Waaren erleiden muß, oder die ihn auf andere Weiſe treffen. Das, 
was ihm nad) Beftreitung aller dieſer Ansgaben u. ſ. w. von dem ©. an ben 
übrig bleibt, beißt daher der reine ober Netto⸗G.; den ganzen 
G. au den Waaren oder überhaupt an dem Gefchäftsbetriebe aber nennt man 
Brutto⸗G. den Betrag des reinen G.s in einem gewiſſen Zeitraume ermittelt 
der Kaufmann durch die Aufnahme einer Inventur. — Der imaginäre ober 
muthbmaplidhe ©. iſt derjenige, den man an einer yBante ober einem 
nehmen im Boraus Dee machen hofft. Er Tom —— Verficherun 


verſendeter oder ener W in Betracht t allein di 
Sum, tele Die er u Achen an ‚ A Koma verfich — * 


fr, gan en ©. nt on man an der Waare verfpricht 
" ze, pa ersöhni 3 rocn des Falturenbettage® angenommen werben (fiehe 
er erung) 
—— IR Sao Bun n der inneren Geſetzmaͤßigleit, nad) welcher wir 
beurtheilen, was recht ober uff was gut Aal id. Dief es B — 
tritt zunächkt als ein, Kinfichtlich feines rundes tie — Gefuͤhl 
(f. d.) uf das eben Yarım auch moraliſches ober —— heißt. Es tritt 
aber überhaupt erft ein, wenn das leibliche und piuchiiche 
oft der Erziehung eine gewiſſe ee oſtufe een bat, und nie, außer im 
erkehre mit andern Menfchen, we dies Bao eyn bereitö erlangt haben 
und e6 in Wort und That Kuhn Gertoidelem, —28 Demußtfepne Dur) 
einen fie beabfichtigenven — anderer Menſchen —5 Erz —ã 
engeren Sinne. Die Bedingungen, unter weldyen das G 
Ber ung gegeben, es für Etwas dem Menſchen —ã dur ehe 
pofitive Gebote von 1 Außen in ihn Hineingetragenes zu erflären; eine Erkläru 
die Die fee Teiht genug F um leicht widerlegt zu werden, aber eben darum a 
Denkfaulen verſtaͤndlich und überbieß ſeinem ſubjectiven Intereſſe entſpr 
* oft die Forderungen des G.s Selbſtverlaͤugnung, —— Anfteen ung m ig 
maden, um fie zu erfüllen. Denn, wäre „ae ©. aͤrt, fo 
der Algemeingättigfeit feiner Korderungen ein Ende am he nicht mehr nättin, 
KA Handlungen ſich zu (hämen vor or felbft und Anderu, einen andern 
menfchlichen Richter derfelben nach dem Gefehe des G.s zu fürdyten ıc. Die 
Unzulänglichfeit dieſer —— leuchtet uͤbrigens Denen, welche fie geben, ſelbſt 
ſogleich ein, wenn fie in ihrem eigenen Rechte verlebt, getränft, mishandelt wers 
den in einer Weiſe, daß fie vor keinem anderen Richterftuble, als dem ihres G.s, 
Anerkennung ihres Rechtes, Mißbilligung der ihnen widerfahrenen Behandlung 
finden; fie appelliren dann, wie alle andere Menfchen, von dem pofltiven, äußeren - 
Geſetze des Staates, des Herkommens, der Gewohnheit, an den inneren, in. 
Menichenfeele fpr en ewigen Richter über Recht und Un , Qut und Böfe, 
an das ©. Es if daher überfläffig, auf eine umRänbliche ee Ye diefer 
Anfiht einzugeben, be ihr ohnehin das unmittelbare Bewußtiegn eines jeden Me 
entiwidelten —** lebhaft genug — ‚und d 
veranlaßt, im Ebengeſagten hinreichend bezeichnet if Ron kann dem nf 
ebenfo wenig das ©. von Außen anbilden, als die ee an Kata er 
PuR und Unluft empinbei, anfceht ober werobfihet, Wahr voh RR. 








794 Gewiſſen. 


ſcheidet, denkt, urtheilt ꝛe. Man kann ihm aber dieſe und jene Gefegmäßigkeit 
zum Bewußtſeyn bringen; fie muß alſo in ſeiner Weſenheit begründet, oder als 
objective vorhanden feyn, wenn fle unter den genebenen Bedingungen zur fubles 
tiven, gewwußten werben fan. Diefe objective Möglichkeit des ©.8 nennet man 
Bernunft, darum das Gewiffen auch Bernunftflimme. Da das menſchliche Selb, 
als reales Subjekt, feines Wirkens fich inne wird, fo wird das Wiſſen von dem 
was biefem Selbft gemäß oder nicht gemäß ift, auch offenbar ale Bewußtfenn 
der Gefepmäßigfeit Pines Wirfens, und — Infoferne das ip dieſes Wirlent 
ein reai ſelbſiſtͤndiges if, wird biefe —— als !ögefet erfcheinen, 
als Gebot, nicht ald Trieb. Das ©. erfcheint als Wiſſen von dem, was wir ald 
Menfchen thun oder laſſen IN diefe Forderungen, — des © 8, erfcheinm 
als unbebingte, Fategorifche, weil fie eben tn —* efenheit ihren naͤch ſten Gtund 
haben, wir alfo über das, warum wir fo und nicht anders handeln follen, fein 
andern Aufſchluß erhalten Fönnen, als, weil das eine unferer Wefenheit gemäß in 
das andere nicht. Dieſes Wiflen um das, was unferer Wefenheit gemäß dirh 
aus geſchehen fol und — um die Möglichkeit, e8 auch unterlafien zu Fönnen, ew 
cheint als Differenzirung umferes Selbfs in ©. und Wille. So lange fie ia 
jegug auf. einen beftimmten Fall dauert, befinden wir und in einem Zur 
ftande innerer Unruhe; fobald wir eine dem ©. entſprechende N 
vorgenommen haben, alfo die Forderung Inhalt des Willens geworben ift, 
innere Ruhe, innerer Friede ein, zugleich aber auch Bewußtfeyn diefer Einheit des 
Ga und Willens; was unbebingte Forderung tvar, erſcheint nothwenbig als um 
bedingte Billigung des Willens, des ©.s, ericheint als lohnendes, denn das Be 
—* der Ein keit unſeres Wollend mit der Grfegmäßigkeit umferes 
Weſens als Menfchen iſt ein angenehmes Gefühl, das der Selbſtachtung, der 
Selbſtzuft ledenheit. — FAlt die Willensentſche idung gegen die Forderung des G⸗ 
aus, fo hört zwar auch jener Zufland des Schwanfens, der Unruhe, auf und — 
da wir dieſe Willensentſcheidung nicht fefthalten Fönnen, ohne zugleich genötbigt 
zu fen, das ©, (die Vorftelung von dem, was gefdhehen follte) zu verbunfeln, 
zu unterbrüden, fo tritt zunächft auch eine Art innerer Ruhe ein; der Menſch fühlt 
fih ruhig, unmittelbar nachdem er nach bangem Schwanfen, Kämpfen mit feinem 
®., diefed endlich unterdrüdt, zur ſchaͤndlichſien That ſich entfchlofien Hat. Mber 
diefe erzwungene Ruhe feines Innern dauert natürlich nur fo lange, als er das 
©. verdunfelt zu erhalten vermag. Beim wieder Klarwerben desfeiben ‚erfcheint 
die frühere Forderung num natürlich als unbedingte Berwerfung, Misbilii— um 
des Gefchehenen; die frühere Unruhe hat ſich in Wiverftreit wifchen ©. u. ® 
len verwandelt, in Unzufriedenheit mit ſich felbft, Selbfiveradytung; das G. tritt 
als Arafendes auf. Aus dem Gefagten erklären fid) von felbft die Ausprüde: 
warnendes, tichtendes G., ©.8:Bifie, — gutes, unrubiges, ſchlechtes 6 
u. ſ. w. Das empiriſche Selbfibewußtſeyn iſt jedesmal ein ganz beſtimmtes und 
darum auch das ©., d. h. es erfcheint zunächſt nur als ein beſonderes Gebet 
oder Verbot, das ſich auf einen gerade gegebenen Fall bericht. Erſt allmätig, 
durch die Wieberholung mehr oder minder ähnlicher Fälle, bildet fi das Be 
wußiſeyn aus, daß die, für Die geltenden Forderungen des ©.8 in Wahrheit nur 
befondere Beziehungen eines und deſſelben Geſehes unfered Inneren fein, weldes 
fich auf unfere gefammte Freithätigkeit bezieht und diefer nur eine und biefelbe 
Zee ais Zweck Rellt. Diefes Bervußtfeyn nennt die Schule reines G., infoferne 
es von den Beziehungen auf empiriſch gegebene Berhältniffe abfieht, das iunere 
Gefeh als ein einziges, allumfafjendes vorſtellt. Da das reine G. dad Leben“ 
jefeß unſeres Selbfis als ein einziges erfaßt, fo erfcheinen ihm gegenüber die ber 
jonderen Bfuchtforberumgen nur als Anwendungen dieſes einen Geſehes auf 
bene Faͤlle. Das empuriſche Bewußtſeyn heißt darum angewandies G. Tal 
iſt aber wohl darauf zu achten, daß das reine G. zum angewandten ſich nicht 
wie das logiſch⸗ allgemeine zum logiſch⸗ conereten verhältz denn ©. iR Selbſibe⸗ 
wußtfeyn: als ſolches ſind feine Beziehungen immer bie eines Realen, alſo nicht 


Sewiſſen. 708 


Die eines Worakten: Allgemeinheit eines Begriffe. Da bie lichen Beziehm⸗ 
gen diefes, im ©. ſich ausſprechenden, Geſetzes nur — und nad, in Folge Außes 
zer Beranlaffung, vom Menfchen vorgenommen werben, fo wird eben dadurch bie 
Anzahl der erkannten Pflichten nach und nach größer, der G.s6⸗Inhalt ade 
Damit aber auch zugleich die Menge des Grlaubticheinenden, des cn De 
nen noch Berbotenen und des Gleichgültigen Fleiner : fein ®. wird en 
wo das Geſet des G.s als ein auf die gefammte Freithätigfeit den Denfgen 
benehendes erfannt worden, Tann nicht mehr von einer wahren, fondern nur von 
—— ſcheinbaren —* (Adiaphorie) der Handlungen die Rede feyn. 
Die Be; bee im — Geiſte — — Geſetes auf gegebene Ver⸗ 
kakt, der ſomit von allen Bedingungen abhängt, unter denen 
upt ve —8 Denken ſteht. Dieſes Denken kann, wie jedes andere, 
ein richtiges ober unrichtiges ſeyn, zur Pr ah der —— aber auch zum 
Irrihume führen, oder in Zweifel befan en bleiben Das 2* iriſche ©. heißt dann 
ein wahres, irrige® oder erben ©, bie die Vernunftſtim heißt auch Got, 
tesoffenbarung im Menfchen, Gotterftimme, a6 an din goͤttliches; das 
Ban, weidhes den Menfchen mit Bott verbindet. Diefe nungen des &.6 
aus alter und neuer Zeit,- bei Wölfern von dem verſchiedenſten Culturzuſtande, 
mäflen nothwendig einen guten Grund haben, Der audy nidyt ſchwer audın mitteln 
iſt. Das Eebebenuktien findet naͤmlich ven ? oriſchen Imperativ als einen 
den Willen gegenÄber fiebenden, deſſen Erfüllung oder Webertretung, Aufhellung 
oder Berbunfelung wohl vom Willen abhängt, Den der Wille aber nicht 
ober vernichten, den er auch nicht abändern Tann. Das Geſetz des G.s erſch 
als ein, nicht vom Willen des Menſchen, fondern als ein dieſem gegebenes, alfo 
— 7 — in der Weſenheit des Menſchen ——5 — Der abſolute Grund die⸗ 
enheit iR alſo auch der abfolute —*— dieſes Geſeges. Wer den Men⸗ 
(nach m an en Bi — als eine off Stan er ad fondern ale Ge⸗ 
Sara. G 





en Gottes, der kann u. muß © Sefepgeber des ©.6 
en. I on 1 bie Schoͤpfung ein Wet der —28 freien 
ottes, alfo eine Offenbarung feines Willens if, fo if die, in der Weſen⸗ 
Heit ver Gefchöpfe liegende, Defepmäßigfeit die Offenbarung feines Willens in 
auf fi. Go lange aber dad G. als Forderung fi) kund gibt, vermag 
enſch, auch wenn er längf von Gottes Feilen | ch abgewenbet, feine Ge⸗ 
—* zu ändern, obſchon nicht ohne Gottes Hülfe. Die Aenderung feines Le⸗ 
benszieles wäre erſt dann eine unmögliche, wenn er au einer ſolchen 
ſich innerlich nicht sach aufgeforbert fände. Die abfichtliche Berdunkelung des 
Ges iR alſo ein abſichtliches Zerreißen der Berbindung mit Bott, ein abfichtliches 
Bernichten der Möglichleit einer Rädkehr. Endlich ahe auch die Frage nach 
Dem Entſtehen des ©.8 im eiſten Menſchen auf einen eraiehenben Einfluß Gottes, 
da das ©, in jenem fo wenig von felbR, ‚oder durch den Einfluß der Ratur ein« 
treten Eonnte, als —* dermalen gefcheht Was die Trapitionen aller Bälle 
darüber berichten, und inbefondere, was die erfien Bücher Mofld erzählen, ent» 
fpricht ganz egenwärtigen Einſichten in ven Gnnuieelumge gang des G.s. 
Das poſitive it che Gebot, der Baum der Eikenntniß des Guten und Böfen, 
laffen ſich nady dem bisher Geſagten nicht mehr N apoerfehen, noch weniger ale 
Brodufte einer ſpielenden Phantafie anfehen. Was aber den Baum der Erkennt, 
niß betrifft, fo müflen wir eine Vemerkun ng ana beifügen über 6 die alte, im 
Anfange dieſes Jahrhunderts mit vielem eifale ausgefprochene, aber neul 
wieder von de Wette vorgebrachte Behauptung: der erſte Menſch babe nur dur 
die Mebertretung des götttichen Berbotes zum G. kommen können; ohne die Sünde 
win er zwar im Stande der Unfchuld, aber auch des Unentwiceltſeyns ſeines 
en Lebens geblieben. Die Sünde war die conditio sine non in 
Fee — , —— geiſtigen Lebens. Man ſollte en, 40 — 
Einſeitigkeit dieſer tung längft aufgedeckt, und ( ſei 8* 
kein Wort —— wie geſagt, nicht ſo, un Den 








2. Beioiffend-Epe--Gewiffensfreifeit, 


BB: iht einziger Vertreter. — Wenn bie erſten Menſchen ſich als Or, 
sur ur Are a ten und biefen ald Gefehgeber des erwähnten Berbotes, jv 
ten fie ſich auch durch ihr Inneres, ihre von Gott abl € Wefenbeit, zu 

[gung dieſes Verbotes verbunden. Was ſie durch el —— — 
lennen lernten, war die innere Mißbilligung, das — 
derſptuches ihres Handelns mit ihrem G., wie mit dem pofittv 
Ten Gotted, Der Baum des Guten und Böfen twäre de aut — 
fie geblieben, wenn fie das Verbot befolgt hätten; fie wären ſich — * 
ien — über. ihr Gelüften, der Bi erzeugten Harmonie mit dem Grif 
ihtes Innern und Gottes Willen —— ge * 0 der angenehmen 
des Guten, Mit biefer freien —— it Gottes Willen 
miges, Leben wäre die Entwidelung * = — deſſelben ebenſo am 
zu Ende anueien, als fie dieß dur die freie — — Gottes Wilm 
eweſen. Aber wir hätten in jenem Falle eine andere 
Miete Ber Gntideung u ce, is fe —e ve un haben 

Gewiffens · Ehe ennt man eine foldye (he, 
welche bloß Dir die —E ang u. * 3 — der Verlobten, und ebat 
Beachtung der gefelich ——— — ten geſchloſſen wird. — Die 
fathol — — wegen ber bedenllichen Folgen im 
= die künftigen @heverhältniffe, Gefoners, weil leicht Zweifel gegen bie — 

derſelben erhoben werben Fönnen, immer fehr ungern, weßwegen Beneptft 

— daß die ©.-E.n nur bei hohen Standesperſonen u. wegen der 

ſten Urſachen von den Bifchöfen ‚ugelaflen werben follen. Derlet 
daher feine —— Ab und felbft bet onen von hoher Geburt 
lafien fie —* au — der are — des Gonciliums von Trient (Sess. XXIV. 
C. 1. de reform. ak Deffentlichfeit und feterlichfeit der Che 
Pr er beißt ein aweifelhafter Fall Derii ai 

eroiffen! it ein zweifelhafter Fall, wo Derjenige 
—— weiß, was er zit hun hat. Die toten nie 

ihren nt meiſtens in ber aniif on (f. d.) der Pflichten. — 
ten find ſolche, zu deren Erfüllung Jemand nicht rechtlich — —* 
lann, ſondern die dem Gewiſſen ie — uͤberlaſſen werden müflen, — Aengk 
Kane bes des Gewiſſens bei an leichgültigen Dingen, nennt man G⸗ 
erupel. 


Benifiensfee abet in im en Sinne die Unabhängigleit des moralifden 
—E wingenden lüſſen Anbau k 
alfo Yen Sc — zuſammen mit der fogenannten Denk und Glaubent⸗ 
eiteren Sinne aber Serhehe man b —5 die Pöstichtet, fe fin 
—— — Uber ung gemäß zu ‚ ohne dabei von 

hindert zu werben, Da das moralifche Ft, wie jedes — 
nünftige, ein Willensatt }, fo kann wohl von einem abfoluten, äußeren Zwange 

in Be; —F dehee nicht die Rebe feyn. Niemand Tann uns wirklich 


Etwas en „mas wir —R fat etannt ben. Aber man 
De breit - ein ung, der Yalfchheit einer andern, in 


ung, 
und verbunfeln; man kann in ung felbft in Intereffe für das Wahre u. Faiſche 
erweden. Eo gist in dieſer un keinen — aber es gibt einen rela⸗ 
ol 


tiven Gewiſſenszwang, der oft dem abfoluten nahe genug kommt, und Jeder übt 
diefen Zwang aus, der durch Scheingründe, ı —— ven, falfche Gründe, durch 
— * fübjettiven Intereſſe den Uni Gürwahrhalten des Fals 


in Br In di wang aber 

Kap Jeder erngen 8 uch A ber ve. ni el ein 1 ien Anderen —X m Fürwahr⸗ 

— Dean Sl an na er z aa fucht. Der Fe Bet das an Mae von 
aber Die Ei nidyt bloß darum, weil 


FA Su untauı —— in —— en a wa, 6 Mae — — au begrüns 


Gewiffenäfeeigeit, 


ch if, zum Unterſchiede Ye —— et u. darum 


* 5 — nm Fade ER a et bie 
UNcHMEN U, Er ha 
(Grint, ver SR, Uedem om sie Rh, 








ale 
2 = a He ae 


ab a nicht ſelten 
Den Bien {m ale, vn vn m Bin — —* * * LT 


— Fr —* won e X — ſei, zu En der San 


wi 
“in Bra ya je Be, ein Di, m mern ers 
e er 
Reit s et e nicht auf, welcher auf bie Verficherung eines Mnberen Bin 
— 5 alt, Ibemn cr auß ebjekiben n. ureichenden Gründen ü 
Ang he wahr hält was die 
I, lei er Te Dre Einf —— — het oder 
ee —— weiteren Sinne anbelan *— 
einem ah Menfchen das ne —— —e ae a ae 
u, u. Hat hat außgubräden, ohne dabei von un —S — I Delle denn er kann 


Bein EM 
eig $ wahr pi —— — on — —— — 


— wenn er das als at und gut 
mag. ber, ba 2 eine dc — mit — — 
ſpruch ſtehen Ing Gott iR, fo aus Das Recht 
auf ©. des m nit den dem im Re 9 uderer ſich vertragen köͤnnen. Wenn 
Jeder nur thut, was ſein Gewiſſen von a in Pohren —* pt kann er da⸗ 
durch nicht zum Hinderniß des ebenfalls dem Gewiſſen gemaͤßen Stre eines An⸗ 
werden. Nun kann man aber einerſeits ſagen: ber Menſch, ale —* Weſen, 
ſei auch berechtigt, etwas Anderes zu thun, als was das Gewiſſen von ihm for⸗ 
dert; — anderfeits iſt das ee jedes Ginzelnen eine bloß fubjektive, mehr 
oder minder deutliche, richtige, o fe ganz nz falfche 2 ber in feiner Weſen⸗ 
heit Legenden Deiehmäigtet, des göttlichen Willens des Ge⸗ 
wiſſen. Aus dieſen beiden Umfländen entfpeing gen Sie —E — in ve Bes 
flimmung ded Umfanges der G., —— edem im geielligen Beben zuſteht. Was 
den erftien Punkt beirift, fo tann feinem ein Recht zulommen, das eined Anden 
zu veıleßen, u. — Jever bat die Pflicht und mit ihr auch das Recht, durch Auf⸗ 
bietung aller jener Kräfte die Hinderniffe, welche ihm bei der Realifirung feiner 
Befimmung im Wege fiehen, an heben. u ſolchen Hinderniffen gehören aber ges 
wiß die Berleßungen fi e8 Recht ed. Erwogen muß dabei noch werben, daß jeder 
Menſch die Pflicht hat, * Greg der Beftimmung feiner Mitmenfchen beis 
autragen, und — ba ein Redht uf folche Unterfügung haben, da keiner 
ohne felbe als Menſ —5* koͤnnte. Damit iſt die Graͤnze befkimmt, innerhalb 
welcher dem Menſchen frei fleht, bad nicht zu thun, was A Beni en fordert, 
fondern etwas Anderes. — Was den zweiten Umſtand b Drimgbe 
fimmung des en Ir der ©. im gefelligen Leben ſchwer mac, 
Dinge fein iges Leben von * als Menſchen möglih, wenn "has 
Ku — ansfpredhenbe ©efeh bloß ſubjektives, wenn es nicht in 
en von. wäre, und auch als ſolches in den wefentlichen Beziehungen ſich 
jedem vernünftig entiwidelten — ah gäbe (f. d. Art. Staat). Rur unter 
biefer Borausfegung ber Pentitaͤt des in ver Weleneit Wer rgeswen, WEN 
















⁊ 


® 


. einziger Bertreter. — Wenn bie exfterMenfdjen fich als 

j vn Bag diefen als Scjehgeber des erwähnten 

Bu urch ihr Inneres, ihre von Gott abhängige Wefenbeit, zur 
(gung dieſes Verbotes verbunden. Was ſie durch Uebertretung des Berbotes 

—— Gr Suras m rem &, Sr m en Ya gafahuen 

ru J 

ae. des auf foldher für 


= 


En. Be 
wenn sen. ſich 
ten ——8 über. ihr Gelüſten, der — armonie mit dem Gefte 


freie Entſcheidung gegen Gottes 
fen. ber wie hätten in jenem alle eine andere, gr 
Kater Unedekung zu Ifen, al wir dermalen vor und haben. E. 
Sewiſſens · Ehe n 
ee an eu. fele Gimidigum der Berlo und ohnt 
Beachtung der geſehlich vorgeſ Geier! geſchloſſen — Die 
Eatholifche Kirche ſah Verlet wegen bedenllichen ol 
" auf die Fünftigen Cheverhältnigfe, befonbere, weil leicht Zweifel die 
leit derfelben erhoben werben ien, immer fehr ungern, weßwegen Berrebift 
Pad die — bei ne —* u 
von len. 
en ‚, und. felb bei Berfonen von hoher Geburt 


jensfall ein’ zweifel all, 

2 re weiß, erg ns ha Di Efeu 

Grund meiſtens in der Golliffton (f. d.) en — 8 Bflig 

Ham, jnscm bi Dem Besifen ed Sr Aberlafen wenn Hilfen Zu 

Par Gewiſſens bei an ſich gleichgältigen Dingen, nennt man G 
zupe 

. (Beriflensfeeigeit i Shane die U: des moralifdgen 

Urtheils enſchen en " wingenken Aunderer j fe 

alſo dem Weſen nach zuſauimen mit der ſogenannten ums ©! 

Im weiteren Sinne aber verfeht man darunter 


el 


H 
H 


Gewohnheit Gewürge - roo 


Bogen zu betrachten, u, verſchieden nach den Woͤlbungslinien der Bogen. Im 
Baue eines ©.8 find zu bemerken: das Widerlager, der Pfeiler, die Anfänge oder 
Rul eſteine, der Schlußften u. der Fugſchnitt oder Schnittriß. Verſchiedene Arten 
von G.n find: das böhmifche, auch Kloferhaubenge genannt, welches gewöhn- 
lich über einen quabratifchen oder regelmäßig vieredigen Raum gefpannt iſt und, 
defien ſcharfe Eden in ven Wölbungsflächen „Oraten“ heißen; dad Kappen⸗G., 
das aus flachen Tonnen⸗G.n befteht, deren Widerlager theils auf vollen Stirn⸗ 
mauern, theild auf Gurtboden, d. ) ſtarken Zwifchenbogen, ruhen; lebtere find 
mei eliptifcher Form u. müßen wenigſtens 4 der Spannung im Lichte hoch feyn. 
Das Kugel- oder Kuppel⸗G., weldyes die Geftalt einer Halblugel ober einer 
Ellipſe, oft audy in der Mitte (dem Schluße) eine Deffnung zur Erleuchtung, ober eine 
fogenannte Laterne hat. Das Kreuz⸗G., ein von zwei ſich durchkreuzenden Bo⸗ 
gen anfgeführtes &., welches jedody immer nur auf vier Pfellern ruhen kann u. 
tn der Mitte ſich zu einem Dretede vereinigt. Das Mulden⸗G., enz⸗G. 
mit einem vieredigen Felde in der Mitte, u. in dieſer Art einer Mulde gleichend, 
nad) der gewöhnlichen Erklärung aber ein, an beiden Seiten mit einem halben 
Kugels®, ſchließendes Tonnen⸗G., zum Tragen einer großen Laſt geeignet, weil 
jede der vier Mauern, die den überwölbten Raum einfdhließen, zum GBiverlager 
dient. Das Tonnen» oder Kufen-©., defien Bogen einen halben Zirkel oder 
Bogenfüd bildet, u. das auf zwei einander gegenüberkehenden Widerlagern ruht. 
— Die Gonftruftion der G. fcheint den Griechen bis auf Perikles (|. d.) ums 
bekannt geweien zu fiyn, häufig dagegen wurden die G. in römifcdyen Baudenk⸗ 
mälern gefunden. Die Erfindung des Wölbens wird gewdhnlid dem Demokri⸗ 
t08, einem Zeitgenofien des Perikles zugefchrieben. Bgl Seneca epist. 90. 

Gewohnheit if die, in öfterer Wiederholung begründete, Beflimmung zu einer 
Berrichtung oder Handlung. Ste übt eine verbreitete Gewalt tm Leben aus, daher 
man fagt: G. iſt die andere Ratur (consuetudo est altera natura). Wille Fer⸗ 
tigfelten beruhen darauf, daß fie durch Öftere Hebung zur G. geworben find. Der 

ſſe richtet fi) dann nur im Allgemeinen auf das Anheben einer Handlung u. deren 
Fortdauer; jede einzelne Bewegung aber wird ald gewohnte, unwillkürlich durch 
die unmittelbar vorhergehende, veranlaft. Nächſt dem Körper fleht auch der Gei 
unter der Macht der G. Sie ift der Törperlichen u. geiftigen Bildung ebenfo 
foͤrderlich, als nachtheilig. Alle Erziehung gebt nur darauf aus, Kinder zu dem, 
was ihnen zu ihrem Helle gereicht, durch G. zu leiten und böfen G.en Gin, 
halt zu thun. Auf Gewoͤhnung, aber auh auf Entwöhnung, ebenfo 
aug Bertwahrung gegen Berwöhnung, kommt im phyſiſchen, wie im moralifchen 

eb, viel an. 

Gewohnheitsrecht (jus consuetudinarium) heißt der Inbegriff derjenigen 
Rechtsnormen, welche, ohne ſich auf eine ausprüdtiche Borfchrift des Geſetzge⸗ 
berö zu gründen, durdy Meinung u, Sitte eingeführt find. Wenn nämlidy eine 

ew.jie Norm von der gemeinen Meinung als verbindlich anerkannt und dieſe 
Deberzeugung in Befolgung der Rorm äußerlich durch eine Mehrheit pofitiver 
oder negativer Handlungen dargethban worden if, fo entfteht aus diefer geäußerten 
gemeinen Meinung ein Geſetz, fofern nur die Gewohnheit nicht unverſtaͤndig iſt 
u. fi auf Punkte erftredt, die im gefchriebenen Rechte unbeftimmt gelaffen wurs 
den. Die Zahl diefer Handlungen u. die änge der Zeit, innerhalb welcher eine 
Gewohnheit beobachtet feyn muß, um zum ©. zu werden, iſt in den Geſetgen 
nicht beftimmt. Eine Kenntniß des G.s wird vom Richter nicht verlangt; es iſt 
daher, wenn deren Griftenz geläugnet wird, der Beweis noͤthig, weldyer jedoch 
überflüffig wird, wenn ſchon früher einmal auf die Gewohnheit gerichtlich er⸗ 
fannt worden if. Eine Art des ©.8 iſt der Berichts ebraug. 

Gewürze oder Gewürzpflanzen find Pflanzenfloff:, die wefentliches 
ätherifches Del, aud wohl ein ſcharfes Pflanzenprinzip in fi haben u. daher 
fidy durch Eräftigen, meift lieblichen, -Gerudy und Geſchmack auszeichnen und aus 
gleicher Urfacdye ald Speifezufag benägt werden, \onk cher ande uw Wings 


* 


seinen gegenüber Allen, u. Allen gegenüber dem Einzelnen zukommen 


oder aber, wo dieſes Bemühen fruchtlos bliebe, eine geiellige Verbindun 


"788 Beiwiffenövertretung — Gewoͤlbe. 


Ä 


des Gewiſſensgeſetzes Aller, iſt eine Verträglichkeit der Bekrebungen 
— u nur aus der Ginficht in daſſelbe iſt befiimmbar, welche 


1 





Fi 
Tr. 


müflen. Wer daher feine fubjektive Auffaffung des Gewiſſensgeſetzes als 
wahre geltend machen und darum auf unbefchränfte Freiheit, derſelben 
handeln, Anſpruch machen wollte, wuͤrde keiner geiel er Berbin 
Menfcyen leben können. Das Recht auf ©. iſt daher im g Leben ** 
N im a amer nur y. er Ar —* Halb 77 
welchen der Einzelne überzeugt iſt, oder och für über , 
pofttiven Geſetzen einer Belelfdjaft zu Grunde liegende, Buffafung des Gewi 
geſehes in wichtigen Beziehungen eine irrige fet, daß er darum den auf dieſe Be 
ztehungen begründeten Geſehen nicht gehorchen Fünne, da man Gott A 
den Menfcyen gehorchen müffe, iſt denkbar, ift möglich, da jene menſchliche a 
telligenz irren kann u. der Gewifiensinhalt ſich im Einzelnen, wie in ganzen Böb 
tern, nur allmälig aufflärt und verbeutlicht. In ſolchen Sällen wäre der 
verpflichtet, den allgemeinen Irrthum durch Darlegung der Gründe 





bie alle 
Eng 


i 


— in welcher er nicht mehr feinem Gewiſſen gemäß leben kann. Doch, 
älle, die im Eleineren gefelligen Brivatverbindungen allerdings He vor 
die bür * 


men können, find wenigſiens dermalen in Bezug auf gerlichen Geſellſchaf⸗ 
tn Europa's, die auf chriſtlichen Ideen beruhen u. von dem Geiſte de 
thums beberrfcht werden, fchwer möglich, da der Einzelne mit gutem Grunde 
annehmen kann, der Irrihum liege auf feiner Seite, wenn fein Gewiſſen * im 
Wiverfpruche zu finden fcheint mit den pofitiven Belegen des Staates von 
er lebt. Der Wufpruch auf unbefchränfte Freiheit des fubjetiven Gewiſſens da 
Einzelnen im Staate iſt eine Abfurbität, da ver Staat eben aus dem 
feyn der Identität des Gewiſſens Aller, deſſen, wad Alle follen, en einge u 
darauf beruht. Daß die Borberung einer unbefchräntten olaubenörelbeit ve 
Kirdye keine geringere Abfurbität fet, leuchtet von felbft ein, wenn bie Kirche auf 
einer yofitiven Offenbarung Gottes beruht, deren Lehrinhalt fomit ale 
Dem verbürgt ift, der diefer Offenbarung als goͤttlicher gewiß geworden. 
Gewiſſensvertretung ift die Erklärung Deſſen, dem in einem Prozefſe 
Haupteld zugefchoben worden iſt, daß er die Unwahrheit des Beweisſatzes 
den ihm: der Eid aufgetragen wurde, durch andere Beweismittel darthun 
Gr muß dann das fubftitutrte Beweismittel gehörig antreten u. fortfeßen 5 
aber audy, beim Mißlingen der ©., zu dem Gebraudye des Eines zuräd 
den gu hobenen Eid immer noch annehmen oder zurüdichieben. W 
die ©. der Beweis geftellt, fo iſt der Eid überflüffig und unzuläffig u. 
auch, da die ©. ein Surrogat des Eides iſt, nur ein indirecter, nicht auch 
ter Gegenbeweis (ſ. Beweis) flatt. Wird bloß eine Wahrſcheinlichkeit 
G. bewirkt, fo iR nur ein Juramentum necessarium (|. Et) zulaͤſſtg. 
Gewitter if der Name für die Erfcheinungen von Blitz u. Donner 
Sie werden immer durch Wolkenbildung eingeleitet, weldye oft fehr ſchn 
rafdy vor fidy geht. Diefe Gewiiterwolfen bilden fich zuweilen über dem 
zonte jenes Ortes, über dem fie ſich entladen, zuwellen ziehen fle fchon geb 
über den Horizont herauf; fie find meift durch unendliche Formen, entbimt 
Aufhaͤufung u. durch ihr nicht fehr hohes. Streichen erkennbar; in ihrer 
ung folgen fle nidyt immer der Richtung des Windes, fondern ziehen oft fogar 
entgegengefebt. In der Regel erfolgt bei ruhiger Atmofphäre eine vollfommene 
Entwidelung der Gewitter; in den niederen Breiten treten fle am bäufigften (waͤh⸗ 
send naſſer Jahreszeit faſt täglich) u. mit der größten Heftigkeit auf. aM. 
Gewölbe heißt die maſſtoe Dede eined durch uern eingefchloffenen 
Raumes, oder eine gemauerte, aus keilförmig gehauenen Steinen zufammengefeßte 
Dede, die nach einer oder mehren gebogenen Flaͤchen über ein ganzes Gehdabe, 
ober über einzelne Theile deſſelben ich binnieht, ES iR als eine Bereinigung von 


—ãA 
g ken 


5 
Bess 


Ghasnawiden. 801 


te Engländer im letzten afghaniſchen Kriege beweist, Wegen der zahlreichen 
Irabftätten muhamedaniſcher Heiligen, die fi bier befinden, wird G. audy daß 
idiſche Medina genannt. Die Hindus in der Stadt unterhalten einigen Handel. 
Son der Glanzperiode der Stabt unter ben Ghasnawiden (f. d.) zeugen noch 
ir} Baudenkmale, 
badnamwiden, eine türkiſche Herricherfamilie zu Ghasna (f. d.), deren 
runder Abufafeen, ein Bornehmer aus Bokhara (f. d.) war, ver, weil 
e den Samaniden Munfur nicht anerfennen wollte, von dort 960 mit 700 
keitern floh, Ghasna eroberte u. daſelbſt ala Für anerkannt wurde. Gr farb 
276; fein Sohn Iſaak, ein ſchwacher Fuͤrſt, überlebte ihn nur kurze Zelt, 
yorauf 977 das Boll den Subuktadſchen zum Zürflen wählte, Diefer, ein 
Sklave Abuſtakeens, hatte fi) durch Berftand u. Tapferkeit feines Herın Ber 
rauen erworben u. war defien Schwiegerfohn geworben. Zuesft zog er nad) In⸗ 
ten, fchlug mehre Radſchas, zwang fie, den Islam anzunehmen und eroberte 
ehre Städte. 933 beflegte er mit dem Samaniden Ruh den Abu⸗Ali, Statt: 
‚alter von Khorafan, und wurde mit Khorafan belehnt. Bei feinem Tode 997 
eftimmte er, mit der Vlebergehung feines älteren Sohnes, den jüngeren Jomael 
u feinem Nachfolger; allein jener, Mahmud, ein reiigionds, ruhm⸗, prachts, 
unſt⸗ und wiflenichaftsliebender Mann, ſchon vorher Statthalter von Rifabur, 
ilte nad) Ghasna, ſchlug den Jomael u. ſetzie ſich ſelbſt auf den Thron. Er flürzte 
ann die Samaniven und bemäcdhtigte $ aller Ländereien derfelben. In dem 
Streite der Khalifen von Bagdad u. der ägyptiſchen Khalifen erklärte er ſich für 
te erfleren und erhielt dafür den Titel Sultan. Run wendete er fich gegen 
Indien; 1000—1003 fämpfte er glüel gegen Dſchepal u. defien Sohn Anund⸗ 
al, mußte aber vie errungenen ortheile wieder aufgeben ‚um bie Einfälle des 
Lataren JIlidſch⸗Khan, feines Schwiegervaters, zuruͤckzuſchlagen; 1004 übers 
vand er denfelben bet Balth u. von 1009— 1018 hatte er fortwährende Kriege 
n Indien; damals eroberte er Kaſchmir, Lahore u, andere Staaten von Hindo⸗ 
tan. Die folgenden Jahre verwendete er auf die Berfhönerung Ghasna's, bis 
r 1022 einen neuen, aber vergeblicdyen Feldzug gegen den Radſchah Runda von 
dalindſchur machte. 1024 309 er gegen Guzurate; auf diefem Zuge nahm er 
te Feſtung Somnauth. Nach einigen Stegen über die indiſchen Jatten u. die 
Seldſchuken eroberte er noch Irak. Als er 1028 farb, waren die Graͤnzen 
eine® Reiches im Weften Georgien u. Bagdad, im Norden Bokhara u. Kaſchgar, 
m Oſten u. Süden Bengalen, Dekan u. das indiſche Meer. Nah Mahmuds 
Billen follte von feinen Söhnen Mahmud Sultan, u. Maffud Herr von Iraf 
verden; allein af 308 gegen feinen Bruder, fing ihn, ließ ihm die Augen 
rusſtechen u. ſetzte auf den Thron. Er eroberte 1031 Kutſch u. Mekran u. 
vurde fo. Herr von faſt ganz Berfien; aber, von den Seldſchuken in Khorafan an- 
jegriffen, warb er 1039 geichlagen u. verlor diefe Provinz an dieſelben. 1040 
machte er einen Zug nad) Indien, aber bei ver wachſenden Madıt der Selds 
chuken verließen ihn die Seinigen und riefen Mahmud, den Maſſud mit ſich 
jenommn atte, und Mahmuds Sohn Adymed, der für feinen geblendeten 
ater dad Regiment führte, zum Gultane aus und dieſer ermordete 1041 den 
Maffud im Gefängniffe Gegen Mahmud zog Maffuds Sohn, Madud, der 
enen beflegte und nebſt deſſen Söhnen (bis auf Abder⸗Rahim) umbringen ließ. 
Madud verlor alle Befigungen in Berflen an die Seldſchuken u. konnte nur die 
n Indien erhalten. Er farb 1049; feinen unwürdigen Sohn Maſſud übergingen 
die Emire und festen Maduds Bruder Alt auf den Thron; der aber warf im 
jelbigen Jahre Mahmuds Sohn Abdurraſchid vom Throne, welcher bis 1052 
regierte, wo er von feinem Günftlinge Thogrul ermordet wurde. Diefer, den 
Maſſuds Tochter Anca geheirathet hatte, um redhtliche Anfprüche auf den Thron 
zu haben, wurde wieder durch eine Empörung 1053 geRüntt, u. Maſſuds Sohn 
Farukzad zum Sultane ernannt; diefem folgte 1059 .\ein Brauner Surokin, Vs 
ziüditdy gegen die Gelpfchufen, machte er tu Iupien groe Erdeaumaen, St 
Pealemcyciopädie.. IV. QL 


‚800 . ———— 


ee: In Sing. —— —— 
Base in Bafliam (am, Afeferran, He — vo 
. —— — sBeterfie, e a Senf x. Ausländifhe & 


ders OD) 
Da a nn raus ten 
er! 

ber Baer 8 u den feneren gehhren: Ztmmtrnde, Gemärgellen, Du 

Fr — —— Ingwer, Er 1 
— a Se non, a Soc 6 na ift 

Mnmfen bie ———— ben — 
—“ — Ban gie mi — Rachtheile, Hi der Grau Pirhuer Getränk, 

6 an el, Wellen, H — — ar (aro- 
matici) thenfni uchtfnoten v 
aromaticus L. — auf den Moluften “ — AD ji a 
* gl de Jole de Bourbon u. in Cayenne 


San —— el u. enthalten ätherifches in fol 
Getuch 
ae — eg Beim — werden — 


aufgehängt, wobur die eigenthümliche braune — 
Er eingeft ——— ‚ober = Kunde — 
gtoͤßtentheils noch bai Room je B 
Dunfeler, Vorzüglich muß man Acht —— — 
—— von welchen on —— Del abgezogen iR = = — 
und ohne 
—*2 — 4) hollandiſche A * Peg ftä| 
jÖheren Preis haben; 2) die frangöfifchen Bourbonnelfen, bi 
magerer u, mehr graubtaun, als die: vorigen; 3) Eayennenelfen find den — 
bon ſeht aͤhnllch, nur gewöhnlich noch etwas Länger, — Das Nelfenöl (Olem 
caryophyllorum), wovon bie guten eirca 18 Proz. enthalten, kommt theils aus 
Dfundien welche Sorte fehr dunfelbraun — iſt, oder es wird im Eutcha 
deftillirt; durch mehrmaliges berbelliren fa ann es weiß dargeftellt mes “ 
geht diefe Farbe bei längerem Stehen wieder in braun über. Es 6 
jerudh u. Gefchmad der Selten in fehr hohem Grade, ift ſchwerer als 
u, Eanıt mit dem Nelfenftielöl, welches ſchwächer riecht u, ſchmeckt, vermi 
ver ann, Im Altona wird fehr viel davon vefillirt, 
gi er eine eigene Landſchaft im füpsflicen Brankreich, =: dem 
zit * aronie, durch die Rhone von Savoyen getrennt und oft ber Zan 
Apfel zwifchen beiven, jeht ein in drei Eantone getheiltes Arromi — des 
Ainevepartements, mit 6 [_J Meilen u. 22,000 Einwohnern. Darin di 
mige Hauptftadt, das alte Gesium, am Jura u. an der Schweigen, rän; 
3,500 Einwohnern, welche bedeutenden gende mit Käfe (die hier treffiich 55 le 
werden) Leder und Weinen treiben. Durch Boltaire, defien Landgut — 
G d.) zu ©. gehörte, wurde dem Gebiete, das außer der franzoͤſtſchen M 
Linie lag, gegen eine gewiſſe jährliche Äbgabe Zollfreiheit ausgewirkt und 
Uhrenfabrifatton fehr in Aufnahme gebracht. 
Ghafelen, f. Gafelen. 
Ghasna (Shaend), Hauptftabt eines volfreichen Diftriftes in dem labull⸗ 
{chen Theile von Afghaniftan, auf einer Anhöhe u. am Fluffe Dilen, dem Quel 
Hufe des Nilab. ier zieht Die große Hanbelöftraffe von Perfien über Hua 
a. Kabul nach Dftindien durch, die der Stadt, die gegen früher 86 beim 
tenb abgenommen hat, voch große RAU DR, San Grande Yu 


Gbasnawiden. 801 


die Engländer im lehten afghanii je beweist. jen der zahlreie 
Srabätten muhamedaniſcher Selen die fidh bier kn mid G. auch da 
indiſche Medina genannt. Die Hindus in der Stadt unterhalten einigen Handel. 
Bon der Glanzperiode der Stadt unter den Ghasnamiden (f. d.) zeugen noch 
TE abnawibenr eine ste Honſche ſonlle m &pasna d 
adnawiden, eine ti e tſcherfamilie asna (ſ. d.), deren 
Gründer Abuſta keen, ein Bornehmer 33 — . d.) war, vr, weil 
er den Samaniden Munfur nicht anerkennen wollte, von dort 960 mit 700 
Reitern floh, Ghasna eroberte u. daſelbſt als Yürk anerfannt wurde. Er flarb 
9765 fein Sohn Iſaak, ein ſchwacher Fuͤrſt, überlebte ihn mur kurze Zeit, 
worauf 977 das Volk den Su buktadſchen zum Fürſten wählte, Diefer, ein 
Sklave Wonftakeens, hatte ſich durch id u. Tapferkeit feines Hertn Ver⸗ 
trauen erworben u. war befien Schwiegerfohn geworben. Zuerk zog er nady In⸗ 
dien, ſchlug mehre Radſchas, zwang den Slim men und eroberte 
wmehre Städte. 933 beflegte er mit dem Samaniden Ruh den Abu⸗Ali, Statt 
jalter von Khorafan, und wurde mit Khorafan belehnt. Bel feinem Tode 997 
je er, mit der Mebergehung feines älteren Sohnes, den jüngeren Jomael 
zu feinem Ka iger; allein jener, Mahmud, ein religions⸗, rühm⸗, pradhts, 
Eunfs und wiffenidpaftöliebender Mann, ſchon vorher Statthalter von Kifabur, 
eilte nad) Ghasna, ſchlug den Jomael u. ſehie ſich ſeibſt auf den Thron, Er Rürzte 
dann die Samaniven und bemächtigte ich aller Zänderelen berfelben. In dem 
Streite der Khalifen von Bagdad u. der ägyptifchen Khalifen erklärte er ſich für 
die erfleren und erhielt dafür den Titel Sultan, Run wendete er fidy gegen 
Indien; 1000-1003 kämpfte er gi gegen Dſchepal u. defien Sohn Anund⸗ 
yal, mußte ber die errungenen ortheile wieder aufgeben, um die Einfälle des 
Fiidfch⸗ Khan, feines Schwiegervater, zurääufdplagen; 1004 übers 
wand er denfelben bei Ballh u. von 10091018 hatte er ende Kriege 
in Indien; damals eroberte er Kafdhuitr, Lahore u. andere jen von Hindos 
fan. Die folgenden Jahre verwendete er auf die Berfchönerung Ghasna’s, bis 
er 1022 einen neuen, aber vergeblichen Feldzug gegen den Radſchah Nunda von 
Kalindſchur machte. 1024 zog er gegen Buzurate; auf biefem Zuge nahm er 
die Feſtung Somnauth. Nach Sinigen Siegen über die indiſchen Jutten u. die 
Seldſchuken eroberte er noch Stat, Als er 1028 flarb, waren die Graͤnzen 
ſeines Reiches im Weſten Beorgien u. Bagdad, im Norden Bolyara u. Kaſchgar, 
Oſten u. Süden Dengalen, Dekan u, das indiſche Mer. Rah Mahmuds 
Willen folte von feinen Söhnen Mahmud Sultan, u. Maffud Herr von Irak 
werben; allein Mafjud zog gegen feinen Bruder, fing ihn, ließ ihm die Augen 
ausflechen u. feßte auf den Thron. Er eroberte 1031 Su Mekran u. 
wurde fo.Here von fait ganz Berfien; aber, von den Seldſchulen in Khorafan an- 
gegeiffen, ward er 1039 geſchlagen u. verlor diefe Provinz an biefelber. 1040 
machte er einen Zug nady Indien, aber bei der wachjenden Macht der Seld⸗ 
ſchuien verliegen ihn die Seinigen und riefen Mahmud, den Mafud mit fich 
nommen hatte, und Mahmuds Sohn Achmed, der für feinen geblendeten 
jater das Regiment führte, zum Gultane aus und biefer ermorbete 1041 den 
Maffud Im Gefängnifie. Gegen Mahmud zog Maſſuds Sohn, Madud, der 
jenen beflegte und nebR deſſen Söhnen (bls auf Abder-Rahim) umbringen ließ. 
Madud verlor alle Befigungen in Perfien an die Seldſchuken u. fonnte nur die 
in Indien erhalten. Cr Rarb 1049; feinen unwürbigen Sohn Maſſud übergingen 
die Emire und fehten Maduds Bruder Ali auf den Thron; der aber warf im 
ſelbigen Jahre Mahmuds Sohn Abdurtaſchid vom Throne, welcher bis 1052 
zegierte, wo er von feinem Günflinge Thogrul ermordet wurde. “Diefer, den 
Maffuds Tochter Anca geheirathet Hatte, um rechtliche Anfprüche auf den 
zu haben, wurde wieder durdy eine Empörung 1053 geflürzt, u. Mafjude Sohn 
Farufjad zum Sultane ernannt; biefem folgte 1059.feın Brurer Norton. Vs 
giädiiy gegen die Selbſchuten, machte ex tu Iuplen große Urdoerungeay St 
Beeieaepeiopädle.. IV. . a 


gieich tarb 1560 zu 
ai a, oder we ann; 2 * —— Beige 
mriſtet aus Vantua, lebte als jere Zeit 

fi dann nach Englanı 2 die Königin feine Sale Sin 
aralt anertannte, Bel’ber Belagerung J 
ward‘ er von der Königin auf 

sing man fm mehre feiner Borjcpläge nicht ein, dagegen gelang es ihm, bie von 
den Gpaniern.über die Scheide Hi durch 


verlor, der audy feine (Ent! —X Geranlaptı, Rahvem num 
einen J be⸗ 
ed Ber —— 
gebra 
& nad — * —6 ua, nadoen a vo Bi 


hate, an deſſen 
Berfgierene feiner © 16) Yorjanen. che Open 
* — GE pe a —— feine Mofepmörug 


u, einige Vertheidi, 
Slanı oner Küche, —— iR He den Auuen cin Chad 
name für alle Nichim 
Gibbon, Eoward, berühmter engliſcher 8. Nam 
gu Putney in der Orafıhaft Sury geboren. —S und fränfih vo 
Geburt aus, konnte fein Leben nur dinch die zartefte Pflege feiner Tante, 
tina Borten, weldye ihre ganze Liebe, da fie ehelos Bılch, dem Kinde 
nach 2 Jahr in — — —— 
na ren fentliche ul zu Kint 
feiner Mutter rief ihn wieder nach geufe, und der las der 1ilährige Knabe wit 
feiner Tante ſchon Pope's Homer, Drydens Birgil und en ð Den — 
her — und Reifebefchreiber. 17. being a bie 
auch diefe Siudienzeit wurde durch mann! —* Fe ef nk unterbros 
gm und auch die Bäder von Bath brachten Ei das 16. Le⸗ 
Er voll umberbare 9 —A— vun ci — fi ie Sue 
'atur; neu verjängt und UNE, RR 
1732 al6 Glient cuf vr Va ie a —— —— 


U 


AH 


— 

wurch planloſes und unterhalten Beftäre viele eit 

von nun an —— damals in nem * — * 

ichte⸗ Anem auffrebenben on 
e augen, re been ie —— 












** 
wieder das heilige Abendmahl ® 
en, daß er —A 27 —— * 
chen Gtaffifer in chronologiſcher Ordn 


ber ———æãâ— une lie ben, En 
on Gomere tab * dann 


Dem che feines 
er fi mit Natur 8 3 t, es ber N Ratt 
Beet chE 
r en. e e 
ibm Pascald PBrovinzialbriefe und de la Bletterte Leben Mit Erevier, 








dem Rollind an der Untverfität 6, 8 ürich, Mat 
——— — ei 
— er von erwar 
1758 erhielt er von feinem Vater endlich bie Cianbag, ua 5f ee er Babans 
Berfudye einer — * als 


land Die 
—* —ã— a em 7 © * — ande oder im Juriſtencollegium 
blieben ohne Erfolg. fab ſich auf feine literariſchen Arbeiten befchränft, welche 
er theils auf Buriton, dem Landgute feines natere theils in London betrieb, 
au e me m Styls las ab bie wifts 
Seine lit Arbeit“ N ndhen 
Bu edlen 1 Tu sur Iätude 


und jo ) 
des 7 Krieges. Jedoch bereute er fpäter di ifobe in feinem Lehe 
Ka da = rede art rungen über ——— Fr 1 befontere ihr se 


Natlonaleigenthumlichkeit einzufammeln hier viele Gelegenheit fand. WBährenb Dies 
Kreuzüge entwarf er für die Zukunft fchriftftellerifche Blanez 
bald war es Karis VII. Zug aus Prankreicdh nady Stalien, bald @efdhidhte der 
erfreiheit ober 3 Jahrhunderte der Famllie Mevicie, bie — ver (a 
zen Bringen, bald bie Biographie von Walther Raledigh u. 
er 1763 eine je nach Paris unternom: 
u. a. Gelehrten Belanntfdpaft machte, ging ex über Saufanne nach Fallen Se wer 
am 15 Oct. 1764, da faß er im der ewigen 
tols und hörte im jen Tempel Zupkter, { 
Taner, die Vesper fingen. Da entfland zuerſt in ihm ber Gedanfe, wie © 
bes Berfalles tmd Untergangs biefer eink fo mächtigen Gtabt zu fchreiben. 
die Helmath; zurüdigefch 
en inar, in Berbindung um 
f heraus unter dem Titel: mömoires literaires de ia Grand-) & 
en jedoch nur 2 Boe. davon; anonym erfchlen in engliſcher N 
critical observalions on the design of the sixih book of the Acneld. 2onb. 1770, 
en Warburtond Hypotheſe in dem berühmten Werke „vie göttliche Genbun. 
." Heyne nannte den unbefannten ‚Werfafler dootus — 
tanaus. Der Tod feines Baters (1770) u. Die geringe Crbſchaft, da Ihm nur das Gut 
Burkon geblieben Ioaz, fparnte eabild fen tetß. 1772 begann er tn Sonden 
ernſtlich die Ausarbeitung des erſten Bandes feines unſterbl Wertes. Bin 
nen wenigen Tagen war bie erfie sergrifleng eine 2. unb 8. Twinte Tann 
die nen befriedigen: fo fr ward bie Arbeit begrüßt und erhielt and 
den Beifall von Robertfon und Hume. Leider waren die 2 Iehten Capitel, 
die Ausbreitung der chriſilichen Religion behandelten, ziemlich ſcharf und befaw 
gen abgefaßt und riefen nicht mit Unrecht heftige Pamphlete und Widerlegunge 
von 1777 — 79 etwa 40 vergl. Schriften) hervor. Dagegen ſchrieb er vindi- 
cations of some passages in ino XV. and XVI. chapter of the history of tie 
decline eto. ®ond. 1779. In demfelben Jahre erhielt er durch die Begün, 
des Lord North die Stelle eines Beifiperd bei der Deputation des Hanveld 
einer Befoldung von 700 Pf. Sterl, weldye er aber nady 3 Jahren durch Huf 
hebung biefe® ganıen Departements wieder verlor. Das bewog ihn 1783 m 
felnem $reunde Deyverbun nad) Lauſanne fidy überzuſiedeln und an den fchöne 
Ufern des Genferfees feine hiſtoriſchen Forſchungen fortzufegen. Der 4. Bm 
ward tm Juni {784 beendet und das ganze Werf mit dem 6. Bande am 27. Sant 
1787 geſchloſſen. Er begab fidy zur Beforgung des Drudes ſelbſt nach England, 
und an feinem 51. Geburtstage, 8. Mal 1788, hatte er die Bei ung, dei 
Werk auch im Drude fertig zu fehen. Bei feiner Rüdkehr nad) Laufanne fand 
ex feinen Sreund Deyverbun dem Tode nahe. Dem Wunfche des Sterbenden zu 
entfprecben, bezog er nad) defien erfolgtem Ableben das zandgut und vergütete 
diefen Genuß durch eine Entfhädigung an die Verwandten. Hmutherel be 
Hagte er num feine einfame Stellung in der Welt und begann im 52. Lebens⸗ 
jahre, fein eigener Biograph zu werben. Wein bald genügte Ihm dieſe Arbeit 
nicht. Der Ausbruch der franzöfiichen Revolution und ber Tob eine® andern 
Freundes, Namens Gevery, ſowie ber ausgeſprochene Wunſch des Lord Cheffich, 
der feine Gattin verloren hatte, dieſen Werluft ihm durch feine Gegenwart zu ers 
fegen, beftimmte ihn endlich, obwohl er am Podagra litt, Laufanne im Mai 1793 
auf immer zu verlafien. Rur turıe Zeit weilte er im Baterlande, fo führte ein, 
viele Jahre verheiralichter, Wafervudy \einn Sr Tee, Iso iur Vanliapı 


5 
a 
ir 
i 


Hi} 


Gibeon — Gibraltar. gor 


] 

Dperation verfchied er an einem heftigen Magenäbel 16, Januar 1794. ©. 
ſelbſt charakterifirt in feinem Tagebudye vom Jahre 1760 feine Talente fo: „Wi 
babe idy nicht. Meine Einbilvdungsfraft ift mehr flark, als freundlich, mein Ge⸗ 
daächtniß ſowohl viel umfufiend, als treu. Die glänzenden Eigenichaften meines 
Berftandes find: Fähigkeit, fich weit auszubehnen, u. Scharfblid; aber es fehlt 
mir an Schnelligkeit, wie an Pünltlichkeit.“ Sein berühmtes Geſchichtowerk reicht 
yon Trajın bis zum Jahre 1453 u. iR dad Erzeugniß gelehrter, vielumfafiender 
Forſchung, jedoch nicht ohne Kinfettigkeit, wie brfonder6 das 15. und 16. Kapitel 
des 1. Bud s von der Berbreitung der chriflichen Religion fattfam beweiſen. 
Eein Streben, neue Entbedungen im Gebiete der Forſchung und eigenthümliche 
Anfichten geltend zu machen, bat ihn gu manchen Mißgriffen verleitet, dagegen 
wurde die genauere Kenntniß des Mittelalters weſentlich durch ihn begrünver u. 
befördert. Die Darſtellung ik ungemein anziehend und reich an überraſchenden 
Wendungen; die Anordnung ſehr forgfam . gehalten, wenn gleidy nidyt frei von 
Künſtelel; die Sprache üppig und oft epigrammatifirend; einzelne Schilderungen 
erheben ſich durch malertiche Fülle nich felten zu künſtleriſcher Vollendung. Kurz, 
diefe Geſchichte über den Verfall und Untergang des römifcdhen Reiches gebört 
zu den vollwidhtigen Dericherungen ber gefammten hiforifchen Literatur. ine 
gelungne deutfche Ueberſetzung lieferte Sporfchil. | Cm. 

Gibeon, 1) anfehnlidye kanaanitiſche Stadt, 40 — 30 Gtadien von Jeru⸗ 
falem, welche mit Beeroth, Kephira und Kariathiarim eine Urt Feeiſtaat bildete, 
der von Weltelen oder Oberſten der Gemeinde verwaltet wurde. ©. ergab fidy 
nach dem wunderbaren Siege Joſua's (Jof.9, 11. 15) freiwillig den Zeraeliten, 
wurde bei der Landeövertheilung dem Stamme Benjamin augewteien, von diefem 
aber an die Leviten abgetreten. Dort war der Kampf der 24 Helden gegen eins 
ander, daher jener Ort der Helvdenader zu ©. heißt (2. Kön. 2, 12—16.). Hier 
tödtete Abner den Afael und hatte dann gleiches Loos von Joab; auch befand 
fi dortſelbſt einige Jahre lange die Stiftöhätte Als König Salomon, um zu 
opfern, dahin reiste, erfchien ihm dafelbft der Herr im Traume. An der Stelle, 
wo ©. war, fteht jetzt auf einer Höhe das Dorf el Dſchib mit mafienhaften Rui⸗ 
nen. — 2) ©., eine Stadt im Stamme Benjamin, 20 — 30 Gtadien nörolidy 
von Serufalem, daher auch G.-Benjamin genannt, fowie G.Sauls, weil 
dieſer daſelbſt geboren war und audy feinen Sig dort aufgefchlag n hatte. Auch 
Sauld Kinder und Enkel wohnten dafelbf. Dort geſchah die fchauervolle Mißs 
bandelung der Frau eines Leviten (Richt. 19, 10. 14. 15. 22. u. f. — 20, 4. 5.), 
Der die Zerflörung der Stadt und die Wusrottung der Enwohner, fowie ver Ben 
jamiten überhaupt folgte. Daber wird audy G. als Bild der fchreiennften Süns 
ben gebraucht (Hofeas 9, 9, 10. 9... ©. wurde jedoch bald wieder aufgebaut; 
denn dort lagerten Saul und Jonathas den Phrliftern gegenüber und lepterer 
fiegte dann über fle, fowie fpäter auch David. König Afa befefttgte nachher dieſe 
Stadt. Bon den Einwohnern G.s fchrten 621 Mann aus der © fangenfhaft 
zurüd. An der Stelle, wo das alte ©. fland, iſt jezt das Dorf Dſcheba, 24 
Stunden nordöſtlich von Jeruſalem, fünmwehlid von Machmas, von wo man eine 
umfafl nde Ausficht auf den Jordan hat. 

Gibraltar. Durch einen niedrigen, 14,500 %. langen und 4500 %. breiten 
Ifihmus vom iberiſchen Hochlande getrennt, erhebt fih am Südende des Con⸗ 
tinents von Europa, im fpanifchen Köntgreiche Andaluflen, unter 36° 9° noͤrdl. 
Br. u. 7° Al’ 2° weft. 8., am Ofteingange der gleichnamigen Meerenge, ein 
7 Meilen im Umfange haltendes Felfengebirge, der Berg Kalpe, eine der Säu- 
ten des Herkules, felt den erſten Eroberungen der Mauren in Spanien, que 
Dedung ihres Ueberganges über die Etraße, welche Eurova von Wfrifa trennt, 
befeftligt durch den Heerführer Tarif Ibn Zarka im Jahre 725 nad) Chr. — G., 
von da an Dſchebel Tarif genannt, d. h. Taril's Berg, woraus ©. entftand, 
ganz iſolirt als ein langer, fchmaler, fattelförmiger Rüden, der auf der Rordieite, 
gegen dad Eehland hin, im Rod Mortav. 1350" (engl, May), in ver Mite m . 


# 
Hi 
: 
Hi 
EM 
IK 


1 
H 
ER 

* 

up 
H 
B 


— 
33 

& 
hu 
‘h 


1 
3 
H 


FE 
rs 
u? 
{ 
2} 
Fi 
— 
3 


29 
sur 
an 
3 
A 
* 
nl 
=358 
= 
ä 
2 


25T 
: 
F 
i 


24 
i 
2 


EHI 
— 
Aue 
a 
At 
Hs 
hr 
4 


5 
Ä 
z 
8 
f 
! 
5 

E 


f 
FE 
33 
— 
Ey 
53 
u 


Sage 
xH 
Ep 

ale 
Hr 
HH 
i 
gi 


f 
ges —* — id), den Pi it Ueberfall ober 
Yemen a aaa mit — nnen Waſſer, in 
led vom an — u. filtrirte Re — —R5 wird, und 
Brummen mit füßem Waffer (Ar See 3 fhügen den Plah tm Wale dm 
y ——— 3 Stan. — 
m 


555 
Ir 
gs 

x 
! 


je zu mildern, theils, um einem den Feinde da 
— Anblid se Ede m A Kr Fe — Wichtigkeit ber 
‘ janne dadurch baf feita beherriät u 
bieelbe mit Säle ee — gas a gi Das 5 —S 
Gouverneur, ande 288 u —E fung. 
— Bot ny Pe der ſchi San mittel» bezieht ©. 
vom — Gebiete aus u. von 35 Pr namentlid, der 
Schleichhandel mit Spanien, iſt fehr bebentenb (jährliche Einfuhr etwa 24 MU. 
Bulden), u. die ehr bewegt fich auf 2200 jährlich ein, und auslaufenden 
Fahrzeugen, DI erhaltung der Feſtungswerke koſtet England jährlich 40,000 
. 6. ©. hat das wäre Klima in Europa, Die mittlere Temperatur 
jgt bier auf 18° 4°; die Sommermonate haben einen mittleren Thermometer 
fand von ka 7”, — hat 1 F — Allgemeinen iſt jedoch das Ktima 
eſund, nur hi elbe Sieber. Der Berg iR kein nadter 
Se, —E es m 3i0 ver v erleben —*8 — die dlora dleſes 
—*8 u F Culturgewaͤchſe des ſudlichen Europa gebeihen bier auf das 8 
pigſte. Als Merkwurdigkeit iſt noch anzuführen, daß der elfen 3 von ©. der ein 
Hol td don Garopa wo fi Ufen, vom Geſch 


PETER? ze zasss #3 ee 8 532 — 
JJ 
3 ⏑ — 
——— 
Sr oriergäges ii: RUHT 
J 
— e——— — 
J— 
* 8% = Eye 5 3 22 EE 2 > Era 7 zEd8 #7 
EHEN IRLHHER I E JJ 
— —ã— 5 — —— eeet 
Tr 2° ie SB A? I SE in EEE E33 
Kan AT ra 
iedal — BETH HTIeTE re 


810 Gichtel — Gibeon. 


beſtehen u. die Bewegung der Gelenke mehr u. mehr behindern. Die ©, ſchrei⸗ 
tet nun von Gelenk zu Gelenk, die einzelnen Anfälle find minder heftig, bauern 
aber weit länger, folgen fchneller auf einander, ja, wechſeln faſt gar nicht mit 
freien Zwifchenzelten — u. dieß nennt man chroniſche ©., die alsbald außer 
der, durch die G.⸗Knoten bedingten, Steifigkeit der Gelenke beveutende Gtörungen 
im Allgemeinbefinden nach fi zieht. — Wan bejeichnet die ©., je nach dem 
Sitze, den fie einnimmt, ale Bodagra, ©. in den Füßen; Chiragra, ©. in 
den Händen; Omagra, ©. in den Scuitern ıc. Manchmal befaͤllt wie ©, 
nicht die Gelenke, fondern andere Thelle des Körpers u. wird dann anomale, 
verftedte G. genannt; — fo befällt fie namentlich die Urinwerkzeuge, indem we 


überſchüſſtg erzeugten harnfauren Salze durch dieſe auögeleert werben follen; es ent 


fleht dann Sand u. Gries, der mit dem Urin unter mandherlei ſchmerzhaften 
Beichwerden abgeht, oder ed lömmt zu ſtärkerem Nieberfchlage in der Harnblafe 
u. es entſtiht ein Blaſen ſtein; oder die anomale ©. ergreift andere, felbft ebiere 
Organe u. es treten Gntzündungen der ergriffenen Theile, Schwindel, Augenlei⸗ 
den, Bruftbefchwerden, Magenkrampf ıc. auf. Schlimmer nody iR, wenn vie G. 
nachdem fie zuerſt äußere Theile ergriffen hatte, diefe plöglidh verläßt u. ſich auf 
innere wirft — anomale, berumfchweifende G. — Die ©. if ſtets fchwer 
heilbar, tritt leicht wieder auf und grfährdet das Leben theild durch ploͤtzliche 
Wanderungen, theils reibt fie langfam aufz am ſchwerſten heilbar iR die erbliche 
u, Inotige G. In Beziehung auf Behandelung muß vor Allem feſtgehalten wers 
den, daß der einzelne G.⸗Anfall als kritiſch erfcheint, daher auf feine Weiſe in 
feiner Ausbildung geflört werden darf. In der anfaflöfreien Zelt empfehlen fidy 
für die an Gicht Leidenden der Gebrauch von Bädern, bloßen Waflerbävern oder 
Schwefels u. Soolen-Bävern, vor allen aber der Gebraudy der warmen flrffars 
men Heilquellen. E. Buchner. 
ihtel (Johann Georg), ein Myftifer des 17. Jahrhunderts, geboren 


zu Regensburg 14. März 1638, fchweifte fchon in feinem 12. Jahre oft Tage 


lange im Felde herum, „um“ — wie er fi) aus drückte — „mit Bott zu reden.® 
Nachdem er dad Grudium der Theologie, dem er ſich zu Straßburg widmete, 
mit dem der Rechte vertaufcht hatte, wurbe er Advokat in feiner Baterfapt, von 
wo er in der Folge nady Epeyer ging. Hier verfiel er theild in religiöfe, theils 
in politifche Schwärmeret u. wollte nady Indien reiien, um die dortigen ‚Heiden 
zu bekehren. Gr bielt fidy aber au Münden und Regenabur genen 10 Sabre 
lange auf u, wollte bei der Reichsverſammlung an einer Untverfaltirdyenverbefs 
ferung arbeiten. Weil man aber auf feine Träumereien nicht adhtete, fo fdhtapfte 
er die Obrigkeit und Geiſtlichkeit dermaſſen, daß man ihn auf 3 Monate gefan- 
gen feßte u. aus Regendburg verwis. Ebenſo wurde er in Holland zweimal 
gefünguh eingezogen, an den Pranger geftellt u. aus Zwoll u. Oberyſſel verbannt, 

un fchwärmte er in den Niederlanden berum und predigte befonder6 Die Entbalts 
ſamkeit in u. außer der Ehe und den Müßiggang. Er lebte zulsgt zu Amflerdam, 
arm, unbefannt u. veracdhtet, bis er 1710 farb. Sein getreuefter Anhäng-r wat 
ob. Wilhelm Uberfeld, ein ehemaliger Kaufmann zu Frankfurt a. M., der 
feine Sekte, die fogenannten Engelöbrüder, fortfebte, fo daß fie in manchen 
Gegenden bis heute noch nicht audgeftorben find. Bon feinen theologiſchen Send» 
fhreiden gab Arnold 1701 2 Binde u. 1703 nody 3 weitere heraus; 1722 ers 
ſchien ſodann die ganze Sammlung unter dem Titel »Theosophia praolica« ju 
Leyden. Bergl. Reinbeck, G.s Lebenslauf u. Lehren, Berlin 1732. 

Gideon oder Gedeon, Sohn des Joas, ein Manaffit und einer ber be- 
rühmteften Helden u. Richter der Siraeliten, wurde von Gott felbR durch einen 
Engel zum Netter vom Joche der Mapdianiten berufen. und durch denfelben in fets 
nem Vertrauen geftärkt (Richt. 6, 11—23.). Auf Befehl des Herm erbaute ©. 
Ihm einen Mitar und zerflörte den Altar und Hain des Baal, weßhalb er ven 
Ramen Jerobaal erhielt. Hierauf fammelte er feine Leute u. erhielt von Gott 
ba8 erbetene doppelte Wunverzeichen wit dem Lammfelle (6, 33—40.), Mit nur 


300 auserlefenen Mannern ſchlug er, mittelſt einer zeige aanaler Goties 

Rand, die abtreidien de —E unb machte dieſe wicher * 

raten —ãS——— — — Die 

ben Fürken Zebee ud Galmana und dann ——3 2 — 
om 


ı 


ner von Gofforh und von Phanuel, wie gedroht hatte. Die ihm um 
2 ſeine Kı angeitagene Röniäbnrltbe fl u, 
ah De von ben Felle erahnen, gofbenen 3 Tip aus 


* pie « rattertete), gersiß and der beken Mb verfertigen — Dane, 


die, von dem Gimpiwerfe eingefchloffene, drelecige Mauer- 
oberen Ahr laes Bumperhos fencnt 
A — an fm ara 
tiechiſcher Tempel l orſtelu en anf 0 
aufgehen. Die größten &.er nutiger Zeit Befinden fich wohl 
nämlid 108 Fuß Länge un 
der Höhe Gas Bild des Bere dari it 17 Buß. bo); das 
Becleı ui Batreefigenn von 12-15 Bu £ 


IH 


sg 
f 
z 
Ä 
* 


—F 
8 
Ra 


Hi 

: { 
| 

f 

) 

Ä 

T 

dr, 

Fat 


38 
ER 
f 


Bel EEE 
Kelten 
sttie: 
Ines 
— 

71 
Hirn 
ji 
ih 


N 
f 
i 


Reiten Felſen an 
1, 6 i Ludwig U vn , ® 
einen & Saale her Sankgrafn sem Three 
gm 11. Jahrhunderte, außzeichnet, der durch ‚einen kühnen Sprung 


f 


cn, und henberte binbusch han Gtacisge onen von den 


fe Burg gebaut u. 1003 dem damali 17] 
mit den Worten: „Dir gen ich dem Gtayn“ geihintt haben, Es ward dieſes 
Schloß bis 1474 Be Sehnen, von 108.40 Gr fen, bie.meifiend.hler u. abs 
wechſeind in Halle ‚ober M, rg ihren — 
loßruine im dayeriſchen Landgerichte Schehlig, drei Stunden von 

Bamberg, auf einem ziemlich hohen, aber nicht ſeht ſtellen Berge liegend. ® 

bie Bildhöfe von Bambı Aber hai —— Yen hr de en 
an fe von Bamber; hat m te ende 
der Brafen von ©, feinen Damen Ion diefen wurde 4) Karl Gottfrieb 
von G. 1680 von Kalfer Leopold Ein den Reichögrafenftand erhoben ‚ (aD... 
und erhielt 4699 „von Branbenburg:Kulmbadh. dis Ranverhuyct Ahr Sys 


Glätel = @ibeen. . j 


810 

beßshen u. bie Bewegung ber Betenfe —— — 3 | 

tet num von Gelenk zu Gelenk, bie en Unfälle find minder heftig 
aber weit länger, folgen ſchneller auf einander, ja, wech 
freien Sotfgennciten — u. dieß nennt man hroniſ 
der, Durch Die G.⸗Knoten bedingten, Steifigkeit der Gelenke bedeutende Gtörunge 
im Ä ih sicht. — Man bezeichnet bie ©. 





überſchüſſtg erzeugten harnſauten Salze durch Diele aus 
Befgmerben abgeht, oder +9 Kmmmt qu Rdıferem Sırder 
oder q 
u..c6 entſtiht ein Blaſen ſtein; ober bie anomale om 
Drgane u. e6 treten Entzündungen der ergriffenen Theile, 
ben, Bruſtbeſch Magenkrampf ıc. auf. Schlimmer 
nachdem fie zuerſt äußere Theile ergriffen hatte, dieſe plögt 
innere wirft — anomale, herumſchweifende &. — 
heilbar, tritt tea wieder auf und gefährdet das Le 
gen, theils zeibt fe langſam auf; am ſchwerſten 
u, Inotige &. In ung auf Behandelung muß vor 
den, daß ber einzelne G.⸗Anfall als kritiſch erfcheint daher auf E 
feiner Muebllbung geRört werben bar. „In der anfallsfreien Zelt empfehlen I) 
für die an Gicht Leidenden der Gebrauch von Bädern, bloßen Waſſerbädern ag 
Schweiet- be Soolen-Bävdern, vor. allen aber der Gebrauch der warmen 
men Heilquellen. 

Gichtel (Zohann Georg), ein Myfifer des 17. Sahrbunderts, 
zu Regeneburg 14. März 1638, ſchweifte ſchon tn feinem 12. Jahre oft 
lange im Felde herum, „um* — wie er ſich aus drückte — „mit Bott gu reben’ 
Nachdem er das Studium der Theologie, dem er fi) zu Straßburg woldmdı, 
mit dem der Rechte vertaufcht hatte, wurde er Advokat in feiner Baterkadt, von 
wo er in der Folge nady Speyer ging. Hier verfiel er theils in religtöfe, theilt 
in politiſche Schwärmerel u. wollte nach Indien reilen, um bie dortigen ‚Heiden 





37 






zu befihren. Er hielt fi aber au Münden und Regenäbung denen 10 ae | 
verjalfirdyen 


lange auf u, wollte bei der Reichsverſammlung an einer Un 
ferung arbeiten. Weil man aber auf feine Träumereien nicht achtete, fo fchimpfe 
er die Odrigkeit und Geiſtlichkeit dermaſſen, daß man ihn auf 3 Monate gefaw 
gen fegte u. aus Regensburg verwies. Ebenſo wurbe er in Holland zweimal 
efänglidy eingezogen, an den Pranger gefelt u. aus Zwoll u. Öberyfiel verbannt, 
un fchwärmte er in den Niederlanden berum und predigte beſonders die Entbalt 
famfelt in u. außer der Ehe und den Müßigaang. Er lebte zuletzt zu AUmfterdam, 
arm, unbefannt u. veradhtet, bis er 1710 flarb. Sein getreuefter Anhänge war 
Job. Wilhelm Uberfeld, ein ehemaliger Kaufmann zu Frankfurt a. M., ver 
feine Sekte, die fogenannten Engelöbrüder, fortfehte, fo daß fie in manchen 
Gegenden bis heute nody nicht audgeftorben find. Bon feinen theologifdyen Send 
fhreiben gab Arnold 1701 2 Binde u. 1703 noch 3 weitere heraus; 1722 er 
ſchien ſodann Die ganze Sammlung unter dem Titel »Theosophia practicas pu 
Leyden. Bergl. Reinbek, G.s Lebenslauf u. Lehren, Berlin 1732. 

Gideon oder Gedeon, Sohn des Joas, ein Manafft und einer der be 
rühmteften Helden u. Richter der Sifraeliten, wurde von Gott felbR burdy einen 
Engel zum Netter vom Joche der Madianiten berufen. und. durch denſelben in ſei⸗ 
nem Vertrauen geftärkt (Richt. 6, 11—23.). Auf Befehl des Herrn erbaute ©. 
Ihm einen Altar und zerflörte den Altar und Hain des Baal, webhalb er ven 
Ramen Jerobaal erhielt, Hierauf fammelte er feine Leute u. erhielt von Bolt 
bas erbetene doppelte Wunpergelägen alt arm Lamımlüle (6, 20). Mius 


Gift. 813 
1797 unternahm er die Redaktion der Zeitichrift » Tho Anti-Jacobin,e Die 
trefftiche U berfegung Juvenals erichien 1802, worauf er fidy mit ver 
ade von Maſſinger's Schaufpielen (1805) befchäftigte, denen fpäter die Werke. 
en Jonſon's (1816). Ford's u. Shirley's folgten. Bon 1809-24 rebigirte er 
da® „Quarterly Review.“ Rod hat man von ihm eine Ueberfepung ded Per 
flus. Er farb 1826 zu Pimlice bei London. 

Gift nennt man jene, im lebenden Körper fich nicht wieder erzengenben 
Stoffe, weldye, in verhättnigmäßig Heinen Baben in oder an den Körper gebracht, 
ohne fidhtbare mechaniſche Wirkung Geſundheit u. Leben befchädigen. ‘Der Bes 
griff ©. iſt im Allgemeinen ein fchwanfender, da es fein abfolutes ©. gibt, fon» 
dern diefelben Stoffe, welche der einen Thierclaſſe tödtlich find, auf eine andere 
ohne nadhtheilige Einwirfung bleiben; audy werden beim Menfcyen viefelben Stoffe, 
welche als die ftärkfien G.e wirken, in beftimmten Krankheiten in geböriger Form 
u. Gabe als Arzneimittel angewendet; ferner macht Gewöhnung audy die ſtaͤrk⸗ 
fin G.e unſchaͤdlich, während bei Idioſynkraſte ſelbſt mäßige Gaben von Arznei⸗ 
mitteln vergiftende und tödsliche Wirkungen hervorrufen können; endlich wirken 
mandye Stoffe nur auf beflimmte Syſteme u. Drgane des Körpers als G., w 
rend fie, mit andern in Berührung gebracht, ee bleiben. Man bat 
G.e verſchiedentlich eingetheilt: in naturhiftorifcher Beziehung im mineraltfche, ve 
getabilifche u. animalifhe; — nad) ihrer Wirkungsflelle am Körper: in innerliche 
u, äußerliches — nad) dem Wirkungszeltraume in fchnell u. langſam tödtende x. 
Am zweckmaͤßigſten ift die Eintheilung der G.e nach ihrer Wirkungsart; vielmehr, 
da diefe eigentlidy noch unerforfcht iſt, nach den finnlich wahrnehmbaren Erſchei⸗ 
nungen, welche fie im menfcplichen Körper bewirken, in fcharfe oder äbenve, in 
betäubende und in austrodnende G.e. Die fcharfen G.e bewirken fchon beim 
Berichlingen Brennen im Schlunde, dann heftigen, brennenden, reißenden Magen- 
ſchmerz, unſaͤgliche Angſt, unauslöſchbaren Durft, ſtetes Würgen, Zittern ver 
Glieder, Delirien, Ohn ten ꝛc.; unter Verluſt des Bewußtſeyns und gelinden 
Zudungen tritt nach 6—24 Stunden der Tod ein; bei geringerer Vergiftung treten 
die Zufälle minder h und langfamer auf u. werden erft nah 4— 9 Tagen 
töpelih. Die fcharfen &.e Rammen hauptfächlidd aus dem Wineralseiche; es 
gehören zu ihnen vor allem der Arſenik (ſ. d.), das heftige aller aͤgenden G.e, 
mit feinen verfchledenen Präparaten, zu denen wahrſcheinlich audy die Aqua to⸗ 
fana zu rechnen iſt; ferner dad Duedfilber, der Spießglanz, dad Kupfer, Gold, 
Silber, Wismuth, Chlor, Jod, Brom ıc. in verſchiedenen Kormen u. Berbinduns 

en, beſonders auch die Mineralfäuren: Schwefelfäure oder Bitriolöl, Salpeter⸗ 
Aute oder Scheidewaſſer, Pbosphorfäure ꝛc. Aus dem Pflanzenreiche gehören 
zu den äßenden G.en einige Säuren, weldye ähnlich ven alfäuren wirken, 
fo namentlich die Saueiklee⸗ und die Holieffigfäure; ferner einige Pflanzen, 
welche einen ſcharfen Stoff enthulten, fo die Wolfomilch, die Küchenſchelle, mehre 
Arten vom Habnenfuß, die Zeitlofe, die Zaunrübe, die Nießwurz, der Wunder 
baum, der Seidelbaſt ꝛc. Wus dem Thierreiche find zu Den fcharfen &.en zu 
zählen die fpanifchen Fliegen, der Maiwurm, der Skorpion und felbfi die Bienen 
und Weſpen. — Die betäubenden Gee wirken zunächſt auf das fenfible Sy⸗ 
ſtem; fle erzeugen Trunkenheit, Wildheit, fchrediiche Unruhe, Wahnſinn, Berbres 
"ben der Augen, Doppeltfehen, Mundſperre, Gonpulfionen, zuwellen auch Waffers 
Schwere u. Brennen im Magen, Erbrechen; meift folgt gänzlidhe Betäus 
bung, Bewußiloſtgkeit, apoplektiſcher Schlaf, u. unter unwilltürlichen Ausleerun⸗ 
en und Zudungen tritt der To» ein. Ale betäubenden ®.e fommen aus bem 
Whlanpenreiche; ed gehören hieher mehre Arten Schwämme, die Blaufäure 
(f. d.), das Bilfenkraut, der Schierling, die Wolfökiriche, der Kirfchlorbeer, ver 
Stehapfel, der Eifenhut, das Opium ıc. Die austrocknenden G.e wirken 
entweder durch nach u. nach beigebrachte Fleine Gaben u. veranlaflen dann 8 
ringe Verdauungsbeſchwerden, Magendrücken, Stuhlverhaltung, Ixadenkeis 
Bunde. ıc,, weiche Erſcheinungen anperen Urfachen yaqridgrienen warthen, WE Wr 





814 Giganten — Gigli. 


vollfommehe Bergiftung ſich kund gibt, ober fle werben In größerer Menge auf 
einmal beigebracht, und es entſteht Drüden im Magen, Magenkrampf, 

Kolik, große Angſt, Zudungen, Ohnmachten ꝛc. Der Unterleib iR mei gan 
nad) Innen gezogen, es tritt Lähmung ein und früher ober. fpäter der Tod. Hie 
ber gehört vor allen das Biel mit feinen Präparaten, aber audy- da® Zinf, te 
Alaun, die Schwererde ꝛc. Man ſpricht auch von Krankheitegiiten, indem man 
darunter die Anftedungefteffe verfteht, die aber eigentlich dem Begriffe G. nicht 
entfprechen . (f. Anftedung). od weniger gehören hieher die unaıhemraren 
Gasatten: Schwefeldämpfe, Kohlendämpfe ıc., welche auf die ihnen außgefehten 
Individuen einen ſchnell toͤdtlichen Ginfluß ausüben, der aber nicht in Bergif 
tung (f. d.), fondern in der Entziehung eines zur Forterhaltung des Lebens uw 
mistelbar nothwendigen Reizes, der athembaren, atmofphärtfchen Luft befleht.— - 
®egengifte nennt man jene Mittel, die den Wirkungen der G.e entgegenwir⸗ 
fen. Im Ulterthume gab man fidy viele Mühe, allgemeine Gegengifte zu ent 
decken, die vorzugsweife den Vergiftungen vorbeugen follten, zumeiſt aus Schweiß 
treibenden Mitteln beftanden und Alexipharmaca genannt wurden, fo der Mi 
tbridat, der TSherial (f. dd.) ıc. der Berfchiebenartigfeit der &.e kam 
es kein allgemeines Gegengift geben, fo wenig, als ein ber Vergiftung vorbeugen 
des Mittel; daher ſich denn audy die neuere Zeit nur mit Wuffindung ‚von Mit 
teln befchäftigte, die den bereits eintretenden Wirkungen der G.e entgegentretes 
follen, indem fle den Körper gegen vie Einwirkung des G.es fchühen, oder Das 
G. auf chemiſche Weife umändern u. unfyänltdy machen, oder endlich die bereit® einge 
tretenen fchänlidhen Wirkungen wieder aufheben. Go empfehlen fidy gegen We 
ſcharfen G.e einhüllende, ſchieimige, Ölige Mittel, fette Milch ıc., außerdem gegen 
ägende Metaligifte die Auflöfungen von Seife oder von Gchwefelleber 2c.; d 

en wider die betäubenden G.e die fchwädheren vegetabilifchen Säuren, €) 
—* Weine, Kaffee ıc., u. gegen die austrodnenden G.e einhuͤllende Mittel 
Derbinbung mit eröffnenden, ferner befonders das Opium x. — Val. I. 
Buchner, Toxikologie, 2. Aufl., Nürnberg 18275 Diſila allgemeine Toxikologie, 
4 Bände, Paris 1814, In drei verfchiedenen deutſchen Bearbeitungen erſchie⸗ 
nen ⁊c. E. Buchner. 

Giganten, nach der ariechifchen Mythologie tiefenhafte, den Gottern ver: 
haßte Ungeheuer von furcdhtbarer Kraft, welche da cf. d.), zümend auf Zeus, 
der ihre früheren Kinder, die Titanen, im Tartaros eingefchlofien hielt, erzeugte, 
n. die mit Feloblöcken und glühenden Eichenflämmen den Olymp flürmten. lin 
ter ihnen zeichneten fidy ‘Borphyrion u. Allyoncus aus, welche nicht getödtet wer 
den konnten, fo lange fie auf ihrem Geburtslande ſtriiten. Unter den Göttern 
ging ein Drafelfprudy, daß die ©. nicht eher vertilgt werden könnten, als bi6 
ein Eterbitcher mitftreiten würde. Da bertef Zeus durdy Athene feinen Sohn 
Herafied u. entzog der Gaͤa die Zauberfräuter, woburd fie ihre Söhne gegen 
tödtende Waffen fichern konnte, worauf ein furchtbarer Kampf begann. Nifyos 
neus fiel zuerft durch Herafles; den Porphyrion ſchleppte er über die Gränm 
ſeines Geburtslanded und tödtete ihn ebenfalld. Zeus Blitze und Herakles Ge 
Kaefi erlegten die übrigen. Auf den fliehenden Enkelados ſchleuderte Wibene die 

nfel Sıetlten, wo dann die Verſuche des Rieſen, ſich zu befreien, Erfchütterun 
en u, Flammenausbruͤche erzeugten; den Pallas fcalpirte fie u. bediente ſich der 
Haut als Schild. 

Gigli (Girolamo), italieniſcher Dichter, geboren zu Siena 1660, hieß ei⸗ 
gentlih Nency u. mar ein Sohn des Doktor Jcfıph Nenci, der ihm ein Vermögen 
von mehr als 40,000 Efudi hintertieß, die der Schn in Kurzem durchbrachte. 
Darauf nahm ihn ein Evelmann zu Siena, Namens Girolamo G., unter der Be 
dingung an Kinvesftatt an, daß er feinen Ramen führen ſollte. Gr ſtudirte es 
nige Zeit die Rechte, verwidelte fi) aber durch feine ſatyriſchen u. ſcherzhaften 
Dorfen in mancherlei Unannehmlichkeiten; er untırlag der Ueberzahl feiner 

— ass, bie er fo vielfach gegen ſich are hatte, (ia Rame wurde aus ber Li 


3 


3 


a. 


- wire et Ey 8. 


Er gonfon 


Gift. | 813 

1797 unternahm er die Redaktion der Zeitſchriſt »The Anti-Jacobin,«e Die 
teeffiiche 1 u 5 Juvenals erſchien 1802, worauf er ſich mit der Heraus⸗ 
Maffinger’8 Schaufpielen (1805) befchäftigte, deuen fpäter die Weile. 
8 (1816). Ford's u. Shirley's folgten. Bon 1809--24 rebigirte er 
„Quarterly Review.“ Rod hat man von ihm eine Ueberfegung des Ber 





ds, Er farb 1826 gu Dimlic bei London. - 


Gift nennt man jene, im lebenden Körper fidy nicht wieder erzeugenben 
„) Stoffe, —8 in verhaͤltnißmaͤßig kleinen Gaben in oder an den Körper gerad, 
2 Ohne fihtbare mechaniſche Wirkung Geſundheit u. Leben beſchädigen. 
reif ©. iR im Allgemeinen ein fchwantender, da es fein abfolutes ©. gibt, ſon⸗ 
dern diefelben Stoffe, weldye der einen Thierclaſſe wans find, auf eine andere 
ohne nachtheilige Einwirkung bleiben; auch werden beim Menſchen diefelben Stoffe, 
„. welche als die ſtärkſten G.e wirken, in beftimmten Krankheiten in gehöriger Form 
u. Gabe als Arzneimittel angewendet; ferner macht Bewöhnung auch die ſtaͤrk⸗ 
‚ Ren ©.e unſchaͤdlich, während bei Zara felbR mäßige Gaben von Arznei⸗ 
mitteln vergiftende und tödiliche Wirkungen hervorrufen konnen; endlich wirken 
manche Stoffe nur auf beſtimmte Syſteme u. Organe des Körpers als G., » 
rend fie, mit andern in Berührung —5 uni chaͤdlich bleiben. Man 
G.e verſchiedentlich ee: in naturb Mortfcher ung tr —*— 
getabiliſche u. antmaliſche; — nach * Wirkungoſtelle am Körper in inner 
. äußerlihe; — nad) dem ———— in ſchnell u. langſam —5* Mi 
Am wetmäßigiten if} die Eintheilung der G.e nach ihrer Wirkungsart; vielmehr, 
e eigentlich noch unerforfiht — den ſinnlich wahrnehmbaren Er 
nungen, welche fie im menſchlichen | bewirken, in fcharfe ober Abende, in 
betäubende und in austrocknende G.e. harfen ®.e bewirken ſchon beim 
Berfchlingen Brennen im Schlunde, dann * gen, brennenden, reißenden Magen⸗ 
fchmerz, unſaͤgliche Angſt, unauslöfchbaren ka ſtetes Würgen, Zittern ver 
— Delirlen, Ohnmachten ꝛc.; unter Verluſt des —— und gelinden 
en tritt nach 6—24 Stunden der Tod ein; bei ger er al Garen 
3 E# älle minder heftig ‚und langfamer auf u. werben gie nad 4— 
töntlih. Die fcharfen e Rommen befahl aus dem Mineralı ee 
gehören zu ihnen vor allem der Arſenik cf. d.), das heftigfle aller ägenden G.e, 
mit feinen berfchlevenen Präparaten, zu denen wahrſcheinlich auch die Aqua v 
fana zu rechnen iſt; ferner das Quedfilber, der Spießglanz, das Kupfer, Gold, 
Silber, Wisſsmuth, Ehlor, Jod, Brom ıc. in verſchiedenen Formen u. erbinduns 
en, beſonders auch die Mineralfäuren: Schwefelfäure oder Bitriolöl, Salpeter⸗ 
Aue oder Scheldewafler, Phosphorfäure ıc. Aus dem P reihe gehören 
zu den äbenden ®.en einige Säuren, welche ähnlich den alfäuren wirken, 
fo namentlich die Saul lees und die Holieffigfäure; ferner einige Pflanzen, 
welche einen fcharfen Stoff enthalten, fo die Wolfomilch, Die Rüchenfebehe, mehre 
Arten vom Hahnenfuß, die Zeitlofe, die Zaunruͤbe, Die — — der Wunder⸗ 
baum, der Seidelbaſt ꝛc. AMAus dem Thierreiche ſind zu Den ſcharfen G.en zu 
zählen | die ſpaniſchen Fliegen, der Maiwurm, der Eforpion und felbft die Bienen 
und Weſpen. — Die betäubenden G.e wirken zunächſt auf das fenfible Sy⸗ 





mE 





gem: ; fle erzeugen Trunkenheit, Wildheit, fchrediiche Unruhe, Wahnſinn, Verdre⸗ 
"ben d 


er augen, Doppeltfehen, Dunpfperre, Gonsulfionen, zuweilen auch Waſſer⸗ 
ſcheu, Schwere u. Brennen im Magen, Erbrechen; meift folgt gänzliche Betaͤn⸗ 
bung, Bewußiloſigkeit, apoplektiſcher Schlaf, u. unter unwillfürlichen Ausleerun⸗ 
gen und Sudungen tritt der Tod ein. Wie betäubenvden G.e kommen aus dem 
Pflanzenreiche; es gehören hieher mehre Arten Schwämme, die Blaufäure 
d d.), das Bilfenfraut, der Schierling, die Wolfökiriche, der Kirfchlorbeer, ver 
techapfel, der Eifenhut, da6 Opium 20. Die austrodnenden G.e wirken 
entweder durdy nad) u. nach beigebrachte Heine Gaben u. veranlaflen dann J 
ringe Verdauungsbeſchwerden, Magendrüͤcken, Stuhlderhaltung, an 
Wine 26, melde Erſcheinnugen anderen Urladyen vν arkven, 





814 Giganten — Gigli. 


vollkommene Vergiftung ſich kund gibt, ober fie werben in größerer Menge auf 
einmal beigebracht, und es entſteht Drüden im Magen, Magenkrampf, —* 
Kolik, große Angſt, Zuckungen, Ohnmachten ꝛc. Der Unterleib iſt meiſt 

nach Innen gezogen, es tritt Laͤhmung ein und früher ober. fpäter ber Tod. 

ber gehört: vor allen dad Blet mit feinen Präparaten, aber audy- das Zink, te 
Alaun, die Gchwererde ıc. Man fpriht audy von Krantheitegiiten, indem man 
darunter die Anſteckungoſtoffe verſteht, die aber eigentlich dem Begriffe G. nick 
entſprechen (f. An ſteckung). Noch weniger gehören bieher die unahemtare 
Gasarten: Schwefeldämpfe, Kohlendaͤmpfe ıc., welche auf bie Ihnen außgefehter 
Individuen einen ſchnell toͤdtlichen Einfluß ausüben, der aber nicht in Bergif 
tung (f. d.), fondern in der Entziehung eines zur Korterhaltung des Lebens zw 
mittelbar nothiwendigen Reizes, der athembaren, atmofphärtfchen Luft beſteht. — 


Begengifte nennt man jene Mittel, die den Wirkungen ber G.e entgegenwir 


fen. Im Wterihbume gab man fidy viele Mühe, allgemeine Gegengifte zu’ ent 
decken, die vorzugsweife den Vergiftungen vorbeugen foliten, zumeiſt aus Schweiß 
treibenden Miiteln beftanden und Aloxipharmaca genannt wurden, fo der Mi 
tbridat, der Thertaf (f. dd.) ıc. der Berfcdhiedenartigfeit der G.e lam 
es kein allgemeined Gegengift geben, fo wenig, als ein: der Beraiftung vorbeugen 
des Mittel; daher fidy denn auch die neuere Zeit nur mit Auffindung von Bit 
teln befchäftigte, Die ben bereitö eintretenden Wirkungen ber G.e entgegentreten 
follen, indem fie den Körper gegen die Einwirkung des G.es fchügen, oder bei 
©. auf chemiſche Weife umändern u. unſchaͤrllch machen, oder endlich die bereits einge 
tretenen fchänlichen Wirkungen wieder aufheben. Go empfehlen ſich gegen dk 

charfen G.e einhüllende, fchleimige, ölige Mittel, fette Milch ıc., außerdem gegen 

de Metallgifte die. Auflöfungen von Geife oder von Gchwefelleber 1c. 5 

en wider die betäubenden G.e die ſchwächeren vegetabilifchen Säuren, ei, 
aure Weine, Kaffee xc., u. gegen bie austrodnenvden G.e einhüllende Brittel 
Derbinbung mit eröffnenden, er befonders das Opium 10. — Val. J. I 
Buchner, Toxikologie, 2. Aufl., Nürnberg 18275 Diſila allgemeine Toxikologie, 
4 Bände, Paris 1814, in drei verfchiedenen deutſchen Bearbeitungen erſchie⸗ 
nen ⁊c. Ä E. Buchner. 

Giganten, nach der griechiſchen Mythologie riefenhafte, ven Göttern ver 
haßte Ungeheuer von furdhtbarer Kraft, welche Bäa (f. d.), zümend auf Zeus, 
der ihre früheren Kınder, die Titanen, tm Tartaros eingeſchloſſen hielt, erzeugte, 
n. die mit Feloblöcken und glühenden Eichenftaͤmmen den Olymp ſtürmten. ln: 
ter ihnen zeichneten fidh ‘Borpbyrion u. Allyoneus aus, welche nidyt getöntet wer 
den konnten, fo lange fie auf ihrem Geburtslande ftrliten. ‚Unter den @öttern 
ping ein Drafelfprudy, daß die G. nicht eher vertilgt werden fönnten, ats bis 
ein Eterblicher mitftreiten würde. Da berief Zeus durch Athene feinen Sohn 

rakles u. entzog ber Gaͤa die Zauberfräuter, wodurch fie ihre Söhne gegen 
tödtende Waffen fihern Tonnte, worauf ein furchtbarer Kampf begann. Nifge 
neus fiel zuerſt durch Herakles; din Porphyrion ſchleppte er über Die Gränm 
feine® Geburtolandes und tödtete ihn ebenfalls. Zeus Blige und Herakles Ge 
hoffe erlegten die übrigen. Auf den fliehenden Enkelados ſchleuderte Athene die 
nfel Sıcılten, wo dann die Verſuche des Riefen, ſich zu befreien, Erfchütterun 
en u. Be auobrüche erzeugten; den Pallas fcalpirte fie u. bediente fidh ber 
ut ale d. 

Gigli (Girolamo), italieniſcher Dichter, geboren zu Siena 1660, hieß ei⸗ 
gentlih Rency u. war ein Sohn des Doktor Jeſcph Nenct, der Ihm ein Vermögen 
von mehr ald 40,000 Efudi hinterließ, die der Schn in Kurzem durchbrachte. 
Darauf nahm Ihn ein Edelmann zu Eiena, Namens Girolamo G., unter der Br 
dingung an Kinvesftatt an, daß er feinen Ramen führen ſollte. Er ſtudirte ei⸗ 
nige Zeit die Rechte, verwidelte fidy aber durch feine fatyrifchen m. fdherzhaften 
Doeften in mancherlei Unannehmlichkeiten; er untırlag der Ueberzahl feiner 
ner, bie er fo vielſach gegen fd) arten haste, (du Rame wurde aus ber 


Gübert- Gl 9 Zarate. 815 


der Profefioren von Siena u. der Mitgliener der Akademie der Erudca geftrichen, 
er felbft aus feiner Vaterſtadt verwiefen u. in Rom zum Widerrufe gezwungen. 
Der gehiftete Widerruf erwirkte ihm zwar die Erlaubniß der Ruͤdkehr nach Elena; 
allein feine dur Berfchwendung zernütteten Bermögensumflände, häuslicher Ver⸗ 
druß u. Kränkitchleit bewogen ikn, wieder nach Rom zu gehen, wo er 1722 in 
größter Armuth ſtarb. Eeine Schriften, namentlich Eatyren und dramatiſche 
tüde, z. DB. Santa Geneviefla; Giuditta; II Martirio di S. Adriano, Ludovico 
pio u. A., fowte eine Abhandelung über die Reinigfett der tookaniſchen Eprache, 
zeugen namentlid audy von auögebreiteten biftorifchen Kenntniffen und wurden 
deshalb, trotz der beftigfen Angriffe, doch feiner Zeit von Vielen gerne gelefen und 
—* ef 6 gefucht. Vergleiche Vita di Gir. Gigli, scritta do Oresb. Agrico, 
ren . 

Gübert, 1) Gabriel, franzöflfcher dramatifcher Dichter aus der Mitte 
des 17. Zahıhundertö, war Gecretär der Herzogin von Roban, dann R:fldent 
der Königin Chriſtine von Schweren am franzöflfchen Hofe. Er hat, neben einer 
Uerberſezung von SU Pfalmen, 15 durdy fchöne Stillen ausgezeichnete Theaters 
Rüde und das Lehrgedicht Art de plaire hinterlafien. — 2) G. (Nilolaus Jos 
ſeph Laurent), geboren 1751 bei Remiremont, Sohn eines armen Landmanng, 
kam nad Paris, um ſich bier einen Ramen zu machen. Im Jahre 1772 bewurb er 
fid) um den Preis der Afademie durch »Le Poöte malheureux,s 1773 durdy bie 
Ode: »Le lugement dernier.s Treffliche Satyren von ihm find: »Le 18idme 
siecles u. »Mun Apologıes (1778). Eın Fall vom Pferde zerrüttete ihm fein Ge⸗ 
hirn. Er ſtaub 17V. Ausgabe feiner Werke von Nodier (Bar. 1825). — 3) ©. 
(Ludwig Wilhelm), geboren 1769, 1795 Profeſſor der Mathematik u. Phyſik 
zu Halle u. Obfernator an der Sternwarte, 1798 Prof ffor der Phyſik u. Chemie, 
4811 Profeſſor der Phyſik und Chemie zu Leipzig, Rarb daſelbſt 1824. Er redi⸗ 

iste feit 1798 die Annalen dır Phyſik bie 1824, 76 Bände; außerdem gab er 

aus: Handbuch für Reiſende durch Deutihland (Lpz. 1791 u. 95, 3 Bände, 
— die Geometrie nach Legendre, Simpſon ⁊c. und den Alten (Halle 
1798) u. m.. 

Siide, f. Innung u. Zunft. 

Gillies (John), gelehrier fchottifcher Befchichtefchreiber, geboren 1747 zu 
Brechin (Forfar), empfing feine Bildung zu Glasgow, bereiste als Führer der 
Söhne des Earl Hopetomn den Eontinnt u. nahm hierauf felnn Aufenthalt in 
London. Er ftarb 1824 als Mitglied mehrer Geſellſchaften u. königlicyer Htforios 
graph für Echottland. Seine Geſchichte des alten Griechenlands bis zur Thei⸗ 
lung des mucedonifchen Reiches (2 Bände 1786, deutſch Leipz. 178794) nebfl 
Foriſezung: „Geſchichte der Welt von Wlerander bis Auguf” (2 Bänve 1807), 
übertrifft, wenn audy nicht an Gelehrſamkeit u. Kritik, doch an Geſchmack u. Eleganz 
bei wertem Milford's Geſchichte. Andere Schriften find: Ueberſetzung des Lyſias u. 
Sfofrates (1778); der CEihik u. Politik des Wriftsteles (2 Boe. 1797 u. 1804); 
Barallele zwiichen Friedrich U. von Preußen und Philipp IL von Mace⸗ 
donten (1789). 

Gil-B.cente, der frühefe und berühmtefte portugieſiſche dramatifche Dichter, 
geboren um 1480, in Lifjabon zum Juriſten gebilne, ließ fi) durch den Beifall, 
welchen feine Scyäfergedichte, Die 1502 bei Hoffeften aufgeführt wurden, ers 
zegten, bewegen, fidy ganz dem Drama zu widmen. Im Jahre 1936 fchrieb er 
feine legte u. geiftreichfie Komöpie »Fioresta d’Enganos« u. fol 1557 zu Evora 
geforbın fenn. Ene Sammlung f iner Werke veranftaltete fein Sohn Ludw. ©, 
(Liffabon 1562; neuefte Ausg., 3 Bde, Hamburg 1834). Kür den Werth feiner 
Dichtungen foricht, daß Erasmus portugteflich erlernte, bloß um fle zu lefen, 

Gil y Zarate, Don Antonio, bedeutender fpanifcher Dramatifer, ge 
boren 1796 ım Escurial, in Frankreich erzogen, erhielt 1819 eine Stelle im 
Archive zu Madrid, die er in Folge feines Anſchluſſes an die conkituttaunlle 
Darıei verlor, wurde 1828 Lchrer der feanzdftichen Spray om Taokularn 


a 


“en \ Gimignano — Giordano. 


iirte 1832—35 das »Boletin —* comercio® Ku age 
tie By: Mademie und Profefior der Gefchichte am Liceo zu 
Der * ine er- fih durch drei Komöbten ein, ſchrieb 
‚agöbie »Dona Blanca de Borbons u. bald 
Me Bi Be Ile Mehre Tragoͤdien folgten, darunter feine befe 


einig, ano, Bincens de ©t.. ©, ein Maler aus dem dem Btorentinifän, 


18 Zeichnungen 
erg ie Dana Bet allen Batähenn Bei br Wikgberung 


a. ibe und b bald in Floren. Seine Werle 
Ye ale! Site Ban 1.1 I au I Bit SE Tnigicen Omi 


Dres 
Bulle = ” — Louis, —— — tam noch dung 
nach Paris u. machte fidh. dort durch das 
tannt; dlnlete von 1791-94, erft mit Sri, dann —— — F 


Pr 


i 
E 


allein das. Feuille villı ward hinter —— 
Slanbaren 1704 da Biaberkum 
angeftellt u. Generaldireltor des Öffentlichen Unterrichts. 
er von 1794—1807 die Decade philiso) 
von ven Directortum zum Gefandten in Zurin und von 1, polen 
bes Tribunals ernannt. Et nahm jedoch bald den Abſchied u. Mach. 
Leopold prince de Brunswick , — —— — 
Louis XII. Ebend. 17:8); Tablenux do la rörol. frng-; Rables C 
Sm, (ebendaf. 1814); Hist: littraire d’ltalie'Cebendaf. IBLL-M, 
u 
a ee Radix Ginsin; aus 
lefolium L, — 


Ib, glatt oder elig, in v 
—F ie Hi u an ai Bunter Kinger n mac gen 
(inet mad a Bel uns tft fie nicht mehr im © in China und Japıt 


egen wird fie noch jeht für das fchägbarfte ittel gehalten umd Yan 
—* vi Aerzten bei jeder Krankheit angewendet. Dort wird fie vers Gold a 
wogen u. murde früher auch bei ee: a theuer bezahlt; ihre Unwirkſamleit 


13: 


— 


fie jedoch bei und um Ihren Ruf gebra 

Gioja 1) Glavio), geboren zu Pafltano, in der Nähe von Amalfi, Sa— 
fahrer; er lebie im 13. u. 14. Jahrhunderte, vervolltommnete den Gompaß (akt 
wendete nicht zuerft den- Magnet an) u, ließ ihn auf: einer feinen Nadel * 
gewichte ruhen, während er ler an einem Strohhalme befeſtigt 

eſchwommen war, — 2) ©. (Melchtore), geboren 1767 zu —— ſtard 
ingere Zeit der Leitung des ftatiftifchen Bureau in Mailand vor und widack 
fih — len —— se © nr, FH allen ———— 
u rechtlichen — öA— ine ipte loſophie der Starifil* 
(2 Bände, Mailand 1826, 4.). : 

Giordano (Luca), ein berühmter Maler aus Neapel, wo er 1632 ge 
boren war; er lernte bei feinem Bater und in Rom, führte In Italien —— in 
Spanien, wohin ihn Karl I. 1690 berufen * eine Menge Kunftwerke aus 
und ftarb 1705 in feiner Baterftadt. Die Gefchwintigfeit, womit er fowohl in 
Del, als in Freolo malte, gi feinen Werfen einen fehr ungleichen Werth = 
eined der beften hält man bie Dede in der Kirche des Eökurial. Oft if er 
Zeichnung: unrichtig,, aber immer muß man an ihm eine feine Hand —— 
Sein Eolorit if vol Harmonie u. Zärtlichkeit; er verſtand die Verſpective voll 
tommen und feine Eindildung iſt unerfchöpflich. Einige feiner Gemälde find fehr 
pe ausgearbeitet u. Leslie. Außer den vielen Arbeiten, Ku von- ihm zets 

eut in Stalten, Spanien, —— v. England aufbewahtt werben, haben bie 
beutſchen Gallerien, vorzüglidy aber Die Dresoener, II aafutautun Sun 


Giorgione — Girard, 817 


feines Pinſels aufzuweiſen. Aus feiner zahlreichen Schule gingen nicht nur viele 
einheimifche, fondern auch fremde Künftler hervor. J 

Giorgione da Caſtelfrauco, ausgezeichneter Maler, deſſen eigentlicher 
Name Giorgio Barbarelli war, warb 1478 zu Gaftelfranco im Treviſani⸗ 
fhen geboren, aber zu Benebig erzogen. Seine erſte Leidenſchaft war Muſik, 
worin er große Fortichritte machte; dann erlernte er das Zeichnen unter Bios 
vanni Bellini, den er bald übertraf. Durch ernfled Gtublum ward er der 
erſte Coloriſt feiner Zeit. Titian arbeitete unter ibm, um ihm das Geheinmiß ab- 
— aber kaum merkte G. die Abſicht, als er ihn entließ. Die Mode, die 

acaden der Häufer in Venedig al fredco zu melen, ging von ihm aus. Er 

sd 1511 an der Pe. Seine Zeichnung IR Kar, feine Bhantafle reich, fein 

PO — Fand naturgetreu; namentlich malte er meifterhafte Portraits und 
ne San 

Giotto, eigentlich Ambrogiotto Hi Bandona, ausgezeichnet als Maler, 
Baumelfter u. Bildhauer, geboren 1276 zu Bespignano im Ylorentinifchen. Ci m a⸗ 
bue traf ihn bei der Heerde ein Schaf abzeichnend, bemerkte das Talent des Kna⸗ 
ben und wurde fein von ihm bald übertroffener Lehrer. ©. befreite die Malerei 
von der Starrheit des byzantiniſchen Styis, brachte Leben u. Bewegung in feine 
Geſtalten, brach durch Nachahmung der Kaiur der Kunſt eine neue Bahn und 
wurde fo der Begründer einer neuen Schule. Er lebte lange in Rom, folgte Ele 
mens V. nach oignon u. farb zu Florenz 1336, wo er den berühmten Glocken⸗ 

urm .neben der Kirche Madonna del Fiore erbaute, in der er begraben liegt. - 
eine vorzüglichfien Gemaͤlde befinden fid) in Florenz, Rom, Neapel u. Aſſiſt. 

Giraffe (Camelopardalis), eine Gattung aus ver Familie der hiefchartigen 
Shiere, mit einem langen Halje, viel längeren Vorder⸗ als Hinterbeinen, einem 

vramidalifchen Knochenhöder auf der Stimme, kegelfürmigen, mit haariget Haut 
hlerwachfenen nie abfallenden Hörnern und einem Eurzen, in einen Haarpinfel 
N rar wanze. Der Kopf hat große en mit einem Pferdekopfe, 
die Farbe iſt gewöhnlich gelblihweiß mit unregelmäßigen, braunen Fleden u. an 
Größe übertrifft die ©. den grüßen Elephanten, indem fie vom Borberfuße bis zum 
Geweih gegen 9 Ellen mißt. Im fchnellen Laufe ſchwankt fie mit dem Halſe bes 
ſtaͤndig vors u. rückwaͤrts. Ihre Heimath iſt das fühliche u. mittlere Aftika, wo 
fie in Heinen Rudeln lebt; ihre Nahrung find Baumblätter (weniger Gras , das 
fie nur mit Beſchwerlichkeit frefien kann). Die ©. war fchon den Römern bes 
kannt u. von ihnen zu öffentlichen Spielen gebraudt. Die erfte brachte Julius 
Gäfar 46 v. Chr. nad Rom. Die G. im föniglichen Pflangengarten zu Paris 
iM ein Befchent Mehemed Ali's, des Bicefönigs von Aegypten. In dieſem 
a war eine lebende weiblide G. in mehren Stadten Süddeutſchlands 
au feben. 

Girandole nennt man bei Wafferfünften einen Bündel von mehren Wafler- 
ahlen, die ſich garbenähnlicy erheben; ebenfo bei Kunftfeuerwerfen einen Bündel 
afeten (f.d.), die man zu gleicher Zeit in Geflalt einer Feuergarbe auffleigen 

laͤßt. Berühmt find in biefer Beziehung die G.n, die bei feflichen Gelegenheuen 
auf der Engelöburg in Rom abgebrannt werden. — Huch ein Leuchter mit mehren 
Armen führt diefen Ramen, 

Girard (Albert), ein äußerſt genialer holländiſcher Mathematiker in der 
erfken Hälfte des 17. Jahrhunderts, der mandye Sätze zuerſt aufftellte, die im der 
Folge von Descartes (f. d.) weiter ausgeführt wurden. Treffliche Ideen, die 
aber erft fpäter nad) Verdienſt ihre Würpigung [onen enthält feine Schrift: 
Invention nouvelle en algebre (Amſterd. 1629). Er ftarb 1634, 

Girard (Gabriel), ein philofophifcher Sprachforfcher, geboren zu Glermont 
in Wuvergne 1677, erhielt in feiner Jugend ein: Kanonikat an der Collegiatkirche 
zu Montterrand, trat aber daſſelbe bald an feinen Bruder ab, winmete fidy zu 
Paris, der Literatur, wurde Almoſenier der Herzogin von Berry, Löntglicyer Dol- 
metscher für Die ſlaviſchen u. die zufflichen Syrache, AIAA an vr ms 

Reelencpclopädte, IV. I 





818 Girarbin. 


mie u. ſtarb 1748. Bon tiefem Sprachſtudium u. philoſophiſchem Geiſte zeugen 
feine: »Vrais principes de la langue francsisos (Amſterdam 1747, 2 Bde.) u. 
noch mehr fein »Dictionnaire universelle des synonymes frangaises,s das fehr 
oft (guerft 1736) gedrudt wurde und lange mit Recht claffiiches Anſehen genof. 
Rach feinem Tode gab ed Beauzse (Par. 1769, 2 Thle.) ſehr vermehrt heraus. 
As ein Supplement hiezu find. zu betrachten: »Nuuveaux Sironynce freng. per 
Roubauds (4 Bde. 1786). Neue Ausgaben des G.⸗ſchen Werkes erfchienen vor 
Roubaud (1808) u. Guizot (1809). | 
Strardin, 1) Rens Louis de, ein franzöfifcher Cdelmann, aus der fie 

rentintfchen Wpelsfamilte Gherardini, die fid, in-der Champagne nienergelaffen 

tte, abflammend, — Befſitzer des reizenden, durch feine ſchönen Anlagen und 

oufſeau's Aufenthalt und Tod auf der dafigen Bappelinfel berühmten Lanbfiped 
Grmenonville bei Paris — geboren zu Parts 1735, diente in jüngeren Jahren bei 
der franzöfifchen Armee und ‚befand fidy während bes flebenjährigen bei 
dem franzöfifchen Generalſtabe in Deutſchland. Nach dem Frieden von 1763 ver 
Heß er den Militärdienkt und benüßte feine Muſe zu Reifen durch einen großen 
Thell von Europa. Was ihm auf feinen Reifen von ſchönen Bartenanlagen ge 
fallen hatte, realifirte er auf feinem Landſihe Ermenonvile, ımd dem Publikum 
theilte er intereffante Bemerkungen über die fchöne Gartenkunſt in der Schrift mit: 
De la composition des paysages ou des moyens d’embellir. la nature aulour 
des habitations (Paris 1777, 4. Aufl. 1805, 8. deutſch Ey. 1779, 8., engtifh 
1783, 8.). In der Revoluttiongzeit litt Ermenonville fo fehr, daß es jogar ver 
Iafien werben mußte; nach woiederhergeftellter Ruhe wurde ed aber von G. wie 
derum fo verfhönert, daß er dadurch feinem Namen ein Dentmal Riftete, deſſen 
Erhaltung feinen Rachkommen obliegt. Er flarb 20, Sept. 1809, auch wegen 
ſeines liebenswürbigen Charaktere von Allen gefchägt, pie ihn kannten. — 2) ©. 
(Göctle Stanislas Zavier), Sohn des Borigen, geb. zu Lüneville 1765, 
hatte zum Pathen den König Stanislaus u. zum Lehrer Ronffeau, warb Soldat 
u. bald Gavaleriecapitän, auch Anfangs eifriger Anhänger ber Revolution, trat 
1790 in die Nattonalverfammlung und gehörte zur Außerfien Linken, näherte fi 
aber, ald das Schreckensſyſtem begann, der Rechten, vertheidigte am 10. Auguſt 
1792 das Königthum, ließ, den Safobinern verbäcdhtig geworben, ſich nach Eng⸗ 
land fenden und verbarg ſich, zuruͤckgekehrt, zu Ermenonville, wurde aber entde 
verhaftet u. entging nur dadurch dem Tode, daß er in ver Tiſchlerwerkſtätte des 
Gefangniſſes arbeitete und dadurch vergefien wurde. 1794 befreit, warb er 17% 
Präfeft im Departement ber Dife, bald aber, al des Royallömus 
entfegt u. lebte nun wieder zu Ermenonville, wo er mit Joſeph Bon bes 
kannt u, durch diefen den 18. Brumaire Tribun warb, trat dann ale eiter 
Joſeph Bonaparte's wieder in Militärvienfte, begleitete ihn nach Neapel, ward 
dort Oberft, begleitete Joſeph 1808 als Brigadegeneral nach Spanien, kam, m 
wüdgetehrt, in das Corps lögislatif u. ward 1812 Präfelt im Departement Ri 
dersSeine u. 1815 in dem der Seine u, Dife. Durch die Reflauration entfeht, ward 
er af 1819 wieder ale Präfelt des Departements Cote d’or angeſtellt. Gleich⸗ 
gelte zum Deputirten gewählt, ward er, weil er fid) den Ausna 

ode des Herzog6 von Berry wiederſetzte, 1820 abgefeht. Er zeigte 
fehr eifriges Mitgliev der Linfen u. flarb 1827. ſchrieb: Discours (Parts 
1828, 5 Bde). — 3) ©. (Emil), au, da er ——— den Woelstitel 
beilegte, Emil de G., neboren um 1802 wahrfcheinlid zu Barts, unehellche 
Sohn des royaliifchen Generallieutenants Alexander de G., begründete, ob 
gleich er feine Schulftudien noch nicht vollendet hatte, ein belleiriſtiſches Journal u. 
verheirathete fi) 1829 mit der durch Schönheit u. Geiſt ausgezeichneten Schrift⸗ 
Rellerin Deiphine Bay. Gr projeftirte das Phantheon littraire, eine Sammlung 
franzoͤſtſcher Elaffiter in 100 Bänden, dad aber wegen Mangel an S ten 
nicht zu Stande fam. 1834’ trat er in die Deputirtenlammer, unterlügse lei? 
bie Maßregeln der Regierung und erwarb deren Beifall beſenders Durch fein 








num ald 





Girarbon — Gired de T’Uin, 819 


Maßregel, die Journale, die feit der Reftauration die Öffentliche Meinung vors 
züglid) [elteten, durch die Herausgabe wohlfellerer Blätter, die, flatt für 80 Fr., 
für 40 verkauft werden follten, zu flürzen. Er felbf gründete das Journal La 
preme, das er mit Angriffen auf feine politiſchen Gegner begann; einen derfelben, 
rmand Garrel, erfähos er im Duell. 1836 u. 37 mußte er den Breid des Jours 
nals wieder auf 60 Fr. erhöhen. Wegen Actienfchwindeleien angeklagt, wurde er 
vom Zuchtpolizeigerichte freigefprochen u. wegen Urfundenverfälfchung nur ernfs 
lich — Um feine Wiedererwählung in die Kammer vurchzuſetzen, wurde von 
der Regierung Alles angewendet, aber bei feiner Meldung zur Aufnahme tn biefelbe 
enthüllte der Abgeorpnete von Straßburg, Martin du Nord, eine Reihe von Be- 
Redungen in Bezug auf G., die von dem Minifter des Innern, Montalivet, u, 
dem Sinanzminifter ausgegangen waren. Mittlerweile waren auch neue Betrüges 
reien von ©.:8 Agenten (Blum und Elemann) an den Tag und vor Bericht ges 
Sommen. Diefe entzogen fidy der — des gegen ſie gelätken id be 
[pruches durch die Flucht; ihr Mitſchuldiger G. konnte zwar nicht gerichtlich bes 
—— werden, dafür aber hatte er den bitterſten Tadel ſeiner Gegner zu hören. 
der Wiedereröffnung der Kammern, im April 1839, wurde feine abermalige, 
durch Beftechungen beivirkte, Wahl für ungültig erflärt, well er keinen Beburtss 
— beibringen u. daher nicht nachweiſen konnte, daß er in Frankreich geboren 
fet. 1841 reiöte er nady Deutichlann, wo er am Rheine mit Thiers zufammens 
traf, und gegenwärtig iſt er einer der Journalredacteurs, die, obfchon oft anges 
griffen, das meifte Auffehen erregen und ver Regierung fehr ergeben. — 4) ©. 
Delphine), Gattin des Borigen, geboren 1805 zu Aachen, glänzte ald Iyrifche 
Dichterin in Paris fett 1822 u. erhielt in Rom 1827 die bis dahin einzige Ehre 
zum Mitglieve der Tiber⸗Akademie ernannt zu werben. Sie verheirathete fi 
1829 mit dem Borigen u. hat ſeitdem mehre unbebeutende Romane gelistet. Ihre 
„Bolhte gab fie 1843 heraus. Als Dichterin führt fie ven Ramen Bicomte 
e Laungy. 

Girardon, Frangois, geboren zu Troyes 1630, ein gefchidter Bildhauer 
und Schüler Laur. Maziered; er ward 1659 Profefior, 1674 Gonrector, und 
nad) Lebruns Tode, den er nachzuahmen fuchte, Generalinſpektor der Skulpturen 
und farb ald Kanzler der Akademie, weldye Stelle er 1695 erhielt, im Jahre 
1715. Werte: Das MRaufoleun des Cardinal Richelleu in der Sorbonne; das 
Apollobad in VBerfailles; die Reiterfiatue Louis XIV. auf dem Platze Vendome, 
4792 in der Revolution zerflört; Raub der Proferpina in Berfailled u. eine für 
die Stadt Beauvats errichtete Statue u. m, a. 

Girgenti, |. Agrigent. 

Giro (ital, wörtlih Kreisumlauf), heißt das Uebertragen, Ueberfchreiben 
eined Wedhfels von einem Befiger auf einen anderen. Wer den Bee af einen 
Anderen überträgt, beißt Gir ant. Girirter Wechfel, ein von ber 
auf den anderen übergetragener Wechfel. Bel. Indoffiren. 

Girod de l'Ain, Amsdse, Pair von Frankreich, geboren 1781 zu Gex, 
trat ſchon im 18. Jahre als Advokat vor den Berichten auf u. ſchwang unter Rapoleon 
fich zum Generaladvokaten am kaiſerlichen Gerichtshofe zu empor. Da er bei 
der Rückkehr des Katfers die Ernennung zum Präfldenten des Pariſer Tribunals 
annahm u. in die Zatferliche Kammer als Deputirter trat, entzog ihm die Res 
fkauration feiner Anſtellung. Als Advokat vertheidigte er 1816 den General 
Drouet u. faß ſeit 1827 auf den Bänfen der Oppofition in der Kammer. Ob» 
gleich einer der 221, Tämpfte er während der drei Tage 1830 nicht mit, unter 
zeichnete aber am 29, Juli die Adreſſe an den Herzog von Orleans. Zum Po⸗ 
Iizeipräfeften den 1. Auguſt ernannt, wurde er diefer Stelle bald durch Ernennung 
zum Staatsrathe enthoben. Im Jahre 1831 warb er mit einer Majorität von 
Einer Stimme Präfident der Kammer, bie er im Sinne des Minifteriums leitete, 
1832 Turie zeit Minifter des Cultus, Pair u, befleidete abermals vom 31. März 
bis 12. Mai 1839 ein Minikerium, | san 








—W EGirobet — Gironde. 

Girodet· Trioſon, Anne Louis, ein namhafter 

TO ge Biete 
ſeinem 20. , 

- qu6 u. Rarb 1824 zu Baris twerke von ihm finds Gnbymion, 


dienfiane. in Rom gemalts eine Ecene aus der Günpfluth, beide tm 
I lebe Aufruhr in Cairo 


Maler der 
Daviss, 
ſich 











ei 












—5* 
i fanden Dakke 
— * 
gen Europa verbreitet. Die bedeutendſten find folgende: Zwei große 
Bode ab Parnlt ve Orte ——— 
Hebe dee dem Bater der ie den Trank der Unfterbiichkelt kredenzt, 





’ 
Sıfindung u. Anordnung, in einem orientalifcyen Onyr ausgeführt; v 
‚tür nad) Antiken und anderen Originalien. Bewunderungswürdig find 
roße Cameen, im Privatcabinete des Großherzoge von Toslana befinbiid, 
erfeus u. Andromeba, ferner Jupiter, wie er die Giganten mit dem Blige a 
Do Uebertroffen werden diefe Darftellungen nody von den 10 Gemmen, 
G. das Profanmuſeum der vatikaniſchen Vibliothek lieferte: Jupiter im 
Kampfe mit den Titanen, Phöbus Apollo, Jupiter, Herkules, Minerva, 
Antinous, Aretbufa, eine Bauhantia u. eine Meduſa. Diefe Werke können 
den fchönften Arbeiten des Alterthums fühn an vie Seite Rellen. In feinem 42. Lebent⸗ 
jahre verfucdhte &,, von Ganova u. Thorwaldfen aufgefordert, fich auch in der Siem 
pelſchneidekunſt. So raſch, wie im Steinfchnitte, vervolllommnete er fidh and 
bier u. nahm bald die erfle Stelle unter den römifchen Künftlern ein, was der 
Papſt öffentlich anerkannte, Indem er ihm an Mercandetti's Stelle das Direr 
torium der römifchen Münze übertrug. Die beſten Stempel aus der Zelt von 
Pius VII. bis auf Pius IX. find von hm efertigt. Außer vielen —— 
Medaillen hat er, gemeinſchaftlich mit Cerbara, eine Sammlung von 
mit den Bildniſſen berühmter Italiener aller Zeiten herausgegeben. 

Gironde, 1) Name der Garonne (f. d.), nad Ihrer Bereinigung wit 
der Dordogne bei Beco-d’Ambed. — 2) Darnady benannte® Devartement tm 
ſuͤdweſtlichen Frankreich, ein Theil des fonftigen Qutenne, mit 196 Meilen md 
570,000 Einwohnern, hat ein milded Klima, ift meiſt eben u. fruchtbar, 
übrigens, namentlich in feinen weſtlichen Theilen, audy große Moräfte u. 
und iſt bier ziemlich menfchenlees, wird bewäflert von dem Fluſſe gleiches 
Ramens und deſſen Nebenflüffen, der Eure, Isle und mehren Binnenfen. Die 
Bewohner bauen Wein, Op, halten Bich, befonders Schafe, doch unverebeite, 


a 





* 












€ 


Sironbiften — Giſe. 824 ı 


reiben Bergbau, fertigen viel Branntwein und befigen auch viele bebeutenbe 
sabrifen, namentlidy zu Borbeaus. Eintheilung in 6 Bezirke, HauptRabt Bordeaur. 
Gitrondiſten, eine berühmte Partei während der franzöffchen Revolution; 
'e beftand hauptſächlich aus Abgeordneten des Departements der Gironde b 
er geſezgebenden Berfammlung. Zu Grunde lag ihr die Partei der Briffotine 
der Anhänger Briffots, mit weldyer fidy die ©. fpäter verſchmolzen, fo daß fle 
ie gemäßigten Republifaner unter fidy zählten, wie Vergniaud, Genfonne, 
Buadet, Beyer Bonfrede, Ducos, Briffot, Louvet, Poͤtion, Balaıs, Buzot, 
Jarbarour, Duperret, Lafource, Salles, Carra, Fauchet, Bangreneuve u. f. w. 
m Kampfe gegen die Jakobiner u. Robeöpierre erlägen fie u. vermochten nicht, 
fe Berurtheilung Marats durchzuſetzen. Selbſt in Anklageſtand verſetzt, wurden 
e, 122 an der Zahl, zufolge des Decrets vom 2. Juli 1793 verhaftet u. in die 
‚onciergerie gebracht; die übrigen waren in die Provinzen entkommen, welche fie in 
zewegung zu feßen ſuchten; aber fe ftarben faſt fämmtlicye auf dem Gchaffote. Nach 
ner Haft von mehren Monaten wurden die, weldye in der Gonctergerie faßen, 
on dem Gonvente vor das Revoluttonstribunal gefchidt, zum Tode verurtheilt u. mit 
usnahme Balaı68, der fidy bei der Anhörung des Urtheils erbolcht hatte, am 31. 
Ictober 1793 quillotinirt. Der Borabend des Todes dieſer Männer, von den viele durch 
raft der Berebtfamfelt, der Talente u. des Charakters alänzten, ſchildert ergreifend 
tobier im »Dernier Banquet de Girondins.« Das bee Berk über. G. iR von Lamar⸗ 
ne: „Histoire desGirondins. 8 Boe. Paris 1847 (deutſch in mehren Heberfegungen). 
Girtanner, Ehriftoph, geb. zu St. Gallen 1760, ſtudirte zu Böttingen 
e Meblsin, machte von da aus verſchiedene Reifen nady Frankreich, England, 
ı verfchiedenen Gegenden Deutſchlands u. die Schweiz, privatifirte nach feiner 
üdtehr in Böttingen als Sachſen⸗Koburgiſcher Geheimer Rath, u. ſtarb das 
Ib den 17. Mat 1800. ©. war ein ſehr fruchtbarer Schrifiſteller im medizi⸗ 
iſchen u. politifdyen Fache, u. fehr gefchidt, fremde Ideen zu verarbeiten. G:in 
ꝛhaltwollſtes Werk ift die „Wohandlung über die veneriſchen Krankheiten“, 3 Bpe,, 
zoͤttingen 1793, 8., befonders der erfle Band, weldyer eigene Ideen und Er⸗ 
Ihrungen enthält. Er war einer der erfien Deutfchen, die dın Werth ver 
ıttphlogiftifchen Chemie einfahen, u. feine „Anfangsgründe der entiphlogififehen 
bemie”, 2. Aufl., 1795, 8., trugen viel aur Berbreitung vderfelben b es 
ger Werth haben feine Darftelungen des Bromwnfchen u. des Darwinſchen Sy- 
ne der praftifchen Heilfunde. u. fein Buch über Kinderkrankheiten. Kante na⸗ 
whiftorifche Anfichten und Eätze fammelte und erflärte er fehr aut. Weber die 
anzöfifhe Revolution hat er viel drucken laſſen und fi zu ihrem Geſchicht⸗ 
breiber aufgeworfen, aber ohne hifkorifches Talent, ohne hiſtoriſche Kritik und 
me politifde Einfichten; vergleiche „Hiflorifche Nachrichten u. politiſche Be: 
achtungen über die franzöſiſche Revolution“, 13 Bde., Berlin 1791-92. Zu 
inem Lobe gereicht es indefien, daß er der Revolutionsſucht entgegenarbeitete. 
Giſe, Friedrich Auguſt Theodor, Ritter von Rod, Sreiberr von 
., geboren zu Regensburg 1783, wo fein Bater Oldenburgiſcher Gefanbter 
n Reichstage war, fludirte (er iR Proteſtant) zu Erlangen u. Paris, trat 1806 
den bayerifchen Staatsdienft, wurde 1807 Attaché bei der Föntglidy bayeri⸗ 
yen Befandıfchaft in Paris, 1808 Legationsfefretär, 1810 Legationsrath, in 
elcher Eigenſchaſt er zur Geſandtſchaft nad) Wien verfeht wurbe, u. 1812 lönig⸗ 
h bayerifcher Gefchäftsträger daſelbſt; 1816 wurde er Kämmerer und Geſandter 
u E. niederländtfchen Hofe, 1824 Gehelmerrath u. von 1825—1831 bekleidete er 
n Gefandtfchaftepoften in Gt. Peteröburg. Schon: das Jahr zuvor hatte ihn 
e. königliche Akademie der Wiffenfchaften in München zu ihrem Ehrenmitgliede 
nannt. 1832 erhielt G. die provtforifche Leitung des Minifleriums der aus⸗ 
ärtigen Angelegenheiten, das er aber bald darauf definitiv übernahm; 1833 be- 
eitete er den König Ludwig zu einer Zufammenfunft mit dem Kalfer von 
eſterreich nach Linz und 1834 nahm er an den Wiener Mintferlalconferenzen 
ntheil. Die Ueberttagung der Krone Griechenlande au ven Aula Arge, 


2) | Bifele-Binleys: 
A der beutfche Eu mb he ati —— ſiud wed 


min 
—— 8 26 nal er feine On — N "est jept auf —— Gune 
zu iſeke 1) a laue Dieiie Eli abeuhn), 17 1724 4 me 
an 6 Seen en, Bater er war, * 
a die ae en feine Re * Fr. 
Kap wi. Zrautenfein I Gärkenthume Die 
— * ein yahı be barasf —ã — * —* Quebl a. 1700 Guperini 
u. Gonfforiälafl 

















dem tl 
Geiſte mit Gläde G d, Ridhtum 
Mag pe ein anzu ai —— te 


der den u. bibaktifchen Gattung 
Ei ——ù Weile © bat fein Fremd R. Ch. 
fi u — 2 G. — ent Dierria | Arzt u. 
en zu gm bur Aubirte zu Göttingen u 
Bi Bland N e tat prakticirte dann n feiner Vater ſtadt ne m 
Bieter u, Dicht funk a m baflgen Gymnaſium u. ge „ 












war ee —2*— n. —* Botaniker, in we 
—* en © chaͤhte u. dem zu Ehren er einem neuen P 
en Ramen —8 Er ab mehre Schriften Linnoͤs mit fchäpbaren 
gen, ber heraus; deſſen »Termini **5ʒ. 
ſoezate * 8.5 Deſſelben electiones in 
. 1792 mit Kupfern, u. Bei ud die Ana 
Gitquet, Joſeph Henri, geboren 1 n. Fabrikbeſther; « 
war Mitglied des er — erichts, 1830 Deoartemeitörath der Sein 
nn. erwies fich, 1831 zum Poltzeipräfekten der Stadt Paris ernannt, als felde 
bis 1836 zwar der Regterung hoͤchſt nuͤtzlich, war aber binfichtlich der Wirt feine 
Ameführung ſchon in fo ſchlechten Ruf gefommen, daß ihn die Regierung, alt 
er in er Deputirtenfammer von der Berfchleuderung der geheimen Fonds füs. 
unge fpradh, gerne fallen ließ. Als fich ferner im eopeffe mit dem „ | 
838 feine Ehriofinte eit vollends herausſtellte, ward er feiner Stelle als Staau—⸗ 
Rah entfeßt. © e „Mömoires“ (1839) ſprechen ſich fehr ungünſtig über de 
franzoſtſche Beamtenwelt aus. 
Gitſchin, Stadt Kreife Bidſchow des Königreichs Böhmen, an der an 
Iina, bat 3800 Einwohner, ein Schloß und Baummollenfabrifen und war frühe 
ein Beflythum Wallenſteins und deſſen Reſidenz. Ihm verdankt m BA 
ganz unbebeutende Ort feine Hebung, Berfchönerung und Wohlha 
dem nahegelegenen Karthäuferkfiofter wurde auch Wallenftein 1636 bei * nach 
r als 100 Jahren aber von dem Grafen Vincenz von Waldftein In bee 
Gr-Begeäbni nady Münchengräg übergetragen. 

Giulay, Ignaz Graf v. MorodsNemeth u. Nadaska, geborn m 
ent 1763, trat 1781 als Cadet in das Regiment feines Vaters, de 
ſterreichiſcher General war, durchlief ſchnell die unteren Grade und "war fchon 

1789 Major im erfien Banatregimente, wohnte als foldyer dem Feldzuge g 

die Türken bei, ward 1790 Oberfilieutenant und Chef eines Kreicorps, he 
1793 den Feldzug gegen die Frauzoſen freiwillig unter Wurmſer mit, zeichnete 
fi beſonders bei Erftürmung der Weißenburger Linien aus, wurde 1794 Befehls 
haber eines Fleinen Freicorps und behielt dies, obfchon er 1795 Ober eines In⸗ 
fanterleregimentö wurde, und zeichnete fich wieder mit demfelben bei Kaiſerslau⸗ 
tern aus; dedte 1796 den Nüdzug der ſchwäbiſchen Kreistruppen im Kinzigthale, 
unterhielt dann bie Verbindung zwiſchen der Hauptarmee und dem General Froͤh⸗ 
lich und that fi au im dem \phteren Ketyner, weintwerd war Kehl, wei 


Giulio — Biutgews. 323 


ervor. 1797 Generalmajor geworden, zeichnete er ſich 1799 bei Oſtrach und 
tockach aus, organifirte 1800 den Landſturm im Breiögau, dedte den Rückzug 
:6 rechten Ylügeld und that den Franizoſen, oft bei demfelben in die Dffenfive 
bergehend, vielen Schaden. Er ward Feldmarſchalllieutenant, zeichnete fidy mit 
iner Divifion bei Hohenlinden aus, dedte beim Rüdzuge dieſen, fand 1805 bei 
7 Heerabtbellung des Erzherzogs Ferdinand, ward 1806 Ban von Kroatien, 
Yalmatien und Slavonien, führte 1809 das 9. Corpo mit Auszeicdhnung in Ita⸗ 
m, dedte den Rüdzug des Eczherzogs Johann nady Illyrien, vertbeivigte dann 
rain, kehrte als Ban nady Kroatien zurüd, befehliate 1812 die Armee, vie das 
anat, Ballzien u. Transfylvanien dedte u. wurde 1813 Feldzeugmeiſter, befehligte 
nn das 3. öflerr. Armeecorps, hatte bei Dreövden den linken Flügel und einen 
ten Stand, ging bei Leipzig auf dem linfen Ufer der Pleiße bei Findenan vor, 
u die Berbindung mit Blücher aufzufuchen und den Yranıofen den Rückzug abs 
Schneiden, fonnte aber Lindenau nicht nehmen und mußte fidy begnügen, den Rüds 
g Napoleons von einer —— aus zu erſchweren; ebenſo vermochte er 
ht, den Franzofen das Defld von Köfen den 21. zu verfperren, lieferte aber 
mfelben nody Gefechte bei Hochheim und blokirte Kaffe. 1814 drang er über 
hafel nady Rangres vor, focht bei Bar fur Aube und Brienne, ſchlug die Frans 
fen bei la Yerte fur Aube und folgte den Alliirten nady Parts. 1815 führte 
ad interim das Generalcommando in Defterreich, kehrte nach dem Frieden In 
6 Banat zurüf, erhielt 1823 das Generalcommando in Böhmen, 1829 in 
sen and ward 1830 Pıäfldent des Hoffriegerathe. Gr farb Ende 1831 an 
r Gholera. 

Ginlio Romano, eigentlid &. Pippt, berühmter Maler und Baumeifter, 
boten zu Rom 1492, Raffaels lieber Schüler und Bollender vieler von biefem 
vollendet gelaffener Werke (namentlich des unteren Theile der Trandfiguration), 
alte gemeinfchaftlidy mit feinem Meiſter an den Fresken des Vaticans, wurde 
ich defien Tode nach Mantua berufen, wofelbfi er u. a. die Kathedrale u. ben 
ılazzo del Te erbaute und beide mit Fresken ausmalte. Beſonders gefiel er ſich 

mythologiſchen Darftellungen, überließ ſich aber dabei einer völlig zügellofen 
bantafle, die alles äfthetifche Gefühl verlegte. Gr. farb zu Mantua 1546. — 
auptwerke: Der Tod des heiligen Stephan nad) Raffaeld Zeichnung, und ©. 
tefano zu Genua; der Saal ded Konftantin im Batican, deßgleichen die Kabel 
e Pſyche im Palais dei Te zu Mantua, der Sturz der Giganten dafelbfl, das 
nere des Doms, der trojanticdye Krieg im berzoglihen Palaſte daſelbſt u. viele 
aläfte in Mantua. Unter feinen Schülern find beſonders Primaliccio, Rinaldo 
id Kermo Guiſoni und Giulio Clorio. 

Giunta (Giunti), alte berühmte, aus Florenz ſtammende Buchdruckerfa⸗ 
ilie, aus welcher zuerſt Luc⸗Antonio ©. in Venedig ein Buchhäandlergeſchäft 
n 1492 — 98, dann auch eine Druderei begründete, die aber nie Bedeutung 
hielt und 1657 aufhört. Nur die, von feinem Neffen Filippo ©. 1497 in 
orenz errichtete, Offizin warb durch Ihre Schriften, weldye den Aldinen allein in 
rt Mannigfaltigkeit derfelben nadyflanden, in der Eurfiv fle übertrafen, berühmt 
ıd lieferte felbft fehr gelungene SBergamentorude. Nach Filippo's Tode 1517 
brten fie defien Söhne Benedetto und Bernardo fort, und der lebte Drud 
efer Familie war wahrſcheinlich 1623 die „Rime“* von Michel Angelo Buonas 
ttt in 4. Die, von dieſen G.s durch ihre Eorrectheit ſich nody beſonders aus⸗ 
ichnenden, Ausgaben der Elaifiter find ald Juntinen befannt; ein volftändiges 
erzeichnig gab Ebert tm bibliographifchen Lericon S. 1063 — 1175. Auch ers 
yeinen Buchdrucker diefer Familie in Lyon, Burgos, Salamanca und Madrid, 
lein ohne hervorragende Leiftungen. 

Giurgemwo, richtiger Gyurgiuwo, au Schurfa und Jerkjdt (Erd⸗ 
cf) genannt, —8 Freiſtadt, Ruſtſchuk gegenüber, an dem See Kurmetura 
er Graka gelegen, der durdy eine große Bucht von der Donau gebildet wird. 
er Ort hat eine Bevölkerung von 20,000 Seelen, befteht aber yumelk wur an 


824 | Binfinini— Shui. 


Lehmbütten. Das anfehnlichfte Gebäude ift die neue Kaferne. Chedem war ©. 
ſtaik befefliget, verlor jedoch feine Werke im Iehten ruffifchen Kriege. Inbeß fickt 
noch auf der, mit der Stadt durch eine Brüde verbundenen, Donautnfel Slo 
ein feed Schloß. G., das fehr ftarf die —18— und einen umfangreichen, ans⸗ 
ebreiteten Ievantifchen und Donau, Handel betreibt, tft der Haup 
—**— und gleichſam der Hafen von Bufaret, welches 8 bis 9 Meilen Ä 
wärts liegt. Auch befieht Hier eine Duarantäneanktalt. Die Gtabt wurbe von 
Muhammed I. gegründet und if in den Kriegen der Rufen mit den Türten Häufig 
ver Schauplag blutiger Kämpfe gewefen. 3. Gebr. 1773 Sieg Romanof’6 über | 
den türkifchen Seraskier. 25. Septerhber 1811 von ven Rufen erflärmt. 1828« 
und 1829 Gefechte in der Umgegend, dann Berennung und Eroberung ber Steht | 
durch die Rufen, welche dabet viele Leute verloren. mD. 
Giuſtiniani, alte ttaltenifche Familie, welcher mehrere berühmte Mäuner, 
darunter Dogen Genua's u. Venedigs, angehörten; von biefen führen wir an: 
Pompeio, genannt Eifenarm, geboren auf Eorfita 1569, wurde Golbat usb 
erhielt bald ein Regiment als Drift in fpanifchen Dienften und warb Kriegereit 
und Generaladjutant in den Niederlanden. Er verlor bei der Belagerung von 
Oſtende einen Arm u. lich fidy einen aus Eifen verfertigen (daher fein Beiname), 
war dann eine Zeit ange Statthalter von Friesland und gina von ba in vene 
tianiſche Dienfte nad) Candia. Er befehligte in Friaul mit Gluͤck gegen bie Defter- 
teicher, wurde aber bet einer Recognoschrung 1716 erfchoflen. “Der Senat von 
Benedig ſetzte ihm eine Statue zu Pferde. Er ſchrieb italieniſch über den Haube 
{hen Krieg, lateiniſch von Joſephh Gamburint als Bellum beigioum, Autweryen 
1609, 4. — Die berühmte Bemäldefammlung, welche ein Marcheſe ©. im 16. a 
17. Jahrhunderte zu Rom anlegte u. die 1807 nad) Paris kam, befindet ſich zum 
helle, 170 Gemälde, fett 1815 im Berliner Mufeum. 
ivet, f. Eharlemont. - 
Gizzi, Bascal, Cardinal und Staatsferretär Papſt Pius IX, geboren 22. 
September 1787 zu Ceccano, einer Heinen Stabt in der Diöcefe —* in dem 
„Terra di Campagna« genannten, an Neapel angrängenden, Theile des 
flaates, ward aufs Sorgfältigfe erzogen u. befuchte frühe das Collegium feiner 
Walerſtadt, wo er unter der Leitung der frommen und neichrten Mröfefloren bie 
ernflen und fogenannten „ſchoͤnen“ Wiſſenſchaften, Philoſophie und Theologie Au- 
dirte und zwar mit einem foldyen Erfolge, daß fetne Lehrer die * 


z8% 


f 


gen auf ihn bauten, Seine Mitfcyüler bewunderten feine edlen 
eben deßhalb auch, ohne allen Beigeſchmack von Eiferfucht, feine 
und fo groß war fein Einfluß über fie, daß fle in allen zwiſchen ihnen 
den Streitigkeiten ihn zum Schiedsrichter erwähltn. Er felbR vermieb allen 
‚Streit und war ſtets fo mild und herzlich, offen und dabei fo fromm, daß feine 
Gefährten ihn nur »Tatto di tuttie Alles in Wien, nannten. Nach Vollendung 
feiner theologiſchen Studien warb er Priefler und wendete fi) nun nach Rom, 
um dafelbft die Rechte zu ſtudiren. Auch hier zeichnete.er ſich durch WBeichelben 
beit aus und war weit entfernt, um Gonnertonen fid) Mühe zu geben. ‚ 
Gott felbR, der feine Werkzeuge überall zu finden weiß, zog den Abbate aus fel- 
nem befcheidenen Stubirzimmer hervor, um ihn mitten in bie ſchwierigſten Ber 
bandlungen, mitten in die Kämpfe mit dem fogenannten Liberalldmus unferer Zeit 
zu fielen. Als nämlich im Jahre 1819 Monf. Naſalli zum Nuntins in 
ernannt wurde, fchlug er ©. vor, ihn als Auditor der Runtlatur zu 
G. nahm diefes wichtige Amt an und fand demfelben mit jolcher —— 
vor, daß er 10 Jahre fpäter, im Jahre 1829, zum Internuntius am 6 
ernannt wurde. Im dieſer Stellung verblieb er bis zum Jahre 1834, wo er nad 
Brüffel gefandt wurde; zum Erzbifchofe von Theben am 28. Sehr. 1839 geweiht, 
kehrte er nach der Schweiz zurüd, wo er al6 Runtius bei der Gingenoffenfchaft 
fi) in Schwyz niederlieh. Run aber war audy der Jeitpunkt elommen, 
wo der bewährte Staatsmann im höchften Rathe ber Biak en und 



















oßberzig, welterfahren ehrt, 

a Geiſtes, licht inal ©. nur das wahrhaft Bute, zu deſſen Gerbeifübrung 
: ein, von der Klugheit u. Gerechtigleit gebotenes Mittel unangewenhet laſſen 
ird. Fruͤher die fchwierigflien Poften d, kennt er genau bie gegenmwärs 
ge Zeit aub bie Beerdäl und Bebärfniffe der Bölfer, u. alle Irrgänge ver. 
olitit. Dabei befist er, ler Bite und Ofuhet, He einen fo 9 
Staatsmanne durchaus nöthige Auf j Per und Unerfchätterlichkett. 

einer Berwaltung, bie VRR 









Defung bei’kebedien Wencs (tb). "Deo ® ber — 
e e sg 
Sarnifon, * Die el 








den Au 
u —* auf ſchmale 
bie 5* lehrt — nal A impf der Fortgan 
zappen niemals aufgehalten werben kann, fo ſuchte man dieß durch er 
usfaͤlle zu bewirken. Hieraus entſtand Carnots Glacis en contrepente (mit 
tädlauf) (f. d. Art. Tenaillenſy ſtem). Die Sturmficherheit kann durch ans 
we Mittel, als eine elle Eontreescarpe u. Waflergräben, erlangt werden. Auf 
m —— muß der Vertheidiger ſich * fe. nicht ſelbſt ÖR ehcge 
—— die Carnot fo benannt hat, erleich 

egungen auf die zwedtmäßigfte Weiſe, benimmt dem Feinde den — zur Krös 
ung, zwingt in. im beſten euer der Werke A za fappiren und verlang- 
me u. erfehwert baburdh alle Aingriffsarbeiten. Große Feſtungen, ——— 
r Sanbesbewaffnung, e en fich vera m zu diefer Anlage, da bei ihrer Ber 
eidigung eine fireng Bertheidigung am wenlaften angewendet iſt. Kleine, 
— 5 — Forts, hei leicht. engefätafen werben Tönnel® ımb deren Selabung 
mad) nicht auf Zuwachs rechnen Tann, eignen ſich dazu nicht, da fie nicht 
dihigen Offenſtokraͤfte beſthen 

——*? (von gladius, Schwert), hießen tm alten Rom bie Fechter, 
elche in den fo belichten etlichen Kampffpielen auftraten. Diefe Ka 
adi gladiatorii), auch munera genannt, infofern man dadurch entweder dem zu⸗ 
bauenden Bolt ein Berguügen, oder Dem, zu deſſen Ehren fie gehalten wur⸗ 


en, 3. B. bet Leichenbegängn niffen , Ruhm und Anſehen fchaffen wollte, waren - 
rurifchen Urfprunges u. in der ehemaligen Gewohnheit g bet, dei bei einer Lei⸗ 
yenfeler Gefangene dem Verſtorbenen als Opfer zu ſchlachten. Denn audy in 


tom w fi bei —— Ige aber wurden 
e als —— —— Kia ehtien Delete. — 


Be Bläfer—Gfafey. 


| . 
; 
5 


den U 2 lich an den 
Snnrustien Du Defer Mhdr wurden Gr the auf Haile Soßen, 
—— — unterhalten. Die Anfänger — wurden 
dechtern (lanistae) unterrichtet, und das Einüben vermittelft 


nn 38 Waffe (rudis) hieß batuere. Weder bie Bew 
die Art zu Tämpfen war bei allen ©. ————— vielmeht — 
* verfchtedene Gattungen genannt 
galiiſcher Krieger in fehwerer Bewaffnung, denen —— 
ces, er thratifche Krieger, — — Retiari u. Secutores 
mit einem Rethe zum Fangen bes dieſe mit —— leichten Wi 
(euspis) verfehen; die Essedarii kämpften von Kleinen We * herab; ach 
Höhen Kap Maar, Ka 5 ————— 
ent en fe, fe 
einander auf. Dr Anzahl der Paare war — — aber im 


— 


Frese 


Balınlfe, wie bie Relgun, der. Römer zur ſchwent ‚haupt. — 
m gewöhnlid auf Leben u. Tod, wenn ni uſchauer das 
Leben u sa —— Die Dauer der ie & 


Kämpfe aufzuführen, läßt fich gang beflimmt angeben; — begann nd in 
Juhre 490,0. Gi, io M. u, Der, B Brutub zur Beim idyenbegängniffe 
Vatero 3 Paare ©. kämpfen Meßen, u. enbigte durch * nen des Kaiſen 

Gonftantin des Großen im Jahre 313 v. Chr. 

Gläfer, Sranı, — — — — ae zu Su 
genial in Böhmen 1798, war querft —— —— 

erhielt feine weitere muftatifee Ausbildung Die u am —— 

a u, ging von da 1816 nad — wo er zwei Jahre fpäter Kapellen 
Mer ame Sofeokfibter Sh jeater wurde. 4830 vertaufchte er biefe Stelle mit da 
eines Ravelimeiere am —— —— zu Berlin u. 1842 wurde er af. 
= jegige Stelle nach Kopenhagen berufen, Er componirte viele 

manzen, Opern und Lofalfpiele, worunter: Heliodor, die fleinerne 
Peter Stieglig, bie Brautfchau, der Bernfteinring, des Adlers Horſt, ber Ratten 
fänger von Hameln u, das zuge des Teufels, 

Glätte oder Bleiglätte ift das, Selm Abtreiben GAusſcheiden) bes file | 
haltigen Bleies erhaltene, geſchmolzene Bleioxydul, welches, je nady Der dunllam | 
ober heileren Farbe, auch Gold» oder Silber⸗G. genannt wird, ſtets mit 
fremdartigen Subflangen vermengt ift u., je nach dem Progentgehalte an Blei, „ 
Bleigewinnung, zur „zöpferglafur und einigen anderen technifchen Zwechen 
wendet wird. (©. Blei.) 

Glafey, Adam Friedrich, Hof» u. Juſtizrath und geheimer Archivar a 
Dredden, 1692 zu Reichenbach tm Boigtlande geboren, ſtudirie in Jena die Rechte, 
wurde ‚Hofmeifter bet den Herren von Tümplirg, habilitierte. fi dann als Prir 
vatbocent zu Leipzig u. Halle, und fam 1726 in feiner obengenannten © 
nad) Dresden, wo er 14. Zult 1753. farb, Als Bhtiefoph, iftorifer u. Vul 
ciſt hat er mehre ſchaͤzbare Werke gefchrieben. „Vernunft- u. Vöilerrecht,“ Franl⸗ 
furt u. Leipzig 1723. Die beigefügte Geſchichte, befonders: „Bollftändige Ge— 
ſchichte des Redıs der Vernunft,“ Leipzig 1739° Dann folgte die 3. Ausgabe des 
Naiurrechts“ befonders, Frankfurt u. Leipzig 1746, alddann das „Bölferrecht”, 
ebendaſ. 1752, „Kern der Gefchichte des hohen fur» und fürfilichen Haufes zu 
Sachſen,“ mit Urkunden u. Kupfern, Frankfurt u. Leipzig 4721, Nürnberg 1753. 
Historia Germaniae polemica, oder Kern ber beutfchen eichögefcichte, — 
u. Leipzig 1722, Theatrum historicum praetentionum et — il- 
laetraium, ober hiſtoriſcher Schauplag der Anfprüche. u. Gtreitigleiten hoher Be 
tentaten ıc., 2. Auflage, Seite 1727. Pragmatifche Geſchichte der Krone Böh- 
zn shenbaf, —8 eng 3 ei En hrsg wur bat — 

ervolllommnung ber ſenſchaft jetragen hatte, durch 
übungen um ve verein. 


N 


Slarıs, 87 

Glarus oder Glaris, einer der kleinſten und ber Rangerunung, nad) der 
achte Banton der ſchweizeriſchen Eidgenoſſenſchaft, liegt in den hohen Wipen und 
gränzt nördlich und oͤſtlich an den Kanton St. Gallen, fühli an Graubündten 
u. weſtlich an Uri u. Schwyz. Sein Fläcyeninhalt, bei 21[IJM., beſteht bei- 
nahe nut aus Berg und Thal, und kaum der fünfte Theil deffeiben iR für den 
Aderbau geeignet. Man kann das Land in ein Hauptthal u. drei Rebenthäler 
abtheilen. Jenes zieht fi) von der Gegend zwiſchen dem Wallenſtädter u. Zürts 
her See, der Linth nach, aufwärts, in der Richtumg von Nordoſt nad) Südweſt 
tn die hoͤchſten Gebirge (den Tödi, den höchften Berg des Landes, u. das Schle⸗ 
horn) hinein; von biefen lieat ſüdlich das Sernft» und nördlid das Klönthal, 
Alle führen der Linth Bewäffer zu, die bei Ungeiwittern Rark und verheerend tn 
die Ihäler fleigen. Bon Seen tft, außer dem an der Bräne liegenden Wallens 
ſtaͤdterſee, noch der Klönthalerfee zu nennen. — Bon den Einwohnern, deren es 
fammtzahl fidy auf 31,000 beläuft, find bei 5000 Katholifen, die übrigen reformirt. 
Sie zeichnen fi) durch Bewandtheit u. Thätigkeit vortheilhaft aus u. find theils 
irten, theil® Aderbauer, theild Fabrikvolk mit allen Eigenſchaften dieſer Glaffe. 
an baut auf dem Thalboden, der gegen das Gt. Galliſche hinein milderes 
Klima hat, etwas Wein u. Getreide, Obſt allenthalben in den Thälern bis zu 
bedeutender Höhe; doch machen Viehzucht und Fabrikation die Hauptnahrunge- 
zweige aus. Im Sommer werben 7 —.8000 Kühe, viele Ziegen u. über 5000 
Schafe auf den Alpen, und im Winter werden von erfleren 4 — 5000 ernährt. 
Das Blarner Rindvieh if nicht groß, da für die Veredelung beflelben nody zu 
wenig gefchieht. Der befannte grüne Käfe, Schabzieger genannt, wird hier am 
Beſten bereitet u. jährlidy mehre taufend Eentner davon aus dem Ganton aus⸗ 
eführt. Gemſen u. Murmelthiere, auch Auerbähne und wildes Geflügel übers 
Paupt, find ziemlich Häufig. Die vorzüglichftien Fabriken verfertigen und bruden 
baummollene und leinene Zeuge; auch werden wollene Tücher in guter Qualität 
fabrizitt. Außerdem wird Handel mit Hol; und Schieferplatten getrieben; viele 
Ölarner wandern audy aus, um tn entfernteren Ländern ihre Unterkunft u. ihr 
Glück zu fuchen. Aermere handeln mit Schiefertafeln und Gebirgäfräutern, nas 
mentlich mit dem bier wachſenden Schweizer⸗ oder Glarner⸗Thee. Zuwellen gehen 
die Landesprodukte, jedoch heutzutage feltener,. als früher, auf Schiffen, die in 
Zürich ausgerüſtet werben, at Holland. Seit mehren Jahren wird aud das 
fhwefelhaltige Braunwalderwaſſer ausgeführt. — Die Berfaffung des Cantons 
if rein demokratiſch; die hoͤchſte Gewalt übt die Landögemeinde, weldye aus 
allen freien Landleuten der 17 politiſchen Gemeinden oder Wahltagwen befleht, 
und fidy je am erſten Sonntage im Mat, nom Landammann geleitet, ordentlich 
„verfammelt. Bor der Berfaflungsänderung (1836) waren bie Rechte der Ka⸗ 
tholifen u. Reformirten durch befondere Behörden, aus Mitgliedern ihres Glau⸗ 
bens beftehend, vertreten; jet bat die Alles abgleichende Neuzeit audy hier Gon- 
formität herzuſtellen gewußt, u. es gibt feine befonberen Raͤthe u. Berichte mehr 
nad dem verfchiedenen Glaubensbekenntniſſe. Der Landrath, von der Landsge⸗ 
meinde erwählt u. aus 47 Mitgliedern zufammengefeht, iſt die oberfte Vollziehungs⸗ 
behoͤrde. Gr wirb in 7 Rathscommiſſtonen ge eilt, deren eine die Standes⸗ 
Commiſſton if, weldye die weniger erheblichen Regierungsgeſchaͤfte beforgt, 
aus adyt Mitglienern, den Landammann an der Spitze, zufammengefeht iſt und 
von ber Landesgemeinde unmittelbar felber erwählt wird. Wichtigere Staats⸗ u. 
Regierungdangelegenheiten aber werden vom dreifachen Landrathe, aus 119 Glie⸗ 
dern beftehend, behandelt. — Die richterliche Gewalt wird in jedem — 
durch ein Bermittleramt, ferner fuͤrs ganze Land, ohne Unterſchied der Con⸗ 
feſſion, durch ein Civil⸗ und ein befonberes Eriminalgericht erſter Inſtanz 
und ein Appellationsgericht ausgeübt. Daneben befteht für Gheftreitigkels 
ten u. f. w. ein Ehegericht; für Streitfälle wegen unbeweglichen Gutes, welche 
die Beaugenfdyeinigung defielben dern, en Augenfcheinsgericht. Jedoch hat 
jeder Confeffionstheil, wie fidy dieß von ſelbſt verfieht, im kirchlichen Angelege”" 





88 Glarus. 


Fear feinen beſonderen Kirchenrath. In weltlichen Angelegenheiten 
ſind fämmtliche Geiſtliche, katholiſche wie reformirte, den Geſehen und 
des Landes unterworfen u. haben den Eid der Landestreue zu ſchwoͤren (f. u.). 
jeder Tagwen felne örtlichen Behörden, wählt jede Kirchengemeinde auch ibee 
Geiſtlichen felber. — Zum Bundesheere flellt &. 382 Mann und zablt 3615 
Schweizerfranken in die eidgenöffliche Kriegscaſſa. — Geſchichte. Zu ben 
eiten der Römer war ©. wahrfcheinlih ein Thell von Rhätten (f. ®.). 
ften chriſtlichen Jahrhunderte kam es unter die Herrfchaft fraͤnkiſcher Gra⸗ 
fen, und zu Ende beffelben erſchien der heilige Fridolinus ci. d.) im Lande, 
fehrte die Einwohner zum Chriſtenthume und ſchenkte G. dem von ihm geßifr 
teten Klofter Sädingen, worüber die Kaiſer ſelbſt Schirmvögte waren u. ihre Ge 
walt nad) u. nach fo ausbehnten, daß Kaiſer Friedrich IL 1173 das Stift des 
wog, feinen dritten Sohn, den ‚Bialigrafen Dtto von Burgund, zum Bogte aw 
zunehmen, nad) defien Tode diefe Würde dem Grafen von a n. fo dem 
Bauie Defterreich anheimfiel. Kaiſer Albrecht 1 ließ ſich 1290 vom Gifte 
lich damit belehnen u. feßte Landvögte ein, deren hartes Berfahren &. 1332 
vermochte, fidh mit der Eidgenofienfchaft zu verbinden. Rad langen Kämpfen 
mit Deſterreich errangen endlich die Glarner — nachdem fie ſchon vorher we 
ae veriagt hatten — durch die Schlacht bei Näfels, 2. April 1388, 
Freiheit, worauf fie 1395 audy die Oberherrlichfeit von dem 
1415 erlangte ©. endlich vom Katfer Sigiemund die Bekräftigung feiner Sreb 
heiten u. theilte von nun an die Schickſale der Eidgenofienfchaft. Bon 1506— 1516 
war Ulrich Zwingli cf. d.) Pfarrer in G.; der größte Theil der Be 
wandte fid) der neuen Lehre zu u. 1530 war nur noch [6 katholiſch. 
Olaubenstrennung gab zu vielen bebauerlichen Zerwürfniffen Anlaß, u. erſt 1683 
kam zu Baden eine Einigung zwifchen beiden Theilen zu Stande, die num unge 
ört u. rubig neben einander lebten. — Nachdem ſchon im vo hun derte 
udolph Meyer in Aarau auf die Entſumpfung ber unteren Gegend bes Law 
des aufmerkfam gemacht hatte, wo der unbändige Linthfluß ſeit Jahrbunderten 
mit dem fortgerifienen Felsſchutte der Gebirge die Gewaͤſſer des Wallenſtaͤdier 
Sees aufgeflaudyt u. das ganze Land bis zum Zürtcdherfee in einen ungeheweren 
Sumpf verwandelt hatte, erneuerte Hans Conrad Efcher (ſ. d.) 1805 biefen 
Auf, und die Schweizer — diefmal als Nation fidy zeigend — fleuerten durch 
‚ten gegen 14 Milltonen Franken zufammen, um das damals größte eures 
päifche Werk der Waflerbaufunft zu unternehmen. Eſcher felbR, dem das banl; 
bare Baterland nachher den Beinamen „von der Linth“ eribeilte, leitete bie Ur⸗ 
beiten. Ste begannen im Jahre 1807; fünf Jahre fpäter fanden fie vollenvet. 
Ein ſchiffbarer Kanal mit 8. Schuh hoben Eindaͤmmungen lenkt, in einer Strede, 
von mehr denn 19,000 Fuß, den wilden Berafirom vom Dorfe Mollis um 
Wallenfee, und ein anderer leitet ihn, im einer Ränge von 52,000 Schub, dem 
Züridyer See zu. Der weite Thalgrund warb troden, die Luft von verpeſtenden 
Dünften rein und ein Flächenraum von mehr denn 20,000 Morgen Landes 
für den Anbau erobert. Inmitten der neu angrünenden Sandfdaft hob MR 
allererfi eine Erziehungsanftalt für die dem Vettel entrifienen Kinder der 
a Familien vom Canton G., alfo, daß mit der phyſiſchen Entfumpfung bie 
tdye verbunden ward. Sn diefer kleinen Colonie, weldye durch ——— 
der Schweizer zugleich einen Grundbeſiz von mehr denn -100,000 Klaſtern 
des zur Anpflanzung empfing, wurden feitbem alljährlich vierzig arme Knaben 
erzogen, unterrichtet u. zur Landwirihſchaft u. mandherlei Handwerk, Kunf und 
Gewerbe gebildet. — Der 200jährige Friebe, der zwifchen den "Ungehörigen bei- 
der Gonfefionen bier geberrfcht Hatte u. deſſen Hauptgarantie bis dahin der Um; 
fand gewelen war, daß dad Recht nicht nady Köpfen zugemeffen war, fonbern 
die Katholiken, obgleidy nur etwa 4 der Befammibenälferung, deſſen fo. viel ber 
faflen, als die Proteſtanten, wurde ernfilidy geflört, als die Badener Gonfe 
ven; (f. d.) im Jahre 1834 an die Gtelle ber wohl eriworbenen Unabbängigfelt 





# 


Ä 


3 


Glarus. 829 
der Kirche vom Staate eine moderne Omnipotenz des letzteren fehte, vergleichen 
wir fie dermalen an fo vielen Orten, namentlidy aber in der vom Radicaliemns 
fo ganz durdhfäuerten Schweiz, gleidy einer Wucherpflanzge emporſchießen ſehen. 
Die Protefationen und Berwahrungen hiegegen von Selten der Bedrohten und 
ihrer gefeglichen Leiter, der Beiflichkelt, wurden mit den beliebten Wörtern „bla 
fenumtriebe” und „Jeſuitenſchliche“ bezeichnet. Die neue Berfafiung von 1836, 
weldye G., dem Mufter anderer „regenerirten“ Cantone folgend, Fe zu geben 
für gut gefunden hatte, follte von der katholiſchen @eiftlichkeit unbedingt beſchwo⸗ 
ten werden. Da erklärte der apofolifche Berwalter des Bisthums Chur, zu 
deſſen Sprengel ©. gehörte, dem Landrathe und befahl audy den Prieftern, ba 
der verlangte Eid nur mit dem Borbehalte geſchworen werden dürfe, „daß bur 
die neue Berfaffung die Kircyengefege und die katholiſche Religion nidyt verlegt 
würden.” Diefe weife und von feiner Pflicht gebotene Borfidyt des geiftlichen 
Hitten, in einer Zeit und in einem Rande, wo fo viele offene u. geheime Feinde 
der katholiſchen Kirche jeden Tag erfiehen u. Attentat auf Attentat egen diefelbe 
bäufen, machte böſes Blut bei den durdhleuchteten Geiſtern der Au ng, und 
man erfann eine neue LiR, die Katholiken in die Kalle zu loden. Bis in bie 
Mitte des 17. Jahrh. hatten beide Eonfeiftonen den Jahrestag der Schlacht bei Ri 
fels gemeinſchaftlich gefeiert; aber von da an gefchah dieß von jeder beſonders, u. 
zwar war die Trennung von den Proteftanten ausgegangen u, durchgeſetzt worden. 
Im Jahre 1836 aber, dem Jahre der „Reform“, wo fo Vieles, was bisher feinen 
eigenen Weg gegangen war, wieder auf den breiten Weg der allgemeinen Abs u, 
Ausgleichung zur gefübrt wurde,. wurde auch die Näfelfahrt wieber gemein- 
* gehalten. 8 war dieß fein Aft aroßartiger Ausſoͤhnung, fondern zeit 
geifieher Differenz; darum erſchien, ald 1838 dieſer Feſttag wieder auf die eben 

erfte Welle begangen werven follte, am 27. Mai ein Schreiben des Biſchofs 
Boſſi von Ehur, das den Katholifen umterfagte, den Tag von Näfele gemeins 
ſchaftlich mit den NReformirten zu feiern, indem der hochwuͤrdigſte Biſchof darauf 
binwies: „wie wenig in gottesdienſtlicher Feier, als dem erfien und weſentlichſten 
Theile jeber Religion, fa eine Gemeinſchaft zwiſchen unter fid) geſchiedenen 
Eonfeffionen vertrage, und wie bieß- insbeſondere niemals mit der Lehre ber 
tatholifchen Kirche, ihrer Anordnung und Uebung, vereinbaren laſſe.“ Die Regie 
rung nagegen ertheilte den Geiſtlichen firengen Befehl „nady alter Sitte (die aber 
fett faſt Jahren von den Proteflanten war aufgehoben worden) ihre vorges 
ſchriebenen Berrichtungen bei dieſer Feierlichkeit zu erfüllen” Die Geiſtlichkeit ge 
horchte, wie dieß ihre Schuldigfeit war, ihrem Haupte u. blieb weg; viele 
tholiten dagegen erfchienen, mit Kreuz u. Fahnen an der Spite, ohne ihre Geiſt⸗ 
lidyen. In der Feſtrede des Landammanns Schindler, worin in einer, auf den 
ſchlichten Sinn des Landammannes wohlberechneten, Weiſe viel von Patriotismus 
u. Emtracht die Sprache war, wurde wacker auf das „Pfaffenthum“ losgezogen 
und ſchon der 19. April gebar einen Regierungserlaß, des Inhalte: weil Se. 
Hochwuͤrden, der Biſchof und proviſoriſche Wominifirator, Hr. Georg Bofft, feine 
Amtsgewalt zur Gefährdung des Landfriedens u. der Gefege mißbraucht habe, u. 
um die Rechte des Staates gegen neue Gingriffe des Hrn. 3. G. Boffl 
zu flellen, fölle von Stund an die proviforifche Verbindung mit Sr. Hochwürnen 
aufgehoben, ihm alle un tn die fatholifchstirdhlichen Angelegenheiten des 
Cantons unterfagt, von ihm amtliche Mittheilungen anzunehmen oder zu vers 
breiten geiſtlichen u. weltlichen Einwohnern des Landes bei ſchwerer Verantwort⸗ 
lichkeit verboten und Anſchluß an ein anderes fchweizerifches Bisthum eingeleitet 
werden. Hiegegen erließ der Bifdyof eine energie Broteftation, worin er u. A. 
erlärte, daß die bifchöfliche Verwaltung von ©. ihm nur vom Papfle, von dem 
er fie erhalten, abgenommen werben könne; audy der päpftlidye Runtius verwahrte 
die Rechte der Fatholifhen Kirche und verlangte Zurüdnahme des landräthli 
Beſchluſſes; vergeblich, der Radikaliomus hatte g t. Bier gewiſſenhafte katho⸗ 
liſche Prieſter, denen das Wort ihres Bifchof6 Fein leerer ER geweſen, wurs 





“ 


686 1 Glarıs ng Glas. 


* 8 AR ran überwiefen, theils für immer, theils auf Dan 35 
entfegt und zur Zahlung der Gerichtskoſten verurtheilt. m! 
——ã— wi B heran Boffi wurde durch einen Vertrag vom 22. Auguſt 
der proviforifche Wiederanſchluß von ©. an das Bistkum Chur be Wu 
die Geiſtlichkeit verpflichtete ſich zu Eidesleiſtung auf die Berfafiung gegen bie 
Erklärung des Landraths, dag mit dem Berlangen Fr Nichts begehrt werke, 
was der katholifhen Religion u. den Rechten der Kirche entgegen wäre. Bon da 
an kam es zwar zu Teinem heftigen —5 mehr zwiſchen den beiden Gonfeffione; 
indeflen zeigten doch die derzeitigen Machthaber bei jeder Gelegenheit, wie 3 ® 
aus Anlaß der aargauifchen Kloͤſteraufhebung, des Berlangens der Katholiken um 
Zulaffung von Miſſionen in Näfele u, des ——— der en hung bes Zufli- 
tuts der barmberzigen Gchweftern (als Affillirten der Sefuiten!?), Durch ihre 
Weigerung, ‚daß fie nicht gemeint fet, die Rechte der katholiſchen gtaatöblige 
als ebenbürtig mit denen des Protehantismus anzuerfennen ; u. fo iR denn auch 
in dem früher fo friedlichen Ländchen ein Zankapfel erwachien, der nur eines uw 
fan en Anlafies bedarf, um bingeworfen u. — von wem zuerſt, ſteht + in 
ukunft — aufgehoben zu werben. 
Glarus, der Fleden, Hauptort des Gantons, mit 4700 dintwohnern, Bon von * 
bie rößere Mehrzahl Reformirte find, an der Linth, in einem engen Thale 
uße hoher Felienflöde, dem Schiu gegenüber u. nordoͤſtlich vom län 
—2 vom Wiggis. Unter den vielen anſehnlichen Gebaͤuden zeichnet A vr 
allen die gothiſche Hauptlirche aus, in weldyer beine Gonfeiflonen 
dient halten, ferner Das Rathhaus, Schulhaus u. das Hofpital. Es —** uch 
G. viele Lebhaftigkelt u. Zabrikthätigkeit, beſonders in m u. Tuch, Baum 
wollefpinnereien und Käfemühlen, in denen der Schabzieger verfertigt wire, ſewie 
mehre Bleihhen. ©. iR auch Geburtdort mehrer um das Geſammtvaterl aub ver 
dienter Männer; ferner findet man bier eine Bibliothek u. mehre f 
Priv atfammhungen. In der Umg —— gitt es viele a ngenehme änge 
u. Standpunkte mit herrlichen Fernfichten. Bel der Kapelle auf dem Burgbäge 
überfieht man den Fleden u. feine —e Ein lieblicher Schattengan En 
nad) Ennenda. Belohnend iſt das Srfeigen der Scheye, des höhe 
des Rigt, welchen man von ©. aus In fünf Stunden erreicht. Nabe legen * 
Fr nt ihrer romantifchen Natur berühmten Shäler, das Klöns, Linth⸗ und 


ernft⸗ 

Bit {iR jener bekannte, leicht zerbrechliche, meiſt kryſtallhelle u. d 
gewoͤhnlich farblos, waſſerklar, od auch in In nen bunten ——— 
mende Koͤrper, der in Folge vieler enfchaften, ſowie 1 wegen feiner iger Be 
durch Wafler u. felbft durch härtimea Eäuren, zu einer Menge 
wendungen im el —— once in Der Technik zu verſchiedenen 
brauchbarſten, oft allein anwendbaren Stoff bietet. Das G. iſt einer von * 
jenigen Körpern, deren Erfindung nothwendig vorausgehen mußte, deren Anwes⸗ 
dung nothwendig allgemein, wie bie des Eins, verbreitet jenn, mußte, che die 
Givilifation, die Cultur u. Ausbildung der Inbufrie „ieienige H ——— erreichen 
konnte, auf der fie fidy befindet u. die Be noch zu — 
niederen Stufe würde ſich ohne dieſen, gervaltig Mir die menſchlichen Societaͤu⸗ 
Verhaltniſſe eingewirkt habenden, Körper noch Immer die Aſtronomie, bie Phyſi 

one 02 Chemie befinden, deren Fortſchritte wieder die des ganzen Denfi 
cl „pelchleunigt, unterfügt und befördert haben! Zu —RX iſt es einer der 
wenigen Körper, die mit ihrer enormen Rützlichkeit wel eine allfeitig un 
kannie Schönheit verbinden; welches reiches Material bietet biefer Körper 
Comfort und dem Luxus? Seine — ſind om Beientiie en * 
Ktefelerde u. —* etabiliſches oder M gralkall, Potaſche oder Natron, 
die in gewiſſen ſtöchtometriſch beſtimmten Berhältniffen beim ke Oläbfener 
zufamm —A— — werden. Die Fabrikanſtalten, in denen dieſe S 
u, die e Berarbeitung der geſchmolzenen Maſſe zu ben verfchiebenen 










Ir 


Glas, 83 
als Tafel over Hohls®., vorgenommen werden, begreift man unter ber Be- 
zeichnung Blashütten. Die Erfindungsgeſchichte dieſes fo wichtigen Körpers, 
wie fie ver Römer Plinius erzählt, iR befanntlicdy die, daß phöntzifche Kaufleute, 
weldye Natron aus Aegypten führten, fidy eines Tages an den Ufern des Belus 
lagerten u. beim. Anzünden eines Feuer Stüde Natron als Roft ober Dreifuß 
brauchten, weldye dabei mit dem Sande, auf dem das euer unterhalten wurde, 
zu ©. zufammengefchmolzen. Die Anwendung u. Berbreitung des G.es gi in⸗ 
defien in jenen Zelten nur langſam vor fidy, jo daß man noch im 3. u. 4. Fahr⸗ 
hunderte der chriftlichen Zeitrechnung noch an wenigen Drten Senfterfcheiben hatte; 
etwas ſchneller ſcheint fi) die Anwendung zu Gefäßen verbreitet zu kaben. Die 
ſchnelle Verbreitung abgerechnet, war man aber doch ſchon Im grauen Witer- 
thume fehr weit in der Fabrikation dieſes Körpers gelangt; man kannte audh 
fhon die Kun, dad G. zu fchneiden, zu graviren u. zu vergolden, u. fabricirte 
Kon farbige Glaͤſer, durch welche man die Evelfteine nachzuahmen fuchte. Die 

ömer wendeten dad ©. zu vielfachen Zweden an. In Herfulanum hat man 
Senftergläfer aufgefunden, welche offenbar ſchon auf ähnliche Weiſe geblafen 
worden feyn müflen, wie dieß jetzt noch gefdhieht. Im 12. und 13. Jahrhunderte 
Sam die Kunſt der G.⸗fabrikation durch die Kreuzzüge nad) Europa und wurde 
da befonders in Venedig cultivirt, blieb auch lange onopol der Stadt, bis fie 
endlich durch Colbert aud in Frankreich heimiſch gemacht wurde; erſt fpäter 
machte man in England die großen Kortfchritte in dieſem Induſtriezweige. Kür 
Deutichland Hat fi) namentlich Böhmen in der Kun der ©. bereitung große 
Berdienfte erworben, fo daß die böhmifchen Gläſer in der ganzen cultioirten 
Welt Anerkennung und Berbeeitung gefunden haben. Im Gr wird das ©. 
aus Kiefelfand oder eifenfriiem, reinem Quatze, mit PBotafche oder Soda, in be⸗ 
Rimmten, mei durdy Erfahrung und Verſuche als gut befundenen, Berhältnifien 
bewirkt, &toffe, wie Kalt, Bleloryb, Thonerde, Arſenik, Braunften, Eiſenoxyd, 
fpielen eine große Rolle dabei, indem man mittelf derfelben dem aus den oben- 
enannten Hauptbeſtandtheilen beftehenden ®.e befondere Gigenfchaften,, wie 
eichtere Schmelgbarkeit, Härte, befondere Rücnncirung der Durchſichtigkeit 
ober der Färbung u. f. mw. beizubringen verſteht. Da die Mifchungsverbältnifie 
der Ingredienzen meift durch vielfältige Verſuche, bie eine‘ &.shütte nach u. nad 
macht, um beftimmte G.⸗ſorten möglichft gut und billig berzuftellen, aufgefunden 
worden find, fo berrfcht auch auf den verſchiedenen Werfen meift eine Berfchie- 
denbeit in dem, für eine u. dieſelbe ®.-forte angetvenbeten, fogenannten G.⸗ſatz, 
worunter man eben bie Duantitätöverbältnifle der einzelnen Ingredienzien verfleht. Letz⸗ 
tere werben zur Borbereitung für die S melgung eingepulvert, gefiebt, innig mit 
einander vermengt u. dann gebrannt, was man fritten nennt, fo daß fle zu einer 
noch nicht völlig efhmolgenen Mafie zuſammenſieden. Diefe Maſſe wird nım in 
großen feuerfeften Gbongef fen, die man G.,häfen nennt, in einem beſonders dazu 
errichteten großen Dfen, dem ®.sofen, geſchmolzen u. wenn die Schmelzung voll 
Rändig erfolgt ift, nody einige Stunden flüffigen Zuftande erhalten, wos 
durch die G.maſſe blafenfrei wird, dabei der auf der Oberfläche fih anfam- 
melnde Schaum, die fogenannte ®.sgalle (f, d.), abgenommen und dann welter 
nun die flüfflge G.⸗maſſe, je nady ihrer Beſtimmung, zu Tafels oder Hohl⸗G. 
verarbeftet. e der Form nach fertigen ®.swaaren werben nun wieber in einen 
befonderen, ebenfalls Rark geheizten Dfen, den Kühlofen, gebracht, wo fie lang- 
am verfühlen müflen, weil das G. fonft fo fpröde wird, daß es bei ber gering- 

n Temperaturveränderung oder barauf wirkenden Gewalt zerfpringt. Je lang⸗ 
famer und forgfältiger ein G. gefühlt worden if, deſto haltbarer iſt es. Gutes 
G. iſt aͤußerſt Klar u. vollfommen in blafenfrei, elaftifch u. Elingend u. 
wird, außer etwa von ſtarken Laugen ägender Alkalien, nur von der Klußfpathfäure, 
die deßhalb auch zum G.⸗aͤtzen benüpt wird, übrigens aber von feiner andern stäffg- 
fett unter gewößnlicen Berhältnifien angegriffen. Im Allgemeinen theilt man das ©. 
ein in weißes u. grünes, Bon erſterem unterfcheinet man, nach den verfchlebenen 


m 


s82 | Glas. | 
Graben feiner Durchfichtigfeit u. feines ehe ke weißesgenker 





&,, Kryſt all⸗G., Flint⸗G., Eromn-®. Außer Dielen bat man nody eine 
anderer Bläfer, wie 3. B. das Email cf. d.) u. G.-Klüffe (f. d.), ferner Das 
fogenannte Milch oder Bein-®., ein mattes, burdhfcheinend michweißes &, 
weiches man dadurch erhält, daß man beim Zufammenfchmelgen ver G.⸗Maſſe 
weiß gebranntes Knochenmehl zuſetzt. Diefem aͤhnlich iR das Reaumur'ſche 
. oder fogenannte Borzellan-®., weldyes durd das egenanzte Entglaſen 
der G⸗Maſſe hervorgebracht wird. Endlich ik noch eine, neuerer Zeit in 
Aufnahme gekommene, G.Compoſition zu erwähnen, nämlich das Waffer-&, 
von feiner Auflösbarkeit im ſtedenden Waſſer fo benannt, eine Eıfindung des 
miters Fuchs in München. — Hinfichtlich ver Seugung vr w und 
Ren G⸗Sorien in größter Menge u. billigen Preiſen, behauptet. Böhmen unter 
allen Ländern des ganzen Gontinents ven erfien Rang, fo wie es früber lange 
eit einzig Benedig war, was genannt wurde, wenn von feinen ©. Sachen 
be war, fo daß heute noch, wenn von venetianifchen Spiegelgläfern die Rebe 
iR, der Begriff von etwas Mußgereichnetem, vorzüglich Gchönem fih daran reift, 
| ji längft fchon auch diefer Zweig der G.Fabrikation fi) an andern Orten 





iſch gemacht hat, fo daß venertantiche Spiegelgläfer nur ned) alB Raskäten 
aber \ Pr ——ã— —e Ye— be * r auftreten, indem für u Ba . 
weitem nicht mehr in dem früheren Flore befindlichen, G⸗Fabriken daſelbſt 
haupt faft nur noch Griechenlaud u. Wegypten, nächſt Brafilien, gute Kunden 
geblieben find. Die G.⸗Fabriken Böhmend verforgen eine Menge anderer Laͤnder 
mit ihren Fabrifaten, namentlich gehen dieſelben, außer nad) allen Ländern Deutfd- 
lands, nach Spanien, Portugal, Italien, viel auch nad) der Levante u. im gr 
fen Mafien nad Am und zwar über Trieft, Hamburg um. a. ge pe 
Die großen Kortfchritte, die man In jenen Zabriten tm Schneiden, L 
Bergolvden gemacht hat, fowie in der G⸗Epinnerei und namentlidy “au der 
Kunfbläfere in buntem G.e, ſowie auch in der außerordentlichen Bervolliemm- 
nung ber Dernorbringung der. fchönften Farben in den bunten Beten ** 












ſtaͤnden, verſchaffen Böhmen in dieſem Artikel einen lebhaften Abſaß. Die 
der böhmifchen ©. Fabriken beläuft fid) auf 80, deren jährlihe Geſammt 
tion einen von 64 Millionen fl. bat. Im Ganzen hat Defkerreich gegen 
250 ©. Habrifen u. führt aus: an Hohl⸗G. über 100,000 Eir., an Krufall und 
gefchliffenem G.e im Werthe von 8 Millionen fl. C. M., G.⸗ und Gchmelzyerlen 
über 18,000 Etr., an optifcdhen Glaͤſern für mehr als 16,000 fl. Ein führt «8 
viel Bruch⸗ G. — G.⸗Scheiben — und zwar Belaufe von 50,000 IL, er 
ſchließlich einer unbedeutenden Duantirät optifcher Glaͤſer, namentlich Ylint:®., 
u. dieß vorzüglidy von Bayern her, woher auch mittelſt der Donaufchifffahrt das 
meiſte Bruch ®, zugeführt wird. Außer Oeſterreich, deſſen fümmtlihe G⸗Fabri⸗ 
Tate gewöhnlidy im Handel als böhmiſches G. curfiren, ift es namentlich England, 
weldyes auch in dieſem Induſtriezweige maflenhaft producirt und zugleich einen 
Ruf für feine derartigen Produlte ſich erworben, indem es, außer vorzüglichen 
Spiegel⸗ u. Fenſter G.e, auch vorzüglidy reines u. fchönes Kıyflall-®. als ls 
©. Itefert. Die Hauptfiße der Fabrikation für legteres, fowie für Crown⸗G., find: 
Rewcaſtle, Birmingham u. South⸗Shilds, für Flint⸗G. Dudley, Stourbridge, 
Liverpool, Briſtol, für G.⸗Waaren im Allgemeinen London, Mancheſter, Leeds, 
Leith, Glasgow, Dublin, Coik, Waterford u. m. a. Die geſammte jährliche Pro⸗ 
duction an Flint⸗G. beträgt ungefähr 80,000 Etr., Spiegel:®. 20,000 Et. 
Grown.®, 125,000 Eır., grünes Hobl-@, gegen 400,000 tr. Der Gefammtverih 
der Fabtikation fol die Höhe von 14—15 Millionen Thlr. erreichen. Im dent 
ſchen Zollvereine iſt es, naͤchſt Bayern, namentlich Preußen, was bedeutende ©. 
Hütten bat, 116 an der Zahl, wovon der größte Theil auf Schieften kommt, 
wo ſich auch Anfalten zum Schneiden u. Schleifen, wie 3. B. zu Warmbrum 
u. a. a. O. finden; — zu Neuſtadt an der Doſſe, Friedrichsthal 
Bayern bat ungefähr SO G.⸗hütten, wovon auf Niederbayern 18 kommen, 150 


BZ rt WB - — —* 


4J 


Glas. 83 


ale Tafel- oder Hohl⸗G., vorgenommen werben, begreift man unter ber Be- 
zeichnung Blashütten. Die ndungsgefchichte dieſes fo wichtigen Körpers, 
wie fie der Römer Plinius erzählt, iR befanntlicy die, daß phöntzifche Kaufleute, 
welche Ratron aus Aegypten führten, ſich eine® Tages an den Ufern des Belus 
lagerten u. beim . Anzünden eines Feuers Stüde Natron ale Roft oder Dreifuß 
brauchten, welche dabei mit dem Sande, auf dem das Feuer unterhalten wurbe, 
zu ©. zufammengefchmolzgen. Die Anwendung u. Verbreitung des G.es ging in⸗ 
deſſen in jenen Seiten nur langfam vor fidy, ey daß man noch im 3. u. 4. sah: 
Bunverte der duriftlichen Zeitrechnung noch an wenigen Orten Senfterfcheiben hatte; 
etwas ſchneller fcheint fidy die Anwendung zu Gefaͤßen verbreitet zu haben. Die 
ſchnelle Berbreitung abgerechnet, war man aber doch ſchon im grauen Alter⸗ 
thume fehr weit in der Fabrikation dieſes Körpers gelangt; man kannte aud) 
chon die Kun, das G. zu ſchneiden, zu graviren u. zu vergolven, u. fabricirte 
chon farbige Glaͤſer, durdy welche man die Edelſteine nachzuahmen fuchte. Die 
ömer wendeten dad ©. zu vielfachen Zweden an. In Herkulanum bat man 
Senftergläfer aufgefunden, welche offenbar ſchon auf ähnliche Weiſe geblafen 
worden feyn müflen, wie dieß jetzt noch gefchieht. Im 12. und 13. Jahrhunderte 
Lam die Kunft der G.sfabrifation durch die Kreuzzüge nad) Europa und wurde 
da befonder® in Venedig cultivirt, blieb auch lange onopol der Stadt, bis fie 
endlid durch Colbert aud in Frankreich heimiſch gemacht wurde; erft [päter 
machte man in England die großen Fortfchritte in diefem Induſtriezweige. Für 
Deufhland bat fich namentlich Böhmen in ber ber ©.sbereltung große 
Berbienfte erworben, fo daß die böhmifchen Glaͤſer der ganzen cultivirten 
Welt Anerkennung und Verbreitung gefunden haben. Im Gr wird dad ©, 
aus Kiefefand oder eifenfrıiem, reinem Duarze, mit Potaſche oder Soda, in bes 
immten, mei durch Erfahrung und Verſuche als gut befundenen, Berhältnifien 
etohrft, Gtoffe, wie Kalt, Bieloryd, Thonerde, Wrfenif, Braunften, Eifenorpd, 
fpielen eine große Rolle dabei, indem man mittel berfelben dem aus den oben⸗ 
enannten Hauptbeſtandtheilen beftehenden G.e befondere Gigenfchaften, wie 
eichtere Schmelzbarkeit, Härte, befondere Rüancirung der Durchſichtigkeit 
oder der Färbung u. ſ. w. beizubringen verfleht. Da die Mifchungsverhältnifie 
der Ingredienzen meift durch vielfältige Berfuche, die eine‘ G.⸗hütte nad) u. nach 
macht, um beftimmte ®.-forten möglihft gut und billig herzuftellen, aufgefunden 
worden find, fo berrfcht auch auf den verichiedenen Werken meift eine Verfchie⸗ 
denheit in dem, für eine u. diefelbe ©.-forte angewendeten, fogenannten ®.sfaB, 
worunter man eben die Quantitätöverhältniffe der einzelnen Ingredtenzien verſteht. Letz⸗ 
tere werben zur Vorbere - für die Schmelzung eingepulvert, geflebt, innig mit 
einander vermengt u. dann gebrannt, was man fritten nennt, fo daß fie zu einer 
noch nicht völlig geſchmolzenen Maſſe zuſammenfieden. Diefe Mafie wird num in 
großen fenerfeften Shongefüßen, die man G.ehaͤfen nennt, in einem beſonders dazu 
errichteten großen Dfen, dem G.sofen, geſchmolzen u., wenn bie Schmelzung volls 
ſtaͤndig erfolgt if, noch einige Gtunven im flüffigen Zuflande erhalten, wos 
durch die G.⸗maſſe blafenfrei wird, dabei der auf der Oberfläche ſich anfam- 
melnde Schaum, die fogenannte ®.sgalle (f. d.), abgenommen und dann weiter 
nım die näfige — je nach ihrer Beſtimmung, zu Tafel⸗ oder — 
verarbeitet. Die der Form nach fertigen G.⸗waaren werben nun wieder tn einen 
befonderen, ebenfalls ſtark geheizten Ofen, den Kühlofen, gebracht, wo fie lang» 
am verfühlen müffen, weil das G. fonft fo ſproͤde wird, daß es bei der gering- 
Temperaturveränderung oder darauf wirkenden Gewalt zerfpringt. Je lang» 
ſamer und forgfältiger ein G. gefühlt worben ift, deſto haltbarer iſt es. Gutes 
G. iſt äußerfi klar u. vollfommen Burmhtig. blafenfrei, elaftifh u. klingend u. 
wird, außer etwa von flarfen Laugen ägender Alkalien, nur von der Flußfpathfäure, 
die deßhalb auch zum G.⸗aͤtzen benügt wird, übrigend aber von feiner andern dutg 
keit unter gewöhnlichen Verhaͤltniſſen angegriffen. Im Allgemeinen theilt man pas ©. 
ein in weißes u. grünes. Bon erfkerem untericheinet aan, nadı von erkkiuinnun 








2 BER": 

Graben feiner Durchfchtigfeit — Sicht gnieabgmns: weißesgenkenr 
fi it Eromn-®, 

— en ar Gmail.» epläffe d fe —— 

— —J oder Bein⸗ G, ein —— = 


(2 ejel 
a weih 
tan 
—* und me —— rn. 
Mi — ————— Babri —— 
ken Er Siimand bererg on — 3* Ir 
en dal 
— — — nach —— 
———— EEE —* 
Ber dat, fon In 
in buntem G.e, —— —— er — 
a nah ng der fi — darben in den bunten 
biefem ach einen lebhaften 


jenen 
fänden, v⸗ Die 
der 0 ne beläuft fid) auf 80, deren Hide Sefamm 
tion ein en fl. hat. J — —— rei 
Fr —— * — ei. Pay der — 

em G.e im Werthe von per , Or u 

Ye — 18,000 Cir., an optiſchen en Ah — Di Ein führt 
Biel Brud- ©. — G.⸗Scheiben — und on 50,000 fl, 
ſchließlich einer unbedeutenden Duantirät —— Glaͤ Fang — Flint®, 


Bayern her, — D 
—— 


& im el ‘En 
ee EEE 3*— 
e 


wen es —* vorzügikhen 
Spiegel⸗ u. A me: en auch —35 u. ſchönes IB. ais 
fide der Fabrikation a yAraı-, fowie für Grow; G. Ash: 
Rewcafle, Sim Hi m.u. Gouth«OHild6, für Flint-G, Dudley, Gtourbrige, 
Xiverpool, Bi für G⸗Waaren im Agemeinen London, —— Leib, 
Sei, Giatgen, 3 2 Bu U, Get, Batrforb u, m. 0. Die gef jet Ba 
Duction an Flini⸗ an efähr 80,000 Gtr., en 20,000 
Crown · G. aan. 051. gi gen 400,000 Cr. De 
der Fabrifatlon fi fol die he m von 14—15 ilioner Thlt. erreichen. Sm den⸗ 


ehem Zoivereine @ es, nachſt Bayern, namentlich Preußen, was bedeutende & . 
‚Hütten bat, 116 an der Zahl, wovon der größte Theil auf Schleſien Tommi, 
wo —— um meiden u. Schleifen, wie . V. zu Warmbrum 
u. a. a. O. finden; Spiegelfabrilen zu Re Za an der Der, 

Bayern bat ungefähr (* Shin, onen ook Ruvahayra AR kommen, * | 


Glastläffe 833. 


Spiegels, Schleifs u. Polirwerke, Zinnfoltens, Spiegel u. Brillenfabrifen, Glas» 
Berien u. Glas⸗Knoͤpfe in 7 Fabriken, optiſche Btläfer in München, Hugöburg, 
Fürth, Bayreuth. Sachſen hat In dieſem Induſtriezweige nidyıs orragendes. 
Borzuͤglich beachtenswerth wegen feiner G.Fabrikation iR Frankreich, von wo 
zus zuerſt die fchönen gepreßten G.⸗Waaren in großer Menge in den Handel 
amen, die auch Me: vereinigten Staaten, obgleidy weniger [dyon, aber audy enorm 
ig, zu liefern begonnen haben, und um diefen Concurrtenzen einigermafien zu 
‚egegnen, haben auch die anderen vorzüglich ©. erzeugenden Staaten mit ber Ein» 
ibtung für diefe Fabrikation fich mehr befaßt. Borzüglich groß von Frankreich 
ms iſt der Export großer Spiegel, fowie auch von geichliffenem u. vergoldetem 
dryſtall⸗G. e in verfchtenenfler Gchalt moberner Luruswaaren. Belgien hat eben» 
ans bedeutende G.⸗Fabrikation und erportirt nach Holland, der Levante, Nord⸗ 
eutſchland u. anderen Diten, u 
lasfläffe beißen im Allgemeinen diejenigen Bladcompofitionen, mittel 
veren man vie natürl Edelſteine, ſowohl die ungefärbten ober farblofen, als 
ch die farbigen, mehr oder weniger täufchend nachzuahmen ſucht; man nennt 
le daher auch fünkii e Edelſteine, Bompofitionsfteine, fowie . böhmifche 
Steine, well die Fabrikation diefer Släfer, namentlich in früheren Zeiten, vor- 
ugewelfe auf den böhmifchen Glashütten u. Glaswerken betrieben wurde, woges 
jen man fie neuerlich nicht allein in Böhmen, fondern vorzüglich auch al& bes 
yeutenden Snbußriegioe in Paris, Venedig, fowie. in einigen Glasfabriken 
Schleftens u. a. a.D. findet. Mit der Bervolllommnung der Mittel zur Färbung 
ver G. if gleichzeitig auch überhaupt die Darftellung bunter Glaͤſer und Glas» 
:ompofltionen zu anderen Zwecken, als zur Nachahmung der Edelſteine, weiter vor- 
jefhritten, indem man mit Sicherheit für einen gewifien Erfolg größere Säge 
yer Ingrebienzgienverhältnifie für eine mafienhaftere Produktion verarbeiten lernte 
1. fomit die Fabrikation von buntem Glaſe, gegoflenem wie geblafenem ‚zu ben 
oerſchiedenſten Gefäßen und Lurusgegenftänden, wie ſelbſt bie des bunten Fenſter⸗ 
Ilaſes, große Fortſchritte machte u. außerordentlich an Ausdehnung in der Er- 
jeugung gewann, “Die Örunblage aller bunten Gläfer, wie audy für die Nach- 
ahmung der Epelfteine, if ein m a reines, Kryſtallglas, für letztere befonders 
der fogenannte Straß, ein böchk reines hartes Glas, von einem guten, nicht 
‚üben, blafenfreien Fluſſe. Wird der Straß ohne färbende Zufähe bereitet, alfo 
Im waſſerhellen, farblofen Zuftande, gefchnitten und gefchliffen, fo erhält man 
Dadurch die Nachahmung des Diamanis (Imitations de Diamant). Gibt man 
Ihm durch Zuſatz Eiefelfaurer Metalloryve, die er im Fluſſe leicht auflöfend auf 
nimmt, irgend eine beflimmte, bunte Farbe, fo erhält man bunte ©,, zur Nachah⸗ 
mung ber bunten @belfteine, wie des Rubins, Saphird, Smaragds u. ſ. w., u. 
daß %o gefärbte Glas führt im Allgemeinen den Ramen Rubin, Smaragd⸗Glas. 
Die Recepte zur Bereitung des Straffed wurden lange Zeit fehr geheim gehal⸗ 
ten; jebt iſt man durch wifienfchaftliche Unterfuchungen, wie Die von dem fran- 
zoͤſiſchen Chemiker u. Techniker Doualt, Wieland u. Anderer, über die Methoven 
der Darftellung, namentlich audy im Großen, mehr im Klaren. Die Ingrebienzien 
zu defien Bereitung find: Kieſelerde, Potafche, kohlenſaures Kali, Borar und 
Bleioryd, denen man auch hin u. wieder etwas arfenige Säure Hinzufügt. Die 
Reinheit und Schönheit ded daraus erzielten Produktes if vorzüglich durch die 
Reinheit diefer Grundftoffe bedingt. Das Schmelzen der Ingredienzien geſchieht 
Im Beiden Schmelztiegeln, gewoͤhnlich in Töpferöfen, wo man die Tiegel 24 
Stunden im Feuer läßt, u. je länger man, wenn es die Schmelztiegel aushalten, 
die Maſſe im ruhigen Fluſſe erhält, deſto fchöner und härter wird ber Straß 
ausfallen. Die aus diefem Glaſe geichnittenen Steine, die man in den Formen 
des Achten Demants fchleift, als Rofetten u. Brillanten, geben bie in neuerer Zeit 
fo fehr in Aufnahme gefommenen, namentlid von Paris erportirten, Imitations 
de Diamant, die, in ächtes Bold u, Silber gefaßt, einen über ganz Europa vers 
breiteten Artikel des Bijouteries- Handels bilden, Die Hätte derlelken IR tie ck 
Keeiencpelopädie. IV. nd 


838 Slasmelerei. 


halten. ‚uißonb die eigenttiße, Mais 3628* 
bi; Glas vie 
u — — — und — 


Auen ober Rieberlänber, bie zu Ende des we Ki — * 
Gouda lebten, woſelbſt noch in det St. Johannis kirche 
vie Bliver * bewundert werben, follen bie Iehten 
** ſeyn. Die zu Ende jenes und im Beginne des 17. 
—— ne fogenannte Appretur- Malerei, in weldyer sen ‚anzer Gt 
genfanp, mit ſeinen verſe maffen und Halbtinten auf 
lagRüd gemalt und eingebrannt wurbe, ionute dieſer Kunft feinen — 
jeben, und fo war fie in der Hälfie des 18. Jahrhunderts 9 — 
Fran, Zelt wurde fle jedoch in Defterreih Segün at, uch 


der in 
Kı Au lleſert. Allein im [3 
— — der '®. — fruf 


und a FH en als Die Dei —— 
angeſehen wer! Haupttl: 12 der Leitung 
“ee — BL, —— die x Fnänuet Ainmälle | 
(f. d.) werden in a rd teinem Künftler des 
Alterihums übertr: früger erwähnte MER PM ober, daß Johann von 


Eyck am Ende ee 5 ee bie Schmelgmalerei erfunden habe, wis 
fh fon aus den in reich noch vorhandenen Ueberreften, Die 
— t. —— nahe bei Tamsweg im Ama, nt dem —2 
aaa —* —A u w. wurbe 1433 da 
g eweiht, und ah oben en! Ba, enthielten Blech 
jemälpe, von welchen eines, wohl % — Kr fe, die Jahreszahl 14 
— Es if} das vorletzte auf ber Epifeifeite und, —— — ofltion 
—— — Erwaͤhnung werih. Der Gegenſtand iſt die iſtce 
des göttlichen Wortes in folgender Art: Eine Mühle Fury! bie.4 Evan 
gelte an aus ihren Gäden Getraide auf, zwei ‚el Reben ihnen 
seite. Die zwölf Mpoflel treiben an einem Kurbel das Lab; das Inne Bar 
lende Mehl bildet das Jefuslind. Die Kicchenväter Ambro 
Virgittuß fangen es in einem Keldye auf; ein weiter unten Dernartus u 
feerirt bie Sohle aus dem Kelche, und ‘Berfonen aus allen Ständen beten an, 
Ges ie nod Maria mit dem Kinde, ein Inieender Ritter u. f. Ira Das folgende 
Gemälde art dem lehten Fenſter if mit ‘1450 bezeichnet u, enthält: Ghrikus am 
Kteuge, in der Mitte und zur Seite Engel, die heilige Rabe "Elifabeth 
—— dann die Empfaͤngniß Maria's alſo —— Gott Bater 1 
dritten Felde, die Beltfugel in der Hand, um die Mitte des Leibes eine 
Kette, die herablaufend ins vierte Feld den betigen Geiſt in Gefalt einer 
ae trägt. Die Taube, —* gelehrt, hält in dem — —* 
tiſtuslind. Von dem Fuße des Kindes laͤuft die Kette ins 
Geld, wo Maria linfs Inlet und rechts der Engel Gabriel, Ir verliert 
air Rd in ve Kühe Veh Head Ban Die Scheshliher Cen Heilige 


| Ban 


Glaſur. 897 


und find, wie bie übrigen, von biblifchen Sprüchen umgeben. — Nicht minder 
reich in der Compoſition und trefflich in ver Ausführung iR ein, fett 1816 von 
der auf dem Hochaltare ſtehenden Marienflatue nicht mehr verbedtes, Glasgemälde 
In der Klofterficche auf dem Ronnenberge bei Salzburg, enthaltend auf drei Feldern: 
bie Befchneidung Jeſu im Tempel und in Gegenwart der Mutter, die Anbetung 
Jeſu von den drei opfernden Weiſen im Belfeyn Maria's, und die Krönung dies 
fer von Gott Bater und dem Gohne; dann im zweiten Felde Marla und der 
verkuͤndende Engel; Maria und Eliſabeth fi umarmend; Maria Inieend vor dem 
neugeborenen Kinde u. Joſeph; im unterfien Felde ein knieender Ritter, binter 
demjelben ein fiehender Engel, Petrus und Jakobus und des Ritters Wappen ; 
außerdem vielfadye Berzierungen von Thieren, Blumen, ardpiteftonifchen Gegen⸗ 
Ränben (fogar ein Rofentranz in Joſephs Hand) u. f. w., endlich die Jahreszahl 
1480, gehn Jahre fpäter, ald Albrecht Dürer geboren war. — Es befinden fl 
ferner ber Stiftskirche zu Lilienfeld, zwiſchen St. Pölten und Türnis, dr 
gr Fenſter mit Glasgemälden, eines berfelben jedoch nur zur Hälfte ausgefüllt. 
Das eine Kenfter, hinter dem Bernards⸗Altar, enthält eine heilige Anna, Maria 
mit dem Kinde und eine Kirche, einen heiligen Bernard oder Joſeph. Dieß konnte 
nur mit Hülfe einer Leiter ermittelt werben. Und doch möchte diefe Malerei uns 
ter den vorbemerkten die Ältefle und vielleidyt geeignet ſeyn, über ben Zeitpunkt 
Auskunft zu geben, in welchem Deflerreidy bereits aus egelchnete Glasmaler bes 
laß; denn das Stift Lilienfeld wurde ſchon 1202 von dem Babenberger Leopold VIL, 
bem —— gegründet. Indeß ergibt ſchon das Vorſtehende, daß auch 
Deſterreich die G., wie ſolche angeblich von van Eyck erfunden und von Albrecht 
Dürer und Lukas von Leyden verbeffert if, weit früher gefannt und geübt has 
ben muß. In Beziehung auf die beiden letzteren Kindler ift fein Zweifel bars 
über, und wenn van um 1400 geboren if, fo bleibt es jedenfalls fehr zwei⸗ 
felhaft, ob er bei feinen früheren Befchäftigungen ſchon im Jahre 1434, mit wel- 
chem. jened Gemälde bei St. Leonhard bezeichnet if, auf die Glasſchmelzmalerei 
hätte kommen, noch weniger aber wäre zu begreifen, in welchem Wege biefe zu 
der nämlichen Zeit von den Niederlanden nach einem Winkel im Lungau fidy 
hätte verbreiten Können. Endlich iR noch bemerfenswerth jenes merfwürbige Glas⸗ 
emälde in der Karthaufe zu Bammingen in NRieberöfterreidy, welches in der 

itte Chriſtus am Kreuze, zur Rechten den Herzog Albrecht II. knieend mit ſei⸗ 
nen Söhnen, zur Linken die Gemahlin mit den beiden Töchtern barflellt, und 
ohne Zweifel in den Jahren 1347—49 ausgeführt if. Wibrecht II. farb nämlich 
1358 und binterließ ſechs Kinder, mithin muß das, nur deren vier darſtellende, 
Gemälde vor der Geburt der beiden jüngften gefertigt feyn. Belläufig bemerft, 
find die allgemein beiwunderten Gemälde auf den fünf Fenſtern des Kölner Doms 
erft in den Jahren 1508—1509 ausgeführt, nicht, wie mitunter geglaubt wird, 
von Meifter Wilhelm, 1360 — 1390. Ueber G. find mehre Werke vorhanden, 
unter denen wir nennen: Le Viel, l’art de la peinture sur verre. Paris 1774, 
Fol., deutfch Nürnberg 1799, 3 Bde. 4.; Schmithals, die G. der Alten; Thibaut 
Bandriot, »Notions historiques sur les vitraux anciens et modernes, et sur 
’art de la peinture vitrifise.« Paris 1839, 8.5 W. A. Geſſert, Geſchichte der 
®. in Deutſchland und in den Niederlanden, in Frankreich, England, der Schweiz, 
Ztalten und Spanien, von ihrem Urfprunge an, bis auf die neuefte Zeit. Stuttg. 
und Tübingen, Cotta, 1839, gr. 8. 

Glafur heißt die dünne, gie e Dede, mit der irdene Geſchirre überzogen 
werben, um fle undurchdringli fir Flüſſigkeiten und geeigneter für die nöthige 
Reinhaltung zu machen, Alle G.sen, die des Achten Porzellans und des foges 
nannten Gefunpheitägefchirred ausgenommen, enthalten Bleioxydul (f. Glaͤtte) 
oder G.⸗erz (Aliquifour, Bleiglanz, Schwefelblet, ſ. Blei), als wefentlicdhen Bes 
ſtandtheil, u. die gemeine Töpfers®. befteht in der Regel aus rauf Thellen fein, 

mahlener Glaͤtte u. drei Theilen mageren Thonb. Farbige G.en eritelt mon tur 
ufäße von färbenden Meialloryden. But eingebrannk, IR Wr AS, Ns V 





838 Glatteis — Glatz. 


Geſundheit unſchaͤdlich, dagegen if fie bei unrichtiger Bereitung (z. B. einer 
großen Menge von Glaͤtte, oder ſchlechtes Einbrennen, u. ſ. w.) höchſt gefährlich, 
weil falzgige oder faure Speiſen, in ſolchen Geſchirren gekocht, Bleiorydul aufs 
nehmen. Dleifreie G.en erfordern einen höheren Hitegrab oder koſtſpieligeres Ma- 
terial, u. kommen deßhalb theuer zu flehen. aM. 
Glatteiß heißt die dünne, glatte Eisrinde, womit im Winter, wenn nad 
lange anhaltendem Frofte Thauwelter eintritt u. bei demfelben ein Regen erfolgt, 
das Straßenpflafter, und überhaupt jever Weg überzogen wird. Die Entftehung 
deſſelben bat ihren Grund in der flarfen Erkältung der Steine u. des Erdbodens, 
die noch von dem Frofte herrührt. Bei eintretendem Thauwetter nimmt die at 
moſphariſche Luft die durdy Winde herbeigeführte Wärme am allereiften an; 
fpäter wird die Luft in Gebäuden erwärmt, durdy weldye Thauwinde du Preiden 
verhindert- werden, noch fpäter aber theilt ſich die herbeigeführte me ven 
Mauern, dem Steinpflafter u. dem fefgefrorenen Erdboden mit. Diefe bleiben noch 
mehte Gtunden, ja biswetlen über einen Tage lange fo kalt, daß das Wale, 
welches mit ihnen in Berührung kommt, all feinen Wärmeſtoff an ihnen verliert 
u. felbft gefriert. JR nun aber die erwärmende Luft erft eine Weile über die vom 
roſte noch flarrenden Körper hinzugefttichen, fo ſetzt fie allmätig fo viel Wärme 
ff an diefelben ab, daß auch fie aufthauen u. dann entfleht fein G. mehr. 
Glatz an der Reiffe, in der preußifchen Provinz Schleſten, Regierungsbe 
irk Breolau, Kreioſtadt mit 811 Häufern u. 6200 Einw.; Tannoliiepes Gymna⸗ 
m, Seminar, Bremautertoge au den drei Triangeln, Gerbereien, Wollen» und 
berühmte Damaftwebereten. 8 Merlkwuͤrdigſte des Ortes find bie Feſtungs⸗ 
werfe, weldye zum Theile in die Zelfen erbaut find. Auf dem Schloßthurme, ber 
Donjon genannt, fieht eine Bildſäule des heil. Johamı von Nepomuk, welche 
iedrich der Orofe aus Schonung für den frommen Blauben feiner katholiſchen 
teribanen, an ihrem Plage ließ, als er nach Eroberung der Stadt Diele zu 
einer Hauptfeftung erhob. — &. war ehedem die Hauptfladt einer eigenen Graf 
ſchaft, welche 30 [J M. u. gegen 200,000 Einwohner umfdloß und zur Krone 
Böhmen gehörte, bis fie 1742 mit Rieverfchleflen an die Preußen übergeben 
wurde. Das Schloß von G. fol nad) dem böhmifchen Chroniken Go8ma6 ſchon 
981 geftanden haben. 1033 fuchte bier der geädhtete Herzog Dtto von Sachſen 
Zufludht; Kaiſer Konrad belagerte u. eroberte die Stadt 1037 u, ließ alle Bürger 
bis auf Einen über die Klinge fpringen. Außerdem erlitt G. Belagerungen In 
den Jahren 1742, 1759 u. 1807. mD. 
Glatz (Jakob), gemüthlicher Jugendfchriftfteller, geboren am 17. Rovemb. 
41776 zu Poprad, einer der 16 Zipſer Kronſtädte in Oberungarn ; erbielt in bem 
Gymnaflum zu Kesmark feine wiſſenſchaftliche WBorbilbung, u. machte bieranf In 
Presburg unter Gtretöfo, Gabel u. Fabri feine philofophiichen und theologiſchen 
Studien. Schon damals hegte er die eifrigfte Vorliebe für Erziehungsfunft, und 
bie Öründung eined Inſtituts wie das Salzmann’fche in Schnepfentbal, gehörte 
zu feinen Lieblingswuͤnſchen. Seine erfte fchriftftellerifche Arbeit war eine Gedaͤchtnißz⸗ 
rede auf feinen Lehrer Stretäfo C+ 1795). Hierauf bezog er die Univerſität Jena, 
von wo aus er verfchievene Beiträge zu Wieland’s deutfchem Merkur, Beder's 
Reichsanzeiger, Hennings Mufageten lieferte. In Folge feine® Briefwechſels mit 
Salzmann bot diefer ihm 1797 eine Erziehungsftelle in Schnepfenthal an, wo 
G. bi8 1804 blieb. Hier fnüpfte er eine innige Sreundfchaft mit Gutsmuths und 
Alberti u, befonders mit dem berühmten Geographen Karl Ritter. Einem ehren; 
vollen Rufe nad) Wien, als oberfler Lehrer an ver proteftantiichen Lehranftalt, wo⸗ 
mit er auch zugleich das “Predigeramt verband, konnte er nicht widerſtehen. Sein 
Wirkungskreis wurde bier bald erweitert, indem der Kaiſer von Deſterreich ihn 
um geiftlidhen Rathe bei dem landesfuͤrſtlichen Confiſtorium ernannte, womit ibm 
ugleidy die Oberaufficht fämmtlicher Iutherifcher Gemeinden in den k. k. Erb⸗ 
aaten übertragen wurde. Die überhäuften Amtsgeſchäſte, beſonders das ange 
Arengte Brebigeramt während ver zwelmallgen omikichen Inveaſtonen 1806 u. 


Glaube, 839 


1809, wirkten nachtheilig auf feine Geſundheit ein, fo daß er feine Predigerſtelle 
niederzulegen ſich veranlaßt fab; jedoch bie Riederlegung feiner Confiſtorialge⸗ 
8 wurde vom Kaiſer nicht genehmigt, welcher in einer Privataudienz ihm die 
fcymeichelhafte Berfiherung machte: „daß feine Schriftel von des Monarchen 
Kindern gerne u. fleißig gelefen würden und er ihn ungerne aus feinen Dienften 
verlieren u. deßhalb aus befter Abficht das Geſuch um Quiescirung abgefchlagen 
babe." Dur G.s Bemühung wurde auch 1819 bie —— Lehr⸗ 
anſtalt in Wien gegründet, der Gehalt der Profeſſoren anſehnlich erhöbt, den 
Conſfiſtorien erlaubt, ſelbt Auslaͤnder für die Lehiftellen in Vorſchlag zu bringen 
und den armen Studirenden Stipendien verlieben. Seine mehrjährigen Beobach⸗ 
tungen u. fein vertrauter Umgang mit der Jugend beeigenfchaftete Ihn vorzugs⸗ 
were zum gemüthvollen Jugenpfchrififteller. Faſt für jede Altersperiode bekimmte 
ex faßlicdye u. lehrreiche Erzählungen, welche durch Feufche Reinheit des Inhalte 
u. durch lebendige, anziehende Diftion ſich in ganz Deutfcyland einen verdienten 
Auf erwarben. Die „erzäblende Mutter;“ „pie Familie von Karloberg;“ „Wols 
demars Bermächtuiß an feinen Sohn;“ „Rofaliene Vermächtniß an ihre Tochter 
Amande mit ihren Erinnerungen aus ihrem Leben;“ „Lina’s erſtes und zweites 
Lefebudy;" Minona, Iduna, Theone, Ida, Aureliend Stunden der Andacht — 
wurden mehrmald aufgelegt und begierig gelefen. Richt weniger geſchaͤtzt waren 
feine eigentlidy religiöıen Schriften, an deren Spike fein „Andachtsbuch für ges 
bildete Familien ohne Unterſchied des Blaubensbelenntmiffes“ ſteht. Hicher gehören 
nody ‚Troſtbuch für Leidende;“ „Beifpiele von Leidenden u. Unglüdlichen;* „ber 
weiſe Chriſt in böfen Tagen;" „Sammlung einiger bet der 3. Augoburger Jubel- 
feier gehaltenen Jubelpredigten" (fo folten alle feyn!). Die Reihe feiner Schriften 
m Zeıtraume von 25 Jabren, von 1795—1821, beläuft ſich auf mehr als auf 
100 Bände. Er flarb 24. September 1831. Cm. 
Glaube if im Allgemeinen das Fürwahrhalten einer Sache, die wir nicht 
wiſſen können auf das Anfıhen eines glaubwürbigen Zeugen, oder, die durch zus 
reichende Gründe gewonnene Ueberzeugung von der Wahrheit defien, was une 
nicht in der Erfahrung gegeben if. Wenn wir diefe Ueberzeugung von der Wahr⸗ 
pet deſſen, was wir, wegen Trennung dur Raum u. Zeit, nicht ſelbſt erfahren 
onnten, durch Mittheilung Anderer, welche tmabrheiteilebenbe, gültige Zeugen 
find, entnehmen, fo if das hiſt oriſcher G. Der religiöfe ©. ift dagegen Uebers 
jeugung von der Wahrheit görtlicher, überirdifcher Dinge, die nicht Objekte 
menfchlicher Anfchauung find, da fie nicht in die Sinne fallen, fondern über vie 
Sinnenmelt fidy erheben. Soldyer nun hat, ald katholiſcher Kirchen⸗G., feit dem 
Urheber des Ghriftenthums bis auf unfere Tage, al8 wahr, vernünftig und noths 
wendig durch Männer, dem Herzen nach unbefcholtene, fromme, tupenbhafte, dem 
Berfiande u, den Talenten nady allfeitig gelehrte, ausnehmend befähigte und ges 
bildete Apologeten, fich bewiefen, fo daß man ihm Blindheit u. Unvernünftigfeit kei⸗ 
neswegs zum Borwurfe machen kann. Der chriftliche Offenbarungs⸗G. gründet 
fich auf hiſtoriſche Facta, die kein Bernünftiger weder läugnen, noch bezweifeln 
fann, um ſich durch göttliche Veranftaltung von dem Ueberfinnlichen belehren zu 
laſſen, da die fidy ſelbſt überlaffene Vernunft unzureichend iſt, die Geheimniſſe der 
überfinnlichen Welt zu begreifen, Gottes Willen zu erkennen u. ihm unter allen 
Umftänden durdy Tugend u. reine Sitten zu entſprechen. In dem G.n begibt der 
Chriſt ſich feiner abftraften, falfchen Selbſtheit u. ergibt fi) an das wahre, abſo⸗ 
Iute Selb, um in ihm felnen wahren Beftand und Berfland, feine Freihelt und 
Seligfeit zu gewinnen, abdicirt fo feine Nieverfeit, Leere u. Regativität, um durch 
und in Gott feine höchfte, einzig wahre Bofltton und Erfüllung zu haben, töbtet 
feine Subjeftivität nad) ihrer Falſchheit, um in Gott, der abfoluten Objektivität 
u. Gubjıktivirät, diefelbe nach ihrer Wahrheit auferflehen zu fehen. Der ©. iſt fo 
dem Begriffe u. Leben der vernünftigen Kreatur nichts weniger, als zuwider, viel 
mehr deren höchſte Bollendung, fowie höchfte Thätigfeit, ald worin fie felbR über 
ihre ſchlechte Exiſtenz hinaus und im die göttliche Drkuung won Ecakumn WS 


840 Glaube. 


Gottes Beiftand übergeht. G.n ſteht in diefem Stine über Wiſſen; der Ehriß 
fpricht: „Ich glaube das von Bott Beoffenbarte, auf daß ich es erkenne.“ NRicht 
lauben kann aud) das vernunftlofe Thier, glauben nur ver Geiſt, um fo mehr 
ß mehr er es if; G. iſt demnach der Grund aller wahren Erkenntniß, der wahren 
Freiheit u. Lebendigkeit, die erhabene Würde ber Intelligenz ; der ©. kommt burd) 
Gottes Gnade u. unfre Mitthätigkelt zu Stande u. „forvert eine zdle Seele. Dir 
wahre G. ift alfo eine Babe Gottes, eine Gnade, ein But, das der Menfch ſich 
ſelbſt nicht geben kann, heißt auch Darum eine eingegofiene Tugend, ein Licht, das uns 
fern Berfland erleuchtet, ein Feuer, das unfer den erwärmt, Gottes Willen in 
Demuth zu erfüllen, nachdem wir erfannt haben. Rad, dem Concil von Trient iR 
fomit der wahre G. des menfchlichen Helles Anfang, der Grund u. die Wurzel 
der Rechtfertigung, er ift Bedingung der Seligkeit; denn ohne ihn iſt's unmöglich, 
Bott zu gefallen und zur Gemeinſchaft der Heiligen zu gelangen. Chriſtus fagt 
darum: „Wer nicht glaubt, iſt ſchon gerichtet, weil er nicht an den Ramen des 
eingeborenen Sohnes Gottes glaubt.” Der gläubige Katholik vertraut ſonach bem 
Ausfpruche Chriſti u. feiner Äpoſtel u. denen, welche das Apoſtelamt noch heute 
vertreten, den Biihöfen ‚ deren geiftliches Oberhaupt ber Papſt in Rom , al® 
Nachfolger Bert, iR; er vertraut ber Yuctorität feiner Kirche, bie der Son 
Goties geftiftet, um bei ihr zu bleiben bis ans Ende der Zeiten. Eine durch alle 
Jahrhunderte fekgehaltene Wahrheit iſt ed, daß es ohne den wahren ©®.n um 
möglich ſei, Teig an werden; nur unverfchuldeter Irrthum u. unverfdhufbete® 
Nichtwiſſen oder Richtlennen der wahren Stirche Chriſti macht Hierin eine Aus⸗ 
nahme. Schon der heil. Ignatius Martyr fchreibt: daß die, welche einem Ben 
ſchen anhängen, der Trennung fliftet, nicht felig werden können, da bie Apoſtel 
Chriſti, Johannes und Paulus, ausbrüdlidh vor dem Umgange mit Kehern bie 
Släubigen ihrer Zeit warnten. Ohne den wahren G.n nuͤtzen, Tag der heilige 
Anguſtin contra Donat. 4, 8., glle übrigen guten Eigenfchaften Richie ; is 
nun, es fet auch Jemand keuſch u. freigebig gegen die Armen, nicht ch, ſon⸗ 
dern gebufbig, HN u. ruhig, nüchtern u. mäblg: iſt er aber ein Keber, fo iR es 
entfchteden, daß er fchon darum, weil er ein Keber if, das Reich Gottes — 
befitzen wird. Go auch Fuigentlus de fide ad Petr. o. 38: „Halte die 8 
daß nicht allein alle Heiden, fondern audy alle Juden, Keber und Schiömatifer, 
welche außer der katholiſchen Kirche dieſes gegenwärtige Leben endigen, in das 
ewige Feuer eingehen werben, welches dem Teufel und feinen Engeln bereitet IR.“ 
Lactantius inst. div. 4.: „Die katholiſche Kirche allein iR e8, weldye das wahre 
Mittel, Gott anzubeten, beibehalten hat. Sie ift die Quelle aller Wahrheit, fie 
iR das Haus des G.ns, fle iſt der rechte Tempel Gottes. Wer da nicht hinein⸗ 
geht, oder gar von ihr abfällt, ik von aller Hoffnung des Lebens u. ber en 
A weit entfernt.” Auch Cyprian de unit. Eccl. 7.: „Wer immer von 









Kirche getrennt {ft u. ſich mit einer Ehebrecherin verbindet, If von den Verheiſ⸗ 
ſungen der Kirche ausgeſchloſſen, u. der wird zum Lohne Chriſti nicht gelangen, 


weldyer die Kirche Chriſti verläßt; ein Fremdling, ein Unheiliger, ein Feind if 
folcher. Der Tann Bott nicht zum Vater haben, der die Kirdye nicht zur Mutter 
bat; wenn Einer, der außerhalb der Arche Noa's war, Rettung finden konnte, 
dann findet fie auch der, welcher außerhalb der Kirche iſt. Chriſtus lehrte: „Wer 
nicht mit mir if, der {R gegen mich, und wer nicht mit mir fammelt, ber zer 
fireut ; wer alfo den Frieden u. die Eintracht der Kirche bricht, handelt gegen 
Chriſtus den Sohn Gottes.“ Goldyes find nicht Privatanſichten F ner 
Männer, ſondern in ihnen iſt die Lehre der katholiſchen Kirche über die Roth 
wendigfeit des wahren G.ns ausgefprochen. „Wer felig werben will, fagt das 
Athanaſtaniſche Symbolum, muß vor Allem den katholiſchen G.n haben; wer Ihn 
nicht rein und unverletzt bewahrt, wird jedenfalls ewig verloren gen termit 
ſtimmen überein die Befchlüffe des Concillums von Trient, die Worte sW. 
und des römiichen Gatechismus: „Allgemein heißt die Kirche auch deßhalb, weil 
Ale, welche fellg werden wollen, tn fe eintreten müflen, ſowie zur Zeit der 


befanden.“ — eigen —E mad Hd Bene — ar 


Be ern m Ma weich —* air * —— 

‚ hartnädt er die Pe 
zählen, fagt der beit. Kg, ei, —* mie —— Bode * 
X en eben ‚dar 
fort — fu 2’ tere fin 

Nabe des 3. 88 für —5 

— © ton, we Di fee und bie ur Ichet, 
ae | duch) Waffengewa und Berflonbeei —— auf die ewonnen 

— er iſt ic ——* er nur bie —— 
—* Menfchen b bey 
bärg erficjen e nicht e) Ehe abet yo a ur nen 
von dem © en eine trennenben —— Fi 
Biaberaif 8 —2* derſelben in gutem Glauben befanden. (S. Ehe 

—8 —— 


Säle ver — I — Anphnmcn Boie, eat 













M di antiſch⸗r 
gkeit Berfeetib lität f, d. Art) 
einer Bervolllommnung ſeines Juhaltes gie 


chöfen, in 
Fe A Ghrift, 
eiten gende (6 

dus * Run d Chri 
Amte 







75— 


Gurken. —— das zweite Io Amlid) das E efehlban ⸗ 
auben) en — ment, n a e 
55 a Dr FO he 
eoffenbarten er e a 
‘ —5 — 


Pi Bar En f Yan —— e u. voll ende 
sinne Syst 


ein eti * —— ht di 
Bea vm em —ãâ— * —— 


812 Glaubens lehre. 


wißheit zuſchreiben, er müßte denn fich ſelbſt und feine Auslegung für unfehlbar 
halten. Allerdings haben, abgeſehen von Luther, viele proteſtantiſche Schwaͤr⸗ 
mer ſolches behauptet, indem ſie vorgaben, fie ſeien durch das innerliche Licht 
des heiligen Geiſtes unfehlbar geleitet; allein durch ihren Widerſpruch unterein⸗ 
ander haben fie ſofort die Unwahrheit und Abſurdität ihrer Behauptung au ben 
Tag gelegt. Allerdings erfordert es der Zwrd des Chriſtenthums, daß der Ein 
zelne von der Wahrheit, die Chriſtus geoffenbart hat, eine ganz gewiſſe und uns 
fehlbare Erkenntniß habe. Diefe aber erlangt ver Einzelne nur dadurch, daß er 
ſich der Lehre der allgemeinen, von Ghriftus genifteten, Kirche unterwirft: denn 
nur diefe ifl e8, die der heilige Geiſt in alle Wahrheit einführt, nicht aber ber 
Einzelne, der Im ſectireriſchen — von ber Cinheit der Kirche ſich los⸗ 
trennt. Bon dem Inhalte der ©. iſt die Korm zu unterfcheiden, in welcher die 
felbe ausgenrüdt if. Während ver Inhalt unwandelbar iſt und in diefer Bes 
ziehung nie ein Kortfchritt Ratıfinden kann, findet ein foldyer allerdings flatt bes 
züglich der Form. Diefer Fortſchritt beſteht jedoch nicht In einer Veränderung, 
jonbern in ſtets voßfommenerer Entfaltung u. Entmidelung jenes @inen unwans 
elbaren Glaubensinhaltes für das —** der Gläubigen. Dieſe formale 
Entwidelung der G. ift eine doppelte: 1) die Firdhliche, 2) die wiffenfchaft- 
liche. Die kirchliche gefchieht hauptſächlich durch die allgemeinen Concilien u. die 
Sehrenticheibungen der Bäpfte. Zunaͤchſt veranlaßt wurde diefelbe durch die Irrleh⸗ 
ren. In demielben Maße nämlidy, als die Irrlehrer einzelne Wahrheiten ver 
Dffenbarung läugneten, verflümmelten, verunflalteten ober verbrehten, fab bie 
Kirche fidy gendibiat, die Achte Lehre, die biöher in kindlicher Unmittelbarkeit u, 
Unbefangenheit in Yusprüden audgefprochen war, welche bie Irrlehrer in ihrem 
Sinne mißdeuteten, in beftimmtere, jede Berbrehung ausſchließende Formeln, jenen 
Irrlehren gegenüber, zu faflen und auszufprechen. Dabei befolgte fie immer ben 
weifen Brundfag, nicht mehr zu beſtimmen, als zur Anwendung der jeweiligen 
Irrlehre notbwendig, im Uebrigen der chriſtlichen Wiſſenſchaft Freien Spielraum 
laſſend. Diefes immer beflimmtere u. klarere Ausfprechen und Hervortreten des 
Blaubensinhaltes iſt ed, was man bie kirchliche Dogmenbildung nennt, nicht in 
dem Sinne, ald ob in der Fathollfchen Kirche jemals neue Glaubensfäge (Dogs 
men) entftanden wären, fondern in dem Sinne, daß die, von Anfang an in vol 
ler Integrität vorhandenen, Dogmen immer fchärfer ausgefprochen u. immer beuts 
licher begriffen wurden. Die Wiſſenſchaft, welche biehe kirchliche Entwickelung 
im Zuſammenhange darſtellt, heißt Dogmengeſchichte, als deren Vater der Je⸗ 
ſuit Petavius (f. d.) bezeichnet werden kann. Um dieſen organiſchen Cut⸗ 
widelungöprogeß der G. in der katholiſchen Kirche anſchaulich zu machen, haben 
ihn ſchon die Kirchenväter mit ber an dligen Entwidelung eines Kindes zum 
Manne verglichen: wie das Kind derfelbe Menſch iſt und diefelben Glieder bat, 
wie der Mann, fo tft audy die gegenwärtige ©. der fatholifchen Kirche viefelbe, 
wie zur Apoftelgeit, u. iſt auch nicht ein Slünftchen zu dem alten Inhalte hinzu⸗ 
efommen, oder von ihm verloren gegangen, ober daran geändert worden; es 
iR nur diefer Inhalt überall ſchärfer u. beftimmter hervorgetreten u. in allen ſei⸗ 
nen Gonfequenzen mehr ausgebildet u. erkannt. Diefe formale Fortbildung der 
firchlichen ©. zeigt fich am beften in den kirchlichen Glaubensbekenntniſſen (Sy ms 
bolen (f. d.) vd. 5. in den von der kirchlichen Auftorität ausge angenen ober 
anerfannten öffentlidyen kurzen Kormulirungen des kirchlichen Glaubens. Das 
ältefle, dad fogenannte apoftolifche Glaubensbekenntniß, iſt noch vorherrſchend In 
sein hiftorifcher Form aehalten; der Glaube an bie drei göttlichen Perfonen, an 
den Bater, an Jeſus Chriſtus feinen eingeborenen Sohn u. an den heiligen G:iR, 
iR einfach, ohne nähere Beftimmungen auögefprochen. Als aber nun durch Irts 
lehrer, befonders durch Arius (f. d.), bie rechtgläubige Lehre von ae Ducieinig: 
keit gefälfcht u. der Sohn als ein dem Bater untergeorbnete® u. erſt fpäter, a 
er, entſtandenes Wefen behauptet wurde, da fprady die erfle allgemeine Kirchen⸗ 
verfammlung von Rich (325) ven urigrünglichen u, allgemeinen Blauben ver 


Glanbenslehre, ° 35 
nunft für eine geborene Rärrin u. aller Philofo fe u — 
ertlaͤrte; den — erodo quia or ee alu 
8 Ines Regel machend. Daher war bie alte —E RL. in 
tfienfchaft, während die moderne proteftantifche Wiſſenſchaft ohne Blauben iſt. 
De TpRemati —æ des efammten Blaubensinhaltes iR Begenfans ber 
Dogmatif, Diefeibe Yat Aa aus den Quellen des Glaul dba" 
der tift und der Pr —8 aus den — —E 
u. ber uͤbereinſtimmenden Lehre der Kirchenväter ſich ergibt, den Glaubensinhalt 
darzulegen u. zu begründen (hiſtoriſchet bel, u. bemnachſt in diefen Glaubens 
Inh alt denfend einzubringen (fpefulative Dogmatik). — die Kirchliche Dogs 
menbilbun; ie hat auch die wienfaftidhe —ã*ſ— eine — in 2 Regen Borts 
el 


ſchritte nen ende Geichichte, wit deren Großar— ſequ 
> F H —* nur im Entfernteſien —— Ta" 3 
— ar der theologifchen Literatur, d. 
Ber he den ſechs erken Jahrhunderten, waren bie eingelnen 
etifern er — laubenslehren —E der —— en an 
mgen. Mit turden aber Im che Glaubenslehren u. nach 
auf das — u. tieffle von den großen — erditert. "inter Allen 


almmt ohne Zweifel Wuguftin (f. en erflen Rang ein. Vorzugsweiſe an ihn 
—* aan län a be lmae —— SE Mi 
faflende Syſtem der Theologie fchrieb in der erſten ie des 8, 
— von Damascuß, ber lehte große fe Shealoge der —E ide 
© u war in England Beda x er Chrwürdi F der an 
der ae dijchen —A— jener Zeit, welche baı der fchaffend gras 
— vielmehr die theologiſchen Echäge aus ve ode der Ag — 
fine Be: Bat, durch Auszüge, Sammlungen u. Bearbeitungen —X 
Ye ma u. lernend fich anzueignen bemüht war. Erſt nad) fol jorarbeiten 
—* im Zeitalter Gregors VIL, befonders mit —8 von —— 
jene unvergleichliche Belobe ber dp eiRtichen Bhlio — und ſpeculativen Theologie, 
— —— d. Art.) Pe 3. Jahrhunderte in Thomas 
von Aquin u. Duns EAN die bi fe Bi an Die Aufgabe, welche 
bie Shhlafit fi getelt = Kur Igreich angefrebt Hatte, nar: ai dem 
Grunde ded Glaubens m she denfende® Begreii Wahrheit 
zu erzielen. Was die © ER auf dem — 
etſttebte die Myſtil (. d. Ari.), deren ehe — — ſentant pe heilige Berns 
ard iR, auf dem Wege unmittelbarer Gontemplation, indem fo Fa — en 
ergänzten. Die Reformation machte, wie überall, auch —— en 
zeigen jaft einen Riß. Da der urfprüngliche Proteflantismus Ale — te 
und Wifienfchaft nicht bloß fremd, fondern feind war, er aber die Tal 
Bine FH en, — en —8 !hume Mi —5 de * 
ttan Hauptaufgabe der katholiſchen ft, den en 
latholichen — aus Schrift und Tradition zu „Mir; 


Mittelalter in den Hintergrund getreten war, hat bi uote gi Sat 
dief:c Petiode Auberorennihes geleitet. Bellarmin ee der gti ‚heologe 
diefer Veriode. Nachdem aber der Protekantismus gerade ner ap ent 


amgeſchlagen u. ae e, mit der Anmal abfoluter Wiſſenſchaft prahlende, 
ee die große —E der ne a wendet " —TF dat jr 
ae wiederum der fpefulativen — u v hiſtoriſche jebı t 
sernachläffigend, fo an die Scholaſtik anfnü fortführend, um durch 
die Achte 2 —XR und —— & Any — Fi 
iberwinden (f. d. Art. Theologie). — 

rifft, fo bemerken wir, daß die Älteren Er —2 Br Io Pt io 
ie Sittenlehre — aa X die neuere Zeit —8 als eine 
yefondere Disciplin eich Das den AlteRen Zeiten in der kirch⸗ 
ichen Wiſſenſchaft herr] —* ern iR —2 welches auch a —XE 


844 Glaubenslehre. 


wußtſeyns zurüdführen zu wollen, aus welchem Beſtreben immer mır bie 
ten, ul Dein Fr Urcrifenthume im — Biderſpruche ſtehen — 
mer bermorgegangen find. Diefes gurüdgehen auf ein fogenanntes 
jenthum iſt gerade, al® ob man ven Mann in die Form feiner Kindheit zurüd⸗ 
drängen wollte; ald ob der Mann nicht vollflommener wäre, als das db, und 
eben fo der entfaltete und entwidelte Glaube nicht formaliter auf einer höheren 
Stufe flünde, ald ber noch im Keime verhüllte u. entwickelte. Rur die kathoiiſche 
Kirche, indem fie eine formale Fortentwidelung des unwanbelbaren Glaubens⸗ 
Inhaltes — entfprechend der, wie aus einem Genftförnlein zu einem mä 
Baume erwachfenden Entwidelung des Reiches Gottes in der Menſchheit — 
tet, flieht über dieſen beiden Einfetigfeiten in der Mitte, auf dem Boben ver 
Wahrheit, muß aber auch dafür von beiden Seiten entgegengefehte Borwürfe ſich 
gefallen laſſen, von der einen, daß In ihr Stagnation u. Starrheit de, von der 
- andern, daß fie vom Urchriftenthume abgefallen fel. Bei den Selten, insbeſondere 
dem Protekantiemus, kann von einer Dogmenentwidelung, wie in ver katholiſchen 
Kirche, nicht die Rede feyn, fondern hier zeigt ſich überall eine fortwährende, in 
fh widerſpruchsvolle, Beränderung der Glaubenbfäge. Neben der firchlichen Fort 
bildung der ©. und an fie fih anlehnend, geht die wifienfchaftliche her. Es 
wurde nämlich in der katholiſchen Kirche von jeher ald Aufgabe der Wiffenfchaft 
angefehen, denkend immer tiefer in den geoffenbarten @laubensinhalt —— 
— etwa, um durch die Wiſſenſchaft den Glauben überflüſſig, oder denſen 
gewiſſer zu machen, ſondern um Dasjenige, was durch den Glauben, d. h. durch 
das unmittelbare Erkennen u. freiwillige Kürwahrhalten der geoffendarten Wahr ⸗ 
Ieiten unzweifelhaft u. gewiß if, num auch denkend mehr und mehr zu — 
war beſtaͤndiger Grumbfag der Achten chriſtlichen, d. h. der katholiſe 
Wiſſenſchaft, von dem Glauben zum Wiſſen fortzufchreiten (des => 
tellectum), während die falfche Wiffenfchaft der alten Gnoflifer u. mobernen 
Rationaliften u. Phtlofophen vorgibt, des Glaubens nicht zu bevürfen, um rein 
durch das menſchliche fen zur Wahrheit zu gelangen. Wie aber die ächte 
chriſiliche Wiflenfhaft vom Glauben ausgeht, fo —5 — ſie auch in demſelben. 
Da nãainlich die göttlichen Wahrheiten von der menſchlichen Vernunft nie voll 
lommen und adäquat, fondern nur annäherungsweife begriffen werden Fönnen, fo 
bleibt immer ein gleichfam unbegriffener Reft übrig, der nur durch den Glauben 
ededt werben kann. Diefes tft zwar bei jeder Achten Wiſſe ft lebendiger 
ıtheiten der ge, muß aber der Ratur der Sache nad) im hödhften Grade 
der Fall ſeyn bei den göttlichen Dingen. Das Gefchäft ver chriſtlichen Glan 
benswiſſenſchaft iſt alfo: die Rothwendigleit des Glaubens nachzuweiſen, bem 
naͤchſt die einzelnen Oiaubensfäe in fi) und in ihrem gegenfeitigen Zuſammen⸗ 
hange u ertalen, die in ihnen legenben göttlichen Gedanken, fo viel es möglid 
‚ nachzudenken und zugleich zu zeigen, wie bie geoffenbarten mit ben, 
türlichem —— alannten, jahrheiten nicht bloß in feinem ul fichen, 
fondern biefelben ergänzen u. in ihrem wahren Lichte erft darftellen. ie ſoiche 
Harmonie zwifchen natürlichen Wahrheiten, wie fie die richtige Philoſophie 
ertennt u. den theologifchen Wahrheiten, hat von jeher die Katholiiche Kirche der 
jauptet u. haben ihre Gelehrten u. Denker thatſächlich erhärtet. Da im Mittels 
ter entgegengefeßte Behauptungen auffamen, 3: B. Pomponatius ben nachher 
zum hoͤchſten Kachtöeile der Religion ausgebeuteten abfurden Gap aufftellte, es 
könne Etwas philofophifch wahr feyn, was theologtich falſch iR, hat fogar das 
fünfte Toncil vom Lateran diefe Lehre feierlich verworfen. Auch biefer Fatholl- 
ſchen Wahrheit flehen zwei entgegengefeßte Extreme gegenüber; das eine ſchon 
erwähnte: der Rationalismus — von feinem Glauben, ſondern nur von einem 
abfoluten Wiffen; das andere: der einfeitige u. falfche Supernaturalismus, auch 
Pſeudomyſticismus, will von Feiner Bifenihaft, fondern nur vom Glauben hören 
— jene läftern die Kirche wegen ihres Glaubens, diefe wegen Viſſenſchaſt. 
3u ben legteren gehörten die \. g. Relorintoren, heinuhere 7 der bie Ber 


Gleichartig — Gleichgewicht. 84 


sch Sachſen. Bon Berlin, wo er fid nachher, um bie anatomifchen Borles 
ngen zu befuchen, aufbielt, Fam er 1740 als Phyſikus nach Lebus, und 1744 
urde er ald ordentliches Mitglied der Akademie nad) Berlin berufen. In der 
olge erhielt er mehre Stellen u. farb 5. October 1786 als Brofefior der Mes 
sin u. Botanik am Töniglichen mebtzintfchen hirmglichen Gollegium und Di⸗ 
ftor de botanifcyen Gartens der Eöniglichen Akademie der Biffenfhaften. Raſt⸗ 
fer Fleiß, ſanfter Charakter und immer heitere Gemüthsart machten ihn als 
reis noch liebenswuͤrbig. Um die Botanik in allen ihren Zweigen bat er ſich 
iſterblich verdient gemacht. Seine Glaffififation der Schmämme (Methodus 
ngorum, Berlin 1753 mit Abbildungen) und feine Erfahrungen über ihre Er⸗ 
ugung (Experientiae circa generationem fungorum etc., in den Acten der fös 
glichen Akademie, 1749) verbreiteten neues Licht über diefe, bis dahin faft noch 
ır nicht bearbeitete, Familie von Gewächſen. Ein neues Syftem der Pflanzen- 
intheilung, das viel Wufmerkfamfelt verdiente u. fand, trug er in feinem Sy- 
ema plantarum a staminum situ, Berlin 1764, vor. Biele höchſt ſchaͤtzbare 
eobachtungen find in den einzelnen Abhandlungen, die theils bei feinem Leben, 
eils nach feinem Tode gefammelt wurden, enthalten. Die frudhibarften Anwen- 
ingen machte er auf die materia medica und auf das Forſtweſen, das er im 
randenburgifchen gleichfam neu erfchuf. Seit 1769 hielt ee auf Föntglichen 
efchl Borlefungen über diefe Wiſſenſchaft, und feine ſyſtematiſche Einleitung in 
e Forſtwiſſenſchaft, 2 Bde., Berlin 1774 Tann ale das erfie zweckmäßige 5 
m dieſer Kenntniſſe engefeben werden. Außerdem fchrieb er: „Ginleitung 

e Arzneimittellehre“ (4 Bände, Berlin 1778 — 87), „Mediziniſche Botanik“ 
De 88-89), u. „Bermifchte botaniſche Abhandlungen“ (4 Bde., 
erlin -90). 

Gleichartig, oder homogen, heißen in der Arithmeitik ie Größen, von 
nen man, fo jern man ihre gemeinfdyaftlichen Merkmale betrachtet, einige oder 
n Stüd der einen für die andere feßen kann; findet dagegen jene Veränderung 
cht ſtatt, fo heißen die Groͤßen ungleihartig — Sn der Analyftis heißen 
(che Größen, die gleichviele Dimenfionen oder Abmeſſungen haben, 9. 

Gleichen, die drei — eigentlich G., Wachfenburg u. Müß berg — 
ei zum Theile verfallene Bergichlöffer in Thüringen, preufifchen Kreis⸗ und Res 
erungsbezirkes Erfurt. — Allbekannt ift die Sage vom Grafen Ernft von G., 
m Manne zweier Weiber. Uuf dem Kreuzzuge 1227 in Yegypten von den Sas 
jenen gefangen genommen, gewann er die Liebe der fchönen Tochter des Suls 
ns, die ihn befreite und mit ihm nach Venedig entflob, obwohl der Graf ihr 
ht verhehlt hatte, daß er fchon beweibt fel. In Rom fol Ernft die Bervilligung 
8 Papſtes erhalten haben, ſich mit der zum Ehriftenthume übergetretenen Türkin 
auen zu laffen, und die erfle Gemahlin gab aus Dankbarkeit gleichfalls ihre 
ufimmung. Die diplomatifche Befchichte des Hauſes G., welches ſchon 
I. Jahrhunderte in Thüringen begütert war u. 1630 ausſtarb, weiß jedoch von 
efem Ereigniffe Nichts. mD. 

Gleichgewicht iſt der Ruhefland, welcher erfolgt, wenn zwei ober mehre 
räfte nad) verſchiedenen entgegengefebten Richtungen fo auf einander wirken, 
6 jede Bewegung unmöglich wird. Die Lehre von dem &.e der Kräfte, welche 
if feſte Körper wirken, wird Statik, die aber vom ®.e der auf Flüfftg- 
tten wirkenden. Kräfte Hydroſtatik genannt. Das Hauptgefeh in der 
tatif, worauf man die ganze Wiffenfchaft gründet, if der Satz: Wenn zwei 
eich große Kräfte zu gleicher Zeit auf einen Körper nad) gerade entgegenges 
sten Richtungen wirken, fo muß der Körper ruhen, oder, die beiden Kräfte be- 
ıden fi im &.e. Wirken mehr als zwei Kräfte auf einen Körper, fo laſſen 
b zwei berfelben nady den Belegen der Zufammenfehung der Kräfte in eine 
1zige zufammenbringen, welche nun eine andere Größe u. Richtung hat. Gebt 
an diefe mit einer dritten Kraft zufammen, fo entfleht wiederum eime neue, bie 
an ale die Summe aller drei aufammengelehten annehmen Ton. Bär UML 


7 


‚bis au nod eine 
—2 re 





* ae 
die Uebereinftimmung mehrer Dinge in benfelben 
— oder da eine —— Uebereinſtimmung nur im ber 
‚sa in der t. vorkommt, {m mehren M — Ja po 
fer Berichung verſteht man unter ©. basjenige Berhäl br Glieder 
wer Gtaate, u dan vernöge — alle glei che Rechte 
—2 — ht hm Staate, hunlqhis Anderes, ale 


hen Reit te; darum Tann c6 fein Recht — — fo 






—ã il a 
—— Ben: Bon u 


iger Wefen einen höheren Rang, als bie bloß 


ſiſch if. Die map 5 Far Bun, enge 
Kraft, —B ebübrt 
Aalen un Sn babe Benlanen, E —— 


di 
phyſiſchen, — der Kr ie — —* und dieſes Ruf 


ze Mir — iſt allein zu verſtehen 


n. Staatölehrer ein 
1 a Nas dann beffer dutch ©. wor dem ade, —— in = 


neueren Fe erfafungen als Grundgejeg — iſt, m 


Fu 
es, fo 


u . ae — — hat kein Borredhi — * ee Te 
muß fe jener eines jeden — — 


hi * — * rede, als der Arme, well — mr he 


fegen Tann, als biefer, ar 


Bee mtjin der Ausübung der Kräfte iR, fo ie 3 F ehe 


öferes Itung des Staates 
———— ——— Erhaltung m 
N 


bes Staates find die Duellg der P 
nun mehr an biefer Grhaltung gelegen iR, = = Er 


Fr Grade jene A) en erfüllen, d. 5. er 


che mehr Wbgaben a" als ver 
au 
ri 


rum der im. 
Mit der 8 der Kräfte mil i St 
gr na aut ——— — And Kater au en an 


erforderl für Alle gleich ſeyn muß. Da die Kräfte wit 


bloß in ihrem — e, ſondern auch in der Art und Beſchaffenheit verfpien 
a 


ind, ird die B der Kröf Id fol, d w 
mi 12 tem (ri ı 
der Art wie Etrtrages srl, uns ni auch bie größere ober geringen 


Anfchlag gebracht werden 


feit, den Grit fehn 
a 6, ein Su ran Hit v Wie große Kräfte na a — mau ſa 


t Tennt, oder nicht verfeht, die Abgabı dem wil 
nicht Tenni ichi zu benügen ae To kann gabe nur u ad 2% 


Eıtrage, nicht nad) der vorhandenen Kr —F— fien werben. 


J 
Kara iR unftzeitig mehr werth, als bie zo a —* s ie es, daß de 


ihre Leitung an ben Staat. Dafür gibt es aber kein Maß. Nur was 


Gelehrten die größten Abgabe n zu zahlen hätten. in 
als fie verbunden find, bie Aufklärung u elta a das ini te 


Die ni an allgemeinen Zeichen aller Kräfte, d. i. an Gelb einträg: 


rägt, 
Darum werben in civiliſirten Ländern, wo man bie Willen 


An zu Thägen weiß, die Gelehrten reicher werden und größere Al 


‚aben 
Können; darum Hat der Staat auch ein finanzielles Iter je, di EI 


f&haften zu befö — — Was endlich die Leichtigkeit oder Schwierigleit zur 
Ausmittelung des Ertrages betrifft, fo glaubt man ziemlich jemein, daß dk 
Gapitaliften, weil fie ihıen Biken werbergen Kamen, er zu be 


4 SIBSSFERESSTaFIEETEIT es Bi HR yuzann 
. — Er ll Baus | Fi u jr 
Beil # ch ae Ergsias 3 
gr IE N je & $: Pt & ylele 
ErBpkhlesichblge Bla 
and as rg Hr : ne pafaste 
een: * dee: ib ei Hi it: Hirn 
VER Iepaljhl srl 
EIERN HET RIESE 
Be I J Hi : 
Br in di J HEN 
u a 8 8 ih Ai ren Rt 
u ih I us; 38 * pr 
in au al nin alla! 


848 ” Gleichheit, 


ſich mit einer vierten zuſammenſetzen u. f. f., bis zulegt nur noch eine einzige 
übrig PN Unter &. im politiichen Sinne |. d. Artikel politifdes 
eichgewicht. 
Gleichheit heißt die Uebereinſtimmung mehrer Dinge in denſelben Merk⸗ 
malen, oder vielmehr, da eine vollfändige Uebereinfimmung nur in ber Idee, 
nicht aber in der Wirklichkeit vorfommt, in mehren Merkmalen. — In yolitis- 
fer —B verſteht man unter ©. dasjenige Berhältnig der Glieder dis 
ner Staatsgeſellſchaft zu einander, vermöge deſſen alle gleiche Zegee und 
Pflichten Haben. Jedes Recht im Staate ik nichts Anderes, als die, durch 
die Geſetze geftattete, freie Ausübung u. Benügung irgend einer Kraft; viefe iR 
ſtets Bedingung u. Grundlage des Rechtes. Da nun aber die Kräfte fo im 
Umfange, ald in der Art verichieden find, fo folgt, daß im Staate unmö Uns 
ter allen Bürgern eine ©. der Rechte flatt finden kann. Die Geiſteskraͤ 
in der Geſellſchaft vernünftiger Weſen einen höheren Rang, als die bloß phyß⸗ 
ſchen Kräfte; darum Tann es fein Recht des Stärkeren geben, fo lange bie 
Stärke bloß phyſiſch. if. Die höchſte moralifche Kraft aber, im Vereine mit ber 
och phufifpen Kraft, bat auch das höchfte Recht, d. 5. ihr gebührt vor 
echtowegen die Oberherrſchaft. — In beiden Regionen, der moralif und 
ber phyſtſchen, muß ein Maß der Kräfte angenommen werben, und dieſes Maß 
muß für alle gleidy feyn. Das tft allein zu verfiehen, wenn Staatslehrer eine 
G. der Rechte fordern, was dann befier durdy G. vor dem Geſetze, bie in allen 
neueren Berfaffungen ald Grundgeſez angenommen ift, ausgedrückt wird. Der 
veiche u. mächtige Edelmann bat Fein Borredht, die Geſetze zu uͤbertreten; thut ex 
ed, fo muß feine Strafe jener eines jeden andern Staatöbürgere gleich. feyn. “Der 
Reiche aber bat mehr Rechte, ald der Arme, weil jener mehr Rrähe benügen unb 
in Wirkfamfeit fegen Tann, als dieſer. — Da der Staat die Bürgfichaft ver 
Rechte, mithin der Ausübung der Kräfte if, fo folgt, daß der Veſthet gülee 
Kräfte auch ein größeres Iuterefie an der Erhaltung des Staates hat, 8% 
dingungen der Erhaltung des Staates find die Duelle der Pflichten der Staats 
bürger. Wem nun mehr an diefer Erhaltung gelegen ift, der muß auch in ei⸗ 
nem höheren Grade jene Bedingungen erfüllen, d. h. er muß größere Pflichten 
übernehmen. Darum muß der Reiche mehr Abgaben bezahlen, als ber Arme. 
Mit der Bermehrung der Kräfte müflen audy die dem Staate Ichulb en Leiſtun⸗ 
en zunehmen. Zur Leitung des Berhältnifies if aber auch 5 Map ver 
räfte erforderlich, das für Alle gleich feyn muß. Da aber die Kräfte nicht 
bloß in ihrem Umfange, fondern audy in der Aıt und Beſchaffenheit verſchieden 
find, fo wird badur die Berechnung der Kräfte und folglich der Rechte, ver 
widelt und ſchwierig. Es iſt zu bemerken, daß bie Kräfte nicht an ER 
fondern nur nad ihrem Ertrage abgemeflen, daß die Verſchiedenheit jener na 
der Art ihres Ertrages beftimmt, und endlich auch die größere ober geringer: 
Leichtigkeit, den Ertrag zu Eennen, in Anſchlag gebracht werben müſſen. Irgend 
ein Befit, ein But, ſchließt vielleicht große seräfte in ih; aber weil man fe 
nicht Fennt, oder nicht zu benügen verfteht, fo kann die Abgabe nur nad) dem wirt 
lidyen Ertrage, nicht nad) der vorhandenen Kraft abgemefien werben. Die Bel 
ftesfraft if unftreitig mehr werth, als die phuflfche, ſonach ſchiene es, Daß bie 
Gelehrten die größten Abgaben zu zahlen hätten. Dieb it auch in foferne Pr 
als fie verbunden find, die Aufklärung zu verbreiten; denn das iR ihre Aufga 
ihre Leiftung an den Staat, Dafür gibt es aber kein Maß. Nur was (ine 
die Geiftestraft an allgemeinen Zeichen aller Kräfte, d. i. an Geld einträgt, Tanz 
ermeflen werden. Darum werden in civilifirten Ländern, wo man bie Willen 
[haften zu ſchaͤtzen weiß, die Gelehrten reicher werben und größere Abgaben —* 
können; darum hat der Staat auch ein finanzielles Intereſſe, die Willen 
fhaften zu befördern. — Was endlich die Leichtigkeit oder Schwierigkeit zur 
Yusmittelung des Ertrages betrifft, fo glaubt man ziemlich I Ir daß bie 
Gapitaliften, weil fie ihren Reichthum leicht verbergen können, ſchwieriger zu be 








Gleiſen — Slim 0. ss 


Als Hauptmann trat er nach dem Kriege aus, fehte feine Studien fort u. warb 
Prediger, feit 1834 Kaplan am Chelſeahospitale. Er iſt eifriger Anglifaner und 
vertängnel in Geſchichtswerken (Gefchicdhte des britifchen Indiens, A Bde.; Leben 
des Eir Thom. Munro, 3 Bde.; Leben britifcher Generale, 3 Bde. ıc.) ebenfos 
wenig, als in zahlreichen Novellen (der Subaltern, Chelſea⸗Invaliden, Huflar, 
Ghellenhofpital, Allan Bred, Chronik von Waltham) feinen confervativen Stand» 
punkt. Memoiren Warren Haſting's gab er 1841 (Lond. 3 Bde.) heraus. 
Gleißen, Dorf in der preußlihen Provinz Brandenburg, im Regierungs⸗ 
bezirke Frankfurt, fünlich und 1 Meile von Koͤnigswalde, in einem Wiefenthale 
elegen, mit einem Parke von ausländifchen Gewächſen, mit einem Wlaunwerfe, 
Einwohnern und 3 ſaliniſchen Eifenquellen — der Hauptquelle, der Wiefen- 
quelle und der Alaunquele — nebft Mineralmoorbävern. Die cdyemifchen Beſtand⸗ 
theile diefer Quellen find: Eohlenfaurer Kalk, Talkerde, wenig Tohlenfaures Gas, 
Schwefelwaſſerſtoffgas und Stidgas. Ihre Wirkungsweiſe haben diefe Minerals 
quellen mit der Claſſe der falintfchen Eifenquellen (f. Brufinen- und Bade 
Turen) gemein, gehören jedoch zu den ſchwaͤcheren, find Rärfend und auflöfend 
und dienen in jenen Krankheiiszuſtaͤnden, weldye bei Driburg (f. d.) angegeben 
find. Die Mineralmoorbäver zeigen ſich vorzugeweife allgemein und örtlidy flärs 
kend auf das Hautfyflem und beruhigend auf dad Nervenfuflem. Sie werben 
Darum bei Krankheiten der weiblichen Genitalien, Unterbrüdung der Regeln, bei 
Rheumatiömus und Gicht, bei Lähmungen, gichtifchen u. ffrophulöfen Gefchwuls 
ſten und Berhärtungen mit großem Nuten angewendet. u. 
Gleim, Joh. Wilh. Ludw. (pſeud. Grenadier, der alte Peleuso), geb. 
2, April 1719 zu Ermsleben bei Halberſtadt, ſtudirte zu Halle die Rechte, war 
zuerſt Hofmeifter in Potsdam, dann Sekretär des Prinzen Wilhelm von Schwedt, 
dann des Fürften Leopold von Deffau, 1747 Domfelretär, später audy Kanonikus 
des Stifies Et. Walbeck in Halberftant u. flarb daſelbſt 18. Febr. 1803. ©. ges 
bört mit zu den Stiftern einer befieren Richtung unferer fchönen Literatur, wents 
er jedoch durch feine eigenen poetiſchen Erzeugnifie, die zu fehr im Tone ana 
reonttfcher Spielereien und repfeliger Breite gehalten find, als durch die Aufmun⸗ 
terung und Unterftügung, die er in reichlidem Maße jungen Talenten angedeihen 
ließ. Sämmtl. Werke. Halberſtadt 1811— 13, 8 Bve. Erfle Originalausgabe 
aus des Dichters Handfchriften von W. Körte, Lpz. 1841. x. 
Gletſcher heißen die Anhäufungen eifiger Maffen in hohen Bergtbälern und 
Bergſchluchten, dte fi) auch in der wärmeren Jahreszeit erhalten. Ste bilden 
ſich meift durch den häufigen Schnee, der von der Wärme der Sommertage zwar 
geſchmolzen war, aber durch darauffolgenve Falte Nächte wieder gefriert, oder auch 
von herabaefuntenen Schneebänfen, daher fie audy nach oben zu wachen, over 
durch herabgefallene ©.-Stüde und Lavinen. Gie finden fidy, außer in den kal⸗ 
ten Gegenden (Island, wo fie Jäkulls heißen, Brönland, Spigbergen), auch 
in den höher Itegenden fünlicheren Ländern, 3. B. der Schweiz (mo die berühms» 
teften Bernina, Jungfrau, Breithorn u. a. find), Tyrol u. ſ. w. Biswellen lies 
gen um und zwiſchen ihnen, oder nody tiefer, mehr oder weniger ebene, gleichfalls 
von Schnee und Eis gebildete Thäler (Eisfelder, Eisthäler, 3. B. bei dem 
Dorfe Rhein, an der Öränze von Urt, das Ehamounythal), welche gleichfalls von 
Zeit zu Zeit höher werden. Der Kern der ©. ift entweder feſtes Cis, oder auch 
Geld. Ste zeripringen bisweilen mit furdytbarem Geräuſche und befommen Spals 
ten, die oft bis auf den Grund gehen, einen Zuftzug verurfachen (der G. bläfet 
aus) und bei frifch gefallenem Schnee, der fie nur leicht verftopft, den Reiſenden 
gefährlich werden. Ebenfo werden fie durdy die Kälte, die fie verbreiten, durch 
Das Berfperren der Wege, durch Berſten und Borrüden, was durdy den Drud 
von oben und durch Abthauen gefchieht und wodurch oft Gerölle vorgefcyoben, 
Damm, Seen ıc. gebildet werben, durch Entladung von Lavinen, weldye oft von 
ihnen große —* — mitnehmen, ſehr beſchwerlich. Dagegen bilden ſie einen 
—*5 für die anſehnlichſten Fluͤſſe, ſowie ſie durch das ir won Farts 


850 Gleig. * 


det werden; geht dieß nicht, fo iſt die G. unbeſtimmt. Sind bie Ceoeffickenten 
der unbekannten Größen beſtimmte Zahlen, fo beißt die von ihnen gebildete G. 
eine numerifche oder Zahlen⸗G. tm Gegenfage zu der literalen oder Bud» 
ſtaben⸗G., in weldyer die Goeffictenten allgemeine Größen find, Das Glied, 
weldyes mit Feiner unbefannten Größe verbunden iR, heißt das abfolute, ledige 
Glieb. Eme ©. heißt unvollftändig, wenn einige Votenzen vom ver 5 
bis zur nieprigften fehlen, im ungefehrien Kalle volikändig. Kommt nur eine 
Potenz der Unbefannten vor, fo heißt die G. rein, kommen mehre vor, unreis 
oder zufammengefebt. In der Auflöfung der G.en macht es einen —* 
Unterſchied, ob die unbekannte Größe in der erſten, oder zweiten, ober d 
tenz dabei vorfommt; man unterfcheidet hienach ®.en vom erſten, vom zweiten 
oder dritten u. f. w. Grade; man nennt diefe ®.en dann einfache u. zuſammen⸗ 
geſetzte, diefe find quadratifche, Eubifche, ‚biquadratiiche und höhere &. — 2) Ja 
der Aftronomie ni G. ein, gewöhnlidy mit conflanten numeriſchen Goefficdenten 
verfebener, analytiſcher Ausdruck für eine ſolche Correction, durch weldye die mitt 
lere Bıwegung irgend eined Himmeldförpere, z. B. eines ‘Planeten, auf bie wahre 
Bewegung ganz, oder doch weninftens zum Theile, —— wird. Einer jeden 
©. diefer Art liegt die Kenntniß von der Größe der Einwirkung der verſchiede⸗ 
nen Kräfte, durch welche die mittlere oder gleichfürmige Bewegung in die wahre 
ober ungleichförmige übergeht, zum Grunde. Die ©.en find daher für den Galcul 
der phuflfchen Aftronomie, wie diefe von Newton begründet und dann fpäter wei 
ter audgebilnet worden, ein fehr wichtiger ©. genfland. — Es gibt eine Menge von 
®.en, die einzeln kennen zu lernen, dad Studium aftronomifcher Werfe er 
Die wichtigſte darunter IR wohl die G. der Zett, d. h. die Zurädführung ber 
wahren au die miıtlere Sonnenzelt. Da die wahren Gonnentage, folglich ihre 
Stunden und jede andere Abtheilung der wahren Sonnenzeit, von ungleicher Größe 
find, fo können Uhren, weldye, als mechaniſche Kunftwerfe, beämbig, einen gleich⸗ 
fürmigen Bang behalten, unmöglidy mit der wahren Sonnenzeit übereinkimmen. 
Man nimmt daher eine mittlere Zeit an, mit der man den Bang ber Uhren * 
förmig verbindet. Zu dem Ende ſtellt man fidy eine erdichtete Sonne vor, wel 
täglidy gleich weit in dem Aequator fornüdt und dabei dennoch Ihren jährlichen 
Umlauf um die Erde eben fo richtig vollendet, wie die wahre Sonne. Hiebei 
läßt ſich leicht überfehen, daß diefe erdichtete Sonne bei ihrem täglidyen Umlanfe 
den Mittagsfreis bald früher, bald fpäter, bald aber audy zu gleicher Zeit mit 
der wahren Sonne berühren müſſe. Die Bulminatton der erdichteten Sonne gibt 
aus diefem runde den mittleren Mittag an, den die gewöhnlichen Uhren zeigen 
follen, fo wie die wahre Sonne den wahren Mittag beitimmt, den auch die Son 
nenuhren angeben. Der Unterfchien awifchen beiden zeigt und an, um wie vid 
die. Pendeluhren im Augenblide des Mittags jedes Tages abweichen ſollten. — 
Das Mitiel aus der größten und kleinſten Bewegung der Eonne im Jahre be 
trägt genau 59 Minuten und 12 Secunden, im Wequator gerechnet. 
der mittlere Sonnentag, defien 24 Theile eine mittlere Eonnenftunde ausmachen. 
Ein mittlerer Sonnentag fann zwar von einem wahren nie viel über 30 Gern 
den verſchieden feyn, und meift weichen beide noch weit weniger ab; da fidy aber 
dieſe Unterfchiede oft mehre Wonate hindurch Tag für Tag aufiammeln, fo kam 
die Eumme auf und über 15 M.nuten fleigen, So beträgt im Februar u. Re 
vember der Unterſchied zwiſchen dem wahren und mittleren Mittage gegen 15 Mr 
nuten, viermal im Jahre aber, den 15. April, den 15. Junius, den 31. Augufl 
und den 24. Dicember, verfchwindet er ganz, denn an dicfen Tagen culminisen 
die wahre und ervichtete Eonne zugleidy, daher denn die wahre Gonnenzeit mit 
ber mittleren einerlet if. Man hat eigene Tabıllen, welche den Unterfdyich beider 
Se das ganze Jahr hindurch, anzeigen umd zur Gtelung ber getwöhnlichen 
urms, Stuben» und Tafcyenuhren unentbehrlidy find, 

Bleig, George Robert, geboren 1796 zu Stirling (Schottland), engen 

der Univerfität Orfend nah Spanien, um unter Wellington gu dienen (1812) 


Gleißen — Gletſche. ost 


Als Hauptmann trat er nady dem Kriege aus, fehte ſeine Studien fort u. warb 
Prediger, feit 1834 Kaplar am Ghelfenhospitale. Er iſt eifriger Anglikaner und 
verläugnet in Geſchichtswerken (Geſchichte des britifchen Indiens, A Vde.; Leben 
des Sir Thom. Munro, 3 Bde.; Leben britifcher Generale, 3 Bde. ıc.) ebenfos 
wenig, als in zahlreichen Novellen (der Subaltern, Chelſea⸗Invaliden, Huffer, 
Chelſeahoſpital, Allan Bred, Ehronif von Waltham) feinen confervativen Stands 
punkt. Memoiren Warren Hafling’d gab er 1841 (Lond. 3 Bde.) heraus. 
Gleifen, Dorf in der preußtichen Provinz Brandenburg, im Regierungs⸗ 
bezirke Frankfurt, füdlih und 1 Meile von Königewalde, in einem Wiefenthale 
elegen, mit einem Parke von ausländifchen Gewaͤchſen, mit einem Alaunwerfe, 
Einwohnern und 3 ſaliniſchen Ciſenquellen — der Hauptquelle, der Wieſen⸗ 
quelle und der Alaunquelle — nebft Mineralmoorbädern. Die chemifchen Beftand- 
theile diefer Quellen find: Eohlenfaurer Kalk, Talkerde, wenig kohlenſaures Gas, 
Schwefelwaſſerſtoffgas und Stidgas. Ihre Wirkungsweife haben dieſe Minerals 
quellen mit der Claſſe der faltntfchen Eifenquellen (f. Brufinen> und Bade 
turen) gemein, gehören jedoch zu den fchwächeren, find Rärfend und auflöfend 
und dienen in jenen Krankheitszuſtaͤnden, weldye bei Driburg (f. d.) angegeben 
find.- Die Mineralmoorbävder zeigen fidy vorzugsweiſe allgemein umd örtlich flärs 
fend auf das Hautfyflem und beruhigend auf dad Nervenſyſtem. Sie werben 
darum bei Krankheiten der weiblichen Genitalien, Untervrüdung der Regeln, bei 
Rheumatismus und Gicht, bei Lähmungen, gichtifchen u. fkropbuläfen Geſchwul⸗ 
fen und Berhärtungen mit großem Ruben angewendet. u. 
Gleim, Joh. Wilh. Ludw. (pſeud. Grenadier, der alte Peleus), geb. 
2. April 1719 zu Ermsleben bei Halberſtadt, ſtudirte zu Halle die Rechte, war 
zuerſt Hoſmeiſter in Potodam, dann Sekretaͤr des Prinzen Wilhelm von Schwedt, 
dann des Fürſten Leopold von Deſſau, 1747 Domſekretär, fpäter auch Kanonikus 
des Stiftes St. Walbe in Halberftadt u. farb dafelbft 18. Febr. 1803. ©. ges 
hört mit zu den Stiftern einer befieren Richtung unferer fchönen Kiteratur, wents 
get jedoch durch feine eigenen poectifchen Erzeugniffe, die zu fehr im Tone ana» 
eontifcher Spielereien und rebfeltger Breite gehalten find, al8 durdy die Yufmuns 
terung und Unterftügung, die er in reichlihem Maße jungen Talenten angedeihen 
lie, Sämmtl. Werke. Halberſtadt 1811— 13, 8 Bde. Erſte Originalausgabe 
aus ded Dichters Handfchriften von W. Körte, Lpz. 1841. n. 
Gletſcher heißen die Anhäufungen eifiger Maſſen in hoben Bergthälern und 
Bergſchluchten, die ſich auch in der wärmeren Jahreszeit erhalten. Ste bilden 
fid) meift durch den häufigen Schnee, der von der Wärme der Sommertage zwar 
geſchmolzen war, aber durch darauffolgende Falte Nächte wieder gefriert, oder auch 
von herabgeſunkenen Schneebänten, daher fie audy nad) oben zu wachen, oder 
durdy herabgefallne G.⸗Stücke und Lavinen. Gie finden fidy, außer in den kal⸗ 
ten Gegenden (Island, wo fie Jäkulls heißen, Grönland, Spitzbergen), auch 
in den höher Itegenden füplicheren Ländern, 3. B. der Schweiz (wo die berühms 
teften Bernina, Sungfrau, Breithorn u. a. find), Tyrol u. f. w. Biswellen lies 
gen um und zwiidyen ihnen, ober noch tiefer, mehr oder weniger ebene, gleichfalls 
von Schnee und Eis gebildete Thäler (Eisfelder, Eischäler, 3. B. bei dem 
Dorfe Rhein, an ver Öränge von Urt, dad Ehamounythal), welche gleichfalls von 
Zeit zu Zeit höher werden. Der Kern der ©. iſt entweder feſtes Eis, oder aud) 
Feld. Ste zeripringen bisweilen mit furdhtbarem Geräuſche und befommen Spals 
ten, die oft bis auf den Grund go einen Luftzug verurfadyden (der ©. bläfet 
aus) und bet friſch mefallenem Schnee, der fie nur leicht verflopft, den Reifenden 
gefährlich werben. Ebenſo werden fie durch die Kälte, die fie verbreiten, durch 
das Berfverren der Wege, durch Berflen und VBorrüden, was durch den Drud 
von oben und durch Abthauen gefchieht und wodurch oft Gerölle vorgefchoben, 
Damm, Seen ıc. gebildet werden, durch Emtlabung von Lavinen, welche oft von 
ihnen große Eisffüde mitnehmen, ſehr befchwerlih. Dagegen bilden fie einen 
aſſerſtock für die anſehnlich e, fowie fie durch das —88 m is 


5 u 
il ein tt. Licht Dyiit v 
— ——— 


ſelteneres 
— zu —* durch bie purpurrothe Bärbung, wege er ber 8 
Ente 2 Werne Biete witſch)y —* Vramatifäper Dichter m 
e D 
[chriftfteller, geboren 1774 tm Gonvernement lenok; im eitenhar 
Ai — ex ind Heer ein, nahen ober 179 als Bei Im au⸗ 
—ES t. Bon 1808 big 1821 gab'er ee & 
a. : 


© 
—— er —— PRINT: 
er en am er, 
im ——* ga — 8 ojutant —— — 
mailow' 
TA ſawods ——— als — — SET 


von Polen. Unter König Sigismund igt, nach der Krone gefitcht zu 
haben, ward er feiner Fr 2 She Br & nahm nun Dienfte bei dem 
Tuff em Großfürften Waſili IV., eroberte für diefen 1514 Smolenot und fügte 
olen vielen Schaden bei. Waflli hielt jenody feine ihm gegebenen Berfpre: 
gun jen nicht und ©. verfuchte daher, fich mit den Boten auszuföhnenz er wurde 
verrathen u. in's ar niß getworfeit, aber der Uebertritt zur griedhtichen 
34 verſchaffte ihm die u. nach Wafill's Inne die Bormumdfchaft über 
befen Ten Beinaen, De e ber Wittwe Waſili's zog ihm wieder Ungnade iu, 
“on on (Brancis), Seen au Ramptsham in Dorfethire, 1597, geftorben 
1677, uf der Medi; Hi zu Cambridge, ar un ent er —— durch 
mehre wichtige Entdedungen — Unter ine u ex treffliche Borfchungen 
über bie tabilität der Site des thieriſchen Körpers an, auch lieferte er eine 
fer ehr gem aue Befchreibung der fogenannten engliſchen Krankheit, weldyer er ua 
amen Rhachitis Beegte: De rhachitide s. morbo prerili, qui vulgo „the 
—8 dieitar (kenbon 1662, 12.). Seine anatomifchen Werke find: Anatomie 
hipatis (2ondon 1654, 8. u. Amfterdam 1659, 12.) und de ventriculo et inte- 
slinis Se 1677, 4). 

Sur ns Ernft v.), geboren 1755 zu Grauminfel bei Wittenberg, 
trat a " fächfifche Staatödierhe, am 1 ſolchen 1780-89 nach Weplar, 
dann nad) Regenöburg u. warb 1806 Gonferenzmi fer u. wirklicher Behelmer 
rath. Die Sache feines Königs führte er auf dem Wiener Gongrefe. Gr 
1826. Ws Schriftfieller hat er fich beſonders ald Criminaliſt defannt gemadıt: 
hate — —— 
weiſes (2 Bände, Regendburg W er ln 


“- 


Globus — Sloke. 885 


Bde., 2. Ausg., Dresden 1815—18), Censura rei judic. Europae (2 Bande, 
ipzig 1820 - 22) u. m. a. 

Globus Heißt eine Fünftliche, drehbare Kugel von Holz oder Pappe, deren 
m fich beim Etudium der Aftronomie und Grographie bedient und die ent⸗ 
der ein Himmeld- oder ein Erd⸗G. if. — Auf der Oberfläche des erfleren 
d die Firſterne, gemöhnlid, von der erften bis zur vierten Größe, in ihrer rich⸗ 
en relatıven Sage, u. alle diejenigen Kreiſe verzeichnet, die zur Beflimmung der 
ge der Geflimme dienen. Durch eine gewiſſe Befefligung in einem Geftelle, in 
Ichem fie ſich um ihre Achfe drehen läßt, erfüllt nun Die Stugel den Zwed, bie 
icheinung der täglichen Bewerung des geftirnten Himmeld nachzuahmen und 
8 zu verfinnlichen, was man in Beziehung auf die Erſcheinungen am Himmel 
ıhrnehmen oder berechnen kann. Der die Kugel umgebende Ring heißt der Mes 
ılanz auf dem Geftelle, deflen breite Oberfläche die Ebene des Horizontes vors 
It, find die 360 Grade, der Kulender, die Länge der Sonne für jeden Tag des 
ihres u. die Himmeldgegenven verzeichnet; am Nordpolſtifte iſt ein Kleiner meſ⸗ 
gener Reifen, der fogenannte Stundenring, befefligt, mit einem Zeiger zum 
len. — Auf dem Erd⸗G. find ale M'ere, Infeln u. Länder, lept-re mit 
en vorzüglichfien Gebirgen, Strömen, Städten u. f. w. in ihrer ridht’gen res 
tiven Lage u. Geftalt, ſowie alle diejerigen Kreife verzeichnet, die zur B films 
ıng der age einzelner Inſeln, Ortichaften u. f. w. dienen. Die ganze Eınridhs 
ng des Erd⸗G. ift übrigens ganz ebenfo, wie die des Himmels» ®. (f.d.). 
ar find die Ekliptik u. der Kolur der Sonnenwenden nicht ganz mit Recht auf 
m Erd⸗G. verzeichnet. Dagegen geben die beiden Wendekreiſe u. die beiden Polar⸗ 
tfe die Lage, Beftalt u. Eröße der heißen, der beiden gemäßigten u. falten Zonen, 
er fogenannte erfie Meridian (ſ. d), weldyer gewoͤhnlich durch die canarifcdye 
iſel Ferro gezogen iſt, theilt die ganze Erdoberfläche in die öftliche u. weſtliche 
emifphäre oder Halbfugel, während der Aequator (die fg. Linie f. d.) die nördliche 
d ſüdliche Halbkugel unterfcyeiden läßt. Der Erd⸗G. hat nun nicht bloß den 
ved, von der Erde ein Bild im Kleinen zu geben, fondern auch, die Erſchei⸗ 
ng der täglichen Bewegung der Erde nachzuahmen und das zu verfinnlidhen, 
ı8 man in Bezug auf Tag» und Nachtlängen, Auf» u Untergänge der Sonne, 
ıhresgeiten, Mond- u. Sonnenfinfternifie u. f. w. in Bezug auf einen beſtimm⸗ 
ı Drt der Erboberfläcdhe, over auf ganze Erdtheile u. Meere wahrnehmen oder 
rechnen Tann. — Die Eıfindung des Erd:®. wird dem Anaximander um 580 
Chr. zugefhrieben; der Himmelo⸗-G. fol fchon früher befannt geweſen feyn. 
hön u. accurat gearbeitete Erd⸗G. lieferten: Franz in Nürnberg, Riedig in 
ipzig, Hahn in Hannover, Schropp in Berlin, Joſ. Jüttner in Prag u. 
tollo in Wien. 

Slot (Nikolaus Bincens), geb. 1. Sept. 1751 zu Ebern, fludirte in 
amberg, ward 1776 Prieſter, 1782 Prediger in Würzburg, 1788 Hofprediger, 
03 Pfarrer in Rothenburg, 1807 Pfarrer in Augsfeld u. flarb (2) Diefer 
ätige Kangelrebner, der feine Erzeugnifle bald unter vem Namen PB. Bincenz, 
ld unter dem Namen PB. Bincenz von Ebern herausgab, berüdfichtigte in 
inen zahlreichen Predigten die verfchienenen Greigniffe und Berhältnifie feiner 
eit, befonvderd das vielbewegte letzte Jahrzehent des 18. Jabrh. Seine Predig⸗ 
n find feine Muſterpredigten u. in einer nicht felten undeutfchen u mit fremden 
zörtern u. Conftruftionen verunzierten Eprache gefchrieben, aber fle treff m oft, 
u mich fo auszubrüden, tm Inhalte den Rage! auf den Kopf. Seine Predig⸗ 
n umfaflen mehr ald 20 Bänvde. Bol. Geichichte der katholiſchen Kanzelberedt⸗ 
mkeit der Deutfchen von J. Kehrein (Regensb. 1843, Br. 1.6. 217 f.). x. 

Glocke, eine Bafe von Metall, die, angeſchlagen, ertönt u. gebraucht wird, 
n in die Kerne Zeichen zu geben. Die Geftalt iR die eines oben abgerundeten, 
ıten ausgeſchweiften Kegels. Die dichſte Stelle IR, wo ber eiferne Klöppel auf- 
blägt. Gefertigt wird fie durdy Guß In befonderer Form aus eur MIUNSn, 
m Kupfer u. Zinn (G.n⸗Sp eiſe, &n,Ent), — Sim u, Binstgen tn 


rg° 
“ur 
Pa Wlode. 
4 . u. 


Shen bie alten, Wegeypier u. von bielen nahmen wie 
8 Kleid, weldyes oheprieſter Aaron am 

zen goldenen Gloͤckchen gen, u, Die Talmudiſten 
von großen Kugeln, das Tempelberg 
Rand, damit ſich der Laut daſelbſt 
der Briefter | 


dem Zepel mn verfceuden, 
einigen möchten. * Be 
ſchlugen fe auf eherne Keffel 
fand fe —— air auch 
— Klingeln ein Seien 
Römer bevienten fich Heiner G.n 
in Temyeln, Bädern u. öffentlich 

















3 


— 





linuß, 
ran va ae, | 
wo man den erfien Gebrauch davon te, den Ramen nola erhielten. 


6. Jahrhunderte bediente man fich Im Abendlande in den Klöfern wer 
auf dem Kirchhofe in einem Geſtelle hingen, um dad Zeichen zum & 
zu geben. Cbenfo bei Begräbnifien. Gegen das Ende dieſes Jahrhunderts 
ten mehre Städte &.n auf ihren Kirchen. Um 550 n. Ehr. wurbe 

in Frankreich eingeführt. Papſt Sabianus verordnete (604), daß alle 
durch G. n⸗Schlaͤge angezeigt würden, um bie Sing- u. Beiſtunden beſſer abwar⸗ 
ten zu lönnen; 610 wurde durch dad G.n-Geläute, welches Lupus, Biſchof von 
Orleans, veranftaltete, die Armee des Lothar in ſolchen Schreden verfeht, daß 
fie die Belagerung aufhob und die Flucht ergriffz 680 gab man in annien 
mit G. das Zeichen zum Gotteödienfte; 787 verbot Karl der Große die ©. 
Taufe; Papſt Johann IIL (965—972) aber führte fle wieder ein. 812 wirb eine 
fübernen ©. gedacht, die Wilhelm, Herzog von Wauitanien, an die “Dede der 
Kirche des von ihm geftifteten Kloſters Gellone aufhängen ließ; 865 fanbte Urfus 
Patriciacus, Doge von, Benedig, dem Kaiſer Michael IL. für den, wiber bie 
Sarazenen geleifteten Beiftand, zwölf große G.n, welche Kaiſer Bafllius L 871 
oder 72 zuerfi gebrauchte. Turketulus , erſter Abt zu Growland in Lincoinfhire 
in England,.der 875 farb, fehenkte dem von ihm geftifteten Klofter 6 G. n, nach⸗ 


‚dem er ſchon vorher eine große G. hatte gießen lafien; 1020 kamen in ber 


Schweiz die G.n in Gebrauch; 1064 erhielt die Domkirche zu Augsburg zwei 
®.nsThürme, Die®. auf dem Stephansthurme in Wien wurde 1711 au6 eroberten 
türfifchen Kanonen gegoflen und wiegt 368 Gtr.; die zu Erfurt, 1497 gegoflm, 
281 Etr.; die zu Bredlau, 1503 genofien, 220 Etr.; die zu Touloufe 510 Cu.; 
die zu S. Jago di Gampoftella 300 Etr.; die der Domkirche au Mailand 300 Er. ; 
(fe iR 7 Fuß breit, 22 Fuß im Umfange); die ded Münfters in Bern 240 
Ctr.; die 1563 zu Moskau gegoflene 440 Gtr. (wovon der Klöppel 100 Gtr.); 
fie ſtuͤrzte 1701 bei dem Brande der Kirche herab. Könige Yamti lief 1413 eine 
eiferne u. 8 cherne En in Peking gießen, woven jede 2500 Eir. wog (7). Das 
erſte G.n⸗Spiel wurde 1487 1 Ur \n KUnnuern ern. a vr RAR 


_ Glodenfpiel Glogan. | E 


noch jetzt. der Gebrauch der G.n verboten. Die Türken mahnen die Gläubigen 
durdy Ausrufen zum Gebete. 

Glockenſpiel (Carillon), ein Inſtrument aus diatoniſch und chromatiſch 
abgeſtimmten Glocken, von Metall oder Glas, von verſchiedener Form u. Groͤße 
zufammengefeßt, weldye durdy Hämmer angefchlagen werben. Die größten G.e 
bat man in den Niederlanden, Holland, Rord: Frankreich, auch in einigen Staͤd⸗ 
ten Rords Deutfhlands (Hamburg, Potsdam), auf Thärmen, wo fie entweber 
mittelft einer großen Claviatur, von einem fogenannten Gampaniften gelpielt, 
oder mittel einer von der Thurmuhr getriebenen Walze regiert werben. Kleinere 

at man mit einer Tuflatur von mei 3 Detaven Umfang in Geftalt eines 
Fr Slaniers, oder in Gtubenuhren, wo fle ebenfalls durch eine Walze ge- 
pielt werben. | | 

Glockenthurm, ein Thurm, auf weldyem Gloden hängen, zum Unterſchiede 
von Thürmen, die zu anderen Zweden dienen; er iſt meift mit der Kirche verbun⸗ 
den, an mandyen Orten, 3. B. in Schweden, aber audy von derfelben geichieben 
u. auf nahen Höhen errichtet. Die Glocken find gewöhnlich in einem befonderen, zur 
Berbreitung des Tones nach allen Selten mit Schalllödyern verfehenen Behält- 
niffe angebradht (der G⸗Stube), wo die Glocken an einem: hölzernen @erüfte 
Cem G.Stuhl), dad aus 2 Wänden von Schwellen, Säulen, Riegeln, Blatts 
Rüden und Schwungftreben belebt (alles von Cichenholz) befefligt find. “Der 
G.⸗Stuhl darf nicht mit den Mauern des Thurmes verbunden werben, indem 
ſich dadurch die Erfchütterung beim Läuten den Mauern mittheilen würde. Die Glocken 
hängen bier an der G⸗Welle (Wolf), einem flarfen Stüde Holz, an dem bie 
Henkel der Glocken mit eifernen Schienen u. Ringen befeftigt find. 

Biokenzeihen. Die Glocken werden bei verfchlenenen Gelegenheiten geläus 
tet. Bei einer feierlichen Taufe wird in manchen bpegenben n ©. gegeben, 
um dadurch die Freude auszudrüden, welche die Kirche über den Zuwachs eines 
neuen Mitgliedes bat. Inobeſondere werden die Glieder einer Kirchengemeinde 
durch Glocken⸗Gelaͤute zur 5. Meffe durch ein oder mehre Zeichen zufammengerufen; 
an Sonn- u. Feſttagen u. bei befonderen Kirchen- Feierlichkeiten find der Zeichen 
mebre und das Belänte, insbefondere das Zufammenläuten, ift feierlidyer, indem 
alle Glocken zugleidy und länger andauernd gezogen werden. Papft Sabinian 
fol (604) zuerft eine beflimmte Anordnung hinſichtlich der G., bezüglich ber 
größeren ober minderen Feſtſeier, getroffen haben. An hoben Feſten in den Städs 
ten u. täglich auf dem Lande wird auch beim Evangelium ein G. gegeben, auf 
Pr audy jene Glaͤubige, weldye in Feldarbeiten begriffen, oder zu Haufe find, 
fi der hohen Wohlthat erinnern, freuen und Gott danfen mögen, welche ihnen 
und und Allen durdy das Licht ded Evangeliums zu Theile geworden if. Beim 
Sanctus wird nur ein Zeichen mit einem Gloͤckchen gegeben, auf daß die Anwe⸗ 
fenden fi vorbereiten mögen, wenn Chriſtus unter den Geflalten des Brodes 
u. Weines auf dem Witare nach der Eonfekration wahrhaft u. wefentlidy gegen- 
wärtig if. Ein ©. findet audy bei der Wandlung — bei der jenedmaligen 
Elevation — in einigen Gegenden auch während des Pater noster Statt, auf daß 
auch jene Glaͤubige, welche der heiligen Meſſe nicht bewohnen, erinnert u. auf 
gefordert werben mögen, fich niederzuwerfin u. Jeſum Chriſtum u. die heili⸗ 
gen Geheimniſſe in tiefer Ehrfurcht anzubeten. 

Glockner oder Brosglodner, der höchſte Berg der norifchen Alpen 
11,669 Zuß hoch, auf der Graͤnze zwiſchen Tyrol, Kärnthen und Defterrei 
ober der Enns. 

Glogau, 1) Kreis im preußifchen Regierungsbezirke Liegnig, im norb-öftlt» 
chen Abfchnitte defielben Iegend, 174 ſJ M. groß, mit 60,000 Einwohnern. — 2) 
Hauptftadt des gleichnamigen Kreifes u. ſtarke Feſtung, am linken Ufer der Ober, 
mit 13,000 Einwohnern. Gig des Oberlandesgerichts für Nieberfchlefien u. vie 
Dberlaufig, eines Land» u. Gtadtgerichte u. f. w. Katheliſches u. wrutetsusk 
ſches Opmnaflum, —— Echleß; Dom um A ana: Tuer. 


Tabals» u. Giegelladfahrit, Runtelzuderraffinerie, Papiermähle, —— 7 
Tuch⸗ —— —* ten. G. war fruͤher en enes, D 
Reilen grobes Fürftenthum im nörbl. von Riederfchleflen De 
1252 nt Hatıım Bürkenen. Bebli vielfach | eine Un eat v8 
een u. 7 a 

Sabre 1506, 100 ed dem böhmiicdhen Shen einverleibt wurde. — Mau 

It die Stadt ©. für das Lugidunum bes Ptolemaos. Berimmt fommt fe 
zuer® 1109 vor. Sie war Aufange vie Reſtdenz ver von. ®., gehörte 





aber von 1329 — 1481 theilweiſe auch zu dem ume Teſchen. Waͤhrend 
der zweiten Hälfte des dreißigjaͤhrigen Krieges fpielte ©. eine wichtige Rolle u. bie 
Stadt ward von den Kaiſerli en u. Schweden m belagert 





nu. erobert. Im Jahre 1741 erflürmten die Breußen, unter dem Kürften Leopold 
von au, bie Stadt, weldye auch am 2. December 1806, nad) kurzer Verthei⸗ 
digung, in bie Hänve der Franzoſen fiel u. bis 1814 von vielen befeht blieb. Ow. 

Gioria (in excelsis Deo), aud) der englifche Lobgefang (hymnus angeli- 
ons) genannt, weil er nady feinen Anfangsworten bei ber urt des ndes 
von den Engeln gelungen wurbe, ein ſchon gegen Ende ded 4. Jahrhunderte im 
den meiſten Kirchen befannter — der zu Anfang des fünften von der 
chiſchen in Sie lateiniſche eingeführt wurde. Nach Einigen foll dieſer ne ang 

von der Apoſteln ſelbſt worden feyn, Audere ſchreiben ihn dem 

boru6 und wieder Uindere dem Papſte Symmachus zu. Die meiden Kin 

riftſteller halten indeß den heiligen Hllartus von Poitiers für den Bel 
Iender deſſelben; jedenfalls ift diefer Hyanus einer der Alteken. Nach einer Ber 
ordnung Gregor's L durfte derſelbe chemald bloß an Sonn⸗ und Feftagen vom 
Bildyofe allein; am heiligen Oftertage aber von jedem Prieſter abgelungen wer 
den. heilige Benedilt ließ venfelben bei den Laudes abfingen, und tm 7. 
Sabrhundete fing man ſchon an, das G. am h. Ghrifttage in ver eiſten Meſſe grie 
Fr u. in der zweiten lateiniſch zu fingen. Dieß geſchah aber bloß von ben 
Biſchoͤſen. Bor dem 11. Jahıhunderte durften die Priefter diefen Hymnus nicht 
abfingen, Bon nr Zeit an aber ward die Abſingung deffelben nicht nur den 
Brieftern geftattet, fondern fogar vorgefchrieben, an gewiſſen Feſttagen u. Son 
tagen in der Meſſe ſolchen abzufingen, oder zu beten. Endlich warb derfelbe bet 
allen Meſſen an Sonns u. Fefl-, wie auch an anderen, durdy die Kirchen» Rubrif 
beftimmten, Tagen eingeführt; nur in den Meſſen gro defanctis, in den Ferial⸗ 
Meflen der Advents⸗ u. Faſtenzeit, dann an den Sonntagen im Advent und in 
der Yaften, fowie auch an Sepruagefimn, Seragefima u. Quinquageſtma u. f. w. 
findet die Abbetung des G. nit Statt. — In den früheren Zeiten wandte ſich 
der PBriefter, wenn er dad G. anfimmte, ge en dad Boll. Nah u. nach aber 
fam dies ab u. der Gelebrans betet nun d een Hymnud nad dem Kyrie elei- 
son in der Richtung gegen den Altar ab, ober intonirt bei Wentern auf dieſe 
Weiſe bloß ſolchen, weldyen dann der Chor vollends abfingt, während ber Gele 
brans ihn leiſe abbetet. 

Stoffe, 1) Erklärung eines umbelannten, dunfeln Wortes, oder einer dun⸗ 
feln Stelle in einem Schriftfieller, gewöhnlich in den Handfchriften auf dem 
Rande der Schrift beigefett, daher auch Rand⸗G. Gloffator heißt daber der 
Erkiärer folder Stellen u. Gloſſarium eine Sammlung von ſolchen Erklärun⸗ 
gen. — 2) In der Rechts wiſſenſchaft verfieht man unter G.n die Erläus 
terungen u. Anmerkungen, weldye die italienifchen Rechtögelehrten in Bologna u, 
Piſa bei der Interpretation des Corpus juris ihren Schülern mittheilten. “Die 
®.n wunden hernady den Manuferipten der Juſtinianiſchen Gompilatienen beige 
fügt, Anfangs in dem Texte felbft bei den Worten eingerüdt, auf weldye fie ſich 
bezogen (Glossae interlineares), nachher am Rande, theild neben, theil® unter 
dem Terte. Irnerius (+ 1140) war der erſte Sloffator, obfchon biefer Name 
er unter feinen Schülern u. Radylolgern in Xeiramie qeträuchlidh wurde. Nice 
curſtus fammelte die verfäglenenen En \einer Boradmart ua mania, Ia, wi 


Gloncefker — Glonceſter. Wo 


Hinzufügung mancher eigenen Bemerkungen, zu einer Glossa ordinaria; nur die 
get Stellen des Corpus juris find aufgenommen u. haben in Deutſchland 
ſetzeskraft. Vergleiche Hänel, Dissensiones dominorum, Leipzig 1834. Wie 
das römifdhe Recht, wurden audy andere Rechtsbücher des Mittelalters, das 
kanoniſche Recht (deoretum und decretales), die Lehnrechtögewohnheiten und tn 
Deutfchland der Sachfenfpiegel gloffirt, u. erſt durdy die ©. wurden fie ind Les 
ben eingeführt. — 3) In der Poeſie, eine befonvdere Art Gedichte, weldye bie 
Brüder Schlegel aus der portugieſiſchen u. fpantfchen Dichtkunſt in die deutſche 
eingeführt u. auch Bartationen genannt haben. Diefe Art fängt mit einem Thema 
von zwei bis vier und mehr Berfen an, deren Ausführung, gleichſam Auslegung 
(Gloſſe), in eben fo vielen Strophen, als Berfe find, erfolgt, fo daß am Schlufle 
jeder Strophe ein Vers des Thema der Reihe nad) wiederholt wirb u. dadurch 
fid) die Dichtung zu einem zterlicyen u. Funftreichen Ganzen ‚gefaltet Die G.n 
find demnach eine Paraphrafe oder Umfchreibung gleichfam eines älteren Thema 
in eine neue Lesart, mit eingefchalteter Beibehaltung der Worte von jenem. 
Glouceſter oder Blocefter. 1) Srafichaft im weflichen Theile Eng⸗ 
lands, ift ein wellenförmiges, ſüdlich durch die Cotteswood etwas gebirgige® 
Land, wird bemärlert von der Saverne, Avon, Iſis, Stroud u. a., und mehren 
Kanälen (Stroubfanal zwifchen der Themfe u. Saverne, Hereforbfanal zwiſchen 
Ferry u. Saverne u. f. w.), bringt mineralifche Gewäſſer, Getreide, ObR, Cars 
den, Holz, Steinfohlen u. zählt auf ungefähr 50 Meilen 390,000 Einwoh⸗ 
ner, weldye ftarfe Viehzucht treiben (160,000 Eır. Käfe u. 40,000 Etr. Butter 
zur ˖ Ausſuhr), Obftwein bereiten und Webereten unterhalten. — 2) Hauptſtadt 
gleiches Namens darin, an der Saverne (das römiſche Claudia castra), Siß 
eines Biſchofs, hat eine ſchoͤne, 1047 gegründete Kathedrale mit prächtigen Glas⸗ 
malereten, mehre Armenanftalten, Theater, neu erbauted Gefängniß, große Sted» 
nabelfabrifen (nach ®ondon allein für 20.000 Pfo. St.) u, bei 12,000 Einwohs 
ner. Dabei die Saverneinfel Alney, berühmt wegen ded Zweilampfes zwiſchen 
den Königen Eduard Sronflde von England u. Kanut d. Gr. von Dänemarl., 
Glouceſter, Strafen u. Herzoge von, Titel mehrer englifchen ‘Prinzen 
u. natürliden Köntgsföhne. — Unter denen, welche diefen Namen geführt haben, 
zeichnen fi) aus: 1) Robert, Graf von G, Heimichs I. natürlicher Sohn, 
erfocht in ven bürgerlichen Unruhen 1139 zu Gunften feiner Schwefler, der Kös 
nigin Mathilde, den Steg bei Lincoln über Stepban von Blois und nahm den 
Gegner Stephan gefangen, wurde aber durdy iR 1142 ebenfalld gefangen und 
gegen St phan ausgewechfelt, erfocht noch den Steg bei Wilton u. farb 1146. 
— 2), John, Graf von G., Sohn Johannes ohne Rand, Bruder Heinrichs IH. 
Als ſich 1264 der Schwager Heinrichs IL, Simon Montfort, Graf von Lelces 
fer, ga den Stönig empörte, war ©. bei den Aufrührern und Mitanführer in 
der Schlacht bei Lewes. Unwillig über die Anmaflungen des Grafen von Leice⸗ 
fter, befreite er den Kronprinzen Eduard aus der Haft Simond von Montfort, 
—* fidy aber fpäter an die Spitze der koͤniglichen Partei u. erfocht 1265 mit 
rinz Eduard den Sieg bei Evesham, wo Keicefter blieb. Später zurückgeſetzt, 
erregte er einen erfolglofen Aufftand, weßhalb er 20,000 Mark zahlen mußte. 
Als während der Abwefenheit des Prinzen Eduard Heinrid IL 1272 ftarb, 
ernannte ihn diefer, kurz vor feinem Tode, zum Reichsverweſer. — 3) Hums 
phrey, Herzog von G., Sohn Heinrichs IV., wurde nad) dem Tode feines Brus 
ders, Heinrich V., 1422 mit dem Herzoge von Bedford Bormund über deſſen 
Sohn Heinrichs VI, u, da jener den Krieg in Frankreich führte, Reichöverwes 
fer in England u. nady Bedfords Tode alleiniger Bormund 1435. Dabei hatte 
feine Bermählung mit Jacqueline von Holland 1425 — 30 (wo er wieder ges 
ſchieden ward) das Einverflähbnig Englands mit Burgund geflört u, Streitigfei- 
ten mit Philipp von Burgund hervorgerufen. Die VBermählung des Königs mit 
Margarethe von Anjou gaben fpäter dem Carvinal von Wntgeter, Eraser rk 
Könige, ber Immer fein Zend war, ein benentenned Vrberauonäk, wa WÄR, 


Li 


> vBiover · TE 
verunben mit, ber 


| Königin und des Ainige Ghnfting, Mile de ie 
Ye Seien von — sum Sturze — von: ©. bente; fe 
nämlid Berrätherei an, worauf ©. den Tag nach feiner Gefan 

8 tobt im Wette Fo? — 21— Denen, Damm 
im d, — 25. November 1743, —** Herzog von G. Im Jahre 
1766 vermahlte ex ſich mit einer ter des NRiters Eduaid Walpole u. Wittwe 


& 
2 


Satobs, Brafen von Wa ve in England, eines Ablom 8 von J 
aus dem Haufe Stuart, und erzeugte eine Prinzeſſin, Sophie, 
1773, u. einen Prinzen, Wilhelm Sriebric, geboren 1776. Diefe Ehe Hatte 
gewiſſe Entfremdung zwiſchen wem Herzoge u. Heinen lichen Bruder, fo 
viele lebhafte Parlam 


ten zur Bolge, baber 
außer Landes lebte. Er Rarb 1807. — 5) William Friedrich, 
in Rom, Golm bed Morigmı, warb — feiner Berwäblun 
Tochter Beorg’s TIL, Marie (geboren 1775), 1816 förmlich als 
anerkannt ımd erhielt den Titel Eönigliche ‚, fowie den Borrang v 


auberen en, außer ben koͤnigl Prinzen. Dennody blieb er bei 
voſition, beion tm Prozeſſe ver Königin Karoline (ſ. d.). Gr 
—— rußirkanfie Feldmarfchalt u. farb 1834. 
Richard, geboren zu. London 1712, wurde in der Schule zu 
widmete fi) dann dem ——— * wurde 1767 zum 
für die Etadt Weymouth gewählt, erhielt viele Hu 
| ſchaft, die ein unbedingtes Zutrauen zu feinen 
jo ne ee a * ſich als Dichter durch ſein Sees edicht 
en erwar 
age in 12 Büchern einen außg en Ruhm, Es ien gu 
wurbe gleich in biefem und dem folgenden Jahre wieber neu aufgelegt u. 
von dem Dichter ganz umgearbeitet (Bonbon 1770, 2 Bve., 12.). ine Menge 
der vortrefflichſten Charaktere, heroifche u. edle Befinnungen, Würde, Majeſtaͤt u. 
Stärke des Ausdrucks, herrliche Gleichniſſe, machen es zu einer der ſchoͤnſten Ey 
pöden der Reueren (vortrefflich verbeutfdht von J. A. Ebert, Hamburg 1778). 
G. vollendete kurz vor feinem Tode ein zweites epiſches Gedicht: The Atkenaid, 
3 Bde, London 1788, das ald eine Kortfegung des Leonidas anzufehen if, aber 
weit unter demfelben ſteht; im Ganzen iſt e8 mehr rührend, ald erhaben. Gene 
beiden Trauerſpiele Boadicea und Medea haben viel poetiſches Verdienſt, find 
aber mehr für den Lefer unterhaltend, als für den Zufchauer intereffant. Nußer 
dem befigt die englifche Literatur von ihm noch: London, or the progress of 
commerce (London 1739); eine Ballade, Admiral Hosier’s ghost (London 1740) 
und einen Auszug feines Tagebuches Memoirs of a celebrated Iterary and 
litioal , charaeter (2ondon 1814); darin ausgeiproihene Anfichten haben in Tem 
den Berfafler der Briefe des Junius (f. d.) erbliden laſſen. 
Stud (Johann Chriſtoph, Nitter von), einer der größten Gomponiften, 
eboren zu Neuſtadt an der Waldnaab (Oberpfalz) 1714. Yür die praktiſche 
ft in Prag gebildet, begann er feine theoretifchen Studien in Mailand unter 
Martini u. componirte bier feine erſten Opern „Artarerres” (1741) u. „Deme 
trius“ (1742), weldye mit Beifall über die Bretter gingen; für London febte er 
1745 „den Sturz der Giganten,“ und in einem Zeitraume von 18 Jahren 45 
Opern, alle im ttalienifchen Style. Indeß befriedigten ihn dieſe, troß bes ain 
ſtigen Erfolges, keineswegs u. eine innere Tünftlerifche Nothwendigkeit prängte ihn, 
der Schöpfer einer ganz neuen Gattung von Kunftwerlen zu werden. Erfle Er; 
geugnifie dieſes Strebend find: „Orpheus u. Eurydice,“ 1764 in Wien umb 
dann in Bologna aufgeführt, „Alcefe,* 1768 in Wien gegeben, worauf noch 
Helena u. Paris“ folgte, weldye ungeheures Aufſehen felbft in Italien errigten. 
Kun wandte fich G. nad) Paris, wo ex vie vom Ball de Roulet nach Racine 
bearbeitete Oper „Zpbigenta in Autla* unter Wermiktelung, \einer We 


u 


i 
f 


tr E 
re 


+ 













Gluck Glückſtadt. . 


Königin Marta Antoinette, 1777 zur Wufführung brachte u. den erſten glänz 

ften Triumph über feine Gegner, die Anhänger der italienifchen Schule, der Bic- 
‚einifken, davon trug, welchen fein Genius zu behaupten wußte. Unter fortwäh- 
renden Bewegungen brachte G. nun feine älteren Opern: Droheus, die umgear⸗ 
beitete Alceſte, 1777 die Armide und endlich fein hoͤchſtes MReikerwert ph es 
nia !a Tauris 1779 zur Wufführung. 1787 kehrte G. nach Deutichland zurüd 
und flarb den 7. Rovember deſſelben Fahres in Wien. Range nad) feinem Tode 
fämpften noch Gluckiſten u. Picciniſten; für erflere waren 3. 3. Rouffeau, Ar 
naud u. Guard, für die letzteren Marmontel u. Laharpe, vgl. „Mömoire pour 

Maris a, Thisto ire de la rövolation opéréo dans la musique par M. G.“ 

arid 1/81. 

Glück, 1) Ernft, proteftantifcyer Beiftlicher zu Marienburg in Preußen, 
der einem armen unbefannten Mädchen, das fi) Katharina nannte, eine Freiflätte 
in feinem Haufe eröffnete. Diefes Mädchen wurde 1702 bet der rmung 
der Stadt gefangen u. Anfangs zu Denk J als Leibeigene gebracht, von bie 
fem aber Peter dem Großen geſchenkt, der fidy mit ihr vermählte und fie zur Kai⸗ 
ferin erhob. G. kam fpäter nad Moskau und errichtete daſelbſt auf Fatferlichen 
Befehl u. Koften ein Erziehungsinfitut, überfeßte audy viel aus alten und neuen 
Sprachen in's Ruſſiſche. Er farb 1705. Sein Sohn wurde Kinanzrath umd 
feine Tochter, die fi mit dem Admiral Billebois vermählte, Chrendame der Kai⸗ 
ferin. — 2) ©., Chriſtian Friedrich von, geboren 1755 zu Halle, wo er 
1777 als Lehrer auftrat, erbtelt 1784 eine Profeſſur der Rechte in Erlangen, 
die er bis zu feinem Tode (1831) bekleidete. Seine Gründlichkeit u. feinen 
beurfunden: „Ausführliche Erläuterung der Pandekten“ (Band 1—34, Erlangen 
1790 —1332, Band 35—43 von Mühlendrudy, 1832—43); „Erklärung der Lehre 
von der Inteſtaterbfolge“ (2. Aufl., ebend. 1822). 

Städliche Inſein (Felices Insulae), nach Agatharchides, Diodor u. Gtrabo 
eine Infelgruppe ın der Nähe des Sabäerlandes, im glüdlidyen Arabien, wo die 
Staͤdte ohne Mauern, die Heerden ohne Ausnahme weiß waren, die Kaufleute 
aus allen Gegenden zufammen kamen u. f. w.; wohl die fünlicdyen Kuͤſten Ara⸗ 
biend, über welche die Griechen, die erſt fehr fpät fie näher kennen lernten, nur 
von Reifenden Nachricht empfangen hatten. — Eine andere glüdlicye Infel nennt 
Diodor, auf der er einen gewifien Jambulos Wunderbared in Menge antreffen 
laͤßt, vielleicht Ceylon. 

Glückoburg, Städtchen im Schleswig'ſchen Amte Flensburg, im Lande 
Angeln, unweit ded Flensburgiſchen Meerbufens, mit einem Schlofie der herzog⸗ 
lichen Linie Holflein, Sonderburg-®. und 500 Einwohnern. — 1815 erhielt der, 
mit dem Haufe Holſtein-G. verwandte, franzöſiſche Braf Decazes (f. d.) von 
dem Könige von Dänemark den Titel eined Herzogs von ©. 

Städfeligkeit ift derjenige Stand, woburd der Menſch bientenen dasjenige 
Glück u. But, fowohl der Seele, als dem Körper nad) befiht, welches er in An⸗ 
fehung feines gegenwärtigen und Fünftigen Zuftandes vernünftiger Weife wuͤn⸗ 
{hen Tann. Die ©. ift nady den Lehren des Chriſtenthums für alle Menfchen 
beſtuumt; fie beruht nach ver heiligen Schrift nicht bloß auf dem Beflke irdiſcher 
Güter, fondern befteht in dem Frieden der Seele. Die ewi pe G. der Auser⸗ 
waͤhlten iſt gewiß und ſehr groß, allein nach ihren Verdienſten verſchieden. 
Matth. 5, 12. 1. Kor. 65, 53-55. 1. Betr. 1, 3—6. Job. 14, 2. Marc. 
5, 10. 9, 6. Bgl. d. Art. Seligkeit. 

Gluͤckſeligkritslehre, ſ. Eudämonismus. 

Glückſtadt, Hauptſtadt des daͤniſchen Herzogthums Holſtein, am Einfluſſe 
des Rhyn in die Elbe, in tiefen Marſch, mit 6000 Einwohnern, Gig der koͤnig⸗ 
lichen Regierungsfanzlei, des Obergerichtes für Holſtein und Lauenburg, des 
Dberconfifloriums u. mehrer anderer Landesbehoͤrden, hat ein Zeugs, Gieß⸗, Zuchts 
u. Werkhaus, eine Synagoge, gelehrte Schule, Auftalt zur Bildung junger Sees 
leuie, Handelscompagnie, —* am gronlaͤndiſchen BoRERkcone, EI, ns 


[7 


Glaßende Augeln — Gurelin. 






| teriem . 
—— beſiten, A — —2— durch Erfticken —— 
in Wir chemmt werden # — 


fung g Nach 4 Stunden langem Erkalten⸗ 
laſſen —— * ee K. noch einen eichenen Sich an, 
| ſ. Len er. | 
prif, vie Kun, Wiguren in Melall zu Rechen, ober in Stein zu gan 
ren; daher Glyptograp hie die —— — der geſchnittenen Steine ober ein 
egrabenen e, auch wohl die Kenntniß derteiben, welche indeß richtiger 
Bipptognofie beißt. Glyptothek, Aufbewahrungseort für foldhe Kunſtwerke. 
Omelin, 1) Johann Georg, Brofeffor der Botanik u, Chemie auf ber 
&t Tübingen, wo er 1709 geboren war u. bi6 1727 ſtudirte, reiste mi 
feinen Lehrern, Bilfinger u. Duvernoy nach — u. wurde, nachdem er 
Atademie der Wiſſenſchaften eine geraume Zeit Dienſte ſtet hatie, 
1731 icher Profeſſor der Chemie und Naturgeſchichte. Auf Eatferlichen 
Befehl u. Koſten reiste er 1733 nach Sibirien, um das Land zu unterfuchen, u 
fam er 1743 von dieſer beichwerlichen, aber den Wiffenichaften hoͤchſt nüg! 
Reife zuräd. Huf erhaltene Exrlaubniß reiste er 1747 in fein Baterland 
te dann feine Entlaffung, trat 1749 in Tübingen bie genannte 
an und flarb dajelbit den 20, Mai 1755. Mit der wozu er 
bei feinem Bater, einem fehr geſchickten Apotheker, die befte Gelegenheit Hatte, u, 
der Rarurgefchichte warb er frühe befannt, u. durch fortgeſetztes Studtum erwarb 
er fi) den Ruhm eined der größten Sträuterkenner feiner Zelt. Seine beiden 
Hauptwerfe find: Flora Sibirica, sive hıstoria plantarum Sibiriae, 4 Theile, Be 
teröburg 1747 — 1777 mit fehr vielen Kupfern, die beiden legten Theile heraus 
egeben von %. G. Gmelin. Reifen durdy Sibirien von dem Jahre 1739 — 43, 
— 32*8*— 1751, 4 Theile mit Kupfern, auch ind Hollaͤndiſche und Yranzöffde 
überfept. Verſchiedene Abhandlungen in den Comment. Petropolit. u. a. a. D. 
aturaltenfabinet kam nady Peteroburg. — 2) G., Philipp Friedrich, 
Bruder des Borigen, geboren zu Tübingen 1721, ftudirte daſelbſt Mebizin, be 
jugte dann mehre deutiche, bolländifche und engliſche Aklademieen, hielt feit 1744 
n Tübingen Privatvorlefungen und wurde zugleich Stadiphyſikus. Seit 1750 
war er außerordentlicher Profeſſor der Medizin, nad) feines obigen Bruders Tode 
1755 ordentlicher Profeſſor der Botanik u. Chemie u. ftarb 1768. In der Che 
mie u. Botanik befaß er eine vorzüglidhe Stärke u. war darin, fowie in der Ru 
turgefchichte überhaupt, ein fehr nuͤtzlicher Lehrer. Nebft mehren Differtationen 
hat man von ihm: Otia botanica, Tübingen 1760, worüber er jährliche botaniſche 
Vorleſungen bielt. Er bearbeitete audy die Beichreibung zu dem feit 1750 von 
Knorr in Nürnberg beraudgegebenen Icon plantarumy auch das Meifte an der 
Onomatologia medica completa u. lieferte Auflaͤtze in die Philosoph. Transactions.— 
3) ©., Johann Friedrich, Föninlich großbriranifcher und kurfürſtlich Braun⸗ 
fhweig-Küneburgifcher Hoftaih, PBrofefjor ver Medizin u. Chemie zu Göttingen, 
Sohn ded Borigen, geboren au Tübingen 1748, erhielt feine wiflenfcyafts 
lie Bildung auf der Univerfität feiner Vaterſtadt und 1769 die Doktor 
würde, machte darauf eine gelehrte Reife nady Holland und, nach einem 
beinahe jährigen Aufenthalte dafelbft, nad) England. Auf der Rüdrelfe be 
fuchte ex die oͤſterreichiſchen Rieverlanne, wehte veuiige Uninerktäten una ielt 










Omen . ass 


fi zulezt noch im Wien auf. Rach ver Rückkehr in feine Baterfiabt 1771 
befchäftigte er ſich bauptfächlich mit Borlefungen über Raturgefchichte und Bo⸗ 
tanik und wurde im folgenden Jahre außerorventlidyer Profefior ver Medizin 
daſel bſt. Einem Rufe nady Göttingen, als ordentlicher Profeſſor der Philoſophie 
und außerorbentlicher Profefior der Medizin, folgte er 1775; ſeit 1778 war er 
ordentlicher Profeffor der Medizin und lebte felt der Zeit in großer literariſcher 
Thaͤtigkeit bis an feinen Tod, der den 1. November 1804 erfolgte. Yür alle 
Theile der Naturgeſchichte, Phyſik, Chemie, Arzmeimittellehre, Pharmacie und 
Technologie hat er durdy mündlichen Unterricht u. durdy Schriften viel geleiftet 
und fid) die Achtung feiner Zeitgenofien in einem vorzüglichen Grade erworben. 
Außer vielem andern fchrieb er: »Onomatol. botan. compl.s oder „Solfänvigee 
botaniſches Woͤrterbuch“, Frankfurt u. vabi. 9 Thle. 17711—77, 8.5 „Allge⸗ 
meine Geſchichte der thierifchen u. mineraltfchen Gifte“, mit einer Vorrede von 
Blumenbach, Erfurt, 2, Auflage, 1810, 8.; „Linnos Naturſyſtem des Minerals 
reichs in einer freien und vermehrten Ueberſetzung“, Leipzig, 4 Thle, 1777, 8. 
mit Kupfern; „Einleitung in die Chemie, Ruͤrnberg 1780; in die Mineralogie, 
ebend. 1780; in die Pharmacie“, ebend. 17815 „Beiträge zur Geſchichte des 
deutſchen Bergbaues“, Halle 17835 „Brunpfähe der deutichen Chemie“, ebend. 
1786, 2. Ausgabe unter dem Titel: „Handbuch der techniichen Chemie“, ebend. 
2 Bde, 1795. Auch beforgte er die 13. vermehrte Ausgabe von Linnos »Sy- 
stema naturaos; 1788—1793 gab er Errlebens „Anfangegründe der Naturge⸗ 
ſchichte“ mit Zufägen heraus und lieferte viele Abhandlungen in verfchienene ges 
lehtte Journale, — 4) ©, Samuel Gottlieb, Neffe von 1) u. 2), geboren 
1744 zu Tübingen, wo er Medizin fludirte und 1763 die Doctorwürde erhielt. 
Nach einer gelehrten Reife in Holland u. Frankreich erhielt er 1767 einen Ruf. 
als Profeflor an die Akademie zu Petersburg Gleich im folgenden Jahre trat 
er auf kaiſerlichen Befehl mit Ballas, Güldenſtedt u, Lepechin eine naturhi⸗ 
ſtoriſche Reife durch Rupland an. Vorzüglich bereiöte er 1769 die weſtliche 
Seite des Donfluffes, brachte den Winter in Aſtrachan zu, unterfucdhte . 
41770 und 1771 die perſiſchen Provinzen an der ſuͤdlichen und ſuͤdweſtlichen 
Seite des kaspiſchen Meeres, kam 1772 wieder in Aſtrachan an, bereiäte 
Darauf die Gegenden an der Wolga, und 1773 die gefährliche Oſtſeite 
des kaspiſchen Meered, wurde aber auf ber Rückreiſe 1774 von dem Chan 
der Chaitaken in Berhaft genommen, wofelbft er am 27. Zult an der Ruhr 
ſtarb. Seine Wittwe erhielt von der ruffifchen Kaiſerin 2000 Rubel. Er 
war ein garoßer Freund ver Raturwifienfchaft u. Botanik, die ihm mehre nüß- 
liche Aufklärungen verdanken. Seine wichtigſten Schriften find: »Historia faco- 
rums, ‘Beteröburg 1768, 4. mit 33 Supfertafeln; „Reife durdy Rußland zu 
Unterfudyung der drei Naturreiche”, 4 Thle., Petersburg 1771 — 1784, 4. wit 
fehr vielen Kupfernz der legte Theil herausgegeben von PB. S. Pallas. — 
5) ©., Ferdinand Gottlieb von, geboren zu Tübingen 1782, machte nach 
vollendetem Studium der Medizin gelehrte Reifen nach Ungarn, Italien und 
Frankreich und wurde 1805 Profeſſor der Naturgefchichte und Medizin in feiner 
Vaterſtadt. Er fchrieb: „Allgemeine Pathologie des menſchlichen Körpers“ 
Stuttgart 1813, 2. Aufl. 18215 „Allgemeine Terapie der Krankheiten des Men⸗ 
ſchen“, Tübingen 1830; „Kritik der Brinztpien der Homöopathie”, ebend. 1835. 
— 6) G. Ehriftian®ottlob, Bruder des Borigen, geboren 1792 zu Tübingen, 
wurde, nach der Rückkehr von einer Reife durch das nördliche Europa, Profeſſor 
der Chemie und Pharmacie daſelbſt. Schriften: „Verſuche über die Wirkungen 
ded Baryts, Scontians, Osmiums, Platins ıc.", Tübingen 1824; „Einleitung 
in die Chemie“, ebend. 1833—37, 2 Bde — 7) G., Karl Ehrifl., geboren 
au Badenweiler, badifcher Hof- u. Medizinalrath zu Karlsruhe, Profeſſor und 
Director des botaniſchen Gartens u. Raturaliencabtinetd, Mitglied der Eanitäte- 
Commiſſton und Profeffor der Raturgefchichte und Botanik, farb 1837, fchrieb: 
„Flora badensis, alsatica et oonfinium regionam“, Karlaruke AANI — RR, 


Res 
offenbart, (ngl. d. Art. Heiligenbilbder.) . 

f Gnadenjahr ea heißt Wejenige Zeit, währenb welcher and ie 
fotiderer —— dem *8 Aue verflorbenen ee a Li) 
nuß der Bfiünde noch eine gewiſſe lange, vom ei ſteren 
Aorta j Der Beltabfondu auf weldyen fidy diefe 8 ehe, 
nad) befonderen Statuten theild länger, theils Fürzerz gi va 
ehemaligen geinichen Etiftern hiefür ein halbes, felten mır ein ganzes 
feftgefegt. Einführung des fogenannten G.s ge 
Anordnung WM. hatte zum %nede, daß bie etwaigen Squlden des -verftorbenm 
Kircyenpfründners um fo eher getiigt werben Tonnten. Gtatuten und. Obferen 

jebent hierin Ziel u. Maß. Bon dem ©. IR das Deferviten-Jahr (mem 

——— Dienftzeit), welches ſich auf bie, bereits wegen de von 

Wertebtem geleiſtei· n, geiſtlichen Dienſte — feinem, leben ihm ** 

VPfrundebe ge erfiredt unterſcheden. ). fängt daher 

amaus desermäus an; hoch Tommt hier Ws auf Die aufneitiiche 

—— 

Be and Fe h u er, vom Oramit (f.d.) mm 
5 ine oft unvollfommene, ſchieſerige Struftur verfchleben. &r iR wohl de 

Slied des Grundfchiefergebirges u. Hauptlagerfätte der_meiflen Meta. 
a BEN ne hr 

uptmann, im Winterquartiere fand, kam na 

m Tode feines Waters in das Haus feines Großvater, des Artii 

damal gen Gommandanten von Birurg, Rudirte dann zu Erfurt us 
trat 1778 in Bayteuthiſche Dienftez 1780 ging er mit den Erfagmannfdpaften 
nad Amerifa. Wegen des ſchon gefchloffenen Waffenkiükandes Eonnte ex dort 
Teinen Theil mehr an dem Kriege nehmen, kehrte 1783 nach Deutfchland zurkk 
u. trat 1786 in preußiſche Dienfte, wo er als Offister & ia suite in Potsdan 
Rand; in der Folge kam er zur niederſchl ſijchen Büfelier» Brigade, warb hir 
1789 Hauptmann u. garnifonirte abwedyfelnd in Bunzlau, Loͤwenberg u. Jaur. 
Den Gelvzug in Polen machte er 1793 u. 1794 ebenfalis mit u. wurbe 1806, 
nachdem er den Feldzug in Sachſen mitgemacht hatte, Majorz er formirte eis 
Brigaderefervebatatlion In Liıthauen, wurde nach Danıig u. 1807 nach dem be 
Hageıten Kolberg als neuer Gommandant geih:dt. Durch geichıdte u. 
Mafregeln bewahrte er dieſe Feſtung u. gen dafür Oprifleutenant u. DI 
Nach dem Friecden nahm er 1809 jcheindar feine Entiaffung, erhielt aber 1812 
u. Anfangs 1813 geheime Miffionen zweimal nach London, Stocholm n. Betr 
burg. 1813 ward er Generalmajor und General + Duartiermeißer der ſchleſijchen 
Armee u. nach Scharnhorſto Tode Chef des Generaiſtabs Blüchers.” Der meihers 
hafte Rüdzug von Lügen bis Breslau, der entſcheidende St’g an der Kadbach, 
der Ubergang bet Wartenburg u. wer brillante Eıfolg des Gefechte bei Möden 
unweit Luipsig, am 16. October, waren größtentheile Werke feiner Rarhfchläge. 
Als Oneraliteutenant hatıe er 1814 großen Theil an den Rratsetfipen Draw | 
tionen, wie an ben Siegen bei Bıienne, Laon und Paris, vom 
Orafen und General der Infanterie ernannt und erhielt eine Dotaslen i 
ſchenburg) don 40,000 Thu. jahruchet Einkünfte, x tn ehr viel dap 


— 


— _ LED. BIFESZ sim mumen 


—— 


die bei j in da fung blieb, uu 
* a u oe — 5 
Fuße bis nach Parie, wo er am 
Ward er commanbireder General in ben 1 ud ol 
———— — 
— —— Berlin, 1825 —— ber 


* 
& 
a 


J Regl⸗ 
J & 
Seat lalais am Sue 1, an dar hen Seen 


Geminarium J zehn katholiſche darünter die Dom⸗ 

worin der Leichnam des u dalbert 8 aid 20 Fr 
u, Bferdemärkte u. 6200 Einwohner. — G. iR eine der älteften 

Der Sage nach foll ſie ſchon von Lech gebaut u. ver heilige Avaibert um 990 

Dort Bifchof geweſen 4 waren feine 

©., bo ‚ fonk Primaten von Polen und, Br einer Thronvacanz te 


die Glementargeifis'"der Erde (f. Element ar geiſt ei). 
Rach ver Dämonologie des Mittelalterd gibt es bern von beiven 
u. von den mannigfaltigften Geſtalten ; gemötnlih werben die männlichen Häptidy 
«in weldyen Zalle:man fie Kobolde nenn), weiblichen dagegen, weldye 
Gnomiden.heißen, als ſchoͤn dargeſtellt. Sie necken wie Menſe beftändig, 
thun ihnen übrigens mehr Gutes, ald Böfes, u. I nur, wenn fle dazı ger 
zeigt werben. Ihren Urfprung haben dieſe bi fen im Oriente, von 
wo fie mit der Pythagordiſch⸗ kabaligiſchen Phllofophie Europa -verpflange 
ee an ee > gem Diät Col, 
Guomiſche Dichter Benennung er em 

16, ee und Pythagoras, belehrende, auf Beben verhältuiie 


9 te, mei bg a lafien haben. Die 
—8 —* — Brunf (pr. 1818, 8. 
an neun tl Kae eufgerigte Blake ober eine unbe Im Grohe 


l. 
ein 
——— — —— ann aan 
— ————— 
H — 48 


54 


a 


® 


u * 


ober 
der 
RER N ER 


Sr, 


868  Gusmenit— Guofiker. 
jeven Wugenblid zu wiſſen, welche wahre Sonmenzeit es eben iR. Die Allen 
—— ſpihe, auf ebenem u. —ã Boven ſtehende Säulen. Ainasimm 
der wanpte einen ſolchen ©. dazu an, bie mittäglidhe Gommmböhe zur Fe 
der Golkitien zu meſſen. In Rom war zur Zelt des Kaiſers Rugußue Die 
Ust als G. aufgerichtet. Ein G., mag er nun in eine fharfe Gpipe 
oder eine bünne ſenkrechte Etange, - oder auch eine Kugel tragen, gibt 
den Augenblick des wahren Mitage nicht ganz zuverläßlg an, wer ach be, 
auf dem ebenen horizontalen Boden gezogene, Mittagslinie hinſichtüch ihrer Ag 
tung ganz genau if. Denn bei einem nichrigen ®. geichicht das Forträdın 
Schuttend fo langfam, daß man den Ein ber linie in vie 
tagslinie kaum zwei ecunden ſicher beobachten im Stande If; 
Yan. verurfacht der fogenannie Halbichatten eine Unfichırbeit, die 
ntfernung des den Schatten werfenden Körper6 zunimmt, wodurch aber 
erlangte Bortheil eines ſchn. llen Fortrüdens des Schatten wieder gänzlich 
geht. Diefe Eıfahrımgen haben zu einer andern Einrichtung des G. Uulaß 
— 
n eine ae e ung er un 
an, ſo durch Ste D finung ein kleines Gonnenbilv in einen „kl 
gemadyten Raum auf ven horizontalen Boden, in deſſen bene die Bkittagelink 
enan eingezeichnet IR, fallen kann. Allerdings wird dann bie ve 
onnenbila® auf dem Boden fehr ſchnell vor neben; veflen et wir 
der Halbfchatten den Rand des Sonnenbildes ein wenig dyen 
wodurch die Beobachtung noch immer etwa® ungenau bleiben auf. Zemeonnier 
brachte zwar, um biefem Uebelkanve abzubelfen, an dem ©. auf St. Sulpice is 
Barıs ein Converglas von 80 Fuß Brennweite an, um fdyarfbegr Genus 
bilder zu erhalten, ertgüchte jedoch feine Abſicht nur bisweilen, weil bei 
böhe der Sonne das Bild verfeldın auf dem horizontalen Boden im fe 
ungl Entfernungen lag, für weldye jenes Gonverglas wegen feiner unye- 
änvderlichen Brennweite natürlidy nicht R t6 gehörig wirken konnte. 

Guomonik if die Kunft, Sonnenuhren zu verfertigen. Man bat verfähiehene 
Sonnenuhren, als: horizontale und verticale, Morgen» und Abends, B. 
Mitternachts⸗, Mequatortals und Polaruhren u. f. w., welche ale entweder fee, 
oder tragbare fyn können. Zu dın ledteren, die nady einer Magnetnadel ober 
nad) einer gerogenen MWittagslnie geflellt werden müffen, kann man aud 
Rınguhren technen. Mit Ausnahme der Iehteren werden alle Sonnenuhren wi 
einem Stifte oder Zeiger (defien Echatten dte Zeit angibt) verfehen, welcher mit 
der Erds oder Weltachie parallel laufen muß. — Die &. war fon bei den Alten 
befanıt; aber nady E.findung unferer Räderuhren find die Sonnenuhren wegen 
mancher, ihrer Ratur nach unvermeidlichen, Mängel weniger im Gebrauche g6 
bltiben, als ihre geometrifdhe Conſtruktion wiffemdpaftlidyer behandelt worden ıf. 
Bat. Käfner „Anfangegtünde der angewandten Mathematik;“ Helfzenrieder, 
„volänniger Unterricht, gute Sonnenuhren zu machen,” Wugeb. 1790; Bien, 
gmarpemeriche Weilſchule,“ Yrauff. u. pz. 1712; Littrow, „Bnomonif u. f. w.“ 

ien 1831. | 

Guomoniſcher Apparat it ein von Lehmann (in Magdeburg) erfunbenes 
Inſtrument, mir Hülfe deſſen man bei hellem Sonnenfcheine nicht allein die Aequa⸗ 
tuts u. Bolhöhe eines Dit-8 in Graden u. Winuten genau auf,ufinden, fonvera 
auch miitelſt eines dazu gehörenden, folid conftrutrten fünftlichen Horizonte, ohne 
Beobachtung correfpondirender Sonnenhöhen und ohne Benügung der Magnet 
nabel, nady 2 verſchiedenen gnomontichen Methoden binnen weniger Stunden eine 
regelmäßige Mittagslinte zu zieben tm Stande ft. 

Gnoftiter (vom griedy. yvwaıs, rtennin'g), nannten fidh fien chriſt⸗ 
lichen Kıyr, weil fle fi) auß.roroentlicher Kenntniffe und Ein rühmten, 
— Man bat melyfach die Ftage aufgeworfen, ob die G. eine befondere Selte 
waren, ober ob dieß nicht der aemeinikanliige Yame Kür afe Gere. (di, die 











au 
zsılı 







) 









n 


Gueſen — Gnomon. 867 


bet, daß die bei Ligny gefchlagene preußifche Armee in der Berfaffung blieb, um 
den Sieg bei Belle- Alliance zu erfämpfen, und verfolgte hierauf den Feind auf 
dem Fuße bis nach Paris, wo er am Friedensabſchluße Theil nahm; hierauf 
ward er commanbirender General in den Rheinprovinzen, legte jedoch aus politi⸗ 
hen Gründen 1816 diefe Stelle nieder u. lebte dann in Berlin u. auf dem, ihm 
ſchon früher gehörigen, Gute Großerdmannsdorf bei Hirſchberg in Schleften, 
41818 ward er Gouverneur von Berlin, 1825 Generalfeldmarfhall, Borfigender 
der audwärtigen Militärangelegenheiten im Staatörathe und erhielt 1831 über 
die, aus vier Corps beflehende, Obfervationdarmee gegen Polen den Oberbefehl, 
farb aber am 24. Auguft zu Pofen an der Cholera, 

Snefen, altehrwürdige Kreioſtadt im Regierungsbeztrfe Bromberg des preußi⸗ 
ſchen Großherzogthums Poſen, Sitz des Erzbiſchofs von Poſen und G., eines 
Generaloffizialats und Landgerichts, in einer Ebene zwiſchen Hügeln und Seen, 
bat ein Seminarium für Getftliche, zehn katholiſche Kirchen, darunter die Doms 
firche, worin der Leichnam des beil. Adalbert (f. d.) aufbewahrt wird, bedeutende 
Vieh⸗ u. Pferdemärkte u. 6200 Einwohner. — ©. iſt eine der älteften Städte Polens. 
Der Sage nad) fol fie fhon von Lech gebaut u. der heilige Adalbert um 990 
dort Biſchof geweſen feyn. Deßhalb waren feine Nachfolger, die Erzbifchöfe von 
G., hechge ſonſt Primaten von Polen und, während einer Thronvacanz von 
Polen, Reichsverweſer und ſtets die nädyften nad) dem Könige. Ehedem (bi6 
41420) wurden auch die Könige von Polen in ©. gekrönt, fowie ©. überhaupt 
Haupıftadt von ‘Bolen war. Die Schäge, die beim Leichnam des heiligen Adal⸗ 
bert aufgehäuft waren, veranlaßten mehre Plünderungen von G.: fo 1338 von 
Predislaus, Herzog von Böhmen, 1531 von den deutichen Ordensrittern; 1655 
nahmen die Schweden, 1656 die Polen die Stadt ein; 1818 brannte fie zum 
größeren Theile ab. * 

Guome (griech. yvaun), woͤrtlich: Meinung, Spruch, Denkſpruchz 
eine aus der Eikenntniß gebildete eihiſche Anfſicht, eine Erfahrung oder Wahr 
die nach ihrer vollen Geltung aufgefaßt u. in Einem Gedanken dargeftellt iR. Im 
fo fern fann ©. allerdings ein Wetsheitöfpruch genannt werden , der dann aber, 
außer der rhythmiſchen oder metrifchen Form (dem Berfe), nichts Poetifches Hat, 
Erfcheint jedoch der ausgefprochene Gedanke nicht in feiner nadten abftraften Ges 
ftalt, fondern als ein Ergebniß der unmittelbaren inneren Anfchauung, fo entſteht 
die poetifche Sentenz, der poetifche Spruch, dad Spruchgebicht, worin unter den 
Deutfchen 2 ogaucf. d.) am origineliften war. Die G.n find ſchon bei den Alteften orien⸗ 
taliſchen Bölfern gebräuchlich geweſen u. fpäter bei jedem Volke zu finden. Bet 
den Deutfchen führten fie auch ven Namen Briameln. Ihre weientlichen Erforder⸗ 
niffe find: Kürze, Kraft u. eindringende Anſchaulichkeit. 

Buomen heißen die Elementargeiſter der Erde (ſ. Elementargeiften. 
Rad) der Dämonologte ded Mittelalters gibt ed deren von beiden Gefchlechtern 
u. von den mannigfaltigften Geſtalten; gewöhnlich werben die männlichen haͤßlich 
(in welchem Kalle man fie Kobolde nennt), die weiblichen dagegen, welche 
Onomiden. heißen, als ſchoͤn dargeſtellt. Ste neden die Menſchen beftändig, 
thun ihnen übrigens mehr Gutes, als Böfes, u. lebtered nur, wenn fle dazu ges 
reizt werden. Ihren Urfprung haben viele dichteriſchen Weſen im Driente, von 
wo fie mit der Bothagorälic -Tabatifiichen Philoſophie nach Europa verpflanzt 
wurben. Einer der berühmteften ©. it Rübezahl (. d.). 

Gnomiſche Dichter it die Benennung für die griechifchen Dichter Solen, 
Theognis, Pholylides und Pythagoras, weliche belehrende, auf Lebensverhaͤltniſſe 
fi) Desichenbe edanten, metriſch abaelaht, binterlafien haben. Die beſten Aus- 
gaben dieſer Sammlung find die von Boiffonade u. Phil. Brunk (Lpz. 1818, 8.). 

Bnomsg.nennt man eine aufgerichtete Säule, oder eine andere, im Großen 
——8 verbunden mit einer, entweder wirklich gezogenen, oder 
nur angedenteten Mittagslinie, welche dazu dient, die Zeit der Culmination her 
Sonne, wihin den wahren Mittag zu beflmmen, ſobald «8 a —RXX 


870 Gusſtiker. 
Grubunken benannten. Der Beherrſcher des fleben 
Sabaoth; dieſer hat Himmel und Erbe gemacht, vie ſechs Himmel 
und mehte Engel gehören ihm zu; er war ber fünliche Befepgeber. Im 
achten Game! festen Barbelo, den fie bald den Vater 
ter des Weltall6 nennen. Da num ber weltfehaffenbe Gngel bie Rent 
der Erkenntniß und Verehrung des hoͤchſten Gottes abgeführt | 
eines der hoͤchtten Aeonen aus dem Lichtreiche auf die Erbe, 
len göttlichen Urſprunges von der Gewalt des Weltichöpfers zu 
Grlenntniß des wahren Gottes zu lehren. Nach GKerinth, vom 
—R Bag * ar ne au * ‘und I endhaft 
er Taufe herab, ver m und ertheilte ihm 
der zu thun, und biefer war nun ber Chriſtus. Der Weltiegöpfer 
Bat ve weil er dadurch beeinträchtigt u. der Menſch von ihm 
t 


5 
i 
E 1 
380 
— 





X 





— 
38 
e— 










HIT); 





die Juden & auf. Be ber hmung entwidh wer 
Kon von ae en als Bd et bat und ge Rorben 






Ruh der 8 des v des heiligen Hieronymus we - 

—— — a ——— een * 
rieben war, wo ungen en, Theile 

g' gerichtet, le die de die Aeonen verotetfältigten, ba e die 98 Be 


fomn en in mehre Berfonen vertbeilten, fo faßte Johannes alle 
kommenheiten im 2ogo®, dem Worte, zufammen.. Eben der Logo ® 
orene, Licht, Leben, Gnade, Wahrheit. Dirfer Logos hat nicht den Echeh 
eiſches angenommen, fondern er iR Fleiſch geworden; nicht der Demiurg 
dern der Logos bat die Welt al Gleich im Anfange war ber 
bei Bott, und Bott war der Logos — Im zweiten Jahrhunderte wurde 
che Syſtem noch mehr ausgerundet. Da Seins Chriſtus einig für des 
| der Menſchen, d. h. nach den G.n, zu ihrer Belehrung auf die Welt 
men war, fo machten fie aus Ihm nur das, was Ihnen zur Erreichung 
— nothwendig ſchien, und dieß war eine bloß. Scheinannahme Der menſch⸗ 
lichen Natur. Die Menſchheit bedurfte zu Ihrer Erloͤſung nur der VBelchrung. 
Shre Verdorbenheit und Anhänglichkeit an das Irdiſche war lebiglidy ihrer Uns 
wifienheit binfichtlich der Größe und Würde und ver urfprünglichen Befltimung 
ihrer Ratur zuzufchreiben. Seitdem die menichlichen Seelen an die Drgane bei 
Körpers gefefielt waren, konnte nur durch Bermittelung der Sinne der Geiſt be 
lehrt werden, und der Chriſtus mußte einen Scheinleib annehmen, um im yes 
fönlihen Umgange fie zu unterrichten; aber er war mit biefem Schattenleibe, 
wie unfere Seele mit dem Körper, nicht vereinigetz diefe Innige Verbindung, die 
den Erlöfer nur berabgewürbigt hätte, war audy zur Belehrung der Menſchen 
nicht noͤthig; das Erlöfungsgeihäft Jeſu Ghrifti befand alfo bloß im Lehramte. 
— Diefe Lehre konnte allen Menfchen mitgetheilt werden, weil alle die Organe 
haben, einen Menſchen, der fpricht, zu hören und zu verftehen; allein nicht alk 
waren für die Belehrung, die Ehriftus auf die Erde gebracht hatte, empfänglic. 
Rad) den pythagorätfch-platontfchen Grundſatzen unterfehleven die G. tn ver Ratur 
drei Beftandtheile, einen bloß materiellen, einen thierifhen pfychiſchen, 
u. einen geiftigen oder pneumatifchen Theil. Die erfien waren gleidyfam Au⸗ 
tomaten, die, nur den Eindrücken des Körperftoffes hingegeben, unfählg waren, 
einen Begriff zu faſſen, einen Bernunftfchluß zu machen und fidy belehren zu 
lafien; Alles an ihnen war abhängig von dem Körper; allem Wechſel deffelben 
unterworfen, war audy ihr 2008 in Nichts von ihm verfchteden. — Die antmalis 
ſchen oder pfuchifchen Menſchen waren nicht bildungsunfählg, wie die materiel⸗ 
len; fie waren des VBernunfts Gebraudyes nicht verluftig; aber ſie konnten fi 
über die Ginnen-Eindrüde zur rein intelligibeln Welt nicht erheben, und demnach 
nur durch ihre Handlungen ihre Befeligung erwirken, das heißt: fie konnten felig 
werben, oder verloren neben, Ye halten Re A Vor tr Sonkhlungen Fertig 
Telten erwarben, bie fie won der &rve \onikyllien, Hurt um WR 


ns 
ä 
e: 






Sp A 








Sm-Gn 871 


Die Geiſtigen oder Prreumatifchen dagegen, über allen Sinnenrelz erbaben, und 
nur in Beſchauung des rein Gelftigen verloren, Iießen ihren Urſprung und ihre 


Hohe Befimmung nie aus den Augen; Nichts war fähig, ihren Blid an die Erde 


FRE 26.7 2077 — — Zn SZ ZEnE ZEE EEE Ze Zu 


me, 


u heften, und fle fiegten über alle Leidenſchaften, von weldyen die andern Mens 
hen fich beherrichen laſſen. Die G. gaben daher vor, ſich mit Aufluchen der 
geheimen Bedeutung erhabener u. verborgener Wahrheiten in der Schrift zu beichäf- 
gen u. fid) mittelft diefer gegen alle Anfälle der Leidenſchaften zu fidyern. Hierzu 
aber gebrauchte Jeder andere Waffen; die Einen ſchieden ſich ab von Allem, was 
Affekte rege machen konnte, und verfagten ſich, was fie nährte und Kräftigte; die 
Andern entwaffneten fie, fo zu fanen, damit, daß fie ihre Quellen verflopftenz 
diefe, um fie mit mehr Glüd zu befämpfen, wollten den Feind Eennen lernen u. 
um dieſes zu erzielen, überließen fie fidy allen Einwirkungen der Affekte u. beobs 
achteten an fich- felbft deren Eymptome; jme fahen fie als ungelegene Zer⸗ 
fireuungen an, weldye den Menſchen in Befchauung des Himmliſchen Rörten u, 
deren man fidy durch Befrtenigung, oder durch ein Zuvorkommen entledigen müßte, 
Das Lafer, oder die Hrrabwürbigung des M:.nfichen, meinten diefe, beſtehe nicht 
darin; daß man bie Leidenfchaft befrienige, fondern daß man fie ald die Duelle 
der Gtüdfeligkelt und für das hoͤchſte Ziel anfehe. — Man begreift leicht, daß 
dergleihen Srunpdfäge zu allen möglichen Ausſchweifungen führten, und daß bie 
G., ausgehend von dem Ringen nach der fublimften Vollkommenheit, zur ſchaͤnd⸗ 
lichien Berworfenheit herabfanfen. Die ©. gaben vor, die Wahrheit und Die 
Sittenlehre des Chriſtenthums mit diefen Brundfägen in Einklang au bringen 
oder betrachteten fie vielmehr als die Vollendung der Lehre Jeſu. — Endlich ga 
es G., die, indem fie das Spiel und die Gewalt der Leidenfchaften fennen zu lers 
nen fuchten, um über fie zu triumpbiren und als reine Geiſter zu leben, unmetk⸗ 
lich in den entgenengefehten Wahnfinn verfielen, daß der Menſch wirklich welter 
Nichte, als ein Thier, die Geiſtigkeit, womit er ſich brüftete, eine bloße Brille fet 
und daß er fidy vor den vierfüßigen, fliegenden und kriechenden Thieren nur durch 
eine andere Geſtaltung der Organe unterſcheide. Ein foldyer Zweig der G. waren 
die Borbortten. e ©. theilten ſich, wie wir fehen, in verfchiedene Aefte, die 
verfchtevene Ramen annahmen, welche fih bald von einem unterfcheidenden Merk⸗ 
male ihrer Meinungen, bald von einem Häuptlinge der Sekte berfchrieben: der⸗ 
leihen waren: die Barbeloniten, Florianer, Phibeontten, Zachäaner, Borboriten, 
oddianer, Leviten, Eutuchtten, Strattortten, Ophriten und Sechtaner. — Einige 
nahmen das alte u. neue Teftament an; was ihnen darin günftig war, ſchrieben de 
dem Geiſte der Bahr zu, was aber gegen fie war, dem Geiſte der Lüge; denn 
fie wollten, daß die Prophezeiungen von verfchiedenen Gottheiten fämen. Sie 
hatten ein Bud), welches fie ald von Roria, dem Weibe Noah's verfaßt. vorgabenz 
ein Gedicht unter dem Titel: Evangeltum der Vollkommenheit; das Evangelium 
Eoa's; die Bücher S ıh’8 5; die Offnbarıng Adam's; die Fragen Martens u. Ihre 
Rieverkunft; die Prophezeiung Bahuba’8; das Evangelium des Philippus. — 
Die Grundlage des gnoftifchen Moral» Enfkems war die Emanationslehre 
(ſ. d.). Die ©. felbft befanden bis zum vierten Jahrhunderte. — Vgl. Reander, 
„Genetiſche Entwidelung der vornehmften gnoſtiſchen Eyſteme“ (Berlin 1818) und 
Baur, „Die hriftitche Gnofls, oder die chriſtliche Reltgionephilofophie in Ihrer 
geſchichtlichen Entwidelung.* 
©nu (antilope gnu, hippelaphus), eine Art aus der Gattung Antilope 
Ci. d.), ein fonverbares Thier, defien Kopf mit dem des Ochſen Achnlichkeit bat, 
der übrige Körper aber dem Pferde gleicht. Die Farbe tft braun, der Schwanz 
weiß, ebenfo die Mähne an der Wurzel; Männchen u. Weibchen haben einander 
naheſtehende, erfi vorwärts, dann rüdwärts gefrümmte, glatte Hömer, an der 
furzen Wamme eine ſchwarze Mähne u. —J— Füſſe, gleich denen eines Hir⸗ 
ſches. Die Heimath des ©. find die gebirgigen Gegenden des fuͤdlichen Alrika. 
Goa. 1) Ein Bebiet ver Portugieſen Borderindien, yo rohen ir, 
BDcayoor und Ganara begränzt, mit 33 M. und ANNO inner, WÜ 


m Gebelins. 


Portugieſen, theils d, eli . wir 
—* ET tu Ki ke Beach € —*5* 


4 


one ‚Res, Cal; u. f. w. Zum Gebiete von G außer ver 
©, noch die Inſeln —88 u Diu u. bie Sram 3 ig Brosie. 
Ouyurate. Das ganze gegenwärtige: portugiefliche Go ment ©. in Alen 


umfaßt, außer den obn —— Gegen en, n eftoreien wu € ate, 
an Gebiete auf Thor. ©olor u. * een 220E7 M. mitt 540,00 
&inwohnern, darunter über 100,000 ° Europäer, mit den Untergouvernemenit % 
mao md Diu — 2) G., Sauptkadt des ganzen GBouvernemenis, Liegt au 
Graͤnze von Beofchapeer, auf einer Inſel am Wuefluffe des Maudawa u. 8 
fd in — * Ay e re ne Irgt u. wo ver 
(Vrimas von ) feinen & e Kaihedrale, 

$ Rungewerke , mehre Kirchen Gum BAU — * Petrus — 
(das Augufinerti oſter) u. andere Gebaͤu ernen, 
pitäler ac., zeugen von ver ehemaligen ne rer diefer Shut. Begen 
ungefunden Luft u. des Mangels an ibem Vaſſer, dad vom feten Lande berg 
fdafft werden muß. wurde zu Anfang des 18. Jahrhunderte, wo eine 
Seuche außbradı, Re Nen⸗6G. —* Be, an der Mänbung bed des Mandaws 


ET Gouverneuz u. bie met Be ben u. dad num 
—2* — me bit, während die alte Stadt, die im 16» Yabıhunerte, 
the nabe an, 200,000 Einwohner hatte, if 
Sefelen 5 b Fi bien [? — Yen Schif in 
n, u. die bier befin au ma e 
‚Res, Def, Seide, Tabak, Ro toemäflen. Mangos, beſonders 
(Aro de G.), der früher für ven been in Oſtindien galt. — ©. 
Zeiten ein Sechaf n, von Hindus bewohnt u. gehörte den 
.nagor. 1469 eroberte es Sultan Muhammed IL von Dekan; 1508 
Albuquerque ıf. d.) den Ein eborenen, ward zwar wieber vertrieben, 
aber 1510 von Neuem wieder e 1541 fam vr b. Srancisfus Zaver 
(f. d.) bier an u. prebiate von ba aus den Indien das Evangelium, auch Mat 
er 10 Jahre fpäter zu G. Seit 1571 erfuhr die Stadt viel lüd: in dieſen 
Jahre wüthete die Peſt; im darauffolgenden wurde ſie von dem Sultan All von 
—— u. 1603 von den Hollandern, jedoch beide Male vergeblich, belaget. 
aeg 1641, als die Portugtefen Malacca verloren, wurde G. der Haug: 
Ir red Handels u. einer der erſten Verkehroplaͤtze Indiens. Als jedoch der 
engliſche u. franzöͤſiſche Handel in Indien aufkam, ſank es wieder bedeutend, u. 
erh in der neueften Fi t bat fidy der Handel der aortugleiem, der der lange mit bief 
6—8 Schiffen betrieben wurde, wieder zu einem Schatten feiner früheren Größe 
gehoben. Bis zum Jahre 1815 hatten. die Dominikaner bier ein berühmtes Ju 
quifitiondgericht, dem alle Portugiefen in Indien und bie eingeborenen Chriften 
unterworfen waren. — Während Dom Miguel (f. d.) die Zügel der Regie 
nung in ga al in den inden hatte, erklärte ſich G. für on na Marta 
a Gloria 
Gobelins Hr fehr feine Teppiche, im welche äußerſt kunſtvoll grobe De Ge⸗ 
maͤlde, faſt in der Vollkommenheit der Oelmalerei, eingewebt ſind. 
in der G.⸗Fabrik zu Paris verfertigt, welche ſchon im 16. Jahrhunderte unter 
Franz I. in der Rue Moufletard auf der Stelle, wo fie nody befteht, egeünde 
wurde und ihren Namen von Gilles G., einem gefchidten Kunſtfärber, bat. 
Diefer erfaufte den Play am Bievrebach u. legte dort Kärbereien in Wolle u. 
Tuchfabriken an, zeichnete ſich auch durch einen fehr guten Scharlady, den er 
lieferte, aus. Seine durch Fleiß reich gewordenen Kinder fehten fein Etabliſſe⸗ 
ment fort, verfauften es aber fpäter, u. deren Käufer, die Eanayes, legten aud 
eine Tapetenfabrit an, die ein Holländer Odud und deſſen Barfmelfer 
fon fortiehten Später taufte Solbertuieieite Ar den Staat u. Urt fe er⸗- 
weitern, u, wegen ver früheren win ir nes er va vn &, 

















# 











* 
7 
a 














ir fa 


> 
> 





Goblet — Goderich. | — 


Später gaben die G. ihre Gewerbe auf und traten geadelt in den Staatédienſt. 
Antoine Bobelin, Marquis von Brinvilliers, Gemahl der berüchtigten Gift⸗ 
mifcherin dieſes Ramens, war au diefer Familie. , 

Goblet, Albert, Graf d'Alviella, koͤnialich belgiſcher Benerallieutenant u, 
Minifi.r des Auswärtigen, geboren 1790 zu Tournay, fan als Ingenieuroffizier 
1811 zum franzoͤſiſchen Heere nad Spanien, ward von Rapoleon zum Haupt⸗ 
manne ernannt, focht in niederländiſchen Dienften bei Waterlog u. leitete dann 
die niederländifchen Feſtungsbauten. Nach der beigtfchen Revolution bekleidete er 
kurze Zeit das Kriendminifterium, wär dann bei der Londoner Conferenz, 1832 
Minifter des Auswärtigen und unterzeichnete den Traktat vom 21. Mai 1833. 
Im December 1833 ging er ald Geſandter nady Berlin, wo er aber nidyt anges 
. nommen wurde; 1837 in derſelben Eigenfchaft nach Liffabon. Bon der Königin 
von Portugal zum Grafen b'Alviella ernannt, kehrte er 1239 nach Brüſſel zus 
rüd und befleidete von da an das. Minifterium des Auemärtigen. | 

Godegiſel, 1) nebft feinem Bruder Bundobald König von Burgund, 
reflvirte zu Genf. Im Kampfe mit feinem Bruder über die Alleinherrſchaft 
—* er durch die Unterſtützung der Franken, ward aber nach dem Abzuge der⸗ 
ke en in Bienne von Bundobald belagert u. in. einer Kirche erſchlagen, vergl. 

urgund. — 2) G., König der Bandalen zu Anfang des fünften Jahrhunderts 
(fiehe Bandalen). 

Godelheim, ein in der preußifchen Provinz Weſtphalen, Renierungebezirf 
Minden, in einer anmuthigen Orgmd am Ginfluffe der Reve in die Wefer ger 
legenes, 500 Einwohner zählendes “Dorf mit zwei, auf dem linken Weferufer ent» 
fpringenden, wahrfcheinlid den dort befindlichen Braunkohlenlagern ihren Ur« 
fprung verdanfenden Wineralguellen, — der Trinfqrelle oder dem Salzbrunnen, 
und der Badequelle oder dem Stahlbrunnen. — Das wirffamftle Prinzip in der 
erfieren iR ihre Reichhaltigkeit an Kohlenſäure, welche fle vorzugsweiſe bei Kranf- 
heiten des Lynph⸗2 u. Diuͤſenſyſtems wirffam u. als auflöfenves, gelinde eröff- 
nende® u. harntreibendes Mittel erfcheinen läßt, u. welches durch feinen Gehalt 
an Eohlenfaurem Eifen zugleich Rärkfend und belebend auf Blut und Rervenleben 
einwirkt u. darum als nicht minder fräftig‘6 Heilmittel bei Schwaͤche u. Kranke 
beiten der lezteren Syſteme anzufehen il. Ein etwas ſchwächerer, aber gleiche 
Richtung nehmender, Wtı Fungeerfotg, begleitet den Gebrauch der nur im quantis 
tativen Berhäftniffe verfchtedenen Badrquelle, welcher man eine vorfchlagend 
harntreibende Wirkung zurechnet. Specielle Krankheitöformen, gegen welche 
8.8 Durlien beilförderlich fidh erwiefen, find vorzugsweiſe auf Stodungen und 
Berhärtungen Im Lymph⸗ u. Drüfenfofteme begründet — fcrophulöfe Krankheiten 
— oder beruhen auf Stodungen in den Unterleibsorganen — anomale Hämorrhots 
den, Hypochondrie — oder find Refler nervöfer Berfiimmung und mechaniſchen 
Reizes in dem Magen oder in dem Darmlanale — Magenſchwäche, Magenvers 
fäuerung u. Wurmfrankheit — oder haben ihren Entſtehungsgrund in einem ber 
genannten, nervöfen oder vegetativen, Schwächezuſtände des weiblichen Genitalien⸗ 

yſtems, oder aber gehen aus eigener Erankhafter, auf zerflörter Milz» u. Leber 
Funktion beruhender, Blutmifchung hervor — Bleichſucht und weißer Fluß, oder 
feorbuttfches Leiden — oder find die Aeußerungen allgemeiner Rervenverftimmung 
— Krämpfe, nervöfes Kopfleiven, Lähmungen — oder beftehen tn au 
oder eigenthümlichen Affection der äußeren Haut — rheumatifdhes u. Tg es 
Leiden, chroniſche Hautausſchlaͤge — oder find rein lokale Schwäche der Harn⸗ 
Werkzeuge ode? nebftvem mit allgemeiner Dyskraſte verknuͤpft — Blaſenkatarrh, 
Blafenhämorrhoiden, Harngried, Steinkrankheit. | | A. 

Goderih, Frederik John Robinfon, Biscount G. von Norton, 
Graf von Ripon, Sohn des Lords Brantham, geboren 1782, wurde 1804 
Privatfefretär bei dem Lorpftatthalter von Irrland, Hardwide, ging 1807 
mit Pembrocke nad Wien und machte, ſchon 1806 ins Parlament en 


1809 burch bie Empfehlung 'der Fortfegung der RAriegeb qaıen S 


Srä | Gebeöberg — Side: 


chen. Er diente unter- Caſtlereagh als Unterſtaatsſckretär; 1810 unter Bert I 
I Admiralitaͤtz 1812 ward er — des geheimen —2* Vicepraãſident 
Diehränfenbe, Geisehehil vor da6 —— — 
rief eine ſeiche Erbitterung unter dem Londoner Volke mehre Kuh 

















B ege Fuße das D eiches 
u. gutem ter ſoll ehemals der Bott Boden (Wodan) verehrt werden 
36 Ohio befehigen und floh rt feiner Abfegun —* ne Senf Ar 
Ernſt von es zum Schelle unit Minen und nahm — 
«8 Vie Brongofen gänyid, 
1 gab hier, bei der Anw enbelt "226 Könige von Preußen, en 


theinlännifche Adel das moderne u. eben Ritterfeh auf @. 

Godelin (eigntiih Goudelin), Bterre de, geboren zu Toulonfe 1579, 
einer ver ansgezeichnetſten languenocichen Dichter, war Advokat und ſchrieb ie 
provencaliſcher Sprache Licbesliener, Idyllen, Gpigramme, ein Chant royal ia 
nordfranzöfticher Sprache u. eine Ode auf Heinrichs IV. Tod; feine Werke wur 
den mehrmals ins Staltenifche u. Spaniſche überfet, u. von feinen Mitbürgem 
in Touloufe wurde ©, fo geachtet, daß fie einſtimmig ihn auf Koſten der Stadt 
zu unterhalten befchlofien. Wis fen Ende nahte, begab er fi) in das Klofter, in 
dem. er begraben werden wollte und flarb dort 1649 Ausgaben feiner Werte: 
Touloufe 1648 u, oͤfters, mit einem »Diccionnari moundis, das die occitanifchen 
Wörter ertlärt; volftändigere: »Ramelet moundi, ou la floureto noubelo del 
ramelet moundis, ebend., 3 Bde, und Umſterd. 1700, worin auch Gedichte au 
derer fünfranzöflfcyer Dichter. 

Godoy, Don Manuel de, Herzog von Alcudia u. Friedensfürſt, wurde 
am 12. Mai 1767 zu Badaioz von armen, aber adeligen Eltern geboren, trat 
mit feinem älteren Bruder Luis, der 1501 als Beeralcapitän von Eſtremadura 
farb, 1787 in die koͤnigliche Garde, zeichnete fidy durch feine hohe Geſtalt, fen 
Singen und fertige® Quitarreſpiel aus, und mußte fidy durch diefe feine Eigen 
ſchaften vie Sumt der Königin, der er durdy eine Kammerfrau empfohlen war, 
zu erwerben. In Folge davon wurde er in fdhneller Reihenfolge 1788 Adiutant 
der Gompagnie, 1791 Generaladjutant der Leibgarden u. Großkreuz des Drdens 
Karls III., 1792 Generallieutenant, Herzog von Alcudia, Major der Leibgarde, 
erſter Minifter an Aranda's Stelle u. Ritter vom golpnen Bließe, u. 1795, zur 
Belohnung dafür, daß er Karl IV. bewogen hatte, dem Bafeler Frieder beizus 
treten, Grand erfter Glaffe mit einem jährlichen Einfommen von 50,000 ſchweren 
Piaſtern und Friedensfütſt (Principe de la Paz). Im Sabre 1796 fchloß er zu 
St. Jvelfonfo das Schutz⸗ u. Trugbündniß mit der franzöftfchen Republif, das 
den Krieg mit England zur Kolge hatte und allgemeine Unzufriedenheit’ erregte. 
Im Jahre 1798 legte er zwar das Portefeuille des Auswärtigen nieder, well 
der König einen mit Ftankteich adpellofenen Vertrag, wench Shanten an 
Portugal den Krieg erklären \olite, wAgr Tote, ER Yahlr werte. vr weil, 


Goboy. 878 


im gleichen Jahre zum Generalcapitän ernannt. Im Jabre 1796 trat G. mit 
Joſepha Tudo in ein enges Berbältniß u. fol fie auch gehenden haben; allein 
die Königin Maria Louife, welche jene Dame aus Wiferfucht tödtlich haßte, 
wußte es durch ihre Machinationen dahin zu bringen, daß König Karl IV. dem 
G. feine eigene Nidyte, Marla Therefia von Bourbon, die in licher Ehe ers 
zeugte Tochter des Infanten Louis, zur Ehe gab, aus welcher eine, feit 1820 
mit dem römischen Kürften Ruspolt vermählte —28 hervorging. Seine Gemahlin 
Br lebte unter dem Namen einer Herzogin von Chiachon fpäter in Partie, wo 
am 23. November 1828 flarb. Joſepha Tudo, wride zur Gräfin von Gas 
Rillo Fiel ernannt worden war, folgte dem Friedensfürſten, als bieler aus 
Spanien verbannt wurde, mit ihren zwei Kindern nady Frankreich und Italien 
und er erklärte im Februar 1829 feine Bermählung mit ihr öffentlich. — Nach 
diefer kurzen Abfchweifung kehten wir zu ©. ſelbſt zuräd. Im Jahre 1801 bes 
fehligte ex die Armee gegen Portugal u. unterzeichnete den Vertrag von Badajoz, 
wel ihm die Hälfte der von dem Prinzen von Brafilien zu zahlenden 30 
Miltonen Fred. einbrachte. Im Jahre 1804 wurde G. fodann zum Generaliffis 
mus der fpaniihen Land» u Seemacht erhoben, u. 1807 erhielt er ven Titel 
Durchlaucht u. eine faſt unumfchräntte Gewalt in ganz Spanien. Diefer follte 
er fi) jedoch nicht lange zu erfreuen haben. Durdy fg ſtolzes u. übermüthige® 
Betragen, fowte durch feine Bolitif, deren Folge der Krieg mit England, die 
Niederlage bei Trafalgar und das gänzliche Darnieverliegen alles Handel war, 
hatte er ſich nicht nur bei dem Bolfe allgemein verhaßt gemacht, fondern auch 
am Hofe ſelbſt ſich eine ſtarke Begenpartel erweckt, an deren Spitze ber künftige 
Thronerbe, der Prinz von Afturten, fland. Durch diefe drohenden Anzeichen 
eingefhüdhtert, fuchte er die enge Verbindung mit Frankreich zu löfen und ſich 
an England anzufchließen, wozu der Ausbruch des preußifchen Krieges erwünfchte 
Beraniaffung zu gebrn fchten. Es erſchien am 3. October 1806 ein Aufruf an 
Die Bölfer Spaniens, der dieſelben aufforverte, But u. Blut für das Baterland, für. 
die Ehre und für die heilige Religion darzubringen; ed wurden 40.000 Mann 
unter die Waffen gernfen und mit dem portu teifhen Hofe geheime Unterhands 
lungen angeknüpft. Napoleon erhielt diefe Nachrichten auf dem Schladhtfelde 
bei Jena, u. von diefem Augenblide an fland der Gedanke, die fpanifchen Bours 
bons zu entihronen, bei ihm feſt; dazu follte Ihm ©. u. die in der königlichen 
Familie ſelbſt herrichende Zwietradyt behülflidy feyn. Im Jahre 1807 wurde ©, 
durdy Die geheimen Berfprechungen der Erhebung zum Yürften von Algarvien u, 
Alemtefo zum Kriege gegen Portugal vermocdht, in vefien Folge franzöftfche 
Truppen in das nörblidye Spanten einrüdten. Dazwiſchen war der Zwift zwi⸗ 
hen Karl IV. u, dem Bringen von Afturien auf's poafe geftiegen u. letzterer ließ 
ch in geheime Unterhandlungen mit Napoleon ein. Aber der Friedensfuͤrſt ents 
deckte diefelben und bewiikte die plöpliche DB rhaftung ded Prinzen. Mit Er⸗ 
flaunen u. Abſcheu vernahm das Bolf durch eine königliche PBroclamation vom 
30. Detober 1807, daß der Sohn dım Vater nach Thron u. Leben getradhtet 
habe, u. es fleigerte ſich der feitherige Unmillen gegen ©. zum förmlidhen Haß: 
Diefer, den unter feinen Füffen ſich öffnenden Abgrund zu fpät gewahrend und 
vor dem Aeußerſten erzitternd, leitete die Berföhnung ein, traf aber gu gleicher Zeit 


- Anftalten, mit der Töntglichen Familie nady Meriko zu fliehen, da Die Wuth des Volkes, in 


Bolge der Annäherung franzöflicher Heerbaufen unter Murat, fidy Immer offener 
ausiprady und den Günftling laut des Bloödſinnes oder des Verrathes anklagte. 
Als das Bolk von der beabfidhiigten Flucht der föniglidyen Familie hörte, brady 
am 18. März 1808 zu Aranjuez ein furdytbarer Auffland aus. Man flürmte 
den Palaſt, worin der verhaßte Bünftling wohnte, miphandelte ihn u. hätte ihn 
ermordet, wenn thn nicht der Prinz von Üſturien, durch das Flehen feiner Mutter 
gerührt, gerettet hätte, indem er ihn, von Wunden blutend, dem G.fängnifie u. 
dem Gerichte übergab. Lebterem eniging er durdy die Greignifie u Banaune, 

in welde Stadt Ihn Rapoleon rufen Ueß, um wir ine Kür wen ce 


Ce God save Ihe King — Gobwin. 
wachen Karl IV. befier bearbeiten zu Können. In der That ©. 
Kar dazu bei, bad ter ſpaniſche König feiner Krone et 
trop alle dem erfreute‘ ex ſich ungetrübt der Ganſt des Fönig 
zu dein Tode. Rachher lebte er In Rom, wo er 18% den Titel 
venefürken niederlegte u. dafür den als Prinz von Poflerano annahm, 
4830 an zu Paris tim dürftigen Umftänden, von einer Heinen, ihm von 
Philippe ausgefräten Penfion, bis er in ber neueſten Zeit von der 
Sfabella durch ein, vom 2. Junt 1847 datirtes. Dekret die Erlaubniß 
ſehr nady Spanien erhielt u. in alle feine früheren Ehren u. 
in einen Theil feines Bermögene wieder eingefeht worbn ik Js 
fhäpte man ©.6 jährlidyes Einkommen auf ‚fünf Millionen 
Iepten Jahren vor feiner Zurüdberufung nad Spanien aß er u 
tag! - N | 
* God save the King! (tt erhalte den König) Heißt 
liſches Volkslied, das zuerſt 1745 im »Gentleman's inos 
befen u. Melodie man lange Henri Carey zuchrieb. Nachdem 
diefem, lange audy Lully u. Händel für die Gomponiften der Iegteren 
bat neuerdings W. Glarke diefe Ehre für Dr. John Bull (+ 1624). 
genommen. — Rad treiflichen englifhen Rartonaliymne hat 
vielen Ländern Rationa mit entſprechendem patriotifchem Terte. 





I 
x 





38 
— 





3 
ir 





ef 


H 









= 
8” 3. 
a 
ir 


a8 
Ä 





: 
} 


1 


; 
: 





"Godunsw (Budenow), eine ruſſiſche Kneſenfamilie weldyer man 
Boris Feodorowitſch ©. angehörte, Dirfer, Anfangs 
—— ſeines Schwagers, des Garen Feodor Jwanowitſch, lu 






tif 





ttri ermorden u. beſtieg nach des erfieren Tode, an dem 

gleichfalls. Schuld gibt — da der Stamm Ruriks mit Feodor auſsgeſtorben 
den Thron. a und grauſam, befonder gegen den bel, ließ ber me 
Gzaar fi) ‚die Befeigung und Erweiterung feiner Herrfchaft vor Allem ange 
legen fıyn. . Er erwiederte die friedlichen Geſtunungen des Khans der krimiſchen 
Tataren, gegen den er ſich Anfangs, auf fälfchlich verbreitete Gerüchte bin, mm 
Kriege gerüftet hatte, u. gewann Dieburch defien Anhänglichkeit und ein famyige 
übte Heer; er ſchloß mit Polen, dem Erbfeinde Rußlands, einen Waffenkiükm 
auf 20 Jahrez er bradıte mit Dänemark den Gränzftreit wegen Lappland ins 
Reine, befefttgte durch Befandtfchaften und Handelöverträge die guten Berhätts 
nifje mit Oeſterreich u. England u. erleicdyterte mit großer Zuvorfommenheit einer 
gäpflihen Miffton die Durchreife nad Perſten. Unglüdiidh kämpfte er grgen 
die Türken u. Ifcherkeffen; glüdiiher war er in Sibirien, wo er neue Eroberuw 
gen machte und, wie im übrigen Reiche, Städte und Feflungen anlegte. — Da⸗ 
egen waltete zügellofer Defpotismus im Innern. Rod vor Kurgm ben Bro 
den feined Reiches gleichgeftelt,, feste G. jetzt natürlich gerade in dieſe das 
rößte Mißtrauen: nur in ihrem Untergange erblidte ex fein eigenes Hell; ihre 
eichthuͤmer follten ihm vie Bunft des niedern Adels und des Bolfes erwerben. 
Sraufamtelt, durch Furcht nenährtz Sclavenherrſchaft, die keine freie Mitthei⸗ 
lung, keine Berfammlung, keine ſchuͤtzenden Berträge zu Gunſten der Schwache 
duldet, biutige Stille, herrfchten w«tt und breit in großem Reiche; die Sclaven 
fanfen zum Vieh herab. Zu diefen Leiden gefellte ſich noch eine fürdhterliche Hun⸗ 
gerönoth und, in ihrem Gefolge, verheerende Pf. — Das Maß der Zerrüttung 
und Verwirrung voll zu maden, erfchlen jebt in der Perſon des falfchen Dis 
mitri cf. d.) auch noch eim neuer Kronbewerber, der bald einen bebeutenden 
Anhang erhielt. ©. erwies ſich, ganz gegen feine jonftige Gewohnheit, bei bie 
fem für ihn fo bebrohlichen Ereigniffe wenig energiſch und fühn, u. der zweifel⸗ 
bafte Erfolg, den fein Kampf gegen den Abentheurer hatte, machte, daß er den 
Glauben an fein bioheriges Gtüd völlig aufgab, und um dem drohenden Wechſel 
des Scidfals zu entfliehen, tranf er am 13. April 1605 den Giftbedher. BA. 
Godwin, 1) William, geboren 1736 u Burkutt In Rachfolfhire (nach 
Andern in Wisbeach In EKambripgeikkee), wor von ATI — UL Bridge, Vi 








15 








Goͤckingk — Gönner, 877 


hierauf den Wifienfchaften und heirathete 1796 die berühmte Schriftſtellerin 
Mary Wolfoncraft, verlor fie aber fchon im folgenden Jahre. In der 
Folge ſich wieder verheirathend, trieb er feit 1797 das Berchäft eines Buchhänv⸗ 
lerd. Seine Anbänglichkeit an die franzöfliche Revolution zog ihm vielfadye Ver⸗ 
folgungen zu. Mit ihm farb 1836 die fogenannte revolutionäre Schule in 
England aus. Er fchrieb einige Romane, bie, wie der Clan Wiltame, in Eng⸗ 
land und auf dem Gontinente großes Gluͤck machten; Trauerfpiele (Antonia, 
Saulfner u. andere mehr), Biographien u. The inquirer (Betrachtungen über die 

eziehung, Sitten u. Literatur), London 1796; @erchichte des englifchen Staa⸗ 
te6, ebend. 1822—1827, 3 Bve. Ihn zu widerlegen, fchrieb Malthus fein Werk 
über Bevölkerung. — 2) G., Mary, geborene Wolfkoncraft, Tochter eines 
Gutsbefitzers bet London, geboren 1759. Sie bereiste Portugal, Frankteich und 
Norwegen, beirathete 1796 den Bortgen und farb 1797 in den erften Wochen. 
Schriften: Vindication of Ihe rights of women wilh striciures on moral 
political subjects, London 1792; deutfdy von Salzmann, Schnepfenthal, 1793, 

Bde. Posthumous works, London 1798, A Bde.; Gedanken über Erziehung 
von Madchen, ebend. 1797; Bertheidigung der Rechte ded Mannes, ebend, 
17985 WBertheidigung der Frauen, ebend. 1790 u. mehre Ueberfegungen aus dem 
Holändiidyen und Deutfchen. 

Goͤckingk, Leopold Friedrich Günther v., Daldorf u. Guͤnthers⸗ 
dorf, geboren 13. Juli 1748 zu Groͤningen bei Halberſtadt, ſtudirte in Halle 
(wo er mit Bürger befannt wurde) Juriöprubenz, war zuerſt Referendar in Hals 
berſtadt, dann Kanzleivirector in Elltich, 1786 Kriegsrath zu Magdeburg, 1788 
Landrath zu Wernigerode, 1789 geadelt, 1793 geheimer Finanzraih in Berlin, 
dann geheimer Rath zu Fulda, kehrte fpäter nach Berlin zurüd, ward Mitglied 
der Geſetzkommijfion, nahm dann feinen Abſchied und verwaltete die Guͤter der 
jüngſten Prinzeſſin von Kurland zu Wartenberg in Schleſten, wo er am 18. 
Februar 1828 farb. ©. gehört zu den franzöftrenden Dichtern, welche die Poeſie 
des heiteren Lebenſsgenuſſes didaktiſch in der Form der horazifchen Epiflel erſchei⸗ 
nen ließen. Reben den „Epiſteln“ wurden beſonders feine „Lieder zweier Lieben» 
den" bifannt. Das von G. (1784) unternommme „Journal von u. für Deutſch⸗ 
land” war nidt ohne Einfluß auf die Anfidhten der Zeit. Sinngedichte, Hals 
berftabt 1772, Leipzig 1778. Lieder zweier Liebenden, Leipzig 1777, 3. Auflage 
1819. Gedichte, daſelbſt 1779—82, 3 Bde.; 3. Auflage, Frankfurt a. M. 1821, 
4 Bde. Gharaden u. Rogogıyphe, Berlin 1817. x. 

Goͤhrde, Schloß im Juſitz- und Domanialamte Hitzacker der hannover'ſchen 
Landdroſtei Lüneburg, welches König Emft Auguſt von Hannover wieder herſtel⸗ 
len ließ und wo er zur Jagdzeit häufig feinen Yufenthalt zu nehmen biegt, In 
dem 4 D Meilen großen Cichen⸗ und Buchenwalde um dasfelbe fand am 6. Sept, 
1813 ein Gefecht zwifchen den Alirten unter General Walmoden u. den Frans 
zoſen Start, weldyed für die lebteren un Inig ausfiel; der Divifiondgeneral 
Pedeus wurde gefangen und das franzöflide Geſchuͤg weggenommen. 

Bönner, Nifolaus Thaddäus von, berühmter Rechtolehrer und Publi⸗ 
cift, geboren 18. December 1764 zu Bamberg, entwidelte auf den Lehranftalten 
feiner Bateıftadt die ausgezeichneiften Talente, fo daß er fchon 1781 die Doctors 
würde der Philoſophie erwarb. Die Rıchtswifienfchaft Audirte er auf den Uni⸗ 
verfitäten Bamberg und Göttingen, wo die damals berühmteften Männer ihres 
Faces: Pürter, Böhmer, Klaproth, u. für die Gefchichte Batterer, Gchlöger und 
Spiitler ihre anregenden Lehrvorträge hielten. Hier eröffnete er auch feine liters 
artfche Laufbahn durch eine Eridifche Unterfuchung über das Eimultaneum in der 
De nabrückiſchen Stadt Fürflenau, eine Rechtöfrage, welche felbſt am Reichstage 
unterſucht wurde, und worüber PBütter und andere berühmte Rechtsgelehrie ihre 
verfchtedenen Anfichten geltend madıten. 1789 in feine Buterflabt zurüdgefehtt, 
wurde ihm an der Univerfirät das juridiſche Lehramt übertragen; ale 501» und 
Regierungsrath wirkte er zur Abfaſſung des Bamberger Sreofarienuniirs wii ©. 





878 Ä Gönnen, 


warb 1792 ordentlicher Profefior der Pandekten u. Mitglied des Prüfungsfenats 
für die Candidaten des Staatsdienſtes. Die juriſtiſche und Rantemwirtenfbanlice 
Dee von Böllerndorf u. Kretſchmann erfreute fi von 1794 an vieler treff⸗ 
icher Arbeiten von ihm. Nach dem Tode des Profeſſors Pfiker wurde er an 
befien Stelle zum Lehrer des deutſchen Staatsrechted umd zuglei um geheimen 
Staatsconferenz⸗Rathe für die Unterbandlungen mit Preußen, rüdfichtlich des Kreis⸗ 
Directortumd und der verjährten Rechte auf Fürth, ber ſtreitigen Landes gränzen 
u. Landeshoheit, ernannt. In Rürnberg gelang es feinem biplomatifcyen Talente, 
1797 den 170jährigen Streit init den fraͤnkiſch⸗ brandenburgiſchen Fürftenihümers 
üttih zu fchlichten. Bald darauf zum zweiten Hoffammerlonfulenten ernannt, 
tachte er Ordnung in das zerrüttete Finanz» u. Rechnungsweſen. Die Bielfe- 
tigkeit und Gründlichkeit feiner Kenntuiſſe veranlaßten feine Beru nad In⸗ 
golſtadt als :Brofefior des Staatsrechtes mit der für die damaligen Zeiten außs 
erospentlichen Beſoldung von 2000 fl. Ihm iſt vorzugsweiſe die Verlegung der 
Univerfltät nady Landshut 1800 beizumefien, deren erfter Prokanzler er mehse 
Jahre war. Dem damaligen Kronprinzen von Bayern ertheilte er Privatunter⸗ 
richt im Staatsrechte und genoß die Auszeichnung, geraume Zelt als Führer n, 
Rathgeber dieſes Fürften zu gelten. In diefe Zeitperlode fält die Abfaſſung bed 
„Handbuches des gemeinen Prozeſſes“ in 4 Bänden. 1803 warb er vom 
tage zu Regendburg, wie, vom geheimen Rathe zu München, in den wichti 
Angelegenheiten zu Rathe gezogen. Im folgenden Jahre gab er fein —8 
Siaatsrecht“ heraus. Zum Ordnen der mißlichen Verhaäliniſſe in Koburg unter 
dem Miniſter Kreiſchmann vom Herzoge begehrt, geſtattete ihm die Reg au 
dieſem Behufe einen mehrwochentlichen Urlaub. Rad) 4 Wochen unermüp! 
Arbeit legte er eine fehr ausführliche Darftellung aller Verhältniſſe des Landes 
und defien Unterthanen dem Reichögerichte zur Beurtheilung vor, entwidelte bier 
anf die ganze Haußverfafiung, Staatsregierung u. Finanzverwaltung, kurz, bie 
anze Lage des Kegenten, der Lanpflände u. der Unterthanen aus den Niften des 
abinets und der Landesregierung fo anſchaulich, daß er dadurch den Plan, den 
Minifter zu ſtuͤrzen u. das Land wieder unter Eatferlidye Adminifiration zu fegen, 
glüdlich vereitelt. Die Staatsdienftpragmatif unter der Regierung Mar Zofepbs 
warb von ihm ausführlich erläutert; bald hierauf folge: Archiv für die Ge 
feßgebung und Reform des. jurifiifchen Studiums,“ worin er feine vertraute Bes 
kanntſchaft mit dem Geifle der preußifchen, Öfterreichtfchen, ruſſiſchen u, napoles⸗ 
nifchen Geſitzbuͤcher, worüber er auch Borlefungen hielt, erprobte. Auch ber König 
von Sachſen ließ an ihn die ehrenvolle Einladung ergehen, die neu entworfene 
Gerichtsordnung für fein Land zu prüfen. 1811 ward er zur Geſetzgebungs⸗ 
Gommiffion nad) München berufen und verfaßt, neben feinen praftifcyen Arbei⸗ 
ten, die wichtige Schrift „über die Notherben.“ Durch die Erhebung zum Di⸗ 
rector des Appellationsgerichts für den Iſatkeis 1812 wurde er dem afabemifchen 
Berufe entzogen; 1813 erhielt er das Ritterkreuz des Civilverdienſtordens mit 
Ttansmiffton des einfacdyen Adels auf feinen Sohn, u. 1815 die Ernennung zum 
eheimen Zuftizreferendär, 1817 zum geheimen Rathe und bald darauf zum 
Eraateratde im außerordentlichen Dienfte. Auf dem erften Landtage 1819 veran- 
Iaßte er ein neues Geſetz zur Befchleunigung der Juſtiz und lieferte hiezu einen 
umfafienden Gommentar der Gerichtöorpnung. Sein Antrag zur Hypotheken⸗ 
Drdnung wurde zwar nody nicht: für zeitgemäß erachtet: dennoch ließ er feine 
Motion zu dem Entwurfe und feine Borträge über Befehgebungs- Begenflänve 
öffentlich erfcheinen. 1820 wurde er Staatsrath im ordentlichen Dien Auf 
dem zweiten Zandtage wurde feine Hypothekenordnung genehmigt und er bearbeis 
tete hiezu 2 Bände Erläuterungen. Ws vie neuerrichtete Univerfität in Muün⸗ 
"are glänzende Hoffnungen verfprach, übernahm er aus angeborener Liebe für bie 
dirende Jugend das Lehramt der philofophifchen Rechtswiſſenſchaft. mit 
aber die Bearbeitung des neuen Civiigeſezbuches noch in der naͤchſten 38 
Veiſammlung zur Vorlage tTommen kounte, entband Ihn der König von feinen 






Bun EEE BE SR, (EEE Zu Zur GC GL Zu 


Gopel — Gorres. ore 


Borleſungen. Dieß, und nicht das weitverbreitete Gerucht von Ungnade, war 
die Veranlaſſung feiner Enthebung vom Lehramte. Leider hatte die ungebeuere 
Anſtrengung in überhäuften Arbeiten der Geſetzgebung eine lange dauernde Krank⸗ 
beit zur Folge, weldye bei hohem geſchwächtem Alter in ein Kervenfieber ausar- 
tete u. am 18. April 1827 fein thatenreiches Leben endete. Außer den anges 
führten Hauptwerfen find noch zu nennen: Grundſätze der juriſtiſchen Praris 
1797. Auserleſene Rechtsfälle 1801—5, 4 Be. Gedanken über die Berichtis 
ng des Füneviller Friedens, 1802. Qui a droitaux re .— Staatsredhtliche 
bättniffe der adeligen Gutöbefiger in Bayern, 1803. Ueber den Umfturz ber 
deutſchen Staatöverfafiung u. feinen Einfluß auf die Quellen des Privatrechtes 
in den neuen Staaten der rheiniſchen Conföderation, 1807. Der Stgatédienſt 
aus dem Geſichtspunkte des Rechtes u, der Rationalöfonomie, 1808. Kritiſches 
Archiv der neueften juridiſchen Literatur und Rechtöpfl-ge, 6 Bde., Tübingen 
1803 — 9. Revifion der Begriffs.Eintheilung des Dolus, 1810. Belträge zur 
Jurisprudenz der Deutfchen 1810. Ueber den Begriff eines Notberben und ver 
Erldoſchung diefer Eigenfchaft, 1812. Anmerkungen zum Strafgefetbuche, 3 Bpe., 


‚1814. Geſetzbuch über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsſachen 


mit Motiven, 4 Bpe., 1815—17. Jahrbücher der Gefengebung u. Rechtspflege 
in Bayern, 1818. Gommentar über das koͤnigl. bayer. Geſetz vom 22. Zult 1819. 
Ueber Staatöfchulden, deren Til Igsanſtalten u, über den Handel mit Staates» 
papteren; die Stodjobberte, 18 Endlich viele einzeme Programme und Bels 
träge zu juriftifchen Zeitſchriften, Miereden zunmehren Schrifien u. Umarbeitung 
von Dan; Örundfägen des ordent u. des ſummariſchen Progfisu.a.m. Cm - 


öpel, 1. Dafpel 
Goͤrlitz. Kreiöftant im. (det Regierungébezirke Liegnitz (Schleſten), 
an der Neiße, mit vielen ſchoͤ ebäuden, 3. 8. der Peter» u. Paulskirche, dem 
Rathhauſe, der Kirche zu igen Kreuze, merkwürdig durch die vom Bürger 
wmeifter Georg Emmerich, Felcher 1465 u. 1476 ſelbſt nach Paläftina reiste, ver⸗ 
anftaltete Nachahmung heiligen Grabes, u. noch mehr als G.burtsort des 
berühmten philosophus t&utonicus, Jalob Böhme, der bier als Echufter fein Ges 
werbe tried, Gymnaflum, Zucht- und Watfenhaus, mehre. wiffenfchaftlidhe Ver⸗ 
eine, darunter die Oberlaufiger Geſellſchaft der Wiflenfchaften, 3 öffentliche 
Bibliotheken u. 14,000 Einwohner. Die Fabrikation in Tuch, Kinwand, Leber, 
Stahl IR bedeutend, und lebhaft der Handel nady Böhmen. Die Etabt iſt gut 
gebaut, hat breite Straßen und iſt zum Theile mit Spaztergängen und PBarlans 
lagen umgeben. . J 
Goͤrres 1) (Johann Joſeph von iſt einer der größten Charallere, der ein⸗ 
flußreichſten Männer und geiftvollftien Gelehrten, weldye Deutfchland aufzuweiſen 
bat. Er ſtammt aus einer alten, katholiſchen Familie in Rheinfranten, wo aud) 
feine Geſchwiſter nody leben, und tft am 25. Januar 1776 geboren zu Koblenz, 
wo fein Batır der Kaufmann „zum Riefen“ war, u. das einfache Haus befaß, 
welches an den Gaſthof gleichen Namens ftößt, bis er fpäter fein Geſchäft aufs 
gab. Mit außerordentlidyen Gaben von der Natur ausgeſtattet, vereinte er das 
mit zugleich eine Rüftigkeit der Lörperlichen Conſtitution, daß er während feines 
vielbewegten Lebens bis in fein höchſtes Alter nie einer Ieifen Krankheit unter: 
worfen war, Wenn ed von einem deutfchen Schriftfieller gilt, daß er ein Auto⸗ 
didaft genannt zu werden verdient, fe tft dieß von ©. in vollem Maße der Fall, 
denn er tft allerwene bei fidy felbft in die Schule gegangen, wie er fidy audy feine 
eigenthuͤmliche plaſtiſche Sprache gebilvet hat, die durdy den Namen der archi⸗ 
teftontichen ausgezeichnet ift. Sein hervorfpringended Talent, fein tiefer Fleiß u. 
angeborner Erkenntnißdrang, fowie ein fchwer verhaltener Hang zur Gatyre 
zeichneten ihn fchon auf der Schule feiner Baterfladt aub. Dem Stubium der 
Geſchichte, Geographie u. Näturkunde hing er am früheflen und effrigften nach; 
u Bonn warf er 2 auf das Gebiet der Medizin, Willens, der e 
ch zu widmen; dieſer Plan wurde aber durch die Eriegerifchen Beitverhältnide UNLEK 
















880 Bdrred, 


brochen u. zerſtoͤrt. Wie alle feurigen, jugendlichen Köpfe jener Zeit wendete er ki 
nun der Bolittf zu und lebte und ſchwebte in den Ideen, welche die Revolution 
damals auch in allen felbfifändige Männern hervorgerufen hatte, die mit dem 
bergebradhten Schlenprian des deutſchen Reiches unzufrieden waren. Er konnte 
dieß, ohne daß ihn die auspolaunte Freiheit und die Hoffnung auf die heran⸗ 
brechende Morgenröthe von Bölferglüd lange ſchwindelnd madte Die geikli- 
hen Kurfürſtenthümer am Rheine waren nämlidy durdy die Revolutionskriege im 
die Hände der Franzofen gefallen, die große Republik nahm zum erfienmale mit 
Eıfolg die Rheingränge in Anfprudy, und die deutſchen Borlande follten 17%, 
ähnlich wie B.lgten und Norditalien, in eine cisıhenantfche Republif umgeſtaltet 
werden. Das Volk, durch franzöfliche Proklamationen u, Agenten gekoͤdert und 
der langen Kriegdbehandlung müde, ergriff mit Begeifterung die ihm vorgefpielten 
Berfprechen von Freiheit und Gleichheit, audy gewann der einfache Gang ber 
franzöftfchen Rechterflege viele, und fo bemeifterte fidy der Menge eine vorher nie 
ewohnte Rührigkelt, w.ilche Bewegung durdy alle von freudigem Enthuflaemus 
eine beſſere Zufunft begeiflerten Männer nody mehr gefleigert wu G. 
noch ein Jüngling von wenig mıhr als 20 Jahren, war nicht der letzte unter 
diefen. Sein Repnertalent glänzte in den vaterlänbifchen Clubbs und Wolke 
verfammlungen u. er imponirte ebenfo durch feine reife ®eiftesüberlegung , «als 
durch feinen unbefdholtenen und unbeftechlidyen Charakter, wodurdy er ſchon frühe 
die Aufmerkſamkeit feiner Mitbürger auf fid) gezogen hatte und ein Anſehen über 
feine Jahre hinaus genoß. Seinem glühenden Eifer für das in jenen kritiſchen 
Momenten anertannte Belle — denn er hat als ein Adyt deutſcher Mann nie 
wider feine Weberzeugung geredet oder gehandelt — machte er bald in weis 
terem Kreife Luft durdy fein freifinnige® Journal, genannt „Bas rothe Blatt," 
das ſchon damals den Stempel feines fpäteren politiſchen Charakters offenbarte, 
indem er darin, über jede Partei erhaben, die Fehler und Mißgriffe der Freunde 
fowohl als die Webergriffe der Feinde einer firengen Rüge unterwarf, und fo Rd 
felber in allgemeine Achtung und fein Wort zur Geltung in ver Zeit brachte 
Seine rückſichtsloſe und unpartheiiſche Haltung gegen Öffentliche und hochgeſtellte 
Perſonen zogen ihm aber bald ebenfo die Abneigung der Fürften zu, wie er auf 
der anderen Seite durch fein verſtaͤndiges und Fraftvolles Auftreten fich die Her⸗ 
zen Aller gewann, und fo wurde auf Verlangen des Kurfürſten von Heſſen, wel⸗ 
ſich durch einen Angriff auf ihn beleidigt fühlte, das roihe Blatt zwar bald 
durch Befehl vom Directortum unterdruͤckt, lebte jedoch unter dem ſprechenden 
RNamen: „Rübezahl im blauen Gewande“ ſchnell wieder auf und wandte feine 
Taktik nun vorzüglich gegen die franzöflfchen Regierungscommifjäre, weldye bei 
ihrem häufigen Wechfel die Rheinprovinzen nur als eine Duelle zur ſchnellen Be 
reiherung anfahın. Um feinen patriotifcyen Borflellungen höheren Drtes Gin 
gang zu verſchaffen, ward ©. nebft drei gleidhgefinnten Freunden von feinen Mit 
ürgern nad) Mainz gefahdt, dort gegen die Willfür des commandirenden Generald 
Leval offene Befdywerde zu führen. Aber kaum hatten fie Koblenz verlaffen, als 
diefer ihnen einen Hinterhalt flellte, fle gefangen nahm und auf zwanz 
in firenge Haft ſetzte. Im Alter von ef 24 Sahıen trat ©. d das 
Öffentliche Vertrauen berufen, im November 1799 an die Spige einer neuen Des 
putation, weldye nad) dem Sturze des Directoriums ſich direct an Bonaparte 
wenden wollte, um dad Aufhören der biöherigen brüdenden Dccupation u. flatt 
defien Iteber eine gänzliche Bereinigung des Linfen Rheinufer mit Ftankreich gu 
erzielen. Damals trat ©. zum erftenmal dem erften Conſul perſoönlich gegenüber, 
befien ſtierer Blid, wie fein raſches unruhiges Wefen in Worten und anbeln, 
und fein Gang im Zidyad, wie bei einem wilden Thiere den jungen Dann bald 
durchſchauen ließ, welch ein Despot in Bälde mit Bonaparte auf die Weltbühne 
treten würde, u. fo fchrieb G., wie vom prophetifchen Geiſte angeweht, der ger 
wiffermafien zu feiner anderen Natur gehört, feinen Mittürgern ſchon von Baris 
aus zurüd: „Rehmt euch in Bälde den Suetonius zur Sand, benn ber neut 


1 
: 
Hu; 8 











; 
i 
N 
Ä 
— 
— 


keit Mit dem 1806 fiebelte Deiselber über, 
bier * Karin a ach vorgerüdten —— feine * 
u. darum häufig enden e Phyſil u eröff⸗ 
ge ih er die Belanntichaft an; ee uteRercidin Dihtenn 
mäihnollen u. Demenlichen Mann für Die 
vie Cinfiedler ‚wel 
* — u. 
—— Bot cher,“ Heidelberg 1807 
Wicherbeiebung der 
| wed, d Volksleben mit 
u. fo yen gr en Zwed, —— ae in ce 
me 


j ap fein Beitäihun aufgegeben im 
en Ei ner 6 ber franzöflfchen nach haft feine Gelbſt⸗ 





25 
1? 
gr 
27 
* 


den 
Se Sehr 1908 fc ©. mb ——— 
Studien fein erfes Seit vo der nachhaltig —ã— null 


ichte d —* Belt, Fr —*— 1810 Ar es Nr 

* N A a 

ein —e — der ganzen ükrrarifchen Belt Grohe mache un vo die bis 

a Bl arten 
e OHNE en nei War, 

den hp auf ale @efher, weihe im geilen Gebiete 


Den guopen Winfup anf 
ven. Bon da an erhielt Darum Grenzerd Egmbolt u. Wkkalngir Un ap, vu 
Hosseneyclopävie. IV. _ _ u 





+88 Girreb, 


I 
Br 
Ye 
Ei 
Ye 
1 
Fi 
eh 


J— 
2— 
—— 
weni 
RENT 


5 
N 
H 
i 

5 
i 


E 
® 

7 
Hr 
we 
ie 
ir? 
EM 
Eis 
Eh: 
1559 
ar, 
Eee 


in 
2 
i 


55 
3 
F 
& 
5 
gs 
58 
ges 
J 
ir 
2 
— 
* 


J 
m 
f 
ip 
A 
r 
Ni 

fi 


Stimme 
ausbrude ber leon aufgekanbenen Welt. Blädher 
l, bevor. en Fr gelefen, Napoleon aber 
Sant eireien on Ber are heigen der Bäler aß 
Ir en em Allan 
r erfahrt! i wieder ber prophetifche Seiſt, 
;eere nach dem zweiten 


x 
38. 
Hr 


g 
& 
& 
5 
8 
& 
& 
; 
8 
& 
& 
E) 
5 
3 
8® 


wrüdfem. Gin Meiferftüd von ©: Beredtfamfeit, u. „das bee 
Roapoteon je gefprochen,* wie bie a a a! glauben, iR deſſen 
rede vor der Mbfahrt nady &t. Helena aus ©. Feder, worin er, 
je der Böller u. Könige, den Helden von Gorfifa am been 
jen Beſtimmung mwürbigte, in Rapoleons Ramen das verfunkene 
Heilloſigkeit ſeiner biöherigen Fürften und Regterungen geißelt. Da aber neh 
erlangtem Siege bie Mufregung der Bölfer den Machihabern bald ebenfo um 
wünfcht als vorhin zuträglid war, u. da jeht ber ide Merkur, vom am⸗ 
wärtigen Feinde ablafiend, für die Rechte des deutſchen Volles das Wort ri 
wurd 


Fi 
ie 


und für ihre längjährige Wufopferung zum Schuge der Throne num auch ! 
Dank in Anſpruch nahm, u. auf bie lung des königlichen Berfprechend 

die Gewährung einer conftitutionellen Berfaflung drang, da namentlich ein Er 
üfet: „Rücwittung in Berlin,“ das alerhöcße Wißfallen au rn 
hatt, wurde das freifinnigfte u. conſervativſte Organ ver Ratlon % | 
erzige Bureaufratie unterbrüdt.. Dody waren brei Gabinetöbefehle nothig, | 
©. im Februar 1816 feine Sache aufgab, Dafür trat er jeht Im 

den Momente, wenn Etwas für deutſche Einheit. gefchehen follte, mit der poll 
ſchen Brofchüre „Deutſchlanbs Lünftige Berfaffung,* Srankfurt 1816 be, 


Goͤrres. 688 


yeurkunnete. Run ging er, dem Unwetter ſich zu entziehen, auf einige Zeit mit 
einer Familie nad) Heidelberg, kehrte jedoch, da man feiner bald wieder bend- 
bigt war, nad) Koblenz zurüd,. wo er, um der Hungerönoth 1817 zu. fleuern, 
urch die Stiftung eined allgemeinen Hülfsverefned, an deſſen Spite er die Vor⸗ 
orge traf, Getreide bi8 aus Rußland zu verfchreiben, zum Wohlthäter nicht 
loß feiner Vaterſtadt, fondern der gefammten Rheinlande ward. Um dieſe Zeit 
tfchienen feine meift auf der Bibliothek zu Heidelberg gefammelten „Altdeutfchen 
Bolf6- u. Meiſterlieder,“ Frankfurt 1817, welche eine Parallele zu dem ähnlidyen 
Berte „des Knaben Wunderhorn“ von Brentano u. Arnim bilden. Er wurde bier: 
mf durch den Generalgouverneur des Mittelrheines, Juſtus Gruner, zum Direktor 
68 ‚öffentlichen Unterrichte® ernannt, aber bald wegen feiner Staatögefährlichkeit, 
veil er feinen Wirfungsfreis nicht fo befchränkt auffaßte, fondern überall anregend 
mftrat, u. der Einführung des preuß. Zopfregimentes fühlbaren Widerſtand Iefftete, 
eines Amtes enihoben u. ihm 1800 Thaler Wartgeld zugefichert, wenn er ſich nur 
Hille verhalten wolle; indeß hat er von diefer Penſion nie einen Heller welter 
zogen. Ein neuer Sturm zog fich nämlicd) gegen ihn zufammen, al6 im Jahre 
1818 eine von ihm verfaßte u. dem Eurzfichtigen, für den Rüdfchritt Preußens 
n allen Maßregeln wie in der öffentlichen Meinung nur allzu thätigen Staates 
ninifter von Hardenberg überreichte Adreſſe der Stadt Koblenz u. der Landſchaft 
hm das Mipfallen u, die vollſte Ungnabe des, für ein freies Wort ebenfo wenig 
ugängigen, als feiner Zeit gewachfenen Könige zuzog, u. da G. nun vollends 
n feiner trefflidhen Schrift: „Deutſchland und die Revolution,“ Koblenz 1820, 
te mit großem Lärmen veranflaltete Demagogenjagb oder bie Berfolgung, bee 
Bartburger Tugenpbundes lächerlich machte, follte er auf königlichen Befehl 
ach Spandau auf die Feſtung geführt und fo Zeitlebend ndihgeswungen zum 
Stillſchweigen gebracht werden. bielt fidy damals in Frankfurt auf, u. faß 
ben an der Tafel des Stapteommandanten, als dieſer den dringenden Befehl zu 
einer Berhafiung erhielt. ©. las in feinen Gefichtszügen, entfernte fid,, u. war 
yereitö In Sicherheit, als man vie Straße militärifch fperrte, wo er wohnte, u. 
ein Berbaftöbefehl an alle Thore abging. Er flüchtete nach Frankreich, flellte 
bier, da man in Paris Schwierigkeiten madhte, einen. p gefährlichen u. einft 
o gefürchteten Feind auf Frankreichs Boden zu dulden, einer Erklärung im 
Moniteur unter den Schuß des allgemeinen Völkerrechtes, worauf er nad) Eng» 
and zu gehen eingeladen wurde, doch blieb er in Straßburg, nachdem ein Theil 
WE franzöfichen Journale felber für den, von feinem Baterlande fo unwürdiger 
Beife Berfolgten, :Bartei genommen hatte. In viefer Zeit erſchien fein „Hel⸗ 
yenbucy von Stan aus dem Schah Nameh des Ferduſi,“ 2 Bde., Berlin 1820 
nit der bezeichnenven Dedikation an den vorigen, für die Befreiung Deuiſchlands 
o hocdyverdienten Minifler von Stein, eine Arbeit von 10 Monaten, wozu er, 
im in feinem Aiyle nicht müffig zu bleiben, fid) von Heidelberg ein kaum lesba⸗ 
es Manufeript verfchrieben hatte Dadurch ward diefes für die Geſchichte und 
Boefle bedeutendfie orientalifye Epos zuerft in Europa näher befannt, und ers 
chien zugleich im Schwunge einer fo bichterifchen Sprache, daß es fid) wie ein 
Diginalwerk liest, auch ift es in der That eine ganz freie Bearbeitung u. felbfts 
tändige Schöpfung aus dem viel weitläufigeren perfifchen Gedichte Um nicht 
Aeichſam eine feindfelige Stellung auf fremdem Boden einqunchmen ‚ fondern 
Deutichland wieder näher zu treten, zumal feine Angelegenheiten eine günfligere 
Wendung zu nehmen verfprachen, und feinem Berlangen, nidyt durch eu 
Babinersjuftig veruriheilt zu werden, fondern vor einem ordentlichen Richterftuhle 
ich ftellen zu dürfen, ſcheinbar nachgegeben ward, ging er herauf nach der 
Schweiz hinüber, lebte einige Zeit in Zürich, ſtieg auch wohl über den Gott- 
yart nach dem Lego maggiore hinab, und hätte hier, wie Götbe zu Warcefine 
im Gardafee, beinahe das Schidfal einer Berhaftung erlitten, indem das Bolt 
ihn für einen Beifterfeher u, Wetterzauberer hielt u. fidy feiner bemächtigen wollte, 
Auf diefen feinen Bergwanderungen entwarf er \eime — W 


884 Goͤrres. 


die Revolution,” Stuttgart 1821, mit ber Untergliederung: Gegenwert, 
enheit u. Zufunft, wozu er. die Gedanken über die Urfachen ded Berfalles der 
Sander, vor allen des veutfchen Reiches u. über die ndthigen Anſtalten zu feiner 
Miedererhebung fo fertig in feinem Kopfe trug, daß er das Bud tm Berlaufe 
von 27 Tagen anfing und vollenbete. Run war ed aber auch um feine Ber 
Rändigung mit der Freußifchen Regierung gefchehen; darum veröffen vr 
ieigeichmäbte jest das ganze Gewebe der Treuloſigkeit des Cabinets geg in 
der Schrift unter dem Titel: „In Sache ver Rheinprovinzen u. in eigener Ange⸗ 
enheit* (Stuttg. 1822), worin er urkundlich Darlegt, wie die neue Regierung 
[don damals, namentli in Religionsfachen, mit feinem eroberten 
umgegangen, u. wie man ihm, dem tech der Rheinländer, nicht 
ordentliches Gericht vergönnte, fondern ihn ohneweiters durch 
netojuſtiz ein für allemal unſchaͤdlich machen wollte. Glei 
daſelbſt) „Die Heilige Allianz und die Voͤlker auf dem Congreſſ 
worin er die Erwartung von dem geträumten Helle der Vuͤlker Durch 
der Höfe auf Grund der bisherigen Sefohrungen bedeutend herabfkiuuuste. 
dieſe Zeit fchrieb W. Menzel; wie einft Dante mit feinem Uebergange von 
Guelfiſchen zur Sibellinifchen Bartet feiner Weberzeugung nach gehandelt 
de 















zu Berona," 
das 

= 
ve 


1 


daß er das Heil der Nationen nicht von der Kirche, ſondern vom Staate a 

warte, fo ſei bei ©. jetzt die entgegengefehte Ueberzeugung und ber 

ebte ritt entfchieven. Und es war in der That —* nachdem es 

n am Tage lag, daß die weltlichen Machthaber aus jo vielen ver 

ſchichte in ver fehßeren Zeit und noch mehr in der —— — voll 
ENOWIMER 





zeu 

chts erfahren u. nichts zu ihrer u. des gemeinen Weſen 
hatten. Schon im Bisherigen hatte er bei jeder Gelegenheit feine un 

onte gegen den modernen Beamtenflaat und deſſen kuͤnſtliche 
u. in derartigen Schilderungen eine feiner ſtärkſten Selten entwidelt; Dick 
ſollte indeß noch dfter fpringen. Aus der Schweiz kehrte ©. jeht nach der Reihe 
bett Frankfurt zurüd u. traf bier wieder mit feiner Familie (feiner Frau, 

arta v. Laſaulx, feinem Sohne Guido u. zwei vooten) sufammen. Bon nun 
an befdyäftigte er fidy mit den gründlichſten und fpezielifien hiſtoriſchen Gtubim; 
zugleich beurfundete er feine tiefmuftifche Richtung u. den muthigen Drang, es 
trade die dunklen Gebiete tm Leben ver Ratur u. des Geiſtes, wovor andere 
traten u. aus Ignoranz „perücwichen, aufzuhellen, in kleineren Schriften, wie: 
„Emanuel Swevenborg, feine Viſtonen u. fein Berhättniß zur (Straß. 
1827), u. in feiner Borrede zu Suſo's S ; u. dieſe bildeten die eigentl 
Grundlage u. die Beranlaffımg zu feinem |päteren ausführlichen Werle der 
lichen Myſtik. Seine „Standrede an den König Ludwig“, auf den G. 
ſchon die Hoffnung einer größeren Ak: der Tatholifchen Kirche in 
Staaten geſeht hatte, nachdem durch die Friedenstraktate die katholiſchen 
theile am Rheine u. |. w. zur Mehrung des Fortganges der Reformation far 
proteftantifche Gebieter über egangen waren, enthält ebenfo freifinmige ale 
tige Lektionen für einen hr hen Monardyen, u. hatte, da bie 
die Tage des Rheinifchen Merkurs im Herzen des Könige 
nicht erlofchen war, 1827 feine Berufung nad Münden auf 
Geſchichte zu Folge, obwohl Bayern Find Feindesiand für ihn g 
die frühere Regierung gegen ©. und deſſen läftige Erinnerung, 
Rheinbunded möchten durch ihre Aufepferung r den en nicht 
Berrath an der deutfchen Sache üben, eigene® Blatt, 
Zur ind Leben gerufen hatte. Seine Anfichten der Geſchichte a 
[gfort in der Schrift: „Ueber die Grundlage, @lleberung, und eitfolge ber 

eltgefchichte" (Breslau 1830), worin er im Antagon m ver 
wirrung der Hiftorifer unferer Tage‘ zuerſt wieber den Faden ber 
nimmt u. eingehend auf eine 2 VER Spee, wie fie ſchon das 
aufgefaßt hatte, im Iypub wer Warkiägietung We ganze Gefchichte 










E 


— 


85 
# 
zux3e 


a 
BE 


| 





f 
} 





as? 





1 


:  Görteh, Zr) 


var u L ol als ein die 
A ae tn a et Sana 
dem el an zotalanfhauung unter ben jenoffen u. bei der herr⸗ 
n Unmiffenheit in Allem, was früher da gewelen, er orwurf ber Phan⸗ 
von vielen Seiten en hören mußte, u. man Bien mody mehr, begründet 
an Ehe — 
‚ von tein vor] 
jen dunllen Gebieten der 


1, der Berfafler allen Larven und Frahen eins geworben 
rend Unterrichtete, wie der berüßmte Zipfle Dillinger, erklärten, er Habe 
atomie des Menfchen, namentlich des menſchlichen Gehitnes erſt vollends 
6 MyRif gelernt, u. Ye ihn der —— te, od Fi te us 
logie werbe num eine ganze neue en 

2 


na auch bereits in { Peg wenn alte —* neue Aalen 

a en —8 Bere efchlafe ae u en 78 
en um! uf m erhob er jolge 

&n mie ut einmal wieber er anal a , 


laufe eines Echt [4 4 8 zu vielen tauſend Crenwi 
daß ſeine Widerſacher in ganz —— davoi er⸗ 
„und wit a ran den gefürchteten Safıy in weiten, befons 
an be der dogmatife —— Edrih: —— —* at 
ER Se er daß ſelbſt feine Feinde 
na Deutſchland mit feiner FR chen Be lofongi habe feinen Sek 
ge —— au — je nachſte Folge der Kölner Irrungen war 


24 Seen ober “u m änden, alfo bereits in 20 Bänden’ erfhienen 
w eine e gabe Menge der m 5 Artikel aus ©.6 Feder enthalten. 
ayern fe em vom Fatholifchen 
Pr Deutſchl Khlanı > aldmang und I bieber darum aller Augen in Europa auf 
daß fu feflen Ton, den diefe Blätter e angeRlaimt, der Charalter 
Prag Bere —* Menke entſchiedener wurde, das iſt vor andern 
inig lohnte mit dem Givilverbienkorben der bayerifchen 
Selen 2 im Umgange über alle Borfelung Teutfeligen 3 
aat und Kirche nie eine weitere Anerkennung bei rt hatte, als die Ans 
Bortes. Bei dem le Kampfe, weldyer etc ſchjeitig durch das „Leben 
son Strauß über das hiſtoriſche Chriſtenthum entflammt war, 
Durd eine ungewöhnlich fpefulative Borrebe zu dem Werke feines vor 
1 6, 


iber Franzislus von Affis in den Jahrgänge — — m Keen, 

Schrift: „Der Kölner Dom u. ber an 

eren Baues erfchienen, spe te aufs neue en — 

rung des Graaltempels 

Fr as in dieſem @eblete dargelegt Hatte. db 3 er 

3 — “es ve a 9) It: eier u r 

ewohnd e eg; 3 au get m 
— fiebe der Alabenie ad 


Aikerifhen — —— un bei die Berlifer Rilterafel Cd 
en ndfungen derfelben jeht bie Moſaiſche a e 
den — ihre gemein einfane Helm Armenien, # indyen 1844) und bie 


dt fa ram N) des St in San 

—E 1845) wi Ba ich in FR —— pr 
—* man En —J— ob — — mehr feine me eograyht ee 

Idet —X eigentlich nur ein Fre keinen gie, nt vr 


686 Gorres. 


gütigen Vorſehung überlaſſenen Werke einer ‚Welt⸗ u. Menſchengeſchichte, mas 
a nkafne der erfte Theil oder „vie Geneſis“ in Bälve denen bürfte, 
So ficht ©. noch In feinem Greiſenalter mit einer Unerfchöpflichkeit u. Geiſtes⸗ 
frifche da als ein Genie, wenn es anders eines in unferer Zeit gibt; denn ale 
Gebiete des menichlichen Wiſſens, Phuflf, Raturkunde u. Mebizin, wahre Staate⸗ 
wifienfchaft u. Politik, Mythologie, Theofophte u. Theologie, ſodann Geſchichte 
in ihrem weiteſten Umfange, audy die Poefle, welcher er neue morgen⸗ u. abend 
ländifche Quellen eröffnete, endlich felb Das Fach der Kunftwiffenfchaft bat er 
während des Berlaufed von zwei Menfchenaltern mit unermüblicher jugendlicher 
Thaͤtigkeit u. Gewanbtheit u. mit einem Erfolge angebaut, daß ſelbſt Meiſter in 
diefen einzelnen Faͤchern von ihm lernen Fönnen. Selber bereitö einer bedeutenden 
Vergangenheit angebörend, wo er als einer der Vorkaͤmpfer der Nation mit aller 
Kraft u. dem Muthe feines Geiſtes für die Völkerfreiheit geflritten, wie er feit 
dem für den Triumph der Wiſſenſchaft raftlos thätig geweſen, iſt er indeß bei Leb⸗ 
zeiten * zu einer halbmythiſchen Perſon geworden, wozu er freilich durch bad 
gänal e Stillſchweigen zu allen Einwürfen feiner Gegner bei feiner grundſaͤß⸗ 
chen Abneigung, von ſich felber zu reden, wider Willen beigetragen, u. fo ber 
willkürlichſten Darftellung feines Lebens u. Wirkens Spielraum ge eben bat. © 
iſt er den einen im politifchen Wandel ein urfprünglicher Jakobiner mit ber 
rothen Müte gewefen, der aber wiederholt nach den Umfländen die Farbe ge 
wechſelt und endlich in einen Anhänger der abfoluten Monarchie und des tobten 
Gonfervatismus umgeichlagen habe. Sn teligiöfer Hinficht machen die meiften Ihe: 
zu einem gebornen Proteflanten, dann als Gonvertit nach der gewöhnlichen 
Erfahrung zu den Ultrafatholiten übergegangen, ja ein Kapuziner u. ber 
Bater des Ultramontanismus in unferem Baterlande getvorden ſei. Eines if 
alſch wie das andere, und fo irrig, wie die lexikale Nachricht, er fei auch nad 
Bland gegangen, während er doch nie über bie angegebenen vaterläubifchen 
Graͤnzen u. über Bogen u. Berona hinausgelommen, wo er zum Theile die Ichten 
Bände feiner Myſtik fchrieb. Zwar hat er feinen Gegnern felber erklärt, er gebt 
fein Gewand ihnen preis, fle möchten es zerreißen u. fi) um die Wehen freiten; 
das ſei fein Charakter u. madye den Mann, daß er in allen Stüden u. zu jeder 
Zeit nad) beftem Wiffen u. Gewiflen geredet. u.” gethan babe, und fein Intereſſe 
nur in Recht u. Wahrheit fuche. Aber damit iſt nicht die Berläumbung gerecht⸗ 
fertiget, ald habe es eine Periode frined Lebens gegeben, wo er, wie ir ſagen, 
mit zůgelloſem Hohne die Kirche geläftert und eben fo gegen dad Königthum m 
Felde gezogen fel, unter deſſen Mantel er ſich jebt zum Schube gege die Ungriffe 
des ihm fo verhaßten Liberalismus flüchte. Man lefe feine Schriften, Die er be 
reits vor 50 Jahren and Licht gegeben, u. man wird darin ganz diefelbe redliche 
Gefinnung und die gleidyartigen confervativen Orundfäge vorfinden, die er mi 
voller Anerkennung der Rechte der Zeit und der Völker gegen jeden Macdhtfprud 
des Abſolutismus wie gegen die Ausartungen des Rad'ikalismus fein ganze 
Leben bindurdy bis zu dieſer Stunde offen vertheidigt bat. © if ein eremplarifd 
deutſcher Mann, dazu eine Fatholifche Natur ohne Haß u. fonflige Leidenſchaſt; 
man wird aber. feinem Charakter erft Gerechtigkeit widerfahren laflen und feine 
Bedeutung willig anerkennen, wenn er tobt u. nicht mehr zu fürchten iſt. Seine 
enorme Weberlegenheit haben audy feine Feinde allzeit anerkannt, und er Hätte 
feine foldyen, wenn er nicht als die Stüge des Katholiciomus in Deutfchland u. 
ald der erfte Vertheidiger der katholiſchen Kirche In der ganzen Zelt in aller Au⸗ 
gen daſtünde. Ein abgefagter Widerfacdyer ift er allen principienlofen Zeitmenſchen 
. gegenüb:r, die da wähnen, es gebe feine heberen allgemeingültigen Maxime, und 
jeder möge an Glauben und Redhtöbegriffen rütteln; feind iſt er allen, bie die 
weltbeherrfchenden Ideen des Ghriftenthums mit feichten Philoſophemen niederzu⸗ 
. reden meinen. Ein Ultramontaner iſt in dem Sinne, wie jeber Era N 
Katholif ein foldyer heißen kann, weil nämlich der Oberhirt der Chriſten ſenſeits der 
Derge thront, u, der Stuhl ver Kicye In Rom tettekt, alle weil fein Glaube noch 


m... 7 wi ad BE. 


Gorres. 887 


über die Bränzberge hinausgeht, indem das Ghriftenthum die Bebentung ber 
weltreliglon behauptet u. nicht durch Territorialgebiete beengt werben darf. Statt 
auf die Unfehlbarfeit einer alles Tnebelnden Bureauktatie zu viel zu bauen u. zu 
den abfoluten Doftrinen des alleinfellgmachennen Staates auf Koften der befieren 
UÜcherzeugung zu ſchwören, bekennt ©. fih zu den Offenbarungewahrbeiten 
einer alleinfeligmachenden Kirche, die ihre allgemeine, d. h. katholiſche Gültig- 
keit durdy alle Zeiten u. in allen Ländern ſchon bewährt haben, u. nody in ihrer 
Unverfebriheit bewähren. Dieß Belenntniß if aber um fo freiwilliger, als er, u. 
nicht bloß er, fondern jeder unterrichtete Katholik vom Glauben feiner Kirche ſich 
und aller Welt volle Rechenſchaft zu geben fi im Stande weiß. Darum iſt es 
Angeſfichts eined Mannes, der feines Gleichen wenige in ber gelehrten Welt hat, der 
feinen Geiſt von aller Beichränttheit u. wegwerflichen Berneinungsfucht unabhängig 
erhalten, u. den Keiner an Eharafterflärke übertrifft, ein Tächerlicdyer Vorwurf, 
ibm — 38 — Zwang oder Beeinträchtigung der Geiftesfreiheit zu wittern, u. in 
ibm blo Partelhaupt fehen zu wollen. ©. if ein ganzer Dann, und hätte 
Deutfchland doch viele feines Gleichen u. von feiner Geiſtesverwandtſchaft aufzus 
weifen, ed würde ganz anders um unfere Zufunft flehen. Sp. — 2) G. Guido, 
AR geboren zu Koblenz 41806 u. hat Ra wer durch fein , die Zungfrau von 
Orleans als nidytunwürbiger Sohn eines fo großen Vaters erwiefen. Dieſes 
Bud, ſtachelte die Eiferfucht der Franzoſen, welche bis dahin die Schmach der 
pucelle d’Orleans von Boltatre nody nicht ausgemerit hatten; daher unternahm 
es ein edler Graf Montalembert, auch eine über Luther und der Wartburg von 
uns faR vergefiene Heilige deutfcher Nation, Elifabeth von Ungarn, Landgräfin 
von Thüringen, in einer Lebensbefchreibung zu bearbeiten, die das Mufler aller 
Legenden genannt zu werben verbient. In ähnlichem religiöfen Geiſte if fein 
Bruder Klaus von der Fluͤe gefchrieben. Er iſt der Mitherausgeber der hiſto⸗ 
rifchspolitifchen Blätter. Außerdem hat er feine Thättgkeit mehr in Fleineren Urbeiten 
u, poetifchen Aufſaͤtzen zerfplittert. Die Keufſchheit eines reinen poetifdyen Gemuͤthes 
haucht wohlthuend u. befänftigend aus allen feinen Liedern. Bon lieblicher Klarheit 
u, inniger Empfindung zeugen befonderd die Marienlieder, weldye in den man- 
nigfaltigften Varlationen den Farbenſchmelz gottergebener Demuth u. Reinheit des 
Herzens zum Srundtone haben. Der größte Theil wurde im Mat 1842 in Rom 
gerichtet; Behufs der Maienandacht erfchtenen fie in 2. vermehrter Auflage 1844; 
iblinger in München ſetzte fie in Mufif. Die Sammlung feiner Gedichte (1844) 
beurfundet die Tiefe religtöfer Myſtik, gibt die zarteften Anflänge für die Ros 
mantif des Mittelalters, u. zeigt auch in der formellen Anlage die Leichtigkeit 
dichterifcher Wompofition. Außer mehren Beiträgen. fm DMiorgenblatte, worin bie 
meifterhafte Schilderung von Kaulbachs Narrenhaus vorzugswelfe hervorzuheben 
ift, (in den Beilagen der allgemeinen Augdburger Zeitung) find noch zu nennen: 
Ueber die Acta Romana, Mündyen 1838. Die Jungfrau von Orleans, nad) 
den Prozeßacten und gleichzeitigen Chroniken, 1834. Eine neue abgekürzte Form 
wurde als eine Feſtgabe für die chriftliche Jugend bearbeitet, mit 5 Abbil⸗ 
Bungen 1835. „Schön Röslein,” ein Mäprchen mit Zeichnungen von Yranz 
Graf v. Pocci, 1838. Der „Hürnen Stegfried u. fein Kampf mit dem Drachen,” eine 
Darftellung für die Jugend, ohne wiflenfchaftlicdye Berechnung, ausgezeichnet aber 
befonder® durch Kaulbach's Zeichnungen zu dem Zwede ine altdeutſche Sage, 
nebft einem Anhange über den Geift des germantfchen Heidenthumes und die 
Debeulung feiner Heldenfage für die Geſchichte, mit 14 Lithographien 1842. 
Das Weihnachtöfripplein u. Prinz Schreimund u. Prinzeffin Schweigftille, ein 
Chriſttagobuͤchlein, 1842. Das Leben der heiligen Cäctlia in drei Gefängen, 
zu Albano im Juli 1842 gerichtet; mit Bignetten u. Randzeichnungen, 1843. 
Die arme Pilgerin zum heiligen Rode u. ver kritiſche Katzenjammer, 2 Gedichte, 
1845. Die Gottesfahrt nad Trier und des Teufels Landflurm, 2 Gedichte 
1845. Beide Zeitgemälde waren zu wohlthätigen Zweden beftimmt und erfuhren 
ungemelne Berbreitung, fo daß 7malige Auflane nöthig mark, Ketucke sie 
Zeifarife erſcheiut feit 1846 „veutiche® £ —— —RX 





we „Wr Bin. 
mens Brentano’d Maͤhrchen 
Aänbige Ausgabe nach dem — 
—— —— 














zeich 

* en um —— 
ö li annt ** 
— cr: i 







— * 

Hr 6 Stunden Zelt geioflen, | 
—— Aa —* en einer 
und Here game Unſchuld —— — — 2) Johann 2832 
Schlig4 m wurde nad) vollendeten Studien Regierungsafieflor u. 


r h in 

% —* leitete Ku —— der Bringen Conſtantin u. des nad« 
maligen Großherzogs Karl Wuguft und warb nach deren Vollendung Oberhof 
meifter. Friedrich I., König von Preußen, veflen Zutrauen er gewonnen halte, 
fendete ibn 1778 ale Defterreih fidy nach des Kurfuͤrſten Maximilians II. vn 
Bayern Tode, m ewilligung des rechtmäßigen Thronerben, des Kurfürften Karl 
Theodor von der Pfalz, eils von Ba bemächtigte, ale eimen Be 
vollmaͤchtigten Preußens n ach Mündyen, um dieß zu hintertreiben. ih ve 
fuhr er bier fo je —* daß, mit Hülfe der gi Glemend von Bayern . 
einiger bayeriſch gefinnter Staatemänner, ber og Karl von Zweibrüden u 
Proteftatton gegen die Abtretung feines Better Karl Theodor gebradht wo, 
wovon die Folge der bayerifche Gchfolgefrieg war. ©. trat nun ale —— 
Staatöminifter in preußiſche Dienſte, war an mehren deutſchen Höfen Befandke, 
zulebt Re petagegelandter in Regensburg u. farb dafelbft als Privatmann 1821. 
Seine Schri ften find: Mômoires ou precis hist. sur la neutralité armöe et 
son origine, Bafel 1801; Meöm. histor. de la — en 1778, pour h 
succession de la Baviere, Frankfurt 18135 hiſtoriſche und politiſche Denfwär: 

Mn en 1827 f., 2 Bde., befonders wegen der Berbältniffe am ruf 

ofe intereſſant. 

Görz, 1) Kreis im Gubernium Trieſt des Königreichs — , — 
den en umringtes Thal, mit den Flüffen Iſonzo und Idriza geograns 

fen Slächenfnbalt und 124,500 Einwohner, die —28 ne 
—* auch Italiener und Deutſche And und ſich zur katholiſchen Kirche bekennen, 
ward einft von den Eu — neern bevolkert, denen die Suruer folgten, und bildete 
einen Theil der großen Monarchie unter Karl dem Großen, als das abendländiſche 
Romerreich in Trümmer gefunken war. Cine eigene Graffchaft unter Katfer Hein- 
ri IV, war es erblich unterthänig ven wen 00 von Turol. Alte —— 
ten es an Kaiſer Naximilian 1, une \o rad Arial 















Söfgel-. Göfen, Bon 


die 5 Jahre 1809-1814 ausgenommen, in denen fie an Frankreich "abgetreten 
war. Das audgezeichnetfie Landprobuft liefert der Weinbau am Monte Santo. 
— 2) ©., Haupiſtadt des Kreifes, von Fahlen Felsbergen umſchloſſen, hinter denen 
die befepneiten Häupter der Alpen auftaudyen, mit aefunder freundlicher Umgebung, 
die der Iſonzo und Torre bewäflern und terrafienförmig ringsauffleigendes Wein- 
nelände fehr anmuthig macht. G. zählt nahe an Einwohner. Die Häufer 
d meiſt in neuerem Style gebaut. Unter den 5 Kirchen iR die Domlirche 
durdy ein ſchoͤnes Sacrartum und des Ichten Brafen von Görz Mauſoleum aus⸗ 
gezeichnet. Die Kaferne, dad Landhaus, Theater und Schulhaus, das Alumnat 
md der Biſchofshof find ſehenswerih. Weinfteinraffinerien, Seide⸗ Roſoglio⸗ u. 
beſonders Zuderfabriten fchaffen ver Bevölkerung austöümmlichen, : mitunter reich» 
lidyen Erwerb. Geſchichtlich merhu öl iſt G. dadurch, Daß das alte Noreja 
feiner Nähe gelegen, daß es der Sig der mittelalterlichen Grafen von ©. als 
Souveraͤne geweſen und darin bie legt vertriebene Königefamilie von Frankreich 
lange von fchöner Zufunft träumte. 8G. _ 
bel, Kari Friedrich, geboren 1784 zu Langenfalga in Thüringen, 
wurde 1807 Advocat, 1818 Oberlandegerichterath zu Raumburg, 1837 nehehner 
Oberjuſtizrath im Miniſterium zu Berlin und 1839 Deitglieb des Obercenfurcolles 
gtums. Gchriften von ihm find: Chronik der Stadt Langenſalza, Langenſalza 
1818, 2 Bde.; Ueber Goͤthe's Fauſt u. f. w., Lpz. 18345 Cacilius und Octavius 
u. f. w., Berlin 1828 (anonym); Aphorismen über Nichtwiſſen u. abſolutes Wiſ⸗ 
fen x., ebend. 1829; Hegel und feine Zeit, ebend. 1832; Bon den Bewelfen für 
die Unſterblichkeit der menfchlichen Seele u. ſ. w., ebend. 1835; vie flebenfältige 
Dferfrage, ebend. 1836; Zerfireute Blätter aus den Hand- und Hülfsacten eine® 
rien, Erfurt und Schleufingen 1832—1837, 3 Bde; Der Eid, Berlin 1837; 
8 Barticularredht im Berhältniffe zum gemeinen Rechte und der jurifiifche Pan⸗ 
theismus, ebend. o. J.; Unte haltngen zur Schilderung Goͤthe'ſcher Dicht⸗ und 
Denkweiſe, Schleufingen 1834 — 1838, 3 Boe.; Beitrag zur ſpeculativen Philos 
ſophie von Goti, dem Menſchen und dem Gottmenſchen, Berlin 1838 u. v. ©. 
Goͤſchen, Georg Joachim, geboren zu Bremen 1752, erlernte nach theilweife 
fehr trüb verlebten Jugendjahren in der Cramer'ſchen Buchhandlung daſelbſi den Buch- 
handel, kam nady Leipzig zu Siegfried Lebrecht Eruflus, wo er 13 Gabre biteb, leitete 
Darauf 3 Jahre die Gelehrtenbuchhandlung tn Deffau, bier fchon Einiges für feine 
Rechnung drudend, u. errichtete um 1784 zu Leipzig eine Buchhandlung, die er bald 
durch die Verbindung mit den berühmteften claſſiſchen Schrififtellern jener Zeit zu 
einer ver bebeutenbfien Berlagehandlungen Deutſchlands erhob; ſchon ſeit 1787 
erfchien in feinem Berlage eine Sammlung von Göoͤthe's Schriften (bie 1790, 
8 Bde.); Klopfod, Schiller, Wieland, Jünger, Iffland folgten, an weldye fidh 
Werte von Ehr. ©. von Stolberg, von Böttiger, Ratſchky, Alringer, Seume, v. 
Woltmann, Apel, Fr. Laun, F. Kind, W. v. Schüs, Müllner, v. Houwald an⸗ 
ſchloſſen; wie durch diefe, meift —— Schriften der Geſchmack in 
der chen Literatur eine edlere Richtung nahm, trug ihre aus G.s in Grimma 
muſterhaft eingerichteter Buchdruckerei hervorgegangene elegante Ausflattung we- 2 
fentlich zu einer zeitgemäßen Kortbildung der deutſchen Typographie bei, und feine 
Prachtausgaben von Wielande und Klopflods Werken, Neubecks Gefundbrunnen 
u. a, gehören zu den fchönften Leitungen der neueren Buchdruckerkunſt. RAR 
diefer vorherrfchenden Afthetifchen Richtung feines Berlans ſchloß G. keineswegs 
die firengeren Wiffenfchaften, felbft nicht die alten Claſſiker aus. Schriften von- 
— Charpentier, Martyni Laguna, Gottfried Schuͤtz, F. A. Wolf (der 





omer in einer Prachtausgabe), Griesbach (das N. T. in einer Prachtausgabe), 

turz, J. ©. Rofenmüller, Albers, Gottſchalk, Marezoll, von Schlieben u. A. 
find Belege der Vielſeitigkeit ſeines Strebens. 1823 übergab ©. die Vuchdruckerei 
feinem Sohne und farb 1828 zu Grimma, wo die Familie, fo wie im Gommer 
auf feinem Gute zu Höhnflädt, lets in der Nähe gewohnt und. Seume längere 

eit gelebt hatte; er felbR fchrieb das Luffpiel: Zweimal erben wact Unten, 
334 1800, dann redgitte er die Gonntagäftunnen, Kenn. ABI um Fr . 


! ah fh (6R,“ chend. 1818—20, fotsie er möhre Wuffäge in Za 
e. 


a) 


nn — 


Ste 2 Johann Zeitgattee 3. — frac Sranffart «MM. va: 


mb ————— haltend en rt Ictferlicher Bash. 
und un 8 er / 

d keit 
Ey 
übren, von Möätterdhen die Frohnatur und Luk zu f er 









Ka 


— 


.wuchs unter den Unruhen und Eindrücken bes Tieheinen 3 es 
mit der —A Sprache und Literatur, die um die M 1 
derts, im Widerſpruche mit der vorhergehenden Periode, eine 
flug, um gegen Ende deöfelben ihre weite n Bei, dee ei 

—X war auf den Knaben und Süngting Die Vaterſtadt, 
hre Geſchichte, Daneben die, in der Nähe feined Vaters ihm —— 
und das franzoͤſiſche Theater. Sein ya vom Fe an m 
ges Selen, als meihodiſched Studium (m 


ehr 
bereit) ie ihn in Allem beru one ei ap ohne 55 
was ſich ihm darbot, —— Profanes, alte neue ( 


f | it 
— — Beh — u Feige m "fe "25 
on jehr früh Shah er hat mit 
und te Alles ein poetiſches Bild kleiden. 
„ wurden bei dem ſtrebſamen San linge Sa 2 


flas 9 f 

nach ihm Virgil. Durch Beforgung von ei G dal tom er X 2 vd 
fache Beruͤhrung mit den gewerbli und praktiſchen Lebensfeiten, was feine 
objectiven Blick Rärkte Das Hauptmoment in des Dichter ganzer 
widelung und Dichtung if die Liebe. „Die Ungelegenheiten des Herzens, fg 
er, waren mir immer al& die widhtigften erfchlenen," und fie erfchienen ibm al 
ſolche ſchon in Frankfurt (Gretchen, das eigentliche Borbild vom Gretchen im 
Faufl), an der Granze zwiichen Knaben und Sünglingsalter, dann in a 

fpäter in Straßburg ıc. Wan kann tn diefer Hinfiht von G. fagen: 

tete liebend und liebte dichtend, wie er andererſeits lebend dichtete und Biden 
lebte. Sein fittliche® Denken wurde dadurch nicht entabelt. ließ ſich übe 
haupt gern von Frauen bilden und beſtimmen; dieß ſehen wir enter Anderem is 


pi 








z4 












Frankfurt, in Leipzig, in Straßburg, in Weimar, und er gibt ſelbſt im Tafſo anß⸗⸗ 


druͤcklich Zeugniß davon. Im Bezug auf die Liebe, die entaveln, aber audy abe 
fann, fchreibt ©. im Jahre 1775 an die Gräfin Stolberg, „daß mitten in al 
dem Nichts ſich fo viele Saute von —* Herzen — Yin Blick Heiterer übe 
Welt, fein Umgang mit Menfchen ficherer, fefter, weiter werde und Babel fein 
Fanerſtes immer ewig allein der heiligen Liebe gewidmet bleibe, die nach u. nad 
das Fremde durd) den Geiſt der Reinheit, der He ſelbſt iſt, ausftößt und fo mb 
lich lauter werden wird, wie gefponnen Gold." Da „durch Gretchens Entfernung 
der Knaben und Sünglingepfla anze das Herz aus gebrochen“ war, fo zog ſich ©. 
in ſtoiſche Abgeſchiedenheit surüd, „„erapäftigte fi) mt guntfofopb fayen Stubien u. 
bereitete fidy zum afademifchen Leben vor, das er (1765—68) in Leipzig antrat, 
um nach dem Willen feines Vaters Jurisprudenz zu flubiren. Hier aber, „wo 
der Student faum anders, als galant feyn konnte,“ lebte er in wunderlicher Jer⸗ 
riſſenheit feines Innern und fonnte fih ebenfo wenig zu einer beftimmten Faiul⸗ 
tät entfchlteßen, wie der Schüler in feinem Fauſt; dem'Stubienplane feines Ba- 
ter6 gegenüber verfolgte er feine eigene Welle und Bahn. Stadt und Einweh- 
ner wirkten vortbeifhaft auf des Dichters Gefühl anftändiger Perfönlichkelt und 
breites epiſches Umfehen ein, aber fein wifienfchaftlicher Drang fand niit Di bie 
gehoffte Befriedigung. Statt Beruklaung und Ahere Ticlung, au qeininnen, w 


ee > Re BE Ze © 


— 


@ötkk. u. 
er In das Labyrinth der Meinungen geführt und in den Kreis rathlofen Schwan⸗ 
kens gebannt, und zwar in breifacher Beziehung, in Wifienfchaft, Literatur und 
Religion. Das pofttive Chriſtenthum wurde damals ſchon vielfach anges 
griffen; der religlöfe Glaube wich einerfeltö der Begriffsaufflärung, ans 
dererfelt6 einem allgemeinen religtöfen Gefühle, das zuleht vielfach in myſtiſche 
Schwaͤrmerei und geheimnißvolles Conventikelweſen ausartete; daneben machte 
fi (im proteſtantiſchen Deutſchland) ein ſogenanntes theologiſches Chriſtenthum 
geltend. — war es beſonders, von dem G. ſich loszumachen fuchte. Wir 
müflen dabei geſtehen, daß er, deſſen religtöfe Ueberzeugung der pantheiſtiſchen 
Weltanſicht Spinozas zuneigte, dem pofitiven Ehriftenthume nicht hol» war, troß 
einzelner herrlicher. Weußerungen über die Inftitutionen des Chriſtenthums, 3. B. _ 
über die —* Sakramente in der katholiſchen Kirche. Aber die ganze zweite 
claſſtſche Periode unſerer Literatur traͤgt den Stempel eines antik⸗modernen Hei⸗ 
denthums, worin die Schoͤnheit die Religion iſt (ſ. d. Art. deutſche Sprache 
und Literatur). — Ein ſteifer Pedantismus herrſchte damals in allen vier 
Fakultäten, wie ©. ſagt; nur in Bezug auf das claſſiſche Alterthum und die Ra⸗ 
turwiffenfchaften fand er ſich mehr befriedigt. In der vaterländifchen Literatur 
war noch fein entſchiedener Standpunkt gewonnen: Gottſched, Gellert, Bodmer, 
Ramler, Kleiß, Gleim, Klopftod, Leffing, Wieland u. A. waren mit ihrem Wir⸗ 
Ten theil® im Ab⸗, theils im Zunehmen; Antikes und Modernes, Deutfched und 
Fremdes, Franzoͤſiſches und Engliſches, Bibliſches und PBrofanfinnliches Tiefen 
neben» und burdyeinander; in der Sprache fuchte die Meißniſche Mundart mit 
ihrer glatten Kälte über die lebendige oberdeutfche ımbebingt zu herrichen, was 
auf ©. unangenehmen Einprud machte, der noch im hohen Alter unter vertraus 
ten $reunden gerne Frankfurtifch ſprach. Rathlos und verlaſſen fland G., der 


"pie Dichtung zum eigentlichen Berufe: feines Lebens zu machen fidy beftimmt fühlte, 


in der Mitte fo vielfacher Wirren. Den meiften Einfluß Hatten auf ihn Erneſti, 
Morus, Gellert, Clodius (der den griechtfchen Olymp mit al feinem mythologi⸗ 
ſchen Haushalte aus der deufchen Poeſie, worin er bisher geherrfcht, zu entfernen 
uchte), Breitkopf, Mad. Böhme, der kunſtgebildete Defer und ver bumoriftifche 
ehrifch, dann die Werke von Leffing (namentlicy Laokoon 1767), Wieland und 
Windelmann. Im ®efühle, daß er feine bisherige Richtung verlaffen müffe, vers 
brannte er eined Tages „Poefie und Proſa, Plane, Skizzen u. Entwürfe. zugleidy 
auf dem Küchenheerde,“ zog ſich auf ſich ſelbſt zurüd und griff, in feinen eigenen 
Bufen, um bier eine wahre Unterlage für fein produktives Weſen zu gewinnen, 
— und es war die Liebe (Aennchen, theilweiſe Vorbild von Kiärchen im Ep» 
mont), die ihm neuen Stoff zu poettfchen Schöyfungen gab. „Die Laune des Ber; 
liebten,“ „die Mitſchuldigen“ (in fittlicher Hinſicht zu verwerfen, auch in poes 
tifcher nicht hoch zu ftellen, übrigens mandye Gebrechen der vielfach unfittlichen 
Zeit offenbarend), und mandye, durch Raturwahrheit der Empfindung und Rats 
verät des Ausdrucks ſich auszeichnende und fo mit dem affektirten Werfen ver 
horaziſch⸗anakreontiſch⸗petrarchiſchen Künftelet Gleims und anderer prasßifchen 
Dichter im Gegenſatze flehende, Erzeugnifie gehören hierhin. Wichtig war noch 
in diefer Zeit fein Aufenthalt unter den Kunftfchägen Dresdens: hier leitete der 
Zungling die Bermählung der Kunft mit der Poefte ein, die fpäter der Mann in 
Itallen vollendete. Nicht lange vor felnem Abgange von Leipzig hatte G. nod) 
eine gefährliche Krankheit zu überftehen, die om eine gefteigerte Innigkeit und 
befonder® eine eigenthümtiche Empfänglichkett für die frommfeligen und fentimen» 
talen Stimmungen mit Sräulein von Klettenberg (1768-69) gegeben zu haben 
ſcheint. Bol. die „Belenntniffe einer fchönen Seele“ im 6. Buche von W. Mei⸗ 
ſters Lehrjahren. Huch der gelehrte Langer wirkte auf den jungen Dichter reli- 
gtös-mildernd und fittlichserhebend ein, der bald in Frankfurt die Anfänge ber 
myftifchen Weltanficht, der frommfeligen Ueberſchwenglichkeit und der orvensbün- 
digen Geheimnißſucht follte kennen lernen, die in den fiebenziger und achtziger 
Jahren zu den jeltfamften Erſcheinungen und Bertirungen 5 Sad uU Sr. 


Goͤthe 


entwickelten bore, dan —— 
Im de durch 3 — m Rene nal 2 2* 
—— ie ange Ausbrud man nodh 
en Imn6, beffen 
— finder 4. 8. Welfele, Dauer Im MWeihfel, EinS u. 
—— und naturmyſtiſches Weſen zufammengefaßt find). — 
ging (1769-71), um nady dem Willen feines 
—— zu abſolviren und dann (her Ik (was er 


pipe 
Be B 

= 

f 

BE H 


* 

8 

! 

: 
5 
si 


B3 
S 
S 
* 
— 

Pt 
5 

Er 


— 
erben Magus- Hinties) 
ehe 2 ——— 
a — "au na an dm, 
erfbn, a yoetifen Sinn der. altbeutfejen 
Tennlen vos Ahlers ve Be arte Ri 
deflen — — — — ee * — 


flürmenden uldigender, eine originelle — 
Yale aus den Sim va Nat Boll 


f 
g 
— 


Hu 


— 

je (Renz, Wagner, Jung, Einfiefe 

— — —D——— — nes 

des Pre Brion in —F rem 

Frankie Fe enteimerin lebt fort in ben beiden Mi und 
Sie Dichter ſelbſt hat — — ei * in —E und 

inet, wie er 34 Berhältniffe en des 
tere ———— —34 län, in — Erelgniß, & BSemj 
und in tiefen Tonen —— * find. GEdb und Fe 


bier fortwährend; auch fehte er die muftifch Pas "Ehemie und bie 
naturwiffenfchaftlich - — Liebhaberel fort, — Nun beginnt eine 
Bertode in ©.6 Leben und Dichten, die man in die Zahre 1771 — 1775 fehen 
Kann. Der titanifcdh-gigantifche Sinn der nun eintretenden Sturm- und 
periode blieb nicht ganz ohne Einfluß auf ihn, obwohl er feiner Dichtung 
gift gab; bie — ung mit Spinoza gewährte ihm Beruhigung ın und ven 
breitete Licht über —* Ha und gemüthlicgen Verhältniffe; er gelangte in 
en lebenoftoͤhe, zum Theile auch Ichrreiche Bamilienbeziehungenz mit em- 
‚lichen Sinne durchwanderte er die nähere u, entferntere Umgegenb —— 
hi t a ** die ſchoͤnſten und mannigfaltigſten Naturfcenenz; im dem viel 
betvegtan Leben der Bewohner des Maines u. Rheines faßte er die heiterften Bil: 
der der Luft und Thätigfeit in ein zu pleicher Luft und Thätigfeit anfpornenbes 
Gemälde zufammen; der abwechfelnde Aufenthalt in Frankfurt, Darmſtadt, We 
lar, Gießen, Koblenz, Düffeldorf, Köln, eine mit den Gebrübern Stollberg ” 
ternommene Reife nad) der Schweiz bereicherte feine Kenntniß — 
geſellſchaftlicher, alter und neuer Zuſtaͤnde. Eine leidenfchaftliche Liebe zu ein 
(geborene Schönemann, als Battin des Herrn von Türkheim in Straßburg ger 
ftorben 1815), gewiſſermaßen Krone und luß feiner — u. Ju 
Speale, erfüllte ihm Herz u. Gemüth (daß auf die Verlobung mit ihr die 
mählung nicht erfolgte, wird von ©. hauptſächlich dem Ginflufe feiner 
fter Cornelia zugelchrieben, die theils aus Giferfucht, theild aus Gpistenmung vs 
Charakters der lebendig anmuihigen, der Jugendfreudigleit den Schein der Kor 
ketterie mit großer Leichtigkeit u. & 
Mitte trat). In Wetlar trat an tue Jar Lotte an ie Su 


Ira 


—XRXE Wenden LU — fm bie 
akoe vog * — 


Pr 007” Suc ur ze 


-— zur c—— 


Götge, ww 


lung biefer Leidenfchaften verdankte G., wie andy ſonſt, einer beſtimmten Lebens- 
—* dießmal der rüftigen — an den „Frankfurter Anzeigen,“ wo⸗ 
bei (wie 2 fpäter) feine Berföhnlichleit und Liberalität der Anerkennung ven 
Grundzug feiner Kritif bildet. Bon nachhaltigen Einfluffe auf G. war befon> 
ders dad Bekanntwerden mit Merk, ver den Dichter über fein Genie, über ſei⸗ 
nen poetifhen Standpunkt u. über die geſammie literarifcdye Umgebung zuerft 
vollfommen orientirte. Als weitere einflußreiche Perfonen find zu nennen: Klop- 
Rod, Schlofier, Lavater, Klinger, La Roche, Jacobi, Baſedow, 3. Möfer, und 
zulegt ver geiftreihe Prinz Karl Auguſt von Weimar. Bon literartfchen Er⸗ 
zeugniflen geieen bieher: die aͤlteſten en des Kauft (1773), Prometheus, 
Erwin u. Elmire (1775), Slaudine von Billa Bella (1775), Stella (1776), Cla⸗ 
vigo (1774), ſatyriſch⸗humoriſtiſche al, gegen Baſedow, Bahrdt, Wieland 
(1773 —74), eine große Zahl ver trefflichften Lieber und ganz befondere Goötz 
(1773) u. Werther (1774). Beide letztere Werke find poetiſche Confeſſtonen des 
Dichters (der das darin Ausgedruͤckte innerlich u. äußerlich durchlebt hatte), u. der 
eit, deren Krankheit (Selbſtüberhebung des Subjektes in der Empfindung u. in der 
focialoppofitionellen Drängniß, fentimentale und foctale Originalität) der Dichter. 
hiedurch aus feinem Herzen warf. Beide Werke waren für die deutſche Litera- 
tur von großem vurafe Goͤtz begründete die Periode der Sittenfchaufpiele u. 
Ritterromane, in denen freilich mei nur dad Verfehlte im Götz, das Wilde und 
Ungeſchlachte zu breiter Darſtellung kam; die Periode der empfindfamen 
Romane, „Triumph der Empfindſamkeit“ gab G. fpäter ein in mandher 
cht wirkendes Gegenmittel gegen das immer mehr um ſich greifende Wer⸗ 
und die in der Zeit Ilegende, durch Young, Dfflen, die Ronologen 

mlets u. A. genährte Tranfhafte Neigung zum Selbſtmorde, die fidy wie 
idemie verbreitete. (ES fehlte jedoch audy nicht an Gegnern des Werther, die 
ihn als unmoralifch Hinftellten, wie 3. B. Paſtor Goze in Samkur u. Fr. Ricolai 
in Berlin.) Stella u. Clavigo, am ſich nicht hoch zu flellen, fin in ber Idee 
zit Werther verwandt. Mit kecker Humoriik, mit ariſtophaniſchem Muthwillen 
zieht ©. im „Peter Brey*, im „Satyros“, im N zu Plunders⸗ 
weilern“, in „Bötter, Helden u. Wieland“, im „Prolog zu den neueflen Offen⸗ 
barungen Gottes“ gegen das Yrmfelige, wie es damals in Religion, Wiſſen⸗ 
Kal Dichtung u. Leben fi) breit machte, zu Felde. — Den Conflikt des poe⸗ 
titchen Talente mit der Realität befand ©. während des erſten wunberlidy be- 
wegten Jahrzehnets in Weimar (1775 — 1786), wo er 1776 Legationsrath wit 
Sit u. Stimme im Geheimrathscolleglum, 1779 wirklicher Geheimerrath, 1782 
Kammerpraͤſident und geadelt wurde. Hier lernte er, daß „nur das Leben ben 
Mann madye”, daß ein „Talent fi) in der Stille, ein Charakter aber ſich nur 
im Gtrome der Zeit bilde”; hier fand er in Allem bebeutfame Förderniß in Gha- 
ralter u. Berfönlichkeit, u. es if anal gegründet, was Biele m ‚daß 
fein Genius an die flatterhafte Eitelkeit und Aeußerlichkeit eines inbaltiojen 

Hof: u. Weltlebend verrathen habe. „Merd u. Mehre*, fchreibt er, „beurth 
meinen Zufand ganz falfch; fie fehen nur das, was ich aufopfere, nicht, was 
th gawinne, u. fte Können nicht begreifen, daß ich täglich reicher werde, indem 
ich täglich fo viel hingebe.“ Raftlo arbeitete er hier im Stillen an ſich, an 
ſeinen Innern, ſchitt voran in naturwifienfchaftliden und Kunſtſtudien und, 
was mehr if, in Welt- u. Menſchenkenntniß. Der Zwang einer anſpruchsvollen 
Wirl ichkeit zügelte allmälig die Ueberfchwenglichkeit jugendlicher le und 
Phantaſten, und führte fie auf das Maß der Sitte zurüd. Die Erlebniffe in 
Weimar lieferten die gehaltvollſten Elemente zu den herrlichen Werken, bie bald 
folgten; jo, dieſe (Egmont, W. Meier, Iphigenie, Taflo) wurben in biefer 
Zelt theils benennen. theils weiter En Dabei darf nicht vergefien werben, 
welch wohlthätigen Einfluß er auf Anficht u. Wirken des Herzogs übte, wie er 
im Kreife edler Freunde (Herder, Wieland, Einftenel, Knebel) uuh Kreunktusen 
(befo::der6 ber Herzoginnen Amalie u. Louiſe, ferner Korana Stier un». 





. 894 Goͤthe. 
gefördert Anftalten: durch 
— —* ger er in — * a 
ENDETE 
ak Singen, x Korn x drem hierher „Ras, „dery und Mc 


H 


ifcherin", „Scheng, I — Gefpoifer” ATI), 
au der Gap ante I * Gipenor“, „Briefe aus 
—* weiz· ar Rn * aoge ee var. — &o vielſah 
53* a das Leben in Meimar 1 a war, fh 
wäre Doc Berharren in demi —A lich m 


* u ie, ee 58 di ee Sach der Laft Des 
faft erliegenben, Geiftes bur je Reife na 
Rem 
en. er Unbefar 
5 ale und feiner — — ner. a hingebend, fühlte er fich beim 
— er ehe ——— —— — 
Ye einchern i Ti — 
en blieben nicht aus; bier in Rom hat der Dichter 
übereinftimmend mit ſich felbft, glüdlich u. Sneak — 
ex ben titanifchen ne entfagen u. die reinen Geftalten des 
llebgewinnen lernen. 1 dep nicht bloß; —* Ds in der — un 
—* te, nicht nur bie Werke der Kunſt, Ruinen alter Ba: 
u ganz befonders die Natur, „dieſes — Buch, das auf ıf allen Fra 


* 


bietet.“ Gr bei die 
Ai den ini ließ fh. von ee v a führen u. beiehren, 
r Neapel, Fatermo Sartı — — 8lo boten ihm ihre 
reichen ©: it diefer Reife begann eine neue, wichtige Epoche für 


fein Leben, wie Re fein Dichten. Die fittliche Stapel, rubend auf den Eäula 
der Ratur u. Kunft, ttat jeht entjchieden ald Religion an die Stelle des bibli; 
ſchen Ehriftenthums; Schiller, der — * Cultus äfthetifcher Weliau⸗ 
felumg huldigie, ſchloß fih an ©. an. Als nächſte Früchte ver italtenifhen 
eiſe haben wir Spbigente (1787), Egmont (1788), Taflo (1790), Bat m ud 
W. Meifter (1794—96) zu betrachten, Diefe Were hatten den Dichter bi 
u, feine Freuden u. Leiden mit ihm freundlich getheilt. In der — 
mit der Urpflanze genoß er die ſchoͤnſten Augenblicke feines Lebens; er minmete da 
„Metamorphofe der Pflanzen“ die angelegentlichfle Aufmerffamkit u, fuchte das 
Menſchliche an die Natur zu Enüpfen, In Iphigente, diefem „Schmergenstinde”, 
das den Dichter „unterhalten u. aufgehalten, berät, t u. gequält“, Dont vd 
der Taffo „das meifte u. befteHerzblut“ von ihm in fi 4 aufgenommen, feiert 
Gentus des Dichters zuerft und auf glänzende Weife den ſchwer errum; — 
der freien Kunſt über das daͤmouiſche Drängen a Na: 4 5 
Berföhnung zwifchen der freien Idee und der reinen Schönheit der Form. 
diefem Gedichte, das, als Symbol der Berföhnung. der Barbarei u. en, da 
Alterthums u, der neuen Zeit, der äußeren Welt u. des inneren Menfchen, der 
Rothwendigleit u, fittlichen Freiheit, vor uns fteht, fühnen weibliche Befonnenbeit, 
religtiöfe Din ‚ebung und Findliche Wahrheit dasjenige, 2 * Mangel an 
Mäpigun Üpeiotet und Gebuld verbrochen worden. iR eine. teine, 
gr, f Wint Seele, ein wahres Ideal der ſchoͤnen al * I ganyr 
Em in duldender die vertrauendem Glauben u. fefter Hoffnung befteht. Uns 
mittelbar nach — erſchien der ſchon 1775 in Frankfurt begonnene, nicht 
zomantifche, FR! fto: ae fondern idealmenſchliche Egmont, der jedoch nicht 
Fr einem Guße if. mont {ft ein edler, Beiterer 3 R — voll Vertrauen auf 
fich ſelbſt, Freund ver — WB weh Redied . Va eon Anlage, Wydhue vo, 


Z 


Gothe. 05 


ntafte ſich bewegend, mit Lu an der Gegenwart lebend, dem „bie Sonne 
: nicht ſcheint, um das zu überlegen, I; geftern war.“ Liebe u. Freiheit 
ihm gleich fehr Bebürfniß, und beide erfcheinen ihm am Ende in dem, von 
ler u. 9. mit Unrecht getabelten, verflärenden Traumbilnes die Freiheit in 
Seftalt des durch die Liebe verebelten, [&tmärmerifepen Klaͤrchens, deren LAebe 
Dichter mehr „In den Begriff der Vollklommenheit des Geliebten”, deren 
üden er mehr „in den Genuß des Unbegreiflidyen, daß diefer Mann ihr ans 
:e, al8 in die Sinnlichkeit“ ſetzte. Taſſo war bereitö gehn Jahre früher ange 
n u. in Proſa vollendet worden; aber der eigentliche Abſchluß, die höhere 
ve, ſollte ihm erſt durch die italieniſche Reife werben. Als der Dichter nady 
: Rüdkunft aus Sicilien, wohin Tafio ihn begleitet, von Rom Abſchied 
i, da war es Taſſo, dem er „all die füße Dual* überliefeste, woraus in 
duſt⸗ u. Pradytgärten von Florenz die Stellen entflanden, die ald Zeugen 
: damaligen Gefühle gelten können. Erf nach der Rückkehr des Dichters 
3 fi) das Ganze in Belvedere bei Weimar ab. Dadurch, daß in Taſſo 
Subjekt in feinem yerfönlichivenlen Freiheitskriege dargeftellt ift, ſteht das 
te mit Werther, Goͤtz, Egmont und Fauſt auf demfelben Grunde; nur bie 
ältniffe u. Standpunkte find verfchienen. Wenn im Werther die Selbflüber- 
tg des Subjekt ſich durch den ganzen arang gemüthlicher Abftraftion dem 
te der Wirklichkeit entgegenftellt; wenn Gotz Staat u. Geſetz in feine Perſon 
1; wenn Sgmont das freie Spiel feiner Phantafie, der Macht der umgeben 
Inge zum Trotze, behauptet: fo foll im Taſſo die Genialität des Dichters 
das Prinzip ver Wirklichkeit, ald die unbedingte Berechtigung, zur Geltung 
ht werden. Zum Grunde liegt ein eigenes Lebensſtadium des “Dichters, in 
em ihm wohl der Begenfah aufn Dichtung u. Hofleben, zwifchen dem 
m u. Staatömanne, zwilchen genialer Freiheit u. objektiver ränfung, 
ſenug zum lebendigen Grlebnifje geworden war. Aber hier, wie in andern 
igniſſen, iſt die perfönlidhe Beziehung des Dichters zur Allgemeinheit ver 
erhoben. ©. hat, wie in feinem Leben, fo auch im Taſſo gleichfam bie 
ektik des Streites zwiſchen Dichter u. Weltmann u. feiner Berfönung durchs 
rt, in diefem Prozeſſe aber auch zugleich den der Läuterung der fubjeltiven 
snlichkett durch das Geſetz und Recht der gefellichaftlichen Sitte angefellt. 
müg darauf hingebeutet werben, daß der Dichter, ohne feinen Genius ver 
aeichelet zu opfern, in Ferrara Weimar zu idealer Anfchauung gebracht und 
nem edeln Fürften für al das Schöne den finnigften Dank abgeflaitet hat. 
ve Werke G.s aus diefer Zeit (Bürgergeneral 1793, die Wufgeregten 1793, 
haltung deutſcher Ausgewanderter 1793 (95), Groß⸗Cophia 1789 (92), 
ke Fuchs) find aus feinem Berhältniffe zur franzöſtſchen Revolution hervor: 
ıgen, die feiner ganzen Natur widerſtand, da er das ruhig Yortfchreitenve, 
das newaltfam Umflürzende, liebte u. „ein für allemgl am Befichenven hielt, 
efien Verbeſſerung, Belebung u. Richtung zum Sinnigen, Berftändigen, er 
Leben lange bewußt u. unbewußt gewirkt hatte.“ &. wollte oder Eonnte bie 
'e, das Ungeheuere jener Staatsumwälzung nicht begreifen und ergab fidy 
“ einer diefelbe belächelnden Behaglichkeit. Am gelungenfien u. am einfluß- 
ten für die deutfche Literatur find die „Unterhaltungen deutfcher Ausgewan⸗ 
«, da die deutfche Rovelle fich zunächſt an diefelben anfnüpft. In diefe 
zehören noch die „römifchen Elegien“ und die „venetianifchen Epigrammen“ ; 
an WB. Meeifler und an der Farbenlehre arbeitete ©. weiter u. Heferte „die 
ben Beiträge." — Mit dem Jahre 1794 begann für ©. durdy Die nähere 
antſchaft mit Schiller eine neue Epoche. Beide flanden ihrer ganzen Rich⸗ 
nach (bei G. Objektivität, empirtfche Realität, Naturfympathie, erlangte 
windung der Fraftgentaliichen Periode, bei Edy. abftrafte Subjektivträt, phi⸗ 
hiſche Idealitaͤt, noch fortgeſetztes en in der aftergenialifchen Frei⸗ 
yerlode) längere Zeit wie abftoßende Pole gegen einander. Die Metamors 
ber DBflanzge, ein Gelpräd über die Kunk, Ye Qeramdrake er Kusten 


u Goͤthe. 


Stein) förderte und gefoͤrdert ward; wie wichtige Anſtalten durch ihn gegründet 
ober verbeſſert wurden (Jena); wie er in feinen —*5 en mit den 
Groͤßten und Edelſten wetteiferte. Wichtig find aus biefer einige Inrifche 
Gerichte, „Hand Sachs“, „die Seefahrt”, „Harzreiſe im Winter”, „meine 
Bättin“, „das Göttliche“ ıc. Noch gehören hierher „Lila“, „Jery und MWätely“, 
„Fiſcherin“, „Scherz, Liſt und Rache* (1785), „die Geſchwiſter“ (1776 
„Triumph der Empfindfamkeit* (1777), „die Bögel“, „Elpenor“, „ aus 
der Schweiz“, wohin er 1779 mit dem Herzoge gerelöt war. — So vielfach 
wohlthätig ‚ferdemb das Leben in Weimar für des Dichters Bilb war, fo 
wäre doch längeres Verharren in demfelben wahrfcheinlid, na ewor⸗ 
den. Das fühlte ©. ſelbſt u. er rettete die Freiheit ſeines, der Laſt des 
muß faft erliegenden, Geiſtes durch eine Reife nach Itallen (September 1786— 
April 1788), getrieben von Sehnſucht nach der Kunft, „der würbigften Aut 
Iegerin der Ratur”, die ihm augleic ald „bie Bermittlerin des Unaus ſprech⸗ 
lichen“ erſchien. Mit kindlicher Unbefangenheit ven Eindrücken des fchönen füb⸗ 
lichen Landes und feiner froͤhlichen Bewohner ſich hingebend, fühlte er ſich beim 
——A in * A fein neh om , a alten el u 
eprüft „ er hohen Schule der Welt” u. hoffte, daß die mora 
—* — erweiterten Weltlebens nach ſeiner Ruͤckkehr nicht ausbleiben — 5 
fe blieben nicht aus; hier in Rom bat der Dichter ſich felbft er gefunden, bier 
ft er übereinftimmend mit ſich ſelbſt, glüdlich u. vernünftig getvorden; bier * 
er den titaniſchen suftgebilben entfagen u. die reinen Geſtalten des Menſ 
liebgewinnen lernen. genoß nidyt bloß; er lebte in der Anſchauung, er yrüfle, 
ſtudirte, nicht nur die Werke der Kun, die Ruinen alter Bau ‚, fonbern 
audy u. ganz befonders die Natur, „dieſes einzige Buch, das auf allen Blättern 
großen Gehalt bietet.” Gr befuchte die reihen Mufeen u. Gallerien, werfehrte 
mit den Künftlern, ließ fi) von Tifchbein, Kniep u. Hadert führen u. beichren 
Rom, Neapel, Palermo, Segeft, Girgent, Benebig, Sloren, boten ihm ihre 
zeichen Schäge. Mit diefer Reife begann für ©. eine neue, wid 
fein Leben, wie für fein Dichten. Die fittlihe Schönhelt, ruhend auf den Gäulen 
der Ratur u. Kunft, trat jetzt entſchieden als Religion an bie Stelle des bibli⸗ 
chen Chriſtenthums; Schiller, der gleichfam einem Cultus Afthetif | 
jefung bulbigte, ſchloß ih an ©. an. Ws n ttalientfchen 
Reife haben wir Iphigenie (1787), Egmont (1788), Tafio (1790), Fauſt und 
W. Meifter (1794—96) zu betrachten. Diefe Werke hatten den Dichter bealeitet 
u. feine Freuden u. Leiden mit ibm freundlich getheilt. In der Beſch 
mit der Urpflanze genoß er die Ichönfen Augenblide feine Lebens; er widmete ber 
Metamorphofe der Pflanzen“ die angelegentlichfte Aufmerkſamkeit u. ſuchte das 
Menichliche an die Ratur zu Tnüpfen. In Iphigenie, diefem „Schmerzenslinde“, 
das den Dichter „unterhalten u. aufgehalten, beſchaͤftigt u. gequält", das, wie 
der Taffo „das meifte u. beſte Herzblut” von ihm in fidy aufgenommen, feiert ber 
Genius des Dichters zuerfi und auf glänzende Weiſe den ſchwer errun 7784 
der freien Kunſt über das damoniſche Drängen originaler Ratirtichfeit b 
Berfühnung zwiſchen der freien Idee und der reinen Schönheit der Form. Im 
diefem Gedichte, das, als Symbol der Berfühnung, der Barbarei u. Eitte, des 
Alterthums u. der neuen Zeit, der Äußeren Welt u. des inneren Menſchen, ber 
Nothwendigkeit u. fittlichen Freiheit, vor uns fleht, fühnen weibliche Befonnenbeit, 
religiöfe Dingebung und kindliche Wahrheit dasjenige, was durch Mangel an 
Maͤßigung, Weisheit und Geduld verbrodyen worden, Iphigenie iſt eine reine, 
goßer fhöne Seele, ein wahres Ideal der fchönen Bäbtlcfeit, deren ganzer 
Inn in duldender Liebe, vertrauendem Glauben u. fefter Hoffnung befteht. Ans 
mittelbar nad) Spbigente erichien der ſchon 1775 in Frankfurt begonnene, nicht 
somantifche, nicht hiftorifche, fondern idealmenſchliche Egmont, ber jedoch nicht 
aus einem Buße If. Egmont If ein edler, heiterer Ritter, voll Bertrauen auf 


“Rich ſelbſt, Freund ver Wahrheit und bed Rechtes, in dem fonnigen Gebiete der 


* 


' 


u 
ber il 
—— — welches "der Dice — laſſen — I — 
un FA dieſes eufeitigen A ens iR, nach des Siam le 
anſch anung, die Funk. Mer bite iſt nur der Anlehnungspunkt, 
—* —— — u machen und —ãA 
eit, deren Strebungen 4 Richtungen er darſtellt. 


ion u. Staat, Bürger um u. Mochvefeng 
—— * Fi 


in die ſtille — ein ihr —— IN Berner u 

blden hat dem Gigenihümlichen ver —— damaligen Geiſtesrichtung im 

te cher —— —— F —e an —— —— zufammen. 

der epiſchen Idy „Dermann uße unmittelbarer 

‚ Rat | G. E Keen, tar: e zur —— Bewegung der 

Idee u, Haltın webten im © oſſens Luiſe u. Homers Odyſ⸗ 

— Fr bar u. b — ee , nt babe bie de 
Gharaftere, pi a e 

des Reinmenfchlichen. Ehe u. Ka witte bilden itden ven Kern des fittlicyen 








Gothe. 
haltniffen 























Ei — 
is 
jr 









Bür d Bürgertugend die Träger der Geflttu 
Sn ar En Benin 
| e Louiſe 
von BourbensGonti, einer —— 7 ter des von nit. rubende, 


von Bielen verlannte und falfch —— * „pie natürliche Tochter“ 

' 1809, Hermann u. Dorothea an die Seite. Wir ſchen "hier, wie durch Zwiſt 

der Großen, durch Factionen, durch Bernichtung der Woralität und gemalt 

' tigeb.Walten der Grant in Werberben, der ruhige Bürger in Ungläd geräth, x. 

daß nur 1, wo alle Stände in ame © wo rt und Unterihan m 
- ® wo 


. „fh 
Alles, nche6 über bie fr d 
u. deren Folgen gefi eben a = grad ka —* Dh 
dichte. bedeutende für Deutfehlanb befonbers Binkthe Kata — ke ut fü 
Ei oben a htm ein neuer Wendepunkt ein. —* 
Fraͤulein Bulpius, mit F er [don 1 lan e Belt in vertranter ae 
den d. de 





u. zog liche re eſchlo — 
d t at 
o n e gte m 
—— den Xenien, in vielen I Er⸗ 
im 25 en! FA a , Bilden Divan * rd luß 


ung ſtellen Ieh “ (1809) dar, mit welchem 
Berk wry der —— — nach G.s probuetiue igfelt im Großen ſchloß, fo 
wie der — — m von „Wahrheit un tung“ (1811—22). Die 
als unſittlich get Iverwandtichaften ” die „feinen Zug enthalten, ber 
nicht erfahren erben.“ die poetiſches Zuen ie ablegen von der Krifis in 
Gemütbe u. Lebensftande des Dihtere, ſuch Idee zu veranſchaulichen, * 
der Menſch bei aller Freiheit ſeiner — doch der Naturnothwendigl 
unterworfen bleibe u. daß er, wenn er ſich einmal der letzteren nern eine 
Sreideit nur durch die Aufopferung feiner individuellen Natur retten Tönne. Erf 
den Rechten ne daftlicher Pr te eigenfinnig widerſtrebend, dann, 
ale es p ſpaͤt, ſich ihnen, dem Gebote ſitt Freiheit zuwider, übergebend, vers 
Iieren die Hauptperfonen des nicht für di — Jugend gef riebenen Romane 
en fidheren Halt des Lebens u. gerathen von der redyten n ab in die Irr⸗ 
sin egoiRlicher Selbſtliebe, und aus Sittliche kann feinen Ixrbauıyk 
auf ben en ihres Daſeyns. Der „werdfliäy Divan' ARD as a 
——— — IV. 


898 . Goͤthe. 


je nachfolgende eier Einfluß geworden (4. B. Rüderts öfliche Rofe), 
—— Entfteh. en nn Ka Ab der! damals 1181 tiefbeinegs 
den lan in in elle zu flüchten. Der Gedanke zu — 
AB2I zuerft erfchtenen, 1829 Ken) 1) befchäftigte ©. (den non Zahre früher, 
Das Werk,‘eine Art Kanon der Bi ogik enthaltend, di 
neren Organkfation der Geſellſchaft J em on — 


tigteit und wohlorganifitter Arbeit, fo wie eg 
Etänbe dur) Hinlängliche — Kumanct Bllung Yarpeenb, ber 
dernen Eommunismus, En ohne den — mus vorahnen 

u. in dunkelm Vorbilde hinfteliend, iſt mehr in Ein; —— als im Ganzen 


ganzen Lebens. Er verfuhr bei dieſen Stu! 
objectiv: er wollte mur an nee. 
Denken iR Anfdauen, fein Anfdpauen Denfen.“ Ueberall frebt er aus hm 
Einzelnen gemeinen. Die Dfteologie (4. B. das os 
die amt" (ofen der ine ER —— verdanken ihm 
wenn dieß auch, namentlidy im Be — Farbenlehte (die ihm eine % 
bensaufgabe war, am die er viel Reif —— follte, ohne 
ube daran zu erleben) ,, von Mandyen nicht anerfannt wird. Die 
‚abe ver HN das Refultat einer achtzehnjährigen 
an — — — ee el erſchien — Das 
ni egen Newton jem Phyſilern 
—— 


as 
lungen, — Das —— Gebiet während 
„Eh 


It 


P 
* 


* 
— Aeene iR im Fauſt zul gebildet. Die Eu 
nen fallen in das Jahr u 93 "enfte Gran ment —— et im 3 on 
erſchien der fogenonnte etſte ber anche Theil wurde in den Jahren 18% 
bis 1831 gearbeitet; se im (im 2. Theile) hatte er ſchon in ber — 
führung von Franffurt m dh Weimar genommen, zum ——— tam f 
u. dleſch 


41826. Durch das Banye — poetifchen —E— ht 
Grundidee, der Kampf der Idee gegen den Andrang des weltlichen Reatleun 
das Streben des Wifjens mit va eben zu werföhnen, Der erfte —— ſtellt de 
emporſtrebende, ber zweite die abſinkende Hälfte des ——— vor Augen; 
darum gehdeen beide Theile zufammen, wenn man fi) auch mit dem frifdhen wm 
ſten Thelle mehr befreunden wird, als mit dem allegoriichen zweiten. „Baufle Ein 
takter auf der Höhe, wohin die neue Ausbildung aus dem alten rohen Boll 
mährchen denfelben hervorgehoben hat, ſtellt einen Mann dar, welcher, in den al 

jemeinen Erdenſchranken ſich ungeduldig und unbehaglich fühlend, den Befig det 
Kal Wiſſens, den Genuß der fhönften Güter für — achtet, 

ehnſucht auch nur im mindeſten zu befriedigen; einen Geiſt, welcher, 

ſich nach allen Seiten hinwendend, immer unglüdlicher zurüdehrt.* C®., Kun 
u. Altertbum 6,200). In Fauft iſt des. Dichters ** Reben zur 

jſeklommen, ganz befonders aber bie Epoche des früheren Drange F der 
MM ſeines Kampfes mit der religlöfen Sal, mit den alten hrwimformen; mit 
der pedantiſchen Gelehrfamfeit, fein Herumtreiben in — — 
Be Phantaften und Berfuchen, fein Hinnefgen zur Natur fammt ben Ir 

aftlichen Bewegungen in feinem Herzen und Gemüthe und dem atmen 
Hirten in die finnliche Welt, — G. der 1815 Weimariſcher Staa 

ter geworden war, 4818 bie Theatergefchäfte ganz —— hatte, ftarb 2. 
März 1832 in Weimar, wo fein Leichnam in der fürftlichen Gruft ruht. — Um 
ihn, deſſen Ziel e8 war, „ven Menſchen das Herrliche eines wahren und edein 
Dafeynd zum Gefühle zu bringen,“ bewegt ſich unfere ganze neuere Literatur feit 
2effing. In ihm fand ſich mit dem Reichthume angeborener Begabung bie nach⸗ 
ger te Bildfamfeit und der regſte Eifer des Lernens und Grfahrens verbunden. 

eine Geftalt war der Ausdrud einer vollen Perfönlichkeit, (die ſogar Napoleon 
anerfennen. mußte, al ex bei (einem arten Anbliie auttuät Nana Wu m 


al, 
Gothe. u 
hommeN) u. in biefer Perſonlichkeit hat das die Würde der eit 
wit der Reben6reif * an J Be. * vereint. Die 38 
eines ganzen Weſens war das gläeti Verhaͤliniß zwiſchen Geiſt —X Der 
a H "Berkant, eh von Grnf n. H ——ã— ah Er —8 N * 
alt zu geben, mit theor 
Allgeneinheiten o wollte fee ale SE Urlehe“ beften rn 
Wahrheit find die Lirträger feines gefammten Etrebene n. a —* Beh 
zen, das fl — darin Fr „daß man überall das Gute zu finden u. zu 
en nigſt verbunden. Um die Bermählung der Natur 
mt ver. Beirhet lag eat e, herzliche Menſchenliebe das freundlichſte u. 
eſte Band. In Bezug auf bie ‚ deren Brundlagen ihm Ratur u, Menfchens 
Bas, wolle er len e oR 1088.) „als einem  Broichanten, die Frei⸗ 
beit erhalten, fein «6 Innere aim © eang anf irgend eine befkimmte Religion 
zefigide zu a. In der Ratur fand er das nächſte Evangelium für das 
Berürfniß des glaubenden — er ſah Bott in ver Natur und die Ratur in 
Gott; er hannte Ss darum „ —— —— Was A. Müller G. in Be 
zug auf ſeine en een oo vorgeworfen, daß „bie Allgegenwart bes Ehritentbume in 
der. Geſchichte geworfen der Boefle und oſo ihm nerbo en ge 
—— faßt die Vorwuͤrfe zuſammen, die Nr von Roy ie auf 
en Frommg madht worden find, Demuth u. Ehrfurcht find fh 
Elemente jener Achten N Religlon; bie fetnfge aber {ft eine, auf dem 
bed, Ghrifenthums don ihm aufgebaute, pantheiftfche Weitanfdht, In weldyer Die einig 
fehafende Macht der Natur durch Die Biche Liebe verktärt erſcheint. — Kür vie eigentliche 
Wurzel der Sittlichkeit hielt er die Selbffenntniß, die er jedoch nicht ſowohl auf 
Dem Wege abftcatter Beiracdhtung, als auf dem des Sanbetß. fu * een Ei 
anderer, wohl der Hauptgrundzug [einen Weſens, war pie Lebe 
uweiche Iehiene ja audy, neben der Liche, den Kauf reitet. — idee 
N 
* 




















aber nicht bloß nad) Hufen, —— 
geiäte. Da die höchke "Bildung nur nur in der reinen En 
chen auerlannte, fo fand er ſich vorzüglich auf das — * Is 

Der weltlichen Gegenwart angewieien. Darum fagt er zu Edermann: int Make 
an Tiny der 4* hier etwas Ordentli zu ſeyn 3 * * —*— taͤglich 
aͤmpfen und zu wirken hat, läßt . lnftige — at beruhen un» If 
u. nuͤtzlich in dieſer.“ In 'biefer Hingeung an die ame wart war er ans 
— td. — Bel G.6 Streben, ſich Welt mit ui —* objehboer Thäs 
get —* u. bei ſeiner Gem humlichkeit, das der Anſchauung 
flets haben, konnte eine Cam —E Nichtung eben ſo 
wenig, ir ein Fr 8 u. innigeres Befreunden mit der Geſchichte, Platz finden. — 
Als Dichter wollte G. durch das Wusfprechen feines inneren Anſchauens den 
Zefer in das volle Bewußtfeyn der Welt felbft verſetzen; darum wird Die Moral 
und Religion immer an ihm, wie an der Welt, Manches zu taveln finden. “Den 
Ritlieren Standpunkt Für die. Beurtheilung poctifcher Werke lehnt er entſchieden 
Er war ein Feind aller Tenvenzprobuftionen, was ihm die neueften Upoſtel 
polttifcyen Borfle ganz befonvers übel nahmen. Gene Dichtung neigt no 

—æe ſ der Lyrik und Epik zu, in denen er dad Gemuͤth zur ofen, vo 


8 





Tommenften Gegenwart am beften herausbilden Konnte. In der Zeichnung von 


Charakteren gelingen ibm die männlichen beffer, als die weiblichen. Alle Anne 
lichen Hauptcharaftere in feinen verſchiedenen Werken leiden am Mangel yoflıiver 
—— — u. tiefgreifender Energie. Dagegen find die weiblichen Figuren in 
ihrer Sphäre u. unter dem Prinzip reiner Weblichkeit zu objektivſter Vollendung 
geftaltet und in großer Mannigfa Iigteit gezeichnet. Alle Selten nnd Stufen ber 
Srauenwelt, vie ftille Sunigtelt, e das euer der Leivenfchaft; die Herzens» 
freudigkeit, wie der Ernſt tragiicher Bertiefuma ; die Hingebung, wie Ent Hagung; 
das Heiligthum der Seele, wie coquette Weltluſt; Are we Nr rom vr 

©tinde u. Bildung, von ber Ralsukt ded Bürgertum AS wo rn vr. 


90 Götterfpeife — Göttingen, 


tte mit unm heit u. er Idealltät, zugleich in da 
Ya apeslhn men ee ie meine 
dung feiner Sprache braucht nur hingewiejen zu werden. — &.8 4 
nen in vielen, vollfländigen und unvol Ausgaben, zuerſt Berlin 
2 Bde.; 2, Aufl, daſ 171;3. Aufl, daf. 1779, 4 Bode, Schrii 4—4 Ba, 
2p4. 1787;,5 De, ee 6-8 Bb. daf. 1790, diefe 8 dann 3 
— in 4 Bon. Neue Schriften, Berlin 1792 7 


v5 


Fr 


bingen. 1806—10, 13 a 1817—18, 8 Bbe.; u 
2pj. 1818—19, 20 Bde; Wien und. Stuttgart 1816—22, 
Ausgabe gr Hand, Stuttgart 1827—34, 55 Boe. d 
bände ald Nachlaß. Poetiſche und proſaiſche Schriften, 
Lerifonformatz 2, Auflage 1846. Neuefte Aufl. in 40 
—5 von E. voas Lpy. 1841, 3 Thle, Briefe u. Aufſäte 
1766—86, Herausgegeben von A. Schoͤll, Weimar 1846, ©.8 
Serausgegeben von &, Tieck, Berl. 1844. Gedit 4 
fl. . — Die Aufführung. aller, Einzel von ©. 
einem. förmlichen Bücherfataloge gleichen, webl 
ehen Fönnen. — Weber ©, felbft haben wir eine ſehr reiche 
Berfaflern von eigentlichen. Literaturgefchichten:  Jörbens, 
Mechler, — ‚Koberftein, Menzel, Schaller, Stöber, Kel 
Bohr, Bllmar, Schäfer, Gervinus, Hillebrand u. A. iſt die 
‚Hilebrand die befte. Sonft ſind no — Barnhagen, 
el, Tied, Solger, Wahsmuth (Weimars Mufenhof, Berl. 1844), 
er Dichterbund, 1841), Schlofier (Gefdh. des 18, Jahtb.), 
Zuftände u. Zeitgenofien , @pı. 1838), Erna (bramı Charaktere, 
1844, —— zur Philoſophle oder Kunſth, © que 
©., Breolau 1818, 2. Aufl, 1820), Grtermann (Gefprähe), 2py. 1836, 
mburg 1825, Riemer, Mittheilungen über G, Berlin 1841, 2 Bde. 
legte literarifche Thätigfeit, Jena 1832, 5 v. Müller, ©. in 
tifchen Wirffamtelt, Weimar 1832. Derfelde, ®, in feiner ethiſchen 
lichfeit, daf. 1832. Zauper, Studien über G., Wien 1840. Denzel 
Spinozismus, Hamb, 1843. G. zu defien näherem Berftändniß, v. Carus, 
1843. Schwend, Gis Werke, Frankf. 1845. Elemens über ©. ald N 
1841. Döring, Weimar 1826. Goͤſchel 1834 f., 3_ Bde. Gupfow 1836. 
ind, Lpz: 1828. Ancillon (zur Bermittelung der Extreme). Falt, Leipzig 18%. 
Ulrici Cüber Shaleſpeare's dramatifche Kunft u. fein Verhältnis zu Galderon un 
Göthe, Halle 1839). Deuper (©. ais Dramatiker, Lpz. 1837). Span (®. ut 
Kane, Wien 1821). Rehberg (G. u. fein Jahrhundert, Jena 1835). Rofenfrm 
G. u. f. Werke, Königsb. 1847.) * 
Götterfpeife, ſ. Ambrofia. 
Göttingen, Stadt an der Leine und Stk einer hochberühmten Umiverfität, 
im Königreihe Hannover, Landdroſtei Hildesheim, zeichnet fidy durch die Rein 
lichfeit feiner meiftens breiten u. geraden Strafen, ſowie durch fchöne Anlagn 
auf den Wällen und vor ben zhoren aus. Man unterfheivet die Mltkadt, 
die Neuftadt u. die Mafch. Im Ganzen hat ©. fünf Thore, fünf lutheriſch 
Pfartkirchen, eine reformirte und eine katholiſche Kirche. Die Zierde u. zugleih 
die Hauptnahrungequelle der Stadt iſt die von Georg IL 1734 gegründete und 
1737 eingeweihte Univerfität, Georgia Augusta genannt. Diefe Anftalt erlitt 
indeß eine fühlbare Störung in Folge des Patentes vom 5. Juli 1837, durch 
welches Ernft I. das Staaisgrundgeſetz von 1833 für aufgehoben erflärte. Die 
Ptofeſſoren Dahlmann, Wilhelm und Jakob Grimm, Gervinus, Ewald, Weber 
und Albrecht erklärten, daß fie den neuen Huldigungseld nicht leiften Fönnten u. 
würden, und mußten defwegen das Land verlaffen. Bon dem Schlage, welcher 
®. durch die Vertreibung der Sieben traf, hat es fidy bis — je Tag 
nicht gany erholt, wenn son 8 n0d Immer eine der alten 
lands if. Die Zahl der Stubirnden, früher an RN vätgenn, Namens 


82} 
an 
Ei 


. 

r ” 
— 
jet 


nn 


& 


— 


€ 


Böttweis—Gögendienf, 9 


zwifchen 600 u. 800, „are ——— ſtchenden, vor 
Bi enden @e bäube und Bildungsinkitute ſind: Die Ile 0 Der bes Ye 
—— ude, 1837 feierlich eröffnet; die Sternwarte, das liche Rus 
weiches in 14 Sähten die avologlichen, —— (hen unb nkanarkiihen 
Sad, ‚ee eine Heine Gemäldefammlung u. das. phuftalifche Kabiıtet enthält; 
iblioihek, vie gegemoärte über 300,000 Bände und an 5000 Handfchriften 
und auch eine werthvolle Kupferſti * Muͤnz und Landkartenſammlung um⸗ 
* das chemiſche Laboratorium; das anatomiſche Theaters das medi 
Klinikum; der botaniſche Garten; die konigliche *8fRen feat, 
1751 Pr das he u. das homiletiſche Seminar. —— der U 
auch noch viele andere Unterrichtsanſtalten, dann Gallen 
—* fur ia Zub, ——— 
eine ur ) ‚ &irur u. mathemati mente ıc. 
Beſonders da werben die ſch j chmackhaften Gottinger Rauchwürſte. — Die Ger 
end um b 
en 


t Der t des *5 der ſchoͤnſten und 
ah, oe wegen a en der e ſchoͤnſten und an⸗ 
hns Anlagen 3* 





de hie der Stadi finds‘ 
eben , Rohe, de Dörr Wernde, Grohnde, Geis; 





mar, Ranhauſen, M die Ruinen — berg, u. die 
— nn ta — 
en von 
Serie. "Di: —— Sn: Ver Wen And der Delannte Nafruke 
a. e en 

ne 8. — 1881 And die chon erwähnte Ausweiſung ber fieben en 

Me Göttweis, ‚Benebiftinerabtei in Niederd Pe die Hügelreihe hinter 

onen eberragen baut ®. von einem bet m Spt * der vorbei⸗ 
—— * nm einer “ Veſte gleichend, in ve 

nz herab. von Paſſaun, * 1072 —* Klofer. Die 

jetzige Schaltung verbant a dem Abte al el . (dose a 170 ve fur; vor⸗ 

ber abgebrannten Ge Alat war es 





Chronleon Gottvi fein An — * —— —5— vs hen Ä 

conse« 7 

I, 1000 Bänden ße Ste hr —— ss —— * 

3 phy d., au 

tens, Raturalien- u. Kupferſtichſammlung. Der reichen Einkünfte wegen beibt ©. 
km Munde 28 Bolles „ber ende Pfenning.“ 

a Se Johann Ritolane, eo, 9. Juli 1721 zu Worms, Sohn — 

—— in $ Fu 1747 Genprenkger, 1761 r —A tee 

or et, arrer erbur 

ehent ıı Rider, u. hr 6-4, 1781. &. we 

Ipe * ein em er zarten we lteber, ein ſpra asanbter 

Dichter im nahen A 3 — Liede. . H. Voß: Briefe ®. u. 

Ranıler, * ae 6 ee herans, Mannheim 1785, 


3 Bpe. 
& Öke, Snake gun de Bor * Me nr a (l. ) Me 


Im engeren 
anderswo zur 
verbot des mofalfegen 











Goͤtzendienſt. 


So querft die Chamiten, dann bie Japhetiten, endlich die Semluen vn 
wal —— ab, Die erften Spuren des Gre nach der Sundfiuth finden m 
in Mefopotamien bei Thare, dem Bater Abrahams, und bei Laban, dem Bar 
Rachels. Die Anhänger der an Sotteöverehrun 
firne an (Mftrolatrie), wegen ihres wirklichen oder geglaubten Einflufies —V 
fere Erde; fie ſahen die Geifter, welche angeblich De Sterne belebten, für 
Andere beteten die Elemente, namentlich das Feuer am (Sabier),h 
Grundfräfte der Natur erfdhienen, Hatte man den wahren Gm 
verlaffen, fo verließ man dieſe wieder für die B 
die Stelle der Urbider am ‚Himmel traten: und ‚bald mit ia 
ecyfelt wurden, indem fie ald Wohnungen der Gottheiten, ch 


I 
——— 
se. 
Hi 
an 
2 
in 
250 
H 
Er 
EB 


‚ER 
J 
8 
— 
— 
3 


leid) als Planet 
verehrt; eben fo ———— — als Ba 
perung ber Mpylitta gegolten zu haben. Werner wurden Thiere ang betet; Jos 


2 
BT 
2 
= 


= 
3 
a 
F 
& 
: 
£ 
= 
& 
ä 
En 
Fi 
2 
= 
® 
= 
S 
3 
= 
* 
* 


des ein B ' } 
ter der Lügen Joh. 8,44. Ein Bild auf diefe Gräuel das Gefagte 
deutlicher machen. Die heil. Schrift erfennt felbft an, daß unter allem —— 
jenigen die beften fein, welche die Geſtirne oder die Elemente verebrien, indın 
fle doch ſich bemühte, Gott zu ſuchen. Diefer Dienft, der Eabätsmus, 
se Zweifel von Indien ber über Aegypten, Perfien (wo er In feiner 
blieb), Mefopotamten u Babylonien (Cbalväa) nad Kanaan ausgebreitet. 
Aegyptier, tie die Indier u, Aethiopter, hatten den Sterndienft, nämlich den Thin 
freis mit zwölf Sternbildern u. fienen bewegliche Sterne, unter denen Son 
Mond die vornehmf«n waren. Die Sonne erſchien in Oflris und im Seraplı, 
(Sommer: u, Winter-Sonne); ferner in den befonderen Auffaflungen des Man, 
Phtba, u. Knepb), Die IA oder der Mond zeigte ſich ebenfalls im vwerichiermm 
Auffaffungen. Die übrigen fünf Planeten erichienen in folartich männli der u, in 
lunariſch weiblicher Beftalt u. bildeten, nebfl jenen, die zwölf Vorfteber des 3 
diafus; im ihrer vereinigten Doppelform waren fie, nebft Dfiris u. Iſis, die von 
nehmften fieben Planeten; au ihnen fam dann als Welihüter noch ein &. Plant, 
genannt Schmun, das Weltall (der Indras der Jadier). Die ver Sonne fein» 
liche Goitheit war der Typhon, entfprechend dem Moloch. Der Sterndienk da 
Ehaldäer war ungefähr folgendermaßen geordnet. Die 7 Blanıten maren ebenjalt 
ausgezeichnet; mit ihnen wirkten die zwölf Zeichen des Thierlteiſes zufamme, 
denen 36 Genien vorftanden. Ja dem Reiche des Thierkreifes bewegten fich di 
Planeten, welche die Schußgeifter des Zodiaius behirifchten, Unter jenen nabmm 
die Sonne u. der Mond die erfle Stelle ein u. beherrfchten als Bel und Mei, 
auch Gad (dad Glüd) genannt, (Baal u. Aftarte) alle tieferen Regtomen. Anden 
Planetengötter waren: Mpylitta (Venus), Merodach oder Nergal (Mars), Ehiun 
(Saturnus), Nabo (Mercurtus); theſis von unglüdlicher, theils von aweideuriger 
Art, Baal erfcheint meiftens fegensreic in der Sonne u. im Jupiter, zweldeutig ta 
Merkur, vertilgend im Satırm u. im Mars; Aftarte zeigt ſich als Benus u, Erde 
ut, ald Mond zweiveutig, als Rhea oder Durga jerftörend, — Die Aſſyter hatten ebens 
falls den Sterndienft; ihre SPlanetengötter waren: Adramelech u. Anamelech, wohl 
Anaitis (Sonne u. Mond), Resrody (Jupiter), Nergal (in Babylon Merodad) 
Mars; Afima, Nebahaz und Thartak, Götter ver Finfterniß (wiclleicht Priapuss 
Beelphrgor), Merkur (bei den Babylontern Nabo) und Saturnus, — Die gött: 
liche Berehrung des Baal u. der Aſtaite war nicht nur bei den Kanganitern u. 
ben mik ihnen verwandten Phöniziern, fondern auch bei den Babyleniern (Gpal 


Gögendienft. | | 
bäern), fo wie bei den Syrern eine ber vornehmften u. emeinken ötterelen, 
Diefer ©. hat vie Kennzeichen des Dualismus Sen,Sine 38 udier an 
ſich, woher er ſtammt. Baal oder Bel: ie, gie indifche Siva 
oder Iſa; deſſen Gemahlin — —*— —” ——— oder 
Fe Batylon) tft die indiſche N tt oder Dürga. Mit beiden 
find Sonne u. Bond in enger Belebung, ee Be fornohl | N * Erzen⸗ 
gung, als der Zerſtoͤrung, der Geburt, als der Verwe eier 
götter, Der Dienfl beider iſt von Menſchenopfern icher I begleitet, 

— Baalim, die Baale u. Aftarten, weldje — als für beſtehende Bötter ange 
ſehen wurden, waren im Grunde nichts Anderes, als der eine Doppelgdge, dem.man 
nach verſchiedenen Beziehungen u. Erfahrungen befondere Ramen beitegte u. ihn unter 
verſchiedenen Formen anbetete, wie bie indiſchen Siva u. Barwati vielfältige Bes 
nennungen tragen. Gine andere Form des Baal, als Feuergott, war der Moloch 
oder om (König der Zeit), ein Böhe der Kanaaniter, befonderd der Amme⸗ 
niter; der indiſche Siva⸗VBhairawa, oder Giva gepaart mit Türga, dem Dem 
ſchenoy a urn; Der Chiun der Babylonter, der Adracimelech (u. ver 
—— ——5 — er Kinder freffende Kronos oder Saturnus ber Kar⸗ 
wohl auch der — der Aegyptier. — So wie der 
SR he Bolt gr aclhaflem Morde befand, fo u Boden die babyloniſchen 
Sungfrauen ihre Keufchheit der Raturgöttin Mylitta (Warte) Drei, welche übrls 
gene auch mit dem Reich kufamment menhing. Sa, der Dien des Beelphegor der 
oabiter war unnatürliche Pflege der Suh. Dief er Bye entfpricht Dem fchänd« 
—— infenfähets Dir Eiehräget ae 3* "Siehe de ge 
e ott er 
nannten Wirtifel: Aſtarte, Baal u. f. ne * t nun noch einiges über 
die Drte u. über nie Perfonen des 6 zu Pe Frag — Da Baal u. Akarte 
B:rggötter waren, fo verehrte man fle befonbire au wirklichen oder kuͤnſtlichen 
ben (Bamab, Bamoth) u. in Hainen Bäumen (Acherah); dern Sinn⸗ 
bild waren Säulen u. el. Ale dieſe Dre u. Dinge hatten unzüchtige Bestes 
ungen. Für den Geſtirndienſt gab es eine Art Kapelin auf ven Dächern. Indeſſen 
jehite es auch nicht an eigentlichen Tempeln. Unter diefen bemerten wir beſonderd: den 
Tempel des Belus zu Babylon; er bildete eine vieredige Pyramide, ein Stadium 
ins Gevierte enthaltend, hatte acht Abfäge, von denen man nedy drei, wie auch 
Reſte von der Äußeren Ringm auer ficht; im "Innern, wie auf des inne bed Tem 
pels, waren mehre koſtbare Bilpfäulen Beels u. anderer Bögen befindlich, Zu Ba- 
bylon war auch ein Tempel der Mylittaz vor defien Eingang waren 2 hohe Obe⸗ 
liöfen mit gefpaltener Spike; im dunkeln gen war ein Kegel, im Vorder⸗ 
grunde fland ein Altar, auf welchem fein Blut fließen burfte, waren audh 
Befkı- u. Sifchbebälter. Unter dem Dadye nifteten Tauben. Um die Ringmauer 
des Tempels war ein dunfeler Hain gepflanzt. Ein weit berühmtes Heiligthum der 
—— and ſich noch in aRaburg € 8*— im noͤrdlichen Meſopotamien; 











cheinlich aus zwei en —A die innere (Moyton) nur 
den Prieſtern —— war. * G.e war eine große Menge 
VPrießer (Komer, Kemarim) angeſt er een ab es viele Tempeldiener 


von —— Range u. in * ahl, I, wee De e beſonders Fo —5 bei zu 

Dpfern beforgen mußten. Gewöhnlid fanden mit den ber groben 
turgöttin weibliche u. männlidye Geweibte (Kedeſchim, —* J— en 

deren Leben ein fortwährender Graͤueldienſt der Unzucht war; die 5 

warnt vor foldyer Entwürbigung, ohne den Umgang mit ihnen A en 

dern zu Fönnen. Die männlidyen Geweihten waren gewöhnlid) allen (ci- 

naedi); einige derſelben zogen, Almoſen fammelnd, umber, welches fie an vie 

Tempel ab blieferten. foweit fe deſſen nicht ſelbſt bedurften. Dabei verübten fie 

ei widerwärtige Oaufeielen. ri fidy bie auf? 353 a "s 


i en Schwertern 
Be —— 3. ln Kt I he — egugee erinnert — 


Gog Orb. j 
we mit —E* Bezeichnungen 
aͤllen dem Wortlaute zu nehmen A 


Kenebung weiblicher 
—* eu Unipefen. bet — de *5— Ka ie 






















Ciechiel allein ariot die ſch 
Wolluſt u — m aus * nad. 
* de — > les cin 


des Beiruged des 
aven nefehel usgätterel 
ar m —* 
Fürft in dem, von den tn ben & 






n ren Departement a 
Bir ie Si 26 Baylır unterfuchte, wurbe aber, 
Er ee — 
um CZ 
dent eines Eisiktribunats, dann des Goffationehofs;:. 1789 * 





——— ——— — — — wurde aber in der Folge 
7. Rovember im Palais Surembılrg verhaftet u u. en in: Ä 4 
Seneralconful in Holland, nad) nolches Raabe Bervinigung mut Heuntnehh 6 ge 
eneralc and, nad) we an g 
rũcberufen wurde. Bis am feinen Todelebte er —— 
bier 1830. Er fchrieb: Le couronnemeht d'un roi, bramalifi 
1773, 2. Aufl. 1823; La mort de Cösar, Tragoͤdie nad). 2* 5* 
moires de L. J. G, Paris 1823, 2 Be; Ua mot sur le proode Intemit 
a a  engLGald) IR en ber 
old ( an r. am 
fannten Wirtale indem {6 don Im gras de Alterthume von: ihm und es 
wendung, bie Rede Fer feine Farbe, no Glanz u. vor Allem Ak * 
es nur gevsgen in der Natur vorkommt, ——— 
A enen der Menſchen auf eis ach MR 
Es wird ſtets nur in Kleinen Me in ber Katie —— — uw 
garten; Ru findet man es faſt in allen Länbern be Erde, in 
ſoichen Quantitaͤten, daß feine Gewinnung für den Handel und - einen 
befonder& betriebenen Inda ezwei — In der 
e hat man es in den, dem m nachſten 
Amer fa, ferner in dem Sande mehrer Fläfe und Ströme | 
Anlagerumgen bed Uralgebirges gefunden, fo daß -jeht Sübamerifa und ber 
—* quelien Mad, find, ae die größte none bb ı des in — 
G. fi) nicht, 
Deren Aukaakı ahanhe, fondern hast er edle en, a item 
. tal, in den Bebirgen, u. zwar in den Ur⸗ und Ueberg 
Lagen des aufgeſchwemmten Landes findet, fo a 
* —5 le te —— —— 28 —— 
wenig | 
halten ſehr verſchiedene —EX und Erze etw | 
daß Gilbers u. Kupfererze ‚golohaltig find, d. h. fi 




















Pi 





Hipn 


m 
Gelb, IN ' 


z ferner Tommt ed in ber Mineralfamilie. der Blenden en, 
keiten. freilicdy meift nur in fehr Heinen Partien, faR nur 
find dann öfter durch den, von Dem negativen G.e ertenten, € h Ein 
mehr oder weniger in Eifenoryblagen umgewandelt. Huch it ven Telurmetall 
tommt e6 vor als fogenanntes —2*2 oda eu ale —* 
Tellur⸗G., naͤmlich in Berbindungen von ⸗G. u. Tellurblel. In dem h 
wo irgend ein Erz das ©. fchon fo „Tele führt, daß legteres daraus vor 
zugeioeie gewonnen wird, heißt es dann G.Erz, u. auf diefe Welfe kommt 8* 

G. beſonders in denjenigen Laͤndern vor, wo es in Bergwerken u. Gruben 3 
Aeute wird, wie in Ungarn, Siebenbuͤrgen, einigen Punkten —— S 
en, Bortugal, namentli auch in Sibirien u. andern —7— kodiſtrikten. Fan 
findet ed da in Begleitung von Kupfer: u. Schwefeltied, Bleiglanz, Blende, 8 
jenittiet, Glanzkobalt, Tellur, —— Glaserz, Rotbgältigerz, Sranfp 
erz. Außerdem, daß es in verfchiebenen Krufaltiationdfornen, wie in 
Octaedern u. deren Sombinationen, vortommt, namentlich tn —— — 
ben tn ſchoͤnen großen, aͤußerſt vollklommen ausgebildeten — — 
angedenteten Art, fo erſcheint es übrigens meiſt in jenen Erzen, namentlich Ye 
* u. Kupferkies, an, sur I en Blende u. ſ. 1. für das Auge nicht mehr 
in wahrn Anbaren „oben an edeuteten en, tan a des 












übrigens no ftattfindet es 
benproduktion, wie 3. ae ride Gotlat an arze — die, faſt 
—— ſqh ee dv. h. Heime 






en Per —* 
deren Produktion in mus ‚ die der ruffifchen Befidungen tn 
dieſem e ausgenommen, nicht näher bekannt find. Afrika befigt zahl⸗ 
reihe u. wichtige G.⸗ ie Han Korbofan, Bambut, Sofala liefern viel G. 
welches den Handel kommt, den man laͤngs ber Küften 

a bat in der neneren Zeit, unter allen Welttheilen 
—— Namentlich findet man In Ehbamerkla die weit 
führenden U: Eon —— — im 





Fr des ©, 
aufgeſchwemmten Bande verbreitet. Rorbamerifa dagegen probu 
in GSüpfarolina fanb man biefet Metall. In Südamerika ba 
Ghilt wie auch Mexilo, 






fung eines 
irt, d. h. einen Ei der 
Te er 
she 







— — und mn a 

ar nun ! . 

u ſ. W., wenn Bart der Sep N 
Wer 18 De6 erſterea · UN. 


Die Da 
er 


Goldaſt — Goldau. 


4.Mart enthält. Iſt das ©. mit Kun jet, fo bezeichnet um 
le Folbe Karatirungz iſt es mit — ae man vi 
weiße Karatirung, u. iſt es, was namentlich nur bei fogenannten @, 
Arbeiten der Fall if, mit Silber u. Kupfer ‚auslei legirt, als gemifchte Ru 
ratirung. Die Legirung ded Ges zu Müngen, bie neuerlich immer nur ih 
einem Kupferzufage befteht, iſt in verfchtedenen Rändern, bie Gold vermin 
zen, nicht ganz ‚yleich, u. wir verweifen defhalb auf den Artifel Münzen. 
verhält es ſich auch mit dem zu Burusgegenfländen, wie Gefäffen, 

u, dergleichen. verarbeiteten @.e, en Feingehalt in den meiſten Landen 
el —S Beftimmung unterltegt. Die Prüfung ded &.e8 auf feinen Air 
gehalt nennt man G.⸗Probe, welde auf drei verſchledene Weifen bi 
wird: ald Streichprobe, naffe Probe u Schmelzprobe, Wie jeve mw 
dere Waare, hat auch das G. einen etwas flrigenden und fallenden ie 
Handel, der fi im Ganzen nach dem jedesmaligen Tagescouts berechnet u. a 
den Gourszetteln gewöhnlich pro Mark Fein- G. verzeichnet findet. Die 
lichſte Reduction der G,maffen, die jährlich in den Handel fliehen, und die nu 
mentlich feit der Entvedung u. Ausbeutung von Mmerika ihren Weg nad) Guron 
nahmen, erfolgt namentlich durch die Verwendung des Ges zu Lurus- und Bi 
jonterie-©cgenftänen , fowie auch durch die Bergoldung von Gegenftänden ci 
außerordentliche Muffe Ges abforbirt u. zum Theile für alle Weiter- u, Wide 
benügung vernichtet wird, 

Goldaft (Melitor), auh Goldaſt von Heimingsfeln, geboren ba 
6. Jänner 1576 oder 78 auf dem Landgute Eopen bei Bifchofsgell im der 
ſtudirte zu Ingolftadt u. Mitvorf, erfuhr mandjerlei drüdenne Schidiale, 
fich kümmerlich vom Bücherfchreiben, erhielt zwar gach und nah 1611 in Wü 
mar, 1615 in Heffen, hernach im Trieriſchen Anftelungen, lonnie fidy aber = 
gends vertragen, bis er endlich 1628 nad) Gleßen fam, wo er 1635 farb. 
war ein fehr arbeitfamer Mann u, wandie ſeine Mufe an zur Sammlung ım 
Herausgabe mehrer alten Ghronifenfchreiber, beſonders deutjcher, aus den milt: 
leren Zeiten, So gab er heraus: Soriptores rerum Suevicaram, Franff. 1605, 
Ulm 1727 ; Soriptores rerum Alemanicarum, ranff. 1606 und 1661, 3 Bm 
ebend. 1730, 3 Bde; dabei fein Leben von. Senkenberg. ferner Imperatorum, 
regum et electorum $, R. J. statuta et rescripla a Carolo Magno ad Care- 
lum V. et a Corolo V. ad Rudolphum Il., Sranff. 1607, Fol. Recessus, cm- 
stitutiones, ordinationes et rescripta, 2. Thl., Hannover 1609, Fol. (piefed Wat 
hat feinen erfien Theil); Reichehandlungen, Hanau 1609; Reichefagungen, ebend 
1609, 2 Thle. 1613; Collectio constitutionum imperialium, #ranff. 1613, Fol 
Collectio consuetudinum et legum imperialium, $ranff. 1613, Bol. Politiiäe 
Reichs haͤndel, ebenvafelbft 1614. Politica imperialia, ebend. 4614 Hol. Im dien 
wen m ns sn me oe ey 11 Ri Danmg; fie haben ade 

W af e qui tand fepten, beffer von 
veuten Reihefaden mu fhreien. " 

Soldau, ein zerflörte® u, nur in einer Kapelle u. en wieder⸗ 
erſtandenes Dorf, in ehemals reizenden Zhalgelänbe lich) vom Roßbetz 

ſchrecu⸗ 


8 


und Ali vom Rigi, im Bezirle Schwyz des fchweizeriichen Cantons gleldes 
Namens. Diefen Ort traf am 2. Sept. 1806, Wende um 5 Uhr, ein fe 

des Schichſal. Nach fehr langem Regen, der befonders in den 2 Iehten Tagen 
— Kr m vr hr Shell Fe — an da a 
enfette enden «oder erges tunde lang, 

Sub breit u. 100 Fuß did, los u. Rürzte mit Donner u. Dampf über das Gol⸗ 
dauer u. Bufingerthal, 616 zum Fuße des Rigiberges, hin. Die Dörfer ©, Bu 
fingen, Ober» u. Unterröthen u. erg wurden ganz verfchüttet; ein Theil des 
Xowerzer Sees warb ausgefüllt u. 457 Menfchen getöbter; 74 reiteten ſich darch 
ſchnelles Laufen und 14 wurden am folgenden zuge aus dem Schlamme und 
Schutte gerettet; 350 fahen ſich durch Dicke Unglüd aus blühenden Wohlſande 


BT ZU EEE en TEE OB 55. 


er mm IB - 


— ur Br (u 





pPlotzlich in die tiefe Armuth vera Au Big —— 7. 
um u. der Verluſt an Wieſen, Haͤuſern u. 
Ionen Franks. Ueber den, von jenem —— —* —* 
Hügeln geht jcht die Suaße von Art nach 
wird alle Jahre an — ber Se ale ee, nun — 
I ei — * Re —— — Liegnig in Salehen, def 
— er ] q t au u 
Katzbach u. a ef Riefengebirge, in in ve Ober⸗ —* getheilt, mit 5 Bor 
Pure 6500 Einwohnern, hat blühende Tuchfabratien, (®.er mittelfeines 





—— en u. Faͤrbereien, Brauereien u. —— eeien 
loste Kinder. Es Befindet fd, daſelbſt eine 

Bon A 1726 vom Waſſerbaumeiſter Johann Ehrikian Hes let 
erbaut; Pen er derſelben bi8 zum Thurme beträgt 260 Ellen; die Röhren vorn den 
Fontillen bis au ven utud, wo Dad Waſſer. ſich ausfcyüttet, ſind 251 Ellen; die 
rh das Waſſer von den Fontillen bis — Ausgußleſſel zu 

t, — — 7; Een; die Schwere bes Bafat ı dab haut einmal in der 









ein Rad vermittelk der Perpendilel Mei 
wi, wit 2.00. 92 Pfund. — ©, iR na —— Tbaruben die 
hier in alter De waren und wovon ſich nody einige Em er Item alten Kaben, 
en Tataren zgerkört, und 1334 wüthete bier die Pe fo 














1242 wurde es 
ſchredlich, dab ar ale Einwohner Rarben. 1427 wurde es von ben Huffiten 
verwüßet. 1441—1454 war ©, der Eis der Linie Brieg.®., einer von Her⸗ 
* ri X. gegründeten Seitenlinte ‚von Brieg, die a wit dem Gründer 
edet ausharb. 1523 Riftete Herzog Friedrich IL das Gymnaflum; die Sach⸗ 

en branpichasten ©. 1632; im —3 Jahre wurde es von den Kai⸗ 
fin un» 1642 von ven Schweden geplündert. Am 7. Mai 1813 hatte bier 

ver ufigen Nachhut des ale Wittgenhein u. den Franzoſen ums 

nald ein Gefecht Ratt,' war uneniſchieden blieb, jedoch fuͤr die 

Frame —* Berluſt an GSefangehen brachte, 

Goidene Bulle (bulla aurea) chnet Überhaupt eine, mit einem herab⸗ 
haͤngenden goldenen Siegel verfehene Urkunde, weldye der größeren Solennität 
halber Buch das goldene An) fel oefchmüdt wurde. Se wit er der Inhalt 
der Urkunde, oder je höher die Würde des Empfängers war größer und 
ſchwerer war das goldene Giegel. Bon der größten Ih das Gtaatbs 
recht des been sömifchen Reiches deutſcher — war die goldene Bulle, 
Karl Jahre 1356 auf ven Reichötagen, zu Nürnberg und Met 

mit ‘den Surfen erließ. Sie if eines der w een Orundgefebe des deut⸗ 
ſchen Reiches , indem fie die wichtinken Theile der Reicheverwaltung umfaßt. 
Sie mate sunähR das ſichere Octelt ber Kurfürften zum Wahlorte Behufs 
der Kaiſerwahl, und diefe feld (eleotio Romsnorum regis) in ihren. verſchiede⸗ 
nen Golennitäten, dann die Stellung der Kurtürften, ihre Unverleglichleit, ihre ‘Pros 
togationen, ihre Erbfolge, die des —— Könige, PRünz- und Zell: 
Berhältniffe, das privilegiem de nom appellando ver Kurfürfken, "die Verwal⸗ 
tung bit Reiches während eined Interregnums, die Einf&ränfung nes Seußred- 
tes, Be 9 der Privatfehden u, f. w. Das befannteße Driginal der golde⸗ 
nen Bulle Karls IV. wird zu Frankfurt am Main aufbewahrt. Mit der Auf 
dir bed deutfchen Reiches iſt Die goldene Bulle zum größten Theile ganz un⸗ 

r eworden. 

Pe Kalb, ein in der A ae We en ı mehrfach vorloumenbes 
Gotzenbild, deſſen Gultus kam; zu Mem; 


phis wurde naͤmlich dem Hr (ſ. 9— gie — —*2 Se man 
glaubte, die Seele des Dfirie (ſ. d.) ersohne den eiben u. er fel vom Mond⸗ 
lichte empfangen. Er war unter allen vergätterten Thieren daſ das ige: 
Der Muevi-Stier zu Heliopolis war der Sonne geweiht, aber. wen 
ruͤhmt. Beide find Sinubilder der xugenden Raturkraft. Natron gab dem * 


908 Golberied" Brief Bolbenes Seitalter. 


et Berlangen der -Zöraeliten nach und machte entweder eine 
—F — Bild des Apio, welches mit Gold überzogen u. ald I 
— So gab en en Wh x 
ofes annie g. K. gänlidy verni e u. den Staub 
Joraellten zw den gab, ud) 23000 ber erfjlagen wurben 
32, 20 u. f., Deutr, 9, 16—21).— Ki Seroboam erneuerte den 
dienft, Indem er, um die Zrı ‚des Reiches Jorael von Juda zu 
at Bethel u. Dan 2 goldene Kälber ald Sinnbilder des wahren 
richten ließ (3, Kön. 12, 26-30..32., 2, Chron. 11, 15), wie er 
impten gefehen hatte, Diefer Bilderbienſt blieb von nun an eine Erbfün) 
Zehenftämme- Reiches, und heift bie Sünde Jeroboams (3. Kön. 14, 
u. €. D.). Jene Kälber heißen auch das Kald Samarta, und mit 
brachte man ihnen fogar ee Goſeas 8, 5. gr Kap. i 
Wahrſcheinlich erfaufıe der Köntg-Manahem für eines der goldenen 
g ſhuls Königs von Afiyrien (Hoſeas 10, 5. 6.)5 nad) einer rabbinifche 
fung if die ———— Ablleferung eines ebernen, fait eines g. K. es du 
Be r —— s Salmanaſſats geweſen, der den Untergang Su 
ja’ te. ß 
Goldenes Bließ, 1 f. Argonauten.'— 2) Orden des g. Bes, in 
öde Ritterorden in Dies und Spanten, am 10. Januar 4430 von Phi 
Ipp dem @uten, a von Burgund, zur Ehre des Ritterthums u. —— 
des Tatholifcyen Glaubens gefiftet. Rhiliyp beabfichtinte einen 
Sprien u. fo diente ihm der Argonautenzug ald Vorbild, daber das a. B.— 
Statutenmäßig ing das Großmeitertfum anı Karls des Kühnen Erbtohte 
Marla und, — eren Vermählung mit Maximilian I, an das Haus 
reich über; im fpanifchen Erbfofgefriege machten Karl I. (nachmalt 
Karl VE) und Philipp V. Anfprudy auf die großmeifterliche Würbe, um 
nahm das Drbensarchiv mit hach Deutſchland. Seit jener Zeit iſt das Rech 
der Orbensertheilung wiſchen beiden Höfen ein noch gegenwärtig unentſchiedena 
Streitpumft geblieben; beide ernennen Ritter, ohne daß ke vom andern Hofe an 
erfannt werden. Decoration: Goldenes Widderfell, Aber demfelben ein blaw 
emaillirter Feuerſtein mit der Devife: Pretium non vile laborum, gewöhnlich a 
rothem Bande um den Hals, bei Welten an einer aus ammenfprühenden 
Beuerfleinen und Fenerflählen Calten Eymbolen des burgundifchen Haufes) ge 
bilveten ‚Kette getragen. Ordenskleidung bei Orbengfeften: hochrotbfammt 
hher, weiß gefütterter Talar, über demfelben ein purpurner, mit weißem Atlas gefüt: 
terter, Tanger Mantel, mit breiter reicher Stideret aus ‚Feuerflählen und flammen: 
fprügenben Geuertenen; auf dem weißatlasnen Saume des Mantels find die 
orte: Je Pay empris (ich habe ihn [den Orden] erhalten) öfters in Gold ge 
fiidt; gotbgefidte purpurfammine Müge, Schuhe und rothe Strümpfe. Statuten 
mäßig erkennt der Ritter des g. B.ed nur eine Berfammlung von Drbendrittem 
unter Borfig des Großmelfters, oder beffen Bevollmächtigten, als feinen Richte 
an; er if abgabenfrei u. rangirt nady den Perſonen von Geblütz in © 
dürfen die Ritter vor, dem Könige das Haupt bebeden und unangemelbet im bie 
Gemächer deflelben treten; neben dem Orden fol fein anderer getragen werben, 
wovon übrigens difpenfirt wird. In Defterreich müffen die Ritter katholiſch feun; 
in Spanten kann der Papft davon difpenfiren; übrigens find die Statuten in 
beiden Ländern gleich. BR , 

Soldene Zahl, f. Epalten. " 

Goldenes Zeitalter heißt in den Mythologten der meiſten Völker. jene glüd⸗ 
liche u. genußreihe Zeit, wo bie Erde gemeinſchaftliches Gut Aller war u. As 
les, zu einem heiteren Leben Röthige, von felbft hervorbradhte, wo keinerlei 
niedrige Leidenſchaften unter der Kenfehhelt Serzieten u. eine ewige Jugend die 
Bölfer, wie die einzelnen Mengen, deglüste. Die Ber Ve Sen Sststinn 
Römer, namentlich Heſtod, Wrarod, Voigh v. DR, ae er U u 


Ei 


Best 


an) 


e 


6 


| 


= 


i 


BD. JAU_UBAENS.EERFFV 





Gele Bee 


s dad ge ver Den 
— 6, — 55* en ſo a u. den 


dv.) la M Sheile Abnl ie Shen alte 
udtich OL 3 Far — fuͤr 1 Bifaidet, X Kunſt —— 


else Literatur 383 unter Hu guſtus das · der ——— 
erg Hu uß, abe Zn Shurnage bei Bayreust; 1782, fü 
und Grlangen, auf wel * a erfttät er ſich als als Privat 
—— Bear be * — * * 
und die seitung 8. onen den S Fi a Gr gab 


dorf, Erlangen 18103 bie Raturbeidere 

her Gäugeihen are —* 1812 en Koth.; —* che Beſchreibung 
gig —— 18 1817, 2 — din der Zoologie, 1818 — 
bildet der Raturges 


2 ubertö dbn 
3 —— Atlas mit Beben Düfeld AN IE" 36, 18% 


— — a ostn aaunte man früher ver⸗ 
—— Deus —— man hatte. B. b G., wovon 2 — 
Naxdor; hann von denen das Si 67, 57 0%, mi As ſchwer 
a a ya den 2a Sit. Geh da 3 


aber etwa 
7 r —— — — * a ee Man 14 Bd Dei 


—— im oberen Guinea . d.) an der Weſtkuͤſte von 
Ta 
Ende von Deivafbeien Bergleiten bar 


Be ET mia 
udn. a ‚un 

——— — aupthandelsprodukt —28 Die 
eborenen find ii (gewöhntidh Bart, ober —3 darunter die 

er) mit tepu idide Bern 8, au be fräßer ein Ieafter Eiia- 

andel erhehte und bie jebt an ei eutopä Coloniſten, insbeſondere 
on Englaͤndern, Niederlaͤndern und en bewohnt iR, zerfällt in mehre Kleine 
Reiche, darunter die bebeutenpften find: Aſchanti, Akanta, mit der niederlaͤn⸗ 
diſchen Factorei Axrim; Amancab; Fautee, sit ve Her Stadt de la Mina, dem Haupt⸗ 
orte der Biederländer, Sig des Gonverneurs u. dem Gap Coaſt⸗Caſtle oder Capo⸗ 
Gorfo oo der a der. Dritten, die von hier jaͤhrlich 40-—50,000 
Unzen &o —* Hgonna, Ara, Adampf, mit dem »änts 
ſchen 5 —— u. 


Idoni (Carlo), "eines der — dramatiſchen Genies u, der Res 
formator nes Tomifchen er6 der Staltener, 1707. zu Venedig geboren, Rus 
dirte Die Rechte, dann- tin, warb Advokat und trieb fidh unter — 
Geſtalten in Italien herum. Endlich folgte er feiner Neigu . Theater 
widniete ſich von 1748-1761 gänzlidy der Verbeſſerun er —— 
Bühne. Er wollte das Poſſenſpiel von den Theatern de iens verbannen, 
ernfihafte Battung in Anfehung bringen und as dem wirklichen Eu pam ie 
anftänbigere Gehalt geben; allein bei großen Talenten, einem feltenen 
der Va — einem feinen — und einer ——* 

gleit 


æ 
ã 


5** 





ngen der Juden, aus den 


96 
Er 
Er 
| 23 










& 
7 
eig! 





Ri 
Mi 





5 
F 


\_] 
& 
a 







He 





Fi 


= 


I 










= 58 
& 
$ 
€ 
ze B32 
a 















3 


a een ‘ 338 —E vm ch die U unter vn *8 in S. 
6 a en hoͤchſten 2 Se 
iſtum feine ie nicht mehr {chen Sole, eine & ðX N vo RR wir 


510 BGolbpurpur — Goldſchlaͤger. 


dort das italieniſche Theater reformiren, mußte auch dieſes Vorhaben aufgeben 
a. nahm zuletzt eine Stelle am Hofe, als Lehrer der italieniſchen Sprache Tel 
den Prinzeffinnen, Töchtern Ludwigs XV., an. Er wurde in Paris IF ganz zum 
Franzoſen, daß er nun auch in franzöflicher Sprache Luffpiefe au ſchreiben ans 
fing. Lange überlebte er feinen Ruhm. Gr farb, 84 Zahre alt, 1792. Mit be 
wundernswürdiger Leichtigkeit fchrieb er während feines Lebend 200 Theaterftäde, 
Trauerfpiele, Tragifomödten, vornehmlich aber Luftfpiele, auch Opern,. Operetten 
u. SIntermez30’8: Commedie etc. (Bened. 1780, 40 Bpe.); einige 40 Stüde ver 
deutfht von J. H. Saal (Leipg. 176776, 1. ThL, 8.); einzelne Gtüde zum 
Theile umgearbeitet von 3. Chr. Bod, H. A. D. Reichard u, U. — ©. hatte das 
Talent der natürlichen Darftelung in einem Grabe, wie wenige Luſtſpieldichter 
vor und nach ihm. Mit hellem Blicke ergriff er die Oberflädde der Sitten ber 
Menſchen, die ihn umgaben, und zeichnete fle in den beſtimmteſten Unriſſen mit 
aller Leichtigkeit des Tomifchen Dialoge, Wber feinen Schauſpielen fehlt far 
überall komiſche Kraft u., mit ihr, die Seele des wapren Luftfptele. Selten ober 
nte ſpricht aus feinen Stüden der wahre Wig, der in das innere eine® Gegen⸗ 
ſtandes eindringt, Bergl. Garrer, »Saggi su la vita e su le opere di C. G.« 
(3 Bde., Bened. 1824 fa... Domenico &avt, »Della vita di C. G. o dell sus 
commedies (Mailand 1826) und Meneghezzi, »Della vita o delle opere di 
par ar, euch Caffiun eſcher © t, ein pulveriges Golbprapa⸗ 
oldpurpur, au afſitu s'ſcher &. genannt, pulv o 
rat von dunkel purpurrother Farbe, das Inder Porzellans u. Glasmalerei als 
ſchöne rothe Schmelsfarbe, ſowie zur Färbung der Glasflüfe und des bumten 
Glaſes, das unter dem Ramen Rubinfluß im Handel befannt IR, Anwendung 
— Die verſchiedenen Farben⸗Ruancen, die dieſes koſtſpielige Präparat, zum 
eile ſchon in ſeinem Aeußeren, wie es im Handel vorkommt, zeigt, zum 
aber noch mehr bei feiner Berwendung nachher hervorbringt, wıd nach denen ſich 
fein höherer oder geringerer Werth beſtimmt, laſſen fih nur in Folge ein 
Kenntniß der außerordentlich verfchledenen u. vielfachen Darſtellungsweiſen, mit: 
teit welcher ed an verfchlevenen Orten erzeugt wird, einigermaßen —** und 
beurtheilen. Eine der, nicht das ſchlechteſte Produkt Iiefernden, iſt die weniger bes 
kannte und dabei fehr einfache, daſſelbe mittelft Fällung aus einer Goldldſung 
durch Einftellung einer Stange reinen Zinnes darzuftellen. 
Goldſchlaͤger find diejenigen Handwerker , welche das Gold zu den Auferk 
dünnen Blaͤttchen fchlagen,, die unter dem Namen Goldplättchen, Bold 
ſchaum, Blattgold, bekannt find u. zum Vergol den von allerlei 
gebraucht werben. Zuerft muß der G., wenn er aͤchtes Blattgold ſchlagen will, 
das (ganz reine, unlegirte) Gold in einem erwärmten, mit Talg oder Wacht 
ausgeſchmierten, rinnenförmigen, eifernen Einguffe zu einer Stange, der Zakne, 
ießen, die ungefähr fingerodick u. einen Fuß lang ffl. Diefe wird auf einem ebenen 
mboß mit einem Hammer vieredigt, bis zu einer Dünne von 1 bi6 2 Linien, 
geftredt. Die geſchmiedete Zaine walzt man dann auf einem Heinen Walz⸗ 
- werte, bis fie ungefähr eine Länge von 12 Zuß erhalten hat. Run biegt man 
fie zu lauter Gtreifen oder Schichten, die man auf einander legt und wit dem 
mer nad) der Länge u. Breite ausdehnt. Wan biegt fie dann ander& herum, 
d, daß andere Flächen berfelben auf einander zu liegen kommen und firedt fie 
nach dem Wusglühen wieder. Mit einer Gcheere, der Plattenfcheere, fdhmelbet 
man fle hernady zu etwa einen Quadratzoll großen vieredigten Platten. Da 
diefe, wegen ihrer geringen Dide, nicht mehr einzeln und durch unmittelbares 
Schlagen bearbeitet werden körmen, fo legt man eine bedentende Anzahl verſelben 
(gegen 150) auf einander u. zwiſchen dieſelben Pergamentblätter, welche einige 
Male mit Haufenblafe, Eiweiß, Gummi u. dergl. überfiridyen find und durch 
doppeltes, uber's Kreuz herübergeftreifted, pergament:ned Kreur zufammengrhalten 
werden. Zuerft gefihieht dad Schlagen mir dem 16 bis 18 Pfd. ſchweren Form 
Bammer, auf einem fe wit ver Erde verbundenen, harten Marmor, deſſen ebene 


. . a . 
j & In enthält —A— — fo auf, m damit kein —2** * ne 
an der vierten, nicht —* Seite ist der G. Mit den breiten Enden 
einer Spannzange hält der Arbeiter die Form mit den Blättern 
Man nennt diefe erſte Korm hie ——* oder Dickquetſche. er durch 
Schlagen bis zu. zwei Quadratzoll ausgedehnten, Blättern haben noch eine Dicke, 
welche das Schlagen aushalten kann. So kommen fie in die gleichfalls verga⸗ 
mentene Heraus quetſchform, worin fie fo lange geſchlagen werben, bis ihre e She 
oll beträgt, Auf einem Kiffen oder Bolfler von Schaaf⸗ oder 
fell, das, zur merbütung des Anklebens, mit zerſtoßenem Barienglafe eingerieben 
worden if, wird jedes Blatt mit dem dopvelfchneibigen Rei in ie 
— — Be an 
olcher e Ir na an elen 
die Dümauetfchform. v rin fie fo lange seiihlagen werben, Sie fie auf am Selten 





heransbringen. Das — Gmnitiene mit dem Meſſer weggenommen u. fpäter 
mit anderem Abfalle wieber t idet der ©. die Blätter 
Hemd im 7 vier kleine BL —— dat ha —5* oder Loͤth⸗ 


form. Dieſe Form, worin die Blätter volllommen duͤnn geſchlagen wer 

ſteht aus 550.618 600 grauen, durchfichtigen, Ich Mi —— Kir af einander 

gefichten, häutiger Blättern, den’ @®.-häutchen, weldhe rt zubereitet . 
werben. Mon löst von bem Rafvarın, eines Kr ! Pr Ochſen bie 

äußere Haut wit einem Meſſer da ab, wo fle eine Foriſ des inneren Ge 

daͤrmes zu Werden anfängt u. acht fe 

unter. San fpannt fe dann 






— 
Bra 
a en 

on dieſen auf — —* 


ahl — — en liegen 
orm wit 
ei Futteral gefledt Nmorben war, Kläger Ar 
ten Haupiform, ber Dünnform Gebrauche fertig Sheet 
* nun jedes Blatt noch mal in vier Shcile, fo erhält man überhaupt aus: 
obiger Unzahl von Blättern 48,000 Gtüde. Zum Zerfchneiden der Ben n nach 
der — der verſchiedenen m Rummern, bedient man 37 fogenannten Karrens. 
Dieſer aus zwei, in gehoͤriger Entfernung parallel von einander gehalte⸗ 
nen, | ‚Räblernen ernen Singen ‚ die fehlittenartig in paralleler Lage erhalten 
Abwärts von deu nelden. zwiſchen ihnen ein BViegel angebr 
or man. das Werkzeug faßt, um eb auf wie Boldblätter zu brüden u. 
fo, erft ver ah handle —— — —— Mit einer langen 
und Ä —8 Pincette), womit 
der ©, bin Blätter in. Gern Da Bra * ud en feinen Biätt- 
auf dem Ehlagheine Dina un fd Baplere, Yen Sonie h erpapiere, 
oldfehioefel, Gbannefarbener Spichglansfäwefel, Stiblem sul- 
stibiete ma hur surstum antimo 


Dene Berbinheme woa son pie Klonen —— f Schwefel, u. wirb nad 
zwei verſchiedenen Methoden dargeſtellt; entweber aus aus Glauberfalz, Antimon m, 
—** u. mit Ba , * Vorſchrift des ſaͤchſiſchen —— 
| ie —— Semi & tr: ag — — *8 ac —B —* 






















912 Goldfmith — Goldtinctur. 


der Zeit etwas blaͤſſer. Als Heilmittel bei Bruſtkrankhelten wird ber G. grämtvelfe 
verordnet, da er fehr heftig wirft. Auch in der Paſtellmalerei und zur Kattun - 
druckerei iR er gebraudyt worben, gibt jene feine fchöne u. haltbare Farbe. 
Goldfaitk, Diner englifcher Schriftfteller, war zu Pau⸗⸗ in der irlan⸗· 
bifhen Oraff f Longford 1728 geboren, wo fein Bater ein armer 
war, änglich follte ex der Hanblung fich winmen, aber feine 
—ã 2 N, befonbers r Boefie, bewogen feine Berwandten, übe 
auf auf ‚gemeinipafllipe Koften flubiren Au laſſen; 17 — er die Univerftät 
ach Dem Tode feines Vaters fuchte man ihm in ber 

Buche eine Pfründe zu verfchaffen; allein er zeigte keine Liebe um eiſtlichen 
Stande, und ande jugendliche Ausfehtoeifungen traten dieſem 
entgegen. Eine Hofmeifterftelle ge er bald, wieder auf, um Ag eluſt m 









fröhnen. Er Sahfäng von Cork nad) ‚Amerika überzufehen; von 
neuen Welttheil zu ſehen, kam er nach 6 Wochen bürftig imd in die 

Heimath qurüd. Um Medizin zu Rubiren, be ab er is 1752 nach Eb ‚ ale 
a Au P tl bald jede Neigung in t verfuchte Heranf 







er in fchlechte An erlitt durch leidenſ 
Fa enden —— u. mußte, entblößt von allen 


Nüdt land entfchli Nur d eine Kun des ötenfpiel 
an er + — Reife iq — haben. Zu F 
zog er Flandern, Frankteich und Deutſchland der © 


einem Engländer an; ei nahm ihn mit a * und bier blieb 
Set ald Hofmeiſter. In Padua erwarb er fidy nach ſechs 
te in der Medizin die Doktorwürde u. kehrte dann, 3 Jahre alt 








* zuruͤck. Ganz ohne Erwerbsomittel, ſah er ſich genoͤthigt, Bei einem 
Kain le Gehülfe einzutreten u. "nebenbei durch den 

gkeit fidy feinen Unterhalt zu verdienen. Bet ver ——* an Faktorie —** 

er Ba Zeit (1758) Arzt; aber Ungebundenheit hieß ihn dieſen Dienſt wieber zu 


verlafien. Er warb nun Mitarbeiter an der englifchen Zeitſchrift loais Be- 
views u. der Deausg geber Griffith warf ihm, neben freier Koft u. Wo nun einen 
anfehnlichen halt, © aus. Diefe Verbindung dauerte auch nur 
1766 erichien fein Meifterwert »Vicar of Wakefielde, wodurch feine Auer te Le⸗ 
benöftellung etwas verbeſſert wurde. Bon nun an fchrieb er abwechſelnd bald 
eußfpiele, Bath hiforiiche Werte, welche freundliche Aufnahme fanden. Bel der 
engl ifchen Malerakad erhielt er eine een für die alte a und 
Rarb am Rervenfieber 1774. Es wurde ihm 
mal geſetzt. Sein eigenthümliches Talent Ha une 
wo er durch lebendige und 5* —** ung die einzelnen Charaktere wit 
heit und Feinheit zu ze ddınn verfteht. ſteht fein Landprediger ald 
unübertroffene® Meifterwerf da; auch In bef — 5 — —E »Tho deserted 
villages (das verlafiene Doͤrfchen), 1769 zum erfien Male erfchienen, iR höchſt be 
ziehend durch Wärme und Innigkeit des Gefühle. Weniger gelungen ſind feine 
komiſchen Gedichte »The haunch of Venison, Retalistion« und ne &u 
»The good-natured mans u. W Seine hiſtoriſchen Ürbeiten: 
England, roman history, grecian history,“ haben zwar leichten Grflärungston 
— fonft aber fein bedeusende®- Verdienſt. Bit befonderer Anerkennung muß 
—— die vortseffliche Biographie G.s aus der Feder des Dichtero — 
ft w 


Goldtinctur (trinfbares Gold, Aurum potabile) abätt: man, wem 
man Blattgold in Goldſcheidwaſſer auflößt, das S echzehnfache des verbrandin 
Goldes Atherifches Dei oder »irtolnaphta binmglegt u u. es w —— 
ſich das Gold aus dem Scheidewaſſer in die zugeſette —— * 
man in einem Scheidetrichter von dem Scheidewaſſer trennt; bar 

man ed mit dem fünffachen Gewichte ftarten Weingeiſt. Bon ber 





Golgatha — Goltz. 913 


dergleichen Golplöfungen beſondere Heilfräfte beſtzen, iſt man jebt wohl zus 
rückgekommen. 

Golgatha Golgotha) oder Schaädelſtätte, auch Calvarienberg 
(vom lateiniſchen calvaria, Schädel), hieß der gewöhnliche Richtplatz der Juden, 
welcher diefen Namen von den dort umberliegenden Schädeln der Hingerichteten hatte, 
Er lag im Nordweſten Serufalemd, auf dem Wege nach Soppe, und war nad) 
der gewöhnlichen Annahme ein Hügel, eigentlidh eine Feine Erhöhung; er tft 
den Chriſten ewig denfwürdig, weil dort der göttlihe Heiland am Kreuze flarb 
(Matıh. 27, 33.5 Mark. 15, 22.5 Luk. 23, 33.; Joh. 19, 17.). Der Ort der 
Schaͤdelſtätte iſt jeht eine Art Chor, welcher 18 Schritte ins Genterte hält u. zu 
welchem feitwärts 18 Stufen binaufführen. Daſelbſt flehen zwei gewölbte Ka⸗ 
pellen ; die eine auf dem Piatze, wo der Heiland angenagelt wurde, bie andere, 
wo fein Kreuz zwiſchen den beiden Schädyern aufgerichtet war. Hier flehen bie 
Altäre der Kreugannagelung, wo eine Marmorplatte den Ort andeutet, u. ber 
Kreuzedaufrichtung, wo beftändig 13 Lampen brennen. Die Höhle feines Kreuzes 
iſt mit Gilberbledy überzogen, auf welchem in griechifcher Spradye die Worte - 
eingegraben find: „Hier hat ®ott, unfer König, vor Jahrhunderten das Hell 
im Mittelpunkte der Erde gewirkt" (Pſalm 73, 12.). In der Mitte fieht man 
eine Spalte im Felſen, die zur Zeit des Leidens Chriſti geriffen feyn u. bis zum 
Mittelpunfte der Erde ſich erfireden ſoll. 

Goliath, 1) ein durch außerorventliche Größe und Stärke ausgezeichneter 
Philifter aus Seth, ver über ſechs Ellen maß. Er forderte die Jeraeliten 
40 Tage nady einander zu einem Zweikampfe heraus, und läfterte dabei Gott 
den Herrn (1. König. 8-11, 53—26.). Im VBertrauen ei diefen tritt der 
Jüngling David cf. d.) dem Riefen muthvoll, nur mit Stab u. Schleuber bewaffnet, 
entgegen und trifft ihn mit einem Steine an den Kopf, wodurch G. zu Boden 
fällt, worauf tim David mit deſſen eigenem Schwerte dad Haupt abhieb (Ber 

‚33, 39, 40 — 45 — 51. Run folgte audy die Niederlage der Philifter (B. 
51—54. ©. Cap. 21, 9. 22, 10.5 Eccl. 47, A—6). — 2) Ein Riefe, weldyer 
fpäter dur) Adeodatus erlegt wurbe (2. König. 21, 19); er iſt wahricheinlich 
Zahemi, ein Bruder des Obigen, und bezeichnet wohl überhaupt einen riefens 
mäßigen Mann. | 

Golius, Jakob, ein gelehrter Drientalift, geboren im Haag 1596, flubirte 
zu Leyden, nebft ver Mathematik, Philofophie, Theologie und Medizin, befonders 
die orientalifcyen Sprachen u. die Alterthümmer, reidte nach Frankreich u. mit 
dem bolländifchen Gefandten nad) Maroffo, wurde 1624 an Erpens Stelle Bros 
feffor der orientalifchen Sprachen, hernach audy der Mathematik zu Leyden, 
machte noch eine Reife in die Levante, nad) Aleppo, Arabien, Meſopotamien u. 
Konftantinopel, brachte koſtbate Manuferipte zurüd und farb 1667. Die aras 
bifche Literatur, aus der er Vieles ins Lateinifche überfepte, hatte an ihm ben 
emfigften und einfichtövoliften Bearbeiter und fein »Lexicon arabico-lat.e, Leyden 
1653 und 1660, war für feine Zeit ein wichtiges. Geſchenk. Den Katechismus 
und andere Religionsfchriften überfehte er Ind Arabiſche, damit fie unter ven 
Ehriften, die in der Türkei in großer Unwifienheit lebten, vertheilt würden. 

Golkonda, 1) Diftrikt im Gebiete des Nizams von Hyderabad, wird vom 
Mufiy durchflofien u. iſt nicht gut angebaut; jetzige Hauptfladt Hyderabad. — 
2) Stadt Hierin, ein Hauptfladt des Landes, welche ungefund liegt und auf 
hohem Felſen ein Bert hat, wohin fidh der Fürft und die reichen Einwohner zur 
Kriegszeit flüchten und wo auch Staatögefangene aufbewahrt werden. ©. iſt 
Hauptnieverlage der hierum gefundenen Diamanten; doch iſt die Stadt fehr oͤde. 

Goltz 1) (Georg Konrad, Freiherr von der), königlich preußifcher General⸗ 
Major, geboren zu Parfov in Pommern 1704, fludirte bei den Sefulten au 
Thor und auf der Untverfität zu Halle, trat 1725 in ſächſtſche W 
vertaufchte fie aber 1729 mit preußtien Kriegöbienfen, 86 R 
ihn gu feinem Generaladjutanten, und in ‚den deiden etſtee α, 

Resiencpclopäbie. IV. N 


914 Golubag. 


zeichnete er ſich durch viele Heldenthaten ruhmvoll aus. Much als DIN 

bewieß er ae ee a mn eat des 5* 
n 

Heron 








än 





ra — made re König, u 
neue er anzulegen, aben ame vertheilen 
uszutrodnen u. dgl.z audy erfand er neue Brodwagen, Baddien u. Säle von 


i 


großer Bequemlichkeit bei dem Kriegscommiſſariate, und alle dieſe Dienſte 
er durch den Gharalter eines braven und redhtfchaffenen Mannes. Gein 
Top, den 4. Auguſt 1747, ſchmerzte den König ſehr; er ſegte dem Berſtorbenen 
Ehren eine Lobfchrift auf, die In der Verſammlung der Alahemie der Wißſſen⸗ 
har abgelefen wurde u. in des Könige Werken abgedruckt ik. — 2) &. (ie 
guf Friedrich Ferdinand, Graf von en. nen 1766, trat zuerſt in 
preußifche Staaisdienſte, begleitete mehre Geſandtſchaftspoſten in Polen, 
mark, Schweden u. Rußland, wohnte 1707 den Tilfiter Srievensunterhanblungen 
bei u. war 1803 als preußifcher Abgeordneter bei der Zufammenkunft im 
> Koͤnigsberg unterhandelte er mit Darı über die Räumung ber 
onarchte, wurde Minifter des Wuswärtigen u. nahm am Abſchluſſe wer 
mit Frankreich Theil, welche 1812 das Berbältnis Preußens feRf 
dem Rüdjuge der Zranzofen aus Rußland blieb er als Praͤſtdent ber 
Eommilfton in Berlin, ward nad) dem Pariſer Frieden. Oberhofmarfi ud 
preußtfcher Gefandter am Bundestage. 1824 von dort abgerufen, Rark er 1825. 
— 3) ©. (Hubert), ein gelehrier Numismatifer aus Würzburg, geboren 1526, 
befchäftigte fi, neben der Malerei, mit Alterthümern, alten und 
Münzen und reiste in diefer Abſicht durch Deutichland nach Stalin, wo er be 
berühmteften Sammlungen ſah und roͤmiſcher Bürger wurde. Er lebte theils m 
Antwerpen, theils zu Brügge u. flarb am letzteren Orte 1583. Gelne er 
niwperpen 


B 














F 


Ha 






umfaßten das ganze Gebiet der alten Muͤnzkunde u. er befchrieb zuerſt 
Münzen (Graecise universae numismata cum comment. Lud. Nenii., 
1620, Sol. Sicilia et mogna Graecia ex nummis etc. Opera, Antwerpen 1708, 
5 Bände), aber weder feine von ihm feibft geägten Abbildungen, noch feine Be 
ſchreibungen find treu, fondern er erlaubte Na willfärliche Yuslafiungen u. Zw 
fäße; doch bleibt ihm das Verdienſt, dad Studium der Rumismatik belebt zu 
haben. — 4) G., Heinrich, berühmter Kupferflecher, geb. zu Murlbr ohn⸗ 
weit Benloo 1570, ahmte Anfangs Albrecht Dürer u. Lukas von Seyben per 
mehren 













Taͤuſchung nad; als er aber nad) Italien fam und nach ven ſch 
zeichnete, wurde er mehr Original. Es berrfchte zwar in feinen Formen 
theils der niederlaͤndiſche Geſchmack, er theilt audh felten das Licht redyt aus m. 
man findet bei ihm manchmal etwas Geſuchtes; allein in der Ausfüh wet 
er Meier u. grub mit dreiftem, gewiffem u. ausdrudsvollem Etiche, w tm 
wenige der folgenden Kupferftecher übertreffen. Gen Blatt „die Beichneidumg” 
IR eined der ſchoͤnſten. Man hat audy etliche gute Holzfchnitte in Helldunkel von 
Pin feine Hmmtihen Werke belaufen fi) auf 346 Blätter Gr Rarb m 

em 

Golubacz, Burgruine in Serbien, auf einer in die Donau vworf enden, 
faſt unertterglichen Felsmaſſe thronend. „Dieſes Schloß”, fagt von lile, 
„bat das wunvderbarſte, geheimnißvollſte Ausſehen, und die ganze Lage gewäht 
den wildeſten u. ſchoͤnſten Anblick, den ich auf der Donan leune. Der gewal 
Strom hat oberhalb eine Breite von 2000 Edhritten; er verengt ſtch am 
des feltfamen Schloſſes auf vieleicht nur 400 und fließt zwiſchen ten, bims 
melhohen Feldwänden in einer tiefen, finſteren Schludt bin.” Ben ben nem 
vieredigen Streitthürmen dieſer merkwürdigen Veſte ſtehen brei auf Dem böchken, 
fharfen Rande des Felsrüdens, drei auf der Hälfte des weſtlichen Ab 
und drei fenten ihre Grundmauern in die Tiefe des Strombettes. on die 
Römer hatten bier ein Kaftel, Cupas genannt, weldyem wie Ungarn u, Türken 
fodter mehre Reubguten beifügten. - Im Jahre 1391, &2 Jahre von. der Erobes 













Gomariften — Gondeln. 915 


rung Konftantinopeld, wurde Golubacz von den flegreichen Schaaren Sultans 
Bajazeth erlürmt, durch Peter von Pereny aber wieder an Ungam znrüdge- 
bracht. 1428 fiel die Feſtung zum zweiten Male in die Hände ver Türken, und 
König Siegmund machte im darauffolgenden Jahre vergebliche Anftrengungen, 
fie ihnen wieder zu entreißen. — Eine der wunderbarften naturhiftorifchen Er⸗ 
fheinungen find die fogenannten G.er Müden (Similium reptans, nady Ofen), - 
welche im Frühjahre aus den Epalten u. Höhlen des umliegenden Gebirges in 
ungeheueren wolfenähnlidhen Schwärmen hervorbrechen und für die benachbarten 
Gegenden ald wahre Landplage erfyeinen. Ihre Angriffe find auf das im Freien 
weidende Vieh gerichtet; fie Eriechen den Thieren in die Augenhöhlen, Naſen⸗ u. 
Dhrenöffnungen u. in den After u. veranlaflen durch ihre Stiche vie heftigften 
Entzündungen, die nady wenigen Stunden den Tod herbeiführen. Nach amt- 
lichen Erhebungen find 1842 in ven angrängenden Diftriften Serbiens, in Folge 
der giftigen Stiche diefer Inſekten, mehr als 2000 Stüde Hornvieh, 700 Pferde, 
300 Schweine, 250 Ztegen u. bei 30 Schafe umgeftanden. mD. 

Somariften, eine proteflantifcye Sekte, die ihren Ramen von Gomar, ‘Pros 
feffor der Theologie in Leyden, bat, der die Lehre Calvins von der Brädefi- 
nation (ſ. d.) gegen feinen Gollegen Arminius, von dem diefelbe angegriffen 
wurde, vertheidigte. Gomar behauptete nämlidy, des Arminius Meinung beziele, 
die Menfchen ſtolz und anmaflend zu machen und raube der Gottheit die Ehre, 
Urheber der guten Geiſtes⸗ und Herzendanlagen im Menfchen zu ſiyn. Mit dies 
fen Deklamationen brachte er Prediger und Volk auf feine Seite, und felbf der 
Prinz Moriz von Oranien ſchlug fi) zu den G. und benüste dieſe Irrung zum 
Berderben Barnevelt's (ſ. d.). Die ©. brachten es dahin, daß eine Synode 
im Jahre 1680 zu Dortrecht gehalten wurde, worin man die Meinungen 
des Urminius und Calvin's Lehre prüfte: die Akten dieſer Synode find 
dimar gut abgefaßt, man ging aber zu fehr von dem Lehrbegriffe Calvins ab und 

ehauptete nur, daß der Berdammungs⸗Rathſchluß eine Folge des Falles des Mens 
fhen und der Erbſuͤnde ſei. Diefe Synode nimmt an, daß, da alle Menſchen 
der Erbfünde unterworfen und als Kinder des Zornes geboren werden, fie audh 
alle die Hölle verdient haben, Bott aber in feiner Barmherzigkeit befchloffen habe, 
einen Theil aus der Maſſe des Verderbens auözufchelden und in der Gerechti 
keit erben zu lafien, währenddem Er die anderen in der Verworfenheit zuruͤck⸗ 
1opt — Wa die Freiheit anbelangt, fo verwirft die Synode fie nicht offenbar, 
wie Calvin und Luther; man räumt dem Menſchen natürliche Kräfte ein, das 
Gute zu erfennen und zu thun, erflärt aber feine Handlungen immerhin für fünd« 
haft, well fe fletö einem verdorbenen Herzen entiprofien. Wan gibt zu, daß die 
Gnade auf den Menfchen nicht, wie auf einen Klog oder ein Automat, einwirke, 
fondern dem Willen feine natürliche Beſchaffenheit laffe u. ihn nicht zwinge, das 
heißt: daß er nicht wollen müfle, ohne zu wollen. Vergl. die Art. Arminius 
und Holland. 

Gomis, 3of iR Melchior, Operncomponift, geboren 1793 zu Antentente 
(Balencia), biloete befonders nady Mozart und Haydn, ward 1814 Muflfs 
direftor in feiner Vaterſtadt und brachte 1817 in Madrid mehre kleine Opern 
zur Wufführung. In ‘Paris, wohin er ſich feit 1823 gewendet hatte, vermochte 
er wegen Reid u. Intriguen keine Oper zu Etande zu bringen; von London aus, 
wo er nun als Mufllichrer lebte, ſchien es befler zu gelingen, allein feine Oper 
fam nidyt zur Ausführung. Erf 1831 erfchlen und geflel feine Oper »Le Diable 
à Sörille,« u. 1833 »Le Revenant,s Mber im Kampfe gegen die Intriguen hatte 
er die Geſundheit und die Spradye verloren. Dennoch componirte er noch »Le 
Portefsixs und farb 1836, 

Gomorrha, |. Sodom u. Gomorrha. 

Bonagra (griech.), Aniegefhwuif, gichtiſcher Schmerz, neiR Bist 
an dem Kniegelenfe. | . —F 

Gondeln find flache, gegen 30' lange und etwa 4' SS nr 


916 Gonfaloniere — Bonfalvo, 


nedig zur. Communikation auf den Kanälen gebraucht werben. In ber Mit ia 
findet ſich eine mit ſchwarzem Tuche überzogene Hütte, in welche bie Fahrene 
rüdwärts einfteigen; auch iſt Die ganze ©. ſchwarz angefiridyen. Nur der Deg 
und die fremden Befandten durften ſich fonft bımter ©, bebienen. Die ©. Fühe, 
Bondoltiert, kennen jeden Winkel in der Stadt und find gewöhnlich bie ap 
führteften Gelegenheitsmacher; über ihre befannten Geſänge vergleiche ven 
tifel Barcarole. 

Gonfaloniere hieß im Mittelalter das, aus dem Adel erwählte, Oberbam 
einer italienifchen Rrpublif. Solche ©. hatten z. B. vom 11—15. Jahrhunden 
Florenz, Bologna, Lucca u. a. italienifcye Kreiftanten,. in denen, nad) ber Be 
ſchiedenheit der Berfaffung, auch die Rechte u. die Gewalt der ©. verfchieben ne 

Gonfalonieri, Graf von, Haupt der Earbonart (f. d.) im lombarkii‘ 
venetianıfchen Königreicdye, wurde deßhalb von der öfterreichifchen Regierung vs 
haftet und zum Tode verurtheilt, vom Kaiſer aber begnadigt und auf dem Ey 
berge gefangen gehalten, wo er bi8 1836 faß, dann aber gegen das Berfprcde 
nad Amerifa auszuwandern und nicht wieder nad) Europa zurüdzufommen, fe 
gelafien wurde. Er brady indefien fein gegebened Wort u. zeigte ſich fchon 18% 
wieder in Paris. 

Gongora y Argote, Luis de, ein berühmter fpanifcher Dichter, geboren 
Cordova 1561, trat in den geiftlichen Stand, u. kam in der Folge an den 
niglicyen Hof, wo er die Wurde eines Ehrenkaplans des Königs erhielt u. Rat 
1627 in feiner Geburtoſtadt, wohin er ſich zurüdgezogen hatte. Er war eine 
trefflicher Kopf, mit wahren Dichtertalenten ausgerüftet, die aber zum Theile r 
der Ausbildung eine falfche Richtung nahmen. Inter feinen früheren Schriie, 
denen vor den fpäteren der Borzug gebührt, zeichnen fidy befonders vie burlak 
fatyrifhen und die naiven Bollslieder aus; die Romanze hingegen gelang is 
weniger. Durdy feine fpäteren Schriften, in weldyen er als angeblidyer Rein 
mator des eınflen poetiichen Styls auftrat und deren Spradye oft felbft für Eye 
nier fehr fchwer verfiändlich ift, gab er au pedantifcher Affeltatien, zur Ueberladm 
und Berfünflelung der poetifchen Sprache und Darftellung den Ton an. Eu 
Werke errchienen zu Madıid 1627 und 1633, und wurden auch von feinen Edi 
lern — doch oft fehr geſchmacklos — commentirt. Kine gute Auswahl fan 
beſſeren Gedichte gab Ramon Fernandez, Mapr. 1789, heraus und einig 
feiner Romanzen überfegte Jacobt ind Deutfcye, Halle 1767. 

Gonkometrie, wörtlidy: dad Meſſen der Winkel (durch Werfzeuge u. Red 
nung); ın der Geometrie: der Jnbegriff der Säge und Aufgaben, welche % 
Bergleihung der Winkel und der ihnen zugehörigen Kreisbogen mittelft der vr 
ihnen abhängigen Linien, und die Relation diefer Linien felbft betreffen. Auf w 
Zormeln der ©. ift die Trigonometrie (f. d.) bafirt, 

Gonfalvo von Cordova (Gonzalo Hernandez y Weutlar), il Gr« 
Capitano, der große Feldherr genannt, geboren 1443 zu Montilla bet Gorder: 
aus edler Yamilie, bildete fidy zum Krieger im Kampfe gegen Portugal und us 
Feldherrn im ntfcheidungsfampfe gegen Granada. Hoch belohnt von en 
Gerdinand dem Katholifchen, ficherte er Neapel deſſen Berter, vem Könige $erdinan 
von Neapel, indem er die Franzoſen vertrieb. Abermals, aber um Neapel mi: 
den Franzoſen zu theilen, erfchten er 1500 daſelbſt, fehte ſich ſchnell tm den 
Beflg des ſpaniſchen Antheils, gerieth jedoch mit den Frangofen in Gränzfireitig: 
feiten und ın Kampf. Die Stege bei Senninara und Gerignola entjchieden fein 
Uebergewidht ; aber neue fransöflicbe Verflärfungen fchienen ihm die Früchte del 
Sieges zu entreißen, als er mit frifcdyen Truppen dın Franzoſen bet Gariglianc 
29. December 1503 eine volfländige Niederlage beibrachte. Mit dem Herzog: 
thume Sefa belohnt, und zum Bic fönige von Neapel erhoben, führte er weıfe dat 
Regiment, ald es feinen mächtigen Feinden gelang, den König Ferdinand au fe: 
ner un zu bewegen. Vom Hofe enıfernt, farb er auf feinen Gütern 
in Granada 1515, 


Gontant — Gorbium, MM 


Gontant, f. Biron. 

Gonzage, der Name eines ttalientfchen Fürftenhaufes, alfo genannt von 
dem Flecken ©., oder nad) Andern von einer edlen Lombardin Oomaglı, welche 
mit Hugo, einem Enkel Kaiſer Lothars, vermählt gervefen ſeyn foll. ichtig in 
der Geſchichte wird das Geſchlecht G. erſt im Fahre 1328, als Ludoviko L 
G. die Stadt Mantua überrumpelte, wobet der bisherige Herr derfelben, Pafſerini 
di Buonacorfi, fiel und an feiner Stelle Ludovico mit dem Titel Capitano Herrs 
feher ward, Die neuen Gebieter von Mantua wurden nad) einander Podestä, 
dann Markgrafen 1432 u. endlich Herzoge 1530 u. behaupieten die Herrſchaft, 
bis der Mannsftamm um 1708 ausftarb; doch fchon vorher (1703) hatte der Kats 
fer wegen des Bündniffes des letzten Herzogs Karl IV. mit Ftankreich Mantua 
als ein verwirftes Lehen .eingezogen (S. Mantua ©.) Bon dem Hauptflanme 
der ©. waren nad) und nad) mehre Seltenzweige ausgegangen ald: a) die Or as 
fen v. Rovellara im Gebiete von Modena, abflammend von elerino, dem 
jüngften Sohne Ludwigs I., welche 17238 ausſtarben. b) Die Herzoge von 
®uaftalla im Gebiete von Parma, geftiftet durdy Ferdinand G. Bruder Fried⸗ 
richs II. von Mantua 1519, erlofchen 1764. c) Die Kürften von Eaftiglione 
und Solferino, gefliftet durdy die Brüder des Markgrafen Friedrich I. von 
Mantua 1448; die Rachkommen wurden 1727 wegen Lehendverbredhen aus ihrem 
Befige getrieben (ihre Linte beftchet noch in dem jetigen Haupte Aleſſandro, Ges 
neral in fpanifchen Dienften). GSämmtliche Bellgungen des Haufe ©. kamen 
fo an O,fterreidh, außer Guaflalla, welches ver Katfer 1748, nebft Parma und 
PBiacenza, dem Haufe der fpanifhen Bourbons abtrat. Unter ben nicht regieren» 
den G.s find zu bemerfn: 1) Julia, Gemahlin des Herzogs Vesopaſtano Eos 
lonna von Trajetto, welche fo fchön war, daß Sultan Soliman I. ihren Aufent- 
haltsort Fondi erflürmen ließ 1534; allein Zulta entfam glüdlidy den Barbaren 
und blieb audy nach dem Tode ihres Gemahls demfelben nody trau. — 2) Fer⸗ 
nando ©., Sohn Franz II, Markgraf von Mantua, geboren 1506, trat in kai⸗ 
ferliche Dienfte, focht in Ungarn, der Provence u. in Flandern; war dann Statt- 
halter von Matland, wo er Piacenza einnahm 1551 und Parma vergebens ein, 
ſchloß; fpäter focht er nody bei St. Quentin; er flarb 1577. — 3) Srederico 
©., Herr von Bozzolo, Enkel des Markgrafen Ludwig II von Mantua, einer 
der beften italientfchen Feldherren feiner Zeit, diente Kranz J. Könige von Frankreich, 
und ward mit diefem bei Pavia gefangen 1525. — 4) Wloyfius ©., der 
Heilige (f. Wloyfiuß). v. Dr. 

Goralen, d. 5. Gebirgsbewohner, heißen die flavifchen Bewohner der 
Karpathen, ein Fräftiger Volksſtamm, aber unmiffend und faul. Sie nähren fidy 
vorzugsweife von der Berfertigung von Holzarbeiten, die fle meiſt nad Krakau 
verlaufen, Unter dem Adel, namentlich dım höheren, findet man nicht felten fehr 
. gebildete und unterrichtete Leute. 

Gordianus, Rame von drei römifchen Kalfern. 1) M. Antonius ©. TI, 
war Broconful von Afrika und wurde, ſchon über 80 Jahre alt, im Aprit 237 
n. Chr. zum Gegenkaiſer des Mariminus audgerufen und vom Genate beftätigt. 
Er nahm feinen Sohn 2) ©. II. zum Mitregenten (Augustus) an. Der Bater, 
aus fehr alter Familie und von aroßem Vermögen, befaß einen vortrefflidhen Cha⸗ 
rafter, der Sohn war aber ein Priapus feiner Zeit. Ihre Refldenz war Karthago. 
Gapellianus, Gtatthalter von Maurttanien, beflegte Beide 3. Juli 2373 der Sohn 
biieb im Treffen, ver Vater töntete fi. 3) ©. IIL, ded zweiten &. Sohn, oder 
wenigſtens Schweſterſohn, wurde, etwa 18 Jahre alt, 233 Kalfer. Er regierte, 
unter Leitung feines Schwiegervater Mifttbeus, ſehr rühmlich und beflegte die 
Gothen und die Perſer 242. Aber nach Mifltheus Tode 243 wurde er von dem 
Praͤfektus Prätorio Philipp gezwungen, ihn zum Mitregenten anzunehmen und 
bei einer, amifchen ihnen ausgebrocdyenen, Streitigfeit getöntet 244. 

Gordium, fpäter Jultopolis, Stadt in Galatien, erhielt ihren Runen ST 
ihrem Erbauer Gordius, einem phrygifchen Landmanne, der in Tolqe Pe 


— Geben ·Gorgias. 


Drafels zum Könige von oben — Dia 
ige Rand der ie 
Eulen sat aen, 3 für Frege getennen, et Ä A 14 
— fa ber langen. ra 
gl xx q #5) bie 


die Löfung 
* 3536 Suoten, gie Bang, mit 
——S — ver gewaltſame fi 


—5 leſung einer ii. Bot goth 
BRENNEN —— das wahrſcheinlich mit A 
on, wal 
5* aus der Rormandie nad England kam, fich 
Kgouticen elf Berwid —— en 1684 die — a 
führen daraus 4) Geor Gohanı @,8 und Gafel des Grafa 
Alerander von ui, — Aut. Free] uns, ald Jakob V. zu feine 
Bamählung Rad des König 
tertrieb ex bie war, mit Eduard ws en 
warb 1546 Kanzler von an ’ 1555 vergebens bie Blan-R 
* HT Vrorhaniiher kchıe in G0n * Ki 
22 jen, - ie er roten. ehre 0 
feinem „Sohn fü 


* — 3 169 Sr im ZTürfenfriege und J— 
Mom, wurde 169° ———c ren tan unterbrüdte bie Emp de 
Ehelpen unb farb 
zoͤfiſch n Mrmer, dann, von dem Borigen, feinem Berwandten, na E ie 
rufen, fm Heere Peters des Großen, ein, pe aber in ſchwediſche —S—— 
in ver er 8 Jahre blieb, lehrte in fein Vaterland zurüd und flarb 1752. 
fürks eine Geſchichte Peter's des Großen, deuiſch von Wichmann, Leipı. R- 
2 Bde. — 4) Geo ©. gewöhnlich Lord ©. &. genannt, Sohn des Herioge 
Georg ©., „gern 1750 in Sgoitland, diente nody während des amerikaniihen 
Kriegs zur See, faß dann für den Swam Ludgerihal tm Parlamente, wo er nit 
13 Talent, aber ſtets excenttiſch, den Miniſtein opponirte. Als 1780 eine BU 

für die —E der Katholiken eingebracht wurde, überreichte er, von 
einem ungeheueren Menſchenhaufen begleitet, eine Bittichrift age, Es erfolgte 
ein fürdyterlicher Auffland, wobel mehre Tatholiiche Kapellen und Wohnhäufer vw | 
ſt drt, das Gefängniß Rewgate u. m. a. erbrı wurden. Lord G. warb zwar 
von der Anklage des Hochverraths freigefprodyen, aber 1786, weil er ſich nicht 
als Zeuge vor einem Gerichte ſtellen wollte, ercommuntcht. Im Jahre 1788, nad 
dem er zwei Mal Schmähungen gegen ven franzdſiſchen Gefandten, bie franzd 
ſiſche Königin und die Criminalgerichte Englands überführt worden war, begab 
er fi nach Holland, warb aber verhaftet nady England zurüdgefendet und nad 
Newgate gektacht, wo er, zum Judenthume übergetteten, 1793 Rard. — 5) Str Tb 
mas, ein befannter Philhellene, aeboren 1788 in Schottland, bereiste als Dffi: 
ter den Otient, trat 1812 in ruffifche Dienſte, lebte von 1815—17 tn Konkan 
tinopel und elite 1821 von Schottland aus der griechiſchen Breheis m — 
Raqh dem Falle Tripoltzza's Fehrte er nach England zurüd, war aber 1826 chon 
wieber in Grlechenland. Als Fabvier in Athen eingeiclofien war, unternahm ex 
von Salamis aus eine Diverfion und feßte ſich im Phalareus fe. 

Gorgias, aus Leontini le Philoſoph, Etaatemann, Redner und 

Rhetot, ledte etwa 480 Jahre vor Ehr. Geb, wi Kben, ‚giöfnete be daſelbſt zuerk 
eine Schule der Berevtfamteit und ermunkee In In Yarın Ur Ya um 


Borgonen — Gorgenia. 918 


Kriege wider die Perfer; auch hielt er den, in der falaminifchen Schlacht gefals 
lenen, Kriegern eine Leichenrede. Man hat nur noch zwei Uebungsreden (uelE- 
zaı), die ihm wenigſtens beigelegt werven, die eine zum Lobe wer Helena, die an . 
dere zur Rechtfertigung de® :PBalamebes. Sie ſtehen im 8. Bande der Reiéke⸗ 
fen u. im 5. der Bekker'ſchen Sammlung. Gicero rühmt feine redneriſchen 
Talente u. hebt beſonders fein Beftreben nad Rundung der Perioden u. finnreis 
hen Antithefen hervor. 

Gorgosnen waren in der alten Mythologie der Griechen drei fcheußlich ges 
ftaltete Schweſtern, Stheno, Euryale u. Meduſa, Töchter von Phorkys u. 
Keto. Homer ſcheint nur Eine Gorgo zu kennen. Nach Heſiodos mohnten bie 
G. an der Bränze der Rat (Weſt⸗Europa) u. find unfterblich, Meduſa ausges 
nommen, weldyer daher Perſeus (deßwegen fein Beiname Gorgophonué) 
der ©.:Tödter, oder Athene, die fie nach athenifchen Sagen töbtete, Gorgophone) 
den Kopf abfdylagen konnte; aus ihrem, früher von Hofeibon befruchteten, Blute 
entfprangen die Roſſe Chryfaor u. Begafos. Nach Späteren wohnten fie alle 
3 an der Äußerflen Spige Europa’d, in der Gegend der vormaligen Kimmerler, 
haben mannigfadye Attribute: ungeheuere Zähne, eherne Hände, goldene Klügel, 
Schlangen als Haare u. f. w. — Meduſa (f. d.) kommt vorzüglich unter dem 
Namen Gorgo vor. 

Borgonia, die Heilige, gu Nazianz um das Jahr 326 geboren, eine 
Schweſter des heiligen Gregor von Raztanz (ſ. d.), wurde von ihren frommen 
Eltern zur innigſten, liebevcliken Verehrung Botted erzogen. Obgleich fie mit 
reizender Ehönheit einen fehr hellen Berftand und viele weliliche Kenntniffe vers 
band, fo waren ihr dennody alle Eıfindungen der Eitelkeit in Pub und Zierrath 
ein Graͤuel; fie blieb ſtets nur darauf bedacht, ihre Seele mit Tugenden zu zie⸗ 
ren u. fah überhaupt Kleider nur ald Mittel an, ihre Blöße zu beveden, und 
als Antrieb zur Demütbigung, weil fie einen Beweis von dem Falle unferer 
Stammeltern liefern. — Befeelt von der lebendigen Eitkenntniß Jeſu, entfaltete fie 
ihre Einfidten u. Geſchicklichkeiten nur, fobald es die Nächftenliebe heifchte, Ans 
dern mit Raıh, Hülfe u. Troſt beizuſtehen. Sowohl in der alten, als neuen Ge⸗ 
ſchichte recht gut bewandert, ließ fie fi) dennoch nie einfallen, ein gelehrtes Ge⸗ 
ſpräch zu unterhalten, weil fie alles eitle, unnuͤtze Reben verabfcheute, nur daß 
Nothwendige fprady u. nur hören oder reden wollte, was zu Gott führt. Ihr 
ſtiller Sinn verbürgte, daß fie in ihrem Herzen unaufhoͤrlich mit Gott befchäftigt 
war; daher wadhte fie auch mit fleter Borficht über ihre Blide, aus Furcht, eis 
was Gefaͤhrliches zu fehen, u. betrachtete ſich als Fremdlingin auf dieſer Erbe, 
weil ihre Samalı der Himmel war. — Nach dem Willen ihrer Eltern ver 
mäblte fie ſich mit einem vornehmen u. reichen heidniſchen Jünglinge aus Pifi⸗ 
dien, dem fie 3, Töchter gebar. Durch ihren willigen Gehorfam u. fanfte Nach⸗ 
niebigkelt in Wilem, was ihr Gewiſſen nidyt verlegte, ficherte fie fidy die eheliche 
Eintradyt und gewann audy ihren Gemahl für den chriftlichen Glauben. Mehr 
durd eigenes Beifpiel, als durch Worte, erzog fle ihre Töchter von dem zarteften 
Alter zur liebevoliien Dankbarkeit gegen Gott. Ihr Haus war ein Zufluchtsort 
der Armen, Wittwen u. Waiſen; vorzüglich willflommen waren ihr fromme Chris 
ften, denen fie gerne jede B.quemlichkeit verfchaffte, unbefchadet der Gaſtfreund⸗ 
ſchaft, die fie allen Fremdlingen erzeigte un. des Mitleivs, das fie allen Leidens 
den gewährte; dennoch blieb ihr G.muͤth ſtets feft mir Bott vereinigt, daß we⸗ 
der eigene, noch Anderer Leiden ihren ruhigen Gleichmuth zu flören vermochten. — 
Bet allen diefen Werken chriftlicher Liebe war nur das Wohlgefallen Gottes ihr 
einziged Augenmerk, Gie verlangte feinen anderen Lohn, ale den, von Jeſu allen 
denen verhetßenen, die ſich mit zeitlichen Gütern Schaͤze für den Himmel ſam⸗ 
meln; daher durfte ihre linke Hand nie erfahren, was bie rechte gah; auch glaubte 
fie für ihre Kinder beffer zu en, wenn fle einen großen I des vergz d 
chen Reichthumes gegen den ewigen eintaufchte. Ungendhtet ihrer großen BES 
thätigteit führte fie ein fehr ſtrenges Lebenz denn fie ließ fich nicht yon ven 


920 Borkum — Goslar. 


ſeligen Wahne täufchen, als koͤnne durch Mitleid gegen die Armen die Schuh 
eines üppigen Lebens vol ſinnlicher Genüffe getilgt werben; fie faſtete ſtreng, 
brachte ganze Nächte im Gebete, auf der Erde liegend zu. Nichto vermochte fe 
son diefen frommen Uebungen, bei denen ihr 85 ſo innig durch Liebe mit Gott 
vereinigt war, abzuhalten. Sie zog einſame Zimmer den Prunkſaͤlen vor, weil 
jene der Gemüthsſammlung und wahrer Andacht günftiger find, als dieſe; dabei 
vermied fie möglichft weltliche Geſellſchaften, die ihr beſchwerlich fielen. Ihre 
Sehnſucht nady dem Umgange mit den Wuserwählten im Himmel wuchs mit 
jenem Jahre, bis fie endlich in venfelben aufgenommen wurde — Sie berettet 
ſich zu ihrem Tode freubiger, als zu einem Fee, u. gab im Belfeyn ihrer But 
ter, der heiligen Ronna, ihres Gemahls, ihrer Töchter u. ihres Beichtvaters den 
Geiſt mit den Worten auf: „Ich wid im Frieden einfchlafen und ruhen,“ tm 
Jahre 371. Jahrestag: 10. Der, 


Gorkum, feſte Stadt in der niederlännifchen Provinz Suüd⸗Holland, an der 


Merwe u. Linge, mit 8000 Einwohnern, hat eine lateiniſche Schule, eine gelehrte 
Geſellſchaft, eine ſehenswerthe große Kirche, und mehre anfelmlidye Gebaͤnde, 
worunter namentlidy dad Stadthaus; Thon⸗Pfeiffenfabriken, ſtarken Getreide 
handel u. Lady8- Fang. — ©. entſtand durch die Bewohner des Fifcher » Dorfes 
Wolfort, weldyes die Bewohner auf Befehl der Herren von Arkel verließen 
u. ſich um deren neugebautes Schloß niederliegen. Die Leute hießen wegen ihrer 
Armut) Ghorkens, u. daher foll ver Name ©. entftanden feyn. 1572 wurke 


ed von den Hollänvern belagert u. genommen; 1672 durch General Würz vr 


der Occupation der Franzofen gefhüst, und am 20. Februar 1814 ergab ſich 
G. den Allirten. 

Gorofiza, Don Manuel Eduardo de, Diplomat und Luſtſpieldichter, 
geboren 1790 zu Veracruz, führte fi in Madrid 1815 als Dichter vurch vie 
treffliden Komödien: »Indulgencia para todos,« »Don Dieguito,« »Tal cusl 
para cual etc.« ein, floh, als Anhänger der Gonftitution, 1823 nady England u. 
vermittelte die Anerkennung der Unabhängigkeit Mexiko's in Preußen u. Holland u. 
Iebte ald Gefandter in London u. Parts. Später faß er im Gtaatsrathe m 


Merifo u, war diplomatiſch in Rord-Amerifa (vergl. feine »Memoria«) thätig. 


Eine Sammlung feiner Dramen, worunter bie Komödie »Contigo pan y ce 
bollo« für das Befte gilt, erfchten als „Teatro escogido,« 2 Bpe. Brüffel 1825. 
Gorthäus, ein Schüler Simons des Zauberers, im erften chriſtlichen 
Jahrhunderte, nahm, nady einigen Schriftflellern, in ver Lehre feines Meiftere nur 
etliche unbedeutende Veränderungen vor; nad) Andern wieder den fleben erfim 
äretifern beigezählt, die nady Jeſu Himmelfahrt die Lehre der aufkeimenden 
rche verfälfchten, und von denen man mehr die Namen, ald ihre Brundfäge 
kennt. Rur fo viel wiffen wir, daß fie die, von den Apofleln u. erflen Chriſten 
Jeſ Ss erehrung verwarfen u. die Wuferfiehung läugneten. 
oje, f. Bier. 

Goslar, fehr alte u. finftere Stadt im hannöverfchen Fürſtenthume Hildes⸗ 
beim, an der Gofe u. am Fuße des norbweftlicdhen Harzes, mit 7500 Einwohnern, 
weldye Tapetens, Spielfartens, Leder, Tabaks⸗, Stahls, Pottafches und Pulver: 
Fabriken, Branntweinbrennereten, große Bierbrauereten (Goslarer Bofe) u. Han» 
del mit Bergwerfe- u. anderen Gewerbsprodukten, ftarfen Getreide⸗,, Branntwein-, 
Del: u. Wollhandel treiben. Bemerkenswerth find: Die Wohrd, in früheren Jei⸗ 
ten bisweilen Wufenthaltsort der Katfer, 1289 abgebrannt, jetzt ein Gaſthof. Die 
alte Domkirche ift 1820, bis auf eine zur Aufbewahrung einiger Alterthümer be 
Rimmte Kapelle (mit dem alten Katferftuhle, Gladmalereien u. dem fogenannten 
Altare des Krobo, der aus fünf Metallplatten befteht) abgebrochen. Marktkirche 
mit Bibliothek; Stephanskirche; altes Erzbeden auf dem Markte. In ver Nähe 
der Rammelsberg mit feinen gewaltigen, feit 700 Jahren ſchon benüßten Er» 
reichthümern, beftehend in Blei (2000 Etr. jährl. Ausbeute), Glätte (1100 Gir.), Kn⸗ 
»fer (80 Etr.), Schwefel (800 Ctr.). Der reine Ertrag diefer Bergwerfe wird auf 


Goſſelin — Gotha, 921 


40,000 Thlr. geſchaͤtzt. Auch Silber wirn, jedoch wenig gewonnen; Gold kommt vor, 
Doch wird auf dasſelbe nicht gebaut. Das Blei wird in 2 Fabriken zu Rollenblei u. 
in 2 anderen zu Schrot (gos lariſches Schrot) verarbeitet. Hoͤchſt wichtig 
find auch die 2 Bitriolbrennereien u. 2 Vitriolſtedereien, die ne Arten Bitrtol 
umd den Eifenvitriol auf dem Bontinente faſt ausfchließlich bereiten. Diefe Bis 
triolöfen gehören dem hannöverfchen u. braunfchweigifchen GEommunbergamte, das 
alle Bergprodufte zu einem beftimmten Preife erhält. — ©. ward nad) der Sage 
von Heinrid, dem Vogler erbaut; gewiß tft, daß bie Bergwerfe bei der Stadt 
feit dem 10. Jahrhunderte bkühten. Ste war von jeher Reichsſtadt. HeinrihIL 
reftirte in G.z ebenfo mehre der folgenden Kaiſer. Ste erbauten ben dortigen, 
jert abgebrochenen, Dom und mehre Kirchen in ber Stadt; 1062 fund bei der 
Anvefenheit des Katfers Heinrich IV., das fogenannte godlartfche Blutbad flatt, 
indun der Biſchof von Hildesheim, im deſſen Sprengel ©. lag, u. der Abt von 
Fulda, als Erzkanzler der Katferin, über den Borrang in Streit geriethen, der 
in der Stiftokirche in offene Fehde ausartete, die felbft der Katfer nicht hemmen 
Fonnte, fondern fliehen mußte Die Fuldaiſchen wurden bezwungen u. aus ber 
Kirche vertrieben. 1365 trat ©. zur Hanfa; 1521 nahm es die proteftanttfche 
Lehre cn; 1540 wurde die Stadt in die Acht getban, da fie ein Klofter verwü- 
ftet hate, u. Herzog Heinrich von Braunfchweig,, der die Acht vollziehen follte, 
gerieth, tarüber mit Sachſen u. Heſſen in Krieg, in dem er unterlag, doch aber 
©. 1552 belagerte u. zu nachtheiligen Eapitulationsbebingungen zwang. 1625 
ward G. von Chriſtian von Braunfchweig vergeblich belagert; 1631 wies 
der von Herzog Wilhelm von Weimar und von den Schweben erobert; 1803 
verlor es feine Reichöunmittelbarkeit u. Fam an Preußen; 1807 an Weſtphalen; 
1816 an Hannover. 

Goffelin, Bascal François Joſeph, geboren zu Lille 1751, erforfchte 
auf feinen Helfen durch Süd- u. Well-Europa 1772 — 80 die Angaben der rös 
miſchen Ftinerarien, wurde nad) mehren Anftellungen 1799 Auffeber des Munz⸗ 
Gabinetd, der Gemmen und Antifen zu Paris; 1816 einer der Redaktoren des 
Journal des savants u, farb 18305 er fchrieb: Bergleihung des Strabo u. Pto⸗ 
lemaͤos in Hinſicht ihrer Verdienſte um bie Erdkunde, Barid 1789 (PBreisfchrift); 
Göographie des Grecs, ebendaf. 1790, 4.5; Recherches sur la g6ographie des 
anciens, ebentaf. 1797, 1813, A Bde. 4. 
Goszezynski (Severtn), geboren in der Ukraine 1803, flubirte zu Wars 
ſchau, ſchloß id) vor Ausbruch der polniſchen Revolution geheimen Berbinduns 
em an u. war unter denen, welche am 29. Nov. 1830 den Großfürſten Kon⸗ 

antin im Schloſſe Belvedere überfielen, trat dann in die polnifche Armee, die er 
oft durdy feine Kriegsgefänge erhob, flüchtete nady Warſchau's Falle nady Frank, 
reich und lebt jet zu Lenzburg im ſchweizeriſchen Canton Aargau. Sein 
größere® Gedicht war Zamek Kaniowski, Warſchau 18285 Gefammelte Ge⸗ 
dichte, Lemberg 1828, “ 

Gotha, an der Leine, wohlgebaute Haupt: u. zweite Reſidenzſtadt des Her, 
3098 von Sachſen⸗Koburg⸗Gotha u. Sit der Landesbehörden, mit 14,000 Ein» 
wohnern, 7 Kirchen, einem Gymnaftum, Prediger, u. Schullehrer- Seminar, einer 
Handeldfäule, einem fchönen Theater, vielen Wohlthätigkeitsanſtalten, Fabriken 
in Porzellan, Kattun, Buntpapter, Lackwaaren ıc. Yeuerverficherungsbanf, Les 
benöverfihrungsbant. Bebeutender Handel. Auf einem mäßigen Berge erhebt 
fi) das Refivenzfchloß Friedenſte in, deſſen weitläufige, einen vieredigen Hof: 
raum umfüllegende Gebäude, außer vielen prächtigen Zimmern u. Sälen, auch 
ein berühmtes Mufeum enthalten. Daflelbe befleht aus dem chineſiſchen Gabinete, 
einer Waffen⸗ u. ——— einem Kunſt⸗ und Naturaliencabinet, einer 
Gemäldegalirie (800 Numern), einem ausnehmend reichhaltigen Münzcabinete 
(62,000 Münzen, 13,000 Abdrucke, 10,000 Zeichnungen) und einer Bis 
(140,000 Bände), Schloß und Stadt umgeben retzende Anlagen. In EN 
auf einer Infu, fieht man bie Gräber der Iehten Hergoge von S- 


[ Gehen... 
Ben des nur Stunden 
das Luſtſchloß Beate u We Giermwarte —— 
——— Berggarten n. Thurm, dan 
cn jun von Omas Die 44 Gtunde Done 
at Bu eben uk DE nen ed Grafhalle. — ©, 
lich en [0U von dem heiligen Gotthart, bie des Kioflers Heräfelb 
nachherigen — ⏑ mit Bauern nmgeben morben feun. Be 
getamten Bis «6 In ben Velp der Lanbgrafen von Thüringen, ielde 
Orimmenkein bier erbauten; dann nach vem Mußhterben dr 
an die Markgrafen von ‚Gerioa Iohann 3 
zum Unglüde der Gtadt u. des Landes, dem geädteien Ritter 
Beige vor Ealf wi X 3 
any en 
Ente. Si Be mm bl —— ui 
Srimmenfein am 18. Mprit 1567. der gleidy aemadıt wurbe. 
Stummern erbaute Gruß der dronme das jrhige Schloß u. nannte «6 
Der Kunfliche des Wären danlt ©. auch die Gräntung da 
1825 Aaıh Sriebrih_IV. ver Mannesftemm_ ber - 
a Sat und dan (28 LI Melk mit 100,000 Ein 2 him 
(ke) , von ven Alten Guti, Sotti, Gothones, Sutt ones 


—9 


ß 
\ 
F 
H 
f 
Ü 


| 
i 
ex 
f 


den Geien u. Scythen Chaher fie oft bei-ben Sriechen und Mömerz felbR mai 
dieſem Namen vorlommen). In der Hälfte des 2, Jahrhunderts n. Ce, 
! fle von den Ofufern ber nach, Sihen mb im 3, Jabebumbene u 

fie an den Donaumänbungen u. am ſchwarzen Meere. Bon Biefen Rie 
derlafjungen aus, wo fle wie Mon früber an ver Weichſel) in Greutunge 
(oMaten) u in Iherw nger (Wefgothen) getheilt haben, machten fie öftas 
ver: je Einbrüche in die römifche Provinz Daciaz ja, ſie drangen flenteih 
nad) Thracien und Macebonien, erlegten den Kaifer 6 nebR fü Som 
(251) u. konnten nur durch‘ einen Si ine zum ge beivogen werben. Ben 
dem Bosporus aus machten G. 


1 
» 
4 


ſchen 
—— Kleinaſien u. Griechenland; doch nun erlitten fie 269 
Sa eine fchredliche Niederlage bei Ralffus, unfern Theſſalenich 
zeljanus trieb fie dann völlig über die Donau (271) id, über!‘ 
ten zum bleibenden Sige 272. Während der nun folgenden 50 
unterwarfen bie ©. die benachbarten Bölferflämme u. gingen aus biefen 
wider Kalfer X 


* 
€ 


it 


nur nı mäßtiner hervor. Run folgten neue Kämpfe onkantin d. &, 
in wel die ©. Nachtheil ten und fo einen SOjährigen ingen 
334. Während dieſer Zeit Rand Hermanridy aus dem Geſchlechte Der 
(der Mafellofen), eines en] ed, an 6 ni ©oi 

fih vom ſchwarzen Meere 5i6 zur Offee und vom Don bie gegen de 
Theiß erſtredte: alfo über Thrarien u. Möflen (Gerbien u. Bulgarien), 
(einen Theil von Ungarn, das Banat, die Bufowina, Siebenbürgen, hei 


u. Moldau), große eıreten vom Sentigen Polen, Rußland und — umfaf 
end. Da Heimantich dieſes große Reich nicht überfihen konnte, fo jeßte er über 
te Güdgränge, wo die Weſt⸗h. wohnten (zwiſchen dem Dnifter u. der Donan), 
den Athanatich, aus dem Gefchlechte der Balten (der Kühnen) mit faft uns 
gel halle (7-89) act einige unkkunik ecke ecke 
te (367—69), erhielt ex die nilige unot 
& In diefe Zeit fült auch wie RE ENT STE 


ee SEE gene 
— er i y A 
Sasssiss EN Keen x an 333* 
ters Hill h [ih H 
PERF SEIFE EHE TE TIEREN Ir HERE 
J PER SE EEE ETTHE FE GREEN 
Er Bere — Er 4 
“3 J — 
—— — — 
rer 43332 sin 23: — söls y.9558 
ı AH EHE HEHIRER FE 
din He ee EIEI FE HE ER 
ra —— h ERREHEIHERT 
Mr BE KIHRHEERI TE DE TEE 
E Hein 1 be ash) STARTING 
ars Halın ET — salgss- Een 


924 J Gothen. 


die edle geiſtreiche Tochter Theodorichs, die Regierung führte. Allein das Be 
fireben, Ären Sohn gelehrt zu bilden, fcheiterte in dem Mißvergnügen der ©, 5 
fie mußte den Sohn an deren rohen Freuden Theil nehmen lafien, wodurch er 
itpeitie farb 534. Amalafwintba nahm nun ihren Better zum Gemahl und 
eichögenofien an, unter der Bebingung, daß die Regterungtgewalt ihr bliebe, 
Diefer, Theod ahad, gelobte ſolches unter den heiligften Schwüren ; aber aus eigener 
Niedertraͤchtigkeit, und von den Feinden der Königin noch ermuntert, ließ er fie 
bald auf eine Inſel im See Bolfena bringen u. dort erbroffeln 535. Der ofrös 
mifche Kaiſer Juſtinian 1., dem nad Italien gelüftete, trat nun ale RA 
Amalaſwintha's auf. Beltfar, fein berühmter Feldherr, eroberte Sicilien u. machte 
aud in Stalten große Fortfchritte Da’ entfehten die Df-G. den felgen Theoda⸗ 
had, der auf der Flucht ermorbet ward, u. erhoben an defien Stelle den tapfern 
Witigis zum Könige 536. Um die Franken zu gewinnen, überließ er ihnen die 
Provence u. die Rätbifchen Alpen; er fand jedoch wenig Unterkügung in feinem 
Kampfe winer die Oftrömer, der endlidy, nad) mwechfelvollen Greignifien, damit 
endete, daß er durch die Einnahme von Ravenna in bie —— Beliſars 
gerieth 540, (Er ſtarb in Konſtantinopel 542.) Seine Radyfolger Ildebald, ein 
rober Mann, behauptete ſich in Oberitalien; nad) feiner Ermordung 541 wählten 
die Ruzier den Erarich; fie erkannten aber nady feinem Sturze (542) den von 
ben ©. erforenen Totila, Neffen des Witigts, ebenfalls an. Diefer eroberte in 
einigen Jahren faſt ganz Ober u. Mittel-Jtalten (542-544), nahm dann Neapel 
und nad) fiebenmonatlicher Belanerung fogar Rom 546. Um diefe Stadt wurbe 
in den folgenden Jahren gekämpft u. ſie blieb endlich dem Totila 549, Run un» 
terwarf er das Webrige von Unterltalien, die Inſeln Sicilien, Sardinien u. Cor⸗ 
fifa, und ſchickte eine Flotte nady Griedyenland ; damit bot er dem Kalfer den 
even an. ber Juſtinian ſchickte den Feldherrn Rarfe mit einem Heere nady 
alien, und viefer beflegte die ©. bei Taginä, wo Totila den Heldentod Rarb, 


- Yult 552. Die &. wählten den Teja zu deſſen Nachfolger; aber auch diefer fiel 


bald als Held in der Schladht bei Cumä, und mit Ihm endete das Reich ver 
Oſt⸗G. 553. Seine Krieger erhielten freien Abzug vom Schlachtfelde u. warfen 
19 in die Veſten, während fie den Zranfenkönig Theodobald um Hülfe baten. 
Diefer fandte ein Heer Wlemannen unter Leuthar u. Buzelin, weldye jedoch nady 
anfänglichem Bortheile, mit den Waflen und durch Seuchen völlig aufgerieben 
wurden 554. Die letzten Oſt⸗G. mußten nun, Stalien verlaffen, weil man fie noch 
ſtets fürdhtetes die meiſten wanderten nady Griechenland; gerinnere Abtbeilungen 
ließen ſich jenfettS der Alpen in Rhätien u. Noricum niever 555. Es iſt ungemwiß, ob 
die Bewohner des Schweizergaues Urt von den Oſt⸗G. abflammen. — b) Weſt⸗G.: 
Wisigothi, Diefe hatten Aufnahme in Thrazien gefunden (f.o.). Da ihnen jedoch 
die Byzantiner die verfprocdhenen Lebensmittel nicht Iteferten, ergriffen fie die Waffen 
und beflegten den Kaifer Valens völlig bei Konftantinopel 578, worauf fle bie 
Provinzen des Reiches ſchrecklich verwüfteten. Bald farb Fridigern; da verließ 
Athanarich die farmatiichen Wälder und ward von den meiften Stämmen als 
König anerfannt. Indeſſen hatte der neue Kaiſer Theodoſtus die anfängliche 
Uneinigfelt der ©. benügt und felbe fehr geſchwächt. Athanarich ſchloß nun mit 
ihm Frieden und befuchte ihn zu Konftantinopel, wo er ftarb 581. Ein großer 
Theil der &. blieb nun unter dem Ramen Foederati bei dem Kalfer; audy bie 
Mebrigen fchloffen Frieden und erfannten die Oberherrſchaft des Kaiſers, doch 
unter eigenen Häuptern und eigener Gerichtöverfaffung. So blieb es, fo lange 
ber große Theodoſius lebte (+ 395). Doch, nad feinem Tode verweigerte man 
den G. die jährlichen Kriegögelver und Geſchenke; da vereinigten fie fidy unter 
dem kühnen Alarich, griffen zu ven Waffen und erhoben ſich genen bad Oſtreich: 
fie durchzogen verheerend Macedonien, Thefialien, Illyrien und Griechenland, bis 
der Kaiſer Arkadius den Alarich wiedergewann, indem er ihn zum Oberfeldhern 
des öftllichen Illyriens ernannte Bon dort aus machte nun Alarich feine An⸗ 
griffe gegen das Weſtreich, indem er zum erften Male tn Italien einbrach 400; 


Gothen. 25 
allein der Feldherr Stilicho nöthigte ihn durch die Schlacht von Pollentia (und 
von Berona) zum Rüdzuge nach Illyrien 403. Nach dem Sturze Stilicho's ers 
ſchien Alarich wieder in Italien 408, und nad) dreimaliger Belagerung eroberte 
er die Stadt Rom 410. Hierauf zog er nady Unteritalien, von wo er nad) Si, 
cilien und nad) Afrifa hinüber feßen wollte: allein er farb zu Eofenza und warb 
im Fluſſe Buflento begraben. Ihm folgte fein Schwager Ataulph, ein tapferer 
und kluger Mann, ald König 4113; dieſer ließ fidy mit feinen Weſt⸗G. in Etru⸗ 
sien nieder, und verfpracdh dem Kaiſer Honorius, für ihn Gallten und Spanien 
u erobern. Wirklich machte er wichtige Eroberungen in Gallien 412—414 u. 

efam auf fein Berlangen die Placivia, des Katferd Schweſter, zur Gemahlin; 
nun aber drängte ihn fein Nebenbuhler Konftanttus nady Spanien. Hier er- 
oberte Ataulph die Landftriche Navarra u, Gatalonien mit Barcelona, warb aber 
bald ermordet 415. Sigeridh, ein roher, graufamer Mann, der nun die Gewalt 
an fich riß, wurde ſchon nad 7 Tagen getödtet. Run wählten die Gothen den 
tapfern Wallia. Diefer eroberte faſt ganz Spanien für ven Honorius, indem 
er die daſelbſt eingebrochenen Alanen faft vertilgte, die Bandalen und Sueven 
auf ©alicten befchränkte 417 — 419. Dafür erhielt er von Honorius das Land 
biefleitö der Garonne bi8 zum Meere: Aquitania secunda oder Septimania (bad 
heutige Languedoc) mit der Hauptfladt Tolofa (Touloufe), und war fo der Stif⸗ 
ter des Weftgothen-Reidhes in Ballien (Frankreich); kurz darauf flarb er 
419. Sein Nachfolger Theodorich I., 419—451 (Sohn Alarichs?), war der eis 
gentliche Begründer des weftgothifchen Reiches. Während die Römer in Spa⸗ 
nien wider die Bandalen und Sueven befcyäftiget waren, machte Theodorich 
mehre Eroberungen in Gallten ; allein feine wiederholten Angriffe auf Arles miß- 
langen (425 u. 430) ebenfo, wie auf Rarbonne (436); dagegen wurden die Ro⸗ 
mer vor Touloufe befiegt 439, worauf der Friede folgte. Theodorich fland in 
freundſchaftlichen Berbindungen ſowohl mit den Sueven, ald mit den Vandalen. 
Als jedoch Genſerich, der lehteren König, feine Schwiegertochter auf bloßen Ver⸗ 
dacht verflümmeln ließ, und fie dem Theodorich, ihrem Bater, zurüdfendete, ba 
fuchte diefer das Buͤndniß der Römer; aber auch Genſerich fah fiy nach Hilſe 
um und vermochte den fürchterlidyen Attila zu einem Einbruche in das Weftreich 
(indem diefer zugleidy von der Honoria, der Schwefter Kaiſers Balentinian IL, 
gerufen wurde). Mit ungeheuerer Heeresmacht drang Attila 451 über den Rhein 
und unaufbaltfam nad Gallien. Auf den catalaunifcyen Feldern, bei Chalons an 
der Marne, kam es zur Bölferfchlacht: Theodorich fiel bier fiegend und Attila 
mußte fidy hinter feine Wagenburg zurüdziehen. Die Weſigothen riefen nun 
Thortsmund, den Alteflen Sohn Theodorichs, zum Könige aus; dieſer wollte Die 
Schlacht gegen die Hunnen erneuern; aber Astius, der römifche Feldherr, hielt 
ihn davon ab und Thorismund zog in fein Reich zurüd; bald darauf wurde er 
von Berfchworenen ermordet, an deren Spihe feine Brüder Theodorich und Fri⸗ 
darich fanden. Theodorich II. seftieg nun den Thron 453; er beförderte die Er⸗ 
hebung, bes Avitus zum römiſchen Kaifer 455; darauf beflegte er den Sueven⸗ 
koͤnig Rechias bet Aflorga 456 und Fämpfte audy in den naͤchſten Jahren wider 
die Sueven mit Erfolg; in Gallien gewann er die Landfchaft Rarbonna bis zur 
Rhone; er fiel durch die Hand ſeines Bruderd Eurich, der ihm nadhfolgte A66. 
Diefer eroberte in Gallien alles Land zwifchen der Rhone u. Loire 473 (darauf 
aud) die Provence 478) und das römifcdhe Spanien, bis auf Galicien und Lu⸗ 
fitanten, den Sueven gehörig 477. Er ließ dann ein Geſetzbuch für fein Bolt 
entwerfen und war überhaupt ein verbienftvoller Regent; aber als ein eifriger 
Arianer verfolgte er die Katholifen mit großer Härte. Ihm folgte fein Sohn 
Alarich II. 484, der die graufame Berfolgung feines Vaters endete u. durch feinen 
Kanzler Antanus die lehte Hand an das erwähnte Geſetzbuch legen ließ. Allein, 
obwohl er milder und gerechter, ald Euridy, regierte, fo konnte er doch feine ka⸗ 
tholiſchen Unterthanen nicht wieder gewinnen: fe wlldten verlangen ni hen 
Sıifter bes neuen Frankenteiches in Gallien, Dieier, Siäpeia, \stie Sim 


fl 


af 


@ 
335 


‚aber »erfählen ) 
feinen bie 
Be ee 
Hierauf werteieben die Oftgothen den @efalich nad) Mrifa 509 At, 
erfählen, wurde er bei Barcelona le h hing 
1 8 





2 


u. 

jeodorich d. G., der 0 num 
feinen Ger Amalı a ie: me unter —** 
Sauhalters von Spanten, lebte. Nach ge de 526 mir 
Kö Fi ru 


= 
= 
= 


dem Ri I ; 5 Um FH vn var in frieblichen 
Ji ei ab. m mit den ‚anfen 
au leben, Germähte ſich Amairich mit Chlotilde, einer Tochter *8 


& 


je fuchte er nun mit groben janblungen zum Irrthume des 
da rief bie Berfolgte ihren Bruder Ehilbebert L zu Hilfe. 
Amaltidy, der auf ver Flut umfam, u. befreite feine Schwefter 
ihlten nun Thrudes, ven Bormund Amalrichs, zum Könige, ver Telnet 
eelona in Spanien nahm und ſich duldfam gi Ratkolifä 
entriffen ihm die Franken mehre Gränzftädte timantens 39; ) 
fogar fpäter in Spanien Eroberungen zu machen 543 u, dras 
fa: aber deren Rüdıug Fonnte nur große Summen hin 
unternahm einen Zug nad) Afrifa, ber unglüdlich endete, 
warde bald. darauf ermordet. Die ©. erhoben nun ben Felbheren 
gm Aönige 5485 doch er wurbe wegen feiner Graufamfeit und feines zii; 
einem nächtlichen Gelage getödtet. Agila, fein Nachfolger, (: a 
kein bald feinen trogigen G. gewaltthätig, weil er auf Recht umd Drbuug 
lt; daher empörten % fi) wider ihn und, um des Erfolges ſicher FH fem, 
rief banagit, der an der Spige fand, bie Oftrömer nad) Spanien, mit dem 
‚Häffe er wirkti) den König überwand, der darauf ermordet und Athanagild am 
ertannt wurde 554. Allein vergebens fuchte biefer nun feine früheren Bunvdesg 
au vertreiben; fe behaupteten fich 80 Jahre lange in Spanien in den Seeftäpten. 
den Sranfen traf Aıhanagild in Verfhmwägerung u. farb dann zu Toledo, fortan 
den Sig der Könige, 567. PiunaL nahm bald feinen Bruder Leovigtld zum 
Müherrfcher an und überließ ihm die Verwaltung von Spanien, während « | 
fi mit Septimanten begnägte; er Rarb 572. Jener war gleich Anfangs, glädtd 
jem die Ofttömer, denen er verſchiedene Plaͤhe entriß. Rach dem Tode fein 
beners unterwarf er die Gebirgebewohner im Rorden ımd andere, nach 
hängigfeit firebenbe, Gegner u. befefligte fo feine Macht. Um den Thron ia 
feinem Geſchlechte erb zu machen, geftattete Leovigild ſchon frühe feine 
Söhnen Antheil an der Regierung u. vermählte dann den älteſten, Hermenegid, 
mit Ingunde, einer fraͤnkiſchen Königätochter. Diefe wurde von ihrer arianiſche 
Schwiegermutter Goswinde ihres Glaubens wegen bad fo ſeht verfolgt, vdaj 
Xeovigild feinem Gohne ein eigenes Gebiet um Sevilla anwies. gie wurde 
Srruencaih von feiner Gemahlin und dem Bifchofe Leander zum fatholiſchen 
lauben bewogen, 579. Leovigild wollte ihn mit aller Gewalt wiener zum 
Arianismus zurücdbringen u. begann zugleich dieKatholifen graufam zu verfolgen; 
der Sohn glaubte dadurch ſich berechtigt, die Waffen zu ergreifen und 
ſich um den Beiftand der Oftrömer u. der Sueven. Go brach der Kampf ans, 
ber mit der Gefangennehmu Rbeæ 
ſpater nach Tariagena gebradgt u., wel er \duem Slosen vera ih u tr 


7 


22 
® 


# 


B 


Gothen. 0 


niſſe enthauptet, 585. Indeſſen hatte Leovigild auch dem Reiche der Sue⸗ 
in Spanien durch Ueberwindung des Thromräubers Andeka ein Ende ger 
bt und es feinem Reiche einverleibt, 5855 er wurde fo der erſte König von 
inien; bald darauf farb er. Ihm folgte fein Sohn Reklared L, 586; diefer 
e nicht nur alsbald alle Religionsverfolgungen ein, fondern er nahm auch 
t den katholiſchen Glauben an, 587, u. feinem Beifptele folgte größten Theils 
Bolk der Weſt⸗G. In Septimanien brady zwar deßhalb ein gefährlidyer 
ruhr aus, den der Franken⸗ und Burgunderfönig Guntram mit mächtigen 
ten unterfügte; allein dieſe erlitten eine doppelte Niederlage bei Garcajonne, 
u. 989, wodurch zugleich die Ruhe im Innern gefidert wurde. Die fernere 
terung Rekkareds war auf das Wohl feiner Untertbanen gerichtet. Ihm 
te fein hoffnungsvoller Sohn Linva IL 601, der aber bald von dem aufrühres 
en und fanatitchen Witterich gemordet ward, 603. Vergebens fuchte dieſer 
Artantsmus wieder einzuführen, und erregte durch Gewaltthaten den jr 
8 Bolfed, fo daß er bei einem Gaſtmahle getöntet ward. Gundemar, fein 
bfolger, 610, befiegte die Basconier u. Oftrömer. Siſebut, 612, überwand 
emporten Wfurier u. bie Ruconier in Balicien, 6135 darauf entriß er den 
smern ihre meiften Beflgungen in Spanien, 615; auch foll er Ceuta und 
ger in Afrika erobert haben. Er war ein menfchenfreundlicher, 7* 
ig; nur gegen die Juden verfuhr er hart. Sein Sohn Nekkared IL, 620, 
te nur wenige Monate. Swinthila, deſſen Radhfolger, 624, beflegte bie 
jconler und vertrieb die Oftrömer völlig aus Spanien, 6245 wegen feiner 
lichen Regierung wurbe er „Bater der Armen” genannt. Als er jedoch feinen 
n Rikkimer (Rizimer) zum Mitregenten angenommen hatte, machte er fidh bei den 
fen, des verlegten Wahlrechted wegen, verhaßt u. wurde endlich durch Siſe⸗ 
d mit Hülfe der Franken entthront, 630. Um fidy den Thron zu fidhern, 
nte er den geiflichen u. weltlichen Großen viele Borrechte ein. Ihm folgte 
ıtila 636; diefer ließ feine Wahl beftätigen u. erneuerte .dvie Judenverfolgung. 
n Sohn, der milde Tulga, 640, fonnte ſich die Krone nicht erhalten und 
te felbige mit dem Klo vertaufchen. Der firenge Ghindafwinth, 641, 
te durch zahlreiche Hinrichtungen u. Gütereinztebungen das Königliche Anfchen 
te Ruhe des Reiches ber; zugleich erließ er Geſetze, um den Staat vor dei 
scichen Ausgewanderten zu ſichern. Run nahm er auf Berlangen der Geiſt⸗ 
eit feinen Sobn Rekeswinth oder Rezeswinth zum Mitregenten an, 649, u, 
bte feine übrigen Lebensjahre in Uebungen der Frömmigkeit bin (+652). Rekes⸗ 
ih war der befte König der Weſt⸗G. in Spanien und beglüdte feine Unters 
en während feiner 23jährigen milden, gerechten und friedlichen Regierung. 
n Ruchfeiger Wamba, 672, nahm nur gezwungen die Wahl an; dann aber 
ıpfte er Eräftig die Empörungen mehrer Großen u. befcyäftigte fidy mit Ber, 
rung der Kirchenzudyt ; darauf zerflörte er 676 eine große Flotte der Araber, 
de, ald Herren von Nordafrika, nun den erften Berfudy machten, nad Spas 
; überzufchiffen.. Nach foldyen ruhmvollen Thaten wurde der edle Wamba 
ndli um den Thron gebracht. Erwig, der Sohn eines verbannten Griechen 
einer weſtgothiſchen En, nicht zuftieden mit der Wuͤrde eines Grafen, 
btete nady der Krone. Um zum Ziele zu fommen, bereitete er dem Könige 
n Trank, der diefem das Bewußtieyn nahm. Dem Scheintonten warb eine 
achskutte angelegt und das Haar gefchoren; Erwig aber erhielt die nun ers 
te Krone 6800. Als dann Wamba wieder aus feiner Betäubung erwachte, 
Ite er den Erwig ſchriftlich für feinen Nachfolger und bradhte Fine übrige 
nözeit im Kloſter zu. Erwig ließ fi) nun von der Reihöverfammlung ans 
men u. wandte während feiner Regierungentte Mittel an, um fein Geflecht 
cz zu fielen. Ihm folgte Egiza fein Schwiegerfohn, ein Berwandter des 
mba 687; er regierte milde u. loͤblich u. fuchte dem herrſchenden Sittenver⸗ 
niffe nady Kräften durdy eigenen frommen Wandel zu Rrueen, Raum Tote. 
ne Berfäwörung bes ehrgelsigen Siebert, Biihyeie won Aeitwe, ass, 





lag in ber ſchwediſchen 
, je der Götaelf in Das 
‚000 ‚mern; tft je wichtigfte Stabt in 

Sih der Provl behörden, der Momtralität, eines Biſchofs, einer Gefelläd 
für Wiſſenſchaften, einer Bibelgefellichaft; hat Feſtungswerle (Fort Nya Elis 

org), Sciffswerfte, Irren- und Armenhäufer, ein Gymnafium mit Bibttotkd, 
Soldaten» CBrinz Dskars) Schule, Armenanftalt u. f. w. Die Stadt id 
1607 von König Karl IX. gebaut umd befeftigt worden. Die Haupterrverbsguria 
ihrer Einwohner find Handel und Schiffahrt, da, tie überhaupt in Schmea, 
audy bier die Induſtrie von keiner großen Bedeutung iſt. Doch fabricitt ma 
Tauüe, Leder, Segeltuch, Leinwand, Tuch, Kattun, Zuder, baut Schiffe u. brut 
viel Porter, der dem engtifen gleichgefhägt und felbft nach Rußland und Am 
rifa ausgeführt wird, Die Hauptausfuhr bilden Eifen, Holz, Bretter, Man 
fteine, Zuder, Theer, Pech, Alaun und Fifche; die Einfuhr befteht, außer Goloniıı 
und Mannfacturivaaren, in Salz, Getreide und Wein, Der Häringsfang, ıb 
ſchon noch immer anfehnlich, hat doch fehr von feiner früheren Bedeutung w 
loren. Die Gefammteinfuhr beträgt jährlidy über 2,000,000 Thlr., die Ausfıhı 
an 1,900,000 Thlr. Der Gehalt der jährlich einlaufenden Schiffe ift 130,0 
Tonnen; der Gehalt der Hanveleflotte der Stadt 29,000 Tonnen. Der Han 
liegt unterhalb der Stadt und ift damit durch eine lange, an fchroffe Felſen fd 
Iehnende, Gafje verbunden, Durdy den Götafanal hat ©. eine Wafferftraße nad 
Stodholm und durch Dampfboote fleht e8 mit den Nachbarländern im Berbiv 
dung. Gegenwärtig fteht Schweden im Begriffe, mit England einen Gontraft a 
einer Dampficifffahrt zwiſchen G. und England, zur erung von Bohn, 
Baffagieren und Waaren abzufchließen. s 

Gotpland, eine ſchwediſche Landſchaft, zwiſchen dem eigentlichen Schwere, | 

der Oſtſee und dem Kai der frudytbarfte und bevölt Theil des gana 
FA zählt auf 2 Ren iver 2 Man Knauhinn... 





‚B., Sunku WÄR ver Sid Deamn, Ve 


Gothen. .- 9m 


fängniffe enthauptet, 585. Indeſſen hatte Leovigild auch dem Reiche der Sue⸗ 
ven in Spanien durch Lieberwindung des Thronräubers Andeka ein Ende ges 
macht und es feinem Reiche einverleibt, 5855 er wurde fo der erfte König von 
Spanien; bald darauf flarb er. Ihm folgte fein Sohn Rekkared J., 586; diefer 
fielte nicht nur alsbald alle Religionsverfolgungen ein, fandern er nahm auch 
felbft den Fatholifchen Glauben an, 587, u. feinem Beifpiele folgte größten Theild 
das Wolf der Weſt⸗G. In Septimanien brady zwar deßhalb ein gefährlicher 
Aufruhr aus, den der Franken - und Burgunderfönig Guntram mit mächtigen 
Heeren unterflügte; allein diefe erlitten eine doppelte Niederlage bei Carcaſonne, 
588 u. 589, wodurch zugleich die Ruhe im Innern gefihert wurde. Die fernere 
Regierung Rekkareds war auf das Wohl feiner Unterthanen gerichtet. Ihm 
folgte fein hoffnungsvoller Sohn Liuva IL 601, der aber bald von dem aufrühres 
riſchen und fanatikchen Witterich gemorbet warb, 603. Vergebens fuchte viefer 
den Artanismus wieder einzuführen, und erregte durch Gewaltthaten den Haß 
eined Volkes, fo daß er bei einem Gaſtmahle getöntet ward. Gundemar, fein 
achfolger, 610, beflegte die Vasconier u. Oftrömer. Siſebut, 612, überwand 
die empoͤrten Aſturier u. die Ruconier in Galicien, 613; darauf entriß er den 
Dftrumern ihre meiflen Befigungen in Spanien, 615; auch fol er Ceuta und 
Tanger in Afrifa erobert haben. Er war ein menfcdhenfreundlicher, 75* 
König; nur gegen die Juden verfuhr er Bart. Sein Sohn Nekkared IL, 620, 
regierte nur wenige Monate. Swinthila, deſſen Nachfolger, 624, beflegte bie 
Basconier und vertrieb die Oftrömer völlig aus Spanien, 6245 wegen feiner 
trefflichen Regierung wurde er „Bater der Armen” genannt. Als er jedoch feinen 
Sohn Rikkimer (Rizimer) zum Mitregenten angenommen hatte, machte er ſich bei den 
Großen, des verlegten Wahlrechted wegen, verhaßt u. wurde endlich durch Siſe⸗ 
nand mit Hülfe der Franken enttbront, 630. Um fidy den Thron au fidhern, 
räumte er den geiftlichen u. weltli Großen viele Borrecdhte ein. Ihm folgte 
Chintila 636; diefer ließ feine Wahl befätigen u. erneuerte ‚die Judenverfolgung. 
Sein Sohn, der milde Tulga, 640, konnte fidy die Krone nicht erhalten und 
mußte felbige mit dem Ki vertaufchen. Der firenge Chindaſwinth, 641, 
ftelte durdy zahlreiche Hinrichtungen u. Gütereinziebungen das köonigliche Anfchen 
u. die Ruhe des Reiches herz zugleich erließ er Gefehe, um den Staat vor den 
zahlteichen Ausgewanderten zu fihern. Run nahm er auf Berlangen ver Geiſt⸗ 
lichkeit feinen Sohn Rekeswinth oder Rezeswinth zum Mitregenten an, 649, u. 
brachte feine übrigen Lebensjahre in Uebungen der Frömmigkeit hin (+652). Rekes⸗ 
winth war der befte König der Weſt⸗G. in Spanien und beglüdte feine Unter⸗ 
thanen während feiner 23jährigen milden, gerechten und friedlichen Regierung. 
Sein Rachfelger Wamba, 672, nahm nur gezwungen die Wahl an; dann aber 
bämpfte er Eräftig die Empörungen mehrer Großen u. befchäftigte fidy mit Ver⸗ 
befierung der Kirchenzucht; Darauf zerftörte er 676 eine große Fiotte der Araber, 
welche, als Herren von Nordafrika, nun den erften Verſuch machten, nad Spas 
nien überzufchiffen. Rad) folchen ruhmvollen Thaten wurde der edle Wamba 
ſchaͤndlich um den Thron gebracht. Erwig, der Sohn eines verbannten Griechen 
und einer weftgorhifchen Fuͤrſtin, nicht zufrieden mit der Würde eines Grafen, 
tradhtete nad der Krone. Um zum Ziele zu kommen, bereitete er dem Könige 
einen Trank, ber diefem das Bewußiſeyn nahm. Dem Echeintobten warb eine 
Möndyefutte angelegt und dad Haar geſchoren; Erwig aber erhielt die nım er» 
ledigte Krone 690. WE dann Wamba wieder aus feiner Betäubung erwadhte, 
erklärte er den Erwig ſchriftlich für feinen Nachfolger und brachte feine übrige 
Lebenszeit im Klofter zu. Erwig ließ fih nun von der Reichöverfammlung an⸗ 
erfennen u. wandte während feiner Re rungenkte Mittel an, um fein Belölcht 
fiher zu fielen. Ihm folgte Egiza fein Schwiegerfohn, ein Verwandter bes 
Wamba 687; er regierte milde u. Löblih u. fuchte dem herrſchenden Sittenvex» 
derbniffe nach Kräften durdd eigenen frommen Wandel zu ſteuern. Kaum user 
er eine Verſchwoͤrung des ehrgeizigen Sifebert, Biichots von Kain, wunuette 


028 Gothenburg — Gothlanb. 


der des Reiches verwieſen warb, 693, fo wurden bie geheimen Umtriebe ber un« 
terprüdten Juden entdedt, das Reich in die Hände der Araber von 
zu überliefern; es wurden baher bie firengften Maßregeln ergriffen, um biefen 
Berrath zu vereiteln, 694. Wittiza, der Sohn Egiza's und feit 698. Mitregent, 
folgte ihm ald König 701. Diefer fcheint Anfangs geredht u. milde, dann aber, 
bei feinem Beſtreben eine Ummälzung der ganzen Staatselntichtung burchaufehen, 
wilfürlih u, mit großer Strenge regiert zu haben, beſonders wider diejenigen, 
die ſich gegen ihn erhoben; auch mit der @eiftlichkeit feined Reiches ſtand er in 
übeln Berhältniffen. Gegen dad Ende feiner Regierung erneuten die Araber ihren 
Berfuch auf Spanien, wurden aber zurüdgefchlagen, 709. Darauf empörte fi 
Roderich, ein angeblicher Abkömmling Razeswinths, und bemächtigte ſich des 
Thrones 710. Allein Oppas, * von Sevilla, wollte ſeinen Neffen, den 
Söhnen Wittiza's, den Thron zuwenden; mit ihnen verbündete ſich der Graf 
Sullan u. andere Anhänger des leuten Königs; fie riefen die Araber aus Nord» 
Afrika, welche ſchon lange Abfichten auf Epanien hatten. So landete ber Feld, 
herr Tarik bei Calpe (Gibraltar); unweit Xeres de la Frontera fließ er mit 
feinen Arabern auf das Heer der Weſt⸗G. unter König Roderich; nach acht⸗ 
tägigem Kampfe, vom 19—26. Juli 711, wurde die Schlacht durch den Abfall 
der Söhne u. Anhänger Wittiza's u. durch den Tod des Königs zu Gunften ber 
Ungläubigen entſchieden u. machte fo dem Reiche der Weſt-⸗G. in Spanien ein 
Ende. 712 war die ganze Halbinfel den Wrabern unterworfen, außer den aſtu⸗ 
sifchen Gebirgen, wo nody freie G. blieben, denen nachmals die chriftlidhen Kös 
nigreihe Afturien und Leon ihren Urfprung verbantten. (Zwar behauptete ber 
st Theodemir, der ſchon früher tapfer gegen die Araber gefiritten hatte, ſich 

auch jet durch einen Bertrag noch in dem Gebiete von Murcia; aber mit 
feinem Sobe hatte fein Keiner Staat ein Ende, 743.) v. Dr. 

otbenburg, Götaburg, Sechanvelsplap in der ſchwediſchen Provin; 
gleiches Hamens in Begbtaland, am auöitufe der Götaelf in das Kattegat, 
mit 30,000 Einwohnern, Ift nady Stodholm die wichtigfte Stadt in Schweden, 
Sig der Provinzlalbehörden, der Admiralität, eines Bifchofs, einer Geſellſchaft 
für Wiffenfchaften, einer Bibelgeſellſchaft; hat Feſtungswerke (Hort Nya Elfe 
borg), Schiffswerfte, Irren- und Armenhäuſer, ein Gymnafium mit Bibliothef, 
Soldatens (Prinz Oskars) Schule, Armenanftalt u. f. w. Die Stadt if erſt 
4607 von König Karl IX. gebaut und befeftigt worden. Die Haupterwerbs quellen 
ihrer Einwohner find Handel und Schifffahrt, da, wie überhaupt in Schweden, 
auch hier die Induſtrie von feiner großen Bedeutung if. Doch fabricirt man 
Taue, Leder, Segeltuch, Leinwand, Tuch, Kattun, Zuder, baut Schiffe u. braut 
viel Borter, der dem englifchen gleichgeihäht und felbft nad) Rußland und Ame⸗ 
rika auögeführt wird, Die Hauptausfuhr bilden Eiſen, Holz, Bretter, Mauer; 
fteine, Zuder, Theer, Pech, Alaun und Fiſche; die Einfuhr beſteht, außer Colonial⸗ 
und Manufacturwaaren, in Salz, Getreide und Wein. Der Häringefang, ob- 
ſchon nody immer anfehnlidy, hat doch -fehr von feiner früßeren Bedeutung ver: 
loren. Die Gefammteinfuht beträgt jährlidy über 2,000,000 Thlr., die Wusfuhr 
an 1,900,000 Thlr. Der Gehalt der jährlich einlaufenden Schiffe if 130,000 
Tonnen; der Gehalt der Handeldflotte der Stadt 29,000 Tonnen. Der 
liegt unterhalb der Stadt und if Damit durdy eine lange, an ſchroffe Felſen fich 
lehnende, Baffe verbunden. Durdy den Götakanal hat G. eine Waſſerſtraße nad 
Stodholm und durch Dampfboote fteht ed mit den Nachbarländern in Verbin⸗ 
bung. Gegenwärtig flieht Schweden im Begriffe, mit Eng einen Gontraft zu 
einer Dampfichifffahrt zwiſchen G. und England, zur Beförderung von often, 
Fafaglae und Waaren abzufchließen. | 

othland, eine ſchwediſche Landſchaft, zwiſchen dem eigentlichen Schweden, 
der Oſtſee und dem Kattegat, der fruchtbarfte und bevölkertſte Theil bes ganzen 
Königreiche, zählt auf 2100 ae über 2 Millionen Einwohner, Es zerfällt 
in bie Berwaltungo diſtrilte G. Smaland nebR der Juſel Deland, bie al 


7 ” 


bare Inſel G., die fruchtbare Landſchaft Blekingen, die fürtichke, gleich Frucht 
bare Provinz Skane (Schonen), Halland, das fruchtbare — 28 das rauhe 
Bohusland, Dalsland und die Hochebene Waͤrmeland. 
Gott iſt das hoͤchſte Weſen, welches, ſowie es als Urgrund alled anderen, 
außer ihm Daſeienden, das Seyn in ſich und von ſich hat, oder vielmehr das 
reine Seyn ſelbſt iſt, ſo auch das Seyn in unumſchraänkteſter und vollkommenfſter 
Weiſe beſitzt und daher nothwendig als ein rein geiſtiges, perſonliches Weſen ge⸗ 
dacht werden muß. Wenn wir nämlidy, dem Ausprude der heiligen Echrift ge 
mäß (Grob. 3, 14.) ©. als das reine Seyn bezeichnen, fo meinen wir damit 
nicht den logiſchen Be des Seyns, den wir vermittelt der Abſtraktion aus 
den einzelnen, concret in die Exrfcheinung tretenden, Dingen In unferem Denken ges 
winnen, fondern wir meinen das reine Senn, als das allerconcretefle u. lebendigſte, 
als die Fülle des Geyns, durch das und in dem allen alles andere am Seyn 
Antheil hat. Wie mit dem Begriffe des Seyns, verhält es fidy aber auch mit 
den Begriffen oder Ideen des Guten, Schönen, Wahren, der Freiheit, der Un⸗ 
ſterblichkeit und jeglicher Vollkommenheit, welche alle in dem endlichen und ges 
ſchaffnen Wefen find nicht al8 eine bloße, leere, unwirklicdye Abſtraktion, ſondern 
als etwas realed und objeettv⸗wirkliches, aber nicht als fein, des endlichen We⸗ 
fens, urfprängliches Gigenthum, fondern als foldyes, woran ihm Antheil gegeben 
worden, weiches feine wahre Realität nur bat in Dem, der vie W ‚ bie 
Schoͤnheit, das Leben, wie das Seyn ſelbſt iR. G. iſt es alſo, ohne Den alles 
Seyn zum eitlen ein, all' unfer Denker zur leeren Abſtraktion, alle Wahr 
zur Lüge wird; er iR es, auf den wir alles Leben und jegliche Vollkommen 
der endlichen Wefen, als auf ihren freien Urgrund u. auf ihren Schöpfer, zurüds 
führen muͤſſen, dem wir aber keine Ihrer Unvollkommenheiten und Beichränttheiten, 
die ihnen als a anfleben, beilegen duͤrfen; ein unenvlicher Abſtand trennt 
ihn feiner Weſenheit nad) von den Gefchöpfen, und vor Ihm erfcheinen alle end⸗ 
lien Wefen mit dem le und dem Ausdrucke der ihm allein gebührenven 
Anbetung. — In dem bezeichneten Berhältnifie des Enblichen zu dem Unend⸗ 
lidyen liegt es begründet, daß dieſes von jenem nie in feinem genen Umfange 
und feiner ganzen und beg werben kann, und daher bleibt der 
Glaube, deflen en in einer unbebingten Unterwerfung unter die abfolute 
göttliche Auftorität und einer Hingabe des ganzen — an Gott beſteht, und 
die Offenbarung von Seiten Gottes, ohne welche kein Glaube Stande 
kommen kann, immerdar die Grundlage unſerer Gotteserkenntniß. Dieſe richtet 
fid) daher auch im Allgemeinen immer nach dem ganzen Zuſtande des Menſchen, 
und befonders nach feinem fittlichen Zuflande, Im Urzuftande, ehe der M 
durdy die Sünde von Bott getrennt war, war feine Gottederfenntniß eine viel 
unmlittelbarere, fo wie fie aus im Himmel wieber ein reined und volllommenes 
Schauen if. Im gefallenen Zuflande aber, infofern der Menſch nicht durch eine 
neue unmittelbare Öfenberung wieder aufgerichtet wird, hat das Ginnliche fo 
fehr in ihm das Uebergewicht, daß das G.esbewußtſeyn nur als mehr oder weniger 
deutliche Ahnung ſich fund gibt, die beim Einzelnen im Gewiſſen, bet ganzen Voͤl⸗ 
fern und in der ganzen Menſchheit in der Religion fi finden und durch ſelbſt⸗ 
thätige8 Denken, anlehnend namentlich an die äußeren Werte G.es, an die Ras 
tur und ihre Einrichtung, zur größern Deutlichkeit und Beftimmthelt erhoben wer⸗ 
den kann. Man umterfcheidet demnach zwiſchen natürlicher und übernatürlicher 
Gotteserkenntniß, zwiſchen Bernunft und Offenbarung, wobei man nur nicht vers 
efien muß, daß biefe beiden nicht etwas Entgegengefehtes u. ihrer Ratur nach Ber⸗ 
4 enes find, fondern beide auf den gemeinfamen Begriff der Offenbarung zurüds 
fommen und daher wohl richtiger als mittelbare und unmittelbare, ober a gemelue 
und befondere DOffenbarung bezeichnet würden. Aus dem Gefagten erg bt fi 
nun, wie das G.esbewußtſeyn im Menſchen gi Stande fommt und welche Ber 
deutung und welchen Werth bie eweiſe für das Dafeyn ©. vaD 
haben. Zunaͤchſt iR Har, vaß einen Beweis has Damen ET en 
IV. 





690 "Get, _ 
zielt und objektiv, fondern nur formell und fubjektiv im 
det werden kann; Yann aber kann auch in dieſer 
feine andere Bedeutung haben, als daß er bie 
unfer unmtittelbares G.esbewußtſeyn enifpringt, gu eiwer 
ren Erkenntniß erhebt, daß dadurch zugleich vie Richtigkeit der gegen das 
Mn G.es erhobenen Scheingründe erhellt. Denn, da vie Ratur —* 
t, daß die eine Wahrheit auf eine andere anerkannte 
wird; da aber die Erken G.es ihrer Ratur nach die tieffle — 
anderen Wahrheiten bildet: ſo ſchließt offenbar ſchon der uch, die 
G.es auf etwas Tieferes, als auf fie ſelbſt, zu gründen, bie —2 ng dieſer Er⸗ 
kenntniß, als des tiefſten Grundes aller —28— in ih. — In Ver Berdeutli⸗ 
der einzelnen Momente nun, welche durch den Beweis für das Daſeyn G.es 
gegeben werden follen, kann bald das eine, bald das andere mehr. hervor 
werden, und daraus entflehen die verfchienenen Beweife für das 
G.es, die im Grunde alle auf einen binauslaufen. Hebt man nd bloß ein⸗ 
ch die Thatſache, des tm Innern des einzelnen Menſchen, fo wie in den Ges 
aller Boller und der ganzen Menſchheit mit nicht zu unterhrüdenker Stimme 
fundgebenden G. esbewußiſeyns hervor, fo entſtehi daraus der moralif 
over hiftorifche Beweis, den ſchon Cicero geltend mo. Dre man bie 
vorzüglich von Seiten des die Borausfegung der 5 einſchließenden 
—* — des Unendlichen und Abſoluten an, fo ergibt ſich der ontologitſche 
Beweis, den beſonders Anſelmus ſcharf durchgeführt hat; geht man 
vom Dafepn der endlichen Wefen aus, e ihren Grund und ihr Ziel noth- 
wendii Unendlichen finden müflen, fo ergibt ſich daraus ber teemaisgifie 
Beweis, weldyer von dem Begriffe des rundes (befonder6 von ‚ 
neuerer Zeit einfeltig won Hermes, geltend gemadyt) und. der teleo logiſche, wel 
vom Begriffe des Zweckes und ber gweimäßigen Einrichtung der 
inge ausgekt (bef. dei Ariſtoteles). Allen viefen Bewelfen liegt aber der 
Gedanke zu Grunde, daß im menichlichen Bewußtſeyn der Begriff des 
u und des Enplichen abfolut untrennbar vereinigt Itegen, daß aber Das Unend« 
e ſchon dem Begriffe nach den realen Grund alled Endlichen enthält; daß mar 
alfo, wollte man das Unendlidhe als ein reales, concreted, lebendiges, 
- Geyn läugnen, man ſich felbft und alle Realität geläugnet hätte. — Weiter kann 
der Beweis nicht führen; eine zwingende Gewalt, hat er nidytz wer nidyt glanben 
wi, dem Tann fein menſchlicher Beweis beikommen, fondern höochſtens nur bie 
Gnade G.es. — Wenn nun das Dafeyn G.es die erfle, unmittelbarfte, über allen 
eigentlichen Beweis erhabene Wahrheit ift, fo ergibt fidy zum Schluße noch wie 
Stage; wie ed denn überhaupt nur einmal möglich fe, dad Daſeyn G.es u 
Jäugnen, oder im Ernte zu bezweifeln. Allerdings bleibt audy die Frage immer noch bes 
ſtehend, ob dieſes im Cinſte möglich fet; gewiß aber iſt, daß, info es möglich if, 
diefe Möglichkeit nur aus jener falfchen, einfeltig zum Sinnlichen ſich neigenden 
Richtung entipringt, die Die menſchliche Ratur durdy die Sünde befommen bat. 
Auf diefe Weiſe läßt es ſich volftändig erklären, wie einerſeits ver natürliche 
Menſch im gefallenen Zufande das tn ihm wohnende G.esbewußtſeyn auf bie 
gefchaffenen Dinge übertrug und fo zu der Annahme vieler Bötter, zu dem trans 
rigen Itrihume der Biel u. Abgötterei herabſank, anderſeits ein ſtitich gefunter 
ned Zeitalter den Verſuch machen kann, das G.esbewußtiſeyn, welches als ein 
Rrafender Richter ihm gegenüberſteht, durch Sophiſtereien in ſich aus zutilgen, ober 
vielmehr den Begriff G.es als ein bloßes Ergebniß fubjectiver fett des 
Menfchen aufzußslien: ein Verſuch, der immer nur unvoländig und auf kurze 
gelingen und nie, chne die fchredlichfien Erſcheinungen für Bas menſchliche 
eſchlecht hervorzurufen, gemacht werden kann. F. I. 
Gotter, Friedrich Wilhelm, ein geihänter Dichter, 1746 zu Gotha ge 
boren, ſtudirte zu Böttingen, hielt fi eine Zeit lange in WB.Blar auf, PH 
Mechivar in Gotha, ſpaͤter arheimer Regationsiecreiär in WBehlar uud Mach 1797. 














H 


5 









Gottedqcker — Getteöfeinbe. en 
Seine Gedichte (3 Bhe., Gotha 47871802, 8.) geichnen ſich durch Feinheit 


und Zartheit des Gefühle, feinen Scherz, eine gefällige Philoſophie, Anmuch 
u. Adel des Ausdrucks, claf ſche —*— keit der Ph u des Bersbaurs aus, 
Gottesader, f. Befattung u. Kirchhof 
Gottesdienft, der, über defien Begti 


of. 
He Weſen ſchon in dem Art, Cultus 
(ſ. d.) gehandelt worden, unterſcheidet fi) hauptſaͤchlich in den öffentlichen 


und feierlichen, und in den Privat⸗G. ober die Hausand acht. ıferer 
wird bei verfammelter Kirchen: Gemeinde von rechtmäßig aufgeſtellten Geiklichen, 
nad) der von der Kirche eingeführten u. beflätigten Art u. Welle in den Kirchen 
abgehalten; Iehterer iR nur auf den Kreis der Familien oder auch auf Prtivat⸗ 
(Haus-) Kapellen, Oratorien, befchränft; Privat⸗Zuſammenkünfte aber, fobald fie 
in verbotene religiöfe Eonventifel ausarten, Fönnen und müflen nad Umſtaͤnden 
verboten werden. — Kefttäglich Heißt der G, wenn er an Sonn⸗ u. Feſttagen; 
werftäglidher hingegen, wenn berfelbe an Tagen, wo man außerdem noch 
arbeiten darf u. fol, gehalten wird. — Wan nennt den G. einen vormittiä- , 
gigen, wenn er während der Vormittags⸗Stunden, nämlich von früh Morgens 
— von Sonnen⸗Aufgang — bis zwölf hr Mittags; — einen nad mittägi- 
gen hingegen, wenn er Nacdhmittage, ». i. von zwölf Uhr Mittags bis zum 

bende ad wird. An Sonn» und Feiertagen befcht der vormittägige ©. ge 
wöhnlidy in einer Predigt und dem Amte der heiligen Mefie, der nachmittägige 
hingegen in einer Katechifation u. Derritung einer anderen Andacht, 3. B. der 
Beöper oder Wbhaltung einer Betſtunde. Fruͤh⸗G. iſt derjenige, wo am Mor⸗ 

en eine 6. e gelejen u. an Sonn» u. Feiertagen oft audy eine Homilie ges 
alten wird. Die Hauptthelle des G.es find: Ausſpendung der heiligen Sakra⸗ 
mente, in&befondere die Berrichtung de en Meßopfers; der chriſtliche Reli⸗ 
ions⸗Unterricht, ſowohl in Predigten u. Homilien, als Katecheſen; dann die vers 
lebenen firchlichen Ritus, die Kirchen: B:fänge u. Gebete u, f. w. — In jeder 
Didzefe beſtehen zur gleichförmigen Feier des G.es Kirchen» oder G⸗Ordnungen, 
Rituale, Kirchen⸗Agenden, welche ſich auf die weientlidhen u. allgemeinen 
Anordnungen über Cultus, insbeſondere auf die römifche Liturgie, das römifche 
Pontififat, Ritual, Miſſal u. Brevier gründen, die unter geböriger Wutorltät ver 
bifchöflihen Ordinariate abgefaßt find u. alle Yormulare enthalten, nad) denen 
die kirchlichen n. geiſtlichen Amtsverrichtungen zur fleten Beobachtung ver erfor 
derlihen Bleichförmigkeit vorgenommen werden müflen. — Kein Geiſtlicher darf 
bierin fidy Abweichungen oder willfürliche Wbänderungen erlauben. — Bel jnen 
kirchlichen Berrichtungen, wo nach ausdrädlidyer Vorſchrift die lateiniſchen Kir⸗ 
hen: Kormeln gebraucht werden follen, inebefondere in der heiligen Mefle, dürfen 
auch nur diefe angewendet werden. Die Lefung der heiligen Meſſe in ver Luns 
des⸗Sprache IR ausdrüdlich verboten. An Sonn u. Feiertagen follen die Pfarr⸗ 
Benofien in ihrer eigenen Pfarikirche erfcheinen und allda dem Pfarr⸗G.e beis 
wohnen. Der fleißige Befuch des Pfarr⸗G.es hat ſchon darum einen Vorzug, 
indem die Pfarrkirche der Drt iR, wo den Pfarrkindern die heilige Taufe u. ver 
eiſte Religions: Unterricht eriheilt wird, und wo fie die übrigen heiligen Sakra⸗ 
mente empfangen; nebfldem fann der Otte⸗Seelſorger, indem er die moraliichen 
Bedürfnifle feiner Biarrgenc fen am Behen kennt, auch am fruchtbaren auf fle 
einwirken. Auch wird In der Pfartkuche von dem eigenen Pfarrer für die Uns 
gehörigen einer Pfarrei befonvers geopfert u. gebrtet, u. dann iſt jedes der Pfarr⸗ 
Iinder ſchuldig, den eigenen Pfarrgenofien ein gutes Beifpiel zu gıben. 

Gotteöfriede (trvuga, trewa Doi). Als im Mittelalter die Freien allmaͤ⸗ 

lig zu Lehnsträgern geworden waren, theilten ſich die einſt fo folgen germani⸗ 
(dem Biker in Adel. Vaſallen u. Leibeigene, worusch vie Mehrzahl des Bolkes 
von der Verpflichtung gegen den Staat zu bloß perfönlicher Verpflichtung gen. 
den Herrn herabgebrndgt wurde. Diefed traurige Barhältniß vermehrte die 
ben Gtolz und die Anmaflung ber Vornehmen. Wer eine Schar BaRR 
feinem Befehle hatte, Deren ee u. faſt alleinige. Dirafkcifianı, Erg ne 


992 Gottesgericht — Gottftieb. 


beſtand, verſchmähte das Anſehen ver Gerichte, fo wie jede Befchränfung 

es eigenen Willens. Nur Gemeine u. ma bielt er an bie Deich gebun⸗ 
den, ſich ſelbſt aber maßte er das Recht der Fehden an, u. der ſchreckliche Zus 
ſtand des Krieges Aller gegen Alle (denn Leidenſchaft, Raub u. Rachſucht erzeugte 
die Fehden in unendlicher Zahl) befeftigte ſich für Jahrhunderte u, brachte Leiden 
jeder Art fowohl über die Theilnchmer, als über die Nichtiheilnehmer. “Die Un 
erträglichfeit jener Drangfale die Berwüftung. der Länder, der ſchreiende Wider⸗ 
firelt mit der damals fo nnig erfannten, wenn glei) fo wenig geübten göttlis 
hen Lehre, weldye von der Kirche verkuͤndigt ward, veranlaßte eine Menge Maf- 
zegeln, die das Uebel milvern follten. So wurde eine Fri von 40 Tagen feftgefeht, 
die zwifchen der Beleidigung u. dem Beginne der Feinvfeligfeiten verfießen mußie; 
fo wurden alle Fehden während eines Krieges gegen auswärtige Feinde, ferner 
auch in gewiſſen Gegenden, oder für gewiſſe Zeit verboten. Alles vergebens; end» 
lich wurde 1033 in Aquitanien u. andern Ländern ber ©. geboten, wornadh zur 
Beier der, durdy das Leiden und die Muferfehung Chriſtt gebelligten, Tage von 
Donnerſtag Abends bis Montag Zrüh keine Waffen geführt, alfo alle Fehden 
während diefer Zeit unter den firengfien Strafen verboten wurden. Dafielbe war 
der Kall in der Advents⸗ und Yaftenzelt, an den Sonn» u. bo wit 
ihren Octaven u. Bigilien. Brudy des G.es wurde mit Conſis des Ber 
mögens, Kirchenbann, Geld» felbft Leibesſtrafe geahndet. Auch Kirchen, Klöfer, 
Kapellen, weldye man fpäter zur Erinnerung mit einem Kreuze zu nen 
pflegte u. Sachen, weldye zum Aderbaue gehörten, Refende, Frauen, die Klexiſei, 
mit Allem, was ihr gehörte, waren in den ©. eingefchloflen. Bon ber 
empfohlen u. vom Staate fanktionirt, dauerte der G. bis zum allgemeinen Lands 
frieven Katfers Maximilian I. tm 15. Jahrhunderte, 

Gotteögericht, Gottesurtheil, |. Ordalien. 

©ottesläfterung. f. Blasphemie, 

Gottfried. 1) ©. von Boutllon, f. Bouillon. — 2) G. von Straß 
burg, ein ichriftgelehrter Gürgerlicher Dichter (darum Meifter &. genannt), dabei 
Hofdichter in der Art Walthere von der Bogelweide, übte Dichten und Gingen 
als Geſchaͤft u. Inneren Beruf. Er ſcheint zwifchen 1240-50 geflorben zu feyn. 
Wenn (fagt v. d. Hagen) der tieffinn je u. gewaltige Wolfram von Eſchenbach 
der Ehrenſchild u. lautere Spiegel, fo IR der liebliche u. zarte G. die Bluͤthe u. 
Blume der Minne- u. Ritterdichtung in ihrer vollen Farbenpracht u. Zauber 
duft: in beiden Dichtern if das Höchfle dieſer Art und Kunk dienen. G.s 
Sprache ift im Banzen das reinfle und gebilvetfte Hochdeutſch der, damals mit 
den Hohenflaufen herrfchenden, Schrift u. Dichterfprache u. eben mehr die „Rebe 
des Hofes,“ als bei itgenb einem anderen Dichter. Ebenfo verhalten fidy Reime 
u. Beröbau. ©. ſteht in dicfer Hinſicht ganz auf der Line Walthers u. Wolfs 
rams, deren beider Dichtarten er in fich vereinigt. Unter feinen Liedern if der 
tm hohen Kirchenfiyl gehaltene „Robaefang auf die Jungfrau Marla" das fchönfe, 
in der That die ‚Berflärung der Minne und des Minnegefan ed durch die „ge 
weifete Minne,“ ein himmliſches Brautlied, ein geheimn Boolles Hohelied, weis 
dyes den überfchwänglichen Gegenfland im inneren Strome von tiefen u. lieblichen 
Bildern abfplegelt, alle Bebilde zum unverwelflihem Kranze in einander ver 
ſchlingt. G.s gefelerted Hauptwerk iſt das zarte Epos „Triften u. Iſolde,“ die 
Darftellung des durch wunderbaren Liebeötranf bewirkten Minnezaubers. 
dichtete nach dem franzöflfchen Gedichte des Thomas von Bretagne, aber er be 
handelte den vorgefundenen Stoff mit Fünftlerifcher Freiheit u. Selbſtſtandigleit. 
Zu feinem unvollendeten Werke lieferte (um 1250) Ulridy von Türheim eine miß- 
lungene, Heinrich von Freiberg (um 1300) eine etwas befiere Sortjebung. Aub- 
gabe fämmtlicyer Werfe G.s von H. v. d. Hagen, Bredlau 1823, 2 Bde. (mit 
den genannten Fortſetzungen u. engliſchen u. franzöflfchen Gedichten von Trifan); 
Ausgabe des Triſtan in Müllers Sammlung, befonder6 von E. v. Brote 1821; 
neubeutfche Bearbeitung von K. Immermsnn IRA, Die lyriſchen Gedichte in 


Gdtind, ‚  } 
Bamberg, geboren daſelbſt 1757 u. hier won den Jeſulten unterrichtet, begog bie 
Aniverfität, um bet Döllinger, Fink u. Joadhim Medizin zu fiubiren. Franz 
dudwig ſchicte ihm zu feiner weiteren Ausbildung nach Wien, wo damals 
Stoll fh der Blüthe feines Anfehens Rand; jedoch follte:er nach dem Willen ſei⸗ 
ies Fürften der Thierheillunde ſich widmen. Die damals (1788) in Defterreidh herr⸗ 
ende Hornviebſeuche veranlaßte eine reiche praftifche Erfahrung unter Leitung 
8 Profeffors Tögl. Zurüdgefehrt in die .Heimath, begab er ſich nach Würze 
urg, um bei Stebold dem Weiteren fidy in der Ehfrurgie weiter auszubilden. Der 
verühmte Sömmering übte ihn im praftifchen Zergliebern. 1791 ernannte ihn der 
Fürfbifchof Franz Ludwig zum öffentlichen Profeffor der Anatomie u. Thierheils 
unde an der Univerfität Bamberg und zum Hof u. Landihlerarzte., Befonders 
Nängend zeigten fich feine Verbienfte 1804, wo er ald Thierarjt über 500, theils 
tanfe, theils ſchwer bleffirte Pferde, von denen die meiften die Kugel noch bei 
ich hatten, durch Kunſiſchnitte u. fchulgeredhte Behandelung ſchleunigſt herftellte 
md dadurch dem Staate mehre Taufende an Gontribution zum Anfaufe neuer 
Bierbe erfparte. Neben feinem Berufsfache beobachtete er forgfältig die Damals 
ch entwidelnde Metamorphofe ber: mebizinifchen Wiſſenſchaft, befuchte häufig das, 
yerabe damals in der Blürhe ftehende, Krankenhaus in Bamberg und hörte die 
Borlefungen ber dortigen berühmten Profefforen. Der Browüeanismus und die 
raturphilofophiiche Schule Gau brachten fürmliche Revolutlonen in der 
Raturwifienfchaft hervor, u. ©. ſah ſich daher um fo mehr angefpornt, den Vor⸗ 
rägen von Mareus und Rofchlaub beizumohnen u. die Refultate dieſer neueren 
Theorien am Kranfenbette praftifch zu erproben, 1802 wurde er zum Affeffor der 
nediziniſchen Fakultät ernannt und fam bald darauf, nach Aufhebung der Unts 
erfität, an die neuerrichtete Iandärztiiche Schule als Profefjor der Anatomie, 
Thieratznei⸗ u. gerichtlichen Mrzneifunde. 1810 wurde ihm das: Lehrfady der Re⸗ 
eptirfunf übertragen. Ais 1823 die laı liche Schule in Bamberg aufs 
jehoben und Gm (her Statt die chirurgiſche Schule eingerichtet warb, wurde er , 
juiescitt. Er flarb am 23. Februar 1834. riften : 
Kerze u. Wundärzte, Erkranfte zu prüfen u. Krankheiten zu erforidhen mit Wir⸗ 
unge⸗ tungstabellen (Erl 1794). Mittel gegen die Blehſeuche als lan⸗ 
veßherrliche ordnung (Bamb. 1796). Entwurf eines Lehrplanes zu thieraͤrzt⸗ 
ichen Lehranſtalten (Erl. 1796). Ueber jewährfchaftsordnung (Samb. 1804), 
Anterricht für meine Landölente bei gei tiger Hornvichfeuche 1796. Evpilog 
um Grabe unfered unvergeßlichen Marcus (Bamb. 1816). Ca 
Gottlaud, eine zur ſchwediſchen Lanbidaft Smaland gehteige Inſel. welche 
nit einigen, fie umgebenden kleineren, die Vrovinz Gotilandi 56 Meilen 
Ser Mdaden, Bihiubt Bilherel n. eivas Panel Ben Ye Gampinbrunge- 
var; Adal jehaucht, erel u. etwa 2 
quellen der Bewohner. Die Hauptſtadt MWishy, Sig eines Biſchofs, mit einer 
Rathedrale u. einigen anderen Kirchen, dem feften Schloſſe Landeskrona, einem 
Hofpitale, Gymnaſium, Hafen u. 9000 Einwohnern, welche Leinwand u. Tas 
Jaffabritation, Schifffahrt und Hanvel treiben. — WI Entdeder der Inſel G. 
ste damald am Tage in die See ſank, und nur des Rachts emportaudpte, gilt 
Thialfar. Diefer brachte zuerft Feuer auf G., u. feitdem tauchte fie nicht mehr 
n bie See. Sein Sohn war Haftt u. hatte-gur Gemahlin aſtiarna (wei⸗ 
jer Stern). Diefe, ©. zuerſt bewohnenden, Eheleute hatten 3 Söhne, von weichen 
»er Ältele Guti (Gothe) hieß, und diefe waren die Stammväter der Bewohner 
3.8. Rad) Anderen follen Gothen die Infel bevölkert haben. Im 13. Jahr⸗ 
junderte führten die Infulaner mit den Einwohnern von Wisby Krieg, den 
Rönig Magnus von Schweben 1288 emdigte. König Albert IL von Dänemark 
serfeßte G. an den Grofmeifter de deutfchen Drbens, Konrad 1388 
hemächtigte ſich Albert mit den Bitalienern ©.6 wieder. targareiha 
ollte ©. an bas vereinigte Redy kommen und 1398 Yher: —IEXXS 
ter, räumten fe aber er 1406 gänzlich, nadjvem Ye \ar Yiemayin chntın- 


936 Gottorp — Gottſcheb. 


Nach der Vertreibung Chriſtians II. 1522 wollte der Admiral Rorby, Statthalttt 
von ©., die Infel dem vertriebenen Könige erhalten; aber da er deſſen Schidjal 
vernommen und auch weder Guſtav Waſa von Schweden, noch Friedrich von 
Dänemark anerkennen wollte, nahm er ſelbſt den Titel ale Fürſt von ©. an. 
Bon Guftav angegriffen, wendete er fi) an Dänemarf, das ihn fcyüste; 1645 
traten die Dänen im Frieden zu Brömfebroe ©. an Schweden ab. 1677 eroberten 
es die Dänen wieder, gaben e8 aber 1679 an Schweden zurüd, dem es and 
blieb. 1717 machten die Ruſſen einen Beutezug nad) ©. 

Gottorp, f. Holſtein. 

Gottſchalk 1) (Kaspar Friedrich), geboren zu Sondershauſen 1772, 
are Bibliothekar zu Ballenftädt, lebt jet In Dresden; ein um bie Spezialge⸗ 
dichte und das Ordensweſen ſehr verbienter Schriftfteller. Hauptwerfe: „ 
Kitterburgen und Bergſchlöſſer Deutſchlands“ (9 Bde., Halle 18195—35)5 „Als 
manady der Ritterorden* (2 Jahrgänge, Lpz. 1817— 18); „Sagen und Wolls⸗ 
Mährchen der Deutſchen“ Cebend. 1814); „Das Alexisbad“, (Halle 1819); 

n. a m. — 2) ©. (Karl Auguft), fehr tücdhtiger Nechtögelehrter, geboren zu 
Leisnig 1777, fachlicher Advokat, kam 1805 in das Apyellationsgericht u Dresden, 
defien Vicepraͤſident er 1835 wurde u, trug durch feine tiefe u. —5 che Rechts⸗ 
kenntniß viel zu dem ehrenvollen Rufe bei, in welchem dieſer hoͤchſte Gerichtshof 
Sachſens ſteht. Ec ſtarb 1843. Hauptwerk: »Selocta discoptationum foromsium 
eapita« (3 Bde., 2. Aufl., Dresden 1826—31). — 

Gottfhed, 1) Johann Chriſtoph, geboren den 2. Febr. 1700 zu Judi⸗ 
tenfirchen bei Königöberg, Sohn eined Landpredigers, fludirte in Königsberg 
Theologie u. flüchtete 1723 nach Leipzig, um nicht, wegen feiner Körpergröße, 
preußlfeper Soldat werben zu müflen. Als Privatdocent hielt er nun in Leipzig 

orlefungen, ward 1730 orbentlidher Profeſſor der Philoſophie und Dichtkunſt, 
fpäter noch der Logik u. flarb dafelbft den 12. December 1766. Bet ©. muß man 
den Sprachforfcdyer u. Sprachbildner vom Philofophen, Dichter u. Rebner uns 
terfcheiden. Als Wortkritifer u. deutſcher Grammatifer erwarb er fidy unftreitbare 
Verdienſte, vieleicht nody größere ald Sammler älterer Erzeugnifie; dabei darf 
jedody nicht verfannt werben, daß er, bet feinem fonft lobenswerthen Streben für 
die Reinheit der deutſchen Sprache, doch infoferne ſchädlich wirkte, als er den 
rammatikaliſch⸗ u. rhetorifdy lebendigen Fortfchritt zu hemmen fuchte u. fo dem 
Snradiwiffenfchefttichen Abſolutismus Adelungs vorarbeitete. Als Dichter richtete 
er fein Hauptaugenmerk auf dad Drama, zwar ohne allen poetifdhen Beruf, aber 
nicht ohne allen Erfolg. Sind feine Stüde gleich kalt, geiftesarm, phantaflelos 
und mühfelig nach franzöftfcher Regelrechtigfeit zufammengefeht, fo find fle auf 
der anderen Seite doch in fließenden Berfen gefchrieben u., was die Hauptfache 
iR, fie wirkten den ebenfo, wenn nicht nody mehr, geſchmackloſen Ausfchweifungen 
der früheren Zeit entgegen und führten die dramatifche Poefle von dem unfidyern 
Schwanken zwiſchen Halbfranzöftichem u. Halbausfchweifendem auf Banzfranzöfifches 
bin, Seine Reben find nad) einem durchdadhten Plane abgefaßt, in einer correc⸗ 
ten u. fließenden Sprache gefchrieben, aber dem Inhalte nach geiſtlos u. froftig. 
Ueber feinen literartfchen Kampf mit Bodmer (f. d.) vgl. den irtikel deutſche 
Literatur. „Ausführliche Redekunſt“, Leipıig 1728; „Berfuch einer Eritifchen 
Dichtkunft“ , ebend. 1730, 4. Aufl. 17515 „Erfle Gründe der gefammten Welt 
weisheit“, ebendaſ. 1733 f., 2 Bde., 8. Aufl. 1777; „Redekunſt“, ebend. 1736, 
4. Aufl. 1759; „Grundlegung der deutfchen Sprachkunſt“, ebend. 1748, 6. Aufl. 
1776; „NRöthiger Borrath zur Geſchichte der deutfchen dramatiſchen Dichtkunſt“, 
ebend. 1757—65, 2 Bde.; „Die deutfche Schaubühne”, ebend. 1740 f., 6 Thle. ; 
„Beiträge zur Eritifchen Hiſtorie der deutſchen Spradye ıc.*, ebend. 1732—1744, 
8 Thle.; „Geſammelte Reden“, ebend. 1749. — 2) ©., Louiſe Adelgunde 
Bictorta, geborne Kulmus, geboren den 11. April 1713 zu Danzig, mit ©. 
vermählt 1735, geftorben den 26. Juni 1762. Site verſtand Lateiniſch, etwas 
Griechiſch, Franzoͤſiſch u, Engliich, übertraf ihren Gatten an Geiſt u. Geſchmack; 


£ Voitſchee Bnugmt. ww 
W jedoch mehr mit Gefühl, als mit Phantafie begabt, mußte fie fich allmälig ganz 
m der Diktatur deſſelben —— in * literatiſchen Dienfte wi wi 
x Sklavin arbeiten, zumal im Fache der Ueberſehung aus Werfen der altclaffiichen, 
Ri wie der neuen Piteratur. Gedichte, Relpıig 1763; Briefe, Dresden 1771 f.,.3 
R, Theile, Königsb. 1776; „Triumph der Meltweisheit, nach Art des franzöffchen 
Sieges der Beredtſamkeit der Frau von Gomez, nebft einem Anhange dreier 
Reden“, pr. 1739 u. a, %, 
Gottfchee over Hopfcherte, mit 1600 Einwohnern, im neuftädter Kreife 
a bes Öfterreichifchen Herzogthums Krain, Hauptort einer feit 1791 zu einem DE 
zogthume erhobenen Srartdaft, welche den Fürften Miuersberg (f. d.) gebört 
u. 15 [] Meilen umfaßt. Die Einwohner, 44,000, die Nachlommen von 300 
in früherer Zeit hieher verbannten fränf. thüring. Familien, haben mitten unter 
den Slawen eine deutfche Mundart erhalten und mähren ſich, außer” durch Vers 
fertigung von Töpfen, Holzwaaren, Leinwand, durch ausgedehnten Haufihandel, 
5 ftarfe Meilen von ©. liegt das Bergſchloß Auersberg. 
Gonachemalerei heißt die Malerei mit Wafferfarben, in welchen ein Theil 
x Gummi aufgelöst ift. Es darf aber nur beflillittes Waſſer angewendet werben, 
4 2er, wenn dieſes nicht zu haben if, filtrirted Regenwaler, welches in ber 
4, Reinheit jenem am Nächſten fteht. In unreinem u. hartem Waſſer ift ein gleiche 
J 
artiges Berwafchen u. Vertreiben der Farben far unmöglich. Vergl. Malerei, 
h Gonda (Fer Gouwe), eine Stadt in der niederländifchen ‘Provinz Süd» 
i — am Einfluſſe des Rheinkanals Gouwe im die Yſſel, mit. koſtbaten 
N leuſen, woburd) das umlienende Land in wenigen Stunden unter Wafler ge- 
fegt werden Tan, bat 14,000 Einwohner, den größten Marftplay in ganz 
f Europa, großartige Thonpfeifen-Fabrifen, welche ihr Material aus der Gegend 
. vom Ati, Köln u. Koblenz beziehen u. an 6000 Menſchen beſchäftigen, Zie- 
gelbtennereien, Boy+ Serge-, Wollzeugfabrifen ır. lebhaften Handel, da alle, zum 
andel zwiſchen Holland, Seeland u. f. w. gebraudhten, Schiffe hier durch aus 
der Dffel in die Merwe u. f. w. gehen. Mertwürdig ift die St. Johanniskirche, 
mit Fünftlich gemalten Glasſcheiben u, einer großen Orgel, 
Goudelin, f. Godolin. 
Gourgaud (Gaspard, Baron), ** zu Verſailles 1783, wurde 
Lehrer der Fortifikation an der Militärſchule zu Chartres und fpäter zu Meb, 
trat 1804 unter die Artillerie, zeichnete ſich 1805 unter Lannes bei der Einnahme 
der Donaubrüde in Wien und bei Aufterlig, wo er verwundet ward, aus; 1807 
wurde er Gapitän, that ſich 1808 vor Saragofja und 1809 mehrmals hervor, 
ward dann Direktor der Gewehrfabrit zu Verſailles Fam hierauf als Oberft 
nad Danzig, Rochelle, Rochefort und den Infeln Re und Oleron, um dieſe 
Feftungen: zu unterfuchen, begleitete 1812 den Kaifer als deſſen Ordonnanzoffi» 
ger nach Hufland, zeichnete Gay an der Beredrina, wie fpäter bei Lügen und 
Baugen aus, ward in der Folge, nach ber Schlacht bei. Brienne, Napoleons 
Retter, als diefen ein Kofak niederftoßen wollte, zeichnete fich wiederholt 1813 u, 
44 als erfler Drbonnanzoffizier aus. u, ward nad) Napoleons Abdankung Bors 
figer einer Gommiffionsunterfuhhung einer neuen Art Gewehre, Chef des General- 
ſtabes nad) der erften Reftauration geworben, blieb er. bis zur Flucht der Löntge 
lichen Familie de Bourbons treu, ſchloß ſich aber dann an Napoleon an, der 
ihn zum Generaladfutanten ernannte, und begleitete denſelben nach St. Helena, 
von wo er nad) 3 Jahren, 1818, einer Krankheit wegen wieder nach Europa 
aurüdfehrte. Nach der Julirevolution trat er wieder in Dienfte, nachdem ihm 
vorher (1821) ein, dem Herzog von Wellington zugefendeter, ungünftiger Bericht 
über die Schlacht von Waterloo die Berweifung aus Frankreich zugezogen hatte; 
er warb nun Commandant der Artillerie zu Paris und Bicennes und 1835 Ges 
nerallieutenant. Mit Montholon gab er nady Rappleons eigenen Diktaten »M6- 
moires pour servir & l’histoire de France sous A ea - 
1823) und allein eine fdyarfe, aber widhtige Art auge, 


“rn Bu BER 


888 Gonvion — Gozzi. 


1525, — 1826) des Soͤgur'ſchen Werkes über die „Beichiähte der großen 
ee” heraus. 

Gonvion St. Eyr, Laurent, Graf v., General, Srisgbmnißer u. Balr 
von Frankreich, geboren 1764 zu Toul, Anfangs Maler, trat in das republifa- 
nifche Heer, führte 1794 eine Brigade und that ſich mehrfach am Rheine 1795 
hervor, erregte aber erft 1796 befonvere Aufmerkſamkeit, als ihm Moreau einen 
Theil feiner Siege zufchrieb. In der Schlacht bei Zweibrüden (15. Suni 1795) 
befehligte er den Linken Flügel und nahm Holghof; an der Spitze des Gentrums 
theilte er den Ruhm der Tage bei Raftadt mit Deſſaix, und gl Geſchick bes 
wies er bei Moreau's meiſierhaftem Rückzuge. Gpäter führte er diplomatiſche 
Sendungen aus, diente 1799 in Italien und 1800 am e. Zum General 
oberſt der Kuͤraſſtere und Großoffizier der Ehrenlegton erhoben, nahm er 1805 
6000 Oeſterreicher unter Jellachich gefangen. Im Jahre 1806 vollzog er hie 
Beſitznahme Neapels, ſtieß dann zur gr Armee und warb Gouverneur von 
Warſchau. Während des fpantfchen Feldzuges errang er in Gatalonten Erfolge; 
in Rußland führte er an Dudinots Stelle den Oberbefehl, fo daß er den Mar; 
ſchallſtab empfing. Die Schlacht bei Dredven bewährte feinen Ruhm, wie ber 
Sieg über Tolfloy bei Plauen. Als Befehlshaber Dresdens mußte er capituli⸗ 
ren, aber der bedungene Abzug ward nicht gewährt. Nach der Reftauration ſah 
er Frankreich wieder, ward Pair und Commandeur des Keiligen Ludwigeorbene, 
blieb auch den Bourbonen treu, als diefe nady Gent flohen, und verwaltete dann 
bis zu Clarke's Eintritte das Kriegsminiſterium. Im Jahre 1817 war er Mas 
rines und abermals Kriegsminifter, bis er bei den offenen Befrebungen ber 
Aovaliften 1819 feine Entlaffung nahm. Er farb im Mär; 1830 zu Hyeres 

oulon. 

Goya 9 Luciented, Francesko, berühmter Maler, geboren zu Fuente de 
Todos (Mragonien) 1746, in Saragofla und zu Rom geßlbet, arbeitete unter 
Rafael Mengs; fpäter nahm er fi) Rembrandt und Bela zu Borbilvern. 
Die anmuthige Darflelung ſpaniſcher Bolfsfcenen, phantaflevolle Gapriccioe, 
fihern feinen Ruhm nicht weniger, als feine größeren Bilder, von denen die Fa⸗ 
milie Karls IV. im Föntglichen Mufeum zu Madrid befonverd ausgezeichnet wird. 
Durch Taubheit mei auf fein Atelier befchräntt, lebte er allein der Kun, die 
er in allen ihren Zweigen umfaßte, Er malte in Oel und al fresco, ſtach in 
Kupfer und zeichnete in den letzten Jahren feines Lebens auch auf Stein. Er 
ftarb 1828 zu Bordeaur. 

Goyen, Johann van, ein berühmter hollänpifcher Maler, geboren zu 
Leyden 1596. Er malte mei holländiſche Kanäle mit Schiffen, ınd am Ufer 
Karren, Marktleute, Schiffer u. Fifche, in der Ferne Städte und Dörfer. Sein 
Pinſel if leicht, aber fein Kolorit fällt ein wenig ins Graue. Uebrigens ſtellen 
feine Gemälde die Natur fehr getreu dar. Er bat ſelbſt Einiges rabirt, u. nad 
Originalen von ihm hat man viele Kupferfliche. Er farb im Haag 1656. 

Gozo (bei den altem Römern Gaulas), eine den Britten gehörige, felfige 
Inſel im mitteländifchen Meere, in der unmittelbaren Nähe von Malta, wit 
16,000 Einwohnern auf 2 [7 Meilen, iſt trefflich angebaut, erzeugt Getreide, 
Baumwolle, gutes Vieh und treibt Handel mit Geflügel. vle bedeutenſte Ort⸗ 
ſchaft der Inſel iſt Rabato, auf der ſüdlichen Seite derſelben. In der Nähe 
von ©. der berühmte Fungus⸗Fels (Corallina offcinalis, fangus melitensis), 
eine mitten im Meere fichende Pyramide, auf welchem biutflillende Schwaͤmme 
twachfen und wohln man von &. aus mittel® eines Rutſchkaſtens von Gel 

gelangt. 

Gozzi, 1) Basparo, Graf v., geboren zu Benebig 1713, gehört unter 
die beften und correkteſten Schriftſteller Italiens. Er fchrieb gleich gut in Profa 
und in Berfen, im ernfihaften und im fcherzhaften Style. Gr war ein großer 
Menfchentenner und glüdlicher Nachahmer Lucians. Man ſchaͤtzt vorzüglich feine 
Ueberfegungen einiger Schriften dieſes Briechen, wie audy bie des Longus; fer⸗ 


ı . . 

Grin = 
ner feine Sermoni, feinen Osservatore , eine periodiſche Schrift im Gefchmade 
des Zufchauers, und feine Vertheidigung des Dante, Geringeren Werth haben 
feine dramatifchen Arbeiten, u. er ftcht darin feinem jüngeren Bruder, Earlo 
©., weit nad; 1774 wurde ihm bie Reformirung der Untverfität Padua übers 
tragen; Hier verfanf er in eine länger andauernde Schwermuth und fürzte fidy 
1778, in einem Anfalle von Delirium aus feinem Zimmer in den Po, wurde 
aber gerettet, befam feinen Berftand wieder und farb zu Venedig 25. December 
1786; 4794 erfchien zu Venedig eine vollſtändige Ausgabe feiner fämmtlichen 
Schriften und eine zweite, ſeht {hön ausgeftattete au Baduaz die neueſte Aus- 
gabe zu Bergamo 1825—29, 20 Bde. — 2) ©, Carlo, Graf v. geboren zu 
—— 1722, al Luſtſpieldichter ausgezeichnet, unterbtach durch Kriegsdienſie, 
die er im 16. Jahre nahm, feine Studien, fehrte aber bald au diefen zurüd u. 
trat gegen Chiati, fpäter gegen Goldoni (f. d.) mit allen Waffen des Wiges 
und der Satyre auf. Seit 1761 fehrieb er ausſchlleblich für die, in der’ Com- 
media dell’ arte treffliche, Geſellſchaft Sacchts des beften Harlefins jener Zeit, 
die durch Goldonl's regelmäßige Komödien ſeht an Beifall verloren hatte. Er 
erfand eine neue Gattung Luftipiele, die er Tragifomödten nannte, deren Stoff 
er nicht aus dem gewöhnlichen Leben, fondern aus der Mährchenwelt entlehnte; 
fie find nur für den Effekt berechnet, figenbaft angelegt und die weitere Aus- 
führung dem improvifirenden Schaufpleler überlaffen, Unter die gelungenften ges 
hören: „die 3 Bomerangen,“ „Zurandot“ (durch Schiller auch zu uns ver- 
pflanzt), „das dunfelblaue Ungeheuer“ ıc.5 fpäter a un er befonders für die 
Scaufptelerin Ricci franzöflfche u. ſpaniſche Stüde, wie den „Grafen von Eſſer“ 
von Gorneille u. m. a, Gr flarb 1806. Marke, 10 Boe., Venedig 1792 f.; die 
dramatifchen deutſch von Werthes, 4 Boe., Bern 17955 „Mährchen* von Stred- 
fuß, Berlin 1805. 

Gozzoli (Ben ozzo, auch Benozzo di Left), ausgereichneter Hiftorten- 
maler der florentiniſchen Schule, —— au Florenz um 1400; Schüler Fiefole's, 
weicht er befonder6 durch die heiteren reichen Landfchaften, mit denen er feine 
Figuren umgibt, von der ernften Manier jmes ab. Seine Hauptwerfe, 23 große 
Bilder aus dem A. T, trefflich in der Erfindung u. Lebhaftiakeit der Darftellung, 
find im Campo Santo zu Pifa, im Balafte Riccardi, in Flotenz der Zug der 
heiligen 3 Könige. Er malte noch 1435, ſtarb aber wahrſcheiniich in diefem Jahre, 

Graal oder Gral, der heiltge (san great), ein Wort wahrfcheinlidh 
teltiſchen Urfprunges, war nad) der Sage ein aus einem einzigen @velfteine A 
formteö Gefäß, welches Engel aur Erbe hernicberbrachten u. das eine geweihte Rit- 
terfchaft auf dem, aus einem Dnyr gebildeten, heiligen Berge (Monſalvatſch) in 
einem goldenen Tempel hütete. Bon ihm gingen wunderbare, beiligende und bes 
Iebende a an “ So au gingen be BR er Alan —* 

jagen en ihn als die Schüffel, aus a6 Ofterlamm genoffen 
u. ji welcher JIofeph von Artmathia das Blut aus den Wunden Jeſu auffing. 
Die Sage vom heiligen ©. tft dunfelem, vielleicht morgenlaͤndiſchen Urfprungs, 
trat zuerſt im 12. Jahrhunderte in Spanten und der Provence auf und geflaltete 
fich zu einem Sagentreife, dem die Sagen von Titurel, Barzival, Lohengrin u, 
von König Artus mit den Rütern der Tafelrunde ang-hören, u, die durch Bolfe 
ram von Eſchenbach auch in Deutfchland heimiſch wurde, 

Grabbe, Eprikian Dietrich, dramatifder Dichter, geboren 1801 zu 
Detmold, ſtudirte au Leipzig u. Berlin die Rechte, ward Auditeur in feiner Bater- 
ſtadt, dann in Düſſeldorf am Theater thätig u. Rarb 1836 als ein Opfer feines 
wüfen Lebens. Mit ihm ging das gewaitigſte dramatifche Genie der neueften 
Zeit unter. In feinen Dramen (2 Bde. Frankfurt 1827: Don Juan u. Fauſt, 
1829; Friedrich Barbaroffaz Heinrich VL, 1830; Rapoleon, 1831; Achenbrödel, 
1835; Hannibal, 18355 Hermannsfchladht, 1838) begegnen ſich der Fühnfte Ges 
danlenflug und die roheſte Bemeinheitz auch Wig und Humor flanden ihm ge: 
Gebote, wie das Luffpiel „Scherz, Saiyre u. ſ. w.“ bew ie 


9401 Graben — Grabfeld, 


Graben beißt in der Befeftigungsfunft dasjenige Stüd einer baum 
den ‚oder. vorübergehenden Befeftigung, weldyes, vor ver Brufiwehr berfelben lie 
end, deöiwegen angebracht wird, um nicht bloß allein das, aur Bildung da 
Wales u, der Bruftwehr notwendige, Erdreich aus demfelben zu gewinnen, fon 
dern auch die Vertheidigung der Befeſtigung dadurch zu verflärfen, daß Man ben 
Feinde ein neues Hindernig bereitet, in das. Innere einer folchen Befeftigung ein 
zubringen. Aus diefem Grunde müflen die beiden Hauptdimenftonen des G4 
nämlich. defien Breite und Tiefe, fo angelegt werben , daß die oben angegebenn 
beiden Zwede erreicht werben; jedoch richtet ſich Alles nach der Befcyaffenhet 
des Groreiches und anderer einwirfender Umftände, welche durch Berechnungen 
von.vorn. herein nicht beftimmt werben können, Ein ©,,als eine in die Erde gu 
machte —— beſteht aus zwei einander gegenüberftehenden Wänden u. einem Bo 
den ober einer Sohle. Die Äußere Grabenwand (ſ. Eontreescarpe) fowohl, alt 
die innere (f. EScarpe) bedürfen als Grbaufwürfe (welche indeß auf ein 
mannigfaltige Art verfleivet ſeyn Fönnen) einer beftimmten Böfchung G. d. Art) 
u. daraus refultiren dreierlei Arten von Breiten, nämlich die obere an dem Ban 
horizont, die mittlere , welche , mit der Tiefe multiplicirt,, den Flächeninhalt des 
Grabenprofils gibt, u. die untere, Auf die Geftaltung der Grabenfoble iſt gecig 
nete Rüdficht zu nehmen und was den G. der Schanzen oder Feldſchanzen ber 
trifft,  Schanzen. In Feſtungen wird ber, um ben Hauptwall, ober, wenn ein 
Unterwall vorhanden if, um diefen herumlaufende G. der große oder Haupt-®, 
enannt; die Gräben der Äußeren Werke erhalten ihre Benennungen nad) ben 
zerlen, vor welchen fie Legen, Die Gräben der Feſtungen werden, je nachden 
man fie mit Waffer anlaffen fann, oder nicht, In naffe u. trodene eingetheilt. — 
In der Terrainlehre nennt man. ©, eine folheBertiefung des Erbbodens, derm 
Wände gewöhnlich mit einander ‘Parallel laufen. Solche ©. find Feine natür 
lichen Gebilde , ſondern fünftliche Arbeiten, deren Hauptausdehnung die Länge 
Aftz ihre Breite und Tiefe iſt nach ihrem Zwede verſchieden. Man unterfcheidet 
Grängs, Beld-, Jäger, Wald-, Damm-, Straßen, Bewäflerungs- u. Entwäfe 
rungs Mühl: ©. ıc. Ein Theil diefer ©, iſt troden, der andere naf. — Endlich 
heißt ©. auch jene Terraingeftaltung, welche dadurdy entfteht, wenn zwei Lehnen 
oder Wände gegenüberftehender Berge ſich unterfhheiden, ohne eine Grunpfläde 
oder einen Boden übrig zu laffen, 

Grabenfcheere (la tenaille, au) Gourtinensfcheere genannt, eine Erfindung 
des Marfhalls von Bauban (f. d.) oder eine Nadyahmung der Italiener, nennt man 
ein Außenwerf, welches man in dem Graben auf der Bertheidigungslinie, zur Ber: 
theidigung des Grabens, errichtet. Seine Höhe kann höchftens mit dem Niveau 
des Feldes gleichlaufen, Man theilt die ®.n ihrer Form nach in einfache u. 
doppelte oder verftärfte, Beſteht ein folches Werk bloß aus zwei zur Berthei- 
digungslinte parallel conftruirten Facen, dann erhält es die Benennung einfache 
©.; wird hingegen die Facenlinie diefer Werke gebrochen, fo daß fle eine Art von 
Flanken erhalten, oder daß das Werf aus vier ein u. ausfpringenden Winkeln 
befteht, dann wird es eine doppelte oder verftärkte G. genannt, Der Zweck folder 
Werfe ift: eine rafirende Veftreichung des Grabens von der Eourtine u. den Ba- 
ftionefacen ; die mögliche Beftreihung der Kehlen u. das Innere der Halbmonde; 
die Dedung der Futtermauern der Gourtine u. der Flanke des Baftions. Die ©, 
gewährte die von ihr erwarteten vielen Wortheile nicht. Sie wurde daher von 
andern, befonders den beutfchen, Kriegsbaumeiftern nicht nachgeahmt und Fommt 
auch bei Neubauten von Feflungen nicht mehr vor. Bol. Befeftigung. 

Gradfeld, ein großer Gau in Deutfhland, zwifchen dem Thuͤringerwalde, 
dem Bogelgebirge, Speffart u. Obermatn, beherrfcht von mehren Grafengeſchlech⸗ 
tern, unter denen felt dem 12. Jahrhunderte die von Henneberg die anfehnlichften 
wurden. Ginen andern Theil befagen Würzburg, Bamberg, Fulda, Hersfeld und 
viele Reichsritter. Vergl. Genhler, „Sräräte Did Bad © guel Bine, 

Koburg 1801-3). 


Grabmäler— Srachhus. ee '' 


Grabmäler find theild die Gräber ſelbſt, in welche die Leichen der Ver⸗ 
ftorbenen auf den Gottedädern beigefeßt werben, theils jene Denkmäler (f. vr 
welche man zum Andenken verfelben, meiſt auf den Gräbern ſelbſt, oft auch 
Kirchen oder anderen Orten errichtet. Aus der Gewohnheit, die Leichen in die 
Erde zu vergraben (vgl. d. Art. Beftattung) u. Erde ober Steinhaufen darüber 
aufzuhäufen, theils um die wilden Thiere abzuhalten, geu⸗ um den Ort des 
Begraͤbniſſes leichter zu erkennen, entſtand bald die Verzierung der Gräber mit 
Bauwerken, und die audgezeichnetfien Bauten, welche dad Alterihum uns hinter⸗ 
laffen bat, find Gräber, oder dienten zur Verzierung von Gräbern. So die ägyp⸗ 
tifchen Pyramiden, mehre Obellöfen u. verfchienene Höhlen in Indien u. ‘Berfien. 
Berühmte G. waren auch: das Grabmal des Könige Oflmandyas in Wegypten, 
3000 perfifche Fuß im Umfange und mit Bildwerken, Malereien und ungeheuer 
großen Bildfäulen überreich verziert; da6 Grabmal der Königin Zarina von 

ati (Aften), ein Hügel, auf dem das koloſſale Bild der Königin von Gold u, 
daneben eine große Pyramide Rand; das Brabmal des Alyattes, Vaters des 
Kröfus, 2018 pariſer Fuß im Umfange, mit einer Mauer u. großen Steinen um⸗ 
geben. Die Israeliten hatten die Gewohnheit, die G. weiß anftreichen au laſſen, 
u. dieſer Anſtrich wurde jährlich am 25. Adar erneuert. Die erſten Chriſten vers 
fahen die Gräber mit Imfchriften und einfachen Sinnbildern, wobei der Rame, 
Stand, die Todesart des Berblichenen bemerkt wurden. Bin allgemeines Zeichen 
war u. tft noch das h. Kreuzzeichen, als Sinnbild ımferer Erlöfung u. Auferſtehung. 
Die Gewohnheit, die Gräber mit Blumen zu bepflangen, ift fehr alt u. jebt bes 
fonders in Städten üblich; fie It ein Beweis der —2* und Liebe, welche die 
Hinterbliebenen ge die Verflorbenen an den Tag legen. 

Grabowski, Stephan, geboren in Litthauen um 1768, trat frühe ale 
Dffister ein, war bald Obriſt eines SInfanterieregiments, focht 1792 und 1794 
mit Auszeichnung gegen die Rufien, ward jedoch gefangen u. erhielt erft bei der 
Shronbeteigung des Katferd Paul die Freiheit wieder, trat 1812 als Brigabes 
General in vie Dienfke des Großherzogthumes Warſchau, nahm fich der Organi- 
fatton der litthauiſchen Sruppen t tig an, zog fi 1813 mit Boniatowsti (j.d.) 
über Krakau durch Deſterreich nach Sachſen u. warb bei e verwundet und 
gefangen. 1815 wurde er Staatsrath, Generaldirektor im polniſchen Kriegsmi⸗ 
niftertum, 1822 interimifttfcher, 1823 wirklicher Stantsfefretär, 1826 Diviſtons⸗ 
General, blieb bei der Revolution 1830,' wo er In Peteröburg war, Rußland 
treu u. in feinem Poſten; doch mißlang fein Bermittelungsverfudy. Anfangs 1840 
wurde er entlaffen u. durch den ruſſiſchen Staatsrath Turkul erfegt. 

Grabſtichel, der an einem Hefte befeftigte, mehre Zoll lange viereckige Stahls 
fift, an einer Ede fchneldig u. an dem Ende ſchief zu einer enge angefchlifs 
fen, zum Gingraben auf die Platte. Diefer fchiefe Anſchliff beißt Kappe, jene 
ſchneidige Ede aber, weldye beim Stechen In der geflochenen Linte läuft, die Bahn 
oder die Schneide des G.s8. Es gibt übrigens, der Geſtalt der in eine Spike 
ri endigenden Schneide nad, Spisfticyel, Flachſtichel, hochſchneidige und vier⸗ 
edige &., Rundſtichel ꝛc. Alle ©. müflen aus dem beften Stahl verfertigt, 
forgfältig gehärtet u. 618 zur ftrohgelben Farbe wieder angelafien feyn, well [r 
weder fich biegen, noch abbredyen dürfen. Kupferfiecher u. Graveurs haben am 
meiften ©. nötbig; aber auch der Mechanifus, der Uhrmacher, der Gold⸗ u. Sit 
berarbeiter u. noch mandyer andere Metallarbeiter gebraucht fie. 

Gracchus. 1) Tiberius Sempronius, aus einem plebeitfchen Geſchlechte 
des alten Roms, Sohn des Tiberius G., der fich durch feine Siege in Spas 
nien und durdy feine Strenge als Genfor berühmt machte, und der Cornelia, 
jüngeren Tochter des Scipio Africanus, war ein edler, rechifchaffenerr Mann 
u. ganz dazu gemadht, die Herzen des Volkes zu gewinnen. Unter feinem Schwager, 
Scſipio dem jüngeren, tbat er vie erften Kriegsdienfte in Afrika; dann WI 
unglüdtidy vor Rumantla, ale Quäfor des Mancinus. Schon längft nn 
mit Unwillen die Habfucht der Reichen u. die Roth der In - 


[Ui ‚aWeneiefo — Erad · 


daher 620 nady Erbauung Roms Tribun geworben war, trug er auf bie Wie 
ee Liciniſchen Geſehes an, das einem römifchen Bürger nidt 
mehr als Belder im PER zu haben erlaubte, Die Optimaten widerfehten 
fidh mit großer Heftigfeit, u. im folgenden Jahre wurde der rechtfcpaffen und ge 
mäßigt denfende Mann, als er fein Tribunat zu verlängern fuchte, auf dem Gr 
mitium von dem Mel mit mehr als 200 feiner Anhänger ermordet, — 2) Eajus 
©., fein jüngerer Bruder, fand auf gleichem Wege als Bolkötribun im Jahre 
der Stadt 632 gleichen Tod. Mit ihm fielen 3250 feiner Anhänger u. bie wohl 
thätigen Einrichtungen, welche die beiden Brüder hatten treffen mollen, wurde 
nicht ausgeführt. C. ©, war viel fürmifcher und zu gewaltfamen Mafregen 

eneigter, als Tiberius, aber auch ein weit größerer Redner, und noch nicht 30 

sahre alt, als er umfam, Bielleiht ward nie eine Staatsveränderung von 
ebleren u, größeren Männern angefangen, als die der Gen; aber der Strom de 
Revolution war ſchon ihnen felbft zu mächtig, gefchweige, daß man ihn nad 
ihrem Tode hätte in feinen Schranken halten idnnen. Bürgerfriege, Profertptio 
nen u, wiederholtes Blutvergleßen waren die Folgen ihrer Unternehmungen, un 
das legte Ende derfelben, daß eben das Volk, dem fie die Freiheit ſchenken wol, 
ten, in die Feſſeln eines Despotismuß gefchlagen wurde, der bis auf unfere Tag 
in Europa ohne Beifpiel blieb, Berge, Hegewiſch, „Geſchichte der gracchiſcha 
Unruhen,“ Hamburg 1801, 8. Geſchichte der Revolution der Gracchen in A 
H. 2%. Heerens kleinen Hiftorifchen Schriften. 

Grariofo (fpanifch ; ttalientfch grazioso), anmuthig, lie bli ch im mufil« 
lichen Vortrage. — Im fpanifchen Thenterwefen ift der ©. bie ſi hende Role 
des Luſtigmachers, ylump oder Hug, verfchlagen oder drollig, gewöhnlich der 
Diener, nicht der Vertraute feines Heren, Feineswegs beflimmt, die Berwidelung 
der Handlung zu befördern, fondern nur die Triebfedern der Handlungen fein 
‚Herrn umqufehren. Er tritt ſowohl tm Luft» ala im Trauerjpiele aufz allen, 
wenn er gleich im Iegteren bie Fontraftirende Seite bildet, fo il dennoch feine&in 
führung ver beutfchen Bühne nicht zu empfehlen, und felbft bei Webertragungn 
fpanifcher Dramen für diefelbe jene Charalter-Role nur mit Vorficht zu behan- 
deln. Der ©. gehört zu den Eigenthümlicheitin des fpanifchen Theaters, auf 
welches er durch Lope de Vega, gebracht worden ſeyn fol. 

Grad nennt mar im Allgemeinen die intenfive Kraft eines Dinges, deren 
größere oder geringere Weußerung man durch die G.⸗Unter fſch ie de bejeichnet; 
dann die gleichen Zhrile, in weldye ein Ganzes eingeiheilt wird. — 1) In derRu 
thematiE heißt ©. (le degrö) einer von den 360 gleichen Theilen, in welde 
man einen Kreis zu theilen pflegt. Gin folder Grad (°) wird wieder tn 60 
Minuten () u. eine Minute wieder in 60 Eekunden () abgeiheilt. Man bedient 
fi in der Mathematif der ©.e, um die Größe der Winkel u. Bögen zu mefim 
u man fagt, ein Wınfel fei ein Winkel von 45°, oder ein Bogen betrage 80°, 
was nichis Anderes heißt, ald: diefer Bogen enthalte 80 Theile von der, 360 
olcher enthaltenden, Peripherie eines Kreiſes, oder er verhalte fi zu dieſer, wie 

:360. In der Geographie bedient man ſich der auf den @loben u. Plant: 
globen entweder angebradyten, oder verzeichneten größten Kreife, welche ebenfalls 
in 360° eingethetlt find, zur Behimmung der geographifdyen Fänge u. Breite u 
zur Gıflärung der verfchiedenen Stellungen der Erde u. fagt, ein Dit liege un 
ter dem 30° 45° 30‘ füplicher oder nördlicher Breite u. unter dem 36° 50° öß 
licyer oder weſtlicher fänge. Zu diefer Befimmung bedient man fid) des Acquators u. 
Meridiane, zur Beftimmung der verfchiedenen Stelung der Erde dagegen des Hori— 
zonts. Sonft verfieht man unter dem Worte ©. audy einen gleichen Theil eine 
beliebigen Gidße, welche man auf Grgenfländen, weiche als Maß dienen folln, 
anbringt. — 2) ©. (Rang), nennt man auch die Würde oder den Poften, den 
Jemand befleidet, fowie das Verhältniß feiner Stellung in demfelden, gegenüber 
von Andern. In diefem Sinne fpriht man z. B. von Staatsdtner-®,, afade 
miſchem G., militäriihem ©, u. (, w.; namentlid wachen beim Militär die ver 


’ 


Gradation— Grahmalfungen. " 


e 
ſchiedenen ®.e die Stufenleiter der, diefem Stande mehr ald jedem andern eigens 
— ‚Hierarchie aus und bedingen zugleich das. Verhältniß, nach meiden 

niedrigerer G. einem höheren unterworfen u. der Jüngere im gleichen ®.e zum 
Gehorfam gegen den Aelteren in demfelben verpflichtet in. —3) Bei genealogiſchen 
Berechnungen bezeichnet G. die nähere oder entferntere Berwandtichaft eined oder 
mehrer Rachfommen von denſelben Stammeltern, was gewöhnlich durch die Res 
densart: im erften, zweiten, dritten, vierten u. f. w. ©. mit einander verwandt 
feyn, ausgebrüdt wird. Bon den Abftammenden felbft fagt man, fie ſelen im naldın 
oder ungleichen Gie (Linie) mit einander verwandt, je nachdem beide Theile 
auf gleicher Stufe der Abſtammung von den gemeinfchaftlichen Eitern ſtehen, 
wie 3. B. Gefchwifter, Gefchwifter- Kinder, ‚Enkel-Kinder u. f. w., oder ein 
Theil den Stammeltern näher fteht, ald der andere, 3. B. Ohelm und Reffr, 
Groß » Ohelm und Groß = Neffe u. ſ. w. Bergleiche die Artifel Agnaten 
und Berwandtfdaft) 

Gradation (Steigerung, griechiſch adiuad), iſt eine — Fl⸗ 
gur, die darin beſteht, daß man die Begriffe nach den Graben ihrer W warn 
ordnet u. ſtufenweiſe, entweder won ben Eleineren u. unwichtigeren zu ‚den größe 
ren u. wichtigere fortfchreitet Cauffteigende ©.), oder umgelehrt (obwohl unge 
— die Größe u. Wichtigieit dieſer Vorſtellungen abnehmen läßt Cabfteis 
gie ., avrınliuad), — „Botted Segen fteige herab: auf. diefen Dom, diefe 

tadt, dieſes Land u. diefed Reich u. das ganze deutfche Vaterland!“ fagt der 
Ergbifchof v. Getffel in der Rede bei der Grundfteinlegung des Kölner Domb, 


=_mmmm.. 


ERBBWPEZJBS N! 


* jenn wir gut und bei vorzüglichen Kräften groß find, fo find wir es 
J überall, auf * Thtone, im —8 in der Güte, * durch Eine Tugend,” 
2% 3.9. Engel, 

ı 


N 
Gradiren heißt gewöhnlich, von einem, in- einer lüffigkeit aufgelösten, 
Salze einen Theil der Ylüffigkett trennen, damit in. der übrigen Flüffigkeit dad 
Salz mehr concentrirt, oder in die Enge gebracht, enthalten fei. Am meiften wird 
ı das Wort ©. vom Salzwaſſer gebraucht, welches man entweder dutch Berflüch- 
tigen des Waſſers vermöge der Luft und Wärme, oder (viel feltener) durch Ger 
frieren des Waffers mehr in die Enge bringt, vgl. Salawerfe. 

Gradisca, Städten im Goͤrzer Kreiſe des Königreichs Illyrien, mit 900 
Einwohnern, (nicht zu verwechfeln mit den türkifchen u. ‚öfterreichtichen Feſtungen 
Alt- u. Reu⸗G) tft feit 1764 gut befeftigt u. war ehemald Haupiftadt der ger 
fürfteten Grafſchaft gleiches Namens, welche den Venetianern gehörte, von denen 
Stadt und Feftung 1473 gegen die Türken angelegt wurde. 1511 eroberten fie 
die Kaiſerlichen u. behielten fie, troß mehrer Berjuche der Benetianer, fie ihnen 
wieder zu entreißen. Ferdinand I, erhob ®. zur Reichögrafihaft und gab 
fie den Fürften von Eggenberg, nad) deren Ausflerben 1717 fie wieder an ven 
Kaifer zurüdhiel. 

Gradmefjungen nennt man eine, von dem bolländifchen Geometer Snellius 
zuerſt eingeführte Operation, vermöge deren man, durch aſtronomiſche Beobach⸗ 
tung der Bolhöhe an den Endpunften eines Merivianbogend, deffen Größe in Gra- 
den und Gradtheilen (die cölefttiche Amplituvo) und die Länge deffelben in irgend 
einem terreftrifchen Maße (Ruthın, Toifen, Klafter u. f. mw.) mittelft Verbindung 
mehrer Dretede, die, auf eine unmittelbar gemeflene Grunplinie geftügt, trigono- 
metrifch berechnet werben, genau zu ermitteln fucht. Schon Eratofthenes (fi Geo⸗ 
grapbie) hatte 250 v. Chr. ©. vorgenommen; diefelben wurden aber in neues 
fer Zeit haupifächlich von großer Bedeutung, als Huygens u. Newton. die Theorie 
von der Abplattung der Etde an ihren beiden Polen auffellten. ZR.nämlich die 
Erde eine Kugel, jo find alle ihre Meridiane Kreislinien, u. alle Grade derſelben 
glei groß; { fie dagegen an den ‘Polen zufammengedrüdt, fo find die Meri⸗ 
diane Elipfen, die nady der Richtung der Heinen Achſe hin flacher oder weniger 
gekrümmt, nady der großen Achſe hin aber erhabener find, oder ſtärlere Krüms 
mung haben; bie Gicichheit des Grade hört mihtn auf, Die Enrichenung ver 


7] een 


Frage Fam alfo darauf at, ob man der Grad des’ Meridians bei wirklicher Aus, 
meſſung überall gleich, ober verfchleven, oder, mo man ihn größer finden werk, 
Waren die Behauptungen von Huygens und Newton richtig, fo mußte die ın 
mittelbare Beobachtung die Länge eines Grades um fo größer geben, je näher a 
dem Bole lag, und umgelehrt. — Eine eigentliche Gradmeflung orbnete zuerft da 
Khalife Al Mamum ums Jahr 827 n. Ehr. an. Zwei Abtheilungen won Mathe 
matifern maßen in der Wüfte Singar am arabtfchen Meerbufen einem Grad, dm 
die eine 56, die andere 56% arabiſche Meilen lang fand. Steben Jahrhunden 
fpäter, im Jahre 15%, map der Arzt Fernel einen Breitegrad zwifchen Paris u 
Amiens mittelft der Umdrehung eines Wagenrades und beftimmte ihn amgeblid 
K 57,070 Totfen. Der ſchon oben genannte Snelltus beftimmte, nach ber von 
Ihm erfundenen Methode, Im I. 1615 ang einem Bogen zwifcyen Wikmaar u. Berga 
op⸗ Zoom die Größe eines Grades zu Anfangs 57, rheinl. Klaftern oder 55,04 
398 Hein), ſah jedoch feinen Irrthum ein, dehnte feine Meſſungen teile 
füdlid dis Mecheln aus und fand da die Größe eines Grades zu 57, 083 Tolfen. 

m Auftrage der Aademie der Wiffenfchaften zu Parts maß der Geometer Bi 
card 1669 und 1670 einen 1° 22' 25" betragenden Bogen zwifchen Amiens u 
Malvoiften und beflimmte die Länge des Grades zu 57,060 Zoifen, eine Gröf, 
welche den Berechnungen von Huygens und Newton zu Grunde gelegt wurd. 
Um über die Geftalt der Erde zur Gewißhelt zu gelangen, ſchlug Picard vor, 
feine G. fünlich im Meridiane von Paris fortzufegen. Nach mandyerlei Hinder 
niffen kam diefer Vorfchlag erſt im den Jahren 1700 und 1704 zur Ausführung 
Gaffini maß einen Meridianbogen von beinahe 64° zwifchen der Pariſer Ste; 
warte und Calliure an der Küfte des Mittelmeeres, fand aber den Grad in der 
nördlichen Gegend des Bogens etwas fürzer, als in der fühlichen. in gleidyes 
Refultat ging fpäter aus den Meffungen feines Sohnes Jakob Eaffint berve, 
weichet in Verbindung mit dem jüngeren de la Hire die Picard'ſchen Meffunge 
Ka umd bis Dünfirchen ausdehnte. Beide Meffungen zufammengeftelt, 
geben für die Größe des Grades im fünlichen Bogen 57,097 Toifen, im nör- 
lichen Bogen 56,960 Toffen, wonady alfo die Grade nach den Polen zu abiw 
nehmen ſchlenen, was mit Newtons Theorie im geraden Widerſpruche fland und 
einen erbitterten Streit unten den Gelehrten zur Kolge hatte Stand es nın 
auch feft, daß die Erde Feine vollfommene Kugel ſei, fo blieb nody die Wahl moi 
hen einem abgeplatteten und einem länglicyen Eliipſoid. Um hierüber Gewit 
elt zu erlangen, war es nöthig, zwei moͤglichſt weit von einander entfernte Me 
tidianbogen zu mefien, bei welchen der Unterfchied an Größe, audy wenn Eleinelln- 
tichtigfeiten In der Beobachtung vorfallen follten, dennoch fehr merklich erſchei— 
nen mußte. Zu diefem Endzwecke veranftaltete die Parifer Akademie der Wifien 
ſchaften zwei Expeditionen, die eine nady Quito, um unter dem Wequator, die 
andere nad) Lappland, um unterm Polarkreife einen Grad zu meflen. Die ee 
Erpedition, an deren Spige Bouguer u. Gondamine flanden, ging im Jahre 
1735 nady Amerifa ab, die zmeite, unter Mauper tuis Leitung, trat im Jahre 
1736 ihre Reife nady Schweden an, wo fidh ihr Gelfius anſchloß. Letztere mal 
in Tornea einen Meridianbogen, deſſen cöleftifche Amplitude zu 57° 283” u. die 
geodätifche Länge zu 550233 Tolfen beflimmt wurde. Reducirt man dieſe Länge 
auf den vollen Grad, fo erhält man für die Größen des Meriviangrades unter 
dem Polarkreife 57,437 Toifen, d. i. 377 Toiſen mehr, als Picard aus feiner 
Gradmeffung_ tm Parifer Meridiane zwiſchen Malvoifien und Amiens gefunden 
hatte. Der Sohn Jakob Gaffint’s geftand fpäter in Folge einer im Jahre 1739 
— 1740 wiederholt angeftellten Meffung ein, daß fidy in den früheren Berechnungen 
eintge Fehler eingefchlicyen hatten, u. eine fpätere Meſſung ergab für den Merk 
diangrad unterm 45. Grade ber Breite eine Länge von 57,012 Toifen, mithin 
war er um 425 Toifen fürzer, ald ein Grad unter dem Polarkreiſe. Die Größe 
eines Grades unter dem Aequator wurbe gleich 56,750 Toifen gefunden, Somit 
iſt die Theorie von Huygens u, Newton rt u. wir willen, Daß bie Erde 


Grabuale Graͤbergs us 
ein, an den Polen abgeplattetes, Sphaͤroid if. — Alle fpäter angeftellten ©; has 
ben die Zunahme der Breitegrade vom Wequator nady den Polen: zu beflätigt, u. 
awar auf ver nörblichen, wie auf der fünlichen Halbfügel. Die ©. der franzäfis 
Then Alademiler wedten den Wetteifer der Aſtronomen audy anderer Kationen. 
So maſſen, außer La Caille am Borgebirge der guten ‚goffmung im Jahre 1750, 
die Jeſuiten Le Maire u. Bos covich 1750—52 einen Meridiandogen im Kirchen 
ſtaate, Liesgany in Ungarn 1760-625 Boccaria u. Canonica in Piemont 1763, 
Diron u Maſon in PBennfylvanten 1764—68, Reuben Burrow in Bengalen 
1791. Eine der wichtigflen ©. der, neueren Zeit iſt die franzöftfche von Delambre 
u. Mechain. Diefe Aſtronomen wiederholten in den Jahren 1792 — 97 die 
Dperationen der Caſſini's auf vem Pariſer Meridiane, zwifdyen der Küfte des 
engliſchen Kanald und den ‘Byrenäen, und verlängerten fie über dieſes Gebirge 
hinaus bis Barcelona, von wo die Meflungen im Jahre 1806 durch Biot und 
Arago bi6 zur Infel Formentera ausgedehnt wurden. Diefer Bogen beträgt 12° 
22' 13° u. hat eine Zänge von 705,189 Toiſen. In England fing Roy 1784 
eine Meffung an, die 1803 durch Mudge vollendet wurde. Eine genaue Revis 
fion ver Beflimmungen des Maupertuis ergab, daß die, zur Berechnung der Ab⸗ 
plattung fo richtige, Meffung der Länge eines Grades unter dem Bolarfreife der 
nöthigen Genauigkeit ermangele; die ſchwediſche Akademie der Wiffenfchaften vers 
anlaßte Yaher eine neue Gradmeſſung in Lappland, die in den Jahren 1801 — 
1803 durdy Syanberg, OFrerbom u. A. auf einem größeren Meridianbogen 
ausgeführt wurde, ald von Maupertuis gefchehen war. Um biefelbe Zeit Ang 
Lambton die große Gradmeflung in Ofindien an, die bein Cap Gomorin bes 
ginnt u. gegenwärtig unter Evareſt's Leitung durch die ganze Halbinfel, bie an 
den Fuß des Himalaya, fortgefeht wird. Auch in Europa find in der neueflen 
Zeit zwei bedeutende Breitegrabmeflungen unternommen worden, bie eine von © dy u» 
mader u. Gauß In Zütland u. Hannover, die andere von Struve in den ruffls 
fchen Oſtſeeprovinzen. Die Refultate der letzteren find jedoch nicht befannt. Ow. 

Graduale (responsoriumgraduale), iſt dasjenige Gebet in der h. Meſſe, weldye® 
von dem !Briefter zwiſchen der Verleſung der Epiflel u. des Evangeliums verrichtet 
wird u. aus einigen Gtellen aus den Pfalmen befteht. Einige leiten diefe Benennung 
davon ber, Daß es fon au einem erhöhten Plage (an den Stufen des Ambo) 
gebetet oder gefungen wurde, Andere leiten e8 als Refponfortum daher, weil ehemals, 
wo Giner vorgefungen, der Ehor refpondirt habe. — Diejenigen, weldye das ©. 
anftimmten , bießen ehemals Cantores msjores. Auch hatte man hiefür eigene 
Bücher, welche man Gradaalia nannte. — Dem ©. ift audy das Alleluja ans 
gehängt. Während der Advents⸗ u, Faſtenzeit, einfchlüffig der Geptungefima, Ges 
ragefima u. Duinquagefima, dann an den Quatembertagen u, an jenen Bigilien, 
mit welchen ein Feſttag verbumden if, wird das ©. in den Ferial⸗Meſſen nicht 
gebetet. Wusgenommen find jedoch: die Vigil von Weihnachten, wenn fie auf einen 
Sonntag fält, u. jene von Oftern u. Pfingften. Am Feſte der unfchuldigen Kinder 
ift gleichfalls fein ©. in der Meſſe, außer, wenn dieſes Fer auf einen Sonntag 
faͤllt. Dahin gehören auch die Vigilien vom Feſte der Erfcheinung des Herrn u. 
der Himmelfahrt Chriſti. 

Gradus ad Parnassum, woͤrtlich: Schritt, oder Stufenleiter zu dem 
Parnaß, nannte der Sefutt Hier (f. d.), der das erfte Werk diefer Art fchrieb, 
fein alphabetiſches Woͤrterbuch zum Gebrauche Soldyer, die fidy im dem 
lateinifcher Berfe üben wollten. Man findet darin die Quantität jedes lateinifcyen 
Wortes angegeben, mit Beifügung der gleichbedeutenden Wörter (synonyma), pafe 
fender Beiwörter (epitheta) und ausfhmüdender Phrafen. Diefer Titel wurde 
auch bei allen neuen Ausgaben des Aler'ſchen Werkes beibehalten. 

Sräberg von Hemſoe, Jakob, päpſtlichet Conde palatino u. bekannter 
Schrififteller, 1776 zu Gannarfve auf der ſchwediſchen Inſel Gottland geboren 
machte ſchon in feinem 16. Jahre eine Reife nach England, Portugal u. Amerika 
und trat hierauf in englifchen Seedienſt. 1811 wurde er Biceconſul in: Genun, 

Resiencyelopävie. IV. un | 





946 Grit — Gräten 


1815 in Tanıger, 1823 in Tripolis, u. lebt feit 1828 tn Florenz; man hat von ihm 
folgende Werte: Hiſtoriſcher Verſuch über die Stalden (Piſa 1811); Theorie der 
Stariftit (Genua 1821, deutſch. Aachen 1835); Scandinavie vengde (tyon 1822); 
Geogtaphiſch⸗ ſtatiſtiſcher Verſuch Über die Regentichaft Algier (Bin 1830); 
Specchio geografico ® statistico del l’'impero di Marooco (Züridy 1 deutſh 
aus der Handichrift von Alfred Reumont, Stuttgart 1833); Theorie der Stu 
tiftit, bearbeitet von Reumont (Machen 1835). . 

Gräci6mu® ein der griedhiichen Sprache eigenthümliches Wort, oder ein berid 
Ausdrud, Wendung u. Eonftruftion, befondere, wenn foldyes in anderen Sprachen 
alſo eigentlich unrichtig, gebraucht wird. 

Gräfe 1) (Karl Rudolph), kurfächfiicher Hof und Juſtizrath, geheimn 
Referendar und Archtvar zu Dresden, geboren 1731 zu Tauda bei Leipzig, be 
fuchte von 1740—55 die Thomasfcyule u. die Untvarfität feiner Vaterſtadt mb 
ward im legteren Jahre beider Rechte Doktor, u. 1763 ordentlicher Profeſſer da 
Lehnrechte. Kaum hatte er feine Borlefungen begonnen, fo wurde er zu den oben 
genannten wichtigen Wemtern nady Dresden berufen, denen er 40 Jahre lang 
rühmlichft vorftand. Einige Jahre vor feinem Tode zog er fih von Geſchaͤftea 
zurüd u. ftarb am 15, Bebruar 1805. G. war nicht allein ein rechtſchaffener u. 
edler Mann, fondern auch ein gründlicyer Gelehrter, welches unter andern di 
wenigen jurifliihen Differtationen, $Brogramme u. Deduftionen beweifen, die von 
ihm gedrudt find, In der Mbgeichlevenheit war dad Nachdenken über Top und 
Unfterblichfeit feine angenehmfe Veſchaͤftigung, und eine Frucht davon if feine 
anonyme Schrift: Bibliiche Beiträge zu der von Münd) in Briefen an Emms 
beantworteten Frage; Werden wir uns wiederfehen nad dem Tode? (Dresden 
1801). — 2) ©. (Karl Ferdinand von), Profeffor der Chirurgie zu Berlin 
u. Generalftabdarzt der preußiſchen Armee, geboren 1787 zu Warfhau, Anfangs 
als Anhalt-Bernburgifcher Leibarzt zu Ballenſtedt u. Begründer bed Wieriöbades 
im Selfethate, deſſen falinifche Gifenquelle er unterfuchte; fett 1810 in Berlin, 
wo er als Lehrer der Chirurgie u. Wugenheilfunde, in den darauffolgenden Kriege 
jahren als Direktor des ganzen Lazarethweſens u. feit 1816 als Mitptrektor des 
Erievrih-Wilhelm-Infituts u. der mediziniſch⸗chirurgiſchen Akademie thätig wirkte 
u. durch ausgezeichnete Leiſtungen im Gebiete ber operativen Chirurgie und Aus 
genbellfunde ſowohl, als durch werthuolle Schriften, fidy hohe Verdienſte um die 
rztliche Wiſſenſchaft und die Ghirurgte insbefondere erwarb. Er flarb 1840 u 
‚Hannover, wo er beabfihtigte, den dortigen erblindeten Kronpringen zu operiren, 
Unter feinen Schriften find hervorzuheben; das mit Walther gemeinfchaftlich be 
arbeitete „Journal für Chirurgie u. Augenhetlfunde“ (1820—40); „Abhandlung 
über Angiektafie” (Leipzig 1808); „Amputation“ (Berlin 1812); „Rhinoplaftit‘ 
(Berl. 1818); „Aegyptiide Augenblennorrhöe” (Berl, 1823). Bal. G.s Biographie 
von Michaelis (Berl. 1840). ” 

Gräfenberg, Dorf im Troppauer Kreife des oͤſterreichiſchen Schleſiens, in 
der Nähe der Bergſtadt Freiwaldau (f. d.), mit einer berühmten Kaltwafle: 
hellanſtalt des bier geborenen Bincenz Prlesnttz (f.d.), defien Einrichtung u. 
Methode ſeitdem Mufer für ale ähnlichen Anftalten geworden if. 

Gräter (Friedrih David), geboren zu Hal in Schwaben 1768, feit 
1789 Lehrer am Gymnafium feiner Vaterſtadt, erhielt 1818 das Rektorat des 
Gymnaftums zu Ulm u. wurde bald darauf Bäbogo jarch der gelehrten Schulen 
des württembergifchen Donaufreifes; 1827 in den ubefand verfegt, farb er am 
2. Aug. 1838 zu Schorndorf in Württemberg. Namentlich um die norpifche My- 
thologle u. Alterthumölunde, die er nicht blos gründlich aufzuhellen, fondern auch 
geſchmackvoll zu behandeln verfland und zu welchem Zwecke er 1822 die „Geſell⸗ 
ſchaft der Dänenfreunde* gründete, hat fi ©. die entfchiedenften Verdienſte er- 
worben. Bon feinen Schriften führen wir an: Ueberfegung von Suhm's „Ge 
fchichte der nordiſchen Fabelzeit“ (Leipz. 1804); „Zerfireute Blätter“ (2 Bände, 
Um 1822—24), Mit 6. G. Böck gab er „Braqur“ Gagaun für deutſche 


Srig-- Sehe. — [ 


m. nordiſche Vorzeit, 3’Bände, Leipzig 1791—94)5 als Bortfegung mit Häßlein, 
„Braga u. Hermode“ nebft Repertortum von Heinze (ebd. 1809)3 allein „Ddind 
reg Pe 1812) und „dung und Hermobe* (4 Bde, ebendafelbk 
—16) heran ” 
Gräg, die Hauptſtadt des Herzogthums Steiermark, an der Mur, bie fle 
braußend durchfrömt, und dadurch einen Reiz mehr der Dumgebung gibt, die fo 
ſchon iR, daß fie kaum von irgend einer der Städte im Bereiche des öfterreidhiichen 
Katferkaates übertroffen werben dürfte. G. beſteht aus der inneren Stadt, mit 
krummen Baffen u. alterthümlichen Häufern u, eigentlich geringem Umfange, und 
drei Vorſtaͤdten, in die ſechs Thore führen, von’ denen das Murthor einen moras 
liſchen Blutfleden in ber Geſchichte Deſterreichs aus dem Jahre 1471 wart, in 
dem der Häuptling der „Ritterverfchwörung*, Andreas Baumkircher, nicht uns 
verdient, aber binfterlifiig gerichtet wurde. — Das Gubernium für Gtelermarf; 
das Kreisamt für den Kreis, der nad ©. benannt ft; Gommerztal-, Juftizs u. 
Mititärbehörden, welche mit der Leitung der ‘Provinz Steiermark betraut find; der 
Fürtbifhof von Sedau, der mit dem Domcapitel das A Heil und die 
Hrchlichen Intereffen der Bewohner pflegt u. verwaltet; die Vorſtaͤnde fo mancher 
umanttäts> u. Induftrie-Anfalt haben bleibenden St$ zu G. In einem Kranken, 
ebär-, Findelhaufe, Zaubftummeninftitute u. andere Wohlthäͤtigfeitsanſtalten finden 
Gebtechen, Hülflofigteitn. Unglüc fiperen Hort, Viele Lehr u. Erztehungsanftalten, 
mit einer Untverfität an der Spige, fördern Unterricht u. Wiſſenſchaft für jeglichen 
Beruf des Lebens u. Staates. Daruntererhält das Johanneum den Namen ſeines 
Proteftors für alle Zeiten. Künfte u. Gewerbe u, zwet jährliche Meſſen ſchaffen 
rührig für täglichen Bedarf u. Wunſch. So treiben denn die 46000 €, in nahe an 
3000 Häufern, worunter in der Neuzeit manch ſchöͤnes Gebäude entftanven, ein 
vielgefhäftiges, durchfchnittlich heiteres Leben u. beten in 22 Kirchen u. Kavellen, 
worunter 10 Pfarrkirchen, 5 Moͤnch⸗ und 2 Frauenklöfter, daß ihnen erhalten 
werde, was gut iſt, und gegeben werbe, was frommt, In ber gothiſchen Doms 
firche zu &t. Egydii regt das Mauſoleum des Kalſers Ferdinand IT. das Ge 
müth jedes Beſchauers zu ernfler Betrachtung an. An fonftigen Gebäuden find 
noch fehenswerth: das Landhaus mit gar fehönem Saale u. intereffanter Stoffen 
fammlung, das Rathhaus, das Theater, Coloffeum, Auf dem Schloßberge mit 
feinen fehönen ‚Anlagen und herrlicher Bernficht verfammeln ſich die Vielen, die 
fröhlich um ſich ſchauen; auf dem ſchönen Ealvarienderge wandeln, die ernft in 
fih biiden. — G. erfuhr feit feiner Gründung, die Een im Hiftorifchen Dunkel 
liegt u. Römer u. Slaven u. Bayern, mit mehr oder minder — Beweiſe, 
als erſte Bewohner anſpricht, manchen hiſtoriſch wichtigen Moment. Darunter 
zählt: daß es, um 900 von ben Ungarn erobert, ihnen 40 Jahre zinsbar biteb; 
daß Rudolph IV. im Jahre 1349 das Brufrecht gegeben, nachdem die Huldigung 
dort mit außergewöhnliche Pracht gefeiert worden; daß 1496 die Juden dort u. 
aus ganz Steiermark gebannt wurben; daß im Jahre 1532 die Türken vergebs 
lich flürmten; daß 1573 die Jeſuiten berufen wurden, für die im Jahre darauf 
ein prächtiges, noch fehenswerthes Colleglum erbaut wurde; daß 1598 Luthers 
Lehte und Lehrer geächtet wurden; daß im Jahre 1671 des Grafen Tatenbad) 
Haupt für feine — Plane gegen den Kalfer fiel; daß 1773 dorthin im 
Feierzuge an 100 befreite Sclaven aus der Türkel kamen; 1782 Papft Pius IV, 
®. durdhjog; daß 1809 die Fellungswerfe von den Franzoſen zerftört wurden; 
daß es 1827 wieder eine Univerfität befam u. feit 1844 die Eifenbahn von 

Wien dahin führt. “ SG. 

Gräven (Maximilian Karl Frienrih Wilhelm), geboren zu Bel⸗ 
gard in Pommern, machte feine Studien auf der Univerfität zu Halle und trat 

1801 in dm preußiſchen Staatsbienk, den er aber fchon 1807 mit dem ſächſt-⸗ 
om vertaufchte. Auf —— Ginlabung war er ſeit 1811 wieder als preußts 
ſbeamter thaͤtig, wohnte als Hauptmann dem Freiheitskriege bei, warb 

1845 — in Kottbus und 1816 Juſcalex m wen Dasein 


848 Grudius. 
uchtelten, im welche ihn fein ſtrenger Rechtoſinn verwidelte, veranlaßten feine 
—* Gol. feine Schrift „Neuefte Behandlung eines preuſlſchen Gtaatebeam 
ten,“ 2 Boe., Lelpyig 1818 u. „Der Staatsbeamte als Schrifttieller im Preubb 
chen,“ 2 Hfte., Stuttgart 1828). Seit 1823 lebte er bei Spremberg, 
dann die Standesherrichaft Musfau und erhielt 1834 ‘den Antrag, wieder in 
‚reußtfche Staatödienfte einzutreten, der fich aber zerfchlug. Er nabm nun feine 
—2 welcher ihm mit Penſton gewährt wurde ag die Geſchichte meines 
Austritts," 2 Bode, Jena 1837). Gegenwärtig lebt er In Lübben. — Getne zahl 
zeichen Schriften greifen fämmtliche in das Leben ein; fie betreffen theils ver 
Staat („Antiplaton. Staat,“ Berl, 1808, 2. Aufl. 18125 „Bedarf Preußen einer 
Gonftitution?” Berl, 18165 „Wie darf die Berfaffung Preußens nicht werben!“ 
2p3. 1819); theils den Menfchen im Staate („Der Menich,“ 4. Wuflage, Beltz 
4839; „Der Bürger,“ ebend. 19822; „Der Regent,” 2 Bove., Stuttg. 1824 x), 
theild Erläuterung der preußlfchen Geſebgebung (Kommentar zu den Grebitge 
fehen des preubiſchen Staates,“ 4 Bde, Berl, 1813—20; „Braftifcger Gommen 
tar zur allgemeinen Gerichtöorbnung für die preußtichen Staaten,” 6 Bve., Er. 
482531 16). Außerdem ſchrieb er: „Der Werth der Myftil“ (Merfeb. 1822); 
„das Wiederfehen nach dem Tode“ (Reipz. 1819); „Briefe an Emile über dk 
Fortbauer unferer Gefühle nad) dem Tode“ (Epz. 1821); „Proteftanttsmus um 
Kirchenglaube” (Glodau 1843);° „die Religion Chriftt und das Ehriftenthum‘ 
Halle 1846). Ein Hlarer Blid u, ein reger Eifer für Recht u. Wahrheit, aud 
da, wo er irrte, zeigt fich in allen Schriften ©.8; jedenfalls aber gebührt ihn 
das Berbienft, durch feine juridiſchen Arbeiten die neue wiſſenſchaftliche Bearber 
tung des preußifchen Rechts wieder gewedt zu haben. 

Grävins, Johann Georg, Vhilolog u, Humaniſt des 17, Jahrhunderts, 
geboren zu Naumburg den 29, Januar 1632, wo fein Water Stiftöbaumelter 
war. Schon in Schulpforta bereitete er ſich durch fleißige Leftüre der Dichte 
Homer u. — für gründliche phllologiſche Bildung vor, welche er dann 16% 
auf der Untverfität Leipzig, in Verbindung mit dem Studium der Geſchichte und 
Berebtfamfeit, eifrig fortfehte. Cine Reife nach Oftfriesland, um eine vaͤterliche 
Schuldfordetung einzutreiben, veranlaßte zugleich freundfchaftliche Verbindungen 
mit berühmten Bonändifchen umaniften. Zu Deventer verweilte er Tängere Zeit, 
um bet Gronov eine tiefere Begründung der clafflichen Sprachen fich zu erwer 
ben. Gleicherweiſe benügte er die Beſuche bet Heinſius in Leyden, forte in Am- 
ſterdam bei David Blonde, nugreih für Erweiterung feiner Itterarifchen Be 
firebungen. Durdy Blonde ließ er fidy bewegen, zur Tehormirten Gonfeffton über: 
autreten. Raum 24 Jahre alt, berief ihn der Kurfürft von Brandenburg an Schul⸗ 
ting6 Stelle als Profeflor nach Duisburg. Gronovs Empfehlung bewirkte 1653 
feine Berufung nad; Deventer und 1662 nach Utrecht, wo er 12 Fahre Lange 
das Lehramt der Geſchichte und Berediſamkeit verwaltete. Seine ausgezeichnete 
Gelehrſamlkeit zog felbf junge Bringen u. Grafen nach dieſer Afademte u. ver: 
ſchaffte ihm die ehrenvolften Anerbietungen, in Venedig, Padua u. Heidelberg 
feine humaniſtiſchen 2ehrvorträge zu halten. Er ftarb am 11. Januar 1703, in 
Folge eines Schwindel, am Blutſchlage. Seine reichhaltige Bibliothek, melde 
er binterli:ß, enthielt audy mehr als 100 werthvolle Handfdhriften, die der Kur: 
fürf von der Pfalz anfaufen Tief. Bon feinen Ausgaben ver griechiſchen und 
tömifchen Glaffiker verdienen Erwähnung: Heflod, Amfterd. 1701. Luctan 1668. ° 
Sucton 1703. Florus 1680 Juſtin 1694. Catull, Tibull u. Properz 1680. Zus 
lius Gäfar 1697. Cicero's Briefe u. Reden. Bon mehren ſchrififielleriſchen Wa⸗ 
fen neuerer Zeit beforgte ©. die Herausgabe: fo 3. B von Casauboni, Epistolse 
1656. Rubenii de re vestinria 1665. Mackeuzeus de imbecillitate rationis hu- 
manae 1690. Martinii Lexicon philologirum 1698. Ferrarius de concionibus 
ecclesiae veteris 1692. Huetii poömata. Junius de pictura Veterum 1695. Syn- 
tagma variarım dissertationum 1701. Gruteri inscriptiones 1702, 2 Thle. Fol. 
Meursii opuscula posthuma, welche {un Samuel Pufenhart aus her Löniglichen 


Sraf. @ [ 


Bibliothek in Stodholm mittheilte, begleitete er mit einer gelehrten Vorrede. 
Staunenswerthe Gelehrſamkeit u. ſcharffimige kritiſche Kentnil entfaltete er in 
feinem großen Werke »Thessurus antiquitatum romanaram,s Utrecht, 12 Folio⸗ 
Bände 1694—99. Den Thesaurus historiarum Italise fegte Burmann fort. — 
Die Gesenlung keiner Heineren Schriften, als Borreven zu gelehrten Werfen u, 
vielen Briefe beforgte I. Alb. Fabricius 1707 zu Hamburg, worin auch Bur⸗ 
mann Trauersede auf ©. abgedruct in. Cm. 
af, n en abgeleitet von grau, weil im Deutſchland urfprüng« 
lich die Stimme der alten (grauen) Perfonen in den Bolföverfammlungen dab 
meifte Gewicht hatte und daher die Bornehmen und Bielvermögenden überhaupt 
Grav(den (Braune) genannt‘ wurden. Wahrfcjeinlicher aber kam da6 Wort 
mit der Sache felbR zuerft von den Franken (wo ſich Grafto, Gravio, ſchon 
tin dem ſaliſchen und ripuariichen Geſehe findet) au den übrigen germaniien 
Stämmen. In den angeführten Gefegen u. in Urfunden des 7. u. 8. Jahrhun⸗ 
derts bebeutet G. einen Borftand, Verwalter, Richter; die alten G.en mußten, 
jeder in feinem Bezirke, Recht ſprechen und die Verbrecher beftrafen. Unter den 
Karolingern erwählten die Könige die Gen w. vertrauten ihnen’ die Einnahmen 
ver Eöniglichen Gefälle u, die hohe Polizei anz auch zogen jene mit in das Feld 
u. waren, den Herzogen (f. d) untergeordnet, Anführer. Sie erhielten große 
Macht, die aber Karl der Große wieder ſchwaͤchte Rad) den verſchiedenen Bes 
forgungen, bie ihnen übertragen waren, gab es WMark>, Baus, Burgs, Eents, 
Wild, Send» u. a. G.en; überhaupt hatte der Titel G. immer die Bebeutungs 
Königlicher Beamter (f. Comes), — AI nad) dem Untergange ber Kurolinger 
die Föniglidyen Beamten eine größere Gewalt erhielten, machten die G.en ihr 
Amt erbiich, eigneten ſich die Gaue, die fie bis dahin zu verwalten Batten, als 
Cigenthum zu, und als im 12, Sahrbunderte die Ganverfaffung aufhörte, waren 
mandye unter ihnen bie größten Grundeigenthuͤmer und Lehensrräger; daher das 
mals der Titel G. u. Synak oft mit einander wechfelte. Als die Fleinerem 
Dynafenherrfgaften allmaͤlig in größere Herzogthümer gufammenfloffen, blieben 
mandye ©.en, befonders bie, weldye die Gränzen zu fdügen hatten, (Marks 
®.en) noch fortbeftehen, erlangten arofe Macht u. diefer die fürkliche Würbe, 
Andere, die in ihren Gauen ihre Macht beibehalten Hatten, nannten fi) Lands 
G.en. Rachdem zu Anfang des 16. Fabrhunderts die Berhältnifj- des deutſchen 
Reiches geordnet waren, vereinigten ſich die kleineren @.en zu © en: Eollegien, 
die jedoch auf dem Reichötage bio Eurialkimmen (f. d.) hatten. Solde 
G.en⸗Collegien gab es bis zum Ojährigen Kriege 2, das ſchwaͤbiſche und wet⸗ 
terauffhe; 1641 Fam noch das fränkifche u. weftphältiche Hinzu. — Da diefe erb⸗ 
lichen G. en allgemein zu dem hohen Aoel in Deutfchland gerechnet wurden, fo 
firebten andere Adelige ebenfalls nach der Grhebung in den Reichsgrafenſtand. 
Wirllich verliehen die Kaiſer nady u. nady vielen Adeisfamilien dieſe Würde, und 
nun ließen ſich die alten Grafen, um ſich ihren Rang gegen die neuen zu fihern, 
entweder in den Färkenftand erheben, oder fie nannten ſich Alt⸗Gen (mie die 
von Salm u. A.), wirfliheReihd-®en u. ſprachen das Präbifat Erlaudt 
an. Als daher nad) Auflöfung des deutſchen Reichöverbandes (1806) die G. en 
aufbörten, Regierungstechte auszuüben u. nur nody als meblatifirte Stand es⸗ 
berr® Ci. d.) fortbeftanden, wurden bie vormaligen wirklichen Reichögrafen, mit 
dem Titel Erlaucht, fortwährend dem Hohen Adel beigezaͤhlt u. ihnen das Recht 
der Ebenbürtigfeit (f. d.) zugeſtanden, was ihnen audy die deutfche Bundes⸗ 
Alte narantirte. Das Recht der Erhebung in den Grafenftand, das früher nur 
dem Katfer zuſtand (das aber fpäter auch Preußen, Dänemark u. ſolche Reiches 
ürften, die aufer- Deutfchland noch ein unabhängiges Gebiet befaffen, ausübten), 
ſt jebi in —E ein Theil der, jedem Bundebfürſten zuſtehenden Souveräs 
netät, die G. enwuͤrde felbft aber ein bloßer Titel, der einen höheren Rang, als 
den freiherrlihen, anzeigt. Das franzöffche comte und das englifche earl ent 
ſprechen dem. jepigen dentfchen ©, . - B 


[02 “ Grofenan -—- Grammatit, 


Grofenan, Städtchen u. Sandgerihtöfig am Frauenwaffer, im baven 
ſchen Walde, Kreis Den mit. 708 Einwohnern und berühmten: Glas 
fchlelfereien. Im 15. Jahrhunderte erwarben ſich die Bürger G.s den Ruf de 
Tapferkeit, ald fie unter ber Anführung ihres Landrichters Waflervogt bie, dor 
den Mauern ber Stadt Iagernden, Huffiten fAhlugen u, über. die Gränze zurüd, 
trieben. Inder Nähe die Ruinen der Waldvefte Bärnftein, im Deren tiefer 
Abgefchledenheit 1244 der unruhige Legat Albert Böheim Zuflucht fuchte, nad: 
dem auf dem Tage zu Regensburg die Landesadyt über ihn ausgerufen worden 
war. Das Schloß wurde 1742 von den Panduren des berüchtigten Trenl bis 
auf den Grund zerftört, mD. 

Graf, 1) Anton, geboren zu Winterthur 1736, geftorben 1813 zu Drei: 
den, wo er feit 1766 al Hofmaler lebte , einer der erfien SBorträtmaler feine 
Zeit, defien Bilder, befonders männliche Köpfe, durch — u. Colorit gleich 
trefflich And. Eine Sammlung beſiht die Univerfitätöbibliothef zu Leipzig. Sen 
Sohn, Karl Anton, geboren 1774, geftorben 1832, ift als guter Landſchafts 
maler befannt. — 2) ©. Eberhard Gottlieb, geboren 1777, 1823 Regie 
rungsrath zu Arenöberg in Weflphalen, 1824 Profeffor der Philofophie zu Kir 
nigöberg, bereiöte 1825—27. Deutfchland, Frankreich, die Schweh, u. Italien in 
phtlologiichem Intereſſe, wurde dann Profefior u. Regierungsrath zu Berlin u, 
farb dafelbft 1841. Schriften von ihm find: Die für die Einführung eines er 
‚stehenden Unterrichts nothwendige Ummandelung der Schule, 2. Auflage Leipig 
1818; die althochdeutſchen SBröpofitionen, Königsberg 18245 Althochdeuticher 
Eprachſchatz, Berlin 1834—41, 5 Bde; 4,5 der legte (6.) Band von Mafmanır be 
forgt; ‚ferner: Diutisfa, Denkmäler beutfcher Sprache und Literatur aus al 
ten Handfchriften, Stuttgart 1826—30, 3 Bde.; Dtfrieds Krift, Königsb. 1831; 
Notkers alihochdeutſche Ueberfegungen ber Arifotelifdyen Abhandlungen Kary⸗ 

opiaı us Ilepi Epupveias; Berlin 1837, u. des Böthius consolatio. philosoph. 
Berlin 1837, u. Marclanus Gapellg, ebend.; deutſche Interlinearverfion der Pſal 
men, Dueblenburg 1839, 

Graffigny, Brangotfe d’Ifembourg d’Apponcourt, geboren 1694 
zu Nancy; war an François Hugo de ©., Rammerherrn ded Herzogs von 
Lothringen, vermählt, hatte eine unglüdlidhe &he u. ging, als ihr Gemahl Aus- 
ſchweifungen halber verhaftet ward, nad) Paris, wo he fh der Schriftflellerei 
widmete u. farb 1758, Werke von ihr find: Lettres pöruviennes, Paris 1774, 
2 Bde., deutſch: Zilia oder Briefe einer Peruanerin, Ball 18015 das Drama: 
La file d’Aristide u. die Luſtſpiele: Cenie u. Ziman et Zenise; Oeuvres, Paris 
1788, A Bye.; ebenbaf. 1798, 3 Bbe., Vie privee de Voltaire et de Mme. 
Duchätelet, herausgegeben von Dubois de Eartoug, Paris 1820. 

Gral, ſ. Oraal, 

Grammatik oder Sprachunter richt, war bei den Alten (namentlich den 
Griechen) eines der erſten Erziehungögefchäfte, und wenn ſich diefer Unterricht 
gleich bloß auf die Landesfprache enfehräntte, fo hatte er doch im Ganzen einen 
größeren Umfang, als wir ihm zu geben gewohnt find. Die Kunſt, richtig zu 
teden und zu fchreiben, womit man Yeim Jugendunterridyte den Anfang machte, 
bie Grammatiftif, und die Lehrer darin nannte man Srammatiien. Us 
ter der Grammatik hingegen begriff mar, außer der Spracdjfunde, auch die Ans 
leltung zur Dichtkunſt, Redekunft, Geſchichte; felbf die erften Anfangsgründe der 
Philoſophie, wentgftens in ihrer Anwendung auf diefe Wiſſenſchafien, und bie 
eigentlichen Grammatiker ertheilten allen diefen vielfachen Unterricht. Plato 
machte die Griechen vornehmlich auf die Nothwendigkeit u. Brauchbarkeit folder 
Kenntniffe aufmerlſam. Die gewöhnliche Einteilung ber eigentlichen Sprach⸗ 
lehte war übrigens zweifach: in die methodifche, welche die Sprachregeln vor⸗ 
trug, u. in die eregetifche, weldye die Ratur und Bedeutung der Wörter und 
Wedensarten erklärte. — Jehzt verfteht man unter ©. ober Spradhlehre den In- 
begriff u, die logiſche Darſtellung der Regeln einer Sprache, ober, praltiſch aus 


jebrüct, die Kunſt, eine Sprache m ſprechen u. zu ſchreiben. Zede S prache 
Bat ihte eigene 6 * et neigen. ober Nbtlsfopbifge G. 
voraus, d. h. die allgemeinften Begriffe u. Regeln der menſchlichen Sprache übers 
haupt, gefaßt u. ab; eeite theif® aus der Denk» u. Greenntnißart der Denen, 
theild aus den verſchledenen Arten der Gegenftände, % der Menfch denkt, theild 
aus einer angeftellten Vergleichung mehrer einzelnen ae von verfehtebener 
Einrichtung. Solche philoſophiſche Bm: von Beauzöe, Gramm. '6rale, 
1768, 2 Bde; Dumarfais, Prineipes de gramm. 1 %:, eben. 1793, 2 Bde; 
Meiner, Verſuch einer allgemeinen — — Leipzl 1781; Beatie, Th 
ef lang., London 1788, *8 Bde.; Thomas, Sloſſolo , Bin 1786; de Bro 
Cüberfegt von Hismann, Leipzig 1777, 2 Bde); 9 Principes de gramm. 
'ön., 2. Ausg, Parts 1803, deutſch von Bater, Halle 1804; Harris, Hermes, 
Eden vo, ar ae von Ewerbed, Halle FH Roth, Antihermes, Frankfurt 
Meyer, Grammatica universalis, —* peeig 1796 5 Dinkler, Sprache 
* had, Gotha 1793; Mertian, Mg prachfunde, Braunfchweig 
17965 Bater, ꝛue 18015 Lehrbuch der algeneine ®., eben. 1806; „Bern Bern⸗ 
hardi, Algem Spraglehre, Berlin 1801-3, 2 Thle.; Thibaut, Gramm. 
Philoso; Paris 1803, 2 Bde.; Roth, Grundeiß der Augen Sp ih 
lebte, RR ——— meinen G, Leipzig 181 nl 
ne, ſprae ri gramm, universal 
to ac ratione, Kiel 1. 6.— Die fpezielle —X Ei Imbeg Inbegriff der Ren 
gen, wor die eig ——e— Einrich mhung einer einzelnen Sprache beftimmt 
wird. beiden Haupitheile find die Formlehre u. die Syntar (f. d.). 
—— Die Sprache der Griechen hatte ſchon durch mündlichen 
u. fchriftlichen Gehrauh) einen ohen Brad der Bildung, des Reichthumes und 
der Bolltommenheit erhalten, man unter ihnen bie Srammatif ald eine bes 
fondere Wiſſenſchaft zu treiben anfing. „Anfänglich verſtand mar unter dieſem 
Sorte Nichts weiter, ald die Kunk zu reden u. zu fchreiben, die hernach Brams 
it hieß, m. erft zur Zeit des Ariſtoteles fing man an, fie methodiſch 
m janbeln und ei — dyezger u anzuftellen. Unter den gri 
G.n find die {A jogenannnten Scholtaten erkärbin, die fi vornchmll 
[a dem auslegenden Theile der Sprachwiſſen ef Bei gie, und dere 
Ertlaͤrungen alter griechiſcher Schriftkeller, Dürftigkelf an 
feinerer und gefchmadvoller Kritik, dennoch zum ne vieler, ohne % 
uns vielleicht ganz unbekannter, Wörter und Sachen von großer Brauchbar⸗ 
keit find. Beſonders — fih um Sicherſtellung, fo wie ibehauı um Sach⸗ 
und Wort Kritit des Tertes der Älteren griedhtfähen Schriftkeller bie glerans 
print Gen en (f. d.) verdient — welche eine eigene Aladenie bilde⸗ 


lergleiche G. Koch, »Commentatio de rei criticae imprimis Alexan- 
gpochiss, Marburg 1822. 4. — Unter den Schollaten” 18 Euflathius, 
Ir Ha omer6, er der vornehmfen, und außer ihm find die un, e 


nannten FR jaften über den Ariftophanes, Serpettes, efiodus, Pindar, 
ripides, Schenkel und Wpollontus von Rhodus die brauchdarſten. "Aber auch 16 Die 


jÄter: G., wel der Eroberung Konſtantinopels die [ 
Bias und — ne — raten, find nad und eg ade 
Grlemung dieſer Sprache 


jehr dienlich. Biele Schrii siehiän 
den Ramen nady Eennen, find verloren engen; viele find nor ae 
——X in Bibtiotheten vorräthig. — Sammlungen find herausgegel 

Aldus Theod. Gez: »Gram.«, Venebig 1495, %ol.; »Thesaurus —— 3 
horti Adonidis.e, ebend. 1496, — »Dictionarium gr.«, ebend. 1524, Fol.; 
Theod. (Gaz), »Cram, “, ebend. 1525, 8 .; von Imm. Belter: »Anecdota graocas, 
Berlin 1812 — 1821, 3 Bde., 8. m von W. Dindorf: »Grammatici graecie, 
Leipzig 1823, Br. 1, 8. m; e. &D. . Bid, »Commentarii de litteris et auc- 
toribus graccis atquo Istinise, 1. Ah, 47 fg. — Auch in Rom gewann 
mit der Aufnahme, weldhe Käufe un Kefgafen, nach Kinlänglicher Eike 


952 Gramme — Gran, 


tigung der bis dahin herrſchenden Eroberungsfucht fanden, das Sprachſtidium 
Bere Aufmerkſamkeit, indem Gelehrte, die fonſt das Griechiſche vorzüglid Aus 
dit hatten, ihren Fleiß an die Unterfuchung und we der eigene 
Landesfprache wandten, u. es bildeten fi) ©., welche das Sprachſtudium ju ihrem 
auptgeſchaͤſte machten und den jungen Römern nicht nur in der Richtigkeit, 
jondern auch in der Schönhelt der Schreibart Unterricht ertheilten, Aud in der 
Folge, da der römtfche Geſchmad fidy fehon zum Berfalle neigte, ſuchten der- 
leihen Männer den clafftichen Werth; der Älteren Schriftfteller, befonder6 der 
Dichter u, Redner, durch Auszeichnung ihres mufterhaften Verfahrens u. durch 
Erklärung ihrer Schönheiten aufrecht zu erhalten. In den fpäteren Zeiten waren 
diefe ©, faft allein int Befige der ganzen Literatur, Nur nahm ihr Fleiß nicht 
immer die befte und zwedmäßtgfte Richtung. Dft verfiel derſelbe auf unnühe 
Grübeleteft, weitfchweifige Zergliederungen u. willlürliche Sprachfagungen, melde 
Diefer ganzen Befchäftigun (Bart ein trodenes, abjchredendes Anfel gaben, 
Einige unter ihnen trugen iüre Sprachforſchungen auch fchriftlidy vor, und von 
diefen find und verfchtedene Aufjäge erhalten worden. Die merkwürdigſten unter 
den Schriftflellern diefer Glaffe find: Barro, Gellius, Genforinus, Fe 
8, Donatus, Mafrobius, Priscianus, Diomedes (fl. db.) u m; 
die beften Sammlungen ihrer grammatifchen Werke: „Auctores lalinze linguae 
in unum redacli corpus, adjectis notis Dionysü Gothofredi. 8. Gervasii (Ge- 
nevae) 1595, 1602—1622, 4. — Grammaticae latinae auctores antiqui. Op. 
et stud. Heliae Putschii, Hannov. 1603, 4. — Corpus Grammaticorum La- 
inor. veterum, collegit“, Fr. Lindemann, bis jept 3 Kite, 2py. 1831—35,_4. 

Gramme, Gramm, die Gewichtseinheit des franzoſtſchen, metrifchen Sy 
ſtems ©. Decimalfyftems, 

Gran, fönigtiche Freiftadt in Ungarn — ungariſch Esytergom, ſlaviſch 
Oſtrihom, latelniſch Strigonium — bat eine Mehr freundliche Lage, dicht an 
der Donau, faſt dem Einfluffe der Gran in den Hauptfirom gegenüber, in einem 
von anmuthigen Höhen umgränzten Thale, Sie ift der Hauptort des Get Co⸗ 
mitats u. von ihr führt der Primas u. Legatus natus Ungarns den Metropolis 
tantitel, Das Erzbiethum ©. if das am reichten dotirte in Europa, und mar 

„ berechnet feine Ginfünfte auf 600,000 Thlt. — ©. beflcht aus der eigentlichen 
relſt adi, der erabifchöflichen oder Wafferftadt u. den beiden einverleibten 
ärkten Thomasberg und St. Georg. Bel der Wafferftadt erhebt ſich der 
hohe, raue Feldberg, welcher das Echloß oder die fogenannte Feſtung trägt, 
„ Die Werke derſelben wurden jgon unter Karl VI. geräte, fo daß nur noch 
einige Trümmer übrig find. ft umfchloffen ihre Mauern einen Palaſt der Könige 
Ungams u. einen herrlichen Dom altveuticher Bauart, deſſen mächtige Säulen 
aus weißem Marmor gehauen waren. Der Prachtbau wurde von den Türken 
rt. Den 23. April 1822 legte der Für Primas Alexander von Rudnay 

Brund zu einer neuen Metropolitankirche, die jet mit ihren Umgebungen 
er bifchöflichen Refidenz, ben Häufern ber Domberten und den Geminarin) 
das großartigfte Bauwerk in Ungarn if. Der Dom fteht Erhöht im Hinter 

ide des 2000 Fuß langen Kirchenhofes, u. ein prachtoolles Propiläum atert 
fir Borberfeite. Die Länge des — beträgt 336, die Breite 144. Das 

inere der Kirche iſt bis an das Gefimfe mit poliertem rothem Marmor verkleidet 
a, ruht auf 54 Säulen, Aus der Mitte erhebt ſich die Kuppel, 250' body, 82' 
tm Durchmefier. Der Bau iſt übrigens nody nicht vollendet und man arbeitet 
bis Rn tunde an feiner Ausführung. Die Abhänge des Schloßberges find mit 
a anlagen geziert u. am Fuße entoringen warme Duellen, bei welchen 1841 

ſchoͤnes Badehaus errichtet wurde. — ©. zählt 12,000 Ginwohner und hat 
ein Gymnafium, ein Priefterinfitut, eine Präparandiftenfchule, ein wohl einge ⸗ 
richtetes Bürgerfpital, Tuchweberei, Faͤrberei, Weinhandel, Amerikantfche Walzs 
Mühle, 1 gebaut, Ueber die Donau führt feit 1841 eine Schiffbrüde, auf 
37 Bobten ruhend u, Iofephöbräde genannt, von ihrem (rbauer, dem Erz 


* 


Gen; [3 


bifchofe Jofepb v. Kopdtiy. Der Brädengoll in um 33,000 fl. WB. W. verpacktek; 
— ©., angeblih das Gurta des Ptolemäus, ertor fidh der Magyı 
GBeifa zu feiner Reftvenz, u. bier wurde ihn fein Sohn Bojk geboren, 
Jahre 994 durdy den Heiligen Adalbert unter dein Namen Stephan und 
der Ungarn eıfter u. größter König ward. Die Kirche, melde ihn dem Wunde 
der Chriſten zuführte, erbob biefer Fürft im Jahre 1000 über alle acheren tm 
Reiche; fie wurde die Metropole der fämmtlichen Bisthümer Ungarns. 1241 
widerſtand die Burg zu ©. den Stürme der wilden Mongolen und Eonnte vom 
ihnen nicht genommen werden: wohl aber bemächtigten fie ſich der Stadt u. zer⸗ 
flörten fie gänzlich. 1543—1595 und 1605—1683 war G. in der Gewalt ber 
Zürfen. 1708 erhob es Zofeph I. zu .einer föniglicyen Freiſtadt. Die Ueber - 
ſchwemmung im März 1838, durch welche Ungarn fo fehr litt, brachte audy 
über ©. ſchweres Unglüd; die Fluthen der Donau verwüfteten hier 653 Häufer, 

Gran. 1) Die Fleinfte Abtheilung des Apothekfergewihts (f. d.); — 
2) As Goldgewicht (auch Grän genannt) der 288. Theil einer Fölntfchen 
Mark, welche in 16 Loth A 18 ©. yerfält, As Probirgewicht aber wird vie 
Tölnifhe Mark Gold in 24 Karat a 12 ©. abgethellt, u dom 1. =} 
Karat, Beim Silber aber gilt audy hier die obige Gintheilung ver Mark in 16 
Loth a 18 ©. — 3) Beim Juwelengewichte der vierte Theil des hollän- 
diſchen Jumelenfarats, weldy lehteres nad Chelius 0,205349 franzöffche 
Gramme ſchwer ift, u. wonach die Juwelen faſt überall gewogen werden. Man 
theilt nämlich das Karat/in 4, 4, 4 u. f. w. bis in „1. ein, oder auch nur in 
4 Viertel, ©. genannt. — 4) In Kopenhagen ein —— 

Granada, 1) ein früher zur Krone Cafillien (ſ. d.) gehöriges Königreich, auch 
Dberandalufien genannt, mit 452 [J Meilen und 1,234,000 Einwohnern, zers 
fälltıgegenwärtig in die Provinzen Granada (im Norden an Jaen, im DOften 
an Almeria, im Weften an Eordova u. Malaga, im Süden an das Mittelmeer 
grängend, mit 400,000 Einwohnern), Almeria u. Malaga. Die ganze Provinz 
it, einen fehmalen Küftenfaum ausgenommen, Hoch - und Gebirgsland. Im 
Dften find_ die Berge von Murcia. Diefen fchliegen fich im Süden durch Erd⸗ 
beben zerflüftete Felöberge an, die ſich in der vulianiſchen Sierra Alhamilla bis 
zum Gap de Gata erfireden. Das Hauptgebirge, die Sierra de Nevada mit 
den Gebirgen von urar u. Ronda, alle drei ÜBaferfiee zwiſchen dem Gua⸗ 
dalqutotr und den Küftenflüffen, flehen in der Miıte des Landes von Nordoſten 
nad) Sũdweſten. Bon diefem Hauptgebirge laufen: bie Bergfette von ©. nad 
Norden, die Sierra de Aguaderas mad) Südo| die Giersa Gabor, in der 
Landfpige Sta.s Elena, die Sierra de 108 Filabres nach Süden im Gap Gata, 
u. ebenjo die Sierva de Pietra u. Tolos aus. üblicher, als die Nevada, find 
die Alpuraras. ©, iR die fünlichhe Provinz Spaniens u.oganz der Mittagsfonne 
augeivendet, deren Gtrahlen durch die Bredyung an ben hohen Gebirgen doppelte: 
Wärme verbreiten, fo daß hier afıifanifcye Temperatur u. Begetation bereichen. 
Der Boden frudptbar u. beffer bebaut, als in allen übrigen ſpaniſchen 
Provinzen. dukte find: trefflicdyer Wein (Malaga), Oliven, Feigen Branas 
ten, eßbaree@icyeln, Kork, ohr, Seide, Orangen, Baumwolle, Sinfrüäte 
u. f. w. Die Gebirge, von denen die Borberge der Sierra de Ronda ſch 
walbet, bie äbeigen aber faR gan kahl find, liefern etwas Silber, Ehen, Qued⸗ 
filber, fehr viel Blet (dei 4—-500,000 Gin), Reißbiet, fdönen DR 
Reine und Sale. — Zur Zeit ver Mömer gehörte ©. zur Broving Bätica, fpäter 
zum arablichen Reiche Cordova, bildete von — an ein ſelbſtſtan r 
defien Gebiet 40 Meilen lang u; 15 Meilen breit war, 32 größere u. 97 El 
nere Städte mit 3 Millionen Einwohnern zählte und 100,000 Mann ins Feld 
Relte, wurde 1248 an Gafiilien teibutpflichtig u. 1492, nach einem eitflähr an 
Kriege, unter Ferdinand dem Katholiſchen völlig unterjodht. — 2) ©... 
HauptRadt der gleichnamigen Provinz, auf de Hocebene Bega, am IIES 
menfufie des Zeil u. Dasto, 1630 Buß über dem Mecte, wie TATEN 


„2 


954 Granat— Granatbanm, * ’ 


Eor vier Jahrhunderten weit mehr ald 200,000 Einwohner). Die 
währt, ba fie größtentheild auf Hügeln liegt u. von vielen Gärten nm 
Wälhen umgeben ift, einen bödhft maferifchen Anblic. Die Straßen find eng 
x krumm, und die Gebäude haben durchweg den Gharakter maurtfcher Bauart. 
Sitz eines Erzbiſchofs, Univerfität, 1531 tet, mit etwa 800 Studenten, Se 
minar, Akademie der Künfte, Kranken, Itren- und Finvelhaus, E. 
derei und Pulverfabrif, wichtige Seivenfabrifen. Die Stadt hat Reichthum an 
jönen Öffentlichen Gebäuden, befonders Kirchen, Klöftern u. —— Der 
‚ioarrambla u. Zacatin, öffentliche Berfammlungspläge in ben Morgenftunden, 
Der, auf dem rechten Mfer des Darro faft ganz maurifd gebaute, Stab! 
Abaycinz biefem gegenüber auf einem Bergrüden liegt der Aihambra (f. d.) 
Auf einer Höhe über diefem und am Ende der dazu arhörigen Gärten Liegt ein 
anderes maurifches Schloß, Zeneralife, mit einem uralten, herrlichen jene 
Gange; Gaftell, alte Feftungswerfe. Unter den 25 Kirchen zeichnen aus: 
"der prächtige Dom mit den Gräbern Ferdinands u. Iſabellens, Philipps L u. 
feiner Gemahlin, fowie des. Seo Gonfalvo von Gorbovaz ferner eine el 
—— Moolee, 410 Fuß lang und faſt eben fo breit, mit 850 
deren niedrigen Grwölben ſich die hohen Bögen einer Kirche erheben, die man 
_ im 16. Jahrhunderte hinein gebaut hat; prachtvolles ehemaliges Karthäuferklofter. 
Merkwürdige Höhlenwohnungen auf dem mit Agaven u. Cactus bebediten 
der St. Michaelöfapelle, — Surgeit der maurtfchen Herrfchaft im 14. Jahrh 
die Stadt 70,000 Häufer, 50 gelehrte Schulen u. 70 Bibliothefen. Sie war 
‘mit einer Mauer umgeben, welche 7 Thore hatte u. von 1030 Thürmen flanfirt 
war. Die: alten Mauern der Stadt mit ihren Thürmen find größtentheils noch 
jeht vorhanden; auch if jeder der vier Stabttheile befonderd ummauert, Hert⸗ 
iiche Spaziergänge (Alamedas) am Darro u. Renil. Eroberung der Stadt den 3. Septbr. 
1492. — 3) ©., Stadt mit 10,000 Einwohnern tm amerilaniſchen Staate Ri 
earongua, — 4) ©., eine den Engländern gehörige Antilleninfel, 83 [J Meilen 
groß mit 29,000 Einwohnern, gebirgig, aber Aut bemäflert u. fruchtbar. Ow. 
Granat, ein Edelftein, der eine eigene Mineralienfamilie bildet und im den 
gemeinen ım edlem getheilt wird; Lebterer Liefert die im Handel vorkommenden 
wein, blut / oder rubinrothen G. en entweder in Form der Rofette (f. Diamant), 
oder in runder fagettitter Berlenform geichliffen. Das natürliche Borkom- 
men des ©.8 befchränft fich auf die Bor- und Webergangsgebirge; we er, einge 
freut in der Gebirgsart, namentlich in Glimmerfchiefer, er Gebirgepa: 
angetroffen wird. Ein, befonders für ſolche Gen, weldye hieiigut liefern follen, 
fehr vortheilhaftes, Borkommen tft das Lofe Liegen in verwitterter Gebirgsart, fo 
genanntem Gems, aus dem fie dann nur ausgewafchen zu werden brauchen. Der 
jemeine ©. unterſcheidet ſich vom edlen dur —— — Die Cryſtalli⸗ 
tion des ©.6 iſt das Rhombendodekasder und deſſen Comblnationen. Die Far 
ben find gelb, orange, braun, fpinell« bis dunfelrubinroth und ſchwarz, aud 
hat man Möfufungen von gelbgrün bis bunfellauchgrün, "Won Bebeutung für 
den Handel find vorzüglich die böhmifchen G.en, bie von den dortigen Schleifereien 
in werfchiedenen Sortimenten, als Garnituren und als Schnuren, tn verſchiedener 
Schönheit u. Regularität des Schliffs in den Handel kommen. 
Granatapfel, die Frucht des Granatbaumes (f. d.), war bet dem Miten 
Das Symbol der Fruchtbarkeit, daher war er in den Junodienſt aufgenommen, u. 
darauf deutet wohl ver von Proferpina in der Unterwelt genofiene &r Künfs 
lidye ©. waren eine architektonische Verzierung, 3. B. im Hefligthume der Zuden, 
auch waren ©. in das Kleid des Hohenprieſters geſtickt. 
BGranatbaum, gemsiner (Panica Granatum), vers natürlichen 
Myrtaceen, nad Linne’6 Syſtem ber Icosandria 


us 

ee auf den nördlichen Küflen Afrika’, nun auch in ‚Italien ımb tm fübe 
stankreidy heimiſch und: bet und ale —& x h 

echkefhalg u en 


B 


entpätt nad Latout de Trie in der. 


Granaten — Grand,” BT 


ophyll, bedeutend viel Hatz, Gallusfäure, fettige Materie und einen eigenthümlt- 
hen erpftallinifdhen Stoff, Granatin genannt, welchen Iegteren man für feinen 
wirkfamften arzneilichen Beftanbtheil anzufehen geneigt if, Die Rinde veffelben 
iſt brüchig, hat einen unebenen gelben Bruch und einem ſchwachen, aber edelhaf- 
ten Geruch und einen zufammenziehenden, unangenehm bitteren Gefchmad, “Die 
wurmwibrige Kraft einer Abkochung der G-Wurgel warb ſchon im —— 
thume gerühmt, aber ſpäter wieder vergeſſen, bis ihr dutch den engliſchen Milts 
taͤrarzt Buch anan, der fie als Bandiwurmmittel in: Indien kennen lernte, auch 
in Europa neue Aufnahme ward. Seitdem gewann die Rinde der G.wurzei durch 
die vielfachen Verſuche deutſchet, ftanzöͤſtſchet und italieniſcher Aetzte ald Band⸗ 
wurmmittel um fo größeres Anfehen, als man ſich überzeugte, daß fle in feiner 
Beziehung auf den menfhlichen Körper nachtheilig eimmirfte und bie bei ihrem 
Gebrauche mannigmal eintretenden Unannehmlicyfeiten (Aufftoßen, Erbrechen, Durch⸗ 
fall, Letbfchmerzen, Schwindel und Schwäche) bloß von der Bewegung. des Wur- 
med berühren u. mit dem, längſtens nach 6—12 Stunden. erfolgenden, Abgange 
des Wurmes nicht allein völlig verfehwinden, fondern aldbald in ein vorher nicht: 
gefühltes Wohlbehagen übergehen. Nach den allgemeineren Beobachtungen eignet 
ſich die frifche Wurzel vorzugsweiſe zum Gebrauche; auch gibt man ber im Frühe 
jahre vor der Blüthezeit gefammelten den Borzug; die Hauptfache iſt, daß fie un 
verfälfcht, von den ihr anhängenben unmirffamen Theilen der Wurzel geeinigt u 
gut erhalten if, — Ihrer Anwendung fhidt man mit Bortheil ein Abführmittel 
voran, um die Einwirkung des Mittels auf den Wurm zu erleichtern, Man gibt 
die Rinde in Pulverform (Kindern zu 10, Erwachſenen zu 20 Gran alle halbe 
Stunden und 4 bi 6 Mal hintereinander), oder gewöhnlicher und beffer in Ab⸗ 
lochung, indem man 4 Loth frifcherWurzeltinde oder 5 Loth getrodneter, waͤh⸗ 
rend 12—24 Stunden in 14 bis 2 Pfd. Waſſer maceritt, ſodann auf 4 Pſd. eins 
tochen und davon Morgens nüchtern halbfiündlich 2 bis 3 Eplöffel voll, over 
dad Ganze in 3 Portionen getheilt, innerhalb 2 Stunden nehmen läßt. Etwa 
eintretendes Erbrechen ftort-in der Regel die Kur und ihren Erfolg micht, da die 
1opung Dei ce emnfnbligen Befonen mit Gig In Bumerbung geht, Be 
lochung ei en fonen mit wendung . Bers 
ner {ft auch ein fpirktßfes u. ein wäßeriges Ertract aus der ale 
gewöhnlich, dad man zu 6 Duentchen, in einem aromatifchen Waffer gelöst, auf 
dreimal nehmen läßt, 

Granaten, find_eiferne Hohllugeln, die vorzugämelfe aus ben Haubigen ges 
worfen werben; ihr Zweck if, ſowoil durch ihren Aufichlag, als auch durch hr 
ausm A —— weßhalb fie mit einer Springladung verſehen werben, 

gl. Hohlfugelm 

h anathagel, ein hölgerner Eylinder, der mit —— geladen iſt und 
aus den Haubigen ſchwerſten Kalibets geworfen wird. wird meiftentheils zur 
Beunrubigung der Belagerungsarbeiten angewendet. 

Granatkartätfchen find mit Bleitugeln und einer Springlabung angefüllte, 
etwas ſchwaͤchere Granaten, Die von dem englifchen Oberften Ehrapnet erfunden 
wurden Man nennt fie deßhalb auch Shrapnelihells oder bloß Shrapnels. Die 
Geſchwindigleit der Granate thellt ſich den: in ihr befindlichen — mitz 
bie — re dient daher nur, um die Hohlfugel zur richtigen Zeit zu zer⸗ 
Rören. Diefer Moment if, wenn fe cuwa noch 70 bis 80 Schritte vom Ziele 
entfernt iſtz dann breiten ſich die Blelfugeln gehörig aus, doch nicht zur jehr, 
um an Wirkung zw verlieren. Die ©, haben den großen Vortheil, daß man ſich 
{hrer auf die größten Oranatweiten bebienen kann; dagegen den Nachtheil, daß 
ihre Anwendung ſchwierig und unficher iſt. Doch haben vielfache Verſuche dar⸗ 
gethan, daß fie unter gewiſſen Umfänden mit Bortheil' zu gebraudyen find. 

Grand, in Spanien feit bem 13. Jahrhunderte die hochſte Melsclaffe, no 
jeht die größten Randbefiger (Majorate), aber, mit wenigen Ausnahmen, ohne — 
politifchen, moraliſchen u, forialen Einfluß, vieifach audy tx woran. ST“ 


954 Granat— Granatbaum. 


(vor. vier Jahrhunderten welt mehr als 200,000 Einwohner). “Die Stadt ge 
währt, da fie größtentheils auf Hügeln ‚liegt u. von vielen Gärten u. Drangen- 
MWälpchen umgeben ift, einen hödyft maieriſchen Anblid, Die Straßen find m 
u. krumm, und bie Gebäude haben durchweg den Charakter maurifcher Bauart. 
Sig eines Erzbiichofs, Univerfität, 1531 neffie, mit etwa 800 Studenten, Se 
minar, Mademie der Künfte, Kranfen-, Zrren- und Findelhaus, k. Salpeterfie 
deret und $Pulverfabrif, wichtige Seidenfabrifen. Die Stadt hat Reichtum an 
fehönen öffentlichen Gebäuden, befonbers Kirchen, Klöftern u, Hofpitälern. De 
Bivarrambla u. Zacatin, Öffentliche Berfammlungspläge tn den Morgenftunden, 
Der, auf dem rechten Ufer des Darro faft ganz mauriſch gebaute, Staditheil beift 
Abayeinz biefem gegenüber auf einem Bergrüden liegt der Aihambra (f. d.. 
Auf einer Höhe über diefem und am Ende der dazu gehörigen Gärten Liegt ein 
anderes maurifches Schloß, Xeneralife, mit einem uralten, herrlichen Cypreſſen⸗ 
Gange; Cafell, alte Feftungewerfe. Unter den 25 Kirchen zeichnen fih aus: 
der prächtige Dom mit den Gräbern Ferbinands u. Iſabellens, Philipps L u 
feiner Gemahlin, fowie des. Serioge Gonſalvo von Gordovaz ferner eine eheme 
— je Veoolee, 410 Fuß lang und ſaſt eben fo breit, mit 850 Säuten 
deren niedrigen Gewölben fidh die hohen Bögen einer Kirche erheben, die man 
im 16. Jahrhunderte hinein gebaut hat; pradhtvolles ehemaliges Karthäuferfloftr. 
Merkwürdige Höhlenwohnungen auf dem mit Agaven u. Cactus bededten Hügel 
der St. Michaelöfapelle. — Aue Zeit der mauriſchen Herrfchaft im 14. Jahrh. zählte 
die Stadt 70,000 Häufer, 50 gelehrte Schulen u. 70 Bibliothefen. Sie war 
mit einer Mauer umgeben, welche 7 Thore hatte u. von 1030 Thürmen flanfirt 
war. Die alten Mauern der Stabt mit ihrem Thürmen find größtentbeil® noch 
jeht vorhanden; ' auch iſt jeder der vier Stadttheile beſondets ummauert, Her: 
liche Spaziergänge (Mlamebas) am Darro u. Zenit. Ctoberung ber Stadt den 3. Septbt. 
1492. — 3) ©., Stadt mit 10,000 Einwohnern im amerifanifhen Staate Ri 
carongua. — 4) ®., eine den Engländern gehörige Antilleninfel, 84 [J Melin 
groß mit 29,000 Einwohnern, gebirgig, aber qut bewäflert u. fruchtbar. Ow. 

Grauat, ein Edelſtein, der eine eigene Mineralienfamilie bildet und in den 
gemeinen u. edlen getheilt wird. Lehterer liefert die im Handel vorfommenden 
weins, bluts ober rubinrothen G. en entweder in Form der Rofette (f. Diamant), 
ober In runder fagettirter Berlenform geſchliffen. Das natürliche Borkom 
men des G.s befchränft fich auf die Bors und UÜebergangegebirge, wo er, eings 
ſtreut in der Gebitgsart, namentlich in Glimmerfchiefer, ‚er Gebtrgöpartin 
angetroffen wird. Ein, befonders für ſolche G.en, welche hlefgut liefern ſollen 
fehr vortheilhaftes, Vorkommen iR das loſe Liegen in verwitterter Gebirgsart, [6 
genanntem Gems, aus dem fie dann nur ausgewafchen zu werden brau Da 

jemeine ©. unterſcheidet fi} vom edlen vurd Undurchfichtigkett. Die Cryſtalli⸗ 
Kitten des G.s iſt das Rhombendobefaäder und deſſen Gombinationen. Die Far 
ben find gelb, orange, braun, fpinell» bis bunfelrubinroth und ſchwarz, aud 
hat man Wöftufungen von gelbgrün bis bunfellaudgrün. Bon Bebeutung fir 
den Handel find vorzüglich die böhmifchen G.en, Die von ben dortigen Schleifereien 
tn verfchiedenen Sortimenten, als Barnituren und als Schnuren, in verſchiedener 
Schönheit u. Regularität des Schliffs in den Handel kommen. 

Granatapfel, die Frucht ded Granatbaumes (f. d.), war bei den lten 
das Symbol der Fruchtbarkeit, daher war er In ben Junodienſt aufgenommen, u. 
darauf deutet wohl der von Proferpina in der Unterwelt genofiene &. Künf 
liche ©. waren eine ardhiteftonifche Verzierung, 3. B. im geitigthume der Juden, 
aud waren ©. in das Kleid des Hohenprieftere gefidt. 

Granatbaum, gemeiner (Punica Granatum), der natürlichen Familie 
Moyrtaceen, nady Linne’s Evflem der Icosandria monogynia angehörig, ur⸗ 
fprängtie) auf den nördlichen Küften Afrika’s, nun auch in Italien und im füb- 
lichen Frankreich heimiſch und bei uns als Ziergewäde gepflegt, IR durchaus 
gerbſtoffhaltig u, enthält nady Latour de Trie tn ver Burg; Made, Chlor⸗ 


en 8 


ophyll, bedeutend viel -Haty, Gallueſaure, fettige Materie und einen eigenthümli⸗ 

en cryſtalliniſchen Stoff, Granatin genannt, welchen lehteren man für feinen 
wirkfamften argneilichen Beſtandtheil anzuſehen geneigt it. Die Rinde vefielben 
iſt brüchig, hat einem unebenen gelben Bruch und einen ſchwachen, aber edelhafs 
ten Gerudy und einen zuſammenziehenden, unangenehm. bitteren Gefchmad. Die 
— Kraft einet Ablochung der G⸗Wungel ward ſchon im grauen Alters 
th ume g hmt, aber fpäter wieder vergeſſen, bis {he durch den englifchen Milts 
tärarit Buch anan, der fie als Bandiwurmmittel in Indien kennen lernte, auch 
in Europa neue Aufnahme ward. Seitdem gewann dieRinde der G.wurzei durch 
die vielfachen Berfuche deutfcher, franzöfticher und ttalienifcher ‚Werte ald Band» 
wurmmittel um fo größeres Anfehen, ald man ſich überzeugte, daß fe in feiner 
Beziehung auf den menfplichen Körper nachtheilig einwitlie und bie bet ihrem 
Gebrauche mannigmal eintretenden Unannehurlicyfeiten (Aufftoßen, Erbrechen, Durch⸗ 
fall, Leibſchmerzen, Schwindel und Schwäche) bloß von der Bewegung des Wur⸗ 
mes berrühren u. mit dem, läͤngſtens nach 6-12 Stunden. erfolgenden, Abgange 
des Wurmes nicht allein völlig verſchwinden, fondern alsbald in ein vorher ich 
nefühltes Wohlbehagen übergehen. Nach den allgemeineren Beobachtungen eignet 
fich die frifche Wurzel vorzugsweiſe zum Gebrauche; auch gibt man der im Fruh⸗ 
jahre vor der Blütezeit gefammelten den Borzug; bie Hauptfache if, daß fie uns 
verfälfcht, von den ihr anhängenden unmirffamen Theilen der Wurzel gereinigt u, 
gut erhalten Äft, — Ihrer Anwendung fit man mit Bortheil ein Abführmittel 
voran, um die Ginwirfung des Mitteld auf den Wurm zu erleichtern, Man gibt 
die Rinde-in Pulverform (Kindern zu 10, Erwachſenen zu 20 Gran alle halbe 
Stunden und: 4 bis 6 Mal hintereinander), oder gewöhnlicher und beffer in Ab⸗ 
tochung, indem man 4 Roth frifcherıWBurzelrinde oder 5 Loth getrodneter, waͤh⸗ 
rend 12—24 Stunden in 14619 2 Pfv. Waſſer macerirt, fobann auf 1 Pſd. eins 
kochen und davon Morgens nüchtern halbfüündlich 2 bis 3: Eplöffel voll, ober 
das Ganze in 3 Portionen getheilt, innerhalb 2 Stunden: nehmen läßt. Etwa 
eintretendes. Erbrechen flört in der Regel, die Kur und ihren’ Erfolg nicht, da die 
Iegteren Gaben nicht ausgebrochen werben. Auch in Klyſtieren hat man dieſe Abs 
tochung bei, fehr empfindlichen Perſonen mit Erfolg in Anwendung gebracht. Fer⸗ 
ner {ft auch ein ſpiriiudſes u. ein wäßeriges Ertract aus der Granatwurzelrinde 
gewöhnlich, das man zu. 6 Duentchen, in einem aromatifchen Waſſer gelöst, auf 
dreimal nehmen läßt. 

Granaten, find eiferne Hohlkugeln, die vorzugswelfe aus den Haubigen ges 
worfen werben; ihr Zweck if, ſowoil durch ihren Aufichlag, als auch durch fhr 
Zerfpringen zu wirken, weßhalb fie mit einer Springlabung verſehen werben, 
Bol. Hohlfugelm 

ranathägel, ein hölgerner Eylinder, der mit Handgranaten geladen ift und 
aus dem Haubigen ſchwetſten Kalibets geworfen wird, & wird meiftentheils zur 
Beunrubigung der Belagerungsarbeiten angewendet. 

Sranattartätfeen find mit Bleikugein und einer Springladung angefüllte, 
etwas ſchwaͤchere Sranaten, die von dem engliſchen Oberfien Shrapnel erfunden 
wurden Man nennt fie deshalb audy Shrapnelfhels oder bloß Shrapneld. Die 
Seigninigiet der Granate theilt fi) den in befindlichen Bieitugein witz 
die Springladung dient daher nur, um die Hohlkugel zur richtigen Zeit zu zer⸗ 
flören. Diefer Moment if, wenn fie etwa noch 70 bis 80 Schritte vom Ziele 
entfernt iR; dann breiten ſich die Bleikugeln gehörig aus, Doch nicht zu ſehr, 
um an Wirkung zu verlieren. Die ©. haben ven großen Vortheil, daß man fidh 
ihrer auf die größten Oranatweiten bedienen kann ; dagegen den Rachtheil, daß 
ihre Anwendung ſchwierig und unficher iR. Doch haben vielfache Verſuche dar⸗ 
gethan, daß fie unter gewiſſen Umfländen mit Bortheil zu gebrauchen find. 

Grand, in Spanien feit dem 13. Jahrhunderte die — Abelsclaſſe, noch 
jest die größten Randbefiger (Majorate), aber, mit wenigen Ausnahmen, ohne allen 
politiichen, moraliſchen u. ſocialen Einfluß, vielfach auch He vrkauihn. 


® 


8 Graphik Gras, 


chnet hätte, Philipp IT. die Niederlande hochſt unzufrieden verließ, blieb 
—— — bet der Staithalterin Margaretha von Parma als Miniſter 
ck. Auf dieſem äußerſt ſchwierigen Poſten traf ihn einerſeits der Haß der 
ederlaͤnder, die alle ſtrengen Maßregeln ihm zur Laſt legten; anderſelis ſuch⸗ 
ten ihn ſeine Feinde bei Philipp II. in den Verdacht zu bringen, daß er dur 
unzeitige Milde der um fidy greifenden Ketzerei Vorſchub leiſte. Philipp ließ fi 
indeffen nicht beirren, fondern ernannte ihn zum Erzbifchofe von Mecheln, als 
weldyer er fih durch feinen Eifer für die Wiederberufung des Triventiner Eon, 
cils den Gardinalshut erwarb. Da indefi:en feine Feinde nicht abiteßen, vie 
ſchwache Margaretha gegen ihn einzunehmen, fo eribellte ihm der König den 
efehl, in die Franche⸗Comté zurüdiufehren. Hier verlebte G. einige Jahre um 
ter Studien und im Umgange mit Gelehrten, war aber, obgleich Margaretha 
ihre Uebereilung, einen fo tr.fflichen Staatsmann entfernt zu haben, ſchmerzlich 
bereute, um feinen Preis zur Rückkehr nach den Niederlanden zu bewegen. 1566 
nahm er an dem Gonclave Theil, welches Pius V. auf den päpklidden Stuhl 
wählte. 1570 nad Rom gefandt, um ein Bündniß zwifchen dem Papfle, Sp 
nien und der Republik Venedig gegen die Türken zu fchließen, ging er, als dieſe 
Neapel bedrohten, ald Bicefönig dahin und traf treffliche Maßregeln, wurde aber 
1515 als Praͤſtdent des höchſten Rathes von Caſtilien und Italien nach Madrid 
berufen. Spaͤter unterhandelte er die Vereinigung Portugals mit Spanien, ſchloß 
die Verbindung der Infantin Katharina mit dem Herzoge Philipp von Savoyen 
ab u. ſtarb 1536 zu Madrid. Seine Briefe und Bemotren, geſammelt von dem 
Abbe Boifot, Itegen, in 80 Bände gebunden, im Archive zu Befangon ; das Wich⸗ 
Re baven iſt gebrudt in den Documents inedits pour F’histoire de la France, 


6 1842. 

Graphik, griehifh ypayın) rexvn (von ypapw, Buchſtaben in Holy oder 
Stein eingraben, Linien ztehen, ſchreiben, zeichnen), graphiſche A — bei 
Ariftoteled insbefondere‘ ein Gemälde, u. Herodian nennt ein Bild malen einova 
ypapeıv ; endlich verfland man unter G. audy die Kunft zu malen, beſonders auf 
Buchsholz. Plinius (XXXV. 10.) fagt ausdrücklich: Pueri ingenui ante omnia 
graphicen, hoc est, picturam in buxo docebantur. @®egenwärtig wird G. als 
Kunſtname nicht bloß zur Bezeichnung der Schreib-, Zeichnungs⸗ und Malerkunß 
angewendet, fondern auch auf Holzfdyneides, Kupferftecher- u. Steinzeidhnungefunf 
bezogen, well dieſen das inzeichnen oder das ingraben gleichfalls zum 
Grunde liegt. 

Srapbit, f. Reisblet. 

Graphometer, ein Werkzeug, um Yläcdyen oder Winfel auf dem Yelde u 
meflen. :Btolomäus, der zu Marc Aurels Zeiten lebte, befdhrieb bereits ein Wen⸗ 
zeug, dad große Achnlichkeit mit dem jegigen ©. hat, Erhard 1778 einen ver 
befierten, der audy den Ramen Scenograph führt, da er auch proſpektifche 
Aufnahme geftattetz Freville (1793) ein anderes Inſtrument, das zugleich die 
Seiten mißt und das er Grichnograph nennt. Seht hat der Repetittiongstife 
die ©. ziemlich außer Gebraudy gebracht. 

Gras oder Gräfer, eine natürliche Pflanzenfamilte, nah Juſſeu die 10. 
nad Sprengel die 14. nad) Reichenbach die 49,, mit Inotigem, faft ohne Wus- 
nahme Frautartigem Halme, einfachen, abwechfelnven, Ba aelnernien, den Halı 
ſcheidenartig umfaflenden, flachen oder rinmenförmigen Blättern, ktiechenden ⸗ 
zeln, gewöhnlich in Aehren oder Rispeln ſtehenden, wenig gefärbten, meiſtens aus 
2 blätterartigen, oft gegrauten Hüllen, Spelzen, bie den Keldy repräfentiren u. 
nicht felten noch aus einem fehr zarten, die Geichlechtötheile zunächſt umfchließen- 
den Blätichen, anftatt der Corolle, beſtehenden Btüthen, bald getrennten, 
ungetrennten Geſchlechtern, mei 3, doch auch 1, 2, 6 Staubfäden, meift dop⸗ 
Ks feberartiger Narbe und größtentheild Karyopfen. Die &. enthalten mel 

nur Pflanzenfchleim, Kleber, Amylum, wenig gefärbten Ertracttooff und 
Bude. Man kennt unter ihnen wur eine einzige Giftpflanze, lolium tremulen- 


-RaABUJS) _WUIBPBE.-P-.. 


Grafer— Grattan. 5 959 


tum. Sie zerfallen in 8" Drbnungen. Agroſtideen, Paniceeen, Avenaceen, Feſtu⸗ 
enceen, Ghloriveen, Horbeaeeen, Saccharinen und Oiyceen. — In gewöhnlicher, 
engerer Bedeutung veiſteht man unter ©. befonders die zum Biebfutter dienenden, 
entweder wild an eimem Drte zufammenmwachfenden, oder auf Wiejen beſonderö 
cultivitten· Gewächfe, der Mehrzahl aus Gräfern befteht. Theils nady ver allge 
mein Beicaftenheit diefer Gewächfe, die größtentheild von der Berfchiedenheit 
des. Bodens abhängt, woraufsfie wachfen, unterfdeidet man wildes G., als Fut⸗ 
ter-®., raubes, zähes, grobftengeliches, herbes, faures ®., Binfen-, Kolben⸗, 
Waſſer⸗G. u. a; nah den Gewächjen felbft aber, die auf Wiefen vorzugawelfe 
eultivirt werben , befommen bie einzelnen Grasarten * Eigennamen , wie Cy⸗ 
u —— Lieſch⸗ Perl⸗ Ray⸗, Rispen⸗, Roft-, Schwaden⸗, Woll⸗, Zits 
et⸗Gras u. |. w. 

Grafer, Johann Baptift, ein fehr verbienter rationeller Pädagog, ges 
boren zu Eltmann in Unterfranken 1766, ward mady vollendetem Stubtum der 
Theologie und erhaltener Priefterweihe 1790 Präfeft des adeligen Seminars zu 
Würzburg, fpäter Mitvireftor des —— Pageninftituts zw Salzburg, 
tehrte "1804 ald Dberfchuulencommifjär in fein Vaterland zurüd, wurde bei ver 
Dberjtudiencommiffion zu Bamberg angeftellt, 1810 aber Regierungs- u. Kreis 
ſchultath in Bayreuth. Seit 1825 penfiontrt, farb er zu Bayreuth. Sein eigen- 
thümlicyed, tief durchdachtes, aber oft ‚mißverftandenes Syftem der Wiſſenſchaft 
der Gryiehung hat bargelegt in folgenden Schriften: Prüfung des kaiholiſch⸗ 
pratuſchen Religionsunterrichte, Leipzig 1800 (Neue Ausg. Landeh. 1831); Mo: 
raliſches Handbuch, Salzburg 1801, 2 Bar; Andachtsübungen, ebend.1801 5 Archiv 
für Vollẽ erziehung, ebend. 1803—1805, 2 Bde; Beobachtungen u. Borfchläge 
über Erziehung u. Schulen, ebend. 1804 (Neue Ausg. Landoh. 1831) 2 Bde; 
Bayeriſch⸗ fräntiſchet Schulmerfur, Bamberg 1805 f,5 Divinität, oder das Prinzip 
der einzigen wahren Menfchenerziehung, Bayreuth 1813; Der erfte Kinderunter⸗ 
richt, ebend..11819; Die Elementarfchule fürs Leben, ebendafelbft 1821, n. A. 
1828; Das Judenthumu. feine Reformation, ebend. 1828 u, a. m. 

Geaffi, Iofeph, einer der beften neueren PBortraitmaler, geboren 1756 zu 
Udine u. im Wien gebildet, Iebte längere Zeit in Warfchau, wurde 1799 Pros 
feffor an der. Kunflafademie in Dresden ws erhielt von dem Herzoge Auguft von 
Gotha, der mit ihm“ in Fünftlerifchen Verkehr trat, den Titel äls Legationd- 
rath. Bel feinem Aufenthalte als Studiendireftor in Rom von 1816—21 übte 
er nur geringen Einfluß, Fehrte nach Dresden zurüd u. farb daſelbſt 1838. 

Gratianus, 1) römiſcher Katjer, Sohn Balentintans L, geboren 359 naı 
Chr. wurde 367 zum Auguftus erklärt u. regierte feit 376 gemeinſchaftlich mi 
feinem Bruder: Balentinian II. 379 erflärte er feinen Feldhetrn, den jüngeren 
Theodoſtus, zum Mitkaifer, focht nicht unglüdlich gegen die deutfchen Völferfchaften, 
fiel aber in eim fchwelgerifches, thatenlojed Leben u, wurde 383 in einem Auf 
zubre des Feldhetrn Clemens Marimus getödtet. — 2) ©,, Franciscus, ge 
boren zu Ehtufa tm Toskanifdyen, Camaldulenfermönd im Klofter San Felle zu 
Bologna, vollendete im Jahre 1150 die, nach ihm benannte, Sammlung kirchen⸗ 
een das fogenannte Decretum Gratiani. Bol. den Art, Kano⸗ 
n ed Recht. 

Grattan, Henry, ausgezeichneter iriſcher Rednet u. Staatsmann, geboren 
u Dublin um 1750, 1772 Aovofat, fich gleich bei feinem Eintritte ins 

arlament 1775 in den. Reihen der ion hervor u. regte in Irland ben 
Geiſt auf, welcher innerhalb zweier Jahre 80,000 Freiwillige aufrief u. discipli⸗ 
nirte u. zivang endlich 1782 das britifche Miniftertum, das Statut aufzuheben, 
welches die irtiche Krone untrennbar mit der britiichen vereinigte, Irland zur 
Befolgung der Ari Parlamentsaften verpflichtete u. dem —2— ‚Haufe der 
Lords die Jurisdiction in Appellattonsfachen abſprach. Irland belohnte ihn 
dafür mit einem Geſchenke von 50,000 Pf. St,, einem Haufe u. Landbefige. Es 
folgtew ‚die ‚großen parlamentarifhen Kämpfe der Berentfamfeit un yausiiun 


860 Ä Grau, 


daft zwiſchen &. u. Flood, aus denen ©. als Yührer ver iriſchen Bug 
Bee eins, Berfiimmt durch die, nach der Zurüdberufung ded Earl von Kit 
willtam eintretende Politik u. die unglüdliche irifche Revokstien u, ihren Jammer, 
zog er fich einige Zeit vom Parlamente zurüd. Um Pitt's Plane Wer Unien 
zwifchen Irland u. England fidy zu widerſehen, erſchien ©. wieder im Parla⸗ 
mente, lehnte auch einen Sig in dem vereinten Parlamente (1805) nicht ab. 
Er unterflügte die Kriegspartei, Fämpfte in den lehteren Sahren mit WBärme und 
Kraft für die Emancipation der Katholifen u. ſtarb 1820. Sein yolitifches 
Leben zeigt eine eigene Entfchiebenheitz im Privatleben war er ein eben 8 war⸗ 
mer Freund, als bitterer Feind. Obgleich von ſchwacher Stimme, verfeh 
kuͤhne, Eräftige geſchmackoolle Beredtſamkeit nie ihre Wirkung. Seine 
ſchierg im er —* ledrich, k.t. Hofpredi viſchef in 
ran (Raufen), Friedrich, k. k. Hofprediger u. Bien, 
boren zu Waifchenfeld im ehemaligen Fuͤrſtbisthume Bamberg, im Aufange 8 
16. Jahrhunderts, ſtudirte Theologie u. Rechtswiſſenſchaft u. wurde in 
aͤchern mit: der Doktorwürde bekleidet. Der Ruf feiner Gelehrſamkeit verbreitete 
auch außerhalb feines Baterlandes u. verfchaffte ihm Die ehrenvolle Ernen⸗ 
nung zum Prediger an der Domlirche zu Mainz. Katfer Ferdinand J., von feine 
ausgezeichneten Wirkfamfelt in feinem Berufe benachrichtiget, berief ihn 1535 als 
—* nad Wien. Er bewohnte dort das Klofter St. Dorot 
li 








u. 
te in der Gtephandfirche. 1539 wurde er zum kaiſerl. Eönigl Ratte u. a 
en Goadjutor ernannt u, folgte nad) 2 Jahren, ale Johann Faber, of 
von Wien, geflorben, legterem auf dem Bifcyoffibe. Um dem mehr u. mache auch 
nady Oeſterreich eindringenden Reformationsgeifte Schranken zu fegen, machte er 
dem römifchen Hofe Borfchläge, in der Kirchenzucht zweckmaͤßige en 
vorzunehmen, um durch folche, im Wege der. Eoncefflon- gemadite, eiptinariiche 
Anordnungen größeren Ummälzungen zeitig zu begegnen. Er ſeibſt trug in feinen 
Predigten das Wort Gottes mit einfacher Salbung vor und v abſichtlich 
die ſpitzfindigen, theologiſchen Streitfäge im Volksunterrichte. Auf der Kirchen⸗ 
verſammlung zu Trient, welcher er perſoͤnlich beiwohnte, erhob er feine Stimme 
mit Nachdruck gegen vieljährige Mißbräuche In der Kirche. Indeß ging fein 
Eifer nicht felten zu weit, Indem er gegen den Eölibat ſprach und auf die Yu 
fpendung des heiligen Abendmahles unter beiden @eftalten bringen wollte Er 
ſtarb am 6. Hebruar 1552 zu Trient; feine Gebeine wurden nach Wien gebracht 
u. dort in der Allerheiligen Kirche beigeſetzt. Denis in feiner Buchdruckerge⸗ 
chichte Wiens rühmt feine gelehrten Kenntniffe, welche er in ber wielfeitigften 
eife, als Tbeolog, Juri und Philolog erprobte Er führte den Beinamen 
Blancicampianus. Nach Bönife, Geſchichte der Univerſttät Würzburg ©. X 
folte Grau zu Bleiafeh bei Würzburg geboren feyn, allen aufgefundene Stiſ⸗ 
tungd-Urkunden in Waiſchenfeld widerlegen diefe Annahme. Bon feinen viel 
Schriften, deren Anzahl auf 50 fich beläuft, nennen wir als die wichtigeren: 
„Catholica contra universos fidei calholicae adversarios in symbolum aposto- 
lorum.* Mainz 1529. „Monodonia ad universos christ, pietstis professores in 
Erssmum Rot,“ Köln 1536. „Catacrisis super deligendo futurae in Germania 
synodi loco, una cum Colon et Ratisbonae civitatum topothosia.“ Wien 1545. 
„Super bonis demortuorum clericorum derelictis.“ Wien 1546. „Issgogicon 
de clericis in ecclesia ordinandis.*“ 1548. „De fine mundi cum tribus de 
ultimo Christi adventu.“ Köln 1559. „De antichristo.“ Wien 1551. „Catochis- 
mus cath.“ 1552, „Epistolae Er. Nauseae Bas.“ 1550. Hier an diefem ſei⸗ 
nem Briefwechfel iſt ım Anhange ein vollländiged Bergeichniß feiner Schriften 

aufgeführt, meiſtens Genturien von Predigten, Feſt⸗ u. . 
volftändiges Verzeichniß aller zu Mainz gedruckten WBerle verſprach Hugo ber 
hard Helm in der Einleitung zu Heime Feſt⸗ und Feiertagspredigten 2 
voRhänng in 











eben. Auch bat Duentel die Sammlung aller Grau'ſchen Werte 
In 1567 herausgegeben. 


Gran — Brambänbten 5 Li 


Srau in ©r 
a en an . car-oseare), ), beißen alle Gemälde von 
Graubündten, der —— — ber könohen Sirgersfenäeft 


und dem Flaͤt 6 Ber 
gie, beſtand ter den Ram Republik der — — 
oben Rhatien in — —— Rand. Deßerreich, drankreich, 
en 


aus welchem 
hat mit der Pleſſur — der ae dt Chur; Dann zu Reichenau, bei ver 
einigung des Vorder⸗ — —— * na Süden in das Dom- 
Ietfopger-Zhal, durch wide We wichtt — war in das 
Rheinwald-Thal dweſten u. 
5 —* u Nebenthälern, al 
nach Weften fleigt, * —* ‚ber wen an ben en Si aufſteigende 
zii * —— Lug —— ig ch⸗ 
ftrömt, le enihal des Doetlantes, ntebrigften Punlie 
des Ess Yin bei m und ig * ange des Miſoxer⸗Thales 828" 
Bu —— — & öl Si 1.200; Ps a, 
unft des Engadin je tal en, mit Ausna’ 
Rörplichen, — Bel und Slößfalfftein enthalten , x UWoeret 


962 . Graubündten, 


d eich an Mineralien, vorzüglich am Elſenerzen. Auch auf Bid, 
Bun, Ei un or —— wird — ſehl noch gebant, ["} 
. uinen von Burgen. Unter 

— * — ——— von St, Mortz u. u. das Ale 
neuer: Bad befondere Auszeichnung. Nebſt dem Rheine 

a ker Eiröne nicht au gan. Die Zahl Dt Khruomenben 

J 
we Seen gibt es ne doch feinen won. Bebentung. — Bie (oe Cie 


tichketten, welche die Schweiz überhaupt Inder hier in 
— — —— Me Sch Kleinen. Mar 
fennt die Schweiz als ein politiiches Gonglomerat von 22 fe 


1.7 
janten, Gantone gehelßen; ©. befteht aber aus 26 leihen, die den Rama 
——— tragen, in drei a 3 en graum, 
den Gotteshaude u. gehengeriptenbum) 1 eine. Gentralregierung Hin 
waltet die nämliche Verſchledenhelt der Berfaflungen, — 
Sitten, Gebräuche, Trachten, Bauarten u. Sprachen, wie In ber 
foricht deutfch, romanifch, italtentfch,, von Thal ju Thal mit-verändertem Div 
Iefte. Das Rolf, einer halbtaufenbjährigen Freiheit gewohnt, fennt Kein höheres 
Gut, als ſie. Zwar mag wohl ber ‚fünfte Theli ded Landes Table Berg 
Klippen, Gletſcher u. Felsſchutt alles Pflanzenleben unfähig — deſſen un- 
— iſt die Natur hier im Ganzen mit ihren Gütern nicht karg 8 gelhn, 
S hinauf am Baieibtze des Tomliasfathaled dehnen fich weite delder 
mit Sommer» u, Winterfrucdht ziwifchen zahlreichen Ortipaften aus, u. im Tu 
vetfcher-Thale wird noch Flachs von befonderer Güte gebaut, Der größte 
des Bodens indeſſen wird für die Viehzucht benügt. Zm Sommer follen 120, 
Stüde Hormvieh, 150,000 Er u. 120,000 bergamastifcye Schafe, 60— 70,00 
legen u. eine verhäͤlinißmählge Anzahl Schweine im Cantone ernährt werben. Im 
rettigau: ft eine,größere Race Rindvteh, ais In den übrigen Cantonen. Bom jähr 
lichen Getreivebevarfe wird etwa bie Hälfte (darunter viel Mais) erzeugt; aud 
waͤchot an einigen Orten Wein. Sogar Mandeln u, Kaftanten gedeihen im en 
Thaͤlern; Kirſchen faft überall. Zu den fruhtbarften Gegenden gehören die Thäler 
Mifocco, Bregaglia u. Poschiavo, dann die Umgebungen von Ehur, Mayenfeld u 
das Domlefchger-Thal; zu den unfruchtbarftien die hohen Thäler von Taveiſch u. 
ee Holz erzeugt ©. viel; aber die Waldeultur liegt faftınddy in ihrer Kind- 
Auch die Gewinnung der Erzeugniffe des Mineralreichs wird nicht thätig genug 
betrieben; indefien befinden ſich doch verſchledene Bergwerle im Gantone, na 
mentlidy in Davos, Trons, im Scarla- u, Ferrara: Thale. An Habriten u. Ge 
werben fehlt es noch in vielen Gegenden; man begnügt: fi, die allfälligen Be 
dürfnifje von fremden Haufirern, au Faufen, oder herumztehende Maurer, Gefdirt 
macher, Gypfer u. f. w. zur Arbeit zu miethen, Es ſcheint unter den. Landleu 
ten mandjer Gegenden eine, Art — des Handwerlerlebens zu berts 
ſchen, während in anderen Thaͤlern hinwieder ein guter Theil der männlichen 
Bevölferung auswandert, um im Auslande als Zuderbäder, Kaffeewirthe, Kia⸗ 
mer u. ſ. w. ein feines Vermögen zu fammeln. Eigentliche beitlerifche Armuth 
findet man zwar in den Gemeinden felten, aber doch fehlt es im Ganzen an einem 
allgemeinen Wohlftande, wie er in vielen Cantonen der Schweiz dem Auge ge 
fällig _entgegenttitt. Mehr Berbienft abe bie Waarendurdfuhr, befonders, ſelt 
die Strafje über den Bernhardt und Splügen für Güterfrachten bergeftellt 
AR. Gefunder, natürlicher Verſtand u, Intereſſe für polttifche Angelegenheiten 
«foweit dieſe fi auf die Heimath befchränfen), dabei aber auch Feſthalten 
am Herfömmlichen, find Hauptzüge im Charafter der Graubündtner. Kenntniß⸗ 
reiche, unterrichtete u. freigefittete Männer trifft man bier mehr, als in mandem 
induftriöfen Ganton der fogenannten ebenen Schweiz, u. ©. hat den Vorzug, daf 
bie gebildeteren Familien nicht blos in einer Heinen Hanptftadt zufammengedrängt 
wohnen, fondern im ganzen Umfange der Republit, in Dörfern u, Fleden, vers 


e 


8: 


Dr 7— . 
Grenbhinten, 068 


theilt Ieben. Man geht durch wenige Thäler, in welchen man nicht fattliche 
Schloͤſſer, artige — u. mit — ee Behaglichkeit baue 
Wohnungen einzelner reicheren Familien gewahr wird, bie noch ein Erbgut bes 
wahren, welches ihre Väter in auslänpif Kriegsfolve, von ehemaligen Jahr⸗ 
gehalten oder durch glüdliche Speculationen in Gtaatd- u. Sandelögei@äften es 
worben hatten. Ihre Kinder genießen unter eigenen Hauslehrern, over an höheren 
Schulen, einer vorzäglichen Erziehung. Man findet da, neben liebenswürbiger 
Sitte u. Einfachheit des Haushaltes, Alles, was irgend für höhere Senüfle des 
Geiſtes durch Kunſt u. Wiffenfchaft u. zur Anmuth des Lebens gefordert werben 
mag. ©. ift rei an gewandten Staats⸗ und Geſchäftomännern geweien von 
jeher u. iſt e8 noch; eben fo an Gelehrten u. Schriftſtellern, unter welchen ber 
Dichter Salis in Deutfchland noch heute gepriefen fleht. — Rühmend zu er 
wähnen find auch die neueren, vom Staate, wie von Privaten ausgegangenen 
Beftrebungen, woburdy den Yortfchritten der Bolfsbilpung eine fichere Grundlage 
gegeben wurde; indefien gingen bie, eine größere Gentralifation im Erziehungs 
efen bezwedenden, Schritte keineswegs über das vom Beduͤrfniſſe ſelbſt geſehte 
Ziel hinaus, u. jeder der beiden Gonfeffionen blieb ihre Recht gewahrt. — Was 
das erfalfungsmefen des Gantond beirifft, fo fleht bier noch die ganze 
Selbkfländigfelt u. Vollfreiheit der uralten germaniſchen Gemeinden u. Der zu 
Gerichten u. Hochgerichten vereininten Eommunalverbände tn ihrer Blürhe, wähs 
rend zugleich das unabweisbare Bebürfnig der innigeren Ber 4 für politi⸗ 
u. foclaled When allmälig fidh geltend macht. Darum find es die Ans 
hänger des hiftorifchen Föderalismus u. Piejenigen einer mehr u. mehr fi) aus, 
bildenden Staatseinheit, zwiſchen denen der Kampf hin u. ber ſchwankt für das 
Beharren in alten u. zum Thelle veralteten Zufänden, ‚over für den Fortſchritt 
zur Gründung einer Rärkeren cantonalen Einheit in ber ** Aber ni 
jore ſtehen fich dieſe Parteien gegenüber, fondern fett Jahrzehnten ſchon wird 
br Streit nur mit den friedlichen Waffen des Geiſtes geführt. In einem Gans 
tone, we vor allen anderen Staaten das Actiobürgerrecht fchon mit dem Eins 
tritte in das 17. Jahr Degnnt ‚ während für bie fung zu Standesämtern 
fein höheres, als das 21. Lebensjahr erforderlich iR; wo aber zugleich bie Ges 
meinden fo eiferfüchtig auf ihre Autonomte find, daß das Staatsbürgerredht nur 
da ausgeübt werden kann, wo ein Jever anerkannter Gerichts⸗ und Gemeinde⸗ 
Bürger if: in einer foldyen Demokratie von vereinzelten Demofratieen bat bie 
Gewohnheit des Volkes, vor Allem den fo oft nur einf aufgefaßten lokalen 
Intereſſen Geltung zu verfchaffen, viel zu tiefe Wurzel gef als daß nur der 
ernſtlicht; Gedanke auffommen könnte, den Mi en der allzuwelt getriebenen 
Abfonderung durch einen ploͤtzlichen Sprung die Gentraltfation entrinnen zu 
wollen. Es iM vielmehr faft einzig die allmäkige Steigerung der Lebhaftigfeit 
des perföntichen u. fäcdhlichen Verkehrs, wodurch die iſolirten obner der viel 
verfchlungenen Thäler ©.6 einander genähert werden; ber natürliche Fortſchritt 
der Bildung, der die Bortheile engerer politifcher Einigung Immer mehr in das . 
Bewußtfeyn des Bolkes treten läßt, Das gegenwärtige Staatsgrundgeſetz, mit 
den gewohnten Kormen der uralten Randeöverfafiung wefentliche Berbefierungen 
verbindend, datirt fich vom Jahre 1820. — Bon den Brei Bünden (. 0.) 
zählt der obere Bund adıt —8 te u. ſein Haupt führt den Titel Lands 
ridhter; der Gotteehaus bund umfaßk eilf Hodhgerichte, an deren Spige ber 
Bundeöpräfldent dehi, und dem Zehengerichtöbunde, mit fieben Hoch⸗ 
Gerichten,» flcht der Bundeslandammann vor. Die obere Gewalt im Ges 
[emmtcantone beruht auf der Geſammtheit der Räthe und Gemeinden; nady 
hnen if der aroße Kath von 65 Mitgliedern, unter dem Vorſihe des Standes⸗ 
Präfidenten, die höchſte Behörde; er emifcheldet in legter Inſtanz über Gtreitigs 
feiten der Gemeinden wegen politiſcher Verhältniſſe, wählt die Glieder der Res 
gierung und entwirft bie ven Br zur Sanction vorzulegenden @efche, 
tantsverträge u. Bünbniffe mit dem Auslande, — Eine Saraetuuilen un 


964 Graubündten. 


9 Mitgliedern beforgt die wichtigeren Regterungögefchäfte; ein kleiner Rath von 
3 Mitgliedern ve glichen in Arbeiten der — Berwaltung und 
der —— — Ein allgemeines Gantonsgericht ſpricht im Apbele— 
tionsfällen. über Givflfreitigfeiten ab, deren Gegenftanb über 1000 5 Wertäet 
beträgt; über Geringeres Fönnen die Hochgerichte eniſcheiden. Zum Bunbeshern 
feltt ©. 1,600 Mann u, zahlt 12,000 Schw. Fık: in die egenöfftiche 17 
Eaffa. — Hauptftadt des Gantons iſt Chur di. d.), — Gefchichte. Rad 
dem Untergange des römifchen Reiches wurde das alte Rhätten (f. 0.) vm 
Gothen u Longobarden in Beflg genommen, die zur Bertheidigung ber Eng 
päffe dort Burgen und Wartihürme aufbauten, und fam dann zum‘ Reiche ver 
Sranfen. Das Ghriftenthum fand ſchon in den erften Jahrhunderten dort Ein 
ang u.-frübe war Chur der Sig eines Bifchofs. Durch die Kranken wurde in 
hätten das Lehnwefen eingeführt u. dem ‚Herzoge von Alemannien bie Dberne- 
waltung übertragen, die hun den Namen — erhielt. Aber feit dem 
- 40. Jahrhunderte zerfiel e8 in eine Menge Eleiner Herrfdhaften, die ſich aim 
feltig_befehdeten; unter ven vielen Beſihein biefer Herrfchaften war der Biicof 
von Ghur der mächtigfte. Fortgeſehte — ——— wiſchen dieſen u. ihre 
Unterihanen brachten lehtere endlich zur Empörung, die im Mat 1424 dur 
durch gefilit wurde, daß Bauern und Freiheren, den Abt von Diffentis am der 
Spige, Im Dorfe Truns einen Bund zum Schupe gegenfeltiger Rechte ab 
ſchloſſen. Das war der Urfprung des Grauen (Grafen) oder oberen Bun 
deß, der noch befteht; doch find nur noch Gemeinden Mitglieder deſſelben, wi 
rend die Herren langſt ausgeftorben find. Etwas früher jchon Hatte fich 
anderer Bund gebildet, dem Chur vorſiand u. der. der Gotteshausbund bief, 
u. 1436, nad) dem Ausfterben der Grafen, von Toggenburg, bildeten bie vor 
maligen Unterihanen diefes Herrn den Zehengerichtenbund. Diefe 3 Bünde 
vereinigten ſich 1471 zu Bazerol mit einander, und num wurden die Betvohner 
— Bündtner oder — Graubündtner genannt, well ©, 
zuerft mit den Eidgenoſſen in Berührung Fam. Die folgenden Jahrhundert 
waren für ©, eine unruhlge Zeit, mamentli durch die Eroberung der Graf 
haften Beltlin, Ghiavenna und Bormio durch Mailand_(1512) Derbeigeführ, 
Defterreich, Spanten u. Ftankreich nämlich Fämpften um Jtalten, u. alle wollten 
fi der Granbündtnifchen Päfle bemädhtigen; deßhalb unterflügte Defterreih u, 
Spanien den 1617 ausgebrochenen Aufftand der Beltliner. Im: Fr 162 
rang Some) Guarez, Herzog von Berta, fpanifcher Statthalter in Mailand, auf 
der ei u, der Erzherzog von — auf der andern Seite in ©. ein u 
zwang die Bündtner, dad Beltlin an Spanien u. Engadin an Deſterrrich ab- 
autreten. 1624 eroberte Frankreich beide Landſchaften für G. wieder und der 
Befig derfelben wurde ihnen 1686 tm Frieden von —8R —8 jeded 
bald überzogen kaiſerliche Truppen ©. wieder; aber die Bünbdtener ten mit 
frangöfifcher Hütfe glüdtich gegen dieſelben; dafür verwüftete 1629 das, gegen bie 
Srangofen nach Stalten ziehende, kaiſerliche Heer das Land auf das ‚Entjeglichke. 
Die Streitigkeiten zwiſchen G. u. den unterworfenen Grafſchaften dauerten fort 
und wurden immer ernflicher, da die Katholiken in ©. jet unruhig wurden. 
1639 wurden dieſe Streitigkeiten endlich durch die Eapitulation von Mailand 
geſchlichtet, wo ©. feine Beflgungen von Spanien zurüd erhielt, unter der Be 
dingung, daß in den 3 Grafichaften nurcdas katholiſche Glaubensbekenntniß ges 
duldet werde und die Bewohner von den Gerichten des Landes an ein, von ©. 
u. dem fpanifchen Gouverneur zu Matland gleichtheilig ernanntes, Gericht ap⸗ 
pelliren dürften. 1797 trennte Bonaparte jene Landfcyaften von ©. u. vereinigte 
fie mit der“ cisalpiniſchen Republif; bet den Einfällen der Franzoſen u. Deſter⸗ 
reicher ſochten Männer u, Frauen mit Muth u. Entfchloffenheit, beſonders gegen 
die erfleren unter Maffena. Dennoch Eonnten fie dem allgemeinen Geſchicke der 
Schweiz nicht entgehen u. 1803 wurde G. als 15. Canton mit der Eldgenoffens 
Schaft vereinigt. Gleichwohl behielt €& Sehne alte Beriofung vach &16 user Jahre 
1820, wo daB Bolt ſich ein nened Srumngin anh Cod. - 


— —— 


Sranbündten, das Bisthum, gewöhnlih Bisthum Chur genannt. Die 
erfte Grängbeftimmung zwiſchen dieſein Bisthume und dem Bisthume Gonfanz 
gegen Norden —* ſchon durch den Viſchof Verendar u. König Dagobert I. 

or der Reformation erſtredte fi) dasfelbe über ganz Rhätien (Puslav, Beltlin, 
Bormio, Cleven ausgenommen), das UrferensThal in Urt, den angränzenden Theil 
von Tyrol bis zum Stufe Reale bei Meran, das Fürftenthum Liechtenkein, Bor; 
ariberg bis Hohenems und Muntalfunz im Cantone St. Gallm über den Be 
zirk Werdenberg, das Sarganferland und Safer bie Ugnach. — Jept umfaßt es 
den Canton G. das Fürftenthum Liechtenftein, den Ganton Schwyz und das Ur⸗ 
ferens Thal des Gantons Uri; unter feiner Wominifration chen noch vom ehe 
maligen Konſtanzer Bisihume die Gantone Urt, Unterwalvden, Appenzell Inner 
Rhoden, Glarus und Züri. Die Geſammt⸗Seelenzahl der Didcefanen beträgt 
über 80,000 in 86 Pfarreien, welche in 10 Capitel eingetheilt find. Bon ben 
14 Domcapitularen refiviren 6 am Saofefge und 8 befinden ſich außer ber 
Im De erßen Zahrhunderte Grifiiher Zetredinun binaufrehe. Die Jet (due 
underte er au er 
Gründung If unbefimmt und wird baber berichteten ben. — Der beilige 
oras, ein Schäler des heiligen Apoftelfürten Petrus, verfündete das heilige 
geltum in den Fahren 54-67. Um das Jahr 180 kam der heilige Enctuß, 
König von Britannien, nad) Rbätien ale Glaubensbote. — Er wird als erfter 
Bisthumspatron feierlich verehrt (f. Luctus) und zwar als König, Biſchof 
und Martyrer. Wel das Bisthum G. bei 5 Jahrhunderte lange unter dem 
Metropolitan von Mailand Rand, fagt eine dritte Meinung, es fel durch dieſes 
errichtet worben. Späteren Urfprungs IR das Bistyum ©. nichts; denn, als im 
Jahre 354 die Stadt Ehur (f. Chur) erobert wurde, war der römifche per u. 
Schloß Marsvil (Mars in oculis) in Chur ſchon bifchöfliche Reſidenz. Die erfte 
Urkunde meldet jedoch erſt von dem heiligen Bifchofe Afimo, der in den Acten 
ber mailaͤndiſchen Synode von 452 genannt wird. Aber fchon wird die fernere 
Geſchichte dem Forſcher entrüdt u. verfchwindet, fo zu fagen während des Unters 
ganges des einft fo mächtigen Römerreiches, dem ganz Rhätien zinsbar war. Die 
Heruler, Gothen, Bandalen, Hunnen und Franken brachten befändige Unruhen 
und Wechfelungen, fo daß kaum der Name einiger Bifchöfe der Befchichte übrig 
blieb. — Zu Anfang des 7. Jahrhunderts te über Khätien — das heutige 
G. — das märhtige Haus der Bictoriven, angeblich aus dem alten Tuscien herſtam⸗ 
mend, als Bräfes von ven damaligen Röntgen Auftraften gefebt. Aus dieſem Geſchlechte, 
mit dem Titel Grafen von Chur u. Bregenz, gingen bald große Maͤnner her- 
wor für Kirche und Staat, wodurch die ðeſchi te des Bisthums ihre erſte Be- 
deutung erhielt. Paſihal, Graf von Chur u. Bregenz, nimmt als Biſchof von 
©. 680 Steinbock der Grafſchaft Chur in 7 biſchoͤſliche Wappen. Unter 
Bifchof seilg, dem lebten aus dem Geſchlechte Her Bictoriden u. berühmt durch 
fein Tehament für das Klofler Difentis u. f. w., wurde die biſchoͤfliche Kathe⸗ 
Drale erbaut. — Defien Nachfolger, Biſchof Konftantinus, fehte Karl d. Gr., 
König von Aufraften u. Neuftrien, ale Präſes über Rhätien — laut vorhandener 
Urkunde vom Jahre 774 ein. Bei viefem Anlaſſe erhielt pas Bisthum ©. viele 
Privilegien, Freiheiten u. alle Herrlichkeiten der nun ausgekorbenen Bictoriden ale 
Grafen von Chur. Des Konkantinus Radhfolger, Biſchof Remigius oder Ne- 
medius, war nicht fo glüdlich, mit des Bistums Wohlfahrt audy die po⸗ 
Litifche, ihm anvertraute Macht zu behaupten. Er mußte dem Haß und Reid der 
Großen unterliegen u. Karl d. Er. übergab die Präfidentfchaft über Rhätien dem 
Grafen Hunfrid von Iſtria. — Remedius trat zur ausfchließlichen Beforgung , 
feines Bisthums u. defien Eigenthum. — Die römifchen Könige u. Kaiſer folgten 
Karls d. Gr. großmüthigem Beifpiel m. ge von Zeit zu Se väterlich für die 
Kirche zu Chur und für das Bisthum G. durch viele und reichlicdhe Wohlthaten, 
wofür nody viele Urkunden fprechen. — In Folge des Bertrages von Berbun in 
Lothringen, der dad große Karolingerreich — 2 la RR Waua ©. 











968 Granbündtem 


ſchaft Tyrol erhalten hatte. Dagegen erhielt der Fürſtbiſchof von Chur jährlich 
rs Salben . W, Mit diefer neuen Dynaftie kam mandyes Ungemad) übe 
Tyrol und das Bisthum Chur, Während. zwei Jahren (1807—9) Rand Baverns 
Regierung, durdy faliche Minifter, verleitet, in fehr ernfllicher Fehde mit der Grif- 
lichkeit Tyrols, befonders mit den Bürkbifchöfen won Trient, Briren und Chu, 
indem Bayern auch hier das fogenannte us ‚circa sacra, ſich Ben“ made 
wollte. Dieſen Verſuchen wiverfegten fich die Kirchenfürften ftanphaft ‚befondus 
Karl zu Chur. Im Namen Bayerns handelte Graf: Karl von Arco, damals 
Gouverneur in Throl. - Ein in dieſer Angelegenheit ſehr wichtiges päpftlices 
Breve, dd. Romae die 4, Aug. 1807 an die genannten —52— ermuntetu 
fie zum Auöharren im — Kampfe. Zwei andere pi Breven von 
16. Januar und. 7, Mat 1808-tröfteten u, -ermunterten: beſonders den Fürften Karl 
Rudolph. ** wollte endlich den Churiſchen Diöcefe-Antheil in Tyrol un 
Vorarlberg 'mit der Diöcefe Auneburg vereinigen, Dieß zu erreichen, —8 
nach vielen Umwegen den * eg nach Rom ein, worauf yo. 
thumstheile provifortfch. an Briren Famen, Run verlor Bayern im Jahre 1814 
das Tyrol wieder ;.c6 Fam wieder an Defterreich, und mit dem 1. Januar 1815 
in; geiftliche Zurisdictton der-erwähnten Biöthumstheile auch wieder an dar 
3 von Chut über. In den Transactlons⸗Geſchaͤſten zwifchen den: On | 
dinariaten von ‚Briren und Chur — aber Katfer dranz I einftweiligen 
Auffhub und Status quo, Indeſſen wurde mit Rom unterhandelt und, gegen 
Erwarten, die erwähnten Churiſchen Bisthumstheile in Tı und Bor: 
durch päpfliche Bulle vom 27. Januar 1816, mit Briren 
So verlor das Biothum Chur einen. wefentlichen Theil’ feiner früheren Größe. Die 
durd Bayern infammeritten Befigungen des Bisthums Chur in Tyrol und jem 
im Vorarlberg kamen an Defterreich. Das Hochſtift Chur reclamirt ſeither dice 
als eigene rechtliche Beſitzung. Im Jahre 1824 erhielt das Bisihum Chur einm 
bedeutenden Zuwachs durdy den Anfchluß des Cantons Schwyz. Hingegen ver: 
lor es durch das Doppelbisthum: feinen Antheil in den St. Galliſchen 
Werdenberg, Sargans und Gafter. — Unter der Benennung Advocatie kom 
men in ber Selhihte des Bistums Chur drei unterſchledliche Aemter vor. Erf: 
lich die Verwaltung der deutfchen Reichsvogtei (advocatio civitatis Curiensis) in 
der Stadt Ehur, welche lange Zeit die Biſchöſe von Ehur befaßen, die dann an bie 
Sreiherren von ‚Bat und an die Stadt felbft kam. Zweitens hatte das Bisikum 
Chur in verfchiedenen Ortfchaften feine Sachwalter, Amtsvertreter, von welde 
die mächtigften die Grafen von Matfch dm Tyrol waren, Endlich die advocatio 
ecclesiae Curiensis, Schirmvogtei des Bisthums Chur. Bis zu König Dito IL 
findet ſich feine Spur von einem ſolchen ausdrüdlichen Advocaten. Da fet 
Karl d. ©. die Kaifer und Könige des Bisthums Chur Wohlthäter warem, fo 
ift fein Zweifel, daß fie audy defielben Befchüger waren, wie ihre Bergabungs 
Urkunden e8 beweifen. Der Advocatus, von dem König Dito II. —— 2 
ſcheint als Sachwalter, Beamteter des Biothums; denn Riemand, weber Herzog, 
noch Graf, noch öffentlicher Richter oder fonft ein loͤniglicher Beamter, hatte it 
gend cin Recht auf die Befigung, Leute und Rechte des Bisthums; Alles fand 
in der Macht des Advocatus, den jeder Bifchof ſich zu wählen hatte (Ürk. d. d. 
Constantiae 13 Kal. Nov. Ind. 1. Reg. 5. 988). Diefe Behlmmung geht fit, 
bar gegen die damaligen Uebergriffe der Wildritter des Fauſtrechtes. Ebenſo 
Ira König Heinrich DI. in den Jahren 1040 und 1050. — Die erſten uw 
tundlichen Belege von der Wichtigkeit dieſer Advocatie datiren ſich erſt aus ber 
a Kaiſers Friedrich I. Barbaroffa, als die Grafen von Bregenz u. Pfullendorf 
je befaßen. Wie diefe dazu gefommen, fagt die Geſchichte nichtz wahrſcheinlich 
hatten fie dieſelbe unter Befaͤtigung des allere, als oberen Beſchi ber Kirche, 
von früheren Biicyöfen erhalten. Bifchof — übertrug nun dieſe Advocatio 
Eocl. Cur. dem Sohne Katfers Friel 1. Barbaroffa, Friedrich, Herzog von 
Schwaben u. Erben. . Der Kaiſet verhoticht im Ramen (dies Sohnes —X 


* 


. ne en [_j 


dieſe Advocatie auf Feine Weife zu veräußern, (Urk. v. 1170, d. d. Mengen 
8. Kal, Juni). Graf Rudolph von Pfullendorf war 3, dem. Tode 
Philipps, Serge von Schwaben (1208), übergab Biſchof Rein! die Ad⸗ 
pocatie dem Kalſer Dito IV. (1209), und dieſer übernahm, fie unter den vom 
Biſchofe geſtellten Bebingnifien laut Urkunde d. d. Augustae Id. Jan, Ind. XI. 
Im. Jahre 1213 beurfundet Friedrich I., vom Biſchoſe Arnold diefe Advocatie 
unter den gleichen Bedingniſſen empfangen zu haben (Urkunde apud Augustam 
Ind. 1). , Mit dem ode dieſes Kalſers fiel, die Advoc, Ecel. ‚Cur. wieder in die 
Dim des Biſchofs und ſcheint lange Zeit unberührt geblieben zu feyn; denn 
hundert: Jahren fällt ſie aus: der Gefchtchte, bis endlich Karl IV, ald »advo- 
catus et defensors ſich zeigt (Urfunde d. d. Vratislaviae; die 24. Jan.) 1358, 
Durch eine Urfunde von 1418, batirt aus Konftlany,-Dienftags vor ©. Georg, ber 
ftätiget König Sigismund die früheren Eaiferlichen und Föniglichen Briefe, Frei— 
heiten und namentlidyıdie Beftimmung, daß das Bisthum Chur „feinen anderen 
Vogt, als einen römifchen Katfer oder König haben foll, und dag *hiefe jene Bog⸗ 
tei weber 4? noch theilweife.-in andere e zu legen das Recht haben,“ — 
Dei diefer Beftimmung blieb es in der Fo) pe immer, da feine anderen Urkundens 
Belege das Gegentheil beweifen, - In ſchwietigen Berhältnifien. wandten bie 
‚Gürfibifhöfe von Chut an das Reichsoberhaupt. Selbft fogenannte Refor- 
mation. vermochte nicht, fo ſeht fie fich anftrengte, dieſe Bande zu zerreißen. Erft 
um: bie Mitte des vorigen Jahrhunderts wurde. verfucht, auf Gefhichlichem Are 
die Advocatie oder Schirmvogtei des Biothums Chur den weit jüngeren Fi 
ſtaat Rhätten zu vindiziren, und: zwar vorerf für den Bund, welcher vom Hoch⸗ 
flifte den Namen erhalten, Da erfchien im Jahre 1755 eine Schrift, betitelt: 
„Ausführung der Rechtsfamen des Gotteohaus bundes über das Bisthum Ehur“ 
von-Ulifjes von Salis-Marfling. Eine „Ermieberung“ diefer Schrift von Doms 
propft Dr. Jalob Fliri — durch den bi ten ff. Minifter Kaunig als zwed⸗ 
möhln erklärt — blieb aus irrigem Wahne, den Frieden nicht zu flören, leider! 
- im Manuferipte. Als 70 Jahre fpäter neuerdings, u. — wiſchen dem Hoch⸗ 
ſtifte Chur und dem Staate, Zwiſie entſtanden, da erſchlen eine zweite Schrift im 
Sabre 1835 naͤmlich: „Hiftorifch-aatörechtliche Beleuchtung der Hobeitörechte 
des Standes ©. in Angelegenheiten des Bisthums. Chur,“ durch W. Röder 
damals Profeſſor an der reformirten Gantons » Schule in Chur. Auf diefelbe 
tiefer veinzugehen, wäre für diefe Blätter ein zu weites Feld. Nur fo. viel-fei 
erlaubt. Zuvorderſt behamdeln die erwähnten Schriften diefen Fatholifchen 
Gegendſtand vom proteftantifchen — aus; dann allegiten und 
deuten. fie urkundliche Belege falſch — endlich gründen fie ihre Beweiſe auf 
Thatſachen, welche in der Geſchichte als Mipgriffe vorkommen, Sie haben 
das Arlom aus den Augen verloren: Auch eine, erwiefene Thatſache muß ger 
prüft werden, ob. fie mit Recht, oder mit Unrecht gefchehen ſei — Cicero pro 
Milone. — Wenn fie dann die fogenannten gandesgente aus der. Reformationd- 
Zeit für *7 Ingaben allegitren wollen, fo wird mit Karl Ludwig v. Haller 
erwiberti ein fonderbarer Grundfag, dasienige, was in Zeiten der Spal⸗ 
fung und Im if geſchah, als Regel: aufzuftellen.“ — Reflaur. IV. Band 
S . — Schließlidy darf nicht unerwähnt bleiben, daß awifchen dem Staate 
u dem Bisthume Chur nie und an feinen Zeiten je ein Goncordat «ziftiste, noch 
cxiſtirt, u⸗ foiglich das Bisthum Ehursfrei von jedem äußeren Einfluffe ſich be⸗ 
haupten Fann.. — Die Wahl des Biſchofes ift ausichließlich Sache des geſamm ⸗ 
tem Domcapitels, Freilich verlangt der Staat zu Folge feiner fogenannten Hoheits⸗ 
rechte — (ohne Concordate u. andere pofitive Rechte) — das der Gewählte eine 
persona grata und daß er ein Bündtner fe —! Das Domcapitel beftand vor 
der Reformation aus 18— 24 Domherren, Nachdem aber durdy die Reformas 
tion u, Revolution (oder Infammeration) wefentlich viel Eigenthum verloren gegan- 
gen, — haben die 6 Residentiales, je nach der Würden ‚nur fpärliche Pfründe u. 
die Extra residention befipen Kanonifate, »quorum fructus uulli sunt« Rıc 


gro Graudenz — Graue Schweſtern. 


‚Ye zwel Kanoniker des Canton Schwyz beziehen von ber dortigen heben Regie 
rung jaͤhrlich ein jeder 15 Louisb’or. Die erſte Dignitäts⸗ oder Propſt⸗Wahl bleibt 
fmmer dem heiligen Stuhle vorbehalten; den Dechant, Scholaſtikus, Cantor, 
Cuſtos u. Sertar wählt das Capitel felbft, fowie die Extraresidentisles. — Das 
Bisthum Chur 4 tmmebtat unter dem päpftlichen Stuhle. Seit 1809 Kat es 
auch ein eigenes Prieſterſeminar. | ”ox. 
Graudenz, Kreisſtadt im Reglerum sbezirke Martenwerber der Fragen. Bes 
preußen, an der Mündung der Trienfe in die Weichfel, über welche eine 2700 
Fuß lange Schhiffbrüde führt, bat ein Gymnaflum, ein Schullehrer-Geminar, ein 
Eorrectionshaus für Die Provinz Wehpreußen, Branntweindrennerein, Tuchwes 
bereien, Tabaksbau, lebhaften Produftenhanvel u. ohne Militär 6500 ohner. 
Faſt + Meile nordlich von der Stadt liegt die 1770-76 durch Friedrich IL auf 
einer ſteilen Höhe am Welchfelufer angelegte, regelmäßig befefigte, ſehr ſtarke 
Bekung ®., bekannt durch die tapfere Vertheidigung des Generals Gourbiere 
(+ 1811) im Jahre 1807 gegen die Krangofen, zu deflen Ehren ein Denkmal 
auf dem Glacis der Feſtung errichtet Ik. 1808 und die folgenden Jahre IR auch 
eine Weichfelinfel, die den feinplichen Schiffen geftattete, ungeachtet Feſtuung 
die Weichſel hinab zu fahren, ſtark befeſtigt worden. 

Graue Brüder (graue Moͤnche), eine Congregation von Benedictiner⸗ 
Einftevlern, von Giovanni Qualberto im 11. Jahrhunderte geſtiſtet. Huf Ber 
langen feine® Vaters, des gleichnamigen Giovanni Bualberto, von 
rojo im Thale PBefo, ſich Erfterer dem Kriegöpienfte geweiht. Da er 
Tages mit einer Schaar Bewaffneter gen Florenz zog, fiel ihm in einem l⸗ 
wege ein Todfeind feiner Familie, der feinen einzigen VBruder vor Kurzem erſch 
gem hatte, in die Hände. Schon wollte er fein Schwert auf defien Haupt fin 
en laſſen, als er durch deſſen flehentliche Bitte an dad Bei piet des Dane 
erinnert wurde und dem Tovfeinde verzieh. Er trat dann in die nahe Kirche 
des Kiofterd zum heiligen Miniat, und fah während des Gebetes ben and 
am Kreuze, freundlich gegen ihn das Haupt neigend. Da drängte e& ihn, Vie 
Welt zu verlafien; er baute fi in Balumbrofa, 10 Miglien von Florenz , eine 
Zelle, um ganz dem Gebete und der Betrachtung obzuliegen, und fah ſich bald 
von vielen Jüngern und Genoſſen umgeben. Alle beobachteten die Regel des beis 
ligen Benedictus, trugen einen grauen Habit und führten ein firenges Leben. 
Neben den Mönchen wurden fpäter auch Laienbrüder aufgenommen. Das hohe 
Anfehen, das Bualberto durch fein flrenges Leben und durch augenfcheinliche, 
von ihm verrichtete, Wunder in ganz Stallen genoß, gab ihm oft Beleg , 
mit großem Erfolge für die MWiederherftellung der Rirdenzuät, namentlidy für 
die Ausrottung der Simonie, zu wirken, weßhalb er unter den großen Kämpfern 
des 11. Jahrhunderts, durch deren Bemühen die Freiheit der e wieder ber 

Dt wurde, einen ehrenvollen Rang einnimmt. Gr ftarb im Jahre 1073 im 

(öfter Paffignano und wurde 1193, vom Papfte Eeleftinus TIL. heilig geſpro⸗ 
den. Schon Bualberto hatte eine große Zahl von Klöftern genränbet und bas 
nrfprüngliche Einftedlerleben in ein gemeinfames Leben verwan Doch befand 
das erftere neben dem letzteren noch längere Zeit fort. Außer Stalien, wo bie 
ah der Klöfter diefer grauen Möndhe bald auf 50 flieg, hatte Frankreich zu 

orneillac bei Orleans ein berühmtes Klofter dieſes Ordens. — Graue Büffer, 
eine Bruderſchaft öffentlicher Büfler, 1268 zu Avignon gebildet, und bald auch 
über mehre Provinzen Frankreichs verbreitet. Sie beſchaͤftigten fidy, außer ven 
Undachts » und Bußübungen, mit Liebeswerfen. Seit 1580 befand eine ähnliche 
Berbrüberung zu Paris. M. 

Graue Schweftern nannte man eine Congregation von Laienfchweftern, die 
vom heiligen Giovanni Gualberto mit feiner Kongregation von grauen Mönchen 
In Balumbrofa verbunden wurde, Sie trugen ein graues Ordenskleid, beobach⸗ 
teten Die Regel des heiligen Benedictus, gingen aber ſchon im 12. Jahrhunderte 





GBremn — Bravefautt | M 


wieder ein. — Auch wurde mit dem Namen g. Sch. eine Go — 
neiscu 


ngr 

ofpitalfchwehtern bezeichnet, die ſich der dritten Regel des heiligen 
—A anſchloſſen und, theils in Häufern unter Clauſur en, theil® ohne 
Slaufur, den Krantendienk übernahmen, Spitäler Deforgten und mit dem ruͤhrend⸗ 
ſten Eifer an allen Arten menſchlicher Leiden die Pflichten chriſtlicher Nächken- 
Itebe übten. Das Bolt nannte fie in Frankreich mit dem gemeinfamen Ramen 
soeurs grises, obwohl bie verfchiedenen Sweige Dieler Gongregation verſchiedene 
Kleidung trugen. Sie verbreiteten ſich Mark über Deutfchland, Oberitallen, bie 
Schmelz, Franfrei und die Niederlande, und gehörten zu ven wohlthätigften m. 
ſegens Orden der Kirche. Im Jahre 1483 gaben P. Johann Ehre 
Yin u. P. Jakob Stötlin den franzöſiſchen Klöfern neue Satzungen. — Auch 
werben die, vom heiligen Bincentius von Paul geſtifteten, barmherzigen Schwe⸗ 
mit dem Namen soeurs grises bezeichnet. Gich den Art. barmherzige 

rüder u. Schweſtern. | M. 

Sraun (Karl Heinrich), ein berühmter Componiſt, geboren zu Wahren⸗ 
brück in Sachſen 1701, erhielt feinen erften muſikaliſchen Unterridyt auf der 
Kreuzſchule in Dresven, kam 1725 als Tenoriſt zur Oper nach Braunfchweig, 
wurde 1726 Vicekapellmeiſter, componitte verſchiedene Opern und Gelegenheitös 
Gantaten und trat 1735 in die Dienfte des Kromprinzen von Preußen zu Rheins- 
berg. componirte er eine Menge Kleiner italieniſcher Gantaten, die feine 
vorzüglichken Arbeiten find, und fand 1740 mit feinen Arbeiten und feinem Ge⸗ 
fange in Stalten, wo er faſt ein Jahr zubrachte, großen Beifall. Nachdem ber 
Din 4740 als Friedrich IT. den Thron befliegen hatte, blieb G. auf der Stelle 

ed koniglichen Kapellmeifters bis an feinen Top 1759. Er bat Gantaten, 
Oden, Konzerte und vorzüglich viele Opern componirt u. herausgeneben (Duetti, 
Terzetti, Quintetti, Sestetli, ed alcunei chori delle Opere del Sig. C. Graun, 
a Berlino, 4 Bde., 1773, gr. Fol); fein Meiſterſtück iR Die Gompofltion von 
Ramiers Tod Jeiu. As Gomponif verfland ©, die Sarmonte und Ihre Künfte 
fehr gründlich. harmonifcher Sap war überaus rein, richtig und deutlich, 
Er war immer im rechten Maße vollkändig, aber nie der Singſtimme überläfig. 
Seine eigentlich harmoniſchen Stüde find alle nach Ihren Eigenichaften fehr at 
gearbeitet. In allen feinen Arbeiten berrfcht eine fehr genaue Ordnung der Mos 
dulationen; feine Melodie war eine der angenehmften. Seine Adagio’s find bes 
fondere Meifterftüde und entſprechen feinem Teutfeligen, freumblichen und zaͤrtli⸗ 
chen Charakter volllommen, Sein Leben in Hillers Lebensbefchreibung berühms 
ter Muflfgelehrter, 1. Band, Rro. 7. 

Gravamen (Beſchwerde) wird namentlich von der, über das Urtheil einer 
niebereren Gerichtöbehörde an eine höhere Inſtanz angebrachten, Beſchwerde ge⸗ 
braucht; dann hießen im älteren deutſchen Staatsrechte namentlich die Befchwers 
den’ der Lanbflände über Juſtiz-⸗ und andere Beeinträchtigungen gravamina, weßs 
halb früher unter dem allgemeinen Zitel „resolutio gravaminum‘‘ (Erledigung 
der Landesbeſchwerden) mehrfache Gefete und Erlaſſe ergingen. 

Grave (ital. gravemente), im muſikaliſchen Bortrage: ernſt, feierlich ; wuͤrde⸗ 
voller als largo und langfamer als andante, , 

Gravelined (Grevelingen), fee Stadt und Hauptort eines Canton im 
franzöfffhen Departement Nord, Bezirk Dünfirchen, an der, durch das Fort 
Philipp bededten, Mündung der Wa, in einer fumpfigen Gegend, mit 4500 Win; 
wohnern, einem Heinen Hafen, ‘Bulvermagazinen, Stärfefabrifen, Fiſcherei, Schiff 
fahrt. Hier 1558 Schlacht zwifcdyen Spantern und Franzoſen, in welcher Graf 
Egmont die lehteren überwand. Anfange der Regierung Ludwigs XIV, ers 
oberten lettere den Ort und behielten ihn auch im pyrenäifchen Frieden. 

Gravefande (Wilhelm Jakob van ®), Brofeffor der Mathematil und 
Afttonomie zu Leyden, 1688 zu Hergogenbufd, wo fein Water Bräfivent und 
Dbereinnehmer war, aus einem alten, gelehrten Geſchlechte geboren, in welchem 
die Neigung zus Raturihere und Mathematil exblich iu faya Kdıien, Er Asse 








m Omesib-— Grasitakien. 


felt 1704 mit 2 Brüdern die Rechte zu Leyden und erhielt mit ihnen 1707 vie 
Doctorwürbe in biefem Bade. Als er. 1715 als Gefai ‚Serrttär nah 
London ging, wurde er ein Bertrauter Newtons und als ‚Heb in bie König 
Ldye Gehünhaft aufgenommen. Rad) feiner Rüdkunft wurde er 1767 and 
for in Leyden, was er blieb bis an feinen Tob, 28. Februar 1742. ®. war 
fenntnifreicher Mathematiker und Naturfotſcher und einer der- lichtvolli Com 
mentatoren ber Rewtoniſchen — lel mehren wichtigen Gelegenheiten 
telflete er feinem Vaterlande mit feinen Einſichten ſeht wichtige Dienfe. Er 
fprleb: Physicen elementa mathematica experimentis confirmata, Svon 1720, 
2 Be, 4, mit Stpf., 4. Auflage, ebend, 1748,4. Philosophiae  Newtonians 
Institutionos, ebend. 1723, 2. Auflage 1766, 2 Bde, Introductio ad Philoso- 
pin *0 et Metaphysicam conlinens, ebend. 1736, 8. 1756 8. u. a.m 
uch viele ufbe im Journal littöraire, Leyden 1710—32. “Die Oeuvres philea 
ot mathem,, Amflerbam 1774, 2 Bde. 4, enthalten feine einen Schriften un 
in Journalen befinblidyen Auffähe. 

Gravis, Accent. 

Gravitation oder allgemeine Schwere iſt die Benennung für biejenig 
Erſcheinung in ber Körperwelt, daß alle Körper fi) einander zu nähern, oda 
felb in. der Entfernung. anguslehen ‚Areben, ohne bap-fich eine Außere Urfade 
davon wahrnehmen läft. Es findet dieß nicht nur. bei allen Materien der. au 
ber Erde befindlichen Körper.flatt, fondern wir nehmen es, außer unferem Planeten, 
auch an andern Hiummeldförpern wahr, So übt unfere Erde auf den Mond 
biefer auf fie eine Muplehung aus, u, die Sonne zieht alle um fie. herumrollenden 
Planeten an u, wirb won allen wieder amgegen. Die ©, iſt der Grund, def 
en „feigeiafloner Stein gegen bie Erde hinab lothredt ‚fällt, Daß zwei —5 
* jende Steine, auch wenn ſie in ſehr geringer Entfernung von einande 

erabfallen, ſich untereinander, wenigftens fowelt wir es beobachten: Fünnen, 
anzieben,, reitet nicht wider den Grundbfag der allgemeinen G. aller Ki um 
terelnander, fondern zeigt bloß, daß ihre ©. oder werltaft, mit ber fie nad 
der Erde gezogen werden, diejenige überwinde, mit ber fie felbf einander an: 
gieben. Große Gebirgsmafien lenken auch wirklich Leichte fallende Körper von 
Ihrer lothtechten Richtung merflich ab u. ziehen fie an. — Die Wirtung der ©. 
fept nothiwendig eine Urfache voraus, welche fie bervorbringt, nady der Regel: 
wo eine Wirkung ff, da muß auch eine Urfache feyn. Nach der Lehre der Mt 
miften, wo nur von aufenber eine Kraft auf die an ſich todte Materie wirken 
Mann, bleibt die Urfache der ©. fchlechterdings unbefannt. Nach der dynamifi- 
ſchen ebrart hingegen berubt Re auf den anziehenben Kräften, Die der Materie 
weſentlich angehören u. womit die Körper in allen Entfernungen w. felbf burd 
den Iceren Raum auf einander wirfen. Kach dieſen Syßene lirgt alfe ber Grun 
— — in der Materie felbR- = Daß, Dieeide wstäiih iu 
Tofopben, —e Anaragoras, erfannten ſie u. aus Luctetins fücht man, 
daß fc ein des rufen Some n 


& 


ne 


—E —ã— —* te a a ben 82* 


ernung vom angezogenen Theilchen proportional if. . + em Geſetze 
ı fi alle die Erſ einungen herleiten, weldye unfer Gonnenf * —8 
lich die Bewegungen der Planeten um die Sonne; pi⸗ Ava rl en dei 
ꝛdlaufes; die elliptifche Geſtalt aller ag aneten gldiäheit der Ä 
etbahnen; das Borrüden der Nacht 8 Leichen ; die wanfung der gradle; 
Störungen oder Perturbationen, welche bie Planeten durch Degenfel 
— auf einander Im ihren Bahnen leiten; vie abgeplattete Geflalt ber 
des Jupiters u. f. w. — Das allgemeine Belek der ©. wird 
‚ fo ausgebrädt: bie ©. des Körper A gegen ven Körper B hair in 
m Berbältniffe mit der Mai des Körpers B., und Im umgele rten Kr 
der Quadratzahl der Entfernung beiver Körper A u. B. . B 
er A A Mal mehr Mafle als ber Körper B, u. iſt von Körper C doppelt 
yet entfernt als B; fo wird C & ober 1 Mal A ſtark gegen A gravitirem, 
Die Einwendungen, welche man von verfchledenen Seiten gegen das —— 
* etz zu n verſucht hat, find bisher von keiner ——— geweſ 
der W * deſſelben keinen ——— — Laplace 
nano cEleste die nein nihe e Entdeckung erw es kn 
ude alles Defien, was bis jetzt aus den Seite a ber °. Serge ce 
eſtellt. In neuefler Zeit Hat Airy in feiner Schrift „Gravitation, an olemon- 
explanation of the princ. perturbations in the solar system“ "on. 1834), 
ae Sen Störungen ohne allen Calcul, bloß durch einfache, auf das 
artation der Elemente gegründete, Betradh chtungen erflärt, und Moͤ⸗ 
3 "un N in feinem Werke „die Elemente der Mechanik des Himmels, “ neuen 
e, ohne Hülfe höherer 5 — — dargeſtellt· (eipz. 1843) wie 
‚ ohne andere mathematiſche ale die, welche man fi on a der 
ıle erlernt, zu befigen, ah den Geh mniffen der planetarifchen Bewegungen 
in Kurzem vertraut machen könne, u. zwar in einer ungöwelfe, die 
h Klare ie u. große Gleganı 'ingenseln außzeichnet. 
Gray 1) (Johanna), die unglüdtiche Königtn, © ee A ne ago 
, —* Enkeltochter der Herzogin Maria von Su 
‚, VOL, vermaͤhlte ſich in ihrem 17. Jahre mit lern Sömehe ein 
Herzog® von Rorthumberland, und wurde von Eduard VI kurz vor feinem 
: 1553, mit Uebergehum feiner Tatholtfchen Schriften Marta, zur Rady 
rin ernannt, Johanna, tim VBeflge hoher Borzüge des „Beites und Körpers, 
n weiblichen Tand von Jugend auf gleichgültig, in den alten und neueren 
er —A bewandert, in der Leſung bes (ate ein ed Vergnügen 
odaerig fa, ven den ton ec, fo entfchieden, A fogar bie 
he der Hungen 1 ernater 
die Lieblofungen th Far mas —X endlich Ihre Em aftigkeit. 
wurde den 1,10: Juli 1553 in London zur Königin ausgerufen; aber der ge 
e erflärten 1ö fir Marien. 





e Rath, die Gtabt London und felbf die Arm 

‚re behielt die Oberhand, und Johanna, ste m Mur 10 Tage Kön ons geroefen 

wurde (am 12. u. 17, Februar 1554), nebf ihrem Gemahl u. 

oe von Suffolf, enthauptet, Bol. Hase ‚, Memoirs and remains of Lady 
G. (neue Aufl., Lond. 1832) 8 ren englifchen Dichtern wur: gr 

dal Johanna's zu dramatifchen nr ungen, von Delarodye aber 

a rührenden Gemälde benüäht. — homas daher en en 

ter, geboren zu London 1716, abi di Rechte zu Evaton u. Gam 

te 1739 und 1740 eine Reife durch Frankteich und Stallen und —X 

uf zu Cambridge bis 1768, wo er Profeſſor der neueren Geſchichte wurde u. 

| ftarb. Durch A pen e, aber in ihrer Art ſehr meihehafte, Gedichte ers 

yo fih fehr großen —*— , beſonders gehört feine —A— written in & 

ıley Cheroh-Yard zu den fdyönften Ergeuanifien \ehır® yucdktgen Bere, WORT 


972 Gravis— Gravitation. 


ſeit 1704 mit 2 Brüdern die Rechte zu Leyden und erhielt mit ihnen 1707 die 
Doctorwürde in diefem Fache. Als er 1715 als Geſandtfchafto⸗Secretaͤr nad 
Loudon ging, wurbe er ein Vertrauter Newtons und als lied in bie 
liche — aufgenommen. Nach feiner Rüdkunft wurde er 1767 
or in sehen, was er blieb bis an feinen Top, 28. Februar 1742. ©. war 
ninireicher Mathematiker und Raturforfcher und einer der lichtvollſten Goms 
mentatoren der Newtonifchen Grundſätze. Bel mehren wichtigen Gelegenheiten 
feiftete er feinem Vaterlande mit feinen Einſtchten fehr wichtige Dienſte. Gr 
ſchrieb: Physices elomenta mathematica experimentis oonfirmata, ®yon 1720, 
2 Dove. 4. mit Kpf., 4. Auflage, ebend. 1748, 4. Philosophiae Newionianse 
Institutiones, ebend. 1723, 2. Auflage 1766, 2 Be. Introdactio ad Philoso- 
phiam, Logioam et Metaphysicam continens, ebend. 1736, 8. 1756 8. u. a. m. 
ch viele Wuffäge im Journal littöraire, Leyden 1710—32. Die Oeuvres philes. 
et mathem., Amflerdam 1774, 2 Bde. 4., enthalten feine Eleinen Schriften und 
in Sournalen befindlichen Aufſaͤtze. 
Gravitation sber Allgeme Schwere iR die B für biejenige 
av n oder allgemeine were e Benennung 
Erſcheinung in ver Körperielt, bag alle Körper fidy einander zu nähern, ober 
— in der Entfernung anzuziehen ſtreben, ohne daß ſich eine aͤußere Urſache 
avon wahrnehmen läßt. Es findet dieß nicht nur bei allen Materien der auf 
ber Erde befindlichen Körper.Ratt, fondern wir nehmen ed, außer unferem Planeten 
auch an andern Himmelsförpern wahr. So übt unfere Erde auf den Mond u. 
biefer auf fie eine Anziehung aus, u. die Sonne giebt alle um fie. Uenben 
Blaneten an u, wird von allen wieber angegogen, Die ©. ift der Grund, vu 
freigelaffener Stein gegen bie Erbe hinab lothrecht fällt. “Daß zwei zugleich 
exabfallende Gteine, an wenn fie in ſehr geringer Entfernung von einander 
erabfallen, fi) unteseinander, wenigſtens fowelt wir es beobachten Tünnen, nicht 
anziehen, fireitet nicht wider den Brundfaß der allgemeinen ©. aller Körper un- 
tereinander, fondern zeigt bloß, daß ihre ©. oder Schwerkraft, mit ber fie nad 
ber Erde gezogen werben, diejenige überwinde , mit der fie felbR einander aus 
ichen. Große Gebirgemafien lenken auch wirklich Leichte fallende Körper von 
rer lothredhten Richtung merklich ab u. ziehen fie an. — Die Wirkung der ©. 
ſetzt nothwendig eine Urfache voraus, weldye fie hervorbringt, nach der Regel: 
wo eine Wirkung if, da muß auch eine Urfacdhe feyn. Rach ver Lehre der Ato⸗ 
miften, wo nur von außenher eine Kraft auf die an ſich todte Materie wirken 
ann, bleibt die Urſache der G. ſchlechterdings unbekannt. Nach der dynamiſti⸗ 
ſchen Lehrart Hingegen beruht ſie auf den anziehenden Kräften, bie der Materie 
weſentlich angehören u. womit die Körper In allen Entfernungen u. felbR durch 
den leeren Raum auf einander wirken. Nach diefem Syſteme liegt alfo der Grund 
der allgemeinen Schwere in der Materie felbft. — Daß diefelbe wirklich der Ma 
terie beimohne, lehrt die allgemeine Erfahrung. Schon die alten griechiſchen Phi⸗ 
Iofophen, namentlih Anaragoras, erfannten fie u. aus Lucretius fleht man, 
daß fie ein Lehrfah des epikurtfchen Syſtems war. Bei der weiteren Ausbildung 
der Aftronomie erkannte man endlich als Bewißhelt, daß die Geſtalt der u 
nelöförper fugelähnlich fel; man forfchte nad) der Urfache diefer Geſtalt u. fand 
feine andere, als die Schwere, nad) weldyer die Materie ein Beftreben beſthen 
müfle, ſich zu vereinigen u. nach einem gemeinfchaftlichen Punkte, dem Mittel⸗ 
punkte, zu drängen. Bald Parauf machte man aud) die wichtige Entvedung der 
Schwungs oder Wurfokraft und fand in ihr, neb der &., die wahre und 
alleinige LUrfacdhe der Bewegung der Himmelöförper. Der Engländer Hook er 
fannte diefe beiden Gentralträfte mit völliger Zuverfidht dafürz bennody war er, 
eachtet alles bewiefenen Eifers, nicht im Stande geweien, dad Geſetz zu ent: 
decken, nad) welchem die eine von biefen Bentralträften, die G., wirkt. e wid» 
tige Entdedung machte Newton (f.d.), der in feinem unflerblicdhen Werke 
eipia philosophie naturalis Cond. 1687) das Geſetz auffellte: Je gwei 











Green -mlegoice, u 
ne Zeit lange beachtet werben konnten, da body, auch abgefehen vom anftößigen 
nhalte, die formelle Durchführung feinen: befonderen Werth in Anfprudy ‚nehmen 
mn. In einem 60jährigen Lebensalter endete fein entehrted Leben zu Tours am 
‚ April 1743, ‚Seine Werke erfchtenen zuerft in Parts in 2 Bänden 4747 und 
urden öfter auch in Amſterdam und Luremburg wieder. aufgelegt. Deutſchland 
urde mit einer gleich ſchlechten Ueberſehzung (1795, 2 Bde) beichenft, — 
Green, Nathannel, geboren zu Warwik in der Provinz. Rhode⸗ 
m 1740; trat, obgleich. ‚Duäfer,: zu Anfang der Revolution als Soldat in 
nerifanifche Dienfte, ward 1776 Generalmajor, trug viel zu dem Siegen bet 
tenton, Brinztown (1777), Germantown u. Donmut bet, erhielt dann 1780 
ich Gates den Dberbefehl über die Armee des Südens in Earolina, bewerf- 
alligte 1787 den fchönen Rüdzug vor dem überlegenen englifchen General Eorn- 
allis, verlor zwar am 16. März die Schlacht von Guilfort (Hobsfirk), fiegte 
3er den 7. Sept, 1781 bei Cutaw Springs, unweit Charlestown, ‚u, machte durch 
fichtige Maßregeln den Engländern das weitere Vorbringen unmöglich, Nach 
m Frieden kehtte er nach Rhode⸗Joland zurüd u. ftarb auf ae Befigungen 
Georgien 1786. Die amerifanifchen Freiftanten liegen ihm ein Denkmal ſehen. 
Greenwich, Stadt in der englifhen Graffcaft Kent, an der Themfe, mit 
3,000. €., ift berühmt durch fein wichtiges, 1649 für 2410 Invaliden u, 2500 
zipeftanten geftiftetes Seehofpital, deſſen vier, durch große Räume von einans 
:r getrennte, Gebaͤude von den Königen Karl IL, Wilhelm UL, u. den Königinen 
tarta und Anna aufgeführt. wurden.  @egen die Themſe zu befindet fidy eine 
böne Terraffe, die eine herrliche Ausficht auf London bietet. In dem fogenann- 
m Quartiere Wilhelms LI befindet fi) der gemalte Saal, eine Tange Gal- 
tie von hiſtoriſchen und allegoriſchen Gemälden, in dem der Königin Marta 
e Kirche u. ſ. w. Auch hat die Anftalt ihr. eigenes Krankenhaus. In dem 
arte hinter, dem Sechofpital ‚befindet fid) die Sternwarte, Flamſteadhoufe, 
m woraus bie Briten den erflen Meridian rechnen, der 17° 41 öſtiich von Ferro 
2° 49° weftlich von dem von Paris Liegt. Außerdem hat G. noch ein Ars 
Neriehofpital, eine Marinefchule und einen Föniglichen Palaft, in weldyem bie 
enden. Gefandten das erfte Mal becomplimentirt u. von da zur  Audienz abge⸗ 
le werden, — GEifenbahn nad London (bis zur Alt Londonbrüde), welche zum 
heile ber die Häufer des füblichen Theile von London, (Southwark). auf Bogen 
nwegläuft. 
refſier heißt in Frankre ich bei den bürgerlichen Gerichten der Beamte, 
elcher die Reinſchrift u. Expedition. der Gerichtöaften beforgt und die Originale 
ten aufbewahrt; dann auch bei den höheren Juſtizcolleglen in Frankreich und 
ngland, der Sekretär, u. ſonſt in Holland ber erſte Staatsfefretär, 
Gregoire, Henry, Graf von, neboren 1750 zu Voͤho bei Luneville, war vor 
r Revoluton Profeffor zu Pont a Mouffon, dann Pfarrer zu Embermenil, ald 
elcher er ſich durch feinen Essai sur la regöndration des. Juils (Met 1789) 
fannt machte. Als Deputizter von Nancy in die Berfammlung der Notabeln 
wählt, war er einer der erſten Geiftlicdhen, der zum dritten Stande übertrat u; 
n conftitutionellen Eid ſchwoͤrte. Er wurde dafür zum Biſchofe von Blois er 
innt und — fi von nun an entſchieden dem VPrinzipe der Revolution an. 
ach Ludwigs XVI. mißlungener Flucht verlangte er, daß, der. König von einer 
ommiffion. gerichtet u. das Koönigthum abgeſchafft werde, Während des Pros 
ſſes des. Königs war er in Savoyen, um dieſe Provinz: zu organifiren, übers 
yiekte aber. eine Erklärung, daß Ludwig ohne Appellation an das Voit Gedoch 
it abfichtlicher Weglaffung der Worte zum Tode) verurtheilt werde. Später 
Härte er ſich gegen bie Abfchaffung der Fatholifchen Religion, befcpäftigte ſich 
it Berichten über den Aderbau, fuchte 1795 die conftitutionelle Fatholifche Kirche 
eder heruftellen u. veranftaltete deshalb 1797 ein Nationalconcil der conflitus 
mellen Biichöfe in Paris, Im September 1795 trat er in den Rath der 500. u. 
ud 1800 Präfivent u, 4804 Mitglied, des Erhaltungefeuats, Rays we 


6 Gregor. 

Reichsgrafen, doch fiel er 1809 d feine nette Ausgabe 
Fe Royal in Ungnabe, madjte 1843 eine Reife nach Englany 
(and u. flimmte 1814 mit zuerfi für Napoleons Thronentſetzung. 18 
hm, wegen feines früheren Benehmens, feine Würbe u. fein Titel entzogen 
som Inſtitute ausgefchloffen. Dennoch wählte ihn das are Departement 
in die Abgeorbnetenfammer, welche Wahl aber von ver gecommiffion 
ungültig zurüdgeisiefen wurde. Vergebens bemühte ſich der —* von Pa⸗ 
ris, ihn auf dem Todtenbette zur Ausſoͤhnung mit der Kirdhe zu 
Rarb 28. Mat 1831. As ihm der Pfarrer feines Rirhfplde das 
Begräbniß verweigerte, mußten ſich auf polizeiliche — en 
anmwefende Geiſtl iche anderer Sprengel dieſem Acte unter on fi Schrif⸗ 
ten nennen „Hist, des sectes rolig.“ (2. Ausg. 5 ee he 1828) 5 
bistor. sur les libertös de l’öglise gallic.« (2, Ausg. 1826)5 „De —* 
du christianismo sur les fommes“ (1821). Bergl. ömoires (1829); Krüger, 
„Leben G.s“ ein, 1838). - 
Gregor. ame von ſechszehn römifchhen Päpften. 1) ©. L, 
ver Große, Papft von 590 — 604. Aus einer reichen, fenaterifchen Familie 
wahrſcheinii um das Dabr 540 zu Rom geboren, war er feiner ganzen Geſin⸗ 
nımg nach ein Römer im wahrflen und ebelften Sinne des W WBorteh, "Der Der Gel 
des römifchen Volkes ging mit dem Gturze des Heidenthumes nidyt unter, fon 
dern rettete fidh in die Kirche hinüber, —* e die Erbſchaft der alten Korte 

de 






abe de 





nr 
on 















Weltberrfhaft übernahm. Darum hatte die d Gottes ben Apoſte 
etrus nach Rom geführt, damit die ganze —* aft ver Weltgeſ 
Erbtheil der fatholifchen Kirdye würde u, das alte ch Gteine 
zum Aufbaue ihrer — en —A— Richt Menſchen, wie Leo und bie 
G.e, haben diefen &edanten efaßt, fondern es war ein: Gedanke Gottes, ein 
lan, den Er in bie Beltgef ie hineingelegt, u. von dem bie großen Ru 
er, durch die er ausgeführt worden &; wie von einer ihnen ehanmen @e 
walt ergriffen u. befeelt wurden. — Seiner Herkunft und ln ehung na 
zu hoben weltlichen Ehren berufen, u. fon das Amt eines Prätors von Rom 
verwaltend, bra ©. plötli mit der Welt ab und widmete ſich, mit Ber 
chmaͤhun "aller irdiſchen Reichthuͤmer u. Ehren, dem kloͤſterlichen Le — 
ar mit fih, hat er, nachdem dieſer Entſchluß zur That gereift war, nie mehr 
in feinem Leben zu dem einmal Berlafienen zurückgeſchaut. Gr verf feine 
Büter u. gab das Geld theild den Armen, iheils erbaute er 6 Klöfer Ei 
lien u. eines, unter dem Namen des heiligen Andreas, zu Rom. Er fand in den 
dreißiger Jahren, als er in dem Kofler des heiligen —— das en 
des heiligen Benedictus nahm. Hier leuchtete er durch Dem 
Gebet u. Uebungen firenger Abtödtung Allen als ein Mufter — u. ** 
Umgange mit Gott zu ſeinem großen Berufe fuͤr die Welt. Aber ſchon nach rigen 
Jahren nöthigte ihn der Papft Pelagins I., das beventende Amt eines D 
nen der römiichen Kirdye anzunehmen. Bon 579—84 war er Apokriſtarius oder 
Geſchaͤftoführer des Papſtes am Hofe zu Konflantinope. Noch oft biidte er 
fpäter im Drange der Gefchäfte auf die glüdlichen Jahre ſeines erg 
wie auf einen Fühlen Ruheplatz In brennender Sandwuͤſte, aueh Pr Mh) te fi 
durch die Erinnerung an das dort genofiene Glück. Nach ei 
ihm eine Anzahl Freunde aus feinem Kofler, mit u. er FR w“ ber * 
des Hofes fein Ordensleben fortſetzte und fo, trotz der überaus ee Ge 
ſchaͤftsführung, Zeit für wiſſenſchaftliche Arbeiten gewann, Die fie waren 
damals [don in Rom vie eigentlichen Machthaber, u. flanden fie auch in welt 
Iiöper Hinſicht dem Namen nad) unter dem Kalfer, fo konnte doch nur ihr Rar- 
fer Arm Stalten gegen den Andrang der Barbaren ſchüten u. 
je 5 zantintfchen Herrfcher aufrecht erhalten. Darum war bie © 
ſtlichen Legaten zu —— von großer Bedeutung u. —— — 
—* von Klugheit u, Kraft. G. behauptete nicht allein mit Winde 











* 
das Un 


Goegen: | u 










Ä deö ondern genoß eine u. Liebe der Kaiſer 
er in Fe Are ü, —— bot alle cine Kraft auf, ba: 
Kaiſer zur ameren Führung des Krieges gegen die Long —— die * 
‚immer-weiter in Italien ausbr ten, zu vermögen, füge die chis⸗ 
ma im Oecidente anzubahnen, Tämpfte die Srriehre des ychius 
von &. T. der ſich in feinen Ken von ber Auferfehung zu bofetif 

thümern binneigte, nieder un. Ichrte dann nach Rom zurüd, wo der Papf den 
verdienten Mann mehr in feiner Nähe zu "haben —2 Sbwohi G. ſeinen 
is wieder in dem Klo d St. Androsm' nahe uud bemfelben alB MbE vor 
Rand, fo leitete er dennoch don nun an bie wichtigen A glegenfeten der a 










J 


Kirche und war bie Seele ver Berwaltung unter Pelagius IL 

s v zu Tag die Liebe u. —E * Volkes gegen ihn, das sin 
wie einen | Fort Schatz, wie ein map der göttlichen Bnade für Rom 
betzachtete ji ſchon damals Hoffnu ihn baute, welche bie Zukunft vers 
wirf — Ei 1 einfach und kannte keinen ehrgeizigen 
Wille ihn berief, ex eines Marlt g 
—— Eher ef 


iebem = Dienfle a 2 en. on —* 
et —— — Rn Bee: —— Ir ae Kr der von fee / Ab 
sum bee Vorſehung ne fet, a Berirng Ei —— Ha 
Gründen vorzufellen, daß biefer, KL ungen, dns te, ihn ale Ri —* 


zum fernen Lande ziehen zu laſſen. er Rom, von 
einigen ſeiner —— — Fam er bang le Kunde von G.s 






Abreiſe zum Volke, es Klagen und Jammern über den Verluſt des 
geliebten Mannes od. Das Boll zürnte dem Papfte, daß er ©.n hatte 
SR eo und ale derſelbe ſich im feierlichen Zuge zur Peterokirche begab, 


allgemeiner Bar gegen ihn auszu Kur dadurch Tonnte 
ee engen ie Gefabt" Anden daß er durch fchleunig nachgeſandte 
oten en @ Unter unendlichem Jubel des Bol e fehrte 
er na Rom ne van er F dieſem Augenblicke an die Belehrung Eng⸗ 
lands nicht met aus dem Wuge Als bald darauf (8. Yebr. 590) Belantus ll. 
farb, warb ©. einftimmig von der Geiflichkeit und dem Wolfe zum Papfte ge 
wählt Umfo na waren alle feine Bemühungen, die Wahl von fi) abzuwenden 
und felbR den Kaifer —— vermögen, dieſelbe en, zu betätigen. Als 
wider fein —— Befätigung vom Katfer einlief, entzog er ſich dem Volke 
durch heimliche F oh. Drei —* juchte In das —ãe olk vergebens, bis 
fallender Ort feine m Aufenthalte —ãA— ey 


gemalt — Eee lin in im m zurü 
a er 590 ward e Der Infang f —5 — Dar, 
Ile Dit mehren Der größten SB , eine Zeit großer Gefahr u. Drangfal. Die 
Feinde wüthelen vor Gen Thoren, in der Stadt waren bie Eoibatn, im Auf⸗ 
ruhre u. eine peflartige Krankheit raffte Taufende vahin. Wie ein Prophet des 
alten Bundes trat ©. als Bußpreiger unter das verzweifelnde Wolf, verfühnte 
durdy Buße die Gemüther mit Bott und that durch allgemeine Bußprozeffionen 
der Rrantheit Einhalt. Ein auf vem Brabmale des 68 adrian m PR ee 
Engel, der fein Schwerbt in die Scheide fledte, gab ihm ein Zeichen des vers 
föhnten göttlichen Zorned. Zum Andenken daran flieht das in des Engels 
nody heut zu Tage auf Hadrians Grabmal, das ſeitdem „Engelöburg” genannt 
wird. Gerade die Päpfte, welche ſich am beharrlichſten ihrer Erhebung wider⸗ 
—5 — en audy ihre Aufgabe am Großarti Partigfen erfaßt. Sie wußten bie — 
Größe des Berufes zu wuͤrdigen, der von Gott dem Nachfolger Petri für 
anze lm auferlegt iſt und auderten, in ber Betrachtung ihrer Ir 
ben menf hen Kräfte, vor der Schwere einer für menſchliche aaulern (of 
—— IV. 


978 Gregor, 


amerträgltchen Bürde zurüd, Aber eben biefe Demuth werlich ihnen auch 
dem fe Pe Gehorfam gegen Gott dem ſich ee dene 
u. jeme Hoheit des Gelftes, womit fie eine Welt umfaßt u. dem fehweren 
des Geiſtes gegen bie von allen Seiten eindringende ‚are, der 

gen. die Unterdrüdung, der Tugend und ded Glaubens gegen Faftır 
Finfternip gefämpft haben. Unter ber Reihe biefer Männer it ©. L 
der hervorragenpften. Mit der Größe, feines Geiſtes umfaßte er bie 
die damals im firdlicher Hinficht, mod mehr aber a 
ers 


Es: 


IT 


aus allen ihren Angeln zu geben brohete, und lenfte 

‚mein in die Bahn, weldye fie in den Zeiten des Mittelalt g 
at. Die Kirchenzucht fand Gregor beim Antritte feines PBontififates 
erfchlafft. Die unaufhörliden Kriege und Verwüflungen hatten Ztalien 
die übrigen Länder Europa's erfchöpftz die Kiöfler waren zerflört, ober 
Zucht war erfchlafft; die wiffenfchaftlihen Anftalten hatte der Krieg 
zu Grunde geridhtetz die weltlichen Fürften hatten ſich die Güter der Kirche F 
geeignet, oder fie vergaben für Geld Bisibümer und gel Stellen an m 
würdige und unfählge Menſchen; kurz, die Fluth einer allg Barbarei we 
über Europa —— Dabei war Oberitallen von den keheriſchen Ion 
obarden befept; wiele oberitalifche und alle iſtriſchen Biidhöfe beharrten feit da 
eit des Drei-Gapitel-Streites im hartnädigen Schioma; Spanten war 589 m 
ter der drüdenden Herrſchaft der artantfchen —— und in Aftila erheben | 
die Donatiften veriwegener, als je, ihr Sr jabei enthielt Die orientaliik« 
Kirche, feit der Grünpung ber. meuen römilchen. Hanptfladt Konftantinopel da 
Spielball der meiftens despotifchen Kaifer, nicht mur mannigfachen ZUmpEn ’ 
Keherelen, en fie trug auch den Keim zu einem bleibenden Schiama in fid, 
Indem die Patriarchen von Konftantinopel, unter dem Schupe der weltlichen Madı, 
den rgeilgen Titel „allgemeiner Bifcof* (inionoros olnovumwends) 
men hatten, und immer bereit waren, Ihr Haupt gegen den — a 
erheben. Wenn wir num fehen, wie ©. in dieſen ſchwierigen Berhättnifien dat 
Steuerruder der Kirche geführtz wie er, Kleines und Großes mit gleicher Sort 
umfaffend, den Dccivent zur Glaubenseinheit zurüdgeführtz wie er Durd Mit 
und Weisheit die 300jährtge, fo hartnädtge Irriehre der Domatiften gebroden 
und den Orient in den Schranfen pflichtmäßigen Gehorfams erhalten hat: fe 
müffen wir gewiß bie Geiſtesgroͤße des Mannes bewundern, der, ohne irdifche Wal 
fen, allein durch die Kraft feines Geiſtes ſolches Große zu volbringen vermocht. 
Anderer Seits aber müflen wir audy eingeftchen, daß ſich ein unmitelbares Mal 
ten ber göttlichen Borfehung, die das Papftthum zum Rettungsanfer für bie 
Menichheit geftimmt hatte, Her ae nicht verfennen läßt. ©. war der größte 
Staardmann feiner Zeit, der allein mit einem großartigen Blide die Tage dr 
Welt überfhaute, Rom ftand noch immer in einer läftigen Abhängigkeit von Kon 
Rantinopel. Zwar wollen die Päpfe biefes Band, welches aus nur geſchich⸗ 
lichen Berhättnifien hervorgegangen war, nicht gewaltſam loͤſen; aber k 

ein, daß die Zeit ſelbſt es bald löfen wärbe, Die Kalfer konnten ſchon damals 
ihre Schattenmacht in Italien nur durch Bermittelung der Päpfe aufrecht halten. 
Der Papſt mußte Geſandtſchaften ſelbſt übernehmen oder abfenden, mußte Frieden 
und Bündniffe fchließen, mußte den bedrängten Städten und Provinzen Hülfe 
auswtıfen, ja, mußte fogar, wenn der Kaiſer einen Krieg zum Schuhe feiner Be 
figungen führen wollte, die Koflen zur Bewaffnung und Unterhaltung der Krie⸗ 
gesheere aufbringen. Während fi fo die Paͤpſie zu Gunfen ber griechiſchen 
Kaiſer erfchöpften, erndteten fie dafür nur Undank und Bebrängnig. Bann nicht 
nur fiel aller Haß der Feinde des Reiches auf fie, fondern die Kalfer legten der 
tirchlichen Verwaltung audy die Täfigken Hindernifie in den Weg und Fonnten 
nur durch die Furcht, den politifchen Schuß der Paͤpſte zu verlieren, von ber Er 
regung eines Schiema abgehalten werben. WIS daher die Kaiſer immer unfähls 
ger wurden, Italien zu beichirmen und das Kand immer mehr (einem Schidfale 


HEN: 


Greg 978 
überlaffen blieb, fahen ſich die Papſte nach einem een Schutze für das bes 
drängte Arenblanb um, ©, Bat das voße Berblen Plan einer Berbin- 
dun mit den Franken Far erfaßt un eine Ka Kader af apoRolifchen 
Stuhle in diefe beſtimmte, von ihm vorgezeichnete, Bahn hine zu *8 
Damit ſchließt ſich im el hr Sinne die Periode der Blend run 
Der Occident emancipirte Ai auch politiſch vom Oriente und bie —** ei 
fer, von jetzt an unzertrennlich an die e Drbnumg der Kirche angelnäpft m, 
dad ahr des Unterganges entboben, begannen von nun an in Yen 
‚Borbergtund der Säle te eingutreten und A zu weithilorifcer Große empor, 
ufhwingen. Mit derfelben Kraft, taoemit er von ber —— — der Schismati⸗ 
er und Jirglaͤubigen zur Einen Chriſti ſuchte G. auch die heib⸗ 
nifeyen Böiler qn befchren. Satt er Mipon früher, als ie kt von Et. Andreas, bie 
—A— Englands, das, ſchon früber chriſtlich, durch die Einwanderung erobern⸗ 
der heidniſcher Stämme wieder in die Gewalt des Dehaibunee eraihen war, 
fi 8 ſehr zu Herzen genommen, daß er ſelbſt als Miſſionär ſich dorihin auf 
den begab, fo wandte er jeht als Oberhaupt der Kirche auf dieſes Unter⸗ 
ncömen I eine befondere Sorge. Im Jahre 596 fandte er den Abt ansukiaue 

mit einer Schaar von Mönchen nach England, wo fie im Jahre 597 an ber 
Küfte von Kent landeten und in dem fpäteren Ganterbury nieverließen. Schon 
am Weihnachtöfehe 597 Eonnte Wugufinus 10,000 der Angeln taufen. Gr wurbe 
dann zum erſten Bıfdhofe 7 t und das Werk hatte, zur außerorbentlicdhen 
Freude ©.8, feinen Fortgan Fr ch im Innern der Kirche waltete &. mit apor 
ftoftfcher Kraft, Er Rellte oftergucht ber, that der Simonie Einhalt, übers 
wadhte die —— en ira. und fudyte ebenfo firenge, wie er die 
Rechte des apoſtoliſchen Stuhles wahrte, audy jeden Bilchof uns Metropoliten 
in feinen Gerechtſamen zu u [hüpen. Er Rechte überall die verlaſſenen Schulen wies 
der ber, munterte bie Ein en auf und verwandte mit verſchwenderiſcher Freigeb 
keit die ECinkuͤnfte der roͤmiſchen Kirche für gemeinnüpige und wohlthätige Zw 
Beſondere Berdienfe erwarb er ſich um bie Liturgie der Kirche. In allen we⸗ 
fentlichen Theilen der Feier des heiligen Meßop ers Hunten natürlich die Kirchen 
des Abendlandes und ded Morgenlandes den unwefentlichen —— 
chen und Gebeten war den einzelnen Kirchen R t geſtattet 
zu Tage erlaubt die Kirche den orientaliſchen Gemeinden, und felbft ein jeinen 
Kirchen des Abendlandes, in unmefentlichen Theilen geroiffe Ei entbümlichfeiten 
in der Liturgie. Die unruhigen Zeiten und vielfache Bernadhlä (Alfgun en batten 
aber im Abendlande eine unendliche Verſchiedenheit in wen unweſentlicheren Thei⸗ 
len der Liturgie herbeigeführt, und in Italien und Sicilien war der Einfluß der 
Griechen, zum Nachtheile der fo einfadyen und erhabenen römtifchen urgle, ſehr 
fühlbar * eworden. Daher fu te ®. 37 Liturgie überall wieder auf die alte rs 
Fe ee zurädguführen und durch Feſtſetzun 1 einer mög ſt großen Gleich⸗ 
der Willkuͤr Cinzelner vorzubeugen. Offenbar übertrifft die durch ihn 
Ar — Ams an Einfach et und Großartigkeit die aller orienta- 
if en ch ein Freund des Gefanges und fuchte den tradi⸗ 
—2— Kirchen ans, "den * ſelbſt vielfach bereicherte, durch Errichtung ſorg⸗ 
jem ee egter ( ee En und zu firiren. Gr gilt ale g der —* 
—* Gebiete lonnen wicht gem 
[ äbt ne Ben Ben wird äh als er ein, feinen Geiſt ir ott erbaben, 
das Forum gegangen, ba babe er zur Feier der Ofterfreude die Engel fingen 
hören: Regina ooeli laetare, Alleluja; etc. Er ſei darauf nach Haufe geeilt u. 
es fei ihm gelungen, den Befan lang mit den Roten aufzuzeichnen, und fo fe & diefer, 
in der That wie aus dem ſtammende, Geſang in den Belt der Kirche gekom⸗ 
men. Unbegreiflidy ift es, wie G. Ar bier Dannig altigkeit von Geſchaͤften, die fel- 
nen Geiſt in Anſpruch nahmen, noch Zeit geisonnen habe, fo viele Schriften, wiſſen⸗ 
Khafıi e Mbhanblungen n, Briefe zu fchreiben. Er wird zu den 4 großen lateiniſchen 
ehrern gezählt. In feinen herrſcht Arenger BER TUR 


s60 Gregor. 
Web, er ſchreibt, von ben vort. taktischen Gebanten ' 
zer wi, die a "fuchte a — — gar zu 
eine dm Org mid: erhält. Ms Moralit nimmt; unter den Bir 
tem den Das Re a aber 2 „feine Er 
* denen 3* rg) und aufbewahrt fin! 
Er , für die She ſowohl, als für die ganze damalige Da 
ttelpuntt G. gewiflermafien war, Gr regierte die Kirche nicht volle 14 
Schon frühe war fein zart — ‚Körper durch er und‘ 
den ehr gef ht litt er während feines Bontififates-burdy umunter 
brochene Laie faſt —— Schmerzen, ohne darum feine Arbeiten 
und un Sorg —F für die vi RZ ar DE 9 * au acer * Abet 
et menden e wuchs auch fein lange, au wer ⸗ 
BE hen Lan dm BZ 
er e fer 
ſche Mann eines der —— Borbilber; unland danft Ion Ir >. 


die di Bo Erhebi Kthi _ 
2» & Lv tige, on, re noch ehe er 
den päpftlichen —F war erhoben worden, Er verbient um le Kirche gemacht. 


en —— br — — os ir a Tas Bi —J un fenbete den 


an 
Bea Ye ie zn = * * —— 
te noch am Leben ober geflorben feyn, fowie-mit et, ew 
— — — ‚Graben, bei Strafe Barnes vers 
tem une Ri ns na ! Sean, Ban — die ein Mädchen oder 
eine Wittwe it Zauberfün Wahrfagen —— würden; 
Jene, weile ©) apofalifchen Breiten, Derfehen an fh 
Bit; Glenn, Me ei m Gitelfeit nady Art der Barbaren fidy er 
würden wachen ‚ofen ifer Leo — us kündigte den Bildern den 
Kr riet ), fondern verfolgte auch die Verchrer ders 
dem al — Soden p ka ld = ne kin 
bergen, em Talfer! au folgen; vi a 
ging in ein Klofter; e8 fehlte ab 


Bi ut Ihe dem Kaiſer zu Gefi in Ir 8 Henne 8 
nern, wel fet 
* —ã — 5 die 5 ale a aate wur ans den 


fegen Hi Auch ©. IL 
—X des Kaiſers, die Bilderflürmeret Aut Fi —2 — Ralfer, 
weder Thränen, noch Bitten rühren Tonaten wi gewaliſam⸗ 
Mittel in feine Gewalt bekommen und aus Be Koma einerſeits 


Mad au Bat 
auch gultprand, den König vn Longobarden, von feinen den 
stem des Kaiſers zu fröhnen, abzubringen, ©. Bürte, bei allen Br 
en bes —* gegen ſelne erſon, nicht ef, Die Unterthauen 
llen zum gee gegen ihren 
thum, das —E rd — war — Me han von 
lungen pe Weisheit und ©ı 
er Bin , das Heil Se See m md en jan — * 
war. vor 
SEE % ee m ee KL 5* wird 
BR 


Be ae der hie Suhl ht 


in 


fi 
eg 
* 


Gregor. ei 
getan wege © ſich durch feine unverbrädhtiche Treue im katholiſchen 
A 





lauben, durch fein e Bertrauthelt gu den Wiffenif haften und durch feine eng⸗ 
Sanftmuth en hatte. Da Kalfer Leo Iſaurikus fortfuhr, ia nur 
2 die Bilder zu zerflören, ſondern auch deren Verehrer auf das Graufamfte verfols 
a gen und märtern zu laflen, fe war ed die wichtigfte Wufgabe des Papſtes, bei- 
ı ven, den Bildern und ihren Berehrern, Frieden zu erwirten. In einem eigenen 
12 Schreiben machte ©. den Kaiſer aufmerffam, daß er (der Papft) Briefe mit 
des onen Feen und Unterfchrift befige, worin dieſer den wahren Glauben in 
bet befenne; er ermahnt ibn daher, ſich nicht im geiſtliche Ge⸗ 
en hen gen, gleichwie auch die Vorſteher der Kirche fidh von politifchen 
Serneften * elten. Ein Jeder, ſetzt der Pꝛ bet, ſoll no befihränten auf die 
Gewalt, weldye er von Bott erhalten hat. fteß fich nicht beivegen; er vers 
rrte in feiner Grauſamkeit, die ex auch geg an Jene ausübte, welche ihm päpft- 
5 Briefe oder Beſchluͤſſe lines —* mö brachten, worin die Verehrung ber 
—* en wurde, Auch nach dem Tode des Kaiſers dauerte die Ber; 
T ter feinem Sohne Konſtantinus Kopronymus und feinem Enkel fort. 
N F m auf feiner Seite errichtete, aus Berehrung für bie Rerbiichen Ueber; 
h bleibfel der Diener Gottes, eine große Kapelle in der Gt. Peterskirche, um ihre 
Sebeine ehrfurchtsvoll aufbewahren. Aus demfelben Grunde fehte er auch ein 
. ülgemeine® Feſt ein zur Ehre des Hellandes, der allerfeligfien Jungfrau, der 
Kpofel, der Martyrer und aller Diener des Herrn und ließ in ber Kapelle feler- 
' lichen Gottesdienſt halten. „uttpt and, nig der Longobarden, febte den 
Bay ©. Ul. fehr ind Gebränge, pab aber auf Verwenden Em! Martells, an 
welchen der Papft Gefandte abgeichiet hatte, mit nem Berfprechen, ihn zum Gon- 
- ful von Rom zu machen, wenn er Stalten gegen bie Bongebarden ſchuͤtzen würde, 
bdemſelben alle Ländereien wieder Surüd, deren er ſich bemädhtigt Hatte. Mit dies 
em Bapfe fängt ee die & Epode der weltlichen Macht der römifchen 
echen, müde des Kampfes’ für ihre Delpungen in Stalien, 
da —* m — — a Ravenna gegen die Longobarven zu ver- 
gen e deß davon, ald von einem herrenlofen 
Lande. Der heilige Wonire cius fuhr indeſſen unermübet fort, ſowohl ſelbſt, ald 
durch feine Mitarbeiter, das Licht des Glaubens zu verbreitn. ©. II. . mode 
Im um Grzbiichofe und Primas über ganz Deutfchland, ertheilte ihm die Bol; 
neue Bisthümer " echten und en ihm auf verfchienene Fragen die er- 
forberlidyen Auffchlüfle, 3 Berwandtfchaft bis zum 7. Grabe 
zu beobadhten; Todtſch chläger —8 4 anzes Leben von Fleiſch und Wein ſich 
enthalten, Montags, Mitiwochs und Freitags jeder Woche faften und nur in ber 
Sterbſtunde die heilige Sommunton empfangen bürfen. Um das barbarifche We⸗ 
fen bei den neuen Ehren In Deutfchland zu mildern, ſollte Bonifactus, ſoviel 
möglich, den Genuß des Pferdefleiſches * — (Diefe we bat 8 
frei anderen (humanen) Rüdfichten weichen müffen.) — ©. IL, weldyer 
e Kirche fo „yerbient aemadht hatte, wird von — —8* Selliger ver⸗ 
* und es if der 28. November zu feinem Feſttage beſonders beſtimmt. — 
4) ©. WV., ein Römer, 827—844, erlebte vie —* durch die Kaiſerin Theo⸗ 
dora, welche ihren Gemahl Theo — noch auf dem Todbette zu beſſerer Ge⸗ 
finnung gebracht hatte, der Bild erei, die fett etwa 120° Sabren unter vers 
ſchiedenen Kaifern fo oft wiederholt worden war, 842 ein Ende gemacht zu fehen. 
Das Feſt der —— — der h. Bilder wurde zu Konſtantinopel feterlich 
Segangen. Den Kaifer Lupwig den Frommen bewog er dahin, daß dad Ph 
Iletheilißen am 1. Rovember in Frankreich und Deutfchland ein 
wurde ein Bemühen, Frieden zwiſchen dem Kaiſer und deſſen 
zu fchließen, weßwegen er eine befchwerliche Reife nach Frankreich Eine 
hatte, hatte den guten Erfolg nicht, weldyen G. beabfichtigte Es Tam ins⸗ 
befondere zu Mißhelligkeiten zwiſchen den franzöftidhen choͤſen und dem 
Fr „welcher mißvergnügt nad) Rom qurüdtchtte, &, Kate wo on 








982 Gregor, 


Kummer, zu vernehmen, daß die, von Ghriften —— Sms 
ins Welfchland eingefallen waren u. großes Unglüd verurfachten. Ihre 
wuſtungen dauerten zwanzig Jahre. Das Klofter vom Berge Eaifino, zu md 
chem der heilige Benevift 529 den Grunflein gelat hatte, wurde geii 
130 Pfund Gold, 900 an Silbergeſchirren, über 30, an andern 

feiten u. 13,000 fl. an Juwelen fortgefchleppt. Um den PBlün) jen der &ü 
racenen einen Damm zu ſehen, ließ der Papft bie alte Stabt Dftia wieder u 
bauen und befeftigen. — 5) ©. V., ein Deutfdher, a. Dito wa 
Franfen u. Kämthen, ermählt im Jahre 996, regierte bie nicht. wolle ig 
Jahre. Er war ein Bf des Kaiferd Dtto IN, und bei feiner Erwählung cf 
24 Jahre alt. — Dtto ließ ſich von ihm zu Rom als Kaljer frönen; fobal u 
aber diefe Stadt verlaffen hatte, vertrieb Erescenz, ‚der Tyrann Roms, im 
Papſt, auf deffen Fuͤrbitte ihm der Kalfer verziehen u. bie Freiheit gelafen hate 
©&., von Allem beraubt, mußte fih nad Toskana und von da in Die 

flüchten. An feine Stelle ſehte Grescenz den Bhilagathes, oder Bilagatus, da 
fi) Johannes XVII. nannte. ©. that diefen Afterpapft in Bannz daſſeibe thata 
auch alle Bifhyöfe von Franfreih, Italien und Deutichland, wornach aber Ju 
hannes Nichts fragte. Der Katfer eilte daher mit. einer Armee nach Rom zu 
rüd; der Afterpapft wurbe auf ber Flucht gefangen u. ins G:fängniß ie 
Greöceny aber, der ſich in die Engelöburg gen tet hatte, wider Das Ihm gege⸗ 
bene Berfprechen enthauptet; feine Gemahlin Stefania überließ ber Kalfer da 
deutfchen Soldaten, die fte auf viehifche Welfe mißbrauchten, bis fie ihren Geh 
aufgab. Nach feiner Wiedereinfegung bielt der Papſt eine Synode, auf * 
die biutfchänderifche Ehe des Königs Robert von Frankreich mit Beriha, 
Tochter des Königs Konrad von Burgund, für ungiltig erklärt und beiven bi 
Strafe ded Banned die Trennung und fiebenjährige Buße auferlegt wurde. I 
deſſen erſt 3 Jahte fpäter leiftete der König, burd die ernfien Mahnungen des frommm 
Abtes Abbo von Fleury bewogen, dem Gebote der Eynode Gehorſam. G. Harı 
— erft 27 Jahre alt — den 18, Februar 999, Dean rühmt von ihm, daß a 
in 3 Sprachen geprebiget u, jeden Samftag an 12 Arme Kleider wertheilt habe, 
— 6) ©. VI, ein Römer, erwählt 1044, regierte nur zwei Jahre u. acht Mu 
nate u. legte hierauf feine Würde nieder. „Objchon diefer Papft feine Würde gekauft 
hatte, fo wird er doch deßwegen gerechifertiget, weil er es in Uebereinftimmung 
mit der Geiftlichfeit that, um bie Fe von einem großen Gräuel zu befreien. Diele 
Rechtfertigung Ift um fo glaubwürdiger, ald die Gefchichte ihm großes Lob er: 
theilt u. er auch, aus Liebe zum Frieden, der päpftlicdhen Würde wieder entfagte, 
Ein Gefchichtfchreiber fagt von ihm: „Man fegte an die Stelle des Benediftus IX. 
einen fehr frommen Mann von befanntem BVerdienfle, ©., von Geburt ein Rör 
mer, deffen Huges Betragen alles Aergerniß, welches fein Borfahrer Benedikt IX, 
verurfahht hatte, wieder gut machte. Doch konute ©, nicht alles Gute bes 
fördern, was er wollte. Bei feiner nothwendigen Strenge machte er ſich Feinde, 
Es maßte ſich auch der noch Lebende Benebilt IX. das —A von Neuem 
an u. veranlaßte viele Unruhe; auch regte ſich noch Sylveſter III., weldyen Bene⸗ 
dilt IX. früher vertrieben hatte. Man nannte dieß das beeitöpfige Kirchenregis 
ment. Um biefem ein Ende zu machen, wurde zu Sutri, unweit Rom, ein Eon 
cilium gehalten, wo das breiföpfige Kirchenregiment verworfen wurde u. ©. VL 
den befen Theil erwählte: er entfagte freiwillig dem Papftihume, um einer 
Spaltung zuvorzufommen. Man ſchiitt zu einer neuen Wahl, weilche auf den 
Suidger von Bamberg fiel, der als Clemens IL. den päpfllichen Stuhl befieg. — 
7) ©. Vll., unter den großen Päpften einer der größten. Er war zu Saona 
im Toöfanifchen, man weiß nicht genau in weldem Jahre, geboren. Sein 
Vater Bontzo war ein einfacher Zimmermann. Schon die Wiege großer, von 
Gott ſelbſt gezeichneter, Männer pflegt von einem wunderbaren Glanze umleuchtet 
1 feyn. Der Name Hildebrand, den ©. ſchon als Knabe trug, deutet auf die 
ſchon frühe fich fundgebenden Anzeigen dieſes höheren Siegels, weldyes die Bors 


Gregor, | 903 
fehung ihm aufgenrüdt Hatte. Die ungewöhnlichen Anlagen des Knaben ver« 
mochien feinen Bater, ihm eine wiſſenſchaftliche Bildung geben zu laſſen. Sein 
Lehrer. war, außer dem Abte des Kioflerd ver heiligen ofrau auf dem Berge 
Hoentinus, der Erzpresbyter Johannes Gratian, der den feurigen, talentoollen 
SZüngling lieb gewann und, als er unter dem Namen G. Vi. den paͤpſtlichen 
Stuhl beſtieg, denfelben in feiner Nähe bebielt. MS dann Suidger von Bam⸗ 
berg unter dem Namen Glemend II. zum Papſte erhoben wurde, G. VL aber 
freiwillig feiner Würde entfagte, folgte Hildebrand feinem Lehrer u. Wohlthäter 
nad Deutidhland u. nahm darauf mit ihm im Klofter Elugny, diefem Sige ver 
Wiſſenſchaften und ſtrengen FlöRerlichen Zucht, feinen Wufenthalt. Hier gewann 
er die Einfamkeit u. dad Stublum lieb, u. machte unter Leitung des berühmten 
Abtes Odilo große Kortfchritte im geiftlichen Leben. „Diefer Knabe" — fol 
der tief blidende Geiſtesmann gefagt haben — „wird groß werden vor dem 
Dem." Der Katfer Heinrich IIL gewann den gotibegeifterten jungen Ordensmann 
lieb u. befannte, nie einen Mann gehört zu baben, der mit foldyer zuverficht« 
lichen Kraft das Wort Gottes verkuͤndigte. Dem Kater Ing die —— ber 
Kirchenzucht, befonders die Abſchaffung der Simonie (Berlauf geiklicyer S ‚ 
fehr am Herzen u. der Papft Glemens IL wirkte in Uebereinfimmung mit ihm. 
Aber eine burchgreifenbe Beſſerung der europälfchen Zuſtaͤnde ließ fidy nicht er» 
warten, fo lange nicht die Kirche ſelbſt, entſprechend der von Chriſtus ihr ges 
gebenen Beſtimmung, unabhängig von der Willtür weltlicher Macht, den Kampf 
gegen die Hersichaft des Laſters u. der Sittenrohhelt zu führen im Stande war. 
Seit G.s des Großen Zeit war eing neue große Zeit über dad Abendland aufs 

eganaen, und in Karld des Großer Regierung war jener Gedanke einer neuem 
9 ſtlichen Weltordnung, der am Grabe des Apoſtelfürfſten Petrus zuerſt klar 
gebadıt worden war, zuerſt zur Berwirktichung gefommen. War auch das Reid) 
arls bald wieder gerfallen, fo fchwebte doch die herrliche Idee deſſelben weiche 
die Welt einmal in ihrer Verwirkiichung geſchaut hatte, der kommenden Zeit. 
ein hohes Ziel, auf das ihre beften u. ebelden Befrebungen ſich von felbft rich⸗ 
he A sat *8. * 83 a — Ferdi en, worein de 
e Leiden u 5 rat » wären es, welche 
die hohe Idee vom Kaiſerthume —* u. — *z—* waͤhrend bie 
Kaiſer ihre Aufgabe meiſtens zu einſeitig, vom Standpunkte einer materiellen Ge⸗ 
walt uud — auffaßten. Die weltliche Macht, von der Kirche zu hoher 
Herrliepfeit erhoben, begann übermüthig zu werben u. war in Gefahr, in orien⸗ 
talifchen Despotismus zu verfinfen. Nur vdie Kirche war es, welche die Völker 
zus Freiheit erzogen hatte. Sie hatte das Individuum, dad im alten Staate. 
feine Berechtigung hatte u. von der pantheiſtiſchen Allgewalt des Staates vers 
ſchlungen wurde, «als freies u. wuͤrdiges Glied der chriſtlichen Gemeinde einver⸗ 
leibt u. ihm auch im Dereine de& ſtaatlichen Lebens Die Würde der Münbigfeit 
gegeben. dieſer chrißlichen Freiheit fußte die Würde des Buͤrgers im Staate. 
nter dem Schutze der Kirche buͤdete ſich die Verfaſſung freier Gtäbte und. Ge⸗ 
meinden; unter demſelben Schutze fand die Eigenthuͤmuchkeit den Völlerſtämme 
geihügt u. bewahrt, u. alle waren einem oberſten Herrn u. Gebieter, dem Kaiſer, 
der als Chriſt Recht und Freiheit der Seinigen zu ſchirmen hatte, unternchen. 
Aber der Natur der Suche nach ſtrebt die Herrichergewalt nach abfoluter Macht 
u. bereitet ſich ſelbſt dadurch unter allen chriſtlichen Böhlen, fin denen das Bes 
wußtfeyn der Freiheit ſtark genug gewurzelt if, ihren Sturz, Nur eine freie 
Kirche kann die politiſche %. Bärgertiche Freiheit der Bölker retten u. die welt⸗ 
liche Macht ſelbſt vor — und SelbRvernichtung bewahren. Ge⸗ 
trade im 11. u. 12. Jahrhunderte trat dieſes Streben der kaiſerlichen Macht nady 
abfoluter Aligewalt, in den andern eurepälfcden Staaten ſowohl, ald ganz vor⸗ 
züglich in Deutfchland hervorz die Kraft des biſchöflichen Amtes war gebredyenz 
die PBrälaten waren Diener der Fürften; die Böller mußten ſich unter der Willfür 
der Fürken beugen ı,, hätte bie Freiheit u. Die Herrſchaft des Geiſtes im Ray - 












984 Gregor: 


thume nicht einen unüberwinblichen Hort und ‚gefunden, fo win 
un jr einer ruſſtſchen ne begraben worden. Sollte aber —— 
im: Papftthume concenitirt, dieſen Kampf für der Bölfer u. für 


Er 
Hi 
H 


bie 
gerihan des Geiftes fiegreich durchfämpfen, fo mußte fie fell 
mechtichaft des Staates befreiet werben, u, fle mußte in 
gen u. Abftufungen geiftig erneuert u. befreiet, in ihrer urfprüngl! 
geiſtigen Herrlichkeit wieder hergeftellt werben, Das war ber grı 
von Gott in die Kirche, in die Weltgefchichte hineingelegt tar ; 
weil er mit reinem Gemüthe ſich feinem hohen Berufe welhte, erg 
wurde, u, den er mit beiwunderungöwürbiger Kraft dur That 
reich zur Vollendung führte. Die römifche Kirche war in Folge 
orbnungen, die bei den Papſtwahlen fattgefunden hatten, in große 
von den Kaifern gerathenz die Schuld davon trugen nicht bie Kalſer, fi 
die läffigen Wächter des Heiligthumes felbft, Aber eben darum darf 
den Borftehern der Kirche nicht verargen, wenn fle nach eher ar he 
verlorenen Freiheit firebten. Als daher nad) Clemens I. u. Damafus 
nigem Tode Bruno, Biſchof von Foul, vom Katfer zum Papfte beſtimmt wurk, 
vermochte Hildebrand, der damals Prior von Elugny war, benfelben, die Ev 
nennung des Kaifers nur ald einen Borfchlag zu betrachten u. felbft, nach alten 
Herfommen, die Wahl der römifchen Geiftlichfeit u. die Zuftimmung des Balls 
abzuwarten. Brund ward daher in Rom nach alter Sitte gewählt u, erhielt da 
Namen Leo IX. Hildebrand, der mit Bruno nad) Rom gereifet war, wurde von 
ihm zum Garbinalviafon erhoben und war yon num an bie Seele all der gro 
artigen Unternehmungen, die von der Mitle des 11. Jahrhunderts an zur Er 
neuerung ber rien Bölfer vom römifchen Stuhle ins Wert gefept wurden, 
Auf einem Gonciltum vom Rheims wurden bereits Fräftige Befcplüffe gegen die 
Simonie gefaßt, ohne daß es jedoch fo bald gelungen wäre, biefem tief gerwurzelim 
Laſter Einhalt zu thun. Nach Leo's Tode ſchlug Hildebrand, zur MWermittelung 
einer neuen Papftwahl zum Kalfer nach Deutfchland geſchickt, den vo, 
der dann, in Rom vom Klerus u, vom Bolfe formti gewählt, unter Re 
men Biktor Il. den-päpftlichen Stuhl beftieg. ALS Legat des neuen PBapfıt 
teifete Hildebrand 1055 nach Frankreich, um die zu Rheims gefaßten "Befhlüft 
gegen die Stmonte zur Ausführung zu bringen. Das Lafter war fo verbreikt 
us die weltlichen Regenten hatten fo wiel Intereffe, es zu fhügen, daß mir ein 
Geift u. eine Glaubensfraft, wie die des päpflichen Legaten, vor dem fc er 
hebenden Hinberniffen nicht zurüdchräd. Sm Gegenwart vieler verfammelten 
Biſchoͤfe fragte Hildebrand einen Erabifchof, der, der Stmonie angeflagt, fen 
Kläger mit Geld Sehochen hatte und bartn feine Schuld läugnete: Glaubt 
du, daß der heilige Geiſt gleicher Weſenheit fel-mit dem Bater u. dem Gohne! 
Auf die Antwort: „Ich glaube", der Legat forderte ihn auf zu froen: Ehre fei dem 
Bater u. dem Sohne u. dem heiligen Geiſte.“ Bet den en „u. dem bei 
ligen Geiſte“ flodte des Erzbiſchofs Stimme u., da er trop wiederholter Verſuche 
die Worte nicht zu ſprechen vermochte, fank er reuevoll zu des Legaten Fuͤſſen 
nieber und befannte feine Schuld. Die Kunde davon durchdrang erfdhüttern 
das ganze Land. Nicht weniger, ald 45 Biſchoͤfe und 27 Prälaten, legten, 
von Reue durchdrungen, freiwillig ihre Stellen nieder, und thaten Buße, 
und das Lafer der Simonie begann von dem Boben ber Kirche zu ver 
ſchwinden. Die geiflichen Stellen wurden wieder mit frommen, für ihren Beruf 
ebildeten Männern beſeht, und eine neue Blüthezeit für die, Kirche nahm ihren 
Infang. Im demfelden Jahre (1055) vermochte Hildebrand auf einer Berfamms 
lung zu Tours den Berengarius zum Widerrufe feiner Irriehre über das heilige 
Abendmahl u. brachte den König Ferdinand den Großen von Gaftilien u. Leon 
dahin, dem angemaßten Kaifertitel zu entfagen, weil von ber Kirche nur Gin 
Kaiſet anerkannt werde. Nach Bictord Tode erfolgte, nachdem Stephan IX. bald 
geflorben, Benedikt X, aber nidyt anerlannt wsorhen wuor, bermsi6 hard, Site 


— 
—— 


Greger. 


Brands Bermittelung die Wahl des frommen u. eblen biſchofs von 
AVioren; 1059, der —* dem Namen Nikolaus IL —5 u. Gehen — 


‚ mächtigen weltlichen Armes. 


A die Kirche regierte. Das Erfte, worauf der neue Bapft, in —— 
nr, 
das 


a 


ebrand, Bedacht nahm, war die Regulirung der Papfwahlen für die 3 
N dem verberblichen Einfluffe eines * u, lammenbaften Volkes, 

Re bei der Wahl Benedikt X. als unmwürdig fernerer Thellnahme an der wich⸗ 
tigſten Aingelegenheit der Ghriftenheit erwielen hatte, u. dem beberrfchenden Ein- 
finfie des Raltere eine Schranke gefeht würde. Hundert u. dreizehn "Bifchöfe, zu 
Concil im Lateran verfammelt, Reltten die Ordnung bei der Papſiwahl feſt 
legten dadurch den Grund zu der fpäter errungenen völligen Ela der Wahl 
durch das Conclave. Während nun fo die innere Kraft des apoflolifchen Gtuhles 
vertich die weorfehung demfelben zu feinem Saure audy die Hülfe eines 
e Rormannen hatten fidy in Unteritalien niederge⸗ 
laſſen, hatten die Saracenen und Griechen vertrieben und ſich, um fich in ihren 
Groberungen behaupten zu konnen, als Bafallen der römiichen e erflärt. 
Der m Ki Herzog Robert nahm Apulien u. Calabrien als Lehen des apofto- 
liſchen Stuhle® nu. gewährte den Päpften im Kalle ver Roth bie Serheifung eines 
treuen Schutzes. Bon bieſer Seite geſichert und an Macht verdoppelt, ging der 
apoſtoliſche Stuhl auf der Bahn der Reformen immer weiter. Es galt jebt, eines 
tief gewurzelten Uebels in der Kirche Meifter zu werben. Die Zeiten der Rob: 
und der Barbarei hatten audy den Klerus nicht unberührt gelafien und bie 
önfte Blüthe des chriflichen Geiſtes, den Göllbat der PBriefter, In Abnahme ges 
bradyt, Selbſt Biſchoͤfe führten ein unfeufches Leben; unter den Weltgeiftern nies 
deren Grades aber war Verheirathung öber Goncubinat an ber Sagetorbnung. 

Darunter litt natürlid die Würde des Gottesdienſtes fehr; die Geiſtlichk 
wurde verachtet und die Sitten des Bolfes, dem fonft das hohe Mufter reinen, 
ebelofen Lebens ver Briefter als ein lebendiges Bild der Tugend vorangeleuchtet 
hatte, verwilderte. — Längft fand in Hildebrands großer Seele der Plan fefl, 
die. Rrenge Zucht der erften chrilichen Jahrhunderte wieder berzuftellen und bie 
Geſetze über das chelofe Leben der Priefter zu erneuern. ber er wollte Richts 
überelln. Gr AN nie eine Sadye an, wenn fie nicht zur Wusführung reif war. 
Diefer Zeitpunkt fchien Ihm gekommen, als in Mailand, wo das Uebel befonders 
weit um fich gegriffen batte, eine Gaͤhrung des unzufriedenen Volkes gegen bie 
verhäfßmteten Ärlefler ausbrady. Unter Fräftiger Mitwirkung des frommen u. ges 
(chrte: Peter Damtant warb In Malland die Reform durchgeführt und fo für 
Grpe in einem Theile der Kirche die Strenge alter Kirchenzucht erneuert. In 
gleichem Geiſte wirkte Hildebrand umter der Regierung Alexanders I. in ſchweren, 
drangfalsnollen Zeiten für das Heil der Chriſtenheit fort. Nicht die ewigen Bars 
teiſtreitigkeiten in Italien u. ſelbſt in Rom, nicht die politifche Berwirrung Eu- 
ropa's u, die Erfchütterungen des Orients, felbit nidye die Uebermacht des auch 
unter Geiſtlichen u. Bifcyöfen wuchernden Verderbens brachen feinen Muth. Ein 
großer, klarer Gedanke Rand über all diefen endloſen Verwirrungen der Zelt u, 
wußte alle vorhandenen edleren Kräfte zu dem, * in der Ferne leuchtenden, Ziele 
zu lenken. Wie weit bei Alexanders Tode (am 22. März 1073) die Begründung 
einer befleren —— — der Dinge bereits vorangeſchritten war, erkennet man 
daran, daß In Rom bein Tode des Papſtes Alles ruhig blieb und Klerus und 
Bolt fi) nach der neuen, ımter Nikolaus II. pegrünbeien, Ordnung zur Papft- 
wahl in aller Stille verfammelten. Aber die Zeit war herangelommen, wo bie 
Borfehung ven Mann des Geiſtes u. der Kraft, der bisher in befcheldener Stel⸗ 
lung fo mädhtig auf die ganze Kirchenverwaltung eingewirft hatte, auf bie leuch⸗ 
tende Höhe der Zeit flellen u. durch ihn das begonnene Werk vollenden wollte. 
Wie einft der große ©. I, fo war audy Hildebrand der Lichling des Volles ges 
worden. Das Bolt betradytete ihn als einen vom Himmel gefandten Rettungs⸗ 
engel für die, mit den Berichten Gottes bedrohte, Welt umd faßte eine um fo 


größere Berehrung für ihn, je mehr er, jedet Anderen Ertyehuon, ο, WS. 


















986 Gregor; 


ber. — *6 Guten ſich begnügte. Daher geſchah es, daß am Bath 
tage das ganze Vol mit einem Male voll Ungeſtüm Hilbebranben zum Pay 
verlangte, Bergebens fuchte dieſer daſſelbe zu beſchwicht Alle Gardinäle u 
der ganze Klerus flimmten dem Volle bei u, an allen Seiten etſcholl der Ruf, 
Der heilige Petrus hat uns zum Herrn u, Papft ermählt den 137 
debrand, von nun an Gregorius, rang mit ſich felb im fehweren Kampfe. I 
reiner u, größer fein Gharafter- wars je großartiger-die Idee des Bapftthumes ı 
feiner Aufgabe in der Beitgefehlipie {hm vorfhwebte, um fo mehr mußte fein 
Seele zagen bei dem Gedanken, bie Berantwortlichfeit eines fo hohen Beruis 
auf feine Schultern or zu fehen. Gr hielt zurüd mit dem Empfange ie 
heil. Weihe, bis die Gutheigung des beutfchen Kallers erfolgen würde. Als Hrn 
ich IV. trog der Gegenvorftellungen vieler feiner Bifchäfe, die, in Simonie u. 
andere Lafter, verfiriett, von der Erhebung &.8 Alles für ſich fürchteten , 
die gelben: Wahl billigte, warb er am 2. Febr. 1074 geweiht. Das Ziel fein 
Wirken ftand ihm Längft Mar vorgezeichnet. Die ganze Ehriftenheit bildet rin 
Familte. Um den Kaiferthron fammeln ſich alle hriflichen Bölfer und Staaten; 
alle in fi Mich, aber durch das Gefeh gemeinfamen Wohles gebunden. Der Kal 
fer führt das Schwert zum Schirm für Gerechtigkeit u. Wahrheit. Sp, wie di 
Kirche Gottes allein Biete Idee aus ſich erzeugt hat, wie fie allein Die Geifte@kraft 
befigt / fie gu verwirflichen: fo fteht fie auch wie eine geehrte Mutter in der 
Mitte der chriftlichen Völker und firahlt das von Oben empfangene Licht in fe 
hinüber, Das Ghriftenthum, in der Kirche, der von Gott felbht ihm 
Form u. Verkörperung, verwirklicht, führt: die gefallene Menfchheit zu Br 
fimmung zurüd u, ordnet das Lehen des Einzelnen, der Gamilie, der Gemeine 
und der Staaten, Die Kirche iſt alfo die Sonne, von ber das geiflige Licht in 
die Menfchhelt ausftrahlt. Soll fie aber diefe, von Gott ihr —— 
mung erreichen, fo muß fie frei ſeyn. Ohne Breiheit Feine Entfaltung 
fligen Kraft, feine Entwidelung ihrer fitlidyen Schöne, feine Befreiung, der 
fer-u, feine Erhebung berfelben zur chriftlichen u, politiſchen Mündigfeit. Diejes 
{ft der größte Gedanke, der je die Weltgefchichte belebt hat, Der wachſtun 
Tann natürlich ihn nicht faſſen u. würdigen, Diefer Gedanke iſt auch noch nid 
ertödtet. Mit jedem Erftarfen des hrifllichen Geiftes wird er ſich wieder im den 
Vordergrund drängen u., bewußt und unbemwußt, den chriftlichen Völfern als ein 
hohes Ideal vorleuchten, bis er einmal feine Verwirklichung findet. Denn er 
ſtammt aus der Ewigleit u. die Zeit vermag ihm nicht zu vertilgen. Mit doppelter 
Kraft firebte ©,, zur höchften Würde ver Ghriftenheit erhoben, dahin, Die Grneue 
rung und geiſtige Belebung der Kirche zu vollenden, Er drang jeht, wenn gleich 
nicht ohne heftigen Kampf, ohne verzweifelten Widerſtand von allen Seiten, mit 
feiner Herftillung der Kirchenzucht in Bezug auf die Ehen der Geifilichen durd, 
As ein foldyes Ideal fittlicher Reinheit ſchwebt dem geifllichen Sinne die jung 
fräuliche Enthaltfamfeit vor. Ste iſt vom Chriflentbume fo hoch geſchätzt (vergl. 
den 4. Brief an die Korinth, 7), nicht, weil die Che ald etwas Unerlaubtes u, 
Unreines, oder weil die Materie an ſich als etwas Böfcs aehalten würde, fon 
dern weil der, dutch die Günde verberbten, Natur in der Ehe fo leicht eine Bes 
fledung u. ein Zug zum Niederen anklebt, der ein zu reinerer Liebe Gottes em 
porgegogene® Gemüth verwundet; u. weil felbR die Ehe im chriflichen Volle nur 
dann auf der Höhe ihrer fittlichen Würde erhalten werden Tann, wenn im jungs 
fräulichen Leben die Idee fittlicher Reinheit ihr verwirklicht zur Seite ſteht. Wo 
der Cdlibat aufgehoben IR, da finkt audy bie Che fofort von ihrer fittlichen 
Würde herab. Darum if die Ghriftenheit dem Papfle ©. VI. den größten Danf 
ſchuldig, daß er den Cdlibat in feiner alten Strenge u. Reinheit wieder herftellte 
und badurd) der Verwilderung der Sitten einen mächtigen Damm entgrgenfegte. 
Ueberall erhoben die verfommenen Geiſtlichen Lärm und aufrührerifches Geſchtei 
jegen die Verordnungen des Papfles; aber alle Beflen und Edelſten ſtanden zu 
m u. das chriſtliche Boll trat wmit (olcher Entictenenielt, wis (a arager Eat 


| 


Gregor, 987 


Arüftung gegen bie fittliche Verderbtheit fo vieler Diener des: Altares auf ©. 
BSeite, dap bald jeder Widerſtand gegen feine Verordnungen vergebens war, 
x Diefed muß. und eine hohe Idee erweden von ber fittlichen Kraft, die in den 
S hriftlichen Völkern Iebte, auf die vertrauend der Papſt feine großen Plane aues 
N Das Lafer der Simonie ward immer Fraftvoller befämpft, Es hatte nody 
x eine Aaepifüe in der weltlichen Belehnung der Biſchöͤfe u. Yrätaten mit Ring 
„und Stab. Diele Bifchöfe waren durch weltliche Beflgungen Lehneherren der 
Kaiſer u, Beige u, zugleich Fürften des Reiches geworden. Dafür empfingen ſie 
N Fr Kaiſer, wie bill 9 marı ihre Belehnung; aber dieſe wurde bald durch einen 
„Misbraud) auch als Belchnung mit der geiftlichen Würde betrachtet, und fo ges 
‚rieth nicht nur die Kirche in vielfache Abhängigkeit vom Staate, fondern die 
„ Disthümer u. Abtein Famen meiftens in — Hände, wurden an Höflnge 
u. Kriegöleute, vergeben u. häufig von den Fürften dem Meiftbietenden verfauf 
" Darunter aber mußte alle lirchliche und fitiliche Drbnung zu Grunde gehen. G. 
H erhob ſich ‚gegen dieſen verberblichen Mißbrauch mit um fo größerer Entſchieden⸗ 
H je größeren erftand er nicht allein vom Kalſer, fondern auch von ben 
N en europäifchen Regenten zu erwarten hatte, @elang es auch G. nich 
dieſen Kampf noch bei Ehyeten flegteich zu beendigen, fo hatte er doch die Bes 
* firebungen. des. apoftollichen Stuhles in eine. fo befimmte Bahn. hineingelenft, u. 
das Recht fand fo fehr auf feiner Seite, daß an dem endlichen Ausgange des 
| Sireltes nicht zu zweifeln war. Das Wormfer Eoncordat führte zu einer gütlichen 
! Berftländigung zwiſchen Kirche und Staat, zur Zufrledenftellung, beider Theile, 
Nichts hat ©. feine Regierung wohl ſchwerer gemacht, als — Zwiſt mit den 
weltli Fürften, namentlich mit dem deutfchen Könige Heinrich IV. As yerfüns 
licher Freund des Kalfers Heinrich II, hegie G. eine große Zuneigung zu dem 
jungen Könige u. freute ſich des Gedanfens, mit ihm in Eintradpt verbunden die 
hriftlichen Bölfer regieren: zu Fönnen. « Aber die Erziehung des. jungen Fürften, 
der von Natur mit vielen edien Gaben audgerüftet war, hatte feinen Charalter 
vererbt ; Wolluft u. Tyrannei beherrfchten fein Iaunenhaftes Gemüth u. die Böls 
ter Deutfhlands feufiten unter, feiner. tyrannifchen Willlür. Nur mit tiefem 
Scymerze ſah ©. den Fürften,; auf den er for große Hoffnungen gebauet hatte, 
fich im immer tiefere Abwege des Lafterd verwideln und allen feinen väterlichen 
Grmahnungen fein Ohr verfiliegen. Das Erfte, was. ihn zu einem offenen Auftreten 
gegen Heintich zwang, war bie Verſtoßung der rechtmäßigen Gemahlin Beriha 
dutch den Kaiſer. Aller, Sittlichfeit würde bald Hohn geiprochen worden feyn, 
wenn ‚ein ſolches Vergehen von einem Könige, ungeftraft hätte verübt werben 
bürfen. Von jeht an war ber Zwiefpalt zwiſchen dem Papfie u, Könige ein offens 
Tundiger geworden, Dazu kam, daß Heinrich ungefcheut das Lafter der Simonie 
übte, — ex. alle verbrecheriſchen u. mit dem Banne belegten Bifchöfe an feinem 
Hofe. fammelte, daß er die Fürflen des Reiches mißhandelte u. durdy Knechtung 
des freien Sacjfenvolk:8 Gährung und Aufruhr, durch alle Gauen Deutſchiands 
verbreitete, Als nun ©, mit * Drohungen: hervortrat u. auch Gerechtigleit 
für das zettretene Sachfenvolf verlangte, erklärte Heinrich, tolliühnen Ueber⸗ 
muthes voll, den Papft durch, eine zu Worms gehaltene Verſammlung von vers 
brecheriſchen und abgefepten Bifchöfen für entſeht und ließ in der Perfon Eles 
mens MI. einen Gegenpapft wählen, G. behielt feine ruhige Faſſung und ſprach 
über Heintich den Kirchenbann aus. WAusgefchloffen won der Gemeinfchaft der 
Shrifen, konnte Heinrich nicht Katfer ſeyn. Denn die hriftlichen Kaifer, von der 
Kirche zu diefer, Würde erhoben, fanden auch zu ihr im Berhältniffe. der 
Schitmpflicht u. gläubiger Treue, Heintichs Macht u. Uebermuth war gebrochen, 
Die 106 zu Tridur verfammelten Reichsfürſten erklärten ihn des Reiches für 
verlufig, falls er nicht binnen Jahresftiſt vom Banne.gelöfet wäre, und das 
anze Bol£ der Deutfchen erhob ſich zu Gunſten der. tief gefränkten Religion, 
a mußte ſich Heinrich entfchließen, durch Kirchenbuße die Befretung vom Banne 
au.erwirfen, Auf der Burg Canoſſa, der. Befiyung der Martriin Main, 


98 Gregor, 


Gegenwart vieler Großen u. Prälaten, that Heinrich Die Damals übliche Kirk 
duße u. wurde vom Banne befreit. * er dieſe Buße mit ee Sim, 
wie einſt Theodofius der Große vor Ambrofins verrichtet, fo würde 

zur Ehre gereichen; jept, wo er fie nothgedrungen, ais Mittel y 
difchen Zwecke, übernahm und bei erſter gebotener Gelegenheit alle gegebenen Bu 
rechen brach, gereicht fie ihm zur Erniedrigung u. Schmach. Da er in Die 
Itallen überall eine erbitterte —— gegen den Papft vorfand und namm 

zu 

‚e der 


i 
& 


lid) die, mit dem Lafter der Stmonie befledten, Biſchöfe 
vergaß er die gefchworenen Eide und flellte fidy an die © de 
während die deuiſchen Fürflen auf dem Tage zu Forchhein den Herzog 
von Schwaben, unter Zuftimmung des päpflichen Legaten, zum Kaifer wähle 
Deutfchland wurde eine Reihe von Jahren hindurch vom Bürgerfriege 
Indeß erhob ©. Dalmatien und Kroatien zu einem Köntgreiche und baneie m 
diefer Seite eine neue Schupmauer für die Kirche auf, In Bolen 
den inneren Frieden u. die chriſtliche Ordnung der Dinge, unterhielt mit 
mark u. den anderen nordiſchen Reichen freundfchaftliche Beriehungen Be 
in biefen Gegenden mit Kraft das Gebiet des dhriftlihen Glaubens zu 
In ranfreih trieb der König Philipp 1. das Unweſen der Simonie 7 
irgend ein anderer Fürſt. Auch er warb, fo viel Urfache G. haben = 
ihm das gute Vernehmen zu erkalten, nicht verfchont. Dem Laſter follte überd 
der Krieg angekündigt werden, „Unter allen Fürften, fchrieb der Papft dem Un 
trauten des Königs, der aus Habfucht die Kirchen verkauft u. ertehrt, 
fo fer gefündfgt u, die Unthat Höher getrieben, als Philipp. Auch ihn tra 
der Bann, und ungeachtet alles Widerſtrebens des räntevollen Franken , 
die Reformen des weſens durch, In England waltete Wilhelm der 
rer, ein Fühner, thatfräftiger Mann, zu despotifcher Willtür gegen feine Böll, 
namentlich die Sachfen, geneigt, die Kirche mit eiferner Hand regierend. Wi 
helm u. ©. achteten ſich a jeitig hoch, obwohl in Bezug auf bie Kirdyennen 
waltung große Miphelligfeit unter nen odwaltete. Nur nad) langen Mühen 
aud in England die Kirchenreform durdy. Dem fpanifchen Bolfe fuchte ©. 
unverwandte Richtung auf den Kampf mit den Ungläubigen zu geben und ſchef 
hier der Chriftenheit ein ehrenes Schwert, welches noch 500 Jahre fpäter mit 
gleicher Kraft gegen die Feinde des Glaubens gefhwungen wurde. für den 
rient endlich Pereitete er die großen Plane vor, welche — ganze Abendland 
bald darauf zum heiligen Kampfe riefen, wodurch an ven Ufern des Jordan de 
Sarazenen Macht gebrochen wurde, die ſonſt unfehlbar das entziweite Europa 
verfhlungen hätte. So überragte die Geiſtesgröße Gis das wilde Gewirte der 
Zeit und, überall ee Hinderniſſe ftoßend, von allen Seiten angefeindet, fenfte a 
mit rühriger Kraft eine Welt, In Deutſchland Hatte Heinrich wieder Uebermadt 
jewonnen und züftete ſich, nachdem ber große Gegenfaifer Rubolph nady vide 
tegen ruhmvoll gefallen, zu einem Zuge nach Seatten , um an ©. Rache m 
üben, und feinen, durdy abgefepte Biichöfe gewählten Gegenpapſt Clemens IL 
mit Gewalt auf Petri Stuhl zu fepen. dienene fand in ven oberitaliſchen 
Städten vielm Anhang u. faR in jeder Stadt Italiens war irgend eine Partei 
Ungufriedener , die jeden Augenblid bereit war, fich mit ihm zu vereinigen. 
©. fühlte «6, daß die größte und ſchwerſte Prüfung feines Lebens, die Uber den 
Beftand oder Nichtbeſtand feines Werkes enticheiden mußte, ihm bevorſtehe und 
ging, im Vertrauen auf die Gerechtigkeit u. Wahrheit feiner Sache, mit entſchloſ⸗ 
jenem Muthe ihr entgegen. „Durdy Gottes Erbarmung, fo ſchreibt er — und 
durch die Fuͤrſprache des Heiligen Petrus hoffen wir, daß der Untergang dır 
Zeinde nicht lange mehr verzögert werde u, daß bie Ruhe der Kirche, wenn ihre 
Beinde zerſtreuet u. geworfen fo, auf die alte Weiſe glorreich ſich verbreiten 
müfle.* Mit einem mächtigen Heere zog Heinrich 1081 über die Aipen, furdt- 
bare Verheerung um fi FH verbreitend. Mathildens Befigungen wurden mit 
Beuer u, Schwert verwuͤſtetz aber, obwohl kart herring, worte ir Ritterlidie 


i 


j 


f ran m 
nicht in ihrer, Treue gegen die Kirche. Florenz ‚warb nach troßiger Gegenwe 
A een Boben u — Melen u. * Ang a fein 
‚ chen Schaaren den Thoren von Rom. Judeß hielt: ©. ganz ruhig eine Kirchen⸗ 
„ verfammlung, traf Berorbnungen zur Herftellung der. enzucht in ben fern- 
ſten Ländern und erneuerte furdhtios u, mit Würde den Kirchenbann über Hein⸗ 
1 rich. „Wie unter Feigen — fo fpreibt er in diefer Zeit — Einen, um über die 
‚ Blucht mehr Schmad zu häufen, Furcht segreift, fo. entflammt, einen. Andern uns 
‚ter en, um deſto Eräftiger zu. handeln, ; defto brennender hervotzubrechen, 
N eine männliche Bruft. Wer im Kampfe um den Glauben Chriſti fich freuet uns 
u ter den Erften zu flehen, it Gott dem Sieger. der Nächfte, der Wuͤrdigſte.“ Die 
5 Römer rüfteten und Nichts vermodhten nichs verzweifelte Anftrengungen ges 
‚gen ihre, Tapferkeit. Während. einer x als zweijährigen warb 
„de8 Kaiſers Kraft gebrochen. In feinem Rüden behauptete ſich unerfdütterlich 
die Markgräfin, Mathilde, wiewohl hart — und gegen die Felſenbutg Ca⸗ 
5 noffa mit. ihren tapferen Männern vermochte Heinrichs Macht Nichts. In Deutfch- 
? Iand, wo feine Anwefenheit- unumgänglid nothwendig geweſen wäre, ſchwand 
Er mehr und mehr der Boden unter feinen Fuͤſſen. — im dritten ‚Jahre der 
N Beligerung gelang es dem Staifer, in einen Theil der Stadt einzubringen u. die 
' Römer hart zu bedrängen, Sie baten: den 3 apſt, mit dem Kaiſer Frieden 
X machen u. diefer wußte durch Geld u. * ungen feloft. die Treue eine he 
! 1e8.der Römer zu erfdpüttern. Aber ©. flellte ald Bedingung des Friedens die 
— des Kaiſers Die Mauern der —— waren fo _ftarf, wie fein 
! Stan, jährend num Heinrich mit ———— der, Römer in einen Theil der 
Stadt einzog, feinen. Gegenpapft in. der SPBeteräfirche weihen u. ſich dann freude 
trunten zum Kaiſer trönen ließ, rüdte der treue. Bafall. des PBapftes, Robert 
Guiscard der Normannenherzog, mit 36,000 Mann zum Erſahe der Engelöburg 
herbei. Da verließ der Kalfer, ohne ‚einen erg zu wagen, in fchmählichem 
Rüdzuge mit feinem Gegenpapfte Rom. u, fand in dem, indes. für ihn verloren 
jegangenen, tfchland ein; zulegt trauriges Ende, Die Römer, welche mit 
Seiten gemeinfame Sache gemacht, wurden von Guiscard hart gezüchtigt, 
u. eim großer Theil der Stadt verbrannt. Dann hielt G. eine Synode, wo 
ex die Beichlüffe gegen Heinrich -erneuerte u. frühere Verordnungen wieder ein. 
f&härfte dann begab er fi) von Rom hinweg zum Klofter Monte Gaffino u, von da 
nad Salerno, Dort fegte.er feine Sorge für die ganze Kirche fort u. fchöpfte 
für feine. eigene Seele Troft aus der Betrachtung der heiligen Schrift und aus 
der Geſchichte der Vorzeit, Aber eine überhandnehmende Schwäche Fündigte das 
Ende feines Lebens an. Als die, fein Lager umf den, Sreunde feine Thaten 
u. Leiden zühmend aufzählten, ſprach er: Ich will Feine meiner Thaten fehr rühs 
men; aber darauf vertraue-ich, daß ich. ſiets dad Recht geliebt u. die Gottlofig- 
keit gehabt habe. Als fie von ihrer verlafienen Lage 2 feinem Tode fprachen, 
breitete er gegen fie feine Arme aus und fprach mit zum Himmel erhobenem 
Blide; Se Aeige dort hinauf, und übergebe euch mit. flehentlichen Bitten dem 
gnaͤdigen Gotte, Er befreiete alle Sünder, mit Ausnahme Heinrichs und Cle— 
mens IL, vom Banne und ſprach über alle Menfchen den Segen. „Ich habe 
das Recht geliebt u. das Unrecht gehaßt, darum fierbe ich in ver Berbannungz“ 
das waren eine legten Worte, Am 25. Mat 1085 hauchte er feine große Seele 
aus, Sein weltumfafiender Gedanle hat: geftegt u. lebt noch jeht. Die Hrdhs 
liche u. politifche Freiheit. der Völker hat diefer Papft dem Despotismus roher 
Zürftengewalt aus der Hand. gewunden u. Europa von der Barbaret-einer 
renbersjchaft bewahrt, — 8). ©, VIIL, aus Benevent, erwählt im Jahre 1187, 
ließ ſich während feines, nur zwei Monate dauernden, Pontifilats die Wieder⸗ 
eroberung des heiligen Landes vor Allem angelegen feyn; er. verordnete allges 
meine Gebete u, Baften, fo, daß fämmtliche Ghriften fünf Jahre SR jeden reis 
tag, wie in der vierzigiägigen Baften, faften, am Mittwoch und, Samftag aber 
— vom. leiſche enthalten mußten; der Papſt u. die Earuinäke Karen ui sum, 


990 Gregor, 
aus⸗ 


ende die auch am Montage. Wer diefes Gebot nicht beobachtete, fol 
uldig feyn, als hätte er das vierzigtägige Faſten⸗Gebot verlegt, G VII. m 
ternahm zu feinem heiligen Zwecke audy eine —* nach Piſa, um die Piſca 
u, Genueſer mit einander auszuföhnen u. fie zu beivegen, eine Flotte gegen € 
ladin, den Köntg der Sarazenen, auszurüften. Der Papft redete mit fo ausık 
mender Weisheit, daß beide Theile anfingen, ſich zu befänftigen und einander a 
nähern; er ftarb aber, vom Fieber ergriffen, fo ſchnell, daß er dieſes Heilige 
nicht vollenden konnte, — 9) ©. IX., aus der Kamille Conti, geboren zu 
nla u, ermählt im Jahre 1227, war ſchon 80 Jahre alt, als er auf ben 
Uchen Stuhl gelangte. Er Beiop alle, zu einer fo erbabenen Würde ice, 
Eigenfchaften und war ein eifiger Beförberer alled Guten. Bet der Krönm 
diefes Papſtes zeigte ih ein Prachtaufwand, tie er bisher noch nie war ge 
fehen worden. Bor Allem drang ®. in den Kalfer Ftiedrich U, feinem Bere 
hen gemäß den Kreuzzug anzutreten; der Kalfer that diefes am 15. Ang. 12%, 
tehrte aber ſchon nad 3 Tagen — wegen Krankheit — zurück, twoburd dus 
‚ange Unternehmen vereitelt ward. Im Schmerze darüber ſprach ©. IX. in 
Jann über den Kalfer und fchrieb, als dieſer 1228 im Banne den Zug anirıt, 
den Patriarchen, Templern und Zohannitern, mit dem Kalfer in Feine Gemehs 
ſchaft zu treten. Durch einen Vertrag mit dem Sultan Kamel von U 
wurde in einem zehnjährigen Maffenfilftande das Königreich Jeruſalem fo —* 
EN bergen: Der Kater hielt (17. März 1229) feinen Einzug u. fepte fh 
ft die. Krone auf. Nach feiner Rückkehr wurde zu St, Germanco feine Ber 
Öhnung mit dem Papfte eingeleitet, unter der Bebingung: dem Lirtheile det 
japfted in Betreff des Banned zu unterwerfen, das ber römtfchen ae 
nommene herauszugeben, die verbannten Bifchöfe zu refiituiren, Die Rechte 
römifchen Kirche u, der Kirchen In Sijllien unverlegt zu erhalten. Da der Hub 
fer bie, von dem Papfte getroffene, Bermittelung zwiſchen ihm und den fombarbis 
‚en Städten nicht annahm und noch dazu feinem natürlichen Sohne Enzio 
arbinten als Königreich gab, fra der Papft (20. März 1239) von Neuen 
den Bann über ihm u, entband die Unterthanen vom Eide der Treue. Der Hab 
fer wollte die Rechtmäßigkeit der Cenſur nicht anerkennen u. fand im feinem Kany 
ler Peter de Bineis einen beredten Bertheidiger, Die, vom Kalfer u. Papfie es 
Iaffenen, Schriften machten den Riß noch ärger; 1240 drang er in dem Kirchen 
ftaat, unterwarf fid) die bedeutenderen Städte, plünderte Kirdyen u. Klöfter und 
bebrängte Rom. Ju dieſer Bedrängniß ſchrieb ©. (1241) eine allgemeine Ey 
node nad Rom aus. Aber Enzio nahm die genueflfhen Schiffe, auf denen 
fid) die nach Rom eilenden Prälaten befanden, hinweg. Diele wurden getödtel, 
viele verſchmachteten in den G:fängnifien von Neapel. ©. grämte fich darüber 
un. u. ftarb 21. Auguft 1241, nachdem er die Kirche 114 Jahre vermalte 


jatte. — Dem Papſte ©. IX. eröffnete ſich eine fehr ermünfchte Gelegenheit zur 
lledervereinigung der Griechen mit den Lateinern, welche von 5 Branciscanem 
durch ihre @efpräcdhe mit dem —8 Patriarchen German us, der ſe 
nad) ihrer Entlaſſung aus der Türken: Gefangenſchaft fehr gut Aufgenommen u 
ſich durch ihren —— u. durch ihre Armuth fehr erbaut hatte, herbeigeführt wer 
den war. G. ſchrieb an den Papſt u. an die Eardinäle, machte en Thellm 
tn feinen Briefen zwar bittere Bormürfe, doch befannte er: daß der Bapft ben Pri⸗ 
mat des apoftollihen Stuhles beflge, bat ihn, ihn günſtig anzuhören u. machte 
den Borfchlag: in einer Sache, wo beide Theile recht zu haben glaubten, die 
heilige Schrifi u. die Schriften der heiligen Väter zu Rathe zu ziehen. Der Bapk 
f&idte hierauf vier Ordens Männer, zwei Dominitaner und zwei Franciscanct, 
mit einem Gchreiben an den Patriarchen, von welchem, wie auch vom griechi⸗ 
fe Kaiſer Johannes Bataces, weldyer, da Konflantinopel von den Laieinern 
fest war, zu Ricäa feinen Sig genommen hatte, fie recht günflig aufgenom- 
men wurden. Es fam zu Unterrebungen, weldye, nad) Angabe der Griechen über 
die zwei Urſachen der Trenmang, oh and Yuskte veikaratı Soon alten Bon 


GSreger. 


— des heiligen Geiſtes u. vom Abendmahle. Die Griechen erkannten, 
aß die Lateiner über die Dreieinigkeit mit ihnen den nämlichen Glauben hätten, 
agten aber über den dem Glaubensbefenntniffe gemachten Zufat »Filioques 
u. vom Sohne.“ Die päpfllichden Runtien gaben zu erkennen, daß dieſes Wort 
in Zufah, fondern nur eine Erklärung wäre, und bewiefen aus der heiligen 
Schrift u. aus den griechiſchen Bätern, daß der heilige Geil von dem Sohne, 
te von dem Vater ausgehe. Die Griechen fahen ſich in die Enge geirichen ı. 
tagten es nicht mehr, die Lateiner eines Irrthumes über den —— des hei⸗ 
gen Geiſtes zu beſchuldigen; beklagten ſich jedoch über den Zufap im Glaubens⸗ 
efenniniffe, worauf aber die Lateiner antworteten: „E6 if den Lateinern erlaubt, 
as fie glauben, auch äffentlicy zu bekennen un. zu fingen.” Zur Unterredung über 
as heilige Abendmahl wurden die Nuntien, welche ſich nach Konſtantinopel bes 
eben hatten; nach Rasfarie, einem Landhauſe des Kaiſers Batacıd, eingeladen. 
on Laskaris begaben fie Ach nad Nymphia, wo fidy die Griechen zu einem 
oncilium verfammelt hatten. Die Griechen fuchten nur zu neden und zu vers 
teren, wollten daher die Unterrebung von vorne anfangen u. machten über ba, 
‚a8 zu Konftantimopel vorgegangen, hihzige Borwürfe. Die Rumtten mollten da 
aber entfernen, blieben aber doch auf vie Sufprade des Katfere, Die Griechen 
ıgten: die Lateiner könnten tm ungefäuerten MBrode gar nicht confecriren. Die 
tuntien hielten diefe Erflärung für eine wahrhafte Ketzerei u, wollten ſich aber- 
als entfernen. DerKaifer ſuchte fie zu beruhigen u. fagte: Wenn Könige oder 
ürfen über einen Plat oder über eine Provinz Areiten, fo laſſe gewöhnlich jes 
er Etwas von feiner Forderung nad, um um Frieden zu gelangen. Er meinte, 
a8 follten audy die beiden Kirchen tbun., Es handele fidy über zwei ragen, 
vom Auegange des heiligen Geile u. vom Abendmahle;“ wollten fie Frieden, 
> follten fie über eine von beiden ragen binmengehen. Allein die beſtimmte 
Itlärung der päpfligen Runtien, daß die römiſche Kirche von dem, was ihr 
Zlaubendbelenntnig auswräde, fein Jota binwegnehmen würbe, madhte die beabs 
htigte Vereinbarung unausführbar. — 10) ©. X, der Selige, aus der as 
lie Biscontt, aus Piacenza, wurde erwählt 1271 u. verwaltete die Kirche 
was über 4 Jahre. Nachdem nach dem Tode Glemend IV. der heilige Stuhl 
aſt 3 Jahre unbeſetzt geblieben war, überließen bie 13 Barbinäle ſechs aus ihnen 
ie Wahl, welche Theobald von Piacenza, der Erzdiakon von Lüttidy war, zum 
Japfte wählten. Theobald befand ſich zu Accon, als er die Radyricdht von ſei⸗ 
er Erhebung bekam. Die Chriſten im heiligen Lande hatten außerorbentliche 
reude über diefe Radyricht, weil fie fehr Vieles vom neuen Papſte in ihrer bes 
rängten Lage hofften. Möchte der fromme Papf fo flarfe Kräfte ale Willen 
ehabt haben! Theobald, der fih nun G. X, nannte, war zu Biterbo, wo der 
äpftliche Hof war, kaum angefommen, als er, ohne auszuruhen, acht Tage 
ınge einzig daran arbeitete, dem heiligen Lande, das er in dem beweinenswärs 
igften Zuſtande verlafien hatte, eilend® zu Häülfe & kommen. Den 27. Maͤrz 1272 
yurde er zu Rom geweiht. 1274 verſammelte G. X, den vierzehnten allge⸗ 
veinen Kirchenrath nach Lyon, wobei 500 Bifchöfe, 70 Aebte und 1000 andere 
Jeiſtliche fi) einfanden. Den Gegenftand der Verhandlungen bildeten bie 
zeſtimmmgen dann über bie Art der Fünftigen Papſt⸗Wahlen; der Beiſtand für 
ad heilige Land, die Wiedervereinigung der Griechen und die allgemeine Sitten⸗ 
3erbefierung. — echt widhtig war um diefe Zeit auch das Ereigniß, daß Deutſch⸗ 
ınd, welchem es feit vielen Jahren an einem Oberhaupte fehlte, an Rubolyh 
on Habsburg einen Kaiſer erhielt, welcher dem Papſte fehr angenehm war; 
enn die Zwiſe zwiſchen Papft und Kaifer hatten bieher viele üble Folge haben 
rüffen, hörten aber nun glüdtid auf. — Nachdem G. X. die Hinderniffe, den 
enrängten Chriſten im Morgenlande zu Hülfe zu kommen, beflegt hatte, wollte er 
{RR den Kreuzzug mitmachen und fein Leben im heiligen Lande befchließen, farb 
ber ſchon früher. — Eine Hauptangelegenhelt war ihm noch, die Buelfen und 
hibellinen zu vereinigen, um feinen Blau au einem Rear We ns 


Gregeor. 


u Können; er machte daher verſchiedene Reifen; benuen 
den; denn zu Areno wurde er krank und ſiarb den 10. 
6. "Ron erzählt von ihm, während er durch das excommumicitte 
zeifen müflen, habe er die Ercommunication au aehoben, fogk 
neuert, febalt er durchgezogen war. Andenken ehrt 
— 11) ©. XL, Roger, ein Neffe Clemens — geboren 
Schloſſe in der Dideefe von Lmoged, murbe erwählt im 
waltete die Kirdye etwas über 7 7 Sabre. ®. hatte einen 
liebte die Wiſſenſchaften ; vorzüglich war dus Tanonifde u bang bür, 
dium. Bon ben wichtlgften Orün! ründen a — einem 
— er, was auch der König von Br: —A 
te, den paäpſtlichen ei, nachdem er über 70 ahre 
tte, wieder nady Rom. Die heilige Katharina 
ni Bifem Gntfchluffe beigetragen. ©. XI. erließ ee Berorbnun; 
alle Batriarchen, Erzbifcöfe, . Ban Rieden un Klofter-Bo: 
zu ihren Sihen begeben und bleiben mußten, die vielen, zu fein 
enden, Selten gehörten audy bie Suslupian Ober Beguarden 
Re und andern Reichög: eaenben, eine Art a he waren, alle 
t Hatten und lehrten fe über Ricdhts — ſie die 
N 
wel um e Un m en, 
Menſchheit beotohenben, Untpefen au fleue ke hbung De Giger vr en ee 
en durch Henfershand ind Feuer geworfen; Johanna von 
I a na mg — verbrannt. — uch Sitlef TE 38 


Kart 
u 
TaEhr 


Hi 
I" 


4 


gr 
fr 


F3 
u 
i 


E 
x 


Per 


ren 
B 


wahre Lehre an und veriheidigte a a 
„le Kiı Ha und —* hi 
te —— weltliche —e ft na * an —2 Staudẽ 
der Sünde, ihrer Herrfe te verl Kin 


Maregel Foo Umgrelfn der von Ft 
Em kan m — ——— —— von Perf, en gen Ru 
tigteit Richar! erg Winkate ame Map Bayk ©. — je 


Fe ——— wrechuchtellen feines Körpers un or. feinen 
e al en ebrechlie en ein 

Tode un dem biedurdy vereitelten Plane, nach Avignon yurüdzı —e —— made 
a, zur Berhütung aller vorhergefehenen Unorbnungen u. Bermi J 
fügung: daß nad feinem Se ſogleich zur Wahl eines neuen "Day grüne 


werben und, ohne dad Zufammentrefien von zwei Dritttheilen 
guwarten, bie —& den folle. -- 12) ©. Al, Cortal en abe 


done, n wurde erwählt im Jahre 1406. Nach Meinung Derjenigen, welche glaw 
Papſtthun habe "3 in der 15. Sihung des Couciliums zu Pifa ge 
endigt, ya dasfelbe 24 Jahre; nady Meinung Derer aber, weiche * «6 hinaus 


bi6 an das Ende der 14. Sigung des Gonciliums von Gonfang, au 

ag ©. feetid, abdantte, Yauene' 858 Jahre un 7 Monate.“ Whe & 

gewählt ward, wurde bie Bedingniß für den künftigen Papf ‚gemacht, daß er 
zeit fen müffe, die paͤpſtliche Kone gieberzulegen, wenn dadurch der ©: 

din Ende Ende gemadı werden Fönnte. Auch der Gegenpapſt Vetrus de Luna, 

& —— K XII. a u im —— an die — ©& 

lemens ne war, Me ats 

, hielt aber nicht Die Garbinäle a fig Et 

ja, feßten bie beiden Bäpfıe, die Bing freiwillig abdanten wollten, ab, 

jene V. und, nach defien Tode, Johannes a Berwirrung wurde 

ößer, da aud) ©. XIL. und Benedict XIN. fi) in der yäpklichen Würde 

7 — — ſuchten. Auf der Kicchen-Berfammlung zu Routen «© jagte jchoh 

Se wilie Johannes und Benedilt aber wurden ihrer Würden A| 

und ein neuer Payſt, Martin V., erwählt, Johannes 


Er 


Hi a 


endlich. auch; aber Petrus de Luna als Benedikt: XII. beharrte bis zu feinem 
1424. Nach dem Tode Benebicis. XL, erwählten die ihm an- 
hangenden Garbinäle abermals gegen den rechtmäßigen Papft Martin V. einen 
Begenpapft, Clemens VIIL, der aber im Jahre 1429 ſich unterwarf u. Martin V, 
anerkannte. Somit hatte dad große Schiema, welches fo. ‚großes Nergerniß ger 
und fo viel Uebles t hatte, ein völliges Ende. G. XI hatte nach 
jeiner Abdankung feinen ‚vi Namen Angelus wieder angenommen und ftarb, 
gar 92 Jahre alt, im Jahre 1417. — 13) ©, XUL,,Boncompagni, von 
logna, ‚erwählt im Jahre 1572, verwaltete die Kirche nur einen Monat wer 
niger als 42 Jahre; er war einer ver. gefchidteften Rechtsgelehrten feiner. Zeit 
und hatte als fol dem Concilium von Trient beigewohnt. Einerſeits dem Um 
greifen der Keperei Einhalt zu thun, fuchte er die Ligue in Frankreich zu unter: 
‚en; andererſeits wollte er den großen Berheerungen der Türken einen Damm 
jepen; daher er an alle europätfchen Höfe Legaten. ſchidte, um die Fürften wider 
die Türken zu vereinigen und einzelne fehr reichliche Unter gen dafür fließen 
lleß. Einen fehr tigen Dienft aber leiftete-er der ganzen Welt durch die Ber- 
beſſerung des Kalenders, welcher nach ihm der Oregorianifche heißt (vgl, Ka⸗ 
lender); — Für die Maroniten errichtete ©,-XIl. zu Rom ein befonderes Col⸗ 
in welchem junge Maroniten in den Wiffenfchaften unterrichtet und bes 
t wurden, ihren. Pattlarchen und Bifchöfen zu dienen. Außerdem gründete 
er noch die Gollegien-für katholiſche Irländer, für befehrte Juden, für Griechen, 
die römifche Gugend und für. Deutfche (Collegium Germanicum). Den erften 
lan für htung des deutfchen Gollegiums entwarf der heilige ‚Ignatius; 
durch die Earvinäle Morone und Cervinus (Marcellus IL) wurde Papft Zulius IL. 
dafür. ame und gan mit den Cardinaͤlen bedeutende Summen, dafür her, 
Das tum kam bald in Flor; aber die ſteigende Zahl det Zöglinge und 
die — ſtiglelt, die, unter Paul, IV. bagegen —5 — brachten 28. ſehr 
‚ab An ©. X. fand es erft feinen zweiten Stifter; Eaniftus (f. d.) hatte 
die Bedeutung und den, Nuten deöfelben dargelegt. Er ſehte die Zahl der 
Zöglinge auf 100 und bie jährlichen Einkünfte auf 10,000 Zechinen feh, und 
widmete fich felbft vielfeitig der Sorge das. Collegium, — Auch dem Profeß⸗ 
hauſe der Jeſuiten machte ©, nfehnt! che Geſchenke; er kaufte Häufer, ſchloß 
Straßen, widmete. Einfünfte, um dem Gollegtum feine beutige Geftalt zu geben. 
Es war: auf 20 5 und 360 Zellen Mr die Stubdirenden berechnet; man 
abte 1550 Die 2alhrige Aehfeit A Ihrem Gibe nah, 10 (ri ©, KU 
jahre le e ge rem e nahte, ſo fohr . 
24. Des, 1574 ein Fe aus, Damals ließ ©. auch den heiligen Carolus 
Borromäns (f.d.), welchen fein Ohelm, Papft Pius IV., zum Gardinal ernannt 
und der ſich all ſchon fo berühmt gemacht hatte, na om kommen. Karl 
trat die, Reife won Mailand im December als büßender Pilger an, faftete immer 
und unterhielt fi) nur mit @ott im Gebete und in Betrachtungen. — G., der eine 
bereits unter feinen Vorgängern eingeleitete verbefierte Ausgabe des Corpus juris 
canoniei befannt machen ließ und die Nuntiatur in der Schweiz gegrinnet hatte, 
wurde noch vor feinem Tode, der den 16. April 1584 in feinem 84. Lebensjahre 
erfolgte, das Vergnügen zu Theil, eine Geſandiſchaft chriftlicher Prinzen aus 
Japan zu fehen und fidy erzählen zu laſſen, welche Fortichritte das Evangelium 
in biefen entfernten Infel-Ländern durch dad Bemühen chriſtlicher Mifftonäre, bes 
fonders der Jefuiten, gemacht habe. Mer die Geſchichte von Japan liest, ſteht 
ſich in die erften Zeiten des Chriſtenthums verfegt, fowohl was den Eifer der 
chriſtlichen Japanefen betrifft, als ihren Muth zur Zeit der ſchredclichſten Ber- 
folgung, die nur dann aufhörte, als fein Ehriftenblut mehr übrig war, welches 
hätte fließen fönnen. — 14) ©, XIV., Sfondrati, ein Mailänder, wurde 
erwählt im Jahre 1590 und verwaltete die Kirche nicht ein volles Jahr. Auch 
diefer Papft wohnte früher als Biſchof dem Concilium von Trient bei, wo 
ex behauptete, bie Bifchöfe nach gðtilichem Redyte vergiiäget ia en UNS 
Wealencpciopäte. IV. Vð 


es 


BEULEN  SEENS2PSSnBBEIDEDNBBUT_UULUNEIERE 


Sem um 


994 Gregor, 


Slhe zu wohnen, oder, wie man zu fagen pflegt, Reflvenz zu Halten. Gr wa 
Seen Hirt Pflichten Außerft gewifenhaft, faftete al bie 

Tas täglich die h. Mefie, betete feine Horen far immer auf Knien u, 
mete täglich eine genifie jelt der Leſung des heiligen Bernhard (f. d. I 
Frantreich fah es damals Übel aus, da e8 fir drei SBartelen geibeilt war, in % 
der Königlichen, der Liguiften und der Galviniften, an deren Spipe ber 

von Navarra fand, welcher als Heinrich IV, in der franzöffchen Gefchigt 
berühmt if. Al G. XIV. auf den päpftlichen Thron erhoben war, ſchlug er fa 
auf die Partei der Ligue, verfprach, fie mit Geld und en zu unterftügee; 
Dagegen ercommunteirte er Heinrich IV. von Neuem, erflärte ihn, da fra 
einen Tatholifchen König haben müffe, der Krone für verluflig und entband jean 
Unterthanen des Eids der Treue, was in — ar von den, bem 
treuen, Katholifen nicht gebilligt ward, G. XIV. flarb den 15. Detober 1 
— 15) ©. XV., Ludovifi, von Bologna, erwählt 1624, verwaltete bie Kirk 
24 Jahre und — unter die ausgezeichnetften Päpfte. Den wereingelnten 
fiondbeftrebungen in der Fatholifchen Kirche gab ©. XV, einen Mittelpunkt durch d 
Gründung der Congregatio de propaganda fide. Cr befttimmte durch eine, am? 
Zuni 1622 ausgefertigte Bulle, dap eine Anzahl von Garbinälen, mit Zuplebun 
einiger Präfaten und eines Serretäre, welche alle der Papſt ernannte, eine &w 
regation bilden und ſich monatlich einmal beim Papfte, und zweimal wen 

m Haufe des Welteften der Gardinäle verfammeln und über die As m 
der Miffionen berathen ſollten. Wichtige Fälle follten am —— j 
die andern dürften fie ſelbſt entſcheiden, die Aufficht über alle Mifftonen 
diefelben fenden und abberufen. G. wies die erften Gelder am, ba bie 
einem Lange gefühlten Bevürfnig emtfprach, und beftimmte bie 500 Dufaten, ie 
beim Ableben eines Garbinals zu zahlen waren, für die Propaganda. Sein Kid 
foiger Urban VII, vermehrte die Privilegien und Cinfünfte ver Eongregatton m 
verband damit: 1627 ein großes Gebäude, das Collegium de propaganda fd 
das zu einem Seminar für Mifttonäre beflimmt wurde. Bei der Grün 
des Gollegiums fanden fi) nur 10 Pläge darin; 1637 Famen durch den Gar 
nal Anton Barberint noch 12, dann noch mehre hinzu; das Collegium, welde 
Zinglinge aus allen Nationen in fich fchloß, fand unter einem Rektor und de 
Zöglinge wurden eidlich verpflichtet, wohin man fie fhiden würde, als Miſſtonin 
zu gehen. 1641 wurde das Collegium gänzlich unter die Gongregation gehdt 
und eine Buchdruderei damit verbunden, Auch nahm G. den Stifter der Grid 
fhaft Jeſu, Ignatius Loyola u, den Apoftel von Indien u. Japan, Eranı 
Xaver, im die Zahl der Heiligen auf. Nach Deutſchland an den Hof des Ku 
fers fandte ©. zur Vertretung der Fatholifchen Interefien den Nuntius Karl Cs 
raffa, von deſſen Eugen und kräftigen Maßregeln feine binterlaffenen Relationa 
Zeugniß geben. Nach der Einnahme Heivelbergs durch Tilly erhielt G. nachden 
er vorher fchon den Herzog Marimilian von Bayern darum erfucht hatte, dir 
berühmte Heidelberger Bibliothek zum Gefchenfe. Etſt nady der Reftauratim 
Pius VII. wurde ein Theil davon zurüdgegeben. — ©. hatte, ſovlel als möglit, 
um Ueberfluß zu haben, Getreide nad Rom kommen laffen; er wollte Bata 
ber Armen fan; mar fah th öfterd den Kranken beiftchen. Wer wünfchte nidi, 
ein fo würbiger Papft möchte lange regiert haben? allein die göttliche Bor 
fe ung hatte es anders befchloffen. Ce farb ſchon den 4. Zuli 1623. — 
16) ©. XVL, ein würbiger Träger eines fo großen Namens. Sein Pontis 
filat iſt eines ber größten und herrlichſten ber Kirchengefdjlchte geworden um 
bat ber, felt der fogenannten Reformation für die Kirche ungünfligen, Strömung 
der Zeit einen Umfchmwung zu Gunften der Fatholifdyen & e gegeben. De 
Anfang von G.s Regierung war Außerft ſchwierlg. Der Geiſt eines erfchlaffenden 
Unglaubene lag noch auf Europa und noch nicht Fonnte der, in vielen Einzelnen 
wiebererwadhte, frifcyere Glaube die Schranken durchbrechen, bie eine feindliche 
Zeit überall der Kircdye gelegt Kate, Be Mrartunaune, SB em hama 


\ Gregor. 
ı nen Sammelplatze des Unglaubens und kirchlicher Farbloſigkeit, ſchienen die Vol⸗ 
ker Europa's gefallen zu wollen und auf dieſer Geite glaubte man wirklich, daß 
Die Erbſchaft der Kirche dem Unglauben anheimfallen würde. Im Frantreich 
war nirgends eigentliche religtöfe Erhebung fihhtbar ; auf der pyrenätfchen Halb» 
inſel und in Italien brũtete ein finfterer Revolutionggeift, durch framdſiſche Fri- 
volitãt genährt, und drohte die noch beſtehende Hirehliehe und politifche Ordnung 
i du flürgen. » In Oeſterreich rang ein befferer erwachter Funke Eirchlichen Lebens 
„ mit ben Reften Sofephinifcher Befchränftheit und Engber; fgfeit; in ver Schweiz 
N führte ſelbſt in den Fatholifchen Gantonen der ſchalfte Ratlonatiemus das Ruder; 
ı Dayern hatte feine Geſchichie und feine nationale Aufgabe vergefien und diente, 
„ Yon den: Proteſtanten gelobhubelt, dem norddeutſchen Snterefie. In den übrigen 
N Theilen Deutfchlands dis es wo möglich noch jhledhter aus, und überall war 
av auf. Kirchliche Gebiete Muthlofigkeit und Niedergefchlagenhett wahrzunehmen, 
N Dabei bot der Blid auf die politiichen Verhältniffe eben jo wenig Trof. Ganz 
y Gutopa tar getheilt gwiſchen ziel unverföhnten Ertremen. Zügellofer Liberalie- 

ft mus und abfolute Staatsgewalt Fämpften auf Tod umd Leben mit einander und , 
es ragte keine höhere geithge Macht in diefes wilde Gewirre hinein, die gewal- 
ı tig genug gewefen wäre, verföhnend zwiſchen die Fämpfenden Elemente zu: treten 
t und beiden ihrengebührende Stelle, belden die bindende Schranke anzumelfen. 
„Det Steg ver Freiheit wird die ar er ftürgen ,*' das war die Mei⸗ 
! mung, ‚bie in der ganzen Maſſe der nur bis auf die Oberflädhe ienden Mens 
ie fidy geltend machte, die überall au efprocen wurde, Andererſeits hatte 
' bei den Inhabern der Staatögewalten jelbft die Meinung feftgefeht, daß nur 
ducdh, * bewaffneten Arm die ze gehalten und vor der Mißhandelung 
durch die ihr entfremdeten Voͤller bewahrt werben Tönne, Großmüthig game 
daher die Fürften zu handeln, daß fle die Kirche in ihrem äußeren Beftande 
fe iemten; Aber diefen Schuß ließen ſich theüer bezahlen. Die Kirche war 
allı zur Dienerin. des: Staates herabgewürbigt und ihr in Branfreih, Spa⸗ 
nien, Deſterreich, —* und anderswo jede freie Lebensbewegung abgeſchnitien, 
oder elendiglich verkümmert, In den proteſtantiſchen und ſchiomatiſchen Staa⸗ 
ten forderte man für dieſen Schutßz einen noch viel höheren Lohn, indem bie über⸗ 
maͤchtige Stellung der Staatogewait gu Gunſten der Irriehre oder des Schis⸗ 
ma's ausgebeutet wurde. Die Niederlande, Preußen und Rußland gingen hierin 
den anderen Staaten mit dem Beifpiele voran.‘ In der Meinung der BVölfer 
aber war der allgemein geglaubte Bund der Kirche mit der abſoluien ka 
ſchen Staatsgewalt der — Sache überaus nachtheilig. Daß ein ſolches 
unnatürliches, jedes höhere Band entbehrende, Verhaͤltniß der europätfchen Soele⸗ 
tät nicht dauein konnte, war vorausjuſehen. Der Proteſtantienius hatte feine 
Höhe erreicht, Gab es wirklich eine göttliche — der Weltgefchichte, 
fo mußte der, auf den Prinzipien des Hsfate von der Kirche sufgeühe, Bau 
aufammenbredjen und der Staat, der ohne Gott fertig werben zu Fonnen glaubte, 
mußte eben da, wo er fidh in feiner eigenen lichkeit [pieseike, feine ſchmach⸗ 
volle Blöße und Haltlofigkeit erbliden. Die Julirevolution ftürzte in 3 Tagen 
in ganz Sranfreich die alte Ordnung, und die ‚fieberhafte Bewegung im ganz 
Europa zeigte bald, daß ber Boden viel weiter unterwühlt ſei, als zur Zeit ber 
erften revolutionären Beivegung in Frankreich. Auch Italien wurde erfcyüttert, 
und der Tod des PBapfles Bir VII. war eine Urfadye mit, warum gerade im 
Kirchenſtaate die Bewegung zuerſt Auebruche lam. Gerade zu der 
abo und bie e ie pörung, von 

eit erhoben die Legationen und die Mark die Fahne der Empörung, ale 
om aus bie Rudi! einer neuen Papfwahl erfchol. Der Erwählte hieß 
Mauro Eapellari und nahm bei feiner Erhebung (den 2. Febr. 1831) den ber 
deutungsvollen Ramen ®. an. Er war geboren den 18. tember 1765 zu 
Belluno in Oberitalien und Fin it feinem Taufnamen Bartolommeo. Geine 
Eltern waren: — Battika umd Julia Ceſa, und gehörten dem Adel am; 
Gin fiommer Elan und immige Liche an.den WARrakhotun N 


906 Gregor. 


gen Juͤngling in das Klofter St. Michael Hi Murano auf einer 
bei Venedig, two er, dem Kamulbulenferorden einverleidt, Me 
belt und nad) vollendetem 22. Lebensjahre zum ‘Briefler geweiht wuirbe. - 
30 Jahre alt, kam er in Gefchäften feines Ordens nad om, we 
Zeit blieb und fein berühmtes Werf Il triomfo della santa Sede. 
esfchien 4799 zuerft im Drude und wurde fpäter in fa alle eurapiif 
chen uͤberſetzt. Still und befcheiden war fein Wirken, dem Gtublum und 
Gebete fein Leben geweiht; am heiligſten Altarsſakramente entzünbete ſich 
Flamme der Liebe, die fpäter feine ganze Perfönlichkeit durchleuchtete. Im 
1805 Abt des Kloflerd auf dem cöllichen Berge, dann Generalprokurator 
ganzen Ordens, warb er am 21. März 1825 vom ‘Bapfle Leo 
nalswürde erhoben. Unter Pius VNL war er Vorſteher der Prop 
entwidelte als folcher bereits feine großen, ‚weltumfaflenden Plane 
ale Papſft zur Aueführung brachte. Nach Pins VI. ſchnell 
ward er nach 50tägigem Conclave in ſturmbewegter Zeit, wider 
warten, zum PBapfle erwäblt und am 6. Februar i83{ 
Sein Anblick erfüllte die Römer mit hoher t, und 
Regierung bat G. zu den Römern in dem Berh e eines 
Freiwillig bewaffnete fidh das treue Volk zum Schutze ber 
lang dem Papfte durch eigene Kraft, das Hinüberbringen der, 
Emiffäre genährten, Revolution über die Apenninen zu ver 
oſterreichiſches Hülföcorpe die Bewegung in ver Mark 
daͤmpfte. Eine neue rung 41832 hatte eine abermalige 
reichs und bie unerwünfchte Belebung Ancona's ‘ die Franzoſen € 
1832) zur Folge. G.s Streben ging vom Anfange ſeiner g dahin, 
Innern des Landes felbft fo viele Kraft zu gewinnen und mit fo machtreler 
Hand den Zügel der Regierung zu halten, daß er der Hülfe des Auſslandes ext 
behren und eine politifcdye Wiedergeburt feiner Staaten und Italiens bervorrufa 
konnte. Mit welcher Conſequenz er diefen Riefengenanfen anegeführt und 
Hinderniſſe er mit feltener Seelengröße überwunden, darüber wirb am Schluſſe 
diefer kurzen Lebensbeſchreibung die Rede ſeyn. Nicht nur waren, tote in allen 
andern europätfchen Staaten, viele Mißbräuche in allen Zweigen der Berwaltung 
eingerifien und viele Schäden, durch lange Gewohnheit tief eingewurgelt, 
nen faft unheilbar, ſondern bie Ormütber der italifchen Voller Hatten aud m 
viel von der Zuverfidht und Kraft, die eine Frucht einer ahtunggebistenben GStel⸗ 
lung nach Auſſen find, verloren. Sie hatten zu ſich ſelbſt kein Bertrauen, over 
wurden mit dem Muthe der Verzweifelung zu abeniheuerlichen Binnen zur Wie 
derherftellung einer allgemeinen italienifchen Republit nady ganz heidniſcher Idee 
getrieben. ©. fah ein, daß nur eine Erhebung des Papfithums und die Wie 
dervereinigung einer gebührenden Stellung der Kirdye zu dem politiſchen Leben 
der Bölfer dem italienifchen Geiſte ein hohes Selbfigefühl und trauen gu be 
eigenen und fittlichen Kraft wiedergeben könne. Wer glaubt, ©. babe ſich ſyſte⸗ 
matiſch enge an die europätfchen Kegterungen angelehnt und jede Entwidelung 
der freien Volkokraft gefürchtet, der hat den Geiſt feiner Regierung auch nicht im 
Entfernteften begriffen und denfelben nur nach dem Maße vorgefaßter Meinung 
emeflen. Die G.e haben immer durch die Völker die Welt dt, und der 
—*2X G. bat dieſe große Kunſt feiner Vorgänger ſehr wohl gefaßt. Das 
Sahr 1830, welches fo vielen Regierungen Europa’® Unheil drohte, war auch 
„der Kirche von allen Seiten als ein Jahr großen Abfalls angekündigt. Die 
Sache zeigte fi) aber ganz anders, als man erwartet hatte In Frankreich 
hörte die katholiſche Religion auf, Staatereligion zu ſeyn; aber eben damit fing 
fie wieder an, Religion des Volkes zu werden. De Lamennais begeiflerted Wori 
rief Die zagenden Herzen zu neuer Hoffnung auf und ermedte ber Religion viele 
Bewunderer und Freunde. Leider wurde dieſer herrliche Geiſt, durch gallikaniſche 
Pr agherzigkeit mißhanvelt, u. durch (einen eigenen Stolz verbiendet, auf —* ge⸗ 


ih 
fasleife 


FL 
ie} 
erfutz 





nu, 
Eh 


> 
P 






5 






j 


2 


i 


& 


? 








- ö ’ ns 


rege, 097 


ſchleudett, von denen @,8 wäterliche Ermahnungen ihn nicht mehr zurüczurufen 
vermochten, Statt eines Bundes der Kirche mit der Freiheit, fing er an, einen 
Bund der Kirche: mit der Revolution zu prebigen und ging fo elend zu Grunde, 
Mit ſchwerem Herzen verdammte G. d ein Breve vom 15, Auguft 1832 die 
Schriften de Lamennais, wodurch diefer, von ganz Europa bewunberte, Geiſt fo— 
fort in fein Nichts zurückſank. Belgien machte fich frei, und im-Bertrauen auf 
die Kraft. der Wahrheit Baia: die Führer der Katholiken umbebingte Gewiſ⸗ 
fensfteiheit für alle. religiöfen Befenntnifie, aber audy für ihre Kirche. In ben 
britifchen Reichen ‚erhob eine mächtige Stimme ven Ruf der Freiheit für ein, lange 
dom proteftantifchen Fanatismus —— Voll und errang die Emanzipation 
der Katholiken. Die Fatholifche Kirche fand feitvem in England an der Spige 
der freien Bewegung, und Englands Volt, lange genug vom SProteftantismus 
um bie Föftlichften. Güter des Lebens betrogen, fehnte fich nach dem Schooße der 
Mutterfirche zurüd.. Während fo die Herzen der freiwerdenben Völker fich über 
all wieder der Kirche mit Liebe zumendeten und das eier nach einem Zur 
ammeuſchluſſe an einen lebendigen Firdylichen Mittelpunkt immer. dringender ger 
fühlt wurde, bereiteten die Feinde der Kirche ſelbſt ein, Eteigniß vor, welches bie, 
eit 300, Jahren aufgerichtete, Scheivewand zwiſchen den Herzen der Völfer und 
yem allgemeinen Bater der Ehriftenheit wie mit einem Male ſtützen follte. Der 
Proteftantismus des. europätfchen Feſtlandes hatte * Kraft in Rorddeutſchland 
amd. namentlich tn Preußen concentrirt. Derfelbe hatte auf die Fatholifche Kirche 
Im den Landestheilen, die den proteftantifchen Staaten einverleibt waren, nicht 
aur dadurch einzumirken: gefucht, daß er den: @eift des Zweifeld und des Ratio 
aalismus in die Fatholifchen Schulen hinüberpflanzte und fo ein auflöfendes Ele⸗ 
ment dem Leben und Denken ver Katholifen beimifchte, ſondern Wr dadurch, 
daß. er. die Kirche mehr und mehr unter die Geſetze einer proteſtantiſchen Regle⸗ 
rung. beugte, um foihren Geift zuserftiden und ihre Muflöfung in den Prote⸗ 
Rantiömus zu bewirken. Die rationaliftifche Denkweife hatte in der philofophifch- 
heologiſchen Schuledes Hermes (f.d.) ihren Ausdrud u. ihre Einigung gefunden u, 
juchte von da auflöfend auf das kirchliche Leben des Volkes zu wirken, während 
der Zwang der Staatögefehe der Kirche immer größere Gonceffionen abnölhigte 
und juleht in der bekannten Angelegenheit der gemiſchten Ehen die Bifchöfe zu 
einem unteblichen, beinabe Khiomatifchen andeln gegen den apoftolifchen Stuhl 
oerleitete. Die Zeit offenen, Eraftvollen Handelns war nun für den Papft um 
fo mehr gefommen, ais gerade in Deutſchland ein neuer kirchlicher Geift aller 
Drien gu erwachen begann und bie, für die Sache des Glaubens und für bie 
Breiheit der Kirche ſich erhebenven, Männer nady einem-Stüpunfte und höheren 
Anhalte ſich ummfchauten. Das Syftem des Hermes ward daher durch ein Breve 
vom 26. September 1835 ald unkirchlich verworfen. Die preußiſche Regierung 
zeigte ſich unwillig, daß der Papft in einer, die Schulen des Staates fo nahe 
berührenden, Angelegenheit eigenmächtig ; ohne alle Rüdfprache mit der Staatd- 
behörbe, gehandelt: habe und glaubte durch Verhinderung der Bublifatton des 
Breve's die Wirkung deſſelben vereiteln zu Können. Aber zu ihrem Grftaunen 
mußte. fe. fehen, welche Gewalt das: bloße Bekanntwerden mit der Stimme des 
pihe Baterd über die Gemüther In einem Staate ausübe, der bioher ge 
eden direkten Einfluß Roms hermetiſch verfchloffen gehalten war. Als daher im 
Jahre 1836 der neue Erzbifchof von Köln, Clemens Auguft von Drofte zu Bi- 
ſchering, die Ausführung des Breve gegen —22 unternahm, fand er bei den 
Studirenden ſelbſt und beim Volle eine % fräftige Unterftügung, daß das Syftem 
des Hermes, troß dem Wiberfireben der Regierung, wie von ſelbſi zu Grunde 
ping. Damit war aber der rationaliftifchen Richtung in der Wiſſenſchaft nicht 
Inch in Preußen und Deutfchland, fonbern ül t ein mächtiger un aa 
ben, und überall begann andy auf biefem @eblete eine Rüdtehe, 10 ber 


a e 


998 Gregor. 











mit dem apoſtoliſchen Stuhle, von ben Biſchofen ‘hatte, wii 
— aus den Se laͤſſen. Da opferte Clemens Wugu die Freiheit ver 
Kirche feine eigene Freiheit. Weil er mit unbeugſamemn Wuthe das Recht ber 
Kind gefordert hatte, warb er mit Milltärgewalt in die Gef haft gefühzt. 
Das war der nit der Brotetantimus erschchen it m 
Nufe von Berifiensfreiheit war er vor ugen von ganz Euro m 
—X Da et G. am 10. December 1837 in einem Gonfkorkum eine 
nklage gegen eine der mädhtigften Regierungen von Europa. Es war in ve 
That eine Sppellation an bie Öriktichen Bölfer, wie Rom fie in wi en iu 


enbliden fehon mehr, und nie ohne großen Erfolg, erhoben hatte, 
Bavon Ba dieſes Mal außerordentlich; denn Goran ae ed 
daß eine große Macht, deren Erfchelnen man bei fo vielen wichtigen agen ee 
fett fo lange vermißt hatte, im gern ungefhwächter Kraft wieber in ben Rath de 
Bölfer eingetreten ſei. Die Wirkung der Allofution war um je größer, ale bis 
felbe die, dis dahin noch immer unterhaltene und von Vielen in gutem Glaube 
epflegte Meinung, als ſuche der Papft fi) nur durch den Bund mit den ab 
B ten Bürften j“ halten, ganz und gar zerſtoͤrte. Wie zu den Zeiten G.s VIL, 
Randen auch bier die Bölfer auf der Seite des Papſtes, und Breußen 
dem Strome der öffentlichen Meinung, die ſeitdem wieder mehr und mehr 
treue Bundesgenoffin der Kirche geworben if, nachgeben. Dadur 
gen ſelbſt, und gewiß nicht zu feinem Nachtheile, in ein neues Stadium felsa 
inneren Entwidelung bineingetreten. Bon nun an trat bie Stellung des ayof- 
lifchen Stuhles überall aus der lange eingehaltenen ‘PBaffivität hervor. — Spauiea 
egenüber zeigte ©. eine Kraft und eine Beharrlichkeit, Die e8 kund gibt, daß e 
Ihres endlichen Sieged gewiß if. Eine Allokution in den nngelegen Ey 
niens (1. März 1841 und Yebruar 1842) und das allgemeine et der hl 
ſtenheit für diefes Land ünte Copateros ee errſchaft und that ir 
weiteren Berwüflung ber Kirche Einhalt. In der Schweiz; warb dem rabifala 
Regimente eine kraͤ FH Schranke geſetzt. Bayern wurde fidy feine® Berufes ald 
fatbolifche Schutzmacht bewußt und nahm, dem nationalen Leben Der Deutſche 
einen Halt und Ausdruck gebend, eine Reihe von Jahren hindurch wieder ein 
bedeutende politifcdye Stellung ein. Selb in Holland ward zur Wiederherſtel⸗ 
lung der alten kirchlichen Ordnung der Anfang gemacht, der eine Rüdführun 
Hollands zum Glauben der Bäter in nicht gar ferner Zukunft hoffen läßt. Gin 
ganz befondere® Augenmerk aber richtete der Papſt auf England. Wie einf va 
erfte ©. feine Glaubenoboten ausfandte und England beiehrte; wie G. VII dos 
von Rormannen überfchwenmte Land von Neuem kirchlich orbnete, fo Batt 
G. XVI. die Rüdführung Englands in den Schooß ber e zu ein 
auptaufgabe feine® Lebens gemacht. Dafür betete er auch und rief überall Wr 
(äubigen zum Gebete auf; er munterte italientiche Miffionäre auf, zum Inſelreiche 
zu begeben, errichtete neue apoftolifche Bikariate in England u. Schottlans ı. 
den Golonien neue Bisthümer u. zeigte dem englifchen Volle bei jeder Belegenhet 
fein wahrhaft väterliche® Herz. Dafür hatte er die Freude, daß er Die Rückkehr dei 
englifchen Volkes zur Kirche in voller Entwidelung begriffen jeb; daß ſich au 
dem unermeßlichen Bebiete der englifcdhen Golonien vie katholiſche Kirche freie 
u, ſchneller, als font irgendwo in der Welt, aubbreitete u. daß ber Einfluß dei 
apoftolifcyen Stuhle® in England bereits unter ihm größer wurbe, als er je vor 
den Zeiten Heinrichs VIIL geweien war. England h aus politifcden Gründe 
enötbigt, feine diplomatifchen Verbindungen mit Rom wieder herzuftellen, u. 81 
fchöfe in England und in den Golonien bilden in einem freien Staate alt: 
dings eine Achtung gebietenbe moraliſche Madıt. Der Zwiß mit Spanien gab 
dem Papfte eine willfommene Gele enhelt, ‚mt den amerifanifchen ſtaaten die 
unterbrochenen Berbindungen —* t Mexico, Reus Granada, Vene 
auela, Ecuador, Peru, Bolivia und Chile wurden reunaihaflige Berbinbun en 
angeknuͤpft u. dadurch der Tcohohh ded anokelkicdien Stuhles —— 


Ta 








Greger. XX 


Derweltert. Auch mit Haytl u. Argentina wurden die Verbindungen erneuert, ohne 
EN daß darum ein u entfprechendes. Refultat: erlangt Ha) wäre, Da 


m 
ei 
[) 


Dagegen 
gun es, bie Berhältnifie in Brafilien zu orbnen u. diefed. Kaiferreich in die 


Jahn kirchlichen Gehorfams zurüdzulenten. Während fo die Verbindungen Roms 
mit allen civilifirten Staaten der Welt fich erweiterten, umfaßten die Miffiond- 


I unternehmungen, deren leitende Seele ©, felbft war, die ganze Erde. Er orbnete 


& Die Bermögensverhältniffe der römiichen Propaganda, vermehrte ihre Einfünfte 


u. munterte, im andern Ländern die Miffionsgefellfchaften, befonders die in Lyon 


Mr beftchende, auf. Gin Hauptaugenmerk hatte er auf das englifche Nordamerika 


=| gerichtet, wo: die Zahl der Bistümer u. apoftolifchen Bifarlate auf 10 a 
iu. Duebek zum: Erzbisthume erhoben wurde, Einen mächtigen Auffhwung nal 


Mi unter ihm die Kirche-in den vereinigten Staaten, wo eine ganze Reihe von neuen 
[N Bra m errichtet. wurbe. Das Dregongebiet thellte er in 7 Bisthümer und 
1) 


gi ein 


thum ein. Apoſtoliſche Bilarlate wurden errichtet in Weftindien auf 


a Jamaica, Trinidad u. Guragao ; ferner in Brittiſch⸗Guiana, u, faſt alle füname 
m tifanifchen. Staaten: befamen neue Bisthümer. Ferner iR G. der Gründer der 
Ix Kirche von: Auftralien. Auf Neu⸗Holland, das vor ihm nie: einen Bifchof ges 


k 
* 


al 
a 

m 

8 


M 
k 


in 
J 
r 
U 
& 
[1 


jehen Hatte, errichtete er das Erzbisthum Sidney, die Bisthümer Adelaide und 

th, die apoſtoliſchen Vifariate Sonda u. Bictorla (Port + Effington) und auf 
Bandiemendland. das Bisthum Hobarttown. Die Südfee-Infeln erhielten zuerft 
durch ihn Mifftonäre u. lirchliche Eintheilung u. traten in den Kreis der ilrch⸗ 
lichen Gemeinſchaft ein. Er errichtete dns apoftolifche Vifariat von Tayti (mit 
den Bambier- und Marfefasinfeln), das von Sandwich, von Reu-Seeland, von 
Gentral-Deeanien (Tonga: tabu), von Neu-Galevonten u. von den Salomoinfeln, 
Eine „»Hauptaufmerkfamkeit richtete er auf bie Mifftonen in China, wo er die 
Miffonen, und Bisthümer felbft in den innerften Theilen des Reiches vermehrte, 
Gorea erhielt durch. ihn zuerſt einen Biſchof. In Tong- King fah er die Kirche 
maͤchtig wachſen, mährend in Cochinchina eine raniame Berfolgung wüthete 
u die Namen der zahlreichen Martyrer in einem Eonfiftorium zu Rom verherr- 
licht und ‚zur Kenntniß der ganzen Ehriftenheit in beiden Hemifphären gebracht 
wurden, Die alten Miffionen in Stam, in Ava u, Pegu wurden erneuert, und 
das. berühmte Seminar. auf ‘Bulo-PBenang verftärkt, Im Borberindien wurden 
drei Bischümer, bie unter dem verberblicyen Einfluſſe Portugals dem Schisma 
preiögegeben waren, aufgehoben, dagegen, in den engliſchen Beſthzungen die Zahl 
der. apoftolifchen Vilare bedeutend vermehrt. - Geylon befam einen eigenen: apoftos 
lichen: Bikar ; die Jefuiten übernahmen. wieder) die berühmten Miffionen von Ma- 
duta u. bauten-in Galicutt ein Collegium ihres Otdens. Auch Perfien, Arabien, 
Aden) Batäfina, Syrien, Kleinafien u. Eypern wurden: nicht vergeſſen, u. den 
unirten: Armeniern ward Freiheit: des Gultus a rer In Afrifa ward das 
Bisthum Algier u. das apoftolifche Vikatiat Tunis (früher eine Präfektur) ers 
richtet, Ferner erhielt Alerandria, die Capſtadt und- die Infel Mauritius einen 
apoftolifchen Bilar u, für das lange: verwahrloste Obergutnea, das feinen etſten 
apoſtoliſchen Vilar in Liberia erhielt, wurde die Genoffenfchaft vom Herzen 
Mariä in Thätigkett geſeht “Die erneuerte Mifften von Habefiynien hat wieder 
einen: apoftolifchen Bifar u. Biſchof, u. noch kurz vor feinem Tode errichtete G. 
ein neues. apoftolifches ‚Bifarlat für das Land der. Gallas und für das Innere 
von Afrika, Mit feinen Miffionsunternehmungen in Afrika ſteht in enger Ver⸗ 
bindung die Erneuerung der: päpflichen Berbote: des Sklavenhandels, Im Gans 
zen hat ©. XVI. nicht weniger, als 38-Bisthümer u. Erzbiöthümer u. 36 apo⸗ 
ſtoliſche Bifartate im den 3 verfahledenen Welttheilen errichtet: eine Zahl, bie 
uns in Erftaunen ſetzt u. non keinem andern Bapfte- feit den Zeiten der Apoftel 
erreicht feyn mag. Ausgendmmen von dieſer Zahl find noch die, ganz: kurz dor 
feinem Tode errichteten, ; Bisthünten im Dregongebiete und die beiden apoftolt- 
Shen Bilariate im Lande der 108 ‚u, im Inneren Afrika. Nimmt man stern 
Daß jer 82 Earbinäle, 986: Batriarcyen; Eraptiädie, Bibi u antike Wo 


2 


ooo Gregor. 


». 
tare erntant u. beftätigt, daß er 54 geheime Gonfiftsrien gehalten und fir 
son 200 Millionen Gläubiger auf der ganzen Erbe mit der Sorgfalt 
ters gewaltet bat, fo muß man wahrhaft ftaunen, wie es mönlich 
daß ein einziger Mann eine ſolche Thätigkeit entiwidelt hat. Man 
ben, eine fie, die ganze Welt umfafjende, Wirffamfeit hätte feinen 
den gunin en des eigenen Landes abwenden umd ihm feine Zeit laſſen 
für und Wiffenfchaft die, den Päpften fonft eigene, Sorge zu 
Über gerade im Gegentheile. Wohl Wende Päpfte haben mit folcher 
tm Innern ihrer Länder gewaltet und-fo bewunberungswerthe Un: 
ausgeführt, wie ©. XVI. Gr durchſtach den Monte Eatillo, um bei 
fu zu bahnen und die Stadt Tivoli vor feinen 
@r verlegte die archaͤologiſche Alademie zu Rom 
tät.(Sapienza), verbefierte das große Hofpital San Midyele u. 
den Wiederaufbau der St. Panlefirche, die 1825 begonnen 
Am Forum Romanum wurden der Porticns von Eipollinfänfen u. bie 
tentempels von Schutt u. modernen Anbauten befreit und die, am 
unternommenen Ausgrabungen, die Arbeiten am Brievenstempel m 
am Goloffeum fortgefeßt. Der Hafen von Eivita Vecchta wurbe verbefert, & 
Stadt verfdhönert u. die Tibermündungen zur Erlelch der Schi ] 
reinigt u. tegulirt. Das Münzwefen wurde verbeffert, ein ſchöͤnes Gepräge ring 
führt u. überall das Decimalfyem in Anwendung gora t. Die ze 
den überall ermuntert, für bie dwerker wurben Wbendfchulen errichtet, u I 
Sefultenorden übernahm die Leitung des Collegium Germanicum u. ber 
ganda. ©. war ein großer Beförderer der Kunfl, Er ließ bie Rafaelfcen ® 
mähe u. Kartons in einem eigenen Saale des vatifanifchen Mufeums aufs 
len. ine befondere Sorgfalt verwendete er auf das neu eröffnete Museo Gr- 
gorieno Etrusco, welches in kurzer Zeit eine große Sammlung ber foflbarka | 
etrurifchen Vaſen u. anderer Alterthümer aufnahm. Das Gapitolinifche Muim 
übergab ©. der Obhut des flädtiſchen Magiftrats; er erweiterte bedeutend iu 
Lokal der vaticanifchen Bibliothek u. befleivete die berühmten Gelehrten Angh 
Mat u. Mezsofanti mit dem Purpur. Das vatifanifhe Mufeum, im jeder Hu | 
ficht ohne feines Gleichen in der Welt, ward im Jahre 1839 durch die Mnly | 
des ägyptifcyen Mufeums noch erweitert. Die wieberaufgebaute Kirche St.Mrı 
degli Angeli bei Affifi ward 1840 eingeweiht. Dann wurden die Ruinen m 
Tempels des Mars Ultor, der Drufusbogen u. die Pyramide des Eeftius im 
Schuͤtte gereinigt. Wiedeiholt befuchte der Papft perſonlich Terracina, wo a 
Hafen gebaut wurde, u. Ließ in den Seegegenden die Austrodnung der Eimi 
neigen Gr baute eine großartige Straße von Clvitavecchia nach Orte | 
zur indung mit Livorno, errichtete in Ancona ein Seearfenal umd voll 
in Umbrien die Wafferleitungen zur Trodenlegung der Sümpfe. Er Fauftes 
der Mark Ancona die großen Befigungen des Herzogs von Leuchtenberg fı 
3,750,000 Skudi ır. ließ ſie dann pargellenweife veräußern, um in den Mare 
die Zahl der felbftftändigen Aderbauer zu vermehren. Dabei ftrebte G. mit greir 
Kraft dahin, die politiſchen Zuftände im Lande zu verbeffern u. eine, von frw 
den Staaten unabhängige, Stellung zu gewinnen. Et errichtete die Legatin 
Urbino u. Pefaro, wozu fpäter die von Velletri Fam, u. die Delegationen Cams 
tino, Ascoli, Rieti, Choltavecchia, um durch Verkleinerung der Verwaltungen 
zirke die Provinzialregierungen zu Fräftigen. Gr flellte den Appelihof zu Rus 
tata wieder her, eröffnete eine Handelsfammer u. eine Amortifattonscafje, Lich ad 
ein neues Procedurreglement ausarbeiten. Er ſchuf eine Achtung gebietende R 
litaͤrmacht, wodurch e8 ihm vom Jahre 1832 an möglid) wurde, ohne frame 
Hülfe die Ruhe im Lande zu erhalten. Alle Berfuche der Empörer ſchlugen me 
da an fehl, fo daß bei dem Tode G.s im Umfange des ganzen Sirchenftants 
feine Gtörung der Ruhe mehr vorfiel. G. war frenge aus Gerechtigkeit. Mt 
der Entfehlofenget eines kraftivoien Heriere yet er ie —S NN 


IRB 


j 


j 


= 

H 
? 
De 
”r 


Ei 
5 
Ber 





' 

[2 } m 
duldete feine Verhoͤhnung der Gefehe. "Aber ſein Herz war näterlich u. milde, 
yon en trug er ſich mit dem Gedanken einer, allgemeinen Ammeſtle herum 
wollte die Reformen einführen, deren Vollendung die Borfehung feinem Nach- 
jr aufgetragen hat. Hätte ©: nicht mit ſo flarfer Hand den Zügel der. Res 
ung geführt u. durch eigene Kraft bie Revolution ohnmächtig zw feinen Füßen 
'gt, nimmermehr hätte die fpäter erfolgte pofitifche Umgeftaltung des Kirchen⸗ 
ıte8 zum Heile des Volkes gereichen fönnen Man hätte fie für ertropt durch 

Ungeftüm des Volles gehalten ı1. die Reglerung * weil fie. aus Schwäche 
Forderungen des Volkes gewichen, ihre gebührende Stellung eingebüßt. Nun 
t ih, was ©. Nachfolger that, ein Act Kraft u. ded Vertrauens gewe⸗ 
Auch hätte die That Pins IX. nicht fo mächtig auf die Völker einwirken 
nen, wäre nicht bie Deglerung eines ©,8 vorausgegangen, welche den apoſto⸗ 
jen Stuhl wiever auf eine. fo Teuchtende Höhe gehoben hatte: Viel auch wirkte 
durch feine ehrwürbige PBerfönlichkeit. Er war einfach u. ſchlicht und ging 
dem prunflofen Gewande feines Ordens bekleidet. Im Gefpräche war er 
er, ‚väterlich ı. milde. Ohne Unterfchied der Religion, des. Volkes und der 
tache, geftattete er Jedem Zutritt, Wer: biefen wäterlidhen, liebevollen Greis 
hen hatte,“ ver trug fein ſchoͤnes Bild, tief in feinem Herzen eingeprägt, in 
ferne Heimath hinüber und Fonnte kein Feind des Papſtthumes mehr feyn. 
iſt befannt, welchen Zauber feine ‚einfache Perfönlichfeit auf die Engländer 
Igeübt und wie fehr bie, vielen Reifen ber vornehmen Engländer nad) Rom 
u beigetragen haben, bie tief —— Vorurtheile dieſes Volles gegen 
apoſtoliſchen Stuhl zu zerftreuen. Auch als oberfter Kirdjenfürft behielt 
die firenge Lebensweife feines Ordens bei. Er: fpeiste immer allein u. feine 
ttagstafel koſtete monatlich nur einige Gulden. Sein Lager war ein Stroh⸗ 
"oder die harte Erde; feine Erholung war ‚der Beſuch eines Spitals u. all⸗ 
tlich ein —— an Gebirge, ober zur Meeresküfte. “Unter, dem Lanbvolfe, 
+ ihn wie einen Bater umjubelte, war er gern: G. hatte: im hohen Grade 
Gabe des Gebetes u. der Thränen. Beim heiligen Mefopfer, wenn es zur 
igen Wandlung ging, ward jedesmal fein Angefiht von einer Fluth von Thrä- 
überftrömt, —A er es vermied, ‚Öffentlich vor dem Bolfe die heiligen Ge⸗ 
anifje zu feiern. So prof war die Ehrfurdyt , die feine ganze Perfönlichkeit 
Aößte, daß ſelbſt die giftigften Blätter, Die gerne alles Heilige in den Koth 
ven, ed nie gewagt haben, audy nur eine leiſe Verdächtigung über fein Leben 
hufprechen. Gines ber merfwürbigften Greigniffe bezeichnete noch beinahe den 
hiuß der Regierung diefed außerorbentlichen Mannes. Die größten Schwie- 
fetten hatten ®.n- feine Berhältniffe zu Rußland bereitet, und wenn überall 
ngende Erfolge feine Anfirengungen frönten, fo ſchien bier all fein: Thun ohne 
icht. Schon nach der Dämpfung des polnischen Aufftandes im Jahre 1832 
rd die Kirche in Polen u, Rupland vom Gzaren hart bebrängt.; Dann hatte 
Ser die Trennung ber unirten Griechen in Rufland. von: der Tatholifchen 
ıheit mit Arglift u. Gewaltihat durchgeſe dt, ‚Hatte die Bfaubenstreuen ſchmaͤh⸗ 
» mißhandelt u. von Priekern nady Sibirien in die Werbannung ges 
Id. G. je in nfiftorien (im November 1839 u. Yult 1842) die 
die gefdsehene Ungebühr Klage geführt u, nicht umterlaffen, bie Rechte der 
sche in Rußland mit Kraft zu wahren. Der Ezar Nikolaus fühlte es dich 
} ein offener Zwiß mit dem apoſtoliſchen Stuhle auf die Dauer feine Ste 
g in Europa gefährde u. in feinem eigenen e die moralifche Grundlage 
ver Macht untergrabe. Als er daher im Herbfte 1845 Neapel u. Sieilten: bes 
bte, trieb ihn fein Gefchid auch" nach Rom, vor das Angeficht, des Heiligen 
ters. „Ic freue mid — ſo trat der BOjährige Greis dem Hertſcher des 
tdens entgegen — den Tag erlebtzu haben, wo Gott mir die Gnade gibt, 
». Majerät die Wahrheit zufagen, Wir beide werden vor dem Richterftuhle 
ttes ae, um von unferet Regierung Rechenſchaft abzulegen; ich früher, 
ter Sie. Der Car hörte, ſchweigend erhobenen Allagen 0 rind 


1002 Gregor, 


o 
betroffen, eine Unterfuchung über das Gefchehene anzuorbnen. Dieß geſchah am 
13, de Am 17. Tehrte 5 zurück und ſprach feinen Wunfch aus , daß Unter, 
handlungen zum Abfchluffe eines dauernden Einverftänbnifles — würden, 
Rom benahm Li in dieſen Tagen Königlich, wie den tropigen Beherrfchern da 
Welt gegenüber in den Zeiten des Mittelalters, In einem am 19, Januar gu 
haltenen Gonfiftorium, worin 3 Garbinäle u. unter 14 Enbifchöfen u. Bifcöfen 
4 für die philippinifchen Infeln, 1: für Porto Rico u. 2 für Eentr erifa er: 
nannt wurben, theilte der heilige Bater den Earbinälen. das Rothwendige über 
vie Anmwefenheit des Garen mit, Bon der Zeit an vermehrten ſich im befor 
ten PBublifum die Gerüchte über ©.8 zunehmende Schwäche und Kränklicht 
Doch blieben feine Geiſteokräfte ungefhwächt, feine Thätigfeit erlitt Feine Unter 
bredyung. Am 25. Mat verfiel er in ein Sieber. Am 1. Juni 1846 entfchlif 
er fanft zum befieren Leben, nachdem er faft 16 Jahre die Kirche Gottes vegim 
hatte. Mit feinem Pontififate trat: für die Stellung des Papfthums im Raik 
der Fürſten u, Völler ein mächtiger Umſchwung ein, N 
Gregor. II. Berfchiedene Männer diefes Namens. 1) G. Thau 
maturgus, Bifchof von Neucäfaren in Pontus, wurde dafelbft won. vornehmen 
Eltern geboren und lernte zu Gäfaren in Baläftina, wohin er, um fich den Wil: 
fenfchaften zu widmen, gefommen war, bem heiligen Drigines umd durch dien 
bie heiligen Schriften fennen. Sein neuer Freund rieth ihm, umermübet im de 
felben zu forſchen, und. ®., diefer Weifung folgend, unterwarf feine Ginfichten 
bald. dem Gchorfam des Glaubens. Als Drigines, wegen der Verfolgung de 
Kaiſers Mariminus, 235 aus Gäfaren entwich, ging ©. nach Alerandrien, um 


ſich dort weiter auszubilden, und genoß hier wahrfcheintich auch den dhriftlicen | 


Unterricht des großen Dionyfius des Alexandriners. Nach Drigines Rüdkehr nad 
Gäfarea aber hielt er ſich mody sein Jahr bei: diefem auf u, 'ging dann im feine 
Geburtöftadt zu feiner Mutter zurüch Hier brachte er ſeine Zeit im größter A 
wefchtedenheit zu, um, fern von dem verwirrenden Geräufche der Stadt, für feine 
Seele ir forgen. Allen, ſo ſehr er ſich auch der Welt entzog, entging er das 
noch nicht dem Scharfblide des Biſchofs Phäbinus von Amafen. jefer erkannte 
in dem jungen Manne die Reife der Tugend und münfchte ihn als Biſchof der 
Kirche von Reucäfarea vorgefeht zu fehen; allein G., die furchtbar verantwort: 
liche Wichtigkeit des bifchöflichen Amtes wohl erwägend, floh vor feinen Rad 
forſchungen von einer einfamen Stätte zur andern, blo fein Aufenthalt dem bei 
ligen Blichofe im Gebete offenbart wurde. G. erbat fidh aber, noch eine kur 
Ftiſt in feiner Abgeſchiedenheit zu bleiben und flehte zum Himmel um Erleud: 
tung. Diefe wurde ihm auch in einer wunderbaren Erfcyeinung der heiligen Jung 
frau und des Jüngere der Liebe, Johannes, welchen die Mutter ded Grlöfers 
aufforderte, den jungen Mann die Geheimnifie des wahren Glaubens zu lehren. 
Der heilige Apoflel unterrichtete ihn in der Lehre von ben drei göttlichen Per 
fonen, von unferer Erſchaffung, Erlöfung und Heiligung, wie und der Katedhis: 
mus lehrt. Hierauf verſchwand bie Gr ipeimun 3 8. aber fchrieb das Gehoͤn⸗ 
ſogleich nieder und lehrte es ſtets in feiner Kirche. oh geftärft und erleuchtet, 
verließ er nun die inöde, um in Reucäfarea fein helliges Amt anzutreten. Der 
Ruf der Frömmigkeit war dem heiligen ©. ſchon vorausgeeilt; denn gleich am 
Tage feiner Ankunft zu Reuchfaren, wo fi) damals nur erft 17 Chriſten befan- 
den, wurden viele gläubig; am folgenden Morgen hatten fich bereits viele Krank 
vor feine Thüre gelagert, die er alle durch Anrufung des allerhödhften Ra 
mens Jefu geheilt entließ. In Verbindung mit ſolchen Wundern wirkten auch 
feine Vredigien fo fräftig, daß, als 250 die Chriftenverfolgung unter Decius ber 
gann, faſt alle Menfchen jener Gegend dem einig wahren Glauben zugethan 
waren und ber befeligende Dienſt des lebendigen Gottes auf den vermorfchtm 
Trümmern der Göpentempel blühte. Huf G.s vertraungsvolles Gebet wich ein 
Berg, der dem Baue einer geräumigeren Kirche hinderlich war, von feiner Stätte; 
auch vertrocknete ex einen Telch, vum die Uncigket wuürgen ol Büimen is 





1 
J 


tinopel nur auf eine Zeit fange übernommen, um fle, wi 
Euthoßkäem, für fe X u Ahoi 


Gregio. wu 
zulegen und verhinderte mit feinem ans Ufer gefledten Stäbe, der zu einem gro⸗ 
Ben Baume empor wuchs, das weitere Austreten des Flußes Lyrius — Als der 
wa fein Ende herannahen fühlte, befuchte er zuvor noch fein Biothum und 

fand nunmehr in der volfreichen Stadt, fammt deren ganzen Umgebung, nur noch 
17 Helden. Er verbot es, daß ein befonderer Platz zu feiner Kupefltte gekauft 
würde; als Fremdling, fagte er, habe er in der Welt gelebt, als foldyer wolle 
er im Grabe liegen: „daher beerdigt mich auf dem. allgemeinen Beftattungs- 
page.“ Er farb zwifchen 264 und 269, in einem Witer von —— Dahn. 
Jahrestag 17! November. — 2) ©. der gr von Naztanz, Erzbilchof 
von Konftantinopel, Dieſer Heilige Kirchenlehrer, wegen feiner tiefen Religions» 
Tenntniß der Theolog genannt, ward in dem Dorfe Azlarız bei Razlanz in Kap- 
padocien geboren. ©., fein Bater, früher Heide, fpäter Biſchof von Naylany, 
wird am 1. Aug. u. Nonna, feine Mütter, am 1. Jan: in der Kirche als heilig 
verehrt, Es ſcheint, daß ©, einige Zeit zu Caͤſarea unterrichtet worden, wo er. 
den heiligen Bafilius (f. ©.) Fennen lernte, mit dem er fpäter wieber in Mthen 
aufammentraf. Hier Iernten beide auch den fpäter abgefallenen Jul ian kennen 
und befüchten mit ihm diefelben Lehrer. In Konftantinopel kam G. mit feinem 
Bruder Eäfartus zufammen und bald darauf reisten beide zu ihten Eltern nad) 
Naylanz zuräd, ©, und Baftlins Hatten ſchon zu Athen den Entfchluß gefaßt, 
fih dem Dienfle Gottes im fliller Zurüd; * in Gebet und Betrachtung, 
mit vereinter Andacht zu widmen, Baſillus lud jeht ſeinen Freund nach Pontus 
ein. So ſehr dieſe Einladung der Neigung und den Grundfägen G.s entſprach, 
fo entſchuldigte er ſich doch für jegt, thr gu folgen, mit der Erfüllung kindlicher 
Pflichien im Haufe feiner Eltern. Um das Jahr 358 begab er ſich zu feinem 
Freunde und fcheint eine gute Weile bei ihm geblieben zu feyn, oder wielmehr 
ihn mehrmal befucht zu haben, Sie arbeiteten, 'beteten und laſen mit einander 
das Wort Gottes und deſſen Auoleger. Am Welhnachtsfeſte 361 warb er von 
feinem Vater ie Priefter geweiht, ihm ganz unerwartet. Er war darüber faſt 
untröftlich, weil (wie er in ſeinet Supfseift fagt) er vor der ſchweren Bürbe 
erzitterte und erft durch Gebet, Buße und Betrachtung zum heiligen Priefteramte 
fi) hatte vorbereiten wollen. Im Jahre 372 wurbe Kappadocien auf Befehl des 
Kaiſers in zwel Provinzen getheilt, was in der Kirche in fo fern Verwirrung 
verurfacdhte, als Anthimius, Biſchof von Tyana, auf erzbifchöfliche Gerichtobar⸗ 
feit in jener Provinz Anſpruch machte, welcher Anmaßung Baftlius, Erzbifchof 
von and widerſehte. Während: dieſes Streites wählte Bafillus feinen 
—— iſchofe der Stadt Safima und ertheilte ihm die heilige Weihe (372). 
ehrte *— Nagianz zurüd u. unterſtützte ſeinen Vater, verwaltete nach deſſen 
Tode (374) eine Zeit lauge die Angelegenheiten dieſes Bisthums, begab ſich dann 
(375) nady Seleucha in’ Jfaurien, wo er bis ins Jahr 379 "geblieben zu feyn 
feheint, Der Zuftand der Kirche in Konftantinopel war feit 338, nady der Ber- 
bannung des Biſchofs Paulus, ein fehr traurige. Arianer, Novatianer, 
Macedonianer, Eunomianer, Apollinariften cf. dd.) trieben daſelbſi 
ihr Wefen; die Heine Gemeinde der Katholiten war eine Heerde ohne einen) Hits 
ten, aber unter dem’ Drudte war fle nicht erfaltet, Sie und die Bifchöfe jener 
Gegend warfen ihren Blick auf den heiligen ®., der noch zu Seleucha lebte. Un- 
gem entriß G., von vielen Bftten gedrängt, . feiner geliebten Stille und‘ reißte 
nach Ronkantinopel. Hier verkündete er dad Wort bed Herrn mit ſolchem Nach 
drude, daß der Beitige Hieronymus nach Konftantinopel reiste, um ihn zu hoͤren, 
und fiay feinen Schäfer nannte. Man darf ſich nicht wundern, daß bie Feinde 
der zelnen Lehre biefen Kämpfer für Me Wahrheit verfolgten. Die meiften Wirs 
zen brachten die ungefeplidye, bei nädptlicher Weile vorgenommene, biſchoͤfiiche 
Weihe des Marimus und die, ns dem Tode des Meletius (f. d.) eingetretes 
nen Streitigkeiten hervor, fo daß G., ber die Bermaltung ber Kirche zu Konflans 
holte, ba einem 
U, Kr er 


erwählen: Oberhirten vi Kheradeen, 


.1004 Gregor. 


Theodoſius und die Kirchenverfammlung zu Konſtantinopel ihn für den 
hen a erklärt, ven Katfer um Pee Gntlaffung bat, fein Amt 
und nad) Razlany zurüdfehrte. Gr ſtatb 389 — 390 in feinem 
ang, wo er die lepten fieben Jahre ſeines Lebens zugebracht: Die 
fein Andenfen am 9. Mai. Ge Werke zerfallen in 3 Glaffen: Re 
Gedichte, Die Reben: felbft können wieder eingetheilt werden im 
moralifche, apologetifche und dogmattiche: in allen erkennt man einen 
kraftvollen, eindringenden Rebner. Seinen Briefen, weldye für die K 
Zeitgefchichte von großer —— und dabei zugieich durch Schönheit 
Rellung aniehend find, iR Grhabenheit und eine gewiſſe Iatonifche Kürze em 
_ Seine Gedichte find voll Zartheit und Leichtigkeitz man findet darin eine Kris 
benheit, die ihnen einen Borzug über alle andern Gedichte diefer -Mrt gibt, meld: 
aus ver Weber kirchlicher Schriftftelter hervorgegangen find, Sie wären mi 
würbig, auf öffentlichen Gelebrtenfchulen gelefen gu werben. Griechiſche Grfamnı 
ausgaben, meint mit lateinifcher — erſchienen: zu Baſel 1550; 
1609; 1630; Köln 1690; Venedig 1753. je befte, aber nicht. vollendete, Auk 
gabe beforgten die Benebictiner, Maris 1778. Bon den Briefen umd Gebictn 
gibt es mehre I re Bol. Beredtfamfeit der Kirchenväter von M. A. Ridi 
und 3. Kehrein. Regensb. 1846, 4. Bb., wo die Ausgaben und Ueberfeg 
"angeführt u. fonft zahlreiche Nachweifungen gracden find, .— 3) &. der Heil! 
von Ryffa. Das Geburtsjahr des heiligen ©., Bruders Baftlius b. &, 
dd), läßt fich nicht genau beflimmen; body darf «6 nicht vor 331 angenommen 
werben. G. widmete fich frühe den Wiffenfchaften, wahrfcheinlich gefonnen, 
zu bleiben, in öffentlichen Gefchäften die Berebtfamfeit zu üben und auch 
linge darin zu unterrichten, was er auch eine Zeit lange that, im ober mi 


i 


h 


li: 


€ 


= 


® 


Jahre, nachdem Bafiltus Erzbifchof von Eäfaren Bea hatte er Die Bram, | 


feinem Bruder die heilige Weihe ais Biſchof von Nyſſa, einer Stadt im well 
hen Theile der Provinz, zu erteilen (374— 72), an mußte dem Gewählte, 
wie fo vielen Heiligen, welche mit Zittern das apoftolifche Amt übernahmen, 
gleichwohl Gewalt — Obgleich im Ganzen die Kirchen Kappadociens un 
ter Kaffer Balens weniger litten, als die andern in feinem Reiche, fo warb den 
noch ©. von den Arianern fo verfolgt, daß er, bis zum Tode des Balens (378), 
oftmals von feinem Sige verdrängt, ja fogar mehrmals die Provinz zu meiden 
gegwungen, wahrscheinlich endlich vom Kaifer verbrängt ward. Erft im Jahte 
379, als Katfer Gratian der Kirche Gottes Frieden und Freiheit jäbrte, ge 
langte der heilige ©. zur ruhigen Verwaltung feiner Kirche zu 3, wilde 
er, zum Helle vieler Seelen, eine Gäule der ganzen Kirche des lebendigen Got 
tes, die fein Andenken mit danfbarer Verehrung feiert, vorfland bis an feinm 
Io, der ß jen Ende des 4. Jahrhunderts erfolgte. Er wohnte verſchiedenen 
Concilien bei; fo zu Antiochia 397 und denen zu Konſtantinopel 381, 382, 394. 
Seine Schriften, die theils Erklärungen über die heilige Schrift, theils polemiid- 
dogmatifchen, thells moralifchen Inhalts, moraliſche Reden, Fefipredigten, Lobreden 
Briefe und Gedichte find, zeugen von feinem lebendigen Glauben, von feinen 
Eifer und von feiner Liebe. Seinem Styl wäre größere Natürlichkeit zu wün- 
fen. Zu den Erklärungen über Theile der heiligen Schrift geben: Heraeme 
ron, eine würdige Ergänzung der Homilien des heiligen Baſillus über demfelben 
Gegenſtand; dad Bud) über die Bildung des Menfchen, eine Art Bortfegung des 
erftgenannten Werkes; vom Leben des Moſes; zwei Abhandlungen über die Auf: 
ſchrift der Pfalmen; Homilte über den 6. Pfalm; 8 Homilten über die drei erſten 
Gap. des Eccleſtaſtes, herrliche Belehrungen über Tugend und Lafter und beren 
Wirkungen enthaltend; 15 Homilien über das Hohelted,. durch Bilderreichthum 
Su ſchnet; 5 Homilien über das Gebet des Herren; 8 Homilien über die 8 
Seligfeiten. — Unter den polemifchs dogmatifchen Werten flehen die 12 Bücher 
gem Cunomius voranz die große Katedhele, eine uogeihuee Ahhanklung, 
f ber Höhe feiner Beredtiamtelt Reit &r. \n \Knen Aa u Suiten. 


Gregor. 2001 
u. duldete Feine Verhöhnung der Geſehe. Wber fein Herz war väterlich u. milde; 
Schon lange trug er ſich mit dem Gedanken einer allgemeinen 'Amueflie herum 
u, wollte die Reformen einführen, deren Bollendung die Borfehung feinem Nach⸗ 
folger aufgetragen bat. Hätte ©. nicht mit fo flarfer Hand den Zügel der Re 
gierung geführt u. durch pen: Kraft die Revolution ohnmächtig zu feinen Füßen 
elegt, nimmermehr hätte die fpäter erfolgte politifche Umgekaltung bed Kirchen⸗ 
anted zum Helle des Volkes gereichen Können Wan hätte fie für ertropt durch 
den Ungeflüm des Volkes gehalten u. die Regierung hätte, well fie aus Schwäche 
den Korderungen des Volkes gewichen, ihre gebührende Stellung eingebüßt. Run 
aber if, was G.s Radhfolger that, ein Act der Kraft u. des Bertrauene gewe⸗ 
fen. Auch hätte die That Pius IX. nicht fo mächtig auf die Völker einwirken 
können, wäre nicht die Regierung eines G.o vorau egan en, welche den apoſto⸗ 
liſchen — wieder auf eine fo leuchtende Höhe —* en hatte. Biel auch wirkte 
©. durdy feine ehrwürbige Perſoͤnlichkeit Er war einfach u. ſchlicht und ging 
mit dem prunflofen Gewande ſeines Ordens bekleidet. Im Geſpräche war er 
heiter, vaͤterlich u. milde. Ohne Unterſchied der Religion, des Volkes und ber 
Eprache, geſtattete er Jedem Zutritt. er biefen väterlichen, liebevollen Greis 
gefehen Hatte,” ver trug fein fchönes Bild, tief in feinem Kerzen eingeprägt, in 
die ferne Heimath hinüber und fonnte fein Send des Papfthumes.mehr fen, 
Es iR bekannt, weldyen Sauber ſeine einfache Perſonlichkeit auf die Engländer 
ausgeübt und wie fehr die vielen Reiſen der vornehmen Engländer nad Rom 
dazu beigetragen haben, die tief eingewurzelten Borurtheile dieſes Volles enger 
ven ap ifehen zu zerſtreuen. Auch als oberfier Kirchenfürſt behielt 
©. die Rrenge Lebeneweife feines Ordens bei. Er fpelste immer allein u. feine 
Mittagstafel Toftete monatlich nur einige Gulden. Sein Lager war ein Stroh⸗ 
ad oder die harte Erbe; feine Erholung war der Beſuch eines Spital u. als 
ährlih ein Ausflug ins Gebirge ober zur Meeresfühe. "Unter dem Landvolle, 
das ihn wie einen Water umjubelte, war er gen. ©. batte im hoben Grabe 
bie Gabe des Gebetes u. der Thränen. Beim heiligen Meßopfer, wenn ed zur 
heiligen Wandlung , warb jebedmal fein Augeſicht von einer Fluth von Thraͤ⸗ 
nen überfirömt, w ex es vermieb, oͤffentlich vor dem Wolfe die heiligen Ge⸗ 
bheimniffe zu feiern. So groß war die Eh t, die feine ganze Berfön 
einflößte, daß felbft die aftioßen Blätter, die gerne alles Heilige in den Kot; 
jieben, e6 nie gewagt haben, auch nur eine leiſe ® igung über fein Leben: 
aus zuſprechen. Eines ber merkwürdigſten Greigniffe bezeichnete noch beinahe ben 
Schuß der Regterung diefes außerorbentlichen Hannes. Die größten Schwie⸗ 
je 





hatten G.n feine Berhältniffe zu Rußland bereitet, und wenn überall 
ende Erfolge feine Anfirengungen trönten, fo fdhien bier all [ein Thun ohne 
t. Schon mach der Dämpfung des polnifchen Mufftandes im Jahre 1882 
ward vie Kirche in Polen u. Rußland vom Gzaren hart bevrängt. Dann hatte 
der Czar Die Trennung ber unirten Griechen in Rußland von ver katholiſchen 
Einheit mit Argliſt u. Gewaltihat durchgeſeht, hatte die Glaubenstreuen ſchmäh⸗ 
lich wißhandelt u. von Prieſtern nach Sibirien in die Berbannung ges 
ſchickt. ©, Hatte in AConſiſtorien (im November 1839 u. Zult 1842) ö 
über die gefdjehene Unigebähr Klage geführt u. nicht unterlafien, die Rechte der 
Kirche in Rußland mit Kraft zu wahren. Der Gar Nikolaus fühlte es t 
dag ein offener Zwiß mit dem apoſtoliſchen Stuhle auf die Dauer feine © 
fung in Europa gefährbe u. in feinem eigenen e die moralifche Grundlage 
feiner Macht untergrabe, Als er naher im Herbſte 1845-Reapel u. Sicilien bes 
uchte, trie ri fein Geſchick audye nad) Rom, vor das Angeſicht des heifigen 
aterd. „Ich freue mich fo. tat der BOjährige Greis Herrſcher 
Rordend entgegen — den Tag —— haben wo Gott mir die Bnade gibt, 
en. —**— ie Wahrheit 28 r beide hf vor ben * 
erſcheinen, um von unſeret ——— abzulegen; ich frͤht 
fpäter ei Der Car örte' (eigenh a. 











erhobenen Unklagen Weð 


Gregor, 


1002 
eo \ 
betroffen, eine Unterfuchung über das Geſchehene anzuordnen. Dieß gt am 
13. Ay Am 17. Tehrte * zurück und ſprach feinen Wunſch aus Unters 
hanblungen zum Abfchluffe eines dauernden Einverſtändniſſes an; würden, 
Rom benahm na in diefen Tagen Föniglich, wie den tropigen 
Welt gegenüber in den Zeiten des Mittelalters. In einem am: 19, 
haltenen Gonfiftorium, worin 3 Eardinäle u. unter 14 ——— 
4 für die philippiniſchen Inſeln, 1 für Porto Rico u. 2 für et ⸗ 
nannt wurden, theilte der heilige Vater den Cardinaͤlen das —— 
die Anweſenheit des Gyaren mit, Bon der Zeit an vermehrten ſich im 
ten Publilum die Gerüchte ‘über G.s zunehmende Schwäche und Rränflichteh, 
Doch blieben feine Geiftesfräfte ungefehwächt, feine Tätigkeit erlitt Feine Unter: 
brechung. Am 25. Mat veifiel er in ein Fieber. Am 1. Juni 1846 entchlef 
er fanft zum beſſeren Leben, nachdem er faft 16 Jahre bie Kirche Bottes vegient 
hatte. Mit feinem Pontlfilate trat: für die Stellung des Papſtihums im Ratke 
der Fürften u, Völker ein mächtiger Umſchwung ein, —S 
Gregor. II. Verſchledene Männer dieſes Namens, 1) &, 
maturgus, Biſchof von Neuchfarea in Bontus, wurde dafelbf vom wı 
Eltern geboren und lernte zu Gäfaren in PBaläfina, wohin er, um fich den 
fenfchaften zu widnen, gefommen war, den Selig Drigine® und durch 
bie heiligen Schriften fennen. Sein neuer Freund rieth ihm, mmermübet in ders 
felben zu forfhen, und G. dieſer Weifung fotgend, unterwarf: feine Einfichten 
bald. dem Gehorſam des Glaubens, Als Drigines, wegen ber des 
Kalferd Mariminus, 235 aus Eäfaren entwich, ging ©. nad Alerandrien, 
ſich dort weiter auszubilden, und genoß hier twahrfcheinlich auch den dhriftlichen 
Unterricht des großen Dionyflus des Alerandriners. Nach Han nr 
Cäfaren aber hlelt er ſich noch sein Jahr bet dieſem a u. ging dann 
Geburtoſtadt zu feiner Mutter zurüd, Hier brachte er feine Er in größter 
—— zu, um, — von dem verwitrenden Getäuſche der Stadt, für 
le zu forgen; Allein, fo fehr er fich auch der Welt entzog, 'entging er 
noch nicht dem Scharfblide des Biſchofs Phädinus von Amafea. er erfi 
indem jungen Manne bie Reife der Tugend und münfchte ihn als Biſchof der 
Kirche von Reucäfaren vorgefeht zu fehen ; allein G., die furchtbar verantwort- 
liche Wichtigkeit des biſchoͤſichen Amtes: wohl —— floh vor feinen Nach⸗ 
forhungen von einer einfamen Stätte zur andern, bis fein Aufenthalt dem hei⸗ 
ligen Biſchofe tm Gebete offenbart wurde. G. erbat ſich aber, noch eine Furie 
Fiiſt in feiner Abgeſchiedenheit zu bleiben und flehte zum Himmel um Erleuch⸗ 
tung.  ‚ Diefe wurde ihm auch im einer wunderbaren —— heiligen Jung ⸗ 
frau: und des Jüngers der Liebe, Johannes, welchen die Mutter des Erlöfers 
aufforderte, den jungen Mann die Geheimnifie des wahren Glaubens zu lehren, 
Der heilige Apoftel unterrichtete ihn im der Lehre von den drei göttlichen Ber 
fonen, von: unſerer Erſchaffung, Erlöfung und. Heiligung, wie uns der Katechis⸗ 
mus lehrt: : Hierauf verfhwand die Erſcheinung; G aber ſchrieb das, Gehört 
fogleich nieder und lehrte es ſtets in feiner Kirche: —— und. erleuchtet, 
verließ er nun die Einöde, um in Neucäfaren fein helliges Amt anzutreten, Der 
Ruf der Frömmigkeit war dem heiligen ©. ſchon vorausgeeiltz denn gleich am 
Zage feiner Ankunft zu Reucäſarea, wo fid) damals: nur erſt 47 Ehriften befan- 
den, wurben viele gläubig; am folgenden Morgen hatten ſich bereits. viele Kranle 
vor feine’ Thüre gelagert, die er alle durch Anrufung: des allerhöchften Ra 
mens Jeſu geheilt entlich. In Berbindung mit foldyen Wundern wirkten auch 
feine Predigten fo Träftig, daß, als. 250 die Chriftenverfolgung unter Decius ber 
gann, fat alle Menfchen jener Gegend dem einzig wahren Glauben zugethan 
waren und der befeligende Dienft des lebendigen Gottes auf den. vermorichten 
Trümmern der Göpentempel bluͤhte. Auf G.s vertraungsvolles Gebet wich ein 
Berg, der dem Baue einer geräumigeren Kirche —— war; von feiner Stätte; 
—yV vertrocknete er einen Teich, um: die Uneinigkeit wiſchen  atvel Brüdern. beis 


=ä 


u. Bi 


gReREgs 


: 





5 Berl) — Greiz. © = «dh 


vinz Pommern, Regierungsbezirfs Stralfund. Ste liegt am fchiffbaren Ryf, mur 
eine halbe elle * ce dl: Untverfität, Gymnafum, Schuilehrer⸗ 
Seminar, Oberlandesgericht, Hofgericht, Kreiögericht, Garnifon, ein Salzwerf 
mit Soolbädern, bebeutender Handel, Iebhafte Schifffahrt bewirken einen regen 
u. vielfeitigen Verleht im Orte u. madyen ihn. zum Mittelpunfte der Eultur u. 
Intelligenz; Pommerns. 9000 Einwohner. Die Unfverfität,. 14554 von Herzog 
Wratidlam geftiftet, hat 60,000 Thaler Einfünfte, if aber wenig befucht, Die 
juriſtiſche Fakultät zählte vor Kurzem drei Studenten. Inter ‘den Gebäuben 
Ge iſt zunächft die Nifolaikirche mit ihrem anfehnlichen Thurme fehendwerth, 
dann das Univerfitätögebäude mit feinen wiſſenſchaftlichen Sammlungen. «Die 
Feftungswerfe find jegt abgetragen u. an ihrer Stelle fhöne Wallpromenaden ans 
gelegt. Das Dorf Wyk, unterhalb der Stadt am Ryk gelegen, iſt der Hafen 
und das Seebad der Gr. In dem nahen Eldena findet man eine landwirih⸗ 
ſchaftliche Alademie und die malerifchen. Ruinen: des gleichnamigen Kloſterö. 
Diefes, Im Jahre! 1207 dutch die Fürften von Rügen den Eifterzienfern erbaut, 
iſt die claſſiſche Stätte, von welcher ſich Chriftenthum u. Bildung über Neuvors 
pommern verbreiteten, Auch ©, verbankt den Mönchen von Eivena fein Ents 
fiehen, die es 1233 mit Mauern umgaben u, zur Stadt erhoben. Zerfiört wurde 
das Kloſter im 30jährlgen Kriege durdy die Schweden. mD. 
Greith, Karl, Vomdekan u. erfter Fatholifcher Stabipfarrer in St. Gallen, 
jeboren 1806 zu Rapperswyl im Canton St. Gallen, bildete fich in Lugern, 
ünchen u. im Seminare St. Sulpice in Paris, wo er 1830 die Prieſterweihe 
erhielt u, wurde 1831 als Profefior der Theologie u. Subregens am Priefters 
Seminarlum u. als zweiter Bibliothefar an. der berühmten Stabtbibliothef nach 
St, Gallen berufen, Doch, feine ſtreng katholiſche Richtung mißfiel der Regierung, 
u. als 1834 das Doppelbisthum Chur u. St. Gallen aufgelöst wurde, wurde 
er, troß feiner Thätigkeit und. philologtfchen Belehrfamfeit, feiner Stellen entlaffen 
m. erhielt einen fufpendirten Priefter zu feinem Nachfolger in der Bibliothel. G. 
folgte nun dem ehrenvollen "Rufe der engliſchen Gefellichaft Board of Records 
zur Unterfuchung der vatifanifchen Bibliothek In Rom in Bezug auf altengliſche 
u, altbeutiche Literatur, blieb drei Jahre in der Weltftabt ın legte die Früchte 
feiner Arbeit: in ber Bibliotheca Britannica (5 Bde), in ‚der, Schrift: '»Spici- 
legium Vaticanums, Beiträge zut näheren Kenntniß der vaticaniſchen Bibliothek 
für deutſche Poeſie des Mittelalters (Zürich und Frauenfeld 1838) und in Bets 
trägen zu Peih »Monumenta Gerinaniaes nieder, Nach feiner: Rüdkehr in die 
eimath ward er querft Pfarrer zu Mörſchwyl, 1839 zweiter u. 1842 erſter la⸗ 
tholifcher Pfarrer u. Dekan zu St. Gallen u. 1847 bei Errichtung des neuen 
Bisthums St, Gallen Domdelan. Er ift andy ſelt mehren Jahren Mitglied 
des großen Rathes des Eantons St. Gallen u. Präfivent des Fathol. Erziehungsrathes;, 
und in biefer — * einer der Fräftigften und einflußreichſten Kämpfer für die 
Sntereffen ver Fatholifchen Eidgenoſſenſchaft. Seinem raftlofen Eifer u. feinem 
Einfluffe-hat der Canton die fefte, einige Haltung des Fatholifchen Groprathe- 
Eollegiums, die Hebung u. geiftige Umgeftaltung der Cantonsſchule u. die Errich⸗ 
tung des neuen Bisthums großen Theils zu verdanken. Bon feinen Schriften 
find, außer den bereits angeführten, noch auszuzeichnen: „Allgemeine Grundſaͤtze der 
Entwidelung u. Reform der Kirche” Ruyern 1834)5 „Die Gewaltfchritte gegen 
Die Katholiken u. Klöfter im Aargau“ (St. Gallen 1841) u. „Der heilige Gallus, 
Der Apoftel Alemanniens und feine Glaubendlehre, igegenüber den Deutſchlirch⸗ 
Iern“ (ebend. 1845). b L. 
Greiz, 1) ein, der darnady benannten Linie des rrugen Haufes Reuß 
di. d.) gehöriges, deutſches fouveränes Fürſtenthum, ſ. Reuß-®.; darin 2) ©, 
Haupts u. Refidenzftadt, am ber weißen Eiſter in einer. fehr ſchoöͤnen Gegend ges 
legen, iR Sig der Regierungöbehörden u. des Conſfiſtoriums u. hat ein — — 
u. Schullehrerſeminar / Gymnaſium u. 6500 Einwohner, die fd hauntlädlid 
wit BoN- u. Baumwollenſpinnerei befhjäftigen. Ynter den Tireaiägen Wüthne 


4004 Gregor. 


odoſtus und bie Kirchenverfammlung zu Konflantinopel ihn für ben 
* —* erklaͤrt, * Kaiſer um ne Entlaffung Dat, ten Amt. 
and nad) Nazianz zuruͤckkehrte. Er ftarb 389 — 390 in feinem Die and, 
na, wo er die letten fieben Jahre ſeines Lebens zugebracht. 
| ndenfen am 9. Mat. ©6 Werte zerfallen in 3 allen: 3 
Gerichte. Die Reden felbR Fönnen wieder eingeiheilt werben gr 
moralifche, apologetifche und bogmatiiche: in allen erfeıut man einen 
kraftvollen, eindringenden Redner. Seinen Briefen, weiche für. die nat > 
Zeitgeſchichte von großer eich feit und abet hugleich durch eh 
Rellung anziehen 1, iR Erbab enheit und eine gewiſſe Iafonifdye 
_ Seine Gedichte find voll — und Leichtigkeit; man findet darin 
benheit, die ihnen einen Berg über alle andern Gedichte dieſer Art 
a en a Zn arte Sram 
w en Gelehrtenſchu en iu 
1 en, meift mit lateiniſcher Heberfekung, erfhienen: zu Baſel 1550; Ba 
16305 Köln 1690; Benedig 1753. Die befte, aber nicht vollendete Kb 
gabe "befor ten die Benedictiner, Paris 1778. Bon den Briefen um 
ai * re Te Aus aben. Bgl. Beredtſamkeit der Kirchennäter von. MR. | 
A e uf zableci he Kahrei * ah a » il 
an n. ton e Ra ungen ge x. 9) er Heilize 
—B a a no, —* 35fi b. 
genau men; do e vor angenouma 
ete ſich frühe den Wiffenfchaften, wahrſcheinlich gefonnen, dak 
Ei, in ende Geſchaͤften die Berebtfamfeit age m um Ak Sag 


















e darin zu unterrichten, was er auch eine 3 Ein ober pi 
te, nachdem Baſilius — von —& * er bie Bra 
feinem Bruder die heilige Weihe ale Biſchof von a a weils 
hen Theile der Provinz, zu ertbeilen ao), 
wie fo vielen Heiligen, welche mit ann bab ap Rolle a übernahmen, 
gleichwohl Gewalt antbun, Obgleich bie Ride Kappadociens um 
ter Kaiſer Balens weniger litten, als die ande in feinem Reiche, fo warb vw 
noch ©. von den Arianern fo verfolgt, daß er, bib A * des Balens Om, 
oftmals von feinem Gite verdrängt, ja fogar mehrm re Im Sehe 
gezwungen, wahrſcheinlich endlich vom Kaiſer —e — 
379, als —5 Gratian der Kirche Gottes Frieden und Freiheit 
langte der heilige G. zur ruhigen Verwaltung ſeiner Kirche zu wi 
er, zum See vieler Seelen, eine Säule der ganzen Kirdye N lebendigen Got⸗ 
te, die fein Andenken mit dankbarer Berehrung feiert, vorſtand bis an feinen 
Tod, der ge en Ende des 4. Jahrhunderts erllgte, Er wohnte verfchiedenen 
Goncilien be fo zu Antiochia 397 und denen zu Konflantinopel 381, 382, 394. 
Seine Schriften, bie theils Erklärungen über die heilige Schrift, theils po 
dogmatiſchen, theild moralifchen Inhalts, moralifcye Reden, Fefprebigten, —e 
Briefe und Gedichte find, zeugen von feinem lebendigen Glauben, von feinem 
Eifer und von feiner Liebe. Seinem Styl wäre ee net ne win 
fhen. Zu den Erklärungen über Theile der heiligen Sch nt gehen 
ton, eine würbige Ergänzung ber ‚pomilien Dee ie bes heiligen An über eufeiben 
Gegenkand ; das Buch über die B bung bee en, eine Art Hortfegung bed 
enannten Werkes; vom Leben des —8 F — 5** — en über die Auf 
—— der dienen; Homtilie über den 6. Pſalm; 8 lien die drei erfien 
Eccleſtaſtes, herrliche Belchrungen über — und 3 und ‚sen 
Birtuge en enthaltend; 15 powilien über das Hohel F 
ezelchnet; 5 Homilien uͤber das Gebet des H ng 8 
—* fetten. — Unter den —E vormatifehen Werten 





—* die 12 
egen Eunomius di Kat ,‚ eine et * ab 
a ber Höhe feiner —S ap ——— 5* 





Greſham — Grefnagreen, 1009 


land, Generalgahlmeifter der Armee, 1789 Eprecher im Unterhaufe u, in dem⸗ 
her Sabre Minifter ded Innern u, Baron, Ir Fahre: 1791. befämpfte er, ale 
inifter des Auswärtigen, bie franzöfiiche Revolution und. veranlafte: bie Auer 
nahmgefege (hie Allenbill) jener Zeit. Er ſchled mit Pitt- 1801, aus, näherte 
ſich dann For u, den. Whigs, brachte 1806 das Eoalitionsminiftertum zu Stande 
u. verthelbigte dann die Sadye der irlſchen Katholiken im Dberhaufe, Ipäter das 
Minifterium Canning. Er farb 1834 zu Dropmore in Budinghamfbire. 
Greſham, Sir Thomas, Kaufmann, geb. 1519, erzogen zu Cambridge, 
beforgte 1552 die Gelpgefchäfte des Königs in ‚Antwerpen ſo trefflich, daß. Ihn 
Eiiſabeth zum. Königlichen ‚fmann. und. Baron ernannte... Im Iahre-1566 er- 
richtete er, nad) dem Borgange, Antwerpens, eine Börfe.in-London, welche Elifa- 
beih zu einer Königlichen erhob, unterftügte, ben Staat zuerſt d Londoner Anz 
leihen und gründete 1570 das befannte G.-college, wofür er ſieben Lehrer fala- 
* F Votleſungen werden jeht in der eniglicper Börfe gehalten, Er 
Greffet (Jean. Baptif Louis), ein trefflicher franzöficher Dichter, ges 
boren zu Amtens 1709, trat im 16. Jahre in den, Sefuitenorben, verließ Ken 
felben aber, da fein heiterer poetifcher Genlius ſich entſchleden zur Ungebundenheit 
neigte, nad) zehen Jahren wieder, hielt fi bis 1748 in Paris auf, wo er unter 
bie Wierziger der ‚Academie Frangaise aufgenommen'wurbe, befleidete dann in feiner 
Baterſtadt ein’ ſeht einträgliches ‚Amt im Finanzfache u. farb 1777. Alle, Werke 
dieſes liebenswürdigen Dichters ſcheinen Kinder der: Sorglofigkeit u. Zuftieden⸗ 
heit: gu fegn. Bon den Aniprüchen der Eitelfeit entfernt, ſcheint er nur ein Olüd 
au. fennen, das der Unabhängigkeit und Zurüdgezogenheit,. Diefen Geift athmen 
alle feine Gedichte. Unter ihnen zeidpnen ſich außer den Epifteln, das meifter- 
Haft Lomifche a Vert-Vert u. 10 Bitgliiſche Eflogen am meiften aus: 
Seine dramatiichen Arbeiten haben wenigſtens einzelne gelungene ‚Stellen u. eine 
durchaus: reine Diktion, Die volfländigfte, Ausgabe feiner Werke ift die von Re⸗ 
nouard. (3: Boe., Parts 1811). Der »Vert-Vert« wurde von I. N, Goͤh in's 
Deutfche-überfegt (Karlaruhe 1752). 
retnagreen ober Graithney-Green, heißt ein, am Flüßchen Sarf, in der 
ſchottiſchen Grafſchaft Dumfrtes , hart am, der englifch = ſchotiiſchen Gränge, auf 
Der Straße von London über Garlisle nach Dublin ‚gelegenes, Dorf von 2000 
Einwohnern, das durch die, dort ohne elterliche Erlaubniß geſchioſſenen, Ehen lie 
bender englijcher Paare weltberühunt ‚geworden iſt. Nach der. alten ſchottiſchen 
Nirchenverfaffung bedarf es nämlich zu rechtögültigen Ehen weder Aufgebot, noch 
Einwilligung der Eltern, noch des Segens des Priefters, ſondern einfach nur der 
Erklärung zweier Zeugen, noch ledig u. nicht in verbotenem Grabe verwandt zu 
feyn. Eine foldye Ede unterliegt zwar, wenn nicht Dispenfation erfolgt, fehwerer 
Strafe, kann aber deffen ungeachtet nicht mehr getrennt werden. Es eirhellt for 
mit, daß dergleichen Ehen überall in Schottland gefchloffen werden fönnen, und 
namentlich häufig geſchieht dieß auch noch in Coldftream;. allein G. hat wegen 
der Nähe den Borzug von andern Orten erhalten, u. überbieß noch die Mode für 
2a. Bon 1764 an betrieb das Trauen, d, h, empfing die ‚Erklärung der Zeugen, 
Briedendrichter F. Patsley, der nebenbei eine Branntweinfchenfe und. einen 
Zabafstram führte, u. auf diefen folgte 1794 in der Würde. eines. Friedenorich⸗ 
ters ein Grobſchmied, der erft 1827 ftarb und während der Zeit alle flüchtigen 
Liebenden vermählte, fo daß fidh die, übrigens völlig umbegründete, Meinung feft- 
kette, die Familie diefed Grobſchniledo habe ein. befonders: Privilegium auf die 
‚ornahme derartiger Trauungen. ‚Aus den Chrengerichten zu. ©. erhellt, daß 
vlele Taufende folder außergewöhnlidhen Berbindungen dort geſchloſſen wurden, u, 
man findet: darunter fehr berühmte Namen, 3. DB. Graf Wefmoreland , Lord 
Ellenborough (Beneralftatthalter von Dftindien), Lord Brougham, Prinz von 
Tapua u. a. Der Preis it verfchieden, je nach Reichtbum.u, Stand, die nied- 
zigfte Summe jedoch auf 15 Guineen fetgeicht, In mntır ER in nl 
Realencpclopäble. IV. Sr 


u 1008 Grenada — Grentville, 


den jenötperthr das liche. Palais mit! einem, und das 
ale Rathhaus in —— Style. Das Schloß, auf 
einem hohen Berge, iſt Sitz verſchiedener Behörben, F 
Grenada, |. Granada. 
Grenaden, ſ. Granaten. 
— — — franzöffchen Departements Sf m und, 5 183 
ö ee 8 3 ar — — —* 
xden, 9— ofs, 6) | 
Betten Akademie mit zwei Fakult u — u u —— 
befinden ſich dafelbft: ein theologiſches lo, an 
von über «60,000 Bänden, naturhiftorifche, Anne ı 
großer botanifcher Garten, Zeughaus, ein Denkmal Yes 
Bayı ard (f.d.) der hier geboren —— — einem Berge mitten in der wor 
das ‚befefligte- Schloß Ta Baſtille. 32,000 Einwohner betreiben 
ie Leinwand-, Baumwollen-, Handſchuh ⸗ und — Babritenn * 
zeugniſſe auch ven Hauptgegenftand des bafigen Handels ide Bas, © 
eine Börfe, Handelöfammer und ein Gomptoir ver er ran — — 
Ba En Be EEE: 
lich an pen! ‚e im Wer! - 
5—6000 Berfonen, theils In der Stadt * —— — 
genden Dörfern verfertigt. — ©. hieß 8 — 
der Allobroger an der Graͤnze gegen {4 Bernie Schon im 4. —— 
war es Biichofafig und kommt ſeit dieſer Zeit unter ben irn sn art 
vor; ofen Urfprung unbefanntift, "woraus ‚aber — en 
der D 5 Jatt en * — wife — 
ai on begannen bie Ott: J bs 
Dauphinb und dem Sr ofe * ©. über die — 
4313, unter dem Days Guigunes de la Tour und dem 
Ruin, wurde ein Vergleich oemadıt daß die —— — über ®ı ® 
die Umgegen dem: Grafen und ſchofe gem ‚gehören - follte. Unter 
Ludwig XI. kam ©. an bie — ** an tete 1453 ein 
suhpen "Dauphin Humbert I'von Viennois 1340 ſchon einen Dei rathı in 
©. ein; agent ne Bon hier aus machte: Prinz Philipp ‚von: ten 172 
einen Einfan Saveyen. Am 9; Juli 1815; wurde ©, durch von 
den Defterteichern beſeht. t 
Grenville, ) ©eorg, geboren 1702 aus einer adelichen Familie in de 
Grafihaft Buclingham, kam ſeht jung in’d Parlament, wurde 1754 
der Marine u, brachte 1757 die Bi für die regelmäßige Bezahlung ber Kofıa 
br Miniftertums in Borfchlag, ward 1763 —— trat 1773 int 
Miniftertum u, farb um: 1775. Werke von ihm find: , ‚en —— 
andel u. die Finanzen Englands“, London 1766 Mad von 
chtlich feines Handels u. feiner Finanzen“, Paris 1769: — 2), @., —F 
Sohn des Vorigen, geboren 1758 Freund von. For ji Li ‚utertügte bie Eow 
tion von For und North, worurc) er fid mit fe Familie — 
und. eine Zeit lange aufhörte, ee Erft 
Tam er durch die Oppofitton wieder in das Barlamınt, erhielt 1794 2 
Sendung an den Berliner Hof, um dieſen zur „aertfepung —* es 
Brankreich zu bewegen; allein durch Eis und das: zweite ie 
druch aufgehalten, Fam er, als der Friede ſchon gefchlofien Som in Berlin an. 
&r ward 1806 Präfivent der Kammer m. nach For Tode Lord der Mdmiralität; 
1810 ward er Kanzler der Univerfität Orford, trat 1811 aus dem: Mini 
u. lebte, da auch ein Neffe für ihm ins Batlament getreten war, als 
mann auf feinen Gütern, wo er 1821 farb, — 3 G. William — 
Lord, Sohn von Georg G. geboren 1759, trat auf feines Verwandten Pitt 
laß in den Stantsvienft, ward 1782 Sefretär des Lordli ' 


Greffam — Sreinagrem. 1] 


land, Generalgablmeiter der Armee, 1789 Gprecher im Unterbaufe u. in von 
eben Jahre —— de6 Innern u, Baron. Im Jahre 1791 befämpfte er, als 
Her des Auswärti gen, ‚die — Revolution und veranlaßte die Aus⸗ 
—8 (die len ) jener Zeit. Er fehlen mit Pitt 1801 aud, näherte 
Ah dann For u. ven Whigs, braste, 1806 das Eoalitionsminifterium zu Stande 
* ——ã dann die Sache der itiſchen Katholiken tm Oberhauſe, ſpaͤter das 
iniſterium Canning. Gr farb 1834 zu Dropmore in Budinghamfhire. 
Grefbam, Gir Thomas, Kaufmam, Be 3 1519, — 
beforgte 1552 die Seldgeichäfte des K ci, ek 
Eliſabeth zum Löniglien Kaufmann mir Satan nahen m 9 ahre — er⸗ 
richtete er, F dem Borgange Antwerpens, eine Boͤrſe in London, welche Eliſa⸗ 
beth zu einer 1 niglichen erhob, unterſtuͤtzte den EStaat ge durch Londoner An⸗ 
leihen und gründete 1570 das bekannte G.-ooll wofür er fieben Lehrer fala, 
Fir ’ Die —E werden jet in ber öniglichen Börfe gehalten. Er 
Greſſet (Jean Baptif sonid), ein trefflicher franzöflfcher Dia, ge 
boren zu Amiens 1709, trat im 16. Jahre in den Sefuitenorwen 
feiben aber, da fein eiterer poetifcher Genius fidy entfchieben zur Ungchunnenbei 
—5 — zo. sehen Jahren wieder, hielt ſich dis 1748 tn Paris auf, wo er unter 
a 
an n ſehr nanz u. Kar e 
85 Dichters ſcheinen Kinder der Sotgloſigkeit u. Zufrieden- 
heit zu ſeyn. Bon den Aufprücen der Eitelfeit entfernt, fcheint er nur ein Gluͤck 
un fennen, das der Unabhängigkeit und Zurückgezogenheit. Diefen Geiſt athmen 
elle jene Gedichte. Unter men zeichnen fi, a den Epiſteln, das meiſter⸗ 
haft komiſche edicht Vert-Vert u. 0 Birgliifche Eklogen am meiften aus, 
Eine vr haben wenigſtens einzelne gelungene Stellen u. eine 
Daraus seine Difiion. Die voländigße Ausgabe feiner Werke iR die von Re 
nouard (3 Boe., Paris 1811). ar »Vert-Verts wurde von I. R. Goͤtz in's 
Deutſche Überfeht (Karlsruhe 1752 
retnagreen ober Graith Green ‚ beißt ein, am Flüßchen Sark, in der 
(horn rafſchaft Dumfries , hart am ber englifch » ſchottiſchen Sränge, auf 
der Straße von London über Garlisie nad) Dublin Hn gelegened, Dorf von 2000 
Einwohnern, das durch die, dort ohne elterliche u) sefhlofienen, Ehen lie 
bender engliſcher Paare weltberühmt geworden if. Nach ver alten fchottifchen 
Kirdyenverfafiung bedarf ed nämlich zu redytögültigen Ehen weder Aufgebot, noch 
Einwilligung der Eltern, noch ded Segens des Prieſters, ſondern einfach nur der 
Erklärung zweier Zeugen, noch —* u. nicht in verbotenem Grade verwandt 34 
ſeyn. Eine [ide | Ehe unterliegt zwar, wenn nidyt Diöpenfation erfolgt, ſchwerer 
Strafe, kann a u oden ungeachtet nidyt mehr getsennt werden. Es eihellt for 
mit, do gen über überal in Schottland ——** werben fönnen, um» 
namentlich häufig geſchieht dieß uch noch in Colbſtream; allen G. hat - 
der Nähe den Bor von andern Drten erhalten, u. überbieß nody die Mode 
fi. Bon 1764 an Trauen, d. h., empfing die Eillaͤrung ber Zeugen, 
der —— — . — der nebenbei eine Branntweinſchenke und 
Tabakskram Mi anf * gfelat: 1794 in der Würde eines Friedensrich⸗ 
ters ein Grobſch dm 827 Rarb und während der Zeit alle flüchtigen 
Liebenden *— fo J es Die Adrigene völlig umbegründete, Meinung fer 
llte, die Familie dieſes Bro chmiede abe ein beſonders Priotfegim auf die 
ornabme derartiger Trauungen. Aus den Ehrengerichten zu ©. erhellt, bap 
viele Taufenbe - folder pr en ame Verbind Dart geſchloſſen wurden, u. 
man findet d erähmte Namen, 2 be Min per Lord 
Ellenborough —— * ——— Lord Brougham, Prinz von 
Capua u. a. Der Preis ieden, je nach Reichthum u. Stand, bie nie 
tigfte Summe jedoch auf 5 —8 feſigeſeht. In neueſter Zeit in im englikhen 


Nealencyelopadie. IV. 









1032 ö Griechenland, 


Bichzächt und zum Baue des Weines und ber Dliven, ald zum gerwöhnfide 
Acerbau. Rur Thefialien und die Infeln machten bievon eine Ausnahme um 
brachten auch Getreide, fo wie alle anderen Brodufte, in reichen Maße berve, 
Mußerdem gewährten bie Gebirge Erz und die Klüffe und das Meer Wifche; 
teres audy Gelegenheit zu Schifffahrt u. Handel. — Delas ‘ward ver 
2 verſchiedenen Volksſtäͤmmen, den Pelasgern und Hellenen bewohnt. e w 
fielen ſpaͤter in ſo viele Staaten, als bedeutende Städte in G. waren, unb ke 
trojanifche Krieg, fpäter die olymptfchen, ifihmifchen und nemeiſchen Spiele ie 
wirkten, daß 4 die Bewohner G.s, obgleich fortwährend in ſehr viele Hein 
Staaten zerfplittert, zu Einem, das nad Hellen jet den Namen Boll ba 
Hellenen annahm, vereinten. Bon den, nad) Italien ausgewanderten, pelasgl 
fhen Stämmen wurden die Hellenen indeſſen Graeci (deutſch riechen) z 
nannt, welcher, von Gräkos, Sohn des Ihefialos, angeblidy Rım 
erft Eigenname einiger Fleinen pelasgiſchen Stämme tn Epiros war und yes 
anzen Bolfe von ven nach Italien Ausgewanderten uenelent wurde Bon ie 
Ber Koͤrperſchoͤnheit in beiden Geſchlechtern, war dieſes Boll audy geifiig bei 
pollfommenfte, das die alte Geſchichte kennt. Tapferkeit, Unternehmungägell, 
Gtoßmuth, Edelſinn, Liebe zum Baterlande und zur Freiheit, Ga 
gen Einheimiſche und gegen Fremde einten ſich mit Religioſtiät, mit 
hen Phantafle, die die Griechen früh zu trefflichen Dichtern machte; 
ſchergeiſt, der fie die meiſten Wiſſenſchaften, wenn auch nicht erfinden, 
ter ausbilden ließ, und mit Kunftfinn, der jenem Werke des FI 1 
dem unbedeutendſten, Geräthe eine ſchoͤne, durchaus afbetiiche Form 
vermochte, und vermöge deſſen Phidias den olympifchen Jupiter ſchuf, 
kuͤnſtler die zierlichften, oft nachgeahmten, nie erreichten Gebäude emp 
und der unbedeutendſte Töpfer die Gefäße bildete, vie wir noch jeht 
riſche Bafen bewundern. Diefe geiftige Vollkommenheit der 
fi) vornehmlidy auf bie Gemohnkelt ded Hellenenvolles, in Wem fein 
Lehrer zu feyn und nur mit Freiheit und Gelbfiftändigfeit von Andern zu I 
Sein Borbild war die Ratur, durdy deren Anfchauen es zur Eikenniniß 
aus der Natur gingen die griechifdyen Religionsideen hervor, nach denn 
Bötter nicht, wie in Aften, in mythifches Dunfel gehüflte Tämonen, ſondern al 
menſchlich denfende und fühlende, nur weit höher, als die Menſchen, ſtehende 
Welen waren. Diefe Idee kam der von Einem Gott weit näher und bereidr | 
die Erkennung und Verehrung von dieſem vor, wie auch einzelne Philoſophen ia 
der fchönflen Zeit G.s die Idee Eines Gottes auffıgten und bereits lehrien 
Die Ceremonien des Gottesdienſtes waren fröhlich und heiter; mit Blumen be 
kraͤnzte Opfer fielen unter Gefängen und Tänzen vor den ſchoͤn geſchmückten A 
tären, und Fein Menſchenblut befledte dieſelben. Obgleich mit mandherlet Aber 
glauben vermifcht, war doch die griechifche Religion durch Augurenweſen u. bl 
lange nicht fo untermifcht, wie die fpäter aus der griedhiichen Kerworgegangm 
sömifhe. Die Sittenlehre der Griechen war eine der reinen tm ganıen beide 
fen Alterthume. Schon die 7 Weifen ftellten diefelbe in ihren Denfipräde 
auf; fie gebot, die Bötter durch gewiſſe Gebräuche zu ehren, Gaſftfreundſchaft r 
beobadhten, das Eigenthum und das Leben des Mitbürgers zu achten, Verwan 
tenmord aber durch Blutrache zu ahnden, jedoch felb den Mörder zu fdhonen. 
wenn er bet den Bildern der Götter Zuflucht ſuchte. Koch mehr bildeten dick 
Moral Eofrates und deſſen Nachfolger aus. Li und Rache gegen den fels) 
aber war erlaubt, In feinem Haufe war jeder Familienvater Herr. Er herrſchü 
und regierte dort. Die rauen fpielten eine fehr untergeorpnete Rolle ; doch wat 
ihnen die Freiheit, ſich öffentlidh und unverfchleiert zu zeigen, nicht benommen; 
wohl aber nahmen fie keinen Antheil an der Regierung des Staates und auf 
nicht an den öffentlichen Spielen. Später fanden jedody in legterem And 
nahmen flatt. Keuichheit war nicht ausprüdiih geboten. Der Gautben 
wahrte feine Franen gwar vor WBerführung und flrafte wohl aud, wenz 





$ 





Sg 
Ag 
8% 


iga 
ger 





gu 
€: 





H 





H 





1] 


Griechenland, 1013 
die Berführung:gefchehen, die Schuldige dem Berführer-aber brachte feine That keine 
Schande, Diefer danfıe-vielmebr öffentlich durch; fürmliche Opfer: den Göttern 
für feinen. Sieg. Oeffentliche Buhlerinnen waren vom. Staate privklegirt. Die 
Breiheit des Umganges; zwifchen beiden Geſchlechtern ſchloß die verbrecheriſche 
Knabenllebe nicht aus: eine Erfcheinung, die hur der. heiße fühliche. ‚Himmel und 
die. Gewohnheit erflären ; nie aber entfchulpigen  fönnen. Sie war in G. ſo 
Haufe, daß man dieſes Lafer noch jept mit dem Namen „artechtiche Liebe“. begei 
net, Deffentiche „und. Privatgefchäfte wurden in G. auf offenen Markte abge 
macht. Der reine Himmel des Landes begünftigte diefe Sitte, u. die Bauart der 
Häufer machte fie nöthig. Diefe Deffintlichkeit.der Gefchäfte u die Thellnahme 
des ganzen, Bolfes an denfelben, verbunden: mit der glüdlichen-Rage des Landes, 
das lange Zeit von feinem, fremden Eroberer. unterjodht ward, waren die Urfachen 
der glühenden Vaterlandoliebe der Griechen in ihrer goldenen Zeit, die Heine griechifche 
an gegen große ‚fremde unüberwindlicdh machte u. einen Timoleon, Solon ün 

'pfurg Kronen ausfchlagen ließ. Sie u. die immerwährenden Kriege der griechiſchen 
Staaten gegen einander veranlaßten zugleich ‚die ‚Griechen zum Nachdenken über 
das Weſen des Kriegs, und ihre Lebhaftlgkeit, „verbunden mit ihrem natürlichen 
Talente, ließ fie bald taktifche Einrichtungen: erfinnen;: die die griechiſchen Hülfes 
völfer- zu den gefchäßteften "machten und ſpäter Alcxander Gelegenheit: gaben, die 
halbe damals: befaante Welt zu erobern, — Die Staatsverfaflung.® 8 war aus 
der patrlarchalifchen entftanden;; die Familienvätet einer Stadt traten; über Staats- 
angelegenheiten berathend zufammen und der Tapferſte und Wetiefte leitete dieſen 
Rath, gleichſam als Famillenvater des Ganzen, als * Später‘ erbte. die 
Königewürbe vom Bater auf den Sohn.” Die Könige überhoben ſich indeſſen 
der und wurden ‘daher abgefegt ‚oder  befchränkt, und fo ‚entftanden kleine 
Republiten, Abgaben gab es Anfangs in denfelben nicht: Jeder: zog ohne Sol 
in das Feld, Jeder befleivete, vom Staate dazu aufgefordert, unentgeltlich — 
Feitliche Stellen 11. fühlte ſich dadurch geehrt. Eiſt ſpäter änderte #4 das. So 
waren bie Sitten eines Bolles, das der ganzen folgenden Zeit zum’ Mufter ‚und 
Vorbild diente, dem Europa das innen "feiner Bildung verdankt, das pie 
meiften Wiſſenſchaften u. Künſte auf, eine) bewunderangsmüt ‚Stufe der Voll⸗ 
kommen heit brachte ,und: deſſen Name chrenvoll genannt werden wird, ſo lange 
man eine Spur europälfcher Cultur kennt. Es verſteht ſich, daß dleſe Sitlen 
in den verſchiedenen Staaten-®8 von einander abwichen u. deßhalb hier auch 
nut ober flaͤchlich ange deutet werden konnten. — Stellte das bioher Angeführte 
hauptſaͤchlich die Lichwunlte im Charalter der ‚alten Griechen vor ‚fo. fehite es 
Daneben ſteilich auch nicht an mannigfachen Schattenſeiten, u. bie nachfiehenden 
» werben: und einen ztemlidh ‚Klaren Blid in das X des altgries 
—— 

on ſo geſchehen iſt — d Sy en Umſtanden h 
jene (oine Bine wertete von der ‚bie * — mit ſo hoher Bewunderung 
ſpricht,“ ſo legt die Antwort hierauf in der fo wundervollen: Zufammenmirkung 
von Lage, Boden, Menfchen, Zeit und Verhältniſſen, daß wir nicht im 
Stande find, alle Wechſeiwirlungen derſelben nachzuweiſen. Wundervoll nennen 
wir dieſe glüdliche Verkeitung von Umftänden; denn der Mangel eines ein 
von ihnen würde. hingereicht haben, zu verhindern, daß G. hätte, werben-fün« 
nen, was ed geworden iſt. Das mämliche Hellas, Menfchen, Boden u. Klima, 
flatt eines Tüflen- u. hafentelchen, nach allen Richtungen vom Meere umfloffenen 
Randes, in eine aftilaniſche Binnengegend verwandelt — u. unmöglid; wäre, der 
jroße, Alles belcbende Verkehr unter dent eigenen Bollsſtämmen u. mit'entlegenen 
ändern geweſen ; (unmöglidy der rettende Steg von Salami. ı Oder hätte ſich 
der Lauf der lgniſſe minder glüdlich gefaltet ::©. don den Perfern unterjocht, 
u. es mußte erftarren unter der orientaliſch· deſpotiſchen Satrapeneglerung. — Dem 
Freihe tist ampf, abet gang hinweggedacht, iu. jener Fülle edler Empfindunge 
u Kraſt, jener vielſeltigen Entwidelung aller Anlagen u; Fähtgkelten Anne 


1014 Griechenland, 


Waffengetümmel, wie in den garten Künften des Friedens, hätte bie 
der ht, fie wenfgftens bis zu der erlangten Höhe emporzubringen. Den 
Himmel, den ſuͤdlich gelegenen Boden aber Hinweggenommen — u. die Befriai, 
jung der abfolut gefteigerten Bebürfniffe des Lebens hätte ein fa umunterks 
dene Wirken der Maffe für Year Zwed · nie möglidy werben lafen. — 
Ein befonderes Glüd für das geiſtige Boranfchreiten der Hellenen finden mt 
in ihrem Wöderativ-Berhäftniffe, in ihrer Trennung in fa unzählig kieine Ein 
ten, fo daß ſich allenthalben das Talent — nicht auf eine ferne Hauptftadt bis 
jeiviefen — keineswegs nach einer einigen Geihmadsform —— fontn 
vet, feinen eigenen Anlagen gemäß entwideln konnte, wobel das Wufblühen h 
der einen Stadt ſteto den Welteifer in der andern mehr und mehr antrie, — | 
Einen, für uns beinahe unbegreiflichen, Einfluß auf die Bildung der ‚Hellenm k 
alten Zeiträumen der Geſchichte, erlangten Homer’s Gefänge. Nicht nut, 
wir in ihnen die edelſten u. erhabenften Helvengevichte bewundern müffen, tel 
die Welt aufzuweifen hat, ſondern fle find auch — was für bie Geſchichte — 
Menfchheit das — — diejenigen Gefänge, welche den tiefften und 
meinften Einfluß auf die Cultur eines Volkes, ja vieler BVölfer, erlangten. 
den früheften Zeiten bis zum Untergange der altgriedjiichen Nattonalität Ih 
omer Im Munde aller Hellenen, Die Ilias u. Odyſſee waren in geiife 
inne den Griechen daflelbe, was den Ghriften Bibel u. Tradition, im. wieh 
und die Jugend in den heiligen Schriften der Kirche unterrichtet wird, fo wur 
der junge Grieche mit den homerifchen Gefängen vertraut gemadyt. — Was bie Ca 
widelung der gtlechiſchen Gultur ferner überaus mach rberte, war di 
öffentliche Leben des ganzen Volkes. Diefes fand feine mä up Beförbem 
in der republifanifchen Regterungsform u, in der leichten Befriedigung, der m 
fonlichen Bedürfniffe des Einzelnen. — Das Öffentliche Leben befchränfte f 
aber Feineswegd auf die vein politifchen Bolfsverfammlungen. Richt | 
Beobachtung verdient auch das Theater (f. d.). Was die Öffentliche At 
erregte, gleichviel, ob Perſonen oder Sachen, mußte erwarten, auf'die Bühne 
bracht zu werben, Selbſt der mächtigſte Demagog, in der Fülle feiner m 
entging diefem Schidfale nicht; ja, das Volk von Athen felber hatte die Fra, | 
ſich perfonifizirt dargeftellt zu fehen u. über fich nach Herzensluft Lachen zu fir 
nen u. frönte den Dichter dafür, Und fo tief war dieſe Freiheit im Geiſte m 
gefammten Volles gewurzelt, daß ſelbſt in der Terroriftengelt der dreißig Ip 
nen zu Athen diefe 8 nicht gerathen fanden, den Berfafler des Schaufpteles 1 
beftrafen, der fie mehrmals, Angefichto der ganzen verfammelten Menge, auf da 
Bühne, verfpottete, Wie herrlich u. bewundernewerth wir aber auch fo Bieles beita 
alten Griechen finden ; wie unendlich hoch fie ſich auch in Entwickelung der fdhin 
Künfte erhoben, fo beweist und doch eine nähere Prüfung ihrer Gefammt&s 
calverhältnifje gar bald, daß fie, im Vergleiche mit ben <ultiwirten Bölfern da 
Neuzeit, unendlich tief fanden, daß ſie fich der That nach im einem, der Mu 
ſchenwürde nicht entjprechenden, vielfach Häplichen u. wahrhaft erbärmlichen 
ftande befunden haben. — Meiſtens betrachtete man nur das Schöne, das It 
Hellas allerdings in reicher Fülle bot. Das Berwerfliche wird entweder F 
nicht erwähnt, oder man nimmt es als einfache Thatſachen hin, ohne w: 
darüber nachzudenken, wie fehr es drüden und verlegen mochte, wie fehr es oft de 
Menſchheit u. den Geiſt der Humanität in ihren edelſten u. heiligſten Bezleu 
en mit Küffen trat. — Wenn wir das Seyn u, Leben der alten Griechen nähe 
18 Auge faflen, fo vermiffen wir vor Allem jede Idee eines, das Wohl der gan 
zen Menſchheit umfaffenden Begriffes, Hiezu vermochte ſich der Hellene nie m 
erheben; er ahnete nicht einmal die Möglichkeit eines foldyen Gedankens. bene, 
wie die alten Juden oder Aegyptier, hielten fich auch die Griechen für ein aus 
ermähltes Bolf, neben dem alle anderen Menſchen nur Barbaren feyn u. es in 





alle Ewigleit bleiben müßten, unmürdig wer Kultır und anwituig der Rellglen 
—ER 


der Hellenen. — Aber ver Gurcht (ht warb eh \eeb Ss 


Eriechcalaud⸗ 
leineswegs geradezu als Hellene gefchäpt. Im Thebaner, der nach Athen kam, 
etblidte man nicht den a der, fondern Immer nur ben Bdotier 
Darum fonnte man ſich, vielleicht einige wenige Bälle auögenommmen « niemals 

alle Rantöbürgerlichen Rechte gerieben, aus einem Gebiete in das andere, ober 
ı fonk nur vom platten Lande in die Siadt überfiedeln. — Zwei oder drei Stadte 
waren nach einander die herrſchenden. Sie geboten allen anderen Hleineren. 
Diefe lehteren konnten fich nicht fret beivegen, Eonnten ſich nicht der Früchte der 
Selbffländigfeit u. Unabhängigkeit wahrhaft erfreuen. Aber fogar in den wenl⸗ 
gemiherrfchenden Städten war die eigene Bevölkerung ſtrenge wieber in verſchie⸗ 
dene Claſſen u. Stände mit ganz ungleichen Rechten efchlehen. So gab es in 
Athen‘ 1) freie eingeborene Bürger, getrennt in 4 Glafjen: a) herrichender Adel; 
b) 2andbauern; c) Hirten; dy Handwerker (oder auch nach der Größe der Eins 
Tünfte claſſtfieltt)j ſodann 2) Bremblinge, Eingewanderte u. deren Nachkommen, 
Scyugverwandte, von Ariftophanes „dieSpreu der Stadt“ genannt; 3) Sklaven, 
Richt minder finden: wir bei den Spartanern: 4) bie eigentlidyen Spartaner, 
9000 an: ver Zahl; 2) die, feiner höheren Raatöbürgerlichen Rechte genießenden 
Lafenämonter; 3) eine Art Leibeigene; 4) bie eigentlichen Sklaven. — Wie Hein 
war ſonach die Zahl Derjenigen, welche ſich im Vollgenuſſe aller naturgemäßen 
Rechte befanden! Ein Hauptübel war bie Sklaverei. Der Gevanfe ver rechtli- 
Im Gleichheit der Menſchen, oder nur der Möglichkeit, daß die Welt ohne 
Haven beftehen Fönne, war den Alten durchaus fremd. Ueberdieß enthielt das 
alte G. ſechsmal mehr Sklaven, ald Freie. Die Wirkung des Sklaventhums 
war von unberechenbarer Ausdehnung, befonderd in Sparta, Nie waren bie 
‚Herren ſicher, ob jene nicht loobräͤchen. Folgen davon waren, daß man, wie 
zur. Zeit des. peloponnefifchen Krieges, Taufende derfelben Hinterlifiig erwürgte; 
aud) daß man ftets Fampfbereit, ſteis gerüftet feym mußte, was dann wieder um 
fo leichter verleitete, in günftigen Momenten über die Nachbarvölfer herzufallen 
u: fie zu unterdrüden: ein Unrecht führt zum andern, ven doppelt unglüdlichen 
Zuftand der griechiſchen Sklaven wollen wir bier nicht im Einzelnen beleuchten, 
Die Barbarel, daß es von der Willlür des Vaters eines neugeborenen Kindes 
abhing, daſſelbe zu tödten, oder auszufegen, beftand rechtögültig in gem ©., das 
einzige Theben ausgenommen, Manche der ausgezeichnetften Beten! schen Philos 
fophen vermochten audy hierin ſich fo wenig zu einem höheren Begriffe zu erhe⸗ 
ben, daß ſie ein ſolches Verfahren’ geradezu guthießen. Ueberall in ganz ©. galt 
das durchaus werwerfliche Prinzip, daß die einzelnen Menfchen nur des Stans 
tes, nicht der Staat feiner Bewohner * vorhanden fet. Der Menſch, als 
foldher, hatte feinen Werth; nur info weiter ald Mittel zur Erreichung der be⸗ 
abfichtigten Staatszwere diente, adhtete man feiner! Am Weiteften durchgeführt 
finden wit dieſen unnatürlichen Grundfaß ‘bei den Bölfern dorifchen Stammes, 
namentlidy bei den Spartanern, wo fogar die Erziehung der Kinder nicht von 
den Eltern ‚geleitet werden durfte, fondern als Staatsfache behandelt ward — 
eine recht raffinirte Unnatürlichkeit, dur) welche fogar bie, den Beftien von der 
eingeprägte, Liebe zu ihren Jungen mit Füßen getreten warb! Berbreitung 
des Wiſſens und der Bildung ward unter den Griechen vielfach nicht geförbert, 
fonvern als gefährlich gehemmt. Unter den Spartanern tnsbefondere wußten 
Wenige zu leſen u. zu fdhreiben, Wiele nicht einmal zu zählen. Einen Lalkeda⸗ 
wmonter, der ſich auswärts mit der Berebtfamkeit vertraut gemacht, ließen bie 
Gohoren, als hiedurch beabfichtigter Täufcyung feiner Mitbürger ſchuldig, beſtra⸗ 
fen. Wber nicht allein bei biefem Wolke, fondern far überall in Alt-G. trei 
iwit auf Unwiffenheit u. Aberglauben. — So verboten die Mitylenier, nach Uns 
terwerfung einiger von ihnen abgefallenen Bundesgenoſſen, denſelben, ihren Skin» 
dern irgend einen Unterricht ertheilen zu laſſen, da fie die Unwiſſenheit als das 
ficherſte Mittel zur Begründung dauernder Knechtſchaft betrachteten. — Ein ſpre⸗ 
Sendes Zeichen des Gulturgrades gi va® Kriegäredit ver AR — 
begriffen aicht, das ber Sieger nicht Sehieier Über dor Artuoiaeiuen 


1018 ce iechenlaut 


ver Bewohner des beſtegten Staates. ſeyn ſolle z die ganze Kriegsſuhrung 
gewöhnlich" daranf Hmanß, nicht fowohl den Feind in offenem Kampfe —A 
bar zu beſtegen, als vielmeht, bie einzelnen Cinwohner des: feindlichen Landes 
durch Berwüftung ihrer delder, durch Gerheerung ihrer Wohnungen, durch Ris 
verbrennen ihres Eigenthums unglüdtich zu ‚machen, wenn man anders ihra 
nicht feibft habbaft werden u. ſie als Eflaven fortfchleppen lonnte, was immer; 
hin die befiebtefte Methode war. — Auch in den blühendften Zeiten der Gries 
hen finden wir es als eine gewöhnliche Erfcheinung aufgereichnet, daß bie Eier 
jet Die Unterlegenen verflümmelten ober nieermepelten. So weit bie alten HL 
kn in den fchönen ‚Künften voranfchritten, fo weit blieben fie in den meiften, be 
fonders in den rein technifchen, Wiſſenſchaften zurüd, theilweife nicht ohne un 
mittelbares, eigenes Verſchulden. Gelb in Dingen, die man fehr wohl wife | 
tonnte, herrſchie eine aumbegreifliche Unnsifienheit. Unter Anderem hielt man dar 
Berg Athos für fo hoch, daf fein Schatten bis auf die Iufel Lemnos falle, u 
daß man von feinem Givfel aus die Sonne drei Stunden früher zu ſche 
befomme, als auf der Ebene u. ſ. w. — Ein Hauptübel war es fobann, dej 
die Ausübung jeder Induftrie ald etwas Herabwürdigendes, ſelbſt Entehreniet 
betrachtet ward. Diefes gilt nicht nur hinſichtlich des einentlichen Gewerb 
Wefens und (Klein) Handels, fondern ſelbſt auch beim Aderbaue. Und ob 
wobl die Demokratie ihrer Ratur nad) dieſe Borurtheile beſchränken u. milden 
mußte, fo warten doch moch Platon u. Artftoteles der Meinung, der Anbau der 
Bodens müfle ausſchließlich Sache der, Sklaven feyn. — Wir wollen fein alu: 
go Gewicht darauf legen, doch verdient es jedenfalls Erwähnung, daß die 
riechen eine Maffe der heute gang gewöhnlichen Bebensannehmlichfeiten ent; 
behrten. Verwendeten fie ohnehin allen Flelß u. alle Pracht bloß auf die Aut: 
ſchmũckung der Öffentlichen Gebäude, neben denen. bie Privatwohnungen nur alt 
elende Hütten) landen, fo fehlte es auch in deren Innerem faft am Allem, ud 
felbft der prunfoolifte Grieche hatte kein Hemd auf dem Leibe. — Das Bolt dr 
‚Hellenen breitete ſich bald weiter über feine eigentliche Wohnfipe, aus und arim 
dete nach allen Seiten hin Eolonien. G. im weiteren Sinne zerftel: a) in Ron: 
©. u. diefes wieder in Theffalien, Epiros und Makedonien (erft feit Philipp zu 
G. gerechnet); b) in Mittel:G. oder das eigentliche Hellas, welches Akarnankn, 
Hetolien, Doris, Lokris, Phokis, Böotien, Aitila u. Megaris enthielt, u. c) dm 
Beloponnefos, weldyer das Beblet von Korinthos, Eykion, ferner Achaja, Eis 
Mefienten, Lafonten, Argolis u. Arkadien umfaßte. Außerdem gehörten m 6. 
noch d) mehre Infelgruppen. Die wichtigſten Infeln waren: aa) tm jontfde 
Meere, weſtlich u. füdlich der Halbinfel, Korkyra, Kephalonia, Aſteira, Ithalı, 
getuntboe, Kothera, die Pelopsinfeln. bei Trögen, Ephärta, Kalaurea, Negin, 
lamis, Kreta u. ſ. w.; bb) im Agälfchen Meere, öftlich u. fünlich von 
Karpathos, Rhodos, Kypros, Delos mit den Kyfladen (unter dieſen befondes 
Keos, Eyros, Melos, Jod, Raxos u. Paros merkwürdig), die Sporaden (untz 
diefen befonders Kos, Patınos, Samos, Chios, Lesbos, Tenedos, Lemnos, Eu: 
mothrafe u. das, den griechiſchen Küften fehr nahe liegende, Eubäa u. Skyros is 
merfenswerth). Die oben angegebene Eintheilung beftand nur, fo lange G. aus 
sepublifanifchen Staaten zufammengefept war; unter malebonifcyer Herrfha 
verwiſchte ſich dieſelbe immer mehr u. mehr, bis fie endlich mit Entſtehung des 
agaͤiſchen u. ätoliſchen Bundes, und noch mehr durch die Eroberung ©&.8 durch 
die Römer, faft ganz verrüdt ward. Unter den römifchen Kaiſern verfchwan 
aud der Name Hellas, und die Halbinfel, die diefen Ramen führte im engerm 
Sinne, nahm den Ramen Ach aja an. Eiſt, als fich das oftrömifche Reich von 
dem weftrömifchen ſchled, Fam der Name &. wieder in Aufnahme, und man ver 
ftand darunter das fonftige Hellas im weiteren Sinne, dehnte aber auch wohl 
den Namen auf alle Befiyungen ber byzantinifdyen Kalfer zwifchen dem abriati- 
ſchen Meere, dem Archipel u. dem —E Meere aus. Diele Bedeutung hat 
Ad auch bis auf die Ertiäytung de& Kind ©. alln, Io ur um 


iegeeiseb u. 


im pesötntichen Leben unter ©. bie ganze europäifche Türkei, mit Möldan und 
Wallachei, oder mit Ausſchluß dieſer Iehteren verſtand, oder 2) damit die, ches 
mals von den Griecyen befeflene Halbinfel meinte, welche die Provinzen Janina, 
Albanten, Filiba, Bilajett, Livadien, Moren u. die Inſeln des Archipels enthielt, 
. Das gegenwärtige Königreid ©. — Daffelbe grängt gegen 
Norden an die europäifche Türfel, und zwar an Theffalien und Albanien, gegen 
Dflen an den Ardhipel, wegen Süden an den Archivel und das —ã—— 
Meer, gegen Weſten an das joniſche Meer. "Die Nordgtänge geht vom Golf 
von Bolo im Often bis zum Golf von Ambrakia im Wi Es zerfällt: nach 
feiner natürlichen Lage in das Feſiland, in die Halbinſel ren und bie Infeln 
und umfaßt einen Flächeninhalt von 7174 [J Wellen," wodon gegen # auf jes 
den der beiden erſten Thelle und +- auf. die Infeln treffen. An Größe erreicht 
es daher kaum das Königreich Portugal. Das ganze Land iſt von Gebirgen 
durchſchnitten, welche ſchmale Thaͤler und kleine Ebenen von einander ge⸗ 
trennt find, Durch Livadien zieht ſich der Pindos in mannigfachen Verzweigun⸗ 
gen, deren eine, der Deta, ſich durch die ganze Infel Negroponte fortſe ht. Ein 
anderer Zweig erfiredt fidy nad) Morea hinüber, wo. er ſich zu einer fchötten u. 
ewaltigen Bergkuppe geftaltet. Die Bergzüge 'beftehen meift aus. verfdhiedenen 
mationen, weßwegen Marmor nirgends fehlt Nur wenige Berge erhes 
ben fid) über 5000. Aus Attika von Kalama her läßt ſich eine andere Berg⸗ 
Eette-über den Pentelilon und Hymettos durch die Laurta über das Cap Sunium 
bis gegen Bolyfandro verfolgen. Dieſe bilvet bie hervorragenden Südfpigen 
von Moren und ſendet ‚einen Zweig, den Taygetos, nach MWeften: Die ge 
Kallformation ©,8 ift reich an weit ſich ‚hinftredenden Höhlen, welche viele Waſ⸗- 
jerläufe enthalten. Die fchroffüen Felsabhänge find: mit der: üppigften Begetation 
ekleivet; wo ed an Waldungen fehlt, gibt es meiſtens Herzliche Biejen und 
biumenreihe Matten. Die vulfanifche Natur des: Landes, welche ſchon durch 
feine zerrifiene und zerfpaltene Geftalt angedeutet wird, beweiſen einige noch breu⸗ 
nende Bulkane und Erdbeben, welche befonders auf den Infeln häufig find. Nirz 
gends eriftirt ein Land mit einer fo bedeutenden Küftenausvehnung. Ueberall 
ſchneiden ſich tiefe Einbuchtungen ein:-fo bie Bufen von Arta, Artadien, Nava⸗ 
rin, Hydra; bie Bolfe von gevanto, Mefiene, Nauplia, Aegina, Zeituni, Kolo⸗ 
Hinthla u. f. w. Die zahlreichen Infeln find hoch und haben yerriffene Küſten. 
Es gibt daher fehr viele Caps und Lanbfpigen, viele‘ Meer⸗ und Landengen, uns 
ter dieſen biesberühmte von Korinth, «Große Längenthäfer fehlen, daher können 
Längere Flüffe ſich nicht entwickeln. Defto zahlreicher find die kleinen Küftenz 
H je. Der größte Fluß iſt der aus Thefjalten kommender und: in das joniſche 
münbende Aspropotamo; ihm) parallel fließt der Pindaris In ven Golf 
von’ Lepanto ergiefen ſich die Flüfe-Marno, Scyza, Siza, Tisfa, Livadoſtro, 
Kameniza,’ Bontza. In Morem fließen weſtilch der 'Peneus und Aipbeus, in 
den lakoniſchen Golf der Bafilifo Botamo. Im Attika iſt der Kephiſſos und 
Alſſos nördlich) der Komander, Kephiſſos und Sperchlos Im Allgemeinen 
tbt es nicht Waſſer genug, um bie Felder während der trodenen Jahreszeit zu 
ewäſſernz; man hilft Fr daher mit» künftlichen: Wafferleitungen. Die Luft tft im 
Ganzen rein und trodend Nur in Böotten finden ſich fumpfige Niederungenz 
Hige umd Kälte find gemäß'gt, der Winter dauert in den Thälern Arkadiens, 
des Parnafjos und des Helifon ziemlich kurz. Er hört. überall mit Regen und 
Wind; gegen Ende des Februars auf; der Frühling folgt fogleidy in feiner gan- 
zen önheit. Bon da an biß in den September regnet es nicht mehr; bie 
Auft iſt elafifch, der Himmel ſtets rein, bie Nächte find glänzend bel. Die Hite, 
weldye im Innern übermäßig if, wird am den Küften burdy die. Seewinde unges 
mein gemilvert. An Produkten jeber.Mrt IR G. durchaus gefegnet. Gchöner. 
Marmor wird far in allen Bebirgen gebrochen, treffliche Gifenerze findet man tm 
Attila und auf den Infeln Zen, Thermia, Gerfo, Stphnos, Politandro; Brauns. 
Sohlen auf ber Küfte von. Regroponte. Das &erreide aluiik tr To Knie. 


1088 Griechenland. 


prodult aber iſt der Oelbaum, Baumwolle, Korinihen u. f. w. Das beſte Du 
bejieht man von Napoli di Romania. Der Seidenbau iſt ergibig, der Maul 
beerbaum einheimifch. Wein wächdt in Menge und von guter Dualität, Colt 
früchte, Granaten und Feigen werden gepflegt; die übrigen Dbftarten wachie 
wild, Die beften deigen find die von Kalamitba; Reis gedeiht herrlich in dm 
Sämpfen von Elis. Die Hausthiere find meift auögeartet, namentlich Etiere, 
Pferde und Gfel; die befte Rindvieh- und Schafzucht hat Arfadien. Gerübnt 
wird noch jeht der Honig von Hymetlos und Hybla. Das Wachs wir meit 
roh susgefätnt, Der Zuftand des Aderbaues Äft ziemlich Eläglich , da bis jept 
von der, Regierung wenlg gethan werben Fonnte, denfelden aufjumuntern und die 
befiehenden Hindernifje aus dem zn zu räumen. Die Aderbautverkzeuge fin 
oh; felbft die gewöhnlichften Vortheile, dem Boden Fruchtbarkeit abzugewinne, 
bletben dem Bauern unbefannt, Um fo forgfältiger befchäfttgt man fich mit den 
Weinbaue und der Zucht ded Delbaumes. Mit dem Gewerbefleife und der Mu 
nufaftur. fieht es noch trauriger aus. Die gemeinften Gegenftände der häuslichen 
Bequemlichkeit müffen. aus dem Auslande bezogen werden. Die ganze Eriften 
von ©, if jegt auf den Handel begründet, wozu es durch feine Lage, als Ber 
mittelungöpunft zwiſchen dem Otiente und Decivente, allerdings vorzüglich geeig⸗ 
net iſt. Elinen wichtigen. Zweig beffelben bildet der Tauſchhandel, im welden 
die »teichen Ernten von Wein, Korinthen , Orangen, Feigen, Gitronen u. ſ. m, 
gruen die Sraeugmife der audländifdyen Induftrie abgetreten werben. Die Haupt 
tapelpläge deffelben find Syra, Nauplia, Kalamata, Navarin, Batras, Salon 
und Miffolungbt. In ©. rechnet man ungefähr 30,000 Handelshäuferz tm Aut- 
lande beträgt. die Zahl der griechticyen Handelsleute mehr als 100,000. Die 
bebeutenbfien Niederlagen des griedhifdyen Handeld in der Türket find Smyrm, 
Salonichi, Seres, Konftantinopel, Merandrien; ferner in Bosnien, der Moldau 
und Walachei, Fr Galacz, Jaſſh und Bucjareft. Die Anzahl ver griechiſchen 
Schiffe fteigt mit jedem Jahre und beläuft fidy jegt mehr als auf 3300. De 
Mittelpunkt des ganzen Handels Äft die Infel Syra. Die Regierung iſt fort 
während bemüht, dem Handel einen lebhafteren Aufihwung und geficherte Keftig- 
feit zu verleihen. In Nauplia, Patras und Syra beftehen Handeldfammern; in 
Athen ein Generalhandeldcomits und eine Seeafieturanggefel haft. 1841 wur 
eine Rationalbanf gegründet. Gin doppelter Dampffchiffconrs von Athen nad 
Trieſt und Konftantinopel wird febhaft benügt. Die jährliche Einfuhr fchlägt 
man auf 5 Millionen Thlr., die Ausfuhr kaum auf 2 Miftonen Thaler an. 
Der innere Handel erfreut ſich dis jeht Feiner bedeutenden Rührigfeit; nur wer 
nige Gtraffen find in gutem Stande; Unficyerheit durch Räuber herrfcht viel⸗ 
fach; für Bequemlichkeit i_nirgends geforgt. Die gange Bevölferung &.8 be⸗ 
trägt gegen 900,000 Köpfe. Die Mehrzahl darunter find Griechen. Sie betrachten 
fid) zwar als die unmittelbaren Rachlommen der alten Hellenen 5; doch iR die 
Reinheit diefer Aoflammung durch Beimiſchung umgähtiger Fremden, namentlich 
Slaven und Bulgaren, bedeutend getrübt worden, Die brüdende Knechtſchaft, 
in welcher fie Jahrhunderte Hindurd von ben Türken gehalten wurden, haben 
die ebelften Züge ihrer großen Borfahren aus ihrem Charakter verwiſcht. Eie 
find in der Regel ſchoͤn und wohlgebaut, entwideln fidy frühzeitig, vorzüglich das 
weibliche Geſchlecht; das dagegen eben fo fehnell wieder verblüht. Unter den 
Männern gibt es viele, welche, im Beflge ihrer ganzen männlichen Kraft, ein 
hohes Alter erreichen. Ihr Charakter ift lebhaft feurig, aber unbefländig und 
zu Berfellung, Liſt und Schlaubeit geneint. Gitelfeit, Lächerlicher Hochmuth, 
unbegrängter Ehrgeiz, Neid und Eiferfucht, Beftechlichkeit und Habfucht find cha⸗ 
ralteriſtiſche Eigenfdaften, die vieleicht ihrer Natur durch traurige Schidjale 
aufgewungen worden find. Am adhtbarften find die Bewohner Nikomediens und 
des nördlihen G,s. Durch Freigeitsltebe zeichnet fi der Bewohner der Infeln 
aus; alle lieben leidenſchaftlichen Tanz und Gefang, weniger die Sittlidyfeit. 
Agemein verbreitet iſt det Aberglaube In keiner trafiten Ott, — De geritten 


raue. 


— — 2— 


Griechenla; 1] 


Tracht gleicht fehr der türfifchen. Das Nationalgerand der Männer iſt die Fuſta⸗ 
nielfa, ein geftreifter und gefalteter Weiberrod von weißer Leinwand. Die Kopf⸗ 
Bervedung ft der rothe Feß. Im Einzelnen vielfady abweichend zeigt fich bie 
Tracht ver Infelbewohner. Kleider, Häufer und Geräthfchaften, audy diefe größ- 
tenthells nach orientalifcher Sitte, werden überall höchft unreintich gehalten. 
Das häusliche Leben trägt noch ganz den orientalifchen Charakter. Liebe, häus- 
liche Tugend und das zarte Familienband kennt man wenig. Das Weib ir noch 
heute mehr oder teniger die Sklavin ded Mannes und durch das Herfommen 
der Gefellichaft entzogen; nur tief verfchleiert darf fie fich außerhalb des Haufes 
zeigen. Stiden, Währden erzählen, Muftt, iR Alles, worauf die Frauen in ih⸗ 
rer Abgefchievenheit fich befchränft fehen; der Geiſt bleibt ‘ohne Bildung. Bär 
der, lange Welle und Müßtggang unter den vornehmen Ständen, ſtlaviſche Ars 
beiten. unter den niederen, bringen die weiblichen Reize früh zum Verwellen. Uns 
terricht u. Bildung kann natürlich noch auf feiner hohen Stufe ftehen. Die Uns 
terrichtö»Anftalten mußten feit der Gründung des neuen Staates erft Ind Leben 
gerufen werden; indeſſen hat die Regierung as Mögliche geleitet. In Alten 
wurde 1837 eine Untverfität errichtet; Gymnaflen find zu Athen, Nauplia, Syra 
u. Pattas. In demfelben Verhältniffe wird für das Bolfsfchulmefen geſorgt 
500 Schulen und ein Schullehrerfeminar in Athen, "Für befondere Fächer 
beftchen zu Athen eine polytechnifche und eine Militätſchule und 2 Schiffahrts- 
Säulen in Syra u. Patras, Der Aufwand für das Unterrichtöwefen ift auf 
100,000 Thaler feſtgeſeht. Wiſſenſchaftliche Vereine für Naturwiſſenſchaften, 
Medlzin und Archäologie find mehr nachgeahmt, als aus einem Bedürfniffe ents 
fanden. Wiſſenſchaftliches Leben tft bis jeht durch die politifcyen Bewegungen 
zurüdgehaften worden. Zeitungen, Zeitfchriften und Schulbücher find faft die 
einzigen —55— von dem Dafeyn eines Bildungselementes — Die herrſchende 
Religion iſt die griechtfch-Fatholiiche., Das Oberhaupt derfelben war früher der 
Pattlarch zu Konftantinopel; feit 1833 aber twird, nach einem Beſchluſſe der Nas 
tlonalſhnode, die Kirche durch die Heilige * der oberſten geiftlichen Behörde, 
welche immer in Athen beifammen if, geleitet. Die Zahl der Bifchöfe iſt fehr 
herabgefegt worben u, namentlidy hat ſich die zahliofe Menge der niederen Geift- 
lichfeit gegen früher fehr vermindert. Deßgleichen find die Selöfter beiderlet Ge⸗ 
ſchlechtes jeit 1829 durch dem Beſchluß d:8 Nationaleongrefjes 'n. durch ein Ges 
feg von 1833 auf die Zahl von 112 herabgefegt tvorden. Neben der griechiſchen 
wird die römifch-Fatholifche Kirche, der ‚ver Ring ſelbſt angehört; (geduldet; fie 
bat ein ‚Eröbisthum zu-Naros u. Bisthümer zu Syra, Tino m. Santorin. : Die 
Berfüffung ©.8 if felt dem 45. Septemiber 1843 conflitutionell.monatchifeh. Der 
5* ige König iſt Otto I, Prinz von Bayern, Das Königthum iſt erblich 
m ber männlidyen u. weiblichen Linie feiner Nachkommen, Im Falle des Ausfters 
bens "geht die Nachfolge auf feine jüngeren Brüder u. deren Näachlommen über; 
niemal® aber darf die griechiſche u. bayerifche Krone dereinigt/werben. Die Eens 
tralbehörben der Stantöverwaltung werben gebifvet durch das Staatamlniſterium 
mit 7 Departementd: dem des Hnigtidhen Haufed, des Innern, des Auswärtl- 
gen, der Juſtiz, des Cultus, der Finanzen und der Marine u. durch den Staats: 
rath, welcher nach dem Mufter des baheriſchen eingerichtet If u. worin ver Kö⸗ 
nig den Vorſih führt. Dem gefammten Minifterkum find der Rechnungshof, das 
Generalfdyagamt und das Generalpoftamt untergeordnet. Für die Rechtöpflege 
beftehen 3 Griminalgerichte, zu Nauplta, Theben u. Miſſolunghiz die legte Ins 
ſtanz iſt der Gaffationshof zu Athen. Für leichte Rechtsfälle und zur Unterflüs 
Hung der Poltzeiverwaltung find die Friedensrichter inftruirt, Die neue Organi- 
fation des gefammten Rechtöwefens rührt von dem Staatsrathe v. Maurer ber, 
weldjer dabei unverkennbar das Mufter der franzöfffchen Einrichtung im Auge 
Hatte: Die Polizeipflege liegt größtentheils in dem Gefchäftöbereiche der Gou- 
verneure u. Untergouverneute; ein Gendbarmertecorps, beritten 1. zu Fuß, wacht 
über die oͤffentliche Sicherheit, Die wichhtigken neuen Bunühe ir ir 


4020 Griechenland, 


Strafcoder vom Jahre 1833, das Gefeh über Berfahren: in Strafſachen, die Se 
sichtö> und Rotartatsorbnung und bie —— fämmtlidye aus dem 
Jahre 1834. Die Finanzen befinden ſich noch Immer in einem fehr bedenkliche 
Zuftande, da die. Einnahmen ſtets von den Ausgaben überſtiegen werden. Die 
legteren ‚belaufen- fi) anf etwas mehr als 19 Millionen Dramen, während die 
erfteren auf noch nicht 19 Millionen gebracht werden, Die Eivillifte iſt auf 
eine, Million Drachmen feftgefept: . Die Staatsichulden bereiten der Regierung 
die geihten Berlenenheiten. Bei: der Thronbefteigung des Könige wurk 
eine Anleihe von 60. Millionen Franken unter Garantie von Franlceich, Eng 
land, und Rufland.negoclirt, davon aber 13 Millionen als Entfchädigunge 
Summe an die Pfötte beyahlt. Außerdem beſtehen noch das Eynard’fche, 3 
Uſche, Rothſchild'ſche u; bayerifche Anlehen. Die Geſammtfumme der Zinſen bel 
fich auf 34 Millionen Drachnen; der größere il davon iſt aber häufig rd 
— fo daß die ganze Maſſe der Staatafcpulden, mit —— 
von Fr —* a — —— aufgelaufen, ein Die 
— unter eigenthümlichen Schmi jen entwidelt. Die Freih 
w meiſt durch die Klephten und, Palikaren, -unregelmäßige und räuberii 
Truppen, geführt. Aus den. brauchbaren Mannſchaften derfelben und mit Hüle 
von Bere en’ Truppen wurde fpäter ein. reguiäres Heer gebilvet. Es beftcht 
aus 3 onen, regulären Infanterie, einem: Zägerbataillen, einem Bataillen 
leichter Iufanterte, einem Batalllon Artillerie, fieht aber einer. nothgedrungem 
Reduktion entgegen; aus demfelben Grunde, weßhalb aud die Dffisiergehalte 
verkürzt worden find, Die. Gränzbewachung wird von Palifaren verfeben. Ext 
1838 ſt die Gonfeription eingeführt; ‚die Dienfigelt währt A Jahre. Die Marias, 
ebenfalls während des Freiheitäfrieges durch die Noth des Augenblides zufam 
mengebradht,. befteht jet. aus-32 Kılegafahrzeugen.mit 120 Kanonen u. 1100 Ram 
ee Das griechiſche Wappen ift ein filbernes Ru in weißem Felde; in 
Herzichilde die baheriſchen blauen und weißen Rauten, mit der Königöfrone bs 
det.) Die Flagge befteht aus 5 blauen und 4 weißen, der Ränge nach abmets 
felnden Streifen. Es befichen 2 Orden: der Berbienftorden in 3 Elafien, 182 
gi tet, und der 1833 ‚geftiftete Orden des Erlöfers mit 5 Glafien. 1833 wurde 
tn SO Kreife (our) eingeiheilt,- diefelben aber 1836 in 30 Gouwernements 
und 4838, -in 24 Gouvernemenis verwandelt, Die Gouverneure wurden mit 
3600 bis: 4800 Drachmen (900-1000 Thir.), die Untergouverneure mit ein 
Befoldung von 2400 Drachmen (600 Thlt.) angeſtellt. Die Gotvernemenis 
find: Argolis (Hauptſtadt Rauplia), Hydra (Hydra), Korinth (Korinth), Adaiı 
Batras), Kynaethe (Ralaurita), Elis (Byrgos), Tripbylia (Kopariffea), Meſſe 
nten (Ralamata), Mantinea (Tripoligga), Goriynia (Karptene), Laledaͤmon (Sparta), 
Lafonien (Mfropolis), Aetolien Miffolungdt), Akarnanien (Argo6), Eurytania 
Dehalia), Photlo (Amphiſſa), PHtbiotis (Lamta), Attifa (Mihen), Böotien (ki 
badia), Eubda (Ghaifis), Tinos mit Andros (Tinos), Syra mit den Kyfladen 
(Syra), Raros und Patos (Naxos), Thera mit den umliegenden Infeln (There). 
Die giRadt des Königreichs war bis zum Jahre 1834 Nauplia, dann wurde 
die Reſidenz nad Athen verlegt, welches jeht gegen 20,000 Einwohner zäblt. 
Die zu dem Koͤnigrelche gehörenden Inſeln find folgende: unter den nördlichen 
Spotaden: Stiato, Gfopelo, Dromi, Pologneft, Siyro. Weſtliche Sporaden: 
dra, Spezgia, Voro, Aegina, Salamis. Nördliche Kylladen: Andros, Tinos, 
ykone, Syra, Thermia, Jea, Serfo. Mittlere Kolladen: Raros, Paros, Joe, 
Sitino, Polikandro, Milo, Kimoli, Siphnos. Südliche Kylladen: Amorgo, Staw 
palia, Anapbia, Santorin. Gangbare Münzen, Drach men (f. d.) zu 100 Lepta 
Gepraͤgte Münzen in Silber: Stüde au 5, 4, 4 und 4 Drachmen. In Kupfer: 
Stüde zu 10, 5, 2 und 1 2epton. Goldmünzen zu 40 u.20 Drachmen. Bergl 
Ufert, „Gemälde von ©.“ (1811); Stourdza, »La Grece en 1821 (1822); 
Depping „G. und die Griechen“ (1823); Thieri, »De letat actael de la Grece« 
(1834); von Maurer, „da8 griedgliäe Bott AR, Dinad, Bari 


— — 


—— 78 


rer u 
topograpbifdye Reife nach ©.“ (1801, 5 und 6, überfegt 1824); Broendflev, „Re 
fen und Unterfuchungen in ©.*(1825)5 vw. Klenze, „Aphorififche Bemerkungen, 

jefanmelt auf einer Reife nach ©." (1838); Greverus, „Reife in G.“ (1839); 

ſt Püdler, „Süpöflicher  Bilderfanl“ (1841); Fiedier, „Relfe durch ©,“ 
1840); Steub, „Bilder aus ©.“ (1841); Brandis, „Mittheilungen über ©." 
(1842); Roß, „Reifen durch ©.“ (1841); Neigebaur, „Handbudy für Reifende 
1n@.“ (1842); Strong, »Greece as a Kingdoms (London (1842), 

IL Geſchichte. H Mythiſche Zeir bis zum trojantfhen Kriege, 
®. war: in der graueften Vorzeit von 2 Stammvölfern, den Pelasgern und dent 
Hellenen, bewohnt, Die Belasger follen nody vor der Deufalionifchen Fluth 
aus Klein⸗ Aſten diber Kreta, Samothrafe, Lemnos u. a., von ihnen juerk bes 
wohnten, Infeln nach Europa ſegangen feyn, fich auf dem Peloponnes (Pe 
Tasgta) niedergelaffen haben, wiewohl audy manche pelasgtiche Vdikerſchaaten aus 
Koichis, oder vom Kaulaſos her, längs der Norbfüfte des Pontos Euxinos, hin⸗ 
abgejogen und über den pont näch Thraklen gefommen a Daß 
nicht ſo roh und ungebildet geweſen, wie die gewöhnliche Sage ſpäterer ©, 

je darflellt, geht aus ihren Bauwerken und aus den Boilsſagen der Aiten hervor, 
wonach fie die Stifter der Myfterien, der Kabiren und des Orakels zu Dodona 
find, und nach denen Thrakien die Wiege des griechiſchen Gefanges iſt. Sie 
breiteten ihre Wohnfige in G. immer ter aus, und überall wird ihr Name 
jehört, Arkadien (Pelasgia im engeften Sinne) war, außer —* eines: der 
hönften Länder, das fie bevölferten, und von hier ging ſchon eine Colonle nach 
jtalien, "Ein anderer Zug ging nach dem nördlichen ſalien (auch —— — 
gehannt). ‚Hier lebten die Pelasger fünf Menfchenalter über in Ruhe und St 
herheit, als zu Anfang des 6, Deufalton bie, biäher von ihm bewohnten, Gegen⸗ 
den am Parnaß wegen großer Ueberſchwemmung verließ u. mit feinen Böllern, 
die von feinem Sohne Helen den Namen Hellenen annahmen, nad) Theffalten 
wanderte. Die Belasger flohen vor Deulailon aus Theffalten, und ihre Flucht 
zerftzute fie in G. Kleinafien und auf den benachbarten Infeln umher, wo fie 
fpäterhin ſich überall mit heilenifchen Pflanzvölfern vermifcht haben; nur eim Hets 
ner Theil vettete ſich in die Gebirge des Diymps und des Dffa, wo ſich Ueber 
tefle des pelasgiſchen Volfes erhielten; ein anderer flüchtete fidy mitten durch das 
Land nad) der Küfle von Epiros, zu den Dodonäern, und von hier ging wiever 
eine" Colonie nach Itallen, welcher eine andere ans Aıfabien nachfolgte, "Der 
Zeitpunkt, wo die ©; den Namen: Hellenen annahmen) läßt fidy nicht genau bes 
— Zu dleſer Vereinigung trug die Errichtung der olympiſchen Spiele, die 
efeſtigung hellenifcher- Herrſchaft durch eine Gonföberatlon (Amphiftionen- 
Bund, f. d.) und die mächtige Ausbreitung des helleniſchen Bolksftammes von 
Thefjalten über ganz ’©., Arkadien allein ausgenommen, gewiß viel bei, Die 4 
Zweige desfelben: Aeolter, Dorter, Jonler und Achäͤer, erwuchfen mit der Zeit zu 
anfehnlicdyen Völlerſchaften, colonifirten das Feftland u. den Archipel u. verpflangs 
ten fi) zum Theile auf die Küften von Vorderaften und Unteritalten (ſ. Groß-@.), 
ar dagegen ſchon weit früher (ſeit 1560: v. Chriy viele aſtatiſche u. Agyptifdye 
lonien ſich in ©, angefiedelt "hatten, durch deren vetſchiedene Niederlafjungen 
eine Menge Heiner, unter fi unabhängiger Reiche oder Dynaftien entflanden, 
unter welchen Argos und Gifyon wohl dieälteften waren, Die Elemente ver 
giechiſchen Gultur entwidelten ſich nach und nad) aus dem erflen rohen Stöffe; 
zetbfunft (wiewohl nody als Prieftergeheimniß) ‚ Getreide: u. Weinbau fingen 
anz die Kunft, Pferde zu bändigen und vor die Wagen zu fpannen, wurde geübt 
AKantauren, Grechtheue) und die Bearbeitung der Metalle (Kupfer und Eifen) 
ward ſchon von Kadmos und den tdätfchen Daktylen gelehrt; dutch die Bereint- 
ung mehrer Dörfer entftanden Etädte (Kelropia, Kadmea u. a.) und mit ihnen 
— Gewerbe und Verkehre nach Maß und Gewicht; fpäter Goldmüngen 
iſ. Aegina)., Minos I. von Kreta hielt zuerſt eine Flotie tm Agätfchen Meere 
gegen die Katier und. Bhönikier; Handel und ESciffahtt ainiiyen Klum, Tut, 


6020 Griechenland. 


Strafcoder vom Jahre 1833, das Geſetz über Berfahren in Strafſachen, bie Ge 
richts⸗ und Notariatsordnung und die Civilprozeßordnung, fämmtlidhe aus den 
Sabre 1834. Die Finanzen befinden fidy nody immer in einem ſehr bebenllichen 
Zufande, da die Einnahmen fletd von den Ausgaben überlegen werben. Die 
lesteren belaufen fidy auf etwa® mehr ald 19 Millionen Dradymen, während die 
erfieren auf noch nicht 19 Millionen gebracht werden. Die Givilitte iR anf 
eine Million Drachmen feflgefeht. Die Staatsſchulden bereiten ber 
bie größten Berlenenheiten.. Bet der Thronbefleigung des Könige wurde 
eine Anleihe von 60 Millionen Kranken unter Garantie von Frankceich, Eng 
fand und Rußland, negocitrt, davon aber 13 Millionen ale ( 
Summe an die Pfötte bezahlt. Außerdem beſtehen noch das Eynarp’fdye, 
liſche, Rothſchild'ſche u. bayerifche Anlehen. Die Geſammtſumme der Zinfen Geld 
ſich auf 34 Millionen Drachmen; der größere Theil davon iR aber fig rib 
ſtaͤndig geblieben, fo daß die ganze Mafle der Staatefchulgen, mit > —— 
dieſer Reſte, auf mehr als 190 Millionen Drachmen aufgelaufen iR. “Die Kriege 
macht hat fid) unter eigenthümlichen Schwierigkeiten entwidelt, Die 
wurden meiſt durch die Klephten und ‘Balitaren, unregelmäßige umb 
Truppen, geführt. Aus den brauchbaren Mannfchaften deif und mit Hälk 
von bayerlichen Truppen wurde fpäter ein reguläred Heer gebildet. GE befkcht 
aus 3 Bataillonen tegulärer Infanterie, einem Jägerbatalllon, einem WBatailien 
leichter Infanterie, einem Bataillon Artillerie, fiebt aber einer norbgebrungene 
Reduktion entgegen; aus demfelben Grunde, weßhalb audy die Dffisterögchaie 
verkürzt worden find. Die Gränzbewachung wird von PBallfaren verfehen. Get 
1838 if die Gonfcription eingeführt; die Dienfizelt währt 4 Jahre. Marire, 
ebenfalls waͤhrend des Freiheitöfrieges durch die Noth des Augenblickes zufams 
mengebracht, beſteht jetzt aus 32 Kıiegsfahrzeugen mit 120 Kanonen u. 1100 Rem 
Deſatung. Das griechiſche Wappen if ein fllberned Kreuz in weißen Felde; is 
Herzſchilde die bayerifcdyen blauen und weißen Rauten, mit der Königskrone be 
det. Die Flagge belebt aus 5 blauen und 4 weißen, der Pänge nach abmei» 
felnden Streifen. &8 beſtehen 2 Orden: der Bervienfloiden in 3 Glaflen, 182 
gehiftet und der 1833 geftiftete Orden des Erlöfers mit 5 Claſſen. 1833 wurke 
. in iO Kreiſe (vosoı) eingeiheilt, diefelben aber 1836 in 30 Gouvernemets 
und 1838 in 24 @®ouvernements verwandelt. Die Gouverneute wurben mit 
3600 bis 4800 Drachmen (900-1000 Thlr.), die Untergouverneure mit einer 
Befoldung von 2400 Dradymen (600 Thlr.) angeſtellt. Die Bouvernements 
find: Argolis (Hauptſtadt Rauplia), -Hubra (Hydra), Korinth (Korinth), Acyaie 
(Batras), Kynaethe (Ralaurita), Elis (Pyrgoe), Tripbylia (Kypariſſea), Meſſe⸗ 
unten (Ralamata), Mantinen (Tripolisza), Bortynia (Karytene), Salevämon (Gparta), 
Lakonien (Akropolis), Aetolien (Miffolungbi), Akarnanien (Wrgo6), Curytanlı 
(Dechalia), Phofls (Amphiſſa), Phthiotis (Lamta), Attila (Athen), Böotien (kb 
badia), Eubda (Chalkis), Tinos mit Andros (Tinos), Eyra mit den Kyklader 
ESyra), Naxos und Paros (Naros), Thera mit den umliegenden Inſeln (Thero). 
Die —— des Koͤnigreichs war bis zum Jahre 1834 Rauplia, dann wurde 
bie Reſidenz nady Athen verlegt, welches jebt gegen 20,000 Einwohner zählt. 
Die zu dem Königreiche gehörenden Inſeln find folgende: unter den nörbliden 
Sporaden: Stiato, Gkopelo, Dromi, Polognefl, Skyro. Weſtliche Sporaden: 
dra, Spezzia, Poro, Aegina, Salamis. Noͤrdliche Kykladen: Andros, Tinot, 
kone, Syra, Thermia, Jea, Serfo. Mittlere Kykladen: Naxoo, Baros, Job, 
Sikino, Polikandro, Milo, Kimoli, Siphnos. Suͤdliche Kykladen: Amorgo, Stau⸗ 
palia, Anaphia, Santorin. Gangbare Münzen, Drach men (f. d.) zu 100 Lepta. 
Gepraͤgte Münzen in Silber: Stüde au 5, 1, 4 und 4 Drachmen. In Kupfe: 
Gtüde zu 10, 5, 2 und 1 Lepton. Goldmünzen zu AU u. 20 Drachmen. Bergl. 
Ukert, „Semälde von G.“ (1811); Stourdza, »La Grece en 1821 (1822); 
Depping „®. und die Griechen“ (1823); Thierfch, »De l'etat actual de la Grooe⸗ 
(4834); von Maurer, „das artechiidhe Voll“ (1835); Dodwell, Elaſſiſche und 


















Griechenland. soBL 
topographifche Reife nad ©.” (1801, 5 und 6, überfeht 1821); — „oteh 
(en Und Unterſuchun RR G.“ (1825) v. Klenze, Aphortſtiſche B tmerfungen 
efammelt auf einer nah ©." (1838)5 Breverus, „Reife in G.“ (1 33 
ſt Büdler, "Ehnöhticher Bilderfaal* (1841); Siedler, „Reife durch ©.” 
1840); Steub, „Bilder aus G.“ (1841); Brandis, „M ‚über ©.” 
(1842); Roß, „Reifen durch G.“ (184115 Reigebaur, "Handbud für Reifende 
in ©.” (1842); Strong, »Greeoe as a Kingdoms (London (1842), 
Il, Sefhicte. 1) Mythiſche Zeit bis zum trojantfchen Kriege 
®. war. in der graueften Borzeit von 2 Stammvölfern, ben —— 
Hellenen, bewohnt. Die Pelas ger ſollen noch vor der —æe * 
aus Klein⸗Afien über Kreta, Samothrake, Lenmos u. a., Yon ihnen zuer bes 
wohnten, Infeln nady Europa übergegangen feyn, ſich auf dem Peloponnes. (Be 
lasſgia) nievergelaffen haben, wiewohl auch manche pelasgiſche Bölferfchanren aus 
Kolchis, oder vom Kaukaſos ber, längs der Nordkuſte des Pontos Euxinos, hin⸗ 
abgezogen und über ben yont nach Thraklen gelommen feyn m 
i nicht fo roh und ungebildet gewefen, wie bie gewöhnliche Gage päterer. ®: 
fie darftellt, ‚ geht aus ihren Bauwerken und aus ber Wolköfagen der Alten hervor, 
wonach fie die Stifter der Myfterien, der Kabiren und des Drafel zu Dodona 
find, und nady denen Thrakien die Wiege des griechiichen en Belange iſt. Sie 
breiteten ihre Wohnflge in G. immer er aus, und krd ihr Name 
ehört. Arkadien (PBelasgia im engeften Siune) war, außer —* a, eines ‚ber 
[Sönten Länder, das fie — und von hier ging ſchon un oe 
talien, Gin anderer Zug ging nad) dem nörblichen Speffalien (ah (auch 
genannt). Hier lebten die —— fünf Menſchenalter über in Ruhe —* 
cherheit, als zu Anfang des 6. Deukalion die, bisher von ihm bewo * * 
den am Parnaß wegen großer Ueberſchwemmung verließ u. wi | 













ʒerſtre 
ſpaͤter hin * —E* vermiſcht 
ner Theil rettete fi en die Gebirge des. as und des Oſſa, wo fidh Lieber» 
ref des —8 Bolkeo erhielten; ein anderer flüchtete ſich mitten durch das 
Land nach der Kuͤſte von Epiros, gu den Dobonäern, und von bier ging 2* 
eine Colonie nach Italien, welcher eine andere aus Arkadien na Plate 
Zeitpunkt, wo die G. den Namen Hellenen annahmen, läßt ſich nicht mau * 
ſtimmen. Zu dieſer —— trug die Errichtung der olympiſchen ee — 
— helleniſcher Herrſchaft durch eine —— — —— — 
Bun», f. d.) und die Bike Ausbreitung des bellenifchen Volkoſtammes von 
Theffalten über ganz G., Arkadien allein außgenommen, gewiß viel bei, Die 4 
Zweige desſelben: Heolter, Dorier, Jonier und Achaͤer, erwuchfen mit der Zeit. zum 
anſehnlichen Böltafchafıen, colonifitten das Feflland u. den Urchipel u. verpflaup 
ten ſich zum Theile auf bie Küken von Vorderaſten und Unteritalien (f. Eroß-@.), 
fowie dag Ion * her (fett 1560 v. Chr.) viele Ratte u, Agyptifdye 
fe in t hatten, durch deren verſchiedene Richerlaffungen 
eine Menge Heer under fi unabhängiger Reiche oder Tynaftien enthanden, 
unter welchen Argos und on * ( die alteſten waren. Die Elemente ber 
riechifchen Cultur entwidelten und nad) aus bem erſten rohen * 
chreibkunſt (wiewohl noch als —— — Getreide⸗ u. Weinbau 
an; die Kunſt, Pferde zu bänbigen und vor bie a in fpannen, wurde 
(Kentauren, Erechtheus) und d eg Boa etalle (Kupfer und * 
ward ſchon von Kadmos und ben ipät ktylen gelehrt; durch Die Bereint 
ung mehrer Dörfer entſtanden Etäpte — Kadmea u. a.) und mit ihnen 
— *8* Gewerbe und Verkehre nach Maß und Gewicht; ſpäter Goldmünzen 
(. Aegina). Minos J. von Kreta hielt zuerſt eine Flotte im Agälfchen m 
gegen die Karler und Phoͤnilier; Handel und Schifffahrt gedichen, ſeiiden urn 





1024 Griechenland. 


mehr | und: ber Krieg gegen — —— 
Fr Agefilaos Yale. & — als Nierander der Perf 
erobert haben, wenn nicht das ſſche Geld und die Hoffnum; | 
Griechen erwedt iu. feinen Plan vereitelt hätten. “Der thiſche Krieg erfolg 
(894 v..Ehr.). Epatta: fiegte über die_verbundenen Griechen bei 
rächte fi an ihren durch den ſchlmpflichen Antalkivifchen Wrieben, der 
dorm nach nicht weniger, als durch feinen Inhalt, ein Werk der Willfür 
der perfifche Monarch war Garant des Friedens, bei Bolgiehung 
überlaffen wurde, das auf biefe Welfe fein verhaßtes Anfehen in 
Athen ſich den Frieden gefallen, ‚weil es einige ihm: unterworferte 
oder noch nicht mächtig genug war, ſich gegen e Rivalin 
aber trat gezwungen dent Traftateı bei, da «6 feine 
Städte in Böotien verlor. Die Rafedämonter: Keen ihm nady der 
von Kadmea ihren Stolz und ihre gebieteriiche fühl 
der thebanifche „ wodurch ihre Macht nach dem Berlufte von Mei 
Kraftlofigkett herabſanl. Ihre Stelle in der ‚monie nahmen fofi 
baner ein (371—62 v. Ehr.), aber nur fo lange, als der große 
auf dem allehn ihre Stärke ruhte. Mit feinem Sohe erlofch auf 
Badel des Bür, jes in ®., am deſſen mörblicher Gränge ſich aber 
eine — I > —* * u alo —— —— 
Griechen at wurde von Male "mach; 
profeftirten Unterjochung ©.6 ak Der Wegnahme von Amphipolis und 
befan! 


a 


@ 
E 
€ 


i 


se] 


r 


anderen gtiechiſchen Beflyungen an der thrafiichen Küſte, wodurch er 
See öffnete. When, für deſſen Handel fie wi waren; * 
Stand, Philipps eiſte Feindſeliglelten zu hindern, denn es war im 
desgenoffenkrieg, 859-565 v. Ehr.) gegen Byzanz und bie jeln Chise 
Samos, Rhodos verwidelt, die ſich feiner Herefchaft zu entzii fur 
mußte zulegt mit ihnen auf von den Bundesgenofien vorgefchriebene Bed! 
Frleden fchließen, weil der perfifche Köntg mit Hülfeleiftung drohte u. 
briad, nody ein Iphikrates, die Kriegsoperationen leitete, fonbern Gharı 
phoktfchen Kriege, der hierauf ©. verheerte, nahm Philipp gegen die 
und ihre Bundesgenofien, die Athener, um fo lieber Antheil, weil er fid 
religiöfen _Vorwande in benfelben mifchen und Diynthos umd der übrige 
Städte auf der chalkivififchen Halbinfel fi bemächtigen konnte, woburd e 
fich den Weg nad) ©. bahnte, Vergebens kämpfte Demofthenes mit fü 
Berebtfamfelt gegen bie Indolenz feiner audgearteten Zandeleutez während fd 
Athen durch trügertfche Unterhandlungen einjhläfern- ließ, hatte Philipp fin 
Groberungen gefichert; ohne Wiverftand ging er durdy Thermopylä, verfammen 
zu Deipht die Amphiktyonen und ließ den Phokäern das Strafurtheil fprede, 
wodurch fle ihre zwei Stimmen auf dem Reichötage verloren, weldye feitdem Nu 
kedonien erhielt, das ſich nun unmittelbar in die inneren Staatsangelegenbeita 
der Griechen mifchen u, durch feine Bundesgenoffen, die Thebaner u. Theffalia, 
die Beſchiüſſe des Reichstages lenken Fonnte, Seine geheimen Agenten und i 
fio Anhänger in allen bettaͤchtlichen Städten unterließen außerdem Rick, 
Philipps Einfluß zu vermehren, over feine widerrechtlichen Eingriffe zu —A 
digen. Phokion hemmte noch die raſchen Fortſchritte ſeiner Waffen auf Gubda ı 
gegen Byzanz u. rieth zum Frieden mit Philipp, ſelbſt als biefer Ind Herz an 
. eingedrungen war und Elatea überfallen hatte. Wber die Einwohner diefa 
Stabt und oſthenes Aufruf ſehte G. auf einmal in Bewegung. Athene, 
Thebaner, Achäer, Korinthier und andere Völker vereinigten ihre Heere auf den 
Sqlachtfelde bei Chäronen; aber Philipps Sieg (3. Auguft 338 v. Ghr.) war 
das Grab der griechiſchen Freiheit und der Anfang der makevonifäpen Heirſchaft 
in ©. — 3) G. unter makedoniſcher Herrſchaft. Der Steger ſammelu 
fofort die griechifchen Abgeordneten in Korinth und ließ fid) zum Öberfeldhern 
der griecpifchen Bundesatwee ernennen, work & Nr Urdoerumg ud Yale 


BBEBS 
Eat Pre TE 


{ 


— — — — — — — — — - 


Vriechenlandb. 2 
Reichs unterriehmen wollte (336 v. Chr.). Dieſe Eroberung var aber feinem 
Gohne vorbehalten, dem fi) G., nach Shebene —— | 8 Neue umterwerfen 
und nach Antipaterd Sieg untertoorfen eiben mußte, ein nah feinem Tode 
und bei den fostwährenden Gtreitigfeiten feiner Feldherrn Ölen nu ed G. wieder, 
fi) zur Unabhängigkeit zu erheben (322 v. Ehr.), wiewohl mit keinem glüdtichen 
Enderfolge; die getheilten und übel Ipelehteten Berfuche ke Wiedererlangung 
Freiheit Rürsten es nur tiefer in n; Ruedi of ai eeibei Fable mußte Die 
Rache des Sieger empfinden, das aber t fählg war. Seit 
Antigonus Gonatas bie mafedonifche shaft leer —*5 —* (266 ». 
Ehr.), behandelten die Könige die Griechen, unter dem Titel von Bundesgenoſſen, 
wie Untergebene und ſchuͤtzten felbft die Kleinen Tyrannen, die ſich in vielen Stäb- 
ten der Regierung bemächtigt hatten. Gegen fie erhob ſich mitten unter den 









- Srümmern der peloponnefifchen Republifen der hätihe Bund und ſchien neben 


dem Bunde der Wetolier Cätolifcher, auch Aolicher Bund), die letzten Strahlen von 
Freiheit über G. zu verbreiten und bie Unabhengigleit gegen Makedonien zu bes 
yauplen; allein die GEiferfucht ward bald die K met woran die beiden Städte 
nföderationen fcheiterten: denn fie entzündete nicht nur den Kleomenifchen Krieg 
(227 —22 v. Ghr.), und Aratos ſelbſt * die DRatevonie zu Hülfe und räumte 
die Feldherrn⸗ Stelle lieber dem Könige Antigonus Dofon, ale feinem Rebenbuhler 
Kleomenes IE von Sparta ein, fonvern fie erzengte andy (221--17 v.Chr.) den 
a erh ober Bunbeögenoflnkig, woburd) aeboren (Philipp IL) den 
Oberherrſchaft befeſti — au Raupaftos), bis die Römer burch 
auf di griechiſchen —— eufmertiom wurden und bald am vn 
Bel zu verfchaffen wußte. Ganz ©. theilte ſich nun (221 v. Chr.) in die 
ide ätolifche u. makedoniſche — arte Die letztere behielt (206%. — 
Oberhand unter ihrem Feldherrn Phllopömen, da die Aetolier nicht hinlaͤngl 
von den Mönen unterflügt wurden, weiche ba bald a mit mie Pupp tn Kamp ges 
Derte u. ihn mit Beikand der Griechen endi römiſcher Ober 
berrf Kr Der matebonifche Eu e e im 38 vie Rum aller griech, 









Plaͤtze verf er roͤm (&D. Flamtntus) ließ bei der Beler 
u. —* en Ende vie I Suche ect *22— oflamiren. Die: 
Aetolier, hiemit unzufrie durch das ehmen der Römer aufgebracht 
riefen den König — von zur ® dung nad € ©,, mußten fich aber nady 
igungen Rom unterwerfen 


der Uebergabe von Ambralia unter tiefen 
(189 v. er). Hingegen fand damals der achätiche ne tm höchften — 
felbſt Sparta hatte ihm nach Nabes des Tyrannen Tode beitreten müßen und 
die Könige von Eyrien u. Aegypten verbanden fid) mit ibm. Roms Giferfucht 
er achte u, fuchte ihn durch Trennung u. Uneinigkeit zu ſchwächen; Meſſenien 
8 fielen ab u. Philopömon ftarb 8183 v. Ghr.). Kriege gegen Berfend 
—2— 1a die Achaͤer für die Römer, die aber Teine Hülfe von Ihnen annahmen, 
nad) jenes Niederlage wie Untertbanen, u. über taufenb berjpihen, 

die man ale wabedoniſch geſtunt denunciirt hatte, wie Staatsverbrecher in 

Gefaͤngniſſen ens — Gin noch ſtrengeres Strafgericht erging über 
die Neiolier, dik man der Iinbänglichkeit an Makedonien —— 5 
den von der römifchen Partei ermordet. Endlich gab Sparta, dad unter en 
he der Römer den Bunbeöbeicdhläfien feine % leiſſten wollte und tu 
alle Händel mit den Achdern geriet, bie Sk Beranlaffung zu dem 
tfchen auge, Du Rom die Zahl fi Provinzen mit ©, vermehrte n, 
ve Provinz Ach aja nannte — 5) ©, als römifche Provinz, Mit Unten 
jochung ihres des fonten ud die Griechen immer mehr; die ee 
— — ſte zit Sum ſt u. — fi „angeeignet rg Fi in 

welg F u. 

en urn * ok echt; 


e Freiheit wieber N; 
aber felbft der FA bei Oelegenbeit, is ec hatee, PH von Wontus, ein. 
— Se nad G. Pa (88 v. Chr.), ſcheiterte om nit — O 


4026 Griechenlanb. 

NRomer. Sulla ſchlug di ter, eroberte A 6 ein 

beſonders thätig hm * u. züchtigte nu, en late 

—— die Ken ©. 24, Bi 6 fie Pompejus endlich (67 v. Chr.) bezwang 
ad) dem e fchon entoölferten SBeloponne® ——— 

Fr a "Rums —* 


G. einen Tummelplah. 

Caſar u. Pompejus ward bei Ber in Theſſalien (48 v. ge 
chieden; Octavius u. Antonius g gegen 8 u. Brutus, u. enbl 
u. Antonius g en gAnander —5 — ten m Die ehemals blühenden (de wi 
Blut, Eine" Kube, Folge der Entkräftung und Ohmmadht trat num ch, 
bis Rero, Berufe von pa Grin & meicheleien ber entarteten 


* a 








ihnen alle Abgaben erließ u. wieber einen Schatten von Freiheit gab, ne 
jedoch Beöpa an en wieder entriß, der fie, wie früßer, von 638 
conſuln —— Kur Athen hatte noch feine eigenen Archonten, feine 
Bent, ae von ber TBINFAr der römtfchen Hersfcher gelenft. Dei 
— yl der een; felbR angelchene mer flubirks 
Yen t — En tenb —S— — Bade he 248 
onnte G. no n eutende er im Fa 1 
en. — Jahrhunderte verwuͤſteten al (257 u. 39) 


Matbematif aufwel 

die, über die Donau in das —* römifche Reich Bere gebrochenen, 

®. u. eroberten felb Athen. 330 verlegte Konflantin den Ei 

nad) Byzanz und 395 zerflel das —* — —— lan 
Theodoſtus des Großen Göhne, Pe und 

Das — Reich. Zu der einen ie 


Ki 


fte, die 
den Ramen oflrömiiches oder byzantiniſches Net annahın , drte 
ovinz v83. ———— —— V. 5 * 
eich). thum war ſchon von Konſtantin d. eingeführt 
und war Ar *— er eworden. Bon griechiſcher au, ) 
bs ar war in ©. chtso mehr vorhanden, Alles war in auptikaht 
0 


mifchen Rei vr Konftantinopel, vereinigt u. von aller ger errlichkeit war 
chts mehr übrig, ale daß das oftrömifihe Reich zugleich im gewöhnlichen Leber 
guieg! ed Kaiſerthum genannt ward. Mberglaube und Religtonefreitig 
hütterten dad Reich in feinen Grundfeſten; fremde Völker drangen wm 
ehindert ein; die Kreuzfahrer verbrängten felbft die Katfer —— Zeit Tange vom 
tone und, als fie denfelben wieder erhielten, erfchöpften die Einfälle der felw 
ſchukiſchen Sirten nad) u. nad) dad Reich dermaßen, daß die Kaiſer zuiept fa 
nur noch auf ©. u, —* Dauptfebt Behr än waren; au diefe erflürmte Mu 
hammed IL 1453, und der letzte Kaiſer, Konftantin Paldologes XI., fiel beiden 
ig auf den Mauern der letzteren — 7) ©. unter dem türkiſchen Joche 
Kur ber —— Elch Öricchen en u Fangen — * m 
Anfang e gewifie 5 „aggn must fe ven tele w 

einen geroien —2 — zahlen Rab u nad) warb das Joch ger, ale en 

noch die legten Beflgungen, die von ben Trümmern des griechifchen 
gen fllidyen Händen geblieben waren, von den Türken allmälig erobert —* 
o fiel —— bald in die Hände der Türken. Die Inſel dus warb des 
Sobannitern 1522, den Benetianern 1571, —A ber (fon Kreta) 
entrifien. Die, bei der Eroberung von Konfantino pel nach Italien gefüchteten, 
Gelehrten werten bort bie Liebe zu den Wifienfchaften u. die von dort aus weiter ver 
breitete Bildung förderte auch in Deutfchland das Wufleben der claſſtſchen Literatur u. 
Kunf. ©, ſank indefien immer mehr; die Griechen verwilnerten entweder im offenes 
Kam) fe 8 eo „one —— *— Eulotm, Marinotten und andere Ge 
gsoöller), ober vergeubeten ihr e m geswungenen Kampfe gegen 
andere Chriſten, oder erhielten sl, thren Geiſt no De fnnticher Be 
gnügungen entnervend, durch die Maske der Kriecherei un Otntertiß, mie DI 

zeichen Fawilien des Fanals, eine Enechtifche en ——* 
das Bolk Indefien immer 5; es war im Befige des Handels und ber 


Ericchanlaud ni 


werke, Jahrhunderte vergingen den Griechen fo unter der Knechtſchaft; immer 
ſchwerer Iaftete das Joch auf ihnen; von jedem Paſcha willlürlich behandelt, in⸗ 
dem der Sultan zu ſchwach war, fe gegen diefe zu jhühen, verfuchten fie meht 
mals fidy zu befreien, Indeſſen fehlte es an Einheit und hauptſächiich an Hülfe 
von außen her; wenigftens ward dieſe von den europäiſchen Mächten nicht aus⸗ 
dauernd genug geleiftet, Daher mißlangen ſolche Berfuche entweder gänzlidy und 
machten, daß das türfifche Joch mur noch fchwerer auf den Griechen laftete, 
‚oder fie erlofchen, wie die Infurreftion unter Standerbeg, mit dem Tode des bee 
rühmten Mannes, der ihr Urheber gewefen war. Die noch am Meiften ein güns 
ftiges Refultat verfprechende Erhebung fand 1790 flatt, Die Kaiferin Kathas 
zina II. von Rußland fandte zur Unterſtühung derfelben den Sperztoten Lambros 
Catech ioni mit mehr als 200,000 Dufaten nach ®., um eine allgemeine Ber 
waffnung zu bewirken, Andere Emiffäre, wie. Sottiri, fandte fie nad) dem 
Archipel, um ganz ©. zu erregen, Bharo u. andere nad) Sieilien, um von ba 
aus Waffen u. Munition nach ©, zu bringen, Abgeorbnete erfchlenen in Peters» 
burg, den fortdauernden Beiftand ber Kaiferin anı Id, und erbaten fich einem 
zufffchen Prinzen zum Fürften. Aber fruchtlos waren auch diefe Bemühungen; 
Rußland ließ ©. finfen und der bald gefchloffene Friede zu Zafiy 1792 endigte 
auch diefen Aufſtand. — 8) Das neue. ©, Endlich, in diefem Jahrhunderte, 
waren die Griechen zum fehmerzlichen Bewußtſeyn ihrer Herabwürdigung erwacht, 
Dear BWohlftand der Infeln hatte den Stun für höhere Bildung erwedt. Schulen 
waren auf mehren Punkten G.s entflanden; junge Griechen bejuchten europälfche, 
vorzüglich deutiche Univerfitäten, u. die großen politifchen Bewegungen des übrte 
gen Europa fonnten nicht ganz ohne wirkung auf die Gemüther der Gries 
hen bleiben. So brady, lange ſchon im Stillen vorbereitet und dennoch höchſt 
übereilt, der erfte Aufftiand 1821 in der Walachei u, bald darauf auch in Moren 
aus. Furchtbare Graufamkeiten, in der Walachei u, in Konftantinopel verübt, wo 
felbft der hochverehrte Etzbiſchof Gregorius ſchimpflich gehenft wurde, erfüllten 
die Griechen mit Muth und Rachbegier, und noch in dem nämlichen Jahre war 
gary ©, in Aufftand. Tripolizza, die Hauptftabt, war erobert u, nur die Feſtun⸗ 
ga an der Küfte blieben noch in den Händen der Türken, Nun begann ber 
bis 7 Jahre fortgefeßte hartnädige u. blutige Kampf der Griechen von Moren, 
des alten Hellas umd der Infeln, gegen ihre Unterbrüder, zwar völlig planlos, 
ohne Uebereinftimmung, in vereinzelten Gefechten, aber dennoch reich an Thaten 
eined —— der ſchoͤnſten Zeiten des Alterthums nicht unwürdig. Zur 
See zeichnete ſich die Heine Kriegöflotte der Infeln Hydra, Spenia und Iſpara 
durch raftlofen u. oft glüdlichen Kampf gegen die unendlich überlegene, aber uns 
behülfliche türfifche Flotte aus, welche vielfältig, beſonders burdh die griechiſchen 
BDrander, ſchweren Berluft erlitt, Ein tuͤrliſches Heer von mehr als 20,000 M,, 
welches 1822 in Moren eingedrungen war, ging fat ganz durch Hunger und 
Schwert zu Grunde, u. Miffolunght widerftand heivenmüthig einer breimaligen Bes 
lagerung. Die Namen Miaulis u. Ganarts, als Sechelden, u, der Brüder Marko 
u. Noto Bozzaris , im Kriege auf dem feften Lande, werben in der neueren Ges 
ſchichte ©.8 nicht vergefien werben. Als die Türken fahen, daß fie den Poloponnes 
nicht zu überwältigen vermodhten, riefen fie Ibrahlm Paſcha, ven Sohn des 
mächtigen Mehemed Alt von Aegypten, mit feinem  befier georbneten Heere nach 
©. &r landete 1825 mit etwa 12,000 Mann u. verbreitete feine Berwüftungen 
A gr ganz Morea, Biele —S — Kinder Wurden —* Sfianen 
mac ppten gefchleppt, wozu rißliche ng! u en, 
Sranspertihife lehen. Auch Miſſolunghi fiel nach einer heldenmuͤthigen ei⸗ 
digung am 22, April 1826. Run erſt, als die Sache der ©. faß verloren ſchien ; 
als vergebens viele wackere junge Leute aus ſchland, Frankreich und 
land der Griechen angefchlofien und gr: 


v ae a han ale fi längk von Privatleuten ta ganı Euraya 
en en on on 
Beträge fl Di uogiidtigen —E urn 


1028 Griechenland, 


rößeren Mächte an, eine ernſtere Thellnahme für die Sachen ber Griechen m 

‚Fern. England, Frantreich u. Rupland fchieten dlotten mach dem Peloponnes, 
um Zbrahten tm Zaume zu halten, u. bei biefer Gelegenheit warb, faft gegen de 
Willen der Regterungen, durch die verbundete Be die türfifch-ägwptiiche Aletie 
im Hafen von Navarin, am 20. Dft, 1827, gänzlich vernichtet. Der Graf Ray 
v’Ifria, ein geborener Grieche von den joniſchen Infeln, ward 1827 zum Präi 
denten des grieaifahen Staates ernannt und erfchlen Anfangs 4828. Wber, ım 
Ibrahim aus Morea zu vertreiben, bedurfte es noch der Sendung eines Heine 
frangöffchen Heeres, welches 1828 die Megnptier zum Abſuge möthigte und al 
Fetungen befegte, Auf dem Beftlande ©.8 wurbe der Krieg noch immer mit da 
Türken, doch ohne bedeutenden Grfolg, fortgefeht, mur fiel Mifjolungbi 18% 
wieder in die Hände der Griechen; hen h y en und bie fruchtbare Ink 
Negroponte blieben noch immer von den Türken in . Die Stellung des Prö, 
denten war unläugbar eine überaus fchwierige, Moren war faft ganz vermühr; 
die Eapitano’s, weldye mit ihren Heinen Schaaren von Armatolen oder Pal: 
taren bisher eigenmächtig den Krieg geführt Hatten, waren jeder georbneten Rs 
gierung abhold u, unter ſich nicht felten im Kampfe; die Bewohner der Jul 
hatten ganz andere Interefien, als die des feften Landes, und Geldmangel, Rh 
u. Elend herrfehten überall, Dazu kam noch, daß die nörbliche Gtänze des nem 
Staates nichts weniger, als beftimmt war, fo wenig, ald das Fünftige Verhälmi 
zu den Türken, Die Mächte Europa’s unterhandelten: anfänglich follte ©, 
ziemlich) enge, Feine Sicherheit gewährende Grängen eingefchlofien werden u. de 
Pforte einen Tribut bezahlen; die Siege der Rufen 1823—29 kamen indefm 
auch den Griechen zu gute u. die völlige Unabhängigkeit des neuen griediihn 
Staates ward fogar von der Pforte 1850 anerkannt, fowie audy, daß die nirr 
liche Gränge durdh eine, vom Meerbufen von Arta bis zu dem von Bolo ae 
3 ;egogene Linie beftimmt werben follte. Eben fo warb befchloffen, baf cn 
aropäifänn Prinz den erblichen Thron G.s einnehmen ſollte; Bring Leopilt 
von Sachyfen-KRoburg (ver jehige König ver Belgter) lie ſich anfänglich bemegm, 
diefen Thron anzunehmen, gab es aber bald wieder auf, ald er die ganze Schw 
tigkeit des Verhältniffes erfannte. Nun brach auf allen Punkten Unzufriedenbet 
u, Aufruhr aus, Die Griechen waren auf den Präfidenten, der wohl nicht gam 
von aluwillfürlichen, auf den Charakter des Volles ſchlecht berechneten, beepe 


tiſchen Mafregeln freizufprechen feyn möchte, im höcyften Grade erbittert, die Ju | 


feln fündigten ihm den Gehorfam auf u., ais er den alten Mainotten-Bey, Pir 
ito Mauromicali, gefangen genommen und ald Berräther behandelt hatte, war 
er am 9. Det. 1831 von dem Bruder u, Sohne des Gefangenen durch Piſtole 
Shüffe ermordet, Nur die Anweſenheit einiger franzöfifdyer Truppen verbinden: 
den völligen Ausbruch des Bürgerfrieges. — Noch am Todestage des PBräfdente 
ernannte der Senat eine Regierungscommiffton, den Bruder des Ermordeten, Av 
guftin Kapodiftrias, als Bräfdenten an der Spitze (die anderen Mitglieder wara 
Kolofotront und Kolettt). — Die hydriotiſche Oppofitton, zu der Maurokordau 
a. die beiden Admirale Miaulis und Tombafts gehörten, benahm fich tm diem 
Momente mit edler Seldfiverläugnung; fie erbot ſich zu gütlicher Beilegung dt 
Zwiſtes, unter den Siüigen Bedingungen einer allgemeinen Amneftie, freier 
der Abgeoroneten zur Nationalverfammlung und Berathung verfelben an einen 
gegen Gewaltſtreiche gefidyerten Ort. Aber in blinder Leidenſchaft warb daraf 
nicht eingegegangen. Die, der Regterungs, jerwalt zugethane, ſogenannte Rattonak 
verfammlung trat am 49. December 1831 in Argos zufammen u. ernannte be 
gwachen Augufin Kapobiftrtas ohne Widerrede zum proviforifchen Präfldentn 
8. — Aber gleichzeitig bildeten auch die Rumeltoten, ebenfalls im Argos, ein 
eigene Rationalverfammlung, welche gem die Befchlüffe der Regierungspartd 
proteftirte u. vorläufig eine befonbere Regierungscommiffion ernannte, aus Koletti, 
als PBräfidenten, Demetrtus Ipfglantt u. Aaiuls wlanwengelekt. Mit bewaffne⸗ 
and flanden beide Thelle einander gegenüber | und weg noru Ren 


Gnieh - 1 
ausgebrochenen Kämpfe auch eim Theil der Stadt Argos geplündert 
niedergebrannt. Endlich mußten, in Folge des Ginfchreitens ber Groß—⸗ 

bte, die Rumeltoten den Drt räumen. Unterdefien bemühte ſich die Londoner 
ferenz aufs Neue, einen Fürften für ©. aufzufuchen, Nach der Ablehnung des 
ten Leopold von Sachfen⸗Koburg fiel die Wahl der Mächte auf den bayer 
ven Prinzen Otto, zweitgeborenen Sohn Sr. Majeftät des ah Ludwigs L 
fer wurde 1832 von der Nationalverfammlung in Nauplia — an⸗ 
ant u. hielt am 6, Febr. 1833 feinen. feierlichen Einzug in Nauplia. Wegen 
x Minerjährigfeit wurde eine Regentſchaft, beftehend aus den Staatsräthen 
f Armansperg, von Maurer, General Heidegger u. Legatlonsrath von 
:£, eingefegt. Mit ihm kam ein bayertfches Truppencorps von 3500 Mann. Zur 
‘ung der Unfoften, welche die neuen Ginrichtungen veranlaßten u. zur Befries 
ng der Entfchädigungsforderungen des Sultans wurde eine Anleihe von 60 
lionen Sr. bei Frankreich, England u. Rußland aufgebracht. Die größte Ber- 
theit wurde der neuen Regierung von dem griechiſchen Truppen bereitet, 
be, der wilden Unordnung gewohnt u. des Gehorfams u. jeder Gefepmäßt; 
entwöhnt, weder zu ihren Heerben zurüdfehren, noch ſich der neuen Berfak 
unterwerfen wollten. Gine eben fo ſchwierige Aufgabe war es, bie verſchle⸗ 
Parteien, deren —5 fi feindfelig durdhkreugten, zu verföhnen. Als 
die Lettung der öffentlichen Angelegenheiten in der Hand des Grafen Ars 
Sperg concentrixt wurde, drang der Zwieſpalt felbft in die Regentſchaft. Am 
Decemb. 1834 wurde die Refivenz von Rauplia nady Athen verlegt; der Bau 
B prachtvollen großartigen Schloffes, ganz von pentellichem Marmor, wurde 
nommen u, 1840 vollendet. Anfangs Juni 1835 wurde der König volljährig 
ergriff nun felbft die Zügel der Regierung. Graf Armandperg wurde als 
e Rath beibehalten, Die Regierung nahm jet eine entfchieden nationale Richtung 
Eine Amneftie für Deferteurs u. das Geſeh über die Dotation der hellenifchen Fa⸗ 
m waren bie erften Früchte derfelben. Nach dem lehteren erhielten alle geſehlich 
Eannten Familienhäupter das Recht, unter dem Titel einer helleniſchen Do— 
n bis zum Belaufe von 2000 Dradymen Nattonalgut nach den im Gefege ent⸗ 
men Modalitäten zu erwerben, Zugleich wurde ein Staatsrath als höchfter 
thender Körper eingefegt u. durch den befannten Philhellenen, General Church, 
Grundlage zu einem Nationalbeere gelegt. Auch in biefem Jahre mußten 
tände u. Räubereien durch Gewalt der Waffen unterprüdt werden, nachdem 
3 im vergangenen Jahre die, durch Kolokotront verſuchte, Schilderhebung 
r üblen Ausgang genommen hatte, Mit den auswärtigen Mächten wurden 
freundfchaftlichften Berhättniffe gepflegt, mit Defterreich ein Handelövertrag 
ſchloſſen. Die Finanzen wurden geregelt, in das Steuerſyſtem Einfachheit u. 
nung gebracht; die inneren Kräfte des Landes wurden zur Entwidelung her 
jerufen un die erflen Straßenanlagen gemacht, Am Ende des Jahres 1835 
ete der König von Bayern feinem Sohne einen Beſuch in Athen ab, Im 
1 1836 verließ König Dito das Land, um einige Zeit in Deutfchland zuzu⸗ 
gen u. kehrte im Februar 1837 mit feiner jungen Gemahlin, der Pringeffin 
rie Friederife Amalie von Oldenburg, zurüd, Während feiner Abweſenheit 
te das Mintfterium unter dem Vorſihe des Grafen Armansperg die Regierung, 
Ruhe wurde nirgends geftörtz mehre wohlthätige Cinrichtungen fanden im 
7 Zelt ihren Urfprung: fo das proviſoriſche Geſeh fiber die Berantwortlichkeit 
Gemeinden wegen Räubereien. Der Organismus der Provinzialverwaltung, 
nglich nach franzöflfchem Mufter aufgeftellt, wurde auf die einfachere Epar⸗ 
rwaltung zurüdgeführt. Für Map und Gewidt gel von nun an das 
malfyftem. Ale Berorbnungen aber zielten auf die firengfle Sparſamleit 
und das Budget umterlag der Gontrole ber Di entgeht. Mit Eifer 
de die Eolonifirung der Ghioten, Ipfarioten, Mainotten betrieben. Un- 
‚fen waren die Feinde des Grafen Armans in G. u. Box RN 
eben u, er erhielt einen Kachſoiger in dem [ Se 


4030 Griechenland, 


ſolcher in den Miniſterrath eintrat. Ganz uny et, bie frembartigen Ems 
zu bein u. von der nationalen Partel angefeindet, trat er {hmm 
Ende des Jahres vom Schauplape ab. Ein fheindar wichtiges Greiguiß mark 
Eröffnung der neuen Univerfität Wihen, 27. Mai 1837. et Fehrte auf ie 
‚rößte Set der bayerifchen Truppen nach Ablauf ihrer Dienftjeit zurüd. Rubbang 
Erelie wurde durch ZJogt aphos erſeht. Die rafche Bewegung der Gemüther füüh 
auch jegt nicht t. Daß diefelde fich eine eigene Bahn mu bie 
fuchte, ging aus der 1840 entdedten poiitiſchen Berbindung De —E 
ellſchaft hervor, welche durch ganz ©. verzweigt war u. D 
der —2 Kirche und Aufwieglung von Theſſalien, Epiros und Malrtein 
‚gegen die Pforte bezwedte, Man — ite ſich der Häupter der Verſchnec 
worunter ſich Auguftin Kayo d’ Iſtrias, [a8 u, 9. befant 
tief unter drohenden, verhängnißvollen Ereignifien, die nur die Worläufer fc‘ 
merer waren. Die ehriftfiche Bevölkerung in den türfiichen Provinzen, name 
auf der Imfel Kandfa, von Mehemed Alt angerelt, hatte zu den Waffen 
iffen, um die günftige Gelegenheit zur Befreiung vom Joche Di 
en Pforte zu 6 Das griedhifche Volk äußerte feine Sympathie 
.umd fepte das Miniftertum, ber entidhlevenen Sprache der europätfchen 
gegen ber, die das Intereſſe der Pforte im Auge hatte, im große 
König fah ſich genöthigt, dem biöherigen Geſandten Mauroforbato, auf ih 
Beding tn, die Bildung eines neuen iſterlums zu übertragen, in weihe 
außer diefem ſelbſt, Ehriftives und Metaras eintraten. Bier Parteien 
immer um ven Ginfluß: die ruffifche, franzöfifche, englifche u. eine radil— 
ſche; mes im fremden Solve ftehend, gewiß wenigſtens in fremben mb 
een befangen , führten fie nrößtentheils den Streit durch elaf 
Journale. Mauroforbato, des englifchen Intreſſes befhulbigt, ſah Mc Injie 
Weiſe gehemmt u, legte bald nieder. 1841 ſchien die Pforte durch Rüftunge 
stemlic, weithergeholte Anfprüche G. je einem gewaltfamen Zufammentreffen bes 
aufordern; die europätfche Diplomatie beugte aber dem Ausbruche des 
lange verhaltenen Grimmes vor. Im Jahre 1842 ftellten die Gefandten der w 
Mächte, welche G.s Gläubiger find, in einer zu London gehaltenen Goniam 
der griecdhifchen Regierung die Forderung, dad Ausgabebudget um 34 Min 
Drachmen zu reduckren. Der König hatte bereits eine Rebuftion in feiner Ch 
lifte eingeführt; derfelben Maafregel mußte fich jegt Heer u. Marine unterwaie 
Durch eine föntgliche Berorbnung vom 11. Juni 1843 wurde die Infanterie m 
zwei Batalllone Linte u. zwei Bataillone leichte Truppen, im Ganzen 106 Di 
atere, 256 Unteroffiztere und 3004 Soldaten befchräntt; die Gavalerie auf 1% 
vifton, beftchend aus 10 Dffizteren, 31 Unteroffizieren und 132 Reiten; bie b 
tilferte ebenfalls auf 1 Divifion mit 28 Offizteren, 31 Unteroffigteren, 204 
tilleriften und 36 Benerwerfern. Die bayerifchen Offiziere ſchieden faft fämmtid 
aus dem Dienſte. Die Machinationen der europälfchen Mächte, vorzüglich m 
Seiten Frankreichs, das immer zu liberalen Ideen angereljt und auf ber œ 
Seite die Regierung in Feſſeln geſchlagen hatte, follten jeht ihre Früchte tram | 
Am 15, September 1843 brach in Athen ein Aufftand der Garniſon aus, wid, | 
von ihrem Gommandanten Kalergis gegen das Schloß geführt, dem Könige ki | 
Berfprechen abzwang, dem Lande unverzüglich eine Gonftitution zu geben u. dk 
in Staais⸗ oder Hofbienft flebende, Fremden zu entlaffen. Ein neues Mintfteria 
unter Maurofordato u. Trifupis wurde zufammengefegt u. die erfte Nationche 
fammlung auf den 13. November einberufen. Am 20. November wurde fie jin 
lid) eröffnet. Das wichtigfte aus ihr hervorgegangene Gefeh tft das über bie ds 
turalifatton, wornach nur die, zur Zeit ded Kreiheitsfampfes im G. anweſena 
Ftemden ald Eingeborene angefehen werben follten, Kalergis, vom Bolle ver 
tert, verfcherzte durch ſchwankendes Benehmen fchnell feine Popularität. Die mu 
Gonftitutton iſt abermals nad Itnnligen Mid Walt wenn, als 


- 


| 


| 
| 


@and, ber, verbunden wit dem Ahtreken rd aan suite 


Griechiſche Baukanſt · Sriechiſche Rice, 


Anfangs 1845 Metaras, aber ſchon tm Aug. deſſelben Jahres Koletti im Pruſtdium 
fie, der frangöfichen FBortel vielleicht auf on Zeit den Steg fichert; 

4844 erfolgten, neuen Bahlen war jaren Äuferft Rürmifch, roh u. 
Nur die Zeit Fam es lehren, ob das neue politiſche Gebäude auf einem 
Gtunde ruht. Val. Di Müller, Geſchichte der hellen. Stämme u. Gtäi 
3 Bde, Berl. 1820, 24.5 Sallmereyer, „Befchichte ver Halbinfel Moren tm 
Bio auf unar Kane Tr, SAL, — 

auf unfere 6,‘ 40; Droyfen, „' 

Heleniemus,‘ 2 ed vn 


? 


ii 


enilihes Feuer Hieß ine Müffge, bremnbase Maſſe, die aus Ench uf 


jeworfen wurde um! unterm fortbrannte. 
Bun von ben Baunäter Kallinitue m Any eliopolis =s — Sn n. — 
en unfene e Kalſerlhum 
em die f — ne ee Saal 


auge das Gehelaniß; aber be y Sr Zufammenfepung (fee Hausthefanbe 
e jujammen‘ e Li 
k k De enalich den Garaz 


Puls ma trat Be an See hut eich —S mier⸗ 
db: 1) nl En —— 7 ae ee liden 
eBrontngen, b. ine v fen in ſich 3. denen 

— oder —— der pi —** des Gr. —E en 


—* * * er 
er 

ai m Be a — 

— Ei e Kir: en Tee 


te Kirche die unirte &- — e 
in Yen Hansen umfaßte Mann: das *. entliche Erin 
land mit Shefiallen u —E Macedonien, Thraden, zum hrien und 
die unteren Donaulänber mit unbeimmten ten Orängen; in Afen: ganz Borberaflen, 
Syrien und die Euphratländer mit unbeftimmten Gränzen, At ’ Daläßins 
und gehre Theile von Mrablen; in Mfeifa: Megypten mit ben ngränjenben 
dern. Durdy die Sprache u. durch je Gigenthünmlichleiten im und in 
ben — Gebraͤu⸗ ee —RX je Griechen fen. der Siräe bi 

ccidente, im welcher lateiniſe rache u. Bildung vorherrſchte. Dennoch 
Bien Öriscen un Eateiner weinitlh mar Eine 


& e, jo wie auch £ 

unsern — in One, —— Bike ano Denn 
Fr en nur Eine achen. 

all auf bem —— vr en Driete De gu bes 


Sean des Deckente, jemeinfe 
gemöhfane —ãA —— — er 

er Öriftlichen Welt fih erl Srrfehr: den bie Chrigen bes Mor 
SE ent ehe —ã —E E —— ber Batrierden 
von Konfantinopel eine Trennung Griechen von ber N — 
———— —ãA—— 
u I an oc —ã —— u er el 


4082 nn. Briechiſche Hide 


Endlich waren die verfchiedenen Theile der Kirche durch den G uni 
das gemeinfame Kirchliche Oberhaupt, den Papft zu Rom, t. Gen ki 
Den erfien tiefer eingreifenden Gtreitigfeiten, bei den inneren fien in da 
Kirdye von Korinth, wandte ſich die g. K. an den Papft Clemens, den Rad 
felger des heiligen Petrus, um von ihm die Ausgleichung ber Streitigfeit m eh 

en (Irenäus adv. haer. 3, 3. Clem. ep. I ad, Cor.). Der beit. —— — 


Grieche aus Kleinaſten, bekennet, daß mit der romiſchen Kirche Die 3* 
ſtenheit übereinftimmen müfle, wenn fie ihre Rechtgläubigkeit nachweiſen (adı. 
haer. 3, 3.). Der heilige Ignatius von Antiocdhien, der Attefle griechiicen 
—— nad „rom ns die römtifche ie „die —— chriſ⸗ 
lichen Liebesbundes“ (npoxadnusvy rijjs ayarıs) Ep. ad Rom. Being 
a wegen der Nichtübereinfkimmung in der Zeit der Oſterfeier mit der romiſcha 
che, reifete der heil. Polykarpus, Bifchof von Gmyrna, nach Rom u. glaukt 
beruhigt, als der Papſt ihn wegen diefer Abweichung in einem, an und fir 
nicht wefentlichen, Punkte nicht von der Rirchengemeinfepaft audfchlof. Wu 
aber, nachdem die Mebereinfiimmung aller Kirchen der Welt mit der Rimiide 
bereitö ausgefprochen war, die Kirche von Kleinaften noch auf ihrem. befonbern 
Gebrauche beharrte, ward der Biſchof Polykrates vom Papſte Wictor mit ve 
Ausfchließung von der Kirchengemeinichaft bebroht, bis endlich im A. Jahrkır 
derte die völlige Unterwerfung der SHeinaflaten unter den Ausſpruch Roms m 
folgte. Der Bifchof Dionyflus von Alerandrien (248—265), dem Range nad 
der angefehenfte ber g. K., warb zu Rom wegen Berlegung der GSlaubens 
eflagt u. vom Papſte Dionyflus zur Rechtfertigung aufgefordert. Ohne daß a 
—* irgend eine Anmaßung des apoſtoliſchen Stuhles, oder irgend etwas Div 
nungswidrige® und Ungewöhnlicyes erfannt hätte, fchidte er feine Medhtferiigung 
nad) Rom, die der Papft audy vollfommen genügend fand und ihre in ber Kir 
chengemeinſchaft beließ (Athan. de sent. Dionysii). Bom Anfange an haben aus 
allen Thellen der g. K. Männer, die in ihrer Helmath aus der Kirdbengemii 
ſchaft ausgefchloffen waren, fi) nad) Rom gewandt, damit dort ihre Sache m 
terfucht, u. durch die Bemeinfchaft mit dem Oberhaupte der Kirche auch dahein 
ihnen die Kirchliche Bemetnfchaft wiedergegeben würde. An den Papſt Julius 
appellirte der große Athanaflus, der erfle Patriarch der g. K., als er von dm, 
der artanifchen Irrlehre ergebenen, griechiſchen Bifchöfen feined Amtes entfeht u. 
vom Kaifer zuerft verlaflen u. dann offen verfolgt war. Zur Appellation an den 
Eh Innocentius I. nahm Chryſoſtomus, Patriarch von Konflantinopel, feine 
uflucht, als ein Concilium griechifcher Bifchöfe ihn abgefeht u. der Kaiſer iha 
verbannt hatte. Auf allen, im Gebiete der g. 8. gehaltenen, allgemeinen Gondiia 
hrte der Papft durch feine Legaten den Vorſitz, und ohne Befätigung der Be 
chlüſſe durch ihn iſt nie eine Kirchenverfammlung zu der Würde einer allgemeinen 
erhoben worden. — Die g. K. hatte urfprünglicdy drei Hauptfige, die von einaw 
der unabhängig und nur der Kirche von Rom untergeorbnet waren: Jeruſalen 
Alerandrien u. Antiochien. Rach der Zerflörung Jeruſalems wurbe bie neu as 
geſtedelte griechtfchsrömifche Golonteftadt nur ein einfacher Biſchofsſitz, warb abe 
auf den Boncilien von Konftantinopel und Chalcedon wieder zur WBürbe eine 
Patriarchates erhoben. Faſt zu gleicher Zeit aber erhob ſich ein vierter griedi 
ge Patriarchalfitz in dem neuerbauten Stonftantinopel, Dem Range nad) nahe 
lerandıia, als der Bifchofaftg des heil. Markus, Die erfte Stelle unter den grie 
chiſchen Patriarchaten ein. Seine Jurisdiktion erftredte fi) über ganz Aegypten, 
Lybien, Eyrene, Barka u. das im vierten Jahrhunderte befehrte Aethiopien. Das 
Patriarchat Serufalem umfaßte nur Paläftina bis zu den Quellen des Jordant, 
u. ſüdlich Idumäa und einige hen von Arabien. Das von Antiochia, veffen 
Wuͤrde vorzugswelfe auf der fiebenjährigen bifchöflicyen Regierung dieſer Kirche 
durch den heil. Petrus beruhte, erfiredte fich zur Zeit, wo das griechiſche Schis⸗ 
ma fich befefttgte, nur noch über Eyrien u. Cilicien, nachdem es d die Ufur 
“ation des Patriarchen von Konftantinopel einen großen Theil feine® Gebietes 








Sriechiſche Kirde 20 


in Kleina l atte. Konſtantinopel endli eit des 
—E en * (tum le Fre in Brieerlanp a Ganbie , ar 
alten, Epirus, Bulg 


cedonien, Thracien und arten (meines Ichere jeundh 
‚lange Zeit fireitig blieb), und in über ganz Borberaflen, Kappadorden und 
Pontus anagebehnt, Außerdem fuchten die Patriarchen von &, T. ihre Juris⸗ 
diltion auch über AIlyrien, Ungarn und Mähren auszubehnen, und gewannen an 
der Well, u. Rorbküfte des fewanen Meeres bis tief nach Rußland hinein ein 
immer weiteres Feld. Die Gefchichte der g. K. bis zur Trennung von Rom ges 
hoͤrt nicht hierher, da dieſelbe bis dahin nur einen Theil der tatholifden Kir 
ausmachte u. alfo in der allgemeinen Kirchengeſchichte mit einbegriffen if. ins 
seine Störungen, ſelbſt momentane Trennungen der Patrlardyen von Konfantis 
mopel oder anderen g. K.n von dem Mittelpuntte der Einheit, die auch ſchon in 
den früheren Jahrhunderten ſich ereigneten, Eönnen Beinen rund abgeben, bie 
Geſchichte ver g.n K. in den erfien taufenb Jahren ihres Beftanpes von der al» 
gemeinen Kirchengeſchichte zu trennen. — Die ſchiomatiſche g. K. Wir theilen 
bie folgende — banblung in vier e ein: a) von der Beranlaffung ber 
b) Bon dem gegenwärtigen Unterfchlebe in der Lehre, dem Cultus u. 
den 0) Bon der ferneren Entwidelung ber ſchismatiſchen Kirche bis auf 
unfere Zeit. d) Bon der gegenwärtigen Stellung des Schisma gegen die allge 
meine Kirche u. von den Ausſichten für bie Zufunf. — Das Schisma bildete 
19 Pen aus durch den Patriarchen el Gerulartus um die Mitte des 
Entfrembun 






Bis dahin hatte allerdings fdyon eine immer merklicher hervortretende 
g der konſtantinopolitaniſchen Kirche von dem Mittelpunfte ber 
katholiſchen Einheit Rattgefunden, aber eine dauernde Trennung hatie nodh 
nichs Wurzel fafien können. Der tiefe rund der Spaltting Ion, dem Leber» 
gewichte, das im Oriente die Staatögewalt über die Kirche, felbR in Deren ins 
nerften Angelegenheiten, zu erringen wußte, wodurch die letztere, in ihrem eigenen 
Leben elähmt , nach Berflegung ihrer inneren Lebenskraft ald eine entwürbigte 
Magd ſich jeder Willkür weltlicher Machthaber beugen mußte u., fobald das vers 
meintlicye Interefie der Fürften es forderte, fich völlig von der kirchlichen Einheit 
trennte, Mithin Tann die Gründung von Konftantinopel, als neuem Site der roͤ⸗ 
miſchen Weltiherrſchaft und die Errichtung eines eigenen PBatriarchats für biefe 
Stadt, als entferntere Urſache des griechifchen Schiöma betradytet werden. WIE 
Katfer Konflantin Chriſt wurde, trat zwar ber Staat in ein freundliches Bers 
bältnig zur Kirche, jedoch währte es noch ziemlich lange, bis die beiden höchſten 
Gewalten, die von nun an, fi) gegenfeltig unterſtuͤtzend, die Welt beherrichen 
follten, in die richtige Stellung zu einander FF bineingelebt hatten. Konftantin ſelbſt 
faßte Anfangs, von einem richtigen chrilichen geleitet, fein Ber, 
haͤltniß zur Kirche gar nicht unwichtig; aber die, in Kolge der auftauchen⸗ 
den Irrlehren fidy erhebenden, Gtreitigfeiten und ber Einfug orientalifcher Bi⸗ 
fchöfe, die aus ehrgeizigem Streben nady weltlicher Erhebung ſich dienend dem 
Kaiſer gleichſam zu Füßen legten, Ienkte ihn ſchon augenicheinlidy von der rech⸗ 
ten n ab. Sein Sohn Konftantius betrat bereits kühn den Weg heutiger 
reußifcyer Czaren. Im Banzen iR es als ein Glüd für die Kirche anzujehen, daß 
nad) der Spaltung des Römerreiches das abendländifche Kaiſerthum ſchon ide 
von der Bölkerwanderung weggeſchwemmt wurde. Denn nun konnte der apoftolifche 
Stuhl um fo freier u. ungehinderter die Angelegenheiten der Kirche. verwalten u. 
—* den Patriarchen von Konſtantinopel mehre Jahrhunderte hindurdy* zur Bes 
auptung ihrer Freiheit von dem Joche eines, immer ungefcheuter fich geltend 
machenden, weltlichen Despotismus ihren Arm leihen. So oft wahrhaft große u. 
heil. Männer, wie Chryſoſtomus, Flavianus u. f. w. auf dem Patriarchenſtuhle 
von Konftantinopel faßen, fo ſchloßen fidy diefelben enge an Rom an u. wußten, 
vom Dberhaupte der 5 unterſtützt, die Kirche im ihrer Würde und in ihrer 
Freiheit zu erhalten. Schlimmer aber war es, wenn es her Regierung qaelang, 
ehrgelsige Männer auf ben PBatrlardgenfg zu eraeben, ie. Ir er mar Du 






1034 Griechiſche Kirche. 


forderung jeden Augenblick bereit waren, ihre biſchoͤſtichen Vorrechte ben 
der weltlichen Macht zu überilefern und fich willig unter berem 3 
ſteilen Kam dann fpäter auch wieder ein iräftiger, von wahrhaft Bifchöflides 
Geiſte befeelter Mann ans Ruber, fo wurde e8 ihm ſchon ſchwerer, die bay 
angelegten Ketten zu zerbrechen; u. fo gewöhnte man fi) fm Driente nad) m 
ns an eine Bevormundung der Kirche durch die Staatögewalt, bie auf ie 
Geiſt der orientalifchen Kirche nicht anders, als Hödhft werberblidh einvin 
tonnte. Bedenklicher nody wurde der Zuftand, als feit der allgemeinen Ex 
von Chalcedon (451) es den Kalfern gelang, bie Patriarchen ihrer 
in eine fortdauernde Spannung mit dem apoſioliſchen Stuhle zu verwidein 
nachdem in biefer glänzenden Berfammlung von 5—600, meift griechtichen, & 
ſchoͤſen durch die yhoflchen Legaten der Vatriarch Diosfuros von Aleranıria 
abgefegt erklärt u. die Angelegenheiten des, durch Irriehren u. Spaltungen m 
rütteten, Afiens geordnet waren, verlangten bie griechiſchen Bifchöfe auf Br 
trieb des Kaiſers, daß dem Gribifdhofe von Konftantinopel, dem auf dem Em 
eiltum von Konftantinopel 381 bereits alle Chrenvorrechte eines Patriarden m 
erkannt waren, nun auch die Zurtöbiktion über ein beflimmtes Patriarchalgebiet m; 
llehen würde, Seiner Zurispiktion folften unterworfen fein: Thracien, Die barbariide 
Länder (an der Doman u. am ſchwarzen Meere), u. bie Erarchate Eobefns ir 
pe —55* in Pontus. Der 28. Kanon des —— —— 
erhob dieſe Forderung zum Beſchluſſe, während die paͤpſtlichen jaten dagegen 
—5—— Während die übrigen Patriarchate des Drients eine beſtimmie ge 
chichtliche Grundlage hatten u. ihre Würde von der, durch ihre apoftoliihen 
Stifter empfangenen, höheren Stellung herleiteten, wurde Konftantinopel, 
gegen den Eirchlichen Geift, allein deßhalb, weil die Stadt der Sig ber 
weltlichen Behörden War, zur Würde und Macht eines Patriardyats erheim 
u. biefem bie geſchichtiich begründeten Vorrechte der Kirchen von Ephefus, Giis 
tea u, — geopfert. Vadurch wurden die Pattiarchen von Kon! 
in eine Bahn ehrgeizigen Strebens Hineingeftellt, welche fie nie wieder gan va⸗ 
laffen haben, bi6 am Ende das Band der Einheit völlig tieß. Dazu Fam, dej 
felt dem Eonciltum von Chalcedon der Geift der Irrlehre im Driente nie mehr 
völlig überwunden wurde, indem namentlich die Sekte der Monopbyfiten in man 
nigfachen Abzweigungen u. Schattirungen in Afien Eingang fand u. das Ban 
des Gehorfams gegen Rom loderte. Unter den griedhifchen Bifchdfen, bie un | 
die Gunft des verweichlichten Hofes buhlten, erhare mehr u. mehr die herotide | 
Glaubendfraft der früheren Zeit, u. der heilige Lebenswandel ber erften griedis 
ſchen Väter wurde immer feltener. Nachdem dann durch des Dioskuros u. fe 
ner Nachfolger Schuld der Patriaralfig von Alerandrien feinen Glanz verlora 
u. fich unter Konftantinopel gebeugt hatte, erwachte in dem Bifchofe lehtern 
Stadt fogar ein eiferfüchtiges Streben gegen den apoſtoliſchen Stuhl, das fd 
war Anfangs nur mit großer Zurüdhaltung zeigte, aber nach u. nach offen zu 
Tage trat. Der Patriardy Afacius wurde 519 von Papft Felix IL aus de 
Kirchengemeinfchaft ausnefchloffen; jedoch ward durch das Goncordat zwiſchn 
dem Kalfer Juſtinus (548—27) und dem Papfle Hormisdas die Eintracht wies 
der bergeftellt u. die Rechte des apoftolifchen Stuhies im Driente wieder an 
kanni. Dennody aber verzichteten die Patriarchen von C. T. nicht auf den, 
ſchon kurz nad) den Zeiten des Concillums von Galcedon angenommenen, an- 
maßenden Titel eines „allgemeinen PBatriardyen“ (patriarcha oecumenicus), wo⸗ 
mit Anfangs Fein Borrang vor dem Papfte bezeichnet werben follte, woran fid 
aber allmälig eine ehrgeizige Idee Enüpftes u. Gregor der Große bemühte fih 
vergebens, den fonft frommen Johannes Sejunator zur Niederlegung dieſes Titels 
zu dewegen. Jedoch Eonnte es nach den Zeiten Juſtinlans nit wohl zu einem 
bleibenden Schloma kommen, weil die byſantiniſchen Kaiſer feit der Wiederer⸗ 
oberung von einem Theile Italens ein Imterefe harten, 18 ver Suse 
Stuhl nicht gefränkt u, vie Wlidgiie van Rantoninsge \n ven WORRENRN 


H| 





N Sriechiſche Ri, [| 
Sehorſame gegen benfelben erhalten wurben. Denn bie finfende Macht der 
Kaiſer vermochte nicht, die Beflgungen in Itallen zu befchirmen; nur der mäch⸗ 
Stige Einfluß der Päpfte hielt ihre Serrfihait auftecht. Selbft die Riefenanftreng- 
humgen des, mit eben fo großer Wiffenſchaft ald Schlauhelt u. treulofer Hinters 
& Hft ausgerüfteten, Patriarchen Photius (+ 819) vermochten noch nicht, das Band 
Sder kirchlichen Einheit völig zu zerreigen. Mit fehmählicyer Gewalt wußte die 
a fer ebrgeltge Mann den Swen jatriarchen Ignatlus zu ſtürzen u. befien 
2 Sig einzunehmen, worauf er beim Papfte um feine Betätigung nachſuchte. 
a MS der Bapft, feinem heiligen Amte gemäß, ver verfolgten Unſchuld des Ignatius 
af annahm 1. den Ein ıg nicht beftätigte, fuchte fich diefer in anderer. 
u Beife zu behaupten, „ Er klagte die oeciventalifche Kirche der Irriehre in mehren 
x Blaubenspunften an und ſprach über ben Papſt Nikolaus I. den Bann aus, 
Zndeß erregte fein Schritt, obwohl er von einer Partei griechiſcher Bifchöfe, 
aus Eiferfucht genen die Deeldentalen, gebilligt wurde, unter dem drifte 
lichen Volke des Drients doch allgemeine riss ung, und bie Patriarchen 
von Alerandria, Antiochia und Serufalem ſchloden den Photius von der 
Kirchengemeinfchaft aus. Nach dem Tode des Kalfers Michael IE ward der 
Patriarch Ignatius, nad) der Befitimmung des Papftes, vom Katfet Baſillus Das 
cedo feterlih in felner Würde wiederhergeftellt und Photius in ein Kloſter vers 
, banıt. Dann warb auf dem 8. allgemeinen Coneilium, dem vierten zu Konz 
Rantinopel, tm Jahre 869 die Eintracht zwiſchen dem Driente und Decivente 
wieber hergeflellt. Indeß war es ein großer Nachtheil für die Kirche, daß der 
tutz vorher begonnene Streit wegen der Jurisbiftton über Bulgarien gerade um 
diefe Zeit wieder mit ermeuerter Sertigteit ausbradh. Die Bulgaren hatten ſich 
um Mifftonäre und Biſchöfe nach Rom gewendet und zum römtichen Patriarchat 
zu gehören verlangt. Die Patriarchen von Konftantinopel dagegen behaupteten, 
das von den Bulgaren befegte Gebtet gehöre, feiner Lage wegen, zum Bereiche 
ihrer Jurispiftion. Selbſt der fromme Ignatius war nicht zu bewegen, den eins 
mal erhobenen Anfprüchen der Kirche von Konftanttnopel zu entfagen, zumal, da 
der Kalfer aus politifchem Intereffe dem unmittelbaren Einfluffe feines Batrlars 
hen auf dad Volk der Bulgaren ein großes Gewicht beilegte. Die Berftimmun; 
des Sch von Konftantinopel gegen Rom gab dem Photlus Gelegenheit, ma 
des Ignatius Tode den Pattiarchenſtuhl wieder zu befteigen, zumal, da der Papft 
Johannes VIIL, der bebrängten Zeiten wegen, ſich g erklarte, denfelben unter 
gewiffen Bedingungen von ber Escommumication zu jen und ihn als Pas 
anzuertennen. Der Garbinal Petrus, der mit Bollmachten bieferhalb 
nad Konfantinopel gefendet warb, erledigte fidh feines Auftrages nur schlecht, 
indem er den Photius beflätigte, ohne auf die Grfällung der geftellten Bevinguns 
gen zu achten. Go gelang es biefem, auf einem zahlreichen, zu Sonftantinopel 
Ga jogar durch das Anſehen des Papfies, deſſen Briefe er 
verfälfcht umd verflümmelt vorlas, zu befeftigen und fich im ganzen Driente eine 
Anerkennung au ertrogen, bie er nur gefonnen war, zur Untergrabung des Ans 
ſehens des apoſtoliſchen Stuhles zu mißbraudgen. Erſt nachdem der Schiöma- 
tiler ſich in dieſer Weiſe durch SR und Trug befehigt hatte, wurde die Ereoms 
munication über ihn vom Papfe erneuert. Gr wurde von Kaifer Leo IV. nach 
Armenien verbannt und Ratb dafelbf. Des Kaiſers Bruder, Stephan, ftellte ald 
Patriarch von Konfantinopel die Einheit mit der römifchen Kirche wieder her, 
welche nun & en 150 Jahre ſich erhielt. Wber der Geift des Photlus erftarb 
in ver griecht oe Kirche nie wieder. Eine kleinliche Siterfucpt ge die Abend» 
länder, verbunden mit einem anmaßenden Dünfel, erfülte d riechen um fo 
mehr, je tiefer ihr Staat fank und feine politiſche Beveutung verlor, und je mehr 
das dhriftliche Leben und die chrikliche Wiffenichaft darnieberlag. Bon dem uns 
aufhaltfam weiter vorbzingenben Muhamevantdmus geängfigt ımd feiner ſchon⸗ 
Ren Provinzen beraubt, bot das buzantiniice Reck wur vad WEH mucır Aus 
rättung, ewiger Revolutionen, der Tyrannd, ver BRhlit, ver 


Grieqhiſche Kieche 


40% 

ler genter und Wären und ber gräßtichken un Sch a v 
—— Srietern und Bii@dfen bar. —A waschen 
sermeidlichen Sturz des — abwenden konnen, wäre bie 

des Ari Belßes gewefen, die aber wur durch regen Wufhluß am ven Mi 
Ayla der Then Ginkl wir zu eher gende. Seat Bf meh 


—3— der eit völlig , und fa verlor dei 
— olk die und die Würbigkeit, als un feel 
Bolt fortzuerifiiten. Der eigentliche Begründer bes ⸗ 
der Patriarch Michael Cerularius. "Diet hatte daß sad 
nen, in ber — Bearünbeten, Unterſchieb jedes Schisma von: fe 
der fi gie an Einheit ——— — taufe in — —* Pr} 
u ſen und eine ſen 
das An bes apoßolifchen Stuhles ſo feft —32 ‚alte, ein Edyiäm, 
ehne eur der Lehre, unmöglich) ‚ben konnte. Darum we 
ns ren des Gerularius darauf ide 69 Belt 4 
Ba ara Dre seen: 
um fo ige 8 J a6 gefuntene 
eid zwiſ dem font! Unweſentli⸗ Cams 
Saul a und Di Gotteehimhen —— —* —* 
Unterfchtebe, die immer beſtanden hatten, benü — —8 
der Einheit zu zerreißen. Zur Zeit nun, wo — * Leo IX. 
Be a On nn 
ia m jung n. B 
larius an den Bifchof von Traui in Api nam, bie Hbensläne 
in mehren Punkten der Jirlehre beſchuldigte. Die, in Schreiben afeie 
nen u. in ber Folgezeit weiter iten, Darauf Haas: 
daß die Lateiner am Samflage fan; bas fie die daſten ablürzgenz im ben 
Alleluja nicht fingen; daß heiligen Bros 
; daß fie den Genuß des —e— fe nit db 
nem Mefler den Bart ſcheeren; daß felbf bie — nrönde Siehe een; dej 
zum 


fe durdaus Feine Prieſterehe alas 5 vor AU 
beienntniffe Zufäge machen u. cher —* wi Diff | 
punlte fiche fpäter. Der lie — Monomachus wagte jedoch nich 
die Sache zu einem offenen Bruche mit Rom kommen zu laffen, nahe 
& die päpfllichen Gefanbten, ben Garbinal —8 den Ciibifchof Sera 
von Amalfi und den Kanzler Friedrich von Lothringen, gen, ja Km 
pel ehrenvoll auf, welche ich in bie Gop! 
6 felerlich das Anathema ausfprachen (1054). —ã durch den Rab 
fer Hook Komnemis endete Michael Cerularius fein Leben in der Werbanmung; 
aber das Band der Ginheit, ſchon feit Jahrhunderten gelodert, war ugn nım au 
(mi — ans Hr Beagung w 8 a en war der 
anat e un e fe -achtung en 
die ©: des Schioma in den Gemüt An des Volles erregt 
Ber die Unmwifienheit und die ſittliche Berſunkenheit des Wolke wurde, um fe 
tiefer Fonne di — Stimmung ei den @emüthern fich feſtwurzeln; und jeber Ber 
einer ——— der von beſſer geſinnten 
ſchdfen gemacht wurde, mußte von nun an am am Ganatiemne des Frech 
lieber jedem blinden "Aufwiegler ‚als en u. 
— (sehen, Die fortfchen —* welche fe —X von en Nuham ⸗ 
verſchlungen waren, nahmen ee Feten ae er birelten Un⸗ 
Fe und wurden ur jet der, bald nach dem Ausbruche des ja 
weni je. für längere Zeit zur Einheit 
Bert Erhebung. der. — Sie —8 — den Mubammebanismus die 
riechen mit be Bat — e damals die Macht des Halb⸗ 
monbes wohl gebrochen. en Treutofigteit und hat ae 


Griechiſche Kirche, 1087. 


zur Bereitelung vieler der großartigften Unternehmungen beigetragen, ald die Waf⸗ 
fen der Türken. Im Jahre 1204 fiel zwar felbft Konftantinopel im die Hände 
der Kreuzfahrer, aber die dadurch bewirkte Wiebervereinigung war weder allges 
mein, noch dauernd. Mehr war von der, auf dem allgemeinen Concilium zu 
Lyon im Jahre 1274 abgefchlofienen, Wiedervereinigung zu hoffen. Indeß auch 
fie, obwohl von den gelehrteflen Männern der Griechen vertheidigt, mußte an dem 
Fanatismus des Volkes Ir und erreichte nady dem Tode ded Kalfers Mi⸗ 
chael Paläologus im Jahre 1284 ihr Ende. So ging denn dad Reich der Gries 
en, im Innern erfchöpft und moraliſch morſch und aufgelöst, feinem vorherges 
fehenen Untergange entgegen. Die Türken fehten, nachdem fie ganz Aflen erobert, 
endlich nad Europa hinüber und faßten dieſſeits des Bosporus feften Fuß. 
Da verſuchten die Beflen u. Edelſten unter den Griechen es noch einmal, ſich der ka⸗ 
tholiſchen Kirche in die Arme zu werfen u. aus ber Bee gung mit Ihr Kraft 
zu fchöpfen. Zu Ferrara und Florenz wurde 1438 u. 39 über bie Bereinigung 
beider Kirchen verhandelt und der Akt der Rüdfehr der Griechen am 6. Ju 
41439 unterzeichnet. Mit unausfpredhlicher Freude kündigte der Papſt Eugen V. 
den chriſtlichen Bölfern das glüdlicdde Ereigniß an: rohlodet — ſo —* 
er — ihr Himmel u. jubele du Erde; vernichtet iſt die Scheidewand, welche die 
Kirche des Orients u. des Occidents getrennt hat. Vereinigt hat Chriſtus beide 
mit dem feſteſten Bande der Liebe und des Friedens. Nach langem traurigen 
Uebel einer vieljährigen Spaltung leuchtet wieder Allen der heitere Glanz erſehn⸗ 
ter Einheit. Es freue ſich unfere Mutter, die Kirche, über Die an ihrer bio⸗ 
her freitenden Söhne; fie, die einft während der Trennung bittere Thränen weinte, 
Danfe nun Bott in unbegränzter Freude.” — Man erfennt an biefer Sprache die 
wahre Mutter, die nicht will, daß ihr Sohn zertheilt werde, und wenn aud) bald 
darauf ein großer Theil der Oriehen in das Schisma zurückſank u. dann 1453 
Konftantinopel eine Beute der Türken, und die berrlidhe Sophienkirche in eine 
Mofchee verwandelt wurde fo bleibt doch dieſe Iehte Rückkehr der Griechen zur 
Tatholifchen Kirche eines der größten und folgenreichften Ereigniffe der Weltge⸗ 
fchichte. Denn einmal blieb die Bereinigung doch für einen Theil der Griechen 
befieben, und zweitens iR die feierlich ne Rückkehr zur katholiſchen 
Einheit ein Urtheil, welches die g. K. ſelbſt über ſich geſprochen hat. Das Con⸗ 
cilium von Florenz kann nie u. nimmer wieder aus der Geſchichte der g.en K. 
ausgeloͤſcht werden und wird in der Zukunft noch einmal wieder die Getrennten 
Dahn zurüdführen, woher fie auögegangen d. — Was nun den Unterfchieb 
in der Lehre, im Eultuß u. in der Kirddengewalt betrifft, wie —58* 
fich zwiſchen den Schismatikern und der katholiſchen Kirche bis jetzt ausgebildet 
bat, fo laͤßt ſich derſelbe in folgende Punkte zuſammenfaſſen: a) Der wichtigſte 
Differenzpuntt if die Lehre vom heiligen Geiſte. Die Griechen haben die Beſtim⸗ 
mung des Zonftantinopolitanifchen Glaubensbekenntniſſes, wonach e8 heißt: qui a 
patre procedit Rrenge beibehalten zu müflen geglaubt, während bie lee 
Kirche, zur näheren Beftimmung des Dogma, das Wort filioque Hinzugefügt hat, 
Wegen diefer näheren Beſtimmung des Dogma machte ſchon Photius abenbs 
ländifchen Kirche den Borwurf, ald habe He das Blaubensbefenntniß von Kons 
ftantinopel verändert u. verfälfcht. Die Sache Iiegt aber ganz einfach. Vom 
Anfange an wurde, gemäß der heiligen Schrift, ſowohl von griechiſchen als latei⸗ 
nifchen Bätern, wenn die Weiſe des Ausgehens des heiligen Geiſtes näher ange⸗ 
geben werben follte, gefagt: „Der heftige Geiſt geht vom Bater u, vom Sokne 
aus, Die Griechen bevienten fi vorwiegend des Wusbrudes: vom Bater durch 
den Sohn (dıa Tod Vıovd), den mehre Lateiner von ihnen annahmen, ohne darum 
von irgend einer Seite berät zu werben. Der Heiland fagte vom Heiligen 
Geiſte, das Er ausgehe vom Bater, Joh. 15, 265 aber, die Weife des Ausge⸗ 
hend näher bezelchnend, fagt Er: Der Bater wird Ihn fenden in Meinem Has 
men, Ioh. 14, 26. Radh vielen Giellen der heil. Schrift wirb ber heil, Geu 
vom Water, nach anderen vom Sohne gefenbet, Joh. 15, 26. 16, 7. 









& 
| 
| 


ah 
atager ligEt 
—— 
irfre 

3 & E 5 
Ben 
BILHH 
FAH ji Er : 
He ji 
hp 
— — 


Iran 
da einen foldyen Sohn erzeugte, und durch bie Zeugung 
Weiens) Ihm verlieh, daß aud von Ihm ber 5. 
N EA 
ı „6o, wie 5 g 
iR, und in Ihm Seine Eub Id burdh 1% 
et Ph vs Pin Ye aber der Pr ( 7 


* 
af 


gi 


4 


krce 


2 
3 


8 
5 
g 
ga 
2: 
5; 
g 
Q 
an 
& 
Hi 
Iior 
5 
eben, 
Izäur 


als 
De ing des Gonciliums: „Der Vater hat 
terpreiation: „durch den Sohn“ dur nicht loffen 
pi Daher fuhren auch vie griechiſchen Väter na vor 
prudsiweiie fort und Iehrten in völliger Ueb 
So wurde auf dem vorwiegend griechtii al 
vom Prieſter Cariſtus vorgelegte Glaubensbelenntniß des 
Geiß nur vom Vater ausgehen ließ, von den Vatern verwocſen, 


reizt: 


. Weichiför Rice 





4032 

atismen bes h. Cyrillus v. Alexandrien, worin bad .Gei⸗ 

Vater und —* Sohne gelehrt ward, von ihnen en Als 

: im Occident, und zwar vorz Broeife auf Beranlaffung Frage 

; da6 Bußgehen bed eiligen aufgeworfen wurde u. ale Nirianer die 
sfängliche 


abitio Kirche in di te hartn läugnet 
d von den Katholiken e darauf u a nu Yefen ie 
nüber, ſcharf jeichne! wärde. Ra ch tum die dritte Synode von 

das filio —— von den Aria⸗ 


ıde dazu befugt war, kann aller bezweifelt werben 
In aub Al an Deiivente Ach —2* 
3 war man aber völlig einverſtanden, w 
Gebrauch, beim Helge I —— wo nach dem dad Konſtan⸗ 
polktanifche ®laubens et oder gefungen wird, as vor »filio- 
s immer allgemeiner u. "ui da Mi * Benedikt —— 3 
e foͤrmlich eingeführt * en ſtimmten, w bett a 

n en der Lehre vom heil en Och vollig überein; heoboret fing zuerſt 

für das Ausgehen AR ee Geiſtes vom Bater auszufprechen. 

8 gie —— und ſpaͤter Johannes Damascenus, den bie Een 
n vorgäglichfen © ogmatifer halten. Do Abolins 
ade er ie De &ef * a ** zeigt, Anfangs 
n, aber, w rennung n 
tan Die fpäter a Berbunfelun 


ie ben A matiſch Befliunten leichter —— Mehr, [HR 
en atte, fe 
3. be e gu tl 


f Yen ——— — * —*— dem Florenz, als A 
g chen Bif au zu 

int Gelehrt ten der i le ‚ 

* —— on mi ben, Stein Abe fa 

t ——æ— wollten „die Lateiner haͤtten 8 


dieſ 
Als die der Lateiner, 
* Bit 2 ee fe —— 
ı leicht zu Stande, da die lateiniſche Far My ‚ oh 835 


ı Bater und vom Soh ee ini —— non &, 
‚bus principüs), aus d enheit beb Bine Alican be Sohnes auds 
e, wobel es Jedem u —— zu net ober a paire 
filium, obwohl here in der I asien * —* allein Ge⸗ 


= 











ige 


— — VXR— a n wena®) die, ned) nicht Säle 
utan wonaqh die, n 
- mug — cm 00) jneib burd Läuerube Grafen geringe 


ven — wenn 
e — von en m Bike mbiaen barge —2* t werden 


ige —— er, © Gebete, —* u. 
bariı Borkelumpe b 
"Train 1 Ihre ih Inn lt vo ap En her enden Seat . —*2 


ii 















a über — kein On 
‚am aber jan pa fi) genan an der As der 
igen Schrift, ‚ 13—15 und ber Vaͤter, und 
st es nicht, son den Her hen nungen fi zu fo 
I aß man Ra) Abe be Bevenfen der in Diefem m Aunke wundern, 
ie: äter ? gerake Se Musprudeiseie über das Fegfeuer haben, wie die 
einifchen und ſich an 1. Kor. Pr 13—15, anlehnen. Da übrigens 
Hefe Een feine weh at —— (0 Ion fo fam audı aut) hierin vu Bir 
er Areamına ia nn ——— der Kira 












1040 Griechiſche Kircher — 


ee — *— *9 Ag ae Munde Jeſu a 
gen u. fie pflat; a ge 8° u. aut 
durch die Apofel u, ihre rechtmäßigen Nachfol x fomı 
tionen fort. Aus dem Munde der a ae 
Glauben empfangen, der Jünger Jeſu werben tolll, heilig 
das Werk des Heiligen Geiſtes, erinnert die Lehrer ber wi rt 
das, was Jeſus geihan u. gelehrt hat (de meo accipiet, et annmı 
und Ient ein Zeugnig ab für das von ben —— der Apoſt. 
— on — * ee: je A fo Ya 
fe re Organe, bie er p r 
Bahn bricht, Mit Be Srrthümern der ———— u® 
tretend, muß es fein immer. gleiches fen, den ma: 
Menfchenwelt gegenüber, fortwährend beflimmt und \ 
fo im Bar der Zeiten immer herrlicher und Bee feine 
enthüllen Können. Die Lehre if vom Anfange diefelbe, u, alle 
— Wehen une 3, Nie Kan, aber öR, 
jen den vi en um: aus, j 
Die Rirade IR, Defen Menfchmerbung In ihr. Rd) forfeht, Ente 
durch die verfchledenen % alter der Weltgeſchichte hindiuch u, u 
Seiner Organe, dur) Seine Apoſiel und ihre folger, ©: ig, gleiche 
Weſen, —— ſich erhebenden Geiſte gegenüber, bis Er. am Ente! 
— um unter Seine Fuße wird gebracht haben. Die dogmatiid 
. ren * ann —— og je die Melt | 
eht. je Ie je ‚von ber at dai 
ten, ald 6 ben Kai ae ar Bea das Dogma: über ber belle 
Gel nach der Seite Hin, vom wo ein neuer Angriff gemacht wurde, dem 
thume ber beftimmter auszuprägen 1, zu umgrängen. Das Schiöm | 
daher auf dem Punkte, wo e& bei der Trennung fland, flarr und umben 
ſtehen; der lebendige Geiſt Chriſtus, hatte bie tobten u, erflarrten Glieder 
laffen, während die latholiſche Kirche in ihrer lebendigen Entwidelung nad 
vor weiterging, u, die Reihe der allgemetnen Concillen, die zur Zeit ber Eyal 
tung bis zum 7, gelangt war, fehte fi in ihr ununterbrochen Die Er 
hen erfennen ſchon dad achte allgemeine nicht mehr am, ben fo offenbarte der, 
in der Kirche gegenwärtige, Gottmenfdh Seine Ban fort u, fort durd de 
laufenden Jahrhunderte im dem Leben der Heiligen; unter den Schtömatilem | 
hörte auch diefe Offenbarung auf u, ihre Kirche ift einem Baume gleich gm 
den, der Feine Früchte mehr trägt. Diefer Stillftand der Griechen und die 
ftarrung ihrer Kicche zu einem todten Wefen einer Seits, und die Lebendige un 
organifche Fortentwidelung der Fatholifchen Kirche anderer Seit, haben 
eine fo große Entfremdung, ein Sichnicht-mehr-Wiedererkennen beider, 
bracht, daß gerade hier die tieffte u. durchgreifendfte Differenz zwiſchen ber 
tholifchen Kirdye und dem Schioma zu fuchen if. iefer ‚Unterfchteb muß rd 
jr zweifelhaft machen, ob eine Wieberfehr der Griechen in der Maſſe anöglid 
ft. — 5) Den Primat Petri und feiner Nachfolger auf dem Bifchofsftuhle m 
Rom läugnen die Schiömatifer nicht in der Theorie. Ale griechiſchen Bätr 
ber erften taufend Jahre haben ihn anerfannt und bie von den, Griedyen ‚ange 
nommenen allgemeinen Goncilien haben ihn beftätigt. Die Eiferfücht der SPatriar 
hen von Konftantinopel allein brachte e8 zum ale von Rom, und fo id | 
der Praxis almälig auch eine Theorie gekommen, bie aber immer. noch fchwan 
fend iſt. Ja, die Ruffen erfennen tn ihren Ritualbüchern bis auf den heutigen 
Tag den Nachfolger des heiligen Petrus zu Rom, mit dem fie noch viele Jaht⸗ 
hunderte nach dem Ausbrudje der byzantinifchen Spaltung in Berbinbung ftan 
den, als das Dora der Kirche an, obwohl ihr wirkliches, Oberhaupt ‚gegen 
wärtig Nichts. weniger, als Racyiolger des helkgen Mes A. — Auer er 
wichtigen Punlten gibt 8 nocdy were Unterfägiiie , a de un Tu Sun. 


Griechiſche Kirche, 1044 


vor allen andern ein großes Gericht legen, bie aber Feine weſentliche Abwei⸗ 
Hung begründen. So gebraudyen die Griechen zur Feier der heiligen Meſſe ges 
jäuertes, die Lateiner ungefäuerte® Brod; die erfteren ertheilen das heilige Als 
tarsfaframent den Erwachſenen unter zwei Geſtalten, ohne jedody die Communton 
unter @iner Geftalt für ungültig zu erflären. Bei der Spendung der übrigen 
geiligen Saframente, wegen deren Zahl u. Bedeutung fie völlig mit den Rateinern 
übereinfimmen, baben Te mehre unmwefentlicdye Abweichungen im Ritus. Shre 
Saften find ger u, werden fehr firenge gehalten. Sie lehren, daß nad) Em⸗ 
fang der Briefterweihe keine Che mehr könne eingegangen werden, wie auch bie 
atholifche Kirche foldye Chen für null und nichtig. erklärt. Aber fie find darin 
von der alten chriſtlichen Praxis abgewichen, daß fie allgemein dem niederen 
‚Klerus vor dem Empfange der höheren Weihen die Schließung der Ehe mit einer 
Jungfrau erlauben. In der erften Zeit des Ehriftentbums mußte man häufig, in 
Srmangelung eigens gebildeter Zöglınge für den Prieſterſtand, verheirathete Män- 
1er zu Brieftern weihen. Es lag in der Idee des chriſtlichen Prieſterthums, 
daß diefe nach dem Empfange der heiligen Weihe dem ehelichen? Leben entfagten. 
Rad dem Empfange der Weihe aber zu heirathen, wurde nie in der chriftlichen 
Kirche geftattet.. Wenn man nun Anfangs aus Noth manchmal verheirathete 
Männer zu Prieſtern weihte, fo lag es doch im @eifte des Chriſtenthumes, die⸗ 
‚em Uebel durch Erziehung eines eigens gebilveten Klerus abzuhelfen u. die ver- 
Jeiratheten Priefter möglihft bald überflüfflg zu machen. Jedoch nahm beim 
Verfalle der fittlichen Strenge tm Driente die Gitte allmälig überhand, daß bie 
-Zöglinge des Prieſterſtandes vor dem Empfange der Weihe heiratheten. Das 
Schisma hat diefes, fo zu fagen, zum Geſetze gemacht. Stirbt aber die Frau, fo 
kann der Priefter nicht wieder heirathen. . köitwen der SPBriefter werben in eine 
Art von Klöftern eingeſperrt. Uebrigens genießen diefe verhetratheten “Briefter u. 
ihre Weiber keine Achtung. Die Biſchoͤfe dürfen nicht verheirathet feyn u. wer⸗ 
ven darum immer aus dem Möndyöftande gewählt. — Auch in der Behandelung 
der Ehe, die fie durch den Chebruch als dem Bande nad) gelödt betrachten, 
herrſcht eine Berfchtedenheit. — Was die fernere Geſchichte der g. K. nad) 
‘der vollendeten Durchbildung des Schiöma, u. dem Untergange des byzantinifchen 
Reiches betrifft, fo leitet fie uns einer Seits das Bild einer fittlichen Berfunfenbeit, 
‘eines politifchen u. religtöfen Deepotismus u. einer Knechtung und Sntwürbi- 
‚gung des Sinnes bet allen wiffentlichen u. verfchuldeten Beförderern u. Verbrei⸗ 
“tern der Spaltung dar, wie ed wohl fonft nicht leicht in der Weltgefchichte in 
'diefer Aus- u. Durchbildung zu finden feyn möchte; anderer Seits aber hat der 
‚Glaube in der unwiffenden und gewiß großen Theils unverfchuldeten Maſſe des 
Volkes eine fo unerfchütterliche Kraft behalten, daß gar nicht zu verfennen iſt, 
daß die, vem Schiöma anheimgefallenen, Völker noch den Keim einer ihnen vors 
behaltenen Auferftehung tn fidy bewahren, u. daß fle der Kirche noch einmal in 
threm Kampfe gegen den Alles zerfebenven u. auflöfenden Unglauben der Zeit ers 
frifchende u. Eräftigende Waſſer zuführen werben. Je mehr fid) in Konſtantino⸗ 
pel die ſchismatiſche Kirche unter das entwürbigende Joch des Islam beugen 
mußte u. alle Ausſicht auf Äußere Herrlichkeit, wonach die Patriarchen fo fehr 
gefitebt hatten, für fle entſchwunden war, um fo mehr z0g fie ſich in fich ſelbſt 
zurüd u. ſuchte fidy mit einer Hartnädigkeit, die oft Bewunderung erregt, gegen 
den, mit äußerer Gewalt auf ihr Taftenden, u. ſtete Bernichtung drohenden Feind 
zu behaupten. Der Islam verfland nicht die den neueren, aus dem Ghriftens 
tbume felbft hervorgegangenen, Verfolgen eigenthümtiche höflifcye Kunſt, fi in 
die inneren Angelegenheiten der Kirche einzumifchen u. den inneren Quellbrun⸗ 
nen des kirchlichen Lebens zu vergiften. Gr laftete vielmehr nur wie ein Äußerer 
Drud auf der Kirche, dem diefe, um ſich zu behaupten, mit Hintanfegung aller 
im Innern herrſchenden Entzweiungen einen gemeinfamen Gegendruck entgegen- 
feben mußte. Dadurch iſt das für den erfien BE Aufalknte u. DRe& 
gefdehen, baß bie g. R., bie durch eine zu unfte u, ereniäiäge Boneniisiit 
Wealenepclopäbie. IV. W 


—— 
Patriarchen 
Eben fo verhält es J 
in den Landern von Aegypten IR das 
en. Anders Dagegen it es ſich mit demfelben 
ich, trop. der unglaublichften Anftrengungen der Türken, nicht nur 
dern es if auch nach" Innen fowohl, als nach Aufen, in ein ſo 
eingetreten, „daß. ſchon fett 200 Jahren eine beffere Zukunft für die g. K. 
vorauszufehen war In allen Provinzen der europälfchen Türkek: find 
hen — den Volke anıZahl 3-56 4 Mal il Nur im Alban 
amd Boonien iſt der chriſli TE dadurch ein weſe 
—— eil dee ſehr zahlreichen Adels zum Islam übergetreten: 
en —— ſch tm Ds: Jahrhunderte E 
und Mähren, 
ganz zur lateln ſchen Kirche, 
und. in Shismarmitverwidelt ward. Wichtiger wurde die geist; die 
lehrung der Rufen.) Daß die ruſſiſche Kirche von ihrem Urfprunge an fl 
matiſchge ‚jet, iſt ein lange gehegtet Irtthum. Dienörb 
ſhwarzen Meeres und die Mündungen des Duepr und des Don waren che 
Zwediel ——— Jahrl te zum Theil befehrt: Zum eigentili 
drang de riſtenthum tm 9. Jahrhunderte unter dem Kaiſer Boſit 
der otius verbannt hatte. Abet erſt im AO und Ale Fi de 
es durch bie Bemühungen: der Großfuͤrſtin Olga: und. des 
bb 7 Zeit, won Komftantit 


bes Ghriftenthums — 86 — Ss 
Schioma und taihetticher | ar 





Griechiſche Kirche. 1041 


vor allen andern ein große Gewicht legen, die aber Feine mefentliche Abwei⸗ 
hung begründen. So gebraudyen die Griechen zur Feier der Heiligen Meſſe ger 
fäuertes, die Lateiner ungefäuertes Brod; die erfteren ertheilen das heilige Als 
taröfaframent den Erwachſenen unter zwei Geftalten, ohne jedoch die Communion 
unter Einer Geftalt für ungültig zu erklären. Bei der Spendung der übrigen 
heiligen Sakramente, wegen deren Jahl u. Bedeutung fic völlig mit den Rateinern 
übereinfimmen, haben fie mehre unmejentliche Abweichungen im Ritus. Shre 
Faſten find länger u. werben fehr firenge gehalten. Sie lehren, daß nad) (Ems 
pfang der Priefterweihe feine Ehe mehr könne eingegangen werden, wie auch bie 
katholiſche Kirche ſolche Ehen für null und nichtig erklärt. Aber fie find darin 
von der alten chriſtlichen Praxis abgewichen, daß fie allgemein dem niederen 
Klerus vor dem Empfange der höheren Weihen die Schließung der Ehe mit einer 
Jungfrau erlauben. In der erften Zeit des Chriftenthums mußte man häufig, in 
Ermangelung eigens gebilveter Zöglinge für den ‘Priefterftand, verheirathete Mün- 
ner zu Prieſtern weihen. Es lag in der Idee des dhriftlichen Prieſterthums, 
daß diefe nach dem Empfange der heiligen Weihe dem ehelichen Leben entfagten. 
Nach dem Empfange der Weihe aber zu heirathen, wurde nie in ber chriftlichen 
Kirche geftattet. Wenn man nun Anfangs aus Roth mandymal verbetrathete 
Männer zu Prieſtern weihte, fo lag es doch im @eifte des Chriſtenthumes, die⸗ 
fem Uebel durdy ssiehung eines eigens gebildeten Klerus abzuhelfen u. die ver- 
heiratheten Prieſter möglichſt bald überflüfflig zu machen. Jedoch nahm beim 
Berfalle der fittlichen Strenge im Ortente die Sitte allmälig überhand, daß die 
Zöglinge des ‘Priefterfiandes vor dem Empfange der Weihe Heiratheten. Das 
Schisma hat diefes, fo zu fagen, zum Geſetze gemacht. Stirbt aber die Frau, fo 
kann der Priefter nicht wieder heirathen. Litwen der ‘Briefter werden in eine 
Art von Klöftern eingefperrt. Uebrigens genießen diefe verhriraiheten Prieſter u. 
ihre Weiber feine Achtung. Die Biichöfe dürfen nicht verheirathet feyn u. wer⸗ 
den darum immer aus dem Möndhsftande gewählt. — Auch in der Behandelung 
der Ehe, die fie durch den Chebruch als dem Bande nad) gelöst betrachten, 
berrfcht eine Verſchiedenheit. — Was die fernere Geſchichte der g. K. nach 
der vollendeten Durchbildung des Schisma, u. dem Untergange des byzantinifchen 
Reiches betrifft, fo leitet file und einer Seits das Bild einer fittlichen Berfuntenbeit, 
eines politifchen u. religtöfen Despotismus u. einer Knechtung und Sntwürbi- 
gung des Sinnes bei allen wiſſentlichen u. verfchuldeten Beförderern u. Berbrei- 
tern der Spaltung dar, wie es wohl fonft nicht Leicht in der MWeltgefchichte in 
diefer Aus⸗ u. Durchbildung zu finden feyn möchte, anderer Seits aber hat der 
Glaube in der unmwiffenden und gewiß großen Theild unverfchuldeten Maſſe des 
Volkes eine fo unerfchütterliche Kraft behalten, daß gar nidyt zu verfennen ff, 
daß die, dem Schisma anheimgefallenen, Bölfer noch den Keim einer ihnen vors 
behaltenen Auferftehung tn fi) bewahren, u. daß fie der Kirche noch einmal in 
ihrem Stampfe gegen den Alles zerfegenden u. auflöfenden Unglauben der Zeit ers 
friſchende u. Fräftigende Wafler zuführen werden. Je mehr fi in Konftantino- 
pel die ſchismatiſche Kirdye unter das entwürdigende Joch des Islam beugen 
mußte u. alle Ausſicht auf Äußere Herrlichkeit, wonach die Batriarchen fo jehr 
geftrebt hatten, für ſie entſchwunden war, um fo mehr zog fte fidy in ſich felbft 
zurüd u. ſuchte fi) mit einer Hartnädtgkelt, die oft Bewunderung erregt, gegen 
den, mit äußerer Gewalt auf ihre Taftenven, u. ſtete Bernidhytung drohenden Feind 
zu behaupten. Der Islam verftand nicht die den neueren, aus dem Ghriften- 
thume felbft hervorgegangenen, Berfolgern eigenthümliche hölliſche Kunk, fid in 
die inneren Angelegenheiten der Kirche einzumifcyen u. den Inneren‘ Quellbrun⸗ 
nen des Eirchlichen Lebens zu vergiften. Gr taftete vielmehr nur wie ein äußerer 
Drud auf der Kirche, dem diefe, um fi) zu behaupten, mit Hintanfegung aller 
im Innern herrſchenden Entzweiungen einen gemeinfamen Gegendruck enıgegen- 
fegen mußte. Dadurch if das für den erflen Blick Auffallende u. Befremdliche 
geichehen, daß die g. K., die durch eine zu unftäte u, excentciicie Beneatiiitet 
Neelencpelopäbte. IV. W 


4042 Ä Griechiſche Kirche. 


fo viel gefünbigt u. durch ununterbrochene Spaltungen n. Irtlehren ‚bie Kirche ve 
wirrt u. beunruhigt hatte, von nun an gleichſam erſtarrt auf dem einmal augensum 
nen Standpunfte fliehen blieb u. einen Äbſcheu gegen alles ihrer Orthode 
genfichende annahm, der zum Sprichworte geworben if. Uebrigens iR die@c 
der fchismatifchen Kirche in den beiden erfien Jahrhunderten, ſeit fie unser tieß 
fcher Herrſchaſt ſchmachtete, nicht fo arm an intereffanten u, zum I Hell erhebenden1 
ſchönen Zügen, als man geneigt {ft zu glauben. Der Drud und die Berfolgem 
haben die alte Fatholifche Kraft, die in dem Innern des Volkes nicht erfern 
war, oftmals wieder gewedt. Rur wo Ruhe und bad Bewutztſeyn der Ude 
macht eintrat, tauchte immer der ſchismatiſche Geiſt mit all feiner Tüde u. Be 
[eigunge mut wieder hervor. Zu bemerfen if aber, daß die g. K. tm Mekka 
fien unter der Herrfchaft der Türken faft ganz verfhwand. In Arabien die 
die zahlreiche duriftliche Kirche völlig unter; nur in den an Paläflina und Gyie 
ränzenden Stridyen, im Hauran, in Boflra u. f. m. find Ueberrefte der Kirche p 
Blieben. In Syrien und Patäfiina ift die Zahl der griechifchen Chriſten im de 
zen fehr gering geworden und foll nicht die Zahl von 300,000 Seelen übe 
gen. Su den Euphrat: u. Tigrisländern bis nach Perſten hinein IR die Zu 
derer, die mit dem Patriarchen von Konftantinopel in Verbindung ſtehen, ‚Anal 
unbedeutend; zahlreich find Dagegen die Nekoslaner (Chaldäer) und Yrmals 
(Monophyſtien). Im eigentlichen Armenien bis zu den Ländern des Kuulıkd 
wohnen, auße den Muhammebanern, faft nur Monopbyfiten u. Katholilen, we 
nige ſchiomatiſche Briechen. Im eigentlichen SMeinaflen if der Islam durches 
der. herrfchende geivorden, und die große Waffe der Bewohner befennt fidy p ie, 
fo daß es fehr zweifelhaft erfcheint, ob der ſchismatiſche Patriarch von KAaıkır 
tinopel in ganz Aſten, außer den rufftichen Provinzen, auch nur Eine Rm 
Blaubensgenofien zählt, wo früher weniaftens -30 Millionen griechiſcher Cie 
lebten. Im Afrila beſteht nur noch ein Reh von einigen Taufenden fchismatiier 
Griechen in Aegypten, wo der alte Patriarchenſitz von Mierandrien ſcheinbat a 
recht erhalten wird. Die Ureinwohner des Landes, bie fogenannten Kopter, 2 
2—300,000 Seelen zufammengefchmolzen, find theils Monophyſtten, die mit ws 
Patriarchen von Konftantinopel gat keine Gemeinſchaft haben, theils Katheila 
Eben fo verhält es fich mit Abyffinten (f. d.), wo es gar feine Griechen gibt. Krk 
in den Ländern weftlicd von Aegypten iſt das Griechenthum gänzlidy amdgege 
en. Anders dagegen verhält es fi) mit demfelben in Europa. Dort bat! 
de, trog der unglaublichften Anftrengungen der Türken, nicht nur erhalten, It 
dern ed iſt auch nady Innen fowohl, als nady Außen, in ein fo flarfes: Wade 
eingetreten, daß ſchon felt 200 Jahren eine beffere Zukunft für die g. 8. 
voraudzufehen war. In allen Provinzen der enropälfchen Türket find die Gm 
chen dem herrfchenden Bolfe an Zahl 3 bis 4 Mal überlegen. Nur in Albans 
umd Bosnien iſt der chriſtlichen Sache dadurch ein weſentlicher Abbruch gefdhrta 
daß der größte Theil des ſehr zahlreichen Adels zum Iſlam übergetreten ER A 
Außen bin verbreitere ſich Die g. K. im 9. Jahrhunderte über Bulgarien, Uns 
und Mähren. Ungarn wandte fi bald darauf größten Theils, und Nähe 
ganz zur lateintfchen Kirche, während Bulgarien überwiegend Griechifd, bie 
und in das Schisma mitverwidelt ward. Wichtiger wurde für die g: K. vie®. 
kehrung der Ruſſen. Daß die ruffifche Kirche von ihrem Urfprunge an fü 
matiſch geweſen fei, if ein lange gebegter Irrtum. Die nördlichen Ufer Wi 
ſchwarzen Meeres und die Mündungen des Dnepr und ded Don waren ck 
Zweifel ſchon im 4. Jahrhunderte zum Theil bikehrt. Zum eigentlicdyen Rußland 
drang das Chriſtenthum im 9. Jahrhunderte unter dem Kalfer Bafltius Mani 
ber den Photius verbannt hatte. Aber er im 10, und 11. Jahrhunderte wu 
es durch Die Bemühungen der Großfürſtin Olga und des Wladimir nad w 
nad) daſelbſt herrſchend. In dieſer Zeit, mo von Komflantinopel ber das Ad 
bes Chriſtenthums in Xußland fich verbreitete, ſchwankte bereits die g. K.wiſche 
— Schioma und katholiſcher Einheit. Daher kam es, daß auch wie Tochterlirh 









Griechiſche Kirche. 1043 


dieſen ſchwankenden Charakter annahm, ohne doch auch im der fpäteren Zeit ent⸗ 
ſchieden an dem Schisma theilzmehmen. Die bald darauf immer mehr wachſende 
Bedrängniß deo byzantiniſchen Reiches Loderte vielfach die Verbindung der ruffi- 
ſchen Kirche mit: Konftantinopel, während wir die ruffifchen Ezaren und die Mes 
tropoliten von Kiew in mehrfadyer Berbinvung mit Rom treffen. Die von U. Thei⸗ 
zer über die ruffifche Kirche veröffentlichten Altenſtücke laſſen über die letztere That- 
ache Keinen Zweifel übrig. Der Kal Konſtantinopels brachte abermals ein Schwan» 
ten im der ruffiichen Kirche hervor und unterbrach fa ganz die Verbindung mit 
dem jetzt nicht mehr ſelbſtſtändigen Patriarchen. Es mußte fi) nun zeigen, ob 
ich diefelbe von jegt an mit Entſchiedenheit nach Rom neigen, over fidy umter 
a8 Joch des Czaren, ald des abfoluten Herrſchers auch auf dem kirchlichen Ges 
stete, beugen wollte. Das letztere erfolgte. Siehe das Fernere hierüber in dem 
Astifel Rußland u. ruffifhe Kir che. — Das griechiſche Schiöma, weldyes 
aach dem Falle Konftantinopels mit dem völltgen Untergange bedroht war, fteht ge- 
jenwärtig in einer furdytbaren Größe, felbft der Kirche gefahrbrohend und Ver⸗ 
derben finnend, da. Die Begebenheiten, weldye die Wieverkräftigung der g. K. 
bewirkt haben, find befonders folgende drei. Das erfie wichtige @reigniß war 
das Wiedererwachen des geiftigen Lebens unter den Griechen durch den Kampf 
mit dem Proteſtantismus. Die: Proteftanten hatten nämlich wieberhofte Berfuche 
gemadht, die Griechen zu ihrer Partei hinüberzuziehen. Eine von Dolcius vers 
fertigte Ueberfegung ver Bugabur chen Eonfeffion, die Melanchthon dem Pa- 
triarchen Jofaphat IL. v. C. T. zuſchickte, fand diefer fo abgeſchmackt, daß er gar 
Nichts darauf erwiederte. Die Correſpondenz mit den Tübinger Profeſſoren Andre& 
und Gruflus verbat fi) der Patriarch Jeremias II., nachdem er von ben lutheri⸗ 
Ichen Glaubensſaͤtzen Einficht genommen hatte. Beffer aber ſchien es den Refors 
mirten glüden zu wollen. “Der verfchmigte Eyrillus Lucaris hatte in Genf heim⸗ 
(ih den Calviniomus angenommen und fuchte, zum Patriarchen von Alerandrien 
und dann von Konfantinopel erhoben, Calvins Grunvfäge unter den Griechen 
zu verbreiten. Aber er fand unter den Seinigen entſchiedenes Widerfireben und 
die Griechen waren froh, daß die Pforte den ketzeriſchen Patriarchen erbrofjeln 
ließ. Durdy diefen Borfall ward eine mächtige Bewegung In die fo lange ſchlum⸗ 
mernde g. K. gebracht. Eine Menge von. Schriften, zum Theile aus der katho⸗ 
liſchen Literatur gene die PBroteftanten gefchöpft, vertheidigte die althergebrachte 
Lehre, und eine Reihe von Synoden (beſonders zu Serufalem 1672) und Olaus 
benserklärungen feßten die Differenzpunfte fo Kar und fo übereinflimmend mit 
ber Eatholifchen Kirche auseinander, daß ſeitdem eine Wiebervereinigung ber Ges 
trennten nicht mehr für unmöglich angefehen worden if. Die ewachte neue Thäs- 
tigfett ward audy in den folgenden Jahren nicht wieder unterbrochen u. hat durch 
die Berührung mit den Deutfchen in Ungarn und mit den Staltenern noch viel 
fache neue Nahrung befommen. — Die zweite Begebenheit, welche für das Schick⸗ 
fal der ſchismatiſchen Kirche ‚von entſcheidendem Grfolge feyn mußte, war "wer 
plöglicye Auffhwung Rußlands felt dem Ende des 17. Jahrhunderts. Ein dem 
Schisma angehörendes Bolt, bisher halb wild und darum veradhtet, beginnt mit 
einem Male fidy zu-erheben, wächst in Zelt von 120 Jahren von 7 Millionen 
auf mehr ald 50 Milionen Seelen an und wird zur mädhtigften Monarchie der 
Belt, Obwohl der griedhifchen Orthodoxie eifrig ergeben, hat ſich Rußland von 
der Abhängigkeit von Konflantimopel Iodgemacht und nach manchen getroffenen 
Beränderungen zulegt eine permanente heilige Synode, die aber ganz unter ber 
Gewalt des Czaren fleht, an bie Spige der Kirdhenverwaltung geftellt. Giche 
d. A. Ruſſiſche Kirche. Durch diefe plögliche Erhebung Rußlands hat das 
griechiſche Schisma wieder Macht und Bedeutung in der Welt erlangt, Es bat 
fi unter ruſſiſchem Schutze weit Aber Norvaflen und über die Kaufafusländer 
ausgebreitet; es hat die bereits finfende Macht der Türken völlig gebrochen, und 
Rußland firebt mit aller Kraft dahtn, alle griechiſchen Völker zu einer großen 
N \ 


Monarchie zu vereinigen. Sein Blick if unverwandt auf BT —R 


⁊ 





land läßt fich feit dem Ausbruche der Verfolgung ihre Zahl nid 
men. In Allen, wenn man die Unirten der andern orientaliſch 
zurechnet, find fie, mit Ausnahme von Stleinaften und Cypern, wer 
ftarf, wie die Schiömatifer. Zu ihnen gehören die Melehiten (5 
die Maroniten in Eyrien, Baläflina u. auf Eypern (3—400,000 ©e 
däer in den Euphrat- und Tigrisländern (ihre Zahl betrug 150, 
aber in jüngfler Zeit fehr zufammengefchmolgen), Armenter (im f 
begriffen, mögen in Europa 40,000, in Aften 60,000 Seelen ftar 
(30, Seelen) u. f. w. Sin Afrika leben 7000 furifche und me 
Iifen, und außerdem 10—12,000 unirte Kopten in Aegypten. Di 
niſche Kirche iſt erft im Werben begriffen, verfpricht aber ı 
fhöne Zukunft. 

Grichifche Kunft, vorzugsweiſe auch die antite oder claff 
hat das Gigenthümliche, daß In ihr das Ideale ganz fn die finn 
gedrungen und zur Äußeren Erſcheinung gebracht if. Das dadı 
Gleichgewicht zwiſchen Dem Gelfligen u. Körperlichen, ober die e 
bindung beider, ſchließt ſowohl das reinſinnliche Anfchauen und % 
abftrafte Denken aus u. erhält noch höhere Bedeutung, Indem dab 
ges Bewußtſcyn kanſtleriſcher Thätigkeit fund gegeben tft, die Sch 
natürlich u. unbefangen, mit Wahrheit u. innerer Rothwendigkeit 
vortritt. Bine gedrängte u. anfprechende Entwidelung des Bang 
ſchen Bildung In Hinfiht auf die Kunft gibt Wendt in fein 
Hauptperioden der Kunſt;“ doch hat fie wohl mit einer Nachahm 
begonnen, und ihr urfprünglicher Zuſammenhang mit ver indiſch 
faum zu erwelfen feyn. Bergl. Champolltion, Briefe aus Weg 
bien aus dem Franzoͤſ. von Gutſchmid, Quedlinb. 1835. f. K 

Griechiſche Münzen. Unter diefem gemeinfdaftlichen Ran 
Numismatik, außer den Münzen des eigentlichen alten Griechenl 

riechiſchen Infeln, der Eleinaftatifchen Provinzen und Groß⸗Griech 
Baden ſaͤmmtlich griechiſche Aufichriften, welche oft fehr ſchwer zu 


Griechiſche Kirche, 1045 


das Bolf der Ruffen. Die Griechen haben eine große Geſchichte, die unter ihnen 
nicht vergeflen iſt u, je mehr dad Andenken an fie erwacht, um fo weniger wer⸗ 
den fle geneigt feyn, fidy unter das Joch eines rufftfichen Gaaren zu beugen. Es 
lebt in ihnen ferner die Erinnerung an die frühere Blüthe der Wiſſenſchaft, und 
die lange unterbrüdte geiftine Thätigkeit iſt bereits felt 200 Jahren unter ihnen 
wieder erwacht, und ihre tüchtigften Köpfe bezeugen eben Feine Luft, fich unter 
einem ruffifchen Syſteme wieder in Schlaf einwiegen zu laffen. Dieſes geiftige 
Wiedererwachen der alten g. K. iſt der Sache des Rufſſenthumes fo wenig hold, 
daß Rußland Nichts mehr fürdhtet, ald. gerade dieſes. Dazu kommt nun noch bie 
britte große Zeitbegebenheit, die für das Schidfal der g. K. von dem verſchieden⸗ 
ſten Einfluffe if, die Freiwerdung ®rlechenlande. Nach langem heroifchem Kampfe 
bat das alte Griechenland das Joch der Türken abgemworfen und feine Freiheit 
errungen, Unverfenndar war das im Plane der Borfehung beſchloſſen und bie 
fatholifche Kirche hat es mit Freuden begrüßt. Ein freies Griechenland wird aud) 
ben Gelft der Griechen überhaupt wieder frei machen, und die Lage Griechenlands, 
bie Eigenthümlichkeit feines Volkes, die wiedererwachte Erinnerung an feine frühere 
Geſchichte, Die Umflände, unter denen feine Kreihelt errungen u. behauptet wurde, 
werben Griechenland dem geiftigen Einfluffe ver abenbländifchen Bölfer öffnen 
und dem Gelüfte des noch nicht gebrochenen ſchismatiſchen Geiſtes, fid) Rußland 
in die Arme zu werfen, einen unüberfleiglichen Damm entgegenfehen. Yür Europa 
fann es nur höchſt wuͤnſchenswerth feyn, daß die einzelnen Provinzen der Türke 
mit überwiegender griechifcher Bevölkerung durch das politifche Gleichgewichts: 
fuftem fo lange unter türkifcher ‚Herrfchaft erhalten werben, bis fie, ähnlich wie 
Griechenland, fich ſelbſt emancipiren u. ſelbſtſtaͤndige griechiſche Staaten mit freier 
Berfaffung und religiöfer Duldung werben. Cine freie Entfaltung der Wiſſen⸗ 
Bat: und des Lebens bringt dem Schiöma, das nur aus politiſchen Uebergriffen 
n die Kicchengewalt geboren ift, den ficheren Tod. Vergebens wird Rußland 
fid) bemühen, gegen den Einfluß einer foldhen, auf dem alten Gebiete der g.n K. 
erwachten, geiftinen Bewegung feine Graͤnzen zu verfperren; es wird von der Be⸗ 
wegung fortgerifien werden und den Boden feines politifchen Syſtemes erfchüttert 
fehen. g ſchon jebt Rußland, troß der allergrößten angewendeten Zwangsmit⸗ 
tel, die Bildung von reltgtöfen Sekten und Spaltungen in feinem Innern nicht 
verhüten Fönnen: was wird gefchehen, wenn unter den griechiſchen Bevölferungen 
das geiftige Leben einmal zum entſchiedenen Durchbruche kommt. Daß Rußland, 
fo lange e8 ungertheilt u. ungerflüdelt daſteht, fidy je entichließen werde, fid) mit 
ber katholiſchen Kirche auszuföhnen, das glauben wir einmal ganı und gar nicht. 
Allerdings haben alfo die Fatholtfchen Völker Urſache gehabt, das Freimerben 
Griechenlands als die Morgenröthe eines fhönen, wenn auch erfl von Kerne an- 
gelünbigten, Zaged zu begrüßen. — Die unirte g 8. Ob im Oriente 
efte der g.n K. übrig geblieben. find, die nicht mit am Schisma Theil nahmen, 
ift nicht gewiß, obwohl zwar die Maroniten am Libanon dieſes von fi) behaupten. 
Ausgemacht if, daß die Patriarchen von Alerandria und Antiochia noch lange 
Zeit nach dem Auftreten des Photius mit dem Papſte in SKirchengemeinfchaft 
ftanden. Die ſchwierige Lage des Orients machte eine regelmäßige Verbindung 
mit Rom ſchier unmöglich, und fo mochte die Kirchengemeinſchaft bloß in Folge 
äußerer ungünfliger Berhältniffe bei Bielen faktiſch unterbrodyen werben, ohne daß 
fie die ſchismatiſche Geſinnung der Griechen theilten. Zur Zeit der Kreuzzüge 
fanden die Tatholifchen Biföt mehr Unwiſſenheit, als ſchismatiſche Gefinnung, 
und das damals wiederangeknüpfte Band der Einheit ſcheint nie wieder vol 
zerriſſen worden zu ſeyn. Die auf den Concilien von Lyon und Florenz gefchlot 
jene Bereinigung wurde zwar von der großen Mehrzahl der Griechen bald wie- 
der aufgehoben, blieb aber, namentlich, die letztere, die Grundlage, worauf hin bis 
in bie neuere Zeit, fowohl Cinzelne, als audy ganze Bisthümer und Mölterfchaf- 
ten, ihre Wiederausfühnung mit der allgemeinen Kirche abfchlofien. Beſonders 


geſchah diefes gegen daB Ende des 16, Jahrhunderts durch Beritiekun WR .. 





unbegrängted (70 dxsıpov) feyn Tönnte. ine Auögleichung dieſer 
gegengeſetzten Aufftellungen verſuchte Anaximas, indem er, wie Thal 
einzelnes als den Urgrund annahm, indem er aber als ſolches di 
fiimmte u. der finnlidhen Wahrnehmung fidy entziehende Luft auffte 
der Behauptung Anarimanders Genüge zu.thun vermeinte. In bie 
fängen lag die ganze weitere Gntwidelung angebeutet; denn, währ 
einen Seite Heraklitos (ſ. d.) in der Suffelung, daß daß 2 
oder vielmehr die Kraft des Werdens, (als deren Subfrat u. Erfd 
er das Feuer annahm), das eigentlich Reale fet, hatte auf der ande 
eleatiſche Schule (Kenophanes, Barmentdes, Zeno, Melt 
das gerabe Entgegengefepte, daß der abftrafte Begriff des Seyns das 
alles Erſcheinende hingegen in der That nur Schein ſei, als oberfl 
ausgeſprochen. Bei diefem Gegenſatze, worein die philofophifchen 
jerfalem waren, beruhigten Einige, bie aber zu Feiner Bebeutung £ 
cheleus u. Diogenes, ſich mit einer ungenügenden Ausgleichung, 
ſich über den Gegenſatz ganz hinweg „ übertrugen aber dafür eine 
u. unphllofophifchen Dualismus in ihr Eyſtem ſelbſt, wodurch fie j 
ſatze auszuweichen vermeinten. Anaxagoras (f. d.), weldyer e 
freten, die Welt orbnenden u. regierenden Geiſt (vous) u. neben ihn 
kleinfte Theile (Ouoroszperar) aus denen jener die Welt bilde, annah 
fo, indem er das geiftige Klement fefhielt, am nächften zu der Wa 
aber. in den Dualismud der von Ewigkeit neben einanber ſtehen 
Theilchen u, des Geiſtes Reden; Empedokles (ſ. d.) dagegen wol 
den vier Slementen u, den zwei Grundfräften (Haß u. Liebe) erflät 
fo, zudem, daß audy er im Dualismus fteden blieb, indem er dem | 
mente alle wahre Bedeutung in feinem Syſteme nahm, den nädhfte 
zu der fogenannten jüngeren elentifhen Schule (Leufipp, Demo 
welche, indem fie Alles auf eine zufällige, oder hoͤchſtens bewußtlos 
Gombiyation von Urtheilen (Atomen , daher Atomiften) zurückführt 
Sufteme weniaftens ſchon in vollen Materialismus verfiel. — Wie 


u. 


re um 


Griechiſche Mythologie — Griechiſche Phlloſophie. 1047 


deren Teiner den olympiſchen Spielen mehr Seigemahnt, feiner bie Gefänge oder 
das Infrumentalfplel der bortigen Breisbewerber gehört hat. Die Mufl, von 
der fie Nachricht geben, if größtentheils alesanbrniihegrietfh, ebenfo die bes 
fhriebenen Inftrumente alexandriniſche Erfindung. Außerdem find ale dieſe 
Schriftſteller nur Philofophen, Mathematiker, — ter, Rhetoren ıc., waͤhtend von 
feinem einzigen Manne vom Fache Etwas hierüber auf und gelommen if. Ge⸗ 
genüber diefem gänzlichen Mangel an hiſtotiſchen Nachrichten über die — 
che Beſchaffenheit ver altg. M. bat man andererſeits In neuerer Zeit mehrfache 
Verſuche gemacht, aus inneren Gründen zu einem Refultate über die Tonkunſt 
der Gtlechen zu gelangen, d. h. die Beſtimmungen darüber aus dem Leben und 
Kunſtcharakter ber gt dem Nation überhaupt abzuleiten, und biernady den 
Schluß griogen, daß, da in der griechiſchen Kunft überhaupt der Geiſt eine vor 
berrfchende Richtung auf das — Leben behauptete, die Anſchauung alſo 
über das Gefühl herefchte, die Tonkunſt nicht zur Selbſißändigkeit ſich erheben 
Eonnte, weil in {hr nicht die Anfchauung, fonvern das Gefühl vorherrfhenn ſeyn 
u. in ihren Klängen u, Alkorden bie unfichibare Gemüthöwelt gleihfam in bie 
geföeinung treten muß. Die g. M. u. die Tonkunſt der Alten im Aügemeinen 
babe daher nur eine untergeorbnete Gtelle eingenommen, fich ver Dichtung, Mis 
mil und Tanzbewegung begleitend angefchlofien, den Eindruck diefer Künfte vers 
Rärkt, die zeligiöfe Feier erhoben u. dem Krieger zum Kawpfe begeiſtert. Als der 
neuefte u. entichledenfe Bertheidiger der altg. M. trat Drieberg (Wörterbuch 
der g. M., Berlin 1834) auf, der ihr alle Borzüge der neueren querlennt, aber 
vielfachen Widerſpruch gefunden hat. Auch möchte, nach der biöherigen Sach⸗ 
lage, der darüber obwaltende Streit feine Entfheivung laum zu erwarten haben, 
wenn gleich die mufifatifchen Wetiſtreite der Griechen eine höhere Ausbildung 
der Inftrumentalmuflf vermuthen laſſen ober beflimmter andeuten, als berfelben 
bis jegt qugehanben, iR, — Die Muſik ver Reugriehen und deren Syſtem 
sp Ach in keiner Beziehung mehr aus der der Mtgriechen Herleiten, hat auch 
mit dieſer, außer einigen von berjelben entichnten Kunkwörtern, Nichts gemein u. 
iſt eine, den byzantintichen Griechen durchaus eigene, mittelalterliche Erfindung. 
Diefes Urtheil Kiefewetter® Cüber die TMufll der neueren Griechen, Leipg 
1838), fönnte durch die obige, von Biefem lehrten ſelbſt auegegangene Bu 
hauptung, daß wir von der eigentlidyen Befchaffenheit der altg. gar nichts 
Näheres wiflen, folglich ein Vergleich beider auch nicht möglich fe, als ent 
Fräftet erfcheinen; indeſſen legt wohl der Nachdruck hauptfädhlid darauf, Daß die 
neug. M., an u. für ſich eine byzantiniſche Erfindung, nur einige, bei den Älteren 
Griechen vorgefundene, technifche Ausbrüde benügt habe, Vergl. Solger, „Er 
win,” Band 2, ©. 145. Wendt, „Perioden der Kunſtz“ Fetis, Biographie 
univers. des Musiciens, Paris 1835. 

Griecpifche, Mipthologie, ſ. Mythologie, 

Griehifce,Philofophie. Die g. P. u. in ihr die Philofophte Überhaupt 
nahm ‚ihren Anfang ‚In. dem ‚Zeitpunfte, als ber menſchliche Geiß felbfshätig und 
ſelbſtbewußt über, fein. Seyn. u. das Seyn außer ihm fich zu _orientiten begann. 
Mas vor diefem;Verfuche, ber zuerſt durch Thales (600 v. Chr.) gi (ah, ben 
Namen der Vhlloſophle trägt (bie fogenannte philosophia poötica, beſonders auf 
Dipheue zurüdgeführt und Sie philosopbia politica der 7 Weifen) enthielt wohl 
zum Theile Stoff für die Phllolophie Cin den alten durch Phantafle mannigfach 
umgeflalteten Urtrabitionen), kann aber nicht ſelbſi Philofophle tm Arengen Sinne 
des Worteö genannt werben. — Der, ohne eine höhere unmittelbar göttliche nf, 
Härung über fih u. das Seyn außer ihm veflectirenbe, Menfcpengeit- muß ſich 
aber fofort mit feinem Denken in einen Gegenfag verfegt fehen, nämlich, in dem 
Gegenſatz des beſtaͤndigen Wechſels im Werden, worin er fi) und alles Andere 
fortgerifien ficht u. des beharlicdhen Seyns, welches er ebenfo nothwenbig dies 
fem Seftänbig Wechſelnden u, Werbenden zu Grunde legend denken muß, Das 
Beharrliche Im Wechfel, 


das Seyn Im Werben, gu finden, war daher das fe 


1048 Grriegiſche Philoſophle. 


Beſtreben der g. P. Weil fie dabei die wahre Ausgleichung tiefes Gegmfahl, 
‚welche das wahre Seyn u. das wahre Werben In Einheit erblidt, nicht Tanık, 
verfiel fie dabei ſelbſt in entgegengefehte Richtungen, weldye man 
nifche u. die eleatifhe Schule bezeichnet, von denen bie erfle 
bed Werdenden in der Erfdyeinung, die andere die Realität des abſtrakten Gne 
verfocht. Thales (f.d.) begann damit, daß er eined ver Elemente, das Weſe 
als das beharrliche, allem Anderen zu Grunde liegende, annahm, wenad ai 
alles Andere nur als eine Modifikation dieſes Grundſtoffes aufgefaßt wen 
konnte; diefer Berfuch, in einem der in bie Erſcheinung treienben Dinge: bob le 
harrlich Seyende feſtzuſtellen, rief naturgemäß die entgegengeſezte Annahme is 
Anartmander (f. d.) hervor, daß das allen zu Grunde Liegenbe feib nur dı 
unbegrängted (70 Areıpov) feyn Eönnte. Cine Ausgleipung Diefer beiden as 
gegeugefehten Aufftellungen verfuchte Anaximas, indem er, wie Thales, zwar dı 
einzelnes ald den Urgrund annahm, indem er aber als ſolches Die ganz use 
fiimmte u. der finnlihen Wahrnehmung fi) entziehende Luft aufftellte, zug 
der Behauptung Anartmanderd Genüge zu.ihun vermeintee In dieſen erfienie 
fängen lag die ganze weitere Entwidelung angebeutet; denn, währen von ie 
einen Seite Heraklitos (f. d.) in der Aufkellun ‚, daß: das Werben fl, 
oder vielmehr die Kraft des Werdens, (ald deren Subfrat u. 
er das Feuer annahm), das eigentlich Reale fet, hatte auf der anderen % 
eleatiſche Schule (Kenophanes, PBarmenides, Zend, Meliſſus (ki) 
das gerade Entgegengefehte, daß der abftrakte Begriff des Seyns das Ras, 
alles Erſcheinende hingegen in der That nur S ſei, ale oberfien Onubke 
ausgeſprochen. Bei diefem Degenjate, worein die philofophifcdhen Wefkrebunge 
grialen waren, beruhigten Einige, bie aber zu feiner Bebeutung gelangte, da 
5* 


* 


ale 
die 





cheleus u, Diogenes, fidy mit einer ungenügenven leichung, 
ſich über den Gegenſatz ganz hinweg, übertrugen aber 
u. unphiloſophiſchen Dualismus in ihr Syſtem ſelbſt, wodurch fie jenem 
fage auszuweichen vermeintn. Anaragoras (f. d.), welcher einen 
fteten, die Welt ordnenden u. regierenden Geiſt (vous) u, neben ihm ss 
Eleinfte Theile (öuorossipesaı) aus denen jener die Welt bilde, annahm, 
fo, Indem er das geiftige Element feſthielt, am nächften zu der Wahrheit, blid 
aber. in den Dualismus der von Ewigkeit neben einander ſtehenden Fein 
Theilchen u. des Geiſtes ſtecken; Empedokles (f. d.) Dagegen wollte Alles au 
den vier Elementen u. den zwei Grundfräften (Haß u. Liebe) erklären u. bilnen 
fo, zudem, daß auch er im Dualismus fleden blieb, indem er dem geifligen die 
mente alle wahre Bedeutung in feinem Syſteme nahm, den nädhflen Lintengam 
zu der fogenannten jüngeren eleatifchen Schule (Leufipp, Demokrit (f. 2) 
welche, indem fie Alles auf eine zufällige, oder hoͤchſtens bewußtlos nothwenti⸗ 
Kombination von Urthellen (Atomen , daher Atomifen) zurüdführte, in ihren 
Syſteme wenigftens ſchon in vollen Materialismus verfiel. — Wie die jomifcer 
Dollofonhen, welche die Erfcheinungen in der wirklichen Natur zum gemeinfaugs 
usgangspunfte hatten, durch ihre ganze — vorzüglich auf vie Run 
ihre Erklärung angeiwiefen waren (daher gewöhnlidy auch Phyſiler oder Phife⸗ 
logen genannt), die Eleaten dagegen, weldye fi) an dem, nur durch Schlüfie a 
gewinnenben, abfraften Seyn hielten, auch zur Ausbildung der D 
drängt wurden, u. wir daher in der jonlfchen Phyſik u. der elentifdhen — 
zwei von drei Haupttheilen der fpäteren g. P. (Phyſtk, Dialektik, Ethik) vorge 
bildet finden, jo werben wir den dritten Hauptzweig, die Ethik, —* 
dem Pythagoreiſchen Syſteme wieder erkennen, welches in feiner erſten Sind 
bildung unter Pythagoras (ſ. d.) faſt nur eine ethiſche Richtung hatte, 
und erſt ſpaͤter (Dfellos, Timaͤos, Archytas) eine größere Ausbehnung bes 
kam. Die beiden, fidy ganz entgegengeſetzten, Annahmen bes Herallit und bes Bar 
menides vom zeinen Werden u. vom reinen Seyn, ald dem einzig. Realen, muß 
ten, wenn fie nicht mehr von jenem ernflen. Streben nad) —* 


> u, Cm — ww — mp — 


Griechiſche Philoſophie. 1049 


wir dieſen älteren Philoſophen abzuſprechen keinen Grund haben, getragen wur⸗ 
den, zu den ärgſten Irrthümern führen, als ob eben alles Wirkliche u. Beſtehende 
nur ein trügeriſcher Schein u. alle Wahrheit von der Subjektivität des Menſchen 
abhängig fe (dee Menſch, wie fie ed ausprüdten, das Maß aller Dinge fel). 
Diefe, für Sittlichkeit und Religion u. alle höhere Ordnung unter den Menfchen 
verberbliche, Anficht war e8, welche der Kunft der Sophtiften (Gorgias, Pros 
tanoras, Prodikus, Hippias und f. w.) zu Grunde lag, bie In dem Perikleiſchen 
Zeitalter, begünftigt von den Zeitverhäftntffen, im Athen ihr Linmwefen trieben u, 
aller wahren Philofophte den Untergang bereiten zu wollen ſchienen. Aber eben 
dieſes Unwefen der Sophiften war es, was, verbunden mit dem Fond von höherer 
Wahrheit u. Sittlichkeit, der noch im Wolke u. feinen befjeren Beftrebungen lag, 
den Sokrates (f. d.), den wir, fo unbedeutend feine Außere Erſcheinung iſt, 
dody als den bebeutendfien Mann des ganzen griechifchen Alterthums anſehen 
müflen, einen tiefen Blid in das Weſen der wahren Philoſophie thun u. ihn fo 
fehr den Mittelpunkt der Sache erfaflen, oder wenigſtens ahnen ließ, daß die ganze 
folgende Entwidelung der g. B. auf ihn als ihren einzigen Urheber zurüdgeführt 
werden muß. Als der charakterifche Grundſatz des Sokrates tritt die immer bei 
ihm wiederkehrende Behauptung hervor, die Tugend beftche im Wiffen, Tugend 
u. Wiſſenſchaft feien identiſch, d. h. mit andern Worten: damit der Menſch zu 
einem wahren, unveräußerlichen Wiſſen, zur Meberzeugung von der ewigen Wahr- 
heit gelange, muß er in der Kraft feine® Willens über das Getriebe des wechſel⸗ 
vollen Sinnenlebens fidy erheben und ein fittliches Leben tn fich begründen. “Die 
ewige Wahrheit, deren der Menfch auf ſolche Weiſe inne wird , kann aber nicht 
ein bloßes fubjeftives Meinen , fle F— etwas objektiv in ſich ſelbſt, alſo natür- 
lich in einem hoͤchſten perſoͤnlichen Weſen Beſtehendes ſeyn. So gelangte Sokrates 
zu dem Glauben eines hödhften, verfönlichen Weſens, als freien Urhebers u. Res 
gieree biefer Welt und des Menſchen insbeſondere; daraus folgte dann die rechte 

erthſchaͤtzung der zeitlichen Güter u. Uebel, die Erkenntniß der-Unfterblichkelt der 
Seele, der Bergeltung im andern Leben, der wahren Beflimmung des Menfchen; ohne 
diefe fittlicye ndlage iſt alle Spekulation. eitel u. verberblich; nicht aber iſt bie 
Spekulation an fidy etwas Verfehrtes. Das ift der wahre Sinn jener nur zu oft 
falſch verfiandenen praftifchen Weisheit des Sofrates, die man nicht bloß nad 
den Furzen Referaten Fenophons, fondern audy nad) dem @eifte der Platoniſchen 
Philoſophie beurthellen mug. — Diefe Wahrheiten, mit der vollften Uebergengumg 
ausgeſprochen u. durch ein muflterhaftes Leben und einen fchönen Tod befräftigt, 
mußten den tiefflen Eindruck hinterlafien, fo daß, wie ſchon gefagt , bie ganze 
folgende Entwidelung der Philoſophie unter den riechen an Sokrates fidy an- 
Iehnt. Einige feiner Schüler fuchten ſich ſtlaviſch an die Weife ihres Meiſters zu 
halten‘, ohne an eine lebendfräftige Weiterentwidelung des durch ihn gelegten 
Keime zu denken; fie find ohne große Bedeutung geblieben; ver wichtigſte iſt 
Zenophon (f. d.), dann Aeſchines, Kebes u. A. m. Die meiflen anderen 
Schüler des Sokrates faßten feine Lehre einfeitig auf und fielen fo, indem fie je 
bie eine oder bie andere Seite fefthielten, in die Begenfäge zurüd, die eben durch 
Sokrates überwunden waren; von biefen wirb nachher die Rebe ſeyn. Plato 
(f. d.) war der einzige, der die, von Sokrates begründete, fittliche Wiedergeburt - 
ber Philoſophie wiſſenſchaftlich auszubauen die Wufgabe und die Kraft in ſich 
fühlte; geftügt auf dieſe ſittliche Grundlage, welche Sokrates, dem Drange der 
Umfände folgend, als das erfle u. nothwendigſte vor allem Andern im Yuge ge- 
habt Hatte, ohne deßhalb dem von ihm gelegten Keime die weitere Entwidelung 
abſchneiden zu wollen, u. alle Richtungen ded menſchlichen Bewußtſeyns von dem 
innerften Mittelpunfte aus in ihrem ganzen Umfange umfaffenb, brachte er vers 
mittelt der Lehre von den Ideen, deren Unterſchied von ben bloß durch Ab⸗ 
firaftion u. menſchliche Berfianvesthätigkeit aus der Sinnenwelt gewonnenen Bes 
griffen, als ewiger, in Bott ruhender, er mit fiegreicher dialektiſcher Schärfe durch» 
führte, eine höhere u. ideale Anfchauung aller Zweige der Philofophte, ver 


ioss·· —— 







= an Au re Sat um ‚von ben 
2 —— eh ER 
prache a 
— * — 





en a, ——— — —— 
von ei 
f ir * a eben & Sch J —— F 


ſten —5 ebrachten beguiigtz 3 Peg da in biefer zwei 
die — eye May Gelehrten und me 
den I: —— in dieſelbe, was zwar In gtlechlſcher Sprache 
it, ab enommen, nicht der grlechi an: a — 
Ai EN jechifchen Literatur ging von ber Poeſte aus, und 
altpuntt in derfelben bilden für uns die beiden groben 5 —— te ‚oe 
I ne Biel eh diefen, die in der Zelt von. 1000- 
den find, ſchon eine nicht unbedeutende Entwidelung der Poeſie eis, —5 
ſprůngliche —oe wahrſcheinlich hieratiich-reltgtöfen Babe hatten; jeuod 
find diefe Alteften Werle, welde an die Namen Thamt Linos, PBampbod, | 
33* Mufäus u.a. geknupft find, verloren, und * wir von einigen 
—* haben, if Anbeqmeifeit — fo ‚die 68 eibehpmnen usa 
#), Det Ürgonautengug (Apyovavııza) und da6 Bud) von ben Bieinn 
ed des Dinheus und das Gebicht von Hero und Leander von Wifäns; 
werk nz fpäten Urfprunges iR. — Zomers Gefänge (f. Homen), 
welche das EN iſchen Poeſie nach Inhalt und oe für alle Zeiten 
geblieben find, —*8 nicht — den Augen nun der en — % 
teratür, fonbern far bie Grundlage der ganzen griechifi bung und habe 
—X pie religidſe Zoſchaungzwe elben, indem fie der Tape 
faffung über den bloßen Raturbienft der alten Ey entfe 
Bl 8 hir aften, den entfchiebenften Einfluß geübt; das Göttliche 83 
— und darzuſtellen und das renfhlihe 83. —8 — us erheben, 
Be von jeht an das Loſungswort aller höher ungen bei 
em, aub mi Yen Lit, wie ie fi} fowohl dad Se in Ka, a 
muaher und aRamgelbafte in denfelben aus bi Unter 
er6 Namen werben nody angeführt 33 (34) —8 —— der Alas 


Griechiſche Sprache u. Literatur. 7053 


N 
. Chrofmäufettteg Barpaxouvouaxia) und eine der Obyffee (die aber verloren 
zifh und 16 kleinere Gedichte (Erıypauuara), was aber Alles unächt if. An 
85 ſchließen ſich an die ſogenannten Kykliker (Stafinos, Arktinos, Kinäthon, 
elos, Laſchas, Cugamon), welche den ganzen Sagenkreis von der Berbin- 
‚dung bee Uranos und der Ga an bis zum Tode des Odyſſeus in einer gewif; 
fen Vollſtaͤndigkeit in homertfcher Weiſe behandelten, aber alle von Homer fv 
verdunkelt wurden, daß ihre Werke faft gänzlicdy zu Grunde gegangen find. — 
\ Ungefähr gleichzeitig mit Homer bildete ſich eine andere epiſche Schule in Böo⸗ 
!tien durch Heftod Ci. d.), welcher durch fein Gedicht: Werke und Tage ("Epya 
rar ;jutpaı) der Begründer der divaktifcdyen PBoefle wurde, aber in jeinen epi⸗ 
:fhhen Berichten bei Weiten nicht am Homer reichte, wie wir aus feinen, aber 
ſehr Tüdenhaft und interpolirt und erhaltenen, Gedichten vom Urfprunge der Goͤt⸗ 
ter (Oeoyovia) und der Schild des Herafles (Aonis “Hpaxktovs) ſehen. — 
Nach dem erften mächtigen Auffchwunge durch Homer fchten die Poeſte, ven fub- 
jektiven Gefühlen und den augenblidlichen Bebürfniffen des Lebens dienend, fidy 
in eine Wenge untergeorbneter Arten zerfplittern zu wollen, die wir jedoch alle 
der Iyrifchen Gattung unterorbnen fünnen. Kallinos (779), Tyrtäus (670) und 
Aflos (?) bildeten die friegerifche und politifche, Diimnermos (595), Ibykus 
(541), Anafreon (520) die erotifche Elegie, Targander (635), das beim Mahle 
gebrauchte Skolion, Archilochos (700), Stmonides (660) und Hipponar 
(545, den beißenden, fatyrifhen Jambos, die chorliche Lyrik Alkmann 
(660), Steſichorus (555?) den Dithyrambos Arton, endlich das Lied befonderd 
Alkäos (610) und Sappho (610), beide von Lesbos (Aolifdye Lyrik). — Einen 
ganz neuen Aufſchwung nahm die Boefle durch die Begeifterung, weldye der feg- 
reich: Kampf gegen die ‘Berfer den Griechen verlieh, und zunächſt war es bie 
Lyrik, weldye, der Sphäͤre der bloßen Subjeftivität entriffen und an das dffent- 
liche Leben (beſonders an die allen Hellenen gemeinfame Feier der Kampffptele) 
ft fehnend, in Simonides (490), den Dichterinnen Teleflla (510), —* 
Korinta (490), Praxilla (450), in Bakchylides (450), vor allen aber in Pin⸗ 
Dar (f. d.) (522 — 440) ihre höchſte Bollendung erreichte (doriſche Lyrik). 
— Das Weſen der epiſchen und ver Inriichen Poeſie vereinten fich zu ber 
böchften und vollendeten Form der Poefte im Drama, weldyes, nachdem ſchon 
durch Epigenes von Sikyon u. Epicharmus in Sicilien Anfänge gemacht waren, 
in Athen nach den unvollfommenen Verſuchen von Thespis, Chorilus u. Phry⸗ 
nichus (540500), durch Aeſchylos (525—456) u. Sophokles (497—405) 
(ſ. dd.) raſch zur höchften Stufe der Vollendung erhoben wurde, während es in 
dem pritten der drei großen Tragöbtendichter, Euripides (480406), ſchon zu 
finfen begann u. in der Lostrennung des Chores von der Handlung allmälig die 
Form annahm, die für die Späteren Mufler wurde. Roc mehr wurde ber 
Bear fihtbar in Jon, Achäos, Agathon. Als nothwendig aus dem Leben fi 
erzeugender Begenfab gegen die ideale Ridytung der Tragödie wurde die Komödie, 
nach ben erften Anfängen durch Sufarion in Megara (577) u. Epicharmos In 
Syrakus (485) nad Athen verpflanzt, Hier zur höchſten Blüthe entfaltet dur 
Krarinod, Eupolis, Platon, Pherekrates, Amnichflad u. vor allen durch Arts 
ſtophanes (427 — 389), von dem allein uns noch Stüde erhalten find (f. d.). 
Eine ſchwache Nachblüthe diefer alten Komödie war bie mittlere (Antiphaneß, 
Alerts 360-330), weldye fidy hauptſaͤchlich mit der Parodie von Schriftwerten, 
und vie neue Komödie (Menanver, Philemon, Diphilus 290—260), weldye fidh 
mit Scenen u. Gharafteren aus dem häuslichen u. bürgerlichen Leben befchäftigte 
u. deren Bild u. Nachahmung und in den Stüden des Plautus u. Teren er- 
halten if. Das Satyrdrama (wie 3. B. der Kyklops des Euripides) bildete 
eigentlich Das Schlußglied einer tragifchen Trilogie, worin, wie noch meift bei 
Aeſchylos, drei Dramen zu einer vollendeten Handlung gehörten, denen dann 
als vierted das Satyrdrama angehängt wurde. Eine Rebengattung des Drama 
mit einer unvollfländigen Handlung bilpeten die Mimen, die durch Sophron in 


104. Briehue Sprache u Literatur. 






Bere — 
min Se Tor ale 


umft- tn der’ 

war es bie) Bf, melde iR RN doch F 

Balken ——— a — 
—— 

innigfte "mit ber Wendung der voliuſchen iſſe 

mehr nämlic) m’ Folge der Verwaltung des Verties 1: — 

— Ei 1 an and ine Adern "allgeme 
1 in den —— ‚eines Siadii 


| 
en all aa IE nam She Ye One 
ade des 


5 


en, ober eine gang neue, 
— —— 
wiciigo dahinſchwand En dem 
der mit unbengſamem Ernſte an der alten Zeit fefthielt, zw dem Ye 
oYhlfch»räfonnirenbe Richtung in das Gebiet der ie 
h ‚ganze Verhältuiß der Zeit zur a 
Mi doch raſch hinter einander, bie Gere 
u die PBhitofophie zu ihrer hoͤchſten u. ſchonſten } 
e be außerhalb Athem gepflegt "worden, "abet 
Bi ‚gelangten fie zu vollen’ Btüthe, ' "Die: 
frei Amer; fich ‚durdp er 
—— herefybed von 2er Son 


Diony — Helenikos 
440: — ihre Wetle ſind verloren big auf unbedeutende Fragmente) ‚wor 622.77 


Krieged der — Hiſtorie Bahn u. er bleibt’ in dem’ 
wie Renophon in dem mehr leichteren imemotrenarti — — — 
für alle Folgenden. wi re! — in ——— ſpateren griechi⸗ 


ſtoriter, don denen 
Reagan find, aldı Dorian, Beten. In; —2 
tatnaßFlavtas Joſeyhns, Pi Iutanch, Merian, Mi ıw Eutin, 
Hi und die Samml det 
welche bi6 auf: be Zelt der „Eroberung Konftantinopeb6 ‚durch Die: —— 

a nur Diejenigen anführen, die entwweber unbedentender / 
le verloren gegangen And. Hiehin gehören: Firfiae; —ä Fe 


iens Affe), te, Ü äh 1: 
= SE en ann, ee Grade, — 


ig 1818. 
an die 55— des Thurn u —E —5 — von Mic: 
vn in ‚Senden 1828: — Cphorne ——— 
oriſchen Wanderung an, Fragumt von 
Sa N Aleranders wurden von Wielen befchrieben, —— pe —— 
teren Wi find, fo der —e des Rearchus ·von Atriau, Die 
Hieronymus von Kardia von Diodot, Tem , 4 


Griehifehe Sprache n, Attentm. 1065 


\ 

bnarchos, Kallifthenes. — Hafatäos von Abdera ſchrieb eine Geſchichte der Juden 
Nefragment von Zorn, Witona 1730). Berofus eine babyionifche u. chalpätfche 
ı ichte, Fragment von Richter, Leipzig 1825. Timbos, der zer bie Olym⸗ 
N yfenenrechnung anwanbte, fchrieb italiſche u. fichlifche Geſchichten. Eine eigene 
d WElaffe bilden die Attilenſchreiber, welche ſich bloß mit der Aitiſchen Geſchichte 
ð befshäftigten, Kiitodemos, Phanodemos, Demo, Androtton, Philochoros, Iſtros 
kw, Ftagment von Lang und Gibalis, gell 1812. Kür die Chronologie 
d ns Beſondere wichtig: des Manethon Aegyptiſche Gefchichte, aus welcher 
5 Ihafte Fragmente bei Joſephus fidy finden. — Um Ehriki Geburt fehrieben: 
4 Poflvonius, eine Yortfegung des Polybius; Nikolaus Damaskus, eine allges 
„ weine Geſchichte, Fragmente von Orelli (Leipzig 1804 und Koray, Paris 1805). 
. Bie die Gefchichtichreibung, fo wurde auch Die Tunfigemäße Berebtfamkeit (hie 
‚ Reden der älteren Staatsmänner, eines Themiftofles, Perilles, liefern keinen Beitrag 
‚ zur Literatur) von außen, und zwar von Gicilien ber, wo fle durch Tiſtas, Gor⸗ 
| ee u. “ die erſte Ansbildung bekommen hatte, nach Athen übertragen u. ges 

als 
Wis; 





gerichtliche Rede durch Lyfias (um 400) (Ausgabe von Tanchnitz, Lpz. 

fer 1822, Foertſch, Lpz. 1829) u. Iſäos, Ausg. von Schäfer, Rp). 

1822 u. Schömann, Breiföw. 1831, als Prunkrede durch Iſokrates (PBanegyri- 
lus auf-Achen, neue Ausg. von Koray, Par. 1807, Orelli, Zürich 41814, In 
dorf, Lpz. 1826) u. vor allen als politifche Rede durch Antiphon (+ A411), An⸗ 
doklides, Lykurgus, Hyperides (Ausg. in der Gelommtaußgabe der attifchen Reb- 
ner, unter Andern von Bekker, Oxford 1822, vor allen aber durch Demoſtenes 
(f. 9.) u. Wefchines (f. d.) zu ihrer höchſten Vollendung. Weniger beveutenb 
it der eimas fpätere Dinar) , dann Demades und Demetrius Phalereus, von 
Denen nur noch Bruchflüde übrig fin. — Den Angelpunkt jener, in dem oben 
bezeichneten Zeltpunfte vor fi) gehenden, Wendung in der ganzen griechiithen 
Bireratur bilvet endlich die Wiedergeburt, welche in der sBhilofophie, nachdem fie 
in dem erſten Stadium ihrer Bildung außerhalb Athen fchon einen voliftändigen 
Kreislauf durdygemacht hatte, durch den Athener Sofrated u. die won ihm aus⸗ 
gehenden Sofratifchen Schulen vor fidy ging (über das Nähere f. d. Art. grie⸗ 
Diſche Philoſophie). — So hatte fich die griechifche Literatur, in allen 
Zweigen felbfithätig u. originell, zur Mufterhaftigkeit emporgeſchwungen, als durch 
die Unterwerfung Griechenlands unter WMacevonien und die Eroberungszüge Ale 
xanders, welche zwar die abgefchlofiene Selbfifländigfeit Griechenlands vernichte⸗ 
ten, aber dafür den Geſichtskreis ungemein eripeiterten ‚ auch in der Literatur 
ein neuer Umſchwung bervorgebracht wurbe, Zwar Tonnte der originell ſchaffende 
u,:namentlidy der poetiſche Geiſt nicht wieder geweckt werden, dafür erhielt aber bie 
Literatur eine ungemeine Erweiterung u. nahm den Gharafter der Wifienfchaftlichfett 
u. Gelehrſamkeit an; Artftoteles ſteht auf der Gränze dieſes antiken u.modernen Cha⸗ 
rakters der griechischen Literatur. Der Mittelpunkt der Gelehrſamkeit war Alexan⸗ 
drin, Pergamus, nachher Konſtantinopel. Was in der Poeſie jetzt noch geleiſtet 
wurde, if imbedeutend und mei ohne Originalität; von der neueren Komodie In 
Athen „Haben wir ſchon oben geſprochen, als neue Gattung famen die Sillen, 
Spotigeb te auf die Philoſophen, vorzüglich durch Timon (276) auf. Unter 
den: nlerandrinifchen Gelehrten zeichneten fa einige aud) ald Dichter aus, Ly⸗ 
kophron als Lyrifer (Kaffandra, eigentlich lyriſch, mit dem unentbehrlicdhen Com⸗ 
mentar des Tzatgas, herausgegeben von Müller, Leipz 1811), Kallimachos als 
Elepiler, das Erhalte, herausgegeben von Bolger, Lpz. 1817. Apollonius Rhodius, 
als Epifer ( Apyovavrına von Wellauer, Lpz. 1822, als didaktiſcher Dichter Dilaͤ⸗ 
archos (326) Beichreibung von Griechenland, von Manzi, Rom 1819, Aratos (270) 
Dalvdueva xar Jocyusia Sternbefchreibungen u. Wetterzeichen von Befter, Berl. 
1828, Rikander (150) Onypıand u.’ AdsEıpapuana gegen den Viß giftiger Thiere u. 
vergiftete Epeiſen mit wichtigen Scholien aus, von Schneider, Leipzig 1816. — 
Hohen poetiſchen Werth baden dagegen die bukoliſchen Gerichte (Idyllen), des 
, Mofchus und ganz befonders des Theofrit, Ausgabe von Wüſtemann, 


104. Wriechtfche Sprache — 


Syrakus (400) andgebilbet wurden. — Die 
durch Aeſchylus u. Sophokles in Arten. erreichte 
Entwidelung der griechiſchen Poeſte; fpäter *. "hie Ka 
zelnen untergeordneten Gattungen Neues und Selbſtftä 
nachher zufammenfaflen wollen. Es war aber biefer —** er 
Wendepuimkt in der Poeſte, fondern in der ganzen 
war es die Poeſte, weldye allen, ober doch gar vorwi a * 
von jetzt an trat die Proſa in den Vorder arms Athen pielit vab⸗ 
Hauptrolle, und dieſe ganz unendlich reiche Entwickelung, A in den 
pımkt um 400 v. Chr. in Diefer einen Stadt infommengepräng e if 
innigfte mit der Wendung ver politifchen —— verkiben 
mehr nämlich in Folge der Berialtung ves P 
gen es bed peloponneftidyen Krieges Der * —— 
tte in m Serie, zugleich aber auch einer höheren u. a 
* in den engen Graͤnzen eines "Etabtiehens befangenen‘ * —— In 
Dinge Platz machte, dero fchärfer mußte man bie Sufände DRE  Seganbarty: ie 
Gegenſatze zu dem dahinſchwindenden Alten, ind Ange faffen: ni’ entipduurernfäl 
Mittel firmen, durch Erneuerung des alten Geiſtes vie alte Erb nina 
erringen, ober eine ganz neue, höhere und allgemeinere Bafls des Leis’ 
winmen. So kamen, während bie , * Blüthe Ber: —— at 
widelungöperiope, unvettbar dahinſchwand m — Gegenſatze des Ariſtophut 
der mit —** amem Ernſte an der alten Zelt fefthielt, zu dem wes, 
die neue phi —— Richtung in das der tn zu der 
tragen verfuchte, kommt das ganze Verhältnig der Zeit yflf 
her Zeit, oder doch raſch Hinter einander, bie —— — die * 
—2* u. die Philoſophie zu ihrer hoͤchſten u. fchönften E delung. - Kite vi 
Zweige waren bereits früher außerhalb Athen gepflegt — „aber * | 
atheniſchen Boden verfegt, gelangten fle zu: er vollen Btüthe. 
ſchreibung hatte fich zuerft durch Logographen (Sagenfäreiber — 
Fra „uhlaoeı Hekataͤos, Pherekydes von Lerod, Hellenikos von 386= 
erfe And verloren bi8 auf unbedeutende Bragmente) son beim 
{hen Diem — *— u. war dann durch Derebot (di ( — (f. ed 
wahren Sell Pr reibung um Bieled näher — — aber ucyo ides vos 
Athen (474-391) brach in feiner, zwar in Annalenform —— aber tie 
in die Verhaͤltniſſe und in die inneren Gründe der Erſ eindringenden, 
wahrhaft pragmatiſchen und kritiſch forſchenden geilen — — — 
Krieges der wahren Hiſtorie Bahn u. er bleibt in „* 
wie Xenophon in dem mehr leichteren —— —* en 5* — 
für alle Folgenden. An fie ſchließen fich in langer eihe bie fi 
iRoriler, von denen wir, mit Uebergehung ber bebentenben, —— dein | 
rtifel gewidmet find, als: Bolybius, Diodorus Gifulus, Dionyfius:.pen- * | 


222 













7 





































karnaß, Flavius Joſephus, Bar, Arrian, Appian, Dion Enffins:Ko 
Heodlan, Aelian, Zoflmus und die Sammlung det : Ho 

welche bis auf wie Zeit * —— Konſtantinopels durch Ku: Türken: herat 
reihen, nur Diejenigen Hier anfühten, die entweder unbebeutehben, ober! ‚Sera 






Werke verloren gegangen find. Hiehin gehören: Kteſias, Baflns‘ x; 
Indiens (unzuverläfflg), Fragmente, herausgegeben “on Bäht, —— 1986 
Wuszug bei Photius. Philiſtos, Siciliſche en, See bet Qi 


de situ et origine Syracusarum, Leipzig 1818: Theop —8 —— 
ſchichte, als — des —*8 u. are Philipps: vr: —55 
Fragment von Eyfſſon⸗Wichers, Leyden 1828. — Ephorus, Untverfat hier 
von ber deriihen Wanderung an, Fragment von Meier: Murp;. 

Die Züge Alexauders wurben von WBielen befchrieben, —— gm: a 
vor Späteren denüpt find, fo der zapanious des Rearchusvon Irriem, pe 
1 Errinenies, Hieronymus von Kardia von Diober, fan 





Griechifche Sprache u. Altteaten. Ä 1055 


tarchos, Kallifihenes. — Halataͤos von Abbera ſchrieb eine Geſchichte der Tuben 
(Fragment von Zorn, Altona 1730). Beroſus eine babylonifche u. ;chalpätfche 
Geſchichte, Fragment von Richter, Leipzig 1825. Timäos, der zuer De Olym⸗ 
piadenrechnung anwandte, fchrieb italiſche u. ſiciliſche Geſchichten. Eine eigene 
Glaffe bilden die Attilenſchreiber, welche ſich bloß mit der Attiſchen Geſchichte 
befchäftigten, Klitodemos, Phanodemos, Demo, Androtion, Philochoros, Iſtros 
u. A. Ftragment von Lang und Eibalis, eipa 1812. Für die Chronologie 
ind Beſondere wichtig: des Manethon Aegyptiſche Gefchichte, aus weldyer 
zweifelhafte Fragmente bei Joſephus ſich finden. — Um Chriſti Geburt ſchrieben: 
Bofivonius, eine Fortfegung des Polybius; Nikolaus Damaskus, eine allge 
meine Geſchichte, Ftagmente von Orelli (Reipzig 1804 und Koray, Paris 1805). 
— Wie die Gefchichtichreibung, fo wurde audy die kunſtgemäße Beredtfamfeit Chie 
Reden der älteren Staatömänner, eines Themiftofles, Perikles, liefern feinen Beitrag 
zur 2iteratur) von außen, und zwar von Gicilien her, wo fie durdy Ziftas, Bor: 
giad u. 9, die erfle Ausbildung befommen hatte, nach Athen übertragen u. ges 
langte als gerichtlidye Rede durch Lyflas (um 400) (Ausgabe von Tauchnis, Lpz. 
48133 Echafer 1822, Foertſch, Lpz. 1829) u. Iſäͤos, Ausg. von Schäfer, Lpz. 
1822 u, Schömann, Greifow. 1831, als Prunkrede durch Srofrates a 
Tu8 auf Athen, neue Ausg. von Koray, Bar. 1807, Hrelli, Zürich 4814, “© 

dorf, Lpz. 1826) u. vor alien als politifche Rede durch Antipbon (+ 411), Ans 
bolided, Lykurgus, Hyperides (Ausg. in der Gefammtaußgabe der attifchen Reb- 
ner, unter Andern von Beller, Oxford 1822, vor allen aber durch Demoflenes 
(f. 9.) u. Wefchines cf. d.) zu ihrer höchſten Bollendung. Weniger bedentend 
it der etwas fpätere Dinar), dann Demades und Demetrius Phalereus, von 
denen nur noch Bruchflüde übrig find. — Den Angelpımkt jener, in dem oben 
bezeichneten Zeitpunfte vor fidy gehenden, Wendimg in der ganzen griedhifchen 
Literatur bildet endlich die Wiedergeburt, weiche in der Philofophie, nachdem fie 
in. vew.erften Stadium ihrer Bildung außerhalb Athen ſchon einen vollftuͤndigen 
Kreislauf durchgemacht hatte, durch den Athener Sokrates u. die son ihm aus⸗ 
gehenden Sofratifchen Schulen vor fidy ging (über das Nähere f, d. Art. gries 
chiſche Philoſophie). — So hatte fich die griechifche Literatur, In allen 
Zweigen felbfithätig u. originell, zur Mufterhaftigkeit emporgeſchwungen, als durch 
die Ilnterwerfung Griechenlands unter Macedonien und bie Eroberungszüge Ale⸗ 
zanders, welche zwar die abgefchloffene Selbſiſtaͤndigkeit Griechenlands vernichtes 
ten, aber dafür den Geſichtokreis ungemein enmeiterten ‚ audy in der Literatur 
ein: neuer Umſchwung bervorgebracdht wurbe. Zwar konnte der originell ſchaffende 
u. namentlidy der poetifdhe Geiſt nicht wieder gewedt werben, dafür erhielt aber bie 
Literatur eine ungemeine Erweiterung u. nahm den Gharafter der Wiſſenſchaftlichkeit 
u. Gelehrſamkeit an; Artftoteles ſteht auf der Bränze dieſes antifen u.modernen Cha⸗ 
rakters der griechischen Literatur. ‘Der Mittelpunkt der Gelehrſamkeit war Alexan⸗ 
drin, Pesgamns, nachher Konflantinopel, Was in der Poeſie jetzt noch —58 — 
wurde, iſt imbedeutend und meiſt ohne Originalitaͤt; von der neueren Komodie in 
Athen haben wir ſchon oben geſprochen, als neue Gattung kamen die Sillen, 
Spottgedichte auf die Dottofopben, vorzüglich durch Timon (276) auf. Unter 
den nlerandriuifchen Gelehrten zeichneten fs einige aud) al® Dichter aus, Ly⸗ 
fophron als Lyriker (Kaffandra, eigentlich lyriſch, mit dem unentbehrlichen Com⸗ 
mentar des Tzatgaſs, herausgegeben von Müller, Leipz. 1811), Kallimachos als 
Elepiler, das Erhalte, herausgegeben von Bolger, 2pz. 1817. Apollonius Rhopine, 
als Epifer (.Apyovavrına von Wellauer, Lpz. 1822, ald didaktiſcher Dichter Dika⸗ 
archos (326) Beſchreibung von Griechenland, von Manzt, Rom 1819, Aratos (270) 
Patvdueva xar Lrocyusia Sternbefchreibungen u. Wetterzeichen von Bekker, Berl: 
1828, Rikander (150) Oypıand u.’ AdtEıpapuana gegen den Viß giftiger Thiere u. 
vergiftete Epeiſen mit wichtigen Scholien aus, von Echneider, Leipzig, 1816. — 
Boben poetifchen Werth baden dagegen die bufolifchen Gedichte (Idyllen), des 

,Moſchus und ganz befonders des Theofrit, Ausgabe an 





1056 | Griechiſche Sprache u. Literatur. 


Gotha 1830. — Die Beredtfamfeit zog ſich in diefer Zeit aus dem 
Leben in die Schulen zurüd, von wo aus fie erft einige Jahrhunderte ſpaͤter cm 
neue Glanzperiode entwideln follte; was in der Geſchichtsſchreibung u. Phllofeykk 
in diefer Zeit geleiftet ward, iſt an den betreffenden Orten nachzufehen. — Ch 
ganz neues Gebiet wurde durch Bearbeitung der wiſſenſchaftli Grammatii ı 
philologifchen Kritik durch die Alexandriniſche u. Pargemeniſche Gelchrienfhuk 
eröffnet (Zenodot, Ariſtophanes, Ariſtarchus, Kate, Zoilos, 
u. UA.); durch die Feſtſtellung des Kanons der Muſterſchriftſteller Gaben ſie wu 
zur Erhaltung derſelben beigetragen. Als Begründer ver wiſſenſchaftlichen Gras 
matik find befonders Dionyfius Thrax, Apollonius Dyffolus und Herodlan p 
nennen. Wörterbücher wurden von vielen, bejonderd in ber fpäteren Zelt, 
der Sig der Belchrfamkeit in Konftantinopel war, theils allgemeine, thelld m 
einzelnen Schriftftellern (beſonders zu —8 gemacht; ſo von Julius 
arpokration, Orion, Heſychius, Photius, Suidas u. ſ. w. — Eine am 
aͤtigkeit der Grammatiker beſtand in dem Commentiren der claffifchen Schri 
; ihre Bemerkungen, Scholien genannt, find für uns oft von 
tigkeit. — Die Heillunde, melde fdhon in ber vorigen 
buch Hippokrates zu Athen (460 v. Ehr.) zur aifienfpaft erhoben 
worden war, erhielt eine bedeutende Gnveiterung db 
handlung der Anatomie. Als fpäter die Medizin in eine Menge verkehrter wm 
einheitiger Richtungen zerfiel u. in Theurgie und Magie zu verfinfen wrohte, tm 
Claudius Galenus (geb. 131 n. Chr.) ald Retter der Wiſſenſchaft auf; a ® 
langte für die ganze Folgezeit das entfchlenenfte Anfehen. — Yür die 
ſchreibung hatten die Züge Aleranderd die voriheilhaftefte Wirkung; bier H fir 
bie Zoologie insbeſondere Ariſtoteles wichtig, für die Botanit u. Mineralogie hie 
Schüler heophrafl (287. Ilepı gurwv ioropias und repi airıwv gu, 
berausg. von Schneiver, Leipzig 1818). — Die Mathematit, weldye vurch 
Ihagoras und Plato begründet war, machte in diefer Periode die gemaltighe 
Sortichritte, beſonders durch Euklides (oroxeia Elemente, Ausg. von Gamm 
u. Hauber, Berlin 1824) und Archimeves, Ausgabe feiner Werke von oral 
Drfort 17925 dann Apollonius von Perga, Zeron von Aeneas Taktikus — 
Mit dem Aufſchwunge der Mathematik hielt die Aftronomie gleichen Schritt, 
indbefondere durch Ariſtarch u. ipparchod (um 125 v. Ehr.), den größten i 
alten Aftronomen. Eratofihenes ift weniger wichtig in diefer Beziehung; fobım 
im 2. Jahrhunderte n. Chr. Claudius Ptolomäus, defien in dem Werke Mirya 
ouvra&ıy is Aorpovouias niedergelegted Weltfuftem lange Zeit das allgemes 
angenommene war. — Die Fortbildung der mathematifchen Wiffenfchaften wirkt 
zufammen mit den Zügen Aleranders zur Fortbildung der Beographie, inden 
theils die früheren Retfeberichte (Herodot, Hanno, Skylar, Pytheas) vurch ze 
vermehrt wurden (befonverd durch IlapanAovus des Nearchos), theils die Ger 
graphie als Wiſſenſchaft begründet wurde, befonders durch Hipparch und Gr 
toſthenes. Aus der fpäteren Zeit kann man hieher ziehen: die in polttifdyer Form 
gegebenen Erobefchreibungen des Symeon u. Dionyfios ‘Periegetes, u. die sr 
sen Werfe des Strabon (T'ewypayıxa, Ausg. von Koray, Paris 1815 — 1 
PBaufanias (für die Topographie Griechenlands wichtig), Claudius Ptolomäus, 
befonvers für die mathematifdye Geographie. Als riftſteller über Mechauil 
u. Kriegswiſſenſchaft find befonderd Antianus, Urbifus, Arrianus u. :Bolyänss 
zu nennen; endlich noch Apollodorus als Mytholog (BıßAsoIyay, Ausg. von 
Heyne, Göttingen 1783 u. Diogenes von Lasrte (f. d.) als Gefdhichtfchreiber 
der Philofophte, neue Ausgabe von Hübner, Leipzig 1828 — 31. — Die 
große Umwälzung geſchah in der griehifchen Literatur durch die Musbreirung 
des Ghriftenthumes. Da zur Zeit der Ausbreitung des Chriſtenthumes wie grie 
chiſche Sprache faft die allgemein herrfchende war u, die heiligen Schriften bes 
Neuen Teftaments ſelbſt in griechiſcher Sprache gefchrieben wurben, fo war es 
u ER, daß auch Die riklichen Schriftfieller fidy zuerſt und vorzugsweiſe der 






Ä 


Hr 





Griechiſche Sprache n, Literatur, ‘ 1057 


elben bedienten, u. fo entfland eine ganz neue chriſtlich⸗ griechtiche Literatur, die 
edoch näher zu betrachten, hier nicht unfere Aufgabe tif. — Bon ber bloß ges 
ehrten Literatur, die, unberührt von den religiöfen Bewegungen, ungefähr in 
yemfelben Geiſte, wie früher, ihren Gang ſoriem , haben wir das Wichtigſte ſchon 
ben mitangeführt. Weber vie Philoſophie, auf welche namentlid) das Ghriften- 
gun einen bireften Einfluß hatte, fiehe den Artifel griechifche Philoſophie. Es 
und daher nur nody üßrig, dasjenige kurz zu berühren, was in vieler Zeit 
yes finfenven Heidenthbums noch Neued u. Bedeutendes in der griechifchen Lite⸗ 
atur aufgefommen iR. In der Poeſie zeichneten ſich einigermafien aus als epiſche 
Dichter: Quintus Smyrnäus Geleber, Ta u "Ounpov ( Tychſen, Straßb. 1807) 
ı. Konnos, Hıovyoraxa (Gräfe, Lpz. 1819—26). Uuch fann hier noch genannt 
verden der chriſtl. Srammatiker Tjetjes wegen feiner ’IAraxa u, XıAiades (Kiesling, 
dpz. 1826). Außerdem befchäftigte man fich meift mit Epigrammen (worin der Kits 
henvater Gregor von Razianz ſich auszeichnete) u. mit Anthologien. Chriſtliche 
Schriftſteller machten fich auch wohl ein eigenes Bergnügen daraus, aus lauter Ber 
en alter Glafftfer, befonders Homers, neue Gedichte chriftlichen Inhalts zufammens 
ufegen (Oumpoxivrpwvss), — AS eine eigene Gattung bildete ſich in dieſer 
Zeit der gefunfenen Literatur der Roman aus, unter der Form erotifcher Erzaͤh⸗ 
ungen u. erotifcher Briefe, erotifcher Zaubermährchen u. Reiſeabentheuer; bier 
And zu nennen: Parthenios, Jamblichos, Kenophon von Ephefus, Alliphron, Helios 
doros, Longos, Achilles Tatios, Ehariton. Ausg. im Corpus Eroticor. von 
Paſſow, Leipzig 1833. Die legte Erfcheinung, die wir zu erwähnen haben, if 
die aus den Gelehrtenfchulen als Rhetorik und Sophiſtik wiederaufblübende Bes 
redtſamkeit, welche jedoch nur eine literarifche, nicht eine politifche Wirkſamkeit 
hatte; die größte Blüthe erlangte dieſe neuere Sophiftit vom 2,—4. Jahthun⸗ 
verte, zum Theile im feinplichen Gegenſatze gegen dad Ghriftenthum. “Die bedeu⸗ 
tendften Namen find: Dion Chryſoſtomus (unter Trajan) ıc., von Reiske, Leipz. 
1784, Klaudios Auikos Herodes, Antiod Ariflives, (Auszug von Bremi, Zürldy 
1831). Lukianos, ausgezeichnet durch Wir (eine Art Voltaire), Ausg. von Hem⸗ 
ſterhuis, Amftervam 1743. — Flavios Philoſtratos gibt uns Biographien von 
Sophiften (fein Leben de6 Apollonius von Tyana in direkt feinnlicher Abſtcht 
gegen das Chriſtenthum). Athenäus iR uns durch fein „Gaſtmahl der Sophi⸗ 
fen“ fehr wichtig wegen des vielen Alten, was darin erhalten if. Ausg. von Dins 
dorf, Reipzig 1827. — Die beveutendften Sophiften des A, Jahrhunderts find: 
Themiſtios Euphrades, Ausgabe von Dindorf, Leipzig 1832. Libantus, Reden u, 
Briefe, Ausg. von Reiske, Altenb. 1791—97. Himerios u, der Kalfer Julia⸗ 
nus Apoſtata, ein erbitterter Feind des Chriſtenthums, Ausg. von Harleß, Er⸗ 
langen 1785. — Die Theorie des profatfchen Ausprudes war zum Theile fchon 
Früber behandelt worden, vorzüglich durch Antios Ariftines, Hermogenes, Antios 
Theon, Kaffios Longinos, Wusg. in Walz Rhetores Graec., Stuttgart 1832, — 
Die griechiſche Literatur, weldye, wie der kurze bier gegebene Abriß ihrer. Ge⸗ 
ſchichte hinlänglicy zeigt, an Allſeitigkeit, an Reichhaltigkeit u. Innerer Bortrefl 
lichkeit von einer anderen übertroffen wird, bat dadurch, vom rein menſchlichen 
Standpunkte aus beiradhtet, entfchieden den Borzug vor jeder anderen, daß fie 
in allen Zweigen der Wiffenfchaft und Kun zuerft Bahn gebrochen u. in allen 
ür immer das leitende —8 bleiben wird. Wie ſie daher in ihrem Ent⸗ 
eben u. in ihrer Entwickelung einen unberechenbaren Einfluß auf bie geiſtige 
Bildung ber ſchheit geübt u. dem Chriſtenihume wefentlich vorgearbeitet hat, 
fo bat fie diefe Bedeutung nicht verloren, nachdem fie, al& eine fertige u. abge⸗ 
ſchloſſene daſtehend, wenigften® in ihren vorzüglichften Erzeugnifien uns erhalten 
iſt. Die Geſchichte der chriftlichen Wiffenichaft u. Geiſtesbiſdung zeigt, weldyen 
entfchiedenen Autheil an der Enswidelung derfelben in allen ihren oden bie 
griechlfche Literatur gehabt hat. Freilich iR niefer Einflug nicht immer ein ganz 
guter u. wahrhaft foͤrdernder gewefen. er nachtheilige Einfluß: liegt jedoch 
nicht fo ſehr in der griechiſchen Literatur felbR begründet, als im tier Wk uia- 
Nealencyclopädie: IV, 1 







[060 Griechiſches Theater. 


zit nennen, fo in neuerer leichſam 
—— en, 
genere Ueberzeugung vom Gegentheile, und einem 
terthum iſt leicht der Grund davon zu 5 denn er 
—— feiner Ser * s ihn - 


=> 


z 


» ber in Schi 


gärr 
8 
=38 
E35 
ii 
Er 
E% 
8% 
T 


5 
h 
x 
® 
EB 
i 
& 


Er 
— 
Q 


"ber des 
a 
on e 
i wol, 
a ee FE 


f 


i 
5 


83 

FM 

E27 

—* 
Bi 
ji 
ag 

i 

u 


db Dolon erfunden, gefbielt ihnen 
ein Korb mit Feigen zur ——— eben. Der Ausdruck 
Serien — U nur auf bie dem rien 
und auf die Borftellung, weldye in Athen Statt fand, denm bie u 
folche (Robgefänge bet der Weinlefe zu Ehren des Bachus), war befi “ 
älter, Ueber die fernere Erweiterung, wer nämlich bie Masken, ‘Brologe m 
mehre Hiftrionen eingeführt habe, Ken beftimmte Nachrichten. Unter den Rob 
folgern Sufarions werden Epicharimus und Phormius genannt, Die in Lang beab 
hängenden Kleidern fpielten, dennoch aber, wie Chonnidas, Magnes und 
noch immer nur den bloßen Ghor hatten und bie erfle Periode der griehiide 
Komddie bildeten. Die zweite beginnt unter Perilles in Athen. Sratimus jd 
nämlich jegt Schaufpieler eingeführt und feine Komödie in Afte getheilt aba 
erweitert wurde fie durch Krates, Plato (comicus), Pherefrates u. A, u. 
des peloponnefifchen Krieges brachten Eupolis und Ariftophanes fie zur 

jöhe. Beide Berioden umfaffen die alte Komdbie, deren Stoff lediglich aus vn 
eben damaliger Berfonen genommen war. Als Lyfander die Herrfchaft Aber 
erlangt und die Demofratte zurücgebrängt hatte, wurde den auf ber Bühne & 
ſchimpften geftattet, den Dichter vor Gericht zu ziehen und der Chor, das Dipe 
der Schmähung, aufgehoben. So entftand die 3, Verlode oder die mittlere Komit, 
fm weldyer 57 Dicyter und 1017 Stüde gezählt werben. Unter jenen erde 
ſelbſt Ariftophanes noch mit einigen Stüdenz außerdem aber waren Antiphan 
und Stephanus die berühmteften. Diefe Komödle hatte durchaus Fein Recht; 
perfönlichen Angriffen; vielmehr ſollte fie auf allgemeine Gharakterfchilderung 
befchränft bleiben, zu deren Außerer Ausftattung, hatt der früheren Bilonifie = 
den Masken, die Gharaftermasfen eingeführt wurden. Es müffen jebod an 
jegt noch mancherlet Anſpielungen eingeflofien feyn; denn es wurde bald alleı 
jeder Tadel von Seite der Bühne unterfagt, und daraus ging die vierte Perlen, 
die neue Komödie hervor, in weldyer Stoff und ‘Berfonen erdichtet waren. F 
diefer zählt man 64 Dichter, unter welchen Menander, der 108 Stüde geld 

berühmtete it, und Phtlemon, Diphllus, Philiypioes, Pofidippus un | 


Griechiſches Theater. 1061 


Ipolloborus als vorzüglich ‚genannt find. Bon der mittleren unterfchleb die neue 
Bomöbte fi) noch Durch den Prolog, und die erwähnte gefammte Umwandelung 
er griecdhifchen Komödie von ihrer höchften Freiheitsperiode bis zu ihrer lebten 
— die man als ihren Verfall, obgleich nicht mit hinreichendem Grunde, 
u bezeichnen pflegt, erfolgte in einem Zeitraume von etwa 40 Jahren. — Man 
at oft und viel von dem außerorbentlichen Einfluffe gefprocdhen, den die griechiſche 
rragoͤdie und Komödie auf Volk und Sitten gehabt, und von ber übergroßen Aus⸗ 
eichnung ihrer Dichter. Es ſcheint jenoch, daß man ſich weder Durch jenen, dem 
Dichter beigelsgten, Namen eines vates (geweihter Priefter, Borherverfündiger), 
der durch die dem Dichter beigelente Ieia Övvauıs (göttliche Begelfterung), noch 
urch die (beſtrittene) Grabſchrift Plato's auf Ariftophanes, noch durch Quinc⸗ 
Hans Lobrede auf die alte Komödie der Griechen beirren laſſen ſollte. Stützt 
san fi) aber hiebei darauf, daß noch zu Demoſthenes Zeiten, nidyt lange nady 
Iriftophanes, das Geſetz beſtanden habe, „die für das Theater befiimmten Gelder 
icht zu Ertegerifchen Unternehmungen zu verwenden,“ fo bezeugt dieß doch nur 
m von den Athenienſern auf dad Theater u. defien Fortbeſtand gelenten Werth, 
ineswegs aber den Einfluß desſelben auf dad Volkswohl. Demofthened muß 
lelmehr vom @egentheile überzeugt geweſen ſeyn, weil er felbR auf Abſchaffung 
ned Geſetzes antrug (Olinth. Orat. 3). Auch if kein Einfluß zu erkennen auf 
ildung und Sittlichkeit in der Erzählung von Pollur (Onomast IV. 15), „daß 
ei der Aufführung der Cumeniden des Aeſchylus der aus 50 Perſonen beſtehende 
hor fo graͤßlich dekorirt geweſen, daß Die Kinder aus Furcht farben u. ſchwan⸗ 
ere Frauen Fehlgeburten machten; eben fo wenig in dem Berichte Lucian’s, daß 
et der Aufführung der Andromeda von Euripides die Athenienſer gleichfam ein 
teber befommen haben. Man kann zugeben, daß Ariſtophanes in feinen Komö⸗ 
ten feine Anfſichten über Recht und Sitte, über Lehre und Kunft nievergelegt 
at; wie diefe aber von feiner eigenen Perſoͤnlichkeit ausgingen, fo trafen fie au 
rteder die Perfönlichkeit. Seine Angrife gegen Sofrated, gegen Kleon, gelten 
er Perfonen als foldyen, nicht jenem als Repräfentanten der gefammten Erfcheinun 
es philofophtichen Lebens damaliger Zeit, nicht dieſem als Repräfentanten alles Tre 
end der damaligen politifchen Demagogte. Die komiſche Bühne Athens war an fidy 
veder ein Sittengericht, noch ein Fritifehes Tribunal, fondern ein Tummelplag für lei⸗ 
enfdyaftlich geäußerte Anfichten, weil hauptſächlich in dem Zeitraume der Wirkſamkeit 
es Ariſtophanes das hellenifche Leben überhaupt in leidenfchaftlidyer Bewegung 
yar. Wäre die Freiheit des athentenfifchen Theaters der Republif und der Sittlichkeit 
uträglich geweien, fo hätte jene nicht untergehen, Ariſtophanes nicht ſelbſt das 
ämmerlichfte Bild von der MWanfelmüthigfelt des Volkes liefern können. Sein 
‚ttterer Spott blieb jedoch ohne Wirkung auf Freiheit und Sittlichkeit; beide gin- 
en unaufhaltfam ihrer Auflöfung entgegen und dieß beweist wohl deutlich genug 
te Richtigkeit eines moralifchen Einfluſſes von Seite der Bühne auf das Leben. 
Berade in dem Umftande, daß Artflophanes den Senat und das Bolf lächerlich 
nachen konnte und durfte, liegt der Beweis, Daß Senat und Voll bereitö tief nes 
unfen waren und auf öffentlihe Achtung Keinen Anſpruch mehr hatten. Die 
omifche Bühne Athens farb daher audy Feines gewaltfamen Todes; fie unterlag 
mr dem ganz natürlichen Entwickelungöprozeſſe veränderter Zeits und Sachver⸗ 
‚ältniffe, wie der politiſche Zuftand des atbenienflichen Bolkes, und daß. ihre 
Imwandlung für feinen unerfehlidhen Berluf galt, bezeugt Wriftoteled (Nico- 
nach. Lib. II), indem er der neuen Komödie den Borzug gibt, wie denn auch 
päter Menander weit über den Ariſtophanes gefeht wurde. Daß endlich bie 
Kthenienfer ihre großen dramatiſchen Dichter auch nicht zum Himmel erhoben, 
hnen vielmehr, wie anderen Berfonen, mancherlei Schwächen nachſagten oder an- 
richteten, erficht man aus Athenaͤus; nicht minder, daß fie unnütze u. eitele Künfte 
ie ch body, als ihre tragifche Bühne fchäbten, denn fie räumten dieſe, worauf 
vorher die Werke des Euripides vorgetragen waren,. auch dem Warionet- 
enfpieler Pothinus ein und febten dem Gaufler Curyklides eine Gtatue im 


1082 Griesbach · 
Theater neben der des Jeſchylus. Und nicht Guripides ſelbſt in 
‚Schupflehenden” über Mangel A 
den Dichter, der fie vergnügt und beglüdt, Teiben und barben 
Griesbah, Johann Jakob, ter biblifcher Kritiker, geboren Ik 
Bugbady Im —— ftudirte auf dem Gymngſium in 
a. M. und berog 1762 die Untverfität Tübtngen, um ber — 
widmen. Rach 3 ſehte er feine Studien in 
und Nöffelt Ichrten. 1766 befuchte er auch Leipzig, des trefflicdhen Gm 
Vorleſun jen u. Reiske's arabifcher Unterricht für den — 
fraft übten. Auch Gellert, Schrödh und Morus wirkten wohl ibn « 
1767 nad) Halle aurüdgekehtt, erhielt er bie Magifterwürbe, trat 1769 eine 
fenfchaftiiche Reife an und durchforſchte in —— England 
‚anfı die Bibltothefen un Tritifcher Bearbeitung 
Texte: Recenfion. Rad) feiner Rüdtehr erwarb er —— die 
Arbeit: De codicibus quatuor Evx. Origenianis dad h ——— 
ten und ſchon nach 2 Jahren wurde er zum außerordentlichen der 
logte befördert. Seine berühmte HYpotbefe von einer zweifachen u 
Neuen Teſtaments flellte er indeß erft 1774 auf, nachdem er Die 3 erflen Gm 
gelten ſynoptiſch geordnet hatte. Der Ruf feiner Gelehrfamfeit und feines 
ten afademifchen Bortrages bewirften feine Berfegung nach Jena an des 
tem verftorbenen Walchs Stelle 1775. Mit dem Programme »de historise se 
siaslicae nostri saeculi usibus sapienter accomodatae, utilitate= ete er hir 
feine Vorlefungen und erlangte 1777 durch bie vorteiffliche DI arız 


Pi: 






j 


in historiam textus graeci epist, Panlinarum rpecimen bie th: Dodam 
würde. Gyegefe des Neuen FeRamentes, Kirchenge chichte und Li 
Neue Teftament, nebft tif, ſowie audy populäre matif waren da 


jenftand feiner Vorträge. Cr belt täglich in der Regel drei Borlefungen u 
verjah zugl-ich für die Afademte die Infpektion ‘für die weimarifchen Pandesfine, 
führte die Aufficht über die Bewirthſchaftung eines Theiles der afademilchen Du 
talgüter, und 1782 ward er zum Prälaten und Deyutirten der Yenatfchen ab 
ſchaft erwählt und hatte in diefer Eigenſchaft den Landtagen in Weimar beim 
wohnen u, Antheil an dem Steuerwefen, auch ward er 1784 zum geheimen Kindes 
rathe erhoben. AU fein Fleiß comeentritte ſich auf die Kritik Des Neuen The 
ments, worin er audy eine neue Epoche für die Tertes-Recenfton herbeiführte & 
gebrauchte nämlich das Verfahren, unter dem Texte Fritifche Zeichen zu fin 
um mit ihnen aus zudrücken, welche Resarten, je nad) inneren Gründen oder & 
glaubigten Autorltäten in Handfchriften, größere ober geringere Wahrfcheinlict 
für fid) haben. 1777 erfchien der erfte Theil feines Ruen Tıfkamentes, nänlit 
die 3 erften Evangelien tn der gewöhnlichen Folge, nebſt Johannes und Mpold 
geſchichte. Halle 2 Thle 1775—77. ine vabefierte Auflage warb 1796 w 
1806 bewirkt, wo die Reſultate des mübevollen und langwierlaen Forjchens ns 
dergelegt find. Die Prachtausgabe bei Göfchen 1803—7 in Heinem Koltoforma 
mit Kupferftichen ſteht nad) ihrem inneren und äußeren Wertbe al& ein berrlidd 
Dentmal deutſchen Fleiß 8 und deutſcher Kunft da. Die Symbolae criticse ü 
2 Theilen 1785 und 1793 waren eine herrliche Bereicherung Fritifdyer Sorgfalt. 
Die 1794—1810 einzeln berausgefommenen Programme, welche den Tert de 
Spnoptifer kritiſch behandelten, wurden au Einem Werke vereinigt: commentari 
eritici in text. graec N. T., dem ald 2.Thell 1811 die Melemata.de vetustister- 
Aus recen»ionibus folgten. Als Leitfaden zu feinen dogmatifchen Borlefungen ga 
er 1779 “Anleitung zur gelehrten Kenntniß der populären Dogmatif, von der 17% 
eine 4 Auflage nöthig ward. Er ftarb 24. März 1812 und ward am Morga 
des — zut Erde beſtattet. ©. hinterließ eine reichhaltige und wmertk 
volle Bibliothek von 13,000 Bänden, worunter viele Autographen, befonders vor 
Lurher und Zeitgenoffen, und fehr feltene Bibelausgaben waren. Biele einzelne 
Auffäge und Recenfionen von ihm enthalten: die Jenaer LitZeitung, bie alge | 


| 


Grillparzer — Srimalbi, 1063 


meine beutfdhe Bibliothek, das Nepertortum für biblifche und morgenlänptidhe 
Literatur. Die Opuscula academica gab Gabler heraus. Jena 1824 — 25, 
2 Bde. Lieber fein Leben geben ſchaͤtzbare Notizen: Köthe 1812, Auguſti, E'dys 
ftädt 1815 und Abeken in den Zeitgenofien, neue Folge L Band, 8. Heft 1829. 
Seite 1 — 64. Cm.. 
Grillparzer, Franz, geboren zu Wien 15. Januar 1791, jegt Direktor 
des Älteren Archives der k. k. allgemeinen Hoffammer. Bon feinem Leben iſt 
faum etwas Anderes zu erzählen, als daß er Stallen, Frankreich, England und 
die Türfet bereist hat. Als dramatiſcher Dichter ik er wohl der bedeutendſte 
unter den Lebenden. Die „Ahnfrau“, „Savpho“, „ver Traum ein Leben“, haben 
die Runde durdy Deutfchland gemacht. Die beiden erſten Stüde find auch viele 
Male aufgelegt worden. Er ſchrieb: Ahnfrau; Sappho; das goldene Vließ, 
eine Trilogie; Dttofard Gluͤck und Ende; ein treuer Diener feines Herrn; des 
Meeres u. der Liebe Wellen; der Traum ein Leben; Melufine, eine Oper, von 
Kreuzer in Muſik gefebt. Ausgezeichnete Gedichte von ihm find in Almanadyen 
zerfireut. Erzählungen in Profa hat er nur awei gefchrieben: „Das Kloſter zu Sens 
domir”, in der Aglaja 1828; u. „Der alte Spielmann“ in der Iris 1847. Mailaͤth. 
Grimaldi, nebft ven Dorta, Flesko, Spinola, eine der vier, zum hödhften 
und älteften Adel Genuas gerechneten Familien, die im Mittelalter, gleidy ben 
Fieski, zu den Führern der Bartei der Guelphen gehörte. Ste befaß felt 980 
bie, fpäter zu einem: Fürftenthbume erhobene, Herrfhaft Monaco (f. d.). Als 
1641 Monaco unter franzöflfche Protektion kam u. die Befibungen des Hauſes 
G. in Walland und Neapel durdy die Spanier eingezogen wurden, entfchäbigte 
Ludwig XIV. daſſelbe durch Valentinois und Baur. Viele berühmte Männer 
gingen aus dem Schooße diefer einflußreichen Kamilie hervor, wovon mehre fid) 
ale Dogen u. Zeloherrn um ihr Baterland verdient gemacht haben, Wir nennen 
davon: 1) G., Ratmund, war der erfle Genueſe, der die Kriegeflagge feiner 
Republik jenfeitE der Meerenge von Gibraltar führte . Zu Gunften Philipps des 
Schönen von Frankreich, der in einen Gtreit mit den Ylamändern verwidelt 
war, fegelte ©. unter dem Titel eines Admirals von Frankreich 1304 mit 16 
nenuefifhen Baleeren und 20 franzöflihen Schiffen nach Zeeland, wo er den 
Grafen Guy von Flandern, der die feindliche, an 80 Schiffe ſtarke Seemadht 
befehligte, ſchlug u. gefangen nahm. — 2) G. Antonio, zeichnete fidy in der erfien 
Hälfte des 14. Jahrhunderts gleichfalls im Seedienſte aus. Die Gatalonter 
hatten fidy feindlidy genen Genua bewiefen, dad wegen innerlicher Zwiftigfeiten 
außer Stande war, die Unbil zu rädyen. Als der günftige Zeitpunkt fidy dazu 
nahte, erhielt Antonio &. dad Commando der Flotte, verwüſtete die Küfte von 
Gatalonien u. flug 1332 eine aragoniſche Klotte von 42 Schiffen. Doch 21 
Sahre fpäter wurde er von den verbündeten Venetianern und Cataloniern, unter 
Anführung des Ricolas Pifant, auf der Höhe von Coiera am 29. Auguſt 1353 
dergeſtalt gefdylanen, daß von der ganzen genueflichen Seemacht nur 17 Schiffe 
entfamen u. die Genueſer gendthigt wurden, fidy dem Beherrfcher von Matland, 
Giovanni Bisconti, ver ihnen Schuß genen die Benelianer zufagte, zu unter 
werfen. — 3) G. Btovanni, machte ſich durch ven Steg berühmt, den er am 
23. Mai 1431 über den venetianifchen Admiral Nic. Trevifani auf dem Po 
Davonırug, obſchon Garmagnola, der berühmtefte General jener Zeit, mit einer 
anfehnlidyen Landmacht am Ufer des Fluſſes (drei Miglien unterhalb Gremona) 
zum Beiftande des venetianifdyen Admirais bereit war. Durch ein glüdliches 
Manöver nämlid wußte &. vie venetianiſche Flotte vom Ufer zu trennen, wo 
die Landmacht ihre Stellung hatte, u. fo gelang es ihm, nicht allein die Feinde 
völlig zu — ſondern ihnen audy 28 Galeeren u. 42 Transportſchiffe nebſt 
einer unermeßlichen Beute abzunehmen. — 4) Giovanni Francesco, der Bos 
[ognefer genannt, geboren 1606 in Bologna, bildete fidy unter den Caracci und 
sagte beionders durch Landfchaften hervor. In Rom fchmüdte er den Batifan 
n. die Gallerie auf Monte Cavallo. Auf Mazarin’s Einlaruny swörde wm 


‚Louvre und fepte dann unter ben Ben Alan ML lemens IX. fin 
fort, Gompofition P Colorit kühn, ı 
Minfariprung 161. Muß aan. A Bun uie 2 kai 


ben bafelbft 1663. Bon ihm ſchreibt ſich di Monbfleden 

er gilt für die verſchledene Brechbarfeit der Lichtftrahlen ‚Physico- mals 

de lumine, coloribus et iride, 1665, als Vorläufer Rewtons. a 
Grimm, l Friedrt ich eigien, ‚Baron vorn — fr 

— wirklicher Staatsrat und herzoglich —— En 
den 26. September 1723 zu Gotha von atmen {da 

Ba ee 

‚amen‘ en War, 
Theatern aufgeführt u. in Gotſched's beutfcher Schaubühne Bo. 4 


h meifter des , 
Fe DB Eh see 


gleitete ihn dann * Paris und ſer Stadt ſo viel 

er immet — dem wünfı Diefer Wunſch wurde ihm 

Bun: —— 9 —— 
Revolution fo berüchtigt gewordenen ‚8 diefes Ram 

trat, —— — 6, das ihm. die Belanntfeaft mit vielen © der damalı 

fe — Phtlofophen Clique, namentlich re eg der in 


ng — an le von — — Pe 
Ban ie frangöfiichen den —— der er see Se 


Tannten, -b Ih Beast & m 
eng von der 3322 86 — Brad Gum 


u dem Könige Guſtav II. von Schweden, u. 1776 ernannte ihn der 

von Sachfen - Gotha on Gehebung in ben Avelftand) u feinem. bevoll! 
Minifter in Parts, ein Poften, ven er bis nach dem Ausbruche der Revolutia 
behielt, wo er fih nad Gotha begab. Früher ſchon war er mit dem lehten 
forbenen Großherzoge von Darmftabt nach den Niederlanden gereist, und hatt 
außerdem eine zweimalige Reife nady St. Petersburg gemacht, wo ihm die Ad 
ferin Katharina I. fehr gnädig aufnahm, die ihn au 1796 zu ihrem bevk 
mächtigten Minifter bei dem nieverfächfifchen Kreife ernannte, worin ihn Paull 
beftätigte. Da er aber bald darauf ein Auge verlor, fo zog er ſich von & 
ſchaͤften zurüd, begab fi) von Hamburg wieber nad) Gotha, wo F 309 ihm dı 
fürftliches Haus einräumen ließ umb flarb den 19, December 1 Währn 
feines Aufenthaltes in Paris hatte ©. eine Literarifche Gorrefpondenz mit einem 
beutfchen Fürften (dem Herzoge von Sadyfen-Gotha) angefangen, welche zum 
-1812 zu Parts in 16 Bänden, wozu Barbier 1814 nody ein Supplement geh 
(zulegt u. am vollftändigften Paris 1829 in 15 Bänden) gedruckt wurde u. fe 
gleich bei ihrer Gefeeinung die größte Genfatton erregte, Diefe Eorrefponday | 
geht von 1770 bis 1782, ift aber nicht ganz von ©.; wenn dieſer Feine Zt 
zum Schreiben hatte, fo "trat Diverot am feine Stelle uw, wenn dieſer abweſen 
war, fo wurde gar nicht gefchrieben, daher gi es andy manche Lücden in de 
Briefen. G.s Schreibart, obglelch micht frei von Germanismen, iſt fehr am 
stehend u. oft fo fließend, als die des Voltaire. Borzüglich intereffant iſt bie 
Gorrefpondenz wegen einer Menge von Anekdoten, von wihlgen u. af Beißene 
Bemerkungen über berühmte Perfonen, von mitgetheilten nen Schriften am 
Divrot Soltaire's, Rouſſeau's, Friedrich's des Großen, Gagliant’s u. a 
a —— 
u. wird oft bie yre. e Eigenheit dieſes fel 

war, daß er ſich mehr mit feiner Zolleite bei PA Dame, und 






Grimme. 1065 


man auf feinem Tifche immer Schminktöpfchen u. dgl. fand. — 2) G., Jakob 
Ludwig, der berühmte Forfcher des altveutfchen Lebens nady Sprache, Recht, 
Glauben u. Sitte, ward 1785 zu Hanau geboren u, erhielt zu Marburg unter 
Savigny u. Wachler feine Richtung. Racıdem er 1805 Savigny in Parts bei 
literarifchen Arbeiten unterflügt, erhielt er 1806 in Kaffel eine Stelle im Krieges 
Gollegium und 1808 die eines koͤniglichen Bibliothefars, wozu 1809 das Amt 
eined Aubitors im Staatörathe. fam. Im Sabre 1814 begab er ſich als heſſi⸗ 
fcher Legationsfefretär ins Hauptquartier der Verbündeten u. beforgte in Paris 
{don jebt, fo wie nady Anweſenheit beim Wiener Gongrefie, die Zurüdgabe 
dorthin gebradhter deutſcher Handfchriften. Gr lebte jebt als zweiter Bibliothekar 
zu Kaflel (jeit 1816). begab fidy aber, als er 1829 nicht zum erfien Bibliothekar 
aufrüdte, als Profeſſor nady Göttingen, 1830. Als Thellnehmer an der Pros 
teftation gegen die Aufhebung bed hannöverfchen Grundgefehes, ward er 1837 vers 
wieſen u. fongie von Kaffel aus 1841 einem Rufe nach Berlin, wo er jeht als Mit- 
glied der Akademie der Wiſſenſchaften u. an der Univerfität wirkt. Hauptwerke 
dieſes Achtdeutfchen Mannes find: „Deutfche Grammatik“ (Bd. 1—4, Göttingen 
1819—37, ®v. 1, 3. Aufl. 1840); „Deutfche Redytsaltertbümer” (ebend. 1828); 
„Deutfche Mythologie" (ebend., 2. Aufl. 1843—44);5 „Welsthümer“ (3 Bde., 
1840-42); »Silva de romances viejos« (Wien 1815); „Reinhardt Fuchs” 
(Berlin 1834); das angelfäcrfifche Gedicht: „Andreas und Elepe* (Göttingen . 
1840) u. f. w. Mit feinem Bruder gab er heraus: „Kinder u. Hausmährdyen“ 
(5. Auflage, Göttingen 1843); „Wltdeutfche Wälder“ (3 Bände, 1815—1816) ; 
„Deutſche Sagen“ (2 Bde. 1816—18); „Iriſche Elfenmährdyen“ (Leipzig 1826) 
u. bereitet mit ihm ein großes Wörterbuch der neuhochdeutſchen Sprache vor. — 
3) G., Wilhelm Karl, geboren 1786 zu Hanau, Bruder und Genoſſe bes 
KRuhme des Borigen, bezog mit diefem die Univerfität Marburg, war längere Zeit 
kraͤnklich, wurde 1814 Sekretär an der Bibliothek zu Kaffel, 1830 Unterbiblio- 
thekar, dann Profefior in Göttingen, mußte aus bemfelben runde, wie fein 
ruder, Goͤttingen verlafien und folgte mit viefem einem Rufe ale Profeſſor, 
Mitglied der Akademie und Bibllothefar nad) Berlin 1841. Er gab heraus: 
„Altpänifche Heldenlieder“ (1811); „Ueber deutfche Runen” (Göttingen 1821); 
„Die deutſche Heldenfage” (ebend. 1829); „Brave Ruodolf“ -(2, Aufl. 1844); 
„Vridank“ (1834); „Ruolandes Liet“ (1838) u. f. w. ’ 
Grimma, Stapt im koͤniglich fächfifchen Kreisdirektionobezirke Leipzig, am 
linken Muldeufer, mit 5200 Einwohnern, war früher viel beveutenber in beiner- 
benu. Handel, ald gegenwärtig, obſchon fidy immer noch anfehnliche Wollwebereten 
u. Strumpfivirfereien, ſowie die beften Thonpfeifen⸗ u. Stärkefabrifen des Lan; 
des bier befinden. Wußer der Kürftenf aule (. u.) befindet fi hier em 
Scäullehrerfeminar u. gute Stadtſchulen. Gehenswerthe Gebäude find: die Klo⸗ 
Rerficche, die 1840 geſchmackvoll reftaurirte Frauenkirche, das koͤnigliche Schloß, 
jest Sig des Bezirkamtes, und das Rathhaus. — Die berühmte Fürftenfchule 
(Ainfange St. Auguſtin bei G., fpäter Moldanum genannt), 1550 von Merfer 
burg bieber verlegt, bat 8 Profeſſoren u. Lehrer u. 120 Gtellen für Alumnen. 
Das zu Ihr ER ge Vorwerk Nimbfchen entfland aus dem ehemaligen, 1250 
von Torgau hieher verlegten, Srauenklofter Marienthron, aus welchem Katharina 
von Bora (ſ. d.) eutfo ‚ um Luthern zu hetrathen. Dafielbe wurde 1534 aufs 
gehoben u. 1555 ein Theil der Güter an die Fürftenfchule überwiefen; 1810—12 
fämmtliche Klofiergebäude vollends abgetragen u. neuerdings als Oekonomiege⸗ 
bäude neu erbaut. Die Schule hat eine Bibliothef von 6000 Bänden, Stipen⸗ 
dien für einige arme Alumnen, 1828 von ehemaligen Alumnen der Anftalt ges 
fiiftet, weldye von den Lehrern vergeben werben. ben zwei Buchhandlungen 
befindet fidy bier auch Goͤſchen's (}. d.) trefflich eingerichtete Buchdruckerei. — 
G. erſcheint als Stabt ſchon im 11. Jahrh. und war während des Mittelalters 
durch Handel bedeutend, Im Schlofie refipirten öfters fächftiche Fürften, die 








der Puls krampfhaft, unordentlid u. befchleunigt, die Hautwärme, 


- 1066 - Grimmen — Grindelwald, 


bier auch ihren Streit über Münz- u. Bergfadhen durch WBerirag 
1531 eriedigten. Bal. Ermel, „Alte u. Neue v. ©." (Bpı. 1793). 
Grimmen (Colica), tft ein wandernder, kneipender, reißender, foanmee, 
periodiſch wiederkehrender, fieberlofer, nicht entrünblicher Schmer, tm 
Leibes. Dabei zeigt fi) aber Anfangs ver Bauch, namentlich in ber 
egend, eingezogen, fpäter manchmal aufgetrieben, empfindlich und bei: 
älle begleiten das G. häufiger, als een Magenaffektion gefelit 
dann dazu, wenn Magenunreinigkeiten zugegen find. Bet fehr 5 3 
ben Außeren Gliebmaßen vermindert, das Geſicht roth u. aufgetrieben u. es 
ſelbſt bisweilen Zudungen aus. Das ©. tft urfpränglid im Darme ober 
benachbarten Unterleibdorganen begründet. Die ihm zu Grunde Ttegenven 
ſachen find fehr vielfältig ; bei Kindern rührt e8 häufiz vom zurückgebliebenen 
peche, von Säure, Erfältung, von Wurm» oder Zahnreiz ber u. it dert 
noch durch fehr große Unruhe u. Ungebuld, anhaltendes Weinen, Ylögliches 
fchreten, Verziehen des Gefldyts im Schlafe, Schlaflofigkeit, Krämpfe u. fchwer 
haftes Anziehen der Beine auögezeichnet. : Mehrmalige Wiederkehr des G.s ie 
terläßt eine vorherrſchende Anlage zu diefem Leiden, ſelbſt auch organiſche Bu 
änderungen im Darme, oder bleibende, krampfhafte Befchwerben in tiefem ee 
anderen Organen des Unterleibes. Das Heilverfahren gebt vorerſt dahin, 
Heftigfelt der Zufälle durdy Delmirturen u. Mobnfaft, durch beruhigende Kräukn 
umfdhläge, durch ein lauwarmes Banzs oder Halbbad zu brechen. “D Date 
tik (ſ. d.) verordnet bier die Anordnung Falter Sigbäver u. Die Wppiäfarton lecker 
Fomentationen u. Klyſtiere. Weitere Rüdficht bat die Behandlung auf Wew 
anlafienden Urfachen und auf den fpectellen Gharafter des Leidens FR m 
Pag on dieſem die entfprecdheriven Mittel entgegenfeht und jene a ab 
ernen bemüht tft. B 
Grindelwald, ein großes Thal und eine fehr zerfireute Dorfgemeinde, ah 
etwa 2500 Einwohnern, im Oberlande des eldgerdifiihen Gantond WBern. De 
Thal ift in der Richtung von Nord Oſten nad Süd: Wellen vier Stunden lau 
hochſtens eine halbe breit und bei der Kirche gemeflen) 3150 Fuß über u 
Meer u. 1400 Buß über den Thunerfee erhaben. Das Klima wäre fehr milk, 
wenn nicht felbft im heißeflen Sommer, befonder6 Nachts, die Gläiſcherwim 
Kälte verbreiteten. Bon Obftforten kommen bloß Kirichen fort; auch wird etwas 
Roggen, Gerſte und Hanf gebaut. — Die Kirche und das Pfarrbaus liegen ib 
fammen auf einer Kleinen Anhöhe über der Lürfdyine, weldye in 2 Armen von de 
obern und untern Glaͤtſcher hervorftrömt. Im Kirchthurme hängt eine Glocke wi 
der Jahreszahl 1044 oder 1344. Diefe ſoll in einer Kapelle gehangen habe. 
welche der untere Blätfcher bei feinem Borrüden umwarf und Die auf einem, IH 
1605 gangbaren, heutzutage unmöglidyen, Pfade von ©. in das Wallis geilen 
den feyn fol. Das Thal wird umſchloſſen von den Wells, Wetter, Schred⸗ ı 
Bieicherhörnern, von dem Bergliſtock, Mettenberg u. Finfter-Warhorn, dem große 
u. Kleinen Eiger, den beiden Scheidecken, dem Faulhorn, Rothhorn, der Demi 
flub u. dem Schwarzhorn. Der einzige ſchmale Ausgang begleitet die fchwarg 
Lutſchine. — Die beiven Glätſcher von G., durch ihre leichte Zugänglichkeit be 
rühmt geworden, liegen zwifchen hohen Yelfen, der obere zwiſchen dem Better 


1 








si 


3 














horn u. Wetterberg, der untere zwiſchen dem Wetteiberg und Eiger, find am Ant: 


gange nur eine Bterteltunde breit, verbreiten fidy aber in große Eisfelder um 


werden von den Gchredhörnern, deren Fuß der Weiterberg bildet, von einande 


chieden. Der obere gilt für den fchöneren, wenen reinerer Eisfarbe, Reileren Ua . 


ß 

fteigend und ber Menge und Größe ver Zaden. Ein liebliches Echo iR auf 
demfelden. Oft iſt aber der untere fchöner ; er heißt audy der Eleine, obaleich 
er den oberen an Größe vier Mal übertrifft. Im Sommer des Jahres 1807 u 
1827 hatte er ein großes Eisthor, aus welchem das Waſſer mit fürdhterlichen 
Getöſe hervorbrauste. Man fleigt auf die Rellenbalm, um feinen oberen Theil 


* 


Fu 5 


Grippe — Griſette. 1087 


zu befchauen. Aimö de Mouron von Bevay iR am 31. Auguſt 1821 in 
das obere Walchiloch dieſes Glaͤtſchers geſtürzt und erft am 12, September tft 
es gelungen, den ganz eniftellten Leichnam wieder hinaufzuſchaffen. Häufig wird 
der untere Glaͤtſcher beftiegen, was in G. das Ciemeer befucdhen heißt. Die klei⸗ 
nen Lawinen, die im Sommer faft alle Tage, beſonders von den öftlidhen hohen 
Alpen fallen, fiebt man am Bellen bei Laucdhbühl. Merkwürdig find audy die 
Wafjerfälle des Muͤhlebaches. Auf dem nörblicd, gelegenen Faulhorn, das 8140 
Fuß über dem Meere liegt und ohne Gefahr, am Beten über die Bußaly, auch 
von Brienz in A—5 Stunden kann beftiegen werden, tft eine herrlidye Aus⸗ 
fiht. Man überficht einen großen Thell der Schweiz, über den Jura hinaus 
den Schwarzwald, ferner den Albis, Rigi, Bilatus, den Hafen, fehr deutlich 
au ‚ und gegen Mittag die nahen Dberländer Schneeberge und herrlichen 
Glaͤtſcher. Der Berggipfel ſelbſt bildet einen flumpfen Kegel, der mit Bergiß- 
meinnicht gestert if. Die Ausficht iſt mohl reicher an bemerfbaren nahen und 
fernen Berggipfeln, als felb der Rigt. Was diefem im Bordergrunde bie nas 
ben fcyönen Seen gewähren, geben dem Faulhorn die pradytoollen Eisfelver des 
Oberlandes. Diefe Ausficht Tann daher ein die Rigl- Wanderungen ſchmälern. 
Grippe (Influenza) iſt unter allen epidemiſchen Krankheiten bie audge: 
rägteſte, hat fehr große Aehnlichkeit mit einem Katarrhalfleber und verbreitet 
ch in paralleler Ridytung mit dem Aequator über den Erdboden. Nicht zu ver: 
wechſeln find damit die, audy häufig als G. bezeichneten, gewöhnlich im Frühlahre 
und Herbfte herrfchenden, Katarrhe mit befchränfter epidemiicher Berbreitung. 
Der Rame Grippe kömmt vom franzöflichen »grippers oder vom plattdeutſchen 
„griepen;“ der italtentidhe Name »influenzas aber vom lateinifchen »influere ;e 
beide braetchnen ein plößlicdhes „Ueberfallen, Ergriifen ꝛc. Herrſcht die ©., fo bes 
füllt fie alle Individuen des mittleren Lebensaltere, vom 12 bis zum 60. Jahre, 
männliche wie weibliche, Kranke wie Gefunde. Die Erfcheinungen der G. find, 
nady den einzelnen Epidemien und felbft bei verſchiedenen Individuen, fehr vers 
fchieden, fo daß man die G. einen Proteus genannt batz im leichteflen Grabe 
ſtört fle oftmals nicht an der Beforgung der gewöhnlichen Geſchäfte, In heftigerem 
Grade aber macht fie oft gefährlich Eranl. Die allgemrinften Erſcheinungen find: 
große Mürigkiit und Abſpannung des Körpers, fowie Riedergeſchlagenheit des 
Geiſtes. Gewöhnlich beginnt die G. mit Mattigkeit, Fröfteln, Eingenommenheit 
des Kopfes; dann tritt unter dumpfen, krampfäbhnlichen Schmerzen in verſchiede⸗ 
nen Körpertheilen Fatarrhalifche Aff ktion der Reſpirationsorgane, mit meiſtens 
fehr heftigem, trodenem Huften, oder des Darmkanals oder auch anderer Schleim⸗ 
häute ein; bei nicht ganz unbedeutendem Brave if Fieber vorhanden. Bon ges 
wöhnlichem oder auch epidemiſchem Katarrhe unterfcheidet fidy die G. durch die 
allgemeine Depreifion des Nervenſyſtems, durch krampfhafte Schmerzen, WBürs 
gen u. Erbrechen, durch große Reigung zum Schwigen, durch Bildung von Haut⸗ 
Ausſchlaͤgen und den eigenthümlichen Ausdruck des Gcfichted. Gewöhnlich Yanert 
die G. A Lage, Häufig aber audy nur 1, feltener 7 Tage; oft bleiben dann noch 
Hüfteln, große Ermattung und allgemeine Baftimmung zuüd, welche ſich erſt 
nad) ein paar Wochen heben. Die ©. endet bei fonft Befunden faft ohne Aus⸗ 
nahme gut, Schaden bringt fie den Kraͤnklichen und lebensgefährlich it fie für 
Säuglinge, Kinder und reife, ſowie für Lungenſüchtige. Die ©. ſcheint ſchon 
in den älteftien Zeiten vorgelommen zu fiyn; die erfte fichere Nachticht von ihrem 
Herifchyen finden wir 1387; ſeitdem ift fle oftmals aufgetreten, und zwar in den 
früheren &pidemien bis zum Ende des 16. Jahrhunderts von Welten nad) Ofen 
fidy verbreitend, ſeitdem aber in verlihrter Richtung. Zur Durchwanderung von 
Gurcpa bedarf die G. des geringen Zeitraumes von einem Jahre. E. Buchner. 
Srifette iR in Frankreich die allgemeine Benennung folcher Mäpchen, die, 
ohne gerade zur Claſſe der Buhlerinnen zu gehören, mit ledigen Herren in wil⸗ 
ber Ehe leben, dabei aber in ber Regel ihrem Liebhaber ſtrenge Treue halten, 
überhaupt ein foldyed Verhaͤltniß mehr zum Zwede ihrer Sukentosier, BR 





"4068 | Griswold — Grodno. 


einer perſoͤnlichen Neigung ſchließen. Sie sähe meih ven 

a —— — u. ſ. w. an. — Sn der be 
zeichnet man mit ©, audy das Fady der Goubretten (f. 8), db. 5. einſchau 
chelnde, nedifche Intriguantinen. 

Griswold, Rufus Wilmot, 1816 in dem Gtaate Bermont 
bat fidy unter den norbamerifanifchen Literarhiſtorikern einen bebeutenben 
worben. Gr ſtudirte Theologie, wurde aber feinem Fache bald auf, —— a 
ungen, kehrte indeſſen neuerbings wieder zu vemfelben zuruuk. G. i 
Batriot unter allen nordamerifanifchen S eiftßellern, u. alle feine FRA ie 
niffe, ein einziges Werk ausgenommen, beziehen fidy auf fein Baterland. Da 
eben fo alte, als falſche Sat, daß Nordamerika Feine Dichter habe end hab 
nme, weil es ihm ebenfowohl an einer Geſchichte, als “ begeiſternden Raiw: 
fhönhetten fehle, bat an ©. den eifrigften —— efunden. * 382 

werk: „Die Dichter u. Dichtkunſt — — ſt das Behr, oe 

rika über einheimifche Literatur befigt, aber von fehr m ungleihem © 

vielen Stellen ift die Sprache ſchön u. fließend, an an 

gan, Das Ganze ift mit einer Dar geicheieben, die ſich (OR tn 
Mufterfiellen oft unangenehm bemerklich madht. Die ® iſtoriſche 

der Verfaſſer immer gewahrt u. ſelbſt die verfehltehen 

ein reiches Material, —* für ſpaͤtere Schriftſteller unſ * iR. 

ſchließt ſich ein anderes an, das in Amerifa ungetheilten Beifall ge 
chter und Dichtkunſt Englands im 19. Jahrhunderte.“ er g 

liegt das Streben zu Grunde, den Amerikanern durch Augenſchein zu 

wie unrecht die Engländer haben, wenn fie ſich mit re jegigen Bock 

die Brüder jenfeits Oceans erheben wollen. . Diefe eyes iſt naiklie 

in Amerika Taum bemerkt worden, fle hat dort viel 48 Glüd des Bad 

gemacht. Ein drittes Wert G.s „Profaiter u. Profa Rorbamerita’s“, hat gan 

5*8* erſt die Preſſe verlaſſen. Dieſem wird eine » hia i 

- anfchließen, ein fehr umfaflendes, bie —ã— S berühmten Im 

rifaner enthaltende Werk. An den politifchen Kämpfen bat &. im Gar 

wenig Anthell genommen, dagegen für Hinwegräumung mandher Mißbränche ı 

der Gefehgebung geforgt. New=Dork verdankt ihm die Abſchaffung, oder min. 

ſtens Milderung des barbariſchen Geſetzes, das Olänbigen Braten, ihre aus 

wärtigen Schuldner in gereöhntiche Gefängnife unter bredyer aller Art de 

fperren zu laſſen. Seit 4 Jahren ift er wieder aur Kanzel zurüdgefehrt * bil 

ſtreng orthodoxe, ‚aber gefchmadvolle u. beredte Predigten. 

Grochow, ein Dorf an der Weichfel, im Öoupernement Mafovien ws 
Koͤnigreichs Polen, iſt durch 2 Schlachten in den Jahren 1809 und 1831 be - 
rühmt. Syn lebterer, 25. Februar 1831, wurden die Polen unter Skrzynecki, nad 
hartnädigem Widerſtande, von den Ruſſen unter Diebitſch zum Berlafſen ihre 
vorwaͤrts des Dorfes genommenen Aufſtellung und zum Rüchzuge nach Braga ge 
wäh Der Berluft der Schladht wird der Unentſchloſſenheit Des Yolnifchen 

berbeichlöhabere und der Berwundung Chlopicki's, der an ber Stile Skur 

die die Schlacht faft ganz geleitet hatte u. zurüdgebracht werben wuße, F 
—*2 Der Berluft auf beiden Seiten betrug je 9000 Mann. 

Grodno, ein Gouvernement Weſtrußlands von 755 [] Meilen u. 971 "000 
Einwohnern, gränzt an die Gouvernements Wilna, Minsk, Bialifof, Bolhynim, 
on dad Köntgreih Polen und ift in 8 Kreiſe ein geiheitt, Das Bouvernemai, 

Theil des " hemaligen Großfürftenthumes Bitthaten, ft mit vielen Heinen Gen 
834 —— u. ſchlecht angebaut. Hauptfluͤſſe find der Bug u. Niemen; av 
Gerbem befindet fi) von Gewäflern der Opinsk fie Kanal, ve sur WBerbinbung 
des Niemen mit dem Dniepr dient, in demielben. Die meif — 
Einwohner find Rußniaken, Polen, Litthauer, doch gibt ed auch 
den. Die Hauptfladt des Gouvernements: Grodno, auf einer hie 
ten Ufer des Riemen, unter 53° 21' Breite u. 41° 30'2änge, wit. ‚500 Pr 


An 


33 
Karla 


Groͤningen — Grönland, 1069 


obnern, hat 11 Kirchen, 2 Schlöffer, Gymnaſium, eine adelige Cadetten⸗ u. eine 
ſterſchule, Maͤdchenyenſfion, Fabriken in Tuch, Seide u. Waffen u. lebhaften 
Banbel, der durch Jahrmaͤrkte gefördert wird. Gefchichtlich merkwürdig iR ©. 
‚ıDurdy den, 1586 bier erfolgten, Ton Stephan Bathory's u. durch die, 25. Ro⸗ 
„wember 1795 bier erfolgte, Abdankung Etantslaus Auguft Poniatowsky's, dee 
.Neten Polenlonigs. Ow. 
" Gröningen, 1) die nörblichfte Provinz des Königreich der Niederlande, 
„426 [_] Meilen groß, mit 186,000 Einwohnern, gränzt im Korben an die Rords 
: fee, im Oſten an Oſtfriesland u. den Dollart, {m Güben an Drenthe u, im We⸗ 
an Friesland u. wird in die Bezirke G. Appingandam u. Winſchoten einge 
„Shell. Das Land If eine, gegen die Ueberihwenmungen ded Meeres durch koſt⸗ 
.. fpielige Daͤmme geſchuͤtzte Tiefebene, die am Meere fehr fruchtbaren Marfchbopen, 
u Innern aber große Moore (Bourtangers Moor u. Muffel:Broek) hat, Die 
2 2uft iſt nebelig u, feucht, Stürme häufig. Produkte find: fchönes Bich, Pferde, 
Scyafe, Getreide, Torf, Die Fabriken find unbedeutend, wichtiger dagegen Fi⸗ 
cherei, Schifffahrt u. Handel mit Bieh. Unter den Bewohnern dieſer Srovinz 
den fi fehr viele Katholiken. G. ſendet 4 Abgeordnete zu den Generals 
atn. — 2) G., Hauptfladt der gleichnamigen Provinz an der Hunfe u. Aa, 
unter 53° 13° 12“ noͤrdl. Breite und 14° 2° öftl. Länge, if ſtark befeftigt, 
durch 2 Kanäle mit dem Dollart u, durch 1 mit der Zuyderfee verbunden, und 
zählt 30,500 Einwohner. Großer Marktplatz mit dem herrlichen Rathhauſe; die 
zMartinskirche mit einem 333 Fuß hohen Thurme; Handelögeridht, Börfe, Uni⸗ 
: verfität, 1614 geftiftet, mit etwa 300 Studenten; Gymnaflum, Taubſtummen⸗ 
⁊Inſtitut, eines der berühmteften Europa's, mit mehr ald 200 Zöglingen; Akade⸗ 
mie ter Zeichnen, Baus u. Schifffahrtöfunft; Geſellſchaft für Chemie, Phyſtk 
uf w. Leinwand⸗ u, Woleugmanufakturen, Handel. Ow. 
ni Grönland, ein großes, nordamerikaniſches Polarland, im nördl. atlanti⸗ 
! fen Dceane gelegen u. der Krone Dänemark gehörig, von dem man ſeit Bars 
ry’8 Entdeckungen beflimmt weiß, daß es eine Inſel iſt, deſſen nörblicdhe Er⸗ 
: fredung jedoch noch unbelannt if. ©. liegt von 59° 45 bis gegen 80° nörbl, 
? Br. u. mag wohl einen Slädyeninhalt von 18—20,000 M. haben, Es wird 
von Norden nad). Süden durdy ein, hauptfächlid aus Granit u. Gneis beftchen- 
des, bis zu einer Höhe von fat A000 Fuß anſteigendes Gebirge durchzogen und 
darnach in OR- u. Weſt⸗G. eingetheilt. Die Oftfüfte, welche 1822 von dem Eng⸗ 
länder Scoresby bis 83° nörbl, befahren u. unterfucht wurde, hat einen jähen u. 
eilen Abfall gegen dad Meer, iſt mit Eismafien bedeckt u. umlagert, fo daß das 
anden große Schwierigkeiten hat. Es finden fich hier viele Infeln u. Buchten. 
Die Weftfüfte ift zwar audy fteil, aber freier von Eis, u. wird von Schiffen bes 
fucht, weßhalb fie audy befannter if. Bemerfenswerth iſt e8, daß man an biefer 
Weſtlüſte ein allmäliged Einfen des Bodens, auf dem feften Lande ſowohl als auf 
den nahen Infeln, wahrnimmt. Das Innere (vielleicht ziehen eisbedeckte Meerarme 
durch ganz ©. und theilen e8 in mehre Infeln) tft ein unwirthbared , unzugäng- 
liches Gebirgsland, mit Schnee⸗ u. Eisfeldern bedeckt. Im Norden befindet fi 
ein Valkan, der noch im Jahre 1783 in Shätigfeit geweſen feyn fol; audh fon 
trifft man Spuren von erloſchenen Bullanen in, den Gebirgsarten, in Schwefel 
u, heißen Quellen. Fluͤſſe u. Quellen fehlen faft gänzlidy (das meifte Waſſer ent- 
ſteht aus gefchmolzenem Schnee); von den erfleren if der Baaldfluß ber bedeu⸗ 
tendfte. Das Klima ift allenthalben arktiſch, Fälter auf ver Oſt⸗ ald auf der 
Wefttüfte, am firengften jedoch im Innern des Landes. Der Winter ift ſelbſt im 
Suͤden lang u. fireng; auffallend dagegen die große, wenn gleidy kurze Sommers 
hige (= 24° R.), die nicht felten das Pech an den Schiffen ſchmelzen macht 
und durch häufige Rebel an den Küften und in den Thälern nody unerträglicyer 
wird. Diefe Hitze dauert gewöhnlich einen Monat, ift jedoch kaum im Stande, 
den das gene Jahr gefrorenen Boden einen Zoll tief aufzuthauen, und hält die 
Küfe.ı hoͤchſtens 3—A Monate vom Eife frei. Die längfte Nacht währt an ber 


ü 
x 
} 


ur SP 


Para 


MT 


ya 


PL 


1870 Gednlanb. 


Suͤdſpitze 184 Stunden, dagegen 10° nörblicdher 8 Wochen, wobei jedoch fa 3 
Wochen auf bloße Dämmerung kommen. Höchft merkwürdig iſt bier, wie in allen 
Bolargegenden, die Stärke der Strahlenberührung, vermöge weldyer ferne Gegen» 
Rände, die noch unter dem Geſichtskreiſe liegen, fidytbar werben, fo daß man 
B. die Sonne ſchon 16 Tage vor ihrer wirklidyen Ethebung über ven Ge⸗ 
Ehtötreis erblickt. Das Land hat faft durchaus den Gharafter der ſchrecklichſten, 
von immerwährenden Schnee und Eisbergen durchzogenen Einode, und nur die 
fpärlichfte arktiſche Vegetation. Im Süden wachſen Birken, Weiden- u. Erlens 
gefträuche, bis 18 Fuß hoch; audy baut man dort nody Kartoffein u. einige Ges 
müfearten. Aber weiter gegen Norden befehränkt ſich die Vegetation nur auf das 
fehr nuͤhliche Löffelfraut, Wachholder u. einige andere Straucharten, und endlich 
bloß auf Flechten u. Mooſe. Die Gebirge zeigen Spuren von Kupfererz; in eini⸗ 
gen Gegenden hat man auch Gteinfohlen gefunden. Wichtig if das Thierreich, 
denn ohne dieſes wäre dad Land unbewohnbar. Der Seehund u. dad Rennthier 
liefern den Einwohnern faft alle ihre Lebensbeduͤrfniſſe; audy der Wallfiſchfang, 
deſſentwegen viele europäiſche Schiffe die -Küfen beſuchen, iſt von Bedeutung, 
mehr aber nody der Robbenfang. In Handel mit den Zuropäern kommen See⸗ 
hundefelle, Pelzwerk, Eiderdunen, Thran, Zifchbein und Fiſche. Die Coloniſten 
haben im Suden noch Rindvieh, Schafe. und Hunde, aber durch die Kälte fehr 
- vertümmert. Die Einw. des Landes, deren man auf ber Weſtkuͤſte 20—25,000 
zahlt, gehören zu den Eskimos, find mongolifchen Stammes, zwifchen 4—5 Fuß 
groß, von bunkelgelber Farbe und fleiſchigem Körper. Sie find gutmüh, aber 
völlig roh, im hoͤchſten Grade ſchmutzig und auf der niederſten Stufe der Geſit⸗ 
tung, dabei aber Rolz, thätig u. voll Mutterwiz. Sie haben Zauberer und nur 
Hör ſchwache Begriffe von höheren Weſen, glauben jedoch an die Unſterblich⸗ 
keit per Seele. Sie find Helden; nur In der Nähe der däntichen Riederlaffungen 
find riften geworden u. leben etwa zu 6—7000 in den herrnhutiſchen Mifr 
fionen. Ihre Wohnungen beſtehen im Winter in engen, frinernen, mit Erde bes 
deckten u. bloß mit einem ganz niedrigen Eingange verfehenen Hütten, die wahre 
Kloake u. vol Ungestefer find; im Sommer aber auß Zelten. Belle u. Bogelhäute 
find ihre Kleidung, alle Arten Fleiſch und Fiſche ihre Nahrung. Ihre Haupıbes 
ſchaͤftigung iſt der Fiſchfang, wennge die Jagd. Außer in den bäntfdyen Rieder⸗ 
lafjungen eben fie ohne allen gefellicdhaftlichen Verband, und Blutrache iſt ihnen 
betlige Pflicht. Ihre Sprache, Karalit genannt, ift ein Dialelt des Eskimo'ſchen. 
Als Höchftes Weſen verehren fie Silla (Kuft oder Himmel), ſodann Walina und 
Aminga (Sonne u. Mond); außerdem nody eine Menge Lufts, Meer-, Feuer⸗, 
Berg- u. a, Geiſter, unter denen der gute Geiſt Torngarſuk, diſſen Frau die 
Seethiere in der Gewalt hat, der mädhtigfte. Verehrung beweifen fie ihren Gott⸗ 
beiten nicht, auch feiern fie nur ein eh, das Sonnenfeſt, am 22. December durch 
Schmaus, fang u. Tanz. — Schon 981 famen NRormänner von dem nur 27 
Meilen entfernten Island hieher, führten dad Chriſtenthum ein u. gründeten zwei 
Golonien auf der Oft: und Weftfette, Auſturbygd und Wuflurbygd genannt. Seit 
dem 15. Jahrhunderte, wo die öſtliche aus 190 Dörfern, einem Bifchof, zwei 
Kirchſpielen u. zwei Klöftern befanden haben fol, ſchweigt die Gefchichte jedoch 
ganz von diefen, da das immer mehr zunehmende Eis jede Gemeinſchaft u. allen 
Verkehr unmöglicdy machte. Neutre Forſcher verfegen indeß dieſe Colonten auf die 
Südweflfüfle. Die weit.icdhe Colonie dag-gen erhielt fidy, wurde jedoch von den 
Dänen, denen fie angehörte, völlig vernacdhläßigt, Lid Hans Egede fidy ihrer wies 
der annahm und 1712 neue Riederlaffungen gründete, die fidy ſeitdem bis über 
70° nördlich audgedehnt haben u. in denen über 6000 Eingeborene u. 2—3000 
Europäer wohnen. Alle Eolonien (13 an der Zahl, nebft 19 Eeineren Handelsan⸗ 
lagen u. 10 Mirfionsplägen) flehen unter der Wufflcht zweier Infpeftoren. Das 
ſuͤdliche Infpeftorat begreift Die Riederlaſſungen: Julianeshaab (61? N.), der 
uͤdlichſte u. bevölfertfle Drt mit 1600 Einwohnern ; Frederikshaab, Goodhab, die 
daniſche Rieberlafiung, Sie des Juſpektors, Gukfertop, Holfenborg und . 


Größe — Grolmann. . 401 


e Herenhutermiffionen: Reuberenhut, Lichtenau, Lichtenfels und Friedrichſihal. 
m nördlichen Inſpektorate ift Egesminde, Chriſtianshaab, Jakobohavn, Umanaf 
Upernawik. Zährlid, kommen in diefen Niederlaſſungen fleben bis acht Schiffe 
1, die für 70,000 Thlr. Waaren einführen, während man ben Werth der Aus⸗ 
hr auf 200,000 Thlr. enfehlägt. Ow. 
Größe, beißt im Allgemeinen Alles, was nach einem: angenommenen, bes 
mmten Maßſtabe einer Bermehrung oder Berminderung (Meflung, Schaͤtzung) 
big if. Eben fo wird in ver Mathematif ©. daß genannt, was, verglichen 
it einer anderen Sache, größer oder Keiner tft, als diefe, fomit das, was ſich 
mehren oder vermindern läßt. Was fidy nicht zertheilen läßt, kann auch nicht 
tmindert werben, daher muß fidy jede ©. zeriheilen laflen, man muß fie fidy 
8 aud mehren Thellen zufammengefebt denken können; in fo fern man fie fid 
8 die Geſammtheit aller Theile dent, heißt fie ein Banzed. Man unterſcheidet 
:tenfive G.n, die fi) auf ven Raum beziehen, protenſive, bei denen man auf das 
zachſthum ver Zeit fieht, u. intenfive, wobei man auf die mehr oder mindere 
tärfe oder den Grad achtet. Lebtere finden auf Alle in der Ratur, felbR auf 
iſtige Kräfte und Gefühle, außerdem auf Licht, Wärme, Ton, Bewegung, Bes 
mmung der Gefchwindigfeit u. f. w. Anwendung. Andere Unterſchiede find: con» 
auirliche u. diskrete &.n, ſodann commenfurable u. incommenfurable G.en. Ferner 
ıterfcheidet man abftrafte u. concrete, befannte u. unbelannte, endliche G.n mit 
Rimmten Oränzen u. unendliche, Eine der wichtigſten Verſchiedenheiten der G.n 
ben pofitive u. negative, von denen die letztere das, was bie erſte beſtimmt, 
ı gleicher Art aufbebt (wie Bermögen und Schuld), die daher audy zufammen 
8 entgegengefebte G.n bezeichnet werden. 
Srolmann (Karl Ludwig Wilhelm von), ein verbienter Juriſt, ges. 
wen 1775 zu Gießen, lehrte feit 1795 an der dafigen Univerſttät, deren Kanzler 
1815 wurde, Er führte 1816 den Vorfig bei der geſetzgebenden Commiſſton in 
Jarmflabt u. trat 1819 ind Etaatsminiflerium. Er farb 1829. Geſchätzt find 
ine „Brundfäge der Criminalrechtswiſſenſchaft“ (A. Wufl, Gieß. 1825), „Theos 
e des gerichtlichen Berfahrend in bürgerlichen Rechtöftreitigkeiten” (5. Auflage 
326). Auch gab er Magazin für —* ıc. (1—2. Bo., 1800 -4, 
—4. Bd., 1818—21) u. A. heraus. — 2) ©. (Heinrich Dietrich von), 
:boren 1740 zu Bodum in der Grafſchaft Mark, wurde zuerft bei der Regie 
ıng in Kleve angeftelt, 1765 Kammergeridhtörath zu Berlin und Pupillenrath, 
787 geheimer Jufttzrath u. bei der Geſetzcommiſſton thätiger Rebaltor des allges . 
einen Landrechts, 1793 geheimer Dbertribunalraih u. 1804 Bräfldent des Col⸗ 
giums, 1817 Mitglied des Staatéraths, nahm 1833 wegen Schwäche des 
jefichts u. Gehörs feinen Abſchied u. farb 1840, faft 100 Jahre alt. — 3) ©. 
Rarl Wilhelm Georg von), Sohn des Borigen , geboren 1777 zu Berlin, 
at 1791 in die preußiſche Aımce, ward 1804 —* ded Feldmarſchalls von 
Röllendorf, nady der Schladht bei Jena 1806 des Generals Fürften von Hohen⸗ 
he in Magdeburg, und ſchloß fi), ald er Aufträge an den König ausgeführt 
atte, an das L'Eſtocq'ſche Korps in Oſtpreußen an. Rad) dem Frieden war er 
‚ Scharnhorft für die Umfchaffung der preußiſchen Armee ıhätig, 1809 wohnte er 
em öfterreichtfchen Kriege bei und focht 1810 in Spanien, an der Spike einer 
rembenlegion, bis er, 1812 bei Balencta nefangen, nach Frankreich gidaft 
urde. Er entfam über die Schweiz nad Deutfchland, hielt fid) ald Student 
on Gerlach in Jena, dann in Berlin auf u. focht al6 Major im Generalſtabe 
rt Lüben u. Baugen. Bei Kulm verwundet, kämpfte er als Ober bei Leipzig 
nd ward nad) dem Frieden Direltor im Kriegsminiſterium. Im Feldzuge von 
315 zeigte er feine flrateglichen Talente als Generalquartiermeifter der B:üchers 
ben Armee. Im Jahre 1819 ſchied er, politifcher. Gründe wegen, aus dem Kriegds 
iniſterium, nahm indeß 1825 wieder ald Kommandant. der 9. Divifion in Glo⸗ 
au Dienſte. Die polnifdye Revolution beobachtete er von Krotoszyn aus, ers 
lelt 1832 das Generalcommando des 5, Armeecorpo und ward 1837 Eemwal 





102, Gronov, | 












fanterie, Gr flarb 1843. 

St vn 2 Reiten mb Gene @ ol: Berlin 1 
m Welerton Damp der — 2,0. übel 3 
fün, — des Votigen, geboren 1781 zu 1 
fe 1804 Reg! —F or Gftarleniverder, -1806 Rei 
(810 beim turnäst — 1813 Bar 1 
kurmärkifchen feregiments, 6 ie 1814 

oleon am linlen — 1814 Berlin iĩ 
trat 1516 in er, 8 —— Een Mt ' 1 
des Be nen in — * zur N 
Rerium nad Berlin beruf ö 
u. 1836 Piaſident des at — 

— 9 — tiebri — 4 

den ann Sumaan, Fuer, — F 
— Er a ale 
ar n. 

irren ran h San DR — | 
Anjou die Do) — Rest; hielt ir ling ere: nes in BE 
auf, bis er einen Ruf hr Deventer als 
Teit annahm. Hier warb Ihm * 2 Butt die 
feinem Profefjor wieberfuhr , 


1653 überfiebelte er ſich nı — = dort Di 
men, Er flarb, — * am 28. December — 
J— — ——— ind: Plautus 1664, Quintilian 1 
tus 1643, Hlinlu— Senela's Tragdvien 1649, —— — 
—9— die arcjäologifchnumismatifche Abhandl. de sestertiis 1664, Kir 
mit Salmaflus und Emericus Gruceius, weldjer feine Diatribe in Statium ans 
gt fen hatte, in gelehrte Polemik ſich einlleß, war er doch bei weiten au 
—— — jo maßlos u. abſprechend, als Jalob ©.; im entheile gb 
fchönes Beifpiel von Huger Mäptgung, indem er eine bittere tyre une 
dem Titel Elenchus antidiatribes Mercurii Frondatoris (Bar. 1640) in ala 
GEremplaren anffaufen 4 um fo das be angens Unrecht u. Wergerniß einlm 
maßen wieder gut zu malen. — 2) ©. ©. 05), der Sohn des Borigen, pr 
boren zu Deventer am 20. Detober 1645. In Leyden eg er die Humanlıu 
u Rechtsgelehrfamkeit und machte hierauf eine oifenfaaftiche Reife nad Gy 
land, um die Bibliothefen von Oxford u. Samörk ldge zu feinen gelehrten Arbeiim 
zu benügeh und die — von Podode, Pearſon, Caſaubon zu made, 
Eafaubon ſtarb in feinen Armen. Zurüdgefehrt in die Heimath, erhielt ah 
feinem 20, Jahre eine Lehrftelle in Deventer u. gab Polybius mit Anmerkı gen 
heraus, unter denen er auch fehr fhägbare Beiträge aus dem Nachlaſſe des 
Ion einflocht. 1672 trat er eine gelehrte Reife an nad) Franfreich, begab fd 
in Geſellſchaft des holländifchen Sefendien Paats nad) Spanien u, von da ad 
noch nady Italien. Durch Eye lung des Garbinald von Medici wurde er a 
Ehimentell!’8 Stelle Profeſſot in Pifa, Nur zwei Jahre hielt er dort aus, indem 
er 1679 einen Ruf nach Leyden allen andern Anerbietungen vorzog. 1702 über 
nahm er zu feinem Lehrfache der Beredtſamleit u. clafflichen Studien wi 2 
das der Geographie. Gr flarb am 21. October 1703. Von den 
Claffiler find nennenswerth: Macrobius cum notis 1670, Polybius 1671 vw 
Tacitus 2 ®be., 1673. Supplementa lacunarum in Aenea Tactico Dions et Ar 
riano (2eyden 1675), Livius 1679, Seneca Tragicus 1682, E; 1683, Pom- 
ponius Mela 1685, Aulus Gellius 1681, Lucian Trance 1687, Cebeis 


Gros — Großb eeren. 1073 


tabula graec. lat. 1587, Ciceronis opera 1692, 2 ®be., Ammianus Marcellinus 
1693, Suetonius 1698, Phaedrus 1703, Arrianus 1704, Herodotus 4715, Tacitus 
1721. Außerdem viele Schriften über Alterthumsfunde, unter denen den erſten 
Plag einnimmt der Thesaurus antiquitatum graecarum (12 Bde., Fol. 1697— 
1702), Geographia antiqua 1697. In Betreff der Exercitationis academiae de 
ernicie et casu Judae (Leyd. 1683) entfpann fi) ein gelehrter Kampf awifchen 
Im, Teller u. Berizonius, welcher gegenfe g.mit großer Erbitterung geführt wurbe, 
berhaupt iſt an G. die Heftigkeit feiner Polemik, z. B. gegen Voß, Fabretto, 
Blancard, Clericus, Küfter, nicht zu entſchuidigen. Cm, 

Gros, Antoine Jean, Baron von, berühmter franzöfifcher Hiſtorienma⸗ 
ler, ein Schüler Davids, geboren zu Touloufe 1771, wurde in Stalien, wo, als 
er ſich dort befand, die franzöflfchen Heere einrüdten, Bonaparte befannt und 
olgte diefem als Maler in die verſchiedenen Schlachten. Seine ausgezeichnet» 

Leitungen aus diefer Periode find: die Peftfranfen zu Saffa; die Schlacht 
von Abukir und Napoleon auf dem Schlachtfelve M Eylau. er den Bour⸗ 
bone u — uget Inern en u. ha V. er uk von galt De 
nis; au ne Portraits wur ehr ge t. ne Ausmalung p 
der Kirche Genevioͤve zu Paris ward ibm von Karl X, den ee 
Barond. Er bereitete durch Nachahmung der Ratur die neue Romantik vor; 
feine Bilder find genial u. voll Leben, doch hafchen fie meiſt zu fehr nach Effelt 
u, ihr Golorit iſt mangelhaft. 

Broföen bezeichnete Anfangs alle dien Münzen, im Gegenſatze der Blech⸗ 
münzen (Bractenten) u. wird nad Einigen vom italienifchen grosso, did, nady 
Anderen von cros (croix, Kreuz), abgeleitet. Als die erften G. gibt man die von 
Kaiſer Wenzel II. in Böhmen 1296 gefchlagenen, an; fle waren von 19löthls 

em Silber u. wogen 1 Dt.; 60 gingen auf die Mark, = 55 Sgr. Man nannte 

dr gewoͤhnlich Brager- OÖ. ossi pragenses). Später wurde ver Gehalt im⸗ 
mer geringer, bis fie unter Wenzel ı. aus ihigen Silber geſchlagen wurden. 
Diefe Münzen wurden zuerſt in Meißen u. dann in vielen anderen beutfchen Läns 
dern nacdhgeprägt, fo daß eine Menge ©. unter mannigfachen Benennungen ent» 
Banden find; fpäter nannte man alle kleineren Silberm ®. u. eine Samm⸗ 
lung derfelben G⸗Cabinet, 3. B. das Joachim'ſche, Leipzig 1749 — 52; das 
SGög’fche, Dresden 1827, 3 Bde. u. andere. In neuerer Zeit, beſonders felt dem 
17. Jahrh. iſt ©. der 24. Theil des Reichsthalers u. als folcher in vielen Ländern 
ausgeprägt; nad) dem Gonventionsfuße 320-m1 feine Mark; er wurde wieder in 
12 alennige getheilt; jest meift durch die Silber⸗(Reu⸗) G. verdrängt; vergl. 
die Art. Münzen u. Münzfuß. | 

Groß-Aventur, ein jeht wenig mehr übliches Mal bet welchem 
man Geld auf zur See verfendete Waaren, oder auf ein iff aufnimmt, unter 
der Bedingung, ed dann mit hohen Zinfen — gewöhnlidh 25 bis 50 Proc. — 
zurädzuzahlen, wenn Waare und Schiff glüdlidd an den Ort ihrer Beflimmung 
gelangen, außerdem aber nicht. Defter wir das Geſchaͤft in der Art gemacht, 
daß and einem Schiffer oder Kaufmanne Waaren zum Mitnehmen nad) ent- 
fernten Ländern übergibt, unter der Bedingung, daß er ihm nach glüdlicdher Ans 
funft einen verhältnißmäßlg hohen Preis dafür Fo im ale der Beruns 
glüdung der Waaren aber feiner Verbindlichkeit überhoben if. Es if alfo ge 
wiffermafien ein Leihgefchäft, bei welchem der Darleiber auch bie Berficherung 
m 


Großbeeren, Dorf im Kreife Teltow des preußiſchen Regierungd- Bezirkes 
Potsdam, 2 Meilen von Berlin, iſt berühmt durch den am 23. Auguſt 1813 er 
fochtenen Sieg der Berbündeten über die Franzoſen, zu defien Andenken ein Denk⸗ 
mal auf dem Schlachtfelde errichtet if. — Nach dem Ablaufe des, zwiſchen Ras 
poleon u. den Berbündeten abgeichlofienen, Waffenftilikandes hatte erfterer, unter 
dem Oberbefehle des Marfhalle Dubinot, das 4,, 7. u. 12. Armeecorps, unter 
der Führung Bertrands u, Regniers, fowie ein Emvallerkecuigd waler TURN, 

KReeiencpciopädte. IV. . 88 





41074 | Großbritannien, 


Herzog von Babua, abgefhidt, um Berlin zu nehmen, zu defien Dedung fidy 
die Rordarmee, aus den Schweden unter ihrem Kronprinzen Karl Johann, der 
ruffifch-veutfchen Legion unter Wallmoden, 3 ruffifchen Armeecorps unter Winz- 
ingerode, Gzernitfcheff, Woronzoff u. 2 preußtichen unter Bülow und Tauenzien 
beſtehend, aufgeftellt hatte. Oudinot rüdte auf der Straße von Möllen vor und 
warf am 22. Morgens den preußifchen General Thümen von Trebbin bis Mits 
tenwalde zurüd; am Morgen des 23. ließ er durch den General Bertrand mit 
dem A. Armeecorps das Dorf Blankenfeld angreifen, um auf diefe Weife den 
Weg nad) Berlin zu erzwingen; da aber diefer das, von Bülow gut vertheibigte, 
Dorf nicht nehmen konnte, vielmehr zurüdgefchlagen wurde, fo beichloß er, feinen 
Angriff auf ©., als den Schlüffel der ganzen Stellung, gu richten. Gegen 3 Uhr 
Mittags erfolgte der Angriff des aus Franzoſen u. Sachfen gebildeten 7. Armee 
corps unter Regnier auf diefes Dorf, das, chenfalld von Bülow vertheidigt, von 
ihm nach kurzer Zeit, weil ed in Brand gerieth, geräumt werben mußte. 
ſetzte fi hinter dem Dorfe u. ließ während einer lebhaften Kanonade die 6. Bris 
ade unter General von Borftel, u. den ſchwediſchen Oberſt Cardell mit einer 
Batterie eine Flankenbewegung gegen die Ftanzoſen machen. Im Yugenblide, 
wo diefe den Feind angriffen, unternahm er zur Wievereroberung ded Dorfes 
einen Bajonnetangriff, weil wegen des firtömenden Regens an fein Abfeuern ver 
Gewehre zu denken war. Rad mörderiſchem Kampfe wurde ©. wieder genoms 
men u. die feindlichen Bataillone zum Rüdzuge genöthigt, bei welchem fie, aus 
Unfenntniß der Terrains, meiftens in einen Sumpf gerietben, in dem Biele gefan- 
en genommen wurden. Noch vollſtändiger wurde die Niederlage durdy einen, 
m NAugenblide der Entſcheidung unternammenen, Angriff ded Generals v. Oppen 
mit der Refervecavallerie, der noch mehre Bataillone, welche den Rüdzug deden 
wollten, zeriprengte. Die Franzoſen u. Sachſen verloren 2000 Mann, 18 Ges 
fhüte, 60 Munitions⸗ u. eine Menge Bagagewagen; der Berluf der Breußen, 
denn beinahe bloß diefe hatten am Kampfe Antheil genommen, betrug 1200 M. 
worunter 50 Offiziere. Die Rettung Berlins u. die Räumung der Mark Brans 
denburg von den Franzoſen war das Rejultat ter Schlacht. Ow. 
Großbritannien. Die Urgeſchichte des Inſelreiches Britannien iſt in das 
Dunkel der Sage eingehüllt. Zuerſt aus Cäſars Briefen erfahren wir Beſtimm⸗ 
tered darüber. Albion (England), nebft Schottland und Jerne (Irland) nannte 
man ſchon in der römifchen Zeit die britanniſchen Inſeln. Die Sage will, Bri⸗ 
tannia oder Brutannia fet von einem Enkel des Aeneas, Ramens Brutus, der 
eine Schaar Trojaner dahin geführt habe, beherrfcht worden. Die Alten kann⸗ 
“ten die Infel ſchon frühe wegen ihres Zinns; fpäter ward fie fogar von Phönts 
ziern beſucht. Die älteften befannten Sinwohner find ®älen, mit den @alliern 
zum celtifchen Stamme gehörend. Inter Hu Cadaru (Hu dem Starken) follen 
Cymti vom fchwarzen Meere gefommen feyn u. fidy in Elas Merddni (Land der 
Seellippen, England) u. Llydlaw (Bretagne) niedergelafien haben; nach einem 
Häuptlinge Prydain fei Dann dad Land Britannien und feine Einwohner 
Briten genannt worden. Später wanderten die Belgen ein und drängten bie 
Briten nach Norden u. Weſten zurüd. Während des gallifchen Krieges hatten 
die Briten den Galliern Hülfe geleiftet. Dieß gab Eäfarn, — der von der Küfle 
der Moriner die weißen Klippen der geheimnißvollen Infel gefehen u. der bereits 
‚ feinen Legaten Bolufenus, welcher aber unverridhteter Sache und von Furcht zw 
rüdgefehrtt war, auf Kundſchaft dahin audgefendet hatte, — den Borwand, 
55 vor Chr. nad) Britannien überzufdiffen, wo ihm die Groberung nicht gelin- 
gen wollte, weßhalb er ſchon nady 3 Wochen zurüdfehrte. Erſt 54, bei feinem 
zweiten Sinfalle, gelang es ihm, die Briten, ungeachtet ver Eaffterfürft Caſſivellau⸗ 
nus (Gaifibelan), den die Bölferfchaften zu ihrem Heerführer gewählt hatten, 
alle Hülfsmittel aufbot, über die Themſe zurüdzubrängen Es wurden Geiffeln 
eRelt, Tribut auferlegt, der jedoch nicht gezahlt wurde, und die Römer fchifften 
fa twieber ein. Erſt 43 n. Chr. ſchicte —** wieder ein Heer unter 9, 


Großbritannien, 1075 


autius nad) Britannien, angeftiftet durch einen britiichen Häuptling Beric, 
ı einheimtiche Zwiftigfetten aus feinem Baterlande vertrieben hatten; jeßt waren 
Römer, geführt von Claudius felbft, der Plautius u. Beipaflan als Legaten 
üdließ, glüdlicdher. Britannien ward nun eine römifche Provinz, unter Plautius 
defien Nachfolger P. Oftorius Scapula, während indeffen der mächtige Häupts 
g Caractacus (oder Caradoc) den Römern, die an anderen Häuptlingen je 
dh) Berbündete hatten, entfchloffenen Widerſtand entgegenfebte. Diefer aber, 
der Spige der Stlurer u. Canger, ward endlich in mörbderifcher Schlacht bes 
zt, floh zu den Briganten, ward indeß von deren Königin an die Römer aus⸗ 
tefert, die ihn und Seine Familie im Triumphe in Rom aufführten. Claudius 
enfte ihm die Freiheit / u. einen britifchen Landſtrich. Seine Völker gaben jes 
ch ihren Widerftand nicht auf u. unter Benuflus, der, ald Gemahl jener Kös 
in der Briganten, Cartismandua, der Römer Bundesgenofle gemweien, aber, 
n derfelben verlaflen, diefe Freundſchaft in Haß verwandelt hatte, brach aber- 
18 ein blutige Empörung aus (53 n. Ehr.), die nur mit Mühe Cäſtus Nas 
ı dämpfte. Der Legat Suetonius Paulinus zerflörte den Drutvenhatn auf der 
fel Anglefen, den Hauptwohnort diefer mächtigen und einflußreichen Priefter, 
en Macht jetzt gebrochen war; aber während des Suetonius Gntfernung 
ach abermals eine furdytbare Empörung aus unter Brapdicea, der Witwe des 
:afutagus, der, um fein Reidy zu führen, den Kaifer gemeinfchaftlidh mit ‚feinen 
Ichtern zu Erben eingefegt, während die Römer die Königin mißhandelt, vie 
ihrer gefchändet hatten. Faſt alle befiegten Völkerſchaften ſtanden auf, zur 
ziweiflung getrieben von dem unerträglicdhen “Drude der römifchen Beamten; 
: Briten fchlugen die Römer u. zerflörten ihre Caſtelle; aber mit ungeheueren 
pfern von Menfchen fiegte doch endlich Suetontus; Bradicea tödtete fi. Un⸗ 
: dem milderen Regimente der Ruchfolger des Suetontus fügten fid, die Bris 
ı, fogar Die Briganten und Stlurer, gebuldiger in das römifche Joch. Unter 
e energifchen Berwaltung des Enaeus Julius Agricola warb jeder Widerftand 
llends beflegt u, eine Reihe von Befefligungen gegen die Einfälle der nörblis 
m Briten errichtet; deren Gebiet, das jebige Schottland, warb Britannia bar- 
ra, zum Unterichiede von dem unteriworfenen Britannia inferior (fpäter unter 
onftantin zum Praef. praetorio Galliarum gefdjlagen), fo genannt u. blieb frei. 
fer Severuß theilte (207—211) die Provinz in 2 Theile Gegen die beftän- 
en Einfälle der nördlichen Voͤlkerſchaften führte er eine feinerne Mauer auf, 
in derfelben Ridytung, in welcher Hadrian bereits einen Rafenwall (von 
m jet noch Ueberbleibſel zu fehen) errichtet Hatte; denn dieſen Erdwall, wie 
n des Antoninus Pius mit breitem und tiefem Graben, hatten bie nörplichen 
ölfer unter Commodus durchbrochen. Barauflus, unter Kalfer Maximian, bes 
mptete fich felbfiftändig in England, wie auch fein Rachfelger Allactus, bis 
rfelbe beftegt u. getöbtet ward. ‘Der in England geborene Sohn des Konflans 
18, Konftantin der Große, bereitete dem Lande 50 Jahre Lange eine glüdlichere 
era; aber, al8 unter der Regierung des Honorius die Einbrüche der Barbaren 
's weftrömifche Reich erfolgten, waren die Truppen in Stalten-unentbehrlidy u. 
ıter Balentinian II. (446) ward endlich diefe Provinz, die feit Conſtantius 
ht bloß den beftändigen Einfällen der Picten u. Schotten, fondern aud) den 
infällen der fächfifchen Seeräuber ausgefegt war — fo daß von Diocletian an 
n Befehlshaber als »Colmes litoris saxonicie die Nordkuͤſte zu fchügen hatte — 
Mig aufgegeben. Die Briten, die man ſchutzlos den Einfällen ihrer Feinde 
he hatte, verjagen nämlich die römifchen Beamten, erflärten fi) für uns 
bängia u. trieben ſelbſt die Barbaren zurüd, während Kaiſer Honorius ihnen 
hrieb, fie follen nun feldft für ihre Bertheibt, ng forgen. Bierzig Jahre nach 
7 Römer Abzug rief der mächtige der brititchen Könige Bortiger, der fih u. 
ine Bundesgenofien gegen die Picten und Schotten nicht mehr zu vertheidigen 
ußte, die Sachfen zu Hülfe, eine Politik, die er von den Römern, welche LAu&« 
Jarbaren gegen Barbaren erfauften, gelernt hate, m van DDR, 


1076 Großbritanuien. 
unter den Brudern Hengiſt ind ‚ Treugte gerabe * 
nale 43 folgten a dem a 1 
jolen and) noch —— —V Streitigieiten fi 
naslich für oder wider ——— 5. Jahrhunderts i 
beiesoboren Meinungen des Briten Pelagius u. © “ 
Ben, Mi ni Kran vavammt wurde, ai rigen m | 
Jahrhumderie u. wahrſcheinlich 
worben. Under Konfantin von Gropen waren ———— 
York, Sonden u. Lincoln, auf dem Concile von — 
Eau aaa Scoten, wurden aber felbft, viele D i 
nad den Briten , To daß fie num 6 R 
ee a sin Su nune 
Ber Mn. ehr Steh in, —J ee i 
veB Ranalb überfchlften, wo. fe fd) in Armorica, das aus 1 
Bee 1 
| 


Fi —— 
Br 
. Dbahatıpt rer in allgemeinen en; ja ſelbſt Lehen 
Abeigen Ar gend Seaik 157 dab Ka 
x geartndet; 519 entftand das Kö 
ten von Berkihire bis Cornwall umfaflend; 527 warb 
i Theile von fhire gegründet; 54 
malen and fl m (dot ert Grafit 







oder Merayt, 
n eife von England bis an die Gräna m 
jales umfaſſend. Um das Jahr 600 verbreitete ſich das Chräftenthum, nik 
„ohne Beftaes Widerftreben einzelner Könige, endlich — vornehmlich dei 
den h. gain. — —— eſehe durch Cthelbett im Kent und un 
Ende des 7. Jahrhunderts in Weſſer der Inn. Häufige Kriege fanden une 
den Königen der Heptarchie ftatt u. ganz befonbers gewann das —5* Red 
auf Kofen der übrigen immer meht an Kraft, fo daß 827 Egbert, Ki * 
Weſſer, alle Reiche in cine erbliche Monarchie, Anglien oder England, ver: 
Egbert, der am Hofe Karls d. ©r. in die Regierungsfunft eingereiht wore, 
gab feinem Reiche eine beftimmte Verfaſſung und If als Stifter Des Alteften de 
gegenwärtig in Europa beflehenden Staaten zu betrachten, Doch hatte er m 
— jeinden zu kämpfen. Bald nach Auflöfung der Heptarchie flellten fd 
832 die Rormänner aus Dänemark u. Norwegen als furditbare Seeräuber da, 
die unter Egberts erſtem Nachfolger die Oftküfte Englands eroberten u. 865 dd 
Innere des Reiches plünderten und verheerten, dem 5. Könige ber 
ſachſiſchen Dynaftie, Alfred d. ©, (871901), gelang es, die Dänen zu 
wältigen u. fächfiiches Recht u. Verfafſung wieder beriufelen; doch vermochte a 
nicht, fie gänzlich zu vertreiben und mußte ihnen NRorthumberland überlafe, 
Alfred, einer der weifeften Monarchen, tft ver Begründer der englifchen Berfak 
fung in ihren Bundamenten u. and) der von Englands Seemacht,- indem er din 
Krlegoflotie errichtete und bie erfte Norbpol-&xpedition unternehmen lief. Seltk 
Gelehrter, Iegte er den Grund zur geiftigen Gultur des britifchen Wolfe, 
Unter feinen Nachkommen geriet; das Reich in Berfall, wenn gleich Athelfen 
große Geereifen unternehmen ließ u. Edgar drei Heine Flotten befaß. Die Dänm 
machten Kooafoärliche Angriffe u. e8 gelang ihrem Könige Swen 1044, nachdem 


“keiren 1 durch ein allgemeines Bluibad der fährt! en Gäfte hatte 
Yen wollen, yanı Grafen ya udn, Sn Kom CE FAN 


Großbritannien, 1077 


England hatte wieder feinen ſaͤchſiſchen König Ethelred, der zu feinem Schwager, 
dem Herzöge von der Normandie, geflohen war; aber die entarteten Sachſen 
fonnten den kräftigen Rormannen nicht widerfiehen u. Kanut der Große, Swen's 
Sohn, der Ethelreds Wittwe heirathete, vereinigte 1017 England mit Düne 
mark und Rorwegen, Bei feinem Tode entipann ſich zwiſchen feinen Söhnen 
Harald u. Harthakund ein Succeffionsfireit, der, als diefe kinderlos farben, mit 
der Berufung eines Sohnes Ethelreds, Eduard, der bei feinem Oheime in ver 
Rormandie lebte, enbigte (1041). Bei dem Tode Eduards III., der Belenner 
genannt, der die ſächſiſchen Geſetze u. Rechte fammelte u. orbnete, deflen Com⸗ 
mentar noch gültig iR, warf fich der Statthalter von Wefler, Graf Harald, als 
Ufurpator u aber diefen beftegte u. töbtete Wilhelm von der Normandie, feine 
Anſprüche auf eine angeblihe Schenkung Eduards begrünbend, in der Schlacht 
bet Haflinge am 14. October 1066 u. ward ber erfie König von der anglonor- 
männifchen Dynaſtie. Er führte das Lehnsweſen ein, wodurch aller freie Grund⸗ 
Befih aufgehoben u. das ganze Land in 700 Baronien, unter nur normänntfcdhen 
Baronen, eingeiheilt wurde, verbrängte den fächfifchen Adel und verlich deſſen 
Büter Agenmächtig an feine normänntfchen Bafallen; überhaupt führte er einen 
eifernen Militärdespotismus ein, erbaute den Londoner Tower als Zwingburg, 
belämpfte die fächfiiche Sprache u. führte die franzöfliche am Hofe, in den Ges 
Hehtefpungen u. bei allen öffentlichen Verhandlungen ein. Uebrigens beftätigte 
Wilhelm das von feinem Borgänger gefammelte angelfäcdhfliche gemeine Recht, 
erließ dagegen graufame Jagd» und andere Berorbnungen, die zu Häufigen und 
mit blutiger Strenge genämpften Empörungen fogar der Rormänner führten, 
Die Verbindung mit ver Rormandie war nidyt nur keineswegs fegensreich, 
ſondern ein Unglüd für England, indem fidy daran Die langen u. blutigen eng⸗ 
liſch⸗franzoͤſiſchen Kriege knüpften. Wilhelms L, der 1087 während eines Einfalls 
in Frankreich zu Rouen flarb, Nachfolger war fein zweiter Sohn (fein erfter, 
Robert, bebielt die Normandie) Wilhelm IL (1087 — 1100), ein kriegs⸗ und 
oberungslufliger König, der mit Schottland. — er tödtete König Malcolm u. 
feinen Sohn — u. Frankreich kriegte, mit dem Papfle wegen des Invefliturftreites, 
mit den Erzbifdyöfen von Canterbury, Lanfranc und dem heiligen Anfelm, zerfiel 
u. hiedurch England keineswegs ſegensreich regierte. Auf der Jagd unvorfid- 
tiger Weile erfchofien, folgte ihm, den Rechten des Herzogs von der Normandie, 
noch in Palaͤſtina abwefend, vorgreifenn, fein jüngfter Bruder Heinrich J. (Beau⸗ 
elerc 1100—1135) nad, der, um fi) den Thron zu fichern, die Charta liber- 
tatum, die Grundlage der Magna Charta, ertheilte, den verbaßten Minifter feines 
Vaters einkerkerte und fich mit Mathilde, Tochter des Könige Malcolm ‚von 
Schottland u. Nichte Edgar Athelings, vermähltee Mit Robert ſchloß er durch 
bie Bermittelung Anfelmd von Ganterbury einen Bergleih, brady ihn aber, be- 
frtegte den Bruder und hielt ihn geblendet im Kerfer bi8 zum Tode. Gegen 
kudwig VI, behauptete er hierauf die Normandie; den Inveflurftreit mit dem 
Papfte Paſchalis IL legte er nach langem Widerſtande durdy Entgegenfommen 
Anfelms bei, vermittelft eines Dergleiches, bei dem die Kirche Nichts gewann u, 
Doch ihr Recht beeinträchtigte. Kür Aufrechterhaltung des Rechtes u. den Flor 
der Wiffenfchaften that Heinrich viel, der, nad) dem Tode feines Sohnes durch 
einen Sdifttug feine Tochter Mathilde, Wittwe Kaiſers Heinrich V. von Deutſch⸗ 
land, zum zweiten Male mit Gottfried Plantagenet, Grafen von Anjou, vers 
mählte u. zur Thronerbin erklärt. Nach feinem Tode ufurpirte aber den Thron 
ein Neffe Stephan von Blois (1135—1154), der Sohn feiner an den Grafen 
son Blois vermählten Schwefter, der na einen Anhang u. Popularität in Eng⸗ 
and zu verfhaffen gewußt hatte, als ihn fein Oheim berief, um einfl dem 
Throne feiner Bafe eine Stübe zu ſeyn. Gtephan war durch feine Urbanttät 
Ei längft der beliebteſte Edle in England geweien, und fo warb es ihm nidht 
‚wer, fi Frönen zu lafien u. zu behaupten, tro der ſchweren Bürgerfriege u. 
ver Kriege mit Schottland, zu weldyen feine Ulurgatton führte uno u \aast won 


S 


1078 Großbritannien. 


Mathilde gefangen genommen wurbe 11453 wurde endlich beflimmt, ba der 
Erzbiſchof von Santerbury fidy weigerte, Stephans Sohn zu falben und biefer 
Prinz auch flarb, daß Stephan bis zu feinem Tode im Befite der Krone bleiben, 
dtefe alsdann an den zweiten Sohn Mathildens, Heinrich — der erfle, Robert, 
war bereit8 geftorben — fallen follte Stephan war genötbigt, dem Abel viele 
Privilegien zu bewilligen; die Rormandie nahm er von Frankreich zu Lehen, 
wofür ihm Ludwig feine Tochter für feinen | en Sohn Heinridy zufagte, der 
die Rormandie beherrſchen ſollte. Mit Heinrich IL (1154—89) gelangte das 
Haus Plantagenet, u. fomit auch wieder ein Zweig des fächfifchen Königsſtammes, 
auf den englitchen Thron, Diefer König that viel für die Erſtarkung des Reichs, 
zunaͤchſt durch Wiederherſtellung des gefunfenen königlichen Anſehens, was er durch 
feine große Hausmacht vermochte, u. durch Demüthigung der vielen normännts 
ſchen Tyrannen, wobei er auch die Güter der Anhänger Stephans als Krongüter 
einzog. Das Lehnsweſen brady er, indem er die Bafallen fi) durch Geld ab» 
finden ließ, womit er ein flehendes Heer befoldete (Scutagium); den Städten das 
gegen, namentlid) London, gab er Freiheiten u. Rechte. Nach Außen vergrößerte 
er das Rei durch die Eroberung der Bretagne; in feinen immerwährenben 
Kriegen mit Ludwig VII. von Frankreich war er meiſtens glüdlih. Cine denk⸗ 
wöürdige, jedoch für ihn keineswegs rühmliche, Eptfode in feiner Geſchichte if fein 
Streit mit feinem früheren Kanıler, dem fpätern Erzbifchofe von Eanterbury, Tho⸗ 
mad Bedet (f. d.). Heinrich wollte den großen Einfluß des Klerus einfchränfen und 
bazu Bedet, ihn zum Erzbifchofe erhebend, als Werkzeug benügen, dieſer aber 
widerfegte fi den Statuten von Elarendon, wodurch die geiftlidye Gerichtsbarkeit 
aufgehoben u. der König oberfler Richter der Kleriker ſeyn follte. rich bes 
trachtete u. behandelte nun als Undankbarkeit, Thomas in jeder Weiſe quälend, 
was nur Pflicdhtgefühl war. Er ließ ihn verurtbeilen, eine fein Bermögen weit 


uüberſteigende Summe als Entſchädigung für die, während feines Kanzlerthums 


eingezogenen, vacanten Beneficten zu bezahlen, worauf Thomas, an den dad Sta 
tut von Blaredon nicht anerfennenden, Papft avpelirend, nach Frankreich entfloh. 
Papſt Alerander III. ercommunicirte alle jened Statut Anerfennenden, mit Aus» 
nahme des Könige, der alle Familienangehörigen Bedetd au Bettlern machte 
n. fie zwang, bei diefem, den er aller Ehren u. Würden für verluftig erklärt, in dem 
Klofter zu Pontigny, wohin er fich zurüdgezogen, Hülfe zu ſuchen. Becket ers 
communteirte ſeinerſeits Alle, die fi zum Gtatut ven Blarendon bekannten, 
mußte aber, von Heinrich verfolgt, einen andern Zufluchtsort fuchen, da aud 
Frankreichs König feinen Schub ihm entzog; eben fo wenig trat der bereits in 
dem Streite mit Friedrich Barbarofia begriffene Papſt energifh für ihn auf. 
An Demuth lich e8 Thomas nicht fehlen; denn er warf fidy Heinrich in Gegen- 
wart ded Königs von Frankreich zu Montmtrail, um Verzgeihung flehend, zu 
Küffen, jedoch Seinrich drehte fidy erbittert von ibm ab, da der Enbifchof er- 
Härte, „nur bie Ehre Gottes nicht ihm anheim ftellen zu können.“ Endlich, um 
dem traurigen Zerwerfniffe ein Ende zu machen, brachte der Papft es bei 
Heinrid, dahin, daß der Erzbiſchof nach Banterbury zurüdfehren durfte; aber 
der ehrenvolle Empfang des Volkes machte aufs Neue die Wuth Heinrichs und 
jene Barone reger fo daß der Eıftere öffentlich ausrief, ob ihn denn Feiner von 
tefem ihm trogenden Prieſter befreien wolle, worauf (1170) Bedet an den 
Siufen des Altard ermordet wurde. Heinrich unterwarf fidy dem Urtheile ver 
Kirche, u. der Papſt bannte die Mörder u. die Urheber de8 Mordes. Kerner 
widerrief Heinrich die Hauptbeflimmungen des Statutd von Glarendon, beſchwor 
feine Unſchuld an dem Tode des Erzbiſchofs, that fogar fpäter, in feinen Zer⸗ 
würfniffen mit feinen Söhnen, öffentlih Buße an defien Grabe und nahm durch 
geheimen Bertrag fogar fein Reich ald Lehen vom Papſte. Grfolgreicher war 
Heinrich in feinem Friedensſchluſſe mit Frankreich, feinen Eroberungen in Schott⸗ 
Jand, deſſen König er gefangen nahm u. zum englifchen Bafallen machte, u. in ver 


solftänbigen Unterwerfung Irlands, wit ver er Rd Kom felt feiner Thronbe⸗ 


Großbritaunien. 1079 

Reigung beichäftigte, die ihm aber erſt gelang, nachdem bie Rormannen die ein⸗ 
geborenen einheimifchen Könige, die ſie in ihren inneren Kriegen ins Land gerufen, 
unterworfen u, er 1185 feinen Sohn Johann als Regent binübergefandt batte. In 
feinem Haufe war er unglüdlidh: feine werlaffene Gemahlin Leonore rächte ſich 
durd) Aufreizung feiner Söhne, beſonders Heinrichs VII, den er durch den Fuͤrſt⸗ 
Biſchof von York während feines Streited mit Becket hatte falben laffen u. der 
am frangöfifchen Hofe als wirklicher Beherrſcher Englands aufgenommen ward; 
bis auf Johann ohne Land verließen den alten Heinrich alle feine Söhne: doch 
unterwarfen fie fidy ihm wieder im Frieden von Tours (1171); Heinrich VNn. u. 
fein Bruder Gottfried Karben. Bor feinem Ende (1189) mußte er indeß nody 
erleben, daß fih auch fein Sohn Johann von ihm wandte. Seine Regierung 
war im Ganzen glänzend u. befonders zu rühmen iſt, was er für die Ordnung 
der Redhtöpflege und des Gemeindeweſens gethan. Sein Sohn Richard I., 2» 
wenherz wegen feiner überaus großen Tapferkeit genannt (118999), madhte den 
Kreuzzug zur Hauptangelegenhett feiner Regierung, die auch fo dem Lande wenig 
nüste. Er zeigte viele Pietät für da® Andenken feines Vaters, bewies fidy fehr 
großmüthig gegen feinen Bruder Johann, fuchte fidy aber die zum Kreugnuge nd» 
thigen Gelder durch Berfauf wichtiger Rechte u. Beflbungen u. durch graufume 
Erprefiungen au verfchaffen. Er ließ das Reich in fchledyten Händen, da ver 
Großkanzler Wilhelm von Longchamp, Biſchof u. päpftlicher Legat, ein Tyrann 
u, babgieriger Verſchwender war, So kam es, daß der ehrgeizige Bring Johann 
viele Unuufeiebene um ſich fammeln konnte; der Großkanzler ward verjagt, an 
deffen Stelle der Erzbifchof von Rouen eingefeht u. Philipp Auguſt von Frank⸗ 
reich für die englifchen Beflgungen auf dem Gontinente gebuldigt. Während 
deſſen warb Richard auf feiner Heimkehr von Erzherzog Leopold von Defterreich 
efangen genommen u. von dem deutſchen Katfer Heinrich VI. fürmlich gefauft. 

Shan wurde aber aus der Normandie vertrieben und verlor auch feinen 
Anhang in England, indeß Richard, nachdem das Köfeneld für ihn zufammen 
gebracht worden u. er feine Krone ald Leben vom deutfchen Kaiſer genommen, 
endlich heimfehrte, die Ordnung der Dinge wieder berflellte, nach Frankreich 
ging, um Philipp Auguſt zu befriegen, wo fi ihm zu Evreux Johann unter 
warf. Auf Bermittelung des päpftlichen Legaten fchloflen die beiden Monarchen 
Friede u. Richard befcyäftigte fid) nun etwas mehr mit den Interefien feines Lan⸗ 
des, wo er Einheit des Maßes und Gewichtes einführte, Die Strenge des Strandrechts 
milderte, auf die Räuber Jagd machte u. 1199 vor dem Schloffe des von ihm in einem 
unwuͤrdigen Streite belagerten Lord von Limoges fiel, nachdem er Johann ohne 
Land zu feinem Rachfolger ertlärt hatte, dem feine Mutter Leonore ihre Erblän« 
der Poitou und Aquttanten übertrug, während er ficdh ebenfo leicht den Herzog®- 
hut der Normandie auffegen konnte, ald ihm in England felbft von den erft Wis 
derwilligen gehuldigt ward; die Provinzen Maine, Touloufe und Anjou erflärten 
fidy indeſſen für ven jungen Herzog von Bretagne, den Neffen Ridyarbe, der nad) 
dem Erbrechte eigentlich fein Nachfolger hätte feyn follen und ven feine Mutter 
unter den Schuß des treulofen Philipp Auguſt ſtellte. Dieſer benuͤtzte fein ‘Bros 
teftorat über den jungen Arthur au einem Einfalle in, die Rormandıe, in Maine 
und Touraine, doch kam es im Mai 1200 zu einem für beide Thetle nicht ehren» 
vollen Frieden, indem Philipp feinen Schügling aufgab, ihn zwang, dem von ihm 
anerkannten Johann zu Buldigen, während biefer feinem Gegner Evreux abtrat u. 
20,000 Maß bezahlte, ja für feine franzöftfchen Beflgungen Philipp als Lehens⸗ 
herrn anerfannte. Dieler nahm indefien ſchon 1202 die Feindfeligleiten wieder auf, 
als der Graf de la Marche, dem Johann feine Braut weggenommen, nachdem 
er von feiner Gemahlin fidy ſcheiden laſſen, ihn zum Schiedsrtichter anrief; jedoch 
wandte fid) das Gluͤck noch einmal zu Gunften Johannes, indem er den Herzog 
von Bretagne gefangen. nahm, den er dann bei Seite fchaffen ließ; darauf aber 
erflärte ihn Philipp feiner Lehen für verluflig, die er auch, als fhlechter Feldherr, 
bald alle, fogar die Normandie (1204) verlor, nad England etlichen. in 


4080 Großbritannien: 


¶Verſuch der Miebereroberung, ben, er-untern ‚an 
ed. glüdlichen Anfangs. Gleich darauf th er in 
mi? Sunnchy UL, weder el mit e 





Dem ward zwar, in Folge der Vernichtung der franzöflichen Ylotte, feine 
führung; der gerechte Papft war auf Seite Johanns und hob 4214 das Intn 
vift auf, indeß Langton auf bie Seite der Barone trat; währenb aber die Shlaht 
bet Bovines in Flandern dem franzöffchen Kriege unrühmlich ein Ende mad, 
bewilligte Johann dem Klerus alle feine Bedingungen u. 1215 den feine Ha 
ftabt brohend beſehenden Baronen den Freiheitöbrief (charter of liberties, 
charta), eine Berbriefung alter Rechte Behufs der Abwehr ftets miederfehrende 
Mifbräuche, alfo Feine neuen Rechte, wie für Rechtspflege und Handhabung ber 
Drdnung wahrhaft heilſame Beftimmungen. Schon begann ‚aber Johann be 
Krieg gegen feine Barone, während auf fein Erfuchen Innocenz die Magna charta fir 
nullu, nichtig erflärte, weil die Barone ben ihnen offen gehaltenen Rechtsweg nicht 
eingefchlagen und bie, dem Könige, weil er das Kreuz zunehmen: fich erklärt, 
hiedurch zufehenden Privilegien nidyt geachtet hätten, wobel ber Bapf den Be 
onen gegenüber zur Erlangung der ihnen aufkommenden Rechte umb SEI 

der Mißbräuche fidh “an — machte; Langton warb ſuspendirt, weil er bie 
derfpenftigen Barone nicht kennen wollte, biefe einzeln ercommunictrt, London wit 
dem Interbifte belegt. Johann verheerte das Sand (1216) und zog verwäften 
nad) Schottland zur Bekriegung des auffländifchen Könige, während die Baron 
abermald dem, durch die Heirath mit der Nichte Johannes mit den Plautagenen 
verwandten, Ludwig von Brankreich bie Krone antrugen; diefen bannte Innocen 
nod) lutz vor feinem Tode, da er ſich nicht abhalten laffen wollte, von Gngland 
Beflg zu nehmen; der Feldzug, begann indefien für diefen, da Johann ſich wieder 
muthlo8 benahm, unter ben Bünfghen Auſpicien. Mein das Bmehmen Ludwigs 
und die Begünftigung der Sranzofen entfremdeten ihm viele Anhänger: noch 
vor Beendigung Bürgerkrieges Aaıb Johann, bieſer treulofe, Di je und 


Großbritannien. 4088 


wege 5 tann, im 49, Lebensjahre. Sein Nachfolger war fein zehnlähriger 


Sohn ch II. (1216-72), unter der Bormundichaft des Reichsverweſers 
Grafen von Pembroke. Zunächft vereinigte man fidy über die Magna charta, die 
man revidirte und feftftellte, während dutch Obſorge des päpftlichen Legaten Lud⸗ 
wig immer unpopulärer warb; die Schlacht bei Lincoln am 19. Mai 1217 und 
eine völlige Niederlage der franzoͤſiſchen Flotte entſchieden für Henri. 1218 
ward abermals die Magna charta beftätigt und durch die Forſtcharte (Charter of 
forets) vermehrt. Die päpftlichen Legaten Bualo und Pandulph wachten forg- 
fa an der Stelle feines paäͤpſtlichen Vormunds über den jungen König, der 
durch den 1219 erfolgten Tod des Grafen v. Pembrofe allein hand. Pandulph 
forgte für Verlängerung ded Waffen - Stillftanded mit Frankreich, für Frieden 
mit Wales und Schottland, deſſen König ſich mit Heinrich 'verfchwägerte und 
ihm huldigte. Der Oberridyter Hubert de Burgh regierte Eräftig und bemütbigte 
die Eleinen Tyrannen, führte aber durch feinen Ehrgeiz und feine Habgier 1232 
feinen Fall herbei. Die Regierung des nun felbftfländigen Könige war eine fehr 
bewegte; lange, an fidy unerhebliche Streitigkeiten führte er mit Schottland bis 
1255; Kämpfe mit den Fürften von Wales endeten 1245 durch deren völlige 
Unterwerfung; der Streit mit Frankreich) aber, der mit der Thronbefteigung Lud⸗ 
und auf defien Weigerung, die ehemaligen Beflgungen ber eng! en Krone 
in Frankreich wieder herauszugeben, 1224 begonnen, endete unglüdlidy, nad) ab» 
wechielnden Kämpfen und Waffenſtillſtaͤnden, durch die Schlacht bei Tatllebour 

1242, in Folge deren, jedoch erſt nach 17jährigen Berhandlungen, Heinrich die 
Länder dießfelts der Garonne aufgab und die übrigen von Ludwig IX. zu Lehen 
nahm. In feinem Streite mit Kaiſer Friedrich verlangte Papſt Gregor IX. von 
ver englifchen Kirche immer wieder Uinterflügungen, was endlich, wie auch das 
oft ausgeübte geiflliche Vorrecht, englifche Pfründen proviſoriſch zu vergeben, bie 
dann an Staliener famen, den König zum Einfchreiten beflimmte; ver 
Papft befehwichtigte ihn aber, indem er feinem Sohne Edmund die ficklianifche 
Krone verlieh, Das führte zu neuen Erpreffungen und fteigerte die Unzufrieden⸗ 
heit der Barone aufs Höchfte, die ohnehin durch beftändige Angriffe auf die Magna 


charta, trotz mehrfacher Beftätigung derfelben, gereist wurden. Hiedurch gelang - 


dem Fühnen Ehrgeize Simons von Wontfort, Grafen von Lelcefter, ein Umſturz 
der Berfafiung 1258. Auf feinen Betrieb verfammelte fidy das „tolle Parlament“ 
zu Orford, erwählte eine Commiſſton zur Revifion ber Berfaffung, die aber ſelbſt 
den Regenten fpielte, nachdem fie dem Könige die „Orforder SBroviflonen,“ eine 
Erweiterung der Magna Charta, abgedrungen hatte. Nach 2 Jahren verfiel der 
Graf von Leicefter mit dem Grafen von @locefter, die Regentfchaft hörte auf u. 

einrih übernahm 1261 die Regierung wieder, während ihn Papſt Alerander 
eines Schwures auf die Orforder Artifel entband. Während er aber in Frank⸗ 
reich war, fammelte Leicefler ein Heer; doch unterwarfen ſich beide Theile dem 
Schiensfpruche des Könige von Frankreich, der ſich für Send ausſprach. Da 
entbrannte der Bürgerkrieg in erneuerter Heftigfeit, bis endlich 1264 Lelcefter nad) 
bt Schlacht den König, wie feinen Sohn, gefangen nahm und als Geißeln 
behielt, Nun regierte Leicefter an Königs Statt, bis 1265 der Prinz entfam u, 
in der Schlacht bei Evesham der Ufurpation Leicefters, welcher nebft feinem Sohne 
fiel, ein Ende machte. Der König und fein Parlament (über die Entwidelung 
des engliſchen Parlaments f. englifche Bolls- und Staatöverfaffung; 
gene oder vielmehr Leicefter (af eigentlich dafielbe, indem er Deputirte der 

taͤdte und Flecken berief) bewieſen fid) milde gegen die Beflegten, wohl zu mild, 
denn diefe griffen wieder zu den Waffen und zwei Jahre brauchte Eduard zu ihrer 
Unterbrüdung, wo dann das Epift von Kenilworth die Sache beendete; aud) 
Fürft Llewellyn von Wales, der Barone Berbündeter, fchloß einen Vergleich. 
Der Legat Dttobont trug viel zur Wiederherftellung der Rube bei, welche er 
rich dazu benüpte, den materiellen Zufland des Landes zu heben, was ihm befier 
gelang, als irgend einem feiner Vorfahren. Eduard zog nun nad Rıäfen, ©. 


Sn 


1082 Großbritannien. 


diefe Abweſenheit feiner feften Gtüge, der Tod feines Brubers, bed romiſchen 
Könige Richard von Cornwall, beicyleunigten dad Ende des alten, guten, aber 
auch ſchwachen Heinrich, an defien offenem Grabe noch Eduard I. (1271-1307) 
die Barone Treue ſchwuren. Eduard J. regierte ruhmvoll nach Innen und Außen. 
Sm Innern fefigte er durch firenge Handhabung der Ordnung die öffentliche 
Sicherheit, gab Friedensgerichte und einen Gerichtehofe (Kings-Bench) die oberfle 
Gerichtsbarkeit audy über den Adel, fo daß unter ihm der lebte Reſt der Feudal⸗ 
herrſchaft ſchwand, legte die Grundlage zum Unterhaufe, beſonders 1283 durch 
Hinzuziehung von fläntifchen Abgeordneten in die Reichöverfammlung, in welcher 
bisher die Adelſpartei dominirte (ſ. englifhe Reichsverfaſſung); fletd in 
Geldnoth, verlangte er indefien vom Parlamente immer neue Subfivien, was 1299 
dem Unterbaufe Gelegenheit gab, das Gteuerbeiwilligungsrecht fidy zuzufchreiben, 
4300 wurden die firengen Forfigefege aufgehoben durch die Charta de foresta. 
4292 unterwarf Eduard Wales, das 1328 für immer mit der engliſchen Krone vers 
bunden wurde u. 1299 unterwarf er Schottland nach langen Kämpfen mit ®. 
Wallace. Sein Sohn,- Eduard II. (1307 — 27), ſchwach und leichtfinnig, war 
dem Vater fehr unähnlidy; er machte ſich unpopulär durch die maßlofe Gunſt, 
die er feinem Favoriten Gaveſton bezeigte; die unzufrievenen Barone ſuchten ihre 
alte Macht wieder zu erlangen, weldyer Verſuch auch nidyt an der Feſtigkeit des 
Könige, fondern an der von Eduard I. begründeten Berfaffung fcheiterte; bie 
Barone indeß fingen Gavefton und enthaupteten ihn, wegen welches Mordes bald 
der Bürgerkrieg ausgebrochen wäre, und dad Parlament erweiterte feine Bes 
fagnifi durch die „Petition of Rights,« das Recht, die Beſchwerden des Bolfe® 
der Steuerbewilligung vorzubringen. Der fchottifche Feldzug gegen Robert 
Bruce, der fi) zum Könige emporgeidhtoungen, endete für Eduard unglüdticdy in 
den Schlachten bei Stirling und Bannodburn. Robert Bruce landete fogar in 
Irland, um audy dieſes unglüdlicdye Land vom englifchen Joche zu befreien, wels 
ches Borhaben indeſſen nad blutigen Kämpfen fcheiterte. Dafür machte nun 
Bruce, der, weil er den Waffenftiiftand brady, in den Bann gethban warb, bes 
ſtaͤndig Einfälle in das englifche Gebiet; ein, abermals durch Bermittelung bes Pap⸗ 
ſtes gefchlofiener, Bergleidy ward wieder gebrochen u. erft nad) 23 Jahren endete 
der Krieg, der dem armen geheuten Könige wohl nady diefer Seite hin Ruhe ge- 
währte, obwohl er fortwährend mit feinen Baronen im Hader lag und nun 
auch die Treulofigkeit feines Weibes, die nady Frankreich ging, und des Königs 
von Frankreich Feindſeligkeit erfahren mußte. Ja, die Königin und der Throns 
erbe landeten mit einem Invaſtonsheere. Der König ward gefangen und ab» 
gefeßt, feine Getreuen erlitten graufamen Tod, fein Sohn beftieg nach feiner 
angeblichen Entfagung den Thron; er felbft warb unzweifelhaft fpäter ermors 
det. Eduards III. (1327 — 1377) Regtetung war wieder eine fräftige. Schott: 
land warb abermald unterworfen, 1346 in der Schlacht bei Nevilcroß fogar 
König David Bruce gefangen; dagegen waren die, 1339 beginnenden, ſchweren 
Kriege mit Frankteich unglüdlid und endeten, nach wedhfelndem Glücke, fogar 
nad) Gewinnung einer großen Seeſchlacht u. den denkwürdigen Schlachten bei 
Crecy u. Boitiers, in welch letzterer der fchwarze Prinz fogar den franzoftfchen 
König gefangen nahm, bei des Königs und feines Sohnes Eduard, des „ſchwar⸗ 
zen Bringen“, Tode mit dem Berlufte aller Beflgungen. in Frankreich, Guiones u. 
Calais allein ausgenommen. Diefer unglüdlide Krieg — der heil. Stuhl bot 
alle feine Bemühungen auf, verjöhnend einzufchreiten — führte zu beſtändigen 
Belvverlegenheiten des Königs u. zu Zugefländnifien an dad Parlament, welche 
die Berfaffung immer mehr befefligten und ausbildeten. 1343 vereinigte fi) 
die Gentiy der Grafſchaften mit den flädtifchen Abgeordneten zum Unterhaufe, 
das fofort als gefeßgebender Körper auftrat. In feine Regierung fällt auch vie 
große Pet (1351). In der legten Lebenszeit Eduards IIl. fanden der Doctor Wis 
eliffe u. feine „armen Prieſter,“ ein Haufen Sanatiler, als wandernde Prediger 
anf, Unter dem ſchwachen Ricyard 1. AITT— 939), Ehuarbs Enkel, geriet durch 


* 


— 


An 


Großbritannien. | 1083 


Die Umtriebe, die Habfucht ımd ven Chrgeiz der Ohelme des Könige, beſonders 
Des Herzogs von Sloucefler, den jedoch Richard fpäter feftfegen und wohl auch 
aus dem Wege räumen ließ, das Reich in die Argfte Zerrüttung. “Die wieder 


"> auöbrechenden Kriege mit Frankreich u. Schottland, welches jedoch, wie auch 
en Irland, gedemüthigt wurde, erfchöpften alle Hülfsmittel des Volles, das von den 


—8 


Lollharden, den ſchwaͤrmeriſchen Anhängern des Wicliffe, noch mehr aufgereizt 


vward. Wanderprediger u. Leute aus dem Volke ſtellten fich an die Spite von 


”, 


"Yalkiunen 


7 


Bauern, vor allem Wat Tyler, ein Dachbeder, der ſich furchtbar zu machen 
wußte. England erlebte damals die fpäteren deutfchen Bauernfriege. — Gogar 
London warb von ihnen eingenommen u. geplündert, Miniſter u. Prälaten er- 
mordet. Der wohlmeinende König fchlug dem PBarlamente die Aufhebung der 
Leibeigenſchaft vor, was jedoch verworfen ward. Wicliffe widerrief fpäter feine 
Lehren. Das Bolf war indeß nicht beruhigt; das Parlament eignete ſich 1397 
die Finanzverwaltung u. 1399 Herzog Heinridy von Yereford, Sohn des unter 
der früheren Regierung durch feine Macht gefährlichen Herzogs von Lancafter, die 
Krone zu, nachdem er den König vorber gefangen genommen und bald darauf, 
wie man fagt, verhungern ließ. neue König nannte ſich Heinrich IV. (1399 
—1413) u, hatte von feinem Regterungsantritte an mit Berfhwörungen, Empö- 


- Xungen u. den Umtrieben der Lollharden zu kämpfen, erließ indeß heilſame An⸗ 


ordnungen, weldye die, in den vorigen Regierungen fo oft mißbraudyte, Gewalt 
ded Barlaments, auf Hochverrath anzuflagen, befchräntten u. feine Autorität ets 
nem Ausichufie zu delegiren ihm verboten. Ueberhaupt beftegte Henrich durch 


Beſonnenheit und Thaͤtigkeit alle fidy ihm entgegenthürmenden Schwierigkeiten. 
: Das Haus Lancafter mußte übrigens feine Ufurpation des Thrones audy mit 


„N 


a Br u FE | sı. !r I ı 3 u BR 


F. So. 


Schottland brachte die Blüthe 


roßen Begünftigungen des Unterhaufes, worunter Unverleglichleit feiner Mitglie⸗ 
er, Befreiung der Wahlen vom Einfluffe des De und Geftattung der Einficht 
in die Berwendung ber so 1natögelber hervorzuheben, bezahlen. Gin Zug nad 
er Ritterfchaft jenes Landes und fpäter fogar 
den fchottifchen Thronerben in feine Gewalt. Frankreich bezeigte fich ihm zwar 
feindfelig; der Streit des Haufe® Orleans mit dem von Burgund hinderte das⸗ 
felbe aber, ihm ernftlich zu ſchaden. Sein Nachfolger Henri V. (Shakfpeare’s 
„Prinz Heinrich") (1433—22) hatte einen großen Aufftand der die antikirchlichen 
Tendenzen verfolgenden Lollarden zu bekämpfen, hierauf richtete er feine ganze 
Aufmerkjamfelt auf den frangöftfchen Krieg , der enalifchen Könige Anfprüche auf 
die franzöflfche Krone erneuernd, wozu bei dem Wahnfinne Karls VI. und dem 
noch fortwährenden Kampfe der Parteien gerade der günftige Zeitpunkt war, geit 
nad) Frankreich, jedoch noch vorher eine Berfchwörung im Schooße feiner eige- 
nen Familie blutig Dämpfend, fchlägt die Kranzofen bei Azincourt und wird bei 
einem zweiten Einfalle 1420, nach vielen Wedhfelfällen, von der burgundiſchen 
Partei, nad der Eroberung von Paris und Rouen, zum Negenten und Throns 
erben ernannt. Bemerkenswerth ift unter diefer Regierung der Beſuch des deut⸗ 
fhen Kaiſers Sigismund zum Berfuche eines Bergleiches mit Kranfreih, auf 
den dieſes jedoch nicht einging. Heinrich, ein Nrenger, aber gerechter Monarch, 
ftarb noch in Frankreich, feinem Sohne Heinrich VI. (1422—61), einem Kinde 
von 9 Monaten, 2 Kronen als Erbe Hinterlafind. Wenn audy 1430 zu Paris 
gekrönt, gingen doch nady und nach gegen Karl VII. und die tapfere Johanna 
d’ Arc (f. d.), verbunden mit dem von England abgefallenen Herzog von Burgund, 
ſaͤmmtliche Beflgungen in Frankreich, bis auf Calais, verloren, welches unglück⸗ 
liche Ende des Krieges 1453 das Bolt gegen den ſchwachen und Eränftichen, 
wenn auch frommen u. edlen, König fehr mißftimmte und den Herzog von Dorf 
zum Hervortreten mit feinen Anſprüchen auf den Thron ermuthigte. So ent- 
fpann fid) in dem, während ber langen Unmündigkeit des Könige verwaisten, 
Lande der 30jährige fürdhterliche Krieg zwiſchen den Häufern Dorf und Lancas 
fler, der weißen u. rotben Rofe. 4454 ward der Herzog von Dorf während der 
Krankheit des Könige Proteftor. Als vieler wieder im warten Acker au, 









1084 Großbritannien. 


wollte fich York feiner Macht nicht begeben und befiegte die lönigliche or da 
cafter’fche Partei in der Schlacht bei St. Albans. Dorf warb wieder Preich 
und nahm, nady vielen Kämpfen mit wechſelndem Güde, in ber Schlacht 
Northampion 1460 den König gefangen, feine Anfprüche auf ben Thron vor ia 
Parlamente jest offen befennend, welches feine Anfprüche zwar anerkannte, jau 
ben König nicht entthront fehen wollte; fo kam es zu einem Vergleiche, weg 
die Anwartfchaft des Haufes Dorf nad) Wbleben des Königs von dem Pak 
mente u. dem Monarchen anerkannt ward. Die Königin indeß willigte nidtg 
duldig ein in dieſe Enterbung ihres Sohnes, ließ ihre Anhaͤnger ein Heer fe 
meln, das bei Wakefield am 30. December die Yorkiſten fchlug u. den 
tödtete. Nun nahm der Krieg an Braufamfelt zu; Graf Eduard von 
der Sohn des Herzogs, verfocdht feine Anfprüche weiter u. flegte bei Mortimm. 
croß 1461, wurde jedoch gleich darauf bei St. Albans wieder von der Kira 
gefchlanen; allein dad Bolt, des Krieges müde, entſchied fich für Eduard, ke 
ohne Widerfland in London einzog und zum Könige ausgerufen ward. Ih 
Eduards IV. (1461 — 83) Thronbefteigung kehrte indeß noch keineswegs da 
Lande Ruhe wieder, ſelbſt nicht nady der furdptbaren Schlacht bei Towton, wen 
auch die Lancafterfche Partei gefchlagen ward. Die Königin Margaretha me 
unermüdlich thätig, ſuchte Hülfe in Frankreich u. Schottland, Fämpfte mit pi 
lofen Gefahren u. Entbehrungen u. ließ fih durch anhaltendes Unglüd der Bei 
fen nicht niederbeugen, während Heinrich 1465 als Sefangener in den Toge 
fam. 1471 verbrängte indeß der Graf von Warmwid den graufamen. u. weit 
ftigen Eduard vom Throne u. erhob nochmals Heinrich auf denfelben, ber ig 
jedod nur wenige Monate erhielt u. in blutigen Kämpfen, wie von Hals 
bhänden, Warwid u. die Meiften feiner Anhänger verlor. Die Königin ı ix 
Sohn wurden gefangen; ber letztere wird niebergehauen, audy ber alte Kızk 
wahrfcheinlich ermordet. Eduard richtete nun feine Blide auf das Ausland, w. 
bünbete fidy mit Karl von Buraund u. landete in Franfreidy ; doch, der gemane 
Ludwig XI. wußte ihn mit Hoͤflichkeiten u. Gefchenfen zu befchwidhtigen; ſein 
Bruder , Herzog von Elarence, den er fürdhtete, ließ er aum Tode verurtbeilm. 
Ein Krieg mit Schottland hatte fein anderes Refultat, als daß er wieder Bir 
Eoftete. Nach feinem Tode ward fein 12jähriger Sohn als Eduard V. zum sr 
nige proflamirt, aber das Reich unter das ‘Broteftorat des fürdhterlichen m ' 
leißnerifchen Herzogs von Glocefter, des Oheims des jungen Könige, ge 
Reit; biefen hielt er, wie feine vornehmften Anhänger, gefangen, ließ j 
die Krone antragen und feinen Neffen, Eduard V., und deſſen Bruder is 
Tower ermorden. Gin zu Bunften des Grafen Heinrich von Richmom, 
Erben des Haufed Lancafter, angeftifteter Aufftand mißlang; ein zweiter Berjuh 
unter Heinrich felbft, ver mit franzöftfchen Soldaten landete, gelang befier u. Rihdan 
ward in der Schladyt bei Bosworth am 22. Auguft 1435 beflegt u. getöbte 
Heinrich VII. (1485 — 1509) war der erfte König aus dem Haufe Tudor, de 
durch feine Heirath mit der Prinzeſſin Elifabeth aus dem Haufe Dorf (Todtea 
Eduards IV.) dem Streite der weißen u. rothen Rofe ein Ende machte. Einen 
iriſchen Aufftand im Namen Eduard Plantagenets, Sohnes des Herzogs von Ela: 
tence, d. h. eines falfchen, denn der Achte lebte an feinem Hofe Cer ließ ihn fvs- 
ter hinrichten), dämpfte er leicht und richtete nun al fein Augenmerk auf die Be— 
feftigung der föniglichen Macht, ſuchte durch firenge Defonomie fi vom Varla— 
mente unabhängig zu machen, zwang biefes, ein Statut zu erlaffen, welches dir 
Berfügung über den Thron in die Hände des Königs gab, errichtete bie Stern 
fammer, welche in außerordentlicher Weiſe Unterfuhung u. Beftrafung in allen, 
die Krone und den Fiskus betreffenden, Fällen verfügen fonnte. Die Bauern be 
freite er von vielen ihrer Dienftleiftungen gegen den Adel. Während er dieſe, auf 
Schwachung des Adels und Parlaments berechnete, Politik im Innern verf.!gte, 
wußte ſich der Eluge aber herzlofe und geldburftige Zürft auch nady Außen durch 
Bündniffe u. dgl, Geltung zu verſchaffen; mehre ſchottiſche Einfälle, auch unter 


— — 


Großbritannien, 1085 


Barbed, einem abermaligen Prätenventen, der ſich für den im Tower ermorbeten 
ter Eduards V. ausgab, wies er Fräftig zurüd, Sein Sohn Heinrich VII. 
309 —47) verfolgte bie Regierungsſyſtem mit tyrannifcher Rüdfihtslofigkeit u. 
gie fiy als wahren Defpoten. Seine erften Thaten waren ein unrühmlicher 
Ldzug in Spanien u. eine Invaflon in Frankreich; Jakob V. von Schottland 
urde bei Fledden gefchlagen. Die Kriege zwiſchen dem Haufe Balois u. Habs⸗ 
irg um Italien gaben ihm Anlaß, England zum erſten Male eine Rolle ſpielen 
laffen in der Continentalpolitik, weldye Role eine wahrhaft glänzende, eine 
Yiepsrichterliche, befonders zwifchen Franz L u. Karl V., wurbe durdy die ſtaats⸗ 
Annifche Größe des Kanzlers, Cardinal Wolſey. — Heinrich, der Gründer der 
gltfchen ‚[ee- Reformation, war audy theologiſcher Sarifife er u. ſchrieb gegen 
ıther, feine Schrift an den Bapft fendend und biefen feiner Ergebenheit verfts 
errd, nachdem er in St. Paul Luthers Werke hatte feierlich verbrennen u. gegen 
ne Lehre predigen laffen (1521). Leo X. ertheilte hierauf Heinrich den Titel: Be⸗ 
yüger des Glaubens. Bekanntlich entfland eine förmliche Polemik zwiſchen Luther u, 
einrich. Diefen brachten aber feine Leivenfchaften bald auf einen andern Weg. Um 
ne Beliebte, Anna Boleyn, ehelichen zu Eönnen, wollte er fi von dee Köntgin ſchei⸗ 
n laffen u, Cardinal Wolfey unterftügte ihn bei diefem Vorhaben, wenn auch 
ı6 höheren Gründen; wenigftens geht: dieß aus feinem fpäteren Wiberfireben ges 
n die Heirath mit Anna hervor, welchen Widerſtand er aus blinder Ergeben⸗ 
it vor dem fehlen Entfchluffe Heinrichs doch wieder aufgab, damit durch eine 
‚eirath das Bündnis mit Frankreich geveftet werben könne; vielleicht auch, weil 
trkiich die Ehe mit der Königin, wenn auch mit Dispens, im verbotenen Grade 
ſchloſſen war. Der hart bevrängte Heinrich war Dankbarkeit für feine Befrei 
yuldig. Clemens VII willigte endlich durch die fogenannie Derretalbulle in bie 
eidung, oder flellte vielmehr Alles dem Ermefien des Königs anheim, fenbete 
e Bulle aber durch einen Regaten, der, als er die Königin vernommen, bie 
ulle nicht veröffentlichte; der Papſt war, trog alles Andringens von Frankreich 
Gırgland, nicht zu bewegen, gegen die Königin ungerecht zu handeln u. nahm 
dlich die felnen Legaten (auch Wolfey war einer) ertheilte Vollmacht wieder 
rüf (in der Hoffnung, der König werde zur zweiten Ehe fchreiten, ohne die 
pftliche Einwilligung zu begehren), worauf Wolſey, ein merfwürbiger Mann, 
ſſen größte Schwäche in feiner erflaunlichen Liebe für einen Menichen, wie 
einrich, beftand, in Ungnade fiel. Dieſes Einflufies enträdt, legte nun Heinrich 
nen Gelüften feinen Zwang mehr an. Die Gerechtfame des Klerus wurden 
ıgenriffen, die Gumulatton der Benefizien, wohl mit Recht, verboten; auch warb 
8 Unterhaus gezwungen, den König feiner Verbindlichkeit, die bei feinen Unter- 
anen gemachten Anleihen zurüd zu bezahlen, zu entheben. Indeſſen rüdte bie 
deidungsangelegenheit, da der Papft feft blieb, das engliſche Volk u. faſt alle 
roy ätfchen Theologen, fogas die reformirten, mit Ausnahme einiger franzöfl« 
yer Univerfitäten, gegen die Scheidung begutachteten, nicht vorwärts u. Heinrich 
ußte feinen Rath mehr, als ihm ein ehrgeiziger Mann, Erommell, ein früherer 
efannter Wolfeg’s, rieih, wie es deutſche Kürften gethan, fidy über die päpftliche 
itorttät hinwegzuſetzen u. fidy zum Oberhaupte der engl. Kirche zu erklären. Diefer 
ath warb befolgt; nachdem Heinrich 1531 die für ihre Güter zitternde Geiſtlichkeit 
feiner Anerkennung ald Oberhaupt der englifchen Kirche und zur Leiſtung bes 
upremateides genöthigt, mußte 1534 das Parlament ein Gefeh erlafien, nad 
(chem alle Zahlungen u. Wppellationen an den päpftlichen Stuhl verboten, bie 
:Bergefege zurüdgenommen, die Berfommlungen der Geiftlichkeit u, ihr Aufflellen 
n Satzungen unterfagt u. die Bifchoföwahlen der Krone zugefchrieben wurden. 
fe Trauung mit Anna Boleyn wurde vollgogen u. der Brälat Thomas Cran⸗ 
rt, der fi) in der Bertheidigungsangelegenheit fehr pienfiefeiß beiviefen, zum 
zbiſchofe von Canterbury ernannt. Diefer, der doch dem päpfllicden Stuhle, ehe 
das Pallium erhielt u. beflätigt wurbe, Gehorſam gefehtworen,fprady die Scheidung 
6, Clemenso erklaͤrte diefen Entſcheid für ungültig u, that auf Mohrisgen van 


1086 Großbritannien. 


Katfer Karl, dem Reffen der Königin Katharina, Heinrich u. die neue Königin in den 
Bann. Am 23. März 1534 erfolgte vom Conſtſtorium der Garbinäle, unter Bekätigung 
bes Papſtes, nachdem der König vorher an ein allgemeines Concil appellizt hatte, 
das Endurtheit wider Heinrich, während far gleichzeitig die engliſche Kirche auf 
Betreiben ded Kanzlers Cromwell gänzlich von der katholiſchen Kirche getrennt u. 
die Aemter und Zchnten der Krone zugeichrieben wurden. Mit blutigen Berfols 

ungen befefligte der Reformator fein Werk; unter feinen Opfern nennen wir 

öbefondere den Biſchof von Rochefter, Sir Thomas More, u. die Berwandten 
des Cardinal Pola, des letzten Plentagenet. Die Ernennung Cromwell's, eines 
Laien, zum Generalvikar, die Aufhebung der Klöfter u. die Uebertragung deren Güter 
an den König, die Bernichtung der Reliquien, Anna Boleyn’s ins tung, 1536 
(im felben Jahre flarb auch Königin Katharina), nachdem Granmer fie hatte 
vom Könige ſcheiden müflen, die Verheirathung defielben an Johanna Seymour 
und ein großer und bintig gedämpfter Auffland im Norden waren die Greigniffe, 
die Schnell auf einander folgten. Zwiſchen 1536—39 wurde das Glaubendbelennt» 
niß der englifchen Kirche feftgeftellt u. das Statut der ſechs Artikel, im Wefent- 
lichen orthodox Fatholifch, negeben, nachdem eine Berbindung mit ver Sutheriiägen 
an deren Weigerung, den Bölibat u. die Meſſe anzuerkennen, gefcheitert war. Ges 
gen Broteftanten ubrigend, wie Katholifen, wurde mit Feuer u. Schwert gemwüthet, 

nerfennung der päpflichen Suprematie war Berrath, Berwerfung des päpfllichen 
Glaubens Ketzerei. 1538 that endlich Paul IM. den Machtſpruch der Kirche gegen 
Heinrich. Cromwell flürgte, zunächft, weil er den König nach dem Tode der Seys 
mour zu einer Heirath mit Anna von Cleve, die ihm mißfiel, u. von der er fi 
wieder fcheiden ließ, vermocht Hatte; dann audy wegen theologifdyer Streitigkeiten. 
Die fünfte Königin hieß Katharina Howard, die u 1542, der Unkeuſchheit u. 
des Verraths angeklagt, auf das Blutgericht Fam, thwendige® Berweilen bei 
der Bildung der (ogenonnten Reformation hat und von den politifchen Verhält⸗ 
niffen abgeführt. Wir haben fomit Einiges nadyzuholen. 1536 wurden in Wales 
die in England gültigen Gefege u. Rechte eingeführt, waß für dieſes Land eine 
wohlthätige Maßregel war. SIrland- land unter Kildare, dem Sohne eines zur 
Berantwortung nady London berufenen GStatthalters, im Jahre 1534 auf, da 
die Irländer ohnedieß dem Könige wegen feiner Religionsneuerungen abgeneigt 
waren; der Aufftand endete indeß 1542 durch die faatöfluge Maßregel, Icland 
zu einem Königreiche und feine, bisher in ihrer Selbſtſtändigkeit fo unrubigen, 
Häuptlinge zu Deere des Reichs zu ernennen; Heinrich ließ Pi audy zum Ober: 
baupte der trifchen Kirche erklären. In demfelden Jahre begann Krieg mit Schott» 
land, weil defien König Jakob V. fi) durdyaus der neuen Lehre abgenelgt zeigte; 
Jakob verlor eine Schlacht und flarb darüber aus Unmuth. Heinrich hatte aber 
nun Anlaß und @elegenheit, ſich in die ſchottiſchen Angelegenheiten zu mifchen. 
1543 kam es im Bunde mit Karl V. (der durch die Anerfennung der Succefs 
ſtons faͤhigkeit Maria's, der Königin Katharina Tochter, zuftieden geftellt worben) 
zum Kriege mit. Frankreich, dem treuen Alirten Heinrichs, weil der König 
Schottland beigeftanden, welcher Krieg aber, nachdem die Engländer fich fo lange 
vor einigen Feſtungen aufhielten, bis Franz u. Karl Friede gefchlofien, erfolglos 
endete. Die letzten Lebensjahre des Königs, der zum fechöten Male, u. zwar Kas 
tharina Parr, Wittwe Lord Latimer’s, geheirathet hatte, wurden durch die theo- 
logifchen Streitigkeiten u. Krankheit fehr verbittert u. er Rarb, nachdem er das 
Parlament gefnechtet hatte — es bequemte ſich 1539 zu einer Akte, vermöge 
welcher alle königlichen Edikte, die dem Staatsrathe vorgelegen, volle Gefeßes- 
Kraft. haben follten, als weltlidyer u. geifllicher Despot. Glücklicherweiſe für Eng⸗ 
(and ließ er wenigſtens die Formen einer freien Berfafiung fortbeftehen. Auch pie 
Schöpfung der Flotte gehört faſt ganz der Regierungszeit Hd VIII. an. 
Eduard VL (1547—53), der Sohn der Johanna Seymour, eg als Bjähriges 
Kind den Thron; der ehrgeizige Somerfet befeitigte den von Heinrich eingefepten 
Begentfhafterath u. warf ſich zum Wroteltor anf, won dem tn politifcher, wie res 


Grofbtitannien | 4087 


ligiöfer Beziehung alle Beſtimmungen bes verfiorbenen Könige umgewworfen wur⸗ 
den, Das Parlament erlangte feine Selbſtſtändigkelt wieder;"das religlöfe Statut 
der beiden Aıtifel warb auf Betrieb des Erzbiſchofs Granmer, der Katechiomus 
u, Gebetbudy herausgab u. einführte, trog des Widerſtandes von Gardiner, Bis 
ſchof von Winchefter,, umgefloßen , wobei das noch übrige Kircyengut Haupiſti⸗ 
mulus war. Inzwiſchen machte Somerfet Einfälle in Schottland , um fich in 
den Beſitz der jungen Thronerbin, die fidy mit Cduard verheirathen wollte, zu ſetzen; 
das unzufriedene Volk verwüflet das platte Land u, Frankreich erklärt den Krieg. 
Unter diefen mißlichen Berhältniffen bricht Uneinigfett im Parlament aus, Gor 
merfet wird geflürzt, doch aber vom Parlament wieder zu Gnaden angenommen, 
Dagegen werden Gardiner u. einige andere Bifchöfe abgeſetzt u. viele „Ketzer“ ver 
brannt, Indeſſen konnte fid) Somerfet gegen Werwid, Herzog von Rorthumbers 
land, doch nicht halten; es ward ihm der Prozeß gemacht und er (1651) hinge⸗ 
richtet. Das Reformationswerk ward beflegelt durch Eranmer, der deutfche und 
ſchottiſche Reformatoren in das Land zog, mit ihrer und der Föniglichen jungen 
Theologen Hülfe den Lehrbegriff der englifchen Kirche in 42 Artikel faßte und 
ein geiſtliches Geſetzbuch, Refurmatio legum ecclesiasticarum , herausgab. Das 
Parlament erhob 1552 viefe Dogmen zum Stantögefege u. erklärte die Prieſter⸗ 
ehe für rechtmäßig. Auch in Irland ward der englifche Gottesdienſt eingeführt. 
Der Herzog von Northumberland veranlaßte den Köntg, feine Schwefteen von ber 
Thronfolge ausjufchließen und Johanna Gray, die Erbin der Schwefter Hein- 
richs VII, Marta von Frankreich u. Schwiegertochter Rortbumberlands, zu feiner 
Rachfolgerin zu erklären, was audy der König gegen den Willen feines geheimen 
Rathes, doch mit Hülfe des immer dienfifertigen Cranmer that; ald aber Eduard 
farb, fam doch Maria (1553—58) zur Regierung, trog dem daß Johanna Gray 
zur Königin audgerufen ward , weil das Volk für fie und gegen den ehrgeigigen 
Korthumberland war. Auf den Rath ihres Oheims Karl V. Tieß fie Northumber⸗ 
land u. einige feiner Anhänger verhaften u. zum Tode verurtheilen. Maria machte 
ed zur Aufgabe ihres Lebens, den alten Glauben wieder perzußelien, verfuhr aber 
leiver dabet Faum weniger gewaltfam u. fanatiſch, als die Religionsneuerer ver- 
fahren waren. Zunädhft erhielten Gardiner und die übrigen abgefehten Bifcyöfe 
ihre Bisthümer wieder. Die Prinzeffin Elifabeth befehrte fih. Granmer,. der eine 
heftige Erklärung wider den Papismus erließ, provocirte biedurch feine Feſtſetzung 
m Lower. Berbindungen mit dem päpftlicden Stuhle wurden wieder angeknüpft. 
Das erſte von Maria zufammenberufene Parlament beftätigte zwei Bis, durch 
weldye die vechtmäßige Geburt der Königin fefgeftellt u. der Eultus, wie er bei 
der Ihronbefteigung Eduard's gewefen, wieder hergeftelt wurde. Der Königin 
Berlobung mit Philipp von Spanten (vollzogen im Juli 1554) veranlaßte einen 
gefahrprohenden Aufftand, der indeß gebämpft warb u, die Hinrichtung der un« 
ſchuldigen Johanna Gray, ihres Gemahls, Vaters u. mehrer Anderen, wie bie 
momentane Berhaftung der weniger unfchuldigen Elifabeth zur Folge hatte. Rom 
ließ fidy auf Betreiben des Kanzlerd Gardiner gefallen, daß die Kirche auf das 
ihr unter Heinrich u. Eduard entriffene Gut verzichtete, wodurch das Hauptbins 
derniß der Anerkennung der paͤpſtlichen Suprematie weggeräumt war u. Cardinal 
Bole als päpftlicher Legat erfchien, dad ganze Land in vollem Parlamente abs 
folvirend ; eine Geſandtſchaft nad Rom erfannte im Kamen Englands den Papft 
als Oberhaupt der engliſchen Kirche an. Als Urheber der nun ausbrechenden 
Verfolgung der Seftirer wird Gardiner oft ungerechterweife genannt. Rur dem 
erften. Ketzerprozeſſe wohnte Gardiner ald Kanzler bei; die Führung aller übrigen 
überließ er dem Biſchof Bonner von London, Im Anfange aber zeigten fidy die 
Brälaten durchaus nicht eifrig in diefen Progefien u. erhielten fogar deßhalb im 
Namen der Königin einen Verweis. Unter den vielen Opfern nennen wir nur 
Cranmer, Ridley und Latimer (+ 1555). Die erften beiden farben mit Feſtigkeit; 
der lehtere, gegen den der Papft felbft entfchieb, erheuchelte aus Sobeeangk einen 
Widerruf; der geheime Rath aber, in Anſehung deſſen, deh u ver x 





te Beft in Frankreich, Calais. Eliſabeth (1558 — 
—* ahrte nicht anerkennen, da ſie unehelich geboren ſei; 

e, um ihrer Nebenbuhlerin, Marla Stuart von Schottland, d 
faufen, fi) u. dad Volk wieder der reformirten Lehre zuzuwenden 
ward unter dem fräftigen, 3 frucdhtlofen Widerſtande des Klerur 
laten legten ben geforderten Suprematieeid nicht ab u. gaben il 

äter mußten ihn auch die Parlamentsömitglieder leiten) fo, wi 
ard VI. war, wieder hergeſtellt. Mit Eranfreih u. Schottland 
Frieden, unterflügte aber im Geheimen die Reformirten des letztere 
die Königin, wie auch ihre Bertrauter Cecil die franzöfifchen R 
FR IL aufzureizen ſuchte u. nie jean mit Hülfötruppen u 

rankreich wurde ein unrühmlicher Friede gefchloflen; die Ber 
Marta dehnten ſich endlos aus, weil diefe ihrem englifhen Thron 
fagen wollte. Diefe endeten mit der unglüdlidyen Königin Fluch 
mehren Auffländen u. Verſchwoͤrungen zu ihren Gunften u. endlid 
richtung als Hochverrätherin. Sugwiihen ward Eliſabeth von 3 
munldrt u. in England wurden bie berüchtigten ‘Benalgefeße ge 
liken erlafien. Viele Briefter fielen ald Opfer, unter Anderen « 
Gampian (1581); die Schaffote trieften von katholiſchem Bli 
nannte „hohe Commiſſton“ richtete Kepereien u. kirchliche Vergeher 
fammer die Unabhängigkeit der Rechtopflege beeinträchtigte, u. den 
wurden ſelbſt Breßvergehen unterftellt; die Unterbrüdung des PB« 
dem fich Die Königin durch Inauferige Sparfamfeit unabhängig zu ' 
warb fortgefebt ; trog dem aber, daß das Wolf gebrüdt, ver Hanber 
u. Zöllen beſchwert wurde, War das erftere aufrieden, weil Eng 
materiellen Wohlſtand, den Aderbau, überhaupt für die Blüthe dı 
forgte; der letere bob fidy zu vorher nody nie geahntem Aufſchw 
großartige Entwidelung der überfeeifchen Schiffahrt. Der bei 
(1573) u. Cavendiſh waren die erften Betumfegler u.famen vı 
zügen reich mit fpanifcher Beute beladen zurüd; Str Johann Ha 
den Sklavenhandel (1563); mit Rußland, der Levante, Oftindier 
haften Berkehr; 1600 erhielt die oftindifche Compaanie ihren erftei 


Stoßbritannien, 1089 


bauptfählich der Fanatiker Burleigh Katholifenverfolger. Die Ichiae Ko⸗ 
rw belegte unzählige Recuſanten mit den härteſten Geldſtrafen. Die letzten 
werdjahre der Königin waren durch einen furdhtbaren Aufſtand in dem unglüd- 
ww Itland unter Tyrone getrübt, gegen den erft der Graf von Eſſer, der 
ESfolger Leiceſters als Günſtling, gefandt ward, jedoch Nichts ausrichtete und 
S olge deſſen u. wegen offener Empörung 1600 hingerichtet wurde; erſt 1602 
w die, 1595 begonnene, Empörung vom Statthalter Mountjoy blutig unter 
Et und das fpanifhe Hülfscorpe aus Irland vertrieben. — Als die jungs 
u Tiche Königin Che entzog ſich hartnäckig allen ihr angetragenen Berbindungen 
»Tad) fogar eine bereits gefchloffene Verlobung mit dem Herzoge von Anjou) 
©, gebörte ihr Reid) zu den erften Reichen Curopa's, nachdem es bei ihrer 
Fonbefteigung ein Staat zweiten Ranges gewefen. Ihr Rachfolger, Jakob VI. 
ı Schottland, Sohn der Maria Stuart, den England durch die Bemühungen 
> Staatsöminifters Cecil zum Nachfolger ernannte, vereinigte als Jakob I. 
503—25) die drei Kronen Großbritanniens auf feinem Haupte, obſchon die 
eiſchmelzung der Reiche England und Schottland 3604 vom englifcyen Parla⸗ 
mte nicht zugeftanden wurde. Diefer erſte Stuart war ein Bedant, der fidh 
cht einmal perfönliche Achtung, gefchweige denn als Regent, zu erwerben wußte, 
ob machte ſich To ſchnelle unbeliebt und brachte die Engländer, namentlich 
zdy feine blinde Begünftigung der habgierigen Scyotten, der Art auf, daß bald 
ah feiner Thronbeſteigung Raleigh und Cobham den mißglüdten Verſuch 
achten, Arabella Stuart auf ven Thron zu heben. Die Katholiken hofften auf 
Ildere Behandlung u. die Purttaner auf Einführung ihrer, ſeither vor Jako 
Eannten Lehre; die Hochkirchlichen endlich vertrauten darauf, daß ihre kirch⸗ 
ben Grundfäge mit den politifdyen Srlands übereinſtimmen; nur bie letzteren 
nden fich nicht getäuſcht. Puritaner und Katholiken fahen fidy ſchwer verfolgt, 
ſonders die legteren mit den härteften Geldſtrafen befländig bedroht, da Jakob 
me habgierigen armen Schotten befonders auf diefe Strafgelver verwies. Bon 
zem ſolchen @eplünderten ward, mit einigen andern Fanatikern, (1605) die fos 
mannte Pulververſchwörung angezettelt, an der die britifchen Katholiken eben fo 
enig, wie die Jefutten, obgleidy ihr Provinzial Garnet u. noch mehre Jefuiten 
ngerichtet wurden , Antbeil hatten, und weldye die Folge hatte, daß nicht bloß 
eſuiten und katholiſche Geiſtliche nachmals bei Lebenaftrafe verwiefen , fondern 
n jedem Unterihan ein neuer allgemeiner Eid (oath of allegiance) zur Gidyes 
mg ded Königs verlangt wurde. Manche Katholiken glaubten ihn fchwören zu 
mnen, da er nur bürgerliche Ordnung u. Gehorſam bezwecke; andere verweigers 
n ihn, mit Bezug auf eine Erklärung Papfts Baul V. Diefe Weigernden wur⸗ 
en von allen Aemtern ausgeſchloſſen, Beſuch des proteflantifchen Gottesdienſtes 
. Genuß des Abendmahls bei Sırafe anbefohlen u. eine Hausſuchung nad) Tas 
yoltfchen Büchern, Reliquien und vergl. angeorbnet. Der König gab ſich in die 
Jände von Günftlingen, wie Somerfet und der lieberlidye Villiers, Heriog von 
zuckingham, die ihn, ſelbſt wenn er nidyt um jeden Preis, bis zur Feigheit, 
iedensliebend geweſen wäre, abbielten, tm Beziehung auf die fremden Mächte 
tliſabeth's wuͤrdevolle u. einflußreiche Stellung zu behaupten. Seine Knauferei u. 
jeigheit vermochten ihn auch dazu, feinen Echwiegerfohn Friedrich von der ‘Pfalz, 
en böhmifcyen Winterfönig, fallen zu laflen, wozu übrigens noch feine Anficht 
on der Helligkeit de Thronrechtes, vermöge welcher er Friedrich nur als Uſur⸗ 
ator und Rebellen gegen feinen rechtmäßigen Monarchen anfab, beitrug. Mit 
nem enalifchen PBarlamente lag er in fleten Zerwürfntfien, da er Geld verlangte, 
te Gemeinen aber, ehe die Beſchwerden des Volkes gehört ſeien, Feine Subfivien 
ewilligen wollten; Jakob fah dieß als Verletzung der Rechte des Throne an, 
achte die willfürlichften Eingriffe in die Prärogative des Parlaments u. erpreßte 
as ihm nörhige Geld. Nicht minder zerfiel ex mit dem ſchottiſchen Parlamente, 
a er der fchottifchen Kirche anglikaniſche Kirdyeneinrichtungen aufdrang. Mit 
Irland meinte er ed zwar gut, Indem er das Lebensverhältniß dort aufkab, that 
Reslencpelopädie. IV. W 


H 
3 


J 


5345 


23 

u 
E 
8 
8 


$ 
Fr 
E) 
ä 
& 


3 
8 


end 


ihnen Entfchäpigung zahl 
Schottland b 


folder Weiſe 


„Bes 
zusiäsansg 


war in 





Großbritannien, | 1089 


war hauptfächlich der Fanatiker Burleigh Katholikenverfolger. Die jetzige Kö⸗ 
nigin belegte unzählige Recufanten mit den härteflen Geldſtrafen. Die lehten 
Lebensjahre der Königin waren durch einen furdytbaren Aufſtand in dem unglüd- 
lichen Itland unter Tyrone getrübt, gegen den erft der Graf von Eſſer, der 
Rachfolger Leicefterd ald Günftling, gefandt ward, jedoch Nichts ausrichtete und 
in Folge deſſen u. wegen offener Empörung 1600 hingerichtet wurde; erſt 1602 
ward die, 1595 begonnene, Empörung vom Statthalter Mountjoy piutig unters 
drüdt und das fpanifhe Hülfscorpe aus Irland vertrieben. — WS die jung⸗ 
fräuliche Königin Che entzog ſich hartnaͤckig allen ihr angetragenen Berbindungen 
u. brach fogar eine bereits gefchloffene Verlobung mit dem Herzoge von Aniou) 
farb, gehörte ihr Reich zu den erſten Reichen Europa’, nachdem es bei ihrer 
Thronbefteigung ein Staat zweiten Ranges gewefen. Ihr Rachfolger, Jakob VI. 
von Schottland, Sohn der Maria Stuart, den England durch die Bemühungen 
des Staatsminiſters Cecil zum Nachfolger ernannte, vereinigte als Jakob 1, 
(1603— 25) die drei Kronen Großbritanniens auf feinem Haupte, obſchon bie 
Beiſchmelzung der Reidye England und Schottland 3604 vom englifchen Parlas 
mente nicht zugeflanden wurde. Diefer erfle Stuart war ein Pedant, der ſich 
nicht einmal perfönliche Achtung, geſchweige denn ald Regent, zu erwerben wußte, 
Jakob machte fidy fo fchnelle unbeliebt und bradyte die Engländer, namentlid) 
durch feine blinde Begünftigung der habgterigen Scyotten, der Art auf, daß bald 
nad) feiner Thronbefteigung Raleigb und Cobham den mißglüdten Verſuch 
machten, Arabella Stuart auf den Thron zu heben. Die Katholiken bofften a 

mildere Behandlung u. die Puritaner auf Einführung ihrer, ſeither vor Jako 

befannten Lehre; die Hochkirchlichen endlich vertrauten darauf, daß ihre kirch⸗ 
lichen Grundfäge mit den politiſchen Srlands übereinfimmen; nur die lebteren 
fanden fidy nicht getäufcht. PBurttaner und Katholiken fahen ſich ſchwer verfolgt, 
beſonders die legteren mit den härteften Geldſtrafen beftändig bedroht, da Jakob 
feine habgierigen armen Schotten befonders auf diefe Strafgelver verwies. : Bon 
einem ſolchen @eplünderten ward, mit einigen andern Sanatifern, (1605) bie fos 
genannte Pulververſchwörung angezettelt, an der bie britiſchen Katholiten eben fo 
wenig, wie die Jeſuiten, obgleidy ihr Provinzial Garnet u. noch mehre Jeſuiten 
hingerichtet wurden , Antbeil hatten, und welche die Folge hatte, daß nicht bloß 
Jeſuiten und katholiſche Geiſtliche nachmals bei Lebensftrafe verwiefen , fondern 
von jedem Unterihan ein neuer allgemeiner Eid (oath of allegiance) zur Gidyes 
rung ded Königs verlangt wurde. Manche Katholiken glaubten ihn ſchwoͤren zu 
können, da er nur bürgerliche Ordnung u. Gehorſam bezwecke; andere verweiger« 
ten ihn, mit Bezug auf eine Erklärung Papſts Paul V. Diefe Weigernden wur⸗ 
den von allen Aemtern ausgefchloffer, Beludy des proteftantifchen Gottesdienſtes 
u. Genuß des Abendmahle bei Strafe anbefohlen u. eine Hausſuchung nach ka⸗ 
tholiſchen Büchern, Reliquien und vergl. angeorpnet. Der König gab ſich in die 
Hände von Günftlingen, wie Somerſet und der liederliche Villiers, Heraog von 
Buckingham, die ihn, ſelbſt wenn er nidyt um jeden ‘Preis, bis zur Feigheit, 
frievensliebend geweſen wäre, abbielten, tin Beziehung auf die fremden Mächte 
Eliſabeth's würdevolle u. einflußreiche Stellung zu behaupten. Gene Knauferei u, 
Feigheit vermochten ihn auch dazu, feinen Echwiegerfohn Friedrich von der Pfalz, 
den böhmifchen Winterfönig, fallen zu laſſen, wozu übrigens nody feine Anſicht 
von der Helligkeit ded Thronrechtes, vermöge weldyer er —* nur als Uſur⸗ 
pator und Rebellen gegen feinen rechtmäßigen Monarchen anfah, beitrug. Mit 
feinem enalifchen Parlamente lag er in fleten Zerwürfnifien, da er Geld verlangte, 
die Gemeinen aber, ehe die Beſchwerden des Volkes gehört ſeien, keine Subſidien 
bewilligen wollten; Jakob fah dieß als Verlegung der Rechte des Thrones an, 
machte die wilfürlichfien Eingriffe in die Prärogative des Parlaments u. erpreßte 
das ihm noͤthige Geld. Nicht minder zerfiel er mit dem ſchottiſchen Parlamente, 
da er der ſchoitiſchen Kirche ‚anglkanifche —— aufdrang. Mit 
Irland meinte er es zwar gut, indem er das Lehenönerhältuig dort anfüat, RAN 

Realencpclopäble. IV. \ W 





U. -PYssugus gu cſuta “BEULIUIE yelvayıya WwUIV. YUD WU WU 
nun nad) der Köntgäfrone, die ihm auch wirflih das Parlame 
nachdem er zu diefem Zwede mit Mititärgewalt die firengen R 
ausfchließen und Hierauf von feinen Freunden die Abſchaffung de 
und der Decimationsbill (welche den Royaliften ein Zchntheil 1 
nahm) hatte verlangen laſſen. Da ſich jedoch im Heere, wie Volke 
DOppofition gegen den Plan Cromwell's erhob, lenkte diefer mit 
Itchfeit u. Heuchelet wieder ein u. nahm die Krone nidt an, w 
Berfaffungsurkunde feine Würde wiederholt beftätigte u. erblicd, ma 
richtung eine® Oberhaufed ausiprady; ſodann hob Cromwell das Pa 
die ausgeſchloſſenen Republikaner, trog der Beſtimmung der neuen ® 
felben zuzulaſſen. Die Gaͤhrung wurde nun allgemein; weit verbret 
Royaliſten mußten blutig unterbrüdt, die Republifaner in dem u 
land und dem ganz zu Boden gebrüdten Irland, wo der Protekt 
heimifche Bevölkerung auf dem rechten Shannonufer zufammend: 
gen Provinzen mit englifchen Anfiedlern befegen wollte, befchäft 
die Gaͤhrung dem Auobruche nahe war, flaıb der merkwürdtg 
Sept. 1658). Der Staatsrath beflätigte zwar feinen Sohn Ri 
teftor, allein das neue berufene Balament und die Oberoffizter 
gaͤnzlich Unfählgen Abdankung. Die letzteren führten eine anarcht 
tur ein; allein das Bolt begrüßte den Statthalter Schottlands, 
der heranzog, um Karl 11. auf den Thron zu feben, als Befreier 
1660 London befegtez das, die vertriebenen Presbyterianer wie) 
Barlament bob den gegen die Familie Stuart gerichteten Eivd 
Karl ergebenen, Staaterath ein und löste fi) auf. Das neue 
mit Karl in Unterhandlung, der in der Deklaration von Breda 
neftte, Gewiffendfreiheit und Wufredhibaltung der erworbenen Be 
und hierauf von den Häufern förmlich zurüdgerufen und zum K 
beitannten audgerufen ward. Die Reftauration erregte fo allgen 
dem Könige vor der Thronbefleigung gar keine Bedingungen gefe: 
haupt hatte dad Parlament ein loyaler Taumel ergriffen und ı 
Handlungen war, der Aufrechterhaltung der königlichen Würde x 
lifte beveutend au erhöhen. Die aefäbrliche revolutionäre Armee 


Großbritannien. | 1084 


land, wo es 1642 endlich zum Bürgerfriege am. 1642 warb, im Wunde mit den 
Schotten, der Eovenant auch in England eingeführt , woburd die Parlaments» 
armee verſtärkt, ver König mit feinem Hofe in Dorf dagegen noch ohnmaäͤchtiger 
warb. 1644 wurden die Königlichen unter dem Prinzen Ruprecht von der Pfalz 
bei Marftonmoor geſchlagen, weldyer Sieg indeß das ‘Parlament, wegen der in 
feinem Schooße ausbredyenden Barteiftreitigfeiten zwiſchen den Sndependenten, an 
deren Spite u. A. Dlivier Crommell, und den Presbyterianern nicht im vollen 
Umfange benüßgte; nachdem die letzteren indeß die Obergewalt gänzlidy verloren 
hatte u. Fairfax u. Cromwell an der Spitze des Heeres flanden, ſchlugen fie die 
Königlichen nochmals entfchieden (1645) bei Nafeby,, worauf Karl 1646 zu den 
Schotten floh und, da er die ihm vorgelegten Zugeſtändniſſe verweigerte, gegen 
Auszahlung der rüdfländigen Subſtdien an das Parlament ausgeliefert ward, 
Das nun läftige Heer follte befeitigt werden, allein Cromwell befegte mit feinen 
Sanatifern, deren Ultra's, die Levellers, er blutig zu unterdrüden fidy genöthigt 
jab, London 1647 und unterhandelte mit dem in ded Heeres Gewalt bifindlichen 
Könige, der aber die Zuflicherung der Amneftie für die Offiziere verweigerte, wor⸗ 
auf 1648 das von der Soldateska beberrfchte Barlament jene fernere Unterhande 
lung mit Karl für Hochverrath erflären mußte, während das eigentliche Bolt 
günftig für ihn geflimmt war u. die Schotten für ihn die Waffen ergriffen. Aber⸗ 
malige Unterhandlungen des Parlaments, in Abweſenheit Cromwell's, zerfchlugen 
fidh wieder an dem Zaudern bed Königs , oder vielmehr an den übertriebenen 
Forderungen der Eommifjäre, während Fairfax London befegte u. mit mill- 
täriicher Gewalt das Parlament, welches ſich für Annahme ver endlichen Aner⸗ 
bietungen Karls ausgefprochen hatte, fäuberte, fo daß daflelbe nur noch 
aus wüthenden Independenten befand, deren Commiſſion, da das Oberhaus bie 
Anklagebill verwarf, auf die Anklage der Offiziere hin Karl den Prozeß machte 
u. ihn am 27. Sanuar 1649 auf dem Blutgerüfle, zum großen Theile als Opfer 
feiner Unklugheit, Hartnädigkelt u. Gharakterlofigkeit, flerben lief. — Die könig- 
lie Würde wurde nun von den Oberoffizieren, den ‚Grandees“ ald Staats⸗ 
rath, und durch Beſchluß des fouveränen Parlaments (meldyes das Unterhaus 
allein bildete), als Regierer der Republik, abgeſchafft. Rady Irland, wo Ormond 
die Sadye des Königs verfocht u. den Prinzen von Wales als Karl II. auf den 
trifchen Thron fegen wollte, ging Cromwell als Lorblieutenant, der das Land mit 
der furchtbarſten Grauſamkeit unterwarf, worauf er fi) nad) Schottland wandte, wo 
Karl IL, für den fi) der edle Montrofe opferte, nachdem er den Govenant bes 
(pmoren und nody andere Zugeftändniffe gemacht hatte, 1650 gekrönt worden; 

romwell fdylug die Schotten bei Dunbar und 1651 Karl II., der in England 
eingerüdt war , bei Worcefter. Schottland und Irland wurden unterworfen, vers 
loren ihre Selbffländigkeit, durften aber Repräfentanten in das englifche Parla⸗ 
ment fenden, defien Souveränität von den Golonien, mit Ausnahme Neueglande, 
und den meiften europätfcdhen Staaten anerfannt wurde. Die Barteinahme der 
Niederlande für Karl IL führte zunächſt 1651 zur Navigationsalte, dann aber 
auch unter Blake zu einem ruhmvollen Seekriege. Die fchon lange beftandene 
Eiferfucht zwifchen dem Parlamente u. Heere kam endlich zum Ausbruche, indem 
das erftere die Verſezung der Regimenter auf die Flotte anordnete, worauf der 
von Gromwell berufene Kriegsrath das „lange Parlament” zur Wuflöfung auf- 
forderte, u. da dieß Nichts fruchtete, trieb Cremwell mit feinen Soldaten die Ber, 
fammlung auseinander u. entlicß zugleich den Staatsrath. Die Offistere beriefen 
nun einen Haufen von Schwärmern ald „Eeines SBarlament,* das indeß Crom⸗ 
well, ſeines laͤcherlichen Gebaͤhrens wegen, bald wiener auseinander trixb, worauf 
denn endlich Cromwell feinen Zwed erreichte, indem der Kriegsſsrath ihn zum 
Protektor der Republit auf Lebenszeit eınannte. Er fchloß 1654 mit den Nieders 
landen Friede, unterjodhte die fchottifchen Royaliſten und verfammelte 400 Eng⸗ 
länder, 30 Schotten und 30 Srländer zu einem neuen Parlamente, das er indeß 
gleichfalls gewaltfam auflöste, weil es bie neue Beraten hen U 





TEJWEW, IT yyusuysssayvas UIID wuyuvus su.wscevie vo th Bun 
feined Vorgängers, und doch Eofteten fie Mehre, namentlich Iefu 
Das Haus, weldye die Anklagen Bates angenommen, warb aufge 
Haus aber machte den Borfdylag, den Herzog von Dorf von 
auszufchließen, welchem Borfchlage ſich indeß die Lordé widerfeht 
lament wird übrigens in Englands Geſchichte fletd denfwürbig 
1679 die Habeas⸗Corpus⸗-UAkte (f. d.) zu Stande brachte. 
fuhr indeß in ganz eigenmäcdhtiger Welfe; der Herzog von Dor! 
lich u. feine Berwaltung erlaubte ſich fAhreiende Eingriffe in vie 
ridyte und der Municipien. PBroferiptionen famen wieder vor ı 
Algernon Sidney, Effer, Shufteebury, farben, ald Staatöver 
verurtheilt. Aber von 1680 ſchmachteten audy die katholiſchen 
Powis, Stafford, Peters, Bellafis, im Kerker u. Shaftesbury 6 
hodybriahrten Grafen von Stafford, den treuen Diener des Köı 
Schaffot, ohne daß der König es wagte, ihn zu retten! Währe 
zung erholte fiy Irland wieder etwas unter Ormond's Berwal 
das Verbot der Einfuhr irtfehen Schlachtvieh's tn England und 
harter Schlag war; dagegen hoben ſich Irlands Kabrifen. Urt 
Drmond nidyt lange in Irland. In Schottland dauerten die | 
feiten fort. Karl farb als Katholif u. hinterließ feinem Brude 
Krone; diefer hatte fidy) des Throned würdig gezeigt, bie zu 
wo er dazu berufen ward. Jakob IH. (1635 —88) ergab fidy De 
glüdfeligen Politik der halben Mafregeln und bereitete fidy dat 
gang. Win Aufftand des Herzogd von Monmouth, eines nat 
Karls IL, wurde blutig beftraft, darauf aber allgemein Religiong 
den und der katholiſche Cultus wieder eingeführt. Diefes wä 
worden, nicht aber, daß er die Jeſuiten offen begünftigte und bei 
u. Warner, ald Rathgeber in feine unmittelbare Nähe zog. M 
regierte, u. nicht zum Beſten des Landes u. Könige. Ale num 
ein Schreiben aufgefangen haben wollte, dad Jakob als Affilitr: 
bezeichnete, war die Krifle zum Ausbruche reif. Dazu kamen 
die gegen fein Toleranzedict (1677) proteftantirenden Bifchöfe, 
feines Minifterd Sunderland und Peters, in den Tower feßen | 


Großbritaunien. 1093 
bensartikel abzwang, was die meiſten preöbyterianifchen Geiſtlichen aus ben 
Kirchenaͤmtern entfernte. Schon früher war das wieberhergeftellte, ſchottiſche Par⸗ 
lament bewogen worden, durch die Rescifforyafte alle, feit 1633 gegen König 
u. Kirche ergangenen Verordnungen, alfo audy den Eovenant, aufzuheben. Der 
Marquis v. Argyle u, einige andere Govenanterd wurden zur Suͤhne von Monts , 
rofe hingerichtet. Eine, von den Presbyterianern unterflügte, Betition der Kathos 
lifen, die fo viel für den Thron gelitten batten, um Toleranz, u. denen audy 
Karl im perzen ewogen war, hatte keinen Erfolg, weil man argliftiger Weife die 
Jeſuiten in die Diskuſſion gemifcht hatte. Für Irland warb die »Doclaration 
for. the setiloment of Irelands erlafien, welche die Episfopalfirche herftellte und 
den Grundbefitz zu regeln verſuchte; das iriſche Parlament ward wieder herges 
ſtellt. Nach Außen bin war die Volttif des Kanzlers Clarendon nody verwerfs 
licher, als im Inlande, indem er fogar 1662 Düntirchen an Frankreich vers 
taufchte, Daß der König, wie natürlich, gegen die Katholiken nicht mit Strenge 
verfuhr, brachte ihn felbft in den Geruch des Papismus, fo daß er in der Bars 
Iamentsfeffion von 1663 fidy bewogen fand, Telbft zu Maßregeln gegen Ausbrei⸗ 
tung des Katholicismus aufzufordern u. 1668 eine proteftantifcdhe Tripelalliang 
mit Schweben u. den Niederlanden, deren nicht glüdliche Bekriegung (während 
die hollaͤndiſche Escarde fogar in der Themſe erfchienen war) von 1664—1667 
er mit dem Frieden von Breda beendete, abzufchließen. Die Eonventifelafte 
1663 ſollte jede Form eines reformiftifchen Gottesdienſtes vernichten. So warb 
die Bredaer Duldungsafte durchaus gebrochen, doch wider den Willen des Kös 
nigs. Zu erwähnen iR die fürchterlidhe Pe 1665, fo wie der große Londoner 
Brand 1666, wobel viele Katholiten vom Poͤbel ermordet wurden und der im 
nächſten Parlamente zu neuen Anklagen u. Unterfuchungen wider felbe erwuͤnſch⸗ 
ten Anlaß bot. Im felben Sabre mußte in Schottland eine Verſchwörung ber 
Govenanters, die man jeht Whigs, arme Leute nannte — dieß der Urfprung 
des feitherigen Parteinamens — blutig unterdrüdt werden. Die Berbannung 
des intoleranten Kanzlers Glarendon, des Derioge von Dorf, präfumtiven Throns 
“erden, Schwiegervater, befferte wenig in den Berhältnifien, Die noch verwidelter 
wurden, ald der Herzog von Dorf feinen Rüdtritt zum katholifchen Glauben bes 
kannte, ein Schritt, worin ihm ber König, der einen geheimen Vertrag mit Lud⸗ 
wig XIV. eingegangen, (woburdy er fidy gegen Subfldien zu einem Kriege gegen 
Holland u. zum Blaubenswechfel verpflichtete) gerne nachgefolgt wäre. Glarens 
don's Racyfolger, Budingham, bemühte fidy nun, den Herzog von Dorf aus der 
Thronfolge zu verdrängen, Trotz jenes Vertrages. erließ Karl, als das Parla⸗ 
ment über das Umgreifen des Papismus Hagte, eine Proclamation über feine 
Rechigläubigfeit, wohl nur, um immer wieder Subfldien zu erlangen; dad Mis 
niſterium indeß, die Babale (nad) den Anfangsbuchflaben der Ramen der Minis 
fter), war von Frankreich erfauft, u. fo begann 1672 der Krieg mit den Nieder⸗ 
landen wieder, um nach mehren Niederlagen, obgleich der Herzog von Dorf als 
DOberadmiral e8 weder an Umfidht, nody an Tapferkeit fehlen ließ, 1674 wieber 
beigelegt zu werden. Im Parlamente von 1673 mußte ver König eine Dul⸗ 
dungsakte, welche er für die Difienters vor dem Kriege erlafien, aufheben, was 
die Einbringung der Teftakte zur Folge hatte, welche alle Katholifen, aber audy 
bie übrigen Diffenterd, von den GStaatsämtern und der Armee fernhalten follte; 
Karl mußte ſich zur Gewährung diefer, gegen den Herzog von Dorf gerichteten, 
BIN bequemen. In der Holge der Teftakte fiel dad Cabaleminiſterium, und der 
Herzog von York, woburdy er fidy zuerft öffentlich als Katholiken bekannte, mit 
den katholiſchen Beamten legten ihre Stellen nieber. Der Herzog ehelichte nach 
dem Tode feiner erftien Gemahlin eine Tatholifcye Prinzeffinz aber der König ges 
flattete ihm feine öffentliche Kapelle u. ließ die Geſetze gegen katholiſche Recufans 
ten verfchärfen, um die Oppofition zu entwaffuen. Da dieß nicht gelang, nahm 
er wieder Gelb von Frankreich u. prorogirte das Parlament. York's mächtig» 
ler. Gegner war indeß fein Sanvieperfohn, der tn Engl yayılir Itniis 


1094 Großbritannien, 


heim von Oranien. Gegen fünf Berorbnungen des Gonfells wider Prieſter, 
Bapiften u. Ronconformiften proteftirte ber Der vergeblih. Ein in's Ober 
haus gebrachter Non-Rıfifling Te, eine eidliche Berpflichtung, den Anordnun⸗ 
gen der Staatögewalt feinen Widerſtand entgegen zu feßen, was geradezu zum 
bfoluttsmus geführt hätte, ging nicht durch. In diefe Zeit, hervorgerufen durch 
die antikatholiſche Aufregung, fiel das Wuftreten des Abentheurers Huzanıy, der 
mit Pomp zur engliichen Kirche übertrat und ſich als verfolgt von den Jeſuiten 
ausgab, und Titys Bates, der dad Schredbild einer großen Eatholifchen Ber, 
ſchworung zur Befeitigung des Königs u. Thronerhebung des Herzogs von Dorf 
erfand. Des fcyändlichen Bates Angaben erwiefen fich ebenfo Lügen ft, wie bie 
feined Borgängers, und doch koſteten fie Mehre, namentlich Sefuiten, das Leben, 
Das Haus, welche die Anklagen Bates angenommen, ward aufgelöft, das neue 
Haus aber machte den Borfchlag, den Herzog von Dorf von der Thronfolge 
auszufchließen, welchem Borfchlage ſich indeß die Lords widerfehten. Diefes Bars 
Iament wird übrigens in Englands Geſchichte ſtets denkwürdig bleiben, weil es 
1679 die Habeas⸗Corpus⸗Akte (f. d.) zu Stande brachte. Der Hof ver 
fuhr indeß in ganz eigenmädhtiger Weiſe; der Herzog von York regierte eigent⸗ 
Ich u. feine Verwaltung erlaubte fidy fchreiende Kingriffe in vie Freiheit der Ge⸗ 
richte und der Municipien. Proſcriptionen kamen wieder vor und Lord Ruflel, 
Algernon Sidney, Eifer, Shaftesbury, flarben, ald Staatöverräther zum Tode 
verurtheilt. Aber von 1680 ſchmachteten audy die Tatholifcyen Peers Arundel, 
Powis, Stafford, Peters, Bellafis, im Kerfer u. Shafteobury brachte fogar den 
hochbriahrten Grafen von Stafford, den treuen Diener des Konigthums, aufs 
»Echaffot, ohne daß der König es wagte, ibn zu retten! Während diefer Regie 
sung erholte fi) Irland wieder etwas unter Ormond's Berwaltung, ungeachtet 
das Verbot der Einfuhr trifchen Schlachtvieh's in England und Scyottland ein 
harter Schlag war; dagegen hoben fi Irlands Fabriken. Urbrigens ließ man 
Demond nidyt lange in Irland. In Schottland dauerten die Religionsftreitigs 
feiten fort. Karl farb als Katholif u. hinterließ feinem Bruder eine gefährdete 
Krone; diefer hatte fi) des Thrones würdig nezeigt, bia zu dem Augenblichke, 
wo er dazu berufen ward. Jakob II. (1695 —88) ergab ſich der verfledten ıms 
glüdfeltgen Poltiif der halben Maßregeln und bereitete ſich dadurch den Unter⸗ 
gang. Win Auffland des Herzogs von Monmouth, eines natürlichen Sohnes 
Karls II, wurde blutig beftraft, darauf aber allgemein Religiondfretheit zugeftans 
den und der Fatholifche Cultus wieder eingeführt. Diefes wäre ihm vergeben 
worden, nicht aber, daß er die Jefuiten offen begünftigte und deren zwei, Peters 
u. Warner, ald Rathgeber in feine unmittelbare Nähe zog. Peter namentlich 
vegierte, u. nicht zum Beſten ded Landes u. Könige. Als nun fogar Dranien 
ein Schreiben aufgefangen haben wollte, dad Jakob als Affillirten der Sefuiten 
bezeichnete, war die Krifis zum Ausbruche reif, Dazu fam nody, daß Jakob 
die gegen fein Toleranzedict (1677) proteftantirenden Bifchöfe, wider den Rath 
feine Minifterd Sunderland und Peters, in den Tower fegen ließ. Der 1683 
geborene Thronerbe ward für unterfchoben erflärt; der Prinz von Oranten landete 
und zog ohne Schwertfireidh in London ein, während Jakob das Land verlief. 
Die Peers u. das von Jakob berufene letzte Barlament fprachen Oranien die Res 
gentfchaft zu. Karl II. erklärte Jakoh des Thrones für verluftig, die Prinzeffin 
Maria ale deffen Nachfolgerin, deren Gemahl aber zum eigentlichen Könige; 
nad) Beider unbeerbtem Tode folte Maria's Schweſter Anna, an Georg von 
Danemark verheirathet, u. fpäter, im weiteren alle ber Shromeriebigung, die Prins 
zeffin Sophie von Hannover zur Thronfolge gelangen. Diefer ſchmaͤhliche Pakt 
mit fremden Fürftenhäufern u. die Berftoßung des rechtmäßigen Thronerben auf 
bloße verlaͤumderiſche Gerüchte bin, ward merkwürbigerweife ohne Widerſpruch 
im Innern und von Außen vollzogen. Doch hatte der vertriebene König noch 
immer feinen mächtigen Anhang von Tories, die es erbitterte, daß Wilhelm IL 
(1688-1702) ausfcyließlih mit den Whigs regierte. Diefer mußte bie »Decls- 


% 


Großbritaunien, . 1095 


ration of Rights, eine genauefle Umgrängung der Föniglichen Macht — der bei 
Karl II. geſchehene Kehler ward hiedurch —*X gutgemacht und ſo erſt die Re⸗ 
volution vollendet — als Geſetz anerkennen u. in Schottland Supremat u. Eyts- 
copat abſchaffen, wo er dann auch anerkannt ward, obgleich einige ſchottiſche 
Edelleute für Jakob unter den Waffen blieben und die Unzufriedenheit ziemlich 
allgemein war. Wilhelm wollte religtöfe Dulbdung; das Parlament gab 1689 
die große Toleranzafte, u. von nun an wurden bie, wenn audy davon ausgenom⸗ 
menen, Katholifen wentgftend nicht mehr verfolgt; doch waren fie, als Freunde 
der 2egimität, im Bunde mit den Anglifantfchen, als Jakobiter größtentheils 
Gegner des jungen Throne. “Diefe hießen auch Richtſchwörer, weil fie den Ans 
erfennungdeld verweigerten, worauf der König mehre derfelben als Anzettler von 
Berfchwörungen verhaften ließ u. das Unterhaus fogar die Sufpenfion der Has 
beas⸗Corpus⸗Acte verordnete. Daſſelbe Parlament gab audy eine Kornbill, nach 
weldyer die Getreideausfuhr unter gewiſſen Berhältnifien erlaubt feyn follte, fo 
wie es endlich auch eine beflimmte Givillifte, getrennt von den übrigen Staates 
ausgaben, feftfegte, wodurch dann die befändigen biäherigen Forderungen bed 

ofes um Subfidien wegfielen. In Irland blieb der Statthalter Tyrconnell Ja⸗ 
ob getreu, und als diefer mit franzöflichen Truppen landete, unterwarf fi ihm 
die ganze Infel Bon falſchen Höflingen geleltet , trug er jedoch ſelbſt durch 
fein despotiſches Verfahren dazu bei, Dranien ven Sieg zu erleichtern, der denn 
von Marſchall Schomberg, im Juli 1690, in der berühmten Schladt an ber 
Boyne, vollftändig errungen u. in der Folge dann audy noch nady langen Käms 
pfen Wilhelm ald König anerkannt wurde; die, den Fatholtfchen Irlaͤndern bafür 
im Bertrage von Limerick zugeficherten gleichen Berechtigungen wurden nicht reſpec⸗ 
tir. Gegen Frankreich ward der Krieg feftgefeht bis zum Frieden von Ryéwych, 
der jebody, fo unpopulär u. läftig der Krieg auch geweſen, weil wenig vortheils 
baft, in England Unzufriedenheit erregte und dazu benügt warb, eine bedeutende 
Reduction des Heeres und die Entlaffung der hollaͤndiſchen Garde zu eratwingen. 
1694 waren vreijährige Parlamente eingeführt worden. Ueberhaupt intrigirten 
Whigs u. Tories befländig um die Herrichaft, währenb der unfreundliche und 
ſtolze König ſich keine Bopularität erringen konnte, fo daß er einmal entſchloſſen 
war, den Thron feiner Gemahlin zu überlaffen; den Sohn Jakob's hätte er, zus 
folge eines geheimen Vertrages mit Frankreich, als feinen Rachfolger anerkannt, 
hätte nicht der unbeugfame Jakob jede Unterhandlung verworfen. In Yolge 
eines gefcheiterten Invaflonsplaned der Jakobiter (1696) waren mehre Bers 
fhwörer bingerichtet, die Katbolifen aus der Nähe von London verbannt, gegen 
die Eidverweigerer firenge Maßregeln verhängt worden. Die Penalgefepe gegen 
Katholifen u. Prieſter wurden mehrmals erneuert, ohne jedoch firenge ausgeübt 
zu werden. Bei Gelegenheit der Succeffiondacte (1701) fyra das Parlament 
in den ‘Bräliminarartifeln einen harten Tadel des Königs, befonderd wegen fels 
ner Begünftigung der Holländer u. häufigen Aufenthaltes bei ihnen, aus; feine 
treulofe Politik brachte Schottland in Gährung. Rad) dem Tode Jakobs (1701) 
erließ zwar das Parlament eine Attainderbill gegen den „vorgeblichen” Prinzen 
von Waled (den Ludwig XIV. ald König anerfannte) ; doch war für diefen beim 
Tode Wilhelm’8 die Stimmung, namentlich in Schottland n. Irland, günftig. 
- Unter Wilhelm hatte fi) Englands äußere Stellung u. die Kraft feiner Berfat- 
fung entwidelt; der König war übrigens nur eine paffive Beranlaflung biefer 
glüdlichen @eftaltung eined Staates, den er nicht liebte u. deflen Krone, wo⸗ 
nad) er nur aus Ehrgeiz gefttebt, ihn nicht beglüdte. Er hinterließ feiner Schwäs 
gerin Anna (1702—8) Englands Antheil an dem fpantfchen Erbfolgefriege. Im 
Innern kam die bereitö verbreitete vollftändige Unton zwiſchen England n. Schott: 
land mit Einem Parlamente und der, auch für Schottland geltenden, proteflanti- 
fchen Thronfolge zu Gtande; dieß brachte die Unzufriedenheit der ſchottiſchen 
Jakobiter zum Auobruche, u. ein von Frankteich veranlaßter Landungsverſuch des 
PBrätendenten Jakob MI. 1708 verhinderte num der Admiral Vyng. ALS die Ks 


f 
? 
h 
: 
f 
1 





amgänkigen Di Der Weltverkehr des Landes tn Gefahr 
& war der abermalige — des Krieges, März 1803, eine 

Pitt Äbernahın 1804 Die wieder. Rapo 

ven zurädgeiviefen, ungeachtet Pitt die Bebürfntffe der nötbigen Land » un Eu 
eh, mt Bufla cn Blkani aefhiofen, dem und Dekerreiß 1. On 
betreten, Dis antfche franifide Biotle von elfen 21: Detober. 1 


3 = De Sant — — * ö en 
u. nöthigte fie zum en von rg. eri ie 
Mobington Friedensunterhanblungen, bie ſich indeß zerfdhlugen, mh 
rend der Triebe von Tüft, die Errichtung des Rheinbundes, das Bündnis Ai 
lands mit Frankreich, England nicht nur nänzlich iſolirte, fondern die Einiide 
zung Kopenhagens u. der Raub ber dänifchen Flotte 1807 durch Adwmital Ga 
bier als Demonftration führte zum Kriege mit Dänemark u. Rußland, der ind 
England die dänifchen Kolonien einbrachte. Die Eontinentalfperre, bie 
nur die ſchwediſchen und portugiefifchen Häfen offen ließ, bedrohte indes jchn 
Handel aufs Ernflichke, tropdem aber fah es nur in Fortſetzung bes Kamyis 
fein a ein von Fr 10T ae des — auf ur 
ten albinfel. verſehte. lesley (fpäter Herzog von Wellington) 
in Portugal, John Moore in Spanien; 1809 ftand audy wieder Defterreih af 
und wurbe:durdh Gubfidien u. eine Diverfion auf bie niederländiſchen Küften m 
terkügt, während Wellesley die Spanier infurgirte u. die Franzoſen bejchäftige 
Mit dem Frieden zu Wien 1809 nahmen indefien diefe momentan gnünftigen Yub 
fichten eine trübere @eftaltung, felbR in Spanien, aber zur See blieb Englan 
ſteis Steger und Frankreich verlor feine fämmtlichen Kolonten. 1814 übernabe 
der Prinz von Wales, ald Georg II. einem unheilbaren Wahnfinne verfiel, ve 
Regentfchaft, die Torted an's Staatöruder berufend, in beren Miniflertum Live 
pool Lord Gafllereagh das Auswärtige leitete. Das Zenrvärfnig Napoleons mit 
Alerander benuͤtzte leer geſchidt, um mit Rußland u. der Pforte ein Bündniß m 
fliegen, u. nad) dem unglüdlicyen Feldzuge von 1812, der England umamelid 
haft vor einer franzoſtſchen Landung rettete, gelang es ihm durch Subfidien ı. 
Unterhandlungen, die Mächte zur Führung des Ichten entfcheidenden Kampfes 
auf franzd ſtſchem Boden ſelbſt zu bewegen. Endlich frönte der Pariſer Frick 
am 30. Mai 1814 die ungeheuer Anftrengungen G.s glänzend; Frankreich u. Hol 
land mußten ihre beften überfeeifcpen Beſihungen hergeben und feitbem tft ©, bie | 


— 


zze 
7— 


Großbritamtien, | 4087 


Gampefcheholz zu fällen; in Oſtindien behielten die Franzoſen nur drei Faltoreien. 
41764 tegannen die Unruhen, welche, von dem Verſuche hervorgerufen, ven 1585 
egründeten nordamerikaniſchen Kolonien willkürliche Steuern aufzulenen, vie 
nabhängigfelt der vereinigten Staaten zum Refultate gehabt haben, 10 Jahre 
vergingen unter Berbandlungen und Kriegdrüflungen, bis am 19. April 1775 
der für England ungünflige Krieg beaann, Die Erklärung der amerifanifchen 
Unabhängigtelt erfolgte am .4. Zull 1776. Zwei Jahre fpäter zog Frankreich 
den Staaten zu Hülfe, was den abermaligen Wusbruch des Krieges mit jener 
Macht zur Folge hatte; ˖Frankteich bewog 1779 audy Spanien zur Theilnahme 
am Kriege, u. da Holland einer bewaffneten Reutralttät der nordiſchen Seemadht 
beitreten wollte, erklärte ihm England den Krieg. Diefer ſchwere Krieg konnte 
nur mit großen Opfern geführt werden, der 1782 mit einem Separatfrieden mit 
Nordamerika, der ſelbem die Unabhängigkeit fiherte u. 1783 mit einem allgemei⸗ 
nen Friedensſchluſſe zu Verſailles, wegen feiner Bedingungen zum Unmillen des 
Parlaments und Volkes, befchleffen wurde. Während bieleg unglüdlicyen Krie⸗ 
geö war die Stantefhuld auf 235 Millionen angewachſen; Religionsunruhen 
radyen in 2ondon aus, weil die Regierung beim Parlamente 1798 die Aufhe⸗ 
bung der firengen Penalgeſetze wider die Katholiken, bis auf wenige Beſtimmun⸗ 
gen, durchfegte;s Irland verlangte feine Unabhängigkeit u. ward nur dadurch bes 
ruhigt, daß das iriſche Parlament aus der Dienſtbarkeit des englifchen befreit 
ward. Im Verfailler Frieden gewann Spanien die Infeln Minorfa u. Florida, 
mußte dagegen die Lucayifchen Infeln abtreten, die e8 1781 beſetzt hatte; Frank⸗ 
reich erhielt die, im Frieden von 1763 abgetretenen, Beflgungen am Senegal wies 
der zurüd, erhielt mehre weſtindiſche Inſeln und zugleich das Recht, an den Küs 
ſten Malabar und Goromandel frei Handel zu treiben. Franzoͤſiſche Intriguen 
hatten in Oftindien die einbeimifchen Fürflen gegen England aufgewiegelt, nas 
mentlich Haider Ay, den Fürſten von Myfore, der noch immer für die Unabs 
hängigfelt feines Landes focht. Die Nachricht vom Abſchluſſe des Friedens ges 
langte erſt nad feinem Tode nady Indien, in Folge defien fein Sohn Tippu 
Sahib einen neuen Bertrag mit England einging. Aber ver Krieg brach bier 
wieder aus, 17915 nur von kurzer Dauer, endete er-mit dem Tode Tippu Sahib’e, 
der auf den Mauern feiner Hauptſtadt Seringapatam den Heldentod flarb. So 
fam 1792 dad Reid Myfore in britifche Hände; Englands Beſttz bis Dekan 
war dadurch geſichertz im Stromgebiete des Ganges hatte es ſchon 1765 das 
Königreidy Bengalen erworben. Die Kolonifatton des großen ſuͤdlichen Continents 
in ReusSüd-Waled begann 1787, als Straflolonie für die zur Deportation vers 
urtheilten Berbrecher. 4 Jahre fpäter nahmen die Engländer die Andamaniſchen 
Inſeln in Beflg, gaben fie aber nady 2 Jahren wieder auf, Einen Theil der 
Rordweftfüfle von Amerifa, die wegen des Pelzhandels nach China fo wichtig 
war, hatte England 1790 von Spanien durdy Abtretung, u. Bulo Pinang an 
der Malaccaftraße 1786 durch Kolonifation erworben, 1787 an der afrifantichen 
Weſtküſte die Kolonie Sierra⸗Leone für freigewordene Negerfflaven geftiftet. — 
In Folge des unglüdlidyen norpamerifanifch-franzöftichen Krieges mußte das Mis 
niflerrum Chelburne, Dezember 1783,. abtreten und Pitt gelangte für lange an's 
Staatöruder, das er unter den widhtigften Ereignifien alone regierte, während 
die Whigs unter Fex u. Burke eine glänzende Oppofltion führten. Alle inneren 
Reformentwidelungen traten indeflen in Hintergrund vor der franzöflfchen Revo⸗ 
Iution, da die Hinrichtung Ludwigs XVI. das Miniſterium veranlaßte, den fran« 
zöſiſchen Geſandten auszuweiſen u. hierauf 1793 die Kriegserflärung Frankreichs 
erfolgte. Zu Lande waren die Niederlande Schauplatz des Krieges, der zu Wafs 
fer den Englänvdern Gelegenheit gab, ihr Uebergewicht glänzend zu entfalten u, 
zu befefligen; die franzoͤſiſche Flotie ward im Mittelmeere faſt gänzlich vernichtet, 
Im Innern gährte es Innfien im Volle, das durch die Sufpenflon der Habeas⸗ 
Corpus⸗Akte, die Fremdenbill u. aͤhnliche Ausnahmegeſetze, nur noch mahr beuns 
ruhigt ward, Bon 1795—96 an fah fſich England im Franklin Kror HU 


100 Großenpape — Großgörfäen. 


vie zwedmäßige Reform der ‚Verwaltung, 
mb6 durch, die Zehntbill nicht durch 
aterbrüdung der, felbft: der gefährlich 
ber eine Reformbill für die iriſchen Städte ſcheiterie an der durchart 

des Dberhaufes. Unter diefen Parlamentefämpfen 

ſchen miſſe, nachdem das ep für Irland 
RT 
m er den auswärı er! 

Haktlany — Spanten u. Portugal, am 22. April 1834, 


hten des ven Pi 
achyzuholen. Gin — in Canada lenkte furze Zeit die 
in Barteifämpfen ab; indeß kamen 1838 die iriſchen Bills wieder zur 
‚ wurden, mit Ausnahme derjenigen über die Gtädteorbnung, im Dberbauk 
enommer, nachdem das Kabinet, weldyes feinen fihern Boden mehr une 
ihfte, die Appropriationeclaufel hatte fallen laſſen. — Die weitere 
zur Gegenwart befprechen wir am füglichften in dem Str Robert! 
idmeten Artifel, da befien fich num entwidelnde Thätigkeit die game 
hefähtchte feines Waterlandes umfaßt. (Man vergl. auch D’Eonnell) 
eht Das ſterium Raſſel am Staatoruder. Rod felten war ai 
im neuen Jahres in England die politiſche Zukunft mit | 
urcoringlichen Schleiern des Gehelmnifjes verhält, wie beim 
abres 1847, Wie lange wird das Mintfterium feffieben ? 
he Mehrheit iR, wenn nicht ohme Reiter, doch ohne Disciplin — 
ng wird fle gehorchen wollen? Irland if, von außen angefehen, 
m —— und — Elendo, und In feinen Eingeweiden gi 
z.aber die Mittel felbft, die man zur Hemmung oder 
ebel ergriffen hat, tragen dazu bei, fie zu verlängern ober, 
blimmern. Gnoli die auswärtigen Verhaͤliniſſe au Sranfreih, Sp 
tufland, gleich ungewiß, dergeftalt, daß irgend ein leichter Zwiſchenfall 
ven Rand einer ſchweren Kataftrophe führen kann. Trog alle dem iſt d 
ſtand des Landes im Allgemeinen ein blühender. Die Staatseinfünfte 
eine Zunahme, fogar in den Rubriken Zoll u. Accife, welche von den unge 
Reformen der legten zwei Jahre am meiften berührt worden. Die Zuderl 
den daran gefnüpften Erwartungen wunderbar entfprochen, u. die Thätigl 
andels in allen Zweigen hat die Borausfagen ver ‚großen Reformer da 
hen Handelspolitik, Hicbar Gobden an der Spige, wahr gemacht. 
roßenhayn oder Hayn, eine Stadt im fächflichen Kreife Drest 
der Roͤder, ſeit dem großen Brande 1744 neu aufgebaut, während d 
mauerung noch auf dad Alter der Stadt hinweist, hat gegen 6000 Ein 
u. wichtige Fabrikation in Tu, Baumwolle u. Farben, von welchen | 
der Apvolat 3. Chr, Barth 1743 das ſächſiſche oder Hayner- Grün u 
blauen Rarmin oder das fächfifche Blau erfand. Am 16. Mat 1813 hier 
wiſchen den Ruffen u. Franzoſen. 

Großfürſt, früher Titel der Beherrfcher von Motkau, Kiew, Ro 
uf mw, von Litihauen, fpäter der Könige von Polen, jegt des Kaifeı 
Rufland, als Beherrſchers von Smolensf, Litthauen, Bolhynien, Podoli 
Sinnland. Denfelden Titel führen die kalſerlich ruffifchen Prinzen und 
aeffinnen. Seitdem Maria Therefia 1765 Siebenbürgen zu einem Großi 
thume_erhob, nennt. fidy auch’ der Kaiſer von Oeſterreich ©. 

Großgoͤrſchen, Dorf tm preußifchen Regterungsbezirfe Merfeburg 
Bloßgraben, mit 300 Einwohnern. Denkmal der Schlacht (die am 2. Ma 
geleert wurde und richtiger nach Zügen (f. d.) benannt wird), be 
An Fa Buß hohen eifernen Pyramide, mit einem eiſernen Kreu 

el 







Herrin der Meere u. die erſte europätfche Großmacht. Im Siege von Waterloo, 
von Blücher und Wellington erfämpft, ward Napoleon vollends geſtürzt. 1814 
wurde ein, mit Nordamerika wegen Berlehung der Reutralität ſeitens britifcher Schiffe 
geführter, Krieg geendet, wobei bie Ausfoliefung der Berchnigten Staaten vom 
oflindifchen Handel feftgefebt ward. In dem langen u. furdht 
Frankreich war übrigens die Nationalſchuld auf 800 Millionen angewachſen u. 
der brittfchen Induſtiie, die jetzt mit ven, durdy die Bontinentalfperre gehobenen, 
feſtlaͤndiſchen Fabriken concurriren mußten,- empfindlidher Schaden zugefügt, Das 
Elend und die Armuth der befchäftigungslofen Maffen fleigerte ſich; der Gegen⸗ 
[nt zwifchen Reichthum und Elend trat immer greller hervor. Das drohende . 
. Broletariat ließ ſich durch Suopenſion der Habeas⸗Corpo⸗ te, Anwendung von 
Militärgewalt, Berbote der Berfammlungen u. des Waffentragens faum fchreden 
Georgd IV. (1820 — 1830) feandaldfer Scheidungsprozeß mit der Königin 
Karoline fleigerte den Haß ded Volkes gegen Hof u. Miniſter. Canning über- 
nahm 1822 nach Caſtlereagh's Selbſtmorde deſſen Miniftertum, die Politik der 
Richtintervention einführend, hiedurch bie Anerkennung Griechenlands vorbereitend, 
1825 die fünamerifanifchen Freiſtaaten anerkennend. Der Sklavenhandel warb 
verpönt, die Sklavenemancipation eingeleitet, für den Aufſchwung des Handels 
und Herabfegung der Steuern wurden die zwedmäßigflien Maßregeln getroffen, 
1826 der GBetreideroll bei ſteigenden Preiſen berabgefeht; fo ging die, durch Die 
ſuͤdamerikaniſchen Berhältniffe herbeigeführte, Hanpdelscrifie ohne große Schwierig- 
feit vorüber. In Irland agitirte inzwifchen bie katholiſche Aſſociation unter 
O' Connell cf. d.) für die Emancipation der Katholifen, welche ſchon Canning 
beantragt, aber von den Lords verworfen gefehen hatte. Als indeß dieſer große 
Etaatömann 1827 an die Spipe der Berwaltung trat, bofften die Iren, wie bie 
Engländer, die Verwirklichung wohlthätiger Reformen; doch flarb Canning nod) 
tm felben Jahre, nachdem er mit Frankreich u, England ein Bündnig zur Bes 
freiung Griechenlands geſchloſſen. Das Minifterium Wellington »:Beel verfolgte 
eine ebenfo engberzige Politik, als Die Cannings großherzig gewefen, und bie ir⸗ 
ländifche Eatholtfche Bewegung begann bei dem Mintfteriwechfel wieber, beſonders, 
da die Drangiften drohende Demonftrationen machten. Um den Ausbruch abzu- 
wenden, leitete dad Miniftertum die Katholikenemancipation ein; 1828 fehte Peel, 
unter dem heftigſten Widerftande der Tories, die Aufhebung des Teſteides u. wie 
Aufnahme der Katholifen in das Parlament durch. Diele reformatoriſche Bes 
firebung bahnte der fo nothwendigen Barlamentsreform (f. d.) den Weg, 
deren Agitirung daB ganze Land lange in die heftige Bewegung verfeßte, die 
jedoch erſt unter dem freifinnigen Herzoge von Glarence, Georgs IV. Bruder, 
der als Wilhelm IV. (1830—1837) den Thron beftieg, vom Miniſterium Grey, 
nach zweimaligem Widerſtande der -Lord6 gegen die BIN, 1831 die große Maf- 
regel durchſetzten. Gegen Sıland verläugnete indeß das Toryminiſterium feinen 
angeftammten Haß nicht, und die daſelbſt herrſchende Ze ntogitation veranlaßte 
Grey, die iriſche Zwangsbill einzubringen, weldye dem Lorblieutenant bei Aufs 
Ränden Anwendung des Kriegsrechts erlaubte. Dafür follte die Kirchenreformbill 
die Aufregung in Irland dämpfen, da fie die Pfründen herabfegte, unnöthige 
hochkirchliche Bisthümer u. Pfarreien abſchaffte u. dgl. m. Diefe Bills gingen 
durch — wie aud) die Aufhebung des Privilegtums der oſtindiſchen Compagnie 
— dagegen ſcheiterten an der vorgefchlagenen Zehntbill (Bermanbelung der eng⸗ 
Iifchen u. trifdyen Zehnten in Beldabgaben der Grundbeſitzer, mit der Appropria⸗ 
ttonsclaufel, daß die Ueberfhüfle aus dem trifchen Kirchenvermögen befonder6 
im Schul» und Armenwefen verwandt werben follten) um, eben dieſer, von 
den Toried und Proteftanten beanftandeten Glaufel willen, die Minifterien Grey, 
Melbourne u. Peel: das lehtere, ein Toryfabinet, weil die von Lord Ruſſel als 
Amendement vorgebracdhte Approbationdclaufel burchging. Dagegen hatte Beel 
einige, die Befreiung der Difienterd von dem tyranniichen Zwange der Hochkirche 
bewertende, Borfchläge durchgeſetzſt. Das Whiaminikerium Mehaurer \ugr um. 


aren Kampfe mit 





1102, Großmann — Großmogul. 
biete ber Kunſt. a m 


ieb, aufier ei Schriften, einer 
Ei Kin * en — —— 
nn en von mn und Franz Pruner: —— 
medica posthuma,« Stuttgart 1831—32. 3 Be 


6 ei tedrich Wilhelm, 
Biber, "orten yı Darm 176, rt Rufaa an Sau an Sina 
Be dee preuf — — bei Gau 
Bee, tete in der Folge das Furfürftliche — und 
—— me jenen Schaufpielergefellichaft, mit welcher er ſich main 
ar Kr a man — 1 Singh Rune — —— 
J hen lien en —— —— 
— an 
—5— Een von —A— „Henriette 
"das Em 3 Ba ae echs So Einen" u, wärs — 
der beliebteren Stüde auf eutſchen Theatern war. « 


— müpfte. Unter 
— Ei Rufamir, Bendfcjab, Gaan, 
\ er * at, D m en! hr 
Altar * die Etabt Kehhen I ſch —* — 
denz 

Pracht. Ein Heer von ‚000 Mann vollzog feine Befehle und das Reid ge 
währte ihm über 200 Millionen Thaler Gintänfte Mit welchem Glanze ad 
der Hof der ©.n In umgab, wie prachtvolle Denfmäler der Kunft mit Hülfe ie 
unermeßlichen Schä ” aufgeftellt wurven, fo litt doch die Regierung am allen da 
Gebrechen, welche im Morgenlande durch die Serallherrſchaft erzeugt werden 
Partelungen zerriffen die fürftliche Bamilte, Verbrechen und Schandthaten mn 
den von den Beftrebungen des Chrgeizes ohne Bedenken ausgeführt, ober mi 
noch mehr Recht durch die Pflicht * — in Anſpruch genommen. ud 
die Stadt Lahore trat in die Reihe der Refidengen un erfreute Ya derfelben vor 
ſchwenderiſchen Gunftbegeugungen, wie ihre Nebenbuhlerinnen, wovon noch eu; 
ges Tages ihre alten, — — Bauwerke Zeugniß ablegen. Unte 
den G.n in der Folgezeit ragt Aureng Zeyb (gef. 1707) hervor, Mit dem 
Blute feiner Brüder % jeckt, beftieg er den Thron, regierte aber kräftig, weifen 
meld, vergrößerte das Reich durch Eroberungen bergeftalt, daß feine & afünfte 300 
Mil. Thir. überftiegen. Der englifch:oftindtfchen Compagnie, welche erft fett kur 
zem in Indien Au} gefaßt hatte, machte er ſich furchtbar. Zu gleicher Zeit aber 
begünftigte er in feinen Staaten die Europäer und pflegte Künfte und Wiſſen 
haften. Seine Nachfolger verfchuldeten die jegt eintretende Schwäche des Wei 
des. Mehre enthalte machten fi) unabhä: Hanaia u. gründeten die Reiche Oude, 
Dekan, Allahabad u. ſ. w.; bie eingeborenen Stämme der Mahratten, biöher nur 
ſcheinbar unterworfen, beunrubigten das Land. Offenbar aber wurde bie Ob 
macht des Reiches, als der Shah von Berfien, Rapdir, faR ohne Widerkand 
erobern und verbrennen konnte. Go ging eine Provinz nady der anvem 
verloren und am Ende blieb dem G. um fidy feiner Feinde zu erwehren, Richie 
übrig, als fi dem Sn ländern in die Arme zu werfen, indem ex durch einen Bas 
trag 1765 Schup ſtellte und fein Reich gegen eine jährliche Rente 


| Englaͤndern bezieht, fichert 


Großpenfionär — Grotesken. 1103 


: Denfelben abtrat. Ein Nachkomme des ©. Lebt noch jebt, mit dieſem Titel bes 


Eleidet, aber ohne alle Rad, in Delhi; ein jährliche Jahrgeld, das er von den 
hm nothduͤrftig feine Exiſtenz. 
Großpenfionär, |. Benftonär. 
Großpolen hieß der norböftliche, ebene Theil des ehemaligen polniſchen Reihe ; 
er befland aus den Wojewodſchaften Poſen, Gnefen, Kaliſch, Sieradz, Lenczie 


.m. ſ. w. Im Gegenfage zu ©. hieß ver fünweftliche, gebirgige Theil des polni⸗ 
En Reiches (de Wojewodſchaften Krakau, Sandomir, Lublin, ferner Podlachlen, 
. Sol W. 


unien u. Podolien) Kleinrußland. 
Großvezier, f. Bester. 


Großwardein (ungariſch Nagy Barad), Hauptſtadt der Biharer Ges 


| Mannſchaſt in Oberungarn, im Kreiſe jenſeits der Theiß, und flarke Feſtung, in 
„ einer jchönen Ebene am Fluſſe Körös, mit 16,000 Einwohnern, die meiſtens Ma⸗ 


yaren, Walachen und Deutfche find, ift der Sit eines katholiſchen u. eined uns 
n Biſchofo, fowie eined griechiſchen Protopopen, hat eine Akademie, ein theo⸗ 


logiſches Seminar, Archigymnaſium, adeliches Convict, Rormalfchule, mehre Kloͤſter 


u. ſ. w. Merkwuͤrdig if die herrliche katholiſche Kathedrale, welche die Relis 


„ quien des heiligen Ladislaus befigt, und in der auch König Sigismund begraben 
‚ Legt. Die Einwohner nähren ſich hauptfählih von Weinbau, Babrifatton der 


in der Biharer Geſpannſchaft gewonnenen Seide, Töpferarbriten und Handel; 


. aud wie in der Raͤhe befindlichen Bruche von afchgrauem Marmor bringen vies 


. I8 hı' JE U 


len Gewinn. Gine Meile von der Stadt liegen die warmen, fogenannten biſchoͤf⸗ 
lichen oder Felictanifchen Bäder. Abgefondert von ©, liegt Neu⸗Wardein u., 
in 3 Flecken getheilt, das bifchöflicdye, waladyifche und Soldaten⸗Wardein. — ©. 
{ft eine alte Stadt, die ſchon 1242 von den Tartaren erobert wurde. 1538 wurbe 
bier der Friede zwifchen Ferdinand von Defterreidh und Johann Zapolya gefchlofs 


* fen. 1556 kam die Stadt an Siebenbürgen; Bethlen Gabor ließ die, von Ladis⸗ 


laus 1. erbaute, Kathenrale abbrechen und ein Feſtungswerk daraus machen; fpäter 
fam es wieder an die Kalferlichen; 1598 vergebens von den Türken belagert, aber 
1663 von denſelben erftürmt, wurde ed 1692 von den Kaiſerlichen wieder erobert. 

Srotefend, 1) ©., Georg Friedrich, tüchtiger Philolog und Alterthums⸗ 
forfcher, geboren zu Münden 1775, in Göttingen gebildet und durdy Heyne 1797 
Lehrer an der Stabtfchule, 1803 am Gymnaſtum zu Frankfurt a. M., 1821 Dis 
rektor des Lyceums zu Hannover, durch Grammatiken (Wenks größere latetnifche 
Grammatik, 2 Bde. 4. Auflage 1824; „Unterſuchungen über die oëkiſche und 
umbrifche Sprache,” 1839; „die altitaliſche Geographie,“ 1840) rühmlidhft be- 
fannt. — 2) ©., Friedrich Auguſt, geboren 1798 zu Ilfeld, ſtudirte in Böt- 
tingen Philologie und entwidelte feine Lchrertalente zu Ilfeld (1821) und ale 
Direktor des Gymnaſiums zu Göttingen (1831), wo er 1836 flarb. Seine Schrif⸗ 
ten beflehen in lateinifchen Grammatiken und praftifchen Uebungsbüdhern. 

Grotesk, als Betwort, f. v. a. fehlerhaft, ungewöhnlich, auch lächerlich in 
Broportion u. Zufammenfegung. Auf das Mbenteuerliche u. Geheimnißvolle hei⸗ 
Iiger Grotten, näher auf jene phantaſtiſchen Berzierungen, Grotesken (f. d.) 
genannt, hindeutend, iR es ald Kunſtausdruck in das Kunſtfach überhaupt eins 
getreten, worin es ein gewiſſes Zerrbild, ein naͤrriſch Geltfames, ein Ergebniß 
der regeiofen Phantafie u. eine Bereinigung der verfchienenartigften Beſtandiheile, 
ein Adenteuerliches, In der Wirklichkeit nicht Vorhandenes, bezeichnet. Die ab⸗ 
ſichtliche u, freie Darſtellung dıfielben in der Kunft gibt aber eine Art des 
Komildyen, dad Grotes komiſche, welches fowohl in der theatralifchen Tanz⸗ 
funft, als in der dramatiſchen Komik, in beiden Fällen dem Niedrigkomiſchen 
angehörig, zur Anfchauung gebracht werden kann. Auch in der Malerei und 
Plafit richt man in der oben bemerften Erklärung von grotesken Figuren, u. 
ſelbſt die Baufunft kann fi) groteöfer Berzierungen bebienen, 

Grotesken heißen in der Malerei phantaftifche Verzierungen von Laub» u. 
Blumenzügen, verbunden und verfehlungen mit tern, Mufcheln, Masten, 


Kamen Kontra, nicht W. führen jouten. Zu feiner Zeit aymıen 
beiter, weldye ſich dieſes Ausdruckes ebenfalls bebienten, u. zwar bit 
den Epheu u. den wilden Wein nach; die Römer u. Florentiner aber 
mit Blättern u. Blumen verfchieden gewunden, dazwifchen gewifle 8; 
led Thiere u. f. w. Die ©. werden oft mit Arabesfen verwechſ 
find fie audy aus denfelben entftanden, oder umgekehrt, invens die Arc 
Thiere wergelaffen haben. . 

Grotius, Hugo, einer der größten Gelehrten, war geboren 
10. April 1583. Seine außerordentlichen Geiſtesanlagen, welch 
reif entwidelten, ließen ſchon den Yjährigen Knaben bewundern, da 
Alter Proben von gelungenen Gedichten ablegte. 12 Jahre alt, 
Untverfität Leyden u. winmete fi) den umfaflendflen Studien in Phil 
logie u. Jurisprudenz. Scaliger wirkte bier vorthellhaft auf feine 
Nach 3 Jahren (1598) begleitete er den hollaͤndiſchen Gefandten, 
Divenbarneveldt nach Frankreich, ließ fidy zum Doktor der beiden Ri 
u. genoß die Ehre, von König Heinridy IV. huldvoll aufgenommen 
fcyenkt zu werden. Scaligerd Freundſchaft hatte ihm eine unwiderf 


‚liebe zu den clafflichen Studien eingeflößt, die er audy in Mitte de 


fenfchaft der Jurisprudenz eifrigft forif-gte. Mit 17 Jahren wc 
Zahl der Advofaten im Haag aufgenommen uw. unternahm auf hohe 
eſchichtliche Befchreibung der Kriege, welche die vereinigten Nie 
Epanten bisher geführt hatten. Die Generalftaaten erwählten ihn 
feiner hervorragenden Talente zum Fiecal⸗Anwalte; 1613 wurde th: 
difat in Rotterdam angetragen; er nahm dieſe Stelle jedoch nur un 
drüdtich ihm zugeftandenen Bedingung an, daß er unabfehbar fet. 
behalt machte er deshalb, weil er in Betreff der heftigen theologifi 
fetten ſchon die nadyfolgende Verfolgungsfudt ahnete. Leider lie 
leicht in die religiofen Streitigkeiten der Armintaner und Gomarifte 
und zog ſich bei der hollaͤndiſchen Republik die gehäfftgften Anfchuld 
Strafen zu. Gr wurde fogar ‚gefänglich eingezogen, In. feiner Haf 


‘“-_... f. RB. 


u nm 


Großpenfionär — Grotesken. 1108 


yenfelben abtrat. Ein Rachlomme des ©. lebt noch jeht, mit biefem Titel bes 
leidet, aber ohne alle Macht, in Delhi; ein jaͤhrliches Jahrgeld, das er von den 
Engländern bezieht, fidyert ihm nothhürftig feine Exiſtenz. 

Großpenfionar, |. Benftonär. | 

Großpolen hieß der nordoͤſtliche, ebene Theil des ehemaligen polnifchen Reich ; 
T befand aus den Wojewopfchaften Pofen, Gnefen, Kaliſch, Sieradz, Lengzic 
ef. w. Im Gegenfage zu ©. hieß der ſuͤdweſtliche, gebirgige Theil deo polni⸗ 
den Reiches (die Wojewodfchaften Krakau, Sandomir, Lublin, ferner Podlachien, 
VBolhynien u. Podolien) Kleinrußland. Ow. 

Großvezier, ſ. Bezier. 

Großwardein (ungariſch Nagy VBarad), Hauptſtadt der Biharer Ges 
pannſchaſt in Oberungarn, im Kreiſe jenſeits der Theis, und ſtarke Feſtung, in 
mer ſchönen Ebene am Fluſſe Körös, mit 16,000 Einwohnern, die meiſtens Mas 
zyaren, Walachen und Deutſche find, iſt der Sig eines Tatholifchen u. eines uns 
ten Bifchofs, fowie eined griechifchen Protopopen, hat eine Akademie, ein theo⸗ 
ogiſches Seminar, Archigymnaſium, adeliches Convict, Rormalfchule, mehre Kloͤſter 
1. ſ. w. Merkwürdig if die herrliche katholiſche Kathedrale, welche die Relis 
ſuien des heiligen Ladislaus befigt, und in ver auch König Sigismund begraben 
legt. Die Einwohner nähren ſich hauptfädhlid von Weinbau, Fabrikation der 
n der Biharer Geſpannſchaft gewonnenen Seide, Töpferarbriten und Handel; 
auch die in der Nähe befindlichen Brüche von afchgrauem Marmor bringen vies 
Im Gewinn. Cine Weile von der Stadt liegen die warmen, fogenannten biſchoͤf⸗ 
lichen oder Felicianiſchen Bäder. Wbgefondert von ©. liegt Neu⸗Wardein u, 
in 3 Flecken getheilt, das bifchöflicye, walachiſche und Solpaten-Warvein. — ©. 
iſt eine alte Stadt, die ſchon 1242 von den Tartaren erobert wurde. 1538 wurde 
hier der Friede zwiichen Ferdinand von Defterreidy und Johann Zapolya gefchlofs 
jen. 1556 fam die Stadt an Siebenbürgen; Bethlen Gabor ließ die, von Ladis⸗ 
laus 1. erbaute, Kathedrale abbredyen und ein Feſtungẽeweik daraus machen; fpäter 
kam es wieder an die Kaiſerlichen; 1598 vergebens von den Türken belagert, aber 
1663 von denfelben erflürmt, wurde es 1692 von den Katferlidyen wieder erobert. 

Grotefend, 1) G., Georg Friedrich, tüchtiger Phllolog und Alterthums⸗ 
forfcher, geboren zu Münden 1775, in Göttingen gebildet und durdy Heyne 1797 
Lehrer an der Stabtfchule, 1803 am Oymnaflum zu Frankfurt a. M., 1821 Dir 
teftor des Lyceums zu Hannover, durdy Grammatiken (Wenks größere lateiniſche 
Orammatil, 2 Bode. 4. Auflage 1824; „Unterfuchungen über die osfifcdhe und 
umbrifche Spradye,“ 1839; „die altitaliſche Geographie,“ 1840) rühmlihfi be- 
fannt. — 2) ©., Friedrich Auguſt, ‚geboren 1798 zu Ilfeld, ſtudirte in Goͤt⸗ 
tingen Philologie und entwidelte feine Lehrertalente zu Jifeld (1821) und als 
Direktor des Gymnafiums zu Böttingen (1831), wo er 1836 flarb. Seine Schrife 
ten beflehen tn lateintfcyen Brammatifen und praftifchen Uebungsbüchern. 

Grotesk, als Betwort, ſ. v. a. fehlerhaft, ungewöhnlich, audy lächerlich tn 
Broportion u. Zufammenfegung. Auf das benteuerliche u. Geheimmißvolle hei⸗ 
liger Grotten, näher auf jene phantaſtiſchen Verzierungen, Grotesten (|. d.) 
genannt, hindeutend, iſt es ald Kunflausprud in das Kunftfady überhaupt eins 
getreten, worin ed ein geroifiee Zerrbild, ein närrifcdy Seltſames, ein Ergebniß 
der regellofen Phantafle u, eine Bereinigung der verſchiedenartigſten Beſtandiheile, 
ein Abentenerliches, in der Wirklichkeit nicht Borbandenes, bezeichnet. Die abs 
fihtliche u. freie Darſtellung deſſelben in der Kunk gibt aber eine Art des 
Koiniſchen, dad Groteo komi ge weldyes fowohl in der thentralifchen 
kunſt, als in der dramatiſchen Komik, in beiden Fällen dem Niedrigkomiſchen 
angehörig, zur Anfchauung gebradyt werden kann. Auch in der Malerei und 
Plaſtik — man in ber oben bemerkten Erklärung von grotesken Figuren, m. 
feibR die Baukunſt kann fidy grotesler Verzierungen bedienen, 

Grotesken heißen in der Malerei phantaftiiche Verzierungen von Laub» u. 
Blumenzügen, verbunden unb verfehlungen mit tern, Muſcheln, Masten, 






‚Blumen verſchieden gewunden, dazwifchen gewiſſe Bögel, maı 
id. ale Die ©. werben oft mit Arabesten verwechfelt; viel 
— denſelben eutſtanden, oder umgekehrt, indem bie Mraber bie 
—— Habe, > 
" ‚ Hugo; einer. ber größten Gelehrten, war geboren zu a 
40. Werl ne auferordenitidien Geifesanlagen, weldhe “ 
sah enimkteiten, lleßen ſchon den Yjährigen Knaben bewundern, da er in 
von gelungenen Gedichten ablegte. 12 Jahre alt, Li 
Leyden u. winmete ſich ben umfaffendfien Stuk in 
u. Jurisyeuden, Staliger wirkte bier vorthellhaft auf fi Küng di. 
Rah 3 Jahren (1598) begleitete er den hollaͤndiſchen Gefandte, Johan mm 
Openbarnevelbt nach Frauiteich Ließ ſich zum Doktor der beiden Rechte emmmm 
u. genoß bie Ehre, von König Heinrich IV. huldvoll aufgenommen und tid 
ſchenkt zu werden. Scaligers Fieundſchaft hatte ihm eine unwiderſtehliche 
‚Liebe zu den claſſiſchen Studien eingeflößt, bie er audy in Mitte der Beruftwi 
ſenſchaft der Juriöprudenz eifrigſt forıfgtee Mit 17 Jahren ward er indie 
Zahl der Avolaten im Haag aufgenommen u. unternahm auf hoben Befehl dw 
eſchichtliche Befchreibung der Rrlıge, welche die vereinigten Niederlande mi 
Ehanim bisher geführt Daten, Die Generalftaaten erwählten ihn 1607 wen 
feiner hervorragenden Talente zum Fiscal-Anwalte; 1613 wurde ihm das Ei 
dilat in Rotterdam angetragen; er nahm diefe Stelle jedoch nur unter ber ad 
drüdtich ihm zugeftandenen Bedingung an, daß er unabfegbar fe. Diefen Bar 
behalt machte er deßhalb, weil er in Betreff der heftigen theologifchen Zutfig 
kelien fchon die nachfolgende Verfolgungsfucht ahnete, Leider ließ er ſich alle 
—— in Fr a — —— are A he ver 
und y ol epublif die ge ten Anfchuldigungen 
Stufe zu. Gr wurde fogar gefänglich — feiner Saft 9 Mona 
lange fo fireng bewacht, daß ihm der Zutritt feiner Frau u. Kinder entzo 
maß einem Urtheitöfprudye vom 12. Mat 1619 er aller feiner Güter verluflig u 
zu lebenslänglichem Gefängniffe veruriheilt ward. Er wurde auf das Scli 
Lupenſtein gebracht, wo er nur zuweilen durch Reftüre ſich tröften konnte, weld 
ihm des berühmten Philologen Voß Bücherfammlung verſchaffte. Hier, fm biee 
traurigen Einfamfelt, begann er das vortreffliche Werk »de veritate rel. christs; 
das er anfänglich in hollaͤndiſchen Verfen verfucht haben fol. Ale Bei 
ungen feiner Freunde und Gönner für feine Befreiung, 3. B. des franzöfti—he 
jandten Maurer, waren vergeblich, denn die einzige Gehtngung feiner Behr 
ung, freiwilliges Bekenntniß feiner Fehler und gruiheumer und deren öffentlichen 
Widerruf, wollte G. nicht annehmen. Da faßte feine Ehefrau Marta einem 
kuͤhnen enmüthlgen Cutſchluß, ihren Gemahl mit Lift in Freiheit zu ſehen 


3 

® 

H 

85 F 

& H 7 

I; 

33 

34 

A 

35 


8 


T 


Grotius, 1105 


Da der Gefängnißwärter im Auftrage der Regierung verreiöt war, erbat fich 
Maria von der Ehefrau des Aufſehers die Erlaubniß, eine Kiſte mit Büchern, 
welche G. bereits auögelefen haben follte, wieder zurüdichaffen zu Dürfen. Allein 
Ratt der Bücher verbarg fi ©. ſelbſt In die Kifte, u. ungeachtet mehrmaligen 
Berbachted der Träger u. ihres Berlangens, die Kifte zu Öffnen, wurde er am 
3. März 1621 durch diefe finnreich angeftellte Lift glüdlich der Haft entzogen. ©. 
Rüchtete nach Borkum u. vonda nad) Antwerpen, wo er bei feinem Sreunde Grevinchov 
eine Zufluchtöftätte fand, Von bier aus entſchuldigte er in einem Briefe an bie 
Beneralftaaten feine Flucht, verkleidete fi) in die Tracht eines Landmannes u. fchiffte 
ich in Amftervam ein, um auf Ummegen nady Parts zu entfommen. Der nlalihe 
Stegelbewahrer Bulllaume du Bair empfahl ihn der Gnade des Königs, der ihm 
einen anjehnlichen Gnadengehalt zuficherte. In dieſe Zeit fällt die Abfaſſung feines 
Meiſterwerked: de jure balli et pacis, u. fein Anſehen u. fein Ruhm verbreitete ſich 
io fchnell u. bleibend, daß er in wichtigen Staatsangelegenheiten von größten Staats⸗ 
männern um feinen Rath gefragt wurde. Indeß fchlummerte auch nicht der Haß 
feiner vielen einflußreichen Gegner, weldye bei Karbinal Ricyelieu endlich das außs 
wirkten, daß ihm fein 11 Jahre genoffener Jahrgehalt entzogen wurde. Er bes 
gab ſich nun in fein Baterland zurüd und verweilte einige Zeit in Amſterdam, 
wo er die Hoffnung hatte, in ſchwediſche Dienfte treten zu koͤnnen. Zu Frank⸗ 
am Main benahm er fi) deßhalb mit dem Kanzler DOrenftierna, welcher ihm 
Kamen der noch minderjährigen Königin die Geſandtſchaft an den franzöfl- 
fen Hof übertrug. Im Mai 1635 trat er dieſes Staatsamt an, verwaltete 
baffelbe 10 Jahre u. betrieb nebenbei eine eifrige vielfeitige wiffenfchaftliche Thätig- 
keit. Mit befonderer Liebe ergab er ſich dem Schriftftuntum und begann feine 
Annotationes zu dem Alten u. Neuen Leftamente; welche zwar feine Bemerkun⸗ 
gen, aber auch dogmatiſche Borurtheile im Geifte des Soctnianifhen u. Armi⸗ 
nianiſchen Lehrbegriffs reichlich enthielten. Das apologetifche Wert de veritate 
religionis, fo wie auch ein theologtfcher Briefwechlel mit dem Socinianer Erell 
u. mit River in Leyden wurde bier abgefaßt. AS Chriſtine, majorenn geworden, 
den Thron beftiegen hatte, begab ſich G. über Holland u. Arad nad) Schives 
den, um von feiner bisherigen Geſandtſchaft Bericht abzuftatten. Bon Galmar 
begleitete ihn General Wrangel, weldyer ihn in Upfala der Königin vorftellte. ©. 
erhtelt einen Auftrag an den königlichen Hof nach Polen, begab fich zu Schiffe, 
erlitt Schiffbruch am cafjubifdhen Ufer, wurde zu Roſtock krank an’d Land ges 
bracht u. flarb 18. Auguſt 1645 mit voller Ergebung u. innigem Bertrauen auf 
das Erlöfungsd-Berdienft des Heilandes. Seine Eingeweide ‚wurden zu Roflod 
aufbewahrt, fein einbalfamirter Leichnam nach feiner Geburtöftant Delft gebracht. 
Die Bielfeitigkeit u. Gründlichkeit feiner Kenntniſſe ftellt ihn in die Reihe ver 
Polyhiſtoriker. Er war Geſchichtsſchreiber, Rechtsgelehrter, Theolog und Dichter 
u. hatte fi) ausgedehnte Sprachkenntniſſe in den neueren, wie in den altclaffl- 
fhen Sprachen angeeignet. Sein Styl zeugt gleichſam von feinem gebildeten 
Geſchmacke; er IR gedrängt und Har. Sein Hauptwerk: de jure belli et pacis 
Ubri II. 1625 ift vielfady gebrudt, commentirt u, in den meiſten Sprachen überfegt. 
Gleiche Ehre widerfuhr der Apologetif de veritate religionis christianae, Früchte 
feiner claffifchen Xectüre find: Excerpta ex comoediis et tragoediis graecis 
emendata et latinis versibus explicata 1626. Philosophorum sententiae de 
fato 1648. Theocriti idyllia. Stobaei florilegium; Pythagorae carmina aurea. 
Lucani pharsalia; notae et emendationes ad Tscitum; notae in Capellae sa- 
tyricon; dıssertationes de studiis recte instituendis 1637. Als Geſchichtſchrei⸗ 
ber: Historia Gothorum, Vandalorum et Longobardorum 1655. Historia obsi- 
dionis Bredae. Ordinum Hollandiae et Westfriesiae pietas; Apologeticus eorum, 
qui Hollandiae Westfriesiaeque et vicinis nalionibus ex legibus praefuerunt 
ante mutationem, quae event 1618 scriptis 1622, Annales et historiae de 
rebus Belgicis 1657. Seine poemata, Amferdam 1670; hoͤchſt jelten die Tras 
gödie Adamus exul. Epistolae, Amfterdam 1687, als Nachtrag hiezu: Epistolae 
Nealencyclopätie IV. 70 


a 


rm 


- 
- PR u; a 
ut BE a ER VPE an mn 
... 
. - .. 


* — 2 


BELA Mn ie © 





- . 


| 
| 


1792 al8 Obriſt mitmachte. Nach Beendigung defleldben wurde er 
de camp befördert, u, Anfangs bei der Reiterei der Aipen- Armee, 
von Breſt angeſtellt; bier trug er zum Siege der republifanifcher 
Socintöred u. zum Entfage von Nantes das Meifte bei u. ſah deßh 
zende Laufbahn vor fidy, ald der Eonventebefhluß von 1793, der 
zur Niederlegung ihrer Würden zwang, eintraf. Unter dem Wide 
Soldaten, die ihn an Ihrer Spige behalten wollten, legte er feine 
u. trat ald Gemeiner in die Reiben der Nationalgarde, wurde jede 
Veifluß von 8 Monaten wieder in feine frühere Stelle eingeſetzt u 
zum Divifionsgeneral und Chef ded Beneralftabes der Weftarmee 

Energie u. Thätigfeit, welche er in diefer Stellung entwidelte, ve 
ſchnelli nad) einander eine Befehlshaberfielle unter General Hodhe ı 
die 2. Commando Stelle bei der nad) Irland beftimmten Expeditio 
kanntlich fcheiterte diefe Expedition, weil ein Sturm den größten < 
zöſtſchen Flotte die iriſche Küfte nicht erreichen ließ, gänzlich, weß 
der mit einem Theile der Flotte bei Bantıy gelandet war, unvert 
nach Breft zurüdfehren mußte. Rach kurzer Ruhe übernahm er 17 
neral Jaubert ein Commando in Stalien, brachte bier die Unterhe 
dem Könige von Sardinien zu einem für die Republif günftigen 

den General Bellegarde bei Aleffandria, 14. Juni, wurde aber iı 
bei Novi, da er fidy in der Hite des Befechtes zu weit vor gewa 
14 Wunden biutend, zum ©efangenen gemadt. Rad) feiner W 
u. Auswechfelung gegen den englifchen General Dow, wurde er vo: 
Moreau au der Rheinarmee berufın u. trug viel zu dem wichtiger 
ben bet Hohenlinden bei. Rad) Rapoleons Thronbefteigung fchloß 
an den Glücksſtern deſſelben an, Eonnte aber nicht, wie feine Mitfö 
ben Früchte ernten, denn der Kalfer, der ihm feine Anhänglichke 
nie verzeih n Eonnte, gebrauchte ihn zwar zu den gefährlidhften Auf 
ging Ihn aber ſtets bei Beförderungen. Eiſt im Jahre 1807, nc 
Heldzüge von 1805 u. 6 mitgemadht, in den Gefechten bei Zehden 


Srube, | 4107 


Für diefe ausgezeichneten Thaten ernannte ihn der Kalfer zum Großoffiziere bes 
Reichs, Generaloberſten der Chaſſeurs u. Gommandeur des Ordens der elfernen 
Krone. Im ruſſiſchen Feldzuge befehligte ©. ein Gavalleriecorpe und fand audy 
bier wieder, befonders bei Kradna, Boriffow, bauptfächlidy aber an der Moekwa, 
wo er durdy eine, Abends auf die ruſſiſchen Linten gemachte, Attafe Caulincourt 
Zeit verfchaffte, die große Redoute zu nehmen, Gelegenheit zur Auszeichnung, wie 
audy bei dem unglüdlihen Rüdzuge, bet welchem er die, zum Schuge des Kats 
ferd gebildete, escadron sacrd commandirtee Den Feldzug von 1813 madhte er, 


da ihm Napoleon das Commando eines felbfifländigen Corps verweigerte, nicht. . 


mit, fondern trat erft 1814, als die Berbündeten den Boden feines Baterlandes 
betreten hatten, wieder in die Armee ein, bewies aber audy bier, als Comman⸗ 
dant der gefammten Reiteret, bei la Rothiöre, Brienne, Baurchamps, wo er den 
Rückzug Kleiſl's entfchten, feine oft bewährte, glänzende Tapferkeit und Einſicht. 
In dem Gefechte ba Craon, 7. März, ſchwer verwundet, zog er ſich von der 
Armee zurüd u. wurde unter der Reflauration, als er gegen die Eıthellung von 
Würden an den Herzog von Berry, auf die er Anſpruch hatte, proteflirte, vers 
bannt, nad) 4 Tagen jedoch fon wieder zurüdberufen u. durdy Ernennung zum 
Sommandeur des Ludwigsordens entſchädigt. Bei Napoleons NRüdfehr von der 
Inſel Eiba ‚ergriff er lebhaft u. entfchieden deſſen Partei, organifirte, zum Mar⸗ 
falle von Frankreich ernannt, die Alpenarmee u. befchligte nady der Organiſa⸗ 
tion derfelben die Reiterei ver großen Arme. Rad) der Schladyt bei Ligny 
von Napoleon mit 34,000 Mann und 100 Gefchügen au Berfolgung Bluͤchers 
abgeichidt, ließ er ih vom Generale Thielemann bei Wavre fo lange binhals 
ten, daß Blücher Wellington zu Hülfe eilen konnte. Zwar erhielt er Abende 
7 Ubr von Rapoleon den Befehl, zu ihm zu floßen, zog ſich aber, da er einfah, 
daß er jedenfals zu fpät kommen würde, um den Sieg wieder Rapoleon vers 
ſchaffen zu können, in einem meifterhaften Rüdzuge über Namur, Dinant, R thel, 
wo er Rapoleon IL proklamitte, nach Paris zunüd, während deſſen er die Trüms 
mer der großen Armee fammelte. Zu Soiffons ſchon war er zum Oberbefehls⸗ 
haber der Armee ernannt worden, legte aber dieſe Stelle, well er nicht unter 
Davouſt, der Kriegminiſter war, dienen wollte, nieder u. wurde deßhalb von dır 
provilorifchen Regterungd - Eommiffton verbannt. So mußte der Mann, der in 
12 Scladten u. 60 Gefechten für fein Baterland. gefämpft u. 19mal fein Blut 
für daſſelbe vergoflen hatte, mit Undank belohnt, daſſelbe verlafien. Zurüdyeos 
gen lebte er zu Philadelphia, bis ihm 1819 die Rückkehr nach Frankreich geſtat⸗ 
tet wurde, u. auch dann noch verweilte er, entfernt von den Weltbegebenheiten, 
als disponibler General auf feinem Gute la Ferriöre. Eıfl, als er nad) der 
ZJulirevolutton zum Abgeordneten gewählt wurde, reclamirte er den 1815 erlang» 
ten Marſchallstitel u. wurde, da nach den Geſetzen derfelbe ibm nicht gewährt 
werden fonnte, von Louis Philippe zum Pair u. Ehrenmarſchall des Reihes — 
eine bis j:gt neue Würde — ernannt. — Vielfach find die Anfeindungen, bie 
G. wegen feines Benehmens während u. nad der Schlacht bei Waterlod erfah⸗ 
sen mußte; Napoleon felbft bricht in feinen Memoiren über ihn den Stab, all 
gewiß IR, daß, wenn er auch fehlte, er dieſes nicht aus Abficht, fondern vielmehr 
aus Unentſchloſſenheit, die ja während der 100 Tage allen Unterfeldherren Na⸗ 
poleon® zur Laft gelegt wurde, that. ©. felbft fuchte ſich in einer ausführliggen 
Schrift dagegen zu vertheipigen, Gr farb ‚29. Mai 1847 zu St. Etienne, 
82 Jahre alt. on Ow. 
Grube heißt bei Bergwerfen jede D:ffnung, bie gemacht wird, um Minera- 
lien aufiufuchen und an den Tag zu fördern. Geht eine foldhe von oben herab 
in die Ecde, fo heißt fie Schacht, weldye mit Litern (Fahrten) zum Hinabſtei⸗ 
gen oder Anfahren verfehen iR; Läuft fie dagegen in horizontaler Linie fort, fo 
nennt man fie Stolle oder Strede. Unter dem Namen Abbau (f. d.) oder 
Weitungen find diejenigen G.n belannt, weldye durch Gewinnung von nußbaren 


war, trägt, wurde 1279 durch Alberts des Großen Sohn, Heim 
derlichen, ein befondere® Fuͤrſtenthum u. ftarb mit Philipp I. 158 
(Bergl. Braunfchmweig, Geſchichte.) Später ward ed Gegenfii 
tes zwifchen den Braunfchweigifchen Linien, bis es 1617 der Linie 
Lüneburg zuerfannt wurde, Seit 1815 IR auch das, von Preuß 
ver abgetretene, untere Eichs feld (ſ. d.) mit ©. vereinigt. 
enber, 1) (Babriel), General des Sefulten» Ordens, ge 
4740, trat frühzeitig in die Geſellſchaft Jeſu u. widmete fich mit 
Erfolge vem Stublum der Rhetorif, Gefchichte, Mathematt 
ydraulik, Architeltur u. Malerkunſt. Seine Perſpektivrechnungen 
von Kennern geſchaͤtzt. Wegen feiner vielfeitigen Ausbildung wur 
nem Orden fluͤhzeitig in verſchiedenen Lehraͤmtern verwendet, u. r 
bung deffelben 1773 nahm ihn die Katferin Marla Therefla in il 
gab ihm die Aufficht über den Schiffbau zu Trieſt u. über Austre 
fer Sümpfe. WS er aber vernahm,. daß fein Orden in Rußlaı 
lichem Schutze von Neuem aufblühe, fo eilte er in das Collegiu 
kam von da öfter in Geſchaͤften nady St. Peteröburg u. wußte fl 
des Hofes zu erwerben. Seiner Einſicht u. Thätigfeit hatte er es 
er 1802 zum Generale des Ordens ernannt wurde, und er befört 
reſſe deſſelben mit unermüdetem Eifer bis an ſeinen Tod, der den 2 
zu Polozk erfolgte. Seinen Bemühungen zu St. Petersburg ſchr 
züglidy den immer zunehmenden Flor feiner Gefellfchaft zu, Tomie 
derherfiellung derfelben im Reapolitanifdhen größtentheils als fe 
ſehen wurde, Bet feinen ausgezeichneten Faͤhigkeiten u. Kenntniſſen 
alle Tugenden eines Ordensmannes. — 2) Johann Gottfried 
zu Raumburg, in Schulpforta u. Leipzig gebildet, 1803 Privatd 
1811 Profeſſor in Wittenberg, 1815 in Halle, wo er 1843 fein 
Lehrers Jubiläum feierte, verfaßte zahlreiche Schriften, die theils Pi 
Philoſophie, theild Aeſthetik, theils Literaturgefchichte betreffen. 8 
fen führen wir an: Syſtem ber, Erziehungewifienfchaften , Leipzi⸗ 


Geihel— Gränfpan; 5 1100 


Gräbel (Johann Konrad), Bürger u. Stadiflaſchner zu Nürnberg, ge⸗ 
ten 1736, erwarb ſich eine gewiſſe Celebritaͤt durch feine, größtentheils origi⸗ 
en, Gedichte in Nürnberger Mundart, Rürnberg 17985 neue verbefierte Aufl., 
02, 8.5 2. u. 3. Bändchen, ebend. 1802, 8. Auswahl feiner Gedichte für den 
klamatoriſchen Bortrag, bearbeitet u. mit Erklärungen begleitet von Solbrig, 
tagdeburg 1809. Auch feine Korrefpondenz u. Briefe in Rürnberger Mund 
t wurden 1808 gebrudt. Er ſtarb 1809. Eine Gefammtausgabe feiner Werte 
ihien zu Rürnberg 1835 in 3 Bden. — Auch in feinem Handwerksfache lie⸗ 
te ©. viele künſtliche Arbeiten, von denen ein Theil felbft nach Italien in 
schen und auf öffentliche Pläge gekommen if. S. Meuſels Kuͤnſtler⸗Lexicon 
Auflage, 1. Bd. 318. 

Grün, 1) Hans, f. Baldung- Grün. — 2) Anaſtaſtus, f. Nuersperg. 

Gründonnerflag heißt der Donnerflag in der Charwoche, weldyer ji den 
weglichen Gelertagen des Kirchenjahres gehört u. in die Zeit vom 19. März. bie 
, April fallen kam. Vergl. Charwoche. 

Grüneifen, Karl, königlich württembergifcher Oberhofprediger, Oberconſi⸗ 
rialrath und Feldyropſt zu Stuttgart, ein beliebter Dichter der ſchwäbtſchen 
chule und feiner Kunftfenner, geboren zu Stuttgart 1802, machte feine Studien 
ı dem Bymnaflum feiner Baterftadt und auf der Univerfität Tübingen u. wurbe, 
n einer wiſſenſchaftlichen Reife nad) Berlin zurüdgelehrtt — wo He gel u, 
chletermacher (ſ. dd.) eben nicht vortheilhaft auf feine theologiſchen Anfich⸗ 
ı eingewirkt hatten — ſchon 1825 Hoffaplan u. 1831, nad) d'Autel's Tode, 
ofprediger und Oberconfiftortalrath. 1836 verlich ihm die Leipziger theologifche 
akultaͤt die Würde eines Doktors der Theologie, bei welcher Beranlafiung er eine 
bhandlung »de protestantismo artibus haud infestos (Stuttg. 1839) ſchrieb. 
[8 Hoftheolog iſt ©. ganz an feinem Plage. Anlodenver, fat tbeatralifcher 
ortrag, mit mühfam angelernter norddeutſcher Ausſprache; dabei jenes füß einlul- 
ade Modes Ghriftenthum, dem die Kraftfpradhe‘ der Bibel ein Bräuel if; die 
oͤßte Eleganz in Yuffaffung und Auslegung der heiligen Gaframente, und die 
tene Gabe, felbft den Katechismus in die Sprache des Hofes und der Kanzlet 
azufleiden, machen ihn zum geborenen k. württembergifchen Oberhofprebiger. (Man 
gl. in diefer Beziehung: feine Rede am Grabe feines Freundes Wilhelm Hauffz 
ine Predigten für die Gebildeten in der Gemeinde; fein für den Kronprinzen 
nm Württemberg bet deſſen Eonfirmation angefertigted Glaubensbekenntniß; vor 
Nem aber feine, in dem neuen „enangeliichen Geſangbuche,“ das größtentheils 
ıter feinem Einfluffe zu Stande kam, enthaltenen Kirdyenliever.) — As Kunſt⸗ 
naner dagegen, wozu er ſich durch eine Reife nady Italien ausbilvete, und als 
:müthlicher Dichter verbient ©. die ungetheiltefte Anerkennung, und er hat. ſich 
dieſer doppelten Beziehung durch mehrfache Leiftungen bewährt, von denen wir 
führen: Nicolaus Manuel, Leben und Werke eines Malers, Dichters, Kriegers, 
taatsmannes und Reformators im 16. Jahrhunderte. Stuttg. 1837. Gemein⸗ 
haftlih mit Mau, Ulms Kunftleben im Mittelalter. Ulm 1840. Lieber, 
323. Mehre Abhandlungen im Kunfblatte und Diorgenblatte, S, 

Grünes Borgebirge (Capo verde), an der Weflküfte Afrika's, zwifchen dem 
zambia⸗ und Senegalftrome, Bat den Ramen einer Gruppe von Inſeln gegeben, 
ie feit ihrer Entdeckung 1445 im Befige der Bortugiefen find. Sie zählten, nebft 
m fenegambifchen Beſitze, 1840 auf 199 [_J Meilen 58,000 Einwohner, portu⸗ 
leſtſche Mulatten u, Neger. Sie find gebirgig, fehr heiß, ungefund, aber, fobald 
icht die Regenzeit ausbleibt, überaus fruchtbar. Im legteren Falle tritt furcht⸗ 
are Hungerönoth ein, wie 1775 und 1832. Der Gouverneur refldirt auf ©. Bis 
te, früher auf ©. Jago. 

Grünfpan, Spangrün (Aerugo), if baſtſch effigfaure® Kupferoxyd, wel- 
sed im Großen dadurch bereitet wird, daß man Kupferbleche zugleich mit Luft 
nd effigfauern Dünften in Berührung bringt. Der ©. hat eine bläulichgrüne 
jarbe, leicht zerreibbar, beſitzt einen ſchwachen Eſſiggeruch und unangenehmen 


110° | Srüffan — Grumbach. 


Metallgeſchmack und iſt hoͤchſt giftig. Er wird in der Medizin u. als Farbma⸗ 
terial gebraucht. Käfchlicdy nennt man im gewöhnlichen Leben audy ©. jene grüne 
Finde von wajjahaltigem, Tohlenfaurem Kupferoryd, mit der ſich das Kupfer an 
seiner Luft überzicht. aM. 

Grüffun, 'ehemalige gefürftete Gifterztenferabtei im Dorfe Hermsdorf, im vpreuß⸗ 
iſchen Scieſten, Regierungsbezirk Liegnitz, Kreis Landshut, g-fliftet 1240, aufs 
nehoben 1810. Ztefa (f. v.) mit feinen Huffitın hauste 1426 bier ſchrecklich u. ließ 
72 Geiſtliche niedermetzeln. Die Schweden plünderten im 3Ojährigen Kıt'ge das 
Stift und übergaben ed den Flammen. In der fchyönen Kloftafirdye befind-t ſich 
die vorzuͤglichſte Orgel Schleſiens mit 68 Regiſtern. Die Alıäre find mit werths 
vollen Gemälden geziert. Gegenwärtig if in den Stiftegebäuden eine Armen: 
befchäftigungsanftalt untergebradyt. In der Nibe der Luftort Bethlehem. mD. 

Grütli, oder Rütlt (von reuten abzuleiten; nach Echiller: „weil dort vie 
WBaldung audgereutet ward;* Andere erklären es als: „kleines Ried“) beißt eine 
‚Bergwiefe am öſtlichen Abhange des Seelisbergs und am wefllidhen Ufer des 
Bi rwalcflätters oder Urnerfeed. Hier, verfammelten fi die 3 erſten Eidgeneſſen: 
Walther Fürft von Urt, Werner Stauffadyer von Schwyz u. Arnold an der 
Halden von Unterwalden, in den Tagen der Roth ihres Barerlandes zu geheimer 
Küdipradye und befchworen in der Nacht des 17. Weinmonats 1307 ven erſten 
Bund zur Entjochung ihrer Lundeleute von der Gewalt. Dieſer erfie Bund wurde 
hierauf am 25. Juni 1313 an diefer Stelle laut erneuert u. 1713 zum legten Male 
von 800 Abgeordneten der 3 Urfantone feterlidy wiederholt. Seht iſt dieſer Ort 
Eigenthum des Bewohners einer Bauernhbätte, die, von einigen Bäumen umgeben, 
ſich nahe dabet bıfindet, wo 3 ſchwache Quellen fprubeln, die gewifiermaffen ale 
heilig betradytet werden, weil das Volk glaubt, fie feien an der Stelle ent 
te d6 wo Sie Stifter der Freiheit guflanvden hätten. Diefelben find von einer 

tte uberdedt. 

Sruithuifen, Franz von 'Baula, orbentlidher Profeſſor der Aftronomie an 
ber Univerfieit München, geboren 19. März 1774 auf dem Schloffe Haltenber 
am Led, Sohn eines Eurfürftlidy bayeriſchen Falkeniers. erlernte vorerft die. Ch 
rurgie und trat 1788 als Keldfcheerer in öſterreichiſche Militärvienfte; fpäter wid 
mete er ſich höheren Studien und befuchte von 1801 an die Univerfirtät Landshut; 
1808 ward er Lehrer der Raturfunde an der. landärztlichen Schule in Münden 
und 1826, bei Berfitung der Univerfität von Landshut nad) Mündyen, Profeſſot 
der Aftronomie an derfelben. G.s frühere Arbeiten im Gebiete der Phyflologte, 
befonders feine mifroffpifchen Unterfudyungen, find von unbefirittenem Werthe; 
dagegen wirft man ihm in feinen aftronomifhen Forſchungen theilmelf: Mangel 
an fireng matbematiſchem Berfahren vor. ©. trat zuerft in Deutſchland als Geg⸗ 
ner des Brouſſaio'ſchen Syſtems auf; auch gebührt ihm der Ruhm, fchon vor 
Civiale (ſ. d.) ein Inflrument zur Zerbrödelung des Stein In der. Harnblafe angegeben 
zu baben, wofür ihm audy nachmals die Barifer Afademte einın Preis von 1000 
Franks ertheilte. Bekannter, als durch diefe feine Erfindung, wırnde G. durch einen 
Aufſatz in Kaftners Archiv „über Entdedung vieler deutlicdyer Epuren der Mond» 
bewohner, befonverd eines Foloffalen Kunftgebäuded derſelben.“ Die wichtigſten 
feiner zahlreichen Schriften find, außer manchen werthvollen Auffägın in verſchie⸗ 
denen Zeitfchriften: „Ueber den Unterſchied zwiſchen Eiter u. Schleim.” München 
1809; „Wnthropologie,” München 1810; „Organozoonomie,“ Münden 1811; 
„Raturgeichichte des geflirnten Himmeld," Mündyen 18365 „eine Ueberfegung ber 
Achten Schriften des Hippokrates“ ıc. E. Buchner. 

Grumbach, Wilhelmvon, ein fränkifcher Reicheritter, geboren 1503, wurde 
am Hofe des Markgrafen Kaflmir von Brandenburg -Kulmbady erzogen, erbielt 
feine fernere Bildung zum Gelcyäfts- und Kriegsmanne ald Begleiter des Mark⸗ 
grafen Albrecht und im Fatferlichen Heere, und zeichnete fi) bald durch Muth m. 
Kampfluf aus. Da er fi) von feinem Leheneheren, dem Bifcdyofe von Würy 
burg, Melchior Zobel, ungeredht behandelt glaubte, fo ließ er Denfelben ven 15. 


- 


m mu Wr — —— en Cem PER 


— —— — rn en ee 


I 


Seummet— Grundeigenthum. 4 


April 1558 in feiner Refidenz durch gedungene Meudhelmörber erfchießen, machte 
fi) unter dem fränkiſchen Adel einen Anhang, überrumpelte die Stadt Würzburg 
und nöthigte 1563 den anweſenden Gapttularen einen harten Vergleich ab. Dieß 
fah Katfer Ferdinand L mit Recht als einen offenbaren Landfriedensburch an 
und erklärte den v. &. mit feinen Anhängern in die Acht. Aus. einem Lande in 
das andere fliebend, fand G. endlich bet dem Herzoge Joh. Friedrich dem Mitts 
leren zu Gotha’ Schuß, worauf audy dieſer vom Kalter in die Acht erklärt wurde, 
Die Bolljiehung derfelben wurde dem Kurfürften Auguft von Sachfen übertragen. 
Rady einer harten Belagerung wurde Gotha mit dem fehlen Schloffe Brimmenftein 
übergeben, Herzog Joh. Friedrich in Arreft genommen, der Grimmenſtein gefchleift u. 
G. nebft feinen vornehmften Anhängern den 48. April 1567 unter ſchrecklichen 
Martern hingerichtet. Bgl. W. v. ©., eine Geſchichte aus dem 16. Jabrhuns 
derte. Lpz. 1795. Eine aus Quellen gefchöpfte Darftellung der G.ſchen Händel 
enthält ferner die Schrift v. Ehr. Ferd. Schulze „Eliſabeth, Herzogin zu Sach⸗ 
fen,” (Gotha 1832); romantifh behandelt biefelbe Ludwig Bechſtein in feinem 
„Grumbach“ (3 Bde. Hildburgh. u. Meining. 1839). | 

Grummet (aud) Debmd) heißt das getrodnete Gras, weldyes auf ben 
Wieſen, die jährlich mehre Male gemäht werden, durch den zweiten Schnitt 
(gewöhnlid Mitte bis Ende Auguſts) gewonnen wird. 

Grund, überhaupt das Unterfle einer Sache, worauf fi das Uebrige 
fügt, — Inder Denklehre (Rogif) das, worauf ſich eine Erkenntniß flüßt, 
oder dad Urtheil, unter deſſen Borausfegung ein anderes behauptet wird, daher 
gleichbedeutend mit Prinzip u. Argument (f. dd.). — In den zeichnenden 
Künften ift ©. zuvörderſt der Gegenftand, oder das Material, worauf gezeichnet 
oder gemalt wird; dann die erfte Karbenlage und des erfie Karbenauftrag, vor 
welchem die Gegenflände des Gemälde gefehen werben; endlich die Fläche übers 
baupt, auf welche die Gegenſtaͤnde geftellt find. In der lebteren Beziehung wird 
bei hiſtoriſchen u. Landichaftsgemälden der Grund, nad) Maßgabe der Nähe u, 
Entfernung, eingetheilt in den Bor,» und Vorder⸗G. (der unterfle, die nädy- 
fin Gegenſtaͤnde darfichende), in den Mittels» ®. und in den Hinter⸗G. oder 
bie Ferne, worin die entfernteren Gegenflände dargeftellt find. Dort, wie bier, 
müffen Yarben-, Luft» u. mathematiſche Perfpeftive genau beobachtet werden u, 
die verfchiedenen Gründe überall dem behandelten @egenftande angemefien feyn. 
Befondere Regeln find hierüber nicht zu geben; vielmehr entjcheidet nur der 
Selhmad des Künftlers über die Wahl der fchönen Berhältniffe der Gründe 
zu einander. " 

Grundeigenthum heißt der rechtliche Beſitz von Grund und Boden, der, 
wie der Beſitz jedes andern Eigenthumes, entweder durch erfte Befitznahme, oder 
Bertrag, Kauf, Schenfung ıc. entſteht. In mehreren Staaten find Grundeigen⸗ 
thümer vor den andern Staatsbürgern bevorredhtet, befonders durch das active 
Staatöbürgerreht. Grundherr heißt der, dem das Obereigenthum über ges 
wiffe Grundfüde, namentlidy über Bauerngüter, zuſteht. Echon in den älteſten 
Zeiten findet ſich das G. als der Inbegriff von befonderen Borredhten, bie ein 
vollfommen freier Mann über die, in feinem Befibe befindliche, unbeweglidhe Sache 
hatte u. die ihm von der Landesgemeinde feterlidy übertragen wurden. Nur die 
völlig Freien bildeten das Bolt der Deutfchen und machten die Landeögemeinde 
aus; fie nahmen an der Berwaltung des Staates Theil, u. fie nur fonnten G. 
befigen. Aus den Vermoͤgendſten u. Tavferfien von ihnen wählte der König die 
Herzoge, ald Anführer im Kriege, die Grafen, ald Richter des Volkes, weldye 
aber mit der Zeit felb die Landesherrichaft über die, ihrer Verwaltung anvers 
trauten, Difrikte zu erwerben wußten. Sie find es eigentlich, Die den Herren⸗ 
ftand in Deutfchland ausmachten; der Abel an fich, mit feinen fpätern Vorrechten, 
bat fich nur erft im Mittelalter ausgebildet. Jeder Freie war verpflichtet, Krieges 
dienfte zu leiften, und fie bilneten zufammen den Heerbann; aber die Aermeren 
untes ihnen fuchten ſich immer mehr dieſer Pflicht au entziehen, - die nur ben 


4112 Grundherr — Grundſteuer. 
geiften Gutsbefigern überlaffen blieb, die es vermochten, fidh ſelbſt 


7 die wi 
—— —— se en an das * 
wer dieſe Pflicht hatte, hieß Ritter. Es fanf ver in 
a, an veſſen Stelle trat der 


Nitterbienft. Bald aber bildete man, 
eine: befondere Würde für Diejenigen, Verdienſte 
u Ritiern ernannt wurden, nacht eine Zeit ——— € 
Üaffenträger das wdweit erlerntuhatten, und Die bis babin, 
Nitterwürde erh unter biefen. mußten aber zur Claſſe 
— Sermdgend peu En ab Die ai Ir 9 
feö vermögen! waren, und: 

die Riterbürtigen. Serie IR dann der niebere Mel Dervorgegangen: E 
Kändereien, weldye der freie Mann befaß, fle mochten fo up eve 
daß er an feinen Andern Etwas davon austhun konnte, a 
—F davon. beziehen wollte, waren —— ftei, als er ſelbſt, und 

pflichtung zum Kriegödienfte oder zum Heeibanne belaftet. 
Freien waren alfo adelig feel, und len welche die Ritter befaßen, 
freie Rittergüter. Bet den ieht bat auch ber ff des vollfreien 
thums am längften erhalten, u, fle genoſſen noch in fpäteren Zeiten 
genihume ankiebenven Rechte, als diſcherei, Jagd, — 
alle Votthelle, welche aus dem Beige eines Grundſtückes In ber 
Gefellfchaft entfliehen loͤnnen; doch find auch dieſe Güter, je —— 
Landeöverfaffung mit ſich bringt, in unferen Zeiten zum Theile ai 
Grundfteuern (f. d.) und Anderen ben belegt worden, ohne daß ührigm) 
dadurch die freie Serfügung über di hierunter leidet. Bol. Banır m 
Landbau; ferner Ablöfung, Dismembration, Brohmabliifung 
Grohnen, Lehnwefen, Untheilbarkeit ver Güter u, |. w. & 

Grundherr, f. Orundeigenthum. 

Grundboß, f. Fundamental-Baß, ‘ Rt 

Grundeiß heißt in ber Baufunft die geometrifche Zeichnung eines fir 
irgend ein Gebäude beflimmten Raumes,» Hiebei muß zuerft die Grundfora 
u. zweitens die azwedmäßige, bequeme Eintheilung berüdfichtigt wer, 
Die Grundform eines Gebaͤudes foll ſtets möglichft einfach feyn, um bie Bin 
theile guter Conſtruction u. Eintheilung, ſowie zweckmähiger Raumgewinnung a 
erlangen, Die innere Eintheilung deſſelben ſoll ſtets dem Zwecke, zu dem du 
Gebäude beſtimmt iſt, moͤglichſt eñtſprechen. Was die Anlegung u. Ausführung 
des Gees betrifft, fo hat man verſchiedene Theile deſſelben ſu zeichnen, mämlid 
den Keller-©., die Stocwerls⸗G.e (Balkentiß) u. den Dah-®. — Bei ven 
Gee von Feftungen, Schanzen u. dgl, fieht man die Theile derfelben nach einem 
horizontalen Durchfcpnitte dargeftelt (Ichnographie); daher verſteht man unte 
©. die Bezeichnung aller horizontalen Abſtände, aller Längen und Breiten au 
einer angenommenen Grundebete. — Geometrifher ©, eines Theiles der 
Erdoberfläche iſt eine, nad) einem vwerjängten Maßſtabe entworfene , der har 
zontalen Projektion dieſes Theile der Ervoberfläche in allen ihren Theilen ähm 
liche Figut. Alle in diefem G.e angegebenen Winkel müffen den, ihnen in te 
horizontalen Projektion (f. d.) entfprechenden, Winkeln genan gleich ſeyn, forie 
die gezeichneten Linien genau eben fo viele verjüngte Mafeinheiten enthalten. R 
dieß ver Fall, fo ift ein richtiger und nüßlicher Gebraud) eines geometrifchen Ge 
möglich, und man begreift leicht die große Wichtigkeit dieſes Gebrauches. Mit | 
der Berzeichnung aller Arten geometriſcher G.e nach einem vorgefchriebenen ver | 
jüngten Mafftabe hat es die. Geodäfte (ſ. d) im Allgemeinen zu thun. 

Grundftener ift eigentlich eine direkte Auflage oder Abgabe von Grund u. 
Boden zum Unterhalte der Staatöverwaltung oder Regierung. Ste erhielt ihr 
Entfehen u. ihre Ausbildung mit der almäligen Entwidelung, ver Staatsgemwalt. 
Die erfim Steuern waren die fogenannten Lehnsleiſtungen, welche der Landmann 







Grundftener. 1113 


feinem Burg» oder Lehenäherrn an Raturalabgaben von feinen Feldern, ober 
durdy perfönliche Dienfle mit Hand und Zugvieh (Frohnen, f. d.) aus dem 
Grunde ſchuldete, weil diefer ibm dagegen Schub u. Sicherheit verfprady, auch 
die Kriegsdienſte für ihm leiſtete. Der Fuͤrſt hatte damals feine anderen Ein⸗ 
Fünfte, als die vom feinen Domalnen, u; einzelne Zölle Im Mittelalter verlor 
die Lchenmiliz oder das Ritterkriegsweſen nach u. nady ihre Brauchbarkeit. Stehende 
Kriegöbeere Tamen an ihre Stelle, u. * dieſe Koſten mußten dem Fürften neue 
Einkünfte gefchaffen werben. Die Stände geftatteten fomit auf den Landtagen 
dem Fürften, von den Bauern Wbgaben dazu erbeben zu dürfen. Schon im 16. 
Jahrhunderte finden fi in Deutfchland diefe G.n Anfangs als freiwillige Des 
willigung, die dann in befländige jährliche Zahlungen fidy verwandelte. Yür den 
Mopftab wurden eigene Inftruftionen verfaßt, und größtentheils die jährliche 
Nutzung von Grund und Boden in Anfchlag gebracht. Diele ©.n wurden Ans 
— einfach, dann doppelt, dreifach, vierfach, endlich fünf» und Icchefad), 
ährlich in zwei bio drei Ztelern oder Zeitpunkten erhoben. Die Revolution 
Srankreidy hat diefem G.⸗Weſen eine andere GeRalt geweſen. Der dritte Stand 
forderte die Aufhebung aller Privilegien, ſohin audy die der Steuerfreiheit ein: 
zelner Stände. Auch hieß es weiter, die Bauern könnten nidyt die Steuern dop⸗ 
Br zahlen, dem Staate und ihren Lehensherrn. Die grundberrlicdyen Zahlungen, 
ehnten u. Frohnen wurben fomit auagerichen u. alle Bauerngüter als —* 
eigenthuͤmlich erklaͤrt. Im den deutſchen Staaten, wo nach und nach Conſtitu⸗ 
tionen eingeführt wurden, fand ebenfalls die Aufhebung der Steuerfreiheit ſtatt u. 
man fing das Kataſtriren an, wie es zum Theile früher unter Kaiſer Joſeph 
in Defterreich gefchehen tft. Allein, bis zur Stunde iſt man weder in Frankreich, 
nody in Deutſchland über die wahren Grundſätze der Ertragsbeſtimmung ganz 
einig. Nur der Grundſaß fleht überall fefl, daß ein ordentliches Kataſter, wes 
nigftens in Anſehung des Flächenraumes, das erſte Bebürfniß einer Staatsverwals 
tung ſei, nicht allein zur Regultrung der Grundſteuer, fondern zu allen Opera⸗ 
tionen des Staatshaushalted und der Landwirthſchaft. Die Ertragsbefiimmung 
oder Bonitirung dreht fi um die Sätze herum, ob jeder Flächenraum, Feld, 
Wieſe u, f. w. nad) dem Robertrage des Bodens, oder nad) dem NReinertrage, unter 
Abzug aller möglichen Unkoften, oder bloß nach dem Schägungswerthe beſtimmt 
werden folle. Ein anderer Streit Hat fidy in der neueren Zeit über die ©. felbfl 
ergeben, ob fie nicht gar entfernt u. durch eine Bermögenefteuer im Allgemeinen 
erteht werben folle. In der Theorie iR dieſer Satz ganz richtig; denn alle 
Staatsbürger follen den nöthigen Staatsaufwand nach Ihren Bermögensverhäft- 
niffen tragen, der Reichere alfo mehr daran zahlen, als der Aermere. Aber in 
der Praxis fcheitert ſtets dieſer Grundſatz. Jeder Privateredit würde dadurch 
zerſtört; denn Niemand läßt fich über ſeine Bermogensumſtaͤnde in die Taſche 
oder in den Beutel fehen, u. gewaltfame Einficht hierüber Fönnte die Sache nur 
fhlimmer machen und, wie gefagt, den Grebit — die Geele des Verlehre — 
anz zu Grunde richten. Daher mußte man auf die Außenfelte der Bermögens⸗ 
Hände, auf den Grundbefitz, Induftrie u. auf die Verzehrung fein Augenmerk 
richten; daher denn die G.n, Batentfteuern, dann die anderen vielen indirekten 
Auflagen der Sonfumtion oder des Verbrauchs. Unterdeſſen erfordert die G. eine große 
Klugheit in Anfa u. Einforderung, weil fonft Die Landwirtſchaft — die Grundlage des 
anzen Staatöhausweiend — fchr geprüdt werben könnte, während fie jede Emporhe⸗ 
ung kräftig gebietet. Die Landwirthſchaft geftattet daher nur mäßige Laften 
ale G.n und jerbert zugleich Beilimmihelt und Unveränderlichfelt hierüber, weil 
fon der fo wichtige Calcul bei jedem Landwirthſchaftobetrieb inmegfät. Das 
her wagten die Engländer nicht ihre fehr geringe Landtare oder ©. fett 1693 
abzuändern und ließen fie als fefte Behimmung. — Was die oft aufgeworfene 
Frage betrifft, ob die Gteuerquote für die Grundſtücke eine, ohne Rüdfidht auf 
deren Dualität „äehaetebie (etwa 20 bis 30 fr. per Tagwerk), ober, nach ber 
größeren ober geringeren Ertragfäbigfeit, höher ober geringer beftimmte ſeyn folle, 


fo nehmer wir feinen Anfland, fie im erfteren Sinne gu beantworten; denn, fo richtig 
es iſt, daß jede Elaffification des Bodens nach feiner Güte in Anfehung der Bes 
Reuerung die erhöhte Cultur ſtraft, und doppelt, ja oft zehnfach zahlen macht, 
ebenfo richtig iſt es, daß dieſes Syſtem ver gleichen Befteuerung nad der Fläche 
nicht nur feine Ungerechtigkeit begeht, fondern die Cultur brförbert, alfo die Lands 
wirthfchaft hebt. “Der befiere Boden trägt immer einen größeren Eulturaufwand 
— ein größered Capital an fi, deßwegen wird 3. B. fo ein Tagwerf um einige 
100 Gulden bezahlt, während man für einen fchlechten Grund nur einige Gul⸗ 
den gibt. “Der erflere iſt für fein größeres Aufmandscapital alfo natürlich mit 
einer größeren Steuer befiraft. Go geht es auch Dem, der heute einen ſchlech⸗ 
ten Grund mit einer geringen Steuer zahlt, in einigen Jahren ihn aber mit vie 
len Koften verbeſſert; denn er bringt ſich dadurch von der niederen Steuerclafle 
zur höheren. Zahlt aber jedes Tagwerf gleichviel Steuer, ſo entftehen für 
die Gultur fehr wohltbätige Folgen; denn jeder andere Grund — ganz ums 
fruchtbare, als Flüſſe, Straßen, Fable Kelfen, Seen ausgenommen — muß fo zah⸗ 
len; daher wird ihn jeder Eigenthümer von fidy zu fchaffen fuchen, wenn er ibn 
nicht cultiviren will. Wer ihn nun cultivirt, erhält die Freijahre, u. nach Bers 
lauf derfelben bedroht ihn Leine hoͤhere Steuer, keine verhaßte Gteuerrevifion ober 
Rectificatton.. Er weiß für immer feinen feſten Deirag per Tagwerk. Auch 
konnen ſich Domainengüter, Staatswaldungen n. ſ. w. nicht mehr ſteuerfrei ers 
klaͤren u. fich dadurch einen falſchen Calcul verſchaffen. Jedes Tagwerk muß zah⸗ 
len, u da wird es ganz andere Berhältniffe u. Rechnungen geben. Dabei follte 
auch das Läfige der Zahlungen nach zwei Jahresterminen wegfallen, wo ber 
Landmann ganie Eapitalien zum Rentamte oder Staatörenten: Empfänger zu brins 
nen bat. Die ©., fowie alle anderen Abgaben zur Staatscaſſe, follten nad 
Zwölfteln beredynet u. alle Monate bezahlt werden. So könnte in jedem Mos 
nate bei dem Beamten ein reiner Redynungsfchluß flattfinden, und für die Lands 
wirthe wäre dieß ebenfalls eine fehr wohlthätige Erleichterung. 

Grundton, f. Hauptton, 

GSrundfag, 1) ein allgemeiner Eat von unmtitelbarer Gewißheit u. gebies 
tender Rothwendigkeit. — 2) ©. (auch Artom in der Mathematik), der Aus⸗ 
ſpruch einer Wahrheit, die entweder unmittelbar einleuchtet, oder deren Gründe 
wenigſtens außer den Gränzen der Wiſſenſchaft liegen u. die deßhalb audy Feines 
Beweifes bedarf. 

Grundtvig (Nikolaus Ferdinand Severin), ausgezeichneter daͤniſcher 

Dichter und Geſchichtsſchreiber, geboren 1783 zu Udby, Bilar bei feinem Vater 
von 1811—13, 1821 Prediger in Präftde, 1822—26 tn Kopenhagen, dann, we⸗ 
gen feined heftigen Proteſtes wider den Rationaliften Profeſſor Elaufen feines 
Amtes entfeßt, lebt feitvem der literariichen Muß: — In feinen Iyrifchen Ge⸗ 
dichten (Grädlinger 1815, Sangvärf til den danife Schfe, Band 1, 1837) ſpie⸗ 
gelt ſich ein tiefe, reiches Gemüth; in DOptrin af Kämpeltvetö Undergang i Rors 
den (2 Bände 1809 —11), Rofkilde Riim (1814), Nordiſte Senaadigte (1838) 
weiß er den wahren Ton der Heldenlieder au treffen. Zu feinen ge chichtlichen 
Werken gehören: Rordens Mythologi 2. Auflage 1832; Weltchronik. 2. Auflage 

1817, deutſch Rürnberg 1837; Haandbog i BVerdenshiſtorien (2 Bände 1833 — 
1837) ꝛc. Predigten erſchienen von ihm 1816, u. 3 Bände 1826—30. Sowie gegen 
Glaufen, vertbeidigte er das ſtrenge Lutherthum gegen Bretichnelver (Beutich 2 
zig 1844). Auch verdankt man ihm eine Ausgabe des angelfächfiichen Beowulf 
(1820) u. Ucberfehungen des Earo u. Snorro (6 Bände, 1818—22). 

Gruner, 1) Chriſtian Gottfried, berühmter deutfcher Arzt, geboren 
8. Rovember 1744 zu Sagan, beſuchte von 1762 an das Gymnaſtum zu Görs 
lie und von 1765 an die Univerfität in Leipzig, wofelb er Theologie flubirte, 
fpäter aber, nady feines Baterd Tede, dem Stubium der Heilkunde fidy widmete; 
41769 wurbe er in Halle zum Med. Dr. promovirt, lebte dann als yraftifcher 
Arzt in feiner Bat t, bis er 1773 als PBrofefior der Botanik nad) Jena bes 


Gruppe. . 1118 
ufen warb; 1776 wurde er Hofratb, 1791 geheimer Hofrath u. Sachſen⸗Koburgi⸗ 
der Leibarzt; am 5. December 1815 ſtarb er, ©. verband ausgebreitete Ges 
ehrfamfeit mit g diegenem praktiſchem Wiſſen; im literartfchen Gebiete war er 
jußeiſt fruchtbar; feine Schriften verbreiten ſich über die meiften Fächer der Heil: 
unde. Die größten Verdienſte erwarb er fidy um die Geſchichte der Medicin u, 
yefonders der Epidemien; die widhtigften feiner hieher gehörigen Schriften beziehen 
ich auf die Kritik der hippokratiſchen Schriften u. die Geſchichte der Eyphilis: 
Sensura librorum Hippocraticorum, Br8lau 1772, 8.: — Bibliothek dır alten 
Herzie tin Ueberiegungen u. Auezügen, Leipzig 1781, 1782, 8. 2 Bde. ıc. — Er 
ab das Al. Erisini »Aphrodisiscuss heraus u. vermehrte ihn um einen Band, 
—* 1789, Fol. 3 Bände. — Sehr geſchätzt war auch ſeine „Semiotik.“ latei⸗ 
fh Halle 1775, 8., deutſch Jena 1793 8., in 2. Auflage, Jena 1794 ıc. 
£. Buchner. — 2) G., Karl Juſtus v., geb. 1777 zu Osnabrück; Anfangs 
Stadtrichter dafelbfl, dann bei dem Kolontfationdgefchäfte für Preußen angeftellt, 
dann Kammerrath in Ansbach, 1805 Kammerdirector in Poſen, floh hier vor ben 
Kranzofen nady Königsberg u. Tilfit u. ward 1809 Polizetpräftvent. zu Berlin, 
als Mitglien des Tugendbundes den Franzoſen ver anig, legte er nothgedruns 
zen 1811 feine Stelle nieder u. ging 1812 nad) Kriedland In Böhmen, wo er feine 
Umtriebe gegen Napoleon immer weiter verbreitete. Er wurde jedoch auf fran⸗ 
zöſiſche Requtfition zu Prag verhaftet u. nach Peterwardein abgefuͤhrt. Erſt 
1813 kam er aufBerwenden des ruffifchen Hofes, der ihn als ruffifchen Staates 
raih reclamtrte, lo8 und ward Gouverneur des für Rechnung der Alliirten vers 
walteten Gouvernements Niederrhein zu Düffeldorf u. audy des Mittelrheins zu 
Trier. Hier. lieferte er mandye fehr freie Aufjäge in den rheintichen Merkur von 
Goͤrres, erließ auch eine fulminante Proflamation bei der Rüdfehr Ravoleons 
von Eiba. : 1815 leitete er die hohe Polizei von Paris. Bom Könige von Preußen 
zeadelt, fam er als preußifcher Befandter nad) Bern. Er farb 1820 zu Wiesba⸗ 
ven. ©. ſchrieb mehres Kameraliſtiſche über Weſtphalen, gab audy mit Harts 
we allgemeine Archiv der Sicherheits⸗ und Armenpflege, Würzburg 1805 
_ eraus. 

Gruppe nennt man in der bildenden Kunſt eine Zuſammenſtellung mehrer 
Gegenſtände in der Art, daß fle das Auge auf einmal umfaßt, oder eine ſymme⸗ 
trliche Bereinigung mehrer Figuren, die unter fidy zu einem Ganzen verbunden 
feyn müſſen. Im näheren Sinne aber iſt die ©. die Darſtellung bewegterer Si⸗ 
tmationen, Gonflifte und Handlungen. Die tunfifinnigen Griechen bradyten bie 
S.n in Verbindung mit der Architektur, indem fie mit denſelben architektoniſche 
Räume verzterten, fie aber nidyt für fi aufſtellten. Ueberhaupt aber müflen ®.n 
nidyt ohne Hintergrund bleiben, befonders, wenn fie aus bewegteren und vielen 
Beftalten befichen, weil in freier Luft die Auffaffung der, zur Verſtändlichkeit 
hauptiächlicy beitragenden, Umrifle erſchwert oder vereitelt wird. Im Sinne der 
Ielanenyen Kunft machen einige oder mehre dergeflalt verbundene Figuren ein 

id. In der Anordnung und Behandelung der G.n kommt es hier auf Einheit 
bes Intereſſe, auf Korm u, Beleuchtung an. Das Sntereffe muß in hiftorifchen 
Bemälden die Haupıfigur dadurch erhalten, Daß alle anderen Figuren mit ihr in 
Beztehung ſtehen. Als Mufterform der ©. aber hat man, außer vem Kegel und 
der Weintraube, befonders die Pyramide erwäblt, wobei jedoch eine gewiſſe Gleich⸗ 
förmigkett nicht zu vermeiden feyn dürfte Ste iſt indeß für das Auge in foferne 
beruhlgend, als fie durch ihre Spitze das fonft zerfireute Nebeneinander zufams 
menfaßt u. der G. eine Außere Einheit gibt. Einleuchtender u. wichtiger iſt je 
doch die Bemerkung, daß der Künftler ſich hüten muß, die Figuren nicht auf ein» 
ander zu drängen u. fie zu verwirren, ohne übrigens die ‘Bartien, welche Kar 
überfehbar feyn müflen, zu iſoliren u. zu zerfizeuen. — In der Gartenkunſt machen 
(bon 2 Bäume eine &., und mehr al8 20 Bäume fol keine enthalten. Ges 
waͤhlt müflen foldye Bäume werben, die ſich wirklich vereinigen: Lafien, nicht jene, 
deren Wuchs, Laub u. Zweige ſich widerfreiten. Der äußere Umriß einer ©, 


1116 nn 


fol dem der Zuſammenſtellung mehrer &.n en 
feit Pr , , dere in 
—— she — Pr vi nn Ser u Strände 


—— —— oͤnes Ganzes gebracht wird. — @ {run 
heist die Anordnung ende Theile zu —* ——ã— — u. —* ww 
knuͤpf are Bann ‚ oder bie —— — des Mannigfaltigen zur 


Grnfien, |. Georgien. 

Gruter, Janus, berühmter Phllolog u. Kritiker, geboren am 3. Dam 
ber 1560 zu Antwerpen, befuchte nady gründlicher Borber weldye er im el 
terlichen Haufe genoß, die Mlademie zu Cambrigde u. fpäter zu Leyden. Wie 
wohl fein Beruföfacy die Mechtögelehrfamfeit war, vertwandte er doch bie meiſte 

auf Philologie und Kruik. Die niederdeutſche Poeſie und ehe verfchtebenen 
Sprichwörter der Italiener, Engländer u. Franzoſen er in befonvere Vetrach⸗ 
u u. verfertigte geiſtreiche Cpigramme. Chriſtian, Kurfürk von Sachſen, be 
ihn als —— der Geſchichte nach Wittenberg; er lehnte aber den Ruf 

* 8 er auf die Con ———— ſollte verpflichtet werden. Gr begab ſich 

‚ wo ex eine Zeit lange lehrte, u. hierauf nad) Heidelberg, wo er Bros 
fefior und Bibliotbefar wurde. 6 Liebe zu diefer Stabt Gus er einen ae 
vollen Ruf nad) ‚Pebne an des verflorbenen Riccobonus Stelle ab. San Bat 
de inscriplionibus Romanis widmete er dem Kaifer Rudolph IL und wurbe von 
diefem, m nachdem er ein anf anſehnliches ——— und die Adels⸗Erhebung abge 
Comce Palainnz Smamıt, elek and guglei) cin Priilegium gegen ven Made 

Comes us ernannt, erhielt u um gegen 
brud ie Ol de Sum Sr abe Fr Kom aber 
ven ? en na 
—* wurde, haͤtte er en ſeines heldenmüthigen Widerſpruchs das Leben 
verloren. Auch ſeine —* in Bücherfammlung —* durch die Plünderung 


delbera erobert wurde, u. die werte 


| 
| 
I 


der oben Soldaten empfindlicye Berlufße. Die Kriegsunruhen trieben ihn abe 
wechſelnd bald nad) Bretten, bald nach Tübingen, bis er endlich auf fein Land⸗ ' 


In Bernhold fidy zurüdgog u. dort in Ländlicher Abgeſchiedenheit, mit Gartenbau 


N nebenbei beſch Äfcigenb, feine literarifche Ruße pflegte. Er Karb dafelba am 


20. September 16275 feine Gebeine ruhen in ber Peterskirche zu Heidelberg. 
Bon feiner raftlofen Arbeitfamteit fagte Scaliger: Gruterus non curat, utrum 
charta sit cacsta, modo libros multos excudat. Seine Schriften find: 
cionum libri IX, Wittenberg 1591. Das 10, Buch wurde fpäter zuerft veröfs 
fentlicht in Nov. "miscell. , Leipzig 3 Bde., 480 ff. Das 11—17. Bud fam 
fi handſchriftlich in der vuͤnn von Peter Burmann IL — Lampas S. fax 
lıberalium artiam h. e, thesaurus criticas, Zranffurt 1602 — 34, 7 Bände, 8. 
Der 7. Band iR von Pareus u. feltener, ald die übrigen. “Der Inhalt des Wer 
kes findet fi in Fabricii bibliographia antiquaria und im literarifchen Wochen 
blatte 1. 133. Die ttalienifche Ausgabe, in Florenz u. Reapel in Kol., A Bor, 
1737—51 {ft zwar unvollendet, aber mit Anmerfungen und ganzen Büchern vers 
mehrt. — Inscriptiones antiquae totius orbis Romani c. praef. Burmannl, 
Amftervam 1707, 4 Bände mit Kupfern. — Florilegium ethico-politicum gr. 
et lat. nec non Publ, Syri ac L. Senecae sententiae aureae, acc. gnomae pro6- 
misque Graecorum, item proverbia germ. ital. belg. gall. hisp., Yrantfurt 
161Uu—12, 3 Bde. — Ciceronis opera; Livius cum notis; animadversiones is 
Senecam. Ueber fein Leben u. Söriften: Hayderi vita, mors et obitus Jes 
Gruteri, Tübingen 1628. Ca. 

Gryphins, 1) Andrea 8 (in ver fruchtbringenden Geſellſchaft der Unſterb liche 
genannt), geboren 2. October 1616 zu Großglogau in Schleften, ſtudirte Jurit⸗ 
prudenz, fand aber wenig Fortkommen, weil er, wie man erzählt, durch ade 
fretmürhige Neußerungen in Berfen dad Mipfallen der Regierung fh augegogen. 
Bon 1636—46 war er, durch Berfolgungen veranlaßt, in der Fremde, wo, 


Onabalararı — GSuabeloupe. 1117 


ders bei feinem Aufenthalte in Holland, das dort nach franzöftfchen Muftern ge- 
bildete Theater auf feine Poeſte großen Einfluß hatte; 1637 ward er von einem 
kaiſerlichen Pfalzgrafen aum Dichter gefiönt; 1647, mit feiner Regierung ausge⸗ 
föhnt, Landſyndikus des Fürftentbums Glogau, wo er als tüchtiger Geſchaͤftomann 
bi6 zum 16. Juli 1664 lebte. Der Ruhm diefes berühmteften und talentwoliften 
Dichters feiner Zeit beruht auf feinen dramatiſchen Erzeugnifien, obwohl er ſich 
auch nicht ohne Gluͤck im Epigramm, tn der Ode und befonders im Sonett ver 
ſuchte. — ©. war ein kühner, emporftrebender Geiſt, in 14 Sprachen bewandert. 
Schwere Lebensihidiale machten ihn finfter, tieffinnig, parador in feinen Bes 
hauptungen; er glaubte an Aftrologte u. Gefpenfter, u. daher läßt fich die allzu 
häufige Aufführung der legteren in feinen dramatifchen Erzeugnifien erklären. Ei⸗ 
nerfeitö war fein Gemüth durdy eigene Leiden und den Jammer feines Baterlans 
des zerrifien, anderfeitd wollte er zu fehr den Gelehrten gefallen: beides verhins 
derte feine freie Ausbildung. Er blidte mit fcharfem Auge in der Menfchen ges 
genmärtigee reiben u. in den Bang der Geſchichte; er fchöpfte aus dem Born 
er Ratur u, des Lebens, aber es fehlte ihm die Heiterkeit der inneren Stimmung; 
er ift düfter, wie feine Zeit. Seine Trauerfpiele find meift ohne Kunftreinheit in 
Anlage u. Entwidelung, ohne confequente Haltung der Charaktere, u. nicht felten 
mit überflüffigen Gleichniſſen, belehrenden Allegorien, fowie durch zu vieles Her⸗ 
vorheben der Moral u. endlofe Sentenzen überladen. Die Gabe, das Starke u. 
Leidenfchaftliche zu fchildern, fpricht fich in großer Energie der Schreibart aus, 
Die Luftfpiele, worin im Ganzen der Dichter zur burledfen Gattung binneigt u. 
nicht frei iſt vor Plattheiten mancher Art, überrafchen durdy natürliche Wahrs 
beit, derbe Laune u. Häufig gelungene Charakteriſtif. Gedichte, Leyden 1639, . zus 
legt Breslau u. Leipzig, 1698, 2 Thle Seine dramatifchen Erzeugnifie erſchie⸗ 
nen zu Breslau 1647. — 2) ©. Ehrifttan, Gohn des Vorhergehenden, gebos 
ten 29, September 1649 zu Frauftadt, fludirte in Jena, dann in Straßburg Jus 
risprudenz, ward 4674 Profeſſor am Gymnaflum zu Breslau, 1686 Rektor, ges 
ftorben 6. März 1706. Steht feinem Vater als Dichter in jeder Hinſicht nad), 
leitete am Meiften als Literator. Poetiſche Wälder, Frankfurt 1698. 2. Aufl, 
dafelbft 1707. 3. Aufl. 1718. Kurzer Entwurf der geiftlichen u. weltlichen Rit⸗ 
terorden, Leipzig 1697, 2. Auflage 1709. x. 
Guadalaxara oder Guadalajara, 1) eine der 48 Provinzen des Koͤnig⸗ 
reichs Spanien, zu Neukaſtilien gehörend, 69 [J M. groß, mit 160,000 Gin, 
wohnern, gränzt im Norden an Segovia und Sorla, im Nordoſten nu. Often an 
Teruel, im Weften an Madrid u. im Süden an Madrid u. Euenza. Das Land 
il eine dürre, baumlofe, einförmige Hochebene mit kahlen Bergrüden (iberiſchen 
Berge u. Sierra di Guadarama). 2) Hauptflabt der gleichnamigen Provinz am 
enares, mit 14000 Einwohnern, ein alter, haͤßlicher u. ſchmutziger Ort. Widh- 
tige Tuchfabrifen. In der Franciskanerkirche das prachtvolle Erbbegräbniß der Her⸗ 
zoge von Infantado. 3) Hauptſtadt des merifanifdyen Staates Zalisco, unter 
21° 8' nörbl. Br., am weftlidhen Ufer des Rio Grande, eine der ſchönſten Stähte 
Amerifa’s, mit 50,000 Einwohnern, 8 öffentlichen Pläben, 1 Kathedrale, 7 ans 
deren Kirchen, 6 Manns⸗ und 5 Frauenkiöftern, 1 Predigerſeminar. Gold» und 
Silberſchmieden, KRattundrudereien u. f. w. In der Nähe „grobe Silberminen. Eine 
34 Meilen lange Waſſerleitung verfieht die Stadt mit Wafler. Ow. 
Guadalquivir, d. h. der große Fluß, ein Fluß in Spanien; er entfpringt 
an den Gränzen von Granada u. Murcia auf dem Gebirge Segura, geht duch 
Jaen und Sevilla und ergießt ſich, nach einem Laufe von 55 Meilen, unterhal 
St. Lucar da Barrameda in den Meerbufen von Cadix. Gr bat viele feichte 
Stellen, ift aber doch 11 Meilen lang für gehe Fahrzeuge bis Sevilla u. für kleinere 
bis Cordova ſchiffbat. Er nimmt den Buadalimar, Guadiana el Minor, Almu⸗ 
diel, Guadalba, Guadiate, Zenil, Frenadas auf u. hat ein Gebiet von 942 [7 M. 
Guadeloupe, eine, -zu den kleinen Antillen Weſtindiens — unter 
framgdfcher Dderherrichaft chende, 36 LI, große Iufel wiſchen 15° 59 80” 


1148 ı Onadet — Bnaite, 


— 16° 41’ nörbl. Br. u. 63° 20°— 64° 9' weſtl. L., ik durch einen fchmalen 14 
Lleues langen Meeredarm, Galyfluß genannt, in zwei Infeln geheilt, von denen 
bie größere, weſtlich gelegene, eigenilich G. over auch Baſſe⸗Terre, die kleinere, 
öftliche, bagegen Grande⸗Terre heißt. Eiſtere iR vulkaniſch, u. auf der, durch ihre 
Mitte hinziehenden, bewaldeten, 500 Totfen hohen Gebirgskette dampft noch immer 
der 5000° hohe Solfatara oder Schwefelberg. Eine Stelle im Meere hat ficdend 
heißes Wafler. Grande: Terre iR dagegen ganz flach, oder doch nur von unbes 
deutenden Hügeln durchſchnitten u. ganz ohne Wald. ©. bildet fammt ben * 
gehörigen drei Keinen Infeln Deſirade (1 [J M. u. 1300 Einw), War 
galante (4 [J M. und 12000 Ginwohner), Les Saintes (1 . 
1200 Einwohner) ein franzöflfched Gsuvernement, und hat 130,400 Eınwahne, 
worunter 73,000 Sklaven u. etwa 17,000 Weiße. Es if in 112,015 Quadrate 
eingetheilt, von denen 22,023 mit Zuder, 5330 mit Kaffee, 2747 mit Baum 
wolle, 10 mit Cakao, 9291 mit Mantol und Gemüfen gebaut, u. 20,515 wit 
Bäumen beſetzt find, der Re aber oͤde oder Weideland ik. Hauptpropufte find 
Zuder, Kaffee, Cakao u. Baumwolle Die Ausfuhr beträgt zwifchen 25 und I 
Millionen Fres; die Einfuhr etwa 12-15 Millionen Ftes. — Die Hauvptſtadi 
der Inſel tft Bafle- Terre mit 5000 Einw. Furchtbares Erdbeben 1843. — 
Die Juſel wurde 1493 von Columbus entdedt u. 1635 von franzöffchen Klibw 
ſtiern (f. d.) in Beflg genommen, Die franzöfffchen Colonien wurden 1641 u. 1705 
von den Englaͤndern verbrannt, die Infel ſelbſt 1759 erobert, aber 1763 zuräds 
gegeben. Auch 1793 nahmen die Gingländer G. wiederholt, behielten es jedoch 
nur ein Jahr im Befitze, worauf e8 wieder an Frankreich kam. Darauf eroberten 
ed die Engländer im Jahre 1810 wieder und behielten es bis 1814, wo es 
wieder am Frankreich außgeliefert wurde, bei dem es feither geblieben iſt. Ow. 

Guadet (Marguerite Elie), geboren zu St. Emilion (Bironde) 1753, 
Advokat zu Bordeaur, Deputirter. diefer Stadt bei der geſezgebenden Berfamw 
lung und beim Gonvente, ward durch fein Rebnertalent gen der Girondiſten 
Perfönlicher Feind Marats u. Robespierre’s, Hagte er diefe mehrmals mit Wuth 
an u. ward in das Gefchid feiner Pattei verwidelt. Er flüchtete nady Koreus, 
Caen, Quimper, dann nach Guyenne, wo er lange obdachlos umherirrte. Ja 
väterlihen Haufe zu St. Emilion entdedt, wurde er nebft feinem 74jährigen 
Bater in. Bordeaur 1794 hingerichtet. 

Guadiana, großer Fluß auf der pyrenälfchen Halbinfel, entfpringt in ber 
ſpaniſchen Provinz la Wanda in den Lagunas (Seen) de Ruidera beim Yleden 
Oſſa, fließt dann zwifchen hohın Gebirgen, fo daß man ihn bei Galatrava eine 
Stunde lang nicht ſehen kann, bi8 er an dem See Ojos (d. I. Quellen) de ©. 
wieder zum Borfchein kommt, Eſtremadura und einen Theil von Portugal durch⸗ 

teßt, u. nad) einem Laufe von 924 Meilen bei Caſtro marim, auf den Graͤnzen 
von Algarbien und Sevilla, ind atlantiſche Meer fließt. Er iR 10 Meilen auf 
wärts tdhiffbar, nimmt den Bullaque, Euja, Mutachel, Guadayra, Wiharragens, 
Ardila u. Chanza auf u. bat ein Gebiet von 1214 [J M. 

Guaita, Garlo de, der Sohn eines oͤſterreichiſchen Beamten, geboren is 
Sabre 1813 am Comer⸗See, widmete ſich den Studien, erbtelt feine erfie Ant 
bildung u einem Seminar u. fludirte in Pavia ein Jahr lange die Rechtswiſſen 
ſchaft. Ein ungeflümer Drang nady einem thatenreichen Leben ließ ihm die 
Studien aufgeben und entführte ihn der ruhigen Heimath. Er verweilte längen 
Zeit in der Schweiz und in Frankreich, beſuchte Epanien und Portugal und 
ſchiffte fpäter nach den Azoren, fledelte fid, vorübergehend auf Madeira an 
und erforfchte den Pik von Leneriffa. Seine Wanderluſt, nody nicht gefättigt, 
führte ihn in der naͤchſten Zeit nad) Schottland, Eng.and und Irland, wo aber 
den Sohn des Südens dad Heimweh ergriff und nad, Stallen zurüdırleb. Jn 
Berona traf er feinen Vater, fiedelte aber nady Wien über, wo er ein fleißige 
Mitarbeiter an der Rivista Viennese wurde u. nebenbei Unterricht im mehren 
Sprachen ertheilte. Wien wurde fein bleibender Aufenthalt; denn er verlieh e⸗ 


Guanaxuato — Guarini, 4119 


ır einmal wieber, um in Petersburg Ausſichten zu verfolgen, die fich nicht reas 
irten. Seit feiner Rüdkehr von feinen Reifen verfuchte er ſich mehrfach 
8 Dichter und verrieth eine entſchiedene Befähigung. Italien hat von ihm drei 
ramen erhalten: »Elena,s »Clarice Visconti,« und »L’ultimo Campossmpiero.« 
ie beiden erflen wurden auf mehren italieniſchen Bühnen aufgeführt u. erhielten 
getheilten Beifall, erwarten aber nody den Drud. 1844 erfchien ein Kleiner 
and Gedichte von ihm, dem Bildhauer Marchefi gewinmet, unter bem bes 
yeidenen Titel: »Versi giovanili.e Seine gelungenfle Arbeit dürfte eine Ueber: 
jung der Sonnete Piatend auf Venedig feyn, die er in der Zeitfchrift 
jama“ veröffentlichte. In der letzten Zelt ging in ihm eine traurige Ber- 
derung vor, die feine Freunde mit lebhafter Beforgniß erfüllte. Die hohe Ger 
lt fanf zufammen, die Geſichtszüge erfchlafften, er führte zuweilen wunderliche 
eden, fprad) von großen Entwürfen u. wurde mehr u. mehr Allen unverfländlid), 
: mußte in das Krankenhaus geführt werden, und dort bemächtigte ſich feiner 
e Wahn, daß er Taffo ſei. — Leider war er dem unglüdlichen Dichter des bes 
iten Serufalems nur zu ähnlich, denn er flarb im Wahnfinne, 23. März 1846. 

Guanarnato, 1) eine der fruchtbarften u. volfreichften Provinzen Merico’s, 
: Welten an Buadalarara u. Xalisco, im Nordoften an Zacatecas, im Norden 
Luis de Potoſt, im Often an Queretaro, im Süden an Mechoacan grängend, 
0 [I M. groß mit 650,000 Einwohnern , liegt auf den Hochebenen der Gor- 
leren von Anahuac und ift Äußerfi rei) an Silberbergwerken (deren Ausbeute 
: Jahre 1835 auf 258,280 Mark gerechnet wurde). Das Klima if Außerfi 
fund und günftig; der einzige bedeutende Fluß der Rio Grande. — 2) ©., die 
auptftadt der gleichnamigen Provinz , 6500 Zuß über dem Meere, unter 21° 
dl. Br., 1554 gegründet, mit 41,000 Ginwohnern , die fafl ganz vom Berg- 
» Hüttenbau leben. Um die Stadt liegen zahlreiche Siibergruben , unter denen 
: von Balenclana die reichften. Ow. 

Guano, f. KRoprolitben. . 

Guarbein, ſ. Wardein. 

Guardian (vom italieniſchen guardare, franzöſiſch garder, Achtung geben), 
ißt 1) in den Franciokaner⸗, Kapıyiners u. Minoritenklöflern der Pater superior, 
r, nady den Ordensſtatuten, dieſe Würde nie länger, als drei Jahre, in einem 
demfe:ben Klofter befleiven darf. 2) In England Derjenige, der während einer 
edisvafanz die geiftliche Jurisdiktion in einer Diöcefe verwaltet. — 3) In Bors 
g al ein Unteroffizier bei der Marine — 4) In der Türkei ein Aufſeher 
F Sclaven. 

Guarini (Giovanni Battifta), ein eleganter ttalienifdyer Dichter und 
rififteller, geb. zu Ferrara 1537, machte feine Studien zu Bifa u. Padua u. 
Idete ſich als Gefandter des Herzogs Alfons II. von Ferrara, in weldyer Eigen» 
yaft er an mehren Höfen in und außer Stalten thätig war, zum gewandten 
elts u. Geſchaͤftsmanne, u. erhielt zur Belohnung u. A. die Ritterwürde. Nach 
m Tode des Herzogs, mit dem er ſich zuletzt entzweit hatte, ging er in floren- 
tfche Dienſte; von da an den Hof von Urbino und flarb zu Benebig 1613. 
an hat von ihm einige geichägte proſaiſche Schriften u., unter anderen Gedich⸗ 
t, reizende Madrigale in griechiſcher Manier (Rime, Bened. 1601, 4). Am be 
anteftlen und unter allen italieniſchen Gedichten am öfteen außer Italien ge- 
udt u. gelefen ift fein bukoliſches Drama: II ,pastor fido (Vened. 1621). Der 
amatifhe Plan dieſes Gedichtes, das faft in allen neuere Sprachen, deutſch 
n Armold (Gotha 1815) mehrmald überfept ward, bat wefentliche Fehler, 
ch iſt die Wendung des Ganzen allzu romanhaft; einzelne Schönheiten aber, 
ionders der Sprache, des Wohlkangs der Berfe und manche glüdliche Aeuße⸗ 
ngen dichteriſcher Phantafle u. Empfindungen, erfegen jene Mängel, wenigſtens 
m Theile Rur trifft auch. Die Schreibart der Borwurf des zu Gekünftelten u. 
‚igrammatifchen. Außerdem find zu erwähnen: fein in dialogiſcher Form ange 
iter »Segretario;e fein Luſtſpiel »La idropicas (WBeronn 1734, 4), felne 


4120 | Guarino — Guatemala, 


»Rimes (Bened. 1601) u. »Letteres (Vened. 1600). Eine Geſammtausgabe feiner 
„Werke beforgten Barottt und Apoſtolo Zeno (4 Bde., Berona 1737—38, 4.), 
Sein »Trattato della politica libertä ,s den er um 1599 fdhrieb, erfchten zu 
Benedig 1818 zum Grftenmale im Drude, zugleich mit G.s Leben von Rugalert. 

Guarino oder Barinns, geboren zu Berona 1370, war Lehrer der römis 

hen u. griechifchen Literatur zu Florenz, Venedig, Berona, Trient und Yerrara, 
berfeßte viele Plutarchiſche Schriften und die 10 erfien Bücher von Strabo's 
Geographie ind Lateiniſche, fchrieb Anmerkungen zum Balerius Marimus und 
einigen ciceroniantfchen Schriften, fowie mehre fprachwifienfchaftliche Aufſaͤtze, Die 
554 zu Paris im Drude erfchienen. Er farb 1460. — Sein Sohn Battifta 
war ebenfalls Lehrer der griechiichen u. römtfchen Literatur zu Ferrara u. hatte 
u. A. den Uldus Manutius (f. d.) zum Schüler. Auch er fchrieb Verſchiedenes 
u. trat überhaupt in die Fußſtapfen feines Vaters. 

Guaſtalla, eine zum Herzogthume Parma gehörige Lanbfchaft, früher ein 
eigenes Herzogthum biinend, 14 [ J Meilen groß mit 8500 Einwohnern, am red 
ten Ufer des Po, zwifchen Modena und der Lombardei gelegen, mit der gleich⸗ 
namigen Hauptſtadt am Eroftolo, unweit des Po; 3000 Einwohner, altes Schloß; 
Sig eines Biſchofs; Reisbau. Sieg der Franzoſen über die Defterreicher am 
19. September 1734. — ©. gehörte im Mittelalter zu Eremona, dann zu Mal 
land, wurde 1406 von Maria Bisconti zur Grafichaft erhoben und feinem Bet 
ter Guido Torelli erblich zu Lehen gegeben. Die kinderlofe Lodovica Torelli ver 
machte G. 1539 dem WBicelönige von Neapel, Ferdinand I. von Gonzaga; 1746 
309 die Kalferin Marla Therefla das indeſſen zum Herzogthume erhobene ©. als 
erledigtes Lehen ein und überließ es 1748 dem Herzoge von :Barma, dem es 1796 
die Srangofen abnahmen u. mit der italtenifchen Republif vereinigten. Im Jahre 
1805 befam Napoleons Schweſter Pauline das Herzogtum ©.; durch den Mies 
ners&ongreß aber wurde es der. Gemahlin Napoleons, Warte Luiſe überlaflen, 
nad) deren Tode ed, zufolge der Gonvention vom.10. Juni 1817, nebſt PBarma 
und Placenza an den Herzog von Lucca übergeht, der dagegen Lucca an Tos⸗ 
kana abtritt. . 

Guatemala, 1) der beveutendfle Staat Mittels over GentralsAmeritas 
(f. d.), welcher indeß feit April 1847 feine Unabhängigkeit von dem dortigen Fod⸗ 
derativbunde erklärt hat, 2,295 [J Meilen groß mit 730,000 Einwohnern, von 
13° 30° — 18° 10' nörbl. Br, im Norden an Yucatan und die englifche Go 
lonie Balize, im Often an das caraibiſche Meer und die Staaten Honduras u 
San Salvador, im Süden an den Auftralocean, tm Welten aber an Ehiaya u. 
Yucatan gränzend, wird von Zweigen der Gorbilleras burchgogen, die, namentlid 
im Weften, zu einer bedeutenden Höhe anfkigen u. mehre Bulfane haben. Pro⸗ 
dukte find: edle Metalle, Seefalz, Eacao, Indigo, Baumwolle, Zuderrohr, Tabak, 
Reis, vortreffliche Bau- und Farbhoͤlzer, Balfam, Gummi, Pferde, Rindvieh, Tas 
pire u. f. w. Die Einwohner vertbeilen fi) der Race nad) wie folgt: 75 Prec. 
Indianer, 8 Proc. Weiße, 16,9 Mifchlinge und O,1 Afrikaner. Die katholiſche 
Religion tft die allein herrſchende, die allein geduldete im Staat. Wan zählt 
183 Pfarreien, 4 Miffionen, 32 Manns⸗ und 4 Frauenkiöfler mit 598 Kirchen. 
Mit Einführung der Republif hat die Kaſteneintheilung und Sclaverei aufgehört, 
Der Staat befleht aus dem Foͤderalbezirke, mit der Hauptſtadt und 13 Partitos, 
— 2) ©. la nueva, Hauptfladt des Staates, am Bacas, der den Hafen der Stadt 
bildet, 9 Meilen von der Seeküfte, unter 14° 40' nördl. Br., mit 50,000 Eis 
wohnern, von völlig regelmäßiger Bauart. Kein Haus ift, der Erbbeben weg 
höher als 20 Fuß. Schöne Kirchen, Sig eines Erzbiſchofs, Univerfität, 1676 ge 
gründet, mit 12 Lchrfühlen und einer Öffentlichen Bibliothek, Fabriken und Hau 
del. In der Umgegend iſt der Haupifiß der Cochenillezucht. Bier Meilen norb- 
ticher, im Innern, liegt Alt⸗G., eine im Jahre 1751 durch Bulfane u. Erbbeben 
fa ganz vernichtete Stadt, jetzt noch von 2000 Indianern bewohnt. Nahe babe 
iR ein anderes Alt⸗G., das 1773 auf Ähnliche Weiſe zerflört wurbe, aber jegt 


Buben — Gügler. 1121 


‚ch 18,000 Einwohner hat, ©. la nueva, das man erſt 1774 erbaute, wurde 
330 durch ein Erobeben wieder ſchrecklich verwüßet. Ow. 

Buben, Kreiskadt im preußiſchen Regterungsbezirke Frankfurt a. O., an der 
eifie, welche hier die Lubſt aufnimmt, in einer angenehmen, fruchtbaren Gegend, 
it 10,000 Einwohnern, hat ein Gymnaflum, ftarfen Obſt⸗ und Getreide- aud 
was Weinbau, und lebhafte Induftrie in Tuch, Leber, Tabak, Linnen u. ſ. w., 
chiffbau und Schifffahrt. In dem nahen Dorfe Neuzelle ein Schullehrerſe⸗ 
Inar und Waifenhaus in der 1816 fäcularifirten Abtel, welcher die Stadt Fürs 
nberg an der Oder und 37 Dörfer gehörten, 

Gubig, Friedrich Wilhelm, geboren zu Leipzig 1786, ſtudirte Anfangs 
heologie, vertaufchte aber, in Folge von Berhältnifien, dieſes Fach mit der Holz- 
meidekunft, Die er felt 1805 als Profeſſor an der Akademie der Künfte zu Ber⸗ 
ı lehrt. Neben feiner Meifterfchaft in dieſem Fache bat er fi) auch als Schrift, 
Der auf verfchiedenen Gebieten ehrenvoll ausgezeichnet. Er befist Wis u, Ironie 
d dadurch entfchiedened Talent für das Luftfpiel (Thenterfpiele, 2 Vde., Berl. 
315, Jahrbuch deutfcher Bühnenfpiele ſeit 1822). Auch redigirte er viele Zeitfchriften : 
Das Baterland” 18079, „Geſellſchafter“ feit 1817, „Gaben der Milde,” 4 
de., 1818, „Jahrbuch des Nützlichen und Unterhaltenden“ feit 1835, und gibt 
t 1835 den befannten „beutfchen Vollskalender“ heraus, In welchem vorzuges 
eiſe die Katholiken u. Er Kirche arg gefhmäht werden. 

Gudrun, ein deutſches romantiſches Epos aus dem 13. Jahrhunderte, wel⸗ 
es die Jugendgeſchichte des iriſchen Königs Hagen, die Bermählung feiner ent- 
brten Tochter Sole mit dem Könige Hettel von Hegelingen, den Raub der, aus 
eier Ehe geborenen, Tochter ©. durch den normännifchen Prinzen Hartmut, des 
n harte Gefangenfchaft und endliche Befreiung durch ihren Bruder Drtwin u. 
ren Berlobten Der g, König von Seeland, befingt. Nach der einzigen vorhans 
nen Wiener Handfchrift beforgte Hagen im Heldenbuche (1820) eine Ausg., u. 
eberſetz. erfähienen: von San Marte 1839, Keller 1840 u. Simrod 1843, 

Gügler, Johann Heinrich Aloys, Tatholifcher Theolog und Schriftſtel⸗ 
f, geboren 25. Auguſt 1782 zu Udligenſchwyl im Canton Luzern, machte feine 
tudien zuerft in den Klöftern Einſiedeln und PBetershaufen, dann von 1800 bi6 
02 in Solothurn und bis 1805 in Luzern und auf der Univerfität Landshut, 
o er mit Satler und Zimmer in innige Verbindung trat, wurde 1805 zum 
tiefter geweiht und fogleich als Profeflor der Theologie am Gollegtum zu Lu⸗ 
m angefellt. Zuerſt wurden feine Borlefungen, die, auf Gchellingifcher Philo- 
pbie rubend, firenge Wiſſenſchaftlichkeit und Tiefe der Spekulation anftrebten, 
cht gehörig gewürdigt und verflanden, und feine Rüdfidytslofigkeit und geiftige 
ahrigteit verwidelte ihn in mancherlei Literarifhe Kämpfe. Go ſchrieb er gegen 
n befannten Bielfchreiber Markus Lutz („Ehemifche Analyfe und Syntheſe des 
karkas Lug zu Läufelfingen; ein alchymiſtiſcher Verſuch von einem Myſtiker 
6 19. Jahrhunderts. Luzern i816”), gegen Dr. Troxler und gegen den Stadt⸗ 
arrer von Luzern, Thaddaͤus Müller, der in feinen Schriften das Eigenthuͤm⸗ 
be des Katholismus einer fchlecht verfiandenen Toleranz und Berfühnung mit 
m SBroteftantismus zum Opfer brachte. G., dem alles Halbe in Religton u, 
ziſſenſchaft in der Seele verhaßt war, trat in Wort und Schrift gegen Müller 
if, bätte aber, da fidy die Regierung des Staptpfarrerd annahm, darüber feine 
zofeflorftelle verloren, wenn nicht von einflußreichen Freunden vermittelt worden 
re. Indeſſen fuhr ©. fort, mit Wärme und Gelehrſamkeit für die katholiſche 
Ische und Wifienfchaft zu wirken, und gewann fid) bald bie Liebe feiner Zuhörer 

obem Grade, Er wurde 1816 neben feiner Brofefforftelle Kanonikus am 
tifte Gt. Leodegar zu Luzern u. flarb leider ſchon 28. Februar 1827. ©. kann 
8 einer der tüchtigften Borlämpfer der Richtung angefehen werben, die fidy [päter 
ch Möhler in der Tatbolifchen Theologie Bahn brach. Wir nennen von fel- 
n Gähriften: „Die heilige Kunft, oder die Kunft der Hebräer" (Landshut 1814), 
fern der Sphinx ober Typen der Zelt und ihr Deuten auf die Zukunft" (Eos 

Nealencyelopadie. IV. | 71 


1182 







die Statuten 

befteht aus 4 Claſſen 5 — , Gommandeurs [. und 
Selen er 4.61 % —— fe 
der A. Glaffe Rlbernes, bau emailirtee) Kreug, in der Mitte 
ein weißes — Ref, mit ver : neo aspera 
Eee efrönt Pe — 

"ber e 4. Ela} 
wird an Uchtbfaueım getoäffertem Bande getrag — 
— ——— —5* — 


der 
e — mem Kreuge 
ah! ei 1b bei no 
t, Außer d Dee ne 1815 auch 
‚mL — ed ‚ mit we 
* 
® ither, I. de ah onen aus dem 
1 6, Graf von Shwarzburg ımd 1349 
‚als tüchtiger ae und Herrfder bekannt, 1 
Orlamünde —F den 
im N kannte 





— — RITA an mr —— — 







Fr 2 n 
bei, er ST d 3 don * 
ainz, forte in andern Fe egeruhm € ‚trugen ihm ® 
tige En Bayern umd Vi ae die Fre ale () am, um burd ie 
Karl IV. zum Srieben zu zwingen. Anfangs meigerte er ſich, ließ 2 
lich doch bewegen, ben 6, Febr. 1349 zu Frankfurt die Krone amzum Ba 
ge Anhängern, den bayerifchen Fürften, wegen der Heirach ber Ra, 

una, mit dem Kurfürften von der Pfalz verlaſſen, fritt er zwar wie id 
terem, aber erfranft (ber Arzt Freldant in Frankfurt foll Ihm einen 
brachi Haben), ſhloß den 26. Mat mit Karl den Bergleih von Eftoille, 
er für 20,000 Mark Silber der deutfchen Königskrone entfagte. Doch beim 
er ſich des N fort bis zu feinem Tode, der den 12. Sun 1349 in Pras 
furt erfolgte. — 2) ©,, Sriedrich Karl, Fürft zu Shtwargdurg-Som 

eboren 1804, übernahm, vom Volke erfehnt, 1835 die Regierung von 

ater —— 1760, geftorben 1837) und führte alsbald eine Menge 
famften Reformen ein, die Dentfchlande Blicke auf ihm richteten. Eine 
erfolgte 24. September 1841. Seine erfie Gemahlin, die Prin ! 
Schwarzburg-Rudolftabt, geftorben 1833, gebar eine Pringeffin Eharlate) | 
(1829), den Erbpringen Karl ©. (1830) u. den Prinzen Leopold (1832), 16} | 
vermählte er ſich mit der Prinzeffin Mathilde von Hohenlohe-Dehringen, ausme 
er Ehe die Pringeffin Maria (1837) n, der Prim Hugo (1839) 

Günther. I. Andere Berfonen diefes Namens. — 1) ©,, ein 

aus der Gegend von Bafel, ein Deutfcher won Geburt, geftorben nach 1208,# 
Berfafier eines Gebichtes von Kalſer Friedrich Rothbart; es befteht aus 10% 
ern in Herametern und führt die Aufichrift Ligurinus, weil es vornehmlich % 
Thaten Frievrihs im Matländifchen beſchreibt. Diefe Aufichrift Hat Einige m | 
Seitet, den Verfaffer Lig urlnu s zu nennen. Die Berfe find profaifch u. mat, 
aber doc) nicht ohne alles Verdienft, Ausgabe: Cum scholiis et anott, Jac, Sp- 
gelii Conr. Rittenshusii et , Barthii in Reuberi vet, sec. Germ, ex el 
@. C. Joannis. Branff. a. M. 1726, — 2) ©, Johann Ghriftan, geben 


Bet. 


H 


Günther. 1123 


l 1695 zu Strigau in Schlefien, Sohn eines armen Stadtphyſikus, Fam 
af die Schule zu Schweidnitz, wo er ſich durch Fleiß, Deizagen u, Fortſchritte 
nete, ging, von feinen bichterifchen Anlagen mehr als billig eingenommen, 
ach Wittenberg, um Medizin zu ſtudiren, ergab ſich aber allzufehr finn- 
jergnügungen, raͤchte fidy für die, ihm darum getvordenen, tadelnden Berweife 
ittere Satyren, begab fidy (feiner Haft entlafien, die feine Suiubiger über 
yangt) 1717 nach Leipzig, wo ihm feine Gewandtheit in der Dichtkunſt 
ft des Hofrathed J. B. Menke erwarb, der ihn auf alle Weife zu unters 
uchte. Er empfahl ihn dem Dredvener Hofe 1719 als Hofpichter; ©. aber 
te dadurch fein Slüd, daß er ganz betrunken vor dem Kurfürften erfchien. 
nem Bater, wie von allen Gönnern verlafien, irrte G. nun in Schleflen 
fant immer tiefer und flarb envlih 15. März 1723 zu Iena, wohin er 
2 begeben, um feine mebizinifchen Studien fortzufegen. Er kann im vols 
ne des Wortes ein Dichter genannt werben, befonders in der Lyrik und 
aber er tft ein warnendes Beiſpiel, wohin finnliche Ausfchweifung, Eigen- 
and Abfall von Bott führen, Gedichte, Breslau 1723., 6. Aufl. daf. 1764. 
. Hoffmann: ©&,, ein literariſch⸗hiſtoriſcher Verſuch 1832. Zu günftig urs 
ber ihn Prutz im Göttinger Dichterbund. x. — 3) &., Johann Arnolp, 
re in Hamburg, wo fein Bater Kaufmann war, geboren daſelbſt 1754, wid⸗ 
h aus überwiegender Neigung, gegen den Willen feines Baters, den Wiſ⸗ 
ten, und nach zweckmaͤßiger Vorbereitung unter Bufch, Ebeling und andern 
feiner Baterflabt, fludirte er feit 1775 in Göttingen die Rechte, wurbe 
icentiat desfelben und begab fidh darauf nady Weblar, um den Stameral- 
zu fludiren. ine Reife durch einen beträchtlichen Theil von Deutfchland, 
und Böhmen warb von ihm zweckmaßig benübt, und nach feiner Ruͤckkehr 
yamburg 1780 fludirte er vornehmlich Geſchichte, Statiſtik, Politik und 
ıwifien haften und wandte feine vielfachen gefammelten Kenntnifie patrios 
m BeRen feiner Baterftadt an. Mit großer lebendiger Straft, mit Aus⸗ 
ınd Bollendungseifer griff fein männlicher Geiſt in die Organiſation fa 
tjenigen Hamburg! Tchen Staatsanftalten ein, weldye vie Beförderung des 
wohles zum unmittelbaren Zwede hatten und ähnlichen Inſtituten in meh- 
tfhen Ländern zum Mufter dienten, Die Gefellfchaft zur Beförderung der 
und nüglichen Gewerbe, die durch fie angeordneten Einrichtungen der Kre- 
‚ fpäterhin auch die Armenanftalt, waren vornehmlich die Inftitute, in wel- 
: in einer Reihe von 20 Jahren fchuf oder mitwirkte, verbefierte oder voll- 
wie aus feinen darüber erfchtenenen Schriften befannt if. Richt minder 
und für die fünftige Ausführung reich am tief durchdachten u. erfchöpfen» 
een find feine hinterlaſſenen, Außerfi vollländigen, SBlane zu einer zweck⸗ 
n Medizinalpolizet, zu einer verbefierten Feuerkaſſen⸗Ordnung und andere, 
irthſchaftliche oder Polizei⸗Gegenſtaͤnde betreffende Amtsarbeiten. Seine 
Schriften beziehen ſich auf Gemeinwohl und find reich an neuen zweck⸗ 
n Borfchlägen und Gedanken: Weber Leibrenten, Wittwenkaſſen und Ahn- 
nflalten. Gans. 1788. 8. Verſuch einer Geſch. der hamburgifchen Ge⸗ 
ft zur Beförderung der Künfte und nuͤtzlichen Gewerbe, Ebend. 1790. 8. 
ente und Erfahrungen über SKrantenbefuchd-Anftalten für Arme, Ebend. 
4. ıc. Als von Wien aus ein Preis von 100 Dukaten auf die beſte Bes 
tung der Frage: wie dem Wucher ohne Strafgeiehe am leichteften zu fleuern 
feßt wurde, erhielt er unter mehr als 250 Concurrenten 1792 den ‘Preis, 
‚age zuvor wurde er Senator in Hamburg u. wirkte auch in biefem neuen 
ftöfreife mit angeſtrengter Kraft, und öfterd unter niederdruͤckenden Körpers 
bis an feinen 1805 erfolgten Tod. Der Geſellſchaft zur Beförderung ber 
und müglichen Gewerbe hinterließ er feine fehr anfehnliche, mit großem 
und Koften gefammelte, Bibliothek Kupferwerke und Landkarten. Aus fels 
tacdhlaffe gab 8. 3. %& Meyer heraus: Erinnerungen as den heutfchen 





Sal ıb_erri ee } 
4 2 je Arbeiten 5 am melften 
aa m bat In Kom, Geht Sruber, Paul We en, adiecben Abi ne 


, Dtto von, Bürgermeifter zu Magdeburg; geboren bafelbf 
No. 1602, Aubirte bt "bie > 
EN En 
ie Zeit Knge al Dbeingeneu u Erunt, wurde 4 
— 

ſeinen Hamm dur fer! 





de feine Aemter nieder und. begal 

Hamburg, wo er 11. Mat 1686 flarb, — ©. hat 

tige, Erfindung. ber — dd.) —* womit er 1654 in 

auf dem Reichotage vor dem Kaifer Ferdinand Ul. und verſchiedenen 

und Abgefandten zum erften Male Berfuche machte. In der Lehre von ber @ld; 
trieität hat er dad Verbienf, zuerſt mit einer Schwefelfugel erperimentirt zu habal 
Auch in der Gefchichte der Optik wird feiner, verfchlevener Bemühungen wem, 
mit Ruhm erwähnt. Seine Erfindungen: befchreibt er felbft in ber Schrift: Er- 
perimenta nova Magdeburgica de vacuo spatio, Amft..1672. Fol. 

Gnerin, 1) ©, Bterre Rarciffe, Baron, geboren zu Paris 1774, Shb 
ler Regnaults, machte ſich zunaͤchſt durd) mehre grofie Gemälde aus der römiide 
Geſchichte (Cato von Uttica, Gortolan, Marcus Sertns) bekannt: 
gelungen find: fein Napoleon, wie er den Rebellen in Kalto verzeiht und 
de Laroche Jacquelin beim Sturme einer Schanze für Ludivig XVII. Ein 
artiger, freilich zuweilen. auch Falter, Pathos und technifhe Vollendung 
feine Bilder aus. Et flarb 1833 zu Rom als Director der franzöſifchen Maler 
ſchule. — 2) ©., Baulin, ebenfalls fehr tüchtiger feanzöflicher Maler, geboren 
au Zonloufe 1783, in Erfindung und Fräftigem Golorit dem Borigen gleib; 
Hauptbilder: der Leichnam von Ghriftus im Schooße der Maria (1817) in Bal- 
ttmore; Ehriftus am Kreuz (1834); Scene aus Virgils Aenels B. I: Ameat 
mit Dido ſich unterredend, in der Föntglichen- Gemäldefammlung des. Lonvre m 
Paris. Auch malte er viele Porträts, 

Guernfey (franz. Grenefey), eine zu England gehörige, normannifdye Fu 
fel im Kanal, nahe bei der Küfte der Normandie, 9 engliiche Meilen lang, 6 
Meilen breit, mit 21,600 Einwohnern, Die Küften find durch hohe Felfen-ge 
ſchuͤtzt und durch Rarfe Befeftigungen gefidyert. Das Klima in mild, der Boden | 
stemitdh fruchtbar am Getreide, Wein und Dof, Die Einwohner treiben Bich 





Guerrillas — Gueselin. 1125 


und Schweinezucht, Fiſcherei, Auſternfang und Handel. Sie genießen alle Rechte 
der Englaͤnder, außerdem noch viele andere Privilegien und Abgabenfreiheit. Sie 
haben ihre eigene Verfaſſung, der engliſchen ähnlich, und ihre Staͤndeverſamm⸗ 
ung befteht aus den Richtern, den Pfarrern und gewählten Abgeordneten. Sie 
fprechen einen Dialekt der altnormänntfchen Sprache. Haupiſtadt ift St. Pierre. Ow. 

Guerrillas (vom ſpaniſchen guerra, Krieg) nennt man jene leichten Krie⸗ 
gerfchaaren, weldye fid) 1808 nady dem Ginfalle der Franzofen in Spanien uns 
ter Anführern, wie Empecinado u. Merino, bildeten u., durch das gebirgige Ter- 
rain, fo wie durch den Gharafter des Volkes u. die Elimatifchen Berhältniffe uns 
terftüßt, gegen die Franzoſen und deren Berbündete den Heinen Krieg führten, 
mandye glüdlicdhe Unternehmung zu Stande brachten u. ihren Feinden auf dieſe 
Weiſe ungeheueren Schaden zufügten. — Rad Denbigung des Krieges (1814) 
feßten einige G. das Freibeuterleben auch gegen fpantfche Couriere und Poſten 
fort, und bald fchloßen fi) ihnen Anhänger der verfolgten Eortes an. Nach der 
Revolution von 1820 änderten die ©. meifl das Syflem, u. fo famen royali⸗ 
ſtiſche ©, zum Borfheine; gegen biefe organifirten fi) fogenannte conflitu- 
tionelle G., u. beide Theile führten einen foͤrmlichen PBarteigängerfrieg genen 
einander. — Bon Neuem erhoben fie ſich nach dem Tode Ferdinands VII, 1833 
für Don Carlos (f. d.), u. der Krieg, der ſeitdem fo graufam geführt wurde, 
war zum nicht geringen Theile ein G.Krieg. . 

Gürtel (cingulum) tft ein Band, welches um den Leib getragen wird, um 
die Kleider damit aufammen zu halten. Er war bei den Morgenländern eines 
der vorzüäglichfien Klelvungsftüde, von Leder, Linnen, Baumwolle u, oft reich ver- 
ziert, beſonders bei Frauenzimmern. Die Männer trugen ihn um die Lenden, 
die Frauen unter dem Bufen u. loderz bei den Prieftern lag er höher gegen die 
Bruf u. war vorn zugefnöpft, fo daß beide Enden bis auf die Füffe —** 

en. Bei den roͤmiſchen Magiſtraten war er das Abzeichen der verſchiedenen 

angftufen. — Eymbolifch tft der ©. beim weiblichen Geſchlechte das Zeichen der 
Keufchheit. Daher der Ausdruck: „Den ©. löfen.” — Bel den römifdhen Sol⸗ 
daten war der ©, (cingulum militare) ein Wehrgehänge, weldyes biefelben, als 
Unterſcheidungszeichen vor den Nichtſoldaten, über dem Mantel (sagum) trugen 
und woran das Schwert hing. Wurde ein zum Kriegsdienſte berufener Römer 
mit ſchimpflicher Entlaffung beſtraft, dann mußte er dad Schwerbt züden u. den 
®ürtel ablegen. Ebenfo war das geboten. Ablegen des G.s u. sagum, und das 
Arbeiten ohne dieſe milttärifchen Abzeichen, eine Disciplinarſtrafe. — In der Heral- 
dik heißt G. der mittlere Theil eines in drei gleiche Theile abgetheilten Wappens. 

Gürtelthier, oder Armadill (Dasypus), Zamilie aus der Orbnung der 
zahnlofen Säugethiere, ausgezeichnet durch einen Innehenartigen Panzer, der über 
den Kopf, Leib und Echwanz hinweggeht u. am Leibe u. Schwanze bewegliche 
®ürtel bildet. Zwifchen den, a der Haut angewachſenen, Knochenſtücken des 
Panzers ſtehen einzelne Haare; Border» u. Edzähne fehlen, die Ohren find up, 
die Schnauze fpisig. Ste leben im warmen Amerika, meift unter der , 
nähren fidy von Pflanzen und Inſekten u. vermehren ſich fehr flarl, Man kennt 
mehre Arten, unter denen fi) namentlich das ſchwarze G., das gegen 16* Ian 
wird, u. dad preigürtelige auszeichnen. Man ipt ihr Fleiſch, das einen f 
nen Geſchmack u. mit dem eines Spanferkels Aehnlichkeit hat. 

Guesclin, Bertrand du, Graf von Longuenville, Eonnetable von 
Frankreich, aus einer abeligen Familie 1314 in der Gegend von Rennes In der 
Bretagne geboren, wuchs, ohne Unterricht, in der Unwiſſenheit auf, liebte aber 
fon von „rüber Jugend an Kampf und Krieg und trug ſchon in feinem 12, 
Jahre auf einem Tourntere zu Rennes den Preis davon. Indeſſen war es nicht 
törperliche Stärke allein, weldye ihn auszeichnete, fondern er wurde auch ein aus⸗ 

ezeichneter Feldherr u. ſchwang fi) durch rühmliche Thaten vom gemeinen Sol- 
iten bis zum Gonnetable von Frankreich empor. Seine Heldenthaten fallen in 
bie Zeiten, da Frankteich durch die Tapferkeit Eduards II. und feines Sohnes, 


1126 Gütergemeinfhaft— Guglielmi. 


bes fchwarzen Prinzen, aufs Aeußerſte gebracht u. König Johannes felbf gefans 
gen war. ©. leiftete Karl V., dem Sohne des gefangenen Königs, die beflen 
Dienfte, und flellte dad Reich gleichfam wieder her, indem er den Engländern 
durch einen ſchlauen Defenfivfrieg ihre fchönken Beftsungen binwegnahm 1369 
— 1377. Er flarb den 13. Jull 1380 und wurbe auf Befehl Könige Karl V. 
mit großer Pracht zu St. Denys, neben des Königs eigenem Grabgewoͤlbe, beige, 
tegt Bor ihm hat Frankreich keinen Feldherrn hervorgebracht, der mit ihm ver⸗ 
glichen werben könnte. Er war der erſte Heerführer in dieſem Reiche, der in Feld⸗ 
zügen auch auf die Bortheile der Märfche, des Lagerfchlagend u. der Poſttionen 
Rüdfidht nahm. — Bergl. Guyarb de Berville Histoire de Bertrand du G, 
n. A, yon 1829. 

Bütergemeinfchaft (communio bonorum) tft die Verbindung mehrer Per⸗ 
fonen, weldye ihr Vermögen oder Geiverbe, over ihre Kräfte und Arbeit zur Er⸗ 
langung eines gemeinfchaftlichen Zweckes beftimmt haben. Goldye Berbindun 
fönnen nur durch einen fchriftlichen Betrag gültig errichtet werden. Es 
der Regel nach alle Berbundenen zur Erreichung des Zweckes gleiche Berpflid- 
tungen, ſowie audy zum Genuſſe erzielter Vorihelle gleiche Rechte, wenn nicht der 
Vertrag darüber eine befonvere —— feſtſezt. Außer den Gewerbs⸗WRnd 
Be eſellſchaften iſt die gewöhnlichfte die eheliche ©., weldye, ald ein deut 
ches —52 in vielen Provinzen tſchlands herlommliches Beſtehen hat. 
Es gibt eine allgemeine G., weldye Alles, was die Eheleute in die Ehe einbrin, 

en u. während der Ehe erwerben ober ererben, umfaßt, fowie eine befonvere G., 
te bald bloß das eingebrachte But, bald bloß das Kahrnißvermögen, bald nur 
das während der Ehe Grrungene begreift. Nach deutichem Rechte mußte bei ei⸗ 
ner allgemeinen G. nad) Ableben eines Ehetheiles der überlebende Theil die 
G. mit den Kindern forifegen, hatte jedoch die Iebenslänglicdhe Berwal u 
Nutznießung, fo ferne er ſich nicht wieder verheirathete. Im Verheirathungsſalle 
war er verpflichtet, * mit den Kindern abzufinden, oder durch eine Einkindſ 
für biefelben Borfehung zu treffen. Bet Tinderlofem Abfterben eines Chetheild 
aber fiel das gefammte Bermögen erb⸗ und eigenthümlich auf ben überlebenven, 
Eine neue Art der ©. erzeugte das frangofifche Geſetzbuch (der Code Napoleon) 
dadurch, Daß es nach geichlofiener Ehe Feine Beränderung bed Ghevertrages zus 
läßt und diejenigen, die ohne Vertrags⸗Errichtung fich verehelichten, für einwil⸗ 
ligend in die Bütergemeinfchaft erklärt. Beides tft höchſt unbillig, greift in das 
Recht, fowie in dad Wohl der Berehelicdhten tief ein, und iſt auch in flttlicher 
Huf mehr fchänlich, als heilbringenn. Schon der Grund diefes befchränkenden 

eleßes, der in Berhütung möglicher Ueberliftung gefeht wird, ift mit dem Be 
tiffe der Ehe nicht vereinbar und entwürbigt dieſes zarte Berhältnif, indem es 

m geradezu eine offenbare Unlauterfeit unterlegt. Es erzeugt Unzufriedenheit 
und Unruhe gerade in dem Stande, der die Wurzel und Grundlage des Bolfes 
if. Eben bier, wo das Privatrecht feinen Boden hat, follte freie Berfügungsges 
walt über das Eigenthum vorherrſchend fepn und nicht einem Banne unterliegen, 
der die Freiheit in ihrer wichtigften Beziehung zerflört. In fpecteller Hinſichi 
hat dieſes Befeb fo viele Gründe gegen fi, ald laute Klagen fi dagegen er 
hoben haben. Es iſt daher auch In Deutſchland, mit Ausnahme Badens, wo ber 
verftümmelte Code Napoleon, ohne das Beſtehen der dazu gehörigen Inſtitutionen, 
als Geſetzbuch gilt, mit Recht nirgends nadygeahmt worden. 

Ouglielmi, 1) Pietro, berühmter Componift und Kapellmeiſter der paͤpſt⸗ 
lichen Kapelle von St. Peter in Rom, geboren 1727 zu Maſſa⸗Carrara, wo fein 
Vater Kapellmeifter des Herzogs von Modena war, fam aus dem Ulnterrickte 
bed Iegteren in feinem 18. Jahre in das Conſervatorio St. Onofrio zu Neapel, 
imo Durante fein Lehrer war. In feinem 28. Jahre, da er die Anftalt verl 
fing er ſogleich an, für die italtenifchen Theater mit gleichem Glücke komiſche u. 
beroifche Opern zu componiren. Er wurde nady Wien, Madrid und London bes 
rufen, u. feit 1774 lebte ex als Kapellmeifter zu Reapel, kam von ba 1794 in 


Guiana — Bnibert. 1127 


gleicher Eigenfchaft nach Rom u. ftarb dafelbft 19. November 1804. Man YR 
von ihm über 200 Werke an Opern, Kirchen⸗ u. Inſtrumentalſtücken, die ſich 
Hd einfadyen u. lieblichen Befang, eine Elare und volltönende Harmonie und 
durch Begeifterung u. Orlginalität auszeichnen. Sein Sohn, Pietro Carlo, 
ift ebenfalls ein ausgezeichneter Operncomponifl, — 2) G. Gregor, berühmter 
Maler, geboren zu Rom 1714, lernte bei Trevifant u. ahmte die Manier von 
Lanfranc nad. Er bearbeitete vorzüglich hiſtoriſche Gegenflände und hinterließ 
mehre große Stüde in feiner Waterfladt. Auch in Dresden, wo er fidy in den 
Jahren 1753 u. 54 aufhlelt, fowie zu Wien u. Augsburg finden fi) Denfmale 
feiner Kunfl. Mit den Borzügen der lombarbifchen Schule verbindet er die 
genaue Zeichnung der römlfchen. Cr flarb zu Peteröburg 1773. 

Guiana. Diefe, auf dem ſüdamerikaniſchen Feſtlande gelegene, ne Ko: 
lonie gränzt gegen Norden an den atlantifhen Ocean, gegen Often an hollän- 
bi Guiana, gegen Süden an Brafilien u. gegen Weften an Benezuela. Die 
beiden legten Graͤnzen find indeſſen nicht genau beſtimmt, da Englands Anſprüche 
auf einen großen Theil des Gebietes von den zulegt genannten beiden Staaten 
angefochten werden. Das Land fteigt von der flachen Küfte allmälig auf zu ei- 
ner, zum Sergipfieme von Partme gehörigen, von Nord⸗Weſten nad) Süd-Often 
ziehenden Bergkette, deren Scheitelpunft, der Rovalma, 7500' hoch if. Die 
Flüffe, welche auf dieſem Tafelande entfpringen und baffelbe in tiefen Duer- 
thälern durchbrechen, find: der Effequibo, der bedeutendſte Strom, Demerara 
Berbyce u. Corentye. G. hat ein gemäßigteres Klima, ald alle übrigen Tropen- 
länder, weil es in der Zone der veränderlidhen Winde, zwifchen beiden Baflaten 
Itegt. Die Stapelprobufte des üppig fruchtbaren Landes find: ZJuder, Rum, 
Kaffee, Baumwolle, Holz. — Beitife ch⸗G. zerfällt in die 2 Srafichaften Demes 
rara-&fiequibo u. Berbice. In der erften liegt die Hauptfladt Des Gouvernements, 
St. George mit 20,000 Einwohnern; In der. zweiten tft der Dt Neu⸗Am⸗ 
ſterdam am Berbice, mit 2000 Einwohnern. Die Niederlaſſungen befinden ſich 
alle, da das Innere noch nicht Folonifirt iſt, in der Küſtenterraſſe. Die Bevöl- 
ferung beſteht aus Europäern (Englänvern und ihren Nachkommen, nebſt einigen 
golänbern, den früheren Beflgern), Afrifanern u. eingeborenen Amerikanern. Die 

rbevölferung iſt nur noch in geringer Menge vorhanden u. befteht in wandern⸗ 
den Stämmen Im Innern. Sie find, ihrer Sprache nach, eines Stammes mit 
den Bariben, deren Ration einft in Guiana herrfchte, jetzt aber daſelbſt erlofchen 
iſt. Die katholiſche Kirche hat einen apoflolifchen Vikar; die herrſchende ift bie 
Episkopalkirche. — Die Einkünfte deden im Durchſchnitte die Ausgaben nicht; 
doch hat diefe Kolonie nächft Jamaika den beveutenbfien Handel, bei einer auf 
21 Milionen Thaler fi) belaufenden Ausfuhr, die dreimal fo flark, als die 
Einfuhr if. — | Br. 

Buibert, 1) Abt im Marienklofter zu Rogent ‚ale ‚Aheotogtiher u. hiſtori⸗ 
ſcher Schrififieller bekannt, flarb 1124. Das wichtigfte unter feinen Werfen ift: 
Dei gesta per Francos. lib. VIII. worin er den erften Kreuzzug 1095—1111 be- 
ſchrieb; abgebrudt in Bongarsii gestis Dei p. Fr. Thl. 1. Paris 1467. Bergl. 
Barthii notae et gloss. in Ludevigii relig. Mss. 3 Bde. u. in Opp. omn. ed, 
Lucas d’Achery, :Bart8 1651. — 2) ©., Jacques, Antoine, Bippolnte 
franzöflfcher Generallieutenant u, Gouverneur der Invaliden zu Paris, geboren 
1743 zu Montaubau, nahm ſchon in feinem 14. Jahre Dienfte unter dem Regi- 
ment Auvergne, machte den ganzen ?jährigen Krieg in Deutſchland mit und ers 
warb fidy gründliche Ginfichten in die Kriegskunſt, vornehmlich unter der Leitung 
feine® Vaters, der damald Marechal de Kamp war. In dem Forfifanifchen 
Kriege half er den Sieg bei Pontenouvo, der das Schickſal Korfila’s entfchieb, 
erfechten, wofür er den Ludwigsorden erhielt. 1768 wurde er zum Obriſten bei 
der korſikaniſchen Legion; 1776 in gleicher Eigenfchaft zum Inhaber des Regi⸗ 
ments Reuftrien und 1788 zum Marechal de Camp u. Generalinfpeftor der In⸗ 
fanterle von der Diviſton des Grafen von Artois erhoben. Er flarb 6. Mat. 


\ 


1128 BGuiecciardini — Guido. 


1790. Hauptzüge in feinem Charakter waren Ruhmbegierde u. eine Alles umfaſ⸗ 
ende Shätigkeitz fein Lieblingsſtudium Kriegskunſt uud Kriegswiſſenſchaft. Er 
bi ein großes, umfafiended Gedächtniß und eine richtige Beurtheilungefraft, 

8 Schriftieller zeichnete er ſich ruͤhmlich aus durch Essai general de taclique, 
London 1772, 2 Bände mit vielen Planen und Eharten, deutfch Dresden 1774. 
Defense du systeme de la guerre moderne, 1779, 2 Bände und durch feine 
Lobrede auf Catinat, den Kanzler l’Hopital, u. am meiften die Bloge de Fre- 
deric IL, London 1787, veutfch von R. Biſchoß, Leipzig 1788. Energie, Ein⸗ 
bildungdfraft, Klarheit und eine gewiſſe Kunſtloſigkeit fefen den Lefer und ent 
ſchaͤdigen ihn für manche Nachläffigketen. Reich an trefflidyen Beobadytungen 
if die Schrift: De la force publique, Parts 1789 u. die Voyages dans diver- 
ses parties de la France et en Suisse, faits.en 1775, 1778, 1784 et 1785, 
ouvrage posthume publi6 par sa veuve, Paris 1806. 

nieciardini (Frances co), ein berühmter italieniſcher Geſchichtsſchreiber, 

geboren zu Florenz 1482, bildete ſich zum Gelehrten u. Staatomanne, und hielt 
von feinem 23. Jahre an In feiner Vaterſtadt Vorleſungen über die Inſtitutionen. 
Bald wurde er aber bei verfchtevenen Geſandiſchaften verwendet. Leo X. hatte 
ihn zum Gubernator von Reggio und Modena, Glemend VII. zum Gubermator 
über die Romagna u. Bologna gemacht. Auch zeichnete ex fich bei verfchiebenen 
Gelegenheiten als Generallteutenant bei der päpftlichen Armee aus. Rachbem 
ihm aut II. die bolognefifche Statthalterfchaft genommen Hatte, begab er fid 
als Staatérath nach Florenz und erwarb fidy große Verdienſte um dad Hand 
Medici. Bei Karl V. Rand G. in fo hohem Anfchen, daß diefer einſt einige 
Softeuten, die fich bei ihm über Die befändige Bevorzugung G.s beklagten, 

ntwort gab: Ich kann jeden Nugenblid 100 Granden von Spanien 
aber in 100 Jahren feinen einzigen G. Endlich ſuchte er die Ländliche Einfams 
feit auf und farb auf feinem Landgute bei Florenz 1540. Eıfl 20 Jahre nad 
felnm Tode erfchlen feine Geſchichte Italiens (Istoria d’Italia), die noch immer 
als ein klaſſiſches Werk gefhägt wird, Sie umfaßt den kurzen, aber thatenrel 
hen Zeitraum von 1494 — 1532 in 20 Büchern. Eine Fortfegung davon bi6 
1574 lieferte der Plorentiner Adriani in der »Istoria de’ suoi tempi,s Florenz 
1583 Bol. u. die befle Ausgabe iſt von Roſtni, PBifa, 10 Bde. 1819. Ueberſe⸗ 
dungen erfchienen in mehren Spradyen. Die größten Borzüge dieſes Werke 
Kon Wahrheitsliebe, Genauigkeit, glückliche Entwidelung der erzählten, von ihm 
elbſt erlebten Begebenheiten, Echarffinn u. Tiefbli in ihrer Beurthellung, habe 
eine fehr correfte Schreibart, einfach, aber nicht ohne Eleganz. ©. Leben, von 
Remigio Fiorentino, fteht vor einer alten Ausgabe feiner Gefchichte, Venediz 
1640 u., neu erzählt von Manni, vor der venetianifchen Ausgabe von 1738; 
auch Tieferte Pompilio Pozzetti im 3. Bande der opusc. leit. di Bologna (1820) 
eine Lebensbeſchreibung von ihm. 

Guido, N der Heilige, Abt, geboren in einem Dorfe bei Ravenna von 
edlen, frommen Eltern, erhielt von dieſen eine treffliche Erziehung u. ſollte fidy, ale 
Stammhalter der Tamilte, nach dem Wunfche feines Baters verchelichen. Da 
erwieberte G., daß bereits zwei Bräute nach dem Befige feines Herzens ſtrebten: 
die eine fet reizend u. adelig, weife und fittfam; aber, obgleich fie ſich für reich 
aue gebe, arm u. dabei flolz u. launenhaft. Die andere fel zwar minder reizend u. 
adelig, werde auch weniger geachtet, befige aber ungemeine Reichthümer, Sie ſei 
weder flolz, noch neidiſch oder naͤrriſch, wie jene, fondern, bei einem demuͤthig⸗ 
Rillen Sinne, ſtets heiter u. freundlich, auch habe fle ihn ſchon, obgleich er gar 
nicht wife, wodurch er es verbiene, mit Den größten Beweiſen liebevoller Huld 
überhäuft. — Die Wahl, fügte ©. hinzu, überlaſſe er dem Vater; natuͤrlich ent⸗ 
ſchied diefer für die Sanftmüthige. Bald aber mußte der Bater zu feinem Er⸗ 
flaunen erfahren, daß der Sohn unter den beiden Bräuten das weltliche und 
geiftliche Leben gemeint habe, denn &. empfing auf einer Reiſe nach Rom bie 
erRe Weihe, um a dem geiklichen Stande zu widmen. Er beabfichtigte, von 


Guido, 1129 


Rom nach Jeruſalem zu yilgern, um an den heiligen Orten feinem Hrilanbe au 
bienen; eine göttliche Welfung in der Nacht beftimmte ihn jedoch nady Ravenna 
zurüdzufehren, wo er ſich im geiftlichen Leben der Leitung eines heiligen Einfied⸗ 
lers, Martinus , unterzog. Nach vreijähriger Prüfung fandte Ihn der Mann 
Gottes in das, damals fehr berühmte, Benediktinerfioner Pompofa, wo er durch 
Demuth, Gelaffenheit, Liebe und Selbfiverläu ung ei Borbild für Alle wurde, 
fo daß man ihn nady einigen Jahren, wider feinen Den, zum Abte des Kloſters 
erwählte. G. fland diefem Amte durch 48 Jahre wit gefegnetem Erfolge vor. 
Unter den vielen, die der Ruf feiner hohen Gottſeligkeit herbeizog, befanden fidh 
auch fein Bater u. fein Bruder, die beide von ihm das Ordenskleid verlangten, 
Bei feinen Verrichtungen hatte er ſich eine beſtimmte Reihenfolge feftgefeht, von 
ber er nicht leicht abwich; fo war feine Zeit zum Gebete, zum Betrachten und 
zu andern geiftlichen Uebungen genau eingetheilt. Bel Widerwaͤrtigkeiten gerieth 
er nie in kleinmuͤthige Berwirrung und ſuchte ſtets das Seelenheil feiner Mit 
brüver fo eifrig zu befördern, daß er zur Erbauung derfelben den, damals feiner 
Gelehrſamkeit und Gottfeltgfeit wegen berühmten, Petrus Damianus nad) dem 
Klofter Tommen ließ. — Kurz vor feinem Tobe zog er fid) im eine Einöde zus 
rüd, um, von allen Geſchaͤſten frei, fidy auf die Ankunft des Herrn zu bereiten; 
jedoch wurde er aus diefer Ruhe bald wieder abgerufen, weil Heinridy III. 1046 
nad) Rom reifete, um die kaiſerliche Krone zu empfangen und ben heiligen Abt, 
von deſſen Gottfeligfeit er ſchon fo Vieles gehört hatte, bet fidh zu haben vers 
langte, um ſich feines Rathes zu bedienen. — Als G. nad Parma u. von da 
nad Burgo St. Damiani gelangte, erkrankte er am andern Morgen fo ernfthaft, 
daß er ſchon am folgenden Tage fein fegensreiches Leben endete. Jahrestag: 31. 
Marz. — 2) ©. , gewöhnlich der Arme von Anderlech genannt, wurde in 
Brabant von armen, aber frommen Eltern geboren. Da fle ihrer Dürftigkeit wegen, 
den Sohn in Feine Schule ſchicken Tonnten, hielten fie ihn um fo fleißiger zum 
Beſuche des Gottesdienſtes an, nach deffen Beendigung fle ihn über dad Gehörte 
fragten, oder es ihm wiederholten ; dabei unterftüsten fie ihre heilfamen Ermahnungen 
urch ein gutes Beiſpiel und gewöhnten ihn frühzeitig an Arbeitſamkeit. G. war 
ſchon in früher Jugend ein fo erbauliches Vorbild der Gottesfurcht, des Gebet 
eiferd, der Cingezogenheit; Folgſamkeit und Unfchuld, daß man Ihn allgemein den 
Engel des Dorfes nannte. Ungeachtet feiner Armuth hatte er ein mitleibiges 
AH gegen Dürftige, denen er nicht felten von feinem erhaltenen Almoſen mit- 
teilte. — WS er einmal einen Botengang nad) dem Dorfe Lade machen mußte, 
begab er fich, noch vor der Beforgung feines Auftrages, in bie dortige Kirche der 
allerfeligfien Jungfrau, wo er eine ganze Stunde vor dem Bilde der göttlichen 
Mutter mit einer ſolchen Innigkeit zu Bott betete, daß dem Pfarrer, der bort 
ihn beobachtete, feine Andacht aufflel. Der Knabe war damals ungefähr vierzehn 
Sabre altz da aber der Pfarrer feine Armuth, feinen erleuchteten Verſtand und 
jeine innige Frommigkeit kennen lernte, ſtellte er ihn als Gehülfe des Kirchen⸗ 
tenerd an. ©. hatte darüber die größte Freude und lag feinem Amte mit aller 
Sorgfalt und Ehrerbietung ob. Um die Andacht zum Herr, den er aus ganzer 
Seele liebte, nody mehr zu befördern, bemühte er fidy vorzüglich, die Kirche zu 
reinigen u, mit glängennen Opfergefchlrren, Blumen und andern Zierrathen zu 
ſchmuͤcken; die ihm von feiner Arbeit übrig bleibende Zeit verwendete er zum 
Gebete und brachte oft mehre Stunden der Radıt vor dem Altare zu : denn bei 
iner großen Liebe zu Jeſu beweinte er Eleine Gebrechen als ſchwere Günden. 
bfchon der Lohn, den er für feine Arbeit erhielt, fehr gering war, verfchenkte er 





x 
dennoch den größten Thell dveffelben an die Armen. Ein Kaufmann aus Brüffel, 
ber ihn einige Zeit unbemerkt beobadptet hatte, machte ihm den Antrag, zu ihm 
zu fommen u. die Handlung zu erlernen, durch die er mehr gewinnen u. die Armen 
reichlicher unterflügen könne Aus Liebe zu diefen nahm G. den Vorſchlag an 
und sing nach Brüffel; als aber bald darauf der Kaufmann durch einen Schiff⸗ 
Bruch all das Seinige verlor, glaubte er darin das Mißfallen Gottes an feinem 


1130 Guienne. 


neuen Entſchluſſe zu erkennen, kehrte wieder zum Dienſte der Kirche zurück u. ge 
Iangte bald durch feinen frommen Wandel in großen Ruf der Heiligkeit. Um 
fi von dem ſchleichenden Giſte der Selbſtgefaͤlligkeit zu wahren, befchloß er, eine 
Reife nach den heiligen Orten über Rom u. Ierufalem zu machen. Nach fieben 
Jahren kehrte er von diefer Pilgerfchaft in fein Baterland zurüd, eben, al® ber 
Dechant von Anderlech mit einigen frommen Ghorherren tm Begriffe land, eine 
Wallfahrt nach dem heiligen Lande anzutreten. Gin fo Fundiger Zührer mußte 
gen willlommen feyn; fie erfuchten ihn daher, ihnen den Weg dahin zu zeigen. 

o entkraͤftet auch bereitö der arme ©. war, vermochte er doch nicht, feine 
eng abzufchlagen. Kaum hatten fle aber an den heiligen Orten Jeruſalems 

e Gebete dem Herm bargebradht, fo raffte ein bösartige Fieber den Dedyant 
mit feinen Gefährten hin. ©. fam zwar noch gelimb mit diefer Nachricht nad) 
Anderlech zurüd, farb aber bald darauf den Ton des Berechten 1112. Jahres» 
tag: 12. Geptember. — 3) G. von Arezzo (Mretinue), Benebiktiner, Abt zu 
Avellana unweit Arezzo, —ã des Kirhengefanges u. der Muſik überhaupt, 
etwa 1010-1050. Bon Papſt Johann XX. dur; Abgeordnete nad) Rom bes 
sufen, mußte er, da er das römifche Klima nicht vertragen Eonnte, wieder ab⸗ u. 
als Singmeifter nady dem Kloſter Pompofa bei Ferrara gehen, wo er wahr 
ſcheinlich farb. Er war Erfinder der Notenſchluͤſſel u. der Erſte, weldyer die No⸗ 
ten zwifchen die Linien fehlte. Auch die - Erfinvung des Monochords, ſowie der 
Muſikſilben ut, re, mi, fa, sol, la, wird ihm zugefchrieben. Er fchrieb: Micrologus 
Guidonis de disciplina artis musicae, herausgegeben von Gerbert in Scriptores 
de musica sacra 1484. — 4) ©. von Luſi gnan, Ritter aus Poitou, Schwie 
gerfohn des Koͤnigs Amalrich von Serufalem, beflieg als erſter Stellvertreter 
eines Schwagerd Balduin IV. u., nach deſſen und des Nungen Balduin V. Tode, 
elbR als König den Thron von Serufalem, den er bis zu feinem Tone 1194 
inne hatte — 5) ©. Rent, f. Rent. 

Guienne, auch Aquitanien genannt, eines ber alten Herzogthümer 
Frankreichs Ceinft ein Theil des Aquitanien jenſeits der Loire) begränzt von ben 
Pyrenäen, dem heutigen Lauguedoc, Auvergne, Angoumoie u. dem gascognifchen 
Meere. Es war in die Randvogtel Guienne mit der Hauptfladt Bourdeaur, in 
Perigord, Agenois, Duercy, Rouergue und Bagadois getheilt; audy Gaintonge 
gehörte dazu, und öfterd noch andere Gebiete jenjeit der Loire. Das Sergogihum 

ascogne jenſeits der Garonne hatte eigene Herzoge. Erſter Herzog von Gulenne, 
unter Kalfer Karl dem Stahlen, war Rainulf, zugleich Graf von Moiton 862; er 
fiel im Kampfe gegen die Rormäanner 867. Wilhelm L, der Fromme, Graf von 
Auvergne, verwaltete audy Aquitanien für Ebal, den Sohn Rainulfs II. (+ 893); 
er gründete die berühmte Abtei von Clugny u. bielt es mit dem Geſchlechte ber 
Karolinger wider den Begenkönig Rudolph von Burgund (+ 917 over 927). Wil 
helm U., Sohn Herzog Ebal’8 (+ 936), wurde ald Herzog von Aquitanien audy mit den 
Gebieten Saintonge, Limoufin u, Auvergne, fowie mit der Grafſchaft Poitou bes 
Iehnt 951. Er blieb dem Namen der Karolinger ſtets treu: ja, als Hugo Capet 
fid) des Thrones bemädhtigte 987, hielt er es mit Karl von Lothringen, bem 
rechtmäßigen Erben, vertheidigte Poitiers wider den ihn angreifenden Kaiſer 
Hugo mit Glüd, machte aber dann Frieden u. farb in einem Klofter 990. Auch 
fein Sohn u. Nachfolger, Wilhelm II, nahm des geftürzten Königshaufes und ber 
Söhne Karls von Lothringen ſich an; er war ein berühmter Held u. ein frommer 
Wallfahrer. Die ihm nad) dem Tode Kaiſers Heinrich IL von mehren italientichen 
Großen 1025 angebotene Krone Staliens ſchlug er aus, legte dann die Regie 
des eigenen Landes nieder 1029 u. ging in ein Slofter. Wilhelm IV., —* 
—* ‚ ward bei Vertheidigung ſeines Staates von dem Grafen von Vendome 
(Anjou) gefangen 1034 u. er 1038 wieder loögefauft, worauf er kinderlos Rarb. 
Ihm folgten daher feine Stiefbrüder : zuaft Odo, Braf von Gascogne, der vor 
dem Schloſſe Manz fiel 1340; darauf Peter ale Wilhelm V., der mit bem 
@rafen von Benböme harte Kämpfe hatte ( 1058); u. enblid Beit-@ottfried 


Guignes. 1131 


[8 Wilhelm VL Diefer, fon feit 1054 Herr von Gascogne, vereinigte nun 
tefe® Gebiet mit G.; er Triegte mit dem Haufe Bendöme um Gaintonge 
. focdht dann in Spanien fiegreidh wider die Mauren 1063. Wilhelm VII, fein 
>0Bbn, folgte 1087; er firitt wiederholt mit Glück um den Beflh von Touloufe 
1098 und 1114), weßhalb er fich Graf von Toulouſe nannte, aber zuletzt dieſes 
debiet wieder herausgeben mußte 1122. Auch machte er einen Kreuzzug 1101 u. 
Empfte dann in Spanien gegen die Mauren 1122, wohl zur Sühne feiner Aus⸗ 
Hweifungen, ; 1127. Wilhelm VIII. erbte den Ehrgeiz feines Baters ; er erklärte ſich 
kt den Gegenpapft Anaklet IL wider Innocenz II. u. unterflüßte Die Spaltung 
ft allein mit großer Hartnädigfeit und unter vielen Gewaltthätigfeiten bis um 
135, wo er endlich nachgab. Run unternahm er eine Wallfahrt na St. Ja⸗ 
D zu Gompoftella, flarb aber während derſelben 1137. Seine Tochter Eleonore 
ermählte fidy mit Ludwig VIL, König von Frankreich, fo Daß ©. und Poi⸗ 
u der Krone hätten zufallen follen; allein der König ließ ſich väter, aus ges 
Undeter oder unbegründeter Giferfucht, auf den Grund naher Berwandtfchaft 
beiden, und num vermählte fich Eleonore mit Heinrich, Fürſten von ber Nors 
andie und von Anjou 1152, der bald darauf auch König von England 
urde, wodurch ©. und Potitou an England kamen 1154. Sowohl Heintidy, 
8 aud fein Sohn Richard Löwenherz (Herzog feit 1169), bezwangen verſchie⸗ 
me Aufftände der Großen und erweiterten das Gebiet. Rach des lehteren Tode 
ar Eleonore Herzogin bis an ihr Ende (11991203). König Johann , ihr 
sohn , verlor unter den anderen Beflsungen in Frankreich auch die Grafſchaft 
zoitou und einen Theil von G. 1224. Diefes Herzogthum wurbe 1259 
ur König Ludwig IX., den Heiligen, für König Heinrich II. von England 
teder hergeftellt; allein der falſche König Philipp IV. entriß bie G. dem 
önig Edmund mit LIR u. Gewalt 1296 und gab foldye erfi 1303 zurüd. Auch 
ı den folgenden Zeiten gab es verfchiedene Streitigkeiten um G., indem 
le Könige von Frankreich flets Borwände fuchten, um den Köntgen von Eng⸗ 
ınd dieſes Herzogthum flreitig zu machen, diefe aber nur ungern den Lehenseid 
ir ihre Befigungen in Frankreich Leifteten, was jenen bie befte Gelegenheit zur 
Schmälerun Dieter Lehen gab. Der Frieden von Bretigny, 1360 zwiſchen den 
königen Sobann u. Eduard III. gefchlofien, ficherte letzterem ganz Aquitanien und 
Foitou, mit völliger Unabhängigkeit ; 1362 ernannte er dann feinen Sohn 
Eduard von Wallis zum Fürften von Aquitanien; fo ſchien er am Ziele feines 
Strebens. Wein der neue König von Frankreich, Karl V., fuchte und fand 
Belegenheit zum Bruce; im Gjährigen Kampfe 1370-1377 wurde den Eng⸗ 
ändern die eigentliche Guienne bieffeltß der Garonne entriffen u. ihnen blieb nur 
och das Land jenfeit des Fluſſes, hauptſächlich Gasconien. Dieſes verkleinerte 
Derzogihum G. behaupteten die Englaͤnder, da fle noch 1415 wieder große 
Streden Frankreichs erobert hatten, u. nahe daran waren, das ganze Reich fi 
u unterwerfen 1422. Doch, felt dem Auftreten der Jungftau von Orleans 1429 
erfielen ihre Angelegenheiten ſtets mehr : eine Stadt, eine Lanpfchaft nad) der 
ınderen ging verloren. 1451 eroberten die Franzoſen auch Gascogne oder 
3.; vergebens landete der alte tapfere Graf Talbot mit einem Heere zur 
Biebereroberung u. warb von den Einwohnern gern aufgenommen 1552; ald er 
iber das Lager der übermäcdhtigen Franzoſen bei Caſtillon erflürmen wollte, fand 
rt den Tod und feine Engländer wurden befiegt 1453. ©. blieb feitbem bei 
— unter- dem Namen eines Herzogthums, mit verſchiedenen Gebieten, 
Jetzt begreift es die Departemente Gironde, Lot und Garonne, Dordogne, Lot 
ınd Aveiron. G. W. E. 
Bnignes, 1) Joſeph de, geboren zu Pontoiſe 1721, ſtudirte zu Paris 
ie ortentalifchen Sprachen, wurde 1751 Töniglicder Dolmetfdyer derfelben, 1753 
Mitglied der Akademie der Infchriften u. fchönen Wiffenfchaften, 1757 Profeſſor 
ver ſyriſchen Sprache am malen Collegium, legte diefe Stelle in der Folge 
nieder, erhielt die Wufficht über ven Antikenſaal im Louvre und eine Stelle im 


1132 ' Guilleminot — Guillotin. 


Ausſchuſſe für die Manuſcripte, welcher bie befannten Notices et extraits des 
manuscripis de la biblioth. royale beforgte, litt in der Revolutionsperiode einige 
eit bittere Armuth, erbtelt aber nachher durch ein Dekret des Rationalconvente 
Livres u. farb den 22. Mär; 1800. ©. war einer der gelehrteſten Drien- 
taliften feiner Zeit und vielleicht der größte Kemmer der chinefiidyen Sprache, bie 
er lange mit dem anhaltendſten Fleiße ſtudirt hatte, u. über die er verſchiedenes 
ſchrieb. Das widhtigfte feiner Werke, welches eine wefentliche Lücke in der Ge⸗ 
ſchichte ausfüllte, il: »Histoire gen. des Huns, des Tures, des Mogols et des 
autros Tariares occidentaux avant et depuis Jes. Chr.«, 1756, 4 Bde, 4; 
deutſch von J. K. Dähnert, Greifew. 1768, 5 Bde., 4. Biele Wohandlungen 
in den Schriften der Akademie der Infchriften, im Journal des savans und in 
den oben genannten Notices et extr., von welchen letzteren mehre 1796 zu Hild⸗ 
burghauſen deutfch erfchtenen. — 2) G. Ehrötien Louis Joſeph de, Sohn 
des Borigen, geboren 1759, war 1784 Refivent In China, begleitete 1794 bie 
hollaͤndiſche Geſandtſchaft nach Peding und gab eine Befchreibung feiner Reife 
(Bar. 1809, 3 Bde), fowie das chinefiiche Lericon des Miſſtonärs Glemona 
(Bar. 1813) heraus, wozu Klaproth 1819 ein Supplement lieferte. 

Suileminot Armand Eharles, Straf), Pair von Frankreich, geboren 
1774 zu Dünkirdyen, Offizier im Generalflabe Dumouriez, Pichegru's und 
Moreau’s, dann als verbächtig einige Zeit außer Dienft, verdanlte feinen großen 
topographifchen Kenntniffen 1803 wieder eine Anfellung ale Staabeoffizter u. 
1806 ald Adiutant Rapoleond, Im Jahre 1808 erwarb er fidy in Spanien ben 
Brad eined Brigardegenerale, focht 1809 In Stalten u. 1810 wieder in Spanien. 
Im ruſſiſchen Feldzuge befand er fich im Generalſtabe, war Murat als Staabs⸗ 
Chef beigegeben u. führte dann das 4. Armeecorps in Sachſen. Die Eapitulation 
von Paris 1815 warb von ihm unterzeichnet. Die Regulirung der Gränzen be; 
fhäftigte ihn 1816 am Rheine. HS Generalmajor entwarf er 1823 den Plan 
zum fpanifchen Feldzuge. Die Pairswürde belohnte ihn; doch entfernte man ihn 
als franzöflfichen Botfchafter nach Konftantinopel, von wo er 1826 auf kurze Zeit 
zurüdfehrte, um fidy wegen Wrmeelteferungsverträgen (Prozeß Ouvrard) zu recht 
fertigen. Er nahm ſich der Griechen u. der Pforte gegen Rußland an, wurde 
aber abberufen (1831), ale vie al Ta fiegte. Seit 1839 mit ber 
Reaulfrung ver frangöflfchen Gränze am 
zu Baden B.pen. 

Guillochen find leichte, auf eine Kläche gezeichnete u. häufig in eine Metall: 
Platte gegratene Verzierungen von der mannigfaltigften Form. Ste werben mit 
telſt einer Guillochirmaſchine, einer aus vielen Rädern, wie ein Uhrwerk 
in ammengelebten, etwa 1 Buß langen, 4° breiten, eben fo hohen Maſchine, bie 

nad Be:ieben ftellen läßt u. fo. die verfchiedenften Figuren mittel einer Art 
Grabſtichel, ver fi) an einem Ende derfelben befindet u. die gefchlängelten Fi⸗ 
guren eingräßt, gefertigt. Ste können mittelft der Buchdruckerpreſſe (wo fie als 
weiße Linien, dad Metall aber ſchwarz oder farbig, erfcheinen) oder mit der 
Steindrud s orer Kupferdruckpreſſe angefertigt werben, wo bie Linien fhtnarz oder 
farbig, die Fläächen dagegen weiß erfcheinen. Man wendet ©. zu Berzierung 
von Bücherunfchlägen, aber audy zu Staatspapieren an, indem man fie von ges 
wiffen Zahlen diefer Stantspaptere bis zu anderen unmerklidy ändert u. daraus 
fehen kann, 05 die vorkommenden Papiere ädht, oder unädht find. — Die Anfer 
tigung von ©. heißt Guillochiren. 

Guillotin, Joſe vi Ignaz, franzöfifcher Arzt, geboren au Gaintes 1738, 
war früher geifilicher Profefſor am trländifchen Eollege zu Borbeaur, flubirte 
hierauf Medizin zu Paris, lebte daſelbſt als praftifcher Arzt u. wurde Mitglied 
der Rationalverfammlung , fowie des Gomits, weldyes die Organtfatton der me 
diziniſchen Schulen leitete. Aufgefordert, über den Eriminalcoder Beridyt abpu⸗ 
Ratten, ſchlug er, flatt der bisher gewöhnlichen Hinrichtungsweife durch Galgen 
a, Rob, die befannte Köpfmafchine (008 Kallbei) vor, welde, obgleich fle wei 


heine beauftragt, farb er 1840 


Dr Er 


Guinea — Guipuzeoa. 1133 


älter u. längft in Italien u. Schottland im Gebraudhe war, nach ihm Guillo⸗ 
tine benannt wurde, wogegen er auch nie proteflirte. Während der Schreckens⸗ 
zeit geh ®. in das Gefaͤngniß, woraus ihn jedoch der 9. Thermidot rettete, 
Er farb nicht, wie Einige behaupteten, felbft unter der Guillotine, ſondern erft 
1814; jedoch ſoll der Kummer über den Mißbrauch, der von feinem gutgemeinten 
Borfchlage gemacht wurde, ihn Iange niebergebrüdt haben. | 
Guinea, 1) ein auf der Weſikuͤſte von Afrika ſich etwa 700 Meilen weit 
hinziehendes Land, deſſen Gränzen verfchienen angegeben werben, wörunter man 
aber gewöhnlich das Gebiet zwifchen dem Cap Berga oder Tagrin im Rorden 
u, bens Eap Negro im Eüden begreift Cole Franzoſen nehmen als Graͤnze bie 
Caps Monte und Lopez, die Holländer, welche Senegambien dazu rechnen, bie 
Cays Blanco u, das Reich Gongo u. Loango), u. das in Ober- u. Unter-©. 
zerfält. Jenes liegt an der Nordfelte des Meerbufens von G., den Südrand 
vom Hochlande Sudan bildend, vom 10° nörblicher Breite bis zur Biafra-Bay 
(26° öftlicher Länge), eine Küftenfirede von mehr ale 400 Meilen, u. umfaßt: 
bie GiertasLeone- Küfte, die Küſte WMalaguetta oder Pfefferfüfle, auch Wind⸗ 
wartfüfle genannt, Küfte der böfen Leute, Zahn⸗, Bold», Sklavenküfte, Benin, 
Biafra u. a. — Nieder-®. eıfiredt fich von ver Biafra-Bay bis Cap Negro, 
300 Meilen weit, u. umfaßt die Landſchaften Loango, Congo, Angola u. Ben⸗ 
guela. — Obgleich fchon 1484 von den ‘Bortugiefen befucht u. zum Theile uns 
terworfen, iſt dieſes Land dennoch fehr wenig befannt. Das Innere iſt mit 
hohen Gebirgen angefüllt und man hört bier fogar Schneeberge nennen. Außer 
den beiden großen Strömen Zaire oder Congo, und dem Coanza, gibt ed noch 
eine Menge Eleiner Stüftenflüffe. Zwiſchen 3° u. 5° fünlicher Breite u. 25°--26° 
öfticher Länge fand Douville den See Guiffua, aus dem zwei große Fluͤſſe nach 
Ofen u. Weften fließen. Bon dem Inneren des Landes weiß man übrigen nur 
wenig; nur die Umgebungen der europälfchen Niederlaffungen am Gambia, auf 
Dulam, in Sierra Leone, auf der Goldküſte, in Benin u. vorzüglid das Land 
ber Aſchanti find in neuerer Zeit etwas befannter geworden. Ttotz des großen 
Reichthums an Produkten (reihe Gold», Silber⸗, Kupfers u. Eifinerze, Stein 
fohlen u. ganze Waͤlder von Pfeffer» u. Kaffeebäumen, von Zuderrohr u. ben 
koſtbarſten Holzarten follen im Hochlande feyn) hat der Handel felther noch Feine 
Bedeutung gewonnen; doch iR Nieder⸗G. noch immer der Hauptfklavenmarlt. 
Wachs u. Eifenbein bilden Die Hauptgegenftände der Wusfuhr. Baumwolle wirb 
viel gebaut aber ſchlecht benüst. Das Ehriftenthum hat fidy verbreitet u. man 
findet Kirchen u. Bifcyöfe. Die Portugtefen haben im füplichen Theile Eolonien 
angelegt; die Engländer, Holländer u. Dänen auf der Goldkuͤſte; die Ftanzoſen 
am Gambia; die Nordamerikaner im Lande Sanguin auf der Pfefferkuͤſte. Selbſt 
bie Preußen errichteten unter dem großen Kurfürften drei Rieberlafiungen auf ber 
Goldkuͤſte, die fie indeß nach 30 Jahren wieder an die Holländer verkauften. — 
2) G.⸗Inſel n heißen mehrere Silanve, worunter vier größere (Wiinabon, Isla 
do Principe, Cos⸗Hermanos und Fernao-dosPo), die ſich in einer Linie von 
Südweſt nady Nordoften im Meerbufen von ©. hinziehen, Ow. 
Guinee (guiney), eine, fett 1662 geprägte, englifcdhe Bolbmünze (Anfangs 
aus Bold von der Küfle von Guinea, daher der Rame) im Werthe von 21 
Shillings —= 12 fl. 36 fr, rheiniſch. Die letzten ©.n wurden un:er Georg III. 
(F 1820) geprägt; feltdem traten an ihre Stelle die Sovereigns d 20 Shillings 
wer 1 Pf. Sterling (= 12 fl. rhein.) gerade aus. 
Zuipuzcoa, die öflichfte der drei basfifchen ‘Provinzen in Nordſpanien, 
est die Provinz Gt. Sebaflian, gränzt im Norden an den Meerbuſen von Bis⸗ 
aya, im Rorboften an Frankreich, davon durch die Bidaſſoa nefchieven, im 
Dften u. Sübdoften an Ravarra, im Südweſten an Wlava, im W:ften an Biss 
aya u. umfaßt 294 Meilen mit 110,000 Einwohnern, Die Provinz wird von 
em cantabriſchen Gebirge durchzogen u. iſt fehr waldreich. Die Flüſſe find nur 
Rüßenflüffe, Die Küfte bietet neue gute Häfen, weldye fehr zur Belebung bes 


1134 Guiscard — Guiſe. 


Verkehres beitragen. Das Land hat wenig Aderbau, Dagegen treffliche Waiden 
u. viele Metalle, die aber nicht gehörig bemügt werden. — ©. war vorbem ein 
Theil von Biscaya, trennte ſich aber ſchon fehr frühe von Diefem, wurde 1202 
von Alfons mit Gafilien vereinigt, behielt jedoch bis in die neuche Zeit feine 
Suero6 (Borrechte) und war eine ter hartnädigfien Provinzen im Aufftande für 
Don Carlos gegen die Königin Ghriftine. Ow. 

Guiscard, Robert, Herzog von Apulien und Galabrien, geboren 1015, 
Sohn Tancreds von Hautevillle aus zweiter Ehe, zog nach Apulien, um zu ben 
Rormannen zu floßen, weldye dort die Kolonie von Averſa gegründet hatten, 
zeichnete ſich durch Tapferkeit aus u. erhob ſich nach dem Tode feiner älteren Brü⸗ 
der, Wilhelm und Humphrey, die ſich in Beſitz von Apulien gefegt hatten, und 
mit Berbrängung der Söhne des lehteren, zum Herzoge von Apulien, wozu er 
Galabrien eroberte. Mit feinem jüngfien Bruder Roger begann er die Eroberung 
Siciliens, welche diefer allein beendete; dagegen vertrieb er die Sarazenen aus 
Unterltalien. Im Beflge vom Papſte beflätigt (1060), war ©. auch deſſen 
Bundeögensjie in den Kriegen Heinrichs IV. Als er 1085 auf der Infel Ko 
phalonta farb, hatte er Plane zur Eroberung des griechiſchen Kaiferreich® ge- 

. Bergleiche Gaultier d'Arc, »Hist. des conquedtes des Normands en 
Itslie« (1330). 

Guiſchard, Karl Gottlieb, genannt Quintus Jciliuß, geboren au 
Magdeburg 1724, fludirte zu Halle, Marburg, Herborn und Leyden Theologie, 
alte Literatur und orientalifcdye Sprachen, trat aber 1747 ale Faähndrich in 
Sachſen⸗Hildburghaufiſche Militärdienfte, hielt ſich felt 1754 anderthalb Jahre 
in England auf u, kam 1757 als Freiwilliger zur alliirten Armee. Friedrich IL 
von Preußen, ber ihn fennen lernte, nahm ihn 1758 als Hauptmann in fein 
Gefolge und legte ihm, da er fich einft erlaubte, den König, der den römiidyen 
Genturio Ilicius irrthuũmlich Icil ius nannte, zu corrigiren, obigen Ramen 
bei. Als Major eines Freibatailions nahm er an den Zeldzügen von 1759 u. 
1760 Theil und richtete alle Befehle und Aufträge fo gut aus, daß der König 
ihm zu Leipzig ein reis Regiment gab und ihn mit der Errichtung von wei: 
teren Sreibataillons beauftragte. 1760 — 62 war ©. bet der Aumee des Prinzen 
Heintth. Rach wieder hergeftelltem Frieden ward fein Regiment 1763 am 
Tage des Einmarſches in Berlin, zu feinem großen Berdrufle, abgedankt. Der 
König behielt ihn nun bei fidy in Potsdam u. erklärte ihn 1765 zum Oberftlieu⸗ 
tenant in der Armee. G. war einer von den wenigen Männern, deren fich ber 
König zum gefelfchaftlichen Ilmgange bediente. Bisweilen hielt er fidy auf 
Kai Gute zu Waſſerſuppe im havelländiſchen Kreife auf. 1772 ernannte ihn 

edrich zum Oberften der Infanterie, und den 13. Mat 1775 flarb er, mit 
dem Ruhme eines kenntnißreichen Mannes, der ſich durch folgende wichtige 
Berle aufs Rühmlichfte befannt gemacht hatte: „Me&moires militaires sur les 
Grecs et les Romains“, 2 Bde., Haag 1758, 4. u. öfter, u. „Mömoires cri- 
uguos ‚2 ‚historiques sur plusieurg points d’antiquit6s militaires‘‘, Berlin 

N e., ik, 

Eule ‚ eine berühmte berzogliche Familie in Frankreich, ein Nebenzweig 
des Hauſes Lothringen, Die unter den Regierungen der Könige Heinridy II. 
Franz U., Karl IX. u. Heinrich III. einen ausgebreiteten Einfluß auf die Staats: 
angelegenheiten eswarb. 1)-&laude v. G., der zweite Sohn bes Herzog Res 
natus von Lothringen, geboren um 1496, firitt mit feinem älteren Bruder, An- 
toine de Baudemont, um bie Erbfolge in Lothringen, richtete aber Nichts aus, 
ließ fidy in Frankreich nieder und vermählte fid) mit Antoinette von Bourbon, einer 
Prinzeifin von Geblüte, Seine Tapferkeit, fein fühner Geift, feine großen Eigenſchaf⸗ 
ten u. die Gunft des Barbinald Johann von Lothringen erwarben ihm großes An- 
ehen u. machten ihn zum Gründer eines der erſten Häufer In Frankreich. “Die Graf 
daft G. wurde 1527 zum Herzogtbume u. zur :Batrie erhoben und am 12. April 
1550 erfolgte fein Ton. Er hinterließ 6 Söhne u. A Töchter, wonon die Altele an 


Snitarre— Guizot. 1135 


dnig Jakob V. von Schottland, aus dem Haufe Stuart, vermählt war, König 


‘any I, der 1547 ftarb, hatte feinen Sohn, Franz IL, vor der Herrſch⸗ u. Habfucht 
e SBrinzen von ©. gewarnt u. deren Demüthigung empfohlen; aber gerade unter 
efer Regierung erhob fi) das Haus ©. mehr, als jemals, und bahnte fich den 
jeg zum höchften Stade des Anſehens am Hofe u. im Reihe. — Zwei feiner 
öhne, 2) Francois, Deriog von ©. u. 3) Eharles, Cardinal von Lothrin⸗ 
n, fpielten eine fehr einflußreiche Rolle unter den Valois. Der erfte, der größte 
eerführer feiner Zeit, vertheinigte Met gegen Karl V., nahm Calais den Eng- 
ndern, ven Spaniern Thionvilie und ward Generallieutenant des Königreich, 
Ahr.nd fein Bruder den Finanzen unter Franz II., deffen Oheime beide waren, 
fand. Unter Karl IX, fteliten fie ſich an die Spige der katholiſchen SBartet, f. d. Art. 
efhichte Frankreichs u. Bartholomäusnadt. Francois warb 1563 
t der Belagerung von Orleans durch den reformirten Edelmann Poltrot de 
tere erſchoſſen. François' Sohn, A) Henri, Herzog von &., Bruder des 
erzogs Gharled von Mayenne und des Cardinals Louis von G., warb das 
aupt der Ligue, rottete das Bolt am Tage der Barrifaden zufammen u. wollte 
h der königlichen Gewalt bemächtigen. Heinrich III. Iieß ihn auf dem Reichs⸗ 
ge von Blois 1598 nebft feinem Bruder, dem Garbinale, ermorden. Wegen 
ser Rarbe führte er den Beinamen Balafre. — 5) Henri, Herzog von ©., 
ohn Charles von ©. und Enkel Balafre’s, machte einen Verſuch, ſich Neapels 
uch eine Revolution zu bemäcdhtigen. Er flarb, der Letzte feiner Familie, 1664. 

Guitarre, ein der Laute ähnliches, im Baue aber verſchiedenes Inſtrument 
tt 6 Saiten, weldye in die Töne G, A, d, g, h, e, geflimmt find und theils 
it den Fingern gerifien, theild mit dem Daumen geftrichen werben. Die ©. 
ent vorzüglich zur Begleitung Heiner Lieder u. Gefänge, ift aber audy ale Solo⸗ 
nftrument meifterhaft behandelt. Man Hält fie für fpantfchen Urfprungs, ob- 
leich fie in einigen Theilen Afrika's gefunden wird. Welt mwahrfdyeinlicher iſt 
e die, auf die romantfchen Nationen vererbte, Kithara der Griechen. In Frank⸗ 
ih iſt fie feit dem 4. Jahrhunderte befannt. Eine Bogen-⸗G. erfand Birn- 
ad; eine Bianofortes ober Taſten⸗G. ein deutſcher Künftler; in London 
15 in Frankreich verfertigte man 1820 — 1830 ®.n in Form einer Lyra, mit 
nem @riffbret verfehen, mit gleichem Bezuge und gleicher Behandlung, wie die 
ewöhnlichen, u. nannte fiel yra-®.n. G.n mit doppeltem Griffbrete verfertigt ſeit 
341 Draffegg aus Bregenz und zwar in ber Gigenfchaft einer gemöhnli 
‚einer Terz⸗G., fo daß man auf einem u. demfelben Inſtrumente das Tel 
ınn, wozu früher zwei erforderlich waren. Die beiden @riffbrete find nebenein⸗ 
nder angebracht, u. zwar iſt der Reſonanzboden beinahe um die Hälfte größer, 
18 bei einer gewöhnligen &. und der Ton auch viel flärferr. Dabei bat man 
m Bortheil, im Bortrage eines Tonftüdes in alle Tonarten ausweichen zu Föns 
m, was bet einfachen G.n nur mit großer Schwierigkeit u. unvolllommen zu be- 
irken war. Das Yeußere diefer Infirumente iſt nett u. zierlih. Achtſaitige 
;.n verfertigt Stauffer in Wien. Ste geflatten den ungehinverten Gebraudy 
er fechsfaittgen, gewähren aber einen nody viel größeren Sarmonteumfang, und 
er Ton zeidynet 6 durch Wohlklang u. Staͤrke aus. 

Guitone, ſ. Cino da Piſtoja. 

Guizot, François Pierre Guillaume, gegenwärtig franz. Minifterpräft- 
ent u. Minifter ded Auswärtigen, der Sohn eines Wovofaten in Rismes, der guillotis 
irt wurde, geboren 1787, warb in ®enf erzogen, fubirte zu Paris u. heirathete 
täulein Meulan, die zur Zelt „Le Publiciste“ rebigirte. Als Mitarbeiter an der 
mwähnten Zeitfchrift u. einigen anderen zog er zuerſt einige Wufmerkjamfeit auf 
ch. Die Würbe feines Ausdruckes, die Schärfe feiner Logit und eine gewiſſe 
luwiderlegbarkeit feiner Anſchauung, bei der er immer die edleren Interefien des 
5eyns im Auge hält, u. wie fie in feinen vielfachen Schriften u. parlamentari- 
hen Heufferungen ſich noch immer befundet, machten ihn 1812 zum Brofeffor ber 
defchichte, mit Ludwig XVIII. nad) Frankteich zurüdgelommen zum Staatorathe, 


\ 


1136 Guldberg. 


4819 zum Generaldirector des Gemeindeweſens. Im verhangnißvollen Jahre 
1830 unterzeichnete G. mit jene Adreſſe, die dem Könige nachdrücklich erwies, 
daß bie, von der Charte geficherte, Uebereinſtimmung der Handlungen der Regie 
zung mit den Wünfchen des Bolfes nicht mehr beflehe; aber am 28. Juli, als 
ſchon Blut durdy Die Straßen von ‘Parts Rrömte, drang er mit aller Kraft ſei⸗ 
ner Beredtfamfelt in die bei Buyraveeu verfammelten Gollegen, ſich als Gtügen 
um den fhwanfenden Thron gegen den immer höher fchwellenden Strom ber 
Revolution zu fielen. 1832 ward er Minifter des öffentlichen Unterrichtes, und 
ſchuf in diefer Stellung fo viel Tüchtiges u. Nachhaltiges, daß er nicht nur in 
Frankreich die Stimmen Aller für id hatte, die es ern meinen mit biefem 
Hauptbebel des Nationalwohles, fondern fogar die Aufmerkſamkeit des übrigen 
gelehnten Curopa's fefihielt, feinen Schritten mit Anerkennung u. dem Wunſche 
bnlicher Wirkſamkeit zu folgen. Durch Begabung, Erziehung u. feine frühere 
Etellung war ©. von je geneigt, die überzeugende Macht des Geifles ber nur 
bändigenden Gewalt der Waffen vorzuziehen, u. darum ſprach er im Jahre 1834, 
als man anfing, Bold und Blut zu berechnen, das Wigier bisher gefoftet, am 
waͤrmſten dafür, Algerien mehr mit dem Pfluge, als mit dem Schwerte zu er 
obern, einen Bivilgouverneur dahin zu fenden. Als es mit unaufhörlichem Drän- 
en u, Hinwelfen auf das, was der Einzelne dem Baterlande fchulde, dahin ges 
ommen, ©. von dem Herzoge von Broglio, dem zweiten Haupte ber Doctri⸗ 
naires, deren erfled Haupt ©. war, zu trennen, wußte man ihn auch dahin zu 
bringen, mit Mole ein neues Babinet zu bilden; aber er ſchied bald wieder aus 
(15. April 1837), weil — „fein geifliges Uebergewicht ſchon feine Gollegen bes 
leidigte.“ — Wie nur einem wahrlich odyſſeiſchen Benehmen G.s als Geſand⸗ 
ten in London 1840 Europa es dankie, daß die Feier des Julivertrages nicht als 
naͤchſte Folge das Feuer geladener Kanonen hatte; wie G., als Miniſter des Aus 
wärtigen, nun ſeit ſieben erprobenden Jahren ein treuer Hüter am geſchloſſenen Ja⸗ 
nustempel iſt, weiß nur, wer mit einigem Antheile den Thaten der Geſchichte u. den 
Greigniffen in den Paläften der Könige u. den Werfflätten der Proletarier folgt. 
In feinem Außeren Benehmen gleicht ©. einem Vulkane, der immer glüht, ins 
deſſen Eis feinen Scheitel dedt. Diefer Schein von Kälte, — der ihm als tüchtiger 
Schild, hinter dem er im Kampfe mit feinen Gegnern den Gedanken des Angriffes 
u. auch den Schmerz mancher Wunde ficher birgt, zur anderen Ratur geworden — 
verbunden mit einer Feſtigkeit des Willens, die faſt Störrigfeit if, fowie Gemeſſen⸗ 
| peit im Ausdrucke, fchüdhtern felbft den Kreis ein, in dem er durch häusliche 
ugenden u, ſchöne Gigenfchaften des Familienvaters u. Privatmannes glänst. 
Gerne ſchriftſtelleriſche Wirkſamkeit lieferte die ergiebtaften Refultate in der Epoche 
feiner :Brofeffur u. in dem Zeitraume von 1822—1827, in dem feine Borlefuns 
gen an der Realfchule verboten waren. Außer Sammelwerfen, womit er bie 
emoiren-Literatur feines Vaterlandes bereicdyerte, tragen bie Schriften: Idees 
sur la libertö de la presse, ‘Bari6 1814. Des conspirations et de la justice 
politique, ‘Bari® 1625. Histoire gencrale de la civilisation en Europe 1828 — 
ein eigenthümliches, ihn ausgezeichnendes Gepräge. Als ehrenwertber Beleg fel- 
ner religiöfen Gefinnung in der Zeit des Indifferentismus verbient in ſchriftſtel⸗ 
lerifcher Beziehung eine kurze, aber meifterhafte, vor der Coalition veröffentlichte, 
Abhandlung bemerkt zu werben, in ver er dem Prinziye des Katholicismus eine 
bedeutende Gtelle in Franfreih Zukunft anwies, eine Prophezeiung, die dem 
„romanifirenden Profeſſor“ den Spott der Herzogin von Broglio zuſog u. ihm 
von Genf's Puritanern noch verargt wird, — Und wenn wir nun G.s Laufbahn 
überfchauen, fo dürfte fi als Sciboleth feines Talentes u. Geſchickes heraus⸗ 
ellen, was ein geiftreicher Geſchichtſchreiber unferer Tage ale das ficherfle 
ittel zum Siege über Revolutionen und Emeuten erklärt, nämlich: „Wäh- 
send die Revolutionaire nur wifien, was fie nicht wollen, beſtimmt zu wiffen 
was man will. . 
Guldberg, 1) Ove⸗Hodegh, berühmter däͤniſcher Staatsmann, Hiſtoriler 


Gulden — Summi, 1137 


Sheolog, geboren 1731 zu Horfen in Zütland, zeichnete ſich fchon in feiner 
gend dur) Geift u. Kenniniffe aus u. erhielt 1761 den, von der Gefellichaft 
Geſchmacks ausgefehten, Preis für eine gelehrte Abhandlung im Fache der 
ſthetik. Er wurde nun in eben biefem Jahre ‘Profefior der Geſchichte u. Be⸗ 
ztſamkeit bei der Ritterafademte zu Sorde, 1764 Informator des damaligen 
ebprinzen Friedrich, 1770 Etatsrath u. 1773, mit Erhebung in den daͤniſchen 
velkand, geheimer Gabinetsfekretär, 1779 Ritter des Danebrogorvens und 1780 
heimer Rath. Spaͤterhin legte er das Minifterium, fo wie alle feine Staats⸗ 
irden nieder, begab fidy auf feine Güter in Juͤtland und flarb daſelbſt 1808. 
w den Staat hat er ſich rühmlichſt verbient gemacht u. fein Miniflerium wird 
mer einen wichtigen Zeitpunkt in der Geſchichte des Königs Ehriftian VII. bes 

Als Kenner u, Beförverer der Gelehrſamkeit war er Mitglien der nors 
Geſellſchaft der Wiflenfchaften u. der Töntgl. ganbhauehaltungege ellſchaft. 
ter feinen eigenen Schriften zeichnet fidh ſeine allgemeine Weltgeſchichte, Kos 
abagen 1768—72, durch Gruͤndlichkeit, claſſiſchen Bortrag und gefchmadvollen 
tagmatismus als ein Meifterwert aus, iſt aber nidyt vollendet worben. Seine 
berfegung des neuen Teftamentes, die er nady dem Austritte aus dem Mints 
rium bearbeitete, fkeht in Dänemark ebenfalls in großem Anfchen. — 2) ©. 
rederik Hoegh), Sohn des Borigen, geb. 1771, von 1805—1810 am Hofe 
Kiel, iſt als Inrifcher und elegifcher Dichter (Gedichte 3 Bde., Kopenhagen 
115) umd Ueberfeßer des Tibull (1803), Terenz (1805) und Plautus (1812 — 
14) rühmlihR bekannt, 

Gulden, Floren, Klorin, war urfprünglich eine, Goldmuͤnze, bie dem 
rentiniſchen Florino nachgeahmt worden feyn fol u. on Goldſchilling ge 
amt wurde. Später u. zuerſt in Defterreich im 15. Sahrbunderte prägte man, 
8 Unterabtheilung dieſer Münze, fogenannte G.Groſchen in Gilber von 2 
th Schwere aus, welche mit der Zeit G., die goldenen aber zum Unterſchiede 
old⸗G. (f. d.) genannt wurden. Man theilte Anfangs den G. in 20 Schillinge zu 
Kreuzer, fpäter aber geradezu in 60 Kreuzer ein; in anderen Ländern dagegen 
sehe er in 16 Grofchen, 24 Mariengrofchen, 20 Stüber oder Schillinge u. ſ. w. 
ıgetheilt; fa überall aber redynete man 14 G. = 1 Thlr. Da der G. eine 
nge Zeit hindurch of in ganz Deutſchland u. in mehren angrängenden Läns 
en die gebräuchliche Münze u. die Münzeinheit war, fo wurden auch die ver- 
ienenen deutſchen Münzfuße nach der Anzahl G. benannt, die aus 1 Marl feines 
ilber geprägt wurden und man hatte daher einen 18 G.⸗20 ©.» 24 ©. Fuß. 
‚ Münzfuf). Seht IR der G. noch tn vielen Ländern eine, theils wirklich 
prägte, theils fingirte Münze u. in Defterreich, den übrigen ſüddeutſchen Läns 
ın, mehren Schweizer-Gantonen, Holland ıc. die Münzeinheit, wenn auch von 
efchiedenem Werthe, worüber man dad Nähere in berjehlebenen numismatifchen 
Frog diefed Werks angegeben findet. Ein Art ©. iſt auch der meißniſche 

en. 

Gummi. Brüher bezeichnete man unter diefem Namen jene — u. 
rzigen Säfte, die von felbft beim Berſten ober Verwunden der Rinde gewiſſer 
Aume ausfließen u. nad) u. nach an der Luft erhärten. In der neueren Zeit aber 
t man fie in G. (Gummen) u. Harze unterfchieden. Die Summen find durch⸗ 
btig, halbdurchſichtig oder durchſcheinend, laſſen fi durdy die Wärme der Hand 
ht erweichen (phyſikaliſcher Unterſchied von Harz oder G.⸗Harz), beſitzen einen 
ben, klebrigen Geſchmack u. (chemiſcher Unterfchieb von den Harzen) löfen ſich 
kochendem Wafler zu einer ſchleim ‚gen Slüffigkelt, die durch Alkohol vollſtaͤn⸗ 
z gefüllt werden kann. Wan umterfeheldet mehre Arten von G. darunter: Gummi 
abicum oder Mimoſen⸗G., das aus Keinen, unregelmäßigen, edigen ober 

ndeten, größeren oder Heineren, weißen, gelblichen und bräunlichen Gtüden 
eht u. in der Arzneikunde vorzüglich als fchleimiges, reizminderndes, gelinde 
nährende® Mittel vielfach angewendet wird. Man unterfcheidet von dieſem ©. 
chre Sorten, die alle von Bäumen kommen, weldye in Arabien, Aeygpten, Gui⸗ — 
Nealencyclopädie. IV. 172 


Gemmi arablcam — Guxdling. 


Genenambien mitunter große (G.⸗ Wälder bilden. Das Kiri 
den Stämmen alter Gauers u. Suͤßlirchbaͤnme fließt u. ziemlich 
Traganth⸗G. (G. tragacanthse) von Astragalas 

lus strobiliferes Lindl., zwei 







gen ıc. gebrauch | 
Gemmi arableum ,f. Bummi. 
Gummi elasticum, ſ. Kautſchuk. 
Gummi guttae, Bummigutt, iR ein Gummiharz, 
Ceyloniſchen Guttibaume als ein wid er, an ber er⸗ 
haͤrternder, Saft gewonnen ‚ eine ſafrangelbe Farbe u. in der 
kunde gegen —* Krankheiten in Anwendung koͤmmt; häufiger wird es 
als Malerfarbe benutzt. aM. 
GBundling, 1) Rilolaus Hieronymus, ein berühmter Polyhiſtor, Gohe 
eines Pfarrers, geboren zu Kir bad) bei Nürnberg 1671, hatte 1690 - 9 
zu Altdorf, Jena und Leipzig Theologie ſtudirt, als er mit einem jungen Herm 
von Adel nady ging, wo er in genauere Belanntfdhaft mit Thomafins 
trat. Hier beſchloß er, der Rechtsgelehrſamkeit zu widmen, und hielt ſchon 
nach 2j eigen Studium 1703 feine al-Difiertation, de transactione nom 
tabulis. Runmehr fing er an, Borlefungen zu halten, ward 1705 Bra 
[ or der Philoſophie, nachher audy Profefior der Rechte, Conſiſtorialtrath, end» 
ich geheimer Rath u. Rarb 16. Dec. 1729. Gr hatte durch feine ausgebreitete 
Gelehrſamleit u. Belefenheit, durch feine Schriften und bura bie große Anzahl 
einer Echüler um diefe Zeit, nebh Thomaflus, — und W., vorzöglidh zum 
uhme der Univerfität Halle beigetragen. Seiner kraͤfte —— — — 
war ein bewundernswuͤrdiges Gedaͤchtniß, verbunden mit Lebhaftigkeit, glücklicher 
Leichtigkeit In Entwickelung der Ideen und einem beißenden 
Borurtheile griff er, wie fein Lehrer Thomaſtus, herzhaft u. mit einer für ſeine 
Zeit (een Freimüthigkeit an. Bet feiner, über jo viele Faͤcher, als: Geſchichte 
u. Philofophie, das bürgerliche u. Stantsredht, Literatur, Kritit und Poeſie vers 
breiteten, Schrififtelleret mußte es ben Werken feines Geifles an einer gewiſſen 
Vollendung fehlen und fie tragen alle mehr ober minder Spuren von Eile md 
Blüchtigleit an fidy; aber das meiſte Verdienſt hat er fi als Lehrer um bie 
europälichen Staaten u. deutfche Reichegefchichte, um die Bolttif u. die Literatur 
Geſch ichte erworben, über weldye Wifienichaften feine gehaltenen Borlefungen nad) 
einem Tode im Drude erfhienen, 3. B. fein Abriß über die Reichsgeſchichte, 
ber den Zuftand der europälfchen Staaten, über die goldene Bulle, über ven 
ch en Srieden u, f. w. Geine Borlefungen über Heumann's Geſchichte 
der Gelehrtheit beſtehen allein aus 6 Duartbänden. Ausgearbeiteter u. weniger 
fehlerhaft find die von ihm felbf zum Drude beforgten Bücher u. Abhandlun⸗ 
en als: De statu reip. Germaniae sub Conrado I., Halle 1706. De Henrico 
ucupe, 1711 ıc. Am reichhaltigen u. gelchrteften ift das Werk, das er unter 








dem Titel, Gundlingiana in 45 Gtüden, Halle 1715 — 32 berausgab, und in | 


welchem Gegenflände der Philoſophie, der Rechte, der Geſchichte, der Kritik, ver 
Literatur, überhaupt faft aller Fächer des menſchlichen Wiſſens abgehandelt werben. 
— 2) ©. Jakob Paul, Freiherr von, Bruder des Borigen, geboren 1673 
zu Heröbrud, wohin, nad feines Vaters Tode, feine Mutter wegen Kriege 
efahr geflohen war, ſtudirte au Altdorf, Helmflävt und Jena, reiöte nad 
olland und England, ward 1705 Profeſſor der Ritter » Alademie zu Berlin, 
wurde von Friedrich Wilhelm I., bald nad deſſen Thronbefleigung, zum Zeit 
ungsreferenten ernannt und erhielt die Titel eines Kriegs » Kammer » Dbar- 
Appellations⸗ und Kammergerichtsrath, Ceremonienmeiſters ıc. Durch feine 
eltſamen pedantiſchen Sitten, noch mehr aber durch ſeine Liebe zum Trunke, die 
vollends cyniſch machte, war er das Gelächter des Hofes, wo er bi6 





einem Tode, 14. April 1731, zum Iufligen Rathe diente. Gonft war er wirk- 
ein gelehrter Mann u. Berfafler vieler hiſtoriſcher u. geographiſcher Schrifs 
vornehmlich die preußiſchen Staaten betreffend. Gin befonderes Verdienſt 
wb er fidy durch feine Karte von der Markt Brandenburg. Bgl. Leben und 
ten 3. P. ©., Berlin 1795, 8. Floͤgels Geſchichte der Hofnarren 218, 
Gundulic, Ivan, geboren zu Ragufa am 8. Jänner 1599, war der Gohn 
Witrathöheren der Republik, Franz ©., aus einem der angefehenflen abellgen 
blechter. Gr verwaltete die höchſten Ehrenftellen feiner Baterflabt u. zeich⸗ 
fi) fowohl durch feine Gelehrſaukeit, wie durch fein Dichtergente gleich 
ans. Er flarb 1639. Das Werk, welches ibm den Ramen des illyriſchen 
terfürften erwarb, ift fein Epos „Osman“ in zwanzia Gefängen. Osman 
vagno vitescko Giva Gundulichja Vlastelina Dubrovackoge etc. (heraudges 
a von Ambrofius Maikovich). U Dubrovniku, 1826 — 27, 3 Bde. 8. — 
Gundulica Osman, (herausgegeben von B. Babulic) U Zagrebu, 1844 in 8. 
Italieniſche überfeht: Gondola, Osmanide poema illyrico, 8. Ragufa 1827. 
Beine außerdem anzuführenden Schriften find: Ariadna poluscalostivo pri- 
gno (Ancona 1633), U Dubrovniku, 1829, 8. — Dubravka prikasagne, 
d. 1837. — Diana i Armida, ebend. 1837 u. a, m. Ww. 
e, Kulumer oder Kümmerling, (cucumis sativa) ik die befannte 
ht einer, aus fünlichem Klima Rammenden u, im größten Theile von Europa 
därten u. auf Feldern angebauten, einjährigen, kuͤrbisartigen Pflanze, weldye 
erſchiedenen Epielarten vorkommt u. meiſt unrelf, als Salat und ſonſt auf 
nigfache Weiſe, verfpeist wird. Reif läßt man fie in der Regel nur werben, 
ben Samen (die Kerne) daraus zu gewinnen. Die friſchen E.n werden, da 
. fie faſt überall anbaut, nur von den Gegenden, wo flarfer ®emüfebau ge- 
en wird, auf bloß mäßige Entfernung verſendet; dagegen find die Salz⸗ 
fauren ©. und die Pfefſer⸗ oder Effig-®. für manche Gegenden ein 
t unbebeutender Handelsartikel; die erfteren werben, mit Dille, Weinblättern 
gl. in Galzwaffer und etwas Weineffig gelegt und in Fäſſern verſendet; fie 
en einen enehmen, effigfauren Geſchmack, ohne eine Spur von Faͤulniß 
u u. noch fe ſeyn, daß fle ſich nicht Leicht wit den Fingern zerbrüden laf- 
Zu den Pfeffer-®. nimmt man am liebften glanz kleine, unvolllommene 
bie, welche in ſtarken Weineſſig mit Salz, Pfeffer u. verſchiedenen gewürs- 
en Pflanzen eingelegt wernen. Man muß beſonders darauf achten, baß fie 
t mit Kupfer gefärbt find, was fidh durch eine zu lebhaft gradgrüne 
;e u. einen etwas zuſammenziehenden, von der ſcharfen Eſſigſäure verſchiede⸗ 
Geſchmack verräth. Die reifen oder Samen⸗G. werden auch zuweilen, nach⸗ 
die Schale u, die Kerne entfernt find, in Etüde gefchnitten und mit Wein⸗ 
J, Genf, verfchienenen Gewürzen ıc. eingeleat und dann umter dem Namen 
if⸗G. verkauft. Der Gaft der friſchen &. wurbe früher als ein Mittel 
n auszehrende Krankheiten gepriefen; ebenfo wurden früher die G.⸗Kerne in 
Apotheken zu Emulflonen verwendet u. waren als Semen cucumeris offizi⸗ 
indem fie zu den A größeren Tühlenden Samen gehörten. Aus zerriebenen 
en ©. u, feinem Olivendle wird die G.Pommade bereitet, die als ein Con⸗ 
ng der Geſichtshaut u. beſonders gegen Hisblattern u. bergleichen 
w 


Gufikow, Joſeph, geboren 1809 zu Glow in Polen, von jüdiſchen El⸗ 
ward in Dürftigkelt erzogen u. lernte, wie fein Bater, die Flöte, trieb die 
mit Paſſton, erkrankte 1831 an einer Bruflfranfheit und mußte ihr daher 
igen, ergriff nun die Strohſtedel u. brachte es bald zu folder Vollkommen⸗ 
daß er zu Kiew von dem Violinſpieler Lipinsty mit Beifall überſchüttet 
KR ange ee fich immer mehr u. mehr aus, durdhreiste Europa, farb 
zu en, 
Guftav. G. I, Bafa, König von Schweden, georen den 12. Mat 
) auf dem Hofe Lindholn in Upland, ein Gprößling a Töniglichen 


SL 
ji 






He 
HE 


ekarlier (f. 
ihre Syige, 


u. in em feine Eng; (ah faR alle Burgen u. Feſtungen 
Anden neten ihm freiwillig Die Thore 24 wurbe 


zu 
Dänemarl u. Schwed Iofien, fo da Zeit 
—X be Berein ale Sat —— | » ann Km 





R 
En 


23: 
Ä 

og 

ri 







der Kiieg gegen die katholiſche Kirche und vie gewaltfame Cinfuͤh 
nannten ormatlın ee weben (f. bachber > Die Artife Daletarlienu Schwe 
den), ſowie bie a dem 


Nuhe ſeines Reiches Ab buch oßen Apanagen an Ländern, bie er feinen Si 
nen aus zweiter Ehe gab. Er farb den 29. September 1560 u. ihm folgte fein 
Gohn Uri XIV. — Oußed IL Adolph, , König von Schweden, Sohr 
Rare IX., von der zweiten Gemahlin deſſelben, Chriſtina, Tochter des a Deut 
Udolph von rg Gottorp, Enkel Guſtav Waſa's, wurde am 9. Dec. 
eboren u. erhielt feinen Beiden Großeltern zu Ehren den Namen G. Adolph 
chon mehr ale 10 Jahre vor der Geburt dieſes Kindes wollte der 
Aſtrolog u. Mathematiker Tycho Brahe (ſ. d.) in einem neuen, in ber Gaffiopen ext 
beten, © en gm n dinmel gelefen 8* daß dieſer einen großen Prinzen be 
deute, der en dis e Thaten verricht 
tlomus selten 5 
mallgen Zelt, Bi oc * —ã— vollſtaͤndig beſtegt au haben vorgab 
dem lichen Kinde unſterblichen Ruhm. Sein Vater ſelbſt feierte die 
durch nn oergerkelung der auf ben Droteanki ann fo ein lußreih 8 geworbenen 
— u Upſala. Won der Vorſehung mit den ſchoͤnſten Gaben des Gei— 
fteo ausgeruͤßet, machte G. Adolph bald In den Mile haften längenbe A 
hritte und ſprach in feinem 12. Jahre bereits lateiniſch, Bus, be 
anni u, italieni A —* au * ein Eingeborener, u. * auch 8 
niſchen und —— ahren. Der theoretiſchen Bildung A die prab 
tiſche an der Seite u. Kl faß ſchon in feinem 11. Jahre im Staats 
Ratbe u. nahm auch fonft Ze an Regierungsangelegenheiten. Sag Geijer 
Geſchichte von Schweden, 3. Bd., ©. 2, ff; Gfrörer A. F., G. Molph 
Könie von Schweren u. feine Zeit, 2. Kufl, Stuttgart 1845, ©. 56 fi) Schu 
nem Knabenalter zeigte G. Adolph entfepiebene Reigung für das Kr 
weien und ging daber am liebſten mit erfahrenen Solbaten um, denen er 
den —— im Sriegefade verbanfte. Seine eigentliche —*— 
aber I Johann Skytte u. Are ‚Orenftierna ; jener unterri tete ihn te 2 
allen, in der ——A Geſchichte u. Geſetzeskunde, dieſer brachte ihm fe 
ſtolratiſchen Grundſaͤde bei, bie über die demokratifchen Feen Shytte’d 
Oderhand gewannen. on 1609 ward der 15iährige Prinz von feinem Bar 
sum © rien von Finnland u. Des von Eſtland ernamnt u. 1611 empfin 
h bie fan lange erfehnte — gu madhte den Feldzug gegen Ghrifian Vi 
wit R Ghre mit erung Inſel Deland un 
Serrung Sheikiansneis —* als ſein —— ausgegeben wurde (das Nähen 
di Ed Sfrörer aa. D.. ©. 60). Ws ©. Molph nah dem Tod 
Bateıs Karl IX (gef. 30. Okt. 1611) ven Thron beſtieg, wanfte 
gen das vürertiche Reid) unter feinen Küssen, u. die neneſte Geſchichte 
then R” den Pfad vor, ven er unerfehreden 
Beatır uigl. Macht gegen dad Staaterecht 













Fi 
13: 
F 





| ee | 4 
2, dieſelbe auf das Lutherthum baflıtz,®. Adolph mußte Demnach Ariſtokrat 
ben, mußte aus Bolitif die Meinungen des Wittenberger Möndyes befchügen u. 
allgemeine Annahme in feinem Staate erfitebens Als der junge König, gegen das Tefla- 
ment feines Vaters, auf dem Reichstage zu Nyköping am 17. 1611 für 
voRjährig u. ſelbſtſtaͤndig erflärt worden war, fühnte er allererſt durch bedeutende 
Zugefändnifie den Adel aus, ſchwur Aufrechthaltung der Lutherthums u. verbot 
die Ausübung jeder anderen Religion, fowohl heimlidy als dffentlidy, ſchloß alle 
—— von den Aemtern aus u. geſtattete bloß denjenigen Richtluthera⸗ 
nern Yen Aufenthalt im Reiche, weldhe ödtenfte thun würden, unter der Be 
dingung, daß fie ihre Irrthuͤmer nicht ausbreiten. So war alfo fein erfter öffentlicher 
Alt Bernichtung der in jener Zeit, wie jet, gerade fo gepriefenen Reliaionsfreiheit, Die 
doch in den Augen ber profelytenmadhenven Proteflanten das höchſte Gut feyn mußte. 
gen vergab er fehr viel von der Hifchöflidyen Gewalt eines yroteflantifchen 
‚ Indem er den Biſchoͤfen — diefen Namen behielten in Schweden und 
Gngland zum Hohne die Guperintendenten — geRatiete, Weihen zu ertheilen u. 
 Bfasreien befegen zu dürfen. Als der junge König bie Sulbigung empfangen u. 
Drenfierna (f. d.) zum Reichskanzler ernannt hatte, war feine erſte Gorge 
Krieg, da ihm fein Bater ungeorbnete Zerwärfniffe mit Rußland, Dänemark 
m, binteslafien hatte (f. Karl X. von Schweden). Gleichwohl befand 
Sch das Reid, in der bitterfien Geldnoth, die Kroneinkünfte in trauriger Ebbe; 
ein minder muthiger und entichloffener Fuͤrſt, als G. Adolph, wäre an der Lage 
| Landes verzweifelt (Detail hierüber f. bet Sfrörer a. a. D. ©. 64 ff.). 
Dieſer aber zog beherzt gegen die Dänen, welche die Srievensanträge zurüdges 
en, führte ben Krieg mit wechfelndem Slüde; hatte fi), vom 
Adel Außerk ſchlecht unterfügt, der patriotifchen Beibülfe des Bauernflandes zu 
erfreuen. Endlich wurde am 419. Januar 1613 in dem Kirchdorfe Knäröd der 
Friede geſchloſſen und am 26. d. M. unterzeichnet, der harte Bedingungen für 
enthielt, und zubem bie drohende Gtellung der Dänen nicht beieitigte, 
die geworbenen freuden Goldaten an den Bränzorten aufgeftellt wer⸗ 
— Raum war diefer Krieg, zwar nicht unehrenvoll, aber unglücklich 
von &; Abolph geendigt worden, ald der Krieg mit Rußland ausbrad), der 
gleichfalls ein Erbe feines Vaters war (f. Karl IX. u. Schweden) Als er 
au diefen Feind zum Frieden von Gtolbowa (27. Februar 1617) gezwungen 
—— Libh make ar ben Gr —E Fake Feng Aneriennm und 
Ä ee zwar den Gar orow anerkennen un 
GSroßnowgorod, Starajaruffa, Porkow, Ladoga, Gdow und das Gebiet von 
Somero mit Allem, was dazu gehoͤrte, an Rußland zurückgeben, erhielt aber vom 
‚Gar, nebft 20,000 Rubeln, Iwangorog, Jama, Koporie, Nöteborg fammt allen 
daza gehörigen Begirken, Kesholm, u. bie Zufage des Befites von Liefland u. 
Efland, Außerdem machten fiy beide Mächte anheiſchig, ven Polen nicht bei- 
zuſtehen. — Mit Bolen berrfchte, bi zum Bertrage von Stolbowa, werer Krieg, 
noch Friede, fondern ein Mittel von beiden, da Sigismund feine Anipräde 
‚auf den ſchwediſchen Thron noch nicht aufgegeben hatte u., troh der gefchlofienen 
Waffenruhe, fletd gegen G. Abolph arbeitete. Der Ausbruch des Krieged war 
demnady unvermeidlich, fo fehr er ſich auch durch wiederholt gefchlofiene Waffen⸗ 
Rilfkände- verzögerte. Die Zeit halben Friedens nun benübte G. Woolph, Vie 
inneren Berhaͤltniſſe feines Reiches zu ordnen. Durdy Gorge für Gewerbe und 
Handel, durch Gründung eines seligemäßen Beamtenfandes u. durch eine noth⸗ 
wendig gewordene Veränderung ber faffung des Reiches erwarb er fi) nam⸗ 
bafte Verdienſte (f. Schweden) Auf zweiten Relfe nach Deutfchland 
lernte er die fchöne Marie Eleonore, Tochter des Kurfürſten Johann Sigismund 
von Brandenburg yerfönlid, fennen und vermählte fidy im Rovember 1620 mit 
berfelben u. befahl, feine Bermählung durch die Feier eines Jubiläums zum Ans 


en an bie, vor hundert Jahren unter ſeinem Ahne erfolgte, Befreiung Schwe⸗ 
dens von wie undgeiſtlichem dee ve a — perhershen, .& 


—I 


















4142 Guſtav. 
ſehr wußte er die Religion in alle wichtigen Alte feiner Regierung gu verflechten. 
Seine Ehe darf eine lie genannt erden; je — ſeiner erſten 
Liebe, Ebba Brahe, hatte, nachdem die ſchoͤne Margareiha Cabeljau dem G. 
Adolph einen natürlichen Sohn (G. Guſt avsſon, ſpäter zum Grafen von 
Waſaborg erhoben) geboren hatte, dem Eroberer Rußlands, Jakob de la Gardie, 
ihre Do ereicht. Um die Zeit von G. Adolphs Vermaͤhlung war audy der letzte 
yolniihe Waſſenſtillſtand abgelaufen; G. Adolph erneute feine Auträge, die aber 
nicht angenommen wurden, u. eröffnete dann die Feindſeligkeiten ga das zus 
leid vom türkifchen Sultane hart bebrängte Boln — es begann im Juli 1621 
Liefländifhe Krieg (ſ. Gfrörer a. a. DO. ©. 121—164), in weldem 
den muthigen u. umfidhtigen Feldherrn das Glück ungemein begünfligte. Dänes 
mark u. Riga fielen in feine Hände; bald war das ganze Liefland u. ein Theil 
son Kurland erobert u. nun drang er 1626 in polnti Preußen vor u. nahm 
nun daſelbſt mehrere Städte weg, bis er forufagen in feinem Ruhmeslaufe durch 
10,000 Mann Deferreicher, weldye unter Arnim den Polen zu Hülfe gefenbet 
worden waren, aufgehalten wurde. Während er fo nad) Außen mitten im bie 
Kriegsfurie hinengeriflen wurde, verfolgte er fein Syſtem in der Berwaltung 
des Reiches unaufhoͤrlich und trug für die inneren Berhältniffe deſſelben die aufs 
richtige Sorgfalt. Unterbrüdung der geiftlichen Macht und aller Gtänbe war 
fein ſelbſtſüchtiges Streben; andererfeitö ordnete er das Erziehungsweſen, gründete 
Oymnaften u. Schulen u. forgte durch S einer amertlanifchen Handels⸗ 
Geſellſchaft für den commerciellen Verkehr f Reiches. Die, durch den Krieg 
nöthig gewordenen, neuen Steuerauflagen empoͤrten die Bauern, zu deren Be 
ruhigung jedoch die königliche Berficherung hinreichte, daß ver Kampf in Preußen 
zur Bertheidigung der lutheriſchen Religion geführt werde (Geijer a. 
a. D. Br. 3 ©. 49 ff., Sommer 1628). Damals reifte audh fein Plan, fid 
in den deutfchen Krieg zu miſchen. Sein Feldzug von 1629 war minder ich; 
ee wurde unweit von Marienburg von Bonieckvolski und Arnim geſchlagen und 
ſchloß dann am 6. September 1629 zu Altmark Waffenſtillſtand auf ſechs Jahre 
mit den Polen (f. ss weden). Indeß war in Deutſchland die Macht Kaiſers 
Ferdinand II. auf eine, das Gleichgewicht Frankreichs bedrohende, Höhe geſtiegen 
und dadurch namentlich das franzoͤſiſche Cabinet unter dem großen Richelien zur 
kraͤftigſten Reaktion aufgeforbert, Schon im Sabre 1625 Hatte &. Adolph zu 
Bunften Friedrichs V. einen feiner würbigen Plan entworfen (f. Ofrörer a. a. 
D. ©. 485) u. fo eröffnete er bald, nach mandyen Unterhandlungen mit England 
und Frankreich, die Feindfeligfeiten gegen den deutfchen Kaiſer, indem er es für 
überflüffig eradhtete, demfelben den Krieg zu erklären, da er durch Unterflügung 
der Polen von Seiten Oeſterreichs der angegriffene Theil fe. Dennoch erſchien 
in Schweden eine Schrift, in der die Gründe zur Einmifchung in den deutſchen 
Krieg weitläufig auseinandergefeht wurden, worin jedoch der Religion nur In 
foferne einer Erwähnun — * daß angegeben wurde, G. Adolph habe dem 
dringenden Hülferufen —* deutſchen Glaubens⸗ und Blutsverwandten Lange 
kein Gehor gegeben (im Uebrigen vergleiche unſern Artikel über den 3Ojährigen 
Krieg). Am 24. Juni 1630 landete G. Adolph auf der Inſel Uſedom und 
eröffnete bald von da aus feine glüdlidhen Groberungen in Deutſchland. Faſt 
allenthalben unterlagen die Eatferlichen Waffen feinem Feldherrntalente u. Krieger 
Blüde (fiehe, um Wiederholung zu vermeiden, preißigiähriger Krieg), a 
auch in Allem, namentlich in feinem Bertrage mit ‘Bommern, zeigte es ſich, daß 
er keineswegs um der Religion willen allein nad Deutfchland gelommen war. 
Und, je glüdlicher feine Waffentbaten waren, deſto mehr reiste en der Plan, 
deutſcher Kaiſer zu werden. Daß eine feiner hauptſaͤchlichſten Beftrebungen 
dahin ging, iſt außer allem Zweifel geſetzt; nicht nur in vertrauten en, 
fondern audy faſt öffentlich ſprach er von der Wichtigkeit dieſes fraglichen Ereig⸗ 
niffes (f. Sfrörer a. a. O. S. 391 ff.). Allein, mitten unter taufend Entwürfen 
zaffte den großen Mann, ben noch jungen Helden, am 16. November 1632 in 









" Guſtav. 4143 


bchlacht bei.Lüen der Ton weg, unfern bes ihm 1832 gefehten Denkmales. 
gar oft über die Geburt u. die gunmmbjabre großer Mine die fonderbars 
Bagen unter dem Bolke ſich erhalten, fo ift man auch geneigt, durch fagen- 
Entflellungen u. vergrößernde Ausſchmückungen den Tod derfelben zu ehren 
su fchänden. Dieß gehe auch bei ©. Adolph. Schon im December 
fam das Gerücht in Umlauf, G. Adolph ſei wider die Ratur geflorben, 
on einem Berbündeten, dem Herzoge Franz Albert von Sadfen- 
enburg niedergefchofien worben. Den Grund zu biefem Berbachte aber 
—* das Benehmen dieſes Fürften ſelbſt. Wis naͤmlich der König unter bie 
)e geratben war, floh Franz Albert vom Schlachtfelde nad) Weifienfeld hinter die 
viſche Linie, offenbar aus Feigheit. Bald darauf trat er in Eurfächfifche, 
darauf in Talferliche Dienfte, ficher, weil er nad) dem Tode G. Adolphs für 
Schickſal Schwedens das Schlimmfte befürdhtete. Seine Unſchuld an der 
aber erhellt insbeſondere daraus, daß er, in den Wallenfleiniichen Proz 
idelt, auf den Tod angellagt, ein ganzes Jahr eingefperrt u. dann erfl, na 
w Rüdtritte zur katholiſchen Kirche, in Eaiferlichen Dienft genommen wurde. 
e er nun durch ein Verbrechen dem kaiſerlichen Hofe den höchften Dienſt 
fen ſo date man In gewiß mindeſtens glimpflich behandelt oder ſich auf 
d eine eife feines Schweigens verfichert. Ebenſo fpricht auch der Befund 
dniglichen Leiche für die Unſchuld des Lauenburgers; dieſe hatte nämlich 
Bunden u. war nadt — alſo von plünderungsfüchtigen Feinden beraubt 
en, u, enbli hat Murr in feinen „Beiträgen zur Geſchichte des 30jährigen 
Mi ©. 121 ff., einen Brief Leubelfings, deſſen Jeythen gar nicht be- 
werben kann, veröffentlicht, worin die Töhtung des Könige durch Fein⸗ 
md mit allen Umſtaͤnden erzählt il. Huch unter den hoben Dfflzteren, die 
I mitgefochten, glaubte keiner an des Lauenburgers Unthat, und nur bie 
entiche Diplomatie hat das Gerücht zu diefem Zwede bemüpt, um den Kaiſer 
gewiſſe Reichöfürften recht verbaßt zu machen (ſ. Förſter in Wallenſteins 
fen 2, ©. 821 f. u. befonder6 ©. 354 ff.). Die Leiche des großen Schwe⸗ 
nigs feib wurde erſt am 21. Juni 1634 in der Ritterholmsfirche zu Stock⸗ 
: feierlich beigefeht. — ©. Adolphs Geſtalt verfündigte den Helden. Um 
Haupt größer, als alles andere Bolt, imponirte er denen, die Törperliche 
be bei einem Helden achten; feine Glieder flanden in dem fchönften Eben, 
>, nur wurde fein Körper in ven lebten Jahren zu fett, fo daß es ſchwer 
ein für ihn tauglicyes Streitpferd zu finden. Aus dem großen, jedoch etwas 
adyen Wuge funfelten Muth u. Hoheit gef feinem Gefidhte paarte fi) Eruſt 
Milde; die Rafe war nach Art der Adler gebogen, dad Haar blond, fa 
ich (weßwegen ihn die Italiener Goldloͤnig — re d’oro — nannten), bie 
t weiß, Ueber feinen als Feldherr urtheilte Napoleon: dieſer zählt ihn 
re bie an Gelbherrn der Weltgeſchichte. Indeß fol, nady dem Urtheile ges 
ter Öffistere, ©. Adolph zwar ein guter Taltiker, aber Kein Gtratege geweien 
‚ Unter der Maske religiöfen Eifers trug er einen ſchrankenloſen Er 3 
ein Räuber fiel er in Deutſchland ein. - „Bel laͤngerem Leben, ſagt —* 
, DO. 6, 122, würbe diefer Heid, der bei Luͤhen reinen Rufes ins Grab ge- 
en, eine blutige Rolle als Eroberer gefpielt u. eine gräuliche Soldatenherr⸗ 
ft binterlafien haben“, unter der dann vielleicht Deutſchland, wenn ed gut 
„Rußlands Schidfal getheilt hätte, Bergl. noch Range, „G. Adolph der 
ße“, ein biftorifches Bemälpe, Leipzig 1824, und Spatfeld, „G. Adolph“, 
41844. Ueber die nad) ihm benannte Gtiftung ſ. G⸗Adoplph⸗Stiftung. 
3. IU., König von Schweben, geboren 1746, war der ältefle Sohn Adolph 
drichs, wurde forgfältig erzogen und übernahm ven 12, Zebruar 1771 nad 
6 Baterd Tode die Regierung , feſt entſchloſſen, das Joch abzuwerfen , das 
* getragen hatte. Dieß gefchah mit eben fo viel Kühnhelt, ale stngheit, und 
: Vergießung eine® Tropfen Blutes, indem er 1772 buch Säle et Leibe 
x —— zwang, daß fie ihrer übermäßigen Gewalt entſagten und 





1144 Guftav. 


die weniger eingeſchraͤnkte Regierungsform, wie fie in dem blühendflen Zeitpunkte 
des ſchwediſchen Reiches gewefen war, wienerberftellten. Nach biefer Revolution 
regierte er mit vieler Kinficht, forgte in allen. Thellen für den Wohlſtand feines 
Reiches und die Finanzergiebigfeit deffelben, gewann durch feine Popularität die 
Liebe des Volkes und wußte durch feine ſtroͤmende Beredtſamkeit die Herzen zu 
befegen. ®. war überhaupt ein PBrinz von einem edlen, großen, aber etwas 
ſchwaͤrmeriſchen Geiſte, ein Krieger von einem, Feine Gefahr fcheuenden Muthe, 
eg tn feinen Planen u. thätig in der Wusführung,. aber in em Gtantes u. 
Privataufwande ohne gehörige Rüdfidht auf den Finanzzuftand feines Reichs, voll 
Eroberungsluf, Ehrſucht und Verlangen zu glünen, ſelbſt in Kleinigkeiten, und 
höchſt eiferfüchtig auf fein Königsanſehen. Seine gute Eigenſchaften verleiteten 
ihn, fo wie dieſe Fehler, zu winfürlichen, die Gonftitution verlegenden Handlungen, 
von denen die am meiften Widerwillen erregenden das Brannteweinmonopol 
1775, und die Bemädhtigung des Rechts, einen Offenſtokrieg zu [gbren ‚ waren. 
Es war eben fo gerecht, als ſtaatsklug, daß er den Bürger u. den Bauern in das 
volle Recht eines Staatöbürgere einfehte, ohne gleichwohl die Stände zu vers 
miſchen u. den Borzüg des Adels ganz wegnehmen. Mein er brachte dadurch 
den Adel noch mehr gegen fich auf, der nody kurz vorher herrfchte; nur bie übers 
legene Madht der unteren Stände hielt venfelben ab, Gewalt zu gebrauchen. Er 
ließ aber keine Gelegenheit vorbei, dem Könige Beweiſe dieſer Abneigung zu ge 
ben. Dieß. zeigte ſich heſonders auf den Reichötagen, die felbft dem Könige ſchon 
erworbene Rechte. wieder entzogen, beſonders 1786; ald er 1788 Rußland den 
Krieg anfündigte, fand ©. audy hier, felbft von Seiten feiner eigenen Soldaten, 
zahliofe Schwierigkeiten u. felbf der Heldenmuth, mit dem er zu Wafler und zu 
Lande gegen die Uebermacht Tämpfte, brachte ihn u. Schweden an den Rand des 
Berderbens, Er fah nun fein anderes Mittel, dem Untergange zu entrinnen, als 
den Frieven u. diefen fchloß er am 14. Auguſt 1790, Bald darauf faßte er den 
Entſchluß, den bebrängten König von Frankreich, Ludwig XVL, wieder auf feinem 
Throne zu befeftigen, begab fi veßhalb im Yrühlinge 1791 nad) Aachen, um 
den: Gang der Revolution näher zu beobachten u. entwarf einen Wonardyenbund 
gegen Frankreich, an deſſen Spibe er treten wollte. Rady feiner Rüdkunft berief er auf 
den 23. Jan. 1792 einen Reichstag zu Gefle zufammen. Er wählte diefe Stabt, 
da er fi auf die Eunft der Bürger zu Stodholm nicht mehr verlaffen Eonnte. 
Das Reid war drüdend verfhuldet und der Mangel an baarem Gelbe außeror⸗ 
dentlich groß. Die Stände mußten von neuem 84 Million Reichothaler Schulden 
übernehmen, wehrten aber den Berfuch ab, eine weitere Summe zu beivilligen, die 
der König zur Ausführung feines ſchwärmeriſchen ‘Planes, felbft genen die Kran- 
zofen zu Felde zu gießen, zu erhalten wünfchte. Einige unwürbige Mitglieder des 
Adels flifteten nach feiner Rüdlehr nah GStodholm eine Verſchwoͤrung gegen 
ein Leben an. Ankerſtröm (f. d.) verfehte ihm auf einem Mastenballe am 16. 
ärz 1792 eine töbtliche Wunde, u. am 29, deſſelben Monats hatte diefelbe fein 
Lebensende zur Folge. — Eine Sammlung feiner Schriften, mannigfaltigen 
—* erſchien mehre Jahre nach feinem Tode u. wurde auch ins tſche uͤber⸗ 
est. S. Poſſelt, Geſchichte ©. IIL (Straßb. 1793, 8.), Character and anec- 
dotes of ihe court of Sweden (2 Bde. , London 1790, 8., deutſch von A. ©. 
Lüder, Braunfdweig 1790). — 4 ©. IV., Adolph, König von Schweden 
1792— 1809, geboren 1778, folgte nady feines Baterd Ermordung unter Bormund» 
ſchaft des Herzogs Karl von Sudermanland, bis er 1796 die Regierung felbf 
übernahm. Obgleich mit einer PBrimgeffin von Medlenburg verfproden, war er 
ſchon in Petersburg 1796 nahe daran, fidy mit einer rufftichen Prinzeſſin zu vers 
mählen, ſchloß aber 1797 eine Ehe mit der badiſchen Brinzeffin Friederike. 
Seine Politik als nordifche Macht war mindeſtens fonderbar. Sein ‘Plan, bie 
deutfchen Fuͤrſten zu Karlsruhe 1803 zu beflimmen, die Bourbons Ratt des erſten 
Conſuls an die Spige Frankreichs zu flellen, fdheiterte. Ehrenvoll war "feine laute 
Mißbilligung des Mordes am Herzoge von Enghien; audy wollte er den preußiſchen 





Guſtav⸗ Adolphs⸗Stiftung. 1145 


(dwarzen Adlerorden nicht mehr tragen, da ihn ein Mörber, Rapoleon, em⸗ 
pfangen. Rapoleon’6 Friedensverträge, ſelbſt nach dem Frieden von Tilfit, wieß 
er mit unpoltiifyer Kurzfichtigkeit zurüd, Die Treue, womit er an England hing, 
‘ brachte ihn um den Befitz Finnland, ein Verluſt, den er umſonſt durdy die &ıo> 
: berung Norwegens zu erfeen fuchte. Zurüdgefchlagen, entfremdete er fi) Eng⸗ 
: Iand, das zum Frieden rierh, durch eine Embargo auf alle engliſche Schiffe. Da 
brady die Armee unter Aplerfparre vom weftlichen Echweben gegen Stedholm auf, 
das felbft in Aufſtand gerieth, als er zwei Milltonen Thaler der Bank zur Wer⸗ 
. bung von Truppen entnehmen wollte. Er warb abarfett und mußte 29. März 
1809 für fi und feine leiblichen Erben entfagen. Er begab fi) nady Deutſch⸗ 
land und dann nady Bafel, wo er ald Graf von Gottorp lebte. Im Jahre 
1810 war er in Petersburg, 1811 tn London, ließ fi von feiner Gemahlin 
ſcheiden u. am auf einer Reife nad) Jeruſalem bis nad) Morea. Zugleidy pro» 
teftirte er auf dem Wiener Eongreß 1814 für fidh u. feinen Sohn. Später nannte er 
fih Oberſt Guſtavſon, ward Bürger in Bafel, Icbte 1827 —29 in Leipzig und 
ftarb 1837 zu St. Bullen. Er verfaßte: »Me&morial da Colonel Gustavson« (%p3. 
1829) , »Nouvelle consideration sur la liberie illimit6e de la presse« (Hadyen 
4839) u. »La journse da 13. Marss (Gt. Gallen 1835). Er felbfi nahm nie 
Etwas von der ſchwediſchen Penflon oder fonft Jemand an u, behielt feine myſteri⸗ 
öfe Tendenz bis zu feinem Tode bei. Sein Sohn Guſtav führt den Titel eines 
ringen von Waſa (f. d.); von feinen drei Töchtern iſt die ältefte ſeit 1819 
mit dem jetzt regierenden Großherzog Leopold von Baden vermählt. 
Guſtav⸗Adolphs⸗Stiftung iſt der, jeben Deutfchen an feines Baterlandes 
tieffle Schmady mahnende, Rame eines über das ganze proteftantifche Deutſch⸗ 
land verzweigten Vereines, der feine Gründung dem Borfchlage des Dr. Groß» 
mann, Guperintendenten in Leipzig verdankt: „die Ueberſchüſſe von den Geldbei⸗ 
trägen zu dem, dem Schwedenkoͤnige Guſtav Adolph (f. d.) am 6. November 
1832 bei Lüten errichteten, Denkmale durdy jährliche weitere Sammlungen zu 
vermehren u. die Interefien des fo zu bildenden Gapital& zur Unterflügung armer 
proteftantifcher Gemeinden zu verwenden.” Bis hierher wäre bie, an ſich fchr los 
benöwerthe, Unternehmung ohne alles weitere Intereſſe für die Katholiken u. les 
diglich in die Reihe der wohlthätigen Einrichtungen zu verweifen, die unfere Zeit, 
u. vor allem bie Fatholifche Kirche in fo großer Zahl aufzuweilen hat. Aber der 
al&baldige Berlauf der Sache zeigte nur allzubeutlich, daß neben dieſem nächſt⸗ 
liegenden — am Ende vielleicht bloß vorgeichobenen — Zwecke ein höherer 
es war, weldyer der ©. fo fchnellen u. fo allgemeinen Anklang unter den Prote⸗ 
ftanten verfchaffte, nämlidy der: auf dem fünftlidhen Wege der Affociation wieder 
zu erreichen, was man beim großen Wbfalle von der Kirche fo leichtſinnig dahin- 
gegeben: die Einheit und Eintracht unter den Abgefallenen. Mit Schmer⸗ 
zen hatten weiter blickende Proteftanten ſchon längft die ins Unendliche gehenven 
Spaltungen im Heerlager der Ihrigen wahrgenommen u. die Nothwendigkeit ir⸗ 
gend einer namhaften gemeinfamen Domonftratton erfannt, wenn anderd man 
nicht Gefahr laufen wolle, den mit raſchen Schritten feiner Selbftauflöfung zu⸗ 
eilenden Proteſtantismus fchon. auf des Weges Mitte in die felbfigegrabene 
Grube finten zu fehen. Weil aber ihre Klugheit eitles Menfchenwart und nicht 
von Gott ift, fo nahmen fie audy nicht zu dem einzig wahren Heilmittel, Der 
„Wieverannährung an die Kirche, von der man ſich getrennt,“ ihre Zuflucht, ſon⸗ 
dern es dünkte ihnen irgend ein gefchichtlidh berühmter Name hinreichend als 
Mittelpunkt ihrer Bereinigung. Sie wählten hiezu den allerunglüdlichfien, der fidy 
finden ließ, den de Schwedenkönige Guſtav Adolph, defielben, der des deutſchen 
Kaiſers Macht gebrochen und, nachdem er von dem Reiche einen Feen für ſich 
ſelbſt abgeriſſen, das Mebrige der Berwüflung u. Zerfpaltung in unendlich viele 
Theildyen überantwortet hat. Aber derſelbe Gott, der vor Jahrtauſenden ſchon den 
- Mittelpunkt irdiſchen Hochmuthes, den Thurm zu Babel, nicht ausbauen [k& u. 
ber Bauleute Sprache verwirtte, das Gtner hatt | ver Are tlün an. 
Reslencpclopäbte. IV. | W 


4146 BGButenberg — Gute Werke. 


dieſer ſelbe ließ auch zu, daß ſchon in eine der erſten Generalverſammlungen des 
Vereines der Apfel der Zwietracht in der Perſon des lichtfreundlichen Predigers 
Rupp geworfen wurde, auf daß ſie fähen, daß ihr Rath nicht von Gott, ſondern 
von Menſchen wäre, Und fo ſehen wir denn, während das Gotteshaus zu Köln 
am Rheine, diefes großartige Symbol katholifcher Einheit, wie ein Baum in vers 
borgenem Zeitraume (occulto velat arbor aevo) fet u. ohne Geräuf zur Ehre 
Borted gen Himmel emporwächet, die Schaar der Mbgefallenen um ein Schi⸗ 
bolet fid) fammeln, von dem ihnen fein Heil erwaͤchot, nod) erwachfen Tann; 
das vielmehr nur aufs Neue ihre Unmadt bloßſtelli, — von dem man faum 
begriffe, wie Männer von Verſtand u. Baterlandsliebe ed zu ihrem Aushaͤnge⸗ 
ſchilde machen fonnten, wenn man nidyt wüßte, daß ja audy, ald Israels großer 
©efepgeber auf dem Berge abweiend war, das ſich verlafien glaubende Wolf ein 
goldenes Kalb, feiner u. feiner Väter Erbfeinde Abgott, angebetet hatz daß ja aud) 
der Schiffbruchige ſelbſt das ſchwächſte Brett zu erhaſchen fucht, Das ihn nicht 
nur nicht retten, fondern nur den Kampf mit den Wellen erſchweten u. ven Un⸗ 
tergang befördern kann. Darum hat auch der edelſte u. ächtefte Deuiſche unjerer 
Tage, König Ludwig I. von Bayern, der keine Scholle von dem Bejammtvaters 
lande abreißen läßt, dieſes unnationalen Vereines Geſchaͤftigkeit von feinen Staa⸗ 
ten ferne gehalten und, unbefümmert um das Gefchrei der Thoren, die Bollöchre 
- wentgftend Seiner proteftantifchen Unterthanen gewahrt, während andere deutſche 
Bürften durch Zulaffung u. ſeibſt theilweife warme Unterflügung der G⸗A⸗St. 
das Andenken an Deutſchlands Schmach aufs Reue wieder aufgefriicht daben, RL, 
Gutenberg (Johannes), der E:finver der Kunft , bewegliche Buchſtaben 
—S und dadurch Werke des Geiſtes zu vervielfältigen, ſomit der rs 
nder der eigentlichen Buchdruckerkunſt (f. d.), hieß eigentiich Johann von 
Sorgenlod, genannt Gensfleiſch zum &. und war zu Mainz zwiſchen 
1395—1400 aus einem patrizifchen Geſchlechte geboren. Seine früheren Lebens⸗ 
verhältniffe find unbekannt; doch iſt nicht unwahrſcheinlich, daß er ſich ſchon 
frühe mit Mechanik befchäftigte. Da die Abſchriften der Bücher damals in außer⸗ 
prdentlih hohem Preiſe flanden , fo geriet) ©. auf den Einfall, ob man nıcht 
die Buchſtaben In Holz ſchneiden, und fie dergeſtalt, mit ſchwarzer Farbe bes 
frichen, auf das Papier druden fönnte. Er führte diefen Gedanken aus u, ward 
dadurch der Eıfinder einer Kunft, der alle folgenden Generationen fo unendlich 
viel Gutes zu verdanken haben. Um 1424 hatte er fidy nady Straßburg gewendet 
und jcheint ſich, wie fchon früher in Mainz, mit mechaniſchen Arbeiten beihäftigt 
zu haben. Im Jahre 1436 ſchloß er einen Kontrakt mit Andreas Dryzehn u. M. 
ab, nach welchem er diefe in feinen geheimen Künften (wahrſcheinlich die erften 
Anfänge der Buchdruckerkunſt) unterrichten u. den Ruben mit ihnen theilen wolite, 
was thn nach, Diyzehn's bald erfolgtem Zode, in einen ungünftigen Prozeß mit 
befien Bruder Georg verwidelte. Wahrſcheinlich drudte G. ſchon im Jahre 
1438 mit beweglichen Typen aus Holz. Die fernere Wusbildung der Kunft, feine 
NRüdfehr nad Mainz u. die Berbindung mit Fuſt f. unter Buchdruderkunſt. 
Nah der Trennung von Ichterem errichtete er in Mainz wieder eine eigene 
Druckerei, weiche bis 1465 beftand. G. ward in den Adelſtand erhoben u. ftarb 
den 24. Februar 1468. Sein bronzenes Standbild nach Thorwaldfen wurde 
1837 auf dem Gutenbergeplatze in Mainz (audy zu Straßburg) errichitet. Eine 
Beinerne Statue ſteht ſchon feit längerer Zett im G.⸗Hofe In erfterer Stadt. Bgl. 
. A. Schulz, ©. oder Geſchichte der Buchdruderfunft (Lpz. 1840). 
Gutenftein, Marliflecken im romantiſchen !Bieftingthale, öferreichifchen Kreiſes 
unter dem. Wirnerwalde, und Hauptort einer Grafſchaft, im Beſihe der Grafen 
Hoyos, hat 500 Einwohner, lebhaften Holz- und Kohlenhandel, Burgruine, neucs 
Sqloß mit ſchönem Paike. In der Umgebung der Engvag Steinapiefing, ein 
Waflafall des. kalten Ganges u. das, auf einem Berge thronende, Servitcnflofer 
Mariahilf mit fehr beſuchter Wallfahrtskirche. Eufiylbiges Echo. mD. 
Gute Werte find nad) der Lehre der katholiſchen Kirsche nicht jene Außer 


Gute Werke. 1147 


liche Bollbringungen und Uebungen, an weldyen der Geiſt feinen Anthe nimuit 
und weldye nidyt aus dem Boden des Glaubınd, ver Liebe und der Gnade her⸗ 
vorgewachſen und auf Bott hingerichtet find, fondern als g. W. im chrifl- 
lichen und kirchlichen Sinne gelten ihr nur biej.nigen, welche, außer ihrer mas 
teriellen Befchaffenheit, wonach fie an u. für fi gut u. erlaubt find, aud in 
formeller und fubjeftiver Beziehung die gehörige Qualifikation haben, fo daß fie 
alfo aus dem göttlichen Prinzip und Motiv gewirkt find, den Willen Gottes zur 
Regel, feine Ehre zum Ziele haben: die g.n W. find ver drei theologiſchen 
Tugenden conerete Formationen u. Erfchelnungen, dad Hervortreten des inneren 
Glaubens⸗, Hoffnunge» u. Liebes⸗Habitus in einzelnen inneren (actus eliciti) ober 
: QAußeren (actus imperati) Thaten und Bildungen, find viels und manntgfaltige 
Ausoſprache, Artifulation des Einen großen u. permanenten Inneren Gottes werkes 
in unferer inneren u. in der äußeren Welt. — Es iſt alfo vor Allem feflzuhals 
ten, daß die katholiſche Kirdye nur den, in der wirklichen Lebendgemeinichaft mit 
Chriſto vollgogenen, Werken das Präpifat „gut“ erthetit, und von einer Geſetzes⸗ 
Erfüllung nur in fo fern ſpricht, als die Kraft dazu in der Berbindung mit 
Chriſtus gegeben if. — Dielen, fo definiten, g.n W.n fommt ver Charakter 
der „Verdienſtlichkeit“ zu, d. b., e8 kann durch die g.n W. von den Gläu⸗ 
bigen der Himmel „verdient“ werden, ober die Bläubigen können und follen des 
Himmeld durch Ghriftus würdig werden. Da vie Eatholifche Kirche die Innere 
Freiheit des Menfchen u. eine, den Achten Ghriften wahrhaft eigene, ihrem tiefen 
Seyn eingewurzelte, Gerechtigkeit in Chriſto vertheidiget, fo kann fie nicht umhin, 

eine, aus derfelben fidy entwidelnde, Seligkeit zu lehren, oder zu befennen: durch 
die gn W. verdiene man den Himmel. Well himmlifcher Same in dın Ges 
rechten auögeftreut if, trägt er audy Früchte für den Himmel. — Um eine flare 

Anfhauung über die katholiſche Lehre von der Berpienftlichfeit der a.n W. 
zu geben, eradhten wir folgende Brmerkungen für norhwendig. Der Begriff Ver⸗ 

dienft gründet ſich auf den Begriff von Werechtigkeit im helleniſchen und römt- 
fhen Sinne des Wortes; abfolute Gerechtigkeit findet aber, flrenge genommen, 

nur zwiſchen abfolut Gleichen ſtatt; fo viel von feinem Eigenen wieder geben, als 
man empfangen, hat oder empfangen wird, heißt: nad) Berbienft geben und: ges 
recht handeln, was ſchlechthin Gleichheit beider Parteien voraueſetzt. In dieſem 
Sinne kann von Verdienſt vor Gott keine Rede feyn, da wir Bott von Unferem, 
d. 5. nidht von Ihm Empfangenen, müßten anbieten können, worauf Er gerade 
eben fovtel von dem Gelnigen und entgegen gäbe. Daher iſt nur ein bebingtes 
Verdienſt und eine bedingte Gerechtigkeit gemeint, wenn in der heiligen Schrift 
fo oft von einem Lohne gefprodyen wird, welchen die Guten jenfelts erhalten, 
oder wenn es heißt, es finde eine Vergeltung nady den Werfen flatt. Da jedody 
dem Wiedergeborenen und Gerechten wahrhaft Göttliche und Uebernatuͤrliches 

inne wohnt, und die Büte des Herrn gegen die Menfchen fo groß if, daß Er 
feine Baben als ihre Verdienſte betrachtet, fo findet zwiſchen den Gläubigen und 
dem immer eine Gleichartigkeit und ein inneres Verhaͤltniß flatt, fo find die 
on W. Hinwieberum eigentlich verdienflid für den Himmel. Nachdem fo 

der katholiſche Begriff von den g.n W.n und Ihrer Berdienftlichfeit gegeben 

if, kann die weitere katholiſche Lehre über die g.n W. kurz alfo bezeidynet werden: 
4) die g. W. find möglich, weil ver Menſch frei iR u. durch das heilige Werk 

der Rechtfertigung innerli und wahrhaft entfündiget und gebeiliget wird; — 
2) die g.n W. find zur Erlangung der ewigen Glückſeligkeit noihwendig, u. zwar 
notbwendig nicht: bloß in dem Sinne, daß diefelben, ald Zeichen der Wirklichkeit 

und Folgen der Wirkfamfeit des Glaubens u. der Redhtfertigung im Menfchen, 

von benfelben nidyt getrennt werden fünnen, fondern audy in dem Sinne, daß fie 

eine Bedingung der vollen Eriftenz, der Erhaltung u. Mehrung der Gerechtigkeit 
in uns find. — Die Behauptung, daß die gm Werke nicht noihwendig feten, 

untergräbt alle Tugend und Moralität, u. iſt fo dem Chriſtenthume abfolut zus 

wider, 3) Die inneren Alte (actus eliciti) find fo werrhvoll, a4, bi äußeren 


4148 Gute Werke. 


(actus imperati), wenn beiden die gehelligte Geſtnnung nicht fehlt, u. erflere ſich 
nur deßhalb nicht im Werke offenbaren, weil fie der äußeren Beranlaffung oder 
audy der materiellen Mittel eimangeln. — Ganz anders und dem katholiſchen 
Dogma conträr, wie contrabiktorifch entgegengefeht, lautet die Lehre der Proteftans 
ten von den g.n W.n. Zwar bedienen fidy die Augsburgiſche Eonfeffion und die 
Apologte mehrmal des Ausdrukes, die a.n W. felen nothwendig und die Con⸗ 
cordienformel beruft fidy hierauf, Solid. Declar. IV. $. 10. Allein dieß ſteht ent- 
weder ım licbenswürdigften Widerſpruche mit dem proteſtantiſchen Syſteme, ober 
e6 iR nur die Rothwendigkeit der g.n W. „um des weltlichen Friedens willen“ 
zu veıfichen, wie fich Luther ausdrüdte, wenn ſich ibm die Frage aufdrang, 
warum das Sittengefeß gegeben. fei, deſſen Aufredhihaltung er dem Gtaate an, 
bheimgeftelt wiffen will ‘und defien Beobachtung nady ihm dem Menſchen eigent- 


Uch unmöglich if. — Vielleicht find die an W. im orthodexen Lutherthume auch 


in fo weit nothwendig, als man durch fie audy irdiſchen Gewinn u. eine größere 
Belohnung im Himmel erhält, fo daß alfo der Glaube allein, ohne die Werke, den 
Himmel abfolut verdiente, die Werke aber nody Etwas dazu, wie denn wuklich 
die Goncordienformel den Werken geiflliche Boribeile, irdiſche Prämien und eine 
Dekoration im Himmel zufidert. — Die eigentliche proteflantifdye Lehre von ben 

n W.n läßt fi aber kurz fo zufammenfaflen: Da der Menfdy durch die Erb» 
fin der inneren Freiheit verlufig gegangen iſt, da „der Menfdy die Sünde 
elbſt iR;* da ferner auch der Gerechifertigte noch an ſich Sünder iſt, fo find 
die fogenannten ¶n W. unmöglicdh, ja, in fidy ſelbſt betrachtet fogar — Tobfün- 
den. Als Georg Major zu Wittenberg, wie Biktorin Strigel zu Jena [yner- 
giſtiſche Lehren behaupteten, d. 5. die Bechauptung aufflellten, daß vie en 
Werke zur Seligkeit nothwendii felen und daß der freie Wille des Menſchen bei 
feiner Belehrung nicht ganz müjflg ſei, fondern mitwirfe, erhob fidy die ſtreng 
lutherifche Partei u. Rellte Rifolaus von Amsdorf gegen Georg Major die The 
fi auf: „Die Propofition: g. W. find zur Seligkeit ſchädlich, tft eine wahre, 
echte, chriſtliche Propofition, durch den heiligen Paulum u. Lutherum gepredigt. 
Bictorin Sttigel mußte die Behauptung der Lehre von der mitwirkenden Thaͤtig⸗ 
keit des Menſchen mit Zjährigem Befängniffe büßen. — Was die Reformatoren 
(aud) Calvin beflätigte, jedoch in gemefleneren Ausprüden, was Luther und Me 
lanchthon über die guten Werke vorgebradht hatten) befonders in ihren Berir- 
rungen beftäıfte, war die, freilich fchon aus ihrem dogmatiſchen Syſtem hervor⸗ 
gegangene, Erklärung mehrer pauliniicdyen Stellen, 3. B. Röm. 6, 28., wo gefagt 
wud, daß der Menſch nicht durch die Werke des Geſetzs, fondern durdy den 
Glauben geredhtfertiger werde, eine Stelle, bet deren Berfaflung der Apoſtel den 
zwifchen den Katholifen und Proteflanten befthenden Gegenſaß wohl nidyt eins 


mal abnete. Der Apoftel befämpft die Juden feiner Zeit, weldye de ben 


ewigen Beftand des mofaifchen Geſetzes vertheinigten u. behaupteten, daß 
ned Erlöfers von der Sünde unbevürftig, allein durdy jenes Gefeh geredht und 
goitgefälltg würden. Diefem Wahne gegenüber ſtellt Baulus den Sat auf, nicht 
durdy die Werke des Geſttzes, d. h. nicht durch ein, lediglich nad) den von Mo⸗ 
& gegebenen Borfchriften eingerichtet:8, Leben vermöge ſich der Menſch Gottes 
obigefallen zu erwerben, fondern nur durch den Glauben an Chriſtus, der und 
von Bott zur Wetsheit, Heiligung, Gerechtigkeit und Erlöfung gegeben iR. Un: 
glaube an den Gılöfer u. Bertrauen auf die, durdy die —* allein vollzo⸗ 
gene, Geſttzeserfüllung einerſeits u. Glaube an den Erlöfer und die von Gott zu 
ſchenkende Gerechtigkeit anderfelts, Röm. 1, 17. 10, 3., Philip. 3, 9. bilden bier 
Die Gegenſaͤtze; kaneswegs der Glaube an den Erlöfer und die. aus feiner Kraft 
bervorggangenen, guten Werke. Die Werke des Geſetes, Epya roü vonou, 
unterfcheidet Baulus genau und überall von den guten Werfen, ipya ayaya, 
xala, fowie fie denn auch innerlich und wefentlidy von einander unterſchieden 
weiden müflen, da jeme ohne den Glauben an Chriſtus und ohne feine Gnade, 
diefe in des Gnade und im Geile Chriſti verrichtet werden. Daher fagt au 


Gutſchmidt — Gutzkow. 1149 


Paulus niemals, daß der Menſch nicht durch gute Werke, fondern Sur ben 
Glauben an Chriſtus fellg werde. Diefe wunderbare Entgegenfegung iſt lediglich 
eine Eıfindung des 16. Jahrhunderts; vielmehr iſt die Lehre, daß den guten 
Werten die Seligkeit zu Theil werde, geradezu von ihm ausgeſprochen 
Röm. 2, 7. 10. zA. 

Gutſchmidt (Chriſtian Botthelf, Freiherr von), ein verbienfivoller 

fächfifcher Staatsmann, geboren 1721 zu Köhren in der Nieverlaufig, Aubirte gu 
“Halle Theologie und erfi nady Vollendung dieſes Faches die Rechte. Seit 1750 
praftichrte er tn Leipzig und erhielt daſelbſt 1756 Die ordentliche Profeffur des 
Lehnrechtes, welche er auch beibehielt, als er 4758 als Hof» und Juſtizrath und 
als geheimer Referendar nach Dredven berufen ward. Seine ausgezeichneten Fä⸗ 
tgfelten zu Staatsgeſchäften waren Die Urſache, Daß er bei den wichtigften Bers 
: bandlungen zu Rathe peaogen wurde, Unter andern führte er 1763 bei Abfaffung 
* des Hubertusburger Friedenoſchluſſes Die Feder, ward dann Lehrer des nadymaligen 
Könige Friedrich Auguſt von Sachſen, 1766 Bicefanzler bei der Landesregierung 
"und 1770 Gonferenzminifier u. wirkiicher geheimer Rath mit Gig u. Stimme im 
: geheimen Gonfllium. Bald hierauf übertrug man ihm das Directorium bei der 
: Oberrechnungsveputation, welches er aber 1789 nieberlegte;s 1790 ward er zum 
: geheimen Gabinetöminifter u. Staatöfefretär der inneren Angelegenheiten ernannt 
und farb den 30. December 1798. Mit raftlofer Thätigtelt, unbeſtechlicher Treue, 
unelgennügigem Eifer u, allgemein anerkannter Gtaatöflugheit verwaltete &. alle 
feine wichtigen Wemier und übte in einem Zeitraume von fa 40 Jahren den 
wohlhätigftien Einfluß auf die öffentlichen, einheimifchen u. auswärtigen Angeles 
genheiten, fowie überhaupt auf die weiſe und milde Regierung Kurſachſens. Auch 
ald Gtaatöfchriftfteller zeichnete er ſich vortheilhaft aus, und in jedem menfchlis 
chen Verhaͤltniſſe war er edel und bieder. 

Guts⸗Muths (Johann Chriſtian Friedrich), ausgezeichneter Paͤda⸗ 
gog, geb. 1759 zu Quedlinburg, ſeit 1785 Lehrer in Schnepfenthal, + 1839. Ihm 
verdankt Deutichland die Bervolllommnung der Leibesübungen, die er bis in fin 

oͤchſtes Alter leitete u. die Erhebung derfelben zur Gymnaftif (Gymnaſtik für die 
ugend , 1793, 2. Aufl. 18045 Spiele zur Uebung des Körpers und Geiſted, 
3. Wufl, 18025 Lehrbudy der Schwimmkunſt, 2. Aufl. 1833; mechaniſche Nebens 
befhäfttgungen für SZünglinge u. Männer, 2. Aufl. 18165 Turnbuch 1817). Die 
befiere Schaltung des Unterrichte6 in der Geographie durch Lehrbücher und bils 
dende Methoden (deutſches Land, 1820, Abriß der Erdbeſchreibung, 3. Auflage 
1839, Methodik der Geographie, 1835) und eine allgemeine Anregung des Lehrs 
RRandes durch die —* der Paͤdagogik (1800 - 20). 

Gutzkow, Karl, ein bekannter deutſcher Literat aus der Claſſe derer, die 
Sebaſtian Brunner eben fo treffend, als originell, mit dem Ramen „Nebeljungen“ 
bezeichnet, geboren zu Berlin 1811, fudirte Anfangs die Theologie auf der 
Untverfität fi Baterfiadt. Da ihm aber zur Befriedigung feines Naturbrans 
— alles Heilige, Edle u. Erhabene in den Sumpf feiner eigenen fittlichen Ver⸗ 

ommenhbeit binabzuziehen, jeder andere Drt und Weg paſſender fchien, als eine 
chriſtliche Kanzel, betrat er ſchon 1830 ausſchließlich die ſchriftſtelleriſche aufs 
bahn ald Tagedliterat und Romanfchreiber., Wolfgang Wenzel cf. d.), der 
in G.s erſten Schriften ein nicht gewöhnliches aufkeimendes Talent zu erkennen 
glaubte, z0g ihn 1831 zur Mitarbeiterfchaft an dem Literaturblatte nady Stutts 
gart, ward aber nur zu bald von ©. felbft, deſſen gleich wühlerifches Treiben 
auf dem reltgiöfen und fittlichen, wie auf dem politifchen Gebiete jeden Ehren⸗ 
mann —I empdren mußte, belehrt, wie ſehr er fich in feinem Schüglinge 
etäufcht habe. Denn, neben unvergohrenen Staatoideen, bei denen nie eine öffent, 
Fiche Ordnung befichen kann, und bie ber junge Menſch mit derfelben Selbſtge⸗ 
fälligkeit und Wofprechungsfudht, wie jene ganze Schule, welcher er angehört (das 
junge Deutfchland), unter Die Maſſen warf, hat ©. durch fein Schandbuch „Wally“ 
(Mannh. 1835), worin fittliche Berworfenheit mit Geiſtesarmuth um den Preis 


vr 


10 Gutzwiller. 


tampft, zugleich auch die deutſche Bordellliteratur bereichert und Menzels nach⸗ 
heriges, allerdings ſchatfes Urthell Über ihn und fein Treiben mebr als gerecht⸗ 
fü t. Bon Stuttgart wandte ſich ©. nad Mündyen und Selbeiberg, um die 
cite zu flubiren, und von da nach Frankfurt, wo er ſeit 1835 das Literaturs 
blatt zum Phöniz redigirte. In diefe Periode fält der Gulminationeyunft des 
deftrufitven Treibene © 6, bie Abfafſung der ſchon oben erwähnten „Way“ und 
der berüchtigten „Worteve zu Schleiermachers Briefen über F. Schlegels Lucinde“ 
(Hamb. 1835). Mein, wie fine Sache fo ſchlecht iR, daß fie nicht einen Wer 
theipiger fände, fo trat auch der alte Paulus in Heidelberg (derfelbe, der für 
Ronge und Gonforten ſprach) für ©. in die Schranken und man entblöbete ſich 
nicht, das dreimonatliche Grfängniß, wozu G. wegen feiner frivolen Särdberein 
4836 vom großherzoglidh dabiſchen Hofgerichte in Mannheim verurtheilt wurde, 
den „Denunchattonen“ Menzels zugufchreiden. Während feiner Gefangenſchafi 
ſchrieb er „zur Philoſophie der Geſchichte“ (Hamb. 1836). — feinen Freliaf⸗ 
mg ging er wieder nach Frankfurt und begründete dort die Zeitihrift „der Te⸗ 
Tegrapb,* mit welcher er fpäter hach Hamburg überfiebelte, wo feinen Tendenzen 
eine günfigere Luft zu wehen ſchien, als in der Nähe der Bundeöverfammlung; 
ex ift N doch in neuefler Zeit wieder nad) rankfurt zurüdgefchrt, wo er — der Bers 
Höhner der chriſtlichen Ehe — nunmehr felbft verheirathet IR. Als Schrififieler 
für die Bühne, welchem Fache er ſich jeht faſt auefchlieglid, widmet, ſcheint ©. 
mehr Btüd zu machen; wenigſt · ns wurden die meißten feiner dramatiſchen Erzeug ⸗ 
niffe auf faft allen Bühnen beifällig aufgenommen, — Gchriften, außer den. ſchon 
genannten: Forum der Joumnalliteratur, 3 Bpe, Berl, 1831; Briefe eines Nar⸗ 
en an eine Rärtin, Hamb. 1832; Maba Guru, Geſchlchte eines Gottes, Gtuttg. 
1833, 2 Thle., Nero, Stuttg. 1835; öffentliche Charaktere, Hamb. 1835; ©: 
seen, Sranff. 18355 Beiträge zur Geſchichte der meueſten Literatur. 2. Wufl., Gtuttg. 
4839, 2 Thle.; Böthe im Wendenunfte zweier Jahrhunderte, Berl. 1836: Blafes 
dom und feine Söhne, 3 Thle., en 1838; Götter, Helden, Don Quirotte, 
amd. 1838; Skizzenbuch, Kaffel 1839; Börne'8 Leben, Hamb. 1840; Wus der 
‚it und dem Lıben, Lpz. 1844 u. a. — Bon feinen dramatifchen Werken find 
Richard Savage, Batkul, Zopf u. Echwert, das weiße Blatt die gelungenften. 2. 
Gugwiller, Stephan, ſchweizeriſcher Staatsmann, geboren 18. Rov. 1802 
zur Therwyl im Ganton Bajel, der Sohn wohlhabender Landleute, erhielt feine 
Vorbildung am Lyceum zu Solothurn, ſtudtrte auf den Univerfltäten Würzburg 
und Heidelberg die Rechte und warb 1827 Bertrkörichter und Großrath u. 1828 
Erminalridyter in Baſel. Zur Zeit der Verfaffungsänderungen der Schmelz 
(1830) erhob auch er fi für eine neue Berfaflung bes Cantons Bafel. Da 
diefelde aber feinen Wünfcyen nicht entſprach und er und feine Qleichgefinnten 
‚der Stadt Bafel kein Vorrecht vor der Landfchaft einräumen wollten, obſchon jene 
audy die meiflen Staatslaſten zu tragen hatte, trat er mit andern Risvergnügten 
in Gchrift und Wort der verfafiungdmäßigen Regierung gegenüber und felte ſich 
an die Epige eines Aufftınd,Eomite’6. Er mußte fi) nun 1831 aus dem Gan- 
tone flüchten, Tehrte aber Im nämlidhen Jahre zuäd unb ward, unterlügt von 
der radikalen Partei anderer Gantone, der Haupturheber jenes unheilvoll n Bru- 
ches zwilchen der Stadt und Landſchaft, der, mit Bürgerkrieg beginnend, fpäter 
von der eidgenöfflihen Tagfapung fanktiontrt wurde und fegt noch in der Tren⸗ 
nung in zwei Halbfantone zum fttlichen und öfonomifchen Nachtheile der Lands 
ſchaſt fortbefteht. ©. ward ‘Präfivent der proviſoriſchen Regierung und des Bers 
Taffungsrathes vom Baſellandfchaft, auch fpäter Regierungsrath; 1833_aber trat 
er freiwillig aus dem Regierungsrathe, und feit 1834 Präfivent des Erziehungs⸗ 
zuthee und Begirföfcpreider in Lieſtali, legte er 1837 auch diefe Gtellen nieder. 
Seither hat er fich, unzufrieden mit der hertſchenden Politik des radikalen Mufler- 
tantons, theils auch aus andern perfönlichen Bründen, vom politiſchen Schau⸗ 
platze fah ganz yurädanseer, und iſt an der Galine Schweizerhall beicyäftigt, an 
ber er Bitanthelihaber iſt. Rur im Lanbrathe, in welchem er noch immer bebeu- 


Guyhon — Gyllenborg. | 1151 


 tenden Einfluß hat, tritt er oft mit ſarkaſtiſchen Angriffen auf die Regierungs⸗ 
: Yartel und ihre Borfchläge auf. G. iſt unfireitig der intellektuellſte Kopf unter 
: Den radikalen Lenfern der Baſellandſchaft. Bekannt if feine Schrift: „Baſels 
Berfafiungsänderungen in den Jahren 1798, 1803 u. 1814, ie Berhättniß unter 
‚fi und zum Jahre 1830* (Züri 1830). L 

dv 


1) 


Buyon, Jeanne Marte Bouvieres de la Mothe, eine Quietiſtin (ſ. 
. Art. Duietismus), geboren zu Montargts 1648, neigte fi) von Jugend auf 
zum Myſtizismus, heiratbete unglücklich, ward in ihrem 25. Jahre Wittwe und 
‚ reiste nun hin und ber, um ihre reine und unelgennügige Liebe zu Gott anzu⸗ 
= preifen. Da fie auch in Schriften ihre Anfidyten ausbreitete, Fam fie in Unter 
- ſuchung u. brachte mehre Jahre im Gefängniß zu, bis fie 1700 wieder frei wurde. 
; Get ver Zelt Iebte fie rubig, bis an ihren Tod 1717. Lebhafte Einbilnungskraft, 
„. heftige Begierden und beſonders ein unbegränzter Ehrgeiz, am Kirchenbimmel au 
glänzen, waren die Hauptzüge ihres Charaktere. Selb der Erzbifchof Fenelon 
hatte fih für fle verwendet (konnte jedoch ihre Gefangennehmung nidyt hindern) 
und gerieth deßhalb in einen langen Streit mit Boſſuet (f. d.). Ihre Schrif- 
ten enthalten viel Phantaſtiſches; dahin aehört: la S. Bible avec des explications 
et reflexions qui regardent la vie interieure. 20 Bände, Köln 1713, 1715. 8. 
Geiſtreiche Beſchaͤftigung des Herzens mit Gott, aus dem Franz. überfeht von 
G. Teerſtegen, 3 Thle., Frankf. 1786 u. a. 

SuytonsMorveon, f. Morveau. 

Guzurate oder Gudſcherat, font Geztrah. 1) Eine Provinz u. Halbs 
infel im nordweſtlichen Theile Vorderindiens, zwiſchen 21° und 24° nörblidher 
Breite, fowte den beiden Meerbufen von Kutſch und Bambat, gränzt im Rorden 
an Adſchmir und Malwa, im Wellen an Kutſch, im Often an Malwa, hat eine 
Groͤße von 1800 [J Meilen und etwa 6 Millionen Einwohner, wovon 5 Hins 
dus, die übrigen mar Muhamedaner find. Jene beſtehen hauptſächlich aus Graſſtas, 
einem Radſchputenſtamme, welche über viele Drte eine Art Feudalgewalt ausüben, 
und aderbauenden Kuabid aus der Kafle der Sudras, weldye in der größten Uns 
terdrüdung leben. Auß rdem findet man auch wenige Parſen. G. wird im O. 
vom Windhyagebirge und den weſtlichen GOhats durchzogen; im Weſten dagegen 
iſt es flach, zum Theile moraftig und fandig, zum Theile aber audy ſehr frudhts 
bar. Das Land wird von den Klüffen Myht, Nerbudda und Tapty bemäffert, 
zur Regenzeit im Junt und September aber audy häufig überſchwemmt. Esé ges 
hört zum Theile unmittelbar den Engländern, zum Ihelle den Maratten u. kiei⸗ 
nen zinspflichtigen Fuͤrſten. Auch die Portugieſen befigen eine Kleine Strede mit 
den Städten Damaua und Diu. Ow. 

Gyges, ein lydiſcher Hirte, der einft auf der Weide in einem Felſen ein 
Grabmal entdedte; in dem, ald Sarg dienenden, ehernen Pferde war an der Seite 
eine Thüre, nad) deren Eröffnung er an dem einen Singer des Leichnams einen 
Ring wahrnahm. Er nahm diefen Ring mit ſich, ficdte ihn an und bemerfte 
bald, daß er den Andern, wenn er deſſen Stein einwärts drehte, unſichtbar, 
wenn er ihn wieder nach Außen drehte, filhtbar wurde. Diefe Kraft des Ringes 
benügte er, um fidy in das Schlafgemach der Königin zu ſchleichen und den Kö- 
nig Kandaules zu morden, worauf er felbf König wurde. Go erzählen Plato 
(de rep. 1.) und Gicero (de off. 3. 9.); dagegen bei Herodot (1, 8. ff) iR ©. 
ein Vertrauter des Königs, weldyem biefer die Schönhelt feiner Gemahlin rühmt 
und ihn auffordert, fie im ihrem Schlafgemache zu belaufchen. ©. that es, bins 
ter der Thüre ſtehend; da ihn aber die Königin bemerkt hatte, ließ fle ihn zu ſich 
fommen und bot ihm die Wahl, entweder felbR ermordet zu werben, oder ten 
König zu ermorden, fie zu heiratben und dann den Thron der Lydier zu befleigen. 
Er wählte das Lebtere u. mit ihm kam 728 v. Chr. die Dynaſtie der Merm- 
naden zur Regierung. 

Gplenborg, Karl Graf von, ſchwediſcher Reichsrath, geboren 1679 zu 
Upfala, ſtudirte auf der dortigen Univerfität, zeichnete ſich durch feine Faͤhigkeiten 


ale 


— 


- om. gl 


1152 Gynmafium — Gynmaſtik. 


„ aus, vertauſchte die Wiſſenſchaften mit dem Kriegsdienſte, ginn 1701 zu der Armee 
in Rurland, ward einige Jahre darauf von Karl XI. zum Geſandiſchafisſekretär 
in London und 1710 zum ſchwediſchen Refidenten. daſelbſt ernannt, wo er dann 
in die, von feinem Könige und dem Grafen von Görz (f.d.) entworfene, Kabale 
verwidelt und 1717 von dem englifcdhen Hofe in Berhaft genommen warb. Rach 
feiner Entlaffung und Rüdkunft nady Schweden ward er Gtaatsfehretär, 1719 
Deffanier, 1723 Reichôrath, 1739 Kanzler der Untverfität Upfala, in weldyen 

ürden er 1746 farb. Seinen Briefiwechfel mit dem Brafen von Börz ließ der 
engliſche Hof 1814 druden, auch legt man ihm eine Schmähfchrift auf England 
(Remarques d'un marchand anglois) muthmaßlich bet. 

Gymnaſium (vom griechiſchen yuuvazouaı, ſich üben) hieß bei den Grie⸗ 
chen ein öffentliche® Gebäude zum Unterrichte der Jugend in allen Künften des 
Friedens und des Krieged, zuweilen auch Paläfra (f. d.) genannt, obgleich 
diefe Im engeren Ginne nur ein Theil vesfelben war. Aus einem urſprünglich 
ebenen, cffenen, nur von Alleen durchſchn ittenen, mit einer Mauer umgebenen Plate 
entfanden audgebehnte, bequem eingerichtete Gebäude, und an bie Stellen ber 
Platanen⸗Alleen traten Gäulengänge und Galerien mit Sitzreihen. Solche Ge⸗ 
bäude, reich verziert mit Statuen ber Götter, ven, berühmter Männer und 
mit Wandgemälden, waren fa in allen griechiſchen Städten errichtet. Einen 
Hauptihell derfelben machten die Thermen oder Baͤder aus u. dieferRame (f. Thers 
men) verdrängte dann auch den der Gymnafien. Das erſte Gymnafium in Rom 
fol Nero erbaut haben; indeß nahmen audy Hier die öffentlichen Baͤder teren 
Stelle ein, In weldyen die Jugend von Philofophen, Rhetoren 20. Unterricht er- 

telt und verfchienene Leibesübungen ausgeführt wurden. Der Vorſteher hieß 

ymnaſtarch; die Theorie Ichıten Die Gymnaſiaſtenz; Bädotriben leiter 
ten den praftifchen Unterricht der gumnaftifchen Uebungen und Xyſtarchen bie 
Uebungen im Xyſtus (ſ. d.). Die berühmteften G.en waren bie in Elis, Athen, 
Sparta, Theben u. Olympia. — Bon dieſer Sitte haben unfere wiſſenſchaftlichen 
Anftalten, die fogenannten Gelehrtenſchulen, ven Ramen ©. entlehnt. 

Gymnaſtik, die Kunf dem Körper durch Uebungen verfchiedener Art Kraft 
u. Gewandtheit zu verleihen, die einzelnen Glieder deſſelben gleichmäßig ausıus 
bilden u. ſomit überhaupt die leibliche Geſundheit zu befördern. Nach gewifien 
Regeln wurde fie zuerſt von den Griechen betrieben und bilbete bier, nad) dem 

Grundſatze, „daß nur in dem gefunden Körper ein gefunder Geiſt wohne,“ einen 

weſentlichen Theil des Unterrichts u. der Erziehung, wie denn das öffentliche 

Leben u. die Einrichtungen der Griechen in allen Berhältniffen die koͤrperliche 

Ausbildung nothwendig zu einer Lebensdaufgabe machten. Die ©. umfaßte das 

Epringen, Werfen, Klettern, das Schwingen auf hölzernen Gerüften, das Ringen, 

das Laufen, Tanzen, Schwimmen, Reiten u. Fechten. In das deutfche Erziehungs» 

wefen wurde die G. auf Anregung der philanthropinifchen Schule, vorzüglidy durch 

Salzmann u. Guts⸗Muthé (i. dd.) eingeführt. Einen Thell derfelben, das Turnen, 

machte felt dem Sabre 1810 Zahn (f. d.) ziemlich vollsthümlich. Als nach ven 

Sreiheitöfriegen die verbächtigen Bewegungen auf den Untverfitäten die Auſmerk⸗ 

ſamkeit der Regierungen auf fi) Ienften, wurden auch die Turnanftalten geſchloſ⸗ 

Im. In neuerer Zeit bat man es für nothwendig erachtet, vorzüglich ſeitdem 
orinfer auf die Radjtheile, die aus den zu großen geiftigen Anſtrengungen des 

Unterrihtd für die phnfliche Geſundheit erwachſen, aufmerlfam gemacht hat, 

durch Errihtung von Turnſchulen an wifienichaftlichen Anflalten das geflörte 

Berbältnig wieder herzuftellen. Gymnaſtiſche Uebungen find ſeitdem mehr, wie je, 

in Aufnahme gefommen u. erfreuen fidy ſelbſt des Schubes u. der Fürſorge des 

Staates. Anerkannte Berdienfte um die Wiederaufnahme, Verbreitung und ges 

zegelte Ausbildung dieſer Kun hat fi Werner erworben, defien großartige Ans 

ſtalt in Diffau, von dem regierenden Herzoge In jeder Weiſe begünftigt, einen er⸗ 
freulichen Beweis von feinen unermüblichen Leitungen liefert. Vgl. Guts-Muthe, 





| Spnäfeum — Gyrowetz. 4418 
G. für bie Jugend 1796 und 18045 Bornemann, Lehrbud der G. 18145 


Berner, ©., 1832, 

Gynakeum, Srauenwohnung, Frauengemach, hieß bei den alten Gries 
hen derjenige Theil des Haufes, worin die Frauen, welche in den früheren Zei⸗ 
ten unbıfchränftes Eigenthbum des Mannes waren, entfernt von allem öffentlichen 
Umgange, wohnten u. ihre Wrbeiten verrichteten. Daſſelbe befand fidy im ents 
legendftien Theile des Haufes, ohne Ausſicht und Berbindung mit den übrigen 


Gemaͤchern. 

Gynakologie (griech), die Lehre von der Natur, den Geſchlechtsverhaͤlt⸗ 
niſſen u. ee ümlidyen Krankheiten des weiblichen Geſchlechtes, ſowie der Ins 
begriff der Vorſchriften zu Erhaltung defielben im gefunden Zuflande und zur 
Abwendung aller Etörungen. 

Gyp6, oder fchwefelfaurer Kalk, ein häufig vorkommende Mineral von 
weißer, rörhlicher, gelblicher, bläulicher oder brauner Farbe, mit Glas — Perlmut⸗ 
terglanz — durchſichtig oder undurchſichtig u. von geringer Härte, Man unterfcheivet 
einige verfchienene Arten, worunter beionders der feinkörnige ©. unter dem 
Namen Alabafter bemerkenswerth iſt; er dient zur Berfertigung Feiner Kunfs 
gegenflände, häuslicher Geräthe, architektoniſcher Verzierungen u. f. w., nimmt 
eine fhöne Politur an u. wird, befonder8 der reine, weiße aus dem Tosfantfchen, 
hoch gefchägt. Der gemeine (rohe) ©. wird als Düngmiitel für Wicfen u. Klee⸗ 
äder gebraudt; im gebrannten Zuflande wird er zu Stuffaturarbeiten, zu 
Mörtel u. Kitt, zu Abdrücken u. Statuen verwendet, ferner auch ‚zur Darftellun 
des Fünftlidyen Marmors u. der gegofienen Fußböden, zu welchem Zwede er mit 
Mineralfarbe gefärbt u. nach dem Trocknen polirt wird, aM. 

GByroweß (Adalbert), Biolins u, Pianofpieler, geboren zu Budweis in Bähs 
men 1763, ftudirte die Rechte In Prag, wandte fich aber der Mufll zu u. fand 
in Wien günftige Aufnahme, ging dann nach Italien, Paris u. London, war 
nad) feiner Rüdtehr abwechfelnd in Brüffel, Baris u. Berlin u. wurde 1801 Kas 

Umeiſter am Burgtheater in Wien; feit 1827 penflontrt, farb er um 1830. ©. 
este unter andern für die Kirche 9 Mefien u. v. A.; viele Sonaten, Sympho⸗ 
nien, Rocturnen, Duette, Tazette, Duartette, 45 Ballets u. über 30 Opern und 
Singfpiele, worunter : der Sammtrod, die Junggeſellenwirthſchaft, die Pagen des Hers 
3096 von Benzöme, das Geſpenſt, dad Mäpdyen u, a, 








Erwerb. Seite 1 
Erwin. 1 
Erycina. 1 


Grymanthifcher Eher. 1 


—— 2 
Erythare. 2 


—* Meer. 2 
& 


3- 
— 2 
Erzaͤmter. 2 
Erzblſchof. 3 
Erzerum, 

rferum. 3 
Brgnebirge. 4 
Erzguß. 4 
Erziehung. 4 
Grjmänzen. 5 
Eſan. 5 
Gscadre. 5 


Gscabron od. Echtwahrım.B 


Gecalavde. 5 
Escarpe. 5 
Eihe 5 
Eſchenbach. 
Eſchenburg. 6 
runaver. 7 
Eſcher. 7 


—— 8 
Eſchke. 8 
Eſchſcholz. 9 
Eſchwege. 9 
GEſcobar. 9 
Escoiquiz. 10 
@scorte. 10 
Escurial. 10 
Esdras. 10 
Eſel. 12 
Gfelsbräden. 12 
Gfelsfeite. 13 
Gfenbed. 13 
Eskimos. 14 
Eslina. 15 
Gemenard. 15 
Eſoteriſch. 15 
Espaguolet. 15 
Gepana. 15 
Esparſett. 15 
@spurtero. 15 
Eipe. 17 
@fpen. 17 
Eipignolle. 17 
Gipinafle. 17 
Gfpinel. 18 


Eſpirito Santo. 18 


Geplanabe. 18 


Giponton od.Gyonton.18 


Esprit. 18 
Bipronceda. 18 
Esquire, 18 


Regiſter. 





Erſerum od. 


CEthikotheologie. 30 
Cihnographie. 30 
Etienne (Andre). 80 
Gtienne St. 30 
Btifette. 31 

Etoile mobile. 31 
Eton. 31 

Etrurien. 31 

CEtſch. 32 
Etſchmiadzin. 33 
Ettenheim. 33 
Ettlingen. 33 
Etuden. 33 
Etymologie. 33 
Eu. 34 

@nuriftus. 34 
Buböa. 34 
Gubulns. 35 
Cuchariſtie. 36 
Buchertus. 38 
Enpämonismus, 36 
Endiometer. 37 
Surorius. 37 
Endoxos. 37 
Gugen (Päpfte). 37 
Eugen (Brinz). 39 


Bugubintfche afeln 41 Evora. 64 
Euhemeros od. Cueme⸗ | Gorenr. 65 


to6 41 
Enflives. 41 


‚| &nfebla. 53 


G. 

Esquirol. 18 Eulalia. 42 Ewiger Friebe. 67 
Eß. 19 | Gulampia. 42 Gwiger Jude. 67 
Gfider. 20 Eule. 43 Ewiges Licht. 68 
Efien (Stadt). 21 Gulenfpiegel. 43 | Eraet. 68 
Eſſen (Graf). 21 Euler 44 Eraltation. 68 

Efienz. 22 Eniogien. 44 |@ranthem. 68 
Eiſequibo. 22 Gumenes. 45 |@rarch. 68 

Gfier. 22 Eumeniden. 45 :&xcellenz. 68 
Gifig. 23 Bumolpus. 46 Ercentrifche Kreife. 69 
Eßlair. 24 Cunuch. 46 , Greentricität. 69 
Gplingen. 24 Gunus. 46 @rceptiouen. 69 
Est, est, est. 24 @upen. 46 Erceß. 70 
Eſtacade. 24 | @nphemiemne. 46 Exchequer. 70 
Eſtaing. 24 Cuphoun. 46 Exclusiva. 70 
Estampes. 25 Euphonie. 46 Greommuntcation. 70 
Gfle. 25 Gupbrat. 46 Ercurs. 71 
Eſte. 26 Euphorie. 47 Excuſſton. 71 
Eſterhazy. 26 Cuphraſia. 47 Erecration. 71 
Efther. 26 Cuphroſyne (Jungf). 48 | Erecntion. 71 
Efthland. 27 Guphrofyne (Name). 48 |Erdrä. 72 
Eftrees. 28 Eurhythmie. 48 Exegefe. 72 
Efttemabura. 28 Curipides. 48 @relmans. 73 
Eſtrich. 29 Europa od. Europe. 49 | Sremtion. 73 
Gtampes. 29 @uropa. 49 Erequien. 74 
Gtape. 29 Gurotag. 52 Greter. 74 
Gtat. 29 Guryalns. 53 Erhauftion, 74 
Etats göneraux. 80 |@urhblce. 53 Sri. 74 
Gteolles. 30 Carypylus. 53 Grmifflon. 75 
Ethit. 30 Curyſtheus. 53 Grmouth. 75 


Gromologefls. 75 


Enſebius. 53 Grorcismne. 75 


Cuſtachio. 55 Eroterifh. 75 
Guftathins. 55 Grotifche Gewaͤchſe. 75 
Euterpe. 56 Expanſibel. 75 


Guthanafie. 56 Grpanflon. 76 
EnthymiusSigabenns.56 | Expenſen. 76 


Eutin. 56 Grperimentalphyfif. 76 
Eutropius. 57 Exploration. 76 
(intnches. 57 Erploflon. 76 
Cutychianus. 57 @rponent. 76 

Eva. 57 Erpromiffion. 76 


Cvagrius. 57 Grpropriation. 76 


Spalvation. 58 Erpulſion. 76 
Cvander. 58 Erſtirpation. 76 
GEvangeliften. 58 Grtenfion. 77 
Evangeliftenfchule. 58- Exterſteine. 77 
@vangelium. 59 Ertract. 77 


Evariſtus. 63 
Evection. 63 


Ertravaganten. 77 
Grtremitäten. 78 


Cverett. 63 Erultat. 78 
Evergeten. 64 Eyb. 78 
Evident. 64 Eybler. 79 
Gvolute. 64 End. 78 
Evolution. 64 Eylan. 80 
GEvolntionstheorie. 64 | Eylert. 82 
Eynard. 82 
Enfengrein 83 
Ewald. 65 Ezechiel. 83 
Ewig. 67 Cʒzelino. 83 


Regiſter. 


® 




















Baltenhein (Groffcpaft.)| Fatimiden. 122 Gelbwage. 140 
Pan.) 8 * e 123 
Name.) 85 une tels| BauchesBorel eldzelchen. 
Tanaquil). 86 le). ( Baujas de Gaint: Fond. | Feldzeugmeiſter. 
16. 86 Balladen 105 123 Feldzug. 141 
88 Fall, Fanifieber. 123 Felicianus. 141 
36 linear, 107 Fanlthiere. 123 Felicitas, 142 
86 Balllegen. 107 dama. 124 Belie (Martyrer! 
1. 87 Follmerayer. 07 Banane. 124 Fellt (Bäpfte). 1 
37 Fallfehirm. 107 Fauriel. 124 Fellenberg. 146 
16 (Gouful). 87 galopia. 107. Fauft od. Fuß. 124 Fellewe 147 
:# (Reiter). 87 dalſch. 107 Bauft. 124 Belonte. 147 
ı ©. Monnfals | Falfet. 108 Saufina. 124 . 1 
‚88 Falfirechnung 108 Faufttuus. 125 
Aanzen. 9  |Falso bordene. 108 |Baufkampf. 125 
hulen. 91 Balftaf. 108 Fanfipfand, 126 
. 9 Balfter. 109 Ganfireht. 127 
92 Faltenwarf. 109 Savaıt. 128 Fenslon. 149 
ati. 92° Balnn. 109 Savorit. 128 Zenfler. 152 
. 93 Bama. 109 Favras. 128 erh, 15: 
3 damille. 109 Favre. 128 Beodor (The⸗ 
en. 93 Bamilienrath. 109 Bapence. 129 Feodor (Imanc‘ 
em. 93 Bamilienrecht. 110 Bea. 129 152 
93 FamilienRatut, Wamt:|fearn. 130 Veodofla. 152 
ie 93 Tienpatt, 110 Febromins. 180 Ferdinant (Kutfer 
93 Gamilmwappen. 111 jornung. 180 | Ferdinand (Kdul 
ten. 93 Banal. 111 Gechner. 180 Spanien), 151 
9 Banarioten. 111 Gettunf. 181 Ferdinand. (Rönt 
994 Fanatiomns. 111 Fever. 131 Bortugat). 15 
9 Fandango. 111 Beberharg, 193 Ferdinand (König 
ng. 94 Banfare. 111 Bederict. 133 Sieilien). 159 
9 Baraday. 111 Federn. 133 Ferdinand (Herz 
96 Rarbe. 112 [Bederfee. 133 Braunjchweig) 
ötge Krapp. 97 | Barbenbredhung. 112 deen. 134 Ferbinanden. 161 
7. Farbendrud. 112 Feramäprcen. 134 |Berdufl. 160 
i 97 Farbengebung. 112 Begfener. 134 Beretrins. 160 
98 Barbenlehre. 112 dehde. 135 derguſon (Brafid 
98 Farbepflangen. 113 Behmgerichte. 135 Bergufon (Dichte 
. 98 Barbenton. 118 Behrbellin. 135 Feriae. 161 
*6 Propheten. 98 | Farbige. 114 Feigendaum, 186 Berman. 168 
99 Barbfoffe. 114 Beljo. 136 Bermat. 162 
junfer. 100 Farce. 114 Feilmofer. 187 Wermate. 16% 
Ichen. 100 Barel 114 Belbiger. 137 dermo. 162 
ıfchmieb. 100 Barla. 115 Beldbaufch. 138 dernambulholz · 
irupp. 100 Farueſe. 115 Belveguipage. 138 Fernando Bo. 1 
mache. 100 Farnefifcher Stier. 118] Felder. 138 Fernay. 162 
meihe. 100 Warder od. Färöer. 116] Feldergefchrei. 198 Bernow. 182 
100 Farqubar. 117 Felpgefchüße. 138 Fernrohr. 183 
de Artifferie. 100 | Bacın od. Rarrnfräuter.| Beibjäger. 138 Berrand. 165 
be Habe. 101 117 Felpfaplane, 138 |$errara. 165 
heit. 101 Sarfitan. 117 Feldtitch. 139 : Berrari, 165 
1. 101 deſan 118 Feldfreuge. 139 derrarie 166 
101 Fosces. 118 Beldlazarethe. 139 Ferrelta. 166 
. 101 Fa. 118 Felbmarfcpall. 139 |Berreica Borges. 
102 Bafchinen. 118 Belomefien. 139 ' Ferrer. 166 
10% Rap. 118 Feldpoſt. 139 Berreras. 166 
m. 102 Baßbender. 118 Feltprebiger. 140 Ferro. 186 
t. 102 Baften. 119 Beldfhanze. 140 Berfen. 166 
102 Fasti. 121 Feld ſcheeret. 140 F · oceninnen od. | 
am. 102 Faſtnacht. 121 Feldſchlauge. 140 ulſche Berfe. 
103 Faſtnachtſpiele. 122 Feldſchmiede. 140 Feſch. 187 
103 Bataliemns. 122 Feldſpath. 140 Beßler. 187 








104. Fata morgana, 122 |Belvverpflegung. 140 8eſiigkeit. 168 





Rigiken 


Filiation, 197 


|Bilicaja, 197 


Biligeanarbeit. 197 
Sllomena, 197 
Filteiren. 197 
Bil. 198 

Blnale. 198 
Rinamzen. 198 


Binanzwifenfehaft, 199 
re 


Ki 
jeuerlinie. 18 jeneraf). 
jenerlöfchanftalten. 178 | Finnen, 
feuerpoligei. 179 
r 180 
R 180 


Kg Bes ob. Bas. 184 
gan ob. Feſſan. 185 
wiacre's. 185 
Flamingo. 185 

Flasco, 185 

Ebel, 185 


Fichte. Brofeffor). 186 
Fichtelgebirge, 187 
Fienus. 188 
Fiction. 188 
Fivalgo. 188 
Fireicommiß. 188 
Fivelis, 190 
Fivend, 191 

Fides. 191 

Fieber. 192 
Fielding. 192 
Fiescht. 193 
Fiesco. 194 
Riefole. 195 
Fievee. 195 

Bife (Graffhaft). 195 
Fife (Graf). 195 
Figaro. 195 
Fiqueras, 195 
Figueron. 196 
Figur. 196 
Biguralmuflf, 196 — 


x 





Blihe. 208 

Fiiche (Nftron.). 209 
Bifcher. 209 

Fiſcher von Erlach. 209 
Fildern. Waldheim. 210 
Fifperet, 210 
Bifcperring. 211 
Bifchotter, 211 
Fiscus. 211 

diſher. 212 
Figjames. 212 
Fiume, 212 

Bir. 213 
Firmiliner. 213 
Birfterne. 213 
Flache. 218 
Flabenfeieg. 216 
Fläche. 216 
Blagellanten. 217 
Flageolet. 217 
Flagge. 218 
Flahault. 218 
Flamen. 218 
Flamingo. 219 

| Flaminius. 219 

| Flammfteed. 219 
Flandern, 221 
Flanell. 221 

Flanfe. 222 
Flafpenzug. 222 








Rlittergolb. 233 
Blittern od. Blintern. 233 
Blögel. 233 

Blöße. 234 

Flöte. 234 
Flöpgebirge, 234 

Blohe 23. 

For. 235 

Flora. 235 

Bloreal. 235 
Blorentinerarbeit. 235 
Blorentiner Lad. 235 
Bloreng. 235 

Bloret, 287 

Florian (Heilige). 237 
Blorian (Schrift). 238 
Florida, 238 


| $lorin. 239 


Eloris, 239 

Florus. 239 

Flott. 239 

Flotte. 239 

lie, 240 

Flügel, 240 

Flügel (Raufmann). 240 
Fläfe u. Ströme. 240. 
Flüffigfeit. 242 
Flugfand. 242 

Flur. 242 

Flurneg. 242 

Fluß. 242 

Flufgebiet. 243 


HAHTTE 
— 
ale: 


Bontenot, 252 
Bontevraub. 253 
Fontinalien. 253 
Boote. 253 
Forbin. 254 
Forcellini. 254 
Forchheim, 255 
Borelle. 255 
Berenfer. 255 
Borli. 255 
Form. 256 
Bormalien od. Form 
täten. 256 
Formel. 256 
Bormenlehre. 256 
Formofa. 256 
Bormofus. 257 
Formſchueidelunſt. 2 
Forfell. 257 
Bersfal. 257 
Fort (Waht$eif. 
Korft (Dorf). 258 
Forlafadeinie. 258 
Forfter. 258 
Worfifrevel. 260 
Forftorbnung. 260 
Borftpolizei. 261 
Forftredt. 262 
Fort. 263 
Forteguerri. 263 





Flufgötter. 249 


Forte- piano, 263 


Regifer 


> —— (Clavier). Fraukenthal. 305 


— Ratio. 263 
= ua. 263 
263 


WE ombrone. 265 
x Wergill, 265 


Frankenweine. 306 
Branffurt am Main. 306 


1137 


Freiburg (Stadt). 41O | Frievländer. 455 
Freicorpe od. Frelbatail⸗Friedland. 456 


Ione. 410 


Frankfurter Attentat. 308 | Freivanfs. 410 
Frankfurt an der Ober. | Freienwalde. 410 


308 
Sranflin. 308 
Sranfreich. 310 
Frangnemont. 348 
Franz (Railer). 350 
Frauz (Könige). 352 


„m Mheringan- Cafe. 266 | Stanz — — 354 


> umde. 2 
wgoͤres. er 
<> uulale. 267 
=>unlarde. 267 
— „ulis. 267 
—ounlon. 268 
„sougne. 268 
Tonquet. 269 
—onraglirung. 209 
— 'fonreroy. 269 
— Yonrier. 270 


er (Brofeffor). 271 


— 271 
ourniere. 271 
Jox. 271 

09. 273 
—eoser. 274 


Franz von Afifi, Bor⸗ 
gia; Hieronymus; v. 
Panla; von Gales; 
Zaver. 355 

Sranzbranntwein. 355 

Franzen. 355 

Frangensbrunnen. 3585. 

Sranzensfefte. 355 

Sranzensfanal. 355 

Sranziscaner. 355 

Bramzörfge Akademie. 

55 

Sranzöfifche Kirche. 355 

Franzoͤfiſche Kuufl. 355 

Bramößfige Philoſophie. 


ran höffihes Recht. 367 


Dgra Bartolommeo di ©. Framzöfifche Sprache u 


= Marco. 274 
— Fracafloro. 274 
gracht. 274 
m Frachtfahrerrecht. 275 
= Sractur. 275 
= Sra Diavolo. 275 

& Srähe. 276 


Literatur. 367 
Granzöffgen Theater. 


Branpmeine 394 
tatricellen. 394 

Fran. 395 

Branenburg. 398 


—) Sehnfifer Kreis. 276 | Sranendorf. 398 


=: Srage. 276 Sranenfeld. 398 
=, Sragment. 276 Franenglas. 399 
8 Fragmenta Vaticana. Frauenlob. 399 


=! 276 | Frawenvereine. 399 
=: Fragmenta veteris cu- Frauenzell. 400 
E Jusdam Jurisconsulti Frannberg. 400 
en, Fraunhofer. 401 
} Pr ob „Seas. 277 Franſtadt. 402 
3 Frauc Frayſſinons. 402 
æ —* 3 Fredegarius. 403 
1 Francais de Nantes. 278 Fredegnude. 403 
1 Frauche⸗Comté. 278 FFrederiksoord. 403 
e PBraucia. 278 Fredman. 403 
r Brancien. 278 Fredrifsham. 403 
Fraucisca. 279 Freeholder. 403 
Tranuciscaner⸗Orden. 2800 Fregatte. 403 
GSranciscus. 282 Freher. 403 
Francke. 295 Frei. 404 
Franco. 296 Freie Kuͤnſte. 404 


,  Bramco von Köln. 296 Freie Städte. 404 
Brangoi is de Neufchateau. Breiberg. 404 
29 


Sraneler. 296 
Stan. 296 


Frauken(freie Leute). 298 | Freiburg (Hanptfl.). 406 Briene, Friedensſchluß. 


Freibenter. 405 
Sreibrief. 405 


Freiesleben. 411 
Freigeiſt. 411 
Freigelaſſene. 411 
Sreigericht. 411 
Freigut. 411 
Freihafen. 411 
Freiheit. 411 
Freiheitsbaum. 416 
Breiheitefrieg. 417 
Breipeitsmüße. 418 
Steigerr. 418 
Freiligrath. 418 
Sreimanrerel. 418 
Freinsheim. 435 
Freipäfle. 435 
Freire. 436 
Freireiß. 436 
Breifafle. 436 
Freiſchaarenzug. 436 
Freiſchütz. 438 
Freifchüben. 488 
Freyſing. 438 
Freifprechung. 438 
Freitätte. 439 

‚| Sreitag. 439 
Freiwaldau. 439 
Freiwillige. 439 
Sreizügigfeit. 439 
Fréjus. 439 
Fremde. 439 
Fremdenbill. 440 
Frembenlegion. 440 
Fréret. 442 
Fréron. 442 
Brescomalerel, 443 


Friedrich (Kaifer). 458 

Friedrich (Fürften). 471 

Friedrich (Preußiſche Re: 
genten). 473 

Friedrich (Könige v. Daͤ⸗ 
nemarf). 485 

Friedrich (Saͤchſiſche Res 
genten). 487 

Friedrich (Prinzen). 488 

Friedrich (David): 494 

Fries (Name). 494 

Fries (Profeffor). 494 

Frleſel. 494 

Frieſen. 495 

Friesland. 498 

Frigga. 496 

Frimont. 496 

Friſches Haff. 497 

Krifchlin. 497 

Friſt. 497 

Frithjofs⸗GSage. 498 

Frislar. 498 

Srobenius. 499 

Frobiſher. 499 

Frodoarbus. 499 

Fröhlich (Dichter). 499 

Fröhlich (Wilhelm). 499 

Krohnablöfung. 500 

Frohnen. 501 

Froiffart. 502 

Fronde. 502 

Fronleichnamsfefl. 503 

route. 505 

Frontinus. 5085 

Frontispice. 505 

Kronto. 505 

Fronton. 508 

Froriep. 506 


Brett od. Frettchen, 445| Frofch. "508 


Frendenfeld. 445 
Freumdeberg. 445 


Froſchmaͤuſeler. 508 
Frofl. 506 


Breumbebeng od. Frunds⸗ Froftableiter. 508 
445 


Frucht. 506 


berg. 
—— 445 Fruchtbarkeit. 507 


Sry. 4 
en. 447 
Freycinet. 447 
Freyja. 447 
Freyr. 448 
Freyre. 448 
Freytag. 448 
Friant. 448 
Trias. 449 
Friaul, 449 
Frickthal. 450 
Friction. 450 
Fridericia. 450 
Fridericius. 450 
Fridolinus. 451 


Freiburg (Canton). 405 Friedberg. 451 


Franfen — )J. 204 Breiburg (im Breisgan). 
Brankenhanfen, 


Beasteringenbe Geſell⸗ 
ſchaft. 5 

grdiſtieed 507 

Fruchtknoten. 508 

Fruchtſtücke. 508 

Sruchtwechfel. 508 

Gruntweigfelwirtäfgjaft, 


Fructidor. 610 
Geäbling ob. Fruͤhjahr. 


Frühlingsägutnoctium. 
510 


Frühlingskur. 510 
Frühreife. 511 
Frugoni. 511 
Frundeberg. 511 
eumentins. 511 


—E— 453 Fruezta⸗Gora. 512 


u 





= 
. 835 
Wabebufch. 535. 


535 
m. 536 


536 
ie Sprache. 536 

Bärtner. 536 
Saeta. 537 
Garta. 537 
Gätuler. 537 
Gagarin. 597 
Gagat. 538 
Sagem. 538 
Gall. 538 
Gaillard. 538 
Gainsborongh. 539 
Bajus. 539 
Galası. 539 
alaftometer. 540 
Galant, 540 
Galatea, 540 
Galatien. 540 
Galation. 541 
Galba. 541 
Bale. 542 
Galeaffe, 542 
Galeere, 542 ri 
Galen (Boll). 642 
Galen (Bifbof). 542 
Galenus. 543 
Gateone. 544 
Galeote, 544 
Galerie. 544 
Galant, 544 
Galicien, 545 
Galılin, 546 


Balilel. 545 


Balisien. 546 
— od. Galli, 548) 
Gall. 548, 


Galland. 

Glas (Boll). 550 

Ballas Kai 550 
5 


Baltgos. 550 


2 so 
Ballen St. 551 


Ballenficber. 551 
Ballerte. 551 
Galletti. 551 
Galli. 551 
Gallicanifche Kirche, 551 
Gallicanus, 552 
Gallicismus, 552 
Gallien. 553 
Gallienne. 554 
Sallimathias. 554 
Galle. 554 
Gallomanie, 554 
Ballon. 554 
Gallopagos, 555 
Gallus (StastHalter). 
5 


55: 
Gallus (Heilige), 655 
Galmei, 566 
‚Salt. 557 
Galuppl. 557 
|Galvani. 557 
Galvaniemns. 557 
|Salvanographie. 559 
|Salvanoylaflif. 559 
"Galyyin. 560 
‚Guma. 561 
Gamaliel. 561 
Samba. 562 
!Sambe. 562 
Gambenwerf. 562 
Gambia. 562 
Gamma. 562 
Bandersi 














Gang. 563 
Ganganelli. 563 
Ganges. 503 
Ganglienfyhem, 564 
Jangliom. 664 


Gurbafee. 568 
Garde. 568 
Gardelegen. 569 
Garverobe. 569 
Garvie. 570 
Garigliano. 570 
Gariim, 570 
Garnerin. 570 
Garnier, 571 
Garnieren, 571 
Garnifon. 572 
Garonne, 572 
Gartid. 572 
Warten. 573 
Gartenbau. 876 
Garve. 578 
Gas. 579 
Gaobeleuchtung. 579 
Gascogne. 583 
Gaemefjer- 584 
Baspari. 584 
Gaſſendi. 584 
Gaßner. 584 
Gattein. 584 
Gaitfreunnfchaft. 585 
Gaflhäufer. 585 
Gatmähler. 586 
Gaſton de 3 
Saltrifdh. 687 
Gaftromalacie Magener ⸗ 
welchung. 587 








| 
| 






Gay. 592 
Gay:Lufiac. 593 
|@aga (Stadt). 39 
| Gaga (Name). 589 
| Sex. 594 PR 
| ®azelen ob. 

594 
Gazelle. 594 
Gebäude, 594 
Geber. 594 
Gebern. 594 
Gebet (Beten). 5M 
Gebet (allgemeines) 

595 
Gebetbücher. 595 
Gebhard. 595 
Gebirge. 596 
Gebirgsartilerie. 59 
Gebirgafrieg. 597 
Gebläfe. 597 
Gebler. 598 
Gebrochen. 598 


| Gebfattel, 598 


Gebunden. 598 
Geburt. 599 
Seburtshälfe. 801 
Gevägtniä. 803 
Gevatt or. geredt. 1 





Geranfe. 604 
Gededter Weg. 004 


Regiſter. "41189 

















Sedaͤrm. 604 Gelb. 648 GSent. 680 - Gere. 732 
Seit. 605 Gelern. 649 Geuna. 681 Serian. 752 
Gediegen. 605 Seidſtrafen. 662 Genus. 685 Lerodorff. 732 
Sedile. 605 Seledt. 653 Geocentrifcher u. Helios | Gerfon. 732 
Geefs. 605 Gelee (f. Ballerte). 658; centelfher Ort der|Gerfle. 73% 
Seei. 805 Gelde (Glaube). 6593 | Planeten. 685 Gerfenberg. 734 
Seeſt. 605 Belchrfamtet. 658 Gescyfliſche Raſchine. Gerfiner. 734 
Sefaͤll. 605 Geleit. 653 ! Gertrud. 734 
Sefängnigwefen. 608 |Gelenf. 664 Geoväfte ober Erdmeß⸗Geruch. 735 
Sefäge. 613 Sellert. 654 tanft. 686 Gerundfum. 735 
GSetäßfphem. 613 Gelline. 655 | @eoffcin. 686 Gerufla. 735 
Sfedt. 614 . |&elnhanfen. 655 Beoffroy Saint »Hllaire. | Gervaflus m. Protafius. 
Selle. 616 Gelũbde. 655 687 735 
Gefolge. 616 Gemälde. 858 Geoguoſie. 687 Gerviaus. 736 
Gefühl. 616 Gemarke. 658 Geographie. 695 Geryon. 756 
Gegenfüßler. 619 Bemblour. 658 Gesgraphiiche Gefels | Gefammteigenthum. 737 
Begenbaner. 619 Gemein. 658 ſchaften. 698 Gefammtftimme. 737 
Segenbeweis. 619 ‚Gemeinde, 658 Geologie. 699 Sefang. 737 
Gegenfag. 619 Gemeindeordnung. 6859| Seomantie. 708 Gefangbäger. 737 
Gegenfchein. 619 Gemeines Recht. 061 | Geometrie. 709 Gefangfeite, 7358 
Geheime Gefellfhaften.| Gemeingefügl. 661 Georg (Heilige). 710 | Gefangichulen. 738 
619 Semeingeif. 661 Georg (Könige). 711 | Gefchäftsträger. 738 
Geheime Bolizel 825 |&emeinheit. 661 Beorg (Bärften). 713 | Gefanbter. 7358 
Behelmerrath. 625 Gemeinflan. 661 Georgenorben. 715 Geſchichte. 740 
Geheimiehre, Weheims| Bemenge. 661 Georges: Weymer. 715 | Gefcjichts« dor ſchung. 
haltwugsgebot. 626 |@emmen. 661 Georgia, 716 744 
Stheimfhrift. 626 |Bemmingen » Horaderg.| Georgien. 716 Gefchichts-Berloden, 745 
Sehlen. 627 662 Beorgine. 718 Geidyichts:Duellen. 750 
Gehler. 628 Gemfe. 662 Gepäd. 718 Gefcjichticpreibung. 755 
Gehör. 628 Gemehorn. 663 Gepiven. 719 Gefgichtsmalerei. 755 
Sehre, Gehrung. 628 |Bemäfe. 868 era. 719 Geſchiebe. 756 
@eibel. 628 Gemäth. 863 Geramb. 720 Geſchlecht. 756 
Geier. 629 Senafl. 684 !®erando. 720 Gefchledhtstried. 756 
Beige. 629 Sendarmen. 864 Geranium. 720 Geſchmack. 756 
Geiger. 629 Gendebien. 664 Gerard. 720 Geicofle. 757 
Geiſer. 629 Genealogie. 665 Gerardus. 721 Geſchüs. 757 
Seller. 630 General. 666 erben. 725 Gefhwaber. 758 
Gellnau. 830 Generalbag. 686 Gerbert. 725 Sefhwindigfeit. 758 
@eifenheim. 631 Generalmarſch. 666 Serbert (Martin). 724 | Gefchworenemgerichte. 
@elfer. 631 Generalpächter. 866 | Gerechtigkeit. 724 758 
Geismar (Dorf). 831 | Generalftaaten. 867 Gerhard. 724 Gefhwär. 763 
Geismiar (Baron). 631] Generalvifar. 667 | Gerhardt, 724 Geſchwulſt. 703 
Geiſſel (Name). 631 | Generation. 668 ı Gericht, 725 Sejellihaft. 764 
Geiftel (Erzbifcher). 631] Genefis. 868 | Gerichtliche Arzueitoife | Gefellfcyaftsinfeln. 764 
Geiffelbrüder. 636 Genefung.. 668 ſeuſchaft. 726 Gefelljcyaftäverttag. 765 
Beifielung. 636 Genethliafon. 668 Gerichtsbarkeit. 726 Gefenius. 765 
Beißliugen. 636 Genetiſch. 608 Gerihtsorbnung. 726 |Gefeh. 766 
GeiR. 636 Genener. 668 Gerichtöftand. 726 | Gefeßgebung. 767 
‚Bein (der Heilige). 638] Genf (Canton). 669 | Gerichtsverfaffung. 727 ı Gefiht. 770 5 
‚Beifterwelt. 639 Genf (Hauptfadt). 672| Geride. 727 Gefitefeld. 772 
‚Geitesfranfheiten. 641] Genfer Ser. 673 Serlache. 737 Gefihtspunft. 772 
Geitik, 642 Genga. 673 Germain. 727 Gefiptefhmerz 7 72 
Geiflice ¶ Getichtobat· Gen geubach· 673 Germanieus. 727 Gefms. 772 
teit. 642 Wenie. 673 Germanien. 728. | Gefinde. 773 
Geiflide Verwandte] Genien. 674 Germanifches Net. 728 | Gefinuung. 774 
ſchaft. 843 Genleſucht. 674 Germaniſche Sprachen. | Gesuer. 775 
BeifttierBorbehalt.644| Bentis. 674 728 Sefpann. 776 
Geiſtuchteit. 644 Gennezareth. 675 Germanismus. 729 Gefpaunfhaften. 776 
Sy. 845 Senovefa. 675 Germanus. 729 Gefpenfl. 777 
Setrönter Dichter, 6451 BenresMalerel, 677 | Germersheim. 730 Geſpielderecht 777 
Gekröfe. 646 Genferih. 678 Gerning. 731 Gebler von Brunel 777 
Bela. 646 Senfonne. 678 Gerarode. 7351 Geßner. 777 
Gelafius. 646 Seunßler. 679 Geroldsedl. 732 GeRändniß. 779 
Belbes Fieber. 647 |@ent. 679 &erona. 731 SeRtifulation. 780 
Gelsfagt. 847 Gentleman. 680 Geronten. 732 Geſtteag. 780 


‚41160 Regiſter. 














Geſtüte. 780 Gift. 813 Glelchartig. 847 Gau. 871 
Gefundbrunnen. 780iganten. 814 Glelchen. 847 Goa. 871 
Gefundheit. 780 Gigll. 814 Gleichgewicht. 847 Gobellne. 872 
Gefunheitspflege. 781 | Wllbert. 815° Gleichheit. 848 ‚Goblet. 873 
Öeten. 782 . Bilde, 815 Geihnif. 849 Godegifel. 873 
Getränfe. 782 Gällied. 815 Gleichung. 849 Godelheim. 875 
Getreite. 785 Glel⸗Vicente. 815 Gleig. 850 Goderih 875 
Getreibehandel. 784 Gil y Zarate. 815 Gleigen. 851 Gopeöberg. 874 
Getreue. 786 Gimignano. 816 Glelm. 851 Gobolin. 874 
Getriebe. 786 Singuene. 816 Gletfcher 851 Godey. 874 
Getriebene Arbeit, 786) Ginfeng. 816 Glied. 852 Godsavethe King! 870 
Geuſen. 786 Gieja. 816 Ölieverfener. 852 Godunow. 876 
Gevaudan. 786 Giordano. 816 Sliederpuppe. 853 Gobwin. 876 
Geviertichein. 786 Glorglone da Gafelfran-| Gliedſchwamm. 853 Gödingk. 877 
Gewährleiftung. 786 co. 817 Glledwaſſer. 855 Goͤhrde. 877 
Gewand. 787 Giotte. 817 . Glimmer. 853 Gönner. 877 
Gewehr. 787 Gltaffe. 817 Glinfa. 854 Goͤbel. 879 
Gewerbe. 788 Sirandole. 817 Glinell. 854 Goͤrllh. 879 
Gewerbfreiheit, 788  |GIrard (Mibert). 817 | Glifon. 854 Goͤrres. 879 
Gewerbpolize. 789 |Girard (Gabriel). 817 |Ülobig. 854 Soͤrb · 888 
Gewerbſchuien. 789 Girarbin. 818 Globus. 855 Gar. 888 
Gewerbftener. 790 Girardon. 819 Slod. 855 Goͤſchel. 889 
Gewerkfepaften. 791 Girgenti. 819 Glode. 855 GSoſchen. 889 
Gewicht. 791 Giro." 819 Glockenſplel. 857 Böthe. 890 
Gewinn. 92 Girob de PAln. 819 Glockenthurm. 857 @ötterfpeife. 900 
Gewlſſen. 795 Girodet-Triofon. 820 | Glodenzeichen. 857 Böttingen. 900 
Getolfiens:@he. 796 |Girometti. 820 Glodner. 857 @öttweih. 901 
Bewifiensfall. 796 ‚Gironde. 820 Slogan. 857 Big. 901 
Gewiffensfreiheit. 796 | Girondiften. 821 Gloria. 858 Böge. vn 
‚Gewiflensvertretung.798| Girtanner. 821 Gloſſe. 858 Sögendienf. 901 
Gewitter. 798 Sife. 821 Glouceſter ob. Gloceſter. Gog u. Magog. 904 
Gewölbe. 798 Sifefe. 822 859 GSohler. 904 
Gewohnheit. 799 = |Gtequet. 822 Gloncefer. 859 Bold. 904 
Sewohnheitsredt. 799 | Gitfhin. 822 Glover. 860 Soldaſt. 906 
Gewürze oder Getwärze| Ginlay. 822 Stud. 860 Goldan. 906 
pflanzen. 799 Giulio Romano. 823 |Glüd. 861 Goltberg- 907 
Gewürzinfeln. 800 Glunta. 823 Glãckliche Juſeln. 861 | Goldene Bulle. 907 
Gewürznelfen. 800 Sinrgewo. 823 Stücsbnrg. 861 Goldenes Kalb. 907 
Ger. 800 Stuftiniant. 824 Glädfeligfeit, 861 Solvenes Vließ 908 
Ghafelen. 800 Givet. 824 Gtüctfeltgfeitelehre. 861 | Goldene Zahl. 908 
Ghasna. 800 Ginil. 824 Glackfadi. 861 Goldenes Zeitalter. 908 
Shasnawiden. 801 Glacls. 825 Gtühende Kugeln. 862 | Golpfuß. 909 
Lhauriden. 802 Olabiatoren. 825 Glühwurm. 862 Goldaulden, 909 
Gherarbesca. 803 | &täfer. 826 Glyptit. 862 Solofüfte. 909 
©hibellinen. 803 Hlätte. 826 Gmelin. 862 Soldoni. 909 
Shiberti. 805 Slafey. 826 Gmünd. 864 Solbpurpur, 910 
Sslta. 803 Glarus od. Blaris. 827| Ömänden. 864 Bolrfchläger. 910 
Gpirlandajo. 804 Glarus. 850 Onadan od. Guadenau. Goldſchwefel. 911 
Glambelli od. Gianibelli.| Glas. 830 864 Solpfmith. 912 
804 Gtasflüfe. 835 Gnade. 864 Golbtincter. 912 
Giannone. 804 Glasgalle. 854 Gnadenberg. 865 Bolgatha. 915 
Glaur od. Riafir, 804| Glasgow. 854 Gmadenbild od. Gnaden: |Bollath. 913 
Gipbon. 804 Glasmalerel. 835 ort, 865 Sollus. 915 
Gibeon. 807 Glaſur. 857 Gnadenjahr. 866 * |@olfonda. 913 
Gibraltar. 807 Glattel. 838 Sneie. 866 | @eiß. 913 
Gicht. 809 Gap (Kreieadt). 58] Guelſenau. 866 Golubarz. 914 
Gichtel. 810 Gag (Jakob). 838 Gneſen. 867 Gomariflen. 915 
Giveon od. Gebeom. 810) Glaube. 839 Gnome. 867 Gomie. 915 
Giebel. 11 Glanbensehr. 841 Önomen, 867 Bomorrha. 915 
Giebelfeld. 811 GSlaubensfreiheit, 841 | Bnomtfche Dichter. 867 ; Bonagra. gi5 
Btebicpenfteim. 81 | Glaubeneichte. 841 | Onomon. 867 !@&onbeln. 915 
Sieh. 811 Glauber. 846 Suomonit. 868, ! Sonfaloniere. 916 
Gleßen. 812 Olaudar. 846 Gnomoniſcher Apparat. Bonfalonteri. 916 
GSiehhäbel. 812 lautos. 846 


868 Bongora y Argote. 916 
Gifn. 812 Giufg. 846 Guter. 868 !Sonlomtie 916 


ilvo von Cordova. 
3 


at. 917 
aga. 917 
em. 917 

anus. 917 
um. 917 
»n. 918, 
las. 918 
onen. 919 
onia. 919 
am. 920 
üiga. 920 
yius. 920 

920 
ir. 920 
lin. 921 
ynetl. 921 
a. 921 
m. 922 
mburg. 928 
land. 928 

929 

r. 930 

sader 931 
sdienft 931 
‚sfriede. 931 
‚gericht, Gottes: 
heil. 932 
‚eläfterung 932. 
ried. 932 

yard St. 933 
yard (Heilige). 934 
yard (Prof.). 934 
and, 935 

sp. 936 

halt. 936 
sed. 936 
her. 937 
— 937 


y Eucientes. 938 
n. 938 

‚ 938 

. 938 

‚li. 939 

U ob. Gral. 939 
be. 939 

m. 90 

enfcheere. 940 


F 


Regiſter. 

Gradus ad Parnassum. Gregorlauer. 1006 

945 Gregoriusfeit. 1006 
Gräberg v. Hemfoe. 945) Gregory. 1006 
Gräciemus. 946 Greif. 1006 
Gräfe. 946 Greifswalbe. 1006 
Gräfenberg. 946 Breith. 1007 . 
Gräter. 946 ‚Greiz. 1007 
Sräg. 947 Grenada. 1008 
Grävell, 947 Grenaden. 1008 
Grävins. 948 Grenoble. 1008 
Graf. 949 Grenville, 1008 
Grafenau. 950 Greſham. 1009 
Graff. 950 Gieſſet. 1009 
Graffigny. 950 Gretnagreen. 1009 
Gral. 950 Gretſch. 1010 


Grammatik. 950 
Grammatifer. 951 
Gramme. 952 

Gran (Freiftadt). 952 
Gran (Gewicht). 953 
Granada. 953 
Granat. 954 
Granatapfel. 954 
Granatbanm. 954 
Granaten. 955 
Granathagel 955 
Granatfartätfchen. 955 
Grand. 955 
Grandifon. 956 
Grandmontaner. 956 
Grandfon. 956 
Granifus. 956 
Granit. 957 
Granuliren. 957 
Granvella, 957 
Graphit. 958 
Graphit. 958 
Graphometer. 958 
Gras od. Gräfer. 958 
Grafer, 959 

Sraffi. 959 
Gratianus. 959 
Grattan. 959 

Grau (Bifhof). 980 
Grau in Grau. 961 
Graubündten. 961 
Graudenz. 970 
Graue Brüder. 970 
Graue Schweitern. 970 
Graun. 971 
Gravamen. 971 
Grave, 971 
Gravelines. 971 





felo. 940 
mäler. 941 
weh, 941 


inefungen, 943 
aale. 945 


Srafefande. 971 
| Gravis. 972 

\ Gravitation. 972 
Gray. 973 

\ Eragie. 974 
Grazien. 974 
Grẽcourt. 974 
Green. 975 
Greenwich. 975 
Öreffier. 975 
Gregolte. 975 





Gregor. 976 





Grey. 1010 

Gribeauval. 1010 

Gribofedow. 1011 _ 

Griechenland. 1011 

Griehifhe Bantunfl. 
1031 


Griechiſches Feuer. 1031 
Griechifche Kirche. 1031 
Griechifche Kunſt. 1046| 
GriechifceMüngen.1046 | 
Griechiſche Muſit. 1046 
or gſa⸗ Mythologie, 


104 
Site Philoſophie. 


— Sprade u. 
Literatur. 1051 
Grieäifgee Sprate, 


Grietat. 1062 
Grillparzer. 1063 
Grimali. 1063 
Grimm. 1064 
Grimma. 1065 
Srimmen. 1086 
Grindelwald. 1066 
Grippe. 1067 
rifette. 1067 
Griswold. 1088 
Grochow. 1068 
Grobno. 1068 
Gröningen. 1069 
Grönland. 1069 
Größe. 1071 
Grolmann. 1071 
Gronov. 1072 
Gros. 1073 
Grofgen. 1073 
Groß» Aventitr. 1073 
Großbeeren. 1073 
Großbritannien. 1074 
Grogenbayn. 4100 
Großſütſt. 1100 
Großgörfdhen. 1100 
Großgriecenland. 1101 
Großherzog. 1101 
Groſſi. 1101 
Großmann. 1102 


4 


Grofpolen. 1103 
Großvezier. 1103 
Großwarbein. 1103 
Grotefend. 1103 
Orotest. 1103 
Grotesten. 1103 
Grotius, 1104 
Grondy. 1106 
Grube. 1107 
Grubenhagen. 1108 
‚Gruber. 1108 
Grübel, 1109 
Grün. 1109 
Gründonnerftag. 1109 
Grüneifen. 1109 
Grünes Vorgebirg. 1108 
Grünfpan. 1109 
Gruüſſau. 1110 
Grätli. 1110 
Gruithuifen. 1110 
Grumbad, 1110 
Grummet. 1111 
Grund. 1111 
Grundeigentum. 1111 
Grundgerr. 1112 
Gruntpaß, 1112 
Grundriß. 1112 
Grundfteuer. 1112 
Grundten. 1114 
Grundfag. 1114 
Grundtvig. 1114 
Gruner. 1114 
Gruppe. 1115 
Grufien. 1116 
Gruter, 1116 
Gryphius, 1116 
Onadalarara od. Gua⸗ 
dalajara. 1117 
Guadalguivir. 1117 
Guadeloupe. 1117 
Guadet. 1118 
Guadiana. 1118 
Gnaita, 1118 
Gnanarato, 1119 
Guano. 1119 
Guardein. 1119 
Guardian. 1119 
Guarini. 1119 
Guarino od. Barinus. 
1120. 
Guaſtalla. 1120 
Guatemala, 1120 
‚Guben. 1121 
Gubig. 1121 
Gudrun. 1121 
Gügler. 1121 
Quelfen, 1122 
Guelfenorden. 1122 
Günther (fürftl. Berfor 
nen). 1122 
Günther (Mönch). 1122 
Günzburg. 1124 
Guereino. 1124 
Bueride. 1124 








Grofmogul. 1102 
Grofpenfionär. 1103 


Guerin. 1124 


m 


1462 


Buernfey. 1124 
Suerrillas. 1125 
ürtel. 1125 ' 
Sürtelthier. 1125 
Snesclin. 1125 
Bütergemeinfchaft, 1126 
Snglielmi. 1126 
Sniana, 1127 
Suibert. 1127 
Sutecfarbini. 1128 
Sulbo. 1128 
Sulenne. 1130 
Suigues. 1131 
Builleminot. 1132 
Suilochen. 1132 


— 


Regiften 


Gulllotin. 1132 
Guinea. 1133 
Guinee. 1133 
Gufpuzeoa. 1133 
Ouiscard. 1134 
Guifchard. 1134 
Guife, 1134 
Guitarre. 1135 
Oultone. 1135 
Ouigot, 1135 
Suldberg. 1136 
Gulden. 1137 
Gummi, 1137 
Gummi arabicum, 
1138 


Gummi elasticum. 
1138 


Gummi gutiae. 1138 
Gundling. 1138 
Gundulic. 1139 
Gurfe, 1139 
Bufifow. 1139 
Guſtav. 1139 
Guſtav⸗Adolpha⸗ Sif⸗ 
tung. 1145 
Gutenberg. 1146 
Gutenftein. 1146 
Gute Werke. 1146 
Gutjchmibt. 1149 
SGuts-Muthe. 1149 


Gupfow. 1149 - 

Gußniller. 1150 

Guyon. 1151 

Guyton-Morveau. 1151 

Guzurata od.@ubfeherat. 
1151 


Gyges. 1151 
Gyllenborg. 1151 
Oymnaflum. 1152 
Symnaftif, 1152 
Gynäfeum. 1153 
Gymäfologie. 1153 
Gyps. 1153 
Gyroweg. 1153