I
LIBRARY
X. J
PRlNCETpX.
Diwifiinn
G 2446 .E424 G88
Grundemann, R.
Allgemeiner
1867
1836-1924 .
Missions-Atlas
nach Originalquellen
r
ALLGEMEINER
MISSIONS-ATLAS
NACH ORIGINALaUELLEN
>
BEARBEITET
/* .
VON ^'
R. GRUNDEMANN
PREDIÜEK.
AFRIKA. y
GOTHA: JUSTUS PERTHES.
1867.
DIE
V
MISSIONEN IN AFRIKA
IN ZWANZIG KAKTEN
MIT
ERLÄUTERNDEM TEXTE
DARGESTELLT
R. GRUNDEMANN
PREDIGER.
GOTHA: JUSTUS PERTHES.
1867.
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in 2015
https://archive.org/details/allgemeinernnissiOOgrun
VORWORT.
Der allgemeine Missiousatlas, dessen Herausgabe mit vorliegendem Hefte beginnt,
soll einem vielfach ausgesprochenen Bedürfniss entgegenkommen. Der Mangel an aus-
reichenden kartographischen Hilfsmitteln zum Studium der Missionssache wird von Allen,
die sich damit beschäftigt haben, anerkannt. Wie sehr derselbe jenes Studium hindert
und erschwert, liegt auf der Hand. Es wird selten Jemanden gelingen, sich von den
Verhältnissen fremder Gegenden eine klare Vorstellung zu machen, wenn ihm nicht die
Karte die Grundlage dazu geliefert hat. Da für viele Missionsfelder die letztere (in
genügendem Maassstabe) so gut wie ganz fehlte, so ist es erklärlich, wie selbst eifrige
Missionsfreunde sich von wichtigen Gebieten des Werkes durchaus kein entsprechendes
Bild zu maclien im Stande sind.
So viel Missionsberichte man auch über solche Missionen liest, so bleiben die Ein-
drücke, die sie geben, in unsrer Vorstellung nicht haften, weil wir nicht durch Kennt-
niss der verschiedenen Ürtlichkeiten, von denen sie handeln, uns gleichsam ein Schema
gemacht haben, wo wir jene Eindrücke eintragen und sammeln könnten. So bleiben
wir denn in vielen Fällen gerade nur bei dem stehen, was eben der vorliegende Be-
richt uns giebt, und vermögen nicht die einzelnen Züge desselben nach einem bereits
gewonnenen Gesammtbilde zu verstehen und zu beurtheilen.
Sehr naclitheilig ist dies insbesondere für den Geistliclien, der durch Missions-
stunden seiner Gemeinde die Missionssache nahe zu bringen hat. Vielen jener Stunden
hört und fühlt man es arl), dass sie nicht aus lebendiger Sachkenntniss hervorfliessen.
Oft verschwindet dieser j\Iangel unter der weit ausgeführten erbaulichen Seite, womit
dann fast eine Predigt an Stelle der Missionsstunde tritt. Oder er wird zugedeckt mit
einer Auswahl von Missionsanekdoten, die in ihrer Allgemeinheit, oft durch traditio-
nelle Fortpflanzung der Wirklichkeit ganz fern gerückt, zur Förderung eines gesunden
Missionsinteresses nicht viel beitragen können. So überträgt sich jener Mangel von
dem Pfarrer, der die Mission wie Alles, was er der Gemeinde bringt, stndirt hahen
II
sollte*), auf die letztere und richtet überhaupt für die Sache einen zwiefachen Schaden
an. Einmal führt er leicht zur Gleicligiltigkeit ; denn was ich nicht genau kenne, dafür
habe ich auch kein sjiecielles und anhaltendes Interesse. Das Fehlen des letzteren er-
weist sich ja in vielen Fällen, wo ein specielles Wirken für dieses oder jenes Missions-
gebiet (geschweige denn für eine besondre Station) gar nicht stattfindet, sondern nur
der im Allgemeinen anerkannten Nothwendigkeit der Mission ein kleiner regelmässiger
Beitrag gezollt ward, ohne dass man sich klar ist, wozu man denn mit seinen Gaben
wirken helfen will. Dagegen lehrt die Erfahrung, dass, je weiter eine specielle Kennt-
niss gefördert wird, desto mehr die der betreffenden Mission zugehenden Hilfsmittel
wachsen.
Andrerseits aber führt jener Mangel an genauer Bekanntschaft mit dem Missions-
werke bei gesteigerter Liebe für dasselbe zu einer unrichtigen Auffassung, die Alles in
zu idealem Lichte betrachtet. So hoch und hehr aber der Bau des Reiches Gottes unter
den Völkern zu achten ist, so wird das Werk hier doch durch schwache Menschenkräfte
betrieben, in Folge dessen die Wirklichkeit nur zu oft jenes Licht mit starken Schatten
kreuzt, deren Yerkennung dem Gedeihen der Mission nur gefährlich werden kann.
Nach beiden Seiten hin, um durch gesunden Eifer die in vielen, selbst christlich
angeregten Kreisen noch grosse Gleichgiltigkeit gegen die Mission zu verdrängen, wie
andrerseits, um durch rechte, nüchterne Auffassung eine schnell aufflackernde, aber viel-
leicht vorübergehende Begeisterung in die rechten Bahnen zu leiten, thut eingehendes
Studium der Missionssache noth.
Freilich, ein solches weitgreifend ins Leben zu rufen, dazu möchte das Zusammen-
wirken mannigfacher Kräfte erforderlich sein. Der Verfasser darf nicht meinen, durch
seine Arbeit in dieser Hinsicht etwas Neues erwecken zu können. Denen aber und
namentlich denjenigen seiner Amtsbrüder, die wie er jene Lage der Dinge fühlen und
an ihrem Theile derselben abhelfen wollen, bietet er hiermit eines der Hilfsmittel, deren
sie bei jenem Streben nicht 'wohl w^erden entbehren mögen.
Wie der Atlas im Gebrauche sich bewähren wird, mag die Erfahrung lehren. Als
fast erstes Werk seiner Art wird er nicht frei von ^längeln sein. Manches Erwartungen
mag er nicht befriedigen, zumal da der ursprüngliche, mehr versprechende Plan des-
selben bereits in die Öifentlichkeit gedrungen war, dessen Ausführung sich schliesslich
bei dem Schwanken der Verhältnisse als unmöglich erwies. Dahin rechne ich beson-
ders die systematische Einziehung genauer, erschöpfender Notizen über das ganze Mis-
sionsgebiet durch die sämmtlichen Missionare, die sich nur theilweis verwirklichen Hess.
Denjenigen Missionaren, die mich durch freundliche Zusendungen unterstützt haben,
sei hiermit der beste Dank gesagt. Ebenso der noch grösseren Zahl derer, die mir
durch ihre gütige Mittheilung auf specielle briefliche Anfragen eine bedeutende Hilfe
*) Dass die Mission, die thatsächlich im christlichen Leben unsrer Zeit eine hervorragende Stellung einnimmt,
(mit wenigen Ausnahmen) nicht auf der Universität dem angehenden Geistlichen nahe gebracht wird, ist jedenfalls
zu beklagen. Sie könnte vielleicht mit mehr Recht Berücksichtigung beanspruchen, als manches Andre, was in fa-
turam oblivionem nur fürs Examen studirt wird.
geleistet liaben, wie sie in manchen Fällen aus keiner der vorhandenen Quellen zu er-
halten gewesen wäre. Leider aber Hess das Ausbleiben der Antworten auf einen grösse-
ren Theil der ausgesandten gedruckten Formulare eine gleichmässige Verarbeitung auch
mancher eingetroffenen Notizen nicht zu. Dies besonders hinsichtlich der statistischen
Daten, die bei einigermaassen vollständigem Eintreffen in den Erläuterungen zu einer
allgemeinen Missionsstatistik verarbeitet sein würden. Indessen, die während des
Fortganges der Arbeit stets sich erweiternde Verbindungen mit Vertretern der verschie-
denen IVIissionen daheim und auf den Stationen lassen erwarten, dass ein derartiges
Werk der Ausführung immer weniger Schwierigkeiten bieten wird, wie denn der Ver-
fasser zur Bearbeitung eines solchen, sowie einer Jährlichen Missions-Chronik
durch die Bremer Missions-Konferenz (Mai 1866) angeregt, und nach Abschluss des Mis-
sionsatlasses dies_ell)e in Angriff zu nehmen gesonnen ist. Beide werden als weitere Hilfs-
mittel des Missionsstudiums diesem Atlas zur Seite treten. Den diesem beigegebenen Er-
läuterungen blieb für jetzt nur die Aufgabe, in kurzen Worten dem Leser ein Bild von
den natürlichen Verhältnissen des betreffenden Landes, seiner politischen Lage, der
bisherigen Entwicklung der Mission u. s. w. durch hervorstechende Züge ins Gedächtniss
zu rufen, um beim Verständniss der neben der Karte gelesenen Missionsberichte behilf-
lich zu sein. Selbstverständlich, dass dieselben nicht Erschöpfendes bieten, sondern nur
anregen sollen, Weiteres aus der einschläglichen Litteratur nachzulesen.
■ Eine schwache Seite, für die der Verfasser noch um besondere Nachsicht bitten
muss, ist die Schreibung der Namen. Trotz der redlichsten Bemühung war es ihm nicht
möglich, dieses wüste Gewirr einigermaassen zu lichten, eine Aufgabe, die noch erst
ihrer Lösung durch Jemanden, der ihr seine ganze Kraft widmen kann, harren muss.
In einzelnen Fällen, wo sich etwas Genaueres darüber geben liess, ist in den betreffenden
Erläuterungen darüber berichtet. Im Allgemeinen ist die gebräuchlichste Schreibung
so viel möglich beibehalten worden. In fremden Namen ist das Englische ee durch i,
00 durch u ersetzt; dagegen ist das sh nicht in sch verändert. Ebenso hat ch und j,
wo nichts anderes bemerkt ist, den Englischen Laut = tsch und dsch (Deutsch).
Vorliegendes Werkchen, obgleich von keinem Fachmann bearbeitet, wird auch
von Geographen in die Hand genommen werden, — und nicht umsonst, denn es
wird sich auch für sie manches Neue darin finden. Ich durfte ja aus Quellen schöpfen,
an die so bald sich kein Geograph machen möchte, wie jene Hunderte von Bänden ver-
staubter Missionsberichte, in denen unter vielem (geographisch geurtheilt) Schutt man-
ches werthvolle Körnlein vergraben lag, was dann und wann selbst zur Korrektur
mancher Irrthümer, die sich Jahrzehnte lang von einer Karte zur andern fortschleppen,
Gelegenheit gab. Ausserdem aber lagen für einige Gegenden Manuskriptkarten und
Skizzen vor, so wie auch durch ausgedehnte Korrespondenz nach allen Erdtheilen und
durch mündliche Besprechung mit Missionaren wichtige Angaben erlangt wurden. Alle
solche Materialien sind sorgfältig und mit gehöriger Kritik benutzt worden. Gern hätte
ich überall die betreffende Quelle angegeben, ja es würde mir zur grössten Freude ge-
reicht haben, jedem Blatt einen Rechenschsrftsbericht über alle Einzelheiten beizufügen.
IV
Aber bei der grossen Zahl und Mannigfaltigkeit von Quellen, so wie bei meiner be-
schränkten Zeit war es nicht möglich, da die Vorarbeiten nicht darauf angelegt gewesen
waren. Ich kann jedoch auf die ,, Geographischen Mittheilungen" verweisen, die einige
meiner Blätter mit genaueren Nachweisungen bringen werden. Für Vieles au der geo-
graphischen Seite muss ich den Fachmann um Nachsicht bitten, freuen sollte es mich
aber, wenn ich dennoch hier oder da die Überzeugung fördern hälfe, wie erspriesslich
CS ist, wenn Geographie und Mission Hand in Hand gehen.
Schliesslich muss ich noch mein Bedauern aussprechen, dass ich zur Darstellung
der katholischen Missionen bei weitem nicht ausreichende Quellen erlangen konnte. Wb
es mir möglich war, habe ich die Stationen angegeben, doch sind diese Angaben keines-
wegs als erschöpfend anzusehen.
Und so möge es hinausgehen, das Werk mancher ernsten Arbeitsstunde. Der Herr,
an dessen Eeich es dienen soll, hat bisher in Gnaden sein Zustandekommen gefördert.
Er geleite es hinaus mit Seinem Segen imd wolle ihm Frucht bescheren zu Seiner Ehre !
Gotha, Ende October 1866.
Der Verfasser.
>
Der Plan des Atlasses, (Jossen drei erste Lieferungen in der Zeichnung vollendet sind, ist fol-
gendermaassen aufgestellt, obwohl hinsichtlich der späteren Hefte Änderungen in der Zahl der
Blattei-, so wie in der Anordnung vorbehalten bleiben:
I. Abtheilung :
Afrika.
I. Lieferung.
1. Afrika (Übersicht). Ersclieiut in der Itl. Lieferuug.
2. Gambia uud Pougas.
3. Sierra Leone.
4. Liberia.
5. Goldküsto, resp. Sklavcnküste.
6. Oku-Läiider.
7. Niger mit Calabar uud Camcrun.
8. Gabun-Länder.
U. Lieferung.
9. Naraaqualand.
10.) Kapland.
11.5 dto., östlicher Theil.
12. )
> Inneres Süd- Afrika.
13. ^
14. Die südlichen Kafer-Missionen.
15. Natal und Zululand.
III. Lieferung.
16. Ost- Afrika.
17. Madagaskar, Übersieht.
18. Ankova und Antananarivo mit Umgebung.
19. Abessinien.
20. Ägypten.
(Nr. 1. Afrika, Übersicht.)
II. Abtbeilung:
Asien mit Inbegriff der Türkei.
30 bis 40 Blätter.
III. Abtheiliing:
Australien und Polynesien.
20 Blätter.
IV. Abtheilung:
Amerika.
20 Blätter incl. Weltkarte zur allgemeinen Übersicht.
VI,
N». I. Afi'ika.
Übersiclit.
PHIHGJäTGIT
THEOLOGICiLL/
Die vorstohoiide Karte zeigt uns Afrika nacli
seinen Rcligioiisvorliältnisson, und zwar der Art,
dass die Bevölkerungs-Dichtigkeit zur (rrundlage
genommen ist. Diese Darstclhmgsweisc ist, so-
viel uns bekannt, bisher für derartige Z^vecke
noch nicht angewendet worden, daher die zahl-
reichen Missionskarten , welche die Religionen
durcli kolorirte Fläelien darstellen, insofern eine
unrichtige Vorstellung hervorrufen, als sie in
schwach bevölkerten Gegenden den Beschauer
eine verhältnismässig zu grosse Zalil von Be-
kennen! der betreffenden Religion verrauthen
lassen. Diesem Ubelstande konnte luir so abzu-
helfen versucht werden , dass die Farbenstärke
für jedes betreffende Land dem Grade der Be-
Vülkerungs - Dichtigkeit entsprechend gewählt
wurde. Letztere ist freilich fih- Afrika nur an-
qäherndzu ermitteln, vergl. die gründliche Unter-
suchung von Dr. Behm: „Areal und Bevölkerung
aller Länder der Erde", im Geographischen Jahr-
buch, I, Gotha, J. Perthes, 1866, der wir hier
ganz gefolgt sind. Wo Theile eines Landes un-
verhältnismässig stärker als andere bevölkert
sind, ist für die entsprechenden Stellen der Grad
der Farbe erhöht, wie z. B. in Marokko, Algier
und Ägypten (wo die den Nil zu beiden Seiten
begleitenden, stärker bevölkerten Gürtel, um nicht
ganz zu verschwinden, allerdings auch bedeutend
breiter gezeichnet werden mussten, als es der
Wirkliclvkeit entsprochen haben würde). — Älin-
liches möchte für die Zeichnung der Sahara
zweckmässig gewesen sein, in der die Bevölke-
rung überwiegend auf den zahlreichen Oasen
koncentrirt ist, doch war hier eine einigennaassen
consequente Durchfiihrung solcher Darstellungs-
weise wegen fehlender Angaben nicht möglich.
Länder, in denen verschiedene Religionen ver-
treten sind , wurden mit der des herrschenden
Volkes bezeichnet. Die andren sind durch
Tüpfchen der betreffenden Farbe ausgedrückt.
rjnunlciimiiii : Missiontnilaa. I, 3.
und zwar so, dass, wo slatistische Angaben nicht
gänzlich mangeln, durch die Grösse derselben
ein ungefähres Zahlenverhältnis angedeutel isl.
Dass dies nicht bestimmter geschehen konnte,
hat seinen Grund in den unzureichenden Quellen.
Für Marokko wih-de man aus unsrer Karte also
ablesen können: „Herrschend mnhararaedanische
Bevölkerung, 250 bis 500 auf die QMoile, ver-
mischt mit 50,000 bis 500,000 Juden und 1000
bis 10,000 katholischen Christen". Für die Juden
mag hierbei die höchste Angabe der Wahrheit am
nächsten kommen, für die Katholiken vielleicht
der mittlere Dui'chschnitt. Ähnliclie Schwan-
kungen werden sich mehrfach herausstellen, docli
haben wir die Stufen absichtlich so weit gesetzt,
um nicht bei angesti'ebter grösserer Genauigkeit
zu A'iel Unrichtiges zu geben.
Die Tüpfchen, welche mit Schraffirnng ver-
sehen sind, bezeichnen kein Zahlenverhältnis,
sondern deuten nur eine Mischung der Reli-
gionsbekenner an.
Diese Karte soll zugleich zur Orientirnng für
die Specialblätter über einzelne Missionsfelder
dienen, die hier durch punktirte Jjinien umgrenzt
und mit der betreffenden Nummer (in einem
Ringe) versehen sind.
Der grössere Karton zeigt die ethnographische
Vertheilung der Völker Afrika's und damit zu-
gleich die verschiedenen Sprachfaniilien und
Sprachen. Diese Darstellung folgt hau])tsächlich
der „Anthropologie der Naturvölker" von TIi.
Waitz.
In der Angabe der Missionen konnten nur
die verschiedenen Gebiete, nicht aber einzelne
Stationen in's Auge gefasst werden. Die be-
treffenden Zeichen, die mit den anf den S]iccial-
bliitlern gfn)ranch1en übereiiiKtinmicn, sind Avoiler
unlen erklärt, ebenso die Ziffern, mit denen
die verschiedenen Jnstilute, Congregationen und
12
Gesellschaften, welche Römisch-katholische Mis- ,
siou treibeu, bezeichnet sind. Aus Mangel an j
andren Quellen mussten wir uns hier mit we- !
nigen Zusätzen und Berichtigungen aus deii.lahr-
bücher)! zur Vfi-bi-eituug des Glaubens auf die
Angaben im „Dictionnairc des missions callio- j
liques, par Dr. E. de Djunkowskoy", Th. II,
Paris 1 864, beschränken. Leider ist das ganze
Werk zu wenig gründlich gearbeitet , als dass !
es hinsichtlich der Richtigkeit und Vollständig-
1
keit volles Vertrauen beanspruchen könnte. '
Seuegand)ien und Algerien finden sicii zur '
genaueren Darstellung der hauptsäcliliclisten ka-
tholischen Missionsstatiöneu in den oberen Kar-
tons. Die unteren zeigen St. Helena und As-
ceusion in ausg(^delintem Maassstabe. Auf erstereu 1
ist durcli rothe Unterstreicliuug die Thätigkeit '
der 8oc. for tlie Propagation of the Gospel unter
Europäischer Kolonial-Bevölkerung und befreiten |
Negern angezeigt, durch Blau die Wirksamkeit
eines mit keiner Gesellschaft verbundenen Mis-
sionars (Baptisten). Der Biscliof hat seinen Sitz in
Jamestown, zu dessen Diöcese auch Ascension
Island gehört , wo el)enfalls ein Arbeiter der
S. P. G. für die Kolonial-Bevölkerung stationirt
ist. Zur Orientirung über die Lage dieser und
der andi'en zu Afrika gehöngeu Inseln sehe
mau deu Karton für die Ethnographie. Die letz-
teren finden sich in genauei'er Darstellung auf
Blatt 16 u. 17.
Für die Arabischen Namen sind folgende be-
sondre Zeichen angewendet :
.V' = - (<isch).
= ^ (ch guttural, schwach).
kh = ^ (ch guttural, stark).
)S' = (cei'ebral).
' _ — ^ (sanfter Kehlliauch).
qh = i- (starker Kehlhauch).
— ^ (k, stark).
^ = ^ (schwach).
Missions -Atlas
Afrika >'? 2 .
Tadaf -iaf^**"^' Lamm '
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KontatA
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FIAUBITfSFX'r'"'
i.M.i:3oooooo SIERKiV LEOi\'E( ^ *
^'ii' die MisA-uiiten i/t Bait.-uiM'l'.^ Yuv
Sierra l.enn*^- siehe- NVS.
DAS GEBIET J)FK
srsiTs
TIM AN I S
GOTHA : J USTU S PF. RTH E S
2. Die Missionsgebiete
Die obere Hälfte des vorliegenden Blattes
führt uns das nördlichste der Westafrikanischen
Missionsfelder vor, die Länder um den breiten
Gambia-Fluss , der z-srischen seinen mit dichten
Mangrovewäldern eingefassten Ufern still, doch
majestätisch dahin zieht. Der im Gegensatz zur
sandigen Küste hier so fruchtbare Boden würde
einen weit ausgedehnteren Ackerbau gestatten,
als er bisher von der hier Wohnenden, keines-
wegs spärlichen Negerbevölkerung betrieben wird.
Es sind vor Allen Mandengas (Mandingos), die
seit Jahrhunderten das Land bis auf mehr als
100 Meilen ins Innere inne haben. Die Mehr-
zahl derselben halten noch an ihrem ursprüng-
lichen Heidenthum fest, leben fast ausschliess-
lich vom Ackerbau und wei'den Sonninkies ge-
nannt im Gegensatz zu den Marabüts, die sich
dem seit geraumer Zeit eindringenden und stets
au Einfluss gewinnenden Islam ergeben haben.
Diese, meist fanatische Muhammedaner, treiben
neben dem Ackerbau besonders Handel bis tief
ins Innere des Landes , wobei sie als eifrige
Missionare des Islam zu weiter Ausbreitung
desselben beitragen. Ein anderer Negerstamm,
die Jaloffen (Jolofs, Walufs), der seine Haupt-
sitze nördlicher gegen den Senegal hat, reicht
im Gebiete Barra und Salüm bis an den Gam-
bia. Bei ihnen hat der Muhammedanismus den
alten Fetischdienst wenig einscliränken können;
man kann sie in diesen Gegenden noch als rei-
nen Heideustamm betrachten. Trotz der son-
stigen niedern Stufe der Kultur sind sie die
Vertreter der einheimischen Industrie für ein
weites Gebiet und bewähren sich in manchen
Zweigen als geschickte Handwerker. Eine dritte
Völkerschaft sind die Fullahs (Fulbe, Pullo, Fel-
latah), die, sämmtlich Muhammedaner, in kleinen
Schaaren von 100 bis 150 Familien nomadisch
und zugleich handeltreibend am oberen Gambia
umherziehen, einzeln aber auch in allen seinen
Uferländern sich nicht selten unter den Man-
dengas zerstreut finden.
An der Mündung des Flusses befinden sich
seit Jahrhunderten Europäische Niederlassungen,
Grundemann : Missionsallas. I, 1.
am Gambia imd Rio Pongas.
I durch die lange Zeit zur Ausbreitung des Chri-
' steuthums nicht nur nichts geschah*), sondern
sogar der Boden für die später eintretende Mis-
I sion noch härter gemacht war. Jetzt befinden
' sie sich in Britischem Besitz (seit 1816). Ba-
j thurst, ein Städtchen von schon fast Europäi-
I schem Aussehen, bildet die Hauptstadt. Einige
weiter im Innern vom Fluss gebildete Inseln
gehören ebenfalls den Engländern, scheinen aber
dem Europäischen Verkehr noch nicht sehr nahe
gerückt zu sein.
Die ersten Missionsbestrebungen von Bedeu-
tung auf diesem Gebiet sind mit dem Namen
der edlen, für Afrika's Heil begeisterten Hanna
Kilham verknüpft (seit 1823). Noch vor der
Anlegung ihrer Schulen auf der Insel S. Mary
hatte auch die Wesleyanische Methodisten-Mis-
sion zu Mandanary begonnen, die, indessen eben-
falls nach Bathurst verlegt, erst sich zu ent-
falten begann, bis sie in den dreissiger Jahren
in durchgi'eifenden Erweckuugen eine Blüte er-
langte. In jener Zeit kam die zweite, auf der
[ MacCarthy-Insel *•'") (die wir in grösserem Maass-
; stabe auf dem Karton rechts geben) gegrün-
dete Station hinzu, auf der sich bald eine ver-
j hältnissmässig zahlreiche Gemeinde sammelte.
Später wurden noch Stationen zu Barra Point
und Kap S. Mary angelegt (vergl. den grös-
sern Karton links). Indessen bildet das Klima,
das schon manchen Missionar in ein frühes Grab
gestreckt hat, ein bedeutendes Hinderniss gegen
den erspriesslichen Fortgang des "Werkes, das,
wie schon angedeutet, auch wegen des um sich
greifenden Islam einen harten Boden hat. Jetzt
sind hier keine Europäischen Missionare thätig.
Des Klima's wegen ist das "Werk eingebornen
Predigern anvertraut. Die wenigen Berichte, die
*) Abgesehen von Versuchen äusserlichcv Ptlanzung
der katholischen Kirche, von denen auch jetzt noch Spu-
ren, doch fast völlig in das Heidenthum aufgegangen,
übrig geblieben sind.
**) Den auf der Karte leider stehen gebliebenen Stich-
fehler M= Carty woUe man daselbst corrigiren ; ebenso
auf dem unteren Karton: Association für Assotiaton.
1
darüber zu uns gelangen, sind meist allgemein
gehalten , doch berichten sie von Zuwachs der
Gemeinde, die auf allen Stationen zusammen im
vorigen Jahre 997 volle Mitglieder zählte.
Zu Bathurst befindet sich auch eine katho-
lische Mission der Kongregation „des heiligen
Geistes und des unbefleckten Herzens Maria"
und ein Institut der Schwestern „der unbefieck-
tcu Empfiingniss".
Die Pariser Missiousgesellschaft (Sociute des
missions evangeliques) hat vor einigen Jahren
in der Fi'anzösischen Besitzung am Casamance
zu Sedhiu eine Station errichtet, und arbeitet
daselbst bereits erfolgreich unter verschiedenen
Stämmen. Die Station befindet sich in dem be-
nachbarten Dörfchen Dagorne.
Die untere Hälfte unseres Blattes rechts führt
uns auf das gegen Südwesten gelegene nächste
Missionsfeld am Kio Pongas. Hier war in frü-
herer Zeit einer der Haupti)lätze des Sklaven-
handels, der bis in die neueste Zeit in den man-
nigfach verzweigten Plussarraen, die das Delta
bilden, immer noch dann und wann einen Schlupf-
winkel zu finden scheint; doch ist der geord-
nete Handel mit Landesprodukten im Wachsen,
den besonders die der Mission geneigten Häupt-
linge befördern. Es giebt dort mehrere Franzö-
sische Faktoreien. Die Bevölkerung in dieser
Gegend besteht aus Susus (Sosos), einem vom
Bio jN^uuez bis zum Scarcias und tief ins Innere
wohnendeii Stamme. Nordwestlich von der Mün-
dung des Bio Pongas Avohnt ein kleinerer Stamm,
die Bagas, der mit den Bulloms und Timanis
verwandt sein soll.
Schon um den Schluss des vorigen Jahrhun-
derts wirkten hier vorübergehend zwei Edin-
burgcr Missionare zu Kondaia. Seit 1804 be-
gann die Church Missionaiy Society mit Deut-
schen Missionaren (meist Schülern von Jäniche)
' die Susu- Mission. Bis 1818 hat dieselbe bc-
' standen; 15 Missionare waren in derselben thä-
I tig, deren 7 dort dem Klima zum Opfer fielen,
j Die Stationen waren Bashia und Kanofi, von
wo aus auch für einige Zeit eine Mission auf
den Los-Inseln und in dem gegenüberliegenden
Kapparu, Gambier, unterhalten wurde. Doch die
Feindschaft der Sklaveiihändler liess dies Werk
t nicht bestehen.
! Erst im Jahre 1855 ist dasselbe wieder be-
j lebt worden, als in Westindien in kirchlichen
1 Kreisen ein reger Missionseifer erwachte und
eine eigne Gesellschaft sich bildete, die Geist-
liche Afrikanischer Abstammung nach / West-
Afrika als Missionare sendet*). Dieselben haben
am Pongas eine freundliche Aufnahme gefun-
den, besonders durch einen Häuptling Bich.
Wilkinsou, der als Jüngling mit zu den Schü-
lern und Bükehrten der ersten Missionare ge-
hört hatte und nun bis zu seinem vor einiger
Zeit erfolgten Tode der Mission wesentliche
Dienste geleistet hat. Es bestehen gegenwärtig
zwei Stationen mit 459 Getauften. Die West-
indische Gesellschaft hat ein eignes Missions-
j Seminar (Codrington College) auf Barbados zur
: Ausbildung ihrer Missionai'e. Die Society for the
I Propagatiou of the Gospel unterstützt ihr Werk.
I In neuester Zeit ist die Anlegung einer Sta-
' tion auf den von 4- bis 500 Susus bewohnten
' Los-Inseln ins Auge gcfasst worden.
*) West Indian Association for Jlissions in West
Äfrica; Barbados.
N". 8. Sierra Leone.
Die gebirgige Halbinsel Sierra Leone war
schon um die Mitte des 15. Jahrhunderts den
Portugiesen bekannt, von denen sie ihren Na-
men erhielt, wegen der mächtigen Brandung,
die wie mit Löwenstimmen das äusserste Kap
umbraust. Seit dem Aufblühen des Sklaven-
handels wurde sie einer der bedeutendsten Sta-
pelplätze desselben. Gegen das Ende des vorigen
Jahrhunderts dagegen ging sie in den Besitz
der African Company über, die dort Kolonien
befreiter Neger anlegte, deren Zahl durch meh-
rere nach dem Amerikanischen Kriege aufgelöste
Negerregimenter vermehrt wurde. 1808 kam
Sierra Leone an die Britische Krone, die später
auch ein weiteres Gebiet des Timne-Landes dazu
erwai'b , in neuester Zeit noch die westliche
Hälfte von Quia, das ebenfalls von Timnes be-
wohnt ist. Bis auf den heutigen Tag wird die
Halbinsel zur Ansiedlung der von Sklaven-
schiffen befreiten Neger benutzt, daher die ur-
sprüngliche Timne-Bevölkerung längst von einem
Gemisch der verschiedensten Westafrikanischen
Völkerschaften überwuchert ist. Über 100 oft
sehr von einander verschiedene Dialekte werden
auf dem kleinen Eaume gesprochen, doch bildet
ein eigenthümlich gefärbtes Englisch die all-
gemeine Umgangssprache.
Das Land ist sehr fruchtbar, doch lassen
die bis 3000 Fuss sich erhebenden Berge wenig
I für den Ackerbau geeigneten Boden übrig. Da-
I her wendet sich die Bevölkerung bei weitem mehr
j dem Handel zu, und nicht wenige Handlungs-
häuser, die ganz selbstständig von Negern geleitet
werden, haben einen weit bekannten Namen er-
i laugt. Viele Andre fangen klein, als Krämer an
und erwerben doch mit der Zeit ein nicht ge-
ringes Vermögen. Europäische Kultur in allen
ihren Zweigen finden wir in Sierra Leone ein-
gebüi'gert, obwohl Manches noch mit derselben
in schneidendem Kontrast steht. Die angrenzen-
den Gebiete, wie z. B. die der Bulloms nörd-
• lieh und südöstlich von SieiTa Leone, sowie die
Timne-Länder sind den Europäischen Einflüssen
noch bei weitem weniger zugänglich, während
Grundemiinn: Missionsatlas. I, 1.
die Muhammedanischen bereits grossen Erfolg
gehabt haben. Es finden sich dort schon man-
che ganz muhammedanische Städte. Doch sind
diese Länder noch immer überwiegend als heid-
nisch anzusehen. An vielen, namentlich Küsten-
orten finden sich Niederlassungen christlicher
Sierra Leone-Leute, welche eine geeignete Ver-
mittlung für die Wirksamkeit der Mission in
jenen Gegenden darbieten.
Die frühesten Versuche der Mission in die-
sem ganzen Gebiet wurden bereits zu Ende des
vorigen und zu Anfang dieses Jahrhunderts un-
ternommen, und zwar von Baptisten, Methodi-
sten, der Lond. Miss. Soc. und einigen Schot-
tischen Gesellschaften, waren aber von kurzer
Dauer und scheinbar ohne Erfolg, während ei-
zelne Fälle sogar der Missionssache schwere
Schmach bringen mussten. Der Church Miss.
Soc. war es vorbehalten, hier zuerst seit 1804
eine erfolgreiche Wirksamkeit zu beginnen. Un-
ter ihren ersten, meist Deutschen Missionaren
erwähnen wir nur Nyländer, Düring und John-
son (Jansen). Seit 1816 entfalteten auch die
Methodisten eine ausgedehnte Thätigkeit. Die
erstere Gesellschaft hat bereits vor einigen Jah-
ren ihre Stationen grösstentheils zur selbststän-
digen kirchlichen Konstituirung entlassen können,
was um so leichter geschehen konnte, da Sierra
Leone seit 1852 eine Kolonial-Diöcese der angli-
kanischen Kirche ist mit eignem Bischof, und
das theologische Institut an' der Fourah-Bai
bereits manchen schwarzen Geistlichen gebildet
hat. Wo noch eigentliche Missions-Stationen je-
ner Gesellschaft bestehen , ist auf der Karte
überall durch Ch. M. S. angedeutet. In Free-
town besteht eine nicht geringe Zahl anglikani-
scher und Wesleyanischer Kirchen, die meist
nach den Stadtvierteln und Strassen benannt
werden, wie Pademba Eoad, Kissey Eoad, Kroo-
town (Ch. M. S.), Ebenezer, Zion, Bathurst-
street, Gibraltartown , Buxton Chapel u. a.
(W. M. S.), bei deren Erwähnung in den Mis-
sionsblättern (für Neulinge verwirrend) oft nicht
hinzugefügt wird, dass sie in Freetown liegen.
2
Die Namen der grösseren Städte werden auf den
betreffenden Distrikt ausgedehnt, in dem sich
Ortschaften verschiedenen Namens befinden, die
sich aber auch in andern Distrikten -wieder-
holen, wie z. B. Kossotown, wodurch man sich
ebenfalls nicht irre machen lassen darf. Von '
den zahlreichen Plätzen, an denen die Wesl. I
Miss. Soc. wirkt, konnten wir nur die haupt- '
sächlichsten anführen.
Die Lady Huntingdon Connexion hat eine
nicht geringe Zahl Bekenner unter den Schwar-
zen und treibt unter den noch nicht christiani-
sirteu Bewohnern der Kolonie Mission, — wie
dann von dort aus wieder in den angrenzenden
Ländern missionirt wii'd (BuUom Shore [Strand]
TindBompey in der Sherboi-o-Gegend). DieChurch
Miss. Süc. hatte in dem ersteren Gebiet bereits j
eine vorübergehende Thätigkeit, 1812 bis 1818,
die in neuerer Zeit wieder aufgenommen ist und
guten Erfolg verspricht. Ähnlich unter den Tim-
nes zu Magbele 1833 und zu Port Lokkoh seit
1840, von wo später die Mission nach dem er-
steren Ort wieder verlegt, aber 1860 in Folge
von Kriegsereignisseu abgebrochen werden musste.
Jetzt wird dieselbe zugleich mit der in Quia
erst begonnenen vorläufig von dem noch in Wa-
terloo wohnenden Europäischen Missionar wieder
kräftiger betrieben. Die United Methodist Free
Church missionirt an mehreren Orten unter Lei-
tung eines Europäischen Arbeiters, der nach den
neuesten Berichten zurückkehren musste.
Aussei'dem hat die Foreign Evangelist So-
ciety in Sierra Leone eine Thätigkeit begonnen,
über die noch kein ausführlicher Bericht vor-
liegt. Die Society for Promoting Female Edu-
cation in the East hat ebenfalls dort einige
Mädchenschulen, Asyl u, s. w.
Im Jahre 1860 bestand die Bevölkerung von
Sierra Leone aus 41,624 Seelen, darunter 250
Weisse.
Aus der Statistik der Denominationen be-
merken wir 12,954 Anglikaner,
15,170 Methodisten (3600 Afrika-
ner, die übrigen Wes-
leyaner),
2,146 Lady Huntingdon Connexion,
60 Katholiken,
1,734 Muhammedaner,
3,351 Heiden.
M issuiiiN - All:is
GOTHA :Jr^
Afrika VV l.
i'KRTHKS.
N". 4. Liberia nebst der Slierboro- und Mendi-Gegeud.
Die Eepublik Liberia verdankt ihren Ur-
sprung der regen christlichen Fürsorge, mit der
man iu den Vereinigten Staaten das Loos der
dort frei gewordenen Neger zu verbessern suchte.
Schon zu Anfang dieses Jahrhunderts war ihrer
eine grosse Zahl, zerstreut, gewerblos und in
grösstera Elende lebend, denen mau durch Rück-
versetzung in ihr Westafrikanisches Vaterland
am besten aufhelfen zu können meinte. Erst
1817 kam für diesen Zweck eine Gesellschaft
zu Stande, die nach zwei Jahren ihre Koloni-
sationsversuche auf der Sherboro-Insel begann,
doch mit sehr unglücklichem Erfolg. Die zweite
Sendung ging 1821 nach dem Kap Mesurado,
wo die Anlegung der Stadt Monrovia gelang,
die in der Folge Hauptstadt der anfänglich un-
ter vielen Schwierigkeiten, doch stetig wachsen-
den Kolonie Liberia wurde, welche sich unter
der Leitung der oben genannten Gesellschaft
allmählich zu einer selbstständigen Republik ge-
staltete und sich vom Rio Gallinas im Nordwesten
bis jenseit des Kap Palmas im Südosten ausdehnte.
Gegenwärtig umfasst dieselbe eine civilisirte Af-
rikanische Bevölkerung von etwa 19,000 See-
len. Die ursprünglichen Bewohner jener Gegen-
den, die in verschiedene, auf der Karte angege-
bene Stämme zerfallen, haben sich grösstentheils
der Regierung unterworfen, wenigstens so viele
an der Küste und etwa bis zu zehn Meilen ins
Innere ihre Wohnsitze haben. Ihre Seelenzahl
soll sich auf eine halbe Million belaufen. Nur
unter Einem dieser Stämme, den Veys, hat der
Muhammedanismus Wurzel gefasst.
Unter diesen Umständen hat die Mission
hier eine doppelte Aufgabe: einmal, unter denr
Liberianern geordnete kirchliche Zustände her-
Grundemann: Mitaionaatlas. I. 1.
beizuführen und aufrecht zu erhalten, andrer-
seits, unter den eingebornen noch heidnischen
Negern das Christenthum einzuführen. Ver-
schiedene Gesellschaften sind nach beiden Sei-
ten hin thätig. — Die ersten Missionsbestre-
bungen fallen mit der Gründung der Kolonie
zusammen, doch stehen sie nur vereinzelt da.
Einen weiteren Versuch machte die Baseler Mis-
sionsgesellschaft 1827, der aber schon 1831,
nachdem theils zu Monrovia, theils zu Bassa
Cove nicht ohne guten Einfluss gewirkt worden
war, des Klima's wegen abgebrochen werden
musste. Von acht Arbeitern waren vier dem-
selben erlegen.
Andauernder waren die Arbeiten Amerika-
nischer Gesellschaften. Die American Baptist
Missionary Union wirkte, nachdem sie früher
schon einzelne Arbeiter nach Liberia geschickt,
nameatlich unter den Bassas. Doch auch diese
Mission ging im vorigen Jahrzehnt allmählich
zu Ende. Der American Board begann 1835 am
Kap Palmas, doch wurden die Stationen 1844,
da die Arbeiter sich nach dem Gabun begaben,
an die bereits mehrere Jahre unter den Grebos
wirkende Protestant Episcopal Mission überlas-
sen, die jetzt am Kap Palmas sowie unter den
Stämmen, die östlich, und selbst unter denen,
die weit im Innern wohnen, eine ausgedehnte
und gesegnete Thätigkeit hat. Hier fasst diese
Mission besonders die noch heidnischen Ein-
gebornen ins Auge, während sie auf den wei-
ter nordwestlich gelegenen Stationen, die auf
der Karte angegeben sind, sich mehr den Libe-
rianern zuwendet. Letzteres gilt vorzugsweise
auch von der Methodist Episcopal Mission, die
neben den auf der Karte vermerkten Haupt-
Stationen noch viele Nebenstationen hat; doch
wirkt auch sie unter den Golas und unter den
Kwias. Aus dem voi'igen Jahrzehnt wird auch
von zahh-eichen Stationen der Southern Baptist
Convention (fast an allen bedeutenden Plätzen
Liberia' s) berichtet; doch war es uns trotz aller
Anstrengung nicht möglich, zu" erfahren, ob diese
Mission noch besteht oder wie sich dieselbe ge-
staltet hat.
Nur aus einer flüchtigen Andeutung ersehen
wir, dass auch Amerikanische Lutheraner in der
Nähe von Monrovia eine Mission haben sollen;
doch ist uns auch darüber etwas Näheres zu
erfahren nicht gelungen.
In der Sherboro- *) und Mendi-Gegend **) be-
steht seit 1842 eine Mission der späteren Ame-
rican Missionary Association. Die sonst oft ge-
nannten Stationen Kaw Mendi und Mo Tappan
sind in dem letzten Jahresbericht der Gesell-
schaft nicht erwähnt und es scheint sich die
ganze Thätigkeit auf Good Hope und die Aus-
senstationen zu beschränken. Auch die Church
Missionary Society hat in Bendo eine Schule un-
ter einem farbigen Lehrer.
*) Öfter geschrieben Sherbro ; der Original - Name
soll Shebar sein.
**) Diese Gegenden gelten als Brittische Besitzungen,
doch werden sie bis an den Sherboro-Fluss auch von
Liberia beansprucht.
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PERTHES
N". 5. Die Goldküste und der westliche Theil der Sklavenküste.
Die Goldküste bietet eine eigenthümliche Er-
scheinung dar durch die zahh'eicheu Forts Eu-
ropäischen Ursprungs, mit denen sie eingefasst
ist und die von der Ausdehnung des Handels,
dem sie zum Schutze dienen sollten, Zeugniss
geben. Jetzt stehen die meisten als Ruinen ne-
ben den aus viereckigen Lehmhäusern beste-
henden Negerdörfern. Wenige werden von den
Holländern gehalten , mehr von den Engländern,
in deren Besitz auch die früher Dänischen über-
gegangen sind (seit 1851). Der Hauptsitz der
Englischen Macht in diesen Gegenden ist Cape
Coast Castle. Die sämmtlichen Küstenstämme
stehen unter Britischer Protektion. — In land-
schaftlicher Hinsicht sondert sich der erste Kü-
stenstrich mit seinen unfruchtbaren Sandtiächen
und einzelnen Büschen sowie zalilreicheu mäch-
tigen Termitenhaufen deutlich von der folgenden
Zone, in der ein Hügelland mit dichten Wäl-
dern und üppig gedeihenden Plantagen vorwal-
tet. Weiter landeinwärts beginnt Gobirgsland
von nicht unbedeutender Erhebung. — Das Klima
ist eines der gefährlichsten für den Europäer,
und fast keinem bleibt das oft tödtliche Küsten-
fieber erspart.
Die eingeborne Bevölkerung ist verhältniss-
mässig stark. Sie zerfällt ethnographisch in
mehrere Stämme mit mehr oder weniger ver-
schiedenen Dialekten, deren Verwandtschaft eini-
germaassen durch das Kolorit auf der Karte an-
zudeuten versucht ist. In politischer Beziehung
ist die Zersplitterung in zahlreiche kleine Stämm-
chen mit je eignem Oberhaupte (?) noch grösser.
Jenseit des Küstengebietes liegt das starke Kö-
nigreich Ashanti, das den Einflüssen Britischer
Macht und Civilisation noch immer mit Erfolg
Trotz bietet und eine Burg heidnischer Greuel
und Unmenschlichkeiten bildet. In früheren Zei-
ten florirte an der ganzen Goldküste neben dem
Handel mit Goldstaub, der dorther kommt, der
Sklavenhandel. Nach der Beseitigung des letz-
teren soll der Handelsverkehr überhaupt ab-
genommen haben. Am meisten soll er jetzt von
Amerikanern betrieben werden, die den Gold-
Grundemann: Missionsatlas. I, 1.
staub gegen die ausschliesslich von Ashanti ge-
forderten Artikel : Rum, Tabak und Schiesspulver,
eintauschen lassen.
Die ersten Anfänge der Mission auf der Gold-
küste wurden vor hundert Jahren von der Brü-
dergemeinde gemacht, nachdem fast ein zweihun-
dertjähriger Verkehr der Europäer von einer aus-
gedehnten Mission der schändlichsten Laster be-
gleitet war, deren Nachwirkungen bis auf den heu-
tigen Tag der Mission des Evangeliums die grössten
Hindernisse entgegensetzen. Jener Versuch war
aber sehr vorübergehend, da die neun Sendboten
bald dem Fieber erlagen. Einzelne Missionsunter-
nehmungen auch von Englischer Seite finden sich
um dieselbe Zeit, doch ohne nachhaltigen Er-
folg. Erst 1834 traten die Wesleyanischen Me-
thodisten in dieses Arbeitsfeld ein, zu Cape Coast
Castle, von wo aus eine nicht geringe Zahl von
Gemeinden, namentlich aus dem Fanti-Stamme,
gesammelt ist. Es sind dort jetzt bereits viele
eingeborne Prediger thätig. Eine Zeit lang war
diese Wirksamkeit sogar bis nach Kumasi, der
Hauptstadt Ashanti's, ausgedehnt, doch sind die
Stationen schon längst wieder verlassen, und
Bemühungen in den letzten Jahren, sie wieder
aufzunehmen, waren vergeblich. Die Zahl der
Wesleyanischen vollen Gemeindeglieder ist (1865)
1555 unter acht Missionaren, iresp. Hilfsarbeitern.
Schon 1828 waren auch Baseler Missionare
nach der Goldküste gekommen, doch die meisten,
um fast sogleich vom Klima dahingerafft zu
werden. Eine nachhaltigere Wirksamkeit dieser
Gesellschaft beginnt erst zu Anfang der vier-
ziger Jahre, wo man eine Kolonie christlicher
Neger aus Westindieu unter Beihilfe der Däni-
schen Regierung zu Akropong anlegte. Obgleich
dem Werke auch von da an viele Hindernisse
im Wege standen, ist es doch beständig gewach-
sen, und die Karte kann eine ganze Reihe von
Stationen unter verschiedenen Stämmen verzeich-
nen. (In Akuapim wird der Otschi-Dialekt ge-
sprochen, mit dem der von Akim verwandt ist.
Der Akkra- oder Ga-Dialekt steht jenem ferner,
doch ist er mit dem vom benachbarten Adangme
4
verwandt. Iü beide Dialekte sind Theile der
heiligen Schrift übersetzt.) Die Zahl der Ge-
meiudcglicder ist (1866) 1018 unter 33 Europäi-
schen Arbeitern.
Östlich von dem mächtigen Volta-Stromc liegt
die Sklavenküste, auf der sich noch manche ver-
lassene neben einigen noch bestehenden"''') Skla-
venfaktoreien befinden. Charakteristisch für diese
Gegenden sind die grossen, liinter der Küste sich
ausdehnenden Lagunen, die, zum Theil zu Zeiten
trocken, weite Flächen einnehmen, deren Gren-
zen hie und da noch sehr fraglich sind. Die
Bevölkerung gehört dem Ewe-Stamme an, dessen
östliche Hälfte das berüchtigte Königreich Da-
home ausmacht, während die westliche in un-
zählige kleine, von einander unabhängige Stäram-
chen zerfällt, die oft nur 3 bis 4 oder 10 bis
12 Dörfer umfassen. Die meisten der betref-
fenden Namen**) auf der Karte bedeuten nicht
einzelne Ortschaften, sondern solche Stämmchen.
*) Trotz der Englischen Kreuzer wird von -Whyda
und einigen andern Punkten (?) noch immer Sklavenhandel
betrieben.
**) Wir konnten für dieselben durchgängig die Schreib-
Dieselbeu gruppiren sich wieder zu mehi'eren,
verschiedene Dialekte sprechenden Äbtheilungen.
I Hier hat die Norddeutsche Missionsgesellschaft ihre
Stationen. 1847 begann sie die Arbeit, zunächst
in Pekyi, das aber wegen Kriegsunruhen später
wieder aufgegeben werden musste. Seit 1854
wurde Keta die Station, von der aus die Wirk-
samkeit sich wieder nach dem Innern aus-
dehnte. Die Mission hat viele Opfer gekostet,
ist aber in gutem Fortgange. Unter 15 Euro-
päischen Arbeitern befinden sich 119 Getaufte,
von denen 28 Kommunikanten sind.
Zu Whyda f Weida J und Popo haben auch
\ die Wesleyanischen Methodisten Stationen unter
einem eingebornen Geistlichen, doch spricht der
neuste Jahresbericht vom Zustande derselben
! nicht sehr ermuthigend.
{ Dort besteht endlich eine katholische Mis-
sion der Jesuiten, und seit 1860 ist Dahome,
I
in dessen Hauptstadt Abome dieselben ebenfalls
eine Station haben, zum apostolischen Vikariat
erhoben.
I
art nach dem für die Ewe-Sprache eingeführten Alphabet
anwenden.
Afrika XV »1.
DIE
O KU LÄNDER
( TORI BA
i.M. l: l,ÖO0,O0rt
Cfntrch Alhsion <wr So( ict\'
Arurric. Saittfirt'n fta/tfist (bttve/tt, J/..V"
Urii. tle.iHrtifi qrti .
fyr/rr ßr/f. t*rntrcHoii .
Xur Ort/to</ra/fhiv
f <■ (fran-x.)
a <tn f/fr/rrrrcf tirutsrfieii Düllrßtfe
o(/. efitfi. „(tM'in l<nr.
Plsiii von Abeokiila
=F
1
N". 6. Die Oku-Läuder (Yömba).
Unter dea ^Tarnen Oku *) - Länder begreifen
wir die Wohnsitze der östlichen Zweige jenes
West-Afrikanischen Volksstammes, Jessen west-
liche Abtheilung im Ewc-Gebiet (wozu im wei-
teren Sinne auch Dahome gehört) schon auf
dem vorigen Blatte gegeben ist. Wie dort,
so treten uns auch hier mehrere dialektisch
verscliiedene ethnographische Abtheilungen ent-
gegen, die auf der Karte durch besonderes Ko-
lorit hervorgehoben sind. Unter denselben wa-
ren früher die Ydrubas die bedeutendsten, die
bis zum Anfang dieses Jahrhunderts ein gros-
ses Reich hatten, das, bis zum iS'iger sich
erstreckend, an Macht mit Dahome und As-
hanti wetteiferte. Auch die übrigen Stämme
waren ihnen unterworfen. Das alte Oyo war
die Hauptstadt. Zu Anfang dieses Jahrhun-
derts begannen die muhammedanischen Fella-
tas in jene Gegenden einzudringen um, an
Zwistigkeiten einzelner Stämme anknüpfend, all-
mählich in blutigen Kriegen die wohlbevölkerten
und bebauten Länder in Wüsten zu verwandeln,
wobei der Sklavenhandel seinen höchsten Auf-
schwung nahm. Bis in das zweite Jahrzehnt
dauerten diese Verheerungen, bis die Eindring-
linge als unbestrittene Herren des Gebietes um
Illorin, das sie zur Hauptstadt machten, ihre
Macht koncentrirten, während weite Gebiete ganz
wüst blieben und sich nur an einzelnen Orten
die Uberreste der aufgeriebenen Stämme wieder
sammelten. Aus dieser Geschichte erklärt sich
die eigenthümliche Erscheinung dieser Gegenden.
Die ausgedehnten Ebenen, aus denen nur hie
und da malerische Gruppen von schroffen Por-
phyrfelskegeln**) aufragen, zeigen verhältniss-
mässig wenig Wald, der schon vor Zeiten der
Kultur gewichen, — doch unabsehbare Prairien,
*) Der Name, von einem eigentliümlichen Gruss ent-
lehnt und zum Theil von andern Stämmen als Spitzname
gebraucht, mag nicht ganz bezeichnend erscheinen, doch
ist er jedenfalls für die ethnographische Betrachtung zweck-
mässig.
**) Nach Andern Granit.
Grundemann ; Missionsatlas. I, 1.
mit mannshohem Grase bestanden, zwischen
dem sich nur schmale Pfade hindurchwinden,
nehmen die Stelle der einst mit Fleiss bebauten
Flüren ein. Oft führen jene schmalen Pfade
über niedrige Lelimhügel, auf denen die Canna
indica mit ihren breiten dunkelen Blättern und
rotheu Blumen üppig wuchert; doch sie kündet
dem Wandrer nur, dass er über die Stätte einst
blühender Städte und Dörfer hinschreitet, deren
Lehm-Wälle und -Wäude die Regenzeit man-
cher Jahre in jene formlosen Huinen verwandelt
hat. An andern Orten findet sich auch wiederum
Gebüsch anstatt der eben erwähnten Prairien.
So ausgedehnt aber auch jene Verödung nach
Verlauf fast eines halben Jahrhunderts ist, so
hat sich doch allmählich wieder eine in schnel-
lem Aufschwünge begriffene Kultur eingestellt.
Die Peste der aufgeriebenen Stämme sammelten
sich bald an geeigneten Orten, wie namentlich
die der Egbas in Abeokuta*), das ein Konglo-
merat von nicht weniger als 130 Städten bil-
det, die in den Pesten ihrer Bewohner zwischen
den Felsen dort eine Zuflucht fanden und bei
selbststäudiger Verfassung, aber unter gemeinsa-
mem Oberhaupte, eine neue sociale und politische
Entwicklung begannen. Ähnlich fanden sich zu
Ibadan Überreste von Yo'rüba-Städten zusam-
men und bildeten ein eignes Gemeinwesen, wäh-
rend das alte Ydrüba-Peich (obwohl nur als
Schatten von dem, was es einst war) wieder
hergestellt wurde mit der Hauptstadt zu Ago-
Oja, die nach der ehemaligen auch wohl Oyo
genannt wird. Der König behauptet eine wie-
wohl nur lose Herrschaft über die andern all-
mählich sich erhebenden Ydrüba-Städte. — Am
schnellsten gelangte Abeokuta zur Blüte, das
schon vor mehr als zwanzig Jahren gegen
100,000 Einwohner zählte und sich in weitem
Umkreise mit reichen Fruchtfeldern und Plan-
*) Man halte es fest, dass die Bewohner von Abeo-
kuta nicht Yörübas sind, wie häufig angegeben wird,
durch welche Verwechselung aber ihr politisches Verhält-
niss z. B. zu Ibadan unverständlich wird.
5
tagen umgebeu hatte. Um jene Zeit war auch !
das Evangelium bereits dorthin gedrungen, durch
mehrere Schaaren von Egbas, die, aus der Skla-
verei befreit, in Sierra Leone Christen geworden [
und von dort nach längerem Aufenthalte in ihre l
Heimat zurückkehrten. Auf ihren Wunsch folg-
ten Missionare der Englisch-kirchlichen Gesell-
schaft, die, wie bekannt, bereits wichtige Erfolge
gehabt und ihr Werk auf verschiedene Statio-
nen, die auf der Karte angegeben, ausgedehnt
haben. Bedroht war diese Mission mehrere mal
durch die feindlichen Dahoraier, die aber 1857
und 1863, das letzte Mal unter theilweiser Auf-
reibung ihrer sonst gefürchteten, 10,000 Mann
starken Armee, von den Egbas zurückgeschlagen
wurden. Doch ist ein andrer Krieg seit meh-
reren Jahren ein bedeutendes Hinderniss für
diese Mission, nämlich der zwischen den Egbas
und Ibadan, wobei das mit ersteren verbündete
Ijaye von letzteren zerstört wurde. Der Krieg
dauert bis jetzt fort und macht die Wege un-
gangbar. In Abeokuta selbst sind die Missionare
auf vier Stationen in Thätigkeit. Auch die Wes-
leyan. Methodisten haben dort seit geraumer
Zeit eine Station.
An der Küste dient Lagos dem Werke in
jenen Gegenden als Basis*), besonders seitdem
diese alte Burg des Sklavenhandels vollständig
Britische Besitzung geworden ist. Unter der ge-
mischten Negerbevölkerung daselbst findet die
Mission günstigen Boden und schon hat die
Church Miss. Soc. dort drei Stationen (auch
Bread fruit Station scheint in der Stadt selbst
oder wenigstens auf der Insel zu liegen). Auch
hat der voi' einigen Jahren eingesetzte Bischof
Crowther dort seinen Sitz. Ota gehört dahin als
Aussenstation. Die Wesleyan. Methodisten haben
ebenfalls eine beträchtliche Gemeinde in Lagos;
an andern Küstenpunkten scheint unter vorwie-
gender Popo-Bevölkerung das Werk weniger er-
giebig zu sein.
Eine dritte Gesellschaft, die Southern Bap-
tist Convention, begann zu Anfang des vorigen
Jahrzehntes ihre Wirksamkeit in den Oku-Län-
dern und hatte bald mehrere, weit nach dem
Innern vorgeschobene Stationen, welche die Karte
zeigt. In Folge des Amerikanischen Krieges schei-
nen dieselben aufgegeben zu sein , doch war es
uns unmöglich, über diese Mission wie über-
haupt über jene Denomination in neuester Zeit
irgend welche sichere Mittheilungen zu erhalten.
*) Anfänglich hatte Badagry diese Aufgabe.
Miss ioiis -Alias
A&oIg« S': 7.
CrUTHA: JUSTUS PERTHES-.
N". 7. Die Missions-Gebiete am Niger, Alt-Calabar und Cameruns.
Die Niger-Mission verdankt ihren Ursprung j
den Expeditionen, welche zur Beförderung Eu- i
ropäischen Handels und Industrie, als wirksamen |
Mittels zur Unterdrückung des West-Afrikani- I
seilen Sklavenhandels, auf der tief ins Innere I
reichenden Wasserstrasse jenes Stromes von Eng-
land aus unternommen wurden. Hierdurch er-
hielt dieses Werk sein eigenthlimliches Gepräge.
Es blieben nur eingeborne Lehrer aus Sierra
Leone auf den Punkten zurück, auf denen die
Missionare der Englisch-kirchlichen Gesellschaft,
welche die Expeditionen von 1857 begleiteten,
solche zu Stationiren von den betreffenden Häupt-
lingen die Erlaubniss erlangten. Es war schon
viel für die Sache gewonnen dadurch, dass diese
Männer in ihrer einsamen Stellung, mitten unter
jenen Heidenvölkern, in deneu auch bereits der
Muhammedanismus durch I^upe-Ansiedler seine i
Vertreter hat, nicht allein selbst staudhafte Be-
kenner ihres Glaubens blieben , sondern sogar
der Art missioniren konnten, dass 1861 in Onit-
sha und Igbebe sich eine Anzahl Taufkandida-
ten vorfand. Seitdem sind an diesen Orten
christliche Gemeinden gegründet, die durch re-
gelmässige Besuche des nunmehrigen Bischofs
Crowther gefördert werden. Derselbe pflegt
das von Eernando Po den Niger hinaufgehende
Dampfschilf zu benutzen, welches die Verbin-
dung mit den angelegten industriellen Anlagen
aufrecht zu erhalten hat. In den letzten Jahren
ist auch unmittelbar an der Nun-Mündung, durch
welche die Fahrt geht, eine Station in Akassa
gegrändet, um eine Basis für die oberen Sta-
tionen zu bilden. Bisher scheint dort unter den
Küstenstämmen ein weniger erfolgreicher Boden
als im Innei-n. Im Ganzen zählt die Niger-Mis-
sion nach dem letzten Jahresbericht 202 ein-
Grundemann : Miasionsatlas. I, 1.
j geborne Christen, unter denen 76 Kommunikan-
j ten. Neuerlich sind Idda und Lokoja als Statio-
j neu hinzugekommen ; Igbebe dagegen wurde zer-
I stöi't, doch fanden die Vertreter der Mission mit
j
! den Bekehrten in Lokoja eine Zufluchtsstätte.
Diese letzteren Verhältnisse konnten auf der
Karte nicht mehr angegeben werden. Benny ist
zunächst mit einem eingebornen Lehrer als
Station besetzt worden.
Die Küste der Bucht von Biafra, östlich von
den Mündungen des Niger, ist seit Jahrhunder-
ten schon im Verkehr mit Europäern gewesen.
Der einst auch hier betriebene Sklavenhandel
ist dem in neuei'er Zeit stark aufblühenden Han-
del namentlich mit Palmöl gewichen, daher man
auch bezeichnend diese Gegend die Palmölküste
genannt hat. Die Hauptplätze dieses Handels
j befinden sich an der breiten Mündung des Alt-
Calabar (Gross River) oder an den vielfach ver-
zweigten Wasser-Armen, die dieselbe mit dem
Hauptstrom verbinden. Hier haben auch die
United Presbyterians in Schottland eine vor
20 Jahren begonnene Mission, die jetzt die fünf
auf der Karte angegebenen Stationen umschliesst.
Auf denselben stehen sieben ordinirte Missio-
nare, ein Buchdrucker u. s. w. Die ganze heilige
Schrift ist bereits in die dort herrschende Efik-
Sprache übersetzt worden ; auf die Heranbildung
Eingeborner zum Missionsdieust wird besondre
Sorgfalt verwendet.
Die Camerüns-Mission gehört den Englischen
Baptisten an. Dieselben hatten 1841 auf der
Insel Fernando Po ihre Arbeit begonnen und
bald Erfolge gehabt, so dass die Gemeinde zu
Carence gegen 80 Mitglieder zählte. 1845 je-
doch machte Spanien seine Ansprüche auf die
Insel geltend und vertrieb die evangelischen Mis-
6
sionare aus ihrem Ärbeitsfelde. Eine Anzahl
der Bekehrten folgte den letzteren nach dem
gegenüberliegenden Festlande. Sie Hessen sich
iu Bimbia (King William's town) nieder, wo
schon früher eine Mission unter den Isubus be-
absichtigt war. Von hier aus dehnte sie sich
weiter östlich zu den Dualas aus, wo King Bell's
town (jetzt Bethel town oder Camerüns ge-
nannt) besetzt wurde, das jetzt den Mittelpunkt
der Mission in jenen Gegenden bildet. In die
Isubu- wie in die Duala-Sprache ist das ganze
Neue Testament bereits übersetzt worden. Auf
Fernando Po wird noch immer durch Eingeborne
und Besuche unter einer Zahl Zurückgebliebe-
ner das eyangelische Bekenntniss vor dem Aus-
sterben bewahrt. Zur Zeit der Vertreibung der
evangelischen Missionare sollen dort zwei katho-
lische eingezogen sein. Nach den uns zugäng-
lichen Quellen scheinen jetzt solche nicht mehr
anwesend zu sein.
GOTHA :,RTSTUS PERTHES.
N*'. 8. Die Corisco- und Gabun-Missionen.
Die Mission auf der Insel Corisco ist ein |
Ableger der Amerikanisch-PresbyterianischenMis- j
sion in Liberia. Sie wurde 1857 unter der etwa
4000 Seeleu starken Mbenga- (Benga-) Bevölke- |
vwag begonnen, jedoch mit der bestimmten Ab-
sicht, von hier aus auf denselben und andre
Stämme auf der gegenüberliegenden Küste zu
wirken. Die Hoffnungen, dass Corisco einmal für
jene Gegenden Afrika's das werden möchte, was
die Insel Jona einst für England war, sind al-
lerdings zu kühn gewesen. Denn obgleich auf
derselben drei Stationen angelegt werden konn-
ten und zu Evangasimba verschiedene Schulen
bestehen, in denen Jünglinge vom Festlande aus-
gebildet werden, so scheint doch wenig Hoff- j
nung vorhanden, dass auf Corisco bald das Evan-
gelium einen vollständigen Sieg erringe ; viel-
mehr giebt es dort bedeutende Hindernisse, in
Folge deren nicht bloss die eine Station Ugovi
wieder zu einer Nebenstation reducirt wurde,
sondern auch von der Verlegung der ganzen
Mission aufs Festland die Eede gewesen ist.
Die vor einiger Zeit erhobenen Spanischen An- '
Sprüche auf die Insel, die Gründung einer klei-
nen Spanischen Marinestation zu Ilobi, sowie
einer katholischen Mission auf Corisco selbst
mögen hierfür den Ausschlag geben. Die bisher
auf dem Festlande bestehenden Ausseustationen [
stehen nur unter der Leitung von ISTatioual-Ge-
hilfen und werden dann und wann von den !
Missionaren besucht. Nach den neuesten Nach-
richten ist nun eine volle Station in Heybern
Point gegründet, nachdem ein erster Versuch
durch den Tod des betreffenden Missionars un- j
terbrochen war. j
Am Gabun endlich finden wir die äussersten
Vorposten der evangelischen Mission in West- [
Grundemano : Misiionsallas. I, 1.
Afrika. An dieser tief in die Küste einschnei-
denden Bucht, die man anfänglich für die Mün-
dung eines mächtigen Stromes hielt, während
sich nur ein untergeordneter Fluss in dieselbe
ergiesst, Hessen sich 1843 die Missionare des
Amerikanischen Board nieder, welche zuvor vor-
übei-gehend am Kap Palmas gearbeitet hatten.
King Glass's town, das jetzige «Baraka, war die
erste Station, zu der später eine zweite, Olan-
debenk, jetzt bereits wieder aufgegeben, hinzu-
gefügt wurde, wähi-end eine dritte, Nenge nenge,
jetzt nur Aussenstation ist. Das Feld hat sich
überhaupt nicht so günstig erwiesen, wie es zu-
erst erschien.
Die Bevölkerung (an der Küste vorwiegend
Mpougwes, während weiter nach dem Innern
die Stämme der Shikanis, Bakeles [Bakalais,
Bakalis] und die erst in neuerer Zeit von Osten
her vordringenden Pangwes oder Fans gemischt
leben) ist mehr den Einflüssen des Handels aus-
gesetzt, als man vermuthete; Spirituosen spie-
len dabei eine wichtige Eolle. Die Französische
Besitzergreifung dieser Gegenden 1845 hat für
die evangelische Mission keine besondren Nach-
theile gehabt, vielmehr erweisen sich die Be-
hörden derselben günstig. Dagegen ist derselben
schon seit 1844 eine eifrig betriebene katholi-
sche Mission von der Kongregation des heiligen
Geistes und des unbefleckten Herzens Mariä (zu
Paris), mit der ein Apostolisches Vikariat ver-
bunden ist, gefährlich. Nonnen „von der un-
befleckten Empfängniss von Castres" sind rühiüg
im Schul- und Hospitaldienst und können sich
nicht geringer Erfolge rühmen.
Unter diesen Umständen ist es für die evan-
gelische Mission erwünscht, dass an einem an-
dern Orte sich eine neue Thür aufthut, und
7
zwar zu Kama am Fernand Vas Eiver, wo der
bekannte Entdeckungsreisende Du Chaillu den
Missionaren ein Gebäude behufs Anlegung einer
Station geschenkt hat. Die Verhältnisse schei-
nen dafür günstig zu sein und die Station ist
j bereits mit einem eingebomen Lehrer besetzt
1 worden. Für die Stämme am Gabun sind übri-
gens bedeutende Theile der heiligen Schrift na-
mentlich in die Mpongwe-Sprache übersetzt und
1 gedruckt worden.
4
9. Gross -Namapalaiid.
Die Karte führt uns ein weites Wüstenland
vor, durchzogen von Flüssen, die, wie die be-
sondere Darstellung durch eine Punktenreiho
andeuten soll, den grössten Thcil des Jahres
hindurch nicht Adern tiiessendes Wasser bilden,
sondern trockene Sandbetten, in denen hie und
da kleine Tümpel bi'ackigen Wassers stehen
bleiben, um die sich eine grüne Vegetation con-
centrirt. Dasselbe ist auch der Fall bei den
Quellen, von denen die wichtigsten auf der Karte
angegeben werden konnten. Die meisten derselben
haben Abliuss, aber der Bach, den sie entsen-
den, verschwindet nur allzu bald in der öden
Steppe, die sich wellenförmig von dem kahlen
Bei'ggerippe herabsenkt. Weit und breit bietet j
diese einen traurigen Anblick dar. Versengtes ,
Gras sieht man, etliche Akazienbäurae , die der
Dürre trotzen und Dornengestrüpp , das mit 1
wiederhakigen Stacheln den unvorsichtigen
Wandrer, der ihm nahe kommt, festhält und
ihm seinen Namen einprägt: Wacht een bitjc*).
Grösstentheils gehört das Land den Wüsten-
thieren, Zebra's, Giraffen, Gnu's, Antilopen u. s. w.,
die oft in dichten Schwärmen an den Wasser-
stellen sich sammeln, wo der König der Thiere
aus ihrer Zahl seinen Tribut fordert. Der Mensch
hat hier kein festes Daheim. Nomadisirend j
leben die Bewohner in ihren Mattenhäusern an i
den Quellen**), an denen sich für ihre Eindei*- j
heerden Weide findet. Es sind einestheils Or- j
lams, die von einem Mischlingsgeschlecht aus j
Hottentotten und Holländern abstammend, die j
Sprache der letzteren roden, und anderntheils j
Namaqua***), ein reines Hottentottenvolk von I
gelber Hautfarbe, das noch vorwiegend seine
an Schnalzlauten reiche Sprache spricht. Diese i
waren zu Anfang unseres Jahrhunderts die Be-
sitzer des Landes, in dessen nördliclier Hälfte
*) Wart oiu Bischen.
**) Desslialb konntou wir mit wenigen Äusnalimeii auf
der Karte nicht das gewohnliche ürtszeichen anwenden,
sondern mussten Quellenzoichen dafür wählen.
***) Der bedeutendste Stamm unter ihnen sind die
Gei-"kau, gewöhnlich roode natie, d. i. rothes Volk genannt.
Grundemann: Missionsailas. II, 2.
ein schwarzer (Neger-) Stamm, die Damaras, von
ihnen seit lange schon unterjocht, so dass er
selbst die Sprache seiner gelben Herren ange-
nommen, ein kümmerliches Leben fristete. Um
jene Zeit aber drang von Norden her ein ganz
■\-erschiedener schwarzer, den Käfern v(!rwandter
Stamm, die Ovahererd, mit seinen Viehheerden
hinein, die einst am Zambesi ihre Sitze gehabt
haben sollen. Von den Namaqua werden sie
auch Damaras genannt, aber von jenen erst-
genannten, den Berg- oder Mistdamaras als
Viehdamaras unterschieden. An Muth und Kraft
waren sie den Namaqua's überlegen , die gegen
sie die aus dem Kaplande gekommenen Orlara
zu Hilfe riefen. Mit iln-en Feuerwaffen wurden
diese Herreu der Eindringlinge , Hessen aber
auch die Namaqua ihr Übergewicht fülilen.
Doch blieben diese und jene, in verschiedenen
Stämmen, die auf der Karte nach den Häupt-
lingen angegeben sind, neben einander wohnen.
Erst in neuester Zeit ermannten sich die in-
zwischen auch mit Feuei-waffen verselienen He-
rerd's und suchen in ernsten Kämpfen, in denen
zum Theil auch Namaqua auf ihrer Seite sind,
das Joch abzuschütteln, was ihnen zu gelingen
scheint, obgleich ein bleibender Friede noch
nicht eiTungen ist.
Dürr und öde wie das Land waren auch
seine Bewohner in geistlicher Hinsicht. Mit
Ausnahme von Aberglaube und Zauberei waren
von Religion wenig Spuren vorhanden. Docli
auch die Einöde hat Zeiten der timwandelung.
Wenn bei uns des Sommers die Sonne höher
steigt, breitet dort sich gemach ein Zelt von
dichtem Gewölk über das ausgedörrte Land,
als schützendes Dach gegen die sonst songende
Sonnenglutli. Bald strömt mit rollendem Donner
der liegen; die sonst lehren Flussbetten füllen
sich. Die Steppen kleiden sich bald mit grünem
Gi'asteppich ; essbare Zwiebeln und Wasserme-
lonen wachsen heran; die einzelnen Bäume
stehen erfrischt und selbst der „Wacht een bitjc"
schmückt sich mit gelben Blüthen. Solche Er-
neuerung war auch dem Volke durch das Evau-
8
gelium vorbehalten. Mit empfänglichem, leicht |
zu rührendem Gemüth (das freilich auch viel
•wankelmüthiges hat) ausgestattet, blieben die
Namaquas und Orlams den Einflüssen der Mis-
sion nicht verschlossen.
Nach der vorübergehenden Thätigkeit AI- i
brecht's (1805), der später durch die Bekehrung
des bekannten Afrikaner für das ganze Land viel
Segen stiftete, machte Schmeleu einen weiter
vordringenden Versuch in Bethanien , der aber
1828, doch nicht ohne dass reicher Same aus-
gestreut worden wäre, auigegebeu wurde. Beide
Missionare waren im Dienste der Londoner Mis- j
sionsgesellschaft. Hiernach traten theils die i
Wesl. Methodisten, theils die Rheinische Missions- ■
gesellschaft ein. Erstere haben nach einer nicht
andauernden Wirksamkeit im Norden (Concordia-
ville bei Jonker Afrikaner und Wesley vale, 1845 —
1853), jetzt nur im Süden Nisbethbath, Hoole's
Eountain und Jerusalem mit Natioualgehilfen
besetzt, die dann und wann von dem Missionar
aus Klein-Namaqudland (s. No. 10) besucht wer-
den. Weitere Ausdehnung hat die Rheinische
Mission gewonnen, die seit 1842 ilire Vorposten
vom Klein - Namaquälande nach Bethanien und |
bald in die nördlicheren Gegenden bis an den
Zwachaub vorschob , woselbst sie sich der He-
rerö's besonders annahm, während die hen'schen-
den Orlam, die aus ihren früheren Wohnsitzen '
bereits viel christliche Einflüsse mitgebracht
hatten, ihr gegenüber sich sehr unbeständig
zeigten. Reich war aber der Segen ilirer Thä-
tigkeit um Bethanien und dessen Filial Guld- \
brandsdalen *), wo eine weitgehende Erweckung ;
*) Diesen wie andere Norwegische Namen hat der 1
Norweger Kundsen eingeführt. |
herrliche Früchte brachte. — Freilich, wie auf
die fruchtbare Regenzeit immer wieder die Dürre
folgt, so leidet auch Gross - Namaqualand mit
seinen Leuten fortwährend an Schwankungen,
nach denen sich manche Schatten in das Licht-
bild der Mission zeichnen lassen. Dennoch ist
in das Volksleben unverkennbar ein Sauerteig
des Christeuthums eingedrungen, und man wird
nicht umhin können Namaqualand, so viel Arbeit
dort noch übrig bleiben mag, als ein überwie-
gend christianisirtes Land anzusehen. Christ-
liche Kultur hat gleichzeitig ihren Eingang ge-
funden. Die Missionsstationen, die fast allein
durch Ortszeichen auf der Karte als permanente
Wohnsitze bezeichnet werden konnten, bilden
die Mittelpunkte derselben, an denen auch be-
reits nicht Wenige, ihr Nomadenleben aufgebend,
sesshaft geworden sind. Hauptschwierigkeiten
der Mission sind jetzt die Kämpfe im Norden,
in denen die Jonker'schen Orlams und ihre Ge-
nossen sich derselben ganz abgewendet haben,
mehrere Stationen zerstört sind und das Be-
stehen anderer in Frage gestellt ist. Ferner
die anderweitig eindringenden Europäer, deren
eine ganze Schaar schon vor Jahren durch die
Entdeckung der Kupferminen, die ^sich jedoch
für jetzt als nicht lohnend ergaben, in's Land
gerufen sind. Händler, oft rechte Apostel der
Schlechtigkeit, durchziehen das Land. Nur aus-
nahmsweise gehen commercionelle Unternehmun-
gen freundschaftlich neben der Mission, wie
namentlich im Norden. Die] Rheinische Missions-
gesellschaft hat aber selbst bereits begonnen,
derartige Hebel zur Förderung ihrer Missions-
thätigkeit in's Werk zu setzen.
Nachträge und Berichtigungen der Karte.
(Die Za:
=t=Nü- =t=goais für
!Huni-4=a;faämi8 „
!Han-=(=ama „
"Hom-!Ü8 ,,
'Hoawijjas „
"ünis „
Nei - !hona „
Hudab „
Amhub „
Tarub „
Nü-=}=goais
'Hani- =|=agaamis
'Han- 4=ami
Homus
Hoawijfas
!ünis . .
Neeihon .
Hudap
Amhup .
Tarup
ilen bezeichnen die Breite- und Längengrade.)
24.
11.
25.
25.
26.
26.
26.
26.
25.
25.
18.
11.
17.
18.
17.
17.
18.
17.
16.
16.
'Grui-"ganabis — Ortszeichen zusetzen über das
„B" in "HAWÜ BIS) 24. IS
Goa-müs Uegt 25° 3'. 19° 6'.
Der NebenHuss des "Oub bei 'Gani-gois heist 'Asab.
Beersaba =; 'Ou-tsawisis.
Bethanien =: 'Ui- =:j=ganis.
Eehoboth = lAnis.
Missions -Atlas
30-
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I
I
N**. 10 a. 11. Das Kapland mit den angränzenden Missionsgebieten
unter Käfern, Basuto u. a.
Das Kapland bildet das breite Südende des
Afrikanischen Continents, dessen mächtiges Hoch-
plateau dort in 3 Terrassen zum Meere abfällt.
Die oberste hat einen dem Namaqualande sehr
ähnlichen Charakter, daher die zu No. 9 an-
gedeutete Naturschilderung für dieselbe grössten-
theils zutrifft. Auch die zweite Terrasse, zu
der man von jener durch einige Felsenthäler
auf gefährlichen Wegen herabsteigt, ist davon
nicht allzu verschieden, bietet aber womöglich
noch einen sterileren Anblick dar. Es ist die
Karroo - Ebene , Felsengrund mit einer dünnen
Schicht braunen Thones bekleidet. Der aller-
dings seltene, reichliche Regen zaubert auch
hier sehr bald grüne, mit lieblichen Blumen
geschmückte Flächen hervor, die indessen schnell
der Dürre wieder weichen. Aus der Karroo
endlich kommt man auf's neue durch schroffe
Schluchten, Kloofs genannt, hinunter in das
von permanenten Flüssen bewässerte Küstenland,
das freilich, mit anderen Ländern verglichen,
immer noch dürre genug erscheint, aber doch
lohnenden Anbaues fähig ist. Im Nordwesten
zeigt der Abfall nicht jene drei Stufen, sondern
ist nur durch die erzreichen Gebirge des Klein-
Namaqualandes vermittelt. Im Osten dagegen
gewinnt das Land einen ganz andren Charak-
ter und geht über in wilde, vielfach bewaldete
Gebirge , von fruchtbaren Thäleru mit immer-
fliessenden Bächen und Strömen durchzogen. In
dem hohen Rücken des Kahlamba-Gebirges, das
weithin gegen Norden fortstreicht, erreichen
die Süd-Afrikanischen Berge ihre höchsten Gipfel.
Schon gegen Ende des fünfzehnten Jahr-
hunderts war das Kap der guten Hoffnung von
Grundemanu: Missionsatlas. 11, 2.
den Portugiesen entdeckt, doch nur wenig Verkehr
hatte seitdem mit den Eingebornen stattgefun-
den, der wie in ähnlichen Fällen durch allerlei
Gräuel gebrandmarkt ist. Erst um die Mitte
des 17. Jahrhunderts errichteten die Holländer
daselbst eine Kolonie. Das Land fanden sie im
Besitze der gelben Hottentotten, denen es durch
den wachsenden Strom der Einwanderer (Hollän-
der, später, nach Aufhebung des Edicts von Nan-
tes, Franzosen) in langen Kämpfen abgerungen
wurde. Die Geschichte der letzteren ist an-
gefüllt mit Beispielen scheusslichster Eohheit
und Ungerechtigkeit seitens der Europäer, ob-
gleich unter ihnen neben mancherlei Abschaum
nicht wenige um ihres Bekenntnisses willen
übergesiedelt waren. Die Hottentotten sind dem
Kampfe erlegen"^'), nur ein armes Bastardgeschlecht
ist von ihnen übrig geblieben. Andere, die
lieber die Wildniss mit den Thieren theilen
mochten , als ihren gehassten Unterdrückern
dienstbar werden, sind als Buschmänner fast bis
an die Grenzen eines thierischen Lebens herab-
gesunken und finden sich noch jetzt in den
öden Gegenden zerstreut *'^').
Noch zu Ende des vorigen und zu Anfang
dieses Jahrhunderts hatte' die Kolonisation noch
keine bedeutenden Verhältnisse erlangt. Die
Ansiedler (Boers, Bauern) lebten, meist nur Vieh-
zucht treibend, auf einzelnen Höfen.
*) R 0 i n e Hottentottea möehton sich im Kaplande
kaum noch finden.
**) Manche Gruppe von Buschmännern mag- indessen
schon früher nach unglücklichem Kampf mit andren Afri-
kanischen Stämmen zu solcher Lebensweise gedrängt sein.
Es giebt übrigens auch Buschmänner andrer Stämme,
z. B. Betshuauen.
9
Weite Strecken Landes gehörten noch den
Löwen, Elephanten, Ehinoceros (Ehinoster), den
Antilopenheerden (Bokken), den Giraffen (Kameel).
Alle diese Thiere sind jetzt von der Civilisation
zurückgedrängt und leben im Kaplande nur in
der Erinnerung und in manchen Ortsnamen.
Letztere entstammen fast alle der Holländischen
Sprache, die zugleich mit Holländischer Sitte,
Kirchenform u. s. w. die Grundlage für die
Entwicklung des Kapländischen kolonialen Lebens
hergegeben hatte. Seit 1806 war Kapland zwar
Englische Kolonie und erst nach diesem Zeit-
punkt begann es den Aufschwung zu nehmen,
durch den es jetzt einen ganz verschiedenen
Anblick gegen früher darbietet. Doch ist das
Holländische Element, wie es scheint, immer
noch in vielen Beziehungen überwiegend. Zahl-
reiche Städte sind entstanden (wenn sie bei der
Grösse des Landes auch noch sehr zerstreut
erscheinen), in denen Europäischer Handel und
Wandel mit allen Formen der Kultur und des
Luxus seine Stätte gefunden hat; wo die Thiere
der Wildniss hausten, braust nun schon*) die
Lokomotive einher, und Orte, die sonst durch
monatlange Reise getrennt waren, sind durch
den Telegraph bis auf Minuten einander nahe
gerückt. Begreiflicher Weise gilt alles dies nur
für die anbaufähigen Theile des Landes, wäh-
rend in's besondere die beiden oberen Terrassen
noch in mancher Beziehung sehr weit zurück sind.
Unter den erstereu aber haben sich beson-
ders die östlichen Gegenden bewährt. Die Ko-
lonisation, die dorthin erst später von Westen
her vordrang, traf dort eine von den Hotten-
totten ganz verschiedene Bevölkerung, schwarze
starke Stämme, die selber eines gemeinsamen
Namens entbehrend, mit dem von der islamisir-
ten Ostküste hergekommenen Namen Käfern
(Kafir, arab. Ungläubiger) bezeichnet werden.
Die vei'schiedenen Stämme reden die gleiche
*) Wenigstens in den der Kapstadt nächsten Distrikten,
während anderswo, wie bei Port Elisabet, die Eisenbahnen
im Bau begriffen sind.
Sprache bei dialektischen Abweichungen. Ihr
bewaffneter Widerstand musste durch eine
Reihe von Kriegen zwischen 1812 und 1851
gebrochen werden. 1848 wurde das vorläufig
eine eigene Kolonie bildende Britische Kafraria
annektirt, das in neuester Zeit aber der Kap-
kolonie einverleibt ist. Jenseits des Kei sind
die Käfern noch unabhängig, stehen aber doch
bereits stark unter Englischem Einflüsse. In
Britisch-Kafraria, wo in dem letzten .Jahrzehnte
die Kolonisten - Bevölkerung bedeutend durch
Einwanderung gewachsen ist, bildet sie immer
den Eingeborneu gegenüber , die dort noch
unter eignen Häuptliagen leben, einen noch
nicht grossen Bruchtheil der Einwohner.
Im Kaplande dagegen halten Weisse und
Farbige, unter denen allerlei Bastarde mit in-
begriffen sind, sich der Zahl nach ziemlich das
Gleichgewicht. Ausser den erwähnten Volks-
stämmen finden sich dort auch Neger, Abkömm-
linge früherer Sklaven aus Ost- und West- Afrika,
so wie Malayen, die aus ihrer Heimath, dem
Indischen Archipel, den Muhammedanismus mit-
gebracht haben. Sie besitzen in der Kapstadt
mehrere Moscheen und sind auch in George
und Port Elisabeth vertreten.
Die Mission war im_ Kaplande lange ver-
nachlässigt. Die armen Hottentotten wurden
lange des Christenthuras für unwerth geachtet,
und Versuche, sie zu bekehren, selbst von den
Kolonisten , die ihrerseits auf christliches Be-
kenntniss hielten, beargwöhnt und verhindert.
1709 kam der erste Missionar, der aber seine
Thätigkeit bereits nach einigen Wochen ein-
stellte. Erst 1737 gelang es dem Brüdermissionar
(t. Schmidt Eingang zu finden, der aber nach
etlichen Jahren, als sich die Früchte seines
Wii'kens mehrten, durch die Kolonialregierung
wieder entfernt wurde. Abermals verging ein
halbes Jahrhundert, das die Scheusslichkeiten
organisirter Buschmaunsjachteu, aber keine Frie-
denspredigt fiu- die Heiden aufzuweisen hat.
1792 gelang es, die Brüdermission zu erneuern.
Doch erst unter Englischer Regierung fand sie
den nöthigen Schutz, unter dem bald Baviaans-
kloof (das jetzige Genadendal) in reichem Segen
aufblühte. Das Werk ist stetig gewaclisen und
hat sich 1818 auf die östlichen Gegenden, unter
den Kafem namentlich Fingus und Tambukis
ausgedehnt, von wo aus 1862 auch im freien
Kaferlande unter Angehörigen des letzteren Stam-
mes eine Station errichtet ist.
Von anderen Missionsgesellschaften war die
Londoner im Kaplande mit am frühesteu thätig,
seit 1798. Ihre ersten Arbeiter v. d. Kemp
und Kicherer werden in der Missionsgeschichte
stets unvergesslich bleiben. Jener gründete im
östlichsten Theile der Kolonie die Hottentotten-
Mission und bereitete die unter den Käfern vor,
während dieser iinter Buschmännern arbeitete.
Im Klein - Namaqualand war es ebenfalls die
Londoner Gesellschaft, die die Mission begann,
deren Fortsetzung der Rheinischen vorbehalten
war. Von den jetzt bestehenden Stationen jener
verdanken die in den östlichen Distrikten ihren
Ursprung der Emancipation der Hottentotten,
von denen mehrere Tausend an der Kat rivier
(Katzenfluss) 1830 angesiedelt wurden, wo
Philipton mit seinen Aussenplätzei» entstand.
Von den zahlreichen Stationen, die diese Gesell-
schaft in den andren Distrikten gründete, sind
mehrere bereits zu selbstständigen Kirchgemein-
den geworden.
Die "Wesleyan. Methodisten haben seit 1820
in allen Theilen der Kapkolonie und des Kafer-
landes zahlreiclie Stationen. Ilire Wirksamkeit
ist wie überall nicht bloss auf die Eiugebornen,
sondern auch auf die Kolouistenbevölkerung ge-
richtet. Lange waren diese Missionare die ein-
zigen, die sich in die Wildnisse des freien Ka-
ferlandes wagten.
Die Rheinische Mission ist seit 1829 thätig
und hat eine Reihe von Stationen besonders in
den westhchen Distrikten und Klein -Namaqua-
land , darunter sind mehrere mit industriellen
Instituten verbunden. In letzterer Gegend er-
j wachsen seit einiger Zeit durch den Betrieb der
Kupferminen dem Werke Schwierigkeiten, aber
auch neue Wirkungskreise wurden dadurch er-
öffnet.
In Britisch - Kafraria finden wir die schotti-
schen Arbeiter von der Free Church und Unit.
Presbyt. , welche die Wirksamkeit der früheren
Glasgow Missionary Society fortsetzen, auf einer
Anzahl von Stationen. Zahlreiche Eingeborne
haben in neuester Zeit ihre Wohnsitze auf An-
regung der Regierung jenseit des Kei genommen,
wohin beide Gesellschaften ihre Missionare zu
senden im Begriff sind. Die Berliner Mission
, (seit 1834) hat ihre meisten hierher gehörigen
Stationen in Britisch-Kafraria ; ein anderes ihrer
Gebiete fällt auch noch tlieilweise auf unsere
Karte, nämlich unter den ! Korannas, wo auf der
Station Bethanien jedoch auch Betshuanen und
andre Stämme vertreten sind.
Das Pariser Missionsgebiet, Societe des mis-
sions evangeliques, unter den Basuto , dem öst-
\ liebsten Betshuauenstamm (vgl. Nr. 13 u. 14),
ist ebenfalls noch auf diesem Blatte gezeigt.
Hier hat die Mission trotz mancher Schwierig-
keiten, die aus dem Verhältniss zu den Boers
des Oranjc -Freistaat und der nur zum Theil
geneigten Gesinnung des König Moshesh ent-
sprangen, in vielem Segen gewirkt. Gegenwär-
tig aber sind nach dem Siege der Beeren über
Moshesh die meisten der Stationen abgebrochen,
nur auf Thaba Bosigo, Berea und wie es scheint
auf Bethesda wird die Wirksamkeit fortgesetzt.
Es ist sehr fraglich, ob die in den von den
Beeren annektirten Theilen des Basutolandes
gelegenen Stationen jemals wieder besetzt wer-
den können ; daher denn schon daran gedacht ist,
die von dort vertriebenen Basuto zu' sammeln
und wo anders hin (z. B. Xatal) überzusiedeln.
DieWesl. Methodisten haben in jenen Gegen-
den auch eine Reihe von Stationen, zum Theil
unter Basuto, zum Theil unter den diesen bisher
unterworfenen Stämmen Betshuanen, Barolongs,
Bataungs, Mantatis (ein wilder Stamm, der in
den ersten Decennien dieses Jahi-hundevts von
Norden dringend sich auf die Baharutzen beim
Kashaugebirge warf und jene Gegend in Be-
sitz nahm, bis er von Silkats (Mosilikatsi),
den Matebelen-König, vertrieben, zum Theil am
oberen Caledon seine Wohnsitze wählte), !Ko-
rannas und Griquas.
Endlich haben wir noch der Anglikanischen
Kirche zu gedeukuii , die 1847 ihre Diöcese
Kapstadt gegründet hat, von der 1853 die zweite
Grahamstown *) abgetrennt wurde, wozu 1868
noch die des Orauje Riv.-Freistaat hinzugekom-
men. Durch Vermittlung namentlich der Aus-
breitungsgesellschaft (S. P. G.) missionirt sie
im Kaplande unter Weissen und Farbigen mit
besonderer Rücksicht auf Gemeindebildung. Wo
das Heidenthura noch starker zu Tage tritt,
wie in der Diöcese Grahamstown, ist ihre Wirk-
samkeit mehr die der eigentlichen Heidenmis-
sion "^'*). Sie hat in Britisch und in Frei-
Kafraria eine Anzahl Stationen und ist be-
schäftigt, solche neu anzulegen. Das Werk im
Oranje Biv.-Freistaat ist noch in den Anfängen,
dehnt sich aber schon nach Nomanslaud aus,
dem Gebiete zwischen Natal und dem freien
Kaferlande, das vor einiger Zeit von einem von
Philippolis kommenden Griquastamm in Besitz
genommen wurde — bei dem nach den neuesten
Berichten die Gründung einer Anglikanischen
Mission im Werke. Zum Theil ist bei jenem
Stamme auch die Wesl. Mission von Emfundis-
weni aus thätig.
Neben den Fortschritten der Anglikanischen
Kirche hat die m-sprüngiiche Holländisch - Re-
formirte Kirche des Kaplandes, in der lange der
Rationahsmus den Evangelisationstrieb gefan-
*) Dieselbe umfasst gegen Westen die Distrikte Hope-
town, Colesberg, Middelburg, Graaf Reynet, Sommerset
und Uitenhage , welche gegen die Diöcese Kapstadt die
Grenze bilden.
**) Dort sind St. John's an der Kobusic (nicht zu
verwechseln mit S. John's B.(aptist), Fort Beaufort, Uiten-
hage, Winterberg, Adelaide, East Somerset, Graaf Reynet,
Qucenstown Burghersdorp, Alice und St. Luke's Kolo-
nial Missions- Stationen.
gen hielt , in neuerer Zeit eine lebendige
Wirksamkeit für Innere Mission und Heiden-
mis.sion entfaltet, die sie seit 1863 durch ein
eigenes Comite (Synodale Zendings comissie
in Zuid Afrika) ausüben lässt. Die dieser Kir-
che angehörige Süd- Afrikanische Missionsgesell-
schaft, die schon vor längerer Zeit, doch in
beschränkterem Maasse thätig war, ist jetzt in
jene aufgegangen.
In neuester Zeit sind die Deutschen Bap-
tisten mit der Gründung einer Mission in Br.-
Kafraria beschäftigt, wo schon früher einmal
eine Baptistenmission vorübergehend bestanden
hatte.
Die Katholische Kirche hat für's Kapland
ein apostolisches Vikariat mit westlichem und
östlichem Distrikt. In wie weit die betreffende
Thätigkeit Heidenmission ist, darüber fehlten
uns die eingehenderen Quellen. Als Stationen
werden genannt: Kapstadt, Rondebosch, Simons-
town, Graaf Reynet, Uitenhage, Fort Beaufort,
King Williamstown.
Die Koloniale Mission (colonial missionary
Society) der Independenten hat Stationen in:
Beaufort W. , Bedfort, Kapstadt, Green Point,
Grahamstown, Port Elisabeth, Queenstown.
Die der Schottischen Freikirche in: Port Eli-
sabeth, Beaufort W. und Victoria W. — Der
zahlreichen Muhammedaner begann vor einigen
Jahren die Moslem Missionary Society sich an-
zunehmen. Doch ist über fernere Thätigkeit
oder selbst über das Bestehen dieser Gesellschaft
! in letzter Zeit nichts an die Öffentlichkeit ge-
] drangen. Die Reformirte Synode unterhält in
der Kapstadt einen eigenen Missionar für die
Muhammedaner.
Endlich können wir noch erwähnen, dass
in 24 Riviers im Distrikt Piketberg zwei Hol-
ländische Missionare wirken, die, mit keiner Ge-
sellschaft in Verbindung stehend, nur von ein-
zelnen Missionsfreunden unterstützt werden.
Die Schreibart der Süd- Afrikanischen Namen
I hat ihre ganz besonderen Schwierigkeiten , in
sofern, als dieselben, meist Holländischen Ur- |
Sprungs, im gewöhnlichen Gebrauch und selbst
auf den als Autorität geltenden Karten (zum '
Theil durch Einflüsse Englischer Orthographie) j
bis zur Unkenntlichkeit enstellt sind. |
Wir versuchten, um aus dem Gewirr der ;
verschiedensten Schreibarten herauszukommen,
uberall für die Holländischen Xamen die ur-
sprüngliche Orthographie festzuhalten, auch um
konsequent zu sein , selbst da , wo der Usus
anders fixirt zu sein scheint, z, B. nicht Graff
Beynet, wie meistens geschrieben wird, sondern
Graaf K. ; nicht Potschefstroom , sondern Pot-
scherfstroom (Fluss der Topfscherben). Daher
ist bei solchen Namen stets die Holländische
Aussprache zu beobachten, namentlich hinsicht-
lich der Vokale:
oe = ü, ou = au, eu = ö, ui =r eu;
y oder ij = i (ein zwischen i und e ste-
hender Laut);
aa = ä, ee = e, oo = ö,
u = ü.
Eür die Kafernamen suchten wir die eigen-
thümlichen Schnalzlaute durch die von den !
Missionaren eingeführten Zeichen, die auf jSTo. 1 1
angegeben sind, auszudrücken, da die Buch-
staben c, X, q für die Aussprache nur ver-
wirrend sind. „Ch" hat hier nicht den Eng-
lischen Laut, für deu wir diesen Buchstaben |
in Namen anderer Sprachen in diesem Werke
gebrauchen, sondern den Kehllaut wie im Deut-
schen „noch".
Da die bereits fertigen Platten durch später
eingehendes Material über die neuen Divisionen
der ausgedehntesten Umarbeitung ausgesetzt
werden mussten, sind einige Unrichtigkeiten in
die Karte gekommen, deren Korrektur hier folgt.
(Die Ziffern bezeichnen die betreffenden Längen-
und Breitengrade.)
Knysa 23. 34. muss heissen Knysna.
24 Eiviers 18. 32. muss heissen 24 Eivieren
(24 Rivers).
Tebus R. 25. 31. muss heissen Theebus E.
Kai Glarieb 24. 29. muss heissen Gei-!Garieb.
N!u-G!arieb 25. 29. sollte vor der ersten
Sylbe den cerebralen Schnalzlaut haben
(vgl. No. 9).
Zu Aberdeen fehlt über dem „n" das Orts-
zeichen.
Zu dem Ortszeichen unter dem E von Ka-
manassie M** und E. 23. 33. fehlt der
Name Hopedale und die Bezeichnung als
Lond. Missions-Station. In Statiousuamen,
wie St. John's, St. Luke's u. s. w., ist auf
der Karte der Apostroph nachzutragen.
Der Strich, welcher die Hauptstation bedeu-
tet, fehlt bei Simonstowu 18. 34., Caledon
19. 34., Dysalsdorp 22. 33., Pakaltsdorp
22. 34., Amandelboon 21. 31., Colesberg
25. 30. No. 11: Fort Peddie 27. 33.,
East London 27. 33., Palmerton 29. 31.
und S. Augustine's 28. 31., sowie auf
No. 14: Fort Peddie, East London, Butter-
worth 28. 32.
Die punktirte Unterstreichung (Zeichen der
Nebenstation) fehlt bei Berea und Tistwijk
19. 34., sowie auf No. 14: Seymour 26.
32., Amatola 27. 32., Farmerfield 26. 33.,
Port Alfred 26. 33., Durban 27. 33. und
Addo Dr. 25. 33.
Stellenbosch 19. 34. sollte drei volle Unter-
streichungen haben, Moutague 19. 33. eine
volle und eine punktirte. Sommerset 25. 32.
drei volle, Glen Linden 26. 32. eine punk-
tirte, Burgersdorp zwei volle, Alice 26. 32.
eine volle und eine punktirte (W. M. S.),
sowie auf No. 14: Glen Linden (nicht y)
und Alice W. M. S. punktirte.
Die neuen Divisions-Grenzen konnten nicht
genau angegeben werden, da sie von der Ko-
lonialbehörde selbst noch nicht fixirt sind; da-
her wir uns darauf beschränken mussten, die
betreffenden Hauptorte durch grössere Schrift
und Kolorit hervorzuheben. Auf No. 14. sind
nur aus Yersehen die durchgehenden Namen
der alten Divisionen noch stehen geblieben.
Erklärung der Buchstaben
A. Marktplatz.
B. Paradeplatz.
C. Kaserne.
D. Caledon Square (Platz).
E. Kastell.
F. Neu -Markt.
G. Bahnhof.
H. H. Botanischer Garten.
I. Begräbniss - Plätze.
K. Landungsplatz.
a. Regierungsgebäude.
b. Börse und Bibliothek.
c. Süd-Afrikanisches Kollegium.
d. Rathhaus.
0. Post.
f. f. Promenade.
g. Hospital.
IG. Freimaurer -Loge.
h. Weg nach dem Tafelberg.
1. „ „ Simonstown.
k. ,, ,, Green Point.
und Ziffern auf dem Plane der Kapstadt.
Kirchen und Kapellen.
1. Kathedrale (S. Georg) i
2. Dreieinigkeits - Kirche , Anglikanisch.
3. S. Johannes - Kirche \
4. Holländische reformirte Kirche
5. S. Stephans - Kirche.
6. Neue Holl. Ref. Kirche
7. Burgstr. Kapelle und Mis- )
sionshaus
8. Sydney Str. Kapelle
9. Hope Str. Kapelle /
10. Schottisch Presbyt. Kirche.
11. Union Chapel, in Verbindung mit Lond. M. S. (In
depend.).
12. Süd- Afrikanische Missions - Kapelle.
13. Lutherische Kirche.
14. „ „ (S. Martin).
15. Katholische Kirche.
17. Muhammedanische Moschee.
18. Sailors Home.
Holland. Reform.
Wesleyan. Methodist.
N". 12 11. 13. Die Betshiiauen- Gebiete mit der Trans vaalscheii
Republik nebst Zulu- und Zwasi-Land.
Die auf den vorstehenden Blättern dargestell-
ten umfangreichen Länderstrecken schliessen sich
ihrem Charakter nach an das westlich benach-
barte JSTamaquäland an (No. 9). Doch hier giebt
es zunächst ein noch weit öderes und tristeres
Gebiet, als wir es dort kennen gelernt haben.
Die Wüste Kalahari, ein fast ganz ebenes
Terrain, daher selbst der periodischen Flüsse
beinahe entbehrend, hat auf ihrem Sandboden
nur eine sehr arme Vegetation: spärliche Grä-
ser und hie und da Strecken verkümmerten
Dornengestrüpps. In der Regenzeit belebt sich j
dieselbe einigermaassen und Wassermelonen und
Zwiebelgewächse treten hervor; in natürlichen
Cisternen sammelt sich dann unter der Sand-
schicht etwas Wasser, das den Buschmännern
selbst in dieser Einöde das Wohnen möglich
macht. Die letzteren sind freilich verkommene
Häuflein, bis zur niedersten Stufe des mensch-
lichen Lebens herabgesunken, theils gelb, Hot-
tentotten von Abkunft, theils schwarz, mit den ;
Betshuanen verwandt. Letztei-e treiben zum '
Theil selbst noch eine Art von kümmerlichem
Ackerbau und Viehzucht — jene dagegen leben
ausschliesslich von dem dann und wann mit
vergiftetem Pfeile erlegten Wilde und der arm-
seligen Pflanzenkost, die die Wüste darbietet.
Diesen ärmsten unter den armen Völkern
Afrika's hat hier auch die Mission noch nicht
nahe treten können, weil die Beschaffenheit des
Landes unübersteigliche Hindernisse entgegen-
stellte*). Unter ihren östlichen Nachbarn da-
gegen ist die Mission schon seit langer Zeit
*) Der weiter östlich wohnenden Buschmänner hatte
sich zu Anfang dieses Jahrhunderts die L. M. S. anzu-
nehmen versucht, auf den auf No. 12 angedeuteten Orten
Makunskr. und Malapitse, allein ohne dauernden Erfolg.
Grundemann: Missionsatlas. II, 2.
thätig. Es sind die Betshuanen. Ihr Land
freilich zeigt auch einen ungleich günstigeren
Charakter. Von der Ebene der Wüste steigt es
durch Hügelland zu hohen Gebirgszügen an,
zwischen denen hie und da ein permanenter Fluss
ein fruchtbares Thal bildet, während zahlreiche
Regenflüsse wenigstens in den meisten Gegenden
Ackerbau und damit sesshaftes Leben, wenn auch
unter mancherlei Noth der Dürre, möglich machen.
Weiter nach Osten folgt auf dieses Übergangs-
gebiet ein für die Kultur noch viel versprechen-
i des Gebirgsland, dessen Metallreichthum bergende
Höhen sich bis zu den mächtigen Drakenbergen
steigern. Diese letztei'en Gebiete bilden jetzt den
Oranje -Freistaat imd die Transvaal-Republik*").'
Früher gehörten sie den Betshuanen -Stämmen,
namentlich der östlichen Gruppe, den Basuto.
Seit geraumer Zeit aber haben von Osten kom-
mende Käfern die frühere Bevölkerung verdrängt
oder zersplittert und sich zwischen denselben
; niedergelassen. Jetzt jedoch sind alle diese Ein-
' geborneu, wofern sie der Gewalt der Holländi-
schen Einwanderer nicht gewichen, ihrer Selbst-
*) Diese Republiken sind bekanntlich von den Boers,
Kolonisten Holländischer Abkunft, gegründet, die sich um
die Mitte der dreissiger Jahre durch Auswanderung aus
dem Kaplande der Britischen Oberhoheit entzogen. In
kirchlicher Beziehung blieben dieselben in Connex mit
der Holländischen reformirten Kirche des Kaplandes. In
neuerer Zeit hat sich indessen eine Spaltung gebildet
und die religiös regeren Kreise haben sich zu einer se-
parirten Kirche zusammengeschlossen, deren Ausgestaltung
noch nicht vollendet ist. Dieselbe steht in sofern mit
der „christlyk afgescheidenen" Kirche in Holland in
Verbindung, als ein von letzterer für die Heidenmission
ausgesandter Arbeiter durch die Verhältnisse als Leiter
in jene Bewegung gedrängt wurde. So gern man von
dieser Seite auch besondere Heidenmission triebe , muss
man darauf doch noch verzichten, da alle Kräfte von
der Arbeit für die eigenen Gemeinden in Anspruch ge-
nommen werden.
10
ständigkeit beraubt und der Botraässigkeit je-
ner unterworfen. Die westlichen Gegenden,
welche als zu wenig versprechend von den Boers
noch nicht in Besitz genommen sind, bilden die
freien Betshuanen - Gebiete. Die Bevölkerung
ist in zahlreiche kleine Stämme gespalten und
durch verschiedene Ereignisse vielfach durch-
einander gewürfelt. Im Süden , einschliesslich
der jetzt zum Oranje-Freistaat gehörigen Länder,
hatten sich seit vielen Jahrzehnten die aus dem
Xaplande verdrängten Hottentottenstämme, ! Ko-
ranna, und jene Mischlinge von Hottentotten und
Europäern, Bastard-Hottentotten, hier nach einem
ihrer Führer Griqua genannt, niedergelassen.
Diese sind es, deren sich zuerst die Mission
annahm und zwar die Londoner Gesellschaft seit
1801. Durch die Gründung von Griquastadt ist
ein geordnetes Gemeinwesen hergestellt worden ;
obgleich die Fortschritte einer christlichen Kul-
tur auch noch manchen Schwankungen nacli
innen und aussen ausgesetzt sind, so lassen sich
doch Ei'folge bis in die neuesten Zeiten nicht
verkennen. Eine andere Abtheilung der Griquas
stand früher ebenfalls unter der Pflege der Lond.
Miss. Soc, südwestlicli zu Philippolis (vergl. No.
10), ist aber seit einigen Jahren dem wachsen-
den Einflüsse der Weissen gewichen und unter
I'ührung des Adam Kok nach dem früheren
Nomansland, jenseits der Drakenberge (No. 11),
übergesiedelt. (In der Nähe hatte sich schon
vorher ein Haufe Basuto unter Nehemia nieder-
gelassen.) Die Anglikanische (S. P. G.) wie die
Londoner Mission sucht sich dort ihrer anzu-
nehmen.
Unter den IKoranna im Oranje-Freistaat hat die
Berliner Mission gewirkt. Wegen der Unbestän-
digkeit und Wanderlust des Volkes mussten meh-
rere Stationen nach kurzem Bestehen aufgegeben
werden. Pniel, wie das schon erwähnte (No. 11)
Bethanien, um die sich auch Betshuanen verschie-
dener Stämme gesammelt, während die IKoranna
zusehend dahinschwinden, werden fortgeführt.
Der Londoner Missionskreis zu Lekatlong seit
1841 hat ebenfalls gemischte Bevölkerung, doch
bilden Betshuanen dort bei weitem das Über-
gewicht. Wir erinnern hier nur daran , dass
dieses ausgedehnte Volk, verwandt mit den
Käfern, zu der grossen Süd - Afrikanischen Völ-
kerfamilie, die man wohl mit dem Namen Bunda-
Völker bezeichnet, gehören und bis tief ins Innere
von Afrika seine Sitze hat. Die eben erwähnten
Stämme sind die am weitesten nach Süden vorge-
drungenen Theile desselben. Sie leben unabhängig
von einander, Viehzucht und Ackerbau treibend,
meist in Städten (nicht wie die Käfern in ein-
zelnen Kralen), die oft eine bedeutende Ein-
wohnerzahl wie 5000 oder selbst 10- bis 12000
aufweisen können. Die mit Lekatlong verbun-
denen Stämme Barolong, Bamairi, Baharutsi sind
jetzt freilich nur Überreste, die aus der Spal-
tung grösserer hervorgegangen sind. Bedeutender
sind schon die Batlapi, unter denen Kuruman
das Gentrum der Mission bildet , wo indessen,
wie auf der Französischen Station Motito , auch
verschiedene andere Stämme vertreten sind.
Kuruman hat mehrere Aussenstationen, wie z. B.
unter den Batlaru. Weiter nach Norden treffen
wir das Gebiet der Baharutsi, auf dem seit meh-
reren Jahrzehnten viel Wechsel und Vermischung
der Bevölkerung stattgefunden hat, namentlich
durch die von Norden eingedrungenen Mantati,
deren Reste jetzt an den Quellen des Caledon
wohnen; später durch die von Osten unter Sil-
kats (Mosilikatsi) gekommenen Matebele (Käfern),
deren jetziges Gebiet (wenigstens den Südrand
desselben) No. 13 noch eben andeutet, und auf
die etwas nördlicher gelegene Missions - Station
Nyati hinweist. Während dieselben als Eroberer
im Baharutsen- Lande lebten, hatte der Ame-
rikanische Board eine vorübergehende Wirksam-
keit unter ihnen. — Frühere Stationen, die die L.
Miss. Soc. in jener Gegend hatte, sind, wie die
Karte angiebt, 1852 aufgehoben, und zwar durch
die Gewaltthätigkeiten der Boers aus der Trans-
vaal-Republili. Diese Mission hatte namentüch
unter den Bakwen die schönsten Erfolge gehabt,
die auch durch jene politische "Wendung nicht
vernichtet werden konnten. Doch schien der
Wirksamkeit Englischer Missionare durch die
Feindschaft der Boers, die Englischerseits po-
litische Einflüsse fürchteten, für immer die Thür
verschlossen zu seiu. Einer anderen Gesellschaft
indessen, welche keine Besorgnis erregen konnte,
wurde von Seiten der Transvaal -Republik bald j
darauf die Arbeit unter jenen Stammen gestattet,
der Hermannsburger, die unter den Bakwen, sowie
unter den nördlicher wohnenden Bamangwato '
mit Ereuden aufgenommen ward und bald
Früchte ihrer Arbeit sehen durfte. Leider
wurde das Werk schon nach wenigen Jahren
durch den Bruch der betreffenden Arbeiter mit
ihrer Gesellschaft gelähmt. In neuester Zeit hat
diese zwar wieder die Betshuaucu- Mission auf- j
nehmen können, doch ist die Londoner Mission, |
obgleich die Boers noch immer zu fürchten sind,
in ihr früheres Arbeitsfeld eingetreten*), und
die Hermannsburger haben südlicher unter den
Baharutzen und östlicher unter den Stämmen iu
der Umgegend von ßustenburg ihr Arbeitsfeld
gefunden.
Endlich ist unter den Betshuanen-Missionen
der Wesleyaner zu gedenken , die seit langer
Zeit, wiederholt unterbrochen durch die Wan- |
tierungen des Stammes, unter den Barolongs |
wirksam sind, mit denen sie jetzt selbst, wo der
grössere Theil derselben bis tief ins Innere ge-
*) Setshele, der König der Bakwen, der früher in
Kolobeng wohnte , dann , so lange die Hermannsburger
bei ihm waren, in Liteyane, residirt jetzt in Logageng, !
ein Platz, dessen Lage nicht zu ermitteln war. I
wandert ist, von Thaba Unchu aus die Verbin-
dung aufrecht erhalten.
Unter den östlichen Betshuanen haben wir
hier zunächst die schon (No. 11) erwähnten Süd-
Basuto- Missionen der Pariser und Wesl. Miss.-
Gesellschaft aufzuführen.
W^eiter haben unter den zum Theil noch unab-
hängigen Nord-Basuto, besonders unter dem Stamm
der Bapeli , die Berliner seit mehreren Jahren
eine gesegnete Wirksamkeit gehabt, die indessen
gegenwärtig durch die Feindschaft des Häupt-
lings unterbrochen ist. Doch wird sie auf der
Station Botshabelo , die für viele flüchtige Ein-
geborne ein Zufluchtsort geworden ist (wie auch
der Name besagt), fortgesetzt*), während auf
der andern Seite diese Mission sich in dem
Zoutpausberger Distrikt ausdehnt und unter
Matebelen wie Basuto einen günstigen Boden
findet. In der Nähe des Hauptortes dieses Di-
strikts, Schoemansdal, missionirt auch die refor-
mirte Kirche des Kaplandes — doch konnten
wir nicht die Lage der Station genauer erfahren.
Dieselbe hatte auch eine Zeit lang einen Ar-
beiter in Eustenburg, der sich aber mehr der
religiösen Bedürfnisse seiner Holländischen Glau-
bensgenossen (vergl. oben über die Separation)
als der Heiden-Mission anzunehmen scheint.
Hinsichtlich der Länder jenseits der Draken-
berge verweisen wir auf Blatt 15, das dieselben
in gi'össerem Maassstabe darstellt.
*) Einer von den Missionaren wirkt vorläufig in
Lijdeuburg. — Die als Makapanspoort bezeichnete Station
wird neuerlichst (Cha-) Kha-Lekalekalc genannt. Ga
Matlala sollte besser (Cha-) Kha-Matlale geschrieben sein.
Nachträge und Berichtigungen.
Zu Potscherfstroom (gewöhnlich geschrieben Potschefstrooin , vergl. sprachliclie Notiz zu No. 1(0 fehlt das
Ortszeichen unter dem „P".
Zu AUisons Missions- Station, 26° S. Br., 30° Ö. L., fehlt das Zeichen einer aufgegebenen Station etwa unter
dem „S". Der Name der Station war Mahamba ; sie bestand bis 1846.
Südöstlich von Stendal, 28° S. Br., 30° Ö. L., fehlt die Hermannsburger Station Empangweni (vergl. No. 15).
14. Die südwestlichen Käfern -Missionsgebiete.
Erläuterungen zu dieser Karte sind in dem Texte zu No. 10/11 mitenthalten.
N^ 15. Natal und das Zuliiland.
Die Terrassen Süd-Afrika's , die wir bereits
beim Kaplande (vgl. zu Nr. 10 u. 11) kennen
lernten, doch in den östlichsten Theilen dessel-
ben durch uni'Ogelmässigere Berggruppirung un-
terbrochen fanden, treten in Natal wieder deut-
lich zu Tage. Ihrem Charakter nach steht die
Gegend freilich jenen eben erwähnten östlichen
Gebieten viel näher, da hier wie dort zahlreiche
Bäche, die sich zu bedeutenderen Strömen sam-
meln, das Land fortwährend bewässern, obwohl
auch hier die trockene Jahreszeit die Wasser-
menge mehr als man erwarten möchte, vermin-
dert. Die untei'ste Terrasse bildet ein etwa
3 Meilen breiter, allmählich ansteigender Küsten-
gürtel mit tropischem Klima. Dunkle Mangro-
venwälder bezeichnen die Küsteulinie , darauf
folgen dichte, von Schlingplianzen in Menge
durchfiochtene Wälder, durch die einst der
Elephant seine Wege brach, die aber jetzt immer
mehr gelichtet werden, um ergiebigen Zucker-
rohrptiauzungen Platz zu machen.
Hinter diesem tropischen Gürtel erheben sich
von den schroffsten Thälern durchfurchte Berg-
züge zwischen 2- und 3000 Fuss hoch, die zu
der zweiten Terrasse überleiteu. Dort dehnen
sich bei gemässigt warmem Klima weite wellen-
förmige mit hohem Gras ])estandene Flächen
aus, die nur seltener von Büschen und Wal-
dungen unterbrochen sind. Hier liegen die
Weidegründe der Kolonie, auch eignet sich
diese Gegend zum Maisbau.
Die dritte Terrasse beginnt mit der Berg-
kette, die den Mooi E. zur Rechten begleitet.
Auf derselben herrschen wieder ausgedehnte
Wälder vor, die ausgezeichnetes Bauholz und
Nutzholz liefern. Weiterhin folgen die für den
Anbau Euroi^äischer Getreide besonders geeig-
neten Distrikte. Dann kommen die Vorberge
des Drakengebirges , die eine vierte Terrasse
bilden , welche nur von dem Kamm und den
bis zu 10,000 F. hohen Gipfeln, die im Winter
oft länger mit Schnee bedeckt bleiben, über-
ragt wird. Ähnlichen Charakter hat auch das
nordöstlich angrenzende Zululand. Die unzu-
Gruudemann: Missionsatlas. II, 2.
j länglichen Beschreibungen desselben liessen je-
doch eine genauere Darstellung der Terrassen-
formation auf der Karte noch nicht zu.
Die jetzige Kolonie Natal war bis zum Jahre
1837 der Europäischen Kultur wenig zugänglich.
Damals überschritt eine Schaar Holländischer
] Boeren, um der Englischen Herrschaft im Kap-
} lande zu entgehen, die Drakenberge und drang
bis zur Bai vor, die durch ihren am Weihnachts-
tage 1497 dort ankernden Entdecker Vasco de
Gama den Namen Port Natal erhalten hat.
Hier trafen sie mit einigen Englischen Ansied-
lern zusammen und gründeten die Stadt d'Urban,
j sowie das nach ihren Führern genannte Pieter-
I Maritzburg. Die junge Kolonie hatte indessen
viel von den Zulu zu leiden , die schon unter
' dem grausamen Tshaka diese Gegenden unter-
j werfen hatten. Sein Nachfolger Dingan war es,
der vertragsbrüchig die Ansiedler bei Weenen
i (d. i. Weinen) überfiel und fast gänzlich auf-
I rieb, worauf neue Schaaren von Boeren unter
Pretorius über das Gebirge nachrückend blutige
Rache nahmen uud den Dingan zum Frieden
zwangen (1838).
Schon einige Jahre früher waren unter Din-
gan's Volk Anfänge der Mission gemacht wor-
I den und zwar von dem Kapitain Gardiner (vgl.
zu No. 77*), der Englisch -kirchlichen Gesell-
schaft und dem Amerikanischen Board, die in-
dessen durch jene Ereignisse zerstört wurden.
Bald dai-auf fand die Englische Besitzergreifung
von Natal statt (1841), das 1845 zur Kolonie
erklärt wurde. Die meisten Boeren liessen sich
dadurch wiederum zum Auswandern bewegen
j und gründeten die Transvaal-Republik. In Natal
I aber befestigte sich bald die Sicherheit und zog
■ Schaaren von Einwanderern verschiedener Na-
j tionalitäten , darunter auch viel Deutsche , in's
Land , mehr aber noch Käfern , die vor dem
grausamen Regiment des Zulukönigs (jetzt Um-
panda) dort Schutz suchten. Die Zahl der
eingebornen Bevölkerung stieg auf diese Weise
*) Die Karte von Süd- Amerika.
11
in wenigen Jahren von 10,000 bis auf 120,000.
Hierdurch bot Natal eine sehr günstige Gelegen-
heit für die Mission, die mit neuem Eifer vom
Amerikanischen Board aufgenommen wurde, wo-
zu auch die "Wesl. M. S. ihre von Südwest
herauf rückende Kräfte gesellte. (Die Wesl.-
Stationen in Faku's Gebiet, Palmertou und
Emfundisweni , vgl. No. 1 1 , werden mit zum
Nataldistrikt gerechnet und sind die ältesten in
demselben.)
Beide Gesellschaften haben , wie die Karte
zeigt, jetzt eine ganze Reihe von Stationen.
Die letztere theilt indessen ihre Arbeit zwischen
den Eiiigebornen und den weissen Kolonisten*).
Bald darauf schickte die Norwegische Mis-
sionsgesellschaft ihre ersten Missionare auf dies
Gebiet, 1845. Nach mancherlei vergeblichen
Versuchen jenseits der Tugela gelang es densel-
ben, die Gunst des Zuluköuigs zu gewinnen und
bleibende Stationen dort zu gründen. 1847
kamen Berliner Missionare hinzu, die nach der
Zerstörung der Stationen in Britisch - Kafcrland
der Einladung nach Natal folgten. Die vier
gegenwärtigen Stationen dieser Gesellschaft sind
auf der Karte angegeben, wozu zu bemerken ist,
dass von Christianenburg aus zugleich eine kleine
Deutsche Gemeinde in New Germany bedient
wird. Der frühere Missionar Dohne, der behufs
seiner Übersetzungsarbeiten in Verbindung mit
dem Amerikanischen Board trat, steht auf seiner
Station Table M. einige Meilen von Pieter-Ma-
ritzburg. Die Berliner Mission hat übrigens
von hieraus einen Absenker in der Transvaal-
liepublik gewonnen, vgl. No. 13.
Die zweite Deutsche Mission , die in Natal
1854 ihre Wirksamkeit begann, ist die Her-
*) Rev. Allison, der früher in Verbindung mit der
Wesl. M. S. von dem Basutolande aus eine Station unter
den Swazi gegründet, politischer Verhältnisse wegen aber
hatte weichen müssen, führt jetüt in Pieter - Maritzburg
seine W^irksamkeit auf eigene Hand fort, zum Theil unter
Mitgliedern seiner früheren Station, die ihm gefolgt sind.
mannsburger. Nach vergeblichen Versuchen, zu
den Gallas in Ost - Afrika zu kommen , wurde
hier die Missionskolonic Hermannsburg gegrün-
det, um die bald eine lleihe von Stationen ent-
standen. Vier Jahre später folgte man der
Einladung der Norweger in's Zululand, woselbst
jene zur Besetzung der für Stationen geeigneten
Plätze keine ausreichenden Kräfte hatten.
Die Zahl der Hermannsburger Stationen ist
dort schnell gewachsen ; sie sind in zwei Kreise,
in Nord- und Süd-Zulumission eingetheilt. Schon
früher war von Natal aus nach Aufforderung
der Transvaal-Eepublik die Betshuanen- Mission
(vgl. No. 13) gegründet.
Die jüngste der Missionen in Natal ist die
Anglikanische, die zunächst dui'ch Bischof Co-
lenso ohne Verbindung mit einer Gesellschaft
begonnen (1854), dann von der Ausbreitungs-
gesellschaft aufgenommen \ind bis in's Zululand
ausgedehnt wurde. Coleuso führt jetzt nach
den bekannten Vorgängen, die natürlich ihn von
jener Gesellschaft trennen mussten, seine Muster-
station Ekuka3'eni bei Pieter - Maritzburg auf
eigene Hand fort.
Endlich haben wir noch eine in der Kolonie
selbst vor einigen Jahren gegründete Mission
zu erwähnen , sie nennt sich die der Hollän-
dischen Beformirten Kirche von Natal, zu La-
djsmith, und hat in der Nähe eine Station, auf
der der frühere Berliner Missionar Illing wirkt.
Ausser den Käfern, die auf besondern, von
der Regierung ihnen zugetheilteu Lokationen
leben, wo sie vor Verdrängung durch Kolonisten
geschützt sind, zum Theil aber auch bei letzte-
ren Beschäftigung linden, sind jetzt noch andere
Heiden in nicht geringer Zahl in Natal, unter
denen die Mission ihr Feld findet. Es sind die
Indischen (meist Tamulischen) Kulies , die be-
hufs des Plantagenbaues eingeführt sind, da die
Käfern für denselben zu wenig Neigung zeigen.
Nur die Wesl. - Methodisten unterhalten für sie
einen in Indien selbst vorbereiteten Missionar.
Nachträge und Berichtigungen für die Karte.
Von Edendale S. S. W. am oberen Umlazi ist die "Wesl.- Etwas südlich von Sanday (am Tangaati), auf der an-
Station Kwangubeni nachzutragen. ,^ d^ren Seite des Weges liegt die Stadt Victoria.
r, Z TT ■ 1 ; 1 „r Name De Beers-Pass gehört an den nördlicheren
An der linken Seite des Urageni, da wo ihn der Weg ^^^^ yon Ladysmith nach Harrysmith; der südlichere
von Pieter-Maritzburg nach Ladysniith überschreitet, heisst Van Reenen's -Pass.
liegt der Ort Howiek. ; Die Stadt New-Castle liegt nördlicher am Incandu.
2i>
T.ith Anst vC.efllfarth.LVothi* .
(VOTHA: JUSTUS PERTHES.
m 16. Ost -Afrika.
Üst-AtVika gehörte bis in die uenesteu Zeiten
/u den am wenigsten erforschten Ländern. Erst
seit wenig mehr als einem Jahrzehnt hat sich
diesem Theile des Continents eine rege Tliütig-
keit Enro])äischer Entdecker zugewendet, die
uns niclit bloss den wichtigen geographischen
Aufschluss über die mächtigen See'n, aus denen
der Nil seine Wassermasse schöpft, gegeben,
sondern auch Interesse für die fruchtbaren, reichen
Länder und ihre herrliehe, erhabene Natur ge-
weckt liabeii. Leider scheinen diese Gebiete fiir's
Erste der Europäisclien Kultur noch ziemlich
verschlossen zu bkiibeu, denn der Sklavenhandel
hat, je mehr er auf der Westküste untei'drückt
wurde, hier seine abscheuliche Thätigkeit ent-
faltet. Die Portugiesen, die noch immer weite
Strecken von Ost-Afrika als ilin; Besitzungen in
Anspruch nehmen, obwohl ihre dortigen Kolo-
nien gänzlich in Verfall geratlien, sind so weit
entfernt, in diesen Gegenden die civilisatorischen
Aufgaben zu lösen, dass vielmehr jener eben
erwähnte Feind der letzteren an ihnen wenig-
stens indirekt seine Unterstützung findet. In
den nördlicheren Gebieten liegt die Macht in
den Händen der Araber, die von Maskat aus
seit geraumer Zeit jene Küsten gross tentheils
unterworfen hatten. Jetzt besteht ein eigenes
Reich unter dem Sultan von Zanzibar, der die
mohammedanischen Suaheli*) an der Küste be-
herrscht, sowie ihm die an dei'selbeu lebenden
heidnischen Stämme unterworfen sind. Auf der
Insel Zanzibar selbst ist ein Sammelplatz für
Verti'eter der verschiedensten Völker; nament-
lich kommen nicht wenige Ansiedler von Indien
herüber i^Banianen). Araber betreiben von hier
aus auf bestimmten Karawanen - Strassen einen
ausgedehnten Handel l)is tief in's Iniu>re Afrika's.
*) Ein Misclilin!J.svolk aus Arabern und Schwarzen.
Gruiideiiiann ; Misitionsatlas, I. .'i.
j Die früheste Mission in Ost - Afrika war die
der Jesuiten und Dominikaner, die sich an die
Portugiesischen Kolonien anschloss. Von der
i Mitte des 16. bis in den Anfang des 17. Jahr-
I hunderts hatte dieselbe in dem Reiche Mono-
motapa*) bei Senna ausgedehnte Erfolge, die
aber jetzt fast völlig versehwunden sind ; noch
mehr gilt letzteres von der Thätigkeit der Do-
minikaner in Mozambique, Sofala, sowie d(>ra süd-
i lieher gelegenen Inhambano. An diesen Orten
hat die katholische Mission auch niclit einmal
solchen , vorübergehenden , Einfiuss gewonuen
wie in den Portugiesischen Besitzungen auf der
Westküste.
Die erste evangelische Mission an der Ost-
küste ist die der Englisch-kirchlichen Gesellschaft,
welche Krapf nach seiner Vertreibung aus Abes-
j sinien 1843 in der Nälic von Mombas unter
dem Stamme der Wanika begann. Die Lage der
nach mehrjähriger Unterbrechung**) wiederher-
gestellten Station Kisoludini zeigen die Kartons.
j Ein wenig nördlicher ist unter einem verwandten
Stamme von der ,, Vereinigton Methodisten -Frei-
j kirche" eine Mission zu Ribe gegründet (1863).
Die Absicht war dabei, von hier aus zu den
Gallas vorzudringen. In neuester Zeit wurde,
nach einer vorangegangenen Untersuchungsreise
in's Gebiet der südlichen Gallas, beschlossen,
Ribe aufzugeben und eine Station in jeuen Ge-
genden zu errichten. Der Ort derselben lässt
sicli noch nicht angeben , vorläufig wohnen die
Missionare zu Lammu, dessen Lage leider nicht
bemerkt ist.
*) Seit der Mitte des vorigen Jahrliunderts ist dasselbe
zerfallen und hat sieh in viele kleine Herrscliaften auf-
gelöst. Die ehemalige Hauptstadt war Zimbavp.
**) Dieselbe war durch die Einfälle und Raubzüge der
wilden Massai, IS.")! — 1859, veranlasst.
13
Den ebenfalls iiuf die Gallas gerichteten Vci'-
suchen der Hcvmunnsbuvgor Mission standen ihrer
Zeit unüberwindliche Hindernisse entgegen.
Endlich haben wir der Tliätigkeit einer eige-
nen Gesellschaft zu gedenken, die von der Ost-
kiiste Centrai-Afrika zu christianisiren sich zvir
Aufgabe stellt. Die hochkirchliclie Gesellschaft
der Universitäten Oxford, C!ambridge, Durham
und Dublin ist in's Leben gerufen durch die
Livingstonc'schen Forschungen am Schire, nach
welchen jene Gegenden als sehr geeignet fih'Kolo-
nisations- und Missions-TJntornehraungen ei'schie-
nen. Die 1<SG1 — 18615 gemachten Vei'suche zu
Magomero (später bei Clhibisa's Dorfe) sind, nach-
dem sie schwere Opfer gekostet, so gänzlich an
den Verliältuissen gescheitert, dass Rieses (Je-
biet aufgegeben werden niusste. Dafiir liat die
Gesellschaft nun die Insel Zanzibar zur Basis
genommen, um von hier aus eine weitere Wirk-
samkeit nach Inner-Afrika zu eröffnen.
Seit I860 waren dort bereits katholische Mis-
sionare von der Gesellschaft des Heil. Geistes
und des Unbefleckten Herzeus Maria in Scliulen
und einem Hospitale thätig. Schon vor längerer
Zeit hatten dieselben einen Punkt an der Küste.
Bagamoyo, fih- eine weitere Station in's Auge
gefasst. Doch verlautete bisher nichts über die
Ausführung der Absicht.
In einem Karton sind noch die Seychellen
gezeigt, nicht sehr bedeutende In.selchen mit
etwa 7000 Einwohnern, meist freien Negern.
Die kleine anglikanische Gemeinde, der sidi die
Ansbrcitungs-Gesellschaft annimmt, ist nach dem
letzten Jahresbericht gegenwärtig ohne ansässigen
Missionar. Die katholische Mission wird dort
von Kapuzinern getrieben.
GOTHA: JUSTUS PERTHES.
N**. 17 u. 18. Madagaskar.
Madagaskar, nächst Borneo die grösste Insel
der Erde, etwa um 1000 Deutsche Q.-Meileu
grösser als Fraukreich, besteht aus eiuem reich-
gegliederten Bergland. Dasselbe lehnt sich an
einen die Insel der Länge nach durchziehenden
Kücken au, der sich mit den höchsten Gripfeln
bis zu 6000 Fuss über das Meer, meist je-
doch nur 500 bis 600 Fuss über die nächste
Umgebung erhebt, (irosse Strecken sind hier
noch mit dichtem Urwald bedeckt, der auf den
hier und da ausgebreiteten Hochplateaux grössten-
theils der Kultur gewichen ist. Die letzteren
sind von vielen i-eichlich Üiessenden Strömen
durchfurcht, die sich in lachenden Thälern mit
üppiger Vegetation liinschläugelu. Dies durch
ein herrliches Klima ausgezeichnete (xebiet isi
an der Küste vielfacii mit sumptigen Striclien
gesäumt, in denen tödtliche Fieber hausen.
Die Bewohner, Malagasi, Malagaschen genannt,
bilden zwei ethnograi)hisch verschiedene Gruppen.
Die der westlichen Hälfte der Insel zeigen schon
durch ihre schwarze Hautfarbe und ihr wolliges
Haar die Verwandt hchaft mit den Afrikanischen
Völkern, während die östliche Hälfte von oliveu-
braunen Stämmen Malaiisclier Abkunft bewohnt
ist. Unter jenen sind die Sakalavas die bedeu-
tendsten , unter diesen werden gewöhnlich die
Betsimasarakas , Betsileos, Betanimenas und die
Hovas hervorgehoben, welche letztere seit 1810
die OberheiTschaft über die ganze Insel erlaugt
haben , die früJier in den Händen vieler unab-
hängigen Häuptlinge war. Radama L, der diese
politische Umgestaltung bewirkte, gewährte auch
zuerst Europäischen Einflüssen Kaum, besonders
in der Abschaffung des Sklavetiliandels in Folge
eines Vertrages mit der Englischen Kegieruug.
Früher hatten nur vorübergehend die l^n'tugiesen
1508 und die Franzosen von 1612 an auf Mada-
gaskar Niederlassungen gehabt , letztere lui-
mentlich in der südöstlichsten Provinz Anosy
zu Fort Dauphin), wo auch katholische Missio-
nare (Lazaristen) bedeutenden EinÜuss erreichten,
bis die heidnische Keaktion sich erhob und nach
vielem Blutvergiessen die Aufhebung der Nieder-
lassung zur Folge hatte (1672). Die evange-
lische Mission fand an Kadama's civilisatorischen
Bestrebungen die (Gelegenheit , in's Herz von
Madagaskar einzudringen. Die Londoner Missions-
gesellschaft durfte in der Hauptstadt Antanana-
rivo selbst eine ausgedehnte Thätigkeit entfalten,
besonders durch Schulen .sowie durch die Presse.
Die Erfolge übeitrafen alle Erwartungen. Das
Evangelium hatte bereits in dem ersten Jahr-
zehnte im Volke so tiefe Wurzeln geschlagen, dass
Griindeniann: Missh'tiadtlu«. I. :i.
die Christenfeindin Kanavalona, die 1828 mit
j Kadama's Ermordung sich des Thrones bemäch-
tigte, zuerst durch Beschränkungen, dann durch
blutige \'(!rfolgungen (seit 1835) es nicht wieder
' auszurotten vermochte, obgleich die letzteren ein
Vierteljalirhundert hindurch dann und wann mit
erneuter Gewalt betrieben wurden. Es ist be-
kannt genug, welche Märtj-rerkronen damals auf
i Madagaskar errungen sind. Die Zahl der ge-
! tödteten Christen übersteigt nach geringster Be-
! rechnuug 2000. Vielen andren gelaug es, in
j unzugänglichen Wäldern eine Zutluchtsstätte zu
finden, avo sie ihrem Glauben zu Liebe harte
Entbehrungen ertrugen. Endlich starb die Kö-
nigin (1861). Kadama II. befolgte sogleich eine
andre Politik und gewährte den Europäern wie-
der Zugang. Schaaren von Christen sammelten
sich U7Ü die zurückkehrcniden Londoner Mis-
sionare, n(^ben denen jetzt auch katholische auf-
traten ^Jesuiten), die schon seit 1845 von Ke-
union aus in der Stille gearbeitet hatten.
Die Hoffnungen, die maii zuerst auf Kada-
ma's II. Geneigtheit fiir's Christenthum setzte,
haben sich nicht A erwirklicht. Er ist nach kurzer
Kegierung, in der er sich seines Amtes nicht
sehr würdig erwies, 1863 einem Aufstande er-
legen, d(!r wieder eine Königin, die sich zum
Heidentlium bekennt, auf den Thron brachte.
Rasoherina aber sucht den Verkehr mit den Eu-
ropäischen Nationen zu erhalten ; namentlich ist
vor Kurzem mit England ein Vertrag abgeschlos-
sen, in dem ansdi-üeklich Religionsfreiheit garan-
tirt wird. Die letzten .lahri- haben gezeigt, dass
dieselbe in der That besteht und die Mission
ungehindert hat fortarbeiteu können.
Da die Londoner Mission ihre unmittelbare
Thätigkeit auf die Landschaft Ankova beschränkt,
so haben andre (Jescllschaften in andren Theilen
des Landes Stationen gegründet. Die Ausbrei-
tungs-Gesellschaft (S. P. (j.) hat die Strecke vom
Hivondrona bis Fenoarivo als besondres Arbeits-
gebiet gewählt. Die Englisch-kirchliche hatte zwei
Missiojiare in der Provinz Vohimare, die in-
dessen, weil die Bevölkerung nur späi-lich ist
und andrer Schwierigkeiten halber nach Ande-
vorante (Audevorandro) übergesiedelt sind. Eiid-
I lieh ist die Norwegische Missions-(resellschaft im
' Begriff, mit mehreren! Arbeitern, die bereits in
der Hauptstadt mit der Erlernung der Sprache
beschäftigt sind, zu Fort Dauphin und Mojanga
Stationen zu errichten. Friends (Quäker) aus Ame-
j vika und England haben in neuester Zeit ebenfalls
I Arbeiter nach Madagaskar geschickt, die in Anta-
nanarivo ihren Wohnsitz nahmen. Die Jesuiten-
14
Mission, die von Burmherzigcn Schwestern unter-
stützt wird, hat ihren Sitz in der Hauptstadt
Tamatave und Umgegend, sowie in den benach-
barten Französischen Besitzungen.
Auf No. 18 geben wir einen genaueren Plan
der Hauptstadt, der die Lage der in den Missions-
blättern erwähnten Örtlichkeiten zeigt, z. B. die
verschiedenen Plätze, wo zur Zeit der Verfolgung
die Hinrichtungen erfolgten, wie Ampamarinana,
Ambolnpots}', Arabatonakanga u. a. Hier werden
von der Lond. Miss. Soe. Gedäuhtnisskirchen er-
richtet, deren erste an dein letztgenannten Orte
bereits vollendet ist. — Die Katboliken haben
ihre Stationen in Andohalo und Anibohimitsim-
bina; die Lage des letztgenannten Stadttheils
konnten wir nicht ermitteln.
Ein andrer Karton zeigt die Provinz Imeriua
und die Lage der Ortschaften, in welchen sich
christliche Gemeinden befinden, die von den
Missionaren der Hauptstadt besucht werden.
Leider sind die vorhandenen Angaben über diese
Ortlichkeiteu zu gering, als dass die Zeichnung
auf Vollständigkeit und vöUige liichtigkeit An-
sprucli machen könnte. Nur über diejenigen
dieser Aussenstationen , die zu Amparibe ge-
hören, lag ein Verzeichniss vor, daher nur diese
durch eine Unterstreichung hervorgehoben wer-
den konnten.
Der dritte Karton endlich dient zur Veran-
scliaulichung der Reiseroute vom Hafenplatz
Tamatave nach Antananarivo und zeigt zugleich [
das Missionsgebiet der Ausbreitungs-Gesellschaft
in grösserem Maassstabe. i
Auf No. 17 fiuden sich noch zwei kleinere
Inseln dargestellt, die zu Madagaskar überliaupt
und b<;sonders als Missionsfeld in näherer Bezie-
hung stehen: Mauritius und Reuuion. Beide \
sind vulkanischen Ursprungs und eignen sich
mit dem fruchtbaren Boden ilu'er alten Lava-
felder für die Erzeugung verschiedener Kolonial-
Produkte. Seit mehreren Jahrhunderten sind sie
Europäische Besitzungen. Mauritius, von Portu-
giesen entdeckt, seit 1598 den Holländern ge-
hörig, die ihm diesen Namen beilegten, den die
Franzosen, als sie 1721 die Lisel erhielten, in
Isle de France verwandelten und bis jetzt fest-
halten, obgleich die Engländer, seit 181Ü Herren
der Insel, den früheren Namen wiederherstellten.
Die Bevölkerung besteht aus Weissen, meist Fran-
zösischer Abkunft und katholisch, die in den
verschiedeneu Theileu der Insel auf den Plan-
tagen leben. Ausser ihnen findet sich eine etwa
acht Mal grössere Negerbevölkerung, aus den Zei-
ten d(!r Sklaverei stammend , und zwanzig Mal
soviel Hindus (seit den letzten Jahrzehnt(ui), die
als Kulies zur Plantagenarbeit hinübergebracht
werden, sowie ;J()()() Chinesen.
Schon 1814 begann die Lond. M. Soc. hier
die Mission unter den damaUgen Negersklaven.
Nach Abbruch der Wirksamkeit auf Madagaskar
wurde dieselbe auf Mauritius fortgefiihrt , wo
eine nicht geringe Zahl von Malagaschen zur Zeit
der Verfolgung Zutlucht suchton. Für sie wurde
j in Moka eine eigne Ansiedlung gegründet. Da
Madagaskar auch durch den Handel stets mit
Mauritius in Verbindung blieb, wurde dies die
geeignete Basis zur Aufi-echterhaltung jener ge-
fährdeten Mission. In neuerer Zeit bietet es
mit seiner Menge heidnischer Kulies gleichfalls
ein geeignetes Missionsfeld , auf dem besonders
die Ch. M. S. wirkt. Zu Powder Mills steht ein
Waisenhaus unter ihrer Leitung. Seit 1852 ist
Mauritius Sitz eines anglikanischen Bischofs,
unter dem auch Arbeiter von der S. P. G. in
innerer wie äusserer Mission thätig sind. End-
lich ist die Insel auch insofern ein Missionsfeld,
als hier die durch die Englischen Kreuzer an
der Ostküste von Afrika befreiten Neger ab-
gesetzt werden.
Die katholische Mission wird hier von dei-
Congregation des Heiligen Geistes und des ün-
betieckten Herzens Maria getrieben, unterstützt
von einigen kleineren Gesellschaften*). Dieselbe
ist auf Bc'uniou thätig, woselbst ein katholischer
Bischof zu S'- Denis seinen Sitz hat. An dieser
Insel hat die katliolische Mission auf Madagaskar
ebenso ihre Basis wie die evangelische an Mau-
ritius. Zwei vor einigen Jahren erwähnte [nstitute
zur Erziehung von Madagaschen-Kindern , Ees-
source und Nazareth, konnten wegen mangelnder
Angabe ihrer Lage auf dem Kärtchen nicht "ver-
zeichnet werden. Was Reunion anbetrifft, so
vergesse man nicht, dass es gegen Mauritius
nur im halben Maassstabe gezeichnet ist. Die
Erklärung der Zahlen konnte auf der Karte
keinen Platz finden und folgt daher hier.
1
Pointe aux Piments.
13 LePouce-M.(28()0'
2
Powder Mills ^^Indi-
alter Vulkan).
sches Waisenhaus).
14 Peter Bott M.
3
Arsenal.
15 Piaines St-Pierre.
4
Baie aux Tortues
16 R. du Rempart.
(Turtle-B.).
17*Tamarind R.
5
B. & R. du Tombeau.
18 Black River M^
6
Eicheterre.
19 Terre Rouge M'*.
7
Piton M.
20 Le Petrin.
8
Ville Bag.ue.
21 R. des Anguilles.
9
Piaines de Roches.
22 Dragon R.
10
Eiviere seche.
2;5 S' Armand R.
11
Reduil.
24 Baraboo M'*.
12
Little Riv. Vil.
Distrikte.
1
Port Louis.
VI Moka.
11
Piaines Wiliielnis.
VII Flacq.
VIII Eiviere du Rem-
[II
Black River.
IV
Savanne.
part.
V
Grand Port.
IX Pampleniousses.
*) Vergl. zu No. 1.
N". 19. Abessinien.
Abcssinicn ist ein Hoohlaud , das sich gegen
Osten und Nordosten terrasseufönuig zu den
tiachcn Landstrichen licrabseukt, die es von dem
Meere scheiden. Je ungünstiger das Klima der
letzteren mit ihren ausgedörrten Sandsteppen
ist, desto herrlicher erscheint dem Wanderer das
jenes Alpenlandes, zu dem er durch wilde Schluch-
ten emporsteigt. Dort erheben sich kühne Berg-
zinken und schroffe Tafelberge, mächtige Felsen-
hurgen, auf denen selbst im Sommer Schnee voi*-
kommt, daher an ihrem Fusse, wo klare Bäche
rinnen, die Sonnengluth durch kühlere Lüfte ge-
mildert ist, denen kräftige Wälder, frische Wiesen
ixnd üppige Kornfelder ihren Schmuck verdanken.
Zwiscliendurch erblickt man hie und da ein Dörf-
lein, in dessen Mitte die runde Kirche mit dem
Kreuz auf ihrem spitzen Dach uns zeigt, dass
wir in einem christlichen Lande sind. Freilich
sind die braunen Abessinier Christen seit alter
Zeit, indessen befinden sie sich seitJahrliunderteu
in einer solchen kirchlichen Erstarrung und sitt-
lichen Verkommenheit, dass ihre Belebung mit
Eecht der Mission als Aufgabe zufällt. Als
Monopliysiten verketzert , waren sie schon bald
in ein unfruchtbares Formelwesen gerathen, das
sich nur gesteigert und die Wirkungen leben-
digen Christenthums fast verdrängt hat, seitdem
die Finthen des Islams sich um ihre Grenzen
ergossen und Abessinien als vereinsamte Insel
vom Zusammenhange mit christlichen Ländern
trennten. Lange Zeit hindurch errangen die
dort in grosser Zahl lebenden Juden, Fallaschas,
die Herrschaft (im IL und 12. Jahrhundert).
Später erhoben die benachbarten Miiliammedaner
fanatische Kämpfe gegen die Christen , deren
Kirche, obgleich mit Eifer vcrthoidigt, dabei nur
noch mehr in Erstarrung versank. Weiter trug
das Eindringen heidnischer Galla-Stämme von
Süden her nicht wenig dazu bei , Abessiiiiens
Fall zu fördern Früher war das ganzc^ Land
*) Jetzt sind diese Uallas, die in den südliclien Land-
Gruiuli'mann : •\fis^iiinxiillax. 1,3.
von eine m Herrsclnn", Negus, regiert, nachher
hatten die drei Keiche Amhara, Tigre und Schoa
neben einander bestanden ; indessen gewannen
die untergeordneten Häuptlinge immer mehr
Selbstständigkeit , und obgleich unter dem ge-
meinsamen geistUcheu Oberhaupte Abuna sich
die kirchliche Einheit erhielt, ward die politische
Zersplitterung immer gTÖsser, bis in neuester
Zeit (1855) Kaiser Theodoros sich wieder fast das
ganze Land unterwarf. Vor ihm war in Tigre
König Ubie zu ausgedehnter Macht gelangt.
Unter des letzteren Herrschaft hatte die Eng-
lisch-kirchliche Gesellschaft seit 1829 eine Wirk-
samkeit [Gobat, Isenberg], die 1838 durch den
Einfluss, den römische Missionare auf den König
gewonnen , mit Ausweisung der Evangelischcai
endete. Einige Jahre lang hielten sich die letz-
teren (Krapf, zuerst auch Isenberg) noch in
Schoa, 1842 aber musstc diese Mission auf-
gegeben werden.
Erst 1854 kamen wieder evangelische Send-
boten nach Abessinien. Durcli die Anstrengungen
Gobat's (jetzt Bischof von Jerusalem) wurden
Brüder von St. Krischona zunächst als Hand-
werker dorthin gesandt, die bei Theodoros, der
die katholischen Missionare vertrieb, eine gün-
stige Aufnahme und Gelegenheit fanden, im evan-
gelischen Sinne zu wirken und Bibeln zu ver-
breiten*). Eine eigentliche Missionsthätigkcit
aber durfte nur unter den Fallaschas getrieben
werden, was die Londoner Juden -Missions -Ge-
sellschaft sowie die Schottische Kirche zum
Theil auch durch Krischona - Brüder that. Seit
Schäften sich niedergelassen haben, meist zum Islam über-
gegangen. Nicht wenige andre Muhammrdanev wolim^n
übrigens durch ganz Abessinien zerstreut und haben
grösstentlieils den Handel in ihren Händen.
*) In der Abesslnisolien Kirche ist bis jetzt die alte
.Ühiopische (Ge'ez) Ribeliibersetzung in (Jebranch, von der
aber selbst die Priester wonig verstehen ; eine Übersetzung
in die jetzige Landessprache (Aniharisch) hatte die Bri-
tische Bibelgesellschaft bereits um 1820 herausgegeben.
15
einigen Jahren aber hat bekanntlich Theodovos,
dem es von Anfang an wohl nur auf den Voi"-
theil ankam, den er aus; der Industrie jener
Laienbrüder zog, in tyrannischer Weise die Mis-
sionare sammt andren Europäern (unter denen
sogar der Englische KonsuP in Fesseln gelegt
und erst in neuester Zeit steht durcli die Eng-
lischen Rüstungen eine Änderung der Zustände
in Abessinien in Aussicht.
TJnsre Karte zeigt uns noch zwei Stationen
der Apostelstrasse (siehe zu 2so. 20), Khartüm
(St. Thomas) und Matauimah (St. l'aulusX letz-
tere wird jedoch wahrsclieinlich nach dem nord-
östlich gelegenen Qedaref (nach dem Hauptorte
Süq Abu Sin r) verlegt werden , wo bereits die
Missionare in der Regenzeit sich aufhielten.
Andi-e Arbeiter der Krischona versuchen jetzt
eine Station zu Fazoi[li am Blauen Nil zu grün-
den, nachdem sicli dies am Weissen Nil bis jetzt
wegen des Sklavenhandels als unmoglii-li licr-
ausgestellt hat. Die Absicht war, von Khartüm
aus nach den Ceutral-Afrikanischen Seeländern
eine Statioueui'eihe anzulegen (Propheteustrasse),
deren Ziel eine Mission in Uganda wäre. (Siehe
Kartoit auf No. 20 u. No. 16.)
Vor 1 '/2 Jahren hat die Schwedische Missions-
gesellschaft (Evangeliska Fosterlauds Stiftelseu)
Missionare nach den mehr oder weniger unab-
hängigen Nord - Abessinischen Grenzländem ge-
schickt, wo sicli dieselben unter dem heidnischen
Kunama-Stamm \^gehört zu deu Sliannualas. wo-
nach die Stellung des letzteren Namens auf der
Karte zu berichtigen ist) niedergelassen haben.
Katholische- Mission ist schon im 16. Jahr-
hundei't in Abessinien betrieben worden. Die-
I selbe stellte sicli die Aufgabe, die Schismatiker
zur katholischen Einheit zurückzuführen. Die
Jesuiten hatten später darin so guten Erfolg,
dass von 1626 bis 16.82 das römische Bekenntniss
! zur Staatsreligion erhoben war. Die dann ein-
tretende Reaktion verschloss den Katholiken das
Land auf lange Zeit. Erst 1838 fanden ihre
Missionare in Tigre wieder Eingang, bis sie,
wie bereits erwähnt, von Theodoros abennals
vertrieben wurden. Dennoch setzen sie in deu
Nachbarländern ihre Wirksamkeit fort, nament-
I lieh die Lazaristen zu Keren im Bogozlande
j sowie in Massua. Die Kapuziner dagegen ar-
beiten unter deu südlichen Nachbani von Abes-
^ sinien, den grossentheils bereits zum Tslam be-
I kehrteu Galla -Stämmen sowie den namenchrist-
licheu Sidamas in Kafa. Als Stationen wei'den
angegeben : Kafa , Uuera , Gammara und Barro.
Dieselben liegen sämmtlich zu weit uach Süden,
um auf unserer Karte angegeben zusein; siehe
dali< r No. 1 .
Nachträge und Berichtigungen zur Karte.
Zu Seu'ar fehlt das Urtszeicheu. (ins uumiuelbar liinier da^ an den Blaueu Nil geset/l sein sollte.
Tsaho L. muss heissen Tsado L.
Über die Orthograpliie vgl. zu No. 20.
i
20. Ägypten und die Länder am oberen Nil.
Ägypten stellt der Mission eine zwiefache
Aufgabe: unter den Muhanuuedanern nnd unter
den Kopten. Letztere sind zwar Christen und
halten fest au ihrem Bekenntnis, namentlich an
ihren monopliysitisclien ünterscheidunoslehr-en.
Doch zeigt sich darin gerade eine Erstarrung in
dogmatischen Fonuein , die von einem tiefen
Verfall des christlichen Lehens begleitet ist, der
Anregungen zur Xeubelebuug von aussen her
dringend erforderlich macht. Ihnen haben sich
denn auch besonders die Missions-Unteriu'hmun-
geu zugewendet. Unter den Muhammcdancrn wa-
ren schon seit Jahrhunderten dann und wann von
katholisclieu Missionai'en einzelne Versuche ge-
maclit worden , die meist mit grausamem Mar-
tyrium endeten. Im Anfang des vorigen Jahi'-
hunderts aber begannen Jesuiten unter den
Kopten zu ai'beiten, mit dem Erfolge, dass sie
gros.se Schaaren dieser Schismatiker zur Einheit
der katholischen Kirche zurückführten. Später
ging diese Mission in die Hände der Franzis-
kaner (Minoriten) über, vou denen die meisten
auf der Karte angegebenen katholischen Missions-
stationen besetzt sind. Jn Alexandrien sind auch
Lazaristeu und Barmherzige Schwestern thätig,
in Kairo Klosterfrauen vom Guten Hirten , an
beiden Orten Schulbrüder.
Vor etwa 20 Jahren zählte man bereits 15,000
unirte Kopten unter einem zu Kaii'o residirenden
Oberhirten; die (iesammtzahl der Kopteu über-
haupt wird auf 150,000 geschätzt.
Vou evangelischer Missionsthätigkeit ist zu-
nächst die der Brüdergeraeiudc in den Jahren
1752 bis 1772 zu erwähnen, die nicht ohne
Segen blieb , obgleich sie keine Ti'ennung vou
der koptischen Kirche veranlassen wollte. Seit
1826 liuden wir die Englisch - kirchliche Mis-
Grumleniann : Jlixsiovsiillai. 1, 3. '
j sions - (iesellschaft besonders durch Schulen in
I Kaii'o wirksam , doch ist diese Mission im vo-
I rigen Jahrzehnt aufgegeben. Au ihrer Statt sind
die Sendboten der Vereinigten Presbyterianischen
Kirche von Nord -Amerika eingetreten (1857),
die ebenfalls unter den Kopteu ai'beiten. Sie
lassen sich insbesondere die Bibelverbreitung
angelegen sein, behufs deren regelmässige Reisen
den Nil aufwärts in einem eignen Missionsboote
unternommen werden,
j Endlich ist eine für -Ägypten wichtige Mis-
sionsunleruehmung die sogenannte Aijostclstrasse,
eine l)eabsiehtigte Kette von zwölf Stationen,
I deren jede den Namen eines der A])ostel*) trageu
j soll nnd die, vom Mittelmeer nach Abessinien
j reichend, die Mission in letzterem Lande zu
f()rdorn bestimmt ist. Di(> Karte zeigt vier dieser
I Stationen, die bereits eingerichtet sind; die in
i Aussicht genommenen sind mit Ziffern ange-
deutet.
Als einer Privat - Missionsanstalt haben wir
'. noch der Schule der Miss Whatly in Kairo zu
j gedenken, woselbst auch ein Schottischer Mis-
t sionar ausser Verbindung mit einer Gesellschaft
I auf eigne Hand wirkt. Auch der Thütigkeit
der Kaiserswerther Diakonissen in Alexandrien
und des dortigen Arbeiters des Jerusalem- Vei-eins
mag Envähnung geschehen , obgleich dieselben
nicht direkt Mission treiben.
Ein Karton unsrer Karte, der, wenn es der
t)
Kaum erlaubt hätte, besser auf No. 19 stände,
zeigt die Länder am oberen Weissen Nil. Die
*) .\lexandrieii: Matthäus, Kairo : Markus, Siut: Lukas,
Theben : Johannes, Esneh (frülier Assuan) ; Petrus, Qo-
vnskci: .Vndveas, Semneh ; Jakobus, ed Dabheh; Philippus,
Beibei' Ravtholomiius, Khartüm: 'l'homas, Abu Haräs;
'l'had<la'us, Matammah (Qedaref): Paulus.
16
katholische Mission des Marien- Vereins, die
zu Gondokoro unter den Bari -Negern mehrere
Jahre hindurch mit sehr bedeutenden Opfern an
Menschenleben thätig war, hat aufgegeben wer-
den müssen und hält jetzt nur noch die Station
Khartüm. Neuerlieh hat der Verein auch ein
anderweit gegründetes Institut zur Erziehung
losgekaufter Negerkinder zu Shellal in Nubien
übernommen.
Erklärung der in der ersten Abtheilung vorkommenden Abkürzungen.
Die Abkürzuiif^on siud meistentheils nach Eiifilischi'n mlpr (in Süil-AIVikiO HoUiiiiilisLhen Ausilrückeii gewählt,
was im folgenden Verzeiclinis durch (e.) und (h.) an^;od(^utet isl.
— Britische Besitz imj;
— und — " bezeichnen den Pluralis , jenes
in Englischen, dieses in HoUändisehen Wörtern.
AR. = Araber.
B. = Bai.
bg. \
Br. j
Bushm. = Buschmänner.
C. = Cap.
Col. = Colonio.
Cr. — Creek (c.), Bach.
D'' = Drift (h.), l'urtli (hirch einen Fluss.
F. = Fähre.
Fet. = Fetisch-Platz (der Name des Götzen
dabei in Klammern!
F" = Farm (e.), Bauernhof.
F" = Fontein (h.), auelle.
Fr. = Französische Besitzung.
F' = Fort.
G'. : G'ebel (Arab.), Berg.
Gem. = Gemeinde.
Gr. (G') — Gross [Great (e.), Groot (h.)].
H. = Hill (e.), Hügel, Berg.
H" = Hoek (h.), Winkel.
H'" = Harber (e.), Hafen.
I. = Insel.
Kl. (im Anfang) = Klein.
Kl. (am Ende) = Kloof (h.), Schlucht.
Kr. = Kraal.
L. = Lake (c.), See.
Locat" ~ Location, bestimmtes, den Eingebor-
ncn angewiesenes Gebiet.
L' = Little (e.), klein.
M. — Moimtain (e.), Berg.
Mb. = Meerbusen.
Mon. = Monasterium, Kloster.
M"' = Mouth (e.), Flussmündung.
N. Neu.
O. = Oase.
P. = Port (e.), Hafen.
Pen. = Peninsula (e.), Halbinsel.
P"^ = Peak (e.), Berggipfel.
PI. = Plaats (h.), Platz, Wohnort eines Häupt-
lings.
(ininderraim : Miaaiomattas. I. A.
P'i — Pau (e., h.l, Salzpfanne, ausgetrockneter
Salzsee.
p'
—
Point (e.), Lands])itze.
R.
River (e.), Rivier (h.), Fluss.
Ra.
—
Range (e.), Bergkette.
Res.
Residenz.
Town (e.), Stadt.
t. )
t" )
ton, Stadt, in Zusammensetz u
s.
Süd.
S.P.
Salt Pau, siehe P".
Spr.
Spruit (Ii.), Bach.
St.
Station.
Val.
Valley (e.), Vallei (h.), Thal.
Vil.
Village (e.), Dorf.
Vole.
Volcano (e.), Vulkan.
W.
West.
W. (in Arabischen Namen) = Wadi, Thal.
W.F. =r Wasserfall.
Die Missions -Hauptstationen sind ausser der
farbigeu Unterstr(;ichuug mit einer schwarzen
Linie bezeichnet, wie: Bathurst.
Die Aussenstationen, Zweigstationen oder re-
gelmässig besuchten Predigtplätze, an denen sich
schon eine christliche; Gemeinde befindet, haben
eine Punktirung, wie : Bendo.
Aufgegebene Stationen sind folgendermaassen
angegeben : Kumasi.
Letztere haben dann (mit einigen Ausnahmen
in der ersten Lieferung) keine farbige Unter-
streichung, sondern die botreffende Gesellschaft
ist dabei durch eine Signatur angedeutet, wie:
W. M. S. Derartige Signaturen mussten auch
bei den Orten, an welchen verschiedene Gesell-
schaften arbeiten, zur Aufnahme der verschie-
denen Farben dienen.
In der Orthographie steht :
sh für das Deutsche sch. s für das Deutsche ss.
ch ,, „ tsch. Z „ „ S, weich.
j » dsch. j' „ „ j.
Wo ein Buchstabe anders oder ein neues
Zeichen gebraucht wurde, ist es in den betreffen-
den Erläuterungen bemerkt.
Verzeichnis der in der ersten Abtheilung vorkommenden Missions-
Gesellschaften nebst den für sie angewendeten Signaturen.
NJB. Niihorcs siehe in der am Sclilusse des
ganzen Werkes t'olgoudeu Übersicht über die siimmtlicheu Missions-
Uesellschat'ten.
S. P. G. =
Cli.M. S. =
L. M. S. —
Ii. M. S. ==
W. M. S. —
L. H. C. =
U. M.M. =
M. C. A. =
F.Ch.M. =
U. P. M. 1=
A. B.
A. B. U.
P. E. M.
A. 1>. M.
A. M. A.
A. U. P.
S. B. C.
Brdo,
B. M. G.
Bcr. M.
Uli. M.
N. D. M.
H"«- M.
K. D.
K. P. M.
J. V.
S. M. E.
P. E. S.
N. M. S.
Sw. M.
Society for the Propagation of the
Gospcl iu Foreign Parts. (Ausbrei-
tungs-Gesellschaft.)
Church Missiouary Societ}'. (Eng-
lisch-kirchliche Miss.-Ges.)
London Missionary Society. (Lon-
doner Miss.-Ges., independentisch.)
Baptist Missionar)^ Society.
Weslej'an Methodist Miss. Society.
LadyHuntingdou's Connexion's Miss.
United Methodist Free Churches'
Mission.
Oxford, Cambridge, Durham & Du-
blin Mission to Central Alrica. (Miss,
der Engl. Universitäten, hochkirchl.)
Free Church of Scotlaiid'n Foreign
Mission. (Schottische Freikirche.)
United Presbyter. Church's Foreign
Mission. (Unirtc Presbyterianer in
Schottland.)
Board of Comraissioners for Foreign
Mission. Boston. (Amerikanischer
Board, independentisch.)
American Baptist Missionarj' Union.
Protestant Episcopal Mission. (Bi-
schöfl. Kirche der Verein. Staaten.)
American Presbyterian Mission.
American Missionary Association.
(Undeuominational, abolitionistisch.)
American United Presbyter. Mission.
Southern Baptist Convention's Mis-
sion. (Baptisten der Südstaaten.1
Mission der evang. Brildergeuieiude.
Evangel. Miss.-Ges. zu Basel.
Gesellschaft zur Beförderung der
evangelischen Mission unter den
Heiden. Berlin.
Eheinische Miss.-Ges. Barmen.
Norddeutsclie Miss.-Ges. Bremen.
Hermannsburgev Miss.-Ges.
Kaiserswerther Diakonissen- Anstalt.
Pilgermission von St. Krischona.
Jerusalem-Verein. Berlin.
S. Z. C. = Synodale Zendings Commissie. (Mis-
sion der ref. Kirche des Kaplandes.)
L. M. J. = London Society for pi-omoting Chri-
sti anity amongst the Jews. CLon-
doner Judenmissions-Gesellschuft.)
P. G. J. = British Society for the Propagation
of the Gospel among the Jews. (]{ri-
tische Judenmissions-Gesellschaft.)
C. Sc. J. .— Church of Scotland's Mission to the
Jews. (Schottisclie Judenmiss.-Ges.)
M. N. C.
Societcdesmiss. evangc'Ii([ues. Paris.
Societe evangcHijue. Paris.
Norwegische Miss.-Ges. Stavanger.
Schwedische Miss.-Ges. (E^ aiigeli^ka
Füöterlands Stiftelseii). Sloc;kliüliu.
Mission ausser Verbindung mit ir-
gend einer Gesellschaft.
Ii. C. M. — Pömisch-katholische Mission.
C. 1 = Schwestern vom Guten Hirteu.
„ 2 = Kapuziner.
„ ;} = Schwestern von der Unbefleckten
Empfiingniss. Castres.
,, 4 = Barmherzige Schwestern.
„ 5 — Congregation zum Heil. Kreuze.
„ 6 = Dominikaner.
„ 1 — Schulbrüder.
,, 8 = Scliulschwestern. Nancy.
„. S) = Congregation des Heil. Geistes und
des Unbelieckten Herzens Jlariii.
,,10 = Brüderschaft von der Unbelieckten
Empfäugniss.
„11 " Brüderschaft St. Johannis.
„12 = Jesuiten.
,, 13 Schwestern vom Heil. Joseph.
„14 = Schulbrüder, gestiftet von Lamenais.
,, 15 — Lazaristen.
„16 = Lorettinerinnen.
„17 — Töchter der Heil. Maria.
„18 = Minoi'iteu.
,,19 = Oblaten der Unbelieckten Jungfrau.
„ 20 — Prämonstratcuser.
,,21 = Trappisten.
„ 22 = Trinitarierinnen.
„ 23 = Ursulinerinnen.
„ 24 — Gesellscli. desheil. Vincent vonPaula.
,, 25 = Benediktiner.
,, 26 = Marien- Verein. Wien.
Die Farben zur Unterstreichung sind soviel
als möglich so gewählt, dass die kirclilich gerich-
teten Missionen roth, die methodistischen gelb,
die independcntischen grihi, die baptistischen
blau augegeben sind. Begreifliclier Weise liess
sich dies iiiclit überall, besonders nicht auf den
Hlätteni, wo viele Missionen darzustellen waren,
cünse(|uent durchfuhren.
Nachträge zur I. Abtheilung.
Zu No. 2.
Der vor längerer Zeit vou Mac Carthy's I. aus
besuchte Punkt Nyubantaug wurde vor Kurzem
wieder erwähnt und scheint etwa 3 Deutsche
Meilen südlich von der angegebenen Position zu
liegen. Der unterwegs berührte Ort Nyanimaru
liegt am Gambia und scheint mit dem auf dem
Karton gegebenen Yannamaru identisch zu sein.
Die Insel Fotubar ist nunmehr als Aussen-
station der Pongas-Mission zu bezeichnen.
Die Bemerkung in den Erläuterungen über
Codrington College ist dahin zu berichtigen,
dass die Gesellschaft an diesem längst bestehen-
den Seminar Einrichtungen zur Ausbildung für
mehrere Missionare getroffen hat.
Zu No. 3.
Prince Alfred's Town wäre als die wichtigste
Stadt iu Britisch - (iuia (Sitz des Regierungs-
Bevollmächtigteu) hervorzuheben.
Na(;hträglich ist die katholische Mission in
Sierra Leone zu erwähnen, die in neuester Zeit
viele Anhänger gewonnen hat. Siehe auf No. 1.
Zu No. 4.
Die A. B. U. geht damit um, ihre frühere
Mission in Liberia wieder aufzunehmen.
Zu No. 5.
Zu Jilofi, 2 '/2 St. SW. von Odumase, ist eine
neue Ausseustation errichtet worden.
Bei Akropong ist die Aussenstatiou Adukrum
(1 St. NO.) nachzutragen, sowie die betreffende
Unterstreichung bei Doburo, Mamfe, Date und
Tutu.
In Agbome ist neben der ßöraisch-katholischen
Mission noch die der Lady Huntingdon's Con-
nexion (vergl. zu No. A) anzugeben. Dieselbe
hat dort einen farbigen Geistlichen statioiiirt.
I Zu No. fi.
Igbessa (SW. vou Otta) ist als Station der
Ch. M. S. zu bezeichnen.
' Durch ein Versehen fehlt auf mehreren Exem-
plaren zu dem + im südlichsten Theile vou
Abeokuta (Plan) die Bezeichnung: W. M. S. —
j In der Nähe des Thores, durch das der Weg
I nacli Oshielle führt, ist die Station der S. B. C.
' nachzutragen, ebenso zu Abeokuta auf der
Hauptkartc.
Zu No. 7.
Die grosse Stadt Igbebe (Gbebe) ist zerstört,
j Die Station befindet sich in Lokoja.
Zu No. 10.
I Hemel en vVarde ist als frühere Station der
Brüdergemeinde, Philippolis als solche der Lon-
' doner M.-G. zu bezeichnen.
Zu No. 12.
, Bei Hardecastle und Campbell fehlt in einigen
Exemplaren die grüne Unterstreichung.
Zu No. 13.
Zu Ga Matlala fehlt auf einigen Exemplaren
die rothe Unterstreichung als Berl. Missions-
station. Auch sollten die Farben für die Her-
mannsburgcr und Berliner Mission mehr von
einander abstechen. Praetoria gehört zu der
letzteren.
Zu No. 15.
Missionar Dölme macht, nach vorübergehen-
der Verbindung mit dem A. B. , seine Zulu-
' Übersetzung im Auftrage der Berliner Missions-
Gesellschaft. — Die norwegische Station Unod-
wengu wird öfters nach der betreffenden Land-
schaft Emathlabatini genannt.
Zu No. 17 u. 18.
Voibohazo bei Andevorante ist als Aussen-
stalion der Ch. M. S. zu bezeichnen.
Gruiiilcaiann : Musi'insuHas. I, 3.
ALLGEMEINER
MISSIONS- ATLAS
NACH ORIGINALQÜELLEN
BEARBEITET
VON
/
R. GRUNDEMANN
PFARRER ZU MÖRZ BEI BELZIG.
ZWEITE ^ETI3:EIIL,XJ3>TC3-i
ASIEN.
GOTHA: JUSTUS PERTHES.
1869.
DIE
MISSIONEN IN ASIEN
IN NEUNUNDZWANZIG KARTEN
MIT
ERLÄUTERNDEM TEXTE
DARGESTELLT
VON
R. GRUNDEMANN
PFARRER ZL' MÖRZ BEI BELZIG.
GOTHA: JUSTUS PERTHES.
1869.
NHssious At3as
zurUliersiclrt der vpi-schiedewii RpHgioiien
imMaasfstaliP 1 :40 000 ,000
Heilen ChTistPji
resf> iVaturreliffioii
MMjtöm Cathnl
V .'. .
1> '
'tr/ir/ruSrilUS
GOTHA JU;
Khodon, -welche nur auf diesem Blatte gezeigt
werden konnten. Nach der Vertreibung der
Missionare durch die Russische Regierung (1840)
haben sich dennoch einige Spuren ihrer Arbeit
erhalten , über die ein treuer Katechist dann
und -wann berichtet.
Über die Missionen der griechischen Kirche
konnten wir nicht wagen, auf der Karte irgend
welche genauere Angaben zu machen, da einer-
seits es noch immer an der nöthigen Auskunft
über diese Arbeiten fehlt, die letzteren aber
selbst ihrer ganzen Art nach nicht durch Be-
zeichnung einzelner Stationen dargestellt werden
kann. In allen mit der Signatur dieser Kirche
bezeichneten Gebieten ist ihre Mission thätig,
um die zahlreichen aber dünnen Völkerstämme
zu gleicher Zeit zu russificiren und zu christia-
nisiren.
Mlsslons. Atlas
Asien N?2.
Wti Amenc Board CFM UUÜ^ämeric Jtefomi. Tnshyt Mss
Ckurch Mss Society Itrtil SocietfProp.Cosp among the Jetrs
^^j^meric.IYotfStJipismp MLv i^ZirnJ/irvSoaPrani, Chjist .. , .,
WM . Mafiodist „ ., CZ:iMatrcalMssion,arr\S-ociefr
TLiBi OiurctvofScotland JI/.iestaiZ.i^^ .Terusa/gms.V^^/i^
ES Fru>aumli,iScorL'Miss. Emsa-sTimher Duihomssen
^:^Irist}uPrrshyrUTuai. „ FU^rrmi-rsian v St O-Ischona,
J^ilmTir l^teilPrvjihyt.liUss SBÜBtsrliof GobaL Mission,
mULPa/a/me Christ Un.Miss HM Röm. Cathol Mss
40
ji . tsiii. dl , uch
z - sIwuc/li
Jj5_
llth Anst V CHellfdrfli CKitha
im:hthes.
N^ 2. Die Türkei und die angrenzenden Länder.
Das vorliegende Blatt nimmt, nebst den bei-
den folgenden, eine ausnahmsweise Stellung in
diesem Werke ein, insofern die Missionen der
hier dargestellten Gebiete sich vorzugsweise auf
Bekenner des Christenthums beziehen, während
die Wirksamkeit unter iluhammedanern be-
schränkter ist und eigentliche Heiden - Mission
hier fast ganz fehlt. Wollten wir consequent
sein, so müssteu wir, dem entspi-echend, auch die
sonstigen Missionen einer christlichen Konfession
im Gebiete der anderen darstellen, also z. B. die
der Amerikanischen Baptisten und Methodisten
in Deutschland , und hätten selbst die Innere
Mission mit ihrer unübei'sehbar verzweigten
Wirksamkeit nicht ausschliessen dürfen. Zur
Entschuldigung unserer Inkonsequenz können wir
allerdings auf den erstorbenen Zustand der orien-
talischen Kirchen hinweisen, die, der Keime eines
neuen Lebens fast entbehrend, einer Einführung
lebendigen Christeöthums von Aussen her be-
dürfen. Zudem werden in diesen Ländern auch
mehr und mehr die Thüren zur Einwirkung auf
die Bekenner des Islam geöffnet, die, obwohl
den Christen gegenüber in der Minderzahl, doch
in allen diesen Gebieten mit den Prätensionen
der herrschenden Bevölkerung auftreten. Durch
den bekannten Fanatismus der Muhammedaner
war der Mission hier die grösste Schwierigkeit
in den Weg gelegt. Deshalb suchte man von
neutralem Boden aus auf jene, um das Mittel-
meer und in den angrenzenden Ländern woh-
nende Völker christlichen Einfluss zu gewinnen.
Einen solchen Boden bot die Insel Malta dar,
wo seit 1811 die Londoner Missions-Gesellschaft,
bald darauf die Englische kirchliche und 1822
der Amerikanische Board ihre Arbeiter statio-
nirten. Letztere beiden wirkten besonders durch
die Presse in den verschiedenen orientalischen
Sprachen. Später wurde daselbst eine Anstalt,
das Malta College, gegründet, in der junge Leute
aus den verschiedenen Jsationen eine chi'istliche
Erziehung erhalten sollten, um, in ihr Vaterland
zurückgekehrt, dem lebendigen Christenthum
Bahn brechen zu helfen. In neuester Zeit ist
diese Anstalt, nach segensreicher Wirksamkeit,
aufgehoben, da die betreffenden Gebiete selber
zugänglicher geworden sind. Eben so haben sich
die genannten Gesellschaften längst von Malta
zurückgezogen. Eben so vorübergehend waren
die Arbeiten verschiedener Gesellschaften auf
den Jonischen Inseln, unter denen die der Amo-
Griindemann : Missionsatlas. II, 7.
rikanischen Baptisten zu Korfu*) sich am läng-
sten (bis 1852) behaupteten.
In Griechenland unterhält der Amerikanische
Board seit geraumer Zeit einen Missionar, der
mit seiner direkten Missionsai'beit nur beschränk-
ten Einfluss hat gewinnen können, während die
indirekte Einwirkung einer von der Amerikani-
schen Bischöflichen Mission unterhaltenen höhe-
ren Töchterschule sich bedeutend weiter erstreckt.
In ähnlicher Weise wirkt die Englisch-kirchhche
Gesellschaft auf Syra.
In der Europäischen Türkei und den Donau-
Fürstenthümern hat es die Mission auch noch
vorzugsweise mit Bekennern der griechischen
Kirche zu thun, unter denen auch die römische
grosse Anstrengungen macht, die Union durchzu-
führen; so besonders unter den Bulgaren. Die unter
denselben über ein Jahrzehnt bestehende Ame-
rikanische Methodisten-Mission ist noch auf kleine
Dimensionen beschi'änkt geblieben. Dasselbe gilt
von den Stationen des Amerikan. Boai'd, die
(nach der Eintheilung dieser Gesellschaft) zum
Gebiet der westlichen Türkei gerechnet werden.
Ausserdem zeigt die Karte Juden-Missionen, zu
denen auch die der Schottischen Kirche gehören.
Constantinopel mit seinen ausgedehnten Vor-
städten und seiner aus so verschiedenen Nationen
und Konfessionen (resp. Beligionen) gemischten
Bevölkerung bildet das Centrum der Mission.
Hier treffen wir deshalb Vertreter einer ganzen
Reihe von Gesellschaften. Die meisten der be-
treffenden Anstalten resp. Wohnungen sind auf
dem Plane angegeben, wobei jedoch zu bemerken
ist, dass sie meistentheils in gemietheten Gebäu-
den bestehen und daher leicht einem Wechsel
unterworfen sind.
Die Mission unter den Türken selbst hat
auch hier immer noch grosse Schwierigkeiten
und muss sich fast auf die Verbreitung von
Bibeln und Traktaten beschränken.
Auch die Griechische Kirche war wegen der
ausgedehnten Macht des Patriarchen schwer zu-
gänglich. Mehr Erfolge hat die Mission bereits
unter den (auf 80,000 geschätzten) Juden der
Hauptstadt gehabt. Bedeutender aber noch sind
dieselben unter den Armeniern, deren 160,000 in
Constantinopel leben und durch ihren Handel
zum einflussreichsten Theile der Bevölkerung
*) Sie hatten auch eine Zeitlang in Janina eine
Station.
38
gehören. Durch die Missionai'e des Amerikan.
Board wurde seit 1831 eine reformatorische Be- |
wegung unter ihnen angeregt, die auch durch
den heftigsten Widerspruch der Geistlichkeit
nicht gedämpft wurde. Anfangs beabsichtigte
man , die Angeregten der Armenischen Kirche
nicht zu entziehen, doch wurde durch jene Feind-
seligkeiten die Gründung einer eigenen prote-
stantisch-Armenischen Kirche nöthig. Dieselbe
ist jetzt selbststäudig und ausser Verbindung mit
der Mission, deren Arbeiten sie ihr Entstehen
verdankt, da in dem Verhältniss der Geistlichen
zu den Missionaren sich Differenzen und Schwie-
rigkeiten herausstellten. Jene dagegen haben
durch fortgesetzte Arbeiten ebenfalls evangelische
Gemeinden aus den Armeniern gesammelt, die
fortwährend im Wachsen begriffen sind.
Eben so haben die übrigen Stationen in
Klein-Asien, welche zum Gebiet der westlichen
Türkei gehören (Brusa, Nicomedia, Smyrna,
Mai-sovau, Sivas und Cäsarea), vorzugsweise ihre
Arbeit unter Armeniern. Das ganze Gebiet um-
fasst jetzt über 3000, die sich zur evangelischen
Kirche bekennen.
In Smyrna verharrt auch die Englisch-kirch-
liche Gesellschaft in ihrer mehr als dreissigjäh-
rigen Arbeit, trotz geringer Erfolge. Indirekt
wirken die Kaiserswerther Anstalten, namentlich
eine Mädchenschule, neben der wir hier noch
eine unter einem eigenen Comite stehende deutsche
Knabenschule erwähnen können, welche in den
verschiedenen Klassen der Bevölkerung evange-
lische Bildung zu verbreiten bestimmt ist. i
Die übrigen Missionen in Klein-Asien und
den angrenzenden Ländern gehören (mit unbe- j
deutender Ausnahme) dem Amerikan. Board an,
dem sich zur Hilfe in diesen Theilen eine Eng-
lische Gesellschaft (Turkish Missions Aid Society)
angeschlossen hat. Sie werden nach besonderen [
Gebieten eingetheilt in:
1) die Centrai-Türkei (Adana Aintab, Aleppo, 1
Antiochia und Urfa). Hier leben über 6000*)
Protestanten ; i
2) die Östliche Türkei (Bitlis, Diarbekir, Er- |
zerum und Harput) mit über 4000 Protestanten.
In Diarbekir und Umgegend hat ein mit dem '
Bischof von Jerusalem in Verbindung stehender |
Armenischer Prediger einige Gemeinden nach j
Anglikanischem Kitus eingerichtet;
3) die Nestorianer-Mission am Orumia-See und
*) Die Zahlen konnten leider nicht nach den neuen
Reports gegeben werden.
4) die Mission in Syrien.
Schliesslich ist auch an die ehemalige Basler
Mission zu Schuscha (1822 — 1835) zu erinnern,
deren Schauplatz auf der Karte angedeutet ist.
lieber die Mission in Syrien siehe Näheres zu
No. 3 und 4, wo auch Bemerkungen zu dem des
Raumes wegen auf die vorliegende Karte gesetz-
ten Plan von Jerusalem gegeben werden.
Die Erklärung der auf demselben befindlichen
Ziffern folgt hier:
I. Christliches Quartier.
II. Armenisches Quartier.
III. Juden-Quartier.
IV. Muhammedanisches Quartier.
1) Christus-Kirche.
2) Hospital der Londoner Juden-Mission.
.3) Inquirers Home der Londoner Juden-Mission.
4) House of Industrie der ,, ,,
5) Knaben- und Mädchen-Schule derLond. Juden-M.
6) Hospital der Kaiserswerther Schwestern.
7) Preussisches evangelisches Pilgerhospiz (dem Jo-
hanniter-Orden gehörig).
8) Evangelischer Kirchhof.
9) Omar-Moschee.
10) Moschee El-Aksa.
11) Birket es-Serain (Bethesda der Legende).
12) St. -Anna-Kirche.
13) A'ia dolorosa (der Legende).
14) Grosses Lateinisches Kloster.
15) Grosses Griechisches Kloster.
16) Grosses Armenisches Kloster.
17) Klageplatz der Juden.
18) David's Grab (der Legende).
19) Maria-Quelle.
Für den Plan von Constantinopel ist die
Erklärung folgender Ziffern nachzutragen:
1) Gülhane Kiosk.
2) Sophien-Kirche (jetzt Moschee).
3) Palast (Hohe Pforte).
4) Achmed-Moschee.
5) Atmeidan (Hippodrom),
fi) Markthallen.
7) Altes Serai.
8) Suleiraanieh-Moschee.
9) Mehnied-Moschee.
10) Admiralit.it.
11) Arsenal.
12) Englisches \
13) Oesterreichisches /
14) Französisches > Gesandtsehafts-Palais.
15) Russisches V
16) Preussisches j
NB. Die Haupt - Stationen des Amerikan.
Board, auf denen Amerikanische Missionare thä-
tig sind, wurden auf der Karte durch eine
schwarze Linie neben der farbigen Unterstrei-
chung hervorgehoben. Die Orte, bei denen sich
letztere allein findet, sind Aussen-Stationen, auf
denen eingeborne Prediger oder Lehrer arbeiten.
criTHA- .TPS-n'S l'KUTIIF'-'
W. 3. Die Missionen der sogenannten Centrai-Türkei und unter den
Nestorianern.
Die Karte zeigt uns das südöstliche Klein- j
Asien, so wie einen Theil von Kurdistan, Meso- i
potamien und Syrien. Hier finden wir Stationen I
des Amerikan. Board, welche die Mission der
sogenannten Central - Türkei umfasst. Harput,
Diarbekir, Bitlis, Mardin und das nördlich über
die Grenzen des Blattes hinaus gelegene Erze-
rum werden zur östlichen Türkei gerechnet. Alle
weiter nach Osten gelegenen Stationen gehören
zur Nestorianer-Mission. Überall gilt die Arbeit !
hier vorzugsweise den alten, in Verfall gerathe- j
neu christlichen Kirchen. Auf den ersten Blick i
möchte man freilich die wilden, nur sehr aus-
serlich dem Islam anhangenden Kurden-Stämme
als geeigneteres Missionsobjekt betrachten. Diese !
haben sich indessen weniger zugänglich gezeigt.
Nach Norden zu leben unter ihnen Armenier, ■
unter denen hier mit grossem Erfolge gearbeitet
wird , wie die Station Harput beweist mit
ihren vielen Filialen (54), welche auf unserem
Blatte, des Raumes wegen, nicht vollständig ge-
geben werden konnten. Weiter nach Süden hin ;
leben die Beste der Jakobiten, von denen ein '
Stamm seinen Hauptsitz bei Mardin und östlich
davon hat, unter den im Kloster Sa'farani resi-
direnden Patriarchen. Ein anderer Stamm lebt
in Syrien unter dem zu Aleppo wohnenden Pa-
triarchen von Antiochien. Das westliche Kurdi-
stan ist der Sitz der Nestorianer. Man unter-
scheidet Berg-Nestorianer von den in der Ebene
lebenden. Letztere haben die weite Ebene um
den Orumia-See (schon auf Persischem Gebiete)
inne, die ihr Fleiss mit Wäldern von Prucht-
bäumen geschmückt hat. Sie sind fortwährend
den Bedrückungen der Kurden ausgesetzt; des-
halb hatten andere sich in die wilden, vom Zab
durchströmten Gebirge auf Türkisches Gebiet
zurückgezogen. Der Patriarch nahm seinen Sitz
in Djulamerk. Hier jedoch sind sie selbst ver-
wildert und ihren Feinden an Grausamkeit ähn-
lich geworden, mit denen sie in unaufhörlichen
firundeiiiann : MUsionsatlas. 11,7.
Kämpfen lagen. Die Türkische Regierung, die
sie unterwerfen wollte, hat durch die letzteren
1843 ein furchtbares Blutbad anrichten lassen.
Jetzt haben sie sich der Regierung gefügt, deren
Besatzungen in den Bergfesten die Ruhe in der
Gegend aufrecht erhalten.
Diese schwachen Reste einer einst mächtigen
Kirche, deren Theologen einst in Edessa (Urfa)
hohe Gelehrsamkeit pflegten und deren Missio-
nare einst mit grossem Erfolge in Indien und
China wirkten, die aber nun Jahrhunderte lang
unter dem Druck des Islam ein verkümmertes
Leben fristen, sind insbesondere für die evan-
gelische Mission geeignet. Die Nestorianer haben
sich, trotz ihrer verketzerten Lehre, von manchen
Missbräuchen der anderen orientalischen Kirchen
frei gehalten. Ihre Geistlichen sind arm und
fühlen der unverstandenen Alt-Syrischen Kirchen-
sprache gegenüber wohl ihre Unwissenheit. Da-
her die Mission des Amerikan. Board, von man-
chen von ihnen wohlaufgenommen, bald einen
bedeutenden Einfluss unter dem Volke erreicht
hat. An sechzig Orten sind bereits kleine evan-
gelische Gemeinden gegründet*).
Rom hat allerdings schon grössere Resultate
erlangt, aber auch seit Jahrhunderten aufs
Eifrigste gearbeitet, diese orientalischen Ketzer
in den Schooss seiner Kirche zurückzuführen.
Es ist diess mit einem Theil der Jakobiten ge-
lungen, die sich in der Union mit Rom Syrer
nennen und ihren Patriarchen in Diarbekir haben.
Ein noch grössei-er Theil der Nestorianer wurde
zu gleicher Union bewogen und hat nun einen
eigenen Patriarchen zu El-Kusch bei Mosul (im
Kloster St. Hormisdas). Sie nennen sich Chal-
däer, sind aber noch nicht so eng mit Rom ver-
wachsen, dass sich nicht hie und da die unter
*) Hauptsitz der Mission ist Orumia mit Druckerei
und allerlei Bildungs-Änstalten. Die ganze Bibel ist be-
reits in die aus Syrischen und Persischen Elementen ge-
bildete Volkssprache übersetzt worden.
39
ihren freien Brüdern sich regende evangelische
Bewegung mittheilt.
Wir dürfen hier die Reste wirklichen Heiden-
thums nicht übergehen, die sich auf diesem Ge-
biete finden. Es sind die von den alten Parsen
abstammenden Yeziden (Jcsiden) oder Schem-
sieh's, die das Feuer anbeten, obgleich sie man-
ches Muhammedanische oder Christliche von ihrer
Umgebung angenommen haben. Sie leben süd-
lich von Mardin.
Ferner lebt ein Stamm auf den Bergen längs
der Syrischen Küste, zwischen Antakieh (Antio-
chia) und Latakieh (Laodicea), dessen Religion
[ähnlich wie die der Drusen, vgl. No. 4] als
verheidnischter Islam zu bezeichnen ist. Sie
nennen sich Nusairis und nach ihnen wird die
ganze Gegend, namentlich das Gebirge, JSTusai-
rieh genannt. Die Mission der Reformirten Pres-
byterianer von Amerika, die seit 1859 in Lata-
kieh besteht, hat nicht ohne Erfolg, vorzugsweise
unter ihnen, gearbeitet. Die frühere Mission der
Unirten Presbyterianer von Schottland zu Aleppo
mit Filialen in Killis und Idlib, die besonders
die Juden im Auge hatte, ist vor Kurzem an
jene Amerikanische Mission übergegangen.
Südlich von Latakieh leben ebenfalls als
eine besondere Sekte Abkömmlinge der einst so
gefürchteten Assassinen, jetzt Ismaeliten genannt.
Von besonderer Mission unter ihnen ist nichts
bekannt geworden.
Die Christen in diesem nördlichen Theil von
Syrien gehören meist der Griechischen Kirche
an, sprechen aber Arabisch.
Ausser ihnen leben nicht wenig Armenier in
den Städten, namentlich diesen hat sich die
Mission des Amerikan. Board an den angegebe-
nen Stationen zugewendet.
Zur Ergänzung der Karte sind hier einige
Abkürzungen für Orte im Gebiete der Berg-
Nestorianer zu erklären, die Missionsplätze sind.
! 1. Chardewar.
2. Keyet.
3. Memikan.
4. Zier.
5. Makhteya.
6. Muzina.
7. Ina de Nune.
8. Beulata.
9. Ärbash.
10. Heish.
Die Distrikte Gawar, Tjal (Chal) und
Berwer haben gemischte Bevölkerung bei vor-
wiegenden Nestorianern ; in Nerwa, Rakem und
Sat dagegen leben nur wenige Nestorianer unter
den Kurden zerstreut.
Djelu, Baz, Tehoma, Tal, Diz und Tiary sind
ausschliesslich Nestorianisch.
Folgende Kurden-Stämme sind mit Nummern
j bezeichnet: Akenanish (I), Artush (II), Muz-
I zuri (III).
W. 4. Syrien
und Palästina.
Diess Blatt, welches uns für Syrien und Pa-
lästina übrig blieb, glaubten wir, trotz des be-
schränkten Raumes, zum grösseren Theil der
Darstellung des Libanon - Gebietes widmen zu
müssen, obgleich dadurch Palästina auf einen
kleineren Maassstab beschränkt wurde. Jene
Gegend ist jedoch jedenfalls der für die Mission
bedeutsamste Theil von ganz Syrien. Unter der
vorwiegenden muhammedanischen Bevölkerung
findet sich hier nicht bloss wie im ganzen Lande
eine bedeutende Zahl Arabisch redender Beken-
ner der Griechischen Kirche, sondern mancherlei
andere christliche und muhammedanische Sekten.
Von den ersteren sind besonders die Maroniten
zu nennen, ein Völkchen von 200,000 Seelen,
das einst in den unzugänglichen Vorgebirgen des
Libanon mit seiner monotheletischen Ketzerei
eine sichere Zufluchtsstätte fand, in der sie im
Laufe der Kreuzzüge dennoch von römischen
Bestrebungen gewonnen wurden. So sind sie
nun schon Jahrhunderte hindurch, unter Bei-
behaltung vieler Eigenthümlichkeiten , mit der
römischen Kirche unirt. Ein eigener Patriarch
hat in Deir Kanobin seinen Sitz. Es zeigen aber
die katholischen Missions - Stationen in ihrem
Gebiet, dass auch jetzt noch die Bemühungen,
das Volk enger an Rom zu binden, nicht fehlen
dürfen. Die Todfeinde der Maroniten sind die
Drusen, die ebenfalls in den Thälern des Liba-
non wohnen, jedoch mehr nach Osten zu, und
sich auch zerstreut im weiteren Umkreise finden.
Sie sind ein kriegerisches Geschlecht, zu toll-
kühnen Raubzügen geneigt und durch die Blut-
rache zu fortwährendem Streite getrieben. Ihre
Religion wird geheim gehalten und ist nur einem
Kreise von Geweihten völlig bekannt. Sie ist
ein sonderbares Gebilde , heidnischer Elemente,
die auf islamischem Boden erwuchsen. Die ähn-
liche Sekte der Nusairis hat auch hier im Norden
ihre Vertreter. In den Küstenstädten bilden auch
die Armenier und Juden eine nicht geringe Zahl.
Grundemann : Müsionsatlas. II, 7.
Die evangelische Mission wurde hier 1823
durch den Amerikan. Board begonnen und zwar
zu Beirut, das bis jetzt das Centrum derselben
geblieben ist, wie es als Hafenplatz eine immer
grössere Bedeutung erlangt. Die ersten Arbeiten
waren trotz mancherlei Hindernisse unter Drusen
und Maroniten nicht ohne Erfolg. Letzterer aber
steigerte sich in der Zeit der Aegyptischeu Herr-
schaft (1832—1840). Die Türkische Regierung
war in den folgenden Jahren dem Werke we-
niger günstig, doch hat es seinen stillen Fort-
gang gehabt, auch trotz der eifrigen römischen
Bemühung, die Maroniten vor dem Evangelium
zu bewahren. Die ganze Art und Weise dieser
Mission ist überhaupt mehr die des Verbreitens
evangelischer Saat durch verschiedenartige Schu-
len , so wie durch eine christliche Arabische
Literatur, und die Früchte davon zeigen sich
mehr und mehr , wenn leider auch Fälle vor-
kommen, in denen hoffnungsvolle Schüler später
einer dorthin bereits vorgedrungenen unchrist-
licher Aufklärung verfallen. Ein grosses Hinder-
niss für die Mission bleiben immer die Streitig-
keiten der Maroniten und Drusen, bei denen die
Schuld auf beiden Seiten zu suchen ist. 1860
loderten dieselben in den hellsten Flammen auf
und ergaben das bekannte Blutbad, in dem
20,000 Christen ihr Leben verloren haben
sollen. Namentlich die aus demselben geretteten
Waisen gaben zur Gründung mehrerer Anstalten
Veranlassung, die auch missionirenden Charakter
haben. Dahin gehört das Waisenhaus der Kai-
serswerther zu Beirut und die Schulen der
Bowen Tompson*), die sich ausser Beirut auch
auf die Umgegend erstrecken. Eine Anzahl von
Knaben wurde nach Jerusalem gebracht, wo von
der Crischona aus das Syrische Waisenhaus für
*) Sie werden von einer Englischen Association for
the Social and Religious Improyement of Syrian Females
unterhalten.
40
sie gegründet wurde. Auch ist das Krankenhaus j
des Johanniter -Ordens zu Beirut hier zu er- ;
wähnen.
Ein selbstständiges Institut, das in demselben
Sinne wirkt wie die Mission des Amerikan.
Board, ist das Syrian Protestant College. Volks-
schulen werden in der Umgegend von einem
eigenen, meist der Schottischen Freikirche an- j
gehörenden Vereine unterhalten. Die vornehm- 1
liebsten sind auf der Karte angegeben*). !
Der Arbeiter des Jerusalem-Vereins in Beirut |
ist zunächst für die evangelische Gemeinde j
Deutscher und Französischer Sprache da, hat
aber auch gelegentlich auf die Arabische Be-
völkerung einzuwirken.
In Damaskus finden wir zwei Presbyteria-
nische Missionen thätig. Die der Unirten Pres-
byterianer der Vereinigten Staaten, die von hier
aus auch Katechisteu auf einer Reihe von Aussen-
Stationen leiten, welche die Karte zeigt, und
andererseits die Irischen Presbyterianer, welche
hier eine Juden-Mission haben.
In Palästina hat die Church Miss. Soc. eine ;
Station mit Aussen - Stationen zu Nazareth, wo
namentlich auch ein Missions - Arzt wirkt (der
andererseits von der Medical Miss. Soc. unter-
stützt wird). In Jerusalem unterhält sie einen i
Arbeiter ohne besondere Missions-Institute, daher j
auf dem Plan (No. 2) keine Angabe. Derselbe ist
I
*) Da es uns trotz verschiedener Bemühungen nicht
möglich war, den Originalbericht dieses Vereins zu er-
halten, so können wir nicht dafür einstehen, ob diese
Schuleu nicht etwa mit den erwähnten der Mrs. Tompson
identisch sind.
in manaichfacher Weise thätig, besonders auch
unter den Beduinen der Umgegend, unter denen
bereits der Versuch einer wandernden Schule
*
gemacht ist. Unter der sesshaften Bevölkerung
sind eben so wie von Nazareth aus mehrere
evangelische Gemeinden gestiftet worden.
Einen grossen Vorschub hat die evangelische
Sache durch Gründung des protestantischen Bis-
thums (von England und Preussen) in Jerusalem
erlangt. Der Bischof Gobat hat nicht allein die
vorher genannte Gesellschaft zu jener Thätigkeit
veranlasst, sondern unterhält selber in Jerusalem
und an anderen Orten eine Anzahl evangelischer
Katechisten und Schullehrer. Auf seine Anregung
ist ebenfalls die Kaiserswerther Anstalt (vergl.
No. 2) entstanden, die Krankenhaus, Waisen-
haus, Lehrhaus und Kosthaus umfasst. Aus-
gedehnt sind namentlich die Institute der Lon-
doner Juden-Mission, die der Plan zeigt*).
Endlich haben wir noch des Jerusalem-Ver-
eins zu erwähnen, der hier mit seinen Schulen
zu Bethlehem und Beit-Djala eine eigentliche
Missions-Thätigkeit übt.
Schliesslich ist noch ein vor wenigen Jahren
begründeter Verein zu nennen, der sich als Pale-
stine Christian Union Mission bezeichnet, weil
seine Mitglieder verschiedenen christlichen Deno-
minationen angehören. Er hat seine Thätigkeit
mit einer Station in Nabulüs begonnen, auch mit
Rücksicht auf die Samaritaner, von denen dort
noch ein kleines Häuflein übrig ist
*) Die J uden- Mission einer anderen Englischen Ge-
sellschaft zu Vafa ist auf No. 2 angedeutet.
iU s s i o 1 1 s . AI la s
UOTHA^Jl^'
I^s^DIEN.
ZiLT Übersiclit der AtrschiedoRon
Reliöiouen.
Im Maarsflabe 1:8000.000
IiL 2 Bliittei iL
I Iii.d.Heideiitliuiiv L. ,i Buddlüsiuus
Islam — Evangel. Catliol
2>rt' TiT^ichiediTicTt 'Farhi'ntoiw f/eheri
die J}zc7it7f/}wif tJpr Urvttlkcrtt/u/
fdlgefidcrm o fifst'ii cm
O a IX q e * Sl on tlirtM\.
S.P.G. „ S„cictvrrüp. Guxp.
Ch.M.S.. Churcli Mks Societ)'
B.M.S.. Baptlsl
"Pr.Ch. - Tref CUurdi (Scotl.)
I.P. = Irish . Pi'i'sb\'(erj'/] n
M.E, ^_ Arneric Jledtod.Epuc.
Cr. OüSsncrs Misyio/t
9^0
PERTHE S
Liäi. st V C HflU'MIli , G. ,4 a
N. 5 u. 6. Vorder -Indien.
Da wir durch eine Anzahl folgender Blätter
die hauptsächlichsten Gebiete Indiens mit aus-
führlicherer Terrainzeichnung darstellen konnten,
begleitet von kurzen , die physikalischen Ver-
hältnisse des Ganzen charakterisirenden Schilde-
rungen , so meinten wir bei der vorliegenden
Übersichtskarte von dieser Seite absehen zu
dürfen und entwarfen dieselbe nur aus dem
für die Mission so wichtigen Gesichtspunkte der
bestehenden Religionsverhältnisse dieses aus-
gedehnten Landes. Wie bei unserer Karte von
Afrika wurde die Bevölkerungsdichtigkeit als
Maass für die Stärke der Farbe angenommen.
Eine besondere Darstellungsweise jedoch musste
hier gefunden werden, um eine entsprechende
Anschauung von der in den verschiedenen Thei-
lensehr verschiedenen Mischung der heidnischen
und mohammedanischen Bevölkerung zu geben.
Leider fehlen über manche Tlieile die dazu er-
forderlichen statistischen Angaben (wie nament-
lich über Bengalen), während sie für andere nur
unvollständig vorhanden sind. Im Ganzen aber
dürfte der Zweck, durch eine Vertheilung des
Raumes die wirklichen Zahlenverhältnisse aus-
zudrücken, mit ziemlicher Annäherung erreicht
sein. Natürlich mussten hierbei immer ganze
Gebiete auf ein Mal ins Auge gefasst werden.
Es darf also nicht aus einem jener gelben Qua-
drate geschlossen werden, dass die betreffende
Stelle von Moliammedanern bewohnt sei; es
sind vielmehr die nach den verschiedenen Seiten
hin folgenden nächsten Quadrate mit hinzuzu-
nehmen, dann wird man leicht das Verhältniss
*) Znr schnelleren Oricntirung diene folgende Tabelle
V2 73 'A
Grunilemann : Missionaatlaa. II. 2.
derselben zu dem zwischenliegenden Raum her-
I ausfinden*).
] Die Vertheilung der Mohammedaner über
' Indien steht im Zusammenhange mit ihrem Ein-
[ dringen von Persien her. Schon um das Ende
des zehnten Jahrhunderts gingen von dort die
j Eroberungszüge der Gasnaviden aus, die, Anfangs
I nur Raubzüge, s])äter zu fester Niederlassung
in den unterworfenen Gegenden und Gründung
I verschiedener Reiche führten. In den westlichen
Gegenden gelang es dabei , die Masse der Be-
völkerung zum Islam zu bekehren, was in an-
deren nur in beschränkterem Maasse stattfand.
Im Jahre 1396 wurde Indien zum ersten Mal
durch das Eindringen der Mongolen erschüttert.
Delhi wurde in furchtbarer Weise zerstört. Doch
hatten die früheren Sultanate noch eine län-
gere selbstständige Entwickelung , bis Babcr
1525 das mächtige Reich des Grossmoguls grün-
dete , das durch seine Statthalter ganz Indien
unter seinem Scepter hielt und so den Islam
auch in die entlegensten Thcile brachte.
Bald hatte dasselbe seinen sprichwörtlich
gewordenen Glanz und Reichthum erreicht. Mit
Anfang des vorigen Jahrhunderts begann die
Zersetzung, mit der die Engländer in steigen-
dem Maasse Herren des Landes wurden. Eine
Handelsgesellschaft, die Englisch - Ostindische
Compagnie, hatte diese politische Aufgabe zu
lösen, da ihr das Privilegium des Verkelirs mit
Indien gesichert war. Erst 1857, auf dem Gipfel
ihrer Macht, erreichte die Gesellschaft ihr Ende
durch den Militäraufstand, in dem noch ein Mal
Vo Vi 2
■ ■ ■ ■ ■ B
30
die brechende Macht mohammedanischen Wesens
das Europäische Joch abzuwerfen suchte. Seitdem
ist Indien Kolonialgebiet der Britischen Krone.
Es ist bekannt, wie die Corapagnie mit
grösster Ängstlichkeit alle Missions -Unterneh-
mungen zu hindern versuchte, durch welche sie
ihre Interessen bedroht glaubte. Von der Por-
tugiesischen Kolonie Goa waren frühzeitig ka-
tholische Missionen mit extensivem Erfolge be-
trieben Die alte Hallische Mission fand An-
fangs des 18. Jahrhunderts in dem Dänischen
Trankebar ihre Stätte. Als in Europa das Mis-
sionsleben der neueren Zeit erwachte, bot wie-
der nur das Dänische Serampur für die von
der Compagnie verfolgten Missionare einen Zu-
fluchtsort, von wo aus die Vorbereitungen für
weitere Wirksamkeit gemacht wurden. Erst
1813 wurde jene Gesellschaft, die Heidenthum
und Mohammedanismus in liberaler Weise unter-
stützte, gezwungen, evangelische Mission zuzu-
lassen. Seitdem hat denn die letztere eine weite
Ausdehnung gefunden, wie die hier grün unter-
strichenen Orte, die nur die hauptsächlichsten
Stationen andeuten, beweisen. Der Erfolg der-
selben nach einem halben Jahrhundert mag zu-
folge unserer Darstellung verschwindend er-
scheinen. Nur in den südlichsten Gebieten (Ma-
dura Tinnevelli) konnte ein noch reichlich be-
merkbarer Prozentsatz verzeichnet werden. Im
Verhältniss zu der Masse von 193,000,000 Ge-
saramtbevölkerung müssen aber die 187,000
evangelischen Christen, wie das Diagramm No. 6
zeigt, fast verschwinden. Für das Jahr 1862
(Dr. Mullen's statistische Tafeln) galt die Zahl
153,000. Neuere Angaben sind nur vereinzelt,
machen es aber wahrscheinlich, dass die Zu-
nahme der evangelischen Christen nicht nur
fortschreitet, sondern im Wachsen begriffen ist.
Nimmt man das Verhältniss der Zunahme in
den Jahren von 1852 bis 1862 zum Maassstab,
80 beträgt jetzt die Zahl etwa 187,000. Die
*) Näheres siehe zu No. 12, 14 u. 15.
Zahl der katholischen Christen ist nach den
Angaben des Madras Catholic Directorj^ (1868)
zu 730,000 angenommen. Nach denselben bildet
die katholische Bevölkerung namentlich im Apo-
stolischen Vikariate Verapoli sogar '/a der Be-
völkerung. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen,
dass dieselbe grossentheils aus Schaaren von
Abkömmlingen der früheren Massenbekehrungen
besteht, die oft fast nur den christlichen Namen
tragen, wie auch die unirten Thomas-Christen*)
ein bedeutendes Contingent bilden. In neuerer
Zeit ist die katholische Mission bedeutend be-
lebt worden. Sie ist organisirt nach den Apo-
stolischen Vikariaten, welche sich auf unserer
Karte nach den Bischofssitzen angegeben finden.
Anglikanische Bisthümer sind bekanntlich
Calcutta, Madras, Bombay und Colombo.
Eine wesentliche Ergänzung zu unserer Karte
bildet die ethnographische Skizze auf No. 6. Es
kommt darauf an, den Unterschied der Arischen
Inder und der Dravidischen Völker (von jenen
Nischada genannt) zur Anschauung zu bringen**).
Die ersteren sind die Träger der bekannten alten
Indischen Kultur, die mit der Brahma-Religion
und ihren mannichfachen Zweigen verknüpft ist.
Die letzteren stehen auf viel tieferer Kultur-
stufe. Ihre Religion ist ein wenig ausgebildeter
Dämonendienst, mit dem sich mehr oder weniger
Brahmanische Elemente gemischt haben. Es sind
nämlich auch in den betreffenden Gebieten
Arische Inder als herrschende Klasse in gerin-
gerer Zahl verbreitet, doch ist z. B. die Kasten-
ordnung eine andere als im Norden. Die Sudras,
die dort eine niedere Stellung einnehmen, gelten
hier nächst den Brahmanen als die höchste Kaste.
Dem Arier erscheinen die Nischäda dem Prinzip
nach als kaum zur menschlichen Gattung zu
rechnende Wesen. Dieser Unterschied ist für
*) Siehe zu No. 14 u. 15.
**) Die Arischen (Sanskritischen) Völker sind verwandt
mit der grossen P'amilie, . die uns in den Gräco-Koma-
nischen, Slavisehen, Germanischen und anderen Zweigen
entgegentritt , die Dravidischen dagegen gehören cthuo-
grnplu.sch zu den Finnisclien Völkern.
die Mission höchst wichtig. Auf denselben ist
die ungleich grössere Fruchtbarkeit der süd-
lichen Missionsfelder Indiens zurückzuführen.
In den rein Arischen Gebieten bilden die aus-
gebildeten Kultur- und Keligionsformen für die
Mission ein weit grösseres Hinderniss.
Es finden sich indessen auch innerhalb dieser
Gebiete weite Striche, die von ganz verschieden-
artigen Stämmen bewohnt sind, namentlich un-
zugängliche Bergländer, in denen dieselben im
Zustande sehr niederer Kultur hausen. Sie sind
sprachlich zum Theil mit den Dravidas ver-
wandt, zum Theil gehören sie einer ganz an-
deren Gruppe an, über welche der Untersuchung
noch ein weites Feld offen steht. Dazu sind
die Bhilla (Bheels), Köli, Khond, Santhal und
zum Theil die Kol zu rechnen. Wir haben die-
selben mit besonderer Schrift und Unterstreichung
unterschieden. Diese Stämme, bis jetzt nur
einem ganz rohen Dämonendienst ergeben, sind
besonders empfänglich für das Evangelium, wie
namentlich die Erfolge der Kol-Mission zeigen.
Eine besondere Schwierigkeit für die Arbeit
über Indien bildet die Orthographie. Die Eng-
lische, welche schon seit lange eingebürgert ist,
muss als sehr wenig passend zur Wiedergabe
der Indischen Laute erscheinen, daher sich von
verschiedenen Seiten her das Bestreben zeigt,
eine angemessenere Schreibart einzuführen. Es
giebt indessen noch kein Werk, welches uns
sämmtliche geographische Namen Indiens in
einer die Originallaute fixirenden Schrift wie-
dergäbe. Das ist auch um so schwieriger, als
viele Namen vom Englischen Organ sehr ver-
ändert wurden. Auf den offiziellen Karten ver-
misst man ebenfalls eine einheitliche Schreibung.
Oft ist auf einem Blatt des grossen Atlas von
Indien ein Buchstabe völlig anders gebraucht als
auf einem anderen. Bei der hierdurch entstehen-
den Unsicherheit, die sich selbst auf die besten
Englischen Karten übertragen hat, war es un-
möglich, mit Genauigkeit die Namen der Ori-
ginal-Aussprache gemäss wiederzugeben. Wir
mussten uns daher darauf beschränken, die ge
wohnlich angewandte Schreibart beizubehalten,
um so mehr, da dieselbe meistentheils in den
Englischen Missionsschriften festgehalten ist.
Für die sämmtlichen Spezialblätter von Indien
gilt also :
au
ow = au
ch
— tsch
ai
u = ä (NB !)
j
= dscl
ei
y zu Anfang =j
sh
— scb
ee
y als betonter Vokal
ore
= ür
00
= u
— ai
oor
= nr
ou
= au
y zu Ende = \
Eine Ausnahme wurde bei den- Stationsnamen
gemacht, die durchgängig oder überwiegend in
den Missionsschriften in anderer Weise geschrie-
ben sind (hauptsächlich mit den Italienischen
Vokalzeichen). Für diese wurde letztere Schreib-
art meistentheils beibehalten.
Auf der vorliegenden Ubersichtskarte, die
nur die hauptsächlichsten Namen giebt, glaubten
wir jedoch eine Transskription wagen zu dürfen.
Wir benutzten dazu eine in Indien erschienene
Karte in Ddvanägari- Schrift, nach der wir die
Namen mit Lepsius' Standard-Alphabet wieder-
gaben.
Der Erklärung bedürfen nur folgende Zeichen :
n = ng in singen,
c = tsch,
] — dsch,
11 = gn in regner (Französisch),
die eigenthümlichen Cerebral- Laute ; t und
(1 am leichtesten zu bezeichnen als mit
einem r verschmolzen, z. B. Dodclabetta
= Dorddabetta,
— sch,
= j-
Unsere Blätter mussten noch den Raum her-
geben für einige speziellere Darstellungen, die
auf anderen Blättern keinen Platz fanden. Auf
No. 5 geben wir Assam, das fruchtbare breite
Brahmaputra-Thal , mit seiner hinduisirten Be-
völkerung, zu dessen beiden Seiten waldige
Gebirge sich erheben, von zahlreichen, zum
Theü noch sehr wilden Stämmen bewohnt,
deren hauptsächlichste unser Carton angiebt;
diese sind von der Mission besonders ins Auge
gefasst. Es arbeiten hier neuerlichst namentlich
die Amerikanischen Baptisten mit besonderem
Erfolge unter den Garros.
Die Theekultnr hat viele Arbeiter aus an-
deren Tlieilen Indiens angezogen, unter Ande-
ren auch von den Kols aus Chota Nagpore
(Tschota Nagpür), in Folge dessen hier auch
Katechisten aus jenem Stamme thätig sind.
Auf No. 6 findet sich ferner ein Plan von
Madras, dem wir hier nur die folgende Erklä-
rung der Ziffern beizugeben haben.
Erklärung der Ziffern anf dem Plane von
Madras,
Black To^m.
1 Magazin.
2 Münze.
3 Wasserwerke.
4 Gefiingniss.
a Wcsleyanische Kapelln.
6 Ober-Zollamt.
7 Aj)pellations-(ilcri('lit.
8 Pagode.
9 Missionshaus und Kirche der Church Miss. Soe.
10 Bischof Corrie's höhere Schule (Grammar Schoo!).
1 1 Schule der London Miss. Society.
12 Kapelle ,, ,, ,,
i:? Missions-Gehliude der Schottischen Stantskirchc.
14 „ ,, ,, Freikirche.
1. "} Armenische Kirche und römiseh-kathol. Kathedrale.
16 Trinity Chapel.
17 Allgemeines Hospital.
18 Obelisk.
19 Leuc^itthurm.
20 Fortkirche.
21 Munroc's Statue.
22 St. Mary's Friedhof.
2. '5 Hindu-Hegräbnissplatz.
■Nördliche und Avestliche Vorstiidtc.
1 St. Pctorskirchc, rJimisch-katholisch.
2 Missions-Grundstiick (früher dem A. B. gehörig, jetzt
der Fr. Gh.), Medical Miss. College und Hospital.
.3 Gottesdienst-Lokal der luthcr. Mission (TiCipzig).
4 Pulvermühle.
5 Schlachthaus.
6 Salz-JJepot.
7 Matthäus-Kirche (anglikaniscli)-
8 Vepory-Kirche.
9 Londoner Missions-Gebäude.
10 Lutherische (Leipziger) Missions-Kirche,
1 1 Lutherischer Friedhof.
12 Lutherisches Missions-llaus.
13 Irrenanstalt.
14 Doveton College (S. P. G.?).
1.5 St. Andreas-Kirclic (Schottiscli)
16 Waisenhaus für Knaben.
17 Lutherisches Missions-Lokal.
18 Presbyterianisches College.
19 Zuchthaus.
t'Iiliitadlipet, Triplicanc, <lie südM ostliclioii Vor-
städte und St.-Tlioine.
1 Munroe's Brücke.
2 Sternwarte.
3 College und Hall (?).
4 Musjeed Dowlah (Moschee).
.5 St. Gi'orge's Kathedrale (anglikaniscli)
6 S. P. G. College (SuUivan's Oardens).
7 Royapettah, Wesleyanische Mission.
8 Harris' Schule (Ch. M. S ).
9 Christus-Kirche.
10 Polizei-Bureau.
11 Haupt-Moschee.
12 Nabob's Palast.
13 Regierungs-Gebäude.
14 Ilindu-Bcgräbnissplatz.
1.5 Freimaurer-Loge.
Iß St.-Thome-Katheilrale (anglikanisch).
1 7 St. Domingo R. C.
18 Begräbnissplätze.
Ausserdem ist noch auf einige Missions-
felder hinzuweisen, für die eine speziellere
Darstellung nicht nöthig zu sein schien, da
sich die erforderlichen Namen alle auf der
vorliegenden Karte geben Hessen. Es ist die
Mission der Schottischen Freikirche zu Nagpür,
die in neuerer Zeit besonders unter den Gonds
zu wirken angefangen hat, dann die der Pres-
byterianer von Irland in Gudjerät; ferner die
der Englisch-Kirchlichen Mission in Jubbulpore
(Dschabalpür) , die sich auch vorzüglich der in
jener Gegend vorhandenen Stämme annimmt,
welche zu der oben erwähnten dritten ethnogra-
phischen Gruppe gehören. Endlich sind zu er-
wähnen die Stationen der Gossner'schen Hindu-
Mission am mittlem Ganges und einige Statio-
nen der Baptisten im nördlichen Bengalen.
Die Christian Vernacular Education Society
(Gesellschaft für christliche Erziehung in der
Landessprache) hat eine ausgedehnte Wirksam-
keit, die sich meist an Stationen verschiedener
Gesellscliaftcn anschliesst. Deshalb , und weil
zur Verzeichnung der zahlreichen Orte, in denen
ihre christlichen Patschalas bestehen, weder
der Raum unserer Karten noch die Quellen
ausreichten, fehlen auf denselben die betreffen-
den Angaben.
Eben so haben wir die Thätigkeit mehrerer
Frauenvereine (Society for Promoting Female
Education in the East, London, Frauenverein
für christl. Bildung des weiblichen Geschlechts
im Morgenlande, Berlin, und andere) aus dem er-
steren Grunde nicht besonders angegeben, obgleich
dieselben für die Zenana-Mission **) besondere
Wichtigkeit haben. Letztere gewinnt seit neuerer
Zeit fast in allen Theilen Indiens, besonders in
den grossen Städten, immer mehr an Bedeutung.
Schliesslich folgt hier die Erklärung der auf
allen Karten angewendeten Abkürzungen :
— b'' ~ ~ bail (Ort, Stadt),
Bg = Bungalow (Ueischaus).
B-^ Bazar (Markt).
Bur. Gr. = Burying grnund (FriedLol).
— c" = - Cotta (Wohnung).
Cant' (oder Ct') =: Cautoument (Trupptnstation).
Ch. = Choke [jokc] (Platz eines Büsscrs).
Ch* — Clioultry (Reisehaus für Eingeboruo).
— eil* = — cherry.
— c' = — coil [covil] (üämonoutemijülcben).
— c'"' = — euUaiu (auf Ceylon : — coloni).
Custoin llo. — Custom'llouse (Zollhaus).
D- = Uoorg oder droog (Bergfeste).
G. (G'») = Gate (Thor).
*) Patscbala, die eigenthünilicli liidiseiic Klenieutar-
scliule.
**) Zcnaua sind ilie gesonderten l''rauengemiiuher.
g' — guuga (Fluss).
gh*" = gherry (Berg),
gj = gunj.
e'" . = e'"!'"! Dorf.
g° gaon i
o » o
~ gurli (Burg).
=: Head (Landspitze).
KU
— Klias.
Kb'
— Kheyl.
Kh"
== Khan.
K'
— Kote (Wohnung, Festung).
L. Ho.
Light Housc (Leuchtthurni).
Lun. As. = Luniatic Asyluni (Irrenhaus).
— ni
— — mutty.
■■ ~ III Uli LI ^ VJ l-lltiy U j ±J\fl l J ,
N.
— Nuddee (Naddi, Bach, Fiuss).
IS
n'
— nugur (nagai*) fetadt).
— 1'"
— poora (Stadt) .
rag-
Pagode.
Tl''
— 1>
— !'
~ pallam (Dorf).
i.„,
— I'
— polliani
— 1>
" — pully (Teinptd).
1'
' l (Stadt).
— p"'"
— patanaui )
— P'
= — |)oor (pur), in einigen Fällen autb l'iir pore
(pur) gesetzt (Stadt).
l»
Pass.
— P'
=: — pett, — pettab (offene Stadt).
-P'^
= — putty.
-p;
^ — pilly.
San.
= Sanitariuni ((iesundheitsstution in den Bergen).
K"
— Road (Weg).
KaiP
=; Raihvay (Eisenbahn).
Terui
= Terminus (Bahnhof).
—V*
— — villy.
.— w'>
= — :wully.
— w'
= — warra.
— w"
= — warree.
— w'^
= — wutty.
Für die übrigen Abkürzungen möge mau
das am Schluss des zweiten Bandes (Asien)
beigegebene Verzeichniss vergleichen.
Nachträge und Berichtigungen für No. 7 bis 16.
(Die Zahlen yerweisen auf die Grade.)
No. 7. 24 N.Br. 85 Ö. L. Gya (Gaia), ünterstreichung als Missions-Station der Schottisehon Staatski rohe, die auf
einigen Exemplaren fehlt, ist nachzutragen.
24 ,, Sf) u. 86 0. L. Der südwestlich strömende Fluss sollte auch in seinem unteren Laufe bis zum
Eiufluss in die Damoodah als Burrakur bezeichnet sein. Wo ihn die Eisenbahn zu über-
schreiten hat, entsteht jetzt eine Station gleichen Namens.
24 „ 87 Ö. L. Bei der Eisenbahn- Station Rampr (vollständiger Rampore Haut) ist eine neue Station
der Beerbhoom-Baptisten- Mission mit Namen Ebenezer gegründet.
22 ,, 88 „ Meerpore sollte die rothe Unterstreichung als Station der S. P. G. haben.
No. 9. 10° 26' N. Br. 84° 54' Ö. L. ist Conchoor als Aussen-Station der Gen. -Bapt. -Mission nachzutragen.
No. 10. 27 N.Br. 78 Ö. -L. Wo die Eisenbahn nach Agra sich abzweigt, ist die Station Tundlah Junction nachzu-
tragen.
.'iO ,, 77 u. 78 0. L. Die starke Linie, welche die Jumna mit dem Ganges verbindet, ist zu tilgen.
30 ,, 78 0. L. Pouree ist zu ändern in Paoree.
Auf dem gleich rechter Hand zu unterst folgenden Carton ist dicht über dem ,,o" in Luknow die Station
der Method. Episc. Mission, Nawabgunj, nachzutragen.
Auf dem Plane von Delhi ist der südwestlichen Ecke des Bahnhofs gegenüber das Missionshaus der S. P. G.
nachzutragen. Die zugehörige Stephanskirche liegt gleich rechts von dem letzten ,,e" des Nanitns luitch-
pooree. Der letztere gilt übrigens nicht für ein ganzes Stadtviertel , sondern nur für eine in demselben
belegene Moschee.
St. Stephen's College ist an der linken Seite des Chandnee Choukee, nahe dem östlichen Ende.
Calameer G. sollte heissen Cashmeer Gate (Kaschnur-Thor). Südöstlich davon auf dem freien Platze liegt
die Englische St. Jaraes-iCirche.
Die Baptisten-Kapelle liegt auf der anderen Seite der Strasse.
Auf dem Garton von Rajpootana ist die braune Unterstreichung von Neeraaj zu tilgen.
No. 11. 32 N.Br. 74 Ö. L. Die Orte Sealkote, Goojranwala und Zuferwal sind uicht Stationen der Amerikanischen
Presbyterianer, sondern der American United Presbyterian Mission und sollten als solche
durch das in der Tabelle gegebene blassere Kolorit erkenntlich sein.
31 ,, 77 „ Kotgurh sollte geschrieben sein: Kotgoor.
No. 12. Auf dem Carton Bombay I. ist die fehlende Strecke der Baroda- Eisenbahn nachzutragen. Sic führt bei
Koombhawarra vorüber, überschreitet von dem südöstlichsten Vorsprung nach dem Zollhause (Custom Ho.) zu
den Meeresarm, läuft dann an der östlichen Seite der Stadt Mahim entlang (zum Theil dicht neben der Gr.
Indian and Peninsular Railway) und bleibt im weiteren Lauf 1 bis '4 Engl. Meile vom Ufer entfernt, bis
sie das schon verzeichnete Stück erreicht.
No. 14. 11 N.Br. 78 0. L. Salem (Selem) und Yercaud sollten auch als Aussen-Stationen der Leipziger M.-G. bezeichnet
sein.
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7 u. 8. Bengalen.
Beugaleu zeigt uns den unteren Lauf des
mächtigen Ganges-Sti'oraes, der seine dem Hindu
heiligen Wasser durch die weite Ebene und zu- i
letzt in Hunderten von Armen durch das Delta
dem Meere zuführt. Alte volkreiche Städte, i
überragt von den Gipfeln künstlich geschmückter j
Pagoden und den schlanken Minarets der Mo-
scheen, erheben sich hie und da an seinen Ufern,
während unabsehbare Felder, ergiebig an Cerea-
lien und Ölfrüchten, so wie üppige Pflanzungen
von Zuckerrohr, Indigo, Mohn (zur Opiumberei-
tung) u. s. w. sich zu beiden Seiten ausdehnen,
bis dort, wo der tropische Wald (Jungle) ihnen
Schranken setzt. Der letztere herrscht in grosser
Ausdehnung auf dem südwestlichen Hügel- und
Gebirgsland vor, das in seinem Schoosse reiche
Metalladern und Kohlenlager birgt. Doch auch
hier dringt die Kultur weiter und weiter vor.
Eben so in den oberen Gegenden des Ganges-
Delta, wo die zahlreichen Dörfer mit ihren zu-
gehörigen Feldern und Pflanzungen oft noch
mitten im Waldesdickicht liegen und nur durch
die natürlichen Wasserstrassen, welche das dichte
Netz der Flussarme und Kanäle bildet, unter
einander Verbindung haben. Je näher dem Meere,
desto langsamer ziehen die Wassermassen dahin,
die sich hie und da in flache sumpfartige See'n
verlieren, welche bei grosser Hitze wohl ganz
trocken gelegt sind, während in der nassen .Jahres-
zeit die Gegend weit und breit überschwemmt
ist. Am vollständigsten werden die südlichsten
Striche überfluthet, die Sunderbunds, ein Laby-
rinth von Inseln mit undurchdringlichem Jungle,
der sonst den gefürchteten Tigern so wie Ebern,
anderem Wilde und zahllosen Aff'enheerden zum
Aufenthalt dient. Der Mensch erscheint hier
fast nur angezogen durch den unerschöpflichen
Holzreiclithum so wie in der Nähe des Meei-es j
der Salzbereitung wegen. Die Versuche , den j
Boden der Kultur zu gewinnen, sind bisher sehr
beschränkt geblieben. Anders in dem angrenzen-
den Distrikt der 24 Pergunnahs (nach der alten
- Eintheilung in 24 Bezirke genannt), dessen süd-
lichsten Theil die sogenannte „Reisebene" bildet,
in der zahlreiche, auf künstlichen Erhöhungen
gebaute Döi-flein aus den grünen Saatfeldern
oder zu Zeiten der Überschwemmung über den
weiten Wassei'spiegel hervorragen.
Nöi'dlich davon liegt Kalkutta, die Haupt-
stadt des Britischen Indiens, am westlichsten
Mündungsarme des Ganges, dem Hügly (siehe
No. 8). Dort, wo zu Anfang des vorigen Jahr-
hunderts noch das Dorf Khalighatti stand, dehnt
Grundomann: Missionxatlas. U, 1.
jetzt die Weltstadt ihr Häusermeer aus , mit
ihren Kirchen neben den Pagoden und Moscheen
und ihren öffentlichen Gebäuden , die manche
Stadttheilc denen einer Europäischen Hauptstadt
ähnlich machen. Im Hafen liegen die zahlreichen,
aus den verschiedensten Weltgegenden gekom-
menen Schiffe; rings um die Stadt ziehen sich
die weiten Vorstädte, zum Theil mit duftenden
Gärten, mit denen reiche Hindus oder Britten
ihre prächtigen Landhäuser umgeben. Viele der
letzteren indessen fliehen auch aus diesen Sitzen
aller Annehmlichkeit vor dem unerträglichen
Klima des Sommers nach den ,, Sanatorien", auf
die kühlen Vorberge des Himalaja. In der Um-
gegend von Kalkutta hat die Kunst zwar viel
für die Gesundheit der Gegend gethan, doch in
jenen flachen Delta -Landen hausen dann die
feindlichen Fieber und die Sonne, die vom wol-
kenlosen Himmel auf den hart gedorrten Boden
brennt, erzeugt eine selbst fiir den Eingcbornen
drückende Hitze.
Die letzteren bilden einen besondern Stamm
der Hindu-Nation und reden ihre eigene Sprache,
das Bengali ; doch wird auch viel Hindustani
gesprochen. Die mohammedanischen Abkömm-
linge der eingewandorten Mongolen bilden etwa
den fünften Theil der Bevölkerung. Nicht un-
bedeutende Reste der Urbevölkerung finden sich
auf dem Hochlande in den Kols, die in meh-
reren Stämmen zum grossen Theil in Abhängig-
keit von Hindustanischen Landbesitzern (Zemin-
dars) leben, während die Santlials besonders auf
den Rajmahal-Bcrgen sich in weitem Maasse in
ihren Wäldern frei erhalten haben. Hierher ge-
hören auch die wilden Bergstämme der Khossias,
deren Gebiet uns der obere Carton vorfühi't.
Dasselbe war bis in die neueste Zeit den Ein-
flüssen der Kultur noch ziemlich verschlossen,
jetzt ist der Theebau in ausgedehnter Weise
dort eingeführt.
Um hiermit auf die Mission überzugehen,
erwähnen wir sogleich die seit 2\ Jahrzehnten
betriebenen Arbeiten der Welsh Calvinistic Me-
thodists (von Wales), die trotz ihrer bedeuten-
den Erfolge sehr wenig bekannt werden, da die
Missionsschriften und Jahresberichte nur in Wel-
scher Sprache erscheinen.
Die frühesten Missions - Unternehmungen in
Bengalen sind die Portugiesischer Priester im
17. Jahrhundert. Später haben namentlich Je-
suiten viel zur Ausbreitung des Katholicismus
gewirkt, wobei die Französische Besitzung zu
Chundernuggur (Tscliandcrnaggar) einen An-
22
knüpfungspunkt bot. Jetzt giebt es über 25,000 '
Katholiken in Bengalen unter den vier Aposto-
lischen Vikariaten: Patna, West-Bengalen (Kal-
kutta), Ost-Bengalen (Dacca) und Centrai-Bengalen.
Die ersten evangelischen Missionsversuche im !
vorigen Jahrhundert waren nur vereinzelt, bis
die Englischen Baptisten [Carej-, Marshnian] das
Werk mit Eifer angriffen. Aber durch die feind-
selige Eichtung der Ost - Indischen Compagnie
blieben sie auf die Dänische Besitzung Seram-
pore (Sirampur) beschränkt, von wo sie jedoch [
namentlich dui'ch ihre Presse eine weitgehende
Wirksamkeit erlangten, der später die Gründung
zahlreicher Stationen in den verschiedenen Di-
strikten Bengalens folgte. Auch die Londoner i
Missions - Gesellschaft fand nur in dem HoUän- ,
dischen Cliinsurah Eaum für ihre Thätigkeit.
Erst 1814 wurde Indien der Mission erschlossen
durch ausdrückliche Bestimmung im erneuerten
Freibriefe der Compagnie. Zugleich ward das erste
evangelische Bisthum in Indien zu Kalkutta ge-
gründet. In Anschluss an dasselbe begannen all-
mählich die Ausbreitungs-Gesellschaft und die Eng-
lisch-Kirchliche ihre Arbeiten, beide zunächst in
Kalkutta und Umgegend. Die letztere dehnte die-
selben im Laufe der zwanziger Jahre nach Burd-
wan aus, von wo im nächsten Jahrzehnt im Krish-
naghar- Bezirke die überraschend schnellen Er-
folge errungen und eine Anzahl Stationen gegrün-
det wurden, die später und bis jetzt allerdings
jenen ersten Hoffnungen nicht in gleichem Maasse
entsprachen. Ein anderes, in neuester Zeit sehr
versprechendes Gebiet dieser Gesellschaft ist das
bei Eajmahal unter den Santhals. Auf der Karte ■
konnten die Orte, in denen Schulen für diesen
Stamm gegründet sind, nur theilweise angegeben
werden.
Die Londoner Missions-Gesellschaft hat seit
1826 durch ihren trefflichen Arbeiter Lacroix
in Kalkutta so wie südlich in der Eeisebene eine
bedeutende Wirksamkeit begründet. Derselbe war
anfänglich im Dienste der Eotterdamer Missions-
Gesellschaft in dem Holländischen Cliinsurah
thätig, bis diese Mission um jene Zeit den Lon-
donern übergeben ward. Später ging dieselbe an
die Schottische Freikirche über. Diese hatte
durch ihre ausgezeichneten Unterrichts-Anstalten
zu Kalkutta [Dr. Duff] seit Anfang der dreissiger
Jahre einen tiefen christlichen Eiufiuss gewonnen.
Weiter wurden von ihr auch nördlicli, zwischen
Chinsurah und Culna, eine beti'ächtliche Anzahl
' Schulen gegründet und in neuester Zeit wird
aucli die Indische Volksschule (Patschala) unter
diesen Einfluss gebracht*). Dabei fehlt auch
von dieser Seite nicht die eigentliche Missions-
! thätigkeit. Die Schottische Staatskirche führt nach
der Trennung ihre eigenen Unterrichts-Anstalten
fort. Ausser Kalkutta hat sie noch zu Gya (Gaia)
in Biliar eine Missions-Station.
Endlich haben wir der blühenden Gossner'-
schen Mission unter den Kols in Chota Nagpur
[ zu gedenken, die ihr Centrum in der Station
Bethesda in Eanchi hat, zu welcher 9600 Be-
kehrte gehören, unter denen 2100 Communikan-
ten. Die als Aussen-Stationen angegebenen Orte
i enthalten nur Schulen. Mit einer besondern Un-
^ terstreichung sind alle die Orte angedeutet , in
denen (resp. Umgegend) Bekehrte leben.
Die Station Chaj^abassa in Singbhüm ist der
jüngste Spross difeser Mission, der es eben so wie
auch Purulia (Friedrich Wilhelmsstadt) mit Kols**)
zu thun hat. In Hazaribagh gilt die Arbeit den
Santhals. — Ganz im Süden zeigt unsere Karte
auch noch das Gebiet der Amerikanischen Free
Will-Baptisten, die seit geraumer Zeit in Bala-
sore (Bälesar), Jelasore (Jalesar) und Midna-
pur arbeiten. Letztere Station, nach längerer
Unterbrechung wieder aufgenommen, bildet den
Mittel])unkt für viele Schulen unter den um-
wohnenden Stämmen, die auf der Karte „Kola"
genannt werden, was durch Santhals zu berich-
tigen ist.
Die Wesleyanische Mission begann erst 1860
in Barrackpur und galt zunächst den dort sta-
■ tionirteu (Europäischen) Truppen. In neuester
Zeit arbeitet sie zu Kalkutta auch unter den
Eingebornen.
Die verschiedenen Missions-Institute der Stadt
sind auf dem Plane No. 8, so weit darüber Aus-
kunft zu erhalten war, angegeben. Auch konnten
dort bei dem grössern Maassstabe die verschie-
denen Stationen und Aussen - Stationen in der
Umgegend von Kalkutta angegeben werden,' für
welche No. 7 keinen Eaum bot.
*) Ausschliesslich wird dieser Zweck verfolgt von der
Christian Vernacular Education Society, die ihre Thätig-
keit an andere schon bestehende Missionen anschliesst.
**) Um Ranchi ist es der Dravidische Stamm der Urau,
die sich selbst Konz nennen, nebst den ethnographisch
verschiedenen Mundari und Kharia; um Chayabassa sind
es Larka Kols.
Berichtigung.
Die Aussen- Station Metrapur liejit 8 Engl. Meilen gerade westlich von Balasore; Santipur 7 Engl. Meilen
westlich von Jelasoro. 25 Engl. Meilen nordwestlich von Midnapur ist die Aussen-Station Bogerie nachzutragen.
Bei Barasot ist die Untorstroichung zu tilgen.
Anstatt llaTuakal Choke sollte Bchala und Kaorapukur als wichtigere Plätze der L. M. S. angegeben sein.
(Vergl. No. 8.)
Von Soory aus wird eine neue Baptisten-Station in Rampoor Haut angelegt.
N«. 9.
Orissa.
Orissa ist eiu Landschaftsname, der mit der
jetzigen politischen Eintheilung nicht überein-
stimmt und sowohl die südlichsten Theile der
Präsidentschaft Bengalen bis gegen Miduapur
als die nördlichsten von Madras umfasst. Der
dadurch bezeichnete, hier schmälere, dort brei-
tere Küstenstrich wird zum Theil durch das be-
deutende Delta des Mahanaddi und Brahmini
gebildet, welches mit seinem Netze von Pluss-
armen und ihren Alligatoren und den Jungles
an die Sunderbuuds erinnert (No. 7) , nur dass
hier stellenweis der fruchtbare Boden von einer
starken Bevölkerung unter Kultur gebracht ist.
Andere Striche sind sandig und unfruchtbar,
besonders südlich und um den Chilka-See, eine
seichte Lagune, an deren Ufern viel Salz ge-
wonnen wird. Hinter diesem Küstenstriche er-
hebt sich ein Hügel- und Gebirgsland, gebildet
von den letzten Ausläufern der östlichen Ghats,
deren höchste Spitzen 4000 Fuss erreichen. Hier
herrscht noch in weiter Ausdehnung dichter
Jungle, bevölkert mit Elephanten, Büffeln, Leo-
parden, Schakals und anderen wilden Thieren.
Das feuchte Klima bei grosser Hitze ist nicht
weniger gefährlich als das des flachen Küsten-
landes, daher Europäische Einflüsse nur in sehr
geringem Maasse bis in jene Gegenden gedrungen
sind. Weite Gebiete gehören ausschliesslich den
Ureinwohnern, andere, die von Arischer Bevöl-
kerung in Besitz genommen sind, bilden kleine
eigene Staaten, jetzt unter Britischem Schutze
und tributpflichtig. Die erstercn, Khonds, sind in
ethnographischer Beziehung den Kols und San-
thals verwandt, der Kultur nach stehen sie aber
noch weit tiefer. Bekannt ist ihre grausame Sitte
der Meriahs, Menschenopfer, durch welche ihrem
Lande Eruchtsegen geschafft werden soU. Theil-
weise ist dieselbe durch Britische Waffen bereits
Grundemann : Missionsattas. II, 1.
unterdrückt. Seit einigen Jahren hat sich aber die
Mission (General Baptists) gerade dieser Stämme
angenommen, wozu die Station Russelkonda ge-
gründet wurde. Es muss erwähnt werden, dass
mau, obgleich die Khonds theilweis die Uriya-
Sprache verstehen, ihre Muttersprache als Ver-
mittlerin des Evangeliums anzuwenden sucht.
Unter der jene Sprache redenden Orissa-
Bevölkerung wurden schon im ersten Jahrzehnt
dieses Jahrhunderts von Sirampur aus Missions-
versuche unternommen. Sie hatten ihre beson-
deren Schwierigkeiten, da in dieser Gegend einer
der festesten Haltpunkte des Indischen Heiden-
thums sich befindet, Juggernaut (Dschaganat)
mit seinen bekannten Festen. Schon damals zeig-
ten sich Erfolge, doch blieb die Mission später
wieder mehrere Jahre abgebrochen, bis die Allge-
meinen Baptisten (General Baptists, so genannt
im Gegensatz gegen die Lehre von der partikularen
Gnadenwahl) 1822 ihre Arbeit begannen. Die-
selbe hat sich auf die in der Karte angegebenen
Stationen ausgedehnt. Doch sind durch eifrig
betriebene Eeisepredigt so wie durch eine Reihe
tüchtiger Nationalprediger, die durch das Semi-
nar sich regelmässig erweitert, durch eine voll-
ständige und bereits revidirte Uriya-Übersetzung
der ganzen Bibel, durch Waisenhäuser und Schu-
len bereits weitere Einflüsse gewonnen, als man
nach der Zahl der Stationen oder der der Be-
kehrten (etwa 400 Communikanten) vermuthen
möchte.
Die katholische Mission arbeitet ebenfalls
unter den Hindus so wie auch unter den Khonds.
Besondern Erfolg scheint sie in Sooradah zu
haben. Die übrigen Stationen sind nach dem
Madras Catholic Directory angegeben. Diese
Mission gehört unter das Apostolische Vikariat
von Vizagapatam.
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N'. 10. Die Missions-Gebiete der Nord -West -Provinzen.
Die Nordwest-Provinzen umfassen das mitt-
lere und obere Strom - Gebiet des Ganges und
Jumna (Dschamna) mit einer Eeihe von Land-
schaften, die unter einer Vice - Präsidentschaft,
mit dem Sitze der Verwaltung in Agra, vereinigt
sind. Einige derselben, wie Gharwal, Dehra-
[Western-] Diin und Kumaon im Norden, Sägor
und die Nerbadda-Gebiete im Süden, Ajmeer und
Mairwara (Adschmir und Merwara) im Westen,
gehören zu den sogenannten Non Regulation Pro-
vinces, die vorläufig noch ohne eine durchgehends
eingeführte Gesetzgebung nach besonderer An-
weisung der Oberbehörde meist von militärischen
Beamten verwaltet werden. Die anderen mit or-
ganisirter Civil -Verwaltung sind in die Divisio-
nen Delhi, Mirat, Rohilkand, Agra, Allahabad
undEenares eingetheilt, die in je 5 bis 6 Distrikte
zerfallen. Das frühere Königreich Audh (Oude)
steht direkt unter dem General-Governor.
Es ist schwierig, diese weiten Gebiete von
vielfach verschiedener Beschaffenheit zusammen-
fassend zu charakterisiren. Die nördlichen Theile
reichen in die Alpenlandschaften des Himalaya
hinein, an die sich nach Süd -Westen zu die
fruchtbaren Gegenden der Vorberge desselben
anschliessen. In jenen macht sich schon ein
Tübetanisches Element in der Bevölkerung merk-
lich, während ausser den weniger bekannt ge-
wordenen Bergstämmen dieselbe überwiegend
aus eingewanderten Hindus besteht, deren auf
majestätischen Gipfeln gebaute Tempel als Wall-
fahrtsorte weithin berühmt sind. Nach der Ebene
zu folgt dann weiter ein 2 bis 6 Meilen breiter
Gürtel von flachem Sumpfland mit dichten Wäl-
dern, Terai genannt, eine furchtbare Pestgegend,
zum grossen Theil unbewohnt. Nur Elephant
und Rhinoceros, Bär und Eber haben dort un-
belästigt ihre Heimath, während gezähmte Thiere
vom Klima bald weggerafft werden.
Auf der anderen Seite dieses Gürtels liegt
das weite Flachland, das vom Jumna und Gan-
Grundemann: Misaionsallas. II, 1.
ges so wie ihren zahlreichen Nebenflüssen be-
wässert ist. Manche Striche desselben sind von
üppiger Fruchtbarkeit, während andere, trocken
und sandig, hie und da selbst den Boden mit
Salzkruste bedeckt haben. Durch die Anlage
von Kanälen sind auch solche Gegenden einer
ergiebigen Bodenkultur gewonnen. Dieselbe ist
hier überhaupt vorherrschend und nur in einigen
Distrikten findet sich noch der Dschangel ver-
treten. Eine dichte Bevölkerung, Hindustani
(Urdu) sprechend, von der etwa ein Sechstel dem
Islam bekennen, lebt in zahlreichen Orten, unter
denen die mit 10,000 Einwohnern und dariiber
nicht selten sind. Jene prächtig gebauten Städte
aber, wie Delhi, Agra, Allahabad, Benares, Lak-
nau U.S.W., zählen über 100,000 und bis 200,000
Einwohner. Doch ist die Pracht, die einst frü-
here Herrschaften in diesen Gegenden entfal-
tete, zum grossen Theil vergangen und es finden
sich weite Städte in Ruinen.
Gegen Süden hin folgen auf das eben be-
sprochene Flachland die Bcrglandschaften , die
ihre grösste Erhebung in dem Vindhya-Gebirge
erreichen. Diese Gegenden lassen sich mit den
zu No. 7 beschriebenen Gebirgs-Distrikten ver-
gleichen.
Die Mission in den Nordwest-Provinzen hat
bereits über ein halbes Jahrhundert hinter sich.
Die bis jetzt durch dieselbe gesammelten Ge-
meinden möchten im Verhältniss zu diesem Zeit-
raum gering erscheinen. 400 eingeborne Christen
in Benares, 800 bis 900 in Agra, 600 bis 700
in Delhi u. s. w. verschwinden fast neben der
grossen Einwohnerzahl. Doch muss man in Rech-
nung nehmen, dass gerade hier die Mission eins
der härtesten Gebiete vorfand. Hier hat in den
Wallfahrtsorten am Ganges das Indische Heiden-
thum seine festesten Burgen, wie z. B. Benares.
Andererseits aber hatte der Islam durch die
mohammedanischen Dynastien während mehrerer
Jahrhunderte den Boden so hart getreten, dass
24
auch aus diesem Grunde schnelle Erfolge nicht
zu erwarten waren. Dennoch zeigt gerade dieses
Missionsfeld eine Stetigkeit des Fortschrittes,
die ilni , wenn er auch laugsam, als sicher er-
weist. Von Jahi'zehnt zu Jahrzehnt sind neue
Gesellschaften mit ihrer Arbeit eingetreten und
immer weiter dehnen dieselben die lleihe ihrer
Stationen aus. Die Anfänge wurden von der
Engl.-Kirchlicheu Ges. schon 1813 zu Agra ge-
macht, 1816 zu Mirat (Meerut), 1817 zu Be-
nares, während die Englischen Baptisten fast
gleichzeitig zu Delhi begannen, wo sie nun, wie
der Plan dieser Stadt zeigt, eine ausgedehnte,
verzweigte Thätigkeit haben, die mit Hülfe ein-
geborner Pi-ediger geübt wird. Die Mission der
Ausbreitungs-Gesellschaft ist hier eine der jün-
geren (1854), während die Station derselben zu
Känpur (Cawnpoor) schon seit 1838 besteht. Leider
fehlten über die betreffenden Lokalitäten in Delhi
für unseren Plan die erforderlichen Angaben.
Die Londoner Mission war 1822 zu Benares
eingetreten. Die Lage des Missionshauses (siehe
den Plan) wird nach dem benachbarten Orte
auch als Schiiipura angegeben, während das
Centrum der Englisch - Kirchlichen Mission zu
SigTa ist*).
In den dreissiger Jahren kamen die Ameri-
kanischen Presbyterianer hinzu, die allmählich
eine Reihe der bedeutendsten Städte besetzt
haben. Noch schneller aber hat sich das "Werk
der Bischöflichen Methodisten von Amerika aus-
gedehnt, die, obgleich erst im vorigen Jahrzehnt
beginnend, jetzt bereits 19 Stationen haben und
*) An tleu innerhalb der Stadt mit Cii. M. S. bezeich-
neten Orten befinden sich Lokale für die Bazaar-i'redigten.
unter den 841 Besuchern ihrer Gottesdienste
sclion 323 Communikanten zählen. Die jüngste
dieser Stationen fällt über das Gebiet unserer
Karte hinaus, doch ist auf dieselbe noch ver-
wiesen: Paori*) in Gharwal, wo an besuchten
Wallfahrtsörtern eine geeignete Gelegenheit für
die Mission sich darbietet. Mehrere Stationen
sind in Vei'bindung mit Sanatorien, wie Almorah
[der London. Miss.] und Naini Tal (Nyne Tal)
[Meth.], die zum Theil mit auf weniger im Hin-
duismus gewurzelte Bergbewohner berechnet sind,
eben so wie die Missionen im Westl. Dun und in
den südlichen Gebirgen die Londoner Mission in
Singröli zu Dudhi.
Dasselbe ist bei der seit 1860 bestehenden
Mission der Unirten Presbyterianer von Schott-
land in Eadschputana der Fall, deren Gebiet
wir in einem besonderen Carton darstellen, die
namentlich zu Nyanagar und Todgurh unter
Stämmen arbeitet, bei denen sich die aus dem Bra-
manismus entspringenden Schwierigkeiten nicht
finden. Die unabhängige Mission in dem benach-
barten Jeypur ist mit der eben genannten nahe
verbunden. Ausserdem konnten wir eine zweite
unabhängige Mission in Beuares andeuten, die
von Englischen Friends (Quäkern) getrieben wird.
Die zahlreichen katholischen Stationen sind nach
dem zu Madras erscheinenden Almanach ein-
getragen. In demselben wird die katholische Be-
völkerung des Apostolischen Vikariats Agra, das
ausser den Nordwest - Provinzen noch das Pan-
dschab umfasst, auf 14,300 angegeben.
*) So schreibt der letzte Jahresbericht, nicht Pouree,
wie die früheren und die Karte.
N^ 11. Das Punjab (Pandschab).
Fünf Ströme durchziehen das Gebiet, welches
die vorliegende Karte darstellt, und geben dem-
selben seit alter Zeit den aus deu Persischen Wor-
ten für „fünf und „Wasser" zusammengesetz-
ten Namen Pandschab. Die Landstriche, welche
von je zwei und zwei derselben in ihrem mitt-
leren und unteren Laufe umschlossen werden,
sind die Düäbs, deren jedes seinen besonderen
Namen trägt. Dieselben sind ganz flach und
bieten den trostlosen Anblick weiter Einöden
und Steppen, zum Theil sandig, zum Theil mit
Graswuchs und niederem Gebüsch bedeckt, spär-
lich durchzogen von räuberischen nomadisirenden
Hirten Stämmen, während noch seltener sich ein
festes Dörfchen, der Wohnsitz halb barbarischer
Ureinwohner, zeigt. Einstmals freilich war auch
hier eine nicht geringe Kultur vorhanden, wie
die zahlreichen Ruinen von Städten mit Trüm-
mern von Tempeln beweisen. Jetzt aber haben
diese Striche nur dadurch für die Städte des
Pandschab Wichtigkeit, dass sie dieselben reich-
lich mit Holz und Gras versorgen. Städte näm-
lich und wohlbevölkerte Dörfer fehlen auch nicht,
da die genannten Ströme mit fruchtbaren Gür-
teln gesäumt sind, die zwar wenig Baumwuchs,
aber üppige Kornfelder in Fülle haben und von
einem kräftigen, betriebsamen Landvolk bewohnt
sind. Das westlichste Duäb wird in die Quere
von der Salzkette getheilt, die sich auch jenseit
des Indus fortsetzt. Dieselbe bietet einen uner-
schöpflichen B-eichthum an Steinsalz. Nördlich
davon besteht das Düäb in einer felsigen Hoch-
ebene, unterbrochen von angebauten Thälern und
Schluchten.
Gehen wir aber dem Lauf der Flüsse weiter
entlang bis zu den Bergen, denen sie entströ-
men, so kommen wir in das heiTliche Gebirgs-
land, das dem mächtigen Himalaja vorgelagert
ist. Dieser Theil des Pandschab ist von dem
bisher besprochenen ganz verschieden. Den
zahlreichen Flüsschen, die ihn allenthalben be-
Grnndemann: Missionsatlat. II, 1.
I wässern , verdankt derselbe eine Fruchtbarkeit
I und einen geförderten Ackerbau , dass man ihn
als den Garten Indiens bezeichnen möchte. Die
Bevölkerung ist daher hier in zahlreichen Dör-
fern und Städten eine ungleich stärkere. Das
gesunde Klima bietet am Fusse der Bergriesen
mit ewigem Schnee genug Orte dar, die immer
mehr als Sanatorien aufgesucht werden von
denen, die von der Hitze der Ebene Erholung
suchen. Dasselbe gilt von den kühlen Himalaya-
Landschaften in den zwischen den Ketten des
Gebirges sich hinziehenden fruchtbaren Längeu-
thälern.
Die Bewohner des Pandschab sind zu zwei
Drittheilen Mohammedaner, deren überwiegende
Anzahl jedoch von Hindu -Blut. Die Minder-
zahl sind Abkömmlinge der eingewanderten Ara-
ber und Mongolen, die sich noch jetzt von jenen
durch ihren grösseren Fanatismus unterscheiden.
Ein Drittel der Bevölkerung umfasst ziemlich
zu gleichen Theilen Anhänger des Brahmanis-
mus und jener von Nanak im 15. Jahrhundert
gestifteten Sikh-Sekte, die ursprünglich eine unter
mohammedanischen Einflüssen vollzogene mono-
theistische Reformation des Brahmanismus dar-
bot, im Laufe der Zeiten jedoch so weit zurück-
gegangen ist, dass jetzt auch dem Stifter selbst
göttliche Verehrung erwiesen wird. Die meisten
Sikhs gehören zum Stamme der Dschats (Jats),
die, als Krieger wie als Ackerbauer ausgezeich-
net, ihre Stammsitze um Amritsar (TJmritsur)
haben, von wo aus sie verschiedene Theile des
Pandschab bevölkerten. In den südlichen sind
sie seit Aurangzeb's Zeiten Mohammedaner.
Ausser diesen sind die Gadschers (Gujurs), Hir-
ten und Ackerbauer, eine ethnographische Haupt-
abtheilung im Pandschab. In einigen nördlichen
Landstrichen wiegen Eadschputen vor. Unter
den rein mohammedanischen Stämmen sind die
Patans zu erwähnen, hauptsächlich in der Ge-
gend von Multan. Jenseit des Indus finden sich
25
fast nur rein mohammedanische Stämme, unter
denen die Yuzufzai nördlich von Pischuwar (Pe-
schawur) zu den Afghanen (Paschtus) gehören.
Sonst finden sich gerade in jener nordwesthchen
Ecke viele Mischstämrae.
Die alte mohammedanische Herrschaft hatte
allmählich die Sikhs überwunden. Ihr Reich
nahm 1849 mit der Einverleibung in das Bri-
tische Ostindien ein Ende. Seitdem hat das
Pandschäb zunächst unter der Leitung trefflicher
Männer wie Henry und J. Lawrence grössere
Fortschritte gemacht, als man erwarten konnte.
Die Mission war durch Amerikanische Presby-
teriancr in Lndhiana schon seit 1835 vertreten.
Als das ganze Land nach der Eroberung er-
schlossen wurde, haben sie durch dasselbe eine
Reihe von Stationen errichtet, auf denen bereits
kleine Gemeinden gesammelt sind und besuchte
Schulen bestehen. In Kapurthala wird das Werk
vom Radja, der selbst Christ ist, unterstützt.
Seit 1852 hat die Church Missionarj^ Society die
Hauptplätze des Pandschäb mit ihren Arbeitern
besetzt, anfangend mit Amritsar, der heiligen
Stadt der Sikhs. Mehrere ihrer Arbeitsgebiete
wurden in Folge der eifrigen Bemühungen Eng-
lischer Beamten in Angrifi' genommen, wie Pi-
schawar, die grosse, mit buntem Völkergemisch
gefüllte Grenzstadt, von wo aus Bergstämme
wie die Yuzufzai berücksichtigt werden, ja selbst
schon ein Mal der Weg zu den fernen Heiden-
stämmen von Kafiristan gefunden wurde. Im
Derajat (Dera Ismailkhan) hat die Mission eben-
falls die noch ziemlich wilden Stämme der be-
nachbarten Berge im Auge. In Sialköt (Sealcote)
arbeiteten schon 1856 Schottische Missionäre,
die während des Aufstandes weichen mussten.
Doch wurde die Station 1861 aufgenommen,
nachdem sich schon vorher Unirte Presbyterianer
von Nord -Amerika dort niedergelassen hatten.
In Kaschmir, dem so oft als paradiesisch geschil-
derten breiten Alpenthal mit überwiegender mo-
hammedanischer Bevölkerung, das derzeit einer
bleibenden Mission noch verschlossen ist, übt die
Church M. S. durch einen Schottischen Missions-
arzt jeden Sommer ihre Wirksamkeit. Auch ar-
beitet dort ein selbstständiger Missionar, der sich
der Society Prop. Gosp. angeschlossen hat. Der
erstere besucht auch Chamba, wo ein mit keiner
Gesellschaft verbundener Missionar vor einigen
Jahren eine von sehr schnellen Erfolgen beglei-
tete Thätigkeit begann. — Von den weiteren
Missionen in den Himalaya-Landschaften*) mögen
noch die der Church M. Soc. zu Kangra und
Kotghur genannt werden. Die letztere war früher
von einer in Simla (seit 1841) bestehenden Lokal-
Missions-Gesellschaft gegründet. In dieser Stadt
ist seit Kurzem eine Baptisten-Mission entstan-
den. — Endlich zeigt unser Blatt noch das
schon jenseit einer der Hauptketten des Hima-
laya in dem buddhistischen Klein-Tibet gelegene
Missionsfeld der Brüdergemeinde, die ursprüng-
lich hier nur einen Weg zur Erreichung der
Mongolen suchte. Diese 9000 Fuss über dem
Meere gelegenen Landschaften, die einen grossen
Theil des Jahres allem Verkehr mit Indien ent-
zogen sind, haben selbstverständlich einen von
den bisherigen Gebieten ganz verschiedenen Cha-
rakter. Obgleich wegen der Schwierigkeiten, die
der Buddhismus mehr als irgend eine andere
Art des Heidenthums dem Evangeliiim entgegen-
stellt, jene Brüdermission in bald zwei Jahr-
zehnten nicht über die Anfänge hinausgekom-
men ist, hat sie doch schon in einigen Bekehrten
ihre Erstlinge aufzuweisen ; auch konnte das
Werk durch Anlegung der neuen Station in Pu
(Poo) erweitert werden.
Die katholischen Missionen stehen unter dem
Apostolischen Vikariate Agra, das im Ganzen 25
Stationen, so wie 14,300 Katholiken zählt.
*) Über die anderen siehe zu No. 10.
Berichtigung.
Die Lage von Laiulour nnd Miisoorci' ist nach No. 10 ?,« berichtiijen.
4
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12. Das Mahratt
Vom Arabischen Meere kommend betreten
•wir das Mahrattenland zunächst in der Provinz |
Konkan, welche sich von dem niedrigen Küsten-
striche bald zu den 2000 bis 4000 Fuss hohen
Westlichen Ghauts (Ghäts) erhebt, die hie und
da einen schroff abfallenden Ausläufer bis in
die Nähe des Meeres senden. Schroff und zer-
rissen ist überhaupt der Charakter dieser Ge-
gend. Durch wilde, enge Schluchten brausen !
unzählige Waldbäche, manchen Wasserfall bil-
dend, herab; über ihnen sind unzugängliche Hö-
hen, die entweder, mit dichtem Urwald bedeckt,
dem gierigen Tiger und anderen Eaubthieren
eine sichere Zuflucht gewähren, oder zu schroff, '
um eine Vegetation zu tragen, nur die nackten,
dunkelen Felswände zeigen. Auf solchen Höhen j
liegen aber hie und da auch jene zahlreichen
malerischen Burgen, in denen die Mahratten-
Fürsten lange erfolgreich ihre Unabhängigkeit ver-
theidigten. So wild indessen diese Gegend, hat sie
doch manches fruchtbare Thal, das, von fischrei-
chem Flusse durchströmt, auf seinem rothen Thon-
boden Pflanzungen tropischer Gewächse trägt,
die um so üppiger gedeihen, als hier der Süd-
west-Monsun (vom April bis Oktober) eine ausser-
gewöhnliche Eegenmenge bringt und die Luft
stets mit feuchtem Nebel erfüllt. — Steigen wir
in dieser Jahreszeit über einen der vielen Pässe
oder Ghauts**) auf das jenseit des Gebirges
gelegene Hochland, so befinden wir uns bald in
einer gänzlich verschiedenen Landschaft. Hügel-
reihen, die sich allmählich nach Südosten sen-
kend in der Ebene verschwinden , zeigen wie
*) Richtiger wäre m schreiben Marätha, wir behalten {
jedoch die üblich gewordene Schreibart bei. 1
**) Nach diesen haben die Engländer das ganze Gebirge ^
genannt, das hier bei den Eingebornen Syadree heisst.
Grundemann : Missionsattas, II, 1.
a*)- Missions -Grebiet.
diese eine bräunliche Färbung, die auf grosse
Trockenheit schliessen lässt. Wälder fehlen, nur
hie und da erblickt man Gruppen einer Eschenart
oder Cactus und Euphorbien. Ein seltsam trockner
Wind weht von Osten her über die Felder, die
in manchen Stücken das Gepräge einer Deutschen
Herbstlandschaft tragen. Erst vom Oktober bis
April bringt der Nordost-Monsun hier dann und
wann einen Regentag, der den Acker zum Anbau
von Getreide tauglich macht. In den südlichen
Distrikten wird auch nicht unbedeutender Baum-
wollenbau getrieben.
Die Mehrzahl der Bevölkerung lebt vom
Ackerbau. Sie besteht grösstentheils aus Mah-
ratten, jenem Volke, das, obwohl unter vielen
Fürsten gespalten, den seit dem 14. Jahrhun-
dert eindringenden mohammedanischen Herr-
schern zum Theil mit Erfolg Widerstand leistete,
bis es, zu einem kräftigen Eeiche vereinigt, im
vorigen Jahrhundert eine Blüthe erlangte, die
erst 1817 von der Englischen Macht gebrochen
werden konnte. Die Mahratten sind Arischen
Ursprungs, daher wir unter ihnen die di-ei Haupt-
kasten wiederfinden, nur dass hier die Wanis
(Banianen, Kaufleute) die dritte Kaste einneh-
men. Die vierte und zahlreichste umfasst hier
die Sudra, Ackerbauer, denen noch mehrere
Kasten (eigentlich Klassen von Kastenlosen)
folgen, unter denen die Mahars und Mangs zu
den niedrigsten gehören. Ausserdem aber giebt
es in den Gebirgen viele Nachkommen der Ur-
bevölkerung , unter denen die Kolies (nicht zu
verwechseln mit Kols) und die Bheels (Bhils)
auf der Karte hervorgehoben sind. Letztere bil-
den in der Provinz Khandesh den achten Theil
der ganzen Bevölkerung. Sonst finden sich auch
im Mahrattenlande zahlreiche Mohammedaner
so wie namentlich in den grossen Städten Par-
26
sen *), meist reiche Kaufleute, und Bene Jisrael,
welche von Einigen als Juden bezeichnet werden,
die seit langer Zeit im Lande allerlei Heidnisches
angenommen haben, nach Anderen aber mit den |
Pashtus (Afghanen, in Indien Pattans genannt) [
identisch sein sollen.
Die frühesten Missions-TJnternehmungen der
neueren Zeit in Indien schliessen sich an die
Niederlassungen der Portugiesen in Goa an.
Dort wurde 1534 das erste Bisthum begründet, j
dem später als Erzbisthum mehrere weitere Bis-
thümer untergeben wurden.
Hier wirkten zuerst Dominikaner und Fran-
ziskaner, dann Fr. Xaverius, der sich später
dem Süden zuwandte. Seine Ordensgenossen
setzten mit Erfolg die Mission auf der Halbinsel
Salsette bei Goa fort, nachher waren sie auf
der gleichnamigen Insel bei Bombay thätig.
Hier entstand der zweite Hauptpunkt der ka- |
tholischen Mission für die in Rede stehenden
Gebiete. An beiden Punkten wirkten das 17.
Jahrhundert hindurch verschiedene Orden (ausser
den genannten auch Augustiner, Karmeliter,
Theatiner). Von Goa wurde die Wirksamkeit in
das benachbarte Eeich von Beejapur ausgedehnt.
Grosse Schaaren waren bereits bekehrt und das
Seminar zu Goa bildete zahlreiche Priester
heran. Aus jenen Zeiten haben sich denn zahl-
reiche Gemeinden bis auf den heutigen Tag er-
halten. Zu Goa sollen 312,000, zu Bombay
20,300 Katholiken gehören (die Nachkömmlinge
der Portugiesen mit eingerechnet). Seit 1833
befindet sich das Erzbisthum Goa wegen Patro-
natsstreitigkeiten mit Rom im Schisma, doch sind
seit 1861 Verhandlungen im Gange, um es zur
katholischen Einheit zurückzuführen.
Die erste evangelische Mission begann hier
der Amerikanische Board zu Bombay 1812. Fast
zwei Jahrzehnte blieb dieselbe auf die Gebiete
diesseit der Ghauts beschränkt. Mahim, Tannah
und Cliowul (Choule) wurden als weitere Sta-
*) In der Stadt Bombay allein 114,000.
tionen besetzt, aber 1826 wieder aufgegeben.
Erst 1831 fing man die mehr Erfolg verspre-
chende Arbeit auf dem Hochlande in Ahmed-
nuggur*an, einer Stadt von 30,000 Einwohnern,
die 1842 ein selbstständiges Missions - Centrum
wurde. Von hier aus entstanden die angegebe-
nen Stationen , um die sich zahlreiche Aussen-
Stationen gruppiren. Sholapur ist die neueste
von ihnen, Malcolm Peth bei Mahabalishwar
dient als Sanatorium, daher befinden sich nur
zeitweise Missionare dort*). Die Englisch-Kirch-
liche Gesellschaft schickte seit 1820 mehrere
Missionare nach Bombay. Ihre Wirksamkeit
blieb aber fürs erste Jahrzehnt durch Krank-
heit und andere Hindernisse sehr beschränkt.
Tannah, Bandora und Bassein wurden nach ein-
ander, doch alle nur vorübergehend, als Missions-
plätze gewählt, 1832 aber die Mission zu Nasik,
dem berühmtesten Hauptort des Brahmanismus in
ganz Dekhan (über 30,000 Einwohner), gegrün-
det, der sich vielseitige Arbeit darbot. In dem
nahen Sharanpur ist eine Erziehungsanstalt für
befreite Afrikanische Kinder. 1846 kam die
Station Juuir und 1848 Malligaum dazu. Ein
vor wenigen Jahren gemachter Versuch, zu Yeo-
lah ausschliesslich mit eingebornen Kräften zu
missioniren, ist nicht gelungen. Auch hat eine
Bewegung namentlich unter den Mangs in der
Gegend von Aurangabad, in Folge deren Bool-
dana und mehrere Aussenstationeu besetzt wur-
den, nicht so schnelle und nachhaltige Erfolge
gehabt, wie man anfänglich erwartete. Booldana
blieb einige Zeit verlassen, ist jetzt aber wieder
besetzt. In Bombay und Umgebung wirkt die
Ch. M. S. durch verschiedene Schulen, von denen
die wichtigsten auf der Karte mit der Signatur
der Aussenstationen verzeichnet sind. Ein eigener
Arbeiter wird hier für die Mohammedaner unter-
halten.
Die Schottische Mission nahm 1823 im süd-
lichen Konkan ihren Anfang. Bankot und dann
*) Ein mehrjähriger Versuch in Kolapur (südlich von
Satara, siehe No. 5) wurde 1859 aufgegeben.
Suvarndl'ug •waren die ersten Stationen, die man
später, als Hauptkrüfte in Bombay in Anspruch
genommen wurden, aufgab. Hier wirkt die Schot- |
tische Mission, wie überhaupt, namentlich durch
höheren Unterricht. Nach der Trennung der
Kirchen hat jede derselben ein derartiges In-
stitut. Die 1839 entstandene Mission zu Puna
aber hat sich ausschliesslich der Freikirche
angeschlossen. Die Karte zeigt noch eine An-
zahl weiterer Stationen, die meistentheils Schulen, |
einige besonders für die Beni Jisraeel, enthalten. !
In neuester Zeit beginnt die Freikirche auch |
unter den in der Nähe von Damün wohnenden
Waraües*) eine Mission. Die Station konnte
noch nicht angegeben werden**).
Die Ausbreitungs-Ge.sellschaft, hier seit 1840
thätig, beschränkt sich auf Bombay, woselbst
sie unter Indo - Britischer Bevölkerung [aucli
Schiffs - Mission] , so wie unter Eingebornen ar-
beitet. In neuester Zeit hat die Medical Miss.
Society daselbst ein Institut angelegt, dessen
*) Sie gehören zu den Abkömmlingen der Urbevölke- J
rung.
**) Eine privatim unterhaltene Aussen- Station ist zu
Ratanagiri (siehe No. 0). i
Lage auf dem Plane noch nicht verzeichnet
werden konnte. i
Die auf dem oberen Carton dargestellten
Missionen in Süd-Mahratta wären besser zu den
Kanaresischen (No. 14) gezogen worden, weim
es der Raum gestattet hätte, da die Bevölkerung
dieser Gegenden Kanaresisch ist. Auch sind
in den Städten viele Tamulen und Telugus. Die
Londoner Mission ist in Belgäm seit 1820
thätig und hat eine kleine Gemeinde aus Ka-
naresen und eine aus Tamulen gesammelt. Die
Basler begann 1837 zu Dharwar, 1839 und
1841 kamen Hubli und Bettigeri hinzu. Die
jüngste Station ist Guledgudd (18.51), auf der
eine nicht unbedeutende Industrie (Weberei) von
der gesammelten Gemeinde betrieben wird. —
In Nord-Kanara war die Station Honore seit
1845 zwei Mal besetzt, aber in letzter Zeit
wiederum aufgegeben. Jetzt ist ein dritter Ver-
such gemacht worden. Auch die frühere Sta-
tion Shimoga (siehe No. 14) ist derzeit unbe-
setzt, doch wird eine Wiederaufnahme derselben
so wie Gründung einer neuen zu Sirey (nord-
östlich von Honore) beabsichtigt.
Nachträge.
Ambelohol liegt nach neueren Angaben 12 Engl. Meilen westlich von Aurangabad.
Booldana sollte durch rothe Unterstreichung als besetzte Station bezeichnet sein.
Die Station Junir ist gegenwärtig unbesetzt.
Die Station Teolah ist aufgegeben worden.
Die unabhängige Mission, welche durch den 1864 verstorbenen Mr. White gegründet war, wird jetzt in dem
2 Deutsche Meilen entfernten Saswur (Sassoor) fortgeführt.
I
September 1868,
Nachtrag zum AllgeiueiDen Missioiis -Atlas. Asien, N" 12.
(NB. Zu den Erläuterungen II. 1, 20 einzuheften.)
Durch Verseilen war die Erläuterung der
Zahlen im Plan von Bombay weggeblieben. Die-
selbe folgt hiermit:
1. Kathedrale.
2. Christus-Kirche.
3. Kapelle der S. P. G. in Kamateepoor.
4. Trinitäts - Kapelle (den Gottesdienst besorgt
nicht mehr die Ch. M. S., sondern die S. P. G. ;
darnach ist die Unterstreichung zu ändern).
5. Peterskirche in Mazagaon (jetzt von der
Ch. M. S. bedient; darnach ist Signatur und
Unterstreichung zu ändern).
6. Schottische (Staats-) Kirche.
7. Schottische Freikirche.
8. Kapelle des Americ. Board. (Eine Schule
derselben Gesellschaft liegt nördlich am Parel
Uoad, da, wo das „1" dieses Namens steht.)
9. Missions-Institut der Schottischen Staats-
kirche.
10. Missions-Institut der Schott. Freikirche.
11. Robert Money School (grosse Schule der Ch.
M. S.; kleinere Schulen derselben Gesellschaft
liegen a) dem Cläre Bunder gegenüber, jenseits
der Eisenbahn, b) links von No. 14 im zweiten
Häuserviertel, etwas tiefer, und c) bei der Peters-
kirche in Mazagaon).
12. Neue Münze.
13. Sir James Jijibhoy's*) Hospital.
14. „ „ Asyl für Bedürftige.
15. Medicinisches Seminar.
lü. Das neue, inzwischen errichtete Missionshaus
der Ch. M. S. liegt südlich von der Strasse,
die von Mazagaon aus die Stadt nach Westen
durchschneidet, da, wo dieselbe den Hand unseres
Cartons erreicht. Man möge es nachtragen mit
No. 16.
In dem im Hafen angegebenen Kirchenschiffe ver-
anstaltet nicht allein die S. P. S., sondern auch andere
Gesellschaften, namentlich die Fr. Ch., Gottesdienste für
die Schiffsmannschaften.
*) Dieser Herr ist ein Parsi von bedeutendem Ileich-
thum und grosser Wohlthätigkeit.
N". 13. Das Telugu
Die vorliegende Karte führt uns auf ein von
den bisher besprochenen ganz verschiedenes Ge-
biet. Hier sind wir nicht mehr unter Arischen
Indiern, sondern unter Dravidischen Stämmen
(vergl. zu No. 5 u. 6), deren zahlreichste Ab-
theilung von den Telugu*) gebildet wird. An
Kultur stehen dieselben den südlicher wohnen-
den Tamulen bei weitem nach, wie die spär-
lichere, meist nur Sanskrit -Übersetzungen um-
fassende Telugu - Literatur beweist. Auch das
Land an sich hat nicht die Spuren alter Kultur-
staaten aufzuweisen, wie andere Theile Indiens.
Die im Innern auf dem Hochlande von Dekhan
gelegenen Länder, welche jetzt grösstentheils
zur Herrschaft des Nizam (Nizam's Dominions
oder Haiderabad) gehören, haben einen ähnlichen
Charakter wie die in der vorigen Nummer dar-
gestellten Theile des grossen Plateau's. Obwohl
es nicht an Flüssen fehlt, so verlieren doch die
kleineren in der trockenen Jahreszeit ihr Was-
ser fast gänzlich, wodurch hier die Dürre der
Landschaft noch mehr wie dort bedingt ist. Die
östlicheren Theile jenseit des Godavari, die be-
reits zum Gebiete der Gonds**) (Gondvana) ge-
hören, bilden die ödesten Wildnisse ganz In-
diens, die südlicheren, wie Kaddapa (Cuddapah),
wo die Hochebene in gegliedertes Gebirgsland
übergeht, sind besser kultivirt und liefern na-
mentlich bedeutende Baumwollenerträge. — Fol-
gen wir dem Lauf der mächtigen Wasserstrassen
des Godavari, Kistna und Pennär (Pen Air), so
kommen wir, nachdem diese sich durch die Thal-
*) Diese Form des Namens ist die gebräuchlichere,
die andere, Telinga, kommt der entsprechenden Sanskrit-
form naher. Die Bevölkerung des Gebietes wird auf 13
bis 15 Millionen geschätzt.
**) Gonda, zu unterscheiden von den verwandten Khonds
(Khanda, vergl. zu No. 9), in den Gebirgen von Orissa.
Die Gebiete beider Völker grenzen an einander.
Grundemann: Misaionsatlas. 11,12.
- (Telinga-) Gebiet.
spalten der Ostghäts gezwängt haben, in die den
letzteren vorgelagerte Küstenebene. Mit der
fruchtbaren Vorhügelzone begrüsst uns eine ganz
andere, üppige Landschaft, in der sich jedoch bis
jetzt auf weite Strecken tödtliche Fieber im
Schoosse der Urwälder erfolgreich gegen die um-
gestaltende Bodenkultur verschanzt halten. Die
letzten Küstenstriche sind sandig und steril ; wo
aber menschlicher Fleiss, wie namentlich im
Süden des vorliegenden Gebietes, das Land mit
Wasser- Adern und - Behältern versehen hat, da
macht die fahle Sandfläche dem lichtgrünen
Teppich der Reisfelder Platz. In den nördliche-
ren Uferstrecken überwiegt jene und liefert hier
neben kärglichen Ernten nicht unbedeutende
Erträge an Kochsalz, -zu dessen Gewinnung die
unerträgliche Sonnengluth helfen muss. Die
Küste ist flach und damit verheerenden Uber-
schwemmungen ausgesetzt. Seehäfen fehlen ganz
und der Mangel an Gelegenheit zur Schifffahtt
ist jedenfalls die Ursache, dass diese Gegenden
hinter anderen Theilen Indiens in der Kultur
zurückstehen.
Obgleich, was damit zusammenhängt, die
Kasten Arischen Ursprungs verhältnissmässig
schwach vertreten sind, hat das Land im Ganzen
das Gepräge des Brahmanif='nus bekommen. Lei-
der suchten wir vergeblicli nach Angaben dar-
über, wie weit sich hier der alte Dämonendienst
der Dravidas erhalten habe. Bei den Gonds
und den unten zu nennenden Kois ist derselbe
dem Brahma-Dienste nur in sehr beschränktem
Maasse gewichen. Mohammedaner giebt es in
den Küstendistrikten verhältnissmässig wenig*).
So auch in Haiderabad (Hyderabad); in der
; Hauptstadt aber bilden sie einen bedeutenden
Theil der Bevölkerung.
*) 'Ao Iiis '/eo der Gesaramtbevölkerung.
27
Die Londoner Mission zu Vizagapatam ist die
älteste*) auf diesem Gebiet [seit 1805], für
das sie im Laufe des zweiten Jahrzehnts die
Telugu-Bibeliibersetzung lieferte. Nach der Zahl
der Bekehrten ist sie jedoch von der später be-
gründeten Kaddapa-Mission (S. P. G. 1817, L.
M. S. 1822) bedeutend überflügelt worden. Nel-
lur (Nellore) wurde 1837 von der Schottischen
(jetzt Freikirche) besetzt und bald folgten Ame-
rikanische Baptisten, deren Arbeit in neuerer
Zeit ihren Schwerpunkt in Ongul (Ongole) ge-
funden hat. Bald darauf erhielt das Kistna-Delta
seine Missions-Stationen von den Amerikanischen
Lutheranern (General - Synode der evangelisch-
lutherischen Kirche in den Vereinigten Staaten)
zu Guntur (von wo sich das Werk westlich zum
Palnäd-Distrikt, nordöstlich nach Radschamandri
und Samalcotta ausdehnte "'"''')) und von der Eng-
lisch - Kirchlichen Gesellschaft Masulipatam, wo
durch Unterricht namentlich auf die höheren
Kasten gewirkt wird, während die später (1854)
gegründete Ellür-Mission (Ellore) vorzüglich die
Malas (Parias) im Auge hat***). Dieselbe Ge-
sellschaft arbeitet seit 1860 unter den auf den
*) Neuere Zweige derselben sind die Stationen Tschi-
kakul (Cliicacole) [seit 1844] und Vizianagram [seit 1852].
**) Dank den vollständigen Mittlieilungeu des Missio-
nars ünangst haben wir alle Aussen-Stationen dieser Mis-
sion verzeichnen können. Die Namen mussten in Abkür-
zungen gegeben werden, deren Erklärung hier folgt :
Guntur.
Paln äd.
A.
Ännavaramu.
R.
= Rayavaramu.
U.
UpaUipadu.
T.
= Terala.
T.
Torlapadu.
V.
= Veldurti.
r.
Panidaramu.
K.
= Kolagotla.
K.
Kattamuru.
M.
= Mutkürü.
N.
Nevallikallu.
B.
= Bodilavoedu.
L.
Lingapuraniu.
A.
= Adiguppala.
J.
Jonnalagada.
R.
Rayapudi.
***) Die betreftendcu Aussen -Stationen sind ebenfalls
vollständig aufgeführt.
Gebirgen am Godavari wohnenden Kols, die in
manchen Beziehungen der Mission weniger
Schwierigkeiten bieten als die unter brahma-
nisehem Einflüsse stehenden Telugu, aber in
ihren zerstreuten Dörfern nicht leicht zugäng-
lich sind. Dumagudiem ist das Centrum, von
dem aus in mehreren Koi- Dörfern Schulen ge-
gründet sind. — Die bereits erwähnte Mission
zu Kaddapa hat sich 1855 erfolgreich nach Nun-
dial (L. M. S.) so wie in neuerer Zeit nach
Matyalapäd und Kalsapäd (S. P. G.) ausgedehnt,
hauptsächlich unter Anhängern niederer Kasten.
In Secunderabad (dem Wohnsitze der Be-
amten von Haiderabad) arbeitet die Ausbreitungs-
y
Gesellschaft bereits seit 1841 und hat dort und
auf den Aussen-Stationen eine nicht unbeträcht-
liche Gemeinde gesammelt. Zwanzig Jahre später
trat die Schottische Staatskirche zunächst für
ihre Angehörigen unter dem dort stationirten
Militär ein, dehnt nun aber die Arbeit auch
auf die Eingebornen aus.
Seit längerer Zeit sind in Ifarsapuram und
Palikul im Godavari - Delta einige unabhängige
Missionare mit grossem Eifer thätig. Die jüngste
Mission unter den Telugu ist die Hermanns-
burger, die im südlichsten Theile dieses Gebie-
tes ihre Stationen hat. Jenseit Arambakam be-
ginnt das Tamulen-Laud. Ganz im Osten zeigt
unsere Karte auch noch die alte Londoner Sta-
tion Bellary (gegründet 1810), die schon in
Kanaresischem Gebiete liegt. Die Christen-
gemeinde umfasst 254 Glieder.
Die angegebenen katholischen Stationen ge-
hören tlieils zum Apostolischen Vikariate Hai-
derabad, theils zu Vizagapatam. Ersteres um-
fasst fast 7000, letzteres 8760 Mitglieder der
katholischen Kirche.
Berichtigung.
In der Farbcntalol sollte für die Schottische Staatskirche eine Kcihe lothcr tiuadratc gesetzt sein, wie bei
Secunderabad.
Missioivs-j\tlas
DIE MITIXEREN DISTRIKTE
DER PRAESIDENTSCHArX
MADRAS
imMaasrstabe li'i.000.000
b 1 2 4 5
I>n<tsrhe.Yal-n
Sodetv fc/r iht Fropaijation. ot ifie QospA
SSa Oiurch iBssianary- Sodetfr
LoTulon
Jt'SsIet'an
cr-m Qmrch of Scoüandb (esteMished')
Free Oatrch-
iTCTi ^jTneriaui üoard of ComissiomTS forForeign Msswn Ch^itwj^^iA
r — I Tte/brmall^oUstantlhUch Church' ofS. America,
WTO^ Jivangel. Missions. GcseliscJuifl zu Sasel
r-~i E\-anqel.Liithej-ische iEssißn zuiLeipzig
JJtadsähtMisswns- Gesettsdi-atl
MfrmanTtsiurger Missions desellsdiaA
BMmisch . taäwUsche Mission,
Tortuffies (iißidlisdif Mission,
GOTHA, .TT';
Asien ^Jr 14.
PJiRTRES.
Lith.Anstvr.Hiaifajiiiim Gotha.
14 11. 15. Das südliche Vorder-Indieii.
(14. Die mittleren Distrikte der Madras-Präsidentschaft. 15. Die Missions-
G-ebiete von Tinnevelly, Travancore und Madura.)
Der Südrand des weiten Tafellandes von Dek-
han, der uns hier zunächst entgegentritt, ist
eingenommen von dem Reiche Mysore (Maisür),
das, nominell ein Britischer Sehutzstaat, in Wirk-
lichkeit vollständig unter Britischer Herrschaft
steht. Weithin dehnen sich hier fruchtbare Ebenen
aus, theilweis noch von üppig wuchernder Wal-
dung bedeckt; denn hier gedeiht die Vegetation
■um so mehr, als die beiden Monsuns ihre Regen
bringen können. Viele Adern durchziehen daher
das Land , die in der nassen Jahreszeit den
Hauptkanälen (im Süden dem Cauvery [ Kaveri])
eine Wassermasse zuführen, welche sie zu Strö-
men von mehreren Engl. Meilen Breite an-
schwellen lässt. Zahlreiche kleine See'n, natür-
liche und künstlich angelegte, sind über die
Hochfläche verbreitet, aus der sich hier und
dort plötzlich schroffe Granitfelsmassen *) bis
2000 Fuss und darüber, bei Umfang einer Stunde,
erheben, gekrönt mit uneinnehmbaren Bergfesten,
deren Mauern indessen zu Ruinen geworden,
seitdem der zähe Widerstand eines Hyder Ali
und Tippoo doch endlich der Britischen Macht
weichen musste. Die Bewohner, von denen
ränkevolles, betrügerisches Wesen bei äusserer
Freundlichkeit als charakteristisch angegeben
wird , sind Kanaresen ; Mohammedaner finden
sich unter ihnen nur in geringerer Zahl. Die
ausgedehnteste Missionsthätigkeit ist hier die
der Wesleyaner, die schon seit etwa vierzig
Jahren mehrere Stationen inne haben, eine aus-
gedehnte Reisepredigt betreiben, durch die Presse
in Bangalore viele christliche Schriften in der
Landessprache liefern und eingeborne Prediger
heranzuziehen bemüht sind. Von den gesam-
melten kleinen Gemeinden lassen sich jedoch
noch nicht besondere und stetige Fortschritte
berichten. In der erwähnten Hauptstadt hat die
Londoner Missions -Gesellschaft eine Thätigkeit
auch unter den zahlreichen dort angesiedelten
Tamulen, so wie bereits seit 1817 die S. P. G.
*) Droogs (Drugs) oder Durgs genaDDt.
Gruudemann: Missiomatlas. II, 2.
Das Tafelland von Maisür hat nach Kanara
und Malabar zu einen schroffen Übergang durch
die westlichen Ghäts, die mit plötzlichem Ab-
fall vereinzelte Rippen in den schmalen Strich
Flachlandes hinausstrecken, der sich allmählich
zur Küste hinabzieht. Obgleich die Ghäts hier
bedeutend niedriger (1000 bis 2000 Fuss) sind
als im Norden und erst im Coorg- (Kurg-) Lande
ihre grössten Höhen erreichen , gilt doch von
der Natur dieser Gegenden im Wesentlichen
dasselbe, was zu No. 12 erwähnt ist. Gegen
Süden , da wo das Hochland des Dekhan sein
Ende erreicht, ist demselben eine mächtige
Bergiusel vorgelagert, die Blauen Berge, Nila-
ghiri (Neilgherry) , welche die West-Ghfits bei
weitem überragen. Diese letzteren setzen sich
weiter südlich in den Aligherry bis zum Kap
Comorin fort.
Der nördliche Theil des erwähnten schmalen
Küstenlandes ist Kanara. In den Gegenden
Süd-Kanara's indessen, die für die Mission zu-
nächst in Betracht kommen , wiegt das Tuluva
vor, eine dem Tamulischen näher stehende
Sprache, die von den niederen Kasten der Billa-
war und Bants (die den Tiern und Nayern in
Malabar gleichstehen) gesprochen wird, wäh-
rend das schwächer vertretene Kanaresische
Regierungssprache ist. Das Sprachgebiet von
Malabar (Malayalim) beginnt südlich von Kan-
nanür und erstreckt sich bis zu den süd-
lichen Distrikten von Travancore , die bereits
Tamulisch sind. Der grösste Theil der Be-
völkerung gehört hier ebenfalls den genannten
niederen Kasten (Palraweinbauern und Land-
bauern) an. Brahminen (hier Namburis genannt)
sind verhältnissmässig gering an Zahl, starker
die Sudras, Grundbesitzer, und die Mapillas,
von Arabischen Vätern und inländischen Müt-
tern abstammend, fanatische Anhänger des Islam.
Sonst besteht neben dem Brahmanismus hier
noch in ausgedehntem Maasse der ursprüngliche
Dämonendienst der Dravidischen Stämme. —
28
Die Baf3ler Mission ist auf diesem Felde seit
1834 thätig. Mangalür bildet das Centrum, wo
bereits eine beträchtliche Gemeinde gesammelt
ist. In dem südöstlich gelegenen (Kanaresischen)
Kurglande, das früher durch sein kriegerisches
Räubervolk bekannt war, hat die Mission durch
Anlegung des freundlichen Christendörfleins
Anandapur ihre Wurzeln geschlagen. Wie die
Karte zeigt, hat dieselbe Gesellschaft eine noch
grössere Zahl von Stationen in Malabar, von
wo sie ihre Arbeit auch nach den Nilaghiri, be-
sonders zu den Bergstämmen (Badagas, Todas&c),
ausgedehnt hat.
Weiter nach Süden zu gewinnt die West-
küste durch einen ausgedehnten Lagunencom-
plex (Backwaters genannt) eine eigenthümliche
Gestalt. Es sind flache Ästuarien , die in der
Nordost-Monsunzeit theilweis austrocknen, beim
Eintritt des Regens aber oft sehr plötzlich und
bedeutend anschwellen, gespeist von den zahl-
reichen Waldströmen der Aligherry. Rings um
diese Lagunen ist das Land sehr flach , zum
Theil sumpfig, doch von ungemeiner Fruchtbar-
keit, reichlich besetzt mit Kokos- und Sago-
Palmen zwischen ergiebigen Reisfeldern. Zwei
unabhängige Schutz- und Bundesstaaten umfas-
sen diese Gegenden: Cotshin und Travancore.
In dem ersteren und dem nördlicheren Theile
des letzteren hat die Englisch -Kirchliche Mis-
sions - Gesellschaft ihre schon vor 50 Jahren
begonnene Mission,' die namentlich die Thomas-
Christen ins Auge fasste, welche hier einen
nicht geringen Bruchtheil der Bevölkerung ('/g
bis V7) bilden. Der grössere Theil derselben
ist seit der Synode von Diamper (1599) mit
der römischen Kirche unirt, mit Beibehaltung
der Syrischen Kultusform. Etwa 70,000 sind in
Verbindung mit dem Jakobitischen Patriarchen
in Antiochien. Die Hoffnungen auf die Evan-
gelisation der letzteren sind nicht inderaMaasse,
wie man sie einst meinte hegen zu dürfen,
verwirklicht worden. Indessen hat die Mission
neben dieser Aufgabe ein günstiges Feld unter
den niederen Kasten (zum Theil Sklaven), den
Chogans, Palaver und Parias, gefunden, von denen
nun schon zahlreiche Dorfgemeinden unter ein-
gebornen Predigern bestehen. Unsere Karte so
wie die Quellen reichten nicht aus, alle diese
Neben-Stationen, etwa 50 an der Zahl, zu ver-
zeichnen.
Das Gebirge, welches in seinem nördlichen
Theile ein noch wenig erforschtes Tafelland bil-
det, ist der Sitz wilder Stämme, der Arrier,
jedenfalls Abkömmlinge der UrbevölkeruDg, die
ihre Hütten in den Zweigen der Bäume bauen,
um mit den wilden Thieren den Wald theilen
zu können. Um Mundakayam hat die genannte
Gesellschaft unter denselben schon überraschende
Erfolge gehabt.
Noch grösser aber sind die Erfolge der Mis-
sion in Süd -Travancore und Tinevelly, bedeu-
tender als in irgend einer anderen Gegend In-
diens. In der ersteren Landschaft hat die Lon-
doner Missions- Gesellschaft seit 1805 (Ringel-
taube) namentlich unter den Schanars der Südecke
(wo vom Kap Comorin bis Neyoor die Bevöl-
kerung schon Tamulisch ist) so wie unter den
niederen Malayalim- Kasten*) eine Schaar von
20,000 Christen in etwa 200 Gemeinden ge-
sammelt. Leider konnten wir auch hier nur die
Hauptstationen angeben.
Wenden wir uns nunmehr den östlichen
Landschaften zu , die sich auf unsern Blättern
dargestellt finden, so haben wir das weite Ge-
biet der Tamulischen Sprache vor uns. Es ist
ausgedehntes Flachland , das durch die niedri-
geren und verhältnissmässig sanfter ansteigenden
östlichen Ghats mit dem Hochlande des Dekhan
verbunden ist. Fast in der Richtung dieser von
Südwest nach Nordost streichenden Gebirgszüge
sind aber vor denselben verschiedene zerrissene
Berggruppen hingebreitet, die sich beträchtlich
höher aus der Ebene erheben. Für die letztere
ist nach dem Meere zu die Deltabildung der
Flüsse charakteristisch. An Ausdehnung über-
trifft darin keiner den Kaweri, der nur einen
Theil seiner Wassermasse durch seinen Haupt-
arm (Coleroon , Kolerün) dem Meere zuführt,
während die übrige gegen Südosten und Süden
in mehreren Betten, die sich in ein Netz zahl-
loser Kanäle und Gräben verlieren, der weiten
Fläche eine unübertroffene Fruchtbarkeit ver-
leiht. Welch' ein Unterschied zwischen den
Wildnissen der Sunderbunds im Ganges -Delta
und hier den unabsehbaren grünen Reis- und
Zuckerrohr-Feldern, zwischen denen hinter Ba-
nanengärten versteckt und von schlanken Pal-
men überragt die zahlreichen Dörflein zerstreut
*) Diese wie jene sind einem rohen Däraonendienst
ergeben.
liegen ! Andere Theile des Tamulen-Landes sind
freilich auch steriler, indessen wird überall viel
Fleiss auf den Boden verwandt, wie die künst-
lichen Teiche zeigen, die, zur Ansammlung des
Wassers in der Regenzeit angelegt, namentlich
gegen Süden sich in grosser Menge finden. In
der trockenen Jahreszeit gewährt dort die Land-
schaft mit ihrem schwarzen Boden, von dem
längst alle Spuren von Wald verschwunden
sind, einen traurigen Anblick. Im Januar aber
ist Alles bereits mit grünen Baumwollenpflan-
zungen und wogenden Kornfeldern bedeckt. In
Tinnevelly muss diese Kultur zum Theil ver-
schwinden , namentlich auf dem rothsandigen
Landsti"iche längs der Küste, die dagegen wieder
mit Waldung bekleidet ist, mit Akaziengebüsch,
belebt durch das Girren von Tauben und das
Blöken der Schafheerden, die hier trotz Abwe-
senheit aller Weidegründe von den Blättern
ihre reiche Nahrung finden, so wie mit weiten
Palmenwäldern, in denen Hunderte von grünen
Papageien ihr Geschwätz treiben. Die Palmyra-
Palme giebt dem grösseren Theile der Bevölke-
rung hier ihre Arbeit, nämlich die Gewinnung
des aus dem Saft bereiteten Zuckers , welcher
ihre Hauptnahrung bildet. Es sind die schon
erwähnten Schanars, die sich damit befassen. Es
ist bekannt, wie auch hier das Christenthum
unter ihnen eine gute Stätte gefunden hat, und
schon kann man die Dörfer zu Hunderten zäh-
len , die anstatt des zerstörten Tempels mit
einem christlichen Kirchlein geschmückt sind.
Die Englisch-Kirchliche so wie die Ausbreitungs-
Gesellschaft haben diese Früchte ihrer Arbeit
sammeln dürfen, nachdem bereits die alte Hal-
lische Mission unter Schwarz die Aussaat zu
streuen angefangen.
Hindu-Tamulen, die sich von den Schanars
durch ihren Sanskritisch gefärbten Dialekt unter-
scheiden, giebt es in Tinnevelly nur in gerin-
gerer Zahl. In dem nördlich angrenzenden Ma-
dura mit seinem fruchtbaren Hügellande*) sind
dieselben, in mancherlei Kasten unterschieden,
stärker vertreten. Dort hat der Amerikanische
Board seine Mission, die als ein Spross der
älteren, auf Ceylon 1834 gegründet, sich bis
auf 14 Stationen ausgedehnt hat, mit Einrich-
tungen für die verschiedenen Zweige der Mis-
*) So ist wenigstens die westliche Hälfte zu bezeichnen.
sions-Thätigkeit. — Gegen Nordosten finden wir
den Schauplatz der ersten evangelischen Mission
in Indien , der Dänisch - Hallischen , mit ihrem
Centrum in Trankebar, die neuerlichst, durch
die lutherische Missions-Gesellschaft zu Leipzig
wieder aufgenommen, sehr ausgedehnte Erfolge
erlangt [westlich bis Coimbatur]. Ein anderer
derselben entsprossener Stamm ist die Angli-
kanische Mission, die beim Abblühen der Hal-
lischen mit der Society for Promoting Christian
Knowledge hier eintrat und später von der
Ausbreitungs-Gesellschaft (S. P. G.) übernommen
wurde. Von den Gemeinden, die ihren Ursprung
der lutherischen Mission verdanken , hat sich
eine Anzahl nun den Leipzigern wieder an-
geschlossen. Der confessionelle Unterschied hat
auf diesem Gebiete nicht geringe Bedeutung
erlangt. Die Wesleyaner haben in dieser Ge-
gend ihre Stationen, deren einige schon zu
Anfang der zwanziger Jahre gegründet wurden.
Weiter nach Norden begegnen wir im nörd-
lichen Arkat- (Arcot-) Distrikte der Mission der
Holländisch-reformirten Presbyterianer von Nord-
Amerika, die, früher in Verbindung mit dem
Amerikanischen Board, seit 1857 selbstständig,
in den letzten Jahren eine weite Ausbreitung
erfahren durfte , wie die angegebenen Aussen-
Stationen beweisen.
Madras ist eben so wie Kalkutta und Bom-
bay ein Sammelplatz für Missionare, der ver-
schiedenen Denominationen und Gesellschaften,
wie es denn meistentheils als Basis für die
Missions -Thätigkeit im südlichen Indien dient.
Zur Veranschaulichung der Lage der verschie-
denen Missions-Institute geben wir einen Plan
der Stadt, der des Raumes wegen auf No. 6
verlegt werden musste. — Den Hauptkern von
Madras bildet Blacktown, wo sich auch die ver-
schiedenen Missionen am meisten concentriren.
Die Hauptstrassen haben ansehnliche Häuser,
die Gässchen , welche sie verbinden , sind eng
und ».unsauber. Am Strande entlang sind eine
Reihe öffentlicher Gebäude und Comptoire. Nörd-
lich liegt die Vorstadt Royapuram, ein Complex
ärmlicher Fischerhütten mit schmutzigen Gassen.
Vepery und Pursawaukum (Parsavükam) sind
die besseren Stadtthcile, umgeben von den Gär-
ten und Villen der Europäer. Triplicane, süd-
lich vom Flusse Küm, ist das Viertel der
Mohammedaner, während in den übrigen die
Tamulische Bevölkerung bei beträchtlicher An-
zahl von Telugu vorherrscht.
In Royapettah liegt die Anglikanische Ka-
thedrale nebst dem Sitz des Bischofs von Ma-
dras, dessen Diöcese, die Präsidentschaft gleichen
Namens umfassend, 1835 vom Bisthum Kalkutta
abgelöst wurde.
Die Angaben über die verschiedenen Missio-
nen sind von dem Plane zu entnehmen. Sta-
tionen in der Nähe und Aussen-Stationen haben
namentlich die S. P. G., die Schottische Frei-
kirche und Staatskirche, so wie die Wesleyaner.
Schliesslich haben wir noch, um den Kreis
der evangelischen Missionen auf den vorliegen-
den Gebieten zu erschöpfen, die Londoner Sta-
tionen im Salem- und Coimbatür- Distrikt, so
wie die der Dänischen Missions-Gesellschaft in
der Nähe von Cuddalore zu erwähnen. Die er-
steren haben eine Reihe von Aussen-Stationen,
deren Namen und Lage zu erfahren (mit einigen
Ausnahmen) uns leider nicht gelungen ist.
Was die zahlreichen katholischen Missionen
in diesen Ländern betrifft , so verdanken sie
ihren Ursprung der rastlosen Thätigkeit des
Franz Xavier, durch die sich derselbe den
Namen des Apostels von Indien erworben hat.
Der Schauplatz seiner Arbeit war besonders die
sogenannte Fischerküste in der Gegend von Tut-
corin, am Golf von Manaar, um die Mitte des
16. Jahrhunderts; ihm folgten viele Jesuiten,
ohne jedoch das Werk mit stetigem Erfolge fort-
setzen zu können. Wie später an der west-
lichen Küste die römische Kirche aus den Tho-
mas-Christen grossen Zuwachs erlangte, ist be-
reits oben erwähnt. Zu Anfang des 17. Jahr-
hunderts ist Roberto dei Nobili mit seiner
Accommodations-Methode bemerkenswerth, die er
in Madura mit Erfolg ausübte, die aber später
durch päpstliche Dekrete verboten wurde.
So waren im Laufe der Zeit in Indien be-
reits grosse Schaaren eingeborner Christen ge-
sammelt. Je mehr aber die Portugiesen, welche
der Mission förderlich waren, ihren Einfluss
verloren — an manchen Orten durch die Hollän-
der mit kirchlicher Reaction verdrängt — , desto
mehr verfiel die römische Kirche unter den Ein-
gebornen. Die Gemeinden hielten zwar äusser-
lich fest an den Gebräuchen, durch die sie als
eine Kaste neben den anderen Kasten dastanden.
Den letzteren näherten sie sich in vielen Be-
ziehungen durch Zurücksinken in allerlei heid-
nisches Wesen. In einzelnen Gegenden wurde
zwar auch im vorigen Jahrhundert die katho-
lische Missionsarbeit mit Eifer fortgesetzt, doch
erst in neuerer Zeit ist dieselbe in höherem
Maasse belebt worden, als in weiteren Kreisen
bekannt geworden ist. Es war uns daher lieb,
nach offiziellen Quellen hier den gegenwärtigen
Bestand angeben zu können. Zu vielen der an-
gegebenen Stationen gehören zahlreiche Aussen-
Stationen, die unser Raum nicht zu verzeichnen
gestattete. Über das Besetzungsrecht der In-
dischen Bisthümer ist bekanntlieh zwischen der
Krone Portugal und dem päpstlichen Stuhle seit
etwa 30 Jahren ein Streit ausgebrochen , der
zu einem Schisma führte. Die unter dem Erz-
bischof von Goa verharrenden Gemeinden konnten
wir durch besondere Signatur angeben. (Über die
Vertheilung der Stationen unter die verschie-
denen Apostolischen Vikariate und die Grenzen
der letzteren sehe man die Ubersichts - Karte
No. 5 u. 6.)
Berichtigungen.
I'utaraaukam (11° — 79°) soll lieissen rutambaukum (Putanibäkam).
Kisfanaghi-y (12° — 78°) sollte als Römisch-kathoUscUc Station bezeichnet sein.
Caroor (10° — 78°) sollte als Wesleyanische Station bezeichnet sein.
Statt der grünen Unterstreichung bei St. Thomas Mount ist eine I)rauue zu setzen.
Beypoor (11° — 7.0°) sollte südlich vom Flusse liegen.
GOTHA JUSTrs PERTHES
N». 16.
Ceylon.
Die Insel Ceylon besteht aus einem Kerne
mächtigen Gebirgslandes, dessen dicht bewaldete
Kuppen und Kegelgipfel sich zum Theil mehr
als 7000 Fuss über die Mecresfläche erheben.
Hieran schliesst sich ein welliges Hügelland,
das sich nach Westen, Süden und Osten zu
einem mehr oder weniger breiten, niederen Kü-
stensaume herabsenkt. Gegen Norden dagegen
geht es in ein weithin gestrecktes Tiefland über,
dessen äusserster Theil, von Korallen aufgebaut,
durch vielverzweigte Lagunen in eine Gruppe
flacher Inseln aufgelost wird. Uberhaupt findet
sich diese Lagunen - Formation oft längs der
Küste, so dass sie mit Hülfe einiger Kanäle eine
ausgedehnte Biunenschifffahrt gestattet. — Ob-
gleich beide Monsuns die Insel befeuchten, findet
sich auf der erwähnten flachen Nordhälfte die
Fülle tropischer Vegetation nicht in dem Maasse,
als man sie erwarten möchte. Der dürre Sand-
boden ist vielmehr meistens mit einer Wildniss
von dornigem Gebüsch, Akazien und anderen
Bäumen von dünnem und spärlichem Wuchs,
so wie Euphorbien und fleischigen Strauch-
gewächsen bedeckt. Hie und da jedoch wech-
seln mit derselben weite Grasflächen ab. Da
und dort überragt ein einzelner Fels die Ebene,
einst durch kunstvolle Steinarbeit und Bau-
kunst in einen Tempel verwandelt, der nun in
Ruinen liegt, in deren Mauern Fledermäuse und
Schlangen hausen und der Bär sein Obdach sucht.
Selten bedient noch ein einsamer Priester das ver-
ödete Heiligthum. Eben so zeugen weite Städte-
ruinen von der vergangenen Herrlichkeit dieser
Gegenden, die jetzt nur spärlich bevölkert sind.
Der Ackerbau, der einst in Blüthe war, liegt jetzt
darnieder; die weiten, zur Bewässerung der Eeis-
felder angelegten Teiche sind verfallen, ihr ge-
ringes Wasser ruht unter der dichten Decke
(Jruudeiuanu : Uissionsatlaa. II, 2.
breiter Lotosblätter. — Ganz anders an den
Küsten so wie im ganzen südlichen Theile der
Insel. Die erstereu tragen den Schmuck der
Kokos-Palmen zu Tausenden, unter denen zahl-
reiche Städte und Dörfer sich zeigen, umgeben
von lichtgrünen Reisfeldern. Die Hügelzone
ist mit dichtem tropischen Urwald bedeckt, der
in den Thälern ebenfalls dem Reisbau gewichen
ist. Hier finden sich die einst so berühmten
Zimmetwälder, freilieh ohne den erfabelten Duft.
Der Wald weist uns eine Fülle mannigfaltig-
ster Blätter und Blumen, zwischen denen die
kletternden Schlingpflanzen die Stränge ihres
Netzes geflochten haben. Dort weilt der wilde
Elephaut nebst Rudeln von feisten Hirschen;
zwischen den Zweigen treiben Schaareu von
Afien und buntgefiederte Vögel ihr Wesen. In
den höheren Regionen wird der Wald oft plötz-
lich durch weite Matten unterbrochen , deren
frisches Gras, nachdem vor dem Regen das alte
verbrannt war, den Viehheerden Weide giebt.
Doch für weitere Kultur sind diese sogeuannten
Patenas, wie es scheint, verloren. Dieser muss
der Urwald weichen, an dessen Stelle jetzt in
weiten Distrikten um Kandy üppige Kaft'ee-
pflanzungen getreten sind.
Diese Gegenden blieben am längsten die
Wohnsitze der Urbewohner Ceylon's, der Yak-
kos und Nagas, roher Jägervölker mit Dämonen-
(resp. Schlangen-) Dienst. Von den ersteren
haben sich noch jetzt Reste , die sogenannten
Weddas , erhalten , die zum Theil in Dörfern
am Strande, nördlich von Batticaloa, wohnend
einigermaassen Kultur angenommen haben, zum
Theil in den Bergen und Wäldern nach ihrer
alten Weise leben. Ein Versuch der Regierung
(1840 — 1845), die letzteren mit Hülfe der Wesl.
Mission an ein sesshaftes Leben zu gewöhnen,
29
ist mislungen. Die nördliche Ebene dagegen
wurde seit dem 6. Jahrhundert vor Chr. von
Bengalischen Einwanderern in Besitz genommen,
die sich langsam mit den Urbewohnern zu der
Singhaie sischen*) Nationalität amalgamirten. Es
entstand ein weites Reich mit der Hauptstadt
Anarajapura, dessen Herrscher über viele Vasal-
len gebot, unter denen sich auch eingeborne
Geschlechter befanden. Dasselbe erreichte bald
eine nicht geringe Blüthe, deren übrig geblie-
bene Spuren bereits erwähnt sind, und dehnte
sich allmählich über die ganze Insel aus. Ein
und dieselbe Dynastie herrschte acht Jahrhun-
derte hindurch (seit 307) als eifrige Vertreterin
des damals eingeführten Buddhismus, durch den
Ceylon seinen eigenthümlichen, in den zahlrei-
chen Dagobas**) und dem Bo - Baum noch
heut zu Tage tretenden Charakter erhielt. Schon
früh aber drangen vom Festlande Schaaren von
Tamulen ein, zuerst von Singhalesischen Herr-
schern selbst als Söldner herbeigerufen, die all-
mählich an Macht gewinnend jene nach und
nach zur Verlegung ihrer Hauptstadt nach Süden
zwangen, bis sie zuletzt zu Kandy in den Ber-
gen einen sicheren Sitz für ihre geschwächte
Herrschaft suchten.
Die Tamulen hatten zunächst um Jaffna ein
selbstständiges Reich gebildet. Nach und nach
aber kam die ganze Nordhälfte der Insel in
ihre Hände, so dass in diesen Gegenden noch
jetzt Tamulische Sprache so wie brahmanischer
Gottesdienst überwiegend herrschen, obwohl letz-
terer vielfach vermischt ist mit dem alten Dä-
monendienst, den auch der Buddhismus noch
nicht auszurotten vermocht hatte. Die Grenz-
linie des Tamulischen und Singhalesischen Ge-
bietes zieht sich von der Mündung des Dedrü
*) Sihala oder Singhala hiess das von den Einwan-
derern gegründete Reich, woher der Name Ceylon (Silon).
In den meisten Indischen Sprachen heisst die Insel Lanka.
**) Kuppelartige , von einer Spitze überragte Heilig-
thümer, aus Backsteinen gebaut, die nur zur Aufbewah-
rung von Buddha's Reliquien dienen.
**") Ficus religiosa, der heilige Baum des Buddhismus.
Oya nach Norden in weitem Bogen um das
Gebirgsland bis zum Ende der Lagunen südlich
von Batticaloa *).
So trafen die Portugiesen die Verhältnisse,
als sie 1505 zuerst eine Niederlassung auf Cey-
lon gründeten und bald die ganze Westküste
in ihre Gewalt brachten. In diesem ihrem Ge-
biete gelang es ihnen in ausgedehntem Maasse
das Christenthum auszubreiten, das namentlich
Franz Xavier unter den Perlenfischern bei Ma-
naar mit Erfolg verkündete. Um 1636 rief der
Singhalesische König von Kandy die Holländer
gegen die Portugiesen zu Hülfe. Diese wurden
verdrängt, jene aber gewannen nur einen um
so weiteren und tieferen Einliuss. Sie Hessen
sich alsbald die Bekehrung der Eingebornen
zum reformirten Bekenntniss, freilieh in nicht
weniger äusserlicher Weise, als die Katholiken
es ihrerseits gethan hatten , angelegen sein.
Auch die Bekehrten der letzteren sollten mit
Gewalt zum Confessionswechsel bewogen werden.
Bei vielen gelang es, doch blieben auch manche
standhaft, so dass damals 70,000 Katholiken
gezählt wurden. Diese Zahl hob sich aber später
bei Gestattung der Religionsfreiheit sehr bald
so, dasB in den beiden Bisthümern Colombo und
Jaffna**) heute noch über 156,000 Glieder der
katholischen Kirche vorhanden sind, was etwa
9 Prozent der Gesammtbevölkerung von Ceylon
beträgt. In wie weit dieselben aber nur den
Namen beibehalten und ins Heidenthum zurück-
gefallen sind, ist schwer zu sagen. Erst in
neuerer Zeit sind wieder ernstere Anstrengungen
für katholische Mission auf Ceylon gemacht
worden, und zwar im Apostolischen Vikariate
Colombo durch Benediktiner so wie PP. der
Congregation des heiligen Philippus Neri , zu
Jatfna durch Oblaten der Unbefleckten Jungfrau.
*) Ausserdem gjebt es auf Ceylon seit alter Zeit viele
Arabische und Malayische Ansiedler, die den Islam ver-
treten, so wie Afrikanische (Käfern vom Zambesi), durch
die Portugiesen zum Kriegsdienst herübergebracht, Chi-
nesen und andere Orientalen.
**) Gebildet 1838, resp. 1849.
Die äusserlichen Erfolge der Holländer scheinen
noch bedeutender gewesen zu sein. Schon 1688
zählten sie 180,000 Getaufte, fünfzig Jahre
später 300,000. 1795 -wurden die Engländer
Herren von Ceylon, die sich 1815 mit der Erobe-
rung Kandy's die ganze Insel unterwarfen. Sie
gestatteten völlige Religionsfreiheit, ohne für
die gesammelten protestantischen Gemeinden
irgendwie zu sorgen, deren Glieder daher bald
schaarenweise zum Heidenthum zurückkehrten.
Unter den 150,000 aber, die den Christennamen
beibehielten, riss bald wieder viel heidnisches
Wesen ein.
Seit 1813 wurde die evangelische Mission
durch Englische Baptisten belebt, denen bald
die Wesl. Methodisten, die Ausbreitungs-Gesell-
schaft und die Englisch-Kirchliche Gesellschaft
folgten, alle unter den Singhalesen, die letztere
zu Kandy beginnend, die anderen zu Colombo
und an anderen Orten der West- und Süd-Küste,
die Methodisten auch gleich Anfangs an der
Ost-Küste zu Batticaloa und im Norden zu Jaffna
unter Tamulen. An letzterem Orte gründete
1816 der Amerikanische Board unter dieser Be-
völkerung sein ausgedehntes Missionswerk, dem
bald auch die Englisch - Kirchliche Gesellschaft
zur Seite trat. In Verbindung mit diesen Be-
strebungen waren 1862 15,273 Bekehrte, unter
ihnen 385'J Communikanten. Trotz der bedeu-
tenden Schwierigkeiten, die der christlichen
Mission aus dem Buddhismus erwachsen , der
sich in neuerer Zeit mit den Waffen Europäischer
Wissenschaft und ihrer Kritik vertheidigt und
dafür die Presse benutzt, sind diese Zahlen in
1
: den letzten fünf Jahren jedenfalls nicht un-
j bedeutend gestiegen, da die S. P. G. einen Zu-
j wachs der mit ihr verbundenen eingebornen
i Christen von 3231 auf 7419, die Ch. M. S.
i den der Communikanten von 492 auf 742,
eben so die Baptisten den ihrer Mitglieder von
i 437 auf 900 angeben, wenn auch die Anzahl der
Methodisten nach ihren Jahresberichten in Folge
mancher Schwankungen im Ganzen von 2188
i
[ auf 1562 gesunken ist. — Es mag noch erwähnt
werden, dass in den Centrai-Provinzen (Kandy)
die Arbeit sich insbesondere auf die zu Kaffee-
bau in neuerer Zeit übergesiedelten Tamulischen
Kulies (150,000 bis 200,000 an Zahl) bezieht,
unter denen namentlich die Ch. M. S. wirkt.
Der alten, noch aus der Holländischen Zeit
bestehenden Gemeinden hat sich die Schottische
(Staats-) Kirche angenommen in Verbindung mit
ihrer Kolonial - Mission unter den auf Ceylon
I lebenden Schotten. Die betreffenden Orte sind
j auf der Karte angedeutet. In einigen dieser
I Gemeinden wird auch durch Schulunterricht
christlicher Einfluss auf die umgebenden Heiden
gewonnen.
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Ejuß. Bofjt.mss. Sbr 14
7i^9Sion misser Yrrtjrnilunij mit einer OcseRsrhaB- l)
Rounsr], CoOludsrhC MtS.viOTi
ybifBarneo bedeutet
N". 17. Hinter-Indieu mit dem Indisclien Archipel.
Hiuter- Indien kanu man sich vorstellen als
Vermittelungsglied dreiei' verschiedener Gebiete
und ihres eigenthümlichen Wesens. Es ist das
eigentlich fndische, das in den beiden letzten
Abschnitten dieses Werkes dargestellt wurde,
ferner das Chinesische und endlich das Malaio-
pelagische, welchem letzteren die folgenden Blätter i
gelten. Wiewohl der Ausdruck nicht allgemein |
gebraucht wird , möchte er doch sehr geeignet
sein, das in Rede stehende (Jebiet zu charak-
tei'isiren und den Gegensatz gegen jene beiden .
anderen anzudeuten. Nicht mit einer compakten
Landesmasse, wie bei Indien und China, son-
dern mit einem luselmeer haben wir es hier zu
thun. Freilich bestehen mehrere dieser Inseln
selbst aus ausgedehnten Strecken mit Gebirgs-
!
land und Hochplateaux, so wie weitem Alluvial- !
Flachland ; doch es bilden hier überwiegend die
Küsten, oder (wie auf Borneo) der untere Lauf
grosser Ströme, den Schauplatz des eigenthüm-
lichen Lebens , dessen Träger die Malaien sind.
Ausgegangen von Sumatra, wo ihr Stamm-
land Menangkabau am Fusse der Vulkane Sin-
galang und Merapi liegt, haben sie sich auf der
nach ihnen benannten Halbinsel Mäläka nieder-
gelassen, wo sie, namentlich seitdem sie im 1.3. i
Jahrhundert den Islam angenommen, zu grosser |
Macht gelangten. Als fanatische Anhänger des
letztern haben sie sich nun allmählich durch
den ganzen Archipel verbreitet, überall an den
Küsten Niederlassungen gründend. Dabei wurden j
die weniger entwickelten Eingebomen theils assi- ;
milirt, theils in die Berge zurückgedrängt, wo '
sie auf lange Zeit den Einflüssen des Weltver-
kehrs fern gerückt blieben. Nur wo eine selbst-
ständige Entwickelung des Islam Statt fand, gilt
das Letztere nicht, wie auf Java und zum Theil
Sumatra. Die betreffenden Völker aber sind selbst
Gi iimleiminn : Mi.isiunsatlat. I, 4.
den Malaien verwandt und ihrer Natur nach
wie diese ein geeigneter Zunder, in dem der Funke
nuihammedanischer Lehre bald zünden musste.
Jene zurückgedrängten Stämme aber scheinen
eine besondere ethnographische Gruppe zu bilden,
obgleich hier die Foi'schung noch viel aufzu-
klären hat. Ein eigener Name für dieselbe ist
nicht vorhanden. Auf Sumatra gehören die Bä-
taks dazu, auf Borneo die Daj'aks , auf Celebes
und den Molukkeu die Alifuren. Die Religion
zeigt sich überall unter ihnen als Geisterdieust.
Allen ist eine Wildheit eigen , die sich vom
Kopsnellen bis zum sanktionirten Kannibalis-
mus steigert. Ackerbau und Viehzucht wird
getrieben, doch meist nicht mehr, als das nächste
Bedürfniss erfordert, daher bei der sehr dünnen
Bevölkerung**") die üppig gedeihende Vegetation
wenig das Gepräge der verändernden Menschen-
hand trägt. Dadurch ist der Charakter der Land-
schaft bedingt, mit deren tropischer Fülle nur
etwa Brasilien und West-iudien wetteifern sollen.
Herab von deii bewaldeten Kuppen , zwischen
denen hie und da ein vulkanischer Kegel seine
Rauchwolke kräuselnd zum tiefblauen Himmels-
zelt sendet, oft bis ans Ufer ist Alles weit und
breit bedeckt mit dichtem Wald , in dem kräf-
tige Schlingpflanzen , lei(;ht durch das Gezweig
kletternd, ihre undurchdringlichen Netze gewoben
haben. Da und dort gewahren wir jedoch nicht
fern vom Strande Spuren menschlicher Wohn-
sitze, majestätische Palmen •■'**), die ihre Wi])iel
*) Der Terinmus technicu.s für die Sitte, nach welcher
Einer dem Andern mit, oft auch ohne Veranlassung auf-
lauert und den Kopf abschlägt.
.**) 'Hm Java maclit eine Ausnahme, für das mit sei-
ueu geförderten Kulturen deshalb die weitere Schilderung
nicht zutrift't. (Vergl. zu No. 21.)
***) Meist die Kokos- Palme, Klapperboom, nach dem
XEalaiischcn kalapa.
31
gemessen in den das Klima so mildernden regel-
mässigen Winden wiegen. Dort liegt der Kam-
pong*), eine Anzahl Häuser, aus Bambu auf
Pfählen gebaut, hinter dem sich am Ufer eines
Flüsschens lichtgrüne Reisfelder ausbreiten. Bei
grösseren Orten fehlt in der Regel nicht die
Chinesische Niederlassung mit ihren weissen
Häuschen mit rothen Dächern. Auf vielen In-
seln (namentlich im Westen von Borneo) haben
die Chinesen sehr ausgedehnte Kolonien, spora-
disch aber finden sie sich durch den ganzen
Archipel verbreitet als Kaufleute, namentlich
Üpiumhändler. Sie halten überall an ihrer väter-
lichen Sitte und Religion fest. Neben ihnen giebt
i!S mehrere Stämme, die ebenfalls in diesen Ge-
wässern sich aller Orten zerstreut finden: ein
besonderer Zweig der Malaien, Orang-laut (Was-
serleute) genannt, und die Orang - biadju, deren
Ethnographie noch nicht bestimmt zu sein scheint.
Beide leben und sterben auf dem Wasser, wo
sie ihre auf Flössen ruhenden Häuser haben.
Die Bugginesen (vergl. No. 23) lassen sich auf
dem festen Lande nieder. — Einige wenige sol-
cher Kampongs, wie die eben beschriebenen, bil-
den oft ein Reich, an dessen Spitze, bei patriar-
chalischer Verfassung, ein Radja steht. Ein Theil
der Unterthanen pflegt aus Sklaven zu bestehen,
unter denen gewöhnlich viele Pandelingen sind,
die durch Schulden ihre Freiheit verloren. Einen
charakteristischen Zug für das Leben im Archi-
pel dürfen wir nicht vergessen : die Seeräuberci,
ausgeübt von wohlorganisirten Piratenbanden,
die indessen durch Holländische Anstrengungen
immer mehr in Schranken gehalten werden.
Mit der Entdeckung des Seeweges nach In-
dien begann der Archipel seine Anziehungskraft
auf die Europäer zu äussern. Die Portugiesen
hatten bald eine ergiebige Herrschaft erlangt,
die ihnen im 17. Jahrhundert durch die Hol-
*) Gewöhnlicher Ausdruck für Dorf, Ortschaft; im
östlichen Tlioilo des Arcliipols scheint der Ausdruck No-
gery vorzuhcrrsclicu , der nichts mit Neider, sondern nur
mit dem Indischen na(,'ar (Stadt) zu thun hat.
länder abgenommen wurde. Über die Art der
Mission, welche damit Hand in Hand ging, siehe
zu No. 24. Jetzt gehört — mit Ausnahme der
Philippinen, die seit 300 Jahren im Spanischen
Besitze sind, eines Theils von Timor, der den
Portugiesen verblieb, und einiger unabhängiger
muhammedanischer Reiche — der ganze Archi-
pel*) den Holländern, obwohl viele Theile des-
selben vom Holländischen Einflüsse noch gar
nicht berührt sind. Derselbe, auf Java concen-
trirt, erstreckt sich demnächst auf Amboina,
Banda, die Minahassa, Makassar und einige
Theile von Sumatra.
Auf diesen Gebieten, obgleich dieselben nicht
insgesammt unter unmittelbarer Holländischer
Verwaltung stehen, wird ausgedehnte Produk-
tion von Reis, Zucker, Kaffee (Java), Gewürz-
nelken (Amboina) und Pfeffer (Sumatra) getrie-
ben. An den anderen Orten beschränkt sich die
Kolonialgewalt darauf, Produkte, die keine Kul-
tur erfoi-dern, wie Kampfer, Rotang (Spanisches
Rohr) &c., von den Eingebornen herbeischaffen
zu lassen.
Über die Kolonialpolitik vergl. zu No. 21.
Aus derselben ist erklärlich, wie die Sache des
Christenthums in diesen Ländern zurückgeblieben
ist, während die Missionare des Islam, fanatische
Hadjis**')i überall mit Erfolg geschäftig die
Lehre ihres Propheten verbreiten.
Erst in neuerer Zeit scheint die Kolonial-
Regierung, etwas weniger ängstlich, der Mission
einen weiteren Spielraum zu gewähren, und ein
seit einem Jahrzehnt erwachtes neues Missions-
Interesse in Holland, dem fünf neue Missions-
Gesellschaften ihre Entstehung verdanken, beeilt
sich, denselben zu benutzen. Die ältere Rot-
terdamer Missions-Gesellschaft so wie die Rhei-
nische sind schon länger in Thätigkcit, und ver-
*) Nur Labuan, die Englische Kohlon-Station, und das
Reich des Hadja ürooko, das sich an dieselbe auschliesst,
haben wir noch auszunehmen.
**) Diese Mekka -ril^or zälilcn nach Tausenden und
jährlich mehrt sich ilirc Zahl.
einzelto Gossaer- Brüder, zum Theil im Dienste
der Regierung, sind hie und da thätig, während
die Englische Ausbreitungs-Gesellschaft in Sara-
wak mit angreift.
Alle diese Kräfte sind aber bei weitem nicht
der Aufgabe gewachsen. Und doch ist hier ein
Missionsfeld so einladend, so baldiger Hülfe be-
dürftig wie wenig andere. Mehrere Millionen
Heiden harren der Verkündigung des Heils. Es
sind lebensfähige Stämme, die einen besonders
fruchtbaren Boden für den Samen des Evange-
liums bilden. Nicht wie die Südsee -Insulaner
müssen sie in der elften Stunde noch gerufen
werden, um nur vor ihrem nahen Aussterben
noch des Heilands Gnade zu erfahren, sondern
in ihnen kann dieselbe eine Lebenskraft werden,
aus der ein erneuertes kräftiges Volksleben mit
tüchtiger Entfaltung socialer und politischer
Kräfte hervorgehen möchte. Viele aber werden
mit jedem Jalu'e, ehe die bessere Hülfe erscheint,
in den Schlingen des Islam gefangen, der sie in
die tiefe Entsittlichung verstrickt, wie sie den
Keim zum Verderben eines Volkslebens in sich
trägt.
Manche Missious-Gesellschaft wählt sich eine
harte Arbeit unter Völkern, in denen eine heid-
nische Kultur durch lange, still wirkende Ein-
flüsse der Europäischen erst zertrümmert werden
muss, ehe ein geeigneter Boden für die christ-
liche Mission in ausgedehnterem Maasse vor-
handen ist. Sicher würde die Arbeit auf diesen
Inseln viel erspriesslicher sein. Auf jenen Ge-
bieten hat man über 20 oder 50 Jahre noch
dieselbe, wo nicht bessere Gelegenheit, — hier
dagegen ist Gefahr im Verzuge.
Holland freilich arbeitet jetzt verhältnissmäs-
sig viel, und andere Gesellschaften, mit Ausnahme
der Rheinischen, werden nicht zugelassen. Doch
könnten Englische und Amerikanische Mittel
durch bestehende Holländische Gesellschaften
sich leicht dieser Völker annehmen. Eine Mis-
sion, die mit solcher nationalen Selbstver-
leugnung das Reich Gottes zu jenen Inseln
brächte, dürfte sicher auf des Herrn Segen
hoffen.
Die Strasse von Malaka bietet in den Bri-
tischen Besitzungen geeignete Plätze für die
evangelische Mission. Namentlich Malaka selbst,
eben so aber auch Pulo Pinang und Singapur
wurden benutzt , den Chinesen , die auch hier
zahlreiche Kolonien haben, nahe zu kommen,
ehe China selbst zugänglich war. Die Malaien
wurden weniger ins Auge gefasst. Nach der
Öffnung China's wurden die Stationen dorthin
verlegt. Noch jetzt aber sind Missionare ausser
Verbindung mit einer Gesellschaft dort thätig.
Auch hat die Ausbreitungs-Gesellschaft in neue-
rer Zeit in Singapur eine Station gegründet.
Einige besondere Bemerkungen sind ferner
über die Philippinen hinzuzufügen , mehr als
400 bewohnte Inseln und Inselchen , die , ob-
wohl dem Malaiischen in vielen Beziehungen
verwandt, einen Archipel für sich bilden. 15'21
von dem kühnen Magellan entdeckt, erhielten
ihre Bewohner schon damals die ersten Ein-
drücke des katholischen Kultus. Doch vergingen
fast 50 Jahre, bis die Spanier, in der Absicht,
dieselben zum Christenthum zu bekehren, die
Inseln in Besitz nahmen und Kolonien gründe-
ten, von denen aus Augustiner, Franziskaner und
Dominikaner mit Eifer und grossem Erfolg die
Missionsarbeit trieben. Später kam das Werk
vorwiegend in die Hände der Jesuiten, die durch
ihre Einmischung in Handel und Kolonial- Verwal-
tung, so wie durch äussere Gewaltmaassregeln
gegen rückfällige Eingeborne &c. demselben wenig
förderlich waren. Nach Beseitigung derselben
waren hauptsächlich Dominikaner auf den Phi-
lippinen thätig. Doch scheint nach verschiedenen
Berichten gegenwärtig die Mission dort wenig
in Blüthe zu stehen, obgleich über 3 Millionen
Eingeborne sich als Christen bekennen*), die
*) Manila ist Sitz eines Erzbischofs , unter dem die
Bischöfe von Nueva Segovia, Nueva Caceres und Zebu
stehen.
abei' uebcu den katholischen Formen ziemlich
viel von ihrem alten Heidenthum beibehalten
haben. Sie werden Tagalen genannt und sind
wahrscheinlich stammverwandt mit den Alifuren.
Doch nicht Alle haben sich bekehrt. Verschie-
dene Stämme, vermuthlich mit einer Seelenzahl
von 1 Million, haben sich in die Berge zurück-
gezogen, wo sie, von den Spaniern Indios ge-
nannt, meist wenig belästigt leben. Auf Luzon
rechnet man 200,000, auf Mindanao 800,000.
Ausserdem aber giebt es in den unzugänglichsten
Theilon, besonders der beiden genannten Inseln,
etwa 25,000 Negritos (Austral - Neger , Papuas;
vergl. Polynesien No. 1), wie sie sich noch,
ausser in Neu-Guinea, auf den Andamaneu fin-
den und auch im Innern der Halbinsel Malaka*)
und vielleicht Borneo's vorhanden sein sollen. Sie
scheinen der Mission noch ganz fremd geblieben
zu sein.
Endlich haben wir hier noch eines anderen,
erfreulicheren, katholischen Missionsfeldes zu ge-
denken, das unsere Karte zeigt: Anuam, das,
von Märtyrerblut getränkt, gewiss auf die Theil-
nahme eines jeden Christen rechnen darf. Unter
jene Indo-Chinesi sehen Völker (vergl. zu No. 18)
wurde im Laufe des 17. Jahrhunderts durch
Jesuiten (Franzosen, seit Stiftung der „Congre-
galion für auswärtige Missionen" meist mit dieser
*) Unter dem Namen Samangis.
in Verbindung) und 'Dominikaner (Portugiesen
und Spanier) das Christenthum in erfolgreichster
Weise eingeführt, trotz mancher schweren Ver-
folgung und unglückhcher, aus Portugiesischen
Ansprüchen entstandener Patronatsstreitigkeilen.
In dem nördlichen Theile, Tongking, dessen
östliche Hälfte den Dominikanern übertragen ist,
sollen in den ersten 1.3 Jahren 82,000 Bekehrte
getauft worden sein, während in dem südlichen,
Cochinchina, die Zahl derselben diese Höhe
nicht erreichte. Zeitweise waren die politischen
Verhältnisse der Ausdehnung der Gemeinden
günstig, doch blieben die Missionare dann öfters
nicht frei von einer Einmischung in dieselben,
welche eine Reaktion mit den grausamsten Ver-
folgungen hervorrief. Die ganze weitere Geschichte
dieser Mission ist überhaupt eine Kette von Ver-
folgungen, die trotz eines von Frankreich und
Spanien erzwungenen Dulduugsvertrages im In-
nern noch jetzt fortdauern und aus denen viele
Beispiele edelster Standhaftigkeit und Märtyrer-
freudigkeit berichtet werden. Trotz aller auge-
wandten Mittel ist es keineswegs gelungen, die
Christenzahl zu vermindern, vielmehr ist dieselbe
fortwährend gewachsen und beträgt nach den
neuesten Angaben (nach dem Madras Catliolic
Directory, 18G8) über 1,280,000 mit 53 Euro-
päischen Missionaren und 205 Nationalpi-iestern.
Die Apostolischen Vikariatc siud auf der
Karte selbst angegeben.
Amen N? 19.
N**. 18 u, 19. Birma und Siara.
Diu vurlicgeiiden Blätter sttdlco uns die Indo-
chinesischen Gebiete dar, so weil dieselben bis-
her Schauplatz evangelischer Missionsthätigkeit
geworden sind. Im Norden ist die sie umfas-
sende Hinter-Indische Halbinsel von jenen mäch-
tigen Gebirgssystemen eingehegt, die nach We-
sten zu mit dem Himalaja zusammenhängen und
gleicherweise sich bis jn die Regionen des ewigen
Eises erheben. Von diesen streichen mehrere,
immer noch bedeutende, Ketten gegen Süden (wie
die westlichen und östlichen Yomadoung), breite
Ebenen zwischen sich führend. Zahlreiche Bäche
winden sich durch die letzteren den mächtigen
Strömen*) zu, welche majestätisch dahin ziehen,
bis sie in viel gespaltener Deltabildung das Meer
erreichen. Es ist ein herrlicher Blick, von einem
der Vorhügel jener Ketten über die unabsehbare
Fläche mit üppiger Vegetation nach rechts und
links zu schauen, durch die sich wie ein breites
Silberband in gemessener Bewegung der Strom
schlingt; an seinen Ufern grosse Städte, über-
ragt von den Kuppeln und Spitzen buddhistischer
Pagoden, jenseits die dunkelblauen Berge, wie in
Duft gehüllt. Nach der anderen Seite gewandt,
gewahrt man dagegen ein wellenförmig bis zu
den Gipfeln aufsteigendes Gebirgsland, von dich-
tem Urwald überzogen, über den hie und da
eine Rauchsäule die einsame Lage eines Dorfes
andeutet. Dort hausen verschiedene Stämme,
deren Unterschied von den vorherrschenden Ebe-
nenbewohnern , namentlich in Birma , und mit
Hinsicht auf die Mission charakteristisch ist.
Gemeinsam haben beide jenen oben angedeuteten
Indo - Chinesischen Typus. Die Verwandtschaft
mit China tritt besonders in den agglutiniren-
*) Irawaddi, Sittang, Monam, während der SalwSn
seine Bahn durch eine engere Gobirgsspalte gebrochen hat.
Grumiemann: Missionsatlas. I, 4.
den"*) Sprachen hervor, die hier indessen mit
alphabetischen , aus Indien entiehnlen Zeiclicu
geschrieben werden. Der Hauptunterschied be-
ruht auf der verschiedenen Kulturstufe. In der
Ebene ist der Buddhismus mit seiner eigen-
thümlichen Kultur seit vielen Jahrhunderten hei-
misch, während auf den Bergen (wie in den
nördlichsten Gegenden überhaupt) sich ein roher,
unbestimmter Dämonen- [Nat-] Kultus erhalten
hat. Die Anhänger desselben sind entweder
sanfte, von den herrschenden Buddhisten seit
langer Zeit unterdrückte Völkchen, wie die Ka-
renen, oder wilde Stämme, wie die Rothen Ka-
renen'**) (Karen -ni), die muthig ihre Freiheit
aufrecht erhalten haben. In Siam sind auch die
Bergbewohner mehr oder weniger einem, jedoch
sehr mit anderen heidnischen Elementen ver-
setzten Buddhismus zugethan. Überhaupt ist
derselbe in Hinter- Indien keineswegs rein er-
halten, trotz der Tausende von Klöstern (Kyoungs),
in denen Schaaren von Mönchen wohnen, die
allein der Religion zu leben vorgeben, ernährt
von dem Eifer des Volks, das mit diesen ver-
dienstlichen Werken das Heil zu erwerben meint.
Durch derartige Leistungen wird aber jener die
Buddhisten bezeichnende Stolz erzeugt, mit dem
sie sich über die Bekenner anderer Religionen
weit erhaben dünken und der christlichen Mis-
sion so grosse Schwierigkeiten machen. Die frü-
hesten Anfänge der letzteren von katholischer
Seite reichen bis ins 17. Jahrhundert zui-ück
(Pegu, Siam). Mit abwechselnden Zeiten der
Verfolgung und der Duldung sind diese Arbeiten
von den Jesuiten (?) und der Congregation für
*) Aus lauter einsylbigon, nicht flektirten Wörtern be-
stehend.
**) Nach den rothcn Beinkleidern genannt.
32
aiiswürtigo Missionen bis in die neuesten Zeiten
fortgesetzt wordoji.
Die evangelische Mission aber hat hier wie
auf anderen Indischen Gebieten ihre Wurzeln
in Seramimr. Einige Jahre (1811 bis 1814*))
wirkte der jüngere Dr. Carey in Birma. Darauf
trat Judson ein, der mit Recht als Apostel Bir-
ma's bezeichnet wird. So lange kein Britischer
Besitz in diesen Gegenden vorhanden war, blieb
die Mission sehr beengt, obgleich der tyranni-
sche König (damals in Ava, S2>äter wurde Ama-
ra])ura und neuerlichst Maudalay [-leh] die Resi-
denz) einen Missiousarzt begünstigte. Im ersten
Birmanischen Kriege wurden Arakan und Te-
nasserim von den Engländern erobert (1826)
und alsbald Moulmein zum Centrum der Birma-
nischen Mission gemacht. Zwei Jahre später kam
die letztere zuerst mit den Karcnen, einem da-
mals fast ganz unbekannten Volksstamme, in
Berührung, unter denen sie überraschend schnelle
Erfolge cri-eichen sollte. Eine Bewegung unter
diesen Waldbewohnern jjflanzte sich bald durch
ganz Tenasserim fort bis Mergui hin. Auch in
dem noch Birmanischen Pegu war diess der Fall.
Da dort eine Station nicht angelegt werden
durfte, so wurde Sandoway der Sitz der betref-
fenden Thätigkeit. Im zweiten Kriege gewannen
die Engländer dann auch Pegu und damit wurde
Rangun die Hauptstadt, das Centrum der Mis-
sion , von wo aus die auf der Karte angegebe-
nen Stationen gegründet wurden.
Damit verloren die Stationen in Arakan an
Bedeutung und wurden, da auf den anderen Fel-
dern die Kräfte maugelten , von der Amerika-
nischen Baptist Union aufgegeben. Die kleine
Gemeinde in Akyab wii'd gelegentlich von Chit-
tagong aus besucht.
*) Gleichzeitig wurde die. Mission in Chittagonj; bo-
j^onncn, das aber in vielen Beziehungen noch zu Bengalen
zu rechnen ist. Nur die Mugs [Mughs , eigentliche Ara-
kaner] sind dort neben Hindus und Muhanimedaneru An-
hänger des Buddhismus. Dieses fehl ist trotz der langen
Bearbeitung auch bis jetzt für das Evangelium noch recht
wenig fruchtbar geblieben.
' Es ist vielleicht das gesegnetste unter allen
Missionsfelderu, das wir hier vor uns haben. In
wenigen Jahrzehnten wurde eine Schaar von Pre-
digern herangebildet, tüchtige, zum Theil bedeu-
tende Männer, welche in treuer Arbeit auf be-
I
j schwerlicheu Missionsreisen die gesammelten Ge-
j meinden verpäegen und zugleich in den Schulen
I als Lehrer wirken oder unermüdlich weiter
I durch die engen, pfadlosen Thalschluchten und
durch das Dickicht der unzugänglichen Berge
ihre Wege suchen , um den noch heidnischen
Volksgenossen das Heil zu verkündigen. Schon
vor fünf Jahren zählte man 58, ()()() bekehrte
Karenen. Seitdem liegen keine allgemeinen An-
gaben vor, doch lässt sich ein fortwährender
Zuwachs wahrnehmen.
Es war unmöglich, alle Aussen-Stationen auf
unseren Blättern zu verzeichnen. Zu Toungu
gehören z. B. 130 bis 140 solcher christlichen
Dörfei". Wir mussten uns dalier mit Angabe der
bedeutendsten begnügen. Zu diesem Zwecke
waren die betreft'enden Materialien von den an-
deren Stationen gütigst geliefert. Nur über Bas-
sein war es uns nicht möglich, noch rechtzei-
tige Angaben zu erhalten, und wir konnten nur
einige der mehi* erwähnten Aussen-Stationen an-
führen.
Dort wie zu Rangun hatten wir eine Spal-
tung der Karenen -Mission anzugeben. Einige
Missionare waren wegen Differenzen über Ver-
waltungs-Angelegenheiten aus dem Dienste der
! Baj)tist Union ausgetreten und wurden fortan
von der Free Mission Society unterhalten. Auf
beiden Stationen war die Arbeit unter den
Sgaus*) ihnen zugefallen, während die Pwos
(Pghos)"') den Missionaren, der Baptist Union
verblieben. In Bassein erscheint diese Spaltung
*) Zwei ziemlich verschiedene Stämme, die ihre eigenen
Sprachen haben, aber nicht auf scharf getrennten Gebieten
leben. Im Norden bei Toungu heissen die Sgaus Paku.s,
I während dort die Bghais .ilcn Pwos entsprechen. Nur in
, geringerer Zahl linden sich ICarcnen, die mehr oder we-
niger den Buddhismus angenommen haben, und zwar lie-
i sonders im llangun- und Basscin-Distrikt.
jetzt durch das brüderlichste Zusammenarbeiten
fast beseitigt.
Ganz getrennt von diesem Werke ist die
Birmanen - Mission der letzteren Gesellschaft,
welche die buddhistischen Talains (Talengs, die
Hauptbevölkerung von Pegu) und die eigent-
lichen Birmanen ins Auge fasst. Hier sind
bei weitem nicht ähnliche Erfolge zu berichten,
obgleich doch auch an einigen Orten Birmanische
Christengemeinden gesammelt sind.
Im Norden ist endlich in neuester Zeit ein
dritter, viel versprechender Zweig zu dieser Mis-
sion hinzugekommen. Auf der unter den Ka-
rcnen so erfolgreichen Station Toungu siedelten
sich vor einigen Jahren Flüchtlinge aus dem
Shan- (Schan-) Lande an, die, der Birmanischen
Bedrückung *) entfliehend, auf Britischem Boden
Schutz fanden. Unter ihnen erlangte das Evan-
gelium Aufnahme und bahnte sich durch diese
Vermittclung den Weg bis in die verlassene
Shan-Heimath, wobei es gelang, unter den zwi-
schcnliegenden Bergstämmen der Gekhos, Saukus,
Jlrcks, Padoungs und Rothen Karenen der Mis-
sion ebenfalls Einfluss zu verschaffen, wie die
angegebenen Ausseu-Stationen zeigen.
Schliesslich ist über die Amerikanische Bap-
tisten-Mission zu bemerken, dass sie in Itangun
eine ausgedehnte Druckerei und in Kemendein
[KemeudiueJ ein Seminar zur Ausbildung ein-
geborner Prediger besitzt.
Die Anglikanische Mission (S. P. G.) wurde
1859 in Moulmein angefangen und hat jetzt
eine zweite Station mit Schulen in Rangun.
Es wurden auch in Henthada und einigen andern
Orten am Irawaddi Schulen errichtet und neuer-
lichst ist es gelungen, eine solche unter den ver-
sprechendsten Aussichten in Mandaleh zu gründen.
In Siam hat die evangelische Mission noch
grössere Schwierigkeiten als unter den buddhi-
*■) Die Shaii (in Siam Laos f,'cnannt) zerfallen in eine
Ueiho kleiner Staaten und sind zum Theil Uirma, zum
Thoil Siam tributpHiclitig. Jlive llelif^ion ist eine rohe
Nuance des Buddhismus.
stischcn Birmanen. Auf Gützlaffs Empfehlung
wurde sie von Amerikanischen Baptisten 1834
begonnen, denen später der Board und die Ame-
rikanischen Prcsbytcrianer folgten. Die Missio-
nare des Board traten bei der Bildung der Aracr.
Miss. Association aus, um sich der letztgenann-
ten Gesellschaft anzuschliessen. Es ist viel ge-
arbeitet worden, besonders durch Verbreitung
christlicher Schriften. Die Erfolge sind jedoch
bis jetzt verschwindend. Die Amerikanischen
Baptisten arbeiten auch unter den zahlreichen
Chinesen, die an den Küsten des Golfes von
Siam angesiedelt sind. Die Presbyterianer da-
gegen haben in neuester Zeit ihr Augenmerk
auf die Laos gerichtet und mit Gründung der
Station zu Chieng-mai eine mehr versprechende
Wirksamkeit begonnen.
Die römische Kirche dagegen rühmt sich
ausgedehnter Erfolge und zählt auf deu angege-
beneu Stationen über 7000 Anhänger. In grosser
Zahl sind dieselben Abkömmlinge von Portugie-
sen und deren Bekehrten, von welchen letzteren
das von Indien und Ceylon Gesagte gelten mag.
Eine consequentc Schreibart der Namen Hess
sich für diese Gebiete kaum durchführen. Für
Birma wurden sie nach Yule wiedergegeben, wo-
bei nur oü in u und ee in i umgesetzt wurde.
Folgende Regeln mögen tVir die Aussprache ge-
merkt werden:
üu = au, von den Europäern meist wie o ge-
sprochen.
ai = ä oder e.
ay = eh.
u in der geschlossenen Sylbe = e.
0, wenn dem folgenden Consonanten ein stum-
mes e zugefügt ist = u.
1, wenn dem folgenden Consonanten ein stum-
mes i zugcfiigt ist = ei.
Das Schluss-n ist mehr oder weniger nasa-
lirt.
ein, fast = eng.
Das X in den Siamesischen Nnrnen entspricht
unserem ch.
N". 20.
Sumatra.
Sumatra*), nächst Java die wichtigste, nächst
Eorneo die grösste Insel in Niederländisch - In-
dien, wird von den Inländern Puio Pertja oder
Pulo Andalas genannt. Sie ist ihi-er ganzen Länge
nach von Nordwest nach Südost von Gebirgen
dnrclizogen, die raeistentheils mehrere pai'allele
Ketten neben einander bilden, zwischen denen sich
fruchtbare Hochthäler befinden. In diesen hat
die Bodenkultur, ergiebig an Reis, Pfeffer und
Kaffee, ihre weiteste Ausdehnung, während die
Bergabhänge, die nach der Südwest- Küste schnell
abfallen, der Art mit Wald bestanden sind, dass
man sagt, ein Affe würde, von Zweig zu Zweig
.steigend, die ganze Länge der Insel durchwan-
dern können, ohne den Boden zu berühren. An
einigen Stellen gehen die Bergketten in Hoch-
plateaux über, auf denen bei 3- bis 4000 Fuss
Höhe das tropische Klima bedeutend gemildert
ist. Die höchsten Gipfel aber, deren einige thä-
tige Vulkane siud, erheben sich bis zu 10,000
Fuss über den Meeresspiegel. Nach Nordosten
fallen die Gebirge allmählicher ab und gehen in
ein von grossen Flüssen durchströrates Flachland
über, das zum Theil einen ähnlichen Charakter
hat wie das von Südost-Borneo (vergl. No. 22).
Ln ethnographischer Hinsicht lässt sich Su-
matra charakterisiren als die Heimath der Ma-
laien (vergl. zu No. 17), obwohl dieselben nicht
die ursprüngliche Bevölkerung bilden, welche im
Norden durch die Bätäks und im Süden durch die
Passumas und Lampongs (?) vertreten ist. Mit
Ausnahme der letzteren sind diese Stämme über-
wiegend heidnisch, und zwar einem wenig aus-
gebildeten Dämonendienste ergeben , obwohl sie
keineswegs auf der niedrigsten Kulturstufe stehen,
wie denn die Bätaks ihre eigene Schrift und
Literatur haben , bei denen freilich andererseits
(so weit sie unabhängig sind) noch bis jetzt der
Kannibalismus, in aller Form legalisirt, geblie-
ben ist. übrigens lassen sich auch bei ihnen
Einflüsse Indischer Kultur und Religion erken-
nen, die, wie deutliche Spuren beweisen, schon
in alter Zeit in weiter Ausdehnung auf Suma-
tra Fuss gefasst hatten. Bei den Malaien machte
*) Siimiitra, umgebildet aus Saiiumtara , dem Namen
eines früheren kleinen Reiches an der Nurdost- Küsto, der
von den Portugiesen auf die ganze Insel übertragen wurde.
Griin(l<'ni;uin : Missionsatlas. II, 0.
der Brahmanismus im 12. Jahrhundert dem Is-
lam Platz , dem jetzt die grosse Mehrzahl der
Bewohner Sumatra's angehöi't. Nur der Malai-
ische Stamm der Redjangs verharrt noch gi'ossen-
theils bei dem ursprünglichen Dämonendienst.
Politisch ist Sumatra von jeher sehr zer-
splittert gewesen. Neben einigen grösseren Ma-
laiischen Staaten, unter denen im Norden Atji
(Atschi) bisher allein seine Unabhängigkeit be-
wahrt, aber sehr in Verfall gerathcn ist, bestellt
eine grosse Zahl kleiner Gemeinweseu unter
eigenen Sultanen, deren manche selbst nur cin-
bis zweitausend Untei'thanen beherrschen. Alle
diese Staaten, mit der eben erwähnten Ausnahme,
stehen unter Oberhoheit der Holländer, die um
1620 zuerst Fuss auf der Insel fassten und all-
mählich ihre Macht ausbreiteten, bis sie 18.58
auch das Reich Siak und die nördlicher gele-
genen kleinen Küstenstaaten ihren Besitzungen
einverleibten. Diese Gebiete wurden mit der
Residenz Riouw (Riau) vereini'gt. Die übrigen
sind eingetheilt in die Residenzen Palcmbang,
Lampong'sche Distrikte, Benkulen*'), Padang,
Padang'sche Bovenlanden (Oberländer) und Ta- '
panuli. Die drei letzteren bilden das Gouverne-
ment „Sumatra's Westküste". Tapanuli umfasst
diejenigen Bätak - Gebiete , welche die Holländi-
sche Oberhoheit anei-kennen und die nebst den
angrenzenden freien Distrikten auf unserem Blatt
in grösserem Maassstabe gezeichnet sind. Die
letzteren befinden sich in noch weit grösserer
politischer Zersplitterung als die erwähnten Ma-
laien-Staaten, denn dort bildet fast jedes Dorf
ein unabhängiges Gemeinwesen unter einem
Oberhaupt (Radja) von geringem Einflüsse. Nur
der Radja von Toba hat über eine Anzahl der-
selben eine nominelle Obergewalt. Fortwährende
Ki-iege zwischen den einzelnen, stets mit Palis-
saden und Bambushecken befestigten Dörfern
sind bezeichnend für die dortigen Zustände.
Nur die äusscrste Noth konnte einen Theil
dieses freiheitsliebenden Volkes bewegen, sich
der Holländischen Herrschaft zu unterwerfen.
Vor einigen dreissig Jahren nämlich drangen
nniliammedanische Malaiiiu, von fanatisdien An-
*') Ist nur Assistent- Residenz.
33
fiihreru zur sogenannten Padri-Sckto organisirt,
von Süden her in die Bfitak - Länder ein , um
dieselben sich und dem Islam zu unterwerfen.
Alle , die dazu nicht geneigt , wurden nieder-
gemacht, und so verwandelten sie bald die blü-
hende Provinz Ankola in eine Wildniss, wo noch
jetzt das blassgrüne Allang - allang- Gras weite
Strecken bedeckt, die einst menschlicher Fleiss
aus Urwald in fruchtbare Felder verwandelt
hatte. Ein Stamm nach dem andern würde dieses
Loos getheilt haben , wenn nicht die zunächst
Beidrehten die Holländer zu Hülfe gerufen hät-
ten, welche die fanatischen Feinde niederwarfen
und hier wie dort ihre Herrschaft befestigten.
Hieraus ergiebt sich, dass Ankola das Grenzgebiet
des Islam gegen das Batakische Heidenthum bil-
det, doch kommen auch in Sipirok bereits Mu-
liammedanfsr vor, während die muhammedani sehen
Rätaks in Ankola keineswegs durchweg feste
Anhänger des Islam sind. — Die Grenze zwi-
schen den freien und den Holländischen Bätäks
ist schwer anzugeben, da die offiziellen Berichte
selbst darüber schwanken. Die Karte zeigt die
Grenze, über welche thatsächlich der unmittelbar
Holländische Eintiuss nicht hinausgeht. Tapa-
nuli umfasst mehrere hinter einander liegende
' bewaldete Bei'gketten mit geringer Bevölkerung.
Um Sibogha sind allerlei Kolonisten des Indi-
schen Archipels vertreten (vergl. zu No. 17).
Sipirok ist ein stärker bevölkertes Hochplateau,
umgeben von höheren Bergen. Sigorapulan ist
ein schmales Thal, vom reissenden Batang-torru
durchströmt, mit zahlreichen Seitenthälern, Silin-
dong endlich ein breites Hochthal, wohlbewässert,
mit üppigen Reisfeldern und starker Bevölkerung.
Hiermit haben wir den Schauplatz der evan-
gelischen Mission auf Sumatra angedeutet, die,
erst in neuester Zeit begonnen, bald einen schö-
nen Aufschwung genommen hat. 1819 bis 1825
hatte zwar die Englische Baptisten- Mission in
I'adang, Benkulen und Sibogha Arbeiter gehabt,
die aber, als Sumatra aus dem vorübergehenden
Englischen Besitz wieder an Holland kam, wei-
chen mussten, ohne viel Früchte gesehen zu haben.
18;5.'} machte der Amerikanische Board einen
Versuch, doch die beiden Missionare Muuson und
Lyman fielen bald als Märtyrer bei Sisakak.
Erst 18.50 sandte die Missionsgemeinde Ennelo
in Holland (>inen Missionar nach Sipirok, der
aber wie sein bald l'olgeinder Genosse später zur
Rheinischen Mission überging, die nach Acr Nie-
derlage auf Borneo sich den Bataken zuwendete,
in deren Sprache durch die Holländische Bibel-
gesellschaft bereits Theile der Heiligen Schrift
übersetzt waren. Die Zahl der auf der Karte
angegebenen Stationen deutet den guten Fort-
gang des Werkes an. Namentlich wächst die
Zahl der Bekehrten in Silindong schnell. Zwei
andere von Ermelo ausgegangene Missionare, die
in Ober -Ankola thätig sind, werden jetzt von
der Gesellschaft für Innere und Äussere Mis-
sion zu Batavia und dem mit derselben verbun-
denen Java-Comite unterhalten. Zu Padang und
Benkulen arbeiten römisch-katholische Missionare.
Schliesslich haben wir noch hinzuweisen auf
das im Carton dargestellte neueste Arbeitsfeld
der Rheinischen Missions -Gesellschaft auf der
Insel Nias. Ein den Bataken verwandter, noch
heidnischer Stamm, 2- bis 300,000, nach ande-
ren Schätzungen 800,000 Seelen stark, bewohnl
die gebirgige fruchtbare Insel. Auf der Nord-
küste hatten lange Zeit die Atjinesen ihre Herr-
schaft befestigt und betrieben aufs Stärkste die
Sklaveuausfuhr. Dadurch waren viele Niaser
nach Padang gekommen, wo sich Missionar Den-
ninger ihrer annahm, ihre Sprache lernte, um
dann schliesslich nach Nias selbst überzusiedeln
(1865). Zu Gunong Sitoli wurde die Hauptsta-
tion gegründet. Eine zweite ist vor Kurzem in
Fagulö unter dem Stamme der Ono Limbu au-
gelegt. — Die Bevölkerung der Insel zerfällt in
viele Stämme, von denen wir die hauptsächlich-
sten auf der Karte mit Ziffern angeben konnten,
deren Erklärung hier folgt:
X. Garamo.
XI. Ironodjo.
XII. Madjinga.
XIII. Ononamalo.
I. Larago.
II. Ironogco.
III. Ironodjei.
IV. Laha^'o.
V. Onodjihura.
VI. Ironodjono.
VII- Lahomi.
VIII. Ironolasf.
IX. Ironohuna.
XIV. Maroo.
XV. Nojo.
XVI. Lafau (Lapauw).
XVII. Modjai (Modjeija).
XVm. Ono Limbu.
Anmerkung. Dio Spezialkarte der Bätük - Gcliiete,
obwohl nach den besten vorhandenen (iuellon bearbeitet,
wird, sobald die Gegenden erst genauer topographisch
aufgenommen werden, einige CoiTekturpn erfahren. Nach
Abschluss unseres Elattes erhalten wir die Notiz, dass in
der Ecke oben links und so in der unten rechts die
Distancen im Verhiiltniss doppelt zu gross seien. Von
l'andjuranapittu bis Saitnihuta z. B. sei es nur eine Meile.
Da die vorhandenen Karten, so wie die in den Kheiuischen
Missionsbl.'itteni verarbeiteten unpublicirtcn Skizzen von
den Uelsen der Missionare in dieser Beziehung noch un-
lösbare Schwierigkeiten bieten, so enthielten wir uns jeden
Versuches einer abermaligen Bearbeitung der Karte, die
erst bei nnsreicliondorem Material möglich sein wird.
21.
Java.
Mit Recht ist Javti*) iil« die köstlichste
Perle in Hollands Krone bezeichnet wurden.
Denkt man an die herrliche Natur, die dort er-
habene Pracht mit üppigster Fülle verbindet,
oder an die reiclien Erträge , auf die sich der
bekannte Wohlstand des herrschenden Volkes
stülüt, so mag man jenen Ausdruck riclitig fin-
den. Auch hat Holland an Java alle Sorgfalt
gewendet, die man einem theuern Kleinod zu
Theil werden liisst, und das Ergebniss, was Eu-
ropäischer Einfiuss auch in jenen Ländern wirken
kann , S2)ringt bei' Java im Vergleich mit den
anderen Inseln des Archipels auffallend in die
Augen. Doch eins fehlt noch: dieser Juwel
glänzt noch nicht im Lichte der Gnadensonne,
das doch durch keine menschliche Kultur ersetzt
werden kann. Die ernstlicheren Bcsti'ebungeii,
unter dem hier so üppig wuchernden Muham-
medanismus dem Evangelium die Thüren auf-
zuthun , sind , wie wir sehen werden j neueren
Datums.
Die Insel kommt mit ilirer Länge der Ent-
fernung von Wien bis Paris gleich (140 Meilen).
An der Südseite ist die Küste schroff und hat
wenig Häfen; diese finden sich mehr an der
Nordküste, wo wenig unterbrochene Mangrove-
Wäldcr ein flaches AUuvialufbr säumen. Dem
Terrain nach scheidet sich Java in eine west-
liche und östliche Hälfte, welcher Unterschied
in den verschiedensten Bezieliungeu maassgebend
bleibt. Im Westen haben wir ein Bergland vor
uns, das bei mächtigen Erhebungen bis zu 12,000
Fuss weite Hochplatcaux I- bis 2000 Fuss über
dem Meere bildet. Im Osten dagegen steigen
aus einem Tiefiande vereinzelte Berggruppen mit
noch liöhcren Gipfeln auf. Hier wie dort sind
melirere Vulkane noch thätig. Die flachen Re-
gionen, die also vorzugsweise östlich liegen, He-
fern Reis und Zucker in Fülle, während auf
jenen Plateaux mit ihrem vulkanisclien Boden
die sauber gehaltenen Kaffeepllanzungen , be-
schattet von luftigen Dadapbäuracn, gedeihen.
*) Tanna Djava der Eingeborneii, daher richtiger Dschava
auszusprechen.
firundemann : Missionsattas. II, (i.
Die 13 Milliuueu übersteigende Bevölke-
rung*) scheidet sich, abgesehen von den an
vielen Orten lebenden Malaien, Chinesen &c., in
zwei Stämme mit verschiedener S[)rache and Sitte.
Westlich wohnen die kräftigen Sundanesen, öst-
lich die schlafferen **) eigentlichen Jävanen.
Unter diesen hat der Islam zuerst und am tief-
sten Wurzel gefasst; jene sind zwar auch durch-
gängig nominell demselben ergeben , doch ist
unter ihnen das heidnische Wesen, das er auch
unter den Javanen nicht ganz überwunden hat,
in noch stärkcrem Maasse vorhanden. Java war,
wie noch zahlreiche Denkmäler zeigen , vorher
durch den Brahmanismus hindurchgegangen,
dann durch den Buddhismus, der im 14. Jahr-
hundert ausgerottet wurde ***). Erst gegen Ende
des 16. Jahrhunderts begannen die Portugiesen
sich niederzulassen , deren Herrschaft bald der
Holländischen weichen musste. Mit Erlangung
der Oberhoheit über das grosse Reich von Ma-
taram (Djokdjokarta) wurde letztere über die
ganze Insel ausgedehnt. Die Holländer haben
nach einer sehr erfolgreichen Politik die alte
Verfassung , Gesetze , Rechtspflege &c. bestehen
lassen, überall durch Vermittelung der inländi-
schen Fürsten die Zügel straff anziehend. Von
allen Erzeugnissen des Bodens wird ein bestimm-
ter Theil beansprucht und zu den eingeführten
Kulturen werden Dienstleistungen gefordert. Da-
durch ist es möglich geworden, Java zu der er-
giebigsten Kolonial -Besitzung zu machen. Für
die inländische Bevölkerung ist diess Verfahren
nicht gerade drückend , vielmehr hat es durch
die Zucht, in welclie hier ein Volk niedriger
Stufe genommen wird, entschiedene Vorzüge vor
einer Kolonial- Verwaltung, welche unentwickelte
Stämme behandelt wie Glieder eines entwickelten
politischen Lebens. Wie aber angedeutet, fehlt
*) Die Bevölkerungs-Dichti^'kcit Java's ist fünfzehn
bis dreissig Mal grösser als die der anderen Inseln des
Indischen Archipels.
**) Besonders durch Opium und Wollust.
***) Es bestehen nur sehr t;eringe llestc buddhistischer
Bevölkerung in Bantam (Baduincn) und brahnianischer am
Tenger - Gebirge.
34
das Eine iiuf Juva. Buö Eostc, was aus- Europa
dorlliiu kümmcii solilc, christliche Gesittung, hat
mau nicht bloss gleichgültig hiutaugesetzt, son-
dern sogar ängstlich verliiudert oder heschräiikt,
wähi'end dem Islam ausgedehnter Vorschub ge-
leistet wurde, aus liesorgniss, dass nicht der Fa-
natismus misövergnügter Moslems die Sicherheit
der Herrschaft erschüttere. Zwar waren in frü-
herer Zeit auch auf Java einige Christengemein-
den in der zu No. 24 charakterisirten Weise
gesammelt worden, doch nur in beschränkterem
Maasse. Reste derselben haben sich noch erhal-
ten zu Batavia und Depok (Malaiisch)*). Die
neuere Mission aber konnte Java erst berühren,
als die Engländer auf einige Jahre (1811 bis 1815)
die Herrschaft hatten. Arbeiter der Londoner
Mission und der Englischen Baptisten**) stell-
ten sich bald ein, wendeten sich aber mehr den
Chinesen und Malaien als den Javanen zu. Auch
nach Wiedereintritt der Holländischen llegierung
durften sie bleiben , doch war die Wirksamkeit
durch vielerlei Einschränkungen selir gehindert,
bis endlich 1842 allen nicht Holländischen Mis-
sionaren jegliche Thätigkcit in den Holländischen
Besitzungen untersagt wurde. So blieb nur die
llotterdamer üesellschaft , die seit 1820 in Ba-
Lavia und Umgegend Arbeiter hatte, in Thätig-
kcit. Diese erhielt jedoch erst nach der Visita-
tionsreise des Inspektors einen neuen Aufschwung.
Samarang wurde Missions-Station und es wurde
ein zweites, durch die gesegnete Wirksamkeit
des Uhrmachers Emde in Surabaya in seltener
Weise vorbereitetes Feld in Angriff genommen.
Modjo Warno ist dort das Centrum, von wo aus
sich die Mission auch nach Kediri und Malang
ausbreitete ***).
1851 bildete sich in Batavia selbst ein Verein
*) Zu Tugu ist aus alter Zoit eine Portuf^iosischc
Gemeinde iibrifi geblieben.
**) Zuüatavia; lotütero spater zu Saniaraujj, vorübcr-
^eliond iu Salatiga.
***) Wir übergelieu liier die neueren Vorgiiuge in der
gcnauuten Gesollscliaft, die auch auf ihre Mission auf
Java nicht ohne Rückwirkung blieben. Darüber sehe man
die Bemerkungen zu der Liste sämmtliehcr Missions-
Qcsellschaftcn, die am Schlüsse folgen soll.
für Innere und Äussere Missi,on , dem sich als
Holländische Abtheilung das Java - Comite zu
Amsterdam anschloss. Derselbe wirkt in Batavia
und Umgegend , namentlich unter Malaien und
Chinesen, und nahm mehrere Gossner'sche Brü-
der in seinen Dienst. Seit 1854 begann der
mennonitische Missions - Verein zu Amsterdam
(Doopsgezinde Vereeniging) sein Werk zu Dja-
para, während die 1858 gegründete Nederl.
Zendingsvereeniging insbesondere die Sundaue-
sen in's Auge gefasst hat, denen sie vor allen
Dingen eine Bibel-Ubersetzung in ihrer Sprache
zu liefern bemüht ist; zu Cheribon uud ludra-
maju aber wirkt sie vorzugsweise uuter Chinesen.
Endlich hat auch die Nederl. Gereformeerdo
Zendingsvereeniging auf Java ihr Feld gefunden,
zu Tagal (die Station wird Klein - Bethesda ge-
nannt), wozu nun auch Purbolingo in Banjumas
gekommen ist, während ihre bisher zu Ungaraug
bestehende Station jetzt nach Samarang verlegt
wird.
Die Utrecht'sche Mission hat nach mancher-
lei Schwierigkeiten in neuester Zeit die Missions-
Arbeit auf dem benachbarten Bali in Angriff
genommen, wo grösstentheils noch der Buddhis-
mus licrrscht.
Alle diese Bestrebungen , die grösstentheils
noch zu jung sind , um ausgedehntere Erfolge
darzubieten, berechtigen doch zu der Hoftuung,
dass auch auf Java die lange Versäumniss der
Missionssache wieder gut gemacht werden wird;
denn Holland hat angefangen, die schwere Ver-
nachlässigung seines besten Kleinodes einzusehen.
Seitens der Regierung freilieh wird die Mission
immer noch wenig unterstützt, oft sogar be-
schi'änkt, während sie sich von humanistisclien
Bestrebungen mehr zu versprechen scheint. Da-
hin ist ein neuerlichst gegründetes Seminar zur
Ausbildung inländischer Lehrer zu Bandong zu
rechnen, an dessen Sintze ein Mann steht, der
mit unermüdlichem Eifer für die Hebung der
Sundauescu auf rein liumanistischem Wege ar-
beitet. Schliesslich werden aber auch solche
Unternehmungen doch dem Ileiclie Gottes mit
dienen müssen.
GOTHA .IL'STl'S PKKTHKS.
l
22. Boriieo.
Bornoo, die zweilgröasle luscl der gauzuii
Erde, trügt ihren Naiueu bei den Eiiropiieru nach
dem jetzt Bruuoi gcuannieii, auf der Nordwest-
«eite gelegenen Reiche, während sie auf Ma-
laiisch Tanna Kalarnatan (K'lema(an) heisst. Sie
besteht aus einem bisher noch wenig erforschten
Hochlande, das sich an markirto Gebirgszüge
anlehnt, welche von einem Kern in der Mitte
nach verschiedenen Richtungen streichen. Wilre
<li(!ses Bergland überall von einem glcichmässi-
gen Alluvialrandc umgeben, so würde die Insel
eine verzweigtere Gestalt, hie und da mit tief
einschneidenden Buchten , darstellen. Letztere
sind jedoch durch Flachland ausgefüllt, durch-
strömt von mächtigen Flüssen, die, in der Regen-
zeit übertretend, die ganze Gegend weit und
breit unter Wasser setzen. Dadurch ist die ge-
ringe Bevölkerung des Landes bedingt, die sich
in diesen Theilen lediglich an den Flussufern
niedergelassen hat, während weiter nach innen
nur dichter Urwald gefunden wird. Auch an
den breiten Flüssen ist derselbe nur den auf
liühen rtahlen gebauten Kampongs (Dörfern) und
einigen Reisfeldern gewichen. Grosse Strecken
weit aber beschattet auch dort üppige Wildniss
die Ränder der Wassermasse, welche die ein-
zige Strasse zur Verbindung der menschlichen
Wohnsitze darbietet.
Die Bewohner Borneo's werden als Dayak
bezeichnet, eine gemeinsame Benennung, welche
die verschiedenen Stämme umfasst, die sich als
Ngadju*), Ot-Danom &c. bezeichnen, von denen
noch nicht ausgemacht ist, ob sie alle ethno-
grai)hisch zusammen gehören. Sehr fraglich ist j
diess bezüglich der im Innern auf sehr niedriger j
Kulturstufe stehenden Orang - Ot , die man zu- '
weilen für Papuas gehalten hat. Überwiegend
sind aber die eigcnthümlichen Bewohner Bor-
neo's jedenfalls verwandt mit den Alifuren auf |
*) Woraus die Europäer Biadju gemacht haben.
Grundeniann : Miasionsatlm. II, 6.
Celebes, den Bataken auf Sumatra &c. Frei
leben sie nur im Iimern der Insel. Die Küsten-
striche sind meistentheils von eingewanderten
inuhammedanischcn Malaien eingenommen , die
eine ganze Reihe von kleineu Staaten bilden,
jetzt unter Botmässigkeit der Holländer. Letz-
tere haben seit der Mitte des 17. Jahrhunderts
auf Borneo Fuss gcfasst und dasselbe, mit Aus-
nahme der nördlichen und nordwestlichen Ge-
biete, allmählich ihrem Kolonialbesitze zugefügt.
Die Eintheilung scheidet die beiden Resideutien :
Wester Afdeeling und Zuider en Oester Af-
deeling. In der erstei'en, namentlich um Sam-
bas, bilden eingewanderte Chinesen, die ursprüng-
lich als Goldwäschcr gekommen waren, einen
beträchtlichen Bruchtheil der Bevölkerung (über
20,000). In der letzteren sind mehrere der
kleinen Staaten von Bugiiiesen von Celebes be-
völkert, die mit yVrabern auch in anderen Theilen
der Insel als Kolonisten vorkommen und wie
diese Muhammedauer sind. Die Zahl der auf
Borneo lebenden Eurojjäer ist sehr gering (1857
260).
Die Mission hat erst vor 30 Jahren auf Bor-
neo ihre Anfänge gemacht, abgesehen von einer
vorübergehenden katholischen Mission in Bandjer-
massin zu Ende des 17. Jahi'hunderts. 1835
begann dort die Rheinische Missions-Gesellschaft,
fand aber unter der rauhammedanischen Bevölke-
rung einen wenig günstigen Boden, so dass ihre
Wirksamkeit bald überwiegend den Dayaken von
Pulopetak zugewendet wurde, unter denen der
letzte der Hallischeu Missionare (Berger) um
jene Zeit schon eine Station gegründet hatte,
mit der er später selbst in den Dienst der ge-
nannten Gesellschaft übertrat. Von dort aus
dehnte sich die Thätigkeit allmählich nach dem
Kahayan so wie nach dem nördlichen Sihong
und Patei aus. Die Erfolge waren langsam, doch
gab es auf allen Stationen schon kleine Gemein-
den, als der bekannte Aufstand von 1859 das
35
ganze Werk zerstörte, wobei siebeu Personen
aus den Missions -Familien als Mäi'tyrer fielen.
Seitdem hielt die Rheinische Mission durch einige
ihrer Missionare den Posten zu Bandjermasing
iu zuwartender Stellung, wiihrcnd die übrigen
I
nach Sumatra übersiedelten (vgl. No. 20). Erst I
in neuester Zeit hat die liegierung die Wieder-
auJ'nahme einer Station in Kwala Kapuas ge-
stattet, wo die llesle der zerstörten Gemeinden
gesammelt sind. An einigen anderen Orten sind
vorläulig nur eingcborne Lehrer thätig.
In den westlichen Gebieten arbeitete der
Amerikanische Board seit 1839 vorzüglich unter
den Chinesen zu Sambas, Poutianak und Mon-
tradü. Nur zu Karangan wurden Anfänge unter
den Dayaken gemacht; 1850 jedoch gab man
das Feld wegen geringen Erfolges auf.
Das früher zu Brunei gehörige Saräwak ge-
hört seit 1841 dem Engländer J. Brooke, der
sich hier zum liadja emporzuschwingen gewusst
und sich mit seinem Lande unter Britischen
Schutz gestellt hat. Unmittelbar Britisch ist das
Inselchen Labuan, wo eine Kohlen - Station er-
richtet wurde. Fiir diese Kolonie ist seit 1855
ein eigener Bischof angestellt, der aber zu Sa-
räwak seinen Sitz hat, wo er schon seit 1848
als Missionar unter den Dayaken thätig war.
I Diese Mission hat sehr guten Fortgang und zählt
bereits auf den sieben angegebenen Stationen
1683 Bekehrte aus verschiedenen Stämmen.
Darunter sind iu Saräwak selbst auch Chinesen.
Das Werk wurde früher von einer eigenen Ge-
sellschaft getrieben, hat sich aber nachher an
die Ausbreitungs-Geselischaft angeschlossen.
Endlich haben wir noch der katholischen
} Mission auf Labuan zu erwähnen , die auch in
I der Stadt Brunei eine Station haben soll.
Berichtigung.
Paiigko sollte aul dum i echten TItei iles Kuliajaii liegen, üi derselben Höhe, wo es die Karte jetzt auf dem
linken zeigt.
&OTHA : JUSTUS PERTHES.
N«. 23. Celebes und die
(Vergl. pjrläutcrung
Unter dwi grossen Sunda-Tnsolii zcifthiiot sich ;
Celebes durch seine sonderbare Gestalt aus, hat j
aber mit Borneo dem ganzen Baue nach grosse j
Ähnlichkeit. Hier wie dort nämlich laufen von |
einem Knotenpunkte aus Gebirgszüge nach vor- ;
schiedenen Richtungen, zwischen denen sich auf
Borneo grosse , zum Thcil noch sehr sumpfige j
Flachländer gebildet haben, während auf Celebes
di(!se Bildung noch bevorzustehen scheint. Die
Meerbusen, welche die von den erwähnten Ge-
birgszügen gebildeten Landzungen trennen, sollen
nämlich allmählich au Tiefe verlieren. Das In-
nere der Insel ist noch sehr wenig ertbi'scht.
Die Gebirge, die, zum Theil schroffe Küsten bil-
dend, bis au's Meer vordringen, zum Theil aber
mit einem flacheren Streifen umgeben sind, haben
ausgedehnte Wälder; doch finden sich auch die
sonst auf diesen Inseln selteneren Wcidegründe.
Die Bevölkerung ist sehr dünn*) und concen-
trirt sich am meisten auf der südwestlichen inid
der nördlichen Halbinsel. Die erstere (siehe den
mittleren Carton links) wird von zwei Stämmen
bewohnt, die mit den Bataken auf Sumatra und
den Daj'^aken auf Borneo gleicher Abkunft sind:
Makassaren und Bugis (Buginesen). Beide haben
ihre von einander ziemlich abweichenden, wohl-
lautenden S])rachen und stehen auf nicht gerin-
ger Kulturstufe ; sie waren aber noch lange Zeit
nach dem ersten Besuche der Portugiesen (152.'j)
Heiden. Erst im Laufe der ersten Hälfte des
17. Jahrhunderts nahmen sie den Islam an, zu
dessen Ausbreitung die letzteren viel beigetragen
haben, da sie, ein seefahrendes und handels-
lustiges Volk, sich ähnlich wie die Malaien durch
*) Gewöhnlich, aber unsiclier, auf 3 Millionen ge-
scliätzt. Wäre Celebes bevölkert wie Java, so würde es
1.5 Millionen zählen.
Gnindpmann : Mi.t.iionsatlas. II, G.
Residentschat't Ternate.
/u Asien, No. 17.)
den ganzen Archipel verbreiten und von Aljin
bis Neu-Guinea auf allen bemerkenswerthen In-
seln Ansiedelungen gegründet haben , die mi)
dem Mutterlande in regem Verkehr sü^hen.
Dort wie unter den Makassarcsn ist jetzt der
Islam neben sehr bedeutenden heidnischen Re-
sten*) fest eingewurzelt. Das einst mächtige
Reich von Makassar ist sehr gesunken, seitdem es
sich der Holländischen Macht unterwerfen musste
(1669). Es herrscht dort eini' Art Lehnswesen,
durch welches das Land in viele kleine Fürsten-
thümer zersplittert ist, in denen die Edlen (iin
schwelgerisches Leben tührcn . während das
grossentheils leibeigene Volk durch Wollust,
Spiel und Opium sehr entsittlicht ist. An einigen
Orten giebt es schon lange kloine christliche
(«cmeinden, die aber jetzt sehr verkommen sind.
Seit 1847 Hess die Niederländische; Bibel-
Gesellschaft eine Makassarische Übersetzung
durch den an Ort und Stelle gesandten Dr. Matthes
anfertigen, auf dessen Anregung die Niederlän-
dische Mis.sions-(iesellschaft (Zendelinggenoot-
schap) 1852 dort eine Mi.ssion zu Bonthain und
Bulekomba begann, die aber 1864 mit dem Tode
des zuletzt allein gebliebenen Goudswaard ihr
Ende fand, ohne bis jetzt (n-neuert zu werden.
Gossner'sche Brüder wirkten in Makassar
selbst unter manchen Beschränkungen, bis sie
18.'j8 wegen politischer Verhältnis.sc ihre Schule
zu schliessen angehalten wurden.
Von den anderen Theilen von Celebes deuten
wir nur an, dass die Küsten hie und da mit
kleinen Malaiischen, rcsp. Buginesischen Reichen
besetzt sind, mit denen das Gouvernement nur
'') Es kommt sopjav hie und ila noch oll'onbarer Uötzen-
(lienst vor.
36
laue Verbindungen unterhält und oft nur mit
Mühe den bestimmten Tribut (z. Th. in (lold- ,
staub) einziehen kann , während einzelne sogar
rechte Schlupfwinkel für Seei'äuber sind , alle
aber Sitze des Islam. Im unerforschten Innern
dagegen leben heidnische Alifuren (Alfuren),
meist noch auf niedriger Kulturstufe. Sie sind
ebenfalls verwandt mit den Bätaks und Dayaks,
denen sie näher stehen als die oben erwähnten
Stämme. Wir lernen sie näher kennen in dem
interessantesten Theile von Celebes (vielleicht
des ganzen Archipels), der Minahässa von Me-
nado, welche den äussersten Theil der nördlichen
Halbinsel einnimmt (siehe den oberen Carton
links). Herrlich ist die tropische Landschaft. Bis
an's Meer drängen sich die dicht bewaldeten
Berge, die immer mehr reichen Kaffee*)- und
Kakao -Gärten Platz machen, während frische
Reisfelder die von klaren Bächen durchströmten
Thäler fiillen. Von fern schauen blaue Gipfel
herüber, deren einige stets durch kräu.selnde
Rauchsäulen ihre vulkanische Thätigkeit verkün-
den, während sich zu ihren Füssen Hochebenen
mit lachenden Feldern und Pflanzungen aus-
dehnen. Ein freies Volk, in vielen mit einander
verbündeten Stämmen**), lebte hier seit Alters,
das schon im 15. Jahrhundert die Versuche des
andringenden Islam standhaft abgewehrt hatte,
um bei seinem hergebrachten Dämonendienste zu
verharren. Zu Anfang des 16. Jahrhunderts
gründeten die Portugiesen eine Niederlassung,
(loch gelang es ihnen nie, ihre Herrschaft über
die nächsten Küstenplätze hinaus auszudehnen.
Sie versuchten auch eine katholische Mission,
die jedoch nur vorübergehend und ohne blei-
benden Erfolg war. Den Holländern, die sich
im folgenden Jahrhundert hier festsetzten, ge-
lang eine; weitere Unterwerfung des Landes
■) Das liiesige Produkt ist in neuester Zeit sclinell
IjerüLnit geworden und gilt auf dem Jiuropäisclicn Markt
sclion als <lie zweitbeste aller Sorte«.
**) Daher der Name MinaLiissa = Bundosgenossen-
scliaft; früher acliricb man Mcnahasse, neuer! icbst lindet
man Minabäsa.
I eben so wenig; doch schien der Erfolg ihrer
Geistliehen grösser, die von Java aus ab und zu
die Besitzungen bereisten und bald zu Menado,
Kema, Amurang und Mogondo (Mongondau) einige
hundert Getaufte zählten. Leider waren dieselben
dadurch erzielt, dass sämmtlichen unterworfeneu
Häuptlingen bei Gelegenheit solchen Besuches
! aufgegeben wurde, je nach der Kopfzahl ihrer
Dörfer eine Anzahl Leute zur Taufe zu stellen.
Missionar Kam fand auf seinen Reisen die so
entstandenen Gemeinden in kläglicher Lage.
1822 wurde ein vorübergehender Anfang ge-
macht; jedoch erst mit Hellendoru (1827) be-
gann die eigentliche Missionsarbeit, für die nun,
nachdem die sämmtlichen Stämme sich den Hol-
ländern untergeordnet hatten, auch die inneren
Landschaften geöffnet waren. Als Apostel der
Minahässa verdienen J. G. Schwai'z und J. F.
Riedel (Schüler Jänicke's) genannt zu werden,
die, in Einfalt — namentlich der letztere in der
sehlichten Weise eines Deutschen Stundenhal-
ters — wirkend, Schaaren von Alifuren für das
Evangelium gewonnen haben. Jener wohnte in
Langowaug , dieser in Tondano , am Ufer des
prächtigen See's. Seitdem ist das Werk schnell
gewachsen und bildet den Kern der alten Rotter-
damer Mission. Neben den angegebenen eilf
Hauptstationen, auf denen Europäer thätig sind,
unterhält dieselbe über 120 Schulen, während
eine etwas kleinere Zahl von der Regiennig
unterhaltener unter Aufsicht der Missionare steht.
Nach dem letzten Jahresbericht hatten die Ge-
meinden im Laufe eines Jahres durch die Taufe
einen Zuwachs von 412 Erwachsenen und 1S78
Kindern erhalten. Die Gesammtzahl der Christen
beträgt 63,397, die der Communikanten 12,21'.).
Heiden sind unter den Alifuren 37,976, Muham-
mcdaner 2657, Chinesen 1493. Machen sich in
den jungen (Jemeinden nun auch immer noch
mancherlei Mängel fühlbar, da das Volk von
Natur dem Müssiggang und Trunk ergeben, sinu-
lich und sehr reizbar ist &c., so zeigt doch ein
Blick auf die gedeihenden Gärten und Felder,
so wie auf die freuudlicheu Dörfer mit ihreu
von immer blühenden Eoseuheckeu umgebeneu
weissen Häuschen — in deren Mitte das schlichte
Kirchlein nicht fehlt — , dass hier ein tiefgrei-
fender Umschwung vor sich gegangen ist.
Südwestlich von der Minahüssa liegt das
Eeich holäang Mongoudau, dessen Fürst jetzt
nahe daran ist, Muhammedaner zu werden, wäh-
rend das Volk, 40, 000 Seeleu stark, mit gerin-
gen Ausnahmen noch im Heidenthume verharrt.
Doi'thin drängt die Mission sich auszubreiten
und die Gründung einer Station ist in Vorbe-
reitung.
Nördlich von hier liegen die Saugir - Inseln
(Cartou oben rechts), die im IB. Jahrhundert,
als eben erst der Islam auf sie einzudringen
anling, von den Portugiesen christianisirt wurden.
Als später die Holländer auch hier die Hei-r-
schaft gewonnen hatten, verfuhren die rundrei-
senden Prediger der Compagnie ähnlich wie in
der Minahässa. Jedoch politisch vernachlässigt,
waren die Gemeinden auch kirchlich noch mehr
als dort in Verfall gerathen. Zum Thcil waren
sie schliesslich doch Muhammedaner geworden;
andere , bei weniger christlichen Fonnen , nicht
besser als Heiden. Hierher lenkten sich beson-
ders die Bestrebungen des Dom. Heldring, der
zusammen mit Gossner mehrere Brüder dorthin
sandte, die noch auf dem harten Acker in treuer
Arbeit stehen. Ähnlich verhält es sich mit den
Talaut - Inseln, zu denen von der Missions -Ge-
meinde zu Ermelo in Holland (Dom. Witteween)
zwei Brüder geschickt sind und noch dort unter-
halten werden.
Weiter zeigt uusere Karte noch die wenig
bekannte, ebenfalls von Alifureu bewohnte Insel
Djilolo, von den Ternatanen Almaheira genannt,
die zur R^ideutschaft Ternate unter dem Gou-
vernement der Molukken gehört. Erst in neue-
ster Zeit hat der Utreeht'sche Missions - Verein
dort eine Missious-Statiou zu Galeki gegründet,
mit der ökonomische Versuche in Dokolamo ver-
bunden sind. Für eine zweite Station ist Popilo
I in Aussicht genommen. Die Verbindung mit den
j Missionaren wird über Ternate unterhalten, eben
! so wie nach Neu-Guinea , das deshalb , so weit
j es für's Erste der Mission wegen in Betracht
' kommt, ebenfalls auf vorliegendem Blatte zur
Darstellung gebracht ist (Carton unten links).
Dieses Land gehört zu den bisher von Eu-
ropäern am wenigsten besuchten. Grosse Küsten-
strecken desselben hatten im Laufe der letzten
200 Jahre kein einziges Europäisches Schiff ge-
sehen, bis sie in neuester Zeit eine Holländi-
sche Expedition aufsuchte. In's Innere vorzudrin-
gen, ist überhaupt noch nicht gelungen. Es gilt
als Holländisches Gebiet, doch beschränken sich
die Beziehungen auf die durch den Sultan von
Tidore unterhaltenen Verbindungen mit der Küste
von Neu-Guinea, die früher durch die Sklaven-
jachden seiner berüchtigten Hongi- Flotte sehr
verderblich waren und auch jetzt wohl nicht den
besten Einfluss üben. ])urch dieselben hat der
Islam hie und da an den Küstenplätzen bereits
Grund gewonnen. — Die Einwohner, Papuas, ge-
hören zu den rohesten und wildesten aller jetzigen
Völker. An das schwere Werk, unter ihnen das
Evangelium zu pÜanzen, machten sich zuerst
zwei Gossner'sche Brüder (1855), die mit grosser
Ausdauer unter den äussersten Schwierigkeiten
aushielten, wobei ihnen die Holländische Eegie-
rung einige Unterstützung gewährte. Vor einigen
Jahren hat sich der Utreeht'sche Missions-Verein
des Werkes angenommen und Arbeiter (zum
! Theil ebenfalls durch die Gossner'sche Mission
vermittelt) dorthin gesandt, so dass jetzt bereits
' die vier angegebenen Stationen : Doreh (Dorey),
Mansinama (Dorf auf der kleinen Insel Manas-
wari), Meoswar und Ron (Röhn, Rhun), gegrün-
det sind.
24. Die mittleren und siidlichen Molukken nebst Timor und
den benachbarten Inseln.
Seit der Entdeckung des Seeweges nach Ost-
Indien wurden die Molukken durch ihren Ge-
würzreichthum ein besonderer Anziehungspunkt
für die seefahrenden Nationen Europa's. Zu
Anfang des 16. Jahrhunderts bemächtigten sich
die Portugiesen dieser Inseln, deren Bewohner,
meist Alifuren, sie noch wenig von dem Islam
berührt fanden, welcher in den westlichen Thai-
len des Archipels bereits zur Herrschaft gelangt
war. Die Heiden wurden, so weit möglich, zum
Christenthum bekehi't und die Inquisition (von
Goa aus) wusste ihre Mittel anzuwenden, um
den neuen Glauben aufrecht zu erhalten. Diese
mit Gewalt herbeigeführte schnelle Umwandlung
hat dem Christennamen in jenen Gewässern und
im ganzen Archipel unauslöschliche Schandmale
aufgebrannt, die bis jetzt der christlichen Mis-
sion dort die grösste Schwierigkeit bereiten und
sicherlich auch mit beitragen, der muhammeda-
nischen Mission manchen Vorschub zu leisten.
In jener Portugiesischen Zeit gab es gute Chri-
sten, die als eben so tüchtige Kopsneller bekannt
waren, und irgendwo soll die Sitte, an der Brühe
gekochter Feindesköpfe sich Kraft zu trinken,
auch unter den Christen fortbestanden haben.
Das Schicksal dieser Bekehrungen traf jedoch
nur die Punkte, an denen die Portugiesen Nie-
derlassungen und Forts gründeten ; somit wurden
auf den grösseren Inseln, wie etwa Ceram, Buru,
nur die äusseren Ränder der Bevölkerung be-
rührt. Die Stämme, welche zwischen den wal-
digen Bergen des Inneren wohnen, sind bis auf
den heutigen Tag in ihrem alten Heidenthum
geblieben, andere kleinere a,ber, wie Amboina
und Banda, waren alsbald völlig zu jenem Na-
menchristenthum hinübergezogen. Jene erst-
genannten bieten ein weites, dringend zur Ar-
Gnindemann : ilisiionsaHas. 11,6.
! beit aufforderndes Missions - Gebiet dar. — Die
\ Portugiesen hatten sich mit jenem Verfahren
j keineswegs die Herzen gewonnen. Da sie aus-
serdem eine drückende Tyrannei über die Ein-
geborneu ausübten, so waren diese froh, in den
Holländern, die zu Anfang des 17. Jahrhunderts
sich bei diesen Inseln öfters zeigten, ihre Retter
herbeirufen zu können, die nach der Erobei-ung
Amboina's die Herrschaft an sich brachten.
Diese setzten an Stelle des katholischen alsbald
das reformirte Bekenntniss, ein Unterschied, von
dem die Eingebornen sehr wenig verstanden.
Eine höchst unzureichende Anzahl Geistlicher
sollte für die geistlichen Bedürfnisse der aus-
gedehnten und weit vertheilten Gemeinden sor-
gen, deren Sprache sie nicht verstanden, wofür
das Malaiische mit seiner im gelehrten Styl ab-
gefassteu Bibelübersetzung wenig Ersatz bot, da
schon das Vulgär-Malaiisch vielen jener Christen
unverständlich blieb. Auch die Holländer wussten
sich im Übrigen eben so wenig wie ihre Vor-
gänger die Liebe ihrer Untergebenen zu gewin-
nen. Vielmehr hat auch von ihnen die Geschichte
Züge kaum glaublicher Grausamkeit zu berichten.
Dadurch wurde das Christenthum natürlich wenig
gefördert, bürgerte sich aber im Laufe der Zeiten
als etwas Gewohnheitsmässiges ein , zumal da
mit demselben gewisse äussere Vortheile ver-
I knüpft waren.
So gingen zwei Jahrliunderte hin , während
deren der Islam , still wirkend , einen Posten
nach dem andern zu erobern wusste (namentlich
\ durch die Küsten-Ansiedelungen der Malaien und
Buginesen), und jetzt zählt er auf manchen In-
j sein eben so starke Gemeinden wie die christ-
lichen, während er die letzteren auf anderen
übertrifft. Seine Bekeluteu fand er sowohl aus
37
den Heiden als aus deu Nameuehristeü. — Erst
mit 1815 begann hier eine Belebung der evan-
gelischeu Mission durch den rastlosen Eifer Jos.
Kam's, der, wenn er auch oft etwas zu sangui-
nisch verfuhr, doch 18 Jahre hindurch, mau
kann sagen, eine apostolische Thätigkeit entfal-
tete. Er stand im Dienste der Regierung, war |
aber Missionar der llotterdamer Missions-Gesell- j
sehaft (Zeudeliuggenootschap), die ihm eine Reihe
von Arbeitern nachsandte, welche zum Theil
von Amboina aus auf Kundreisen die zerstreuten
Gemeinden regelmässiger besuchten , zum Theil
sich auf einzelnen Inseln niederliessen, z. B. auf
Buru, Ceram, den Uliassers (d. i. Haruku, Sapa-
rua, Nusalaut), Letti, Moa, Kisser. Letzteres ge-
schah jedoch oft nur für einige Jahre, indem man-
cherlei Schwierigkeiten die Aufhebung solcher
Stationen veranlassten und die Thätigkeit in
diesen Gemeinden wieder auf einzelne Besuche
beschränkten. Eine anhaltendere Missions-Thä-
tigkeit fand zu Knpaug auf Timor und dem be- t
nachbarten Kotti Statt. Am erstgenannten Orte
ist ein früherer Missionar der genannten Gesell-
schaft jetzt als Regierungs-Hülfsprediger zugleich j
für die Mission thätig, auf Rotti der (rossner'-
sche Bruder Pape.
Das Ceutrum der Mission in diesem Theile
des Archipels war immer Amboina. Dort er-
richtete die Rotterdamer Gesellschaft eine Reihe
von Stationen und ein Seminar zur Ausbilduug
inländischer Lehrer. In deu letzten Jahren aber
sind diese Anstalten so wie die Stationen auf
deu benachbarten Inseln (Ceram, Uliassers) von
jener Mission losgetrennt und unter die prote-
stantische Kirchenverwaltung zu Batavia ge-
stellt worden , da die Gesellschaft ihre Kräfte
mehr concentrii'en zu müssen meint. Die Mis-
sionare sind vorläufig noch in ihrer Thätigkeit
und wir haben die betreffenden Orte angedeutet.
Die Regelung dieser Verhältnisse Seitens der
Regierung ist noch nicht erfolgt.
So kommen wir denn zu dem traurigen
Schluss , dass diese heri'lichen Inseln mit ihrer
majestätischen und doch üppigen Natur, mit
ihren Tauseuden von Namenchristen, die so sehr
der evangelischen Leitung bedürfen, und mit ihren
hie und da 10- bis 20,000 Seelen zählenden
heidnischen Völkern, die mit jedem Jahre dem
Muhammedanismus mehr und mehr in die
Hände zu fallen drohen, nach einer Zeit regerer
Missions - Thätigkeit jetzt wieder stark vernach-
lässigt werden. Gott gebe, dass die Sache seines
Reiches auch hier bald wieder aufs Neue und
nachhaltiger belebt werde!
UND JAPA
mUtjvm^al Sauptstadi
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djf TabeÖe. "
5 PERTHES
lONGKONU
W. 25. Asien.
China und Japan.
China (richtiger Tschina), von seinen Bewoh-
nern das „Reich der Mitte" genannt, hatte sich
his vor Kurzem im stolzen Selbstgefühl, das
seine uralte Kultur ihm verlieh, schroff abge-
schlossen gegen alle Einflüsse christlicher Na-
tionen, die ihm nur als Barbaren des Westens
erschienen. In Bezug auf diess ausgedehnte Reich,
dessen Fläche die Europa's um Bedeutendes über-
trifft, während es fast ein Drittheil sämmtlicher
Erdbewohner umfasst, musste daher unsere
Kenntniss sehr beschränkt bleiben. Die Vor-
stellungen, die wir uns davon zu machen pflegen,
liegen der Wirklichkeit oft um so ferner, als
die über einzelne Theile gelieferte Schilderungen
auf das Ganze übertragen worden sind, wodurch
Unrichtigkeiten veranlasst wurden, wie sie etwa
bei Anwendung einer Beschreibung Spanischer
Zustände auf ganz Europa, also z. B. auch auf
Russische Verhältnisse, der Pall sein würden.
Immerhin hat das Chinesische Regierungssystem
Jahrtausende hindurch viele Unterschiede jenes
grossen Völkerkomplexes erfolgreich zu nivelliren
gewusst. In einem Reiche jedoch, das einerseits
die Tropen-Zone erreicht, während andei'e seiner \
Gebiete dem nordischen Klima nahe kommen,
bleiben Verschiedenheiten genug, die ein ein-
heitliches Urtheil auch über das Volksleben sehr
beschränken müssen*).
Dennoch giebt es Vieles, was allen Chinesen !
in den 18 Provinzen gemeinsam ist. Die Masse !
der Bevölkerung lebt vom Ackerbau. Die aus- '
gedehnte Industrie mit ihren bewunderungs-
würdigen Erfindungen findet sich im ganzen
Reiche. Dieselbe Schriftsprache bildet das Ver-
kehrsmittel für die Gelehrten in allen Gegenden,
während die Volksdialekte doch so weit ab-
*) Daher muss man vorsichtig sein, ivenn man etwa
das Elend des Chinesischen Heidenthums durch Einzeln-
heiten illustriren will. Es ist eine grohe Unwahrheit,
wenn man den Kindermord als charakterische Illustration
für ganz China anführt. Derselbe kommt nur in be-
schränkten Gebieten und beschränkt durch Zeit- und an-
dere Verhältnisse vor.
Grandemann : Mitaioniailas. II, 7.
weichen, dass ein ungebildeter Mann von Amoy
etwa in Futschan so wenig als in Kwang tung
(Canton) sich verständlich machen kann*). Die
Religion, wie sie im Volksleben zur Erscheinung
kommt, ist überall die gleiche, wenn sie auch
aus sehr verschiedenen Quellen entsprungen ist.
Koug-fu-tsz (Confucius) war es (im 6. Jahrhun-
dert vor Chr.), der die alte Verehrung der Geister
und Dämonen nicht verdrängte, aber ihr nur
eine beschränkte Stellung in seinem rationali-
stisch-moralischen System gewährte. Neben die-
sem hat der wenig jüngere Täuismus (Taismus)
des Lau tsz (Lao tse) nicht in so weitem Maasse
Eingang gefunden. Die Anhänger desselben,
einem groben Mysticismus ergeben , leben in
Klöstern und als Einsiedler. Sie sind als Zau-
berer und Geisterbeschwörer reuoramirt und haben
in der Provinz Kiang si ihre Hauptsitze. Viel
später drang von Indien her der Buddhismus
ein. Hier wird er Lehre des Fo genannt und
ist mehr als irgendwo veräusserlicht und zu
todtem Formelwesen erstarrt. Er hat das Land
mit seinen Klöstern übersäet und neben die
Erinnerungshallen des Kong-fu-tsz die zahlreichen
Buddha-Pagoden erbaut. — Aus diesen Elemen-
ten hat sich die Chinesische Volksreligion ge-
bildet, die bei den niederen Klassen sich na-
mentlich als Aberglaube zeigt, während sie bei
den gebildeten einer flachen Aufklärung mit
allerlei Tugendschwätzerei Platz gemacht hat.
Doch sind die Opfer, welche mit Verbrennung
von Goldpapier den Ahnen und Geistern dar-
gebracht werden, allgemein.
Die Schäden des socialen Lebens finden sich
besonders in den dichtbevölkerten Gegenden der
östlichen Provinzen, wo Städte von mehreren
Hunderttausend Einwohnern nicht selten sind.
Die Mittel, denselben entgegenzuwirken, fehlen
*) Da die Dialekte für die Mission von der grössten
Wichtigkeit sind, so wurden dieselben nach den von ihnen
beherrschten Gebieten durch verschiedene Parbentöne an-
gedeutet. Die Erklärung der betreffenden Ziffern siehe
am Schluss.
41
nicht ganz; es giebt vielmehr zahlreiche An-
stalten für Waisen, Kranke, Altersschwache,
Blinde u. s. w. Auf dem Lande, wo die Bevöl-
kerungs-Dichtigkeit nicht sehr gloichmässig ist,
herrscht vielfach eine völlige Unsicherheit, der
gegenüber auch die Behörden sich als ohnmäch-
tig erweisen.
Der Bildungszustand ist begreiflicher Weise
auch nicht überall gleich. Die einen fristen in
grosser Unwissenheit unter den einfachsten For-
men ihr armes Leben, während audere aus der
ausserordentlich reichen Literatur eine Menge
von Kenntnissen sammeln, durch Examina Bang
und Würde erlangen und an complicirte gesel- j
lige Formen gewöhnt sind, welche selbst die i
Spitzen europäischer Etiquette zu überbieten
vermögen.
Die Industrie hat bei den Chinesen eine be-
deutende Höhe erreicht, und mit ihrer Geschick-
lichkeit in allerlei Handwerken stehen sie den
europäischen Völkern nicht nach. Ein reger
Handel wird im ganzen Reiche getrieben und
bewunderungswürdige Kanalbauten, die natür-
lichen Wasserstrassea verbindend und ergänzend,
begünstigen ihn. Auch für die Seefahrt fehlt
dem Chinesen das Geschick nicht, und seine
Dschunken sind seit Jahrhunderten im Indischen
Archipel und an dessen Küstenländern regel-
mässige Besucher gewesen, was dort die Grün-
dung zahlreicher Kolonien , die meistens von
Fuh-kien*) ausgingen, veranlasst hat. In neuerer
Zeit hat sich die Chinesische Auswanderung nach
Californien und Australien gelenkt, angezogen
vom Golde. Trotzdem bleiben manche Gegenden
so stark bevölkert, dass viele Familien keinen
Wohnplatz auf festem Boden finden, sondern
auf Flössen und Böten ausschliesslich auf dem
Wasser leben.
Die ursprünglichen ethnographischen Unter-
schiede sind, wie angedeutet, abgeschliffen. Den- j
noch haben sich in verschiedenen Provinzen die j
ursprünglicheren Bewohner in Sprache und Sitte
selbstständig erhalten. Sie sind entweder ganz j
unter Chinesischen Behörden, oder stehen unter
eigenen Häuptern, die der Regierung untergeben
sind, oder sie leben frei in den Bergen. Sie
*) Der betreffende Dialekt ist in den Hinter-Indischen |
Kolonien herrschend. Auch Kwangtung hat eine bedeu-
tende Auswanderung. Hier namentlich schliesst sich der
Kulihandel an dieselbe an. '
werden überhaupt Miau-tsz' genannt, die ersteren
mit dem Zusatz schuk, „reife, gebildete", die
letzteren schang, „grüne, rohe". Diese sind auf
bestimmte Gebiete beschränkt, deren Grenzen
mit Wachtposten an allen Thal- Ausgängen wohl
verwahrt sind. Sie finden sich zumeist in Kwang
si, Kwei tschau, Sz'tschuen und Yünan. In letz-
terer Provinz giebt es viele Muhammedaner, die,
unter dem Namen der l'an si, seit einiger Zeit
die westliche Hälfte der Provinz zu einem un-
abhängigen Reiche gemacht haben. Uberhaupt
finden sich im ganzen Reiche Muhammedaner in
nicht geringer Zahl"^'), die schon seit 750 ein-
drangen und sich still und allmählich durch alle
Provinzen verbreiteten, was um so weniger Wider-
stand fand, als sie möglichst vollständig die Chi-
nesische Sitte annahmen.
Juden finden sich seit alter Zeit an einigen
Orten. Kaifung in Honan ist als ihre Haupt-
Kolonie zu nennen. Sie sind ebenfalls den Chi-
nesen gleich geworden, i-eligiös, aber sehr ver-
wahrlost.
China hat eine alte Geschichte und zählt
verschiedene Dynastien, die es seit 2600 Jahren
beherrschten. Im 13. und 14. Jahrhundert er-
langten Mongolen die Herrschaft; im 17. Jahr-
hundert ist dieselbe nach längerer Regierung
der Chinesischen Mings an die noch jetzt regie-
renden Mantschus übergegangen. Dieselben sind
aber völlig in Chinesisches Wesen eingegangen
und haben keinerlei Änderung in der Continuität
des Chinesischen Reiches hervorzurufen vermocht.
Ausser dem aus 18 Provinzen bestehenden
eigentlichen Reich gehören zu China weit aus-
gedehnte unterworfene Gebiete, wie Tibet, die
Mongolei, ein Theil von Turkestan, so wie das
Stammland der Dynastie, die Mantschurei. Da
diese Länder der Mission noch ferner liegen,
verzichten wir hier auf eine specielle Besprechung
derselben. Von den beiden letztgenannten sind
in neuerer Zeit grosse Theile durch stillen be-
harrlichen Kampf unter Russlands Herrschaft
gekommen, das dem stolzen Reich der Mitte
immer bedrohlicher nahe rückt. Von der Sec-
seite her haben die übrigen eui'opäischen Natio-
nen, vor Allem die Engländer, ihre Einflüsse
und in mehreren Kriegen die Oeffnung einer
Anzalil von Häfen für den Handel nebst aus-
*) In Canton sollen ihrer .lO.OOO leben.
gedehnten Zugeständnissen erlangt. Leider war
die Veranlassung zum ersten dieser Kriege das
von Christen den widerstrebenden Heiden auf-
gedrungene verderbliche Opium, ein Makel, der,
noch ungesühnt, seine Schatten auf den bereits
so regen Verkehr Europa's mit China werfen
muss. Noch reger fast ist dieser Verkehr mit
Amerika, das in neuester Zeit durch die regel-
mässige DampfschifFfahrt über den grossen Ocean
dem chinesischen Reiche bis auf 25 Tagereisen
nahe gerückt ist. Eine Reihe von Handelshäfen*)
ist nun den Fremden geöifnet und selbst bis
in's Herz des einst so verschlossenen Landes
können auf der breiten Wasserstrasse des Yang-
tsz'-kiang**) die schnellen Flussdampfer Ameri-
kanischer Construction in regelmässigen Fahrten
vordringen.
Dadurch sind denn auch der Mission die
lange ängstlich verriegelten Thüren weit auf-
gethan. In früheren Zeiten hatte allerdings
dieselbe in China bereits ausgedehnten Eingang
gefunden. Schon um's Jahr 636 kamen Nesto-
rianisehe Missionare dorthin, die, unter der Gunst
des Kaisers, dem Christcnthume bereits eine
weite Verbreitung verschaffen konnten. Sicher-
lich aber musste dasselbe mit manchen Chine-
sischen Elementen versetzt werden, um sich
halten zu können. Manche der folgenden Kaiser
verboten es und suchten es zu unterdrücken.
Andere duldeten es. Um 1294 kamen die ersten
katholischen Missionare (Franciscaner) nach
Peking und erreichten unter der damaligen Mon-
golen-Dynastie nicht unbedeutende Erfolge, die
jedoch durch die Verfolgungen der Miug-Dynastie
ebenso wie das Nestorianische Christenthum fast
vernichtet wurden. In der Mitte des 16. Jahr-
hunderts konnte die katholische Mission er-
neuert werden. Es waren Jesuiten, die von der
Portugiesischen Besitzung Macao aus eindrangen
und bald einen solchen Einfluss beim kaiser-
lichen Hofe erhielten, dass in den verschiedenen
Provinzen bald zahlreiche Kirchen entstanden.
Durch eine Duldung des Confucischen Ahnen-
*) Den auf der Karte angedeuteten ist auch Wan-cliau
beizufügen.
**) Nicht Blauer Fluss, sondern Tochter des Oceans.
Der Gelbe Fluss Hwang ho ergiesst sich nicht wie früher
m's Gelbe Meer, sondern mündet seit etwa 10 Jahren in
den Golf von Peh-tschi-li.
dienstes, der sicher bald mit der Heiligenver-
ehrung vermengt wurde, verschafften sie ihrer
Lehre um so leichteren Eingang. Am Hofe
wussten sie sich durch ihre raathematischen und
astronomischen*) Kenntnisse und technischen Fer-
tigkeiten zu halten. Zwei Männer Ricci (f 1610)
und Schall (f 1666) sind besonders unter diesen
Jesuiten-Missionaren als bedeutend hervorzuheben.
Die Begünstigungen, die ihnen zu Theil wurden,
waren allerdings unter den verschiedenen Re-
gierungen sehr wechselnd. Besonders gestaltete
sich ihre Lage ungünstig, seitdem ihre Gegner,
die Dominikaner, hauptsächlich die angedeutete
Accommodations-Methode **) zu einer Handhabe
machten, um hier auf fremdem Felde über ihre
Nebenbuhler den Sieg zu erringen. 1722 be-
gannen die Verfolgungen , welche die Zahl der
Christen im ganzen Reiche bedeutend vermin-
derten; doch sollen ihrer immerhin noch 200,000
übrig geblieben sein. Am Hofe wurden einige
Jesuiten in ihren Ämtern gehalten , die nach
Aufhebung des Ordens den Lazaristen Platz
machten. Bis in die neuere Zeit fristete die
katholische Kirche in China meist eiu kümmer-
liches Dasein. Vor etwa 30 Jahren wusste
man ihr wieder ein Duldungs - Edikt zu ver-
schaffen. Durch die neuesten Verträge hat sie
dagegen (namentlich in der Herausgabe aller
früher confiscirten Güter) bedeutende Vortheile
erlangt. Darnach ist die Missionsthätigkeit
rüstig wieder aufgenommen und die Zahl der
Katholiken in schnellem Wachsen.
Da es trotz aller Bemühungen nicht ge-
lungen ist, die Angabe der hauptsächlichsten
Orte dieser Missionsthätigkeit in Erfahrung zu
bringen***), so müssen wir uns begnügen, hier
eine allgemeine Uebersicht des gegenwärtigen
Standes derselben nach dem Madras Catholic
Directory 1868 mitzutheilen.
*) Siehe No. 29 das noch jetzt stehende Observa-
torium in Peking.
**) Nebst einer päpstlichen Bulle dagegen.
***) Der Bischof von Canton antwortete auf directe
Befragung, dass jede Departements-Stadt im ganzen Reiche
1 — 2 katholische Priester habe. Gute Autoritäten vor-
sichern , dass dies mindestens eine sehr starke Übertrei-
bung genannt werden müsse, da mehrere Departements-
Städte ihnen bekannt seien, in denen kein katliolisdier
Priester wohne.
Apostolische Vicariate.
Europäische Priester.
Fuh kien (Fo kien)
Shan tung (Chan-tong)
Yün nan
Kwai chau (Kouy tcheou)
Ost-Sz'chuen (Sutchuen)
West-Sz'chuen
Süd-Sz'chuen
Kiang nan (umfasst Kiang su und Ngan
hwui)
Nord-Peh-chili (Pe-tche-li)
Süd-Peh-chili
Ost-Peh-chili
Ho nan
Kiang si
Cbe-kiang (Tche keang)
Hu nan
Hu peh
Shen si (Chen si) . . .
Shan si (Chan si) . . .
Ap. Präfeetur Kwangtung ,
Hai nan
Ap. Präfeetur Heng kong .
Kwangsi und
16 Spanische Dominicaner
5 Italienische Franciscaner ....
6 Franz. Congregat. des Miss, etrangires
» » I) )» ))
^ )) »> » )» yy
10 „ „
40 Franz.
5 „
p
4 „
3 „
4 „
3 „
Jesuiten .
Lazaristen
Jesuiten .
Lazaristen
3 Italienische Franciscaner . . . .
7 „ „ . . . .
8 „ „ . . . .
5 „ „ . . . .
9 Franz. Congregat. des Miss, etrangeres
8 Italienische Franciscaner
158
Chinesische
Priester.
GemeindegUeder.
10
40j000
8
8,000
1 Semin.
3
5,000
1 ,,
2
3,000
1
)J
U
21,000
2 „
20
30,000
1 „
10
25,000
1 „
10
75,000
2 „
12
?
20,000
3
j
10,000
4
3,000
10
10,000
6
3,000
Waisenhaus der Barmherzigeu
Schwestern (Ningpo).
5
2,000
1 Seniin.
13
15
17
18,000
22,000 1
18,000 1
(1
— j 9,000| 1 „
2 I 3,000| 1 „
Waisenhaus der Barmher-
zigen Schwestern.)
169 |325700(), 15
In den zugehörigen Ländern finden sich folgende katholische Missionen ;
Mongolei
3
10
5,000
Shing king (Leau tung) und Mantschurei
8
„ Congregat. Miss, etrangeres
5,000
Tibet *)
5
yy yy yy yy
4
9,000
3
» yy yy »
15,000
Gegen die evangelische Mission war China
bis zum Frieden von Nanking (1842) hartnäckig
verschlossen geblieben. Man hatte sich begnügen
müssen, den Chinesen im Indischen Archipel das
Evangelium nahe zu bringen, wobei Malakka
das Centrum bildete. Der Gründer der dortigen
Anstalten, Morrison, im Dienste der Londoner
Mission, hatte allerdings zuvor (seit 1807) im
Geheimen in Canton zeitweise seinen Wohnsitz
genommen und dort sich befähigt, die nothwen-
digsten vorbereitenden Arbeiten, namentlich die
chinesische Bibelübersetzung, zu liefern. Nur
eine kleine Schaar Bekehrter konnte von ihm
gesammelt werden. Dagegen wurden von ihm
theils von Macao, theils von Canton aus zahl-
reiche Schriften verbreitet, ein Säen auf Hoff-
nung. In dieser stillen Weise wirkten auch die
ei'sten Missionare des Amerikanischen Board, die
1830 eintrafen. Neben ihnen suchte Gützlaff
als Dolmetscher der Britischen Regierung auf
alle Weise mit glühender Begeisterung das Mis-
sionswcrk zu fördern.
Endlich 1842 ward China geöffnet und die
*) Der Apostolische Vicar hat seinen Sitz in Sz'chuen.
Arbeiter verschiedener Gesellschaften fanden
sich allmählig ein , um ihren Wirkungskreis zu
suchen. Derselbe blieb vorläufig indessen sehr
beschränkt, da nur eine Anzahl Hafenorte den
Fremden geöffnet, jeder sonstige Aufenthalt im
Lande aber streng verboten war. Durch diese
Verhältnisse wurde Gützlaff zu dem Plan ge-
trieben, China durch Chinesen zu bekehren. Er
gründete den Chinesischen Verein in Hongkong
und bald wanderten seine Agenten durch alle
Provinzen. Leider passte das System nicht
für den chinesischen Charakter, und musste bald
nach Gützlaff's Tode (1857) unter schweren Ent-
täuschungen aufgegeben werden. Es galt zu-
nächst in den gegebenen Schranken zu arbeiten.
Es gab in denselben auch genug zu thuu, und
zu Anfang des vorigen Jahrzehnts fanden bereits
Missionare von 20 verschiedenen Gesellschaften
auf Hongkong, in Canton, Amoy, Fuh tschau,
Ningpo und Shang hai ihre Beschäftigung.
Damals wurde China von einem Ereigniss
erschüttert, das zuerst allgemein von den Mis-
sionsfreunden als die Vorbereitung einer Evange-
lisirung des Reiches begrüsst, nachher aber von
den meisten als Gegenstand bitterer Täuschung
abgewiesen wurde. Es war die Taiping-Eebellion,
die das morsche Gebäude des alten Staates nahe
daran war, zum Falle zu bringen, hätten nicht
die Fremden es wieder gestützt, indem sie Die,
welche sieh als ihre Brüder und als Diener des-
selben Gottes betrachteten , zu Grunde richten
halfen. Die Taipings mussten fallen; so wollte
es das Handelsinteresse. Gerne konnte man ja
auch mit dem eignen Vortheil eine den ge-
demüthigten Mantschu's zu leistende Unter-
stützung verbinden , da diese eben erst durch
den Frieden von Peking sich die ausgedehntesten
Zugeständnisse hatten abringen lassen. China
ist durch die letzteren der Mission erst völlig ge- l
öffnet worden und die folgenden Blätter sollen |
uns zeigen, welche ausgedehnten Wurzeln sie |
bereits geschlagen hat. 1
Die Orthographie der Chinesischen Namen
verursacht viel Schwierigkeit, um so mehr, als
die verschiedenen Dialecte die Bestandtheile der-
selben bis zur Unkenntlichkeit verändern. Die
vorliegende Karte folgt in ihrer Schreibart durch-
weg der anotii/men : Topograph/ of China, Umif]-
kong 1864, welche alle Namen nach dem Punti-
Dialcct giebt*).
Ch, j und sh haben den englischen Laut = tsch,
dsch uud sch.
Die Vocale stimmen mit den deutschen über-
ein. Um das Wiedererkennen der Namen in an-
derer Schreibart zu erleichtern, sei bemerkt, dass
au anderwärts geschrieben ist eu (oder ow Engl.)
äu = ao, ui = oei, ian = ien, hwa und kwa
= hoa und kua, eh und oh = ek uud ok, j
= sch u. s. w.
Es ist noch zu bemerken, dass die den Orts-
namen beigefügte Eangunterscheidung
Fu = Departements - Hauptstadt I. Klasse
Chau tcheu „ „ II. „
hien (hian) Distrikt „
hier überall weggeblieben ist, da sie nach dem
Ortszeichen leicht ergänzt werden kann.
*) Hier im Texte schien es geeignet, die Deutsche
Bezeichnung festzuhalten. — Es wurden nur einige,
wahrscheinlich durch die verschiedenen Töne bezügliche
Zeichen fortgelassen , die nur für den, der Chinesischen
Sprache mächtigen, Werth haheu können.
Die auf der Karte befindlichen Römischen Nummern im braunen Druck bezeichnen die ver-
schiedenen Dialecte folgendermassen :
I. Westlicher Mandarin-Dialect.
II. Nördlicher „ „
III. Südlicher „ „
IV. Alter Mittler Dialect (umfasst auch den Ningpo-Dialect).
V. Hwui-chau- (Hoei-cheu-) Dialect.
VI. Nan-chang Dialect.
VII. Nord-Fuh-kien-Dialect.
VIII. Süd-Fuh-kien- od. Amoy-Dial. (Mit demselben ist der Hok-lo-Dial. verwandt.)
IX. Hakka-Dialect.
X. Punti-Dialect.
Nachtrag.
Die Mission in Japan ist bisher noch auf
wenige Punkte dieses Reiches beschränkt. Sie
bedarf daher noch nicht einer specielleren karto-
graphischen Darstellung. Dieses in vielen Be-
ziehungen mit China verwandte Gebiet hat den
Einflüssen des Auslandes länger zu trotzen ver-
mocht als jenes; doch scheint die Zeit nicht
fern, in der auch Japan nicht bloss dem jetzt
von Amerika her immer mächtiger andringenden
Handel, sondern auch dem Christenthume ge-
öflnet sein wird. Dasselbe hatte vor Jahrhun-
derten dort schon weiten Eingang gefunden.
F. Xavier sammelte ausgedehnte Gemeinden, die
bis gegen Ende des 1 6. Jahrhunderts auf 150,000
Mitglieder anwuchsen, und auch unter den um
jene Zeit beginnenden Verfolgungen sich mehrten,
bis 1635 die völlige Absperrung des Landes
gegen die Portugiesen und die blutige Ausrot-
tung des Christenthums vom Kaiser angeordnet
wurde. Die letztere ist scheinbar gelungen,
doch kommen in neuester Zeit Reste von Ge-
meinden zu Tage, die unter der Hülle heid-
nischen Bekenntnisses ihr Christenthum im Ver-
borgenen bewahrt hatten und nun sich wieder
mit Freuden an die katholische Mission anzu-
schliessen trachten.
Kanagava mit Yokohama und Nagasaki sind
die Punkte, auf denen, so lange sie dem Handels-
verkehr geöffnet sind, die Arbeiter verschiedener
Amerikanischer, evangelischer Gesellschaften wir-
ken. Lange schien dies vergeblich, doch sind
nun schon Erstlinge getairft. In Nagasaki hat
nun auch die Englisch - Kirchliche Gesellschaft
eine Mission begonnen.
Auf der Karte ist darnach No. 2 an der
betreffenden Stelle nachzutragen.
N". 26. Die Provinz KwangtuDg (Cantoii).
Vergleiche den Carton auf No. 25.
Canton ist der aus Kwangtung abgeschliffene
Europäische Name der süd-süd- östlichsten unter
den 18 Provinzen China's. Die Hauptstadt,
die ebenso genannt wird , heisst bei den Ein-
geborneu Kwang-chau-fu.
Unsere Karte zeigt den grössten Theil der
Provinz , die sich nur nach Westen hin noch
beträchtlich ausdehnt und das Küstenland bis
zur Grenze von Tonking umfasst. Im Norden
ist sie durch die Nan - ling - Kette begrenzt
(1000 — 2000 Fuss hoch), an die sich nach Süden
zu ein vielgegliedertes Gebirgslaud anschliesst,
dessen meist kahle Granit- oder Kalkberge zum
Theil die doppelte Höhe erreichen. Viele Bäche
und Flüsse bewässern die breiten Thäler, die
sich mit ihren üppigen Reis- und Zuckerrohr-
feldern stark von den unbebauten Höhen ab-
heben. Drei grosse Ströme sammeln alle jene
Zuflüsse , um sie durch ungezählte Arme in
einem mächtigen Delta dem Meere zuzu-
führen. Sie bilden die immer mit Fahrzeugen
aller Art belebten Verkehrsstrassen der Provinz,
die bei der Hauptstadt sich vereinigen. Diese
ist seit alter Zeit eine bedeutende Handelsstadt.
Hier fand auch der erste ausgedehntere Verkehr
der Europäer mit China seit der Mitte des vo-
rigen Jahrhunderts seine Stätte, der zuvor auf
das schon 1580 den Portugiesen abgetretene
Macao beschränkt war. Unsere Kenntniss von
China knüpfte sich daher bis zur neuesten Zeit
vorzugsweise an diese Gegenden. Erst durch
den Opiumkrieg wurden den Ausländern dasRecht
der Niederlassung errungen und nun ent-
standen die ausgedehnten Neuen Faktoreien,
während in den alten nur privilegirte chinesi-
sche Kaufleute, Hongs genannt, den Verkehr in
Händen hatten.
Die Stadt umfasst mit ihren weiten Vor-
städten über 1 Million Einwohner.
In sprachlicher Hinsicht besteht die Provinz
aus sehr disparaten Gebieten. Der vorwaltende
(Canton-)Dialekt ist das Punti, das im "Westen
ausschliesslich gesprochen wird. Das von dem-
selben sehr verschiedene Hakka hat seine Hei-
inath im Nordosten in Kia yiag chau und wird
von den ursprünglichen Bewohnern anderer
Distrikte, die jetzt mehr oder weniger einge-
wanderte Punti-Bevölkerung haben, gesprochen.
Die Karte zeigt die Gebiete, wo es jetzt aus-
Grundemann : Miasiontatlas. II, 7.
schliesslich gesprochen wird*) und wo es uuter
Punti gemischt ist. Die Hakka-Chiuesen gelten
als roh, ungebildet und herunter gekommen, und
wohnen meist in den vom Verkehr weniger be-
rührten Gegenden.
In den östlichen Theilen endlich findet sich
der wiederum ganz verschiedene Hok lo-Dialekt,
der auf's engste sich dem Süd-Fiih kien (Amoy-)
Dialekt anschliesst. Vertreter desselben sind in
geringerer Zahl auch in den westlicheren Distrikten
meist in der Nähe der Verkehrsstrassen zu finden.
Man charakterisirt sie als leicht, gewandt, listig
und verschlagen.
Es ist zu bemerken, dass jeder dieser Dia-
lekte noch wieder verschiedene Mundarten um-
fasst. In Nanhiung reicht das Gebiet des
Mandarin-Dialekts bis in die Canton - Provinz.
In Lieu chau und Lien shau giebt es noch starke
Miäu tsz'-Stämme, von denen man jedoch wenig
mehr weiss, als dass sie der Regierung oft viel
zu schaffen machen.
Die Mission begann mit geringen Anfängen.
Nur im Verborgenen hatte Morrison in der Haupt-
stadt die ersten Versuche machen dürfen. Nach
dem Kriege fanden sich bald die Boten Englischer
und Amerikanischer Gesellschaften, um von dem
Niederlassungsrecht Gebrauch zu machen. Die
Thätigkeit im Hospital wurde alsbald als Hilfs-
mittel der Mission angewendet. Jetzt haben die
in dem am Schlüsse folgenden Verzeichniss ange-
gebenen sechs evangelischen Gesellschaften, nebst
zwei unabhängigen Missionaren die näher be-
zeichneten Institute, deren Nummern mit denen
des Planes von Canton übereinstimmen.
Von der Hauptstadt aus hat sich die Mis-
sion in's Innere ausgedehnt, und hier meist rei-
chere Erfolge gefunden als dort. Die Londoner
haben um Pok lo ihre Gemeinden unter den
Hakkas der Umgegend (Che, Märtyr. 1861). Die-
selben und die Wesleyaner arbeiten in der
grossen Fabrikstadt Fat schan. Letztere haben
weit nach Norden bis in die Departements-Stadt
der wildgebirgigen Gegend von Shau chau (Schau
tschau) ausgedehnt. Die südlichen Baptisten
dagegen sind dem Westfiuss gefolgt und haben
ihren äussersten Punkt in Wu chau (Wu tschau),
*) Nur für den Pok lo-Distrikt müssen wir bemerken,
dass sich iu demselben ^ Punti findet und zwar an den
I Ufern der Ströme.
42
das schon zur Provinz Kwaog si gehört. Am
Ostfluss haben sie zwar auch die angedeutete
Aussenstation unter Hakkas, sonst wirken sie
wie die vorher genannten unter Puutis.
Die Arbeiter des Berliner Hauptvereins, die
ihre Station von der südöstlichen Halbinsel seit
einiger Zeit auch in die Hauptstadt verlegt
haben, haben namentlich in Fa yuen (Hwayuen)
ihre Gemeinden und Schulen, besonders unter
Hakkas.
Die Basis des ganzen europäischen Verkehrs
in diesem Theile China's ist jedoch die 1842 an
die Engländer abgetretene Insel Hongkong mit
der Hauptstadt Victoria*).
Auch hier hatten sich bald nach der Ab-
tretung die Missionare verschiedener Gesellschaften
eingefunden, nachdem sie zum Theil schon auf
Malakka gearbeitet, von wo sie eine Anzahl
Chinesischer Christen mit übersiedelten. Später
gründete Gützlaff hier seinen Chinesischen Verein
und zog die Arbeiter von drei Deutschen Ge-
sellschaften heran. Jener erreichte in trauriger
Weise sein Ende, diese dagegen fanden ihr Feld
auf der gegenüberliegenden Halbinsel, im Si ngon-
(Si non oder Sa non) Kreis*''') und zwar die
Basler unter den Hakkas, die Barmer unter
den Puntis, — die Berliner unter beiden. Die
Letzteren haben eine ausgedehnte Wirksamkeit
in Dorfschulen. Die Basler endlich erlangten
von hier aus erfolgreichen Eingang in dem weit
im Innern gelegenen Choug lok- (Tschong-lok)
Kreis, in gebirgiger Gegend unter durchgängiger
Hakka - Bevölkerung.
Ein ganz von dem bisher besprochenen ge-
trenntes Missionsgebiet zeigt unsere Karte im
N.-O. bei Swatau. Dasselbe schliesst sich an
die auf No. 27 dargestellte Amoy- Mission an.
Die Bevölkerung besteht durchgehends aus Hoklos
und der Dialect ist ein Zweig des Fuh kien-
Dialects. Die Englischen Presbyterianer sind seit
1857 dort und weiter im Innern in Chäu-Chau
(Tschau-tschau) thätig. Später fanden sich auch
die Amerikanischen Baptisten ein, die einen
Theil ihrer Bekehrten aus Siam hierher über-
siedelten. Sie nennen den letzteren Ort in
dialectisch verschiedener Form Tie-chiu.
Erklärung der Zahlen auf dem Plane von Oanton.
1. In der Kam Ii fau-Strasse 2 Wohnhäuser,) -j^^^^^^^^
Apotheke, Kapelle, Depot der britischen? .
, , 1 i Mission.
Bibclf^csellschait. j
2. Tai tsäk p'o (7te Wache), Kapelle.
3. Tai p'in t'ong, 2 Wohnhäuser.
4. Tai shap p'o (lOte Wache), Kapelle,!
Knabenschule.
.5. Tsang sha (Sand street), 2 Wohnhäuser,
Knabenschule, Mädchenschule, Kapelle.
o .2
'S
;äd-^
Wcsley-
anische
Mission.
Anierikan.
Board.
American
Unit. Pres-
byterian.
Southern
Baptist
Conven-
tion.
*) Siehe die Cartons; die Erklärung der Zahlen folgt
hier am Schlüsse.
**) Siehe den Carton auf Nr. 25.
6. Tai suu kai (Great New Str.), Kapelle.
7. Ko tai kai (High Str.), Kapelle, Bücher-^
laden, Knabenschule , Mädchenschule
8. Fuk lun kai, Kapelle.
9. Kuk ts'ong kai (Rice granary Str.), Mäd
chenschule.
10. Wang sha-Str., Wohnhaus, Kapelle.
11. Shap sam p'o (13te Wache), Knaben-
schule, Kapelle.
12. Ha kau po (untere 9te Wache), Kapelle.
13. Yan tsai-Str., 2 Wohnhäuser, Kostschule
und Tagesschule für Knaben.
14. Yan tsai-Str., Hospital und Kapelle.
15. Tsang sha (Sandstr.), Wohnhaus.
16. Treasury-Str. , Kapelle, Buchladen.
17. Tsang sha (Sandstr.), Wohnhaus.
18. Si pai lau Str, Kapelle, Knabenschule.
19. Tung shäk kok, Wohnhaus und Kapelle
von J. G. Roberts. Nicht in Verbindung
mit einer Gesellschaft.
20. Shak ki Ii, Wohnhaus und Kapelle. |
21. Pwan yu ch'it kai, Kapelle. [
22. Kau tsong hong (Old Granary Str.), Ka-f
pelle. )
23. Wang sha, Wohnhaus und Kapelle von
Dr. Vrooraan, jetzt Agent derBrit. Bibel-
gesellschaft.
24. Tsang sha (Sandstr.) , 2 Wohnhäuser,
2 Kostschulen für Knaben resp. Mäd-
chen vom Berliner Hauptverein.
25. Shameen, Christus-Kirche mit Pfarrhaus
von der Engl. Gemeinde zu Canton un-
terhalten, mit sonntäglichem Gottes-
dienst in Chinesischer Sprache.
26— 28. Tai sin kai (New Street), Wohnhaus, j Römisch-
Kostschulc für Knaben, Findelhaus, Ka- catlmiiscli
pelle, Kathedrale (im Bau). \ (französ.).
Erklärung der Zahlen auf dem Plane von Victoria.
1. Missionshaus der Church Miss. Soc.
2. ,, nebst Kapelle und Schule der Basler
Miss. -Ges.
3. Anglikanische Diöcesan- Schule für Mädchen.
4. Findelhaus des Berliner Frauenvereins.
5. Kapelle der Church Miss. Soc.
6. ,, ,, London „ „
7. 2te ,, „ ,, ,,
8. Union Chapel.
9. Gefängniss.
10. Römisch-katholische Kirche.
11. Post- und Gerichtsgebäude.
12. Zeitungsbureaux (China Mail, Dailv Press).
13. St. Pauls College „...H^anisch
14. Kathedrale ( an^ikanisch.
15. Gouvernementsgebäude.
IG. Parade-Platz.
17. Haupt- Wache.
18. Marine-Depot.
19. Arsenal.
20. Marine-Hospital.
21. Hospital für Eiugeborne.
22. 3te Kapelle der London M. Sor.
23. Seemanns-Hospital.
24. Friedhöfe, kathol., evaugel. und parsi.
A. Praya.
B. Queens Read.
C. Park.
D. Hollywood Read.
E. Caine „
F. Bonham „
G. Moschee.
H. Muhammedan. Friedhof.
°YeTdang M'f"
HeD&rtl» Coüia
GOTHA .llTi'mS l'MTEliS.
N^. 27. Die Provinz Fiih kieu.
Fuh kien (Fokien) ist die an die Nordost-
grenze von Kwaugtung sich anschliessende
Provinz, welche, in gerader Richtung gemessen,
einige 70 Deutsche Meilen der Chinesischen Küste
umfasist. Letztere erhält durch die zahlreichen
Buchten in Wirklichkeit eine viel grössere Aus-
dehnung. Sie ist meist steil und eingefasst von
vielen öden Inselchen. Die nördlichen und west-
lichen Theile der Provinz sind wildgebirgig,
im Anschluss an die Nan ling-Kette, die auch
hier die Grenze bildet. Der Min ist hier der
Hauptstrom. Seine Bedeutung als Verkehrs-
strasse erhellt daraus, dass 27 bedeutende Städte
an seinen Ufern liegen, unter denen die Haupt-
stadt Fuh chau fu allein eine Million Einwoh-
ner zählt. Sie liegt in einiger Entfernung vom
Nordufer des Min, an den jedoch die wachsenden
Vorstädte heran reichen. Die grösseren See-
schiffe können nicht bis hieher kommen, sondern
ankern bei Pagoda poiut; doch ist der Fluss
mit Fahrzeugen mancherlei Art und schwim-
menden Wohnungen bedeckt. Eine 420 Schritt
lange Brücke führt nach dem südlichen Ufer,
wo sich die Niederlassungen der Ausländer be-
finden. Die Umgegend ist überaus fruchtbar
und schön. Im Norden ist die Stadt von ma-
lerischen Bergen im Halbkreis umgeben.
Die Bevölkerung der Provinz wird auf 15
Millionen Seelen angegeben. Im Unterschiede
von den nördlicheren Gegenden findet man hier
einen düsteren, zurückhaltenden Charakter. Der
Fuh kien-Dialect zerfällt in verschiedene Mund-
arten. Die der Hauptstadt (der Nord Fuh kien-
Dialecte) ist rauh, die von Amoy stark nasalirt.
Im "Westen findet sich auch der Hakka-Dialect
(siehe zu No. 26).
Im Norden der Provinz sind bei den Wu-i-
Bergen die berühmten Thee - Distrikte , welche
den schwarzen Thee zur Ausfuhr liefern.
Qrundemann : Missionsatlas. II, 7.
Die evangelische Mission in der Hauptstadt
wurde 1846 durch den Americ. Bo.ard aufge-
nommen. Im folgenden Jahre traten die Amerik.
Episkopal-Methodisten und bald die Engl.-Kirch-
lichen Missionare hinzu. Eine Schwedische
Mission war nur sehr vorübergehend. Die an-
deren drei aber hatten zwar einen harten An-
fang, konnten ihr Werk jedoch fortwährend aus-
dehnen, wie die zahlreichen Missionsinstitute
in der Stadt und die sich stets mehrenden
Aussenstationen beweisen. Unter den erstcren
ist von besonderer Bedeutung die bedeutende
Druckerei. Die letzteren finden sich nicht bloss
in der Nähe der Hauptstadt, sondern bereits
tief im Innern der Provinz. Im Süden reicht
die Kette derselben bis nahe an die Grenze
eines andern Missionsgebietes, des von Amoy.
Diese Mission ist von der ersteren schon
darum verscliieden , weil die Mundarten von
einander abweichen. Amoy, der auf der Insel
gleichen Namens belegene Hafenort der Depar-
tements-Stadt Chaug chau fu am Drachenflusse,
war schon seit langer Zeit eine Stätte regen
Handelsverkehrs. Durch den Krieg 1842 wurde es
den Ausländern völlig geöffnet und 1844 Hessen
sich Missionare der Londoner Gesellschaft wie
der Englischeu Presbyterianer dort nieder. Mit
den letzteren verbanden sich bald die Boten
der Holländisch - reformirten Kirche von Nord-
Amerika. Alle wirken bis jetzt in schönster Ein-
tracht mit einander.
Diese Mission scheint bisher unter allen
evangelischen in China die gesegnetste zu sein.
In vielen Dörfern auf dem Festlande sind be-
reits beträchtliche Christengemeinden gesammelt.
Von Amoy aus hat in neuerer Zeit dann
die Mission auch auf Formosa (Tai wan) (siehe
No. 25 mit dem Carton daselbst) Eingang ge-
funden. Die westliche von Chinesischen An-
43
Siedlern bewohnte Hälfte dieser Insel gehört
zu Fuh kien und hat den Amoy-Dialect. Die
östliche Hälfte wird von Stämmen einer nie-
deren Kulturstufe bewohnt, die mit den Ein-
geborenen der Philippinen verwandt zu sein schei-
nen. Mit holländischen Handelsverbindungen,
die die spanischen nebst einer Dominicanermis-
sion verdrängten , war auf der Chinesischen
Seite schon im 17. Jahrhundert eine erfolg-
reiche evangelische Mission verknüpft gewesen,
die mit der Abnahme der ersteren wieder in
Verfall gerieth. 1865 nun ist durch die Eng-
lischen Presbyterianer in der Nähe von Takäu
wieder eine Station begründet Bald verbreitete
sich das Evangelium auch in die Umgegend,
und es bildete sich schon eine kleine Gemeinde,
die neuester Zeit durch Verfolgung heimgesucht
ist, bei der ein evangel. Katechist zum Mär-
tyrer wurde.
N". 28. Die Missionen in
Diese beiden Provinzen , welche unter dem
Namen Kiang nan zusammengefasst werden,
bilden den reichsten und am weitesten entwik-
kelten Theil des ganzen Chinesischen Reiches.
Für die erstere ist das, von zahlreichen grossen
und kleinen See'n unterbrochene Flachland cha-
rakteristisch. Tausende von Canälen durch-
schneiden dasselbe und geben hier wie iu Hol-
land Zeugniss von dem Fleisse der Bewohner.
Deiche und Dämme haben hier wie dort dem
Meere selbst fruchtbares Land abgezwungen.
Verkehr und Handel wird durch die natürlichen
und künstlichen Wasserstrassen begünstigt, unter
denen der Yang tsz kiang und der grosse nach
Peking führende Kaiser-Canal hervorragen. Der
Fruchtbarkeit des Landes entsprechen die zahl-
i-eichen grossen Städte, deren mehrere die See-
lenzahl einer Million überschreiten. Industrie
und Cultur steht in entsprechendem Verhältniss.
Das Centrum des hier besonders schnell gewach-
senen Verkehrs mit den Ausländern ist Schang-
hai. Derselbe erstreckt sich bis tief in's Innere,
da ihm auch mehrere Orte am Yang tsz kiang
geötfnet sind, daher die genannte Stadt immer
mehr die wichtigste Stelle unter allen Handels-
häfen einnimmt.
Die Provinz Che kiang ist vorwiegend ge-
birgig. Die Südgrenze bildet die nach dem
Meere zu sich verlaufende Nan ling-Kette, die
nach Norden zu in ein mannigfaltiges Bergland
übergeht. Ergiebige W^älder und Baumpflan-
zungen wechseln mit fruchtbaren Feldern.
Die ausgedehnte Industrie liefert Seide, Pa-
pier, Porzellan etc. Die Hauptstadt ist Hang
chau, der Sitz chinesischer Gelehrsamkeit. Ning-
po (eigentlich Nging-po) dagegen ist der Mit-
telpunkt des ausländischen Verkehrs.
üruDdemann: il issionsaUas. II, 7.
Kiang su und Che kiang.
Bald nach Beendigung des ersten chinesi-
schen Krieges begann auch hier die evangelische
Mission ihre Thätigkeit. Während desselben war
die benachbarte Insel Chusan (Tschusan) von
den Engländern besetzt gewesen und hatte so
bereits Gelegenheit für verschiedene Versuche
geboten. Nach Eröffnung der Hafenstädte aber
wurde Ningpo der Hauptsitz. Amerikanische
Baptisten und Presbyterianer entfalteten bald
eine bedeutende Thätigkeit. Letztere besonders,
sowohl durch ihre ärztliche Praxis als auch
durch ihre Presse unterstützt, die sich um die
Vereinfachung des Druckes der Chinesischen
Schrift bedeutende Verdienste erworben hat.
1860 wurde dieselbe nach Shanghai verlegt.
1848 kam auch die Englisch-Kirchliche Mission
nach Ningpo.
Alle diese Gesellschaften haben nach und
nach auch in der Umgegend Eingang gefunden
und zahlreiche Aussenstationen angelegt. Na-
mentlich der dicht bevölkerte Sanpo - Distrikt
nördlich von der Stadt bot ein ergiebiges Feld
für die Presbyterianische und Kirchliche Mission ;
die Baptisten dagegen fanden in dem ferneren
(S. - W.) Kinghwa erfreuliche Erfolge. Diese
Arbeiten wurden durch die Taipings, welche
1861 Ningpo eroberten und die ganze Um-
gegend hart mitnahmen, sehr gestört. Nachdem
jene aber durch die Engländer zurückgeschlagen
und die Gegend wieder beruhigt war, haben
sich die Gemeindlein der Aussenstationen wieder
zusammengefunden und sind in stetiger Zunahme
begriffen, wenn sie auch hinter denen der Amoy-
mission zurückstehen.
Neuer und noch minder ausgedehnt sind die
Arbeiten der Englischen Unirten Methodisten
(seit 1864), sowie der Unirten Presbyterianer
44
aus Schottland (seit 1865), die sich beiderseits
auf die Stadt beschränken. Letztere haben ein
Hospital.
Von Ningpo aus haben in neuerer Zeit
verschiedene Gesellschaften die Hauptstadt der
Provinz, Hang chau fu, besetzen können.
In Shanghai wurde die evangelische Mis-
sion zuerst von der Londoner Gesellschaft auf-
genommen (1843). Sie ist die einzige, welche
ihre Thätigkeit nicht auf die Stadt beschränkt,
sondern eine Anzahl Aussenstationen in der
Umgegend besitzt, deren wichtigste im Carton
angegeben sind*). In der Stadt haben sie Ho-
spital und Druckerei. Die Amerikanische Epis-
copale Mission fand hier nach lOjähriger Vor-
bereitung in Batavia und Macao ihr Arbeits-
feld , auf dem Bischof Boone lange im Segen
wirkte. An der Heranbildung eingeborner Geist-
licher ist mit Erfolg gearbeitet. Auch konnte
von hier aus diese Mission sich in neuerer Zeit
nach Peking und Wuchang ausdehnen.
Sonst sind aus Amerika hier Presbyterianer
thätig seit 1848, sowie Methodisten und Bap-
tisten aus den Südstaaten (Meth. Episcop. Church
South und Southern Bapt. Convention) , welche
letztere trotz des Krieges, obwohl unter grossen
Schwierigkeiten, ihr Werk fortführten, das nun
aus ihi"er Heimath allmählig wieder kräftiger
unterstützt wird. Die Methodisten arbeiten
auch in Su chan und einigen anderen Aussensta-
tionen. Die Baptistischen Sabbatharier (Seventh
Day Baptists) wq-ren in der letzten Zeit nur
*) Auch das entferntere Su ihau gehört dazu.
durch einen eingebornen Arbeiter vertreten,
ebenso die Chui'ch Miss. Society. Die Britische
Bibelgesellschaft hat hier einen eigenen Vertreter,
I der eine Zahl von eingebornen Colporteuren
leitet.
In neuester Zeit ist in den beiden in Kede
• stehenden Provinzen eine ausgedehnte, energisch
beginnende Mission eingetreten: Die Englische
China-Inland-Mission, deren Arbeiter mit grosser
Hingabe sich den Eingebornen in Tracht, Sitte
i u. s. w. möglichst accommodiren , um an tiefer
t
! im Innern gelegenen und vom europäischen Ver-
I kehr noch entfernten Plätzen ihren Wohnsitz
[ zu nehmen.
Wie die Karte zeigt haben sie in wenigen
j Jahren eine bedeutende Anzahl Stationen gegrün-
det, und wenn sie auch kürzlich in Yang chau
j eine schwere Anfechtung betraf, so ist doch
schon von manchem gesegneten Erfolge zu be-
richten. Shanghai und Ningpo bilden die Basis
für diese Unternehmungen im Innern.
Der schnell steigende Handelsverkehr auf
dem Yang tsz kiang, dem bereits mehrere Plätze
geöffnet sind, hat auch der Mission schou die
Wege gebahnt. Londoner und Wesleyaner wir-
ken seit einigen Jahren schon in Hankau, von
wo aus die ersteren auch Aussenstationeu in
der Umgegeud gründeten; die letzteren aber
die grosse Nachbarstadt Wuchang besetzten. Die
Amei'ik. Episcopalen haben sich neuerlichst da-
selbst, sowie auch in Kiu kiang, niedergelassen.
(Siehe JSTo. 25 und den Carton daselbst oben
links.)
^\ 29. Nord -China.
Das vorliegende Blatt zeigt uns das jüngste
der evangelischen Missionsfelder in China, das
erst nach dem Friedensschluss von Peking (1860)
eröffnet wurde. Hier bietet die Hauptstadt den
wichtigsten Punkt, der auch für die Missions-
arbeit im ganzen Reiche von der höchsten Be-
deutung ist. Die zwei Millionen Einwohner zäh-
lende Stadt liegt nicht fern vom Pei ho, in einer
flachen, sandigen Ebene, die sich weit gegen
Süden erstreckt und den minder fruchtbaren
Theil des Reiches ausmacht. Der früher nach
Osten Üiessende Hwang (Hoang)- ho hat seit
etwa einem Jahrzehnt seinen Weg in nordöst-
licher Richtung erhalten und mündet nun in den
Meerbusen von Peh chi Ii. Südlich von dem
letzteren springt, ein breites Gebirgsland, das die
Provinz Shantung ausmacht, in's Meer vor. Die-
ses bildet den Übergang von jener Ebene zu
den, auf dem vorhergehenden Blatte dargestellten
fruchtbarsten Theilen Chiua's.
Chi fu (Cheefoo) und Teng chau (Tung chow)
sind die beiden Hafenstädte an der Küste von
Shantung, die für den Verkehr mit Ausländern
von Bedeutung sind. Hier wurden zuerst die
Erfolge des letzten Krieges wahrgenommen, um
evangelische Missions-Stationen zu gründen, und
zwar von Baptisten, Englischen und Amerika-
nischen aus den Südstaaten, so wie von Ame-
rikanischen Presbyterianern. Ein Versuch der
Pariser Gesellschaft war von sehr kurzer Dauer.
Überhaupt wurden diese Missionen schon im
ersten Jahre ihres Bestehens bedeutend gestört
durch das Vordringen roher Rebellenhorden,
denen zwei Missionare zum Opfer fielen. Später
jedoch gedieh das "Werk und verbreitete sich in
die Umgegend, wo nunmehr bereits auf verschie-
Giundeiuanu : HiaiionnaUas. II, 7.
denen Aussen - Stationen Gemeinden gesammelt
sind, die sich, trotz der neuerlichst wiederholten
Unruhen, gehalten haben.
Der zweite Posten, den die Mission auf ihrem
Wege zur Hauptstadt besetzte , war Tientsin,
eine Stadt von 200,000 Einwohnern und Hafen
von Peking, in der sich Missionare der Londoner
Gesellschaft so wie der New Connexion Metho-
dists niederliessen (1861). Die letzteren fanden
später in dem südlich gelegenen Lauling-Distrikt
ein sehr ergiebiges Missionsgebiet, auf dem bald
verhältnissmässig zahlreiche Gemeinden sich zu-
sammenfanden. Dieselben haben bereits harte
Prüfungskämpfe zu bestehen gehabt. Auch die
Londoner Mission konnte in jener Gegend er-
folgreiche Aussenstationen anlegen.
Das Hauptziel der Mission in China war die
Hauptstadt Peking, in der bereits 1861 die
letztgenannte Gesellschaft ein Hospital errich-
tete. In den folgenden Jahren fanden sich die
Arbeiter der übrigen auf der Karte angedeuteten
Gesellschaften ein. Die Riesenstadt würde frei-
lich noch für mehr Kräfte Raum haben. — Die
Katholische Mission hat hier an den bedeutenden
Grundstücken und Gebäuden, die in früheren
Zeiten confiscirt waren, nun aber zurückgegeben
sind, ihren Vorschub. Die Russisch-Griechische
Mission besteht schon über ein Jahrhundert für
gefangene Kosaken, die hier angesiedelt wurden,
und ihre Nachkommen. Es soll ihr kaum ge-
lungen sein, diese vor dem Verfall in Chinesi-
sches Heidenthum zu bewahren.
Der Amerikan. Board hat endlich einen
Vorposten bereits weit nach Nordwesten bis an
die Grenzen der Mongolei vorgeschoben, in Kai-
gan, einer Handelsstadt au der grossen, durch
45
Sibirien führenden Karawanen-Strasse. Auch in
dem südwestlich gelegenen Pau ting fu ist eine
Aussenstation errichtet.
Nach der anderen Seite dehnte der hoch-
verdiente Missionar Bums die Mission aus, in-
dem er das "Werk in Niu chwang dem nörd-
lichsten der geöffneten Hafenplätze, dem Golfe
von Liän tong begann. Nach seinem bald dar-
auf erfolgten Tode haben die Irischen Presby-
terianer dieses Arbeitsfeld aufgenommen.
ALLGEMEINER
MISSIONS-ATLAS
NACH ORIGINALQUELLEN
BEARBEITET
. VON
V
R. GRUNDEMANN
PFAKßEH ZU MÖRZ BEI UELZIG.
POLYNESIEN.
GOTHA:
JUSTUS PERTHES.
1870.
DIE
MISSIONEN IN POLYNESIEN
IN ZWÖLF KAETEN
MIT
ERLÄUTERNDEM TEXTE
DARGESTELLT
VON
R. GRUNDEMANN
l'FARKEK ZU MÖRZ BEI BELZIG.
GOTHA:
JUSTUS
1870.
PERTHES.
Alissions Atlas.
Polvnes, X? l
i 3T0NGA
MAIfOAlA
ni .irkv rHelffiivIli
'I PERTHES.
N". 1. Die Inseln des Grossen Oceans.
Der Grosse Ocean, dessen oft vom Sturm
gepeitschte Finthen mit Unrecht „Stilles Meer"
genannt werden, so wenig als er, weit nach
Norden sich erstreckend , als Südsee bezeichnet
werden kann, ist eingefasst von zwei "Weltthei-
len, die er früher wie eine mächtige Kluft zu
trennen schien , während er nun immer mehr
das geeignete Mittelglied für einen regen Ver-
kehr derselben bildet. So hat auch erst die neue
Zeit den dichten Schleier aufgehoben, der lange
über der Inselwelt gebreitet lag, die er um-
schliesst. Es ist eine eigene Welt. Unbedeutend
scheinen die Eilande, deren viele wir in der
Idee ihrer Fläche nach zehnfach vergrössern
raussten, um sie nur als Pünktchen in unserem
Maassstabe darstellen zu können. Und doch fehlt
ihnen nicht die Mannigfaltigkeit, die eine sel-
tene Fülle landschaftlicher Schönheit erzeugt.
So besonders bei den Hohen Inseln. Diese Klasse
verdankt ihren Ursprung vulkanischer Thätig-
keit. Es sind die höchsten Gipfel der reich-
gegliederten unterseeischen Gebirge, die bis jetzt
noch einer genaueren Erforschung sich entzogen
haben. Diese Gipfel aber ragen in einigen Fällen
bis an 14,000 Fuss über den "Wasserspiegel
hervor, umgeben von massigeren Höhen. An
manchen Orten findet sich eine fortdauernde
vulkanische Thätigkeit, während fast alle Hohen
Inseln Spuren erloschener Vulkane zeigen. Das
Tropen-Klima, hier gemildert durch die kühlende
Fluth , kleidet die Berge mit unverwelklichem
Grün, während die Schluchten und Thäler nie
versiegende Bäche führen. Die Vegetation ist
reichhaltig. Schlanke Palmen wiegen ihre Wedel
in den Lüften; üppig wuchern die breitblätte-
rigen Bananen; kräftige Brodfruchtbäume liefern
die Fülle treölicher Früchte, und manche Knol-
lengewächse geben reichliche Nahrung (Yams,
Taro etc.). Ärmlicher war ursprünglich die
Thier weit vertreten. Mannigfache schön befie-
derte Tauben -Arten und andere Vögel freilich
girren in den Zweigen, doch von Vierfüsslern
waren nur Schwein , Hund und Ratte vor-
handen. Seit der Entdeckung sind Europäische
Grundemann : Misaionsallas. III, S.
Hausthiere und manche Kulturpflanzen ein-
gefiilirt worden.
Das Innere dieser Inseln ist meist nicht be-
wohnt; selbst da, wo es wohlzugänglich wäre,
und wo auch Ruinen zeigen, dass frühere Gene-
rationen dort ihren Wohnsitz hatten, leben die
jetzigen Insulaner fast nur am Strande. An
manchen Stellen ist derselbe- schroff mit Basalt-
Felsen abfallend, an denen die Brandung furcht-
bar tobt, oft aber legt sich ein fl.acher Gürtel
fruchtbaren Landes um den Fuss der Berge,
dessen Sandrand von einer spiegelglatten Lagune
umgeben ist, die durch einen starken Korallen-
Damm vor der Macht der Wogen geschützt wird.
Jener Damm, von den bekannten Thierchen auf-
gebaut, übersteigt die Oberfläche des Wassers
wenig, ja wird oft von der Fluth überstiegen.
Hie und da aber haben sich Stellen gebildet,
die von jener nicht mehr erreicht werden. Weis-
ser Korallensand von den zerriebenen Felsen
bedeckt sie. Auf demselben sprosst niederes Ge-
sträuch und die Kokos-Palme, die für jene Insel-
welt so bezeichnend ist.
Mit dieser Beschreibung aber kommen wir
schon zu einer anderen Gattung der Inseln,
den Niedrü/en Korallen - Inseln. Sie bestehen
lediglich aus solch' einer Korallen - Mauer , auf
der sich jene grünen Inselchen oft in grösster
Zahl finden. Bei andern ist diese Mauer so weit
gehoben, dass sie eine zusammenhängende Insel
bildet, die, bei mehreren Seemeilen Länge, in
der Breite nur einige hundert Schritt misst.
Gewöhnlich schliesst sich der Korallen-Damm zu
einem Ringe zusammen, dessen Mitte dann die
oben erwähnte Lagune einnimmt. Herrlich prangen
in dem klaren Wasser derselben die animalischen
Wälder der Korallen in leuchtenden Farben blau,
gelb und roth, während schillernde Fische flink
zwischen ihren Ästen dahinschiessen. Diese
Schönheit der Lagune ersetzt einigermaassen,
was sonst den niedrigen sandigen Inseln in ihrer
Eintönigkeit mangelt. Die Vegetation, obgleich
nicht karg, ist in ihren Arten hier sehr be-
schränkt, während die Hohen Inseln eine viel
47
reichere Auswahl bieten. Quellen fehlen, Trink-
wasser lässt sich nur durch Sammeln des Regen-
wassers gewinnen, doch auch die Kokosnuss mit
ihrem frischen Safte beugt dem drohenden Durste
vor.
Endlich haben wir aber noch eine dritte
Klasse von Inseln zu erwähnen. Wie in ande-
ren Gegenden ein Steigen oder Fallen des Lan-
des wahrgenommen wird, so auch im Grossen
Ocean. Wird eine niedrige Insel der Art ge-
hoben, so kommt der Grund ihrer Lagune all-
mählich in den Bereich der Korallen - Arbeit ••') ;
dadurch wird dieselbe nach und nach ausgefüllt.
Geht die Hebung fort, so sterben die Thierchen
über dem Wasser ab und bilden den Korallen-
Felsen , wie überhaupt da , wo sie den tiefsten
Wasserstand überschreiten. Der Art finden wir
Korallen - Inseln mit schroffen , zum Theil von
der Brandung zu den sonderbarsten Gestalten
unterwühlten Felswänden, die 200 — 300 Fuss
über das Wasser hervorragen **) ; man nennt
sie „Hohe Korallen - Inseln". Bei manchen ist
die Erhebung noch geringer, und es finden sich
die Spuren der verschwindenden Lagune als ein
Sumpf mit brackigem Wasser.
Der fruchtbare Boden, der bei diesen Hohen
Korallen-Inseln zum grossen Theil an die Stelle
des Korallensandes tritt, hat eine reichhaltigere
Vegetation zur Folge.
Diess sind die verschiedeneu Gestalten, welche
die festen Plätze im Grossen Ocean aufweisen.
Ein interessantes Volk bewohnt dieselben,
selbst noch ein Käthsel für die Forscher. Be-
deutungsvoll dafüi", wie überhaupt Menschen auf
diese Eilande kamen, sind die Strömungen, die
noch jetzt Gruppen der Eingebornen nicht selten
Tausende von Meilen zu entlegenen Inseln füh-
ren. Woher aber kamen jene lichtbraunen Men-
schen mit den schlichten schwarzen Haaren, jene
schönen Gestalten mit intelligenten Gesichtern,
die so vielfach durch bewunderungswürdige Fer-
tigkeiten andere Völkerstämme übertrefifen , ja
denen eine originale Kultur-Entwickelung nicht
abgesprochen werden kann? Aus den dunkelen
*) Dieselben bauen nicht tiefer als etwa 100 Fuss.
Die Inseln sind daher nicht vom Meeresgrunde aufgebaut,
sondern auf Erhöhungen im Meere. Die Ringforni liisst
auf Krater schliessen.
**) Z. B. die Loyalty- Inseln , die Vavau- Gruppe und
andere.
Andeutungen ihrer Mythologie lässt sich nichts
Genaues ermessen, doch vermuthet man meist
einen Zusammenhang mit den Malaien und durch
diese mit den Indiern, daher man die Race als
Austral-Indier bezeichnet hat. Ihre Sprache, die
sich in acht verschiedene Dialekte mit bestimm-
tem Lautwechsel entfaltet hat, ist überaus weich
und vokalreich. Weich ist im Ganzen auch der
Volkscharakter, obwohl oft entfesselte Leiden-
schaften sie von einer ganz anderen Seite ken-
nen lehren. Wie wäre es sonst möglich, dass
dieses Volk die grausigsten Tiefen menschlichen
Verderbens erreicht hat, die kaum irgend sonst
sich so wiederfinden? Der Kannibalismus mit
seinen Gräueln hat zwar nicht auf allen Grup-
pen Eingang gefunden, Menschenopfer aber waren
wohl einst überall üblich, wie auch der Kinder-
mord in engster Verbindung mit der Polynesi-
schen Hauptsünde, der Unkeuschheit.
Die Verfassung ist patriarchalisch mit hie-
rarchischen Elementen, welclie letztere beson-
ders im Tabu zu Tage treten, jenem Bann,
durch den irgend etwas für alle übrigen Men-
schen gleichsam nicht mehr da und nur noch
für den Häuptling vorhanden ist. Da die Be-
völkerung auch kleinerer Inseln in viele Stämme
zersplittert ist, ja oft jedes Dorf unter seinem
Haupte ein eigenes Gemeinwesen ausmacht, so
fehlte es in der vorchi-istlichen Periode nicht
an fortwährender Fehde mit blutigen Kämpfen.
Eine Aristokratie, die dem Häuptling zur Seite
steht, bildet eine völlige Kastentheilung. Nur
auf einigen Gruppen (Tonga, Hawaii Tahiti)
haben es kräftige Charaktere zur Herstellung
einheitlicher Reiche gebracht.
Die Religion wurzelte in einer complicirten
Mythologie, die bei gemeinsamen Anklängen auf
den verschiedenen Gruppen sich verschieden ge-
staltet hatte. Unförmliche Götzen von Holz
verehrte man an jenen einsamen Plätzen der
Marals, die nur zu oft mit dem Blute der
Schlachtopfer besudelt wurden.
Doch die Zeiten sind vergangen. Nirgends
sonst hat in neuerer Zeit das Christenthum einen
durchgreifenderen Umschwung hervorgerufen als
unter den Polynesischen Stämmen. Bei Ver-
gleichung der Berichte Europäischer Entdecker
mit den Scliilderungen der gegenwärtigen Zu-
stände muss man erstaunen über die schroffe
Kluft, die sich zwischen dem „Sonst" und „Jetzt"
aufthut, um so mehr, da jeues bis iu den An-
fang, ja selbst die weiteren Jahrzehnte unseres
Jahrhunderts hineinreicht.
Magellan (Maghalhaes) war der Erste, der
sich durch das weite Meer gewagt hatte (1519).
In den nächsten Jahrhunderten fand er nur ver-
einzelte Nachfolger. Der berühmte Cook erst
erschloss die Inselwelt den Europäischen Ein-
flüssen. Ihm folgte bald (1796) das erste Mis-
sions-Schiff, der „Duff", der nach Tahiti, den Mar-
qucsas- und Tonga -Inseln eine Anzahl Missio-
nare der Londoner Gesellschaft brachte. Die
letzteren Stationen waren jedoch nur von kurzer
Dauer, und auch auf der ersteren hatte das
Christenthum manche Kämpfe zu bestehen, bis
es den Sieg erlangte. Von dort aus breitete es
sich dann seit dem zweiten Jahrzehnt nach den
anderen Gruppen aus, wobei der rastlose Apo-
stel Polynesiens, John Williams, der 1839 als
Märtyrer fiel, nicht übersehen werden darf. Von
anderer Seite begannen die Methodisten ihre
erfolgreichen Arbeiten auf den Tonga-Inseln und
der Amerikanische Board auf den Hawaii-Inseln,
während die Englisch-kirchliche Gesellschaft sich
der Poljmesier Neu-Seelands annahm.
Die Erfolge sind grossartig. Die meisten
jener Inselgruppen können als christianisirt an-
gesehen werden. Die verschiedenen Dialekte
sind zu Schriftsprachen*) erhoben. Lesen und
Schreiben ist allgemein bekannt, die Bibel und
eine chi-istiiche Literatur ist verbreitet und selbst
Zeitschriften fehlen nicht. Die Wirkungen des
Christenthums insbesondere können ermessen
werden an der Aufopferungsfreudigkeit, mit der
sich Eingebornc zu Missionaren selbst auf ge-
fährlichen Posten hergeben **), während die Ge-
meinden reichlichere Beiträge für kirchliche
Zwecke und die Mission aufbringen, als man
nach ihren Verhältnissen erwarten möchte.
Doch fehlt es den heutigen Zuständen Poly-
nesiens nicht an Schatten. Es war nicht allein
die Mission, die Europäische Einflüsse dorthin
*) Die Laute, deren Zahl meist auf IG bis lö be-
schränkt ist, werden mit den entsprechenden Zeichen un-
seres Alphabets geschrieben; für ng wird jedoch nur ,,g"
gesetzt.
**) Die kleineren und entlegeneren Inseln werden mit
eingebornen Predigern, die iu besonderen Seminaren ge-
bildet werden, besetzt. Andere gehen nach Melanesien,
wo für das Cbristenthum der erste Grund zu brechen ist.
brachte. Gleichzeitig begann die Handelsschiff-
fahrt durch den Grossen Occan. Sandelholz,
Trepang*), Schildpatt, vor Allem aber der Wal-
fischfang gewährte reiche Ausbeute. Der dadurch
hervorgerufene Verkehr mit den Eingebornen
wirkte auf diese höchst nachtheilig. Einzelne
weggelaufene Seeleute Hessen sich auf dieser
und jeuer Insel nieder und gewannen grossen
Einfluss, der oft nur zu verderblich angewendet
wurde. Solche „Eunaways" oder andere Aben-
teurer finden sich fast auf allen, auch den ent-
legensten Inselchen.
In neuerer Zeit gewinnt ein gediegenerer
Handel, besonders mit Kokos-01 und -Fasern,
grosse Bedeutung. Ein Hamburger Handelshaus
hat seine zahlreichen Agenten für denselben auf
den verschiedenen, auch kleineren Inseln. Vor
einigen Jahren aber erreichten die verderblichen
Einflüsse wohl ihren Gipfel mit den Sklaven-
schiffen aus Peru, die manches Inselehen fast
entvölkert haben, indem sie die Eingebornen oft
durch die schändlichsten Mittel in ihre Gewalt
brachten.
Auf der anderen Seite dürfen aber auch
Schatten nicht verschwiegen werden, die in Ein-
seitigkeiten der Mission ihren Grund haben.
Das übertriebene gesetzliche Wesen , das auf
Äusserlichkciten ein Gewicht legt, das Verbot
des Tabakrauchens, die mit der Kirchenzucht
verbundenen Bussleistungen, die den Häuptlin-
gen, ja, man sagt auch den (eingebornen) Pre-
digern, Vortheil gewähren, u. s. w. gehören mit
zu der unvollkommenen Schale, in die der edle
Kern des Christenthums auch dort gekleidet ist.
Hier haben die Feinde der Mission immer
ihre Anknüpfungspunkte gesucht. Aber auch die
katholische Mission hat sich hie und da mit
Erfolg einer dort einhetzenden Polemik bedient.
Ihr „heiteres Christenthum" freiüch geht auch,
der Zügellosigkeit Thor und Thür öffnend, ins
andere Extrem über, so dass das „Lotu popi"**)
unter den evangelischen Polynesieru keinen guten
Klang haben kann. Die katholische Mission be-
gann 1834 auf Mangareva (Gambier-Inseln, vgl.
No. 9), wo sie Anfangs ihr Centrum errichtete.
*) Seewalzen (Mollusken), die gedörrt als Leckerbissen
nach China gebracht werden.
**) Papst -Evangelium, so wird der Eatholicismus ge-
nannt , während die evangelische Uonfession Lotu oder
Lotu Beritani, Britisches Evangelium, heisst.
Später ist dasselbe nach Uea (Wallis -Inseln, i
vergl. No. 6) verlegt, von wo aus der eifrige j
Bischof Bataillon auf den benachbarten Gruppen
Einfluss zu gewinnen sucht, — da und dort frei-
lich vergeblich, wie auf den Tonga - Inseln , wo
das Evangelium so fest gewurzelt ist, dass selbst
Französische Drohungen und Gewaltthaten dem
Ifatholicismus keinen Nachdruck verleihen konn-
ten. Mehr Anhang hat derselbe auf den Hawaii-
Inseln erlangt.
Traurig aber ist es, dass nicht allein die
Evangelischen und Katholischen einander gegen- j
über stehen, sondern dass auch unter den erste- |
ren Streitigkeiten verschiedener Denominationen
entstanden sind, und zwar wegen der Arbeits-
gebiete auf den Samoa-Inseln (vergl. zu No. 8),
oder jener neue Eingriff der Anglikanischen
Mission in das alte Feld der Amerikanischen }
Independenten auf den Hawaii-Inseln. Die Ein- 1
geborneu, sobald sie Partei ergriffen haben, er-
scliweren jegliche Beilegung solchen Streites.
Alles bisher Gesagte bezieht sich zunächst
auf die Polynesicr im engeren Sinne*). Nicht
alle Inseln des Grossen Oceans sind jedoch von !
diesen bewohnt. Die westlichen Gruppen süd-
lich vom Äquator bezeichnet man als Melane-
sien, die entsprechenden nördlich von demselben ^
als Mikronesien. (Vergl. No. 4 und No. 12.)
Das erstere Gebiet zeigt ethnographisch den
entschiedensten Unterschied von dem eben be-
sprochenen. Die Papuas, diese fast schwarzen
muskellosen Gestalten mit dem ausdruckslosen
Gesicht und dem Wust gekräuselter Haare auf
dem Kopfe, stechen auffallend von den oben
geschilderten Polynesiern ab. Sie stehen auf
einer viel tieferen Stufe der Kultur und reden 1
eine ganz abweichende, in unzählige Dialekte
zersplitterte Sprache. Nur an wenigen Punkten
hat unter ihnen das Christenthum entscliiedene
Siege gewonnen; zum grössten Theil sind die
Gräuel des rohesten Heidenthums in vollem
Schwange.
Diess Gebiet der Inselwelt steht im nächsten
Zusammenhange mit Australien, resp. Neu-Guinea.
Mikronesien aber, obgleich den echten Polyne-
siern näher verwandt, lässt auf Beziehungen zu
Ost-Asien schliessen. Die früheren katholischen
*) Auch unter diesen sind u. B. ilie Marquesas-lnsu-
lancr weit hinter den anderen zurück.
Missionen auf dem letzteren Gebiete haben nicht
sehr segensreiche Früchte geliefert. Die evange-
lische Mission dagegen steht hier noch in ihren
Anfängen.
Die übrigen Insel-Gruppen des Grossen Oceans,
mit Ausnahme der hei len eben erwähnten Ge-
biete, machen Polynesien im engeren Sinne aus.
Zu erwähnen ist jedoch , dass die Viti - (Fiji -)
Gruppe eine mittlere Stellung zwischen Melane-
sien und Polynesien einnimmt. Die Bevölkerung
wird als Mischlingsrace angesehen, die einerseits
mit ihren östlichen Nachbarn nach Sitte, Mytho-
logie, Struktur der Sprache verwandt ist, wäh-
rend sie in Grausamkeit, Kannibalismus u. s. w.
den westlichen Nachbarn gleicht. Bei ihr hat
das Christenthum zum Theil bereits herrliche
Triumphe gefeiert , während andere Theilc der
Gruppe mit vollem Heidenthum ihm schroff ent-
gegenstehen. Was wir von jenen anderen Insel-
gruppen als das scharf geschiedene „Sonst" und
„Jetzt" erwähnten, finden wir auf Viti heute
noch im schneidendsten Gegensatz neben einander.
So Verschiedenes aber von den verschiedenen
Gebieten des Grossen Oceans zu sagen war, zum
Schluss ist noch ein Zug zu erwähnen, der alle
in gleicher Weise trifft. Es ist das Aussterben
der Eiugebornen. Feinde der Mission haben
diese dafür verantwortlich machen wollen , mit
Unrecht, denn in einzelnen Fällen lässt sich
schlagend nachweisen, wie ein bei'eits schleu-
nigeres Aussterben seit den Einflüssen der Mis-
sion verlangsamt wurde. Auf einigen Gruppen
scheint sogar seit einigen Jahren die Seeleuzah]
sich gleichmässig halten zu wollen. Es ist nach-
gewiesen, dass die Abnahme der Bevölkerung
schon vor der Zeit der Europäischen Entdeckungs-
reisen eingetreten wai". Dass sie durch den Ver-
kehr mit Europäern beschleunigt wurde, steht
fest. Schreckliche Epidemien (Pocken , Masern,
Scharlachfieber) decimiren hie und da das Volk,
still siechen Viele , oft gediegene Christen , an
der Schwindsucht dahin, und Andere, namentlich
die der Zucht des Wortes Gottes widerstreben,
werden von dem ekelhaften Gifte der Lustseuche
verzehrt. Diese zeigen die Verwüstungen des
Verkehrs mit gottlosen Ausländern, jene erin-
nern wehmüthig an die welkende Blume, die
nach der schönsten Zeit der Blüthe alsbald hin-
schwindet. Ob das Christenthum, welches das
Polyuesische Volksleben innerlich so kräftig um-
gewandelt hat*), luicli äussorlicli einige dieser
Stamme so weit kraftigen wird , dass sie Theil
nelimeu dürfen an der noch bevorstehenden
Weltentwickelung r oder ob es nur das goldene
Abendroth ist, das nach stürmischem, kampf-
bewegtem Leben das Ende dieser Völker mit
iriedlich-mildeni Glänze erleuchtet ? Wir wissen
es nicht, doch die moderne Kultur, leider viel-
fach losgelöst vom Christenthum, findet unauf-
haltsam ihren Weg auch zu jener Inselwelt, um
so mehr, als nun auch regelmässige Dampfer
die mächtigen Finthen durcheilen und immer
zahlreichere, in dem dürren Australien enttäuschte
Kolonisten von jenen grünen Inseln angezogen
*) Natürlich ist nicht zu vergessen, wie eben angedeu-
tet, dass auch hier Unkraut und Waizen gemischt sind.
werden. — Frankreich hat ihren Werth wohl
erkannt, es war nicht blöde, üesitz zu ergreifen.
Das empörende Verfahren auf Tahiti und neuer-
dings auf den Loyalty - Inseln braucht nur an-
gedeutet zu werden. Andere Inseln hat Ame-
rika annektirt, das, nach Vollendung der grossen
Pacific - Eisenbahn dem Zuge der Kultur von
Osten nach Westen folgend, einst sein ganzes Ge-
wicht dem Grossen Ocean zuwenden wird. Wie
sich die politischen Verhältnisse auf den Inseln
gestalten werden, das verhüllt noch der Schleier
[ der Zukunft. Sollten aber auch die Insulaner
unrettbar dahinschwinden, so würde man doch
auch nach dem, was das Evangelium bis jetzt
an ihnen gewirkt hat, sagen müssen, dass die
Mission unter ihnen nicht vergeblich gewesen ist.
Zur Erläuterung des Cartons der Hervey- und Austral - Inseln
fügen wir folgende Bemerkungen hinzu.
Diese Gruppen gehören grösstenthcils zu
den hohen vulkanischen Inseln. Nur einige, wie
Atiu und Maugaia, haben als hohe Korallen-
Inseln eine weniger beträchtliche Erhebung über
das Meer und Mitiero, so wie die unbewohn-
ten HuU - und Sands -Inseln sind ganz niedrig.
Auf allen waltet eine üppige Vegetation, die
aber namentlich auf den Hervey-Inseln zuweilen
von furchtbaren Stürmen verheert wird. Die
Bevölkerung bildet hier einen besonderen Zweig
der Polynesischen Völkerfamilie und unterschei-
det sich durch ihren härteren Dialekt. Die Be-
wohner der Austral -Inseln dagegen sind mit
denen der Gesellschafts - Inseln nahe verwandt.
Die frühere heidnische Keligion zeigt dieselben
Grundzüge, die man bei den verschiedenen Poly-
nesischen Völkern findet. Den Sitten nach ge-
hörten die Hervey-Insulaner zu den grausameren
und auch Kannibalismus kam unter ihnen vor.
Obgleich von Cook der Mehrzahl nach ent-
deckt (daher auch Cook's Gruppe genannt), wur-
den die Hervey-Inseln wenig von Europäischen
Schiffen besucht*), bis zur Einführung des Chri-
stenthums (1823), durch die John Williams' Name
unvergesslich geworden ist. Auf einigen der
Inseln ging dieselbe schnell von Statten , wie
*) Was auch jetzt wegen des Mangels an u;uten Häfen
nur selten geschieht.
namentlich auf Aitutaki, das in Jahresfrist völlig
umgewandelt war, auf anderen waren erst manche
Kämpfe zu überstehen, wie auf Mangaia. Gegen-
wärtig sind die drei bezeichneten Stationen mit
Europäischen Arbeitern besetzt, doch bestehen
ausserdem noch sechs andere Gemeinden mit
eigenen Kirchen, in denen eingeborne Geistliche
wirken. Auf ßarotouga befindet sich das Semi-
nar zur Ausbildung derselben. Der letzte Be-
richt der Londoner Missions - Gesellschaft zählt
2117 Communikanten ; die Beiträge für die Mis-
sion sind bedeutend.
Auch hier schmilzt die Bevölkerung schnell
zusammen, wie folgende Ziffern zeigen:
Earotonga 1823: 6-bis7000, 1863: 2500,
Mangaia 1861: 2000, 1863: 1400.
Die Austral-Inseln , die nach der einen von
ihnen auch Tubuai-Inseln genannt werden, wur-
den von Tahiti aus durch eingeborne Lehrer
christianisirt (nur Rurutu erhielt das Evangelium
von Rajatoa). Es besteht jetzt dort eine nicht
geringe Zahl evangelischer Gemeinden unter der
Leitung von Eingeborncn. Auf Tubuai und Ra-
vaivai hat die Französische Okkupation, wie auf
Tahiti, nicht ohne Schaden für die Sache des
Christeuthums bleiben können.
Dazu haben dort die Mormonen ihre Ver-
wüstung angerichtet. Sonst finden die Missionare
auf den regelmässigen Besuchsreisen manche
erfreuliche Zustände.
llapa, das geographisch betrachtet gewöhn-
lich nicht zu den Austral-Inseln gerechnet wird,
gehört, was die Mission betrifft, ganz zu den-
selben. In neuester Zeit ist dort eine Kohlen-
Station für die Dampfer der Linie Neu - Seeland
— Panama errichtet, so wie Dampfer-Verbindung j
mit Tahiti.
Auf alleu diesen Inseln finden sich einge-
borne Lehrer.
Von den Hervcy-Inscln wurden Aussen-Sta-
tionen auf den Manihiki-Insoln gegründet, so wie 1
auf Pukapuka, das zu den Tokelau - Inseln ge-
rechnet wird. Durch Peruvianische Sklavenschiffe
sind dieselben zum Tlieil nahezu entvölkert wor-
den. Die Lage dieser Inseln ist auf Xo. 7 über-
sichtlich mit augegeben, hier wurden sie spe-
zieller gezeichnet. Doch lagen keine Aufnahmen
vor, sondern verschiedene Beschreibungen, aus
denen die ungefähre Lage und Gestalt der ein-
zelnen Inselchen entnommen werden musste.
Rakaanga ist zwar nach einer Zeichnung von
Bellingshauseu , doch muss sie zweifelhaft blei-
ben, da eine Beschreibung der Missionare auch
hier von zwei Inselchen spricht.
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N". 2. Australien.
Der Australische Continent war uoch vor
wenigen Jahrzehnten ein ganz unerforschtes Land.
Obgleich vor mehr als di'itihaibhundert Jahren
entdeckt, hatte es bis gegen den Anfang unseres
Jahrhunderts die Europäische Kolonisation nicht
anzuziehen vermocht. Die Anlegung der Eng-
lischen Verbrecher - Kolonie an der Botany-Bai
(1788) wurde der erste Verbindungspunkt mit
Europa. Günstige Erfolge freiwilliger Kolonisten
in Ackerbau und Viehzucht lenkten später den
Strom der Auswanderung dorthin, durch den in
neuerer Zeit, seit dem Aufhören der Verbrecher-
Ansiedelungen (1843), Neu-Süd-Wales mit aus-
serordentlicher Schnelligkeit sich zu einer Kultur
erhob , welche in mancher Beziehung diejenige
anderer Länder übertrifft, die Jahrhunderte lang
unter den Einflüssen der Kolonisation gestanden
haben. In grossen Städten herrscht eine gross-
artige Industrie, an deren Seite Reichthum und
Luxus stehen. Für Eisenbahnen und andere Ver-
kehrsmittel, so wie alle Einrichtungen des moder-
nen Lebens ist gesorgt; Ackerbau und namentlich
Schafzucht mit ausgedehntem Wollhandel bilden
ergiebige Hülfsquellen des Landes. Ähnliche
Zustände finden sich in den anderen Kolonien
auf der östlichen Hälfte des Continents, wäh-
rend West - Australien zurückgeblieben ist und
in keiner Weise sich zu besonderer Bedeutung
aufgeschwungen hat. Es muss jedoch bemerkt
werden, dass auch die erstgenannten Kolonien
bei weitem noch nicht das ganze innerhalb
ihrer Grenzen belegene Gebiet unter Kultur ge-
bracht haben. Weite Strecken liegen noch ganz
wüst, bald gänzlich ausgedörrt, bald überfluthet
von Wasserläufen einer sehr abnormen Beschaffen-
heit. Andere Theile sind mit einer sonderbar
gestalteten Vegetation bekleidet. Mit diesen Be-
merkungen wird überhaupt der Zustand des
Orundemann, Missionsutlas. III, >i.
Innern angedeutet, das noch immer, obgleich
viel Entdeckuugs- Arbeit bereits daran gewandt
wurde, der Forschung wichtige und schwie-
rige Probleme bietet. Eine Übergangszone zwi-
schen den kultivirton Thcilen und dem lunern
bilden die Strecken, die freilich mit wechselndem
Erfolge schon als Weideland benutzt werden
und hie und da eine einsame Hirtenstatiou auf-
j weisen, deren Bewohner nöthigenfalls auch dem
Nomadenleben sich fügen. Au den äussersten
Grenzen der sesshaften Kultur, wie sie allmäh-
lich gegen die Wildniss vordringt, finden sich
ähnliche Zustände des Squatter-Lebens, wie sie
von Nord-Amerika her bekannt sind.
Auch in den bereits kolonisirten Distrikten
sind Klima und Bodenverhältnisse nicht gleicli
günstig, und vielfach haben enttäuschte Ansied-
ler sich wieder zurückgezogen, so namentlich
aus Victoria, das durch die Entdeckung seiner
Goldfelder mit erstaunlicher Schnelligkeit eine
ungeheuere bunt gemischte Bevölkerung ange-
zogen hatte, zu der die Chinemi ein beträcht-
liches Contingent lieferten. Die letzteren haben
in dem Maasse, als das Goldöeber verschwindet,
um so mehr Bedeutung, als sie mehr als Euro-
päische Abkömmlinge mit zähem Floisse den
ungünstigen Ackerbau -Verhältnissen trotzen zu
können scheinen.
Die Eingebornen nehmen gegen die Einge-
wanderten solche zurücktretende Stellung ein,
wie die nun folgenden Bemerkungen dem bereits
Gesagten gegenüber. Sie werden vielfach Papua
genannt, sind aber von diesem (durch die Be-
wohner Neu-Guinea's repräsentirten , auch als
Pelagische Neger oder Negritos bezeichneten)
Stamme ganz verschieden. Sie sind weit schwäch-
licher und stehen in allen Beziehungen auf einer
tieferen Stufe, wie sie denn überhaupt die nie-
48
drigste Form des menschlichen Lebens aufweisen, j
Ihr Herumstreifen, von dem sie kaum zu ent- [
wohnen sind, steht tief unter dem Nomaden-
leben anderer Völker. Ihre geistigen Fähigkeiten
werden im Ganzen auch von besonneneu Be-
richterstattern fast so gering geschildert, wie es
eine materialistische Naturforschung zur Stützung
ihrer Ansichten bedurfte.
Schon bei der Entdeckung des Landes war
die Bevölkerung sehr dünn. Die gräuliche Be-
handlung seitens der Kolonisten, welche die
analogen Vorgänge in anderen Ländern noch
überbieten mochte, hat vollends in furchtbarster
Weise aufgeräumt. Mehr als die Mensclienjagden
richteten die Lustseuche und der Branntwein
das Volk zu Grunde, von dem in den Kolonien
nunmehr nur noch sehr spärliche Reste im elen-
desten Zustande übrig sind, obgleich in neuerer
Zeit vielfach daran gearbeitet wird, sie zu schützen
und ihre Lage zu verbessern.
Die Mission hat sich dieser Ärmsten unseres
Geschlechts zu verschiedenen Malen und von
verschiedenen Seiten anzunehmen versucht. Fast
alle diese Versuche aber endeten mit traurigen
Ergebnissen. Die treueste Arbeit schien vergeb-
lich zu sein und die meisten Missionare wandten
sich später von dem geringen, dem Aussterben
nahen und so unzugänglichen Häuflein an die
grosse Schaar der Kolonisten, die dem Namen
nacli Christen, hier aber wie eine Heerde ohne
Hirten waren. So nahm denn die Mission immer
mehr die Gestalt an, welche in England als
Colonial Mission bezeichnet wird und die darin
besteht, die dem Christenthum noch anhängen-
den Elemente der Kolonial-Bevölkerung zu Ge-
meinden zu sammeln und aus deren Umgebung
durch missionirende Thütigkeit andere zum An- !
schluss an diese Gemeinden zu bringen.
Die Anglikanische Kirche wie die Englischen
Methodisten treiben diese Mission in ausgedehn-
tem Maasse, nachdem sie sich ft-üher an den
Eingebornen viel Mülie gegeben hatten. Die er-
Btere hat zwar noch (in Verbindung mit der
j Society for the Propagation of the Gospel und,
wie es scheint, einer besonderen Gesellschaft in
den Kolonien) einige Stationen, namentlich Er-
ziehungs-Anstalten für Schwarze, die Spärlichkeit
der Berichte über dieselben lässt aber auch jetzt
nicht hervorstechende Erfolge vermuthen*). Die
Methodisten bci'ichten über Mission unter den
Eingebornen seit geraumer Zeit gar nichts.
Eine Deutsche Mission wurde von der luthe-
rischen, jetzt Leipziger Gesellschaft in Süd- Au-
stralien errichtet ; doch auch hier wendeten sich
die Arbeiter bald den verlassenen Deutschen
Kolonisten zu, bei denen sie reichlichere Erfolge
fanden. — Ähnlich erging es den von Gossner
ausgesandten Brüdern , die in der Nähe von
Brisbane in Queensland eine Station Zionhill an-
legten und die jetzt ebenfalls vorwiegend unter
den weissen Ansiedlern arbeiten, obwohl die
Bemühungen um die Schwarzen von ihnen nicht
ganz aufgegeben sind.
Dennoch scheint das arme Volk nicht aus-
sterben zu sollen, ohne dass wenigstens ein Rest
von ihnen noch als Zeugniss übrig bleibt, dass
auch sie Menschen mit unsterblicher Seele und
der beseligenden Wirkungen des Evangeliums
fähig sind. Unterstützt von einem presbyteria-
nischen Missions- Vereii\ sandte die evangelische
Brüdergemeinde (1850) Missionare nach Victoria,
die zwar zuerst auch einen vergeblichen Ver-
such am Boga-See durchzumachen hatten, nach-
her aber (1859) die erfolgreiche Station Ebene-
zer anlegten, auf der eine Anzahl Schwarzer
nicht bloss zum sesshaften Leben gebracht wor-
den ist, sondern ihrer melu'ere sich nach em-
pfangener Taufe in einem christlichen Leben
standhaft erweisen. Eine zweite Station wurde
! in Gippsland angelegt, wo sich ähnliche Erfolge
finden.
*) Wir konnten nicht genauere Auskunft darüber er-
langen, ob die Anstalt zu l'oiut Macleay in Süd-Austra-
lien hierher gehört oder ob dieselbe ausser Verbindung
mit solcher Gesellschaft steht. Von dorther wurde vor
einigen Jahren die Taufe einer Anzahl Eingeborner be-
richtet.
Durch diese Erfolge angeregt beschloss man,
weiter zu gehen und den von der Kolonisation
weniger berührten Eingebornen das Evangelium
zu bringen. Mit den grössten Schwierigkeiten
wurden ebenfalls Arbeiter der Brüdergemeinde
in die Gegend des Cooper Creek geschickt (1866),
denen bald Hermannsburger nach derselben Ge-
gend folgten, unterstützt von den lutherischen
Gemeinden Süd- Australiens. Nach vielen Hinder-
nissen musste die Mission jedoch bei der feind-
lichen Haltung der Eingebornen aufgegeben
werdeu, und zwar seitens der Brüdergemeinde,
auf entschiedenes Andringen des erwähnten Ver-
eins, gänzlich (1868), während die Hermanns-
burger, nachdem die Lage wieder günstiger und
sicherer geworden war, auf ihre Station zurück-
kehrten. Die schwierigen sprachlichen Arbeiten
schreiten vorwärts, auch wird bereits von Früch-
ten der Predigt berichtet.
Die nördlichen Theile Australiens sind bis-
her noch nicht in erfolgreicher Weise in den
Kreis der Kolonisation gezogen worden, obgleich
bereits Versuche gemacht wurden. Die dortigen
Eingebornen scheinen von den bisher erwähnten
ganz verschieden, dagegen mit den Alfuren des
Indischen Archipels verwandt zu sein. Äussere
Schwierigkeiten haben es bis jetzt in diesen
Gegenden nicht zu einer Mission kommen lassen,
die ungleich erfolgreicher sein dürfte als die
unter den südlichen Eingebornen. Im Anschluss
an die kleine Kolonie Somerset auf der grossen
nördlichen York-Halbinsel hatte vor einiger Zeit
eine anglikanische Mission begonnen. Die dor-
tigen Eingebornen scheinen den Papuas auf Neu-
Guinea verwandt zu sein und erwiesen sich nicht
unzugänglich. Infolge der durch das Verhalten
der Kolonisten zu den Eingebornen gefährdeten
Lage musste dieser vielversprechende Anfang
wieder aufgegeben werden.
Ein ganz neues, aber höchst wichtiges Feld
hat sich der Mission in Australien unter den
Chinesen eröffnet. Je mehr dieselben für die
Zukunft des Landes Bedeutung haben, sollten
die evangelischen Denominationen alle Kraft
daran setzen, sie dem Evangelium zu gewinnen.
Bis jetzt arbeiten namentlich die Methodisten
und Anglikaner unter ihnen, und zwar mit Er-
folg. Doch sollten mehr Kräfte auf das Werk
verwendet werden.
Auf unserer Karte haben wir nur die auf
die Eingebornen und die Chinesen bezüglichen
Missionen näher bezeichnet, dagegen die Kolo-
nial-Mission , für die ohnehin das vorstehende
Blatt nicht ausführlich genug gewesen wäre,
übergangen. Es mag jedoch bemerkt sein, dass
sich viele Denominationen daran betheiligen,
unter anderen auch Independenten , Baptisten,
die United Metliod. Free Church und die Pri-
mitive Methodists und Method. New Connexion,
so wie die verschiedenen presbyterianischen
Kirchen, deren Angehörige sich jedoch meist zu
einer presbyterianischen Kirche zusammenge-
schlossen haben.
Die jungen Kirchen, welche Ergebniss jener
Mission sind, erstarkten bereits so weit, dass
sie selbst nach aussen kräftig Mission treiben,
wie z. B. die auf den Neu-Hebriden. Die Au-
straUsche Conferenz der Wesleyanischen Metho-
disten hat sogar die Leitung der gesammten
Missionen dieser Denomination in der Südsee,
während die Independenten die Londoner Mis-
sion daselbst in ausgedehntem Maasse unter-
stützen.
Tasmanien, eine blühende Kolonie, die mit
zu Australien gehört, gaben wir im Carton, weil
sie für die Kolonial - Mission wichtig ist. Ein-
geborne finden sich auf dieser Insel schon lange
nicht mehr.
N«. 3. Neu
-Seeland*).
Neu -Seeland verdient in mehrfacher Hin-
sicht, den oft gemachten Vergleich mit Gross-
britaunien. Wie dieses ist es ein Inselland mit
reich gebuchteten Küsten und damit fiir aus-
gedehnten Schiffsverkehr günstig. Dabei ist je-
doch zu bemerken, dass auf der Nord-Insel nur
die steile Ostküste gute Häfen bildet, während
die grossen Einschnitte der Westküste flache
Ästuai'ien und nur für kleine Fahrzeuge zugäng-
lich sind. Die Gebirgskette, welche beide Haupt-
Enseln von Nordost nach Südwest durchzieht,
erreicht in den südlichen , mit ewigem Schnee
und Eis bedeckten Alpen ihre höchsten Gipfel
(13,000 Fuss). Auch auf der Nord-Insel errei-
chen einige Vulkankegel die Schneeregion. Vul-
kanische Kräfte zeigen sich in kochenden Quellen,
Geisern , Rolfataren und öfteren Erdbeben. —
Den fruchtbaren Boden bedeckt auch jetzt noch
grösstentheils Wildniss. für die jene hohen Baura-
ftirne, so wie der Neu-Seeländische Hanf (eine
breitblätterige Pflanze) charakteristisch sind.
Krautartige Vegetation mit bunten Blüthen und
Gräser fehlen fast ganz, daher der Mangel an
Wiesengründen, den erst die Europäische Kultur
zu ersetzen beginnt. Bäume kommen mehr in
einzelnen Gruppen als in geschlossenen Wal-
dungen vor. Die 100 Fuss hohe Kauri -Fichte
zeichnet sich unter ihnen aus und ihr Harz bil-
det einen bedeutenden Handelsartikel. — Ausser
*) Die Eingebornen nennen die nördliche Insel Te
Ika a Maui , der Fisch des Maui , in Bezug auf einen
Schöpfungs-Mythos. Die südliche wird Te Wahi Punamu,
der Ort des Grünsteins, genannt. Bei den Europäern
hiesscn sie früher New Munster und New Ulster , die
kleine Stewart -Insel aber New Leinster. Diese galt als
südliche Insel Neu - Seelands , während New Ulster als
mittlere bezeichnet wurde. Jene drei nach Irländischen
Proyinzen beigelegte Namen gehören bald der Vergessen-
heit an. Passender werden jetzt die Hauptinseln als die
nördliche und südliche bezeichnet.
Grundemann : Sfhsionsatlas. III, 8.
Hunden und Ratten war kein vierfüssiges Thier
auf Neu- Seeland einheimisch. Vogelarten da-
gegen , durch Farbe und Gesang ausgezeichnet,
sind zahlreich. Die mächtigen Riesenvögel (Moa)
sind wahrscheinlich schon vor zwei Jahrhundei*-
ten ausgerottet. Die Eingebornen (Maori) haben
eine Sage, nach der sie vor etwa 500 Jahren
von Nordosten (Hawaiki) her eingewandert sein
sollen. Sie gehören der grossen Polynesischen
Völkerfamilie an, doch finden sich Abweichun-
gen, die durch Vermischung mit bereits ange-
troffenen anderen Stämmen erklärt werden. Reste
derselben vermuthet man in den sogenannten
Maero. Die ganze Nation theilt sich in siebzehn
Stämme, deren ursprüngliche Sitze wir auf der
Karte mit den unten erklärten Nummern bezeich-
net haben. In dem letzten Jahrzehnt sind die-
selben vielfach durcheinander geworfen. Die süd-
liche Insel ist erst spät besiedelt worden und
scheint nie über eine sehr spärliche Maori-Bevöl-
kerung hinausgekommen zu sein., — Die Stämme
zerfielen in kleinere Gemeinschaften unter eigenen
Häuptlingen. Kastenartige Stände schieden den
Adel, den gemeinen Manu und den Sklaven von
einander. Das sociale Leben hatte ein commu-
nistisches Gepräge, 'daher die durch Landver-
käufe entstehenden Streitigkeiten, welche für die
neueste Geschichte so wichtig geworden sind.
Kriege der einzelnen Stämme waren häufig und
der dabei geübte Kannibalismus hat seiner Zeit
die Neu - Seeländer bekannt gemacht. — Ihre
Sprache ist ein Polynesischer Dialekt, der här-
teste von allen, und zerfällt selbst in verschie-
dene Mundarten, unter denen die von Waikato die
verbreitetste ist. Für die Englische Sprache sind
sie unzugänglich. Die Eui'opäischen und bibli-
schen Namen müssen sie sonderbar umgestalten :
William = Wiremu, David = Rawiri, Jeru-
49
salem = Hiruharama u. s. w. — Die heid-
nische Religion der Neu - Seeliindei' hatte eine
ausgedehnte Mythologie, Tempel fehlten. Zaube-
rei und Aberglaube spielten eine grosse Rolle
und die abgeschiedenen Geister der Edlen , mit
deren in Holz geschnitzten Bildern man die
verschanzten Wohuplätze (Pa) schmückte, wur-
den göttlich verehrt.
Tasman entdeckte Neu -Seeland 1642, aber
erst über ein Jahrhundert später ward es durch
Cook's wiederholte Besuche in Europa bekannt.
Damals wurden Hausthiere, Korn und Kartoffeln
eingeführt. In den folgenden Jahrzehnten mehrten
sich die Besuche, namentlich der Walfischfahrer,
die oft zu Blutvergiessen führten. Entlaufene
Matrosen, entflohene Sträflinge aus Neu -Süd-
Wales und Abenteurer aller Art bildeten zu
Anfang unseres Jahrhunderts schon eine Art
Kolonie zu Kororareka in der Inselbai. Dort (zu
Rangihua) begann auch die Mission ihr Werk auf
Betreiben des eifrigen Kaplans Marsden (1814).
Die Englisch - kirchliche Gesellschaft stellte die
Arbeiter. Zunächst waren die Erfolge gering und
beschränkten sich auf jene Umgegend. Erst 1834
konnte man weiter nach Süden in die Hauraki-
Gegend vordringen, dann aber folgte eine Zeit
der Erweckungen und die Mission erreichte einen
erfreulichen Aufschwung, indem sie auch ins
Innere zu den See'n (Rotorua) und in das Taupo-
Gebiet vorrückte. Seit 1822 waren auch Metho-
disten thätig, die einer Übereinkunft gemäss
die westlichen Gegenden besetzten. Auch sie
hatten bald weitgehende Erfolge. Freilich fehlte
es nicht an Schwierigkeiten. Europäische Kolo-
nisten mehrten sich. Eine eigene Compagnie
trieb systematisch den Ländererwerb *) für Spott-
preise, woraus Streitigkeiten und Kriege ent-
standen. Dieselben wurden geschürt durch Hongi,
den einstigen Beschützer der Mission, der nach
seinem Besuche in England ein eifriger Gegner
*) Wir dürfen nicht verschweigen , dass in diesem
Stücke auch einige Vertreter der Mission nicht makellos
blieben.
derselben wurde. Man veranlasste einige Häupt-
linge , Englische Protektion nachzusuchen , die
aber nicht den gewünschten Erfolg hatte ; ebenso
wenig half der Versuch einer selbstständigen
politischen Organisirung. Endlich schien nur eine
völlige Annahme der Britischen Herrschaft die
Wohlfahrt Neu-Seelands sichern zu können. Der
Vertrag von Waitangi, der 1842 jene herbei-
führte, kam wesentlich durch den Einfluss der
Missionare zu Stande. Aber nicht alle Häupt-
linge hatten den Vertrag angenommen, und
darin lag der Keim jener traurigen Verwicke-
lungen, durch die zwei Jahrzehnte später herr-
liche Blüthen der Mission geknickt wurden. Zu-
nächst zwar entfalteten sich jene wie nur auf
wenigen Gebieten. Das Volksleben war bald von
Grund aus umgestaltet. Krieg und Kannibalis-
mus (letzter Fall 1843) verschwanden, überall
entstanden Kirchen und Schulen. Die Bibel war
grösstentheils übersetzt (vollendet 1857) und
zwei Druckerpressen sorgten für christliche Lite-
ratur. Die Englisch-kirchliche Gesellschaft dehnte
ihr Gebiet über den Osten und Süden aus, die Me-
thodisten waren namentlich nach Taranaki gegan-
gen, wo auch die Norddeutsche Missions-Gesell-
schaft eine blühende Station hatte. Jene waren
auch auf der Süd-Insel thätig, während diese die
entfernteste Position auf dem Inselchen Ruapuki
besetzte. Von dort aus erstreckte sich die Mis-
sion bald auch auf die benachbarte Küste.
In dieser lichten Periode der Neu-Seeländi-
schen Mission fehlen jedoch die Schatten nicht.
Confessionelle Zwiste waren es, die sie stark her-
vorriefen. 1837 hatte die geschäftige Römisch-
katholische Mission begonnen (unter Bischof Pom-
pallicr), die unter den angeregten Maori reiche
Ernten hielt. Seit 1842 erhielt die anglikanische
Kirche, die sich mehrfach mit den Methodisten
im Conflikt befand, durch Bischof Selwyu eine
festere Gestaltung.
Neu -Seeland aber ist nicht mehr, was es
vor 20 — 30 Jahren war. Der Strom Europäi-
scher Kolonisation überschwemmt das Land, ins-
besondere nach der Süd-Insel durch goldene Lock-
speise gezogen. Dort waren die Eingeborueu zu
spärlich, um überhaupt gegen die Einwanderer
in Betracht kommen zu können. Anders auf
der Nord - Insel , die bei ihrer Entdeckung eine
Bevölkerung von mehr als 100,000 Seelen zählte.
Die Europäischen Einflüsse hatten dieselbe schon
in der angedeuteten Blüthezeit der Mission auf
70- bis 60,000 reducirt. Mit der beschleunigt stei-
genden Einwanderung wurde auch ihre Abnahme
beschleunigt. Dazu vermochte die Mission nicht
mehr den Einflüssen einer Kolonistenschaar, die
grossentheils dem Christenthum selbst sehr ent-
fremdet war, zu steuern. Eine äusserliche Kultur
mit religiöser Gleichgültigkeit, selbst beim Fest-
halten der bereits angenommenen kirchlichen
Formen, griff immer weiter um sich. Es ist ein
sonderbares Gemisch, das dadurch entsteht. Man
sieht es am Maori mit der Büchse in einer,
dem Wurfkolben in der anderen Hand, geschmückt
mit bunter Tätowirung und dem Federmantel,
zugleich aber auch mit dem künstlich geknüpften
Halstuch, das ein Hemd von modernem Schnitt
zusammenhält. Gegensätze, wie sie in Europa
mehr als 1000 Jahre auseinander liegen, ver-
einigt dort die Gegenwart. Der Kampf beider
reibt die Nation auf, freilich nicht in stillem
Daliinsiechen wie anderwo. Das markige Ge-
schlecht, das seinen unvermeidlichen Untergang
durch die fremde Macht vor Augen hat, raffte
noch einmal seine Kraft zusammen. Der Land-
verkauf und die mit ihm verbundenen Ungerech-
tigkeiten der Weissen*), wenn sie auch einen
Schein des Rechtes gesucht, führten jenen Krieg
herbei, in dem die Angelsächsische Race mehr-
fach einem ihr gewachsenen Gegner gegenüber-
stand. So lange die kämpfenden Maori mit ihren
geistlichen Leitern in Verbindung blieben, er-
schien ihre Lage nicht zu ungünstig. Werden
doch Züge von christlichem Leben aus den La-
*) Die Absicht der Regierung, das Hecht der Maori
zu schützen, war zwar im Ganzen nicht zu verkennen,
doch waren die Rechtsbegriile beider Racen zu verschieden.
gern der Maori berichtet, die fih- ihre Angreifer
nur beschämend sein konnten. Aber die Missio-
nare, aus Furcht, selbst als Rebellen behandelt
zu werden, zogen sich von ihren Pfleglingen
zurück, dadurch schwanden die christlichen
Elemente mehr und mehr. Heidnische Reminis-
cenzen erwachten wieder und wurden in eigen-
thümlicher Weise mit katholischen Anklängen
ver(|uickt. So entstand die fanatische Sekte der
Hauhaus oder Pai Marirc, die den Krieg nach
alter Maori -Weise mit allen Scheusslichkeiten
wieder belebte*).
Jetzt ist der Kampf so gut wie entschieden,
obgleich im Innern noch eine grosse nationale
Partei sich nur zurückgezogen, nicht aber be-
ruhigt hat. Die meisten Missions-Stationen waren
abgebrochen. Einige von ihnen sind in neuester
Zeit wieder aufgenommen, aber die Gemeinden
sind zerstreut. Spärlich muss man hie und da
übrig gebliebene Reste sammeln. Zum grossen
Theil ist das Vertrauen geschwunden. Nur die
nördlichsten und südlichsten Theile der Nord-
Insel hatten sich nicht am Kriege bctheiligt. An
vielen Stellen geht die Mission zur Pflege der
Kolonial-Bevölkerung über**) (so namentlich die
Methodisten, welche die Maori-Mission bald ganz
fallen lassen werden, und die Soc. P. G.). Auf
der Süd -Insel bieten ihr ohnehin nur noch ge-
ringe Gruppen von Maori (zusammen 1500 See-
len) eine Aufgabe. Sollte es ihr aber wirklich
gelingen, noch einmal das Vertrauen des Volkes
*) Alles diess gilt nur von der Nord-Insel. Die we-
nigen Maori der Süd-Insel sind ruhig geblieben und die
Mission , namentlich der Norddeutschen Gesellschaft , ist
nicht abgebrochen worden, vielmehr wirkte auch ein von
der Nord-Insel verdrängter Missionar dieser Gesellschaft
in der Nähe von Port Chalmers, Otago , unter den Ein-
gebornen, nach dessen Tode jetzt von der presbyteriani-
schen Kirche jener Provinz ein Missionar der Schottischen
Freikirche angestellt worden ist.
Die kleine Maori - Gemeinde auf Ruapuki , obgleich
nicht frei von mancherlei Schwankungen, zeigt doch ein
liebliches Bild von der umgestaltenden Kraft des Evan-
geliums und bildet einen wahrhaften Lichtpunkt unter
dem jetzigen Dunkel Ncu-Seeländischer Zustände.
**) Vergl, über die Kolonial-Mission zu No. 2.
zu gewinnen, so würde sie nur den Dienst des
Seelsorgers am Sterbebette haben, denn nach
den neuesten Zählungen ist die Zahl der Maori
bereits auf 38,000 zusammengeschmolzen. Um
sie her strömt eine auf den Gipfel gesteigerte
Kultur mit dem ganzen Apparat moderner In-
dustrie, unter deren Lärm die letzten Klagen
einer Nation, die edler Anlage nicht entbehrt,
verhallen müssen. Und doch hat jene Kultur
die gleiche Heimath wie die Mission, die den
Elenden den letzten Trost gewähren soll.
Erklärung der Ziffern für
1 . Äopomi.
2. Rarawa.
3. Ngapuhi.
4. NgatiwhaUia.
5. Waikato.
G. Ngatipaoa (iucl. Ngatimaru).
7. Ngatitama (inol. Ngatiwakawe).
8. Natiawa.
9. Natipehi.
Noch ist die neben der Süd-Insel auf einem
Carton gezeigte Chathara - Insel zu erwähnen,
welche zu Neu -Seeland gerechnet wird. Über
die Lage sehe man No. 1. Hier siedelte sich
vor einigen Jahrzehnten ein aus der Heimath
verdrängter Maori-Stamm an, der die vorgefun-
denen dunkleren Einwohner bis auf wenige aus-
rottete. Gossner'sche Missionare wurden dort
1843 bereitwilligst aufgenommen, fanden aber
ie Stämme auf der Karte.
10. Ngatiruarmi
11. Ngatihau.
12. Ngatitabi.
13. Ngatiapa.
14. Ngatiraiikawa.
15. Rangitani.
16. NgatikahuDgunu.
17. Ngatiporou.
trotz einer geringen, sehr äusserlichen Bekannt-
schaft dieser Maori rail dem Christenthum ein
sehr schwieriges Arbeitsfeld, von dem sich einige
nach Jahren zurückzogen; über andere, die noch
zurückbliebeu, fehlen in neuerer Zeit die Nach-
richten; dagegen haben die Methodisten noch
jetzt dort eine Mission unter Leitung eines
Maori-Predigers.
•
MissioiiN- Atlas.
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Polynesien 5? 1.
ron GreeiLwicli 166
PKRTHES
N". 4. Melanesien.
Unter Melanesien versteht mau die Insel-
gruppen des Grossen Oceans westlich von den
Fidji- Inseln und südlich von den Carolinen,
welche von Eingebornen der Papua-Race bewohnt
werden. Unser Blatt zeigt nur die östlichsten
dieser Gruppen, da nur diese für die Mission
bisher in Betracht gekommen sind.
Die Neuen Hebriden mit den Banks -Inseln
bilden eine Kette hoher vulkanischer Inseln mit
vielen erloschenen und mehreren thätigen Kra-
tern, heissen Quellen u. s. w. Die Berge sind
bis zum Gipfel mit üppiger Vegetation bedeckt,
die Thäler haben Bäche und fruchtbares Land,
das zum Theil für Yams- und Taro-Pfianzungen
urbar gemacht ist. Auch die Kokos-Palme und
der Brodfruchtbaum fehlen nicht. — Ähnliches
wäre von den übrigen auf unserem Blatte ge-
zeigten Gruppen zu sagen, mit Ausnahme der
Loyal ty -Inseln, welche sämmtlich die gehobene
Korallen-Formation *) zeigen, nur an Einer Stelle
(auf Mare) mit vulkanischen Spuren. Die Korallen-
felsen bilden hier manche schroffe Küsten und
erheben sich zum Theil 150 Fuss über den
Meeresspiegel.
Die fast schwarzen Eingebornen mit wolligem
Haar sind von den braunen Insulanern Polyne-
siens durchaus verschieden ■^'*). Ihre Sprache
hat mit der über alle östlichen Gruppen der
Südsee verbreiteten nichts gemein. Sie ist in
viele Dialekte zersplittert, deren mehrere sogar
auf einer und derselben Insel ohne gegenseitiges
Verständniss gesprochen werden.
Die Kulturstufe der Melanesier ist sehr
niedrig. Die Männer gehen meist ganz nackt,
die Frauen tragen nur ein kurzes Gewand von
Blättern oder Pflanzenfasern. Krieg zwischen
den einzelnen kleinen Stämmen einer Insel ist
häuüg und auf vielen herrscht bis auf den heu-
tigen Tag der Kannibalismus. Von der Religion
lässt sich nicht viel sagen, es sind weder Tempel
noch Götzen vorhanden, doch haben sie heilige
*) Vergl. zu No. 1.
**) Nur die Bewohner von Futuna und Amiva stammen
von Polynesiem ab.
Grunderaunn : Missionsatlaa. III, 8.
Orte und Priester, deren Wii'ksamkeit aber zu-
nächst in Zauberei besteht.
Obgleich schon mehrere Jahrhunderte seit
der Entdeckung mancher von diesen Inselgruppen
verflossen sind, waren dieselben bis vor wenigen
Jahrzehnten vom Verkehr mit Europäern noch
nicht berührt. Der gewinnbringende Sandelholz-
handel zog dieselben erst besonders nach den
Neuen Hebriden, wo das theure Holz unter oft
unerhörter Gewaltthätigkeit und Grausamkeit
gegen die Eingebornen fiir die Chinesischen
Märkte gesammelt wurde. Die dadurch entstan-
dene Feindseligkeit gegen alle Weissen wird in
neuester Zeit aber noch erhöht durch jenen
(geradezu gesagt) Sklavenhandel, der unter dem
Vorwande , freie Arbeiter in die Australischen
Kolonien zu importiren, die Eingebornen durch
Gewalt oder falsche Vorspiegelungen von ihren
heimathlichen Inseln fortschleppt. Noch ist zu
bemerken, dass seit dem Verkehr mit Europäern
starke Epidemien die Zahl der Bevölkerung
schnell lichten.
Inzwischen ist nun aber auch die Mission
hier eine Macht geworden, und wenn auch viele
Inseln von ihren Einflüssen noch wenig oder
kaum berührt sind, so wei'den doch fast überall
die Missionsschiffe von jenen Handelsschiffen
wohl unterschieden und Missionare verkehren
vertraulich mit jenen Wilden , unter welchen
andere Weisse nicht eine Stunde ihres Lebens
sicher sein wüi-den.
Dreissig Jahre sind verflossen, seitdem der
Apostel der Südsee, John Williams, im rastlosen
Streben, auch diesen Inseln das Evangelium zu
bringen, auf Eromanga*) als Märtyrer fiel. Zwei
Jahre später schickte die Londoner Mission ein-
geborne Lehrer von den östlichen Gruppen auf
mehrere der Neuen Hebriden, die namentlich
auf der südlichsten, Aneityum (sprich : Anityum),
eine günstige Aufnahrae fanden. 1842 wurde
ein kurzer Versuch von Europäischen Missio-
naren auf Tanna gemacht, der wegen der
*) Es wird auch Eromaugo geschrieben,
50
Feindseligkeit der Eingcborneu bald abgebrochen
werden musste. Einige der eingebornen Lehrer
wurden umgebracht (Futuna), andere blieben
und arbeiteten, doch ohne viele sichtbare Erfolge.
Die Londoner Gesellschaft aber Hess durch ihr
Missionsschiff dann und wann diese Inseln be-
suchen, schickte neue Lehrer und erhielt so das
begonnene, wiewohl noch schwache Missionswerk.
In ein neues Stadium trat die Neu-Hebriden-
Mission, als 1848 die i-eformirten l'resbyterianer
liier in die Arbeit eintraten. Zunächst waren es
die Vertreter dieser Denomination in Neu-Schott-
land, die einen Missionar nach Aneityum schick-
ten, an den sich bald (1852) ein anderer von
Schottland anschloss, nachdem er längere Zeit
auf Neu -Seeland gearbeitet hatte. Es begann
nun eine wunderbare Umwandelung. In zehn
Jahren waren auf dieser Insel die Gräuel des
Heidenthums verschwunden und die ganze Be-
völkerung (damals 3500) hatte sich unter die
Unterweisung der Missionare begeben. Bis jetzt
zeigen sich dort fortgehend erfreuliche Früchte
des Evangeliums (500 Personen sind Communi-
kanten), doch ist die Bevölkerung auf 1800 See-
leu *) zusammengeschmolzen.
1856 kam Missionar Gordou aus Neu-Schott-
land nach Eromanga und arbeitete mit Erfolg.
Doch stand der von ihm gesammelten , dem
Evangelium geneigten Schaar eine starke Partei
ei'bitterter Feinde gegenüber, denen er mit sei-
ner Gattin 1861 als Opfer fiel**). Die doppelt
mit Märtyrerblut getränkte Insel konnte von
der Mission nicht wieder aufgegeben werden
und der Bruder des Erschlagenen arbeitet jetzt
daselbst mit einem zweiten von Schottland aus-
gesandten Missionar. Die Bevölkerung betrug
1867 gegen 5000. Hundert Personen hatten
lesen gelernt und 15 waren getauft.
Tanna mit seinen 15- bis 20,000 Bewohnern
erhielt 1858 ebenfalls eigene Missionare, nach-
dem längere Zeit eingeborne Lehrer daselbst
gewirkt hatten. Aber auch diessmal wurden sie
durch die Wildheit der Eingebornen und durch
das ungesunde Klima verdrängt. Doch ist das
Werk in neuester Zeit mit neuen Kräften wieder
aufgenommen, wie die zwei auf der Karte be-
zeichneten Stationen andeuten.
*) Notiz von 1867.
**) An der üillon8-Bai, wo auch Williams ermordet
Trard,
Efat, gewöhnlich Vate (Fate) genannt, hatte
auch schon längere Zeit hindurch Polynesische
Lehrer gehabt, die unter der Leitung der Lon-
doner Missions- Gesellschaft mit Erfolg wirkten.
Seit mehreren Jahren aber sind auch hier Mis-
sionare der reformirten Presbyterianer thätig ge-
wesen. In neuester Zeit sind selbst Vorberei-
tungen zum Beginn der Mission auf der grössten
Insel dieser Gruppe, Santo (Tierra dcl Espiritu
Santo), getroffen worden.
Dieses wichtige Missionswerk auf den Neuen
Hebriden wird , wie bemerkt , gemeinschaftlich
von einer Denomination in verschiedenen Län-
dern betrieben. Dem kleinen Häuflein der refor-
mirten Presbyterianer haben sich jedoch zu die-
sem Zwecke auch andere Presbyterianer ange-
schlossen und gegenwärtig sind folgende presby-
terianische Kirchen bei dieser Mission betheiligt:
1. die in den niederen Provinzen von Britisch-
Nord- Amerika,
2. die von Neu-Süd-Wales,
3. die von Victoria,
4. die von Neu-Seeland,
5. die von Otago und Southland.
Ein eigenes Missionsschiff, der Dayspring, dient
dieser Mission und hält die Verbindung mit den
Australischen Kolonien aufrecht.
Auf den Loyalty - Inseln (Inseln der Treue)
waren ebenfalls bald nach Williams' Tode ein-
geborne Lehrer stationirt worden, die zum Theil
unter grossen Schwierigkeiten, aber mit reichem
Erfolge wirkten. Erst 1856 (auf Marc) und 1859
(auf Lifu) traten Europäische Missionare von der
Londoner Gesellschaft ein, denen dorthin sogleich
katholische Priester folgten, die auch Uea be-
setzten, wo erst seit 1853 evangelische einge-
borne Lehrer waren. Politischen Zwiespalt be-
nutzend und Häuptlinge der bisherigen heid-
nischen Partei gewinnend setzten sich die Ka-
tholiken bald fest, ohne jedoch die Bevölkerung
auf ihre Seite bringen zu können. Auf Lifu
sind von 7000 Bewohnern 6400 evangelisch, die
übrigen katholisch; auf Uea, das später auch
eigene Europäische evangelische Missionare er-
hielt, sind 1100 evangelisch und 800 katholisch,
während etwa 100 im Heidenthum verharren.
Auf Mure sind von 4- bis 5000 Seelen 1241
evangelisch. Hier begann die katholische Mis-
sion erst 1866.
Dieselbe hatte schon einige Zeit vorher für
diese ganze Gruppe eine besondere Unterstützung
erhalten durch die Französische Besitzergreifung
von Neu - Caledonien. Als Zubehör zu dieser
Insel beanspruchten die Französischen Behörden
auch die Loyalty - Inseln , mischten sich in die
politischen Parteiungen auf denselben, die jetzt
zugleich den Unterschied von Katholisch und
Evangelisch repräsentirteu , und begannen eine
Verfolgung, bei der Kirchen und Kapellen zer-
stört oder als Nationaleigenthum den Katholiken
überwiesen wurden, Gemeinden während des
(iottesdicnstes überfallen und Lehrer misshandelt
und eingekerkert wurden u. s. w. Wenn auch
die schlimmsten Ausbrüche dieser Verfolgung
vorüber sind, so dauert sie doch bis jetzt fort,
aber die Evangelischen zeigen sich ti'eu und
standhaft, ja das Missionswerk gewinnt unter
dieser Trübsal.
Die dritte hier zu erwähnende Missions-
thätigkeit steht mit der anglikanischen Kirche
in Verbindung und wird von der Ausbreitungs-
Gesellschaft unterstützt. Bischof Selwyn* von
Neu - Seeland hatte bereits öfter verschiedene
Melanesische Inseln besucht und einige Einge-
borne mit nach Neu -Seeland gebracht, um sie
dort unter die Einflüsse eines christlichen Le-
bens zu stellen. Weiter ausgebildet wurde der
Plan durch den eigens fiir Melanesien ordinirten
Bischof Patteson, der von Freunden unterstützt,
zum grossen Theil aber mit Aufwendung eigener
Mittel eine grössei'e Zahl von Knaben von jenen
Inseln mit sich nimmt, die, wenn mit der christ-
lichen Lebensweise vertraut und in den Anfangs-
gründen christlicher Lehre unterwiesen, in ihre
j Heimath zurückgeführt werden. Zuerst diente zu
diesem Zweck eine Anstalt zu Kohimarama bei
I Auckland (Neu-Seeland), kürzlich ist dieselbe je-
doch nach der kleineu Norfolk - Insel verlegt
worden. Viele Inseln, von denen die hauptsäch-
t liebsten auf der Karte angegeben sind, werden
von hier ans regelmässig in dem Missionsschiff
I („Südliches Kreuz") besucht und die Bevölkerung
j derselben zeigt sehr merkliche Früchte dieser
Thätigkeit. Auf Mota (Banks -Inseln) ist sogar
schon mehrere Monate hindurch ein Gehilfe des
Bischofs zurückgeblieben und hat eine zahlreiche
Schule gehabt. Da das ungesunde Klima dieser
Inseln das bleibende Wohnen der Europäer in
gewissen Jahreszeiten gefährdet, so ist es der
Plan, nach und nach in dieser Weise den Inseln
I das Evangelium nahe zu bringen. Eine grosse
[ Schwierigkeit für dieses Werk besteht in der
' Unzahl verschiedener Melauesisclier Sprachen.
Doch der wackere Bischof, ausgestattet mit reicher
Sprachengabe, weiss auch dieser Schwierigkeit
I erfolgreich zu begegnen, und es liegen bereits
für mehrere Inseln die Anfänge einer Literatur
vor. Nach den neuesten Nachrichten ist bereits
ein Melanesier, der von Anfang bei dem Bischof
geblieben, so weit ausgebildet, dass er zum
' Prediger für seine Landsleute ordinirt werden
konnte.
I
I
I
j
I
(
Äfissions Atlas
Lüh, Aiiit voll (V HeBfArthi ("iiHa
GOTHA .W-
PoJyiies.N"5.
N". 5. Die Fiji-
(Fidschi-) Inseln.
Die Viti- oder Fiji - Inseln bilden die grösste
und volkreichste aller Polynesischen Inselgruppen.
Zwei von ihnen , Viti und Vanua levu *) , sind
beträchtliche Länder. Die erstere kommt der
Bodenfläche nach dem Kirchenstaate gleich. Die
übrigen, von denen einige achtzig bewohnt sind,
haben einen ungleich geringeren Umfang, ja
manche erreichen nur eine für unseren Maass-
stab verschwindende Grösse. Alle zusammen
übertrefi'en jedoch an Flächengehalt das König-
reich Württemberg ■^■*). Mit wenigen Ausnahmen
sind alle diese Inseln sehr gebirgig und zwischen
den bewaldeten Schluchten jener grössten entste-
hen breite Ströme, die der Schifffahrt den Weg
ins Innere gestatten und an ihrer Mündung
flache Deltas bilden. Unabsehbare Mangroven-
Wälder säumen diese fruchtbaren Ebenen. Auch
fehlen den Küsten meistens nicht die Korallen-
•gürtel mit ihrer stillen klaren Lagune.
Schon aus diesen Andeutungen kann man
schliessen, welch' eine Vielseitigkeit hier die
Keize erhöht, die man sonst den Inseln Polyne-
siens nachrühmen mag. — Nirgends aber zeigt
sich die Kluft zwischen hen-licher Natur des
Landes und der grässlich verderbten Art und
Sitte seiner Bewohner schroffer und entsetzlicher
als hier. Nirgends ist der Kannibalismus, einer
der äussersten Gipfel menschlicher Entartung,
raffinirter ausgebildet worden als hier. Jene
dunkelbraunen, fast schwarzen Insulaner***), die
bei geringer Bekleidung das krause Haupthaar
mit Tüchern turbanartig schmücken und ihr Ge-
*) „Gross -Viti" uud ,, Grosses Laud".
**) Württemberg 354 Geogr. QMcilen , die i'iji-lnseln
378 Geogr. QMeilen.
**") Sie werden als Mischliugsrace aus Papuas» uud
l'olynesiern betrachtet. Ihre Zahl auf der ganzen Gruppe
beträgt nach den neuesten Schätzungen 200,00(1, wovon
auf die beiden grossen Inseln je 40,000 kommen.
(Irundemann : Misaionsatlas. III, b.
sieht mit auffallenden Figuren roth, schwarz
und weiss bemalen, leben in viele kleine Stämme
und Reiche zersplittert, die stets zu Feindselig-
keiten bereit sind und darum für ihre Dörfer
möglichst gesicherte Plätze, namentlich auf Berg-
kuppen, gewählt haben. Die zahlreichen Opfer
ihrer Kriege bilden, in grossen Ofen gebacken,
den Schmaus der Sieger. Aber auch die Ge-
fangenen werden mit teuflischer Berechnung ge-
mästet, um den friedlichen Mahlzeiten zu dienen,
bei denen der Vorwand einer religiösen Cere-
monie nicht fehlt. Die kleinen Könige aber, die
sich in allen Stücken als die furchtbarsten Ty-
rannen erweisen, stehen nicht an, nöthigenfalls
aus ihren Unterthauen die gräulichen Lecker-
bissen zu wählen. Das Gesagte gilt nicht bloss
von vergangenen Zeiten, sondern bezeichnet die
Zustände, die namentlich auf Viti und Vanua
levu zur grösseren Hälfte noch bis jetzt herr-
schen. Die östlichen Inseln dagegen sind täsl
vollständig dem Christenthum gewonnen, welches
hier die deutlichsten, auch von Gegnern der
Mission nicht zu leugnenden Beweise seiner
umwandelnden Kraft an den Tag gelegt hat.
Schon in früheren Zeiten standen jene In-
seln, namentlich Lakemba, mit Tonga in Verbin-
dung, da man von hier aus das Holz zu den
Fahrzeugen bezog. Auf der genannten Insel war
eine vollständige Tonganische Kolonie. Diese
wurde der Anknüpfungspunkt für die Mission.
Nachdem das Mutterland dem Evangelium ge-
wonnen, erhielt auch die Kolonie einen Anstoss
zur Bekehrung, und als nach vorangegangener
Arbeit eingeborner Helfer zwei Methodisten-
Missionare von Tonga nach Lakemba kamen
(1835), fanden sie bald Eingang. Bei der poli-
tischen Verbindung der kleinen Fiji-Könige, über
die der von Mbau eine gewisse Oberhoheit aus-
51
übt, verbreitete sich das Werk nach einigen 1
Jahren auch in dessen Nähe, so wie nach So-
raosomo und Mbua, überall zunächst mit den
grössten Schwierigkeiten. Es zeigte sich jedoch
auch sogleich, welch' ein geeigneter Boden für
das Evangehum in den Insulanern vorhanden
war. Auf vielen der Inseln hat dasselbe bereits
seit geraumer Zeit den vollständigen Sieg er-
rungen. Freilich fehlt jenen Massenbekehrungen
in vielen Beziehungen die Tiefe, doch ist die
Entschiedenheit der Umwandlung charakteristisch.
Die ganze Bibel ist bereits in die Fiji-Sprache *)
übersetzt. Von den fünfzehn vorhandenen Dia-
lekten wurde der von Mbau zur Schriftsprache
erhoben. Nach den obigen Bemerkungen ist es
erklärlich, dass Kriege zwischen bereits christ-
lichen Stämmen und heidnischen schwer zu ver-
meiden waren. In manchen Fällen haben die-
selben zur weiteren Verbreitung des Christen-
thums beigetragen. Folgende Zahlen sind für
das schnelle Wachsthum der Kirche sprechend:
volle Mitglieder Theilnehmcr am Gottesdienste
1864 . 8,915 35,000,
1869 . 18,550 105,878.
Die katholische Mission (der Maristen) hat
sich von diesem ergiebigen Gebiete nicht fern
gehalten. Sie hat Ovalau zu ihrem Mittelpunkt
und Bischofssitz gemacht. Hie und da haben sie
mit der heidnischen Partei gegen christliche
Stämme gemeinsame Sache gemacht und die
*) Die Sprache zeigt bei mancher Abweichung des
Wortschatzes ganz die Struktur der Polynesischen Dialekte.
erstere zu sich herüber gezogen. Die Zahl ihrer
Bekehrten war nicht zu erfahren.
In neuester Zeit ziehen die herrlichen, frucht-
baren Inseln immer mehr Europäische Kolonisten
an, um so mehr, da viele in Australien sich
nicht befriedigt finden. Schon seit einer Reihe
von Jahren wohnte auf Ovalau eine beträcht-
liche Zahl von Weissen, meist mit eingebornen
Frauen verheirathet, die die Missionare zu einer
Englischen Gemeinde gesammelt haben. Die Zahl
der (Mulatten-) Kinder in ihrer Schule wurde
schon auf 200 angegeben. In den letzten Jah-
ren aber haben die Alluvial-Ebenen Viti levu's
Viele herbeigelockt, die dort sehr lohnenden
Baumwollen- und Kaffeebau treiben. Bis nach
Viria im Innern ist solche Ansiedelung vorge-
drungen.
Die Mission hat in neuester Zeit auch gerade
im Innern der grossen Insel viele Fortschritte
gemacht, leider aber fiel der Missionar Baker in
seinem Eifer, mit der Predigt bis zur entgegen-
gesetzten Küste durchzudringen, unter dem ersten
heidnischen Stamme den Kannibalen von Navosa
zum Opfer (21. Juli 1867).
Zur Fiji- Mission gehört noch die verein-
zelte Insel Rotuma, 75 Geogi-. Meilen nordnord-
östlich von den Fiji - Inseln, deren 3000 Bewoh-
ner ethnographisch den Samoanern am nächsten
stehen. Da unser Blatt keinen Raum für die
ausführlichere Darstellung derselben bot, so lassen
wir das Kärtchen hier folgen.
IIOTUM 12" 30 S.lj,177°15 Ü.X. MiisJstJ.: 42D, 000
Die Berge zeigen vulkanischen Charakter,
obgleich nicht thätig- — Seit 5 ist die Insel
fler Methodisten - Mission überwiesen, während
vorher eingeborne Lehrer der Londoner Mission
von Samoa neben Tonganischen gearbeitet hatten.
1846 kamen katholische Priester. Da noch kein
Europäischer evangelischer Missionar dort seinen
Wohnsitz nahm, so schienen jene das Über- j
gewicht zu erlangen. Die Bevölkerung war in
Parteien gespalten und es kam zu Kcligions-
kriegen. Die evangelische Partei erstarkte je-
doch so, dass die Katholiken, ihre geringere
Zahl unter eingebornen Predigern zurücklassend,
das Feld räumten. Jetzt ist ein Europäischer !
Methodisten-Missionar dort, der zu Noatau seine
Station hat. Zum Heidenthum bekennt sich auf
der Insel Niemand mehr.
Zur Orthographie der Fiji-Namen ist zu be-
merken, dass hier die der Aussprache am näch-
sten kommende Schreibart gewühlt wurde. In
den Missionsschriften findet mau sie auch in den
für die Fiji- Sprache recipirten Lauten. Nach
derselben gilt
b = mb, k*)= gg (ein hartes,
c = th (Englisch), dem K-Laut sich nä-
d = nd, hcrndes g),
g = ng, q = Qgg-
*) Hier beibehaltou.
6. Die Tonga- oder Freundschafts -Inseln.
Die zahlreiche Gruppe der Tonga -Insehi
theilt sich in drei Abtheihingen : Vaväii im Nor-
den , Tougatabu im Süden und in der Mitte
Haahai, welches die kleineren Gruppen von No-
muka, Kotu und die Haabai-Inseln im engeren
Sinne iimfasst. Alle diese Inseln gehören der
Korallen-Formation an. Vaväu hat die gehobene
Form""). Sanft ansteigende Hügel wechseln hier
mit breiten Thäleru, die bis an die vielgebuch-
tete Küste herabführen, wo Tausende von See-
vögeln die von den brandenden Wogen zu selt-
samen Gestalten unterwaschenen Korallen - Fel-
sen umschwärmen. Die kleineren Inseln, mit
denen diese Gruppe in buntem Gewirr sich nach
Süden erstreckt, sind meist unbewohnt; sie
ragen mit ähnlichen Felswänden über das Was-
ser; ihren flachen Rücken kleidet reichliches
Grün.
Die weiteren Inseln, unter denen bis Tonga-
tabu keine eine Ausdehnung erreicht, die den
Flüchenraum einer unserer Grossstädte gleich-
käme, sind niedrige Koi'allen-Inseln. Über den
weissen Sand aber, der nur am Strande zu Tage
tritt, hat sich eine 20 — 30 Fuss mächtige Hu-
musschicht gelagert, die dem üppigsten Pflanzen-
wuchse Nahrung giebt. Wandelt man jetzt da-
hin in den schattigen Alleen zwischen Palmen
oder Brodfruchtbäumen, wo zur Rechten und
Linken unter dichtem Bananeugebüsch die Wohn-
plätze der Eingebornen mit ihren sauberen rothen
Zäunen versteckt sind, so meint man sich in
einem grossen Garten zu betinden. Zahlreiche !
Inselchen sind wie leuchtende Smaragde über
die benachbarten Rifife zerstreut.
Neben diesen niedrigen Inseln zur Linken
zieht sich eine Kette vou mehreren hohen vul-
kanischen, unter denen Kao sich .5000 Fuss über
das Meer erhebt, während die etwa halb so
hohe Tufoa, so wie Late und Fonualai und hoch
im Norden Niuafoou Mittelpunkte andauernder
vulkanischer Thätigkeit bilden, mit der die Erd-
beben diese Gruppe häufig heimsuchen.
*) Vfrgl. zu Nn. 1.
Grundemann : Missionsatlas. 111,8.
Die Tonganer*) gehören zu dem grossen
Polynesischen Stamme, zeichnen sieh aber durch
ihre helle Hautfarbe und regelmässigen Körper-
bau aus. Ihre milden Sitten und das freundliche
Benehmen, mit dem sie den Europäischen Ent-
deckern entgegenkamen, brachten ihrer Heimath
den Namen der Freundschafts - Inseln (Friendly
Islands) ein. Dennoch waren sie der heidnischen
Rohheit und Grausamkeit nicht fremd, und im
vorigen Jahrhundert herrschte sogar längere Zeit
der von den Fidji-Iuseln eingeschleppte Kanni-
balismus. Die despotische Regierung des Tui-
tonga, der auf Tongatabu (der „heiligen Tonga")
seinen Wohnsitz hatte und zugleich oberster
Priester war, vereinigte in früheren Zeiten alle
Inseln. Später erhoben sich auf den einzelnen
Gruppen besondere Könige. Eine kastenmässig
gesonderte Aristokratie in mehreren Stufen bil-
dete das Gegengewicht gegen die Despotie. Seit
1845 ist die ganze Tonga-Gruppe wieder unter
Einem politischen Haupte, dem König Georg
(von Haabai), vereinigt, unter dem früher schon
auf den nördlichen Gruppen das Christenthum
schnellen Eingang gefunden hatte und nun auch
auf Tongatabu zur Herrschaft kam.
Die ersten Missionsversuche fallen noch in
die drei letzten Jahre des vorigen Jahrhunderts,
als der „Duff" zehn Missionare nach Tongatabu
bi'achte, deren drei aber in den nächsten Jahren
als Märtyrer fielen, worauf die anderen ent-
muthigt zurückkehrten. 1822 machten die Me-
thodisten einen neuen, gleichfalls vergeblichen
Versuch. Eingeborne Lehrer von Tahiti aber
waren es, die dem Evangelium auf Tonga den
ersten Halt verschafften. 1826 kamen dann wie-
der methodistische Missionare, die, unter vielen
Schwierigkeiten ausharrend, in der Folge zu-
nächst auf Haabai und Vaväu weiteren Eingang
fanden, während auf Tongatabu noch lange die
Macht des Heidenthums sich hielt. Doch bildete
*) Die Zahl derselben betrügt jetzt etwa -20,000. Ob-
gleich sie seit der Entdeckuno abgenommen hat, war die
damals angegebene Zahl von 200,000 jedenfalls Ubertrieben.
52
sich auch dort allmählich eine christliche Partei.
Durch politische Verwickelungen kam es zum
Kriege, der zuletzt den Ausschlag über die Reli-
gion geben musste. Derselbe war um so trau- |
riger, als die heidnische Partei sich mit den j
Katholiken verbündete, die seit 1S41 durch |
einige von Uvea gekommene Priester in Bca ge-
wonnen waren. So wurde jener Krieg zugleich
ein Kampf der Evangelischeu gegen Katholiken.
Durch Georg's Energie wurde er zu Gunsten
der ersteren entschieden (1852). Danach be-
kannten sich die meisten der Überwundenen zum ;
Evangelium, nur wenige hielten am Katholicis- ;
mus fest. Seitdem bilden die Tonga-Inseln ein |
christliches Reich mit christlicher Gesetzgebung, i
in der leider Staat und Kirche nicht genügend 1
gesondert sind, so wie die Auswüchse eines über- I
triebeuen Puritanismus nicht fehlen. Das Chri-
stenthum aber ist den Tonganern keineswegs i
nur von aussen aufgedrungen. Von Zeit zu Zeit I
gingen tiefgreifende Erweckungen über die In- ^
sein, von denen manche nachhaltige Frucht zu- j
rückblieb, während immer wieder in nicht ge-
ringer Ausdehnung eine Gleichgiltigkeit , Lax-
heit der Sitten u. s. w. Platz gegriffen haben, die
der Mission trotz des herrschenden Namen-
Christenthums genug zu arbeiten gaben. Eine ;
ganze Schaar Eingeborner ist zum Theil zu
sehr tüchtigen Lehrern und Predigern heran- 1
gebildet, so wie König Georg es nicht ver- '
schmäht, seine Kräfte der Predigt, für die er \
hohe Begabung zeigt, mit Ernst und Eifer zu
widmen. Er ist jedenfalls einer der bedeutend-
sten Männer in Polynesien, wo nicht der bedeu- i
tendste von allen. Seine Feinde werfen ihm zwar j
vor, dass er das Evangelium nur zum Mittel
für seine politischen Zwecke mache, von der
anderen Seite dagegen wird sein Name nur mit
der höchsten Anerkennung genannt.
Es ist nicht zu verwundern, dass Frankreich
nach seinen sonstigen Maassregeln in der Süd-
see aucli diesen König nicht unbelästigt Hess.
1858 wurde er gezwungen, Römische Priester
*) Das Seroinav liclindet sich zu Nukualot'a auf Tongatabu.
auf Vaväu und Lefuka aufzunehmen, ihnen
Häuser und Kapellen zu bauen , so wie denen
in Tongatabu ähnliche Vortheile zu gewähren.
Georg ertrug diese Demüthigung, um nicht das
Schicksal einer Pomare zu theilen. Die katho-
lischen Priester aber mühen sich umsonst, die
durch evangelische Kräfte errichtete Kapelle zu
füllen; nur etwa 20 Personen bilden ihren
Anhang.
Zu der Tonga -Gruppe gehören nach den
Uber lief er ungen, so wie nach dem vorwiegenden
Typus der Bewohner auch die nördUcheren In-
seln Niuafoou, Niuatabutabu , Uvea (Wallis-In-
seln) und Fotuna, obwohl sie jetzt politisch
selbstständig unter eigenen Häuptern stehen.
Die beiden ersteren sind von Tonga aus zum
Christenthum und somit zur Denomination der
Methodisten geführt. Jene ist neuerlichst wieder,
wie schon öfter, durch heftige vulkanische Aus-
brüche erschüttert. Die Bewohner gedachten
schon ihre Heimath zu verlassen. Diese eine
flache Insel enthält mehrere Dörfer mit Kirchen,
deren Namen und Lage leider nicht angegeben
werden konnte; das benachbarte hohe Tafahi
hat nur wenige Bewohner. — Uvea und Fotuna
sind vollständig kathoHsirt. Auf der ersteren
hat der apostolische Vikar von Central-Oceanien
(Mr. Bataillon) seinen Sitz. Der erste Versuch,
die Insel dem Christenthum zu gewinnen, wurde
von Gogo, dem Könige von Niuatabutabu, schon
1835 gemacht, der dabei sein Leben einbüsste.
Einige Wenige fielen dem Evangelium zu, dit
später aber, als Uvea der katholische Muster-
Staat wurde, mancherlei Bedrückungen zu er-
dulden hatten, bis sie endhch auswanderten und
auf Vaväu Aufnahme fanden. Ihre Zahl hatt*
sich bis auf 150 Personen vermehrt. Sie wohnen
zu Falaleu bei Neiafu. Ein Versuch, sie in ihre
Heimath zurückzuführen, ist neuerdings ge-
scheitert.
Das gebirgige Eua, zu Tongatabu gehörig,
hat nur etwa 200 Einwohner. Die Lage des
Wohnplatzes mit Kirche und ansässigem Predi-
ger koiuite leider nicht ei'mittelt werden.
N'. 7. Die Samoa- oder Schiffer -Inseln.
Schon mancher Beschreibe!- der Polynesischen
Inseln hat hmsichtlich der Samoa - Gruppe die
Unmöglichkeit, in Worten eine entsprechende
Darstellung ihrer Schönheit zu geben, eingestan-
den. Erhabenheit, mit Lieblichkeit gepaart, über- j
bietet hier selbst Alles, was von der Königin
iler Südsee , von Tahiti , gerühmt werden mag.
Die stille Lagune, durch ihren RiiFgürtel vom
brandenden Meere getrennt, umschliesst frucht-
bare Ebenen mit Kokos - Wäldern. Weiterhin
schliessen sich sanft ansteigende Höhen an, be-
kleidet mit den mächtigen Baumkronen des Ur-
waldes , unter denen hier nicht das wirre, un-
durchdringliche Dickicht sich findet, wie es sonst
in den Ti'open herrscht, sondern wo im kühlen
Schatten nur eine losere Vegetation (z. B. die
gefiederten Farne) ihr Gebiet hat, während in
den Zweigen lieblich girrende Taub'en und an-
dere Vögel im prächtigsten bunten Federschmuck
hausen. Hie und da aber erhebt sich über den
Bergrücken ein mächtiger Gipfel , der früher
Feuer und Verderben drohte, jetzt aber erloschen
ist. Da und dort tritt eine malerische Gruppe
von schroffen Basalt -Felsen zu Tage, an denen
muntere Bäche rauschende Wasserfälle bilden,
wähi'end an anderen Stellen das Wasser im porö-
sen Tuffstein sich seine unterirdischen Betten
gehöhlt hat. Das Gesagte bezieht sich besonders
auf Upolu und Tutuila ; • Savaii ist mehr wildes
Gebirgsland und fällt oft in schroffen Klippen-
Küsten (iron bound coasts) zur See ab.
Der Flächeninhalt, den die vier Hauptinseln
umfassen, kommt dem des Herzogthums Koburg-
Gotha nahe. Die Wohnplätze liegen mit wenigen
Ausnahmen nur an der Küste, während im In-
nern Spuren alter Dörfer aus früherer Zeit sich
erhalten haben. Die Zahl der Bevölkerung hat
abgenommen, aber, wie man aus jenem Umstände
schliessen kann, bereits vor der Berührung mit
den Europäern, denn schon die Entdecker fan-
den die Eingebornen auf Küstenwohnplätzo be-
schränkt. Jetzt beträgt die Zahl 34,700*-). Es
ist wahrscheinlich, dass dieselbe in dem letzten
Jahrzehnt wieder zugenommen hat. Die Samoa-
ner gelten nach den Tonganern für die schönsten
Polynesier. Ihr Dialekt ist weicher als der rauhe
Neu -Seeländische und kräftiger als der etwas
weichliche von Tahiti. In Kunstfertigkeiten stan-
den sie hinter den anderen nicht zurück ; ihr
heidnischer Kultus war jedoch weniger ausgebil-
*) Zur Vergleichung fügen wir die BevölkfiTungszaLl
von Koburg-Gotha bei: 1C4,.500.
Gnmdomann : Afj'i^xtnvxottnu. III, h.
det als der der anderen Gruppen. Samoa ist nie
über eine politische Zersplitterung hinausgekom-
men und selbst in den einzelnen Distrikten fän-
den fast fortwährende Streitigkeiten verschiede-
ner Parteien um die Hegemonie statt. Eine Zeit
lang waren die Eingebornen als besonders wild
verrufen , und zwar nach der Ermordung des
unglücklichen De Laugle von der La Peyrouse'-
schen Expedition '''"), die der damals verbreiteten
Ansicht einen Stoss gab, nach welcher man in
der paradiesischen Einfalt dieser Naturkinder viel
höheres Menschenglück zu sehen sich gewöhnt
hatte, als Christenthum oder Bildung zu geben
vermöchten. Die Samoaner waren aber nicht
wilder als andere Polynesier, können im Gegen-
theil nachweislich des Kannibalismus nicht be-
schuldigt werden, obgleich ihre Kriege von Grau-
samkeit und Mordlust zeugen.
Jetzt ist auch hier längst ein völliger Um-
schwung eingetreten. Die Samoa-Mission ist eine
der jüngeren, die aber sehr schnelle Fortschritte
gemacht hat. Anfangs war durch Eingeborne
der Tonga -Inseln die Kunde vom Evangelium
bereits dorthin gelangt. 1830 aber besuchte
Wilhams zuerst die Gruppe und liess eingeborne
Tahiti'sche Lehrer dort, deren Wirksamkeit so
erfolgreich war, dass er bei seinem Besuche in
Europa (1835) die Londoner Gesellschaft bestim-
men konnte, sich dieser Mission kräftig anzu-
nehmen. Dieselbe hatte mit den Methodisten die
Ubereinkunft getroffen, welche jenen die Tonga-
und Fidschi - Inseln , ihr selbst aber Samoa und
die östlicheren Gruppen als Arbeitsgebiete sicherte.
Inzwischen hatten auch Wesleyanische Tonga-
Lehrer bei einigen Häuptlingen auf Samoa Ein-
gang gefunden. Daraus erwuchs eine um so grös-
sere Schwierigkeit, als neben dem politischen
Streit, der noch zwei Jahrzehnte lang in hef-
tigen Flammen loderte und in dem bald die
Christen den Heiden entgegenstanden, die erste-
ren nun selbst in zwei Parteien zerfielen, die
oft schroff einander gegenüberstanden. Die Über-
einkunft der beiden Gesellschaften wurde zu-
nächst in Kraft erhalten. Die methodistischen
Samoaner aber weigerten sich, den Londonern
beizutreten. Viele wurden von den Katholiken,
die sich 1845 eingefunden hatten, gewonnen**).
Inzwischen war die Wesleyanische Mission
in Polynesien mit unter die Australische Confe-
*) 1787 in der Massacre Bay.
**) In neuerer Zeit sind auf Tutuila sogar die Mor-
monen eingedrungen, ohne aber viele Anhänger zu finden.
53
reuz gestellt uud diese erachtete sich au die
obige Übereinkunft nicht gebunden , sondern
sandte 1857 wieder ihre Missionare nach Samoa,
wo sie von der betreftenden Partei mit Freuden
begrüsst wurden. Um jene Zeit endeten auch
die blutigen Kriege der Samoaner, obgleich po-
litische Zwistigkeiten bis jetzt noch nicht ganz
abgcthan siud. Seit jener Zeit aber schwand
schnell der Rest der Heiden hin und in neuester
Zeit bekennt sich die ganze Bevölkerung zum
Christenthum, leider zerspalten durch jenen Deno-
minatious-Unterschied. Die Methodisten zählen
1000 volle Kirchenglieder (Communikanten), die
Londoner gegen 5000. Die Katholiken sollen nach
einigen Nachrichten keine ausgedehnten Erfolge
erreicht haben, in den „Annales" dagegen wird
die katholische Bevölkerung auf 4150 angegeben.
— Besoudei"s erfreulich ist, was die Londoner von
der Opferfreudigkeit ihrer Angehörigen bei'ichten
können, die jährlich neben nicht unbedeutenden
Beiträgen in baarem Gelde über 13,000 Thlr. in
Produkten für die eingebornen Prediger aufbrin-
gen. Samoa hat für den Handel der Südsee eine
wichtige Bedeutung gefunden. Der Werth des
ausgeführten Kokos-Öls beläuft sich auf 2- bis
;300,000 Thlr. jährlich. Hauptort für diesen
Handel ist Apia auf Upolu.
Zu Malua befindet sich neben der Presse, die
bereits die vollständige Samoa -Bibel geliefert
hat, das Seminar für eingeborne Lehrer, aus
dem tüchtige Missionare für andere Gruppen
(namentlich auch für die Loyalty - Inseln und
Neu - Hebriden) hervorgegangen sind. Mehrere
solcher Gruppen aber sind der Pflege der Samoa'-
schen Mission zugewiesen. Diese haben wir auf
der unteren Abtheilung unseres Blattes zur Dar-
stellung gebracht. Die Lagunen-Inseln im Westen
wareu bis in die neueste Zeit dem Christenthum
noch fern, obgleich auf einigen Inseln in Folge
der Aufforderung eines Schiffskapitäns der Götzen-
dienst abgestellt worden und Verlangen nach
Missionaren erweckt war. Durch einige von den
Manihiki - Inseln nach Nukulailai verschlagenen
Eingebornen wurde dort diess Verlangen gestei-
gert und die Niederlassung christlicher Lehrer
von Samoa aus bewirkt, bei deren Ankunft vor
4 bis 5 Jahren sich die meisten Bewohner dem
Christenthume zuwandten. Nur Nanomena und
Niutao bleiben demselben verschlossen, obgleich
auf letzterer der Götzendienst abgeschafft ist.
Die Inseln , welche früher gewöhnlich EUices-
Inseln genannt wurden, gehören zu den ring-
förmigen Riff-Inseln (siehe zu No. 1). Die Be-
j wohner stammen von Samoa her. Dieselben sind
leider von mehreren Inseln durch Peruvianische
Sklavenschiffe (vergl. No. 1) bis auf geringe
Reste weggeschleppt worden, noch ehe die Mis-
I sion Fuss fasste.
I Weiter nach Osten folgt die Tokelau-Gruppe,
deren bedeutendste Inseln Oatafu Nukonono und
Oatafu sind. In früheren Berichten wurden auch
auf diesen Samoa'sche Lehrer erwähnt. In neue-
j rer Zeit ist davon nicht die Rede, dagegen hat
i die katholische Mission dort Eingang gefunden.
Pukapuka, wo 1864 der „John Williams" unter-
ging, hat einen evangelischen Lehrer von Raro-
' tonga aus erhalten, ebenso die östlichere Mani-
hiki-Gruppe, die wir hier der Übersicht wegen
mit aufführen. (Vergl. die Cartons auf No. 1.)
Alle diese Aussen - Stationen werden durch
! regelmässige Besuche des Missionsschiffes mit
den betreffenden Hauptstationen in Verbindung
gehalten.
Endlich gehört im Süden zur Samoa-Gruppe
noch eine Insel, deren Lage auf der Übersichts-
karte von No. 6 gezeigt ist, während wir sie
hier in grösserem Maassstabe haben. Niue wurde
I von Cook entdeckt und wegen der besonderen
Wildheit seiner Bewohner Savage Island (Wil-
den-Insel) genannt.
Auch der Einführung der Mission widersetz-
ten sie sich hartnäckig, bis durch einige ausser-
halb bekehrte Volksgenossen dem Christenthum
Eingang geschafft wurde. Seit 1858 errang das-
, selbe den Sieg und die Insulaner verlangten
j dringend noch einen Europäischeu Missionar,
I nachdem eingeborne Lehrer unter ihnen gear-
I beitet hatten. Seit 1861 haben sie einen solchen
j erhalten, und nun bekennt sich die ganze Be-
völkerung (4- bis 5000 Seelen) zum Christen-
I thume, während 1200 Communikanten gezählt
I werden.
I
8. Die Gesellschafts -Inseln.
Diese Inseln werden iu zwei Gruppen ge-
theilt: die über dem Winde oder Georgische In-
seln und die unter dem Winde oder Gesell-
bchafts-lusclu im engeren Sinne. Mit Ausnahme
der niedrigen Korallen-Inseln Tetuaroa und Tubai
sind sie alle hoch. Die höchsten Punkte (bis zu
10,000 Fuss) bilden die mächtigen Berge von
Tahiti*). Die immergrüne Vegetation zeigt eine i
seltene Pracht und Fülle. — Die Bewohner, ein |
besonderer Zweig der Polynesischen Völker-
familie, sind den verwandten Stämmen gegen-
über durch eine gewisse Weichheit charakteri-
sirt, die in der heidnischen Zeit in Weichlich-
keit und Wollust herrschte. Auch ihr Dialekt
unterscheidet sich von dem mehr männlichen
Gepräge des Neu - Seeländischen und Raroton- j
gischen.
Über die frühei'e Religion und Sitte vergleiche
man, was im Allgemeinen über Polynesien ge-
sagt ist. Es sei hier nur bemerkt, dass auf den
Gesellschafts - Inseln der Kannibalismus fremd,
doch Kindesmord und Menschenopfer au der j
Tagesordnung waren. Die Hauptplätze des Götzen- [
dienstes, an denen die meisten der letzteren dar- j
gebracht wurden, sind auf der Karte durch ein j
besonderes Zeichen angedeutet (bei Papara auf i
Tahiti und bei Opoa auf Rajatea).
Obgleich schon 1606 von Quiros entdeckt
(seine Sagittaria ist jedenfalls Tahiti) und einige
Male noch vor Cook von anderen Europäern
besucht, wurden die Gesellschafts - Inseln erst
durch jenen berühmten Seefahrer in Europa be-
kannt. Seine Schilderungen erregten viel Auf-
*) Richtiger zu schreiben Taiti; wir behalten die ge-
bräuchliche Schreibweise bei. Otaheiti mit Deutscher Aus-
sprache zu sagen, ist ganz verkehrt; Cook gebrauchte jene
Form mit vorgesetztem Artikel und nach Englischer
Orthographie.
Grundemann : Misaionaatlas. III, ».
sehen und zogen bald das Interesse des jungen
Missionseifers in England auf sich. Mit dem
ersten grösseren, in Folge davon ins Werk ge-
setzten Missions - Unternehmen war die Bildung
der Londoner Missions - Gesellschaft verknüpft.
1797 brachte das MissionsschifiF „DufF" 16 Mis-
sionare nach Tahiti. Die Geschichte dieser Mis-
sion hat für die erste Zeit von vielen Schwierig-
keiten und entmuthigenden Zügen zu berichten.
1808 linden wir die Missionare nach Eimeo ge-
flohen, 1810 nur zwei von ihnen dort Stand
haltend. Doch erstarkte allmählich die kleine
christliche Partei unter Pomare. Ihr Sieg über
die Feinde, da, wo diese bereit waren, sie aus-
zurotten, bezeichnet den entscheidenden Fall des
Heidenthums (1815). Seitdem machte die Ein-
führung des Christenthums schnelle Fortschritte.
In wenigen Jahren waren die Zustände auf Ta-
hiti völlig umgewandelt, und ähnlich ging es auf
den übrigen Inseln.
Die Blüthe dieser Mission, iu der sich na-
türlich auch dann und wann Schwankungen ein-
stellten, erstreckt sieh bis in die dreissiger Jahre.
Die wegen der Ausweisung katholischer Missio-
nare herbeigeführten Kämpfe mit der Französi-
schen Macht, die trotz tapferer Gegenwehr der
Eingebornen in der Französischen Besitzergrei-
fung (1842) unter dem Namen des Protektorates
ihren Abschluss fanden, haben dem blühenden
Werke schweren Schaden gebracht. Um diese
Zeit bestanden auf Tahiti die auf der Karte
angegebenen, von Europäischen Missionaren be-
setzten Stationen. (Wir haben den Originalnamen
der Orte , in deren Nähe dieselben lagen , die
Englischen Namen beigefügt, mit denen die
Missionare ihre Stationen benannten.) Ausser-
dem war allmählich eine Schaar oingeboruer
Prediger herangebildet. Seit 1852 nahm die
54
Französische Regierung die Anstellung derselben
in die Hand und die Missionare wurden der Art
beschränkt, dass ihnen nur der Gewalt zu wei-
chen übrig blieb. Nur einer blieb für die Kolo-
nisten und Schiffer in Papeiti zurück. Für
letztere besteht daselbst eine sogenannte Bethel-
Kirche.
Die Franzosen haben von ihrer Besitznahme
wenig Vortheil erlangt. Bis vor einigen Jahren
wollten die Kolonisirung und die industriellen
Unternehmungen nicht recht in Gang kommen.
In neuester Zeit sind bedeutende Anstrengungen
für den Zuckerbau gemacht, wobei von Einfüh-
rung Chinesischer Kulies die Rede war. Die
nachtheiligen Einflüsse auf die Sittlichkeit der
Eingebornen dauern fort. Die katholische Mis-
sion hat nach den verschiedensten Berichten hier
keine glänzenden Erfolge gehabt, obgleich sie
von der Regierung stark unterstützt wird. Die
meisten Anhänger hat sie in dem Gebiete von
Papara gefunden. — Trotz aller Hindernisse kann
aber in neuerer Zeit wieder von einer Zunahme
der evangelischen Kirchenglieder gesprochen wer-
den. Dazu hat auch die Pariser Gesellschaft Ar-
beiter nach Tahiti geschickt (1861), welche die
bezeichneten Stationen besetzt und dafür gesorgt
haben , dass die anderen tüchtige Prediger aus
den Eingebornen erhielten.
Auf den Inseln unter dem Winde ist das
Bestehen der Londoner Mission gesichert, da
über diese das Französische Protektorat vertrags-
mässig sich nie ausdehnen darf. Gegenwärtig
sind nur die Stationen auf Rajatea und Tahaa,
letztere nach längerer Störung durch Krieg, mit
Europäischen Missionaren besetzt. Die anderen
völlig organisirten Gemeinden werden von ein-
gebornen Pastoren bedient, zu deren Ausbildung
auf Tahaa ein Seminar errichtet war, das jetzt
wahrscheinlich auch wieder in Thätigkeit sein
wird. Reichliche Gaben für die Mission zeugen
j auch hier von lebendigem christUchen Eifer, *
wenn auch andererseits Zeichen von Gleichgiltig-
I keit und Verweltlichuüg zu finden sind.
Die Karte zeigt auf dem Übersichtsblatte die
I Bevölkerung einer jeden Insel nach den neuesten
I statistischen Berichten (in der Revue maritime et
I coloniale). Da vor einigen Jahrzehnten die Be-
völkerung aller Gesellschafts - Inseln noch auf
50,000 gerechnet werden konnte, so sieht man
auch hier das traurige Dahinschwinden der Poly-
nesier.
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N". 9. Die Tuamotu- (Paimiotu-) Inseln.
Dieser ausgedehnte Archipel besteht aus einer
Menge niedriger Korallen-Inseln, die, von Riffen
umgeben , an denen das Meer in wilder Bran-
dung seine Macht zeigt, mit ihren Kokos-Palmen
wie grüne Kränze stille Lagunen umschliessen,
deren glatter Spiegel gegen das aufgeregte Meer
eigenthümlich absticht. Oft ziehen sich diese
Inseln, deren Boden nur wenige Fuss das Wasser
überragt , bei sehr geringer Breite in beträcht-
liche Länge hin. Wenige der Lagunen haben
einen Kanal in dem umgebenden Korallenriff,
der sie als Häfen für grössere Schiffe zugäng-
lich machte. Nur einige Inseln, die auf der Karte
angegeben sind, haben die hohe Formation. Das
tropische Klima ist durch die Seewinde sehr ge-
mässigt. Die Produkte bieten weniger Mannich-
faltigkeit als andere Südsee-Inseln.
Die Bewohner sind den Talütieru nahe ver-
wandt , auch ihrem Dialekte nach. Schon seit
lauger Zeit hatten die nordwestlichen Inseln zu
Tahiti viele Beziehungen. Von dort aus erhielten
(Muige auch das Clnistenthum , das nach Anaa
(irrthümlich Aana genannt und von der Ketten-
Insel, mit der sie identisch, unterschieden) dui-ch
einen bekehrten Eingebornen schon bald nach
1815 gebracht wui-de, in ähnlicher Weise später
nach Aurora (Makatea oder Metia), Byam Martin
(Pinaki?), den Bow- Inseln (Hao) und manchen
anderen. Anaa wurde der Mittelpunkt für diese
vorzüglich durch eingeborne Lehrer betriebene
Mission. Um 1830 begann auch auf der süd-
lichsten Gruppe des Archipels, auf den hohen
Gambier-Inseln (Mangareva), ein versprechendes
j evangelisches Missionswerk. Die katholische Mis-
I .
sion nahm aber bald dieses Feld für sich in
Anspruch und machte es zum Centrum ihrer
Operationen in jenen Gewässern. Sie wird von
Arbeitern der Picpus-Gesellschaft betrieben.
Seit der Französischen Occupatiou , die sich
über den ganzen Archipel erstreckte, ist die
Entwickelung der evangelischen Mission stark
beschädigt. Auf Anaa, das der Hauptsitz Fran-
zösischen Einflusses wurde, haben sich zudem
die Monnoueu eingefunden und bei den Einge-
' . . .
bornen nicht geringen Eingang erlangt. Die
I katholische Mission scheint dort weniger Erfolge
i als auf Mangai'eva gehabt zu haben. — Von
Tahiti aus sind auch hier die evangelischen Ge-
meinden in neuester Zeit wieder belebt und mit
Predigern versorgt worden.
Auch auf diesen Inseln schwindet die Be-
( völkerung schnell dahin. Auf einigen derselben
I ist sie noch vollständig uncivilisirt, ja selbst
I dem Kannibalismus ergeben, namentlich wird
diess von Vairaatea, Moräne, Tematangi und
Akiaki berichtet.
rrriiudeiimiiii s Minsinnsattas. Iii, 8.
55
GOTHA: JUSTrS PERTHES.
N". 10. Die Marquesas- Inseln.
Die Marquesas - Inseln bestehen aus zwei
Gruppen : der nordwestlichen und südöstlichen,
deren Grenze zwischen üapou und Uauka einer-
seits und Hivaoa und Fatuhuku andererseits sich
hinzieht. Dieselben sind (mit Ausnahme der
kleinen Korallen-Insel ganz im Norden) allesammt
lioch und vulkanischen Ursprungs, doch ist die
vulkanische Thütigkeit erloschen. Die höchsten
Punkte erheben sich nicht viel über 3000 Fuss.
Steile Eücken durchziehen die grösseren Inseln,
Seitenzweige nach den Küsten sendend, zwischen
denen fruchtbare Thäler, scharf von einander
getrennt, die Wohnsitze verschiedener Stämme
bilden. Über den Besitz derselben finden häufige
Kämpfe statt, jetzt mit Feuerwaffen geführt. —
Die Bewohner sprechen einen besonderen Poly-
nesischen Dialekt, obgleich auf den verschiedenen
Inseln noch Unterschiede der Mundart bestehen.
Sie werden zu den schönsten Stämmen der Süd-
see gerechnet, doch schwinden sie auch vor den
anderen sclmell dahin (vergl. die Bevölkerungs-
zahlen für Nukahiva auf der Karte).
Obgleich mit am frühesten von den Seefah-
rern christlicher Länder besucht (der Spanier
Mendana entdeckte sie 1595 und nannte sie
nach dem Marquis von Canete, dem Vicekönig
von Peru), befinden sich diese Inseln noch in
der tiefsten Finsterniss des Heidenthums, und
jene Greuel des Kannibalismus u. s. w., die auf
anderen Gruppen schon lange der Vergessenheit
angehören, sind hier bis zur Gegenwart in vollem
Gange geblieben.
Schon der „Dutf" brachte bei seiner ersten
Fahrt Missionare, die sich indessen nur kurze
Zeit auf Tauata aufhielten. Erst 1825, nachdem
ein auf Tahiti bekehi'ter Marquesaner günstige
Hoffnungen erweckt hatte, Hess die Londoner
Gesellschaft durch eingeborne Lehrer die Mission
GriiiidHiuann ; Miaaionsatlas. IH, H.
wieder aufnehmen. Auch dieser Versuch war
vorübergehend, jedoch wurden in den folgenden
Jahren die Inseln öfters von Missionaren be-
sucht, bis 1835 zwei dei'selben sich wieder blei-
bend auf Tauata niederliessen und mehrere .lahre
in Segen wirkten. Diess Wei'k wurde jedoch
durch die auf Französische Macht gestützten
katholischen Missionare gestört, die 1838 ein-
drangen und denen die evangelischen endlich
(1841) weichen mussten. Im folgenden Jahre
wurde die Gruppe von Frankreich in Besitz ge-
nommen. In Vaitahu, dem Aufenthaltsorte der
(katholischen) Missionare*), wurde ein Fort an-
gelegt. Bald rühmten sich dieselben der grössten
Erfolge auf Tauata, so wie auch auf Hivaoa,
Nukahiva und Fatuiva**). Die erstgenannte
Insel wurde jedoch 1849 von ihnen verlassen
und die heidnischen Zustände kehrten zurück.
Ebenso wurde die Station auf Fatuiva 1855
wieder aufgegeben.
Der Sitz des Französischen Gouverneurs war
nach Nukahiva verlegt, das bald zum Bischofs-
sitz erhoben wurde. Das ganze Verhältuiss der
Mission aber musste zu Ende des vorigen Jahr-
zehnts von einem Französischen Berichterstatter
als auf äussere Macht gegründet bezeichnet wer-
den. Auf Uapou nur sollte sie weitere Einflüsse
auf das Volk erlangt haben. Nach späteren Nach-
richten sollten die beiden aufgegebenen Inseln,
so wie auch Uauka wieder besetzt werden.
Trotz aller Begünstigungen der katholischen
Mission hat aber auch eine rege evangelische
Missions - Thätigkeit sich der Marquesas - Inseln
*) Auch die evangelische Station war an diesem Orte
gewesen.
**) Trotz der Inconsequenz haben wir diese Schreib-
art beibehalten, weil die Haw. Evang. Soc. den Namen
so schreibt. Für Nukahiva wird auch Nukuhiya geschrieben.
56
wieder annehmen können. 1853 kam ein Häupt-
ling von Fatuiva nach den Hawaii - Inseln , um
dort einen Missionar zu erbitten. Die Hawaiian
Evangelical Society entsprach dieser Bitte aufs
Bereitwilligste und sendete mehrere Hawaii'sche
Geistliche, die sich nicht bloss auf Fatuiva nieder-
liessen , sondern auch auf Hivaoa und Uapou
Stationen gründeten. Obgleich über diese Mis-
sion nur seltener Berichte zu uns gelangen, er-
sieht man doch, dass sie nicht ohne Erfolg ist.
In den verschiedenen Gemeinden, welche auf der
Karte angegeben sind, befinden sich (1869) 96
volle Mitglieder, während 47 im Laufe des letz-
ten Jahres neu aufgenommen waren. Auch der
American Board unterstützt dieses übrigens ganz
selbstständige Werk und das Missionsschiff „Mor-
ning Star" vermittelt die Verbindung mit den
Hawaii - Inseln.
Für Nukahiva folgen hier die Namen der
auf der Karte nur mit Ziffern angedeuteten
Stämme :
1. Taioa. V. Haaeka.
II. Teil. I VI. KamiLo.
III. Taipivai. • Vll. Puioho.
IV. Avangi. | Vlll. Hatitoka.
IX. Pua.
1. Tekea. i 3. Tetaievao.
2. Mataua. i 4. Naiiki.
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SHi Bairaiuin Bvmujel. ^Issncialion
ETil Society Propatj Oos/iel
■■■ Äo///. Ctilhol. .Uission
"S PERTHES.
TiUi. Anst C. HeOfarth.Gotli;!
11. Die Hawaii -Inseln.
Die Hawaii - Inseln , von ihrem Entdecker
Cook nach dem damaligen Chef der Britischen
Admii'alität Sandwich-Inseln genannt, sind sämmt-
lich vulkanischen Ursprungs und erheben sich j
an mehreren Punkten zu einer Höhe von 10- |
bis 15,000 Fuss über dem Meere. Sie haben |
eine Anzahl thätiger und erloschener Krater,
unter welchen letzteren Haleakala auf Maui der |
grölsFe unter allen bisher bekannten ist. Cha-
rakteristisch ist, dass nur die Windseite der
Inseln (NO.) reichlich mit Bächen versehen ist
und in Folge davon eine üppige Vegetation hat,
während die andere Seite grösstentheils wasser-
arm und steril ist.
Die Bewohner bilden einen besonderen Zweig j
des Polynesischeu Stammes und werden Kanakas
genannt. Ihr Dialekt ist kräftiger als der Tahi- j
ti'sche, ohne die Härte des Neu - Seeländischen
zu erreichen. Was im Allgemeinen über die ur- j
sprüngliche Religion und die Sitten der Polyne-
sier gesagt ist (vergl. zu No. 1), gilt auch hier.
Die Einflüsse Europäischer Kultur haben sich
unter allen Grupjjcn der Südsee auf den Hawaii-
Inseln am stärksten geltend gemacht. Die poli-
tischen Verhältnisse sind in Europäischer Weise
geordnet, indem die ehemals von verschiedenen j
Häuptlingen regierten Inseln, die schon 1781
unter Kamehameha's I. Herrschaft vereinigt wur-
den, jetzt ein coustitutionelles Königreich bilden.
Die Zahl der Kolonisten, die der Handel und
industrielle Zwecke (namentlich Zuckerbau) dort-
hin geführt, belief sich schon im Jahre 1866
auf mehr als 4000, meist Amerikaner, doch sind
auch Engländer, Franzosen, Deutsche, Chinesen
XL. s. w. vertreten. Sie finden sich grösstentheils
auf Oahu. Von ihnen und den Eingebornen bil-
det sich eine Mischlingsrace.
Griindemiinn : Mtssionsaltas. III, b.
Die Mission, die hier 1820 durch die Ame-
rikanische Gesellschaft (A. B. C. F. M.) begon-
nen wurde, fand bereits das Heidenthum offi-
ciell unter dem ganzen Volke abgeschafft, nach-
dem kurz zuvor die politische Partei , die das
Heidenthum vertrat, gänzlich überwunden war.
Hierdurch erhielt die Einführung des Christen-
thums, welches die Königliche Familie zuerst an-
nahm, auf diesen Inseln einen besonderen Cha-
rakter. Zu Anfang ihrer Arbeit hatten die Ame-
rikanischen Missionare eine bedeutende Hülfe
durch den Londoner Missionar Ellis , der von
den Gesellschafts-Inseln herübergekommen war.
Die ersten Stationen waren die zu Kailua auf
Hawaii und die zu Honolulu auf Oahu. 1825
dagegen bestanden ausser diesen auch Stationen
zu Waimea, Waiakea (Hilo) und Kaawaloa auf
Hawaii und zu Lahaina auf Maui. Die folgende
Zeit hat stetige Fortschritte des Missionswerkes
aufzuweisen. 1832 war das ganze Neue Testa-
"ment, 1838 die ganze Bibel in die Landessprache
übersetzt. Bedrohlich wurde für dasselbe die ein-
dringende katholische Mission (von der Picpus-
Gesellschaft), deren Arbeiter, bei den ersten Ver-
suchen nach den Landesgesetzen zurückgewiesen,
1836 durch Französische Gewalt eingeführt wur-
den. Sie haben eine rege Thätigkeit mit Erfolg
entfaltet. Seit 1856 sind die Hawaii-Inseln ein
besonderes apostolisches Vikariat geworden. Die
Zahl der Katholiken wurde 1860 von ihnen
selbst auf 23,000 angegeben. — Indessen hatte
das evangelische Bekenntniss trotzdem in der
Bevölkerung immer festeren Grund erhalten. Ein
Lehrer- und Predigerstand ist aus den Eingebor-
nen seit geraumer Zeit herangebildet und die
Gemeinden haben sich der Art consolidirt, dass
die Mission als solche ihre Aufgabe vollendet
57
hat. Deshalb hat die Amerikanische Missions-
Gesellschaft Yor einiger Zeit bereits den Über-
gang ihres Hawaii'schen Gebietes in eine selbst-
ständige Hawaii'sche Kirche herbeigeführt*), ob-
wohl sie auf den in der Karte bezeichneten
Stationen ihre früheren Arbeiter noch erhält oder
unterstützt. Die Leitung der kirchlichen Ange-
legenheiten liegt in den Händen der Hawaiian
Evangelical Association, die auch die selbststän-
dige äussere Mission auf den Man[uesas - Inseln
und in Mikronesien (vergl. die betreffenden Blät-
ter) durch ihre eingeborneu Missionare betreibt.
Auch missionirt sie unter den eingewanderten
Chinesen, deren Zahl bereits 1300 beträgt, so
wie unter einer Anzahl nach Californien aus-
gewanderter Kanaken. Im Ganzen bringt diese
Gesellschaft von ihren Mitgliedern jährlich etwa
:)0,000 Dollars für kirchliche Zwecke auf.
Auf dem östlichen Maui hat die Amerika-
nische Missionary Association zwei Stationen unter
der Leitung eines früher zum Amerikanischen
Board gehörigen Missionars, der mit Bezug auf
die Behandlung gewisser socialer Verhältnisse,
*) Dieselbe zählt nach den letzten Angaben 12,407
-Mitglieder.
die mit der Sklavenfragc verwandt schienen, sich
[ von jeuer Gesellschaft getrennt hatte.
Eine Mission der Amerikanischen Methodi-
sten-Episkopal-Kirche, die vor einigen Jahren zu-
nächst im Anschluss an Kolonisten dieser Deno-
mination zu Honolulu begonnen wurde, ist nur
sehr vorübergehend gewesen. Ihre Kirche ist
von der anglikanischen Mission angekauft, die,
unterstützt von der S. P. G., unter Bischof Staley,
der sich als Vertreter der „reformirten katholi-
schen Kirche" bezeichnet, 1862 begonnen hat,
: und zwar nicht ohne mancherlei Beeinträchtigung
j der bereits gesammelten Gemeinde.
j Die Mormonen haben schon lange auf den
1 Hawaii-Inseln Eintluss zu erlangen gesucht. Sie
haben auf der Insel Lanai eine beträchtliche
Niederlassung, doch liegen uns keine Angaben
j darübej; vor, ob es ihnen gelungen ist, viele der
Eingebornen zu gewinnen.
j Auch bei den Kanakas ünden wir das trau-
rige Zusammenschmelzen des Polynesischen Stam-
mes. Die Bewegungen desselben in den Jahren
1820 — 1866 stellt die Karte durch ein Diagramm
dar. Nimmt man die Schnelligkeit der Abnahme
im mittleren Durchschnitt, so würde bei der-
selben das Volk kaum das Jahr 1900 erleben.
N". 12. Mikronesien.
Unter Mikronesieu begreift man die Gruppen,
welche (mit Ausnahme eines Theiles der Gilbert-
Inseln) nördlich vom Äquator liegen, so wie west-
lich und südwestlich von den Hawaii - Inseln.
Die meisten hierher gehörigen Inseln sind von
sehr geringer Grösse. Die niedrige Korallen-
Formation mit Lagune (vergi. zu No. 1) ist bei
weitem vorherrschend. Nur einzelne, wie na-
mentlich Ponape und Kusaie, sind hohe Basalt-
berge, dicht mit üppigster Vegetation bedeckt.
Merkwürdig sind die auf einigen Inseln sich
findenden Ruinen grossartiger alter Bauwerke
aus mächtigen Basaltblöcken. Dieselben lassen
auf eine nicht mehr vorhandene Urbevölkerung
schUessen. Die jetzige Bevölkerung weicht bei
manchen Übereinstimmungen mit den Polyne-
siern*) von letzteren doch bedeutend ab. Na-
mentlich ist die in verschiedene Dialekte**) zer-
fallende Sprache von der Polynesischen sehr ver-
schieden. Wahrscheinlich sind die Mikrouesier
aus einer Mischung von Malayopolynesiern mit
Mongolen entstanden***). Diese Mischung mag
auf den verschiedenen Gruppen in verschiedenem
Grade stattgefunden haben, da auf einigen die
Eingebornen durch manche Züge auf den ersten
Blick mit den Japanesen verwandt erscheinen,
während sie auf anderen sich scheinbar von den
Polynesiern kaum unterscheiden. Kannibalismus
findet sich nicht in Mikronesien, doch sind die
Insulaner leicht erregbar und grausam in ihrem
Zorn. Ihre Religion ist eine unklare Verehrung
von Geistern, denen zu Ehren Steine aufgerich-
*) Die Gilbert-Insulaner stellen diesen am nächsten.
**) Der Dialekt der Marshalls-lnseln, der der Gilbert-
Inseln, der von Ponape u. s. w. erlauben aucli kein f;egen-
seitiges Verständniss.
Nach anderer .Vulfassuni; sind sie mit den Taga-
len der Philippinen verwandt.
Gnindeniann : Minsionsfitla.i. III. ~^
tet werden. Götzenbilder kommen nicht vor. —
Weisse Ansiedler, Spanier und Amerikaner, fin-
den sich auf vielen dieser Inseln, um mit Kokos-
öl zu handeln. Von Walfischfiingern werden sie
oft besucht. Die von dieser Seite ausgeübten
Einflüsse .sind jedoch meist sehr nachtheilig.
Unzucht, Unmässigkeit und Epidemien reduciren
schnell die Zahl der Bevölkerung.
Auf der Gruppe der Marianeu oder Ladronen
j (vergl. No. 1) hat das Aussterben der Eingebor-
I nen schon lange sein Ziel erreicht. Vor 200
Jahren machten Spanische Priester dort die ersten
I
Anfänge, den Insulanern des Grossen Oceans das
I Christenthum zu bringen. Bald berichteten sie
von l.'5,ÜOO Getauften. Die Bevölkerung der
Marianen wurde damals auf 73,000, nach An-
deren auf 300,000 geschätzt. Zwei Jahre dar-
j auf erhob sich jedoch die Reaktion. San Vit-
tore, der Leiter der Mission, wollte sie mit Spa-
I nischen Wafien niederhalten. Daraus entspannen
! sich lange blutige Kriege , bei dei-en Ende nur
ein Rest von Insulanern in Verzweiflung dem
Christenthum sich fügte. Doch auch diese siech-
j ten schnell dahin , und bald nach dem Beginn
unseres Jahrhunderts war keine Familie unge-
mischten Blutes meh)- übrig. Jetzt leben auf
j jener herrlichen Gruppe , deren meiste Inseln
: ganz unbewohnt sind, nur ö600 Spanische Ab-
kömmlinge und allerlei von den Philippinen her-
übergekommene Vertreter dortiger Stämme, mit
denen sich die letzten Uberreste der Ureinwohner
vermischt haben.
I Der Anfang der Carolinen-Mission (von den
Philippinen aus) fällt in das Jahr 1710. Damals
I erlangte sie auf Sansorol (südwestlich von den
I Palaos-Inseln) nur die Märtyrerkrone. 1731 folgte
von den Marianen (Guajan oder Guam) aus ein
zweiter Versuch auf Ulithi mit gleichem Ausgang.
58
Seitdem ist nichts von katholischen Missio-
nen in Mikronesicn verlautet.
Die evangelische Mission, die sich bis jetzt
nur auf die westlichen Gebiete bezieht, welche
unsere Karte zeigt, ist ein selbstständiger Spross
derjenigen auf den Hawaii-Inseln. 18ft2 wurden
die ersten eingebornen Missionare von dort unter
Leitung einiger Amerikanischer nach den Gil-
bert-Inseln, nach Kusaie (Streng Island, sonst auch
Ualaii genannt") und Pönape geführt. Die Ha-
waii'scheu Gemeinden hatten einen beträchtlichen
Beitrag zur Ausrüstung dieses Unternehmens ge-
liefert. Später wurden die südlichsten Marshalls-
Inseln ebenfalls besetzt. Es hat auf den ver-
schiedenen Inseln nicht an Schwierigkeiten ge-
fehlt , die Mission hat aber allmählich einen
tiefen Grund gewonnen und befindet sich in er-
freulicher Entwickelung. Verschiedene Dialekte
sind durch die Schrift fixirt und Ubersetzungen
der heiligen Schi-ift in denselben begonnen.
Gegenwärtig zählt man auf allen Stationen zu-
sammen 341 Communikanten , im letzten .lahre
war der Zuwachs 54. Ein eigenes Schiff, der
„Morning Star" („Morgenstern") dient dieser
Mission, die gemeinschaftlich vom Amerikanischen
Board und der Hawaii'schen Evangehschen Ge-
sellschaft betrieben wird.
ALLGEMEINER
MISSIONS- ATLAS
NACH ORIGINALQUELLEN
BEARBEITET
vox
v/
R. GRUNDEMANN,
PFARRER ZU MÖRZ BEI BELZIG.
AMERIKA.
GOTHA: JUSTUS PERTHES.
1871.
DIE
MISSIONEN IN AMERIKA
IN EILF KAUTEN
MIT
ERLÄUTERNDEM TEXTE
DARGKSTELLT
VON
R. GRUNDEMANN,
PFARRER ZU MÖRZ BEI BELZIG
GOTHA:
JUSTUS
1871.
PERTHES.
1
TrOTHA Jl'ST
1 u. 2. Nord -Amerika
und die Indianer -Missionen.
Indem wir über die Britischen Besitzungen
in Nord-Amerika auf die zu No. 3 (resp. No. 4
und No. 5) gegebenen Bemerkungen verweisen,
haben wir es hier vorzugsweise mit den Ver-
einigten Staaten zu thun.
Mehr als 200 Jahre sind verflossen, seitdem
der Strom der Auswanderung aus christlichen
Ländern sich nach diesen , in jeder Beziehung
reich begünstigten, Gebieten zu ergiessen begann.
Wie Süd- und Mittel-Amerika von Völkern Ro-
manischer Abkunft in Besitz genommen wurden,
die dorthin ihren Katholicismus verpflanzten, so
war Nord - Amerika dem Anglo - Saxonischen
Stamme vorbehalten. Sein evangelisches Christen-
thum bestimmte somit das Gepräge der Kolonien,
um so mehr, da die Auswanderer nicht bloss
gewinnsüchtige Namenchristen waren , sondern
zum grossen Theil ernste, um ihres Bekenntnisses
willen verfolgte Männer, die als Pilgrime ihr
Vaterland verliessen, um jenseit des Oceans ihrem
Glauben leben zu können. Unter solchen Ver-
hältnissen, sollte man meinen, hätte Nord-Ame-
rika ein herrliches, fruchtbares Missionsfeld wer-
den müssen, denn an der Missionsaufgabe fehlte
es nicht. War doch weit und breit das Land
besetzt von kräftigen Indianerstämmen, die nicht
nur ihren Anlagen nach viel geeigneter für das
Evangelium erscheinen konnten als andere minder
begabte Völker, sondern auch durch manche Züge
ihrer religiösen Anschauung, so wie ihres sitt-
lichen Charakters insbesondere für dasselbe vor-
bereitet zu sein schienen. Aber die Geschichte
hat auch hier gezeigt, dass 'der Eifer für Be-
kenntniss und Kirchenformen nicht identisch ist
mit dem Eifer für den Bau des Reiches Gottes.
Zwar führte ohnehin die Kolonisation zu viel
weltlich gesinnte Elemente hinüber, als dass sie
im Grossen zur Mission geworden wäre. Doch
auch von jener anderen Seite trat man den In-
dianern nicht entgegen als den verlorenen Schafen,
die zum guten Hirten zu führen seien, sondern
als den Kanaanitern, die der Herr in die Hand
seiner Auserwählten zur Ausrottung gegeben
habe, auf dass letztere ihr Land ererbten. So
Grundemann : Misaionaatia». IV, 9.
kam es denn von vorn herein zwischen den Kolo-
nien und den ihnen benachbarten Indianerstäm-
men zum Kampfe, in dem der Überlegenheit
des weissen Mannes der Sieg nicht fehlen konnte.
Mehr aber als der direkte Kampf mit allen Grau-
samkeiten lichteten die von den Ansiedlern aus-
gehende Krankheit und Verführung (Feuerwasser)
die Reihen der Heiden , so dass manche starke
Stämme in wenigen Jahrzehnten bis auf den
letzten Mann verschwunden waren. Diess ist
das traurige Bild, das sich aus der Ajnerikani-
schen Geschichte nicht verwischen lässt. — Doch
hat es schon früh nicht an Männern gefehlt,
die anders gegen die Rothhäute gesinnt waren
und in treuer Missionsarbeit ihr Leben daran
gesetzt haben; so namentlich John Elliot und
Thom. Mayhew im 17. Jahrhundert, so wie im
folgenden die Nachkommen des Letzteren und die
Arbeiter der Brüdergemeinde, die alle in reichem
Segen wirkten und christliche Gemeinden aus
den Indianern sammelten. Erst zu Anfang un-
seres Jahrhunderts gewann die Missionssache in
Amerika weiteres Interesse. Verschiedeue Gesell-
schaften begannen eine umfassende Thätigkeit,
die auch von reichem Erfolge begleitet war. Doch
die gesammelten Häuflein christlicher Indianer
konnten zum Theil nicht den vernichtenden Ein-
flüssen der Civilisation widerstehen, die seit
der Abtrennung der Kolonien vom Mutterlande
in der neuen staatlichen Gestaltung immer be-
stimmter hervortraten. Auch die noch stärkeren
Stämme wurden aus ihren Gebieten verdi-ängt
und erhielten jenseit des Mississippi ihre Wohn-
sitze. So sind die östlichen Staaten bis auf we-
nige Überreste von den Indianern verlassen,
seitdem jene Maassregel gesetzliche Kraft er-
hielt (1830). Dabei ist manche schöne Frucht
der Mission verloren gegangen. Blühende Sta-
tionen wurden vernichtet und schon gesammelte
Gemeinden bei der Übersiedelung zersprengt.
Jenseit des Mississippi hatten sich die Stämme
wieder gesammelt. Während im Osten eine be-
wundernswerthe Industrie das Land immer mehr
umgestaltete und auf den Gipfel der moderneu
59
Kultur erhob, schien für die Indianer eine Zeit
der Ruhe gekommen zu sein. Doch auch in die
neuen Gebiete folgte ihnen vielfach der Auswurf
der weissen Bevölkerung, um durch Verführung
und Rohheit weiter an ihrem Untergange zu
arbeiten. Dem gegenüber wurde auch die Mis-
sion zu neuen Anstrengungen angeregt. Auch
hier entstand wieder eine Reihe von Stationen,
viele derselben aber sind jetzt schon wieder
verschwunden. Die Stämme schmelzen fortwäh-
rend zusammen. Das ihnen zugewiesene Land
wird wieder von der Kultur in Anspruch ge-
nommen, und die Reste eines solchen einst zahl-
reichen Stammes, die jetzt oft nur noch hun-
dert und weniger Seelen zählen, werden weiter
zusammengeschoben .
Dennoch muss man gestehen, dass der Con-
gress in neuerer Zeit den Indianern gegenüber
ein System verfolgt, das alle Anerkennung ver-
dient. Die Indianer werden auf Reservationen
gesammelt, erhalten daselbst reichlichen Land-
besitz, der ihnen für immer gesichert ist, und
empfangen Geldunterstützungen, wo es noth thut.
Eigens angestellte Agenten (deren mehrere unter
Aufsicht eines Superintendenten stehen) haben
sich ihrer anzunehmen und sie vor den Über-
griffen der Kolonisten zu schützen. Besondere
Beamte sind ihnen beigegeben, um sie im Acker-
bau und allerlei Gewerben zu fördern. Ausser-
dem unterhält der Staat viele Schulen und unter-
stützt die Missionen. Freilich hängt es sehr von
den betreffenden Persönüclikeiten ab, wie alle
diese Maassregeln gehandhabt werden. Auf einigen
Stationen sieht mau eine erfreuliche Wirksam-
keit, die aus dem Streben entspringt, an Resten
der Rothhäute das an ihren Vätern begangene
Unrecht möglichst wieder gut zu machen. Und wie
einer jener Agenten schreibt, so meinen es wohl
manche : „Wenn die Indianer dahin sterben
müssen, so mögen sie sterben wie das Kind an
der Mutterbrust." — Doch auf anderen Reser-
vationen sieht man leider, wie alle guten Ver-
ordnungen nicht ausreichen, um die Indianer vor
der Gewinnsucht und Schändlichkeiten aller Art
zu schützen, die ihren Untergang in roher Weise
beschleunigen. Jenes eben angedeutete bessere
Loos wird ihnen überhaupt nur da zu Theil, wo
das Evangelium an ilinen seine Kraft bewähren
kann , und das Letztere ist doch vielfach recht
sichtlich geschehen. Es sind nicht bloss in ver-
schiedenen Staaten und aus mancherlei Stämmen
christliche Indianer so weit gefördert, dass sie
als Staatsbürger alle politischen Rechte erlangen
konnten und als fleissige verständige Leute ge-
achtet und zu Wohlstand gelangt sind, nein, es
sind die christlichen Stämme, wie namentlich
die Cherokees, Choktaws und Creeks, soweit civi-
lisirt, dass sie ein wohlgeordnetes Gemeinwesen
bilden, mit ähnlicher selbstständiger Verfassung,
Gesetzgebung u. s. w., wie die anderen Staaten.
Diese Stämme zählen denn ihre Mitglieder noch
zu 10- bis 14,000.
Auf dem Blatte No. 1 sind alle hauptsäch-
lichen Indianer-Reservationen angegeben. In den
j westlichen Staaten und Territorien leben noch
j viele ihrer alten Sitte nach umherschweifenden
j Stämme , deren Ansiedelung auf bestimmten
i Reservationen noch nicht gelungen ist*), mit
denen aber zum Theil darüber verhandelt wird.
Bei der rasch fortschreitenden Kultivirung die-
ser Gegenden, die nun durch die Vollendung
der grossen Pacific-Eisenbahn beschleunigt wird,
werden sie sich eben nicht lange mehr in der
alten Freiheit halten können. In manchen Ge-
genden werden die Reservationen bald bedeutend
zusammengezogen werden. So geht man damit
um, diejenigen in Kansas südlich in das Indianer-
Territorium zu verlegen , sofern ihre Bewohner
noch niclit als Staatsbürger aufgenommen werden
können.
Als ein anderes Missions - Objekt wäre die
nunmehr aus ihrer Sklaverei befreite Neger-
Bevölkerung der Südstaaten zu erwähnen. Es
finden sich in derselben allerdings so bedeutende
Momente von heidnischem Wesen, dass die be-
treffende Thätigkeit sehr wohl unter der Rubrik
der Heiden - Mission aufgeführt werden dürfte.
Nach dem ganzen Stande der Amerikanischen
Verhältnisse liegt es jedoch näher, sie zu der
„inneren Mission" zu rechnen, welcher Begriff dort
in vielen Beziehungen weitere Grenzen als bei
uns hat. Die meisten Denominationen haben diese
„Freedmen"-Mission als einen besonderen Zweig
ihrer missionirenden Thätigkeit seit der Emanci-
*) Dieselben sind durcli eine besondere punktirte Sig-
natur angedeutet.
pation mit vielem Eifer betrieben. Ja, die grosse
American Missionaiy Association widmet dersel-
ben fast ihre gesammten Kräfte, während die
wenigen Stationen derselben im Auslande immer
mehr hinter diesem nächstliegenden Werke zu-
rücktreten. Zu einer Darstellung desselben hätten
unsere Karten weitaus nicht den genügenden
Eaum geboten , wie denn eine solche auch die
Grenzen unseres Atlas schon überschritten haben
würde.
Mit wenigen Worten müssen wir endlich
noch einer neuen Gestalt des Heidenthums er-
wähnen, die in den Vereinigten Staaten bedenk-
lich heranwächst. Tausende von Chinesen suchen
dort ihr Arbeitsfeld oder eine neue Heimath.
Arbeitsam, sparsam, nüchtern und an anderen
Tugenden manchen weissen Mann übertreffend,
gewinnen sie mehr und mehr Bedeutung und
Einfluss. In San Francisco erregten ihre wohl-
geschmückten Ahnenhallen, resp. Buddha-Tempel,
schon lange Aufsehen. Jetzt dringt der Strom
ihrer Wanderung in wachsendem Maasse nach
Osten, und vielleicht ist jetzt schon neben den
Kirchen New York's solch ein Tempel zu sehen.
In der erstgenannten Stadt haben schon seit ge-
raumer Zeit Presbyterianer und Methodisten
unter den Chinesen missionirt. Doch dürfte die
Amerikanische Christenheit unter den oben an-
gedeuteten Erscheinungen zu weit grösseren An-
strengungen veranlasst werden.
In Mexico sind die Indianer in ähnlichen
Verhältnissen wie in den früheren Spanischen
Besitzungen Süd-Amei'ika's. Viele Indianer sind
dort seit lange zum katholischen Christenthum
bekehrt und civilisirt. Nach den statistischen
Angaben besteht über die Hälfte der Gesammt-
Bevölkerung aus solchen reinen Indianern
(4,800,000), während ein anderer Theil von Misch-
lingen gebildet wird. In anderen Gegenden sind
auch Indianer durch katholische Missionen in
eigenen Dörfei'n gesammelt, die den Süd -Ame-
rikanischen Reduktionen cutsprechen. Diess ist
auch der Fall in den südlichen Theilen des jetzt
zu den Vereinigten Staaten gehörigen Califor-
nien und mit den Pueblos in Neu-Mexico. —
Im Norden leben noch viele vollkommen wilde
Indianer, die als Indianos barbaros oder bravos
bezeichnet wei-den, meist vom Stamm der Apachen
und Comanchen. — Von evangelischer Bewegung
in Mexico ist erst in neuester Zeit etwas zu
vernehmen. Eine Amerikanische Missions-Gesell-
schaft hat sich derselben angenommen.
Hinsichtlich des Blattes No. 2 ist noch zu
bemerken , dass dasselbe in gewisser Weise als
historische Karte dient. Alle auf die Indianer-
Stämme und die Mission bezüglichen Bezeich-
nungen sind in Roth gegeben. Die früheren Wohn-
sitze der Stämme und Missionen, die nicht mehr
bestehen, sind mit zurückgelegter Schrift, die
jetzigen Wohnsitze und bestehenden Missionen
mit vorwärts liegender Schrift bezeichnet.
Die genauere Angabe einiger noch in den
östlichen Staaten bestehenden Indianer-Missionen
findet sich auf No. 5.
Schliesslich folgt hier die Erklärung der
Zeichen auf den in Rede stehenden Blättern.
Zu Jfo. 1.
Verzcichniss der Indianer-Stämme*), resp. Reser-
vationen, in den Vereinigten Staaten, welche mit
vorstehenden Ziffern bezeichnet wui'den.
1. Spokanc und Peud il'üreilles.
2. Puyallup Ros.
3. Skokomish, incl. Tonunda Res.
4. Maka Res.
5. Skokomish.
G. Grand RondeRes. (Thoüe von 15 vorschicdenen Stämmen).
7. Siletz, incl. Coose und Umpqua.
8. Alsea Res. 1 11
9. Uraatilla Res., incl. Wallawalla und Cayuse.J Stämme.
10. Wallawalla und Cayuse.
11. Warm Spring Res. (Wascos, Deschutes u. Ä.).
12. Klamath Res. Snakes.
13. Suakes und Modok.
14. Smith River Res. Wylackio.
15. Round Valley Res. und Nomelackee Res. (Wylackie,
Cowcow, Yuca).
16. Hoopa Valley Res.
17. Tulo Riv. Res.
18. Cohauila.
19. King's Riv. -Indianer.
20. Yuma, Yavapai, Moliave, Hualapai.
21. Pi-Ute.
22. Mohave.
23. Yuma.
24. Hualapai.
25. Pima und Maricopa Res.
26. Papago.
27. Walker Riv. Res.
28. Pyramid lake Ros. (Bannock,Shoshoue, Pi-üte,Washoe).
29. Uinta Res. Uta.
30. Östliche Shoshone, am Wind Riv., bei F' Bridger. ■
*) Die Namon der Stämme sind nach der gebräuch-
lichen Englischen Schreibweise wiedergegeben, doch mit
Weglassung der sonst meist hinzugefügten Plural-Endung,
die , um IrrthUmer zu vermeiden , auch nicht durch eine
entsprechende Deutsehe Endung ersetzt wurde.
31. Westlicho Shoshone.
32. Pahede und Pah Ute.
33. Shebaretche.
34. Mohuache-Uta und Jicarilla-Apache.
35. Abiquiu Agcncy (Weinenuche- und Capote-lnd.).
36. Mescalero Apache.
37. Andere wilde Apachen-Stämme.
38. Pueblos, in Dörfern ansässige Indianer (7000, kath.).
39. NaTajoe.
40. Tabequache und Grand Kiv. Uintas.
41. Yaukton Kes. Sious.
42. Lower Brule Res. Sioux.
43. Crow Creek Res. Sioux
44. Little Bend Location. Sioux.
4.5. Oncpapa, Yankton-Sioux, Blackfeet.
46. F' Berthold Res. (Assiuiboine, Grosventres, Arikarree,
Mandan, Sisseton und andere Sioux).
47. Dovils Lake Res. |
48. Traverse Lake Res. \ Sisseton, Warpetou u. A.
48a- Eed Wood Res. )
49. Verschiedene Sioux-Stämme.
50. Blackfeet, Piegeans, Blood-Iud., Crows.
51. Fladhead Reserv., incl. Pend d'Oreilles und Kootenay.
52. Bannock und Shoshone.
53. Bannock und Shoshone.
54. Nez Perces.
55. Coeur d'Alene.
56. Omaha Reserv., incl. Winnebagoe.
57. Santee Agency. Sioux.
58. Pawnee Res. und einige Sac- und Fox-Indianer.
59. Otoe Res., incl. Missouria.
60. Iowa-Indianer.
61. Arapahoe, Sheyenne, Ogalalla Sious u. A.
62. Kickapoo.
63. Potawatomie.
64. Kaw oder Kansa Res.
65. Sac- und Fox-Indianer vom Mississippi.
66. Reste der Peoria, Wea, Piankesha und Kaskaskia.
67. Miamie.
68. Osage.
69. Sheyenne und Arapahoe.
70. Comanche, Kiowa und Apache.
71. Cherockee.
72. Creek.
73. Seminole.
74. Chocktaw.
75. Chickasaw.
76. Verschiedene Stämme; Wichita, Shawnec, Caddoe,
Comanche u. A.
77. Oneida.
78. Menomonie und Stockbridge (Munsees).
79. L'anse Bay Re.s. Chippewa.
79a- Odanah Ues. Chippewa.
79b- Sandy Lake Res. Chippewa.
80. Traverse Bay-Indian. Chippewa und Ottawa.
81. Saginaw-Indian. Chippewa.
82 1
gg' j Chippewa, Ottawa, Potawatomie.
84. Winnebegoshish, Gass L., Leech L. Res.
85. Rod L. Res.
86. White Barth L.
87. Gull L.
88. Müle L.
89. Sencca Res.
90. Reste der Oneida und Onondaga.
91. Sac- und Fox-Indianer.
92. Reste der Cherockee.
93. Reste der Miamie.
94. Reste der Creek.
95. Sault S. Mary.
96. Walpole I.
Zu Xo. 3.
Verzeichniss der Missions-Gesellschaften, die mit
vorstehenden Buchstaben bezeichnet wurden.
A. American Board C. F. M.
B. American Baptist Missionary Union.
C. Methodist Episcopal Miss.
D. Episcopal Board of Miss.
E. Presbyterian Board of Miss.
F. American Missionary Association.
G. Southern Baptist Board of Miss.
H.
I.
K.
L.
Chippewa
Southern Methodist Board of Miss.
Southern Presbyterian Board of Miss.
Evangelische Brüdergemeinde.
Lutherische Missouri-Synode.
Lutherische Iowa-Synode.
Church Miss. Society.
Society Propag. Gospel. \ Vergl. Bl. 3 — 5.
Canada Presbyterian Miss
Wesleyan Miss. Society.
Zu Xo. 3.
Verzeichniss der mit vorstehenden Ziffern be-
zeichneten Indianer- Stämme.
1. Chippewa.
2. Sioux oder Dakota.
3. Winnebago.
4. Cherokee.
5. Chocktaw.
6. Osage.
7. Pawnee.
8. Delaware.
9. Oneida.
10. Sac und Fox.
11. Omaha.
12. Ottawa.
13. Chickasaw.
14. Kickapoo.
15. Shawanoe (Shawuee).
16. Stockbridge (Munsee).
17. Potawatomie.
18. Kaw (Kansas).
19. Pawnee.
20. Otoe.
21. Iowa -Indianer.
22. Wyandot.
23. Kaskaskia, Wea, Piankeshaw und Peoria.
24. Miamie.
Sonstige Abkürzungen.
Agy = Agency, Sitz eines Agenten für Indianer.
Br. =; Brauch, Nebenfluss.
Cr. = Creek, Bach.
Cy = City, Stadt.
Log. = Location, Platz, wo Indianer zeitweise angesiedelt
waren.
Pg. = Portage, Tragplatz für Boote neben den Strom-
schnellen.
Res. Reservation (vgl. oben).
ViU. = Village, Dorf.
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Sei - SettlanailiXipdfriassimg]
St: = Srmdi fSeUaiHuss )
Jifs ^Rrjicrvaliott/
./P /
'f5^ \ ■
iiüi. Anst v: C. Hp-llferlli m Gotha.
4k
4
3 u. 4. Britisch -Nord -Amerika
Hudsoiiia oder Ruperts -Land ist der Name
für die weiten uncivilisirten Gebiete des Briti-
schen Nord-Amerika von den Grenzen Canada's
an bis an die Felsengebirge. Als uncivilisirt
müssen dieselben bezeichnet werden, denn trotz-
dem sie nunmehr 200 Jahre unter Europäischem
Einflüsse gestanden haben, ist doch (mit Aus-
nahme der Niederlassungen am Rothen Flusse
[Red River Settlements]) kein Dorf, geschweige
denn eine Stadt, in diesem ausgedehnten Lande
zu finden, das im Ganzen noch durchweg den
Charakter des Naturzustandes an sich trägt.
Eine Anzahl grosser und unzählige kleine See'n
sind durch Flüsse und mächtige Ströme unter
einander verbunden und bilden die einzigen
Verkehrsstrassen. Im Süden durchschneiden die-
selben noch dichte üppige Laub- und Nadel-
holzwälder; weiter folgt eine Region der Prai-
rien, noch nördlicher wird die Vegetation immer
geringer und kümmerlicher, bis nur noch spär-
liche Moose den Boden bedecken. — Indianer
sind die Einwohner des Landes, die ihrem un-
stäten Jägerleben treu geblieben sind. In viele
Stämme zersplittert, sind sie politisch unabhängig
trotz der Englischen Oberhoheit. Die letztere
wird hier nur durch eine Handels - Gesellschaft
(Hudson's Bay Company) vertreten. Diese hat
zur Betreibung des Pelzhandels sogenannte Forts*)
oder kleinere Posten (Houses*)) angelegt. Nur
einige Beamte mit ihren Dienern haben dort
ihren festen Wohnsitz, die Indianer aber finden
sich zu bestimmten Zeiten ein, um die erbeu-
teten Felle abzuliefern und dagegen Jagdgeräth
und Munition nebst anderen Europäischen Be-
dürfnissen, an die sie sich im Laufe der Zeit
' gewöhnt haben, dafür einzutauschen. Geld ist
j unbekannt ; das Biberfell bildet die Wertheinheit,
nach der Alles berechnet wird. In jedem Som-
mer wird dann eine Anzahl von Booten (brigade)
ausgerüstet, um das Pelzwerk nach den Fak-
toreien an die Bai zu schafi'eu und dafür die
Europäischen Waaren , so wie die Postsendung
aus der Heimath zurückzubringen, die, wenn sie
sich verspätet, ein volles Jahr bis zur nächsten
Beförderung zu warten hat. Die Ruderer bei
diesen Fahrten sind Indianer, die auch dazu ihre
aus Birkenrinde gefertigten Boote liefern. Letz-
tere müssen an vielen Stellen, wo Stromschnellen
die Fahrt verhindern, ausgeladen und zu Land
bis zum nächsten Punkte des Fahrwassers ge-
I schafft werden. Eine solche Stelle nennt man
I Portage *), welche Bezeichnung in vielen Namen
I wiederkehrt. Im Dienste der Gesellschaft stehen
! . . . .
' viele Französisch redende Canadier, mit denen
sich jene Sprache, so wie die Anhaltepunkte für
den Katholicismus durch das Land verbreitet
j haben. Neben den Englischen Namen findet man
i daher viele Französische Benennungen.
Ausserdem ist ein Geschlecht von Mischlingen
' entstanden , die sich ebenfalls meistentheils im
I
j Dienste der Gesellschaft befinden und , wenn
] nicht durch anderweitige Einflüsse gehoben, eine
verwahrloste Klasse bilden.
Die Indianer sind von denen der Vereinigten
i Staaten in ihrem früheren Zustande wenig ver-
j schieden , daher die bekannten Schilderungen
auch hier zutreffen. Der Stamm , welcher am
weitesten verbreitet ist, sind die Crees (sprich:
Krihs), auch Knistineaux genannt, die in meh-
reren Unterabtheilungen andere Namen führen,
*) Auf der Karte abgekürzt Ft xmd Ho.
Grandemann: Mitsionsatlas. IV, 9.
*) Auf der Karte abgekürzt Pg.
60
z. B. Muscaigos (Swampy Crces), deren Dialekte
auch verschiedcu sind. Doch nimmt die Crec-
Sprache in manchen Beziehungen die Stelle der
Verkehrssprache ein. Mit den Crces verwandt sind
die Saulteaux (Sotos)*). Beide gehören zu der
einst grossen Nation der Algonquinen. Ihre
alten Erzfeinde sind die Sioux oder Dakotas,
mit denen sie oft blutige Fehde haben.
Im nordöstlichen Theile leben Indianer, die
ethnographisch und linguistisch von den bisher
genannten sehr verschieden sind und in engster
Verwandtschaft mit den Stämmen in dem frü-
heren Kussischen Gebiet ihre Mongolische Ab-
kunft erkennen lassen. Es sind diess die Chipe-
W}'ans, die von den Crees als Sklaven (Slave
Indiaus) bezeichnet werden und verschiedene
TJnterabtheilungen umfassen, so wie die Tukuthe
(sonst Kutschin oder Loucheurs genannt). —
Nöi-dlich an der Küste des Eismeeres und an
der nördlichsten Küste der Hudsons-Bai zu bei-
den Seiten finden sich die ganz verschiedenen
Eskimos, die mit denen von Labrador und Grön-
land übereinstimmen.
Diess sind die Bewohner, welche, obgleich
unter Eintiüssen eines christlichen Volkes , bis
in den Anfang dieses Jahrhunderts so weit ver-
nachlässigt waren, dass in dem ganzen weiten
Gebiete kein einziges Gotteshaus vorhanden war.
Um eine gedeihliche Entwickelung des Landes
anzubahnen, legte Lord Selkirk im Jahre 1811
die schon erwähnten Kolonien am Red River an.
Hier gewannen nun auch die katholische und die
anglikanische Kirche (vertreten durch die Eng-
lisch-kirchliche Missions-Gesellschaft) einen Aus-
gangspunkt für ihre Missionen , die sich jedoch
zwei Jahrzehnte lang nur auf den Red River-
Distrikt beschränkten. Erst 1840 wurde die
Wirksamkeit nach Nordwesten ausgedehnt, wo
Devon oder der Pas (früher Cumberland oder
*) identisch mit Chippewas ('rschipi)ewiihs) oder
Ojibwas.
Christ Church genannt) den Mittelpunkt bildet*).
Zu gleicher Zeit begann die Wesleyan Methodist
Mission ihre Wirksamkeit, zuerst an der James-
Bai und in Norway House, wo der treffliche Evans
die für diese Mission höchst bedeutende Sylben-
schrift ausarbeitete, in welcher nun die ganze Bibel
mehr, als es in Buchstabenschrift möglich ge-
wesen sein würde, den Indianern zugänglich ist.
Die Methodisten drangen bald weit nach Westen
vor und besetzten Edmonton Ho. Die Hudson's
Bay Company bewies sich dabei der Mission nicht
abgeneigt, gewährte sogar Unterstützungen. Doch
auch die römischen Missionare waren nicht un-
thätig. Nachdem von ihrem Mittelpunkte, der
Bonifacius-Kirche am Red River, aus, die 1847
zur Kathedrale des neuen Bisthums gleichen Na-
mens erhoben wurde, mehrere Gemeinden in der
Nähe gestiftet waren, wurde Ile a la Crosse
(Krummstab-Insel) seit 1846 ein weiteres Ceu-
trum, von dem aus mit grosser Energie, Selbst-
verleugnung und Geschick Stämme der Indianer
für die römische Kirche gewonnen und unter
ihnen neue Stationen angelegt wurden. Der Sieg
bleibt freilich oft sehr äusserlich. Marienbilder,
Medaillen uud Kreuze, in Massen vertheilt, thun
das Ihrige. — Die evangelische Mission , die
ihrerseits auch weiter und weiter vordringt und
ebenfalls Männer voller Eifer und Selbsthingabe
ins Feld stellt, muss mit jenen Bestrebungen oft
in Wettstreit gerathen; so namentlich, seitdem
1858 auch der ausgedehnte Mackenzie- Distrikt
zum Missionsfelde hinzugefügt wiu'de, in dem
die gegen einander kämpfenden Vertreter der ver-
schiedenen Kirchen oft zu gleicher Zeit in dem-
selben Lager arbeiteten, ja sogar in demselben
Boote zu reisen genöthigt waren. Fort Simpson
ist dort der Hauptsitz der evangelischen. Fort
Hope der der katholischen- Mission. Jene hat
*) Später folgte die Grrüudung der Station Fairford
am Manitoba-Scc (1842), dann 1851 — 1854 Moose Fort
und York Factory an der Hudson -Bai, so wie Stanley
(früher Jinglisb River) an der Grenze der Chipewyans.
dann endlich am fernen Yoiikon (Jukon) ihre j
Station unter den Loucheurs aufgerichtet, wäh-
rend diese bei Fort Anderson aus den Eskimos
eine Gemeinde sammelt.
Am Kothen Fluss, wo auch die Presbyte-
riauer Canada's unter den Kolonisten Schottischer
Abstammung eine Gemeinde gestiftet haben"'-"), lie-
gen in neuester Zeit bereits geordnete Gemeinde-
Verhältnisse vor. Auch die anglikanische Kii'che
hat ihren Bischof dort bei der St. Andreas-
Kirche. Eine eigene Indianer - Kolonie (Indian
Settlement) bildet eine etwa 2000 Seelen umfas-
sende evangelische Gemeinde, während kleinere
an anderen Punkten gesammelt sind. Die übrigen
Stationen dagegen haben bisher nur wenig von
fester Ansiedelung zur Folge gehabt. Meist sind
sie Sammelplätze der christlichen Indianer, die
zu bestimmten Zeiten so aufgesucht werden wie
die Forts der Company. Auch sind sie die Punkte,
von denen aus der Missionar unter unsäglichen
Mühen und Eeschwcrden (namentlich der auf-
reibenden Winterreiseu) die ferneren Stämme
aufsucht.
Die ganze Thätigkcit ist nicht ohne Segen
geblieben und manche liebliche Züge der Wir-
kungen des Evangeliums sind in der Geschichte
der Hudson - Bai - Missionen niedergelegt. Doch
auch hier geht das rothe Volk seinem schnellen
Untergange entgegen. In neuester Zeit, bei ge-
hobenen Verkehrsmitteln mit den Vereinigten
Staaten , dringen von dort her Freihändler ein
mit dem verderblichen Branntwein, dessen Ver-
suchungen auch oft die bereits christlichen In-
dianer zu Falle bringen, wälu-end sie die, welche
keinen Hak im Evangelium haben, vollends
schnell ruinireu. Epidemien thun das Ihrige.
Dazu kommt in neuester Zeit die Botschaft
von einer am Red River ausgebrochenen Revo-
lution, die nicht undeutlich einen Auschluss an
die Vereinigten Staaten zu beabsichtigen scheint.
*) Ton wo aus im fernen Westen am Saskatschewan |
aucb eine Missions-Station geleitet wird. I
Es lässt sich nicht absehen, wie diese WiiTen
enden und welchen Einfluss sie auf die Mission
haben werden. Diese aber wird auch in dem
weiten Gebiete der Hudsonia immer mehr nur
noch der Abendsonne gleichen , deren letzte
Strahlen das Ende jener Stämme erhellen, deren
elendes Leben einst dem stürmischen, von dunk-
lem Gewölk verhüllten Tage glich*").
Auf unserer Karte haben wir endlich noch
die Missionen in Britisch-Columbia vor uns. In
Folge der Entdeckungen von Goldlagern am
Fräser River wurde diese Englische Kolonie**^)
sehr schnell bevölkert, und zwar mit Abenteu-
rern aus allen Nationen. Auch viele Cliincscu
haben sich eingefunden. Die Ureinwohner sind
Indianer, verwandt mit den nordwestlichen Stäm-
men (Tukuthe). Sie leben vom Fischfang und
sind im Verhältniss noch zahlreich ; natürlich
aber konnte die angedeutete schnelle Ansiede-
lung auf sie nicht günstig wirken. Am unteren
Fräser River und auf der Vancouver-Inscl sind
Missionare der Ausbreitungs- Gesellschaft (Soc.
Propag. Gospel) und Wesleyanische Methodisten,
so wie Katholiken nicht ohne Erfolg unter ihnen
thätig. Ein von der Ansiedelung noch weniger
berührter Stamm am Thompson River hat, nach-
dem bereits katholische Missionare Eingang ge-
funden hatten , sich neuerlichst denen der erst-
genannten Gesellschaft zugewendet. Die Thätig-
kcit der genannten evangelischen Gesellschaften
erstreckt sich aber nicht allein auf die Indianer,
sondern auch auf die Kolonisten, aus denen schon
einige Gemeinden gesammelt worden sind. In
*) Seitdem Obiges geschrieben wurde, ist die Ordnung'
in jenem Gebiete wieder hergestellt und ist dasselbe zu
einer Kolonie mit Namen Manitoba unter eigener Verwal-
tung erhoben worden. — Auch ist für die gesammten
Hudson -Bai -Länder eine erhebliche Änderung dadurch
eingetreten , dass die Company den Besitz derselben an
die Britische Regierung abgetreten hat.
I **) Die Hauptstadt ist Victoria auf der Vancouver-
I Insel. (Vprgl. den Carton auf No. 3.)
ähnlicher Weise wirken hier noch andere Deno-
minationen, wie z. B. die Irischen und die Ca-
nadischen Presbj'terianer.
Etwas weiter nördlich an der Küste bei Fort
Simpson (nicht zu verwechseln mit dem gleich-
namigen Fort am Mackenzie River) treibt seit 1856
die Englisch-kirchliche Gesellschaft ihr sehr er-
folgreiches Werk unter den Tsimsheans. Ihre
Niederlassung zu Metakahtlah darf wohl als die
blühendste der jetzigen Indianer -Missionen an-
gesehen werden. Eine zweite Station ist vor
Kurzem am Naas River angelegt worden.
Nur für einen historischen Rückblick sind
endlich die früher so viel versprechenden Statio-
nen des American Board in Oregon unter den Flat-
heads (Plattkopf-Indianern) angegeben, die nach
etwa zehnjährigem Bestehen 1847 ein trauriges
Ende nahmen. Jetzt bestehen dort die angege-
benen katholischen Stationen.
Auf No. 3 ist zu corrigiren:
Theina K. am Gr. Slave L. soll heissen : Thetina R.
Indian Settlemi am Red R. „ „ Indian Settlement.
N«. 5.
Canada.
Die Britische Kolonie Canada ist ein grosses,
fruchtbares, aber trotz bedeutender Einwande-
rung noch sehr schwach bevölkertes Gebiet. Viel
Urwald mit Stämmen seltener Stärke bedeckt
weite Strecken des reichen Bodens, der trotz
des Klima's mit sehr hartem, langem Winter,
kurzem Frühling und Herbst und heissem Som-
mer für die Kultur sehr geeignet ist, wie der
Wohlstand der schon angebauten Gegenden be-
weist. Die Bevölkerung hat sich aus Mischung
sehr verschiedener Elemente gebildet. In Ober-
Canada (Provinz Quebec) , das anderthalb Jahr-
hunderte lang unter Französischer Herrschaft
stand , überwiegt ein Fraüzösisch sprechendes
Mischlingsgeschlecht mit selbststäudig ausgepräg-
tem Charakter , die Französischen Canadier ge-
nannt, die sich zur katholischen Kirche bekennen.
In Unter -Canada (Provinz Ontario) waltet die
Englische Sprache und das protestantische Be-
keuntniss vor, durch viele Denominationen ver-
treten. Zu einem grossen Theile aber sind die
kirchlichen Verhältnisse der Kolonie erst in der
Bildung begriffen und die koloniale Mission der
verschiedenen Englischen und Schottischen De-
nominationen entfaltet hier eine ausgedehnte
Thätigkeit, um die Einwanderer zu geordneten
Gemeinden zu sammeln. Diese Art der Mission,
welche in Englischen Berichten der gleich zu
berührenden Indianer-Mission gleichgestellt wird,
konnte auf unserer Karte nicht berücksichtigt
werden, da diese bei weitem nicht den Baum
darbietet, die betreffenden Orte einzutragen.
Wir beschränkten uns auf die Indianer-Mis-
sion. Auch hier gilt im Wesentlichen das unter
No. 1 und 2 über dieselbe überhaupt Gesagte.
Die Eingebornen schwinden auf ihren Reser-
vationen schnell dahin. Nach den letzten uns
zugänglichen Berichten sollen noch 12,700 In-
dianer übrig sein, während die koloniale Bevölke-
rung etwa drei Millionen beträgt. Dabei ist
jedoch in Betracht zu ziehen, dass die Indianer
Unter-Canada's schon seit lauger Zeit fast sämmt-
lich der katholischen Kirche einverleibt sind und
meist ein sesshaftes Leben angenommen haben.
Die heidnischen Indianer leben in kleinen Banden,
zum Theil noch nach alter Sitte, doch sind unter
ihnen durch die evangelische Mission auch sess-
hafte Gemeinden gebildet. Alle hier noch vor-
handenen Indianer sind elende Eeste des unter
dem Namen Irokesen bekannten, einst mächtigen
Völkerbundes*), so wie der Algonkinen, Dela-
wareu und andei'er Stämme.
Als ein schmerzliches Denkmal der langjäh-
rigen Thätigkeit der Brüder-Mission finden wir
hier New Fairfield mit seinen stets mehr zusam-
menschmelzenden 117 christlichen Delawareu.
Die ausgedehnteste Mission haben die Wes-
leyanischen Methodisten, welche auf 22 Stationen
noch 1300 christliche Indianer unter ihrer Pflege
haben, deren Zahl sich zwar durch Bekehrungen
immer vermehrt, aber dennoch durch das Aus-
sterben in stetem Abnehmen ist. Kürzlich ist
dieselbe durch den Übertritt einer katholischen
Indianer-Gemeinde bis auf 2000 erhöht worden.
Die Society for the Propagation of the Gospel
hat sowohl in Unter- als in Ober-Canada eine
ausgedehnte Thätigkeit unter den Kolonisten.
Hier sind nur ihre Indianer-Stationen angegeben,
auf denen sich einige hundert Bekehrte fiuden.
*) Derselbe wurde gebildet von Senccas, Tusofirovas,
Onondagas, Oiieidas, Kajugas und ^[ohawks; vornebm-
lieh die letztgenannten sind jetzt noch vertreten.
Urundemann: ijissionsailas. IV, 9.
61
W. 6. Labrador.
(Vergl. No. 1.)
Labrador bezeichnet im weiteren Sinne die
grosse dreieckige Halbinsel, welche durch den
tiefen Einschnitt der Hudsons-Bai von dem Nord-
Amerikanischen Festlande getrennt wird, wäh-
rend dieser Name im engeren Sinne nur der
nordöstlichen Küste zukomjnt. Das wenig er-
forschte Innere hat im Ganzen einen ähnlichen
Charakter wie die unter No. 3 beschriebenen
Hudsons -Bai -Länder. Die spärlichen Bewohner
gehören zu den rothen Indianern. Stärker ist
die Südküste bevölkert, auf der sich Europäische
Ansiedler und Mischlinge finden, die insbeson-
dere dem Kabeljaufang obliegen. Das eigentliche
Labrador aber, so wie auch die Westküste der
Halbinsel bis an den Grossen Walfischfluss (Gr.
Whale E.), ist mit Eskimos bevölkert, die sich
von den Bewohnern Grönlands (vgl. No. 7) wenig
unterscheiden. Ihr Land, eine vielfach zerklüf-
tete Felsenküste, mit vielen Inselchen umsäumt,
gestattet keinen ausgedehnteren Anbau, obwohl
die Vegetation nur in den nördlichen Theilen
eine so beschränkte ist, wie mehr oder weniger
in ganz Grönland. Doch steht dem dortigen
Klima das von Labrador nicht nach, hat viel-
mehr sogar härtere Winter aufzuweisen, wäh-
rend der kurze, verhältnissmässig heisse Som-
mer an den Schwärmen der Mosquitos hier noch
eine stärkere Plage hat als dort. In dem-
selben gehen auch hier die Eskimos, an der
ganzen Küste zerstreut, dem Erwerbe ihres
Lebensunterhaltes nach durch Fischen, Seehunds-
fang u. s. w. Das Ausbleiben dieser Thiere,
welches leicht Hungersnoth herbeiführt, nöthigt
sie aber auch, auf der Jagd weiter im Innern
des Landes ihre Nahrung zu suchen, wobei sie
wohl mit jenen rotheu Indianern zusammen-
GrundemanD : M Uaionsatlas. IV, 9.
j treffen. Zwischen beiden Völkern besteht seit
alten Zeiten die unversöhnlichste Feindschaft.
Die Brüder-Mission hatte seit 1752 mehrere
erfolglose Versuche einer Niederlassung auf jener
unwirthlichen Küste gemacht, bei deren erstem
sogleich J. C. Erhardt als Märtyrer unter den
Händen der Eskimos geblieben war. Erst 1771
kam es zur Gründung der Station Nain, der im
nächsten Jahrzehnt die Anlegung von Okak und
Hoffenthai folgte. Die Predigt hatte hier die-
selben Schwierigkeiten wie anfänglich in Grön-
land. Nach 34jähriger Arbeit aber entstand eine
ausgedehnte Erweckung, in Folge deren die im
Bereiche der genannten Stationen lebenden Es-
kimos sich allmählich dem Christenthume zu-
wendeten. Für die nördlicher wohnenden wurde
1830 Hebron gegründet. 1864 endlich kam für
die bisher unzureichend versorgte Strecke zwi-
schen Nain und Hoffenthai die Station Zoar
hinzu. Die sämmtlichen Eskimos des ganzen in
Rede stehenden Küstenstriches sind nun längst
Christen. Nur im Norden von Hebron leben
noch Heiden, gering an Zahl, zu deren Bekeh-
rung in neuerer Zeit Manches gethan worden ist*).
Hungersnoth und Epidemien haben die Zahl
der Labrador-Eskimos sehr verringert. Nach den
neuesten Angaben umfassen die sämmtlichen
Gemeinden nur noch 1077 Seelen. Die Gewöh-
nung an Europäische Bedürfnisse macht auch
hier Schwierigkeiten, die schon längst die Mis-
sion nöthigten, den Handel mit den betreffenden
Artikeln zu übernehmen. Diess Geschäft ist jetzt
*) Kurz vor dem Schluss der Correctur erfuhren wir
die Anlegung der neuesten Station, Uama, an der Bucht
Nullatatorusek (NuUatartok B.) , ein wenig nördlich
vom 59°.
62
in die Hände besonderer Agenten niedergelegt,
was um so nöthiger war, als das Vordringen
des Europäischen Handels, für den schon eine
Anzahl Stationen errichtet sind, auf die Mission
ungünstig einwirkte. Es kommen mehr und mehr
Europäische Ansiedler und Mischlinge auch an
jene Küste, die, iu grösster Unwissenheit lebend,
der Mission ein neues Feld darbieten.
Unter ähnlicher Bevölkerung hat die Aus-
breitungs-Gesellschaft an der Südküste ihre'Thä-
tigkeit*), während die katholische Mission von
Canada aus schon seit langer Zeit einen Ein-
fluss auf die rothen Indianer im Innern ge-
wann.
*) Siolio auf der Skizze unten links.
Auf der Karte ist zu corrigiren:
Nitcbekwu, auf dem Carton unten liuks, soll heissen : Nitcbekwuu.
Auf demselben ist bei Fort Naskaiü nacbzutragen; 11. C. M.
N*'. 7. Grönlaud.
Die grosse Insel, welche beinahe die sieben-
fache Fläche des Preussischen Staates einnimmt,
besteht zum grössteu Theil aus . einem noch un-
erforschten Hochlande, das mit ewigem Eis be-
deckt ist. Nur die von zahlreichen Fjorden zer-
klüftete und mit einer Menge von Inseln und
Schären umgürtete Küste bietet einen schmalen
bewohnbaren Streifen dar. Die nördlichen Theilc
desselben haben eine kümmerliche, fast nur aus
Moosen und Flechten bestehende Vegetation,
während sich im Süden noch Bäume bis zu 18
Fuss Höhe finden und im Sommer Gräser und
Kräuter so reichlich den Boden bedecken, dass
der Name Grönland (Dänisch für „grünes Land")
gerechtfertigt erscheint. Besonders wichtig aber
sind die zahlreichen, noch hoch im Norden ge-
deihenden Beeren-Gewächse. Unter den Thieren,
die der Erhaltung des Menschen in diesen Ge-
genden dienen , ist , ausser Fischen und See-
geflügel, vor allen der Seehund zu nennen, der
einst die meisten Bedürfnisse der Grönländer
befriedigte.
Diese sind Eskimos, von anderen Stämmen
dieser Völkerfamilie nur durch geringe Abwei-
chungen des Dialektes und der Sitten unter-
schieden. Die auffallend kleinen Menschen von
dunkelgelber Hautfarbe, mit scharfen schwarzen
Augen und dichtem straffen Haar sind kräftig
und zu allerlei Kunstfertigkeiten geschickt, von
einer gewissen Gutmüthigkeit, doch ausserordent-
lich eingebildet, indem sie sich selbst y.uT t'io/fjy
als Menschen betrachten. Ihre Sprache ist höchst
complicirt und schwer zu erlernen. Die natio-
nale, nur aus Seehundsfellen verfertigte Klei-
dung weicht in neuerer Zeit schon vielfach dem
Schnitt und Stoff der Europäischen Tracht.
Weniger scheinen sich die Wohnungen geändert
zu haben, die für den laugen Winter aus Steinen
mit dazwischen gepacktem Moos gebaut sind,
mit engem Eingange und wenig Licht, das durch
Grundemanu : Misiioniatlaa. IV, 9.
die trübe, auch zum Kochen dienende Thran-
lampe schlecht ersetzt wird, und ohne Zutritt
frischer Luft, so dass der Raum stets vom un-
angenehmsten Dunste erfüllt ist. Im Sommer
zerstreuen sich die Grönländer in kleinen Grup-
pen auf die zur Jagd und zum Fischfang ge-
eigneten Plätze, wo sie unter Zelten aus Fellen
leben und ihreVorräthe für den Winter sammeln.
Vor Jahrhunderten war ein grosser Theil
Grönlands schon einmal von dem nicht fernen
Island aus durch Europäer kolouisirt worden,
namentlich die, wegen des vorgelagerten Eises,
schon gar lange kaum noch zugängliche Ost-
küste. Bis ins 15. Jahrhundert stand die Kolo-
nie, deren Kirche von eigenen Bischöfen gelei-
tet wurde, in Blüthe. Danach aber ist sie aus
der Geschichte verschwunden, ohne dass sich in
den jetzt bekannten Theilcn andere Spuren als
die zahlreichen Kircheuruinen vorfänden. Inwie-
weit höher hinauf an der Ostküste noch Reste
des Normanniscl;ien Stammes, vielleicht mehr oder
weniger mit Eskimos vermischt, sich erhalten
haben, ist noch nicht erforscht worden.
Mehrere Jahrhunderte hindurch blieb Grön-
land ohne erwähnenswerthe Verbindungen mit
Europa. Erst seit 1721 beginnen solche wieder,
verknüpft mit dem Namen Hans Egede. Dieser
von Missionseifer beseelte Norwegische Prediger
führte damals in Verbindung mit einer vom
frommen König Friedrich IV. angeregten Han-
delsunternehmung seinen lange gehegten Wunsch
aus, den heidnischen Grönländern das Evange-
lium zu verkündigen. In der Nähe des späteren
Godthaab (spr. Godthob) wurde die Station an-
gelegt, auf der Egede unter vielen Schwierig-
keiten und Entmuthigungen die Arbeit 1 5 Jahre
lang fortsetzte, bis er, das Werk unter den Grön-
ländern selbst seinem Sohne überlassend, an-
scheinend fast ohne Erfolg gefunden zu haben,
j nach Europa zurückkehrte. Die letzte Zeit seines
63
Lebens widmete er der Ausbildung vou Leh-
rern für Grönland.
Ehe er jedoch den fernen Strand verlassen
hatte, waren dort andere Arbeiter eingetreten,
die der Brüdergemeinde (Matth, und Christian
Stach), welche 1733 nicht weit von der erwähn-
ten Station Neu-Herruhut gründeten. Auch sie
hatten unter vielen Geduldsprüfungen eine lange
Wartezeit zu bestehen, bis sie 1739 dem ersten
Bekehrten die heilige Taufe ertheileii konnten.
Von da an aber fanden sich mehr und mehr
Eskimos auf jener und den später von der Brüder-
gemeinde angelegten Stationen*) ein, sowie auch
auf denen der Dänischen Mission, die später mit
der Eegierung der ausgedehnteren Kolonie Hand
in Hand ging.
Nun ist schon seit vielen Jahrzehnten der
grösste Theil der Bewohner der Westküste in
die christliche Kirche aufgenommen. Nur auf
der Ostküste finden sich noch Heiden, von denen
dann und wann eine Schaar bei ihren Wande-
rungen auf den südlichen Missions- Stationen nicht
ohne Erfolg mit dem Christenthum in Berührung
kommt. Endlich wohnt noch hoch im Norden,
jenseit der Grenze des Dänischen Einflusses, ein
Häuflein heidnischer Eskimos, die den Aufforde-
rungen, sich weiter im Süden eine weniger müh-
selige Heimath zu wählen, nicht nachkommen
wollten.
Die Zahl der Grönländer beläuft sich jetzt,
soweit bekannt, auf etwa lü,üüü und zeigt gegen
früher sehr bedeutende Abnahme, die auch hier
*) Lichtenfels 1758, LicLtenau 1774 und Friedrichs-
thal 1824.
das traurige Aussterben der Eingeborneu erken-
nen lässt. Die immer weiter greifende Gewöhnung
an Europäische Bedürfnisse ohne Eröffnung ent-
sprechender Erwerbsquellen hat eine Verar-
mung herbeigeführt, die jenen Vorgang nur be-
schleunigt. Auch Epidemien raffen Viele dahin.
Das Christenthum ist fest bei ihnen eingewur-
zelt und bringt, nach einzelnen Seiten hin, an
mancher Seele schöne Früchte. Doch fehlt es
auch nicht an Schattenseiten, wie denn selbst die
Besseren mehr gutartigen, aber sorglosen Kin-
dern verglichen, doch nicht als kräftige christ-
liche Charaktere bezeichnet werden dürfen.
Immerhin aber sind einige tüchtige eingeborne
Helfer im Segen thätig. Um ihre Zahl zu ver-
mehren, sind in neuerer Zeit Gehilfen-Schulen
in Neu-Herrnhut und Lichtenau angelegt, so wie
auch die Mission durch Erhebung der Aussen-
Stationen Umanak und Igdlorpait eine Kräfti-
gung erfuhr.
Eben so ist die Dänische Mission, die lange
Zeit liindurch des rechten Missionsgeistes erman-
gelte, da die Behörden die zu Pfarrstellen ge-
wordenen Missions - Stationen nicht immer mit
den geeignetsten Kandidaten besetzten, in neuerer
Zeit mit Erfolg wieder belebt worden, so dass
die auf der Karte angegebenen Plätze unter der
Zahl der Missions- Stationen nicht vergessen sein
sollten. — Schliesslich dai"f nicht unerwähnt
bleiben, dass a^uch die unwirthlichen Küsten von
Grönland Europäische Ansiedler angezogen haben,
die besonders den reichen Erzlagern nachgehen,
wenn dieselben auch während des langen Win-
ters nicht bearbeitet werden können.
Auf der Karte ist zu corrigireu:
Igdlorpai, auf dem Carton uuLeu rechts, soll heissen : Igdlorpait.
Mxssiops Atlas
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N". 8 u. 9. West -Indien und Central -Amerika.
West-Indien, der zuerst entdeckte Theil der
Neuen Welt, der von Columbus als das bereits
erreichte Indien begrüsst wurde, trägt daher
noch heute seinen Namen. Es ist eine Insel-
kette, die als die höchste Region eines nun ver-
sunkenen Ländercomplexes betrachtet werden
mag, der einst, wie Centrai-Amerika, Nord- und
Süd-Amerika verband. In den vier Grossen An-
tillen tritt noch jetzt ein grösseres Stück des-
selben zu Tage, das sich mit den Gipfeln seiner
Gebirge bis 7000 Fuss und darüber über den
Meeresspiegel erhebt, während neben denselben
sich auch ausgedehntere Ebenen finden. Die
Kleinen Antillen sind meistentheils vulkanische
Erhebungen , die mit steilen Küsten das Meer
überragen. Der Boden ist fruchtbar, die Vege-
tation üppig; doch leiden die Kleinen Antillen
in Folge von Ausrottung der Wälder viel an
DüiTe.
Einen ganz anderen Charakter haben die
Lucayas oder Bahama - Inseln , welche sich mit
mehr östlich gerichteter Streichungslinie von der
genannten Kette abzweigen. Sie bestehen aus
niedrigem Kalkfels und sind von ausgedehnten
Untiefen und Kiffen umgeben. Obwohl die zu-
erst von dem Entdecker betretenen Inseln, traten
die Lucayas*) an Bedeutung bald hinter die
Antillen zurück, deren reiche Produkte die Euro-
päer anzogen und um den Besitz der Inseln viele
Kämpfe veranlassten. Indenselben gingen manche
zu verschiedenen Malen aus den Händen einer
Nation in die einer anderen über.
Die Urbewohner, Indianische Stämme, be-
sonders unter dem Namen Cariben bekannt,
waren unter Spanischer Herrschaft bereits fast
*) Jetzt wird häufiger und von den Engländern durch-
gängig der andere Name, Bahaina-lnseln, gebraucht.
Grundemanii : Misaiomatlaa. IV, 3.
ausgerottet. Die wenigen Reste derselben , die
sich bis jetzt auf Dominica erhalten haben, stehen
da als ein Zeichen der Schmach, die sich ein
christliches Volk an Heiden erworben hat. Der
Sklavenhandel musste die Ausgerotteten ersetzen,
und so bekamen die Inseln ausser den eingewan-
derten Europäern eine Negerbevölkerung, zu der
sich weiterhin durch Vermischung Farbige (Mu-
latten, Kreolen) verschiedener Stufen gesellten.
Die Zustände der Sklaverei in West- Indien sind
zu bekannt, als dass sie hier einer besonderen
Darlegung bedürften. Die vielfach nicht wie Men-
schen behandelten Schwarzen lebten in Stumpf-
heit dahin, dem heimathlichen Fetischdienst er-
geben, auch da, wo man ihnen äusserlich christ-
liche Formen aufgedrängt hatte, wie diess na-
mentlich in den Besitzungen katholischer Sta-
tionen geschah. Unter der Peitsche des Treibers
schafften sie ihren Herren den bedeutendsten
Reichthum und erwarben den Inseln jene wich-
tige Stellung zu Europa, selber im Elende blei-
bend, wenn sie nicht, wie es hie und da ge-
schah, das Joch abschüttelten und in den Wäl-
dern der Gebirge sich zu gefährlichen Banden
(Maren -Neger) vereinigten.
Hier fand nun die Mission ein passendes
Arbeitsfeld. 1732 begannen die vom Grafen Zin-
zendorf ausgesandten Brüder auf dem Dänischen
S' Thomas ihre Arbeit. Nach mehreren Jahr-
zehnten, mit dem Erwachen des Missionsgeistes
in England , traten von dort aus zunächst Me-
thodisten ein (Thomas Coke, 1786), denen nach
27 Jahren die Baptisten folgten. Noch später
kamen die bei Jamaica erwähnten Gesellschaften
hinzu.
Schwere Kämpfe hatte die Mission mit dem
Widerstande der Pflanzer zu bestehen, die durch
64
die Christianisirung der Sklaven ihren Vortheil
gefährdet wähnten. Die gesammelten Gemeinden
erhielten meist sofort die Signatur des Marty-
riums. Diesem Verhalten der Sklavenbesitzer ist
es wohl zuzuschreiben, dass die Reaktion des
christlichen Geistes gegen die Sklaverei mehr
und mehr ins Extrem gedrängt wurde. Als die-
selbe endlich den Sieg errang und den Schwar-
zen die Freiheit schenkte (in den Englischen
Besitzungen 1838), geschah der Übei'gang in die
neuen Verhältnisse in so schroffer Weise, dass
in verschiedenen Beziehungen schwere Folgen
eintraten. Nicht bloss mussten die nun durch
Mangel an Arbeitskräften zum grossen Theil an
den Bettelstab gebrachten Pflanzer ihre alte
Schuld büssen, sondern auch die Schwarzen, bei
ihren geringen Bedürfnissen fast alle Arbeit ver-
schmähend , kamen im falschen Genüsse der
Freiheit meist in eine Stellung, die mit dem
echten Christenthum nicht vereinbar ist. So hat
denn die Mission seit der Emancipation ganz
andere Kämpfe zu bestehen. Obgleich die Be-
völkerung nunmehr äusserlich mehr oder weniger
christianisirt ist, liegt noch eine ausgedehnte
Aufgabe vor, nämlich ein christlich - sittliches
Volksleben heranzuziehen , das seine Kraft in
der Arbeit beweise und die jetzt verwilderten
Inseln wieder zu dem blühenden Fruchtgarten
mache, den sie vormals bildeten*). An dieser
Aufgabe arbeitet jetzt die Mission, und allmäh-
lich zeigen sich die Erfolge, wenn auch nur sehr
langsam. Dabei ist in weiten Kreisen bereits
ein reges christliches Leben vorhanden, welches
jedoch einen überwiegend erbaulichen Charakter
hat, während in anderen äusserlich angenom-
mene christliche Formen mit Stumpfheit und
*) Die traurigen Folgen der Emancipation für den
wirtli schaftlichen Wohlstand der Kolonien , von denen
diese sich sehr langsam erholen, sind nicht zu leugnen. Um
denselben zu begegnen, sind auch in West -Indien Kulis
und damit neue Arten dos Hcidenthums eingeführt worden
(vergl. zu No. 10). Denselben ist jedoch hier noch keine
besondere Missionsarbeit entgegengetreten.
mit starken Besten des Heidenthums in Aber-
glauben, Zauberei u. dergl. verbunden erscheinen.
Auf den Spanischen Inseln besteht noch die
Sklaverei. Die evangelische Mission ist dort
selbstverständlich ausgeschlossen, aber auch von
katholischer Missionsthätigkeit an den dortigen
Negern vernimmt man aus den Jahrbüchern zur
Verbreitung des Glaubens Nichts.
Auf Haiti, dessen katholische Neger-Bevölke-
rung unter politischen Kämpfen nicht zur Ruhe
kommt, haben Baptisten und Methodisten Mis-
sionen, die jedoch in den neuesten Wirren schwer
geschädigt sind.
Auf den Kleinen Antillen entfaltet neben
den angedeuteten evangelischen Missionen die
katholische eine nicht unbedeutende Thätigkeit.
Dieselbe steht unter dem Erzbischof von Puerto
d'Espaua auf Trinidad , resp. dem Bischof von
Roseau (Dominica). Einige der Inseln sind aus
früheren Zeiten überwiegend katholisch.
Unsere Karte zeigt uns ferner zwei Missions-
gebiete in Central - Amerika. In der Britischen
Besitzung Belize auf der Halbinsel Yucatan haben
die Methodisten eine Mission, ursprünglich unter
den Negern und Farbigen, die den Haupttheil
der Bevölkerung bilden. Diese Arbeit erstreckt
sich auch auf die Inseln Ruatan und UtiUa im
benachbarten Golf von Honduras. Seit längerer
Zeit aber wird auch den Maya - Indianern auf
dem Fcstlande mit Erfolg das Evangelium ver-
kündigt.
Auf der südöstlich von hier gelegenen Mos-
quito- Küste findet sich ebenfalls eine sehr ge-
mischte Bevölkerung, die früher unter Englischem
Schutze stand, jetzt aber zum Theil zu Nicara-
gua gehört, während ein anderer Theil einen
selbstständigen Staat bildet, der aber mehr und
mehr von Nicaragua bedroht wird. Hier hat die
Brüdergemeinde seit 1848 eine Mission, in der
die sechs angegebenen Stationen gegründet wur-
den, deren nördlichste jedoch schon bei dem
feindlichen Andringen des katholischen Nicaragua
aufgegeben werden musste. Auch hier ist nicht
bloss unter der buut gemischten farbigen Bevöl-
kerung nicht fruchtlos gearbeitet worden, sondern j
eben so unter den vornehmlich ins Auge gefassten
Indianer-Stämmen, den Wulwas, Tunglas u. a.
Da der Maassstab der Karte No. 8 die In-
seln nicht in genügender Grösse erscheinen lässt,
um die Stationen der verschiedenen Missions-
Gesellschaften zu verzeicljuen , so wurden die
wichtigsten derselben mit Zunahme von No. 9
in vergrössertem Maasse beigegeben. Es ist je-
doch zu beachten, dass der Maassstab dieser
Cartons selber nicht der gleiche ist, daher sie
nur mit Eücksicht auf denselben ihrer Grösse
nach verglichen werden dürfen.
Über die für Jamaica im Besonderen ange-
gebenen Missionen ist zu bemerken, dass die
der Unirten Presbyterianer in Schottland von
der ehemaligen Schottischen Missions-Gesellschaft
schon 1824 begründet, 1847 von der genannten
I Denomination übernommen und sehr ausgedehnt
wurde. Die Londoner Missions-Gesellschaft ar-
beitet auf Jamaica seit 1834. Die zahlreichen
j Gemeinden , welche durch die Baptisten-Mission
gesammelt waren, bilden bereits seit längerer
Zeit die selbstständige Jamaica Baptist Union.
Für die Ausbildung der Prediger sorgt die früher
bei Falmouth befindliche, jetzt nach Kingston
verlegte Calabar Institution, welche noch unter
der Leitung der Missious-Gesellschaft steht, die
in neuerer Zeit auch die Station an der Morant
Bay wieder aufgenommen hat. Die anglikanische
Kirche, welche bisher mit grosser Bevorzugung
den anderen kirchlichen Gemeinschaften gegen-
übei'stand , ist nunmehr durch Entziehung der
staatlichen Unterstützung denselben gleichgestellt
worden.
Von der ganzen Bevölkerung von Jamaica
steht bis jetzt nur der vierte Tlieil in Verbin-
dung mit einer Kirche oder Mission. Fast die
Hälfte der Bewohner können trotz oberflächlich
angenommener christlicher Einflüsse als Heiden
angesehen werden.
Nachträge und Correcturen.
Auf No. 8 ist in der l'^arbentafel das Braun als Bezeichnung der katholischen Stationen nachzutragen.
Das „N" bei der Insel Nevis ist zu streichen.
Auf No. 9 ist IrwinhUl, Station der evangelischen Brüdergemeinde, etwa eine Deutsche Meile östlich von Mon-
tego, nachzutragen.
N*^. 10. Guiana.
Der Name Guiana bezeichnet urspi-üuglieh
sämmtliche Länder zwischen dem Orinoco und
dem Amazonen - Strom , die durch ihre ausser-
ordentliche Fruchtbarkeit bald nach der Ent-
deckung die Europäischen Ansiedler herbeizogen.
Nachdem in neuerer Zeit die Spanischen und
Portugiesischen Ansiedelungen vom Mutterlande
getrennt wurden, nennt man nur noch die Bri-
tische, die Niederländische und die Französische
Kolonie mit obigem Namen. Nur die beiden
erstereu sind hier zu behandeln, da über die
geringe Thätigkeit der Eömisch-katholischen Mis-
sion, der einzigen im Französischen Guiana,
keine näheren Angaben zu erlangen waren.
Eine nicht sehr breite TJferebene des reich-
sten Alluvialbodens umsäumt das im Innern hüge-
lige und zum Thcil gebirgige Land, das mit
dichtem Urwald bedeckt ist. Die Niederländer
waren es vornehmlich, welche im Laufe des 17.
und 18. Jahrhunderts die Kultur jenes Küsten-
saumes- durchführten, der für das Mutterland
reiche Erträge abwarf. Das Innere jedoch blieb,
mit Ausnahme eines kleinen Sti'iches an den
Ufern der grossen Ströme, unangetastet von der
Hand des Europäers, den eingeboruen Indianern
überlassen oder wurde den sich befreienden
Negersklaven eine Zuflucht, wie namentlich im
Niederländischen Gebiet. Die zahlreichen Ströme
allein machen dasselbe zugänglich, obwohl ilire
Beschiffung, zu der man besondere, leicht ge-
arbeitete Boote (Corjals) benutzt, durch viele
Stromschnellen erschwert ist. Doch nur an Ufern
schlägt der Mensch seine Hütte auf, das übrige
Land ist mit fast undurchdringlichem Dickicht
der üppigsten Vegetation bedeckt. Das ungesunde
Klima hat bisher die Kultur von diesen Gegenden
fem gehalten und es ist keine Aussicht, dass es
bald anders werde.
Das Britische Guiana, welches 18ü3 von
den Niederländern abgetreten wurde , umfasst
drei Abtheilungen : Essequibo , Demerara und
Berbice, nach den gleichnamigen Flüssen benannt.
Über die raeist aus Negern und Kreolen beste-
hende Bevölkerung gilt das zu West-Indien unter
No. 8 Gesagte. Seit der Emancipation der Skla-
ven ist der Wohlstand auch hier zurückgegangen
und viele Zuckerplantagen liegen noch jetzt im
Verfall. Um die verlorenen Arbeitskräfte zu er-
setzen, sind seit einer Heihe von Jahren Kulies
eingeführt, freie Arbeiter aus Ost-Indien und
China, die sich für einen bestimmten Lohn auf
eine gewisse Zeit zur Arbeit verpflichten, nach
Grandemann : Missiimsatlas. IV, 9.
Ablauf der letzteren aber in die Heimath zurück-
kehren können. Da diess jedoch nur von wenigen
geschieht, so besteht bereits ein nicht geringer
Theil der Bevölkerung aus Hindus und Chinesen.
Inwieweit jene Maassregel zu billigen ist und
ob die Ausführung den oben aufgestellten Grund-
satz überall zur Geltung kommen lässt, ist hier
nicht zu erörtern. Hier kommt es nur auf die
Mannigfaltigkeit an, die daraus der Mission in
Britisch -Guiana erwachsen ist. Die erste Form
derselben war die Indianer-Mission. Hier konnten
sich die auf den Inseln so schnell hinschwin-
denden Stämme besser als dort erhalten. Na-
mentlich sind es Arawäken, Cariben, Waraus,
Acowoios und Macusies , von denen zusammen
bis heute 20- bis 21,000 Köpfe übrig sein sollen.
Unter den Erstgenannten begann schon 1738 die
Brüdergemeinde ihre Thätigkeit am Berbiceflusse,
die sich später weiter östlich bis an den Corentj-u
ausdehnte und nach vieler mühsamer und nicht
ganz erfolgloser Arbeit bis 1812 fortgeführt
wurde. Pilgerhut, Ephrem und Hoop sind die
ehemaligen Stationen, welche unsere Karte zeigt.
Die Englisch-kirchliche Gesellschaft hat von 1829
bis 1853 gearbeitet und zu Bartica und Wara-
puta am Essequibo beträchtliche Gemeinden ge-
sammelt, während eine solche zu Pinara durch
Brasilianische und katholische Dazwischenkunft
gestört wurde. Doch fand sich die Gesellschaft
im genannten Jahre durch ungünstige Umstände
bewogen, das Werk aufzugeben. Die Gemeinde
zu Bartica besteht noch und wird vom Kaplan
der nahen Strafstation versorgt. Die Ausbrei-
tungs - Gesellschaft hat seit 1840 ihre auf der
Karte angegebenen Stationen angelegt und ihre
Arbeiten sind bis jetzt mit immer noch steigen-
dem Erfolge gekrönt worden. Besonders befinden
sich die Stationen am Pomerun in erfreulichem
Zustande, und in neuerer Zeit ist auch bei
Orealla die verlassene Brüder -Mission wieder
aufgenommen. Endlich haben die Plymouth-
Brüder, die in Britisch-Guiana unter den Weissen
und Farbigen eine sehr rege Thätigkeit entfal-
ten , auch einige Arbeiter unter den Indianern.
Die eine Station derselben, Mattara, konnte mit
einiger Sicherheit angegeben werden*), während
*) Dieselbe büdet wahrscheinlicli die Fortsetzung der
von J. Meyer mit ausserordentlicher Hingabe zu Kuiuake
betriebenen Mission. Der letztgenannte Ort kann niclit
fern von dem für Mattara angegebenen Punkte sein. Im
I Mission's Field, 18G8, p. 262, wird noch eine presbyteria-
65
sie im Ganzen geflissentlich keine Angaben über
ihre Arbeiten in die Oeffentlichkeit dringen
lassen. Daher war es uns auch nicht möglich,
die zahlreichen Punkte ihrer anderen Mission
anzugeben.
Für die Schwarzen und Farbigen sind vor
ihnen schon hauptsächlich die Londoner und
die Wesleyanische Missions - Gesellschaft thätig
gewesen, diese seit 1819, jene seit 1808. Bei-
nahe zwei Drittheile der ganzen Einwohnerzahl
(100,000) gehören dieser Art der Bevölkerung
an , die zum grossen Theil bereits zu christ-
lichen Gemeinden gesammelt ist, deren Pflege
und Ausdehnung aber immer noch eine wich-
tige Aufgabe der Mission bleibt. Auch die Aus-
breituugs- Gesellschaft, die im Anschluss an die
anglikanische Kirche der Kolonie wirkt, widmet
sich dieser Aufgabe.
Die dritte Klasse der Mission ist die unter
den Kulies. Mau schätzte 1868 25,000 Hindus
und 3000 Chinesen. Die Christianisirung dieses
Theilcs der Bevölkerung müsste von besonderer
Bedeutung sein, da er in der Zukunft des Lan-
des leicht eine grössere KoUe spielen könnte als
die jetzt an Zahl überlegenen Neger. Dennoch
hat nur die Wesleyanische Missions-Gesellschaft
einen besonderen Missionar und ludische (Ta-
mulische) und Chinesische Katechisten unter den
Kulies, während die anderen sie mehr gelegent-
lich in den Kreis ihrer Wirksamkeit ziehen, was
namentlich auch die Ausbreitungs - Gesellschaft
thut.
Die Zustände in dem benachbarten Nieder-
ländischen Guiana, das gewöhnlich Suriname
nische Mission für die Indianer am Supinam erwähnt, über
die uns sonst Nichts bekannt geworden ist.
genannt wird, sind von denen des Britischen
verschieden, namentlich durch das längere Be-
stehen der Sklaverei , die erst vor einem Jahr-
zehnt abgeschafft wurde, mit Maassregeln, die
mehr Garantien für die fernere Arbeitsamkeit
der Neger boten, als diess bei der Britischen
Emancipation geschah, und die sich bis jetzt
bewährt haben. Die Indianer dieses Gebietes
sind, abgesehen von den noch ganz unerforsch-
ten Theilen des Innern, nur noch gering an
Zahl, etwa 1000, meist Arawäken. Die Zone
des Innern, welche zunächst auf die kultivirte
Uferebene folgt, ist jetzt das Land der Busch-
neger, der Nachkommen entlaufener Sklaveu,
aus denen sich mehrere besondere Stämme:
Saramacca-, Matuari-, Auka-Neger u. s. w., ge-
bildet haben. Früher thaten sie von jenen
Schlupfwinkeln aus der Kolonie viel Schaden,
ja, sie unternahmen förmliche Kriegszüge gegen
dieselbe, bis 1763 die Niederländische Regierung
ihre Unabhängigkeit anerkannte.
1754 begann die ausgedehnte und gesegnete
Mission der Brüdergemeinde unter den Neger-
sklaven der Plantagen. Von der jetzt etwa
37,000 Seelen starken schwarzen und farbigen
Bevölkerung gehören 24,000 mit zu den gesam-
melten Gemeinden, die je ihr Centrum au der Sta-
tion haben, von der aus die betreffenden Plan-
tagen versorgt werden.
Auch den Busch- Negern wurde seit 1765
von der Brüdergemeinde das Evangelium ver-
kündigt. Grosse Schwierigkeiten haben das Werk
zwar vielfach gehindert, so dass es von 1813
bis 1 840 fast ganz abgebrochen blieb ; seitdem in-
dessen ging es wieder vorwärts, wenn auch mit
Schwankungen, und in neuerer Zeit hat es be-
sonders unter den Matuari -Negern einen er-
freulichen Aufschwung genommen.
11. Süd -Amerika.
Unser Atlas schliesst mit der Darstellung
eines Continents, der jetzt nur iu vcrschwinden-
dera Maasse den Schauplatz christlicher Mis- !
sionsthätigkeit bildet. Mit Ausnahme der auf 1
verhiiltnissmüssig kleinen Eaum beschränkten j
Mission iu Guiana, die bereits unter No. 10 be-
handelt wurde, wäre für direkte Heiden-Mission
nur eine einzige Station, die Keppel - Insel, an-
zuführen *). Und doch ist Süd - Amerika dem
Flächeninhalt nach fast doppelt so gross wie
Europa und 1 bis 1 '/2 Millionen seiner Bewohner
sind noch fern von jeglicher christlichen Kultur,
zum Theil sogar dem Kannibalismus ergeben.
Von den übrigen dort lebenden 23 Millionen
aber ist ein grosser Bruchtheil jedenfalls nur in
ungenügender Weise in das Christenthum ein-
geführt worden, während überhaupt der Katho-
licismus hier vielleicht mehr als sonstwo sich
von dem Kerne desselben entfernt hat.
Die Geschichte erklärt uns den jetzigen Zu- [
stand der Süd-Amerikanischen Bevölkerung. Die
Europäischen Entdecker fanden zwei ganz ver-
schiedene Klassen derselben vor." Auf der West-
seite war durch das Reich der Incas eine ver-
hältnissmässig hohe Kultur vertreten, während
die übrigen Theilc von Indianern einer tiefen
Kulturstufe bewohnt wurden. Beide mussten
der Europäischen Herrschaft unterliegen, so weit
sie sich nicht in die noch unbesetzten Gegenden
zurückzogen. Während in Nord -Amerika die
Europäische Ansiedelung die Eingebornen zurück-
drängte und aufrieb, wurden sie hier als Ar-
beitskräfte erhalten und von den Siegern zur
Ausbeutung des fruchtbaren Bodens und der
metallreichen Gebirge verwendet. Trotz der dabei
*) Seitdem Obiges geschrieben wurde, ist von dersel-
ben aus eine weitere Station zu Usbuwia gegründet.
Grundemann : Mistionsatiaa. IV, W.
verübten schmachvollen Grausamkeiten ist doch
auf diese Weise ein grosser Theil der ursprüng-
! liehen Bevölkerung dem Untergange entzogen
1 und hat sich allmählich mit den eingewanderten
j Spaniern und Portugiesen vermischt. Dieser
Mischung entstammen die Mestizen, welche einen
bedeutenden Bestandtheil der heutigen Bevölke-
rung bilden. Als man später die unzureichenden
Arbeitskräfte durch den Sklavenhandel zu er-
gänzen suchte, wurde auch die Negerrace nach
Süd- Amerika verpflanzt, die sich dort zum Theil
rein erhalten , zum Theil aber mit Europäern
oder Indianern (zu Mulatten) vermischt hat.
Die katholische Kirche hatte sogleich in den
Spanischen so wie Portugiesischen Kolonien*)
Wurzel gefasst, und zahlreiche Kirchen und Klö-
ster waren gegründet. Auch der Indianer nahm
sie sich bald au. Zum Theil waren dieselben
zu den oben gedachten Arbeiten in sogenannte
[ Comthureieu gesammelt und wurden in denselben
ohne Weiteres äusserlich zum Christenthum ge-
zwungen. Auch für die noch freien Indianer
fanden sich bald Missionare von verschiedenen
Orden ein, die aber, in der Einrichtung der Com-
thureieu und den dort verübten Grausamkeiten
ein starkes Hinderniss ihrer Thätigkeit erken-
nend, andere Sammelplätze, die sogenannten Re-
duktionen , anlegten , in denen die Eingebornen
unter patriarchalischen Einrichtungen zu gleicher
Zeit in der Kultur gefördert und christianisirt
wurden. Namentlich die Jesuiten haben dabei
ein ausserordentliches Geschick bewiesen. Schon
der Ernst, mit dem sie für die Freiheit und das
Recht der Indianer den Kolonisten gegenüber
eintraten, verdient alle Anerkennung. Dadurch
gewannen sie das Zutrauen der Art, dass ganze
*) Letztere das heutige Kaiserthuni Brasilien.
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Stämme sich unter ihr mildes väterliches Regi-
ment stellten. So entstanden die blühenden Re-
duktionen in Paraguay, wo man die sonst so
unkultivirten Gixarani als iieissige Acker-
bauer, gewandte Handwerker und sogar Künstler
bewundern konnte. Dass sie dabei nach dem
Sinne ihrer Leiter gute Katholiken waren, ver-
steht sich von selbst. Bedroht von Portugiesi-
scher Seite, von der die sogenannten Mamelucos
auf Sklavenfaug ausgingen, schlössen sich jene
Ortschaften unter Führung der Patres zu wohl-
organisirten Truppen zusammen und erfochten
manchen Sieg.
Ähnliche Erfolge hatten die Jesuiten unter
den Moxos und Chiquitos, so wie unter den
Stämmen am oberen Maranon und in der Fran-
zösischen Kolonie Cayenne. An Feinden aber
fehlte es ihnen nicht, die ihre Sache* verdäch-
tigten ; ihre Macht konnte der Regierung leicht
gefährlich werden. So wurde ihre Unterdrückung
beschlossen und ausgeführt, womit die Ergeb-
nisse einer Arbeit von anderthalb Jahrhunderten
dem Untergange Preis gegeben wurden. Die
Welt geistlichen, welche an die Stelle der Jesuiten
gesetzt wurden, konnten die gesammelten Ge-
meinden nicht zusammenhalten, um so weniger,
da für die äusseren, bisher von den Patres ge-
leiteten Angelegenheiten Beamte traten, die sich
durch allerlei Härte kein Zutrauen erwarben.
Manche Reduktionen fristeten nur noch ein küm-
merliches Dasein ; in den Bewegungen aber,
unter welchen die Kolonien sich vom Mutter-
lande losrissen (in den ersten Jahrzehuten dieses
Jahrhunderts), haben sich viele jener Gemeinden
gänzlich zerstreut und der üppige Urwald ver-
schlingt die einst fruchtbaren Felder und ver-
deckt die spärlichen Uberreste der einst so
freundlichen Dörfer. Auch die Wirksamkeit der
anderen Orden hat unter jenen Bewegungen sehr
gelitten, so dass die katholische Mission in Süd-
Amerika seit einem halben Jahrhundert als ge-
lähmt betrachtet werden kann. Auch in neuester
Zeit, wo dieselbe anderwärts neuen Aufschwung
genommen hat, vermochte sie sich in jenen
Ländern nicht wieder zu erholen. Manche weite
Strecken des Innern hatte dieselbe noch nicht
erreicht, so wenig die Kultur dahin vorgedrun-
gen war. Dahin gehört namentlich die Brasilia-
nische Provinz Matto Grosso, so wie das Peruani-
sche Gebirgslaud und das weite, noch sich selbst
überlassene Patagouien. Daher leben hier, wie
üben angedeutet, noch grosse Völkerschaften aus-
ser aller Berührung mit dem Christenthume.
Von evangelischer Mission galt allerdings der
erste Versuch*), der überhaupt von dieser Seite
unternommen wurde, der Ostküste Süd-Äme-
rika's, schlug jedoch gänzlich fehl. Erst in der
neuesten Zeit gelang es einem Englischen
Marine-Offizier, Allen Gardiner, unter den Evan-
gelischen Interesse für jene Länder zu wecken.
Nach einigen anderen vergeblichen Versuchen
fasste er Patagonien als sein Ziel ins Auge und
brachte 1844 die Patagonische Missions -Gesell-
schaft zu Stande, von der unterstützt er meh-
rere Jahre rastlos wirkte, bis er an der unwirth-
lichen Küste des Feuerlandes durch das Aus-
bleiben der nöthigen Jfahrungsmittel und bei
feindlicher Haltung der Eingebornen nach lang-
wierigen Leiden dem Hungertode erlag (6. Sept. |
1857). Die Gesellschaft hat S'ich aber dadurch
zu um so grösserem Eifer antreiben lassen. Da
die Anlegung einer festen Station im Feuerlande
(Tierra del Fuego) noch nicht möglich war,
wurde die Keppel-Insel (eine der Falklands-In- •
sein) zur Operationsbasis ausersehen. Eingeborne,
die dazu willig sind, werden dorthin auf einige
Zeit übergesiedelt und dann in ihre Heimath
zurückgeführt mit den empfangenen Eindrücken
des christlichen und civilisirten Lebens. Dazu
dient das Missionsschiff „Allen Gardiner". Diese ,
*) Der Französische Malteser-Ritter Villegagnon ver-
suchte in der Nähe des jetzigen Rio de Janeiro eir.e Fran-
zösische Kolonie anzulegen und von dort aus durch Genfer
j Missionare unter den Indianern zu wirken.
Maassregel hat nun bereits den Erfolg gehabt,
dass einer der Missionare sich längere Zeit auf
der Navarin-Insel aufhalten konnte, wo nunmehr
eine feste Station angelegt wird. Die Gesell-
schaft hat sich seitdem zu der „Süd - Amerika-
nischen" erweitert und die auf der Karte an-
gegebenen Stationen angelegt, die aber meisten-
theils die Wirksamkeit unter den an den be-
treffenden Orten lebenden Engländern und hinter
den Katholiken zum Zwecke haben. Nur von
Lebu und von Patagones aus sucht man auch
unter den Patagoniern (resp. Araucanern) zu
wirken.
Die beiden anderen Missions-Gesellschaften,
von denen wir einige Stationen angeben konnten,
treiben ebenfalls mehr ein Werk der inneren
Mission, arbeiten aber nicht unter den heidnischen
Indianern.
Schliesslich muss noch erwähnt werden, dass
in den La Plata-Staaten, so wie in einigen Bra-
silianischen Provinzen zahlreiche Deutsche Ko-
lonien bestehen, für deren geistliche Bedürfnisse
sehr wenig geschehen war, bis in neuester Zeit
die Basler Missions-Gesellschaft, so wie auch ein
mit der Rheinischen Mission in Verbindung ste-
hender Verein ihre Arbeiter dorthin zu senden
begannen. Doch würden auf dem weiten Felde
noch weit mehr Kräfte ihre volle Beschäftigung
finden.
Nachwort.
Beim Abschlüsse des Missionsatlas, der namentlich durch den Krieg fast um Jahresfrist ver-
zögert worden ist, möge eine Bemerkung Platz finden über zwei Stücke, die manche Leser nach
früheren Ankündigungen erwartet haben und nun vermissen werden, nämlich eine allgemeine
Missions-Weltkarte und eine übersichtliche Zusammenstellung der Namen aller Stationen der ver-
schiedenen Missions-Gesellschaften. Es lag anfänglich in der Absicht des Verfassers, beides diesem
Werke beizufügen. Dabei war jedoch die Voraussetzung, dass ein anderes Werk inzwischen zum
Abschluss gekommen sein würde, nämlich eine allgemeine Missions -Statistik, die einer jährlichen
Missions-Chronik den Weg eröffnen sollte. Durch verschiedene Umstände ist jene schon auf der
Missions-Conferenz 1866 angeregte Arbeit noch nicht zur Ausführung gekommen. Ohne sie würde
die gedachte Weltkarte in sachlicher Beziehung kaum mehr leisten, als das bei Julius Klinkhardt,
Leipzig 1869, in Commission gegebene Kärtchen zu den Werdauer Missionsblättem. Die Auf-
zählung der Missions - Stationen aber würde einerseits ohne die beabsichtigte Hinzufügung der
statistischen Daten wenig Werth besitzen, andererseits für einige Blätter der ersten Lieferungen
weitere Ergänzungen erfordern.
Da nun das angedeutete Unternehmen keines Falles aufgegeben ist, sondern voraussichtlich in
nicht zu ferner Zeit wird in's Leben treten können, so schienen die beiden genannten Aufgaben
angemessener für jene Arbeit aufzuheben sein , in der sie eine ungleich vollständigere Lösung
finden werden, als diess jetzt geschehen könnte. Und so sei denn hiermit diess Werk geschlossen.
Es sind nun bald zehn Jahre vergangen, seitdem die ersten Keime zu demselben sich regten. Es
hat ihm manche Schwierigkeit im Wege gestanden, es hat viel Arbeit erfordert. So wird man
es verstehen, dass ich nicht anders schliessen mag als mit Dank gegen Den, der es hat gelingen
lassen, und mit dem Wunsche, dass es helfen möge zur Förderung Seines Reiches!
Mörz, den 28. October 1871.
Der Verfasser.
4
Date Due
■■-1 • ■
^ ' ^ Q
PRINTED
IN U. S. A.