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Full text of "Allgemeiner Missions-Atlas nach Originalquellen."

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I 


LIBRARY 

X.  J 


PRlNCETpX. 

  Diwifiinn 

G  2446   .E424  G88 
Grundemann,  R. 
Allgemeiner 


1867 
1836-1924 . 
Missions-Atlas 
nach  Originalquellen 


r 


ALLGEMEINER 


MISSIONS-ATLAS 


NACH  ORIGINALaUELLEN 

> 

BEARBEITET 

/*  . 

VON  ^' 

R.  GRUNDEMANN 

PREDIÜEK. 


AFRIKA.  y 


GOTHA:    JUSTUS  PERTHES. 
1867. 


DIE 

V 


MISSIONEN  IN  AFRIKA 


IN  ZWANZIG  KAKTEN 

MIT 

ERLÄUTERNDEM  TEXTE 


DARGESTELLT 

R.  GRUNDEMANN 

PREDIGER. 


GOTHA:   JUSTUS  PERTHES. 
1867. 


Digitized  by  the  Internet  Archive 
in  2015 


https://archive.org/details/allgemeinernnissiOOgrun 


VORWORT. 


Der  allgemeine  Missiousatlas,  dessen  Herausgabe  mit  vorliegendem  Hefte  beginnt, 
soll  einem  vielfach  ausgesprochenen  Bedürfniss  entgegenkommen.  Der  Mangel  an  aus- 
reichenden kartographischen  Hilfsmitteln  zum  Studium  der  Missionssache  wird  von  Allen, 
die  sich  damit  beschäftigt  haben,  anerkannt.  Wie  sehr  derselbe  jenes  Studium  hindert 
und  erschwert,  liegt  auf  der  Hand.  Es  wird  selten  Jemanden  gelingen,  sich  von  den 
Verhältnissen  fremder  Gegenden  eine  klare  Vorstellung  zu  machen,  wenn  ihm  nicht  die 
Karte  die  Grundlage  dazu  geliefert  hat.  Da  für  viele  Missionsfelder  die  letztere  (in 
genügendem  Maassstabe)  so  gut  wie  ganz  fehlte,  so  ist  es  erklärlich,  wie  selbst  eifrige 
Missionsfreunde  sich  von  wichtigen  Gebieten  des  Werkes  durchaus  kein  entsprechendes 
Bild  zu  maclien  im  Stande  sind. 

So  viel  Missionsberichte  man  auch  über  solche  Missionen  liest,  so  bleiben  die  Ein- 
drücke, die  sie  geben,  in  unsrer  Vorstellung  nicht  haften,  weil  wir  nicht  durch  Kennt- 
niss  der  verschiedenen  Ürtlichkeiten,  von  denen  sie  handeln,  uns  gleichsam  ein  Schema 
gemacht  haben,  wo  wir  jene  Eindrücke  eintragen  und  sammeln  könnten.  So  bleiben 
wir  denn  in  vielen  Fällen  gerade  nur  bei  dem  stehen,  was  eben  der  vorliegende  Be- 
richt uns  giebt,  und  vermögen  nicht  die  einzelnen  Züge  desselben  nach  einem  bereits 
gewonnenen  Gesammtbilde  zu  verstehen  und  zu  beurtheilen. 

Sehr  naclitheilig  ist  dies  insbesondere  für  den  Geistliclien,  der  durch  Missions- 
stunden seiner  Gemeinde  die  Missionssache  nahe  zu  bringen  hat.  Vielen  jener  Stunden 
hört  und  fühlt  man  es  arl),  dass  sie  nicht  aus  lebendiger  Sachkenntniss  hervorfliessen. 
Oft  verschwindet  dieser  j\Iangel  unter  der  weit  ausgeführten  erbaulichen  Seite,  womit 
dann  fast  eine  Predigt  an  Stelle  der  Missionsstunde  tritt.  Oder  er  wird  zugedeckt  mit 
einer  Auswahl  von  Missionsanekdoten,  die  in  ihrer  Allgemeinheit,  oft  durch  traditio- 
nelle Fortpflanzung  der  Wirklichkeit  ganz  fern  gerückt,  zur  Förderung  eines  gesunden 
Missionsinteresses  nicht  viel  beitragen  können.  So  überträgt  sich  jener  Mangel  von 
dem  Pfarrer,  der  die  Mission  wie  Alles,  was  er  der  Gemeinde  bringt,  stndirt  hahen 


II 


sollte*),  auf  die  letztere  und  richtet  überhaupt  für  die  Sache  einen  zwiefachen  Schaden 
an.  Einmal  führt  er  leicht  zur  Gleicligiltigkeit ;  denn  was  ich  nicht  genau  kenne,  dafür 
habe  ich  auch  kein  sjiecielles  und  anhaltendes  Interesse.  Das  Fehlen  des  letzteren  er- 
weist sich  ja  in  vielen  Fällen,  wo  ein  specielles  Wirken  für  dieses  oder  jenes  Missions- 
gebiet (geschweige  denn  für  eine  besondre  Station)  gar  nicht  stattfindet,  sondern  nur 
der  im  Allgemeinen  anerkannten  Nothwendigkeit  der  Mission  ein  kleiner  regelmässiger 
Beitrag  gezollt  ward,  ohne  dass  man  sich  klar  ist,  wozu  man  denn  mit  seinen  Gaben 
wirken  helfen  will.  Dagegen  lehrt  die  Erfahrung,  dass,  je  weiter  eine  specielle  Kennt- 
niss  gefördert  wird,  desto  mehr  die  der  betreffenden  Mission  zugehenden  Hilfsmittel 
wachsen. 

Andrerseits  aber  führt  jener  Mangel  an  genauer  Bekanntschaft  mit  dem  Missions- 
werke bei  gesteigerter  Liebe  für  dasselbe  zu  einer  unrichtigen  Auffassung,  die  Alles  in 
zu  idealem  Lichte  betrachtet.  So  hoch  und  hehr  aber  der  Bau  des  Reiches  Gottes  unter 
den  Völkern  zu  achten  ist,  so  wird  das  Werk  hier  doch  durch  schwache  Menschenkräfte 
betrieben,  in  Folge  dessen  die  Wirklichkeit  nur  zu  oft  jenes  Licht  mit  starken  Schatten 
kreuzt,  deren  Yerkennung  dem  Gedeihen  der  Mission  nur  gefährlich  werden  kann. 

Nach  beiden  Seiten  hin,  um  durch  gesunden  Eifer  die  in  vielen,  selbst  christlich 
angeregten  Kreisen  noch  grosse  Gleichgiltigkeit  gegen  die  Mission  zu  verdrängen,  wie 
andrerseits,  um  durch  rechte,  nüchterne  Auffassung  eine  schnell  aufflackernde,  aber  viel- 
leicht vorübergehende  Begeisterung  in  die  rechten  Bahnen  zu  leiten,  thut  eingehendes 
Studium  der  Missionssache  noth. 

Freilich,  ein  solches  weitgreifend  ins  Leben  zu  rufen,  dazu  möchte  das  Zusammen- 
wirken mannigfacher  Kräfte  erforderlich  sein.  Der  Verfasser  darf  nicht  meinen,  durch 
seine  Arbeit  in  dieser  Hinsicht  etwas  Neues  erwecken  zu  können.  Denen  aber  und 
namentlich  denjenigen  seiner  Amtsbrüder,  die  wie  er  jene  Lage  der  Dinge  fühlen  und 
an  ihrem  Theile  derselben  abhelfen  wollen,  bietet  er  hiermit  eines  der  Hilfsmittel,  deren 
sie  bei  jenem  Streben  nicht 'wohl  w^erden  entbehren  mögen. 

Wie  der  Atlas  im  Gebrauche  sich  bewähren  wird,  mag  die  Erfahrung  lehren.  Als 
fast  erstes  Werk  seiner  Art  wird  er  nicht  frei  von  ^längeln  sein.  Manches  Erwartungen 
mag  er  nicht  befriedigen,  zumal  da  der  ursprüngliche,  mehr  versprechende  Plan  des- 
selben bereits  in  die  Öifentlichkeit  gedrungen  war,  dessen  Ausführung  sich  schliesslich 
bei  dem  Schwanken  der  Verhältnisse  als  unmöglich  erwies.  Dahin  rechne  ich  beson- 
ders die  systematische  Einziehung  genauer,  erschöpfender  Notizen  über  das  ganze  Mis- 
sionsgebiet durch  die  sämmtlichen  Missionare,  die  sich  nur  theilweis  verwirklichen  Hess. 
Denjenigen  Missionaren,  die  mich  durch  freundliche  Zusendungen  unterstützt  haben, 
sei  hiermit  der  beste  Dank  gesagt.  Ebenso  der  noch  grösseren  Zahl  derer,  die  mir 
durch  ihre  gütige  Mittheilung  auf  specielle  briefliche  Anfragen  eine  bedeutende  Hilfe 

*)  Dass  die  Mission,  die  thatsächlich  im  christlichen  Leben  unsrer  Zeit  eine  hervorragende  Stellung  einnimmt, 
(mit  wenigen  Ausnahmen)  nicht  auf  der  Universität  dem  angehenden  Geistlichen  nahe  gebracht  wird,  ist  jedenfalls 
zu  beklagen.  Sie  könnte  vielleicht  mit  mehr  Recht  Berücksichtigung  beanspruchen,  als  manches  Andre,  was  in  fa- 
turam  oblivionem  nur  fürs  Examen  studirt  wird. 


geleistet  liaben,  wie  sie  in  manchen  Fällen  aus  keiner  der  vorhandenen  Quellen  zu  er- 
halten gewesen  wäre.  Leider  aber  Hess  das  Ausbleiben  der  Antworten  auf  einen  grösse- 
ren Theil  der  ausgesandten  gedruckten  Formulare  eine  gleichmässige  Verarbeitung  auch 
mancher  eingetroffenen  Notizen  nicht  zu.  Dies  besonders  hinsichtlich  der  statistischen 
Daten,  die  bei  einigermaassen  vollständigem  Eintreffen  in  den  Erläuterungen  zu  einer 
allgemeinen  Missionsstatistik  verarbeitet  sein  würden.  Indessen,  die  während  des 
Fortganges  der  Arbeit  stets  sich  erweiternde  Verbindungen  mit  Vertretern  der  verschie- 
denen IVIissionen  daheim  und  auf  den  Stationen  lassen  erwarten,  dass  ein  derartiges 
Werk  der  Ausführung  immer  weniger  Schwierigkeiten  bieten  wird,  wie  denn  der  Ver- 
fasser zur  Bearbeitung  eines  solchen,  sowie  einer  Jährlichen  Missions-Chronik 
durch  die  Bremer  Missions-Konferenz  (Mai  1866)  angeregt,  und  nach  Abschluss  des  Mis- 
sionsatlasses dies_ell)e  in  Angriff  zu  nehmen  gesonnen  ist.  Beide  werden  als  weitere  Hilfs- 
mittel des  Missionsstudiums  diesem  Atlas  zur  Seite  treten.  Den  diesem  beigegebenen  Er- 
läuterungen blieb  für  jetzt  nur  die  Aufgabe,  in  kurzen  Worten  dem  Leser  ein  Bild  von 
den  natürlichen  Verhältnissen  des  betreffenden  Landes,  seiner  politischen  Lage,  der 
bisherigen  Entwicklung  der  Mission  u.  s.  w.  durch  hervorstechende  Züge  ins  Gedächtniss 
zu  rufen,  um  beim  Verständniss  der  neben  der  Karte  gelesenen  Missionsberichte  behilf- 
lich zu  sein.  Selbstverständlich,  dass  dieselben  nicht  Erschöpfendes  bieten,  sondern  nur 
anregen  sollen,  Weiteres  aus  der  einschläglichen  Litteratur  nachzulesen. 

■  Eine  schwache  Seite,  für  die  der  Verfasser  noch  um  besondere  Nachsicht  bitten 
muss,  ist  die  Schreibung  der  Namen.  Trotz  der  redlichsten  Bemühung  war  es  ihm  nicht 
möglich,  dieses  wüste  Gewirr  einigermaassen  zu  lichten,  eine  Aufgabe,  die  noch  erst 
ihrer  Lösung  durch  Jemanden,  der  ihr  seine  ganze  Kraft  widmen  kann,  harren  muss. 
In  einzelnen  Fällen,  wo  sich  etwas  Genaueres  darüber  geben  liess,  ist  in  den  betreffenden 
Erläuterungen  darüber  berichtet.  Im  Allgemeinen  ist  die  gebräuchlichste  Schreibung 
so  viel  möglich  beibehalten  worden.  In  fremden  Namen  ist  das  Englische  ee  durch  i, 
00  durch  u  ersetzt;  dagegen  ist  das  sh  nicht  in  sch  verändert.  Ebenso  hat  ch  und  j, 
wo  nichts  anderes  bemerkt  ist,  den  Englischen  Laut  =  tsch  und  dsch  (Deutsch). 

Vorliegendes  Werkchen,  obgleich  von  keinem  Fachmann  bearbeitet,  wird  auch 
von  Geographen  in  die  Hand  genommen  werden,  —  und  nicht  umsonst,  denn  es 
wird  sich  auch  für  sie  manches  Neue  darin  finden.  Ich  durfte  ja  aus  Quellen  schöpfen, 
an  die  so  bald  sich  kein  Geograph  machen  möchte,  wie  jene  Hunderte  von  Bänden  ver- 
staubter Missionsberichte,  in  denen  unter  vielem  (geographisch  geurtheilt)  Schutt  man- 
ches werthvolle  Körnlein  vergraben  lag,  was  dann  und  wann  selbst  zur  Korrektur 
mancher  Irrthümer,  die  sich  Jahrzehnte  lang  von  einer  Karte  zur  andern  fortschleppen, 
Gelegenheit  gab.  Ausserdem  aber  lagen  für  einige  Gegenden  Manuskriptkarten  und 
Skizzen  vor,  so  wie  auch  durch  ausgedehnte  Korrespondenz  nach  allen  Erdtheilen  und 
durch  mündliche  Besprechung  mit  Missionaren  wichtige  Angaben  erlangt  wurden.  Alle 
solche  Materialien  sind  sorgfältig  und  mit  gehöriger  Kritik  benutzt  worden.  Gern  hätte 
ich  überall  die  betreffende  Quelle  angegeben,  ja  es  würde  mir  zur  grössten  Freude  ge- 
reicht haben,  jedem  Blatt  einen  Rechenschsrftsbericht  über  alle  Einzelheiten  beizufügen. 


IV 


Aber  bei  der  grossen  Zahl  und  Mannigfaltigkeit  von  Quellen,  so  wie  bei  meiner  be- 
schränkten Zeit  war  es  nicht  möglich,  da  die  Vorarbeiten  nicht  darauf  angelegt  gewesen 
waren.  Ich  kann  jedoch  auf  die  ,, Geographischen  Mittheilungen"  verweisen,  die  einige 
meiner  Blätter  mit  genaueren  Nachweisungen  bringen  werden.  Für  Vieles  au  der  geo- 
graphischen Seite  muss  ich  den  Fachmann  um  Nachsicht  bitten,  freuen  sollte  es  mich 
aber,  wenn  ich  dennoch  hier  oder  da  die  Überzeugung  fördern  hälfe,  wie  erspriesslich 
CS  ist,  wenn  Geographie  und  Mission  Hand  in  Hand  gehen. 

Schliesslich  muss  ich  noch  mein  Bedauern  aussprechen,  dass  ich  zur  Darstellung 
der  katholischen  Missionen  bei  weitem  nicht  ausreichende  Quellen  erlangen  konnte.  Wb 
es  mir  möglich  war,  habe  ich  die  Stationen  angegeben,  doch  sind  diese  Angaben  keines- 
wegs als  erschöpfend  anzusehen. 

Und  so  möge  es  hinausgehen,  das  Werk  mancher  ernsten  Arbeitsstunde.  Der  Herr, 
an  dessen  Eeich  es  dienen  soll,  hat  bisher  in  Gnaden  sein  Zustandekommen  gefördert. 
Er  geleite  es  hinaus  mit  Seinem  Segen  imd  wolle  ihm  Frucht  bescheren  zu  Seiner  Ehre ! 

Gotha,  Ende  October  1866. 

Der  Verfasser. 


> 


Der  Plan  des  Atlasses,  (Jossen  drei  erste  Lieferungen  in  der  Zeichnung  vollendet  sind,  ist  fol- 
gendermaassen  aufgestellt,  obwohl  hinsichtlich  der  späteren  Hefte  Änderungen  in  der  Zahl  der 
Blattei-,  so  wie  in  der  Anordnung  vorbehalten  bleiben: 


I.  Abtheilung : 
Afrika. 


I.  Lieferung. 

1.  Afrika  (Übersicht).    Ersclieiut  in  der  Itl.  Lieferuug. 

2.  Gambia  uud  Pougas. 

3.  Sierra  Leone. 

4.  Liberia. 

5.  Goldküsto,  resp.  Sklavcnküste. 

6.  Oku-Läiider. 

7.  Niger  mit  Calabar  uud  Camcrun. 

8.  Gabun-Länder. 

U.  Lieferung. 

9.  Naraaqualand. 
10.)  Kapland. 


11.5    dto.,    östlicher  Theil. 

12.  ) 

>  Inneres  Süd- Afrika. 

13.  ^ 

14.  Die  südlichen  Kafer-Missionen. 

15.  Natal  und  Zululand. 

III.  Lieferung. 

16.  Ost- Afrika. 

17.  Madagaskar,  Übersieht. 

18.  Ankova  und  Antananarivo  mit  Umgebung. 

19.  Abessinien. 

20.  Ägypten. 

(Nr.  1.  Afrika,  Übersicht.) 


II.  Abtbeilung: 

Asien  mit  Inbegriff  der  Türkei. 

30  bis  40  Blätter. 

III.  Abtheiliing: 
Australien  und  Polynesien. 

20  Blätter. 


IV.  Abtheilung: 
Amerika. 

20  Blätter  incl.  Weltkarte  zur  allgemeinen  Übersicht. 


VI, 


N».  I.  Afi'ika. 

Übersiclit. 


PHIHGJäTGIT 
THEOLOGICiLL/ 


Die  vorstohoiide  Karte  zeigt  uns  Afrika  nacli 
seinen  Rcligioiisvorliältnisson,  und  zwar  der  Art, 
dass  die  Bevölkerungs-Dichtigkeit  zur  (rrundlage 
genommen  ist.  Diese  Darstclhmgsweisc  ist,  so- 
viel uns  bekannt,  bisher  für  derartige  Z^vecke 
noch  nicht  angewendet  worden,  daher  die  zahl- 
reichen Missionskarten ,  welche  die  Religionen 
durcli  kolorirte  Fläelien  darstellen,  insofern  eine 
unrichtige  Vorstellung  hervorrufen,  als  sie  in 
schwach  bevölkerten  Gegenden  den  Beschauer 
eine  verhältnismässig  zu  grosse  Zalil  von  Be- 
kennen! der  betreffenden  Religion  verrauthen 
lassen.  Diesem  Ubelstande  konnte  luir  so  abzu- 
helfen versucht  werden ,  dass  die  Farbenstärke 
für  jedes  betreffende  Land  dem  Grade  der  Be- 
Vülkerungs  -  Dichtigkeit  entsprechend  gewählt 
wurde.  Letztere  ist  freilich  fih-  Afrika  nur  an- 
qäherndzu  ermitteln,  vergl.  die  gründliche  Unter- 
suchung von  Dr.  Behm:  „Areal  und  Bevölkerung 
aller  Länder  der  Erde",  im  Geographischen  Jahr- 
buch, I,  Gotha,  J.  Perthes,  1866,  der  wir  hier 
ganz  gefolgt  sind.  Wo  Theile  eines  Landes  un- 
verhältnismässig stärker  als  andere  bevölkert 
sind,  ist  für  die  entsprechenden  Stellen  der  Grad 
der  Farbe  erhöht,  wie  z.  B.  in  Marokko,  Algier 
und  Ägypten  (wo  die  den  Nil  zu  beiden  Seiten 
begleitenden,  stärker  bevölkerten  Gürtel,  um  nicht 
ganz  zu  verschwinden,  allerdings  auch  bedeutend 
breiter  gezeichnet  werden  mussten,  als  es  der 
Wirkliclvkeit  entsprochen  haben  würde).  —  Älin- 
liches  möchte  für  die  Zeichnung  der  Sahara 
zweckmässig  gewesen  sein,  in  der  die  Bevölke- 
rung überwiegend  auf  den  zahlreichen  Oasen 
koncentrirt  ist,  doch  war  hier  eine  einigennaassen 
consequente  Durchfiihrung  solcher  Darstellungs- 
weise wegen  fehlender  Angaben  nicht  möglich. 
Länder,  in  denen  verschiedene  Religionen  ver- 
treten sind ,  wurden  mit  der  des  herrschenden 
Volkes  bezeichnet.  Die  andren  sind  durch 
Tüpfchen    der  betreffenden   Farbe  ausgedrückt. 

rjnunlciimiiii :  Missiontnilaa.    I,  3. 


und  zwar  so,  dass,  wo  slatistische  Angaben  nicht 
gänzlich  mangeln,  durch  die  Grösse  derselben 
ein  ungefähres  Zahlenverhältnis  angedeutel  isl. 
Dass  dies  nicht  bestimmter  geschehen  konnte, 
hat  seinen  Grund  in  den  unzureichenden  Quellen. 
Für  Marokko  wih-de  man  aus  unsrer  Karte  also 
ablesen  können:  „Herrschend  mnhararaedanische 
Bevölkerung,  250  bis  500  auf  die  QMoile,  ver- 
mischt mit  50,000  bis  500,000  Juden  und  1000 
bis  10,000  katholischen  Christen".  Für  die  Juden 
mag  hierbei  die  höchste  Angabe  der  Wahrheit  am 
nächsten  kommen,  für  die  Katholiken  vielleicht 
der  mittlere  Dui'chschnitt.  Ähnliclie  Schwan- 
kungen werden  sich  mehrfach  herausstellen,  docli 
haben  wir  die  Stufen  absichtlich  so  weit  gesetzt, 
um  nicht  bei  angesti'ebter  grösserer  Genauigkeit 
zu  A'iel  Unrichtiges  zu  geben. 

Die  Tüpfchen,  welche  mit  Schraffirnng  ver- 
sehen sind,  bezeichnen  kein  Zahlenverhältnis, 
sondern  deuten  nur  eine  Mischung  der  Reli- 
gionsbekenner an. 

Diese  Karte  soll  zugleich  zur  Orientirnng  für 
die  Specialblätter  über  einzelne  Missionsfelder 
dienen,  die  hier  durch  punktirte  Jjinien  umgrenzt 
und  mit  der  betreffenden  Nummer  (in  einem 
Ringe)  versehen  sind. 

Der  grössere  Karton  zeigt  die  ethnographische 
Vertheilung  der  Völker  Afrika's  und  damit  zu- 
gleich die  verschiedenen  Sprachfaniilien  und 
Sprachen.  Diese  Darstellung  folgt  hau])tsächlich 
der  „Anthropologie  der  Naturvölker"  von  TIi. 
Waitz. 

In  der  Angabe  der  Missionen  konnten  nur 
die  verschiedenen  Gebiete,  nicht  aber  einzelne 
Stationen  in's  Auge  gefasst  werden.  Die  be- 
treffenden Zeichen,  die  mit  den  anf  den  S]iccial- 
bliitlern  gfn)ranch1en  übereiiiKtinmicn,  sind  Avoiler 
unlen  erklärt,  ebenso  die  Ziffern,  mit  denen 
die  verschiedenen  Jnstilute,  Congregationen  und 

12 


Gesellschaften,  welche  Römisch-katholische  Mis-  , 
siou  treibeu,  bezeichnet  sind.    Aus  Mangel  an  j 
andren  Quellen  mussten  wir  uns  hier  mit  we-  ! 
nigen  Zusätzen  und  Berichtigungen  aus  deii.lahr- 
bücher)!  zur  Vfi-bi-eituug  des  Glaubens  auf  die 
Angaben  im  „Dictionnairc  des  missions  callio-  j 
liques,  par  Dr.  E.  de  Djunkowskoy",  Th.  II, 
Paris  1 864,  beschränken.    Leider  ist  das  ganze 
Werk  zu  wenig  gründlich  gearbeitet ,  als  dass  ! 
es  hinsichtlich  der  Richtigkeit  und  Vollständig- 

1 

keit  volles  Vertrauen  beanspruchen  könnte.  ' 

Seuegand)ien    und  Algerien   finden  sicii  zur  ' 
genaueren  Darstellung  der  hauptsäcliliclisten  ka- 
tholischen Missionsstatiöneu  in  den  oberen  Kar- 
tons.   Die   unteren  zeigen  St.  Helena  und  As- 
ceusion  in  ausg(^delintem  Maassstabe.  Auf  erstereu  1 
ist  durcli  rothe  Unterstreicliuug  die  Thätigkeit  ' 
der  8oc.  for  tlie  Propagation  of  the  Gospel  unter 
Europäischer  Kolonial-Bevölkerung  und  befreiten  | 
Negern  angezeigt,  durch  Blau  die  Wirksamkeit 


eines  mit  keiner  Gesellschaft  verbundenen  Mis- 
sionars (Baptisten).  Der  Biscliof  hat  seinen  Sitz  in 
Jamestown,  zu  dessen  Diöcese  auch  Ascension 
Island  gehört ,  wo  el)enfalls  ein  Arbeiter  der 
S.  P.  G.  für  die  Kolonial-Bevölkerung  stationirt 
ist.  Zur  Orientirung  über  die  Lage  dieser  und 
der  andi'en  zu  Afrika  gehöngeu  Inseln  sehe 
mau  deu  Karton  für  die  Ethnographie.  Die  letz- 
teren finden  sich  in  genauei'er  Darstellung  auf 
Blatt  16  u.  17. 

Für  die  Arabischen  Namen  sind  folgende  be- 
sondre Zeichen  angewendet : 

.V'    =  -  (<isch). 

=  ^  (ch  guttural,  schwach). 

kh   =  ^  (ch  guttural,  stark). 

)S'    =  (cei'ebral). 

' _    —  ^  (sanfter  Kehlliauch). 

qh   =  i-  (starker  Kehlhauch). 

—  ^  (k,  stark). 

^     =  ^  (schwach). 


Missions  -Atlas 


Afrika  >'?  2 . 


Tadaf  -iaf^**"^'  Lamm  ' 

, ,         ?f  I     2s'  I 

KontatA 


R- Siprra  Looi,^ 

FIAUBITfSFX'r'"' 
i.M.i:3oooooo    SIERKiV  LEOi\'E(  ^  * 

^'ii' die  MisA-uiiten  i/t  Bait.-uiM'l'.^  Yuv 

Sierra  l.enn*^-  siehe- NVS. 


DAS  GEBIET  J)FK 

srsiTs 

TIM  AN  I  S 


GOTHA  :  J USTU  S  PF.  RTH  E S 


2.  Die  Missionsgebiete 

Die  obere  Hälfte  des  vorliegenden  Blattes 
führt  uns  das  nördlichste  der  Westafrikanischen 
Missionsfelder  vor,  die  Länder  um  den  breiten 
Gambia-Fluss ,  der  z-srischen  seinen  mit  dichten 
Mangrovewäldern  eingefassten  Ufern  still,  doch 
majestätisch  dahin  zieht.  Der  im  Gegensatz  zur 
sandigen  Küste  hier  so  fruchtbare  Boden  würde 
einen  weit  ausgedehnteren  Ackerbau  gestatten, 
als  er  bisher  von  der  hier  Wohnenden,  keines- 
wegs spärlichen  Negerbevölkerung  betrieben  wird. 
Es  sind  vor  Allen  Mandengas  (Mandingos),  die 
seit  Jahrhunderten  das  Land  bis  auf  mehr  als 
100  Meilen  ins  Innere  inne  haben.  Die  Mehr- 
zahl derselben  halten  noch  an  ihrem  ursprüng- 
lichen Heidenthum  fest,  leben  fast  ausschliess- 
lich vom  Ackerbau  und  wei'den  Sonninkies  ge- 
nannt im  Gegensatz  zu  den  Marabüts,  die  sich 
dem  seit  geraumer  Zeit  eindringenden  und  stets 
au  Einfluss  gewinnenden  Islam  ergeben  haben. 
Diese,  meist  fanatische  Muhammedaner,  treiben 
neben  dem  Ackerbau  besonders  Handel  bis  tief 
ins  Innere  des  Landes ,  wobei  sie  als  eifrige 
Missionare  des  Islam  zu  weiter  Ausbreitung 
desselben  beitragen.  Ein  anderer  Negerstamm, 
die  Jaloffen  (Jolofs,  Walufs),  der  seine  Haupt- 
sitze nördlicher  gegen  den  Senegal  hat,  reicht 
im  Gebiete  Barra  und  Salüm  bis  an  den  Gam- 
bia. Bei  ihnen  hat  der  Muhammedanismus  den 
alten  Fetischdienst  wenig  einscliränken  können; 
man  kann  sie  in  diesen  Gegenden  noch  als  rei- 
nen Heideustamm  betrachten.  Trotz  der  son- 
stigen niedern  Stufe  der  Kultur  sind  sie  die 
Vertreter  der  einheimischen  Industrie  für  ein 
weites  Gebiet  und  bewähren  sich  in  manchen 
Zweigen  als  geschickte  Handwerker.  Eine  dritte 
Völkerschaft  sind  die  Fullahs  (Fulbe,  Pullo,  Fel- 
latah),  die,  sämmtlich  Muhammedaner,  in  kleinen 
Schaaren  von  100  bis  150  Familien  nomadisch 
und  zugleich  handeltreibend  am  oberen  Gambia 
umherziehen,  einzeln  aber  auch  in  allen  seinen 
Uferländern  sich  nicht  selten  unter  den  Man- 
dengas zerstreut  finden. 

An  der  Mündung  des  Flusses  befinden  sich 
seit  Jahrhunderten  Europäische  Niederlassungen, 

Grundemann :  Missionsallas.  I,  1. 


am  Gambia  imd  Rio  Pongas. 

I  durch  die  lange  Zeit  zur  Ausbreitung  des  Chri- 
'  steuthums  nicht  nur  nichts  geschah*),  sondern 
sogar  der  Boden  für  die  später  eintretende  Mis- 
I  sion  noch  härter  gemacht  war.    Jetzt  befinden 
'  sie  sich  in  Britischem  Besitz  (seit  1816).  Ba- 
j  thurst,  ein  Städtchen  von  schon  fast  Europäi- 
I  schem  Aussehen,  bildet  die  Hauptstadt.  Einige 
weiter  im  Innern  vom  Fluss  gebildete  Inseln 
gehören  ebenfalls  den  Engländern,  scheinen  aber 
dem  Europäischen  Verkehr  noch  nicht  sehr  nahe 
gerückt  zu  sein. 

Die  ersten  Missionsbestrebungen  von  Bedeu- 
tung auf  diesem  Gebiet  sind  mit  dem  Namen 
der  edlen,  für  Afrika's  Heil  begeisterten  Hanna 
Kilham  verknüpft  (seit  1823).  Noch  vor  der 
Anlegung  ihrer  Schulen  auf  der  Insel  S.  Mary 
hatte  auch  die  Wesleyanische  Methodisten-Mis- 
sion zu  Mandanary  begonnen,  die,  indessen  eben- 
falls nach  Bathurst  verlegt,  erst  sich  zu  ent- 
falten begann,  bis  sie  in  den  dreissiger  Jahren 
in  durchgi'eifenden  Erweckuugen  eine  Blüte  er- 
langte. In  jener  Zeit  kam  die  zweite,  auf  der 
[  MacCarthy-Insel  *•'")  (die  wir  in  grösserem  Maass- 
;  stabe  auf  dem  Karton  rechts  geben)  gegrün- 
dete Station  hinzu,  auf  der  sich  bald  eine  ver- 
j  hältnissmässig  zahlreiche  Gemeinde  sammelte. 
Später  wurden  noch  Stationen  zu  Barra  Point 
und  Kap  S.  Mary  angelegt  (vergl.  den  grös- 
sern Karton  links).  Indessen  bildet  das  Klima, 
das  schon  manchen  Missionar  in  ein  frühes  Grab 
gestreckt  hat,  ein  bedeutendes  Hinderniss  gegen 
den  erspriesslichen  Fortgang  des  "Werkes,  das, 
wie  schon  angedeutet,  auch  wegen  des  um  sich 
greifenden  Islam  einen  harten  Boden  hat.  Jetzt 
sind  hier  keine  Europäischen  Missionare  thätig. 
Des  Klima's  wegen  ist  das  "Werk  eingebornen 
Predigern  anvertraut.  Die  wenigen  Berichte,  die 

*)  Abgesehen  von  Versuchen  äusserlichcv  Ptlanzung 
der  katholischen  Kirche,  von  denen  auch  jetzt  noch  Spu- 
ren, doch  fast  völlig  in  das  Heidenthum  aufgegangen, 
übrig  geblieben  sind. 

**)  Den  auf  der  Karte  leider  stehen  gebliebenen  Stich- 
fehler  M=  Carty  woUe  man  daselbst  corrigiren ;  ebenso 
auf  dem  unteren  Karton:  Association  für  Assotiaton. 

1 


darüber  zu  uns  gelangen,  sind  meist  allgemein 
gehalten ,  doch  berichten  sie  von  Zuwachs  der 
Gemeinde,  die  auf  allen  Stationen  zusammen  im 
vorigen  Jahre  997  volle  Mitglieder  zählte. 

Zu  Bathurst  befindet  sich  auch  eine  katho- 
lische Mission  der  Kongregation  „des  heiligen 
Geistes  und  des  unbefleckten  Herzens  Maria" 
und  ein  Institut  der  Schwestern  „der  unbefieck- 
tcu  Empfiingniss". 

Die  Pariser  Missiousgesellschaft  (Sociute  des 
missions  evangeliques)  hat  vor  einigen  Jahren 
in  der  Fi'anzösischen  Besitzung  am  Casamance 
zu  Sedhiu  eine  Station  errichtet,  und  arbeitet 
daselbst  bereits  erfolgreich  unter  verschiedenen 
Stämmen.  Die  Station  befindet  sich  in  dem  be- 
nachbarten Dörfchen  Dagorne. 

Die  untere  Hälfte  unseres  Blattes  rechts  führt 
uns  auf  das  gegen  Südwesten  gelegene  nächste 
Missionsfeld  am  Kio  Pongas.  Hier  war  in  frü- 
herer Zeit  einer  der  Haupti)lätze  des  Sklaven- 
handels, der  bis  in  die  neueste  Zeit  in  den  man- 
nigfach verzweigten  Plussarraen,  die  das  Delta 
bilden,  immer  noch  dann  und  wann  einen  Schlupf- 
winkel zu  finden  scheint;  doch  ist  der  geord- 
nete Handel  mit  Landesprodukten  im  Wachsen, 
den  besonders  die  der  Mission  geneigten  Häupt- 
linge befördern.  Es  giebt  dort  mehrere  Franzö- 
sische Faktoreien.  Die  Bevölkerung  in  dieser 
Gegend  besteht  aus  Susus  (Sosos),  einem  vom 
Bio  jN^uuez  bis  zum  Scarcias  und  tief  ins  Innere 
wohnendeii  Stamme.  Nordwestlich  von  der  Mün- 
dung des  Bio  Pongas  Avohnt  ein  kleinerer  Stamm, 
die  Bagas,  der  mit  den  Bulloms  und  Timanis 
verwandt  sein  soll. 

Schon  um  den  Schluss  des  vorigen  Jahrhun- 
derts wirkten  hier  vorübergehend  zwei  Edin- 


burgcr  Missionare  zu  Kondaia.    Seit  1804  be- 
gann die  Church  Missionaiy  Society  mit  Deut- 
schen Missionaren  (meist  Schülern  von  Jäniche) 
'  die  Susu- Mission.    Bis  1818  hat  dieselbe  bc- 
'  standen;  15  Missionare  waren  in  derselben  thä- 
I  tig,  deren  7  dort  dem  Klima  zum  Opfer  fielen, 
j  Die  Stationen  waren  Bashia  und  Kanofi,  von 
wo  aus  auch  für  einige  Zeit  eine  Mission  auf 
den  Los-Inseln  und  in  dem  gegenüberliegenden 
Kapparu,  Gambier,  unterhalten  wurde.  Doch  die 
Feindschaft  der  Sklaveiihändler  liess  dies  Werk 
t  nicht  bestehen. 

!       Erst  im  Jahre  1855  ist  dasselbe  wieder  be- 
j  lebt  worden,  als  in  Westindien  in  kirchlichen 
1  Kreisen  ein  reger  Missionseifer  erwachte  und 
eine  eigne  Gesellschaft  sich  bildete,  die  Geist- 
liche Afrikanischer   Abstammung   nach  /  West- 
Afrika  als  Missionare  sendet*).  Dieselben  haben 
am  Pongas  eine  freundliche  Aufnahme  gefun- 
den,   besonders   durch  einen  Häuptling  Bich. 
Wilkinsou,  der  als  Jüngling  mit  zu  den  Schü- 
lern und  Bükehrten  der  ersten  Missionare  ge- 
hört hatte  und  nun  bis  zu  seinem  vor  einiger 
Zeit   erfolgten   Tode   der   Mission  wesentliche 
Dienste  geleistet  hat.   Es  bestehen  gegenwärtig 
zwei  Stationen  mit  459  Getauften.    Die  West- 
indische Gesellschaft  hat  ein  eignes  Missions- 
j  Seminar  (Codrington  College)  auf  Barbados  zur 
:  Ausbildung  ihrer  Missionai'e.  Die  Society  for  the 
I  Propagatiou  of  the  Gospel  unterstützt  ihr  Werk. 
I       In  neuester  Zeit  ist  die  Anlegung  einer  Sta- 
'  tion  auf  den  von  4-  bis  500  Susus  bewohnten 
'  Los-Inseln  ins  Auge  gcfasst  worden. 


*)  West  Indian  Association  for  Jlissions  in  West 
Äfrica;  Barbados. 


N".  8.  Sierra  Leone. 


Die  gebirgige  Halbinsel  Sierra  Leone  war 
schon  um  die  Mitte  des  15.  Jahrhunderts  den 
Portugiesen  bekannt,  von  denen  sie  ihren  Na- 
men erhielt,  wegen  der  mächtigen  Brandung, 
die  wie  mit  Löwenstimmen  das  äusserste  Kap 
umbraust.  Seit  dem  Aufblühen  des  Sklaven- 
handels wurde  sie  einer  der  bedeutendsten  Sta- 
pelplätze desselben.  Gegen  das  Ende  des  vorigen 
Jahrhunderts  dagegen  ging  sie  in  den  Besitz 
der  African  Company  über,  die  dort  Kolonien 
befreiter  Neger  anlegte,  deren  Zahl  durch  meh- 
rere nach  dem  Amerikanischen  Kriege  aufgelöste 
Negerregimenter  vermehrt  wurde.  1808  kam 
Sierra  Leone  an  die  Britische  Krone,  die  später 
auch  ein  weiteres  Gebiet  des  Timne-Landes  dazu 
erwai'b ,  in  neuester  Zeit  noch  die  westliche 
Hälfte  von  Quia,  das  ebenfalls  von  Timnes  be- 
wohnt ist.  Bis  auf  den  heutigen  Tag  wird  die 
Halbinsel  zur  Ansiedlung  der  von  Sklaven- 
schiffen befreiten  Neger  benutzt,  daher  die  ur- 
sprüngliche Timne-Bevölkerung  längst  von  einem 
Gemisch  der  verschiedensten  Westafrikanischen 
Völkerschaften  überwuchert  ist.  Über  100  oft 
sehr  von  einander  verschiedene  Dialekte  werden 
auf  dem  kleinen  Eaume  gesprochen,  doch  bildet 
ein  eigenthümlich  gefärbtes  Englisch  die  all- 
gemeine Umgangssprache. 

Das  Land  ist  sehr  fruchtbar,  doch  lassen 
die  bis  3000  Fuss  sich  erhebenden  Berge  wenig 
I  für  den  Ackerbau  geeigneten  Boden  übrig.  Da- 
I  her  wendet  sich  die  Bevölkerung  bei  weitem  mehr 
j  dem  Handel  zu,  und  nicht  wenige  Handlungs- 
häuser, die  ganz  selbstständig  von  Negern  geleitet 
werden,  haben  einen  weit  bekannten  Namen  er- 

i laugt.  Viele  Andre  fangen  klein,  als  Krämer  an 
und  erwerben  doch  mit  der  Zeit  ein  nicht  ge- 
ringes Vermögen.  Europäische  Kultur  in  allen 
ihren  Zweigen  finden  wir  in  Sierra  Leone  ein- 
gebüi'gert,  obwohl  Manches  noch  mit  derselben 
in  schneidendem  Kontrast  steht.  Die  angrenzen- 
den Gebiete,  wie  z.  B.  die  der  Bulloms  nörd- 
•  lieh  und  südöstlich  von  SieiTa  Leone,  sowie  die 
Timne-Länder  sind  den  Europäischen  Einflüssen 
noch  bei  weitem  weniger  zugänglich,  während 

Grundemiinn:  Missionsatlas.  I,  1. 


die  Muhammedanischen  bereits  grossen  Erfolg 
gehabt  haben.  Es  finden  sich  dort  schon  man- 
che ganz  muhammedanische  Städte.  Doch  sind 
diese  Länder  noch  immer  überwiegend  als  heid- 
nisch anzusehen.  An  vielen,  namentlich  Küsten- 
orten  finden  sich  Niederlassungen  christlicher 
Sierra  Leone-Leute,  welche  eine  geeignete  Ver- 
mittlung für  die  Wirksamkeit  der  Mission  in 
jenen  Gegenden  darbieten. 

Die  frühesten  Versuche  der  Mission  in  die- 
sem ganzen  Gebiet  wurden  bereits  zu  Ende  des 
vorigen  und  zu  Anfang  dieses  Jahrhunderts  un- 
ternommen, und  zwar  von  Baptisten,  Methodi- 
sten, der  Lond.  Miss.  Soc.  und  einigen  Schot- 
tischen Gesellschaften,  waren  aber  von  kurzer 
Dauer  und  scheinbar  ohne  Erfolg,  während  ei- 
zelne  Fälle  sogar  der  Missionssache  schwere 
Schmach  bringen  mussten.  Der  Church  Miss. 
Soc.  war  es  vorbehalten,  hier  zuerst  seit  1804 
eine  erfolgreiche  Wirksamkeit  zu  beginnen.  Un- 
ter ihren  ersten,  meist  Deutschen  Missionaren 
erwähnen  wir  nur  Nyländer,  Düring  und  John- 
son (Jansen).  Seit  1816  entfalteten  auch  die 
Methodisten  eine  ausgedehnte  Thätigkeit.  Die 
erstere  Gesellschaft  hat  bereits  vor  einigen  Jah- 
ren ihre  Stationen  grösstentheils  zur  selbststän- 
digen kirchlichen  Konstituirung  entlassen  können, 
was  um  so  leichter  geschehen  konnte,  da  Sierra 
Leone  seit  1852  eine  Kolonial-Diöcese  der  angli- 
kanischen Kirche  ist  mit  eignem  Bischof,  und 
das  theologische  Institut  an'  der  Fourah-Bai 
bereits  manchen  schwarzen  Geistlichen  gebildet 
hat.  Wo  noch  eigentliche  Missions-Stationen  je- 
ner Gesellschaft  bestehen ,  ist  auf  der  Karte 
überall  durch  Ch.  M.  S.  angedeutet.  In  Free- 
town  besteht  eine  nicht  geringe  Zahl  anglikani- 
scher und  Wesleyanischer  Kirchen,  die  meist 
nach  den  Stadtvierteln  und  Strassen  benannt 
werden,  wie  Pademba  Eoad,  Kissey  Eoad,  Kroo- 
town  (Ch.  M.  S.),  Ebenezer,  Zion,  Bathurst- 
street,  Gibraltartown ,  Buxton  Chapel  u.  a. 
(W.  M.  S.),  bei  deren  Erwähnung  in  den  Mis- 
sionsblättern (für  Neulinge  verwirrend)  oft  nicht 
hinzugefügt  wird,  dass  sie  in  Freetown  liegen. 

2 


Die  Namen  der  grösseren  Städte  werden  auf  den 
betreffenden  Distrikt  ausgedehnt,  in  dem  sich 
Ortschaften  verschiedenen  Namens  befinden,  die 
sich   aber  auch  in  andern  Distrikten  -wieder- 
holen, wie  z.  B.  Kossotown,  wodurch  man  sich 
ebenfalls  nicht  irre  machen  lassen  darf.    Von  ' 
den  zahlreichen  Plätzen,  an  denen  die  Wesl.  I 
Miss.  Soc.  wirkt,  konnten  wir  nur  die  haupt-  ' 
sächlichsten  anführen. 

Die  Lady  Huntingdon  Connexion  hat  eine 
nicht  geringe  Zahl  Bekenner  unter  den  Schwar- 
zen und  treibt  unter  den  noch  nicht  christiani- 
sirteu  Bewohnern  der  Kolonie  Mission,  —  wie 
dann  von  dort  aus  wieder  in  den  angrenzenden 
Ländern  missionirt  wii'd  (BuUom  Shore  [Strand] 
TindBompey  in  der  Sherboi-o-Gegend).  DieChurch 
Miss.  Süc.  hatte  in  dem  ersteren  Gebiet  bereits  j 
eine  vorübergehende  Thätigkeit,  1812  bis  1818, 
die  in  neuerer  Zeit  wieder  aufgenommen  ist  und 
guten  Erfolg  verspricht.  Ähnlich  unter  den  Tim- 
nes  zu  Magbele  1833  und  zu  Port  Lokkoh  seit 
1840,  von  wo  später  die  Mission  nach  dem  er- 
steren Ort  wieder  verlegt,  aber  1860  in  Folge 
von  Kriegsereignisseu  abgebrochen  werden  musste. 
Jetzt  wird  dieselbe  zugleich  mit  der  in  Quia 


erst  begonnenen  vorläufig  von  dem  noch  in  Wa- 
terloo wohnenden  Europäischen  Missionar  wieder 
kräftiger  betrieben.  Die  United  Methodist  Free 
Church  missionirt  an  mehreren  Orten  unter  Lei- 
tung eines  Europäischen  Arbeiters,  der  nach  den 
neuesten  Berichten  zurückkehren  musste. 

Aussei'dem  hat  die  Foreign  Evangelist  So- 
ciety in  Sierra  Leone  eine  Thätigkeit  begonnen, 
über  die  noch  kein  ausführlicher  Bericht  vor- 
liegt. Die  Society  for  Promoting  Female  Edu- 
cation  in  the  East  hat  ebenfalls  dort  einige 
Mädchenschulen,  Asyl  u,  s.  w. 


Im  Jahre  1860  bestand  die  Bevölkerung  von 
Sierra  Leone  aus  41,624  Seelen,  darunter  250 
Weisse. 

Aus  der  Statistik  der  Denominationen  be- 
merken wir   12,954  Anglikaner, 

15,170  Methodisten  (3600  Afrika- 
ner, die  übrigen  Wes- 
leyaner), 

2,146  Lady  Huntingdon  Connexion, 

60  Katholiken, 
1,734  Muhammedaner, 
3,351  Heiden. 


M  issuiiiN  -  All:is 


GOTHA  :Jr^ 


Afrika  VV  l. 


i'KRTHKS. 


N".  4.  Liberia  nebst  der  Slierboro-  und  Mendi-Gegeud. 


Die  Eepublik  Liberia  verdankt  ihren  Ur- 
sprung der  regen  christlichen  Fürsorge,  mit  der 
man  iu  den  Vereinigten  Staaten  das  Loos  der 
dort  frei  gewordenen  Neger  zu  verbessern  suchte. 
Schon  zu  Anfang  dieses  Jahrhunderts  war  ihrer 
eine  grosse  Zahl,  zerstreut,  gewerblos  und  in 
grösstera  Elende  lebend,  denen  mau  durch  Rück- 
versetzung  in  ihr  Westafrikanisches  Vaterland 
am  besten  aufhelfen  zu  können  meinte.  Erst 
1817  kam  für  diesen  Zweck  eine  Gesellschaft 
zu  Stande,  die  nach  zwei  Jahren  ihre  Koloni- 
sationsversuche auf  der  Sherboro-Insel  begann, 
doch  mit  sehr  unglücklichem  Erfolg.  Die  zweite 
Sendung  ging  1821  nach  dem  Kap  Mesurado, 
wo  die  Anlegung  der  Stadt  Monrovia  gelang, 
die  in  der  Folge  Hauptstadt  der  anfänglich  un- 
ter vielen  Schwierigkeiten,  doch  stetig  wachsen- 
den Kolonie  Liberia  wurde,  welche  sich  unter 
der  Leitung  der  oben  genannten  Gesellschaft 
allmählich  zu  einer  selbstständigen  Republik  ge- 
staltete und  sich  vom  Rio  Gallinas  im  Nordwesten 
bis  jenseit  des  Kap  Palmas  im  Südosten  ausdehnte. 
Gegenwärtig  umfasst  dieselbe  eine  civilisirte  Af- 
rikanische Bevölkerung  von  etwa  19,000  See- 
len. Die  ursprünglichen  Bewohner  jener  Gegen- 
den, die  in  verschiedene,  auf  der  Karte  angege- 
bene Stämme  zerfallen,  haben  sich  grösstentheils 
der  Regierung  unterworfen,  wenigstens  so  viele 
an  der  Küste  und  etwa  bis  zu  zehn  Meilen  ins 
Innere  ihre  Wohnsitze  haben.  Ihre  Seelenzahl 
soll  sich  auf  eine  halbe  Million  belaufen.  Nur 
unter  Einem  dieser  Stämme,  den  Veys,  hat  der 
Muhammedanismus  Wurzel  gefasst. 

Unter  diesen  Umständen  hat  die  Mission 
hier  eine  doppelte  Aufgabe:  einmal,  unter  denr 
Liberianern  geordnete  kirchliche  Zustände  her- 

Grundemann:  Mitaionaatlas.  I.  1. 


beizuführen  und  aufrecht  zu  erhalten,  andrer- 
seits, unter  den  eingebornen  noch  heidnischen 
Negern  das  Christenthum  einzuführen.  Ver- 
schiedene Gesellschaften  sind  nach  beiden  Sei- 
ten hin  thätig.  —  Die  ersten  Missionsbestre- 
bungen fallen  mit  der  Gründung  der  Kolonie 
zusammen,  doch  stehen  sie  nur  vereinzelt  da. 
Einen  weiteren  Versuch  machte  die  Baseler  Mis- 
sionsgesellschaft 1827,  der  aber  schon  1831, 
nachdem  theils  zu  Monrovia,  theils  zu  Bassa 
Cove  nicht  ohne  guten  Einfluss  gewirkt  worden 
war,  des  Klima's  wegen  abgebrochen  werden 
musste.  Von  acht  Arbeitern  waren  vier  dem- 
selben erlegen. 

Andauernder  waren  die  Arbeiten  Amerika- 
nischer Gesellschaften.  Die  American  Baptist 
Missionary  Union  wirkte,  nachdem  sie  früher 
schon  einzelne  Arbeiter  nach  Liberia  geschickt, 
nameatlich  unter  den  Bassas.  Doch  auch  diese 
Mission  ging  im  vorigen  Jahrzehnt  allmählich 
zu  Ende.  Der  American  Board  begann  1835  am 
Kap  Palmas,  doch  wurden  die  Stationen  1844, 
da  die  Arbeiter  sich  nach  dem  Gabun  begaben, 
an  die  bereits  mehrere  Jahre  unter  den  Grebos 
wirkende  Protestant  Episcopal  Mission  überlas- 
sen, die  jetzt  am  Kap  Palmas  sowie  unter  den 
Stämmen,  die  östlich,  und  selbst  unter  denen, 
die  weit  im  Innern  wohnen,  eine  ausgedehnte 
und  gesegnete  Thätigkeit  hat.  Hier  fasst  diese 
Mission  besonders  die  noch  heidnischen  Ein- 
gebornen ins  Auge,  während  sie  auf  den  wei- 
ter nordwestlich  gelegenen  Stationen,  die  auf 
der  Karte  angegeben  sind,  sich  mehr  den  Libe- 
rianern zuwendet.  Letzteres  gilt  vorzugsweise 
auch  von  der  Methodist  Episcopal  Mission,  die 
neben  den  auf  der  Karte  vermerkten  Haupt- 


Stationen  noch  viele  Nebenstationen  hat;  doch 
wirkt  auch  sie  unter  den  Golas  und  unter  den 
Kwias.  Aus  dem  voi'igen  Jahrzehnt  wird  auch 
von  zahh-eichen  Stationen  der  Southern  Baptist 
Convention  (fast  an  allen  bedeutenden  Plätzen 
Liberia' s)  berichtet;  doch  war  es  uns  trotz  aller 
Anstrengung  nicht  möglich,  zu"  erfahren,  ob  diese 
Mission  noch  besteht  oder  wie  sich  dieselbe  ge- 
staltet hat. 

Nur  aus  einer  flüchtigen  Andeutung  ersehen 
wir,  dass  auch  Amerikanische  Lutheraner  in  der 
Nähe  von  Monrovia  eine  Mission  haben  sollen; 
doch  ist  uns  auch  darüber  etwas  Näheres  zu 
erfahren  nicht  gelungen. 


In  der  Sherboro-  *)  und  Mendi-Gegend  **)  be- 
steht seit  1842  eine  Mission  der  späteren  Ame- 
rican Missionary  Association.  Die  sonst  oft  ge- 
nannten Stationen  Kaw  Mendi  und  Mo  Tappan 
sind  in  dem  letzten  Jahresbericht  der  Gesell- 
schaft nicht  erwähnt  und  es  scheint  sich  die 
ganze  Thätigkeit  auf  Good  Hope  und  die  Aus- 
senstationen  zu  beschränken.  Auch  die  Church 
Missionary  Society  hat  in  Bendo  eine  Schule  un- 
ter einem  farbigen  Lehrer. 

*)  Öfter  geschrieben  Sherbro ;  der  Original  -  Name 
soll  Shebar  sein. 

**)  Diese  Gegenden  gelten  als  Brittische  Besitzungen, 
doch  werden  sie  bis  an  den  Sherboro-Fluss  auch  von 
Liberia  beansprucht. 


V.. 


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SKLAVEN.  KÜSTE 

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^ff^s/fttm .  Jfiss.  Sor 
Stmm  ^Eruntf.Jfiss.  Oes  zu  Basel. 
I     *  I    ^tfrdäeiffsrhe  J/rss  Oes. 
iL    "J    Briiisfher  Hesiir.  resyt.  Protection 

attische  J'hi'ts 
#    HffJlmulisrite  .. 
.fet.  -  FetisrJtplatx 
S.F.    S/Jin-c/t  Purff»rt'i 
Besondere  X<mie    der  ^li-e  SpraeJie  ■ 

n  ^  ng.      s  =  seJi .    j[-  =  ch  . 
an  stharf  gehaaidiAer  XippenJ^ad,  fast  kt>  „  i 
e  ( frOitxJ 

vrie  das    dunkle ^a."  eirvi^er  deuisdun Mialekie 


PERTHES 


N".  5.  Die  Goldküste  und  der  westliche  Theil  der  Sklavenküste. 


Die  Goldküste  bietet  eine  eigenthümliche  Er- 
scheinung dar  durch  die  zahh'eicheu  Forts  Eu- 
ropäischen Ursprungs,  mit  denen  sie  eingefasst 
ist  und  die  von  der  Ausdehnung  des  Handels, 
dem  sie  zum  Schutze  dienen  sollten,  Zeugniss 
geben.  Jetzt  stehen  die  meisten  als  Ruinen  ne- 
ben den  aus  viereckigen  Lehmhäusern  beste- 
henden Negerdörfern.  Wenige  werden  von  den 
Holländern  gehalten ,  mehr  von  den  Engländern, 
in  deren  Besitz  auch  die  früher  Dänischen  über- 
gegangen sind  (seit  1851).  Der  Hauptsitz  der 
Englischen  Macht  in  diesen  Gegenden  ist  Cape 
Coast  Castle.  Die  sämmtlichen  Küstenstämme 
stehen  unter  Britischer  Protektion.  —  In  land- 
schaftlicher Hinsicht  sondert  sich  der  erste  Kü- 
stenstrich mit  seinen  unfruchtbaren  Sandtiächen 
und  einzelnen  Büschen  sowie  zalilreicheu  mäch- 
tigen Termitenhaufen  deutlich  von  der  folgenden 
Zone,  in  der  ein  Hügelland  mit  dichten  Wäl- 
dern und  üppig  gedeihenden  Plantagen  vorwal- 
tet. Weiter  landeinwärts  beginnt  Gobirgsland 
von  nicht  unbedeutender  Erhebung. —  Das  Klima 
ist  eines  der  gefährlichsten  für  den  Europäer, 
und  fast  keinem  bleibt  das  oft  tödtliche  Küsten- 
fieber erspart. 

Die  eingeborne  Bevölkerung  ist  verhältniss- 
mässig  stark.  Sie  zerfällt  ethnographisch  in 
mehrere  Stämme  mit  mehr  oder  weniger  ver- 
schiedenen Dialekten,  deren  Verwandtschaft  eini- 
germaassen  durch  das  Kolorit  auf  der  Karte  an- 
zudeuten versucht  ist.  In  politischer  Beziehung 
ist  die  Zersplitterung  in  zahlreiche  kleine  Stämm- 
chen mit  je  eignem  Oberhaupte  (?)  noch  grösser. 
Jenseit  des  Küstengebietes  liegt  das  starke  Kö- 
nigreich Ashanti,  das  den  Einflüssen  Britischer 
Macht  und  Civilisation  noch  immer  mit  Erfolg 
Trotz  bietet  und  eine  Burg  heidnischer  Greuel 
und  Unmenschlichkeiten  bildet.  In  früheren  Zei- 
ten florirte  an  der  ganzen  Goldküste  neben  dem 
Handel  mit  Goldstaub,  der  dorther  kommt,  der 
Sklavenhandel.  Nach  der  Beseitigung  des  letz- 
teren soll  der  Handelsverkehr  überhaupt  ab- 
genommen haben.  Am  meisten  soll  er  jetzt  von 
Amerikanern  betrieben  werden,  die  den  Gold- 

Grundemann:  Missionsatlas.  I,  1. 


staub  gegen  die  ausschliesslich  von  Ashanti  ge- 
forderten Artikel :  Rum,  Tabak  und  Schiesspulver, 
eintauschen  lassen. 

Die  ersten  Anfänge  der  Mission  auf  der  Gold- 
küste wurden  vor  hundert  Jahren  von  der  Brü- 
dergemeinde gemacht,  nachdem  fast  ein  zweihun- 
dertjähriger Verkehr  der  Europäer  von  einer  aus- 
gedehnten Mission  der  schändlichsten  Laster  be- 
gleitet war,  deren  Nachwirkungen  bis  auf  den  heu- 
tigen Tag  der  Mission  des  Evangeliums  die  grössten 
Hindernisse  entgegensetzen.  Jener  Versuch  war 
aber  sehr  vorübergehend,  da  die  neun  Sendboten 
bald  dem  Fieber  erlagen.  Einzelne  Missionsunter- 
nehmungen auch  von  Englischer  Seite  finden  sich 
um  dieselbe  Zeit,  doch  ohne  nachhaltigen  Er- 
folg. Erst  1834  traten  die  Wesleyanischen  Me- 
thodisten in  dieses  Arbeitsfeld  ein,  zu  Cape  Coast 
Castle,  von  wo  aus  eine  nicht  geringe  Zahl  von 
Gemeinden,  namentlich  aus  dem  Fanti-Stamme, 
gesammelt  ist.  Es  sind  dort  jetzt  bereits  viele 
eingeborne  Prediger  thätig.  Eine  Zeit  lang  war 
diese  Wirksamkeit  sogar  bis  nach  Kumasi,  der 
Hauptstadt  Ashanti's,  ausgedehnt,  doch  sind  die 
Stationen  schon  längst  wieder  verlassen,  und 
Bemühungen  in  den  letzten  Jahren,  sie  wieder 
aufzunehmen,  waren  vergeblich.  Die  Zahl  der 
Wesleyanischen  vollen  Gemeindeglieder  ist  (1865) 
1555  unter  acht  Missionaren,  iresp.  Hilfsarbeitern. 

Schon  1828  waren  auch  Baseler  Missionare 
nach  der  Goldküste  gekommen,  doch  die  meisten, 
um  fast  sogleich  vom  Klima  dahingerafft  zu 
werden.  Eine  nachhaltigere  Wirksamkeit  dieser 
Gesellschaft  beginnt  erst  zu  Anfang  der  vier- 
ziger Jahre,  wo  man  eine  Kolonie  christlicher 
Neger  aus  Westindieu  unter  Beihilfe  der  Däni- 
schen Regierung  zu  Akropong  anlegte.  Obgleich 
dem  Werke  auch  von  da  an  viele  Hindernisse 
im  Wege  standen,  ist  es  doch  beständig  gewach- 
sen, und  die  Karte  kann  eine  ganze  Reihe  von 
Stationen  unter  verschiedenen  Stämmen  verzeich- 
nen. (In  Akuapim  wird  der  Otschi-Dialekt  ge- 
sprochen, mit  dem  der  von  Akim  verwandt  ist. 
Der  Akkra-  oder  Ga-Dialekt  steht  jenem  ferner, 
doch  ist  er  mit  dem  vom  benachbarten  Adangme 

4 


verwandt.  Iü  beide  Dialekte  sind  Theile  der 
heiligen  Schrift  übersetzt.)  Die  Zahl  der  Ge- 
meiudcglicder  ist  (1866)  1018  unter  33  Europäi- 
schen Arbeitern. 

Östlich  von  dem  mächtigen  Volta-Stromc  liegt 
die  Sklavenküste,  auf  der  sich  noch  manche  ver- 
lassene neben  einigen  noch  bestehenden"''')  Skla- 
venfaktoreien befinden.  Charakteristisch  für  diese 
Gegenden  sind  die  grossen,  liinter  der  Küste  sich 
ausdehnenden  Lagunen,  die,  zum  Theil  zu  Zeiten 
trocken,  weite  Flächen  einnehmen,  deren  Gren- 
zen hie  und  da  noch  sehr  fraglich  sind.  Die 
Bevölkerung  gehört  dem  Ewe-Stamme  an,  dessen 
östliche  Hälfte  das  berüchtigte  Königreich  Da- 
home  ausmacht,  während  die  westliche  in  un- 
zählige kleine,  von  einander  unabhängige  Stäram- 
chen  zerfällt,  die  oft  nur  3  bis  4  oder  10  bis 
12  Dörfer  umfassen.  Die  meisten  der  betref- 
fenden Namen**)  auf  der  Karte  bedeuten  nicht 
einzelne  Ortschaften,  sondern  solche  Stämmchen. 


*)  Trotz  der  Englischen  Kreuzer  wird  von  -Whyda 
und  einigen  andern  Punkten  (?)  noch  immer  Sklavenhandel 
betrieben. 

**)  Wir  konnten  für  dieselben  durchgängig  die  Schreib- 


Dieselbeu  gruppiren  sich  wieder  zu  mehi'eren, 
verschiedene  Dialekte  sprechenden  Äbtheilungen. 

I  Hier  hat  die  Norddeutsche  Missionsgesellschaft  ihre 
Stationen.  1847  begann  sie  die  Arbeit,  zunächst 
in  Pekyi,  das  aber  wegen  Kriegsunruhen  später 
wieder  aufgegeben  werden  musste.  Seit  1854 
wurde  Keta  die  Station,  von  der  aus  die  Wirk- 
samkeit sich  wieder  nach  dem  Innern  aus- 
dehnte. Die  Mission  hat  viele  Opfer  gekostet, 
ist  aber  in  gutem  Fortgange.  Unter  15  Euro- 
päischen Arbeitern  befinden  sich  119  Getaufte, 
von  denen  28  Kommunikanten  sind. 

Zu  Whyda  f  Weida J  und  Popo  haben  auch 

\  die  Wesleyanischen  Methodisten  Stationen  unter 
einem  eingebornen  Geistlichen,  doch  spricht  der 
neuste  Jahresbericht   vom  Zustande  derselben 

!  nicht  sehr  ermuthigend. 

{  Dort  besteht  endlich  eine  katholische  Mis- 
sion der  Jesuiten,  und  seit  1860  ist  Dahome, 

I 

in  dessen  Hauptstadt  Abome  dieselben  ebenfalls 
eine  Station  haben,  zum  apostolischen  Vikariat 
erhoben. 

I  

art  nach  dem  für  die  Ewe-Sprache  eingeführten  Alphabet 
anwenden. 


Afrika  XV  »1. 


DIE 

O  KU  LÄNDER 

( TORI  BA 

i.M.  l:  l,ÖO0,O0rt 


Cfntrch  Alhsion  <wr  So(  ict\' 

Arurric.  Saittfirt'n  fta/tfist  (bttve/tt,  J/..V" 
Urii.  tle.iHrtifi  qrti . 
fyr/rr  ßr/f.  t*rntrcHoii . 
Xur  Ort/to</ra/fhiv 

f       <■  (fran-x.) 

a      <tn   f/fr/rrrrcf  tirutsrfieii  Düllrßtfe 
o(/.  efitfi.  „(tM'in  l<nr. 


Plsiii  von  Abeokiila 


=F 

1 


N".  6.  Die  Oku-Läuder  (Yömba). 


Unter  dea  ^Tarnen  Oku  *)  -  Länder  begreifen 
wir  die  Wohnsitze  der  östlichen  Zweige  jenes 
West-Afrikanischen  Volksstammes,  Jessen  west- 
liche Abtheilung  im  Ewc-Gebiet  (wozu  im  wei- 
teren Sinne  auch  Dahome  gehört)  schon  auf 
dem  vorigen  Blatte  gegeben  ist.  Wie  dort, 
so  treten  uns  auch  hier  mehrere  dialektisch 
verscliiedene  ethnographische  Abtheilungen  ent- 
gegen, die  auf  der  Karte  durch  besonderes  Ko- 
lorit hervorgehoben  sind.  Unter  denselben  wa- 
ren früher  die  Ydrubas  die  bedeutendsten,  die 
bis  zum  Anfang  dieses  Jahrhunderts  ein  gros- 
ses Reich  hatten,  das,  bis  zum  iS'iger  sich 
erstreckend,  an  Macht  mit  Dahome  und  As- 
hanti  wetteiferte.  Auch  die  übrigen  Stämme 
waren  ihnen  unterworfen.  Das  alte  Oyo  war 
die  Hauptstadt.  Zu  Anfang  dieses  Jahrhun- 
derts begannen  die  muhammedanischen  Fella- 
tas  in  jene  Gegenden  einzudringen  um,  an 
Zwistigkeiten  einzelner  Stämme  anknüpfend,  all- 
mählich in  blutigen  Kriegen  die  wohlbevölkerten 
und  bebauten  Länder  in  Wüsten  zu  verwandeln, 
wobei  der  Sklavenhandel  seinen  höchsten  Auf- 
schwung nahm.  Bis  in  das  zweite  Jahrzehnt 
dauerten  diese  Verheerungen,  bis  die  Eindring- 
linge als  unbestrittene  Herren  des  Gebietes  um 
Illorin,  das  sie  zur  Hauptstadt  machten,  ihre 
Macht  koncentrirten,  während  weite  Gebiete  ganz 
wüst  blieben  und  sich  nur  an  einzelnen  Orten 
die  Uberreste  der  aufgeriebenen  Stämme  wieder 
sammelten.  Aus  dieser  Geschichte  erklärt  sich 
die  eigenthümliche  Erscheinung  dieser  Gegenden. 
Die  ausgedehnten  Ebenen,  aus  denen  nur  hie 
und  da  malerische  Gruppen  von  schroffen  Por- 
phyrfelskegeln**) aufragen,  zeigen  verhältniss- 
mässig  wenig  Wald,  der  schon  vor  Zeiten  der 
Kultur  gewichen,  —  doch  unabsehbare  Prairien, 


*)  Der  Name,  von  einem  eigentliümlichen  Gruss  ent- 
lehnt und  zum  Theil  von  andern  Stämmen  als  Spitzname 
gebraucht,  mag  nicht  ganz  bezeichnend  erscheinen,  doch 
ist  er  jedenfalls  für  die  ethnographische  Betrachtung  zweck- 
mässig. 

**)  Nach  Andern  Granit. 
Grundemann ;  Missionsatlas.  I,  1. 


mit  mannshohem  Grase  bestanden,  zwischen 
dem  sich  nur  schmale  Pfade  hindurchwinden, 
nehmen  die  Stelle  der  einst  mit  Fleiss  bebauten 
Flüren  ein.  Oft  führen  jene  schmalen  Pfade 
über  niedrige  Lelimhügel,  auf  denen  die  Canna 
indica  mit  ihren  breiten  dunkelen  Blättern  und 
rotheu  Blumen  üppig  wuchert;  doch  sie  kündet 
dem  Wandrer  nur,  dass  er  über  die  Stätte  einst 
blühender  Städte  und  Dörfer  hinschreitet,  deren 
Lehm-Wälle  und  -Wäude  die  Regenzeit  man- 
cher Jahre  in  jene  formlosen  Huinen  verwandelt 
hat.  An  andern  Orten  findet  sich  auch  wiederum 
Gebüsch  anstatt  der  eben  erwähnten  Prairien. 

So  ausgedehnt  aber  auch  jene  Verödung  nach 
Verlauf  fast  eines  halben  Jahrhunderts  ist,  so 
hat  sich  doch  allmählich  wieder  eine  in  schnel- 
lem Aufschwünge  begriffene  Kultur  eingestellt. 
Die  Peste  der  aufgeriebenen  Stämme  sammelten 
sich  bald  an  geeigneten  Orten,  wie  namentlich 
die  der  Egbas  in  Abeokuta*),  das  ein  Konglo- 
merat von  nicht  weniger  als  130  Städten  bil- 
det, die  in  den  Pesten  ihrer  Bewohner  zwischen 
den  Felsen  dort  eine  Zuflucht  fanden  und  bei 
selbststäudiger  Verfassung,  aber  unter  gemeinsa- 
mem Oberhaupte,  eine  neue  sociale  und  politische 
Entwicklung  begannen.  Ähnlich  fanden  sich  zu 
Ibadan  Überreste  von  Yo'rüba-Städten  zusam- 
men und  bildeten  ein  eignes  Gemeinwesen,  wäh- 
rend das  alte  Ydrüba-Peich  (obwohl  nur  als 
Schatten  von  dem,  was  es  einst  war)  wieder 
hergestellt  wurde  mit  der  Hauptstadt  zu  Ago- 
Oja,  die  nach  der  ehemaligen  auch  wohl  Oyo 
genannt  wird.  Der  König  behauptet  eine  wie- 
wohl nur  lose  Herrschaft  über  die  andern  all- 
mählich sich  erhebenden  Ydrüba-Städte.  —  Am 
schnellsten  gelangte  Abeokuta  zur  Blüte,  das 
schon  vor  mehr  als  zwanzig  Jahren  gegen 
100,000  Einwohner  zählte  und  sich  in  weitem 
Umkreise  mit  reichen  Fruchtfeldern  und  Plan- 


*)  Man  halte  es  fest,  dass  die  Bewohner  von  Abeo- 
kuta nicht  Yörübas  sind,  wie  häufig  angegeben  wird, 
durch  welche  Verwechselung  aber  ihr  politisches  Verhält- 
niss  z.  B.  zu  Ibadan  unverständlich  wird. 

5 


tagen  umgebeu  hatte.  Um  jene  Zeit  war  auch  ! 
das  Evangelium  bereits  dorthin  gedrungen,  durch 
mehrere  Schaaren  von  Egbas,  die,  aus  der  Skla- 
verei befreit,  in  Sierra  Leone  Christen  geworden  [ 
und  von  dort  nach  längerem  Aufenthalte  in  ihre  l 
Heimat  zurückkehrten.  Auf  ihren  Wunsch  folg- 
ten Missionare  der  Englisch-kirchlichen  Gesell- 
schaft, die,  wie  bekannt,  bereits  wichtige  Erfolge 
gehabt  und  ihr  Werk  auf  verschiedene  Statio- 
nen, die  auf  der  Karte  angegeben,  ausgedehnt 
haben.  Bedroht  war  diese  Mission  mehrere  mal 
durch  die  feindlichen  Dahoraier,  die  aber  1857 
und  1863,  das  letzte  Mal  unter  theilweiser  Auf- 
reibung ihrer  sonst  gefürchteten,  10,000  Mann 
starken  Armee,  von  den  Egbas  zurückgeschlagen 
wurden.  Doch  ist  ein  andrer  Krieg  seit  meh- 
reren Jahren  ein  bedeutendes  Hinderniss  für 
diese  Mission,  nämlich  der  zwischen  den  Egbas 
und  Ibadan,  wobei  das  mit  ersteren  verbündete 
Ijaye  von  letzteren  zerstört  wurde.  Der  Krieg 
dauert  bis  jetzt  fort  und  macht  die  Wege  un- 
gangbar. In  Abeokuta  selbst  sind  die  Missionare 
auf  vier  Stationen  in  Thätigkeit.  Auch  die  Wes- 
leyan.  Methodisten  haben  dort  seit  geraumer 
Zeit  eine  Station. 

An  der  Küste  dient  Lagos  dem  Werke  in 


jenen  Gegenden  als  Basis*),  besonders  seitdem 
diese  alte  Burg  des  Sklavenhandels  vollständig 
Britische  Besitzung  geworden  ist.  Unter  der  ge- 
mischten Negerbevölkerung  daselbst  findet  die 
Mission  günstigen  Boden  und  schon  hat  die 
Church  Miss.  Soc.  dort  drei  Stationen  (auch 
Bread  fruit  Station  scheint  in  der  Stadt  selbst 
oder  wenigstens  auf  der  Insel  zu  liegen).  Auch 
hat  der  voi'  einigen  Jahren  eingesetzte  Bischof 
Crowther  dort  seinen  Sitz.  Ota  gehört  dahin  als 
Aussenstation.  Die  Wesleyan.  Methodisten  haben 
ebenfalls  eine  beträchtliche  Gemeinde  in  Lagos; 
an  andern  Küstenpunkten  scheint  unter  vorwie- 
gender Popo-Bevölkerung  das  Werk  weniger  er- 
giebig zu  sein. 

Eine  dritte  Gesellschaft,  die  Southern  Bap- 
tist Convention,  begann  zu  Anfang  des  vorigen 
Jahrzehntes  ihre  Wirksamkeit  in  den  Oku-Län- 
dern  und  hatte  bald  mehrere,  weit  nach  dem 
Innern  vorgeschobene  Stationen,  welche  die  Karte 
zeigt.  In  Folge  des  Amerikanischen  Krieges  schei- 
nen dieselben  aufgegeben  zu  sein ,  doch  war  es 
uns  unmöglich,  über  diese  Mission  wie  über- 
haupt über  jene  Denomination  in  neuester  Zeit 
irgend  welche  sichere  Mittheilungen  zu  erhalten. 

*)  Anfänglich  hatte  Badagry  diese  Aufgabe. 


Miss  ioiis -Alias 


A&oIg«  S':  7. 


CrUTHA:  JUSTUS  PERTHES-. 


N".  7.  Die  Missions-Gebiete  am  Niger,  Alt-Calabar  und  Cameruns. 


Die  Niger-Mission  verdankt  ihren  Ursprung  j 
den  Expeditionen,  welche  zur  Beförderung  Eu-  i 
ropäischen  Handels  und  Industrie,  als  wirksamen  | 
Mittels  zur  Unterdrückung  des  West-Afrikani-  I 
seilen  Sklavenhandels,  auf  der  tief  ins  Innere  I 
reichenden  Wasserstrasse  jenes  Stromes  von  Eng- 
land aus  unternommen  wurden.  Hierdurch  er- 
hielt dieses  Werk  sein  eigenthlimliches  Gepräge. 
Es  blieben  nur  eingeborne  Lehrer  aus  Sierra 
Leone  auf  den  Punkten  zurück,  auf  denen  die 
Missionare  der  Englisch-kirchlichen  Gesellschaft, 
welche  die  Expeditionen  von  1857  begleiteten, 
solche  zu  Stationiren  von  den  betreffenden  Häupt- 
lingen die  Erlaubniss  erlangten.  Es  war  schon 
viel  für  die  Sache  gewonnen  dadurch,  dass  diese 
Männer  in  ihrer  einsamen  Stellung,  mitten  unter 
jenen  Heidenvölkern,  in  deneu  auch  bereits  der 
Muhammedanismus  durch  I^upe-Ansiedler  seine  i 
Vertreter  hat,  nicht  allein  selbst  staudhafte  Be- 
kenner ihres  Glaubens  blieben ,  sondern  sogar 
der  Art  missioniren  konnten,  dass  1861  in  Onit- 
sha  und  Igbebe  sich  eine  Anzahl  Taufkandida- 
ten vorfand.  Seitdem  sind  an  diesen  Orten 
christliche  Gemeinden  gegründet,  die  durch  re- 
gelmässige Besuche  des  nunmehrigen  Bischofs 
Crowther  gefördert  werden.  Derselbe  pflegt 
das  von  Eernando  Po  den  Niger  hinaufgehende 
Dampfschilf  zu  benutzen,  welches  die  Verbin- 
dung mit  den  angelegten  industriellen  Anlagen 
aufrecht  zu  erhalten  hat.  In  den  letzten  Jahren 
ist  auch  unmittelbar  an  der  Nun-Mündung,  durch 
welche  die  Fahrt  geht,  eine  Station  in  Akassa 
gegrändet,  um  eine  Basis  für  die  oberen  Sta- 
tionen zu  bilden.  Bisher  scheint  dort  unter  den 
Küstenstämmen  ein  weniger  erfolgreicher  Boden 
als  im  Innei-n.  Im  Ganzen  zählt  die  Niger-Mis- 
sion nach  dem  letzten  Jahresbericht  202  ein- 

Grundemann  :  Miasionsatlas.  I,  1. 


j  geborne  Christen,  unter  denen  76  Kommunikan- 
j  ten.  Neuerlich  sind  Idda  und  Lokoja  als  Statio- 
j  neu  hinzugekommen  ;  Igbebe  dagegen  wurde  zer- 

I  stöi't,  doch  fanden  die  Vertreter  der  Mission  mit 

j 

!  den  Bekehrten  in  Lokoja  eine  Zufluchtsstätte. 
Diese  letzteren  Verhältnisse  konnten  auf  der 
Karte  nicht  mehr  angegeben  werden.  Benny  ist 
zunächst   mit   einem    eingebornen   Lehrer  als 
Station  besetzt  worden. 

Die  Küste  der  Bucht  von  Biafra,  östlich  von 
den  Mündungen  des  Niger,  ist  seit  Jahrhunder- 
ten schon  im  Verkehr  mit  Europäern  gewesen. 
Der  einst  auch  hier  betriebene  Sklavenhandel 
ist  dem  in  neuei'er  Zeit  stark  aufblühenden  Han- 
del namentlich  mit  Palmöl  gewichen,  daher  man 
auch  bezeichnend  diese  Gegend  die  Palmölküste 
genannt  hat.  Die  Hauptplätze  dieses  Handels 
j  befinden  sich  an  der  breiten  Mündung  des  Alt- 
Calabar  (Gross  River)  oder  an  den  vielfach  ver- 
zweigten Wasser-Armen,  die  dieselbe  mit  dem 
Hauptstrom  verbinden.  Hier  haben  auch  die 
United  Presbyterians  in  Schottland  eine  vor 
20  Jahren  begonnene  Mission,  die  jetzt  die  fünf 
auf  der  Karte  angegebenen  Stationen  umschliesst. 
Auf  denselben  stehen  sieben  ordinirte  Missio- 
nare, ein  Buchdrucker  u.  s.  w.  Die  ganze  heilige 
Schrift  ist  bereits  in  die  dort  herrschende  Efik- 
Sprache  übersetzt  worden ;  auf  die  Heranbildung 
Eingeborner  zum  Missionsdieust  wird  besondre 
Sorgfalt  verwendet. 

Die  Camerüns-Mission  gehört  den  Englischen 
Baptisten  an.  Dieselben  hatten  1841  auf  der 
Insel  Fernando  Po  ihre  Arbeit  begonnen  und 
bald  Erfolge  gehabt,  so  dass  die  Gemeinde  zu 
Carence  gegen  80  Mitglieder  zählte.  1845  je- 
doch machte  Spanien  seine  Ansprüche  auf  die 
Insel  geltend  und  vertrieb  die  evangelischen  Mis- 

6 


sionare  aus  ihrem  Ärbeitsfelde.  Eine  Anzahl 
der  Bekehrten  folgte  den  letzteren  nach  dem 
gegenüberliegenden  Festlande.  Sie  Hessen  sich 
iu  Bimbia  (King  William's  town)  nieder,  wo 
schon  früher  eine  Mission  unter  den  Isubus  be- 
absichtigt war.  Von  hier  aus  dehnte  sie  sich 
weiter  östlich  zu  den  Dualas  aus,  wo  King  Bell's 
town  (jetzt  Bethel  town  oder  Camerüns  ge- 
nannt) besetzt  wurde,  das  jetzt  den  Mittelpunkt 
der  Mission  in  jenen  Gegenden  bildet.    In  die 


Isubu-  wie  in  die  Duala-Sprache  ist  das  ganze 
Neue  Testament  bereits  übersetzt  worden.  Auf 
Fernando  Po  wird  noch  immer  durch  Eingeborne 
und  Besuche  unter  einer  Zahl  Zurückgebliebe- 
ner das  eyangelische  Bekenntniss  vor  dem  Aus- 
sterben bewahrt.  Zur  Zeit  der  Vertreibung  der 
evangelischen  Missionare  sollen  dort  zwei  katho- 
lische eingezogen  sein.  Nach  den  uns  zugäng- 
lichen Quellen  scheinen  jetzt  solche  nicht  mehr 
anwesend  zu  sein. 


GOTHA  :,RTSTUS  PERTHES. 


N*'.  8.  Die  Corisco-  und  Gabun-Missionen. 


Die  Mission  auf  der  Insel  Corisco  ist  ein  | 
Ableger  der  Amerikanisch-PresbyterianischenMis-  j 
sion  in  Liberia.  Sie  wurde  1857  unter  der  etwa 
4000  Seeleu  starken  Mbenga- (Benga-)  Bevölke-  | 
vwag  begonnen,  jedoch  mit  der  bestimmten  Ab- 
sicht, von  hier  aus  auf  denselben  und  andre 
Stämme  auf  der  gegenüberliegenden  Küste  zu 
wirken.  Die  Hoffnungen,  dass  Corisco  einmal  für 
jene  Gegenden  Afrika's  das  werden  möchte,  was 
die  Insel  Jona  einst  für  England  war,  sind  al- 
lerdings zu  kühn  gewesen.    Denn  obgleich  auf 
derselben  drei  Stationen  angelegt  werden  konn- 
ten und  zu  Evangasimba  verschiedene  Schulen 
bestehen,  in  denen  Jünglinge  vom  Festlande  aus- 
gebildet werden,  so  scheint  doch  wenig  Hoff-  j 
nung  vorhanden,  dass  auf  Corisco  bald  das  Evan- 
gelium einen  vollständigen  Sieg  erringe ;  viel- 
mehr giebt  es  dort  bedeutende  Hindernisse,  in 
Folge  deren  nicht  bloss  die  eine  Station  Ugovi 
wieder  zu  einer  Nebenstation  reducirt  wurde, 
sondern  auch  von  der  Verlegung  der  ganzen 
Mission   aufs  Festland  die  Eede   gewesen  ist. 
Die  vor  einiger  Zeit  erhobenen  Spanischen  An-  ' 
Sprüche  auf  die  Insel,  die  Gründung  einer  klei- 
nen Spanischen  Marinestation  zu  Ilobi,  sowie 
einer  katholischen  Mission    auf  Corisco  selbst 
mögen  hierfür  den  Ausschlag  geben.  Die  bisher 
auf  dem  Festlande  bestehenden  Ausseustationen  [ 
stehen  nur  unter  der  Leitung  von  ISTatioual-Ge- 
hilfen   und   werden  dann  und  wann  von  den  ! 
Missionaren  besucht.  Nach  den  neuesten  Nach- 
richten ist  nun  eine  volle  Station  in  Heybern 
Point  gegründet,  nachdem  ein  erster  Versuch 
durch  den  Tod  des  betreffenden  Missionars  un-  j 
terbrochen  war.  j 

Am  Gabun  endlich  finden  wir  die  äussersten 
Vorposten  der  evangelischen  Mission  in  West-  [ 

Grundemano  :  Misiionsallas.  I,  1. 


Afrika.  An  dieser  tief  in  die  Küste  einschnei- 
denden Bucht,  die  man  anfänglich  für  die  Mün- 
dung eines  mächtigen  Stromes  hielt,  während 
sich  nur  ein  untergeordneter  Fluss  in  dieselbe 
ergiesst,  Hessen  sich  1843  die  Missionare  des 
Amerikanischen  Board  nieder,  welche  zuvor  vor- 
übei-gehend  am  Kap  Palmas  gearbeitet  hatten. 
King  Glass's  town,  das  jetzige  «Baraka,  war  die 
erste  Station,  zu  der  später  eine  zweite,  Olan- 
debenk,  jetzt  bereits  wieder  aufgegeben,  hinzu- 
gefügt wurde,  wähi-end  eine  dritte,  Nenge  nenge, 
jetzt  nur  Aussenstation  ist.  Das  Feld  hat  sich 
überhaupt  nicht  so  günstig  erwiesen,  wie  es  zu- 
erst erschien. 

Die  Bevölkerung  (an  der  Küste  vorwiegend 
Mpougwes,  während  weiter  nach  dem  Innern 
die  Stämme  der  Shikanis,  Bakeles  [Bakalais, 
Bakalis]  und  die  erst  in  neuerer  Zeit  von  Osten 
her  vordringenden  Pangwes  oder  Fans  gemischt 
leben)  ist  mehr  den  Einflüssen  des  Handels  aus- 
gesetzt, als  man  vermuthete;  Spirituosen  spie- 
len dabei  eine  wichtige  Eolle.  Die  Französische 
Besitzergreifung  dieser  Gegenden  1845  hat  für 
die  evangelische  Mission  keine  besondren  Nach- 
theile gehabt,  vielmehr  erweisen  sich  die  Be- 
hörden derselben  günstig.  Dagegen  ist  derselben 
schon  seit  1844  eine  eifrig  betriebene  katholi- 
sche Mission  von  der  Kongregation  des  heiligen 
Geistes  und  des  unbefleckten  Herzens  Mariä  (zu 
Paris),  mit  der  ein  Apostolisches  Vikariat  ver- 
bunden ist,  gefährlich.  Nonnen  „von  der  un- 
befleckten Empfängniss  von  Castres"  sind  rühiüg 
im  Schul-  und  Hospitaldienst  und  können  sich 
nicht  geringer  Erfolge  rühmen. 

Unter  diesen  Umständen  ist  es  für  die  evan- 
gelische Mission  erwünscht,  dass  an  einem  an- 
dern Orte  sich  eine  neue  Thür  aufthut,  und 

7 


zwar  zu  Kama  am  Fernand  Vas  Eiver,  wo  der 
bekannte  Entdeckungsreisende  Du  Chaillu  den 
Missionaren  ein  Gebäude  behufs  Anlegung  einer 
Station  geschenkt  hat.  Die  Verhältnisse  schei- 
nen dafür  günstig  zu  sein  und  die  Station  ist 


j  bereits  mit  einem  eingebomen  Lehrer  besetzt 
1  worden.  Für  die  Stämme  am  Gabun  sind  übri- 
gens bedeutende  Theile  der  heiligen  Schrift  na- 
mentlich in  die  Mpongwe-Sprache  übersetzt  und 
1  gedruckt  worden. 


4 


9.  Gross -Namapalaiid. 


Die  Karte  führt  uns  ein  weites  Wüstenland 
vor,  durchzogen  von  Flüssen,  die,  wie  die  be- 
sondere Darstellung   durch   eine  Punktenreiho 
andeuten  soll,  den  grössten  Thcil  des  Jahres 
hindurch  nicht  Adern  tiiessendes  Wasser  bilden, 
sondern  trockene  Sandbetten,  in  denen  hie  und 
da    kleine  Tümpel    bi'ackigen  Wassers  stehen 
bleiben,  um  die  sich  eine  grüne  Vegetation  con- 
centrirt.    Dasselbe  ist  auch  der  Fall  bei  den 
Quellen,  von  denen  die  wichtigsten  auf  der  Karte 
angegeben  werden  konnten.  Die  meisten  derselben 
haben  Abliuss,  aber  der  Bach,  den  sie  entsen- 
den, verschwindet  nur  allzu  bald  in  der  öden 
Steppe,  die  sich  wellenförmig  von  dem  kahlen 
Bei'ggerippe  herabsenkt.    Weit  und  breit  bietet  j 
diese  einen  traurigen  Anblick  dar.    Versengtes  , 
Gras  sieht  man,  etliche  Akazienbäurae ,  die  der 
Dürre  trotzen   und  Dornengestrüpp ,   das   mit  1 
wiederhakigen    Stacheln     den  unvorsichtigen 
Wandrer,  der  ihm  nahe  kommt,  festhält  und 
ihm  seinen  Namen  einprägt:  Wacht  een  bitjc*). 
Grösstentheils  gehört   das  Land   den  Wüsten- 
thieren,  Zebra's,  Giraffen,  Gnu's,  Antilopen  u.  s.  w., 
die  oft  in  dichten  Schwärmen  an  den  Wasser- 
stellen sich  sammeln,  wo  der  König  der  Thiere 
aus  ihrer  Zahl  seinen  Tribut  fordert.  Der  Mensch 
hat   hier   kein   festes  Daheim.     Nomadisirend  j 
leben  die  Bewohner  in  ihren  Mattenhäusern  an  i 
den  Quellen**),  an  denen  sich  für  ihre  Eindei*-  j 
heerden  Weide  findet.    Es  sind  einestheils  Or-  j 
lams,  die  von  einem  Mischlingsgeschlecht  aus  j 
Hottentotten  und  Holländern  abstammend,  die  j 
Sprache  der  letzteren  roden,  und  anderntheils  j 
Namaqua***),  ein  reines  Hottentottenvolk  von  I 
gelber  Hautfarbe,  das  noch  vorwiegend  seine 
an  Schnalzlauten  reiche  Sprache  spricht.   Diese  i 
waren  zu  Anfang  unseres  Jahrhunderts  die  Be- 
sitzer des  Landes,  in  dessen  nördliclier  Hälfte 

*)  Wart  oiu  Bischen. 
**)  Desslialb  konntou  wir  mit  wenigen  Äusnalimeii  auf 
der  Karte  nicht  das  gewohnliche  ürtszeichen  anwenden, 
sondern  mussten  Quellenzoichen  dafür  wählen. 

***)  Der  bedeutendste  Stamm   unter  ihnen   sind  die 
Gei-"kau,  gewöhnlich  roode  natie,  d.  i.  rothes  Volk  genannt. 
Grundemann:  Missionsailas.  II,  2. 


ein  schwarzer  (Neger-)  Stamm,  die  Damaras,  von 
ihnen  seit  lange  schon  unterjocht,  so  dass  er 
selbst  die  Sprache  seiner  gelben  Herren  ange- 
nommen, ein  kümmerliches  Leben  fristete.  Um 
jene  Zeit  aber  drang  von  Norden  her  ein  ganz 
■\-erschiedener  schwarzer,  den  Käfern  v(!rwandter 
Stamm,  die  Ovahererd,  mit  seinen  Viehheerden 
hinein,  die  einst  am  Zambesi  ihre  Sitze  gehabt 
haben  sollen.  Von  den  Namaqua  werden  sie 
auch  Damaras  genannt,  aber  von  jenen  erst- 
genannten, den  Berg-  oder  Mistdamaras  als 
Viehdamaras  unterschieden.  An  Muth  und  Kraft 
waren  sie  den  Namaqua's  überlegen ,  die  gegen 
sie  die  aus  dem  Kaplande  gekommenen  Orlara 
zu  Hilfe  riefen.  Mit  iln-en  Feuerwaffen  wurden 
diese  Herreu  der  Eindringlinge ,  Hessen  aber 
auch  die  Namaqua  ihr  Übergewicht  fülilen. 
Doch  blieben  diese  und  jene,  in  verschiedenen 
Stämmen,  die  auf  der  Karte  nach  den  Häupt- 
lingen angegeben  sind,  neben  einander  wohnen. 
Erst  in  neuester  Zeit  ermannten  sich  die  in- 
zwischen auch  mit  Feuei-waffen  verselienen  He- 
rerd's  und  suchen  in  ernsten  Kämpfen,  in  denen 
zum  Theil  auch  Namaqua  auf  ihrer  Seite  sind, 
das  Joch  abzuschütteln,  was  ihnen  zu  gelingen 
scheint,  obgleich  ein  bleibender  Friede  noch 
nicht  eiTungen  ist. 

Dürr  und  öde  wie  das  Land  waren  auch 
seine  Bewohner  in  geistlicher  Hinsicht.  Mit 
Ausnahme  von  Aberglaube  und  Zauberei  waren 
von  Religion  wenig  Spuren  vorhanden.  Docli 
auch  die  Einöde  hat  Zeiten  der  timwandelung. 
Wenn  bei  uns  des  Sommers  die  Sonne  höher 
steigt,  breitet  dort  sich  gemach  ein  Zelt  von 
dichtem  Gewölk  über  das  ausgedörrte  Land, 
als  schützendes  Dach  gegen  die  sonst  songende 
Sonnenglutli.  Bald  strömt  mit  rollendem  Donner 
der  liegen;  die  sonst  lehren  Flussbetten  füllen 
sich.  Die  Steppen  kleiden  sich  bald  mit  grünem 
Gi'asteppich ;  essbare  Zwiebeln  und  Wasserme- 
lonen wachsen  heran;  die  einzelnen  Bäume 
stehen  erfrischt  und  selbst  der  „Wacht  een  bitjc" 
schmückt  sich  mit  gelben  Blüthen.  Solche  Er- 
neuerung war  auch  dem  Volke  durch  das  Evau- 

8 


gelium  vorbehalten.    Mit  empfänglichem,  leicht  | 
zu  rührendem  Gemüth  (das  freilich  auch  viel 
•wankelmüthiges  hat)  ausgestattet,   blieben  die 
Namaquas  und  Orlams  den  Einflüssen  der  Mis- 
sion nicht  verschlossen. 

Nach  der  vorübergehenden  Thätigkeit  AI-  i 
brecht's  (1805),  der  später  durch  die  Bekehrung 
des  bekannten  Afrikaner  für  das  ganze  Land  viel 
Segen  stiftete,  machte  Schmeleu  einen  weiter 
vordringenden  Versuch  in  Bethanien ,  der  aber 
1828,  doch  nicht  ohne  dass  reicher  Same  aus- 
gestreut worden  wäre,  auigegebeu  wurde.  Beide 
Missionare  waren  im  Dienste  der  Londoner  Mis-  j 
sionsgesellschaft.      Hiernach    traten    theils  die  i 
Wesl.  Methodisten,  theils  die  Rheinische  Missions-  ■ 
gesellschaft  ein.  Erstere  haben  nach  einer  nicht 
andauernden  Wirksamkeit  im  Norden  (Concordia- 
ville  bei  Jonker  Afrikaner  und  Wesley vale,  1845 — 
1853),  jetzt  nur  im  Süden  Nisbethbath,  Hoole's 
Eountain  und  Jerusalem   mit  Natioualgehilfen 
besetzt,  die  dann  und  wann  von  dem  Missionar 
aus  Klein-Namaqudland  (s.  No.  10)  besucht  wer- 
den.   Weitere  Ausdehnung  hat  die  Rheinische 
Mission  gewonnen,  die  seit  1842  ilire  Vorposten 
vom  Klein  -  Namaquälande  nach  Bethanien  und  | 
bald  in  die  nördlicheren  Gegenden  bis  an  den 
Zwachaub  vorschob ,  woselbst  sie  sich  der  He- 
rerö's  besonders  annahm,  während  die  hen'schen- 
den  Orlam,  die  aus  ihren  früheren  Wohnsitzen  ' 
bereits    viel    christliche    Einflüsse  mitgebracht 
hatten,    ihr  gegenüber    sich   sehr  unbeständig 
zeigten.    Reich  war  aber  der  Segen  ilirer  Thä- 
tigkeit um  Bethanien  und  dessen  Filial  Guld-  \ 
brandsdalen  *),  wo  eine  weitgehende  Erweckung  ; 

*)  Diesen  wie  andere  Norwegische  Namen  hat  der  1 
Norweger  Kundsen  eingeführt.  | 


herrliche  Früchte  brachte.  —  Freilich,  wie  auf 
die  fruchtbare  Regenzeit  immer  wieder  die  Dürre 
folgt,  so  leidet  auch  Gross  - Namaqualand  mit 
seinen  Leuten  fortwährend  an  Schwankungen, 
nach  denen  sich  manche  Schatten  in  das  Licht- 
bild der  Mission  zeichnen  lassen.  Dennoch  ist 
in  das  Volksleben  unverkennbar  ein  Sauerteig 
des  Christeuthums  eingedrungen,  und  man  wird 
nicht  umhin  können  Namaqualand,  so  viel  Arbeit 
dort  noch  übrig  bleiben  mag,  als  ein  überwie- 
gend christianisirtes  Land  anzusehen.  Christ- 
liche Kultur  hat  gleichzeitig  ihren  Eingang  ge- 
funden. Die  Missionsstationen,  die  fast  allein 
durch  Ortszeichen  auf  der  Karte  als  permanente 
Wohnsitze  bezeichnet  werden  konnten,  bilden 
die  Mittelpunkte  derselben,  an  denen  auch  be- 
reits nicht  Wenige,  ihr  Nomadenleben  aufgebend, 
sesshaft  geworden  sind.  Hauptschwierigkeiten 
der  Mission  sind  jetzt  die  Kämpfe  im  Norden, 
in  denen  die  Jonker'schen  Orlams  und  ihre  Ge- 
nossen sich  derselben  ganz  abgewendet  haben, 
mehrere  Stationen  zerstört  sind  und  das  Be- 
stehen anderer  in  Frage  gestellt  ist.  Ferner 
die  anderweitig  eindringenden  Europäer,  deren 
eine  ganze  Schaar  schon  vor  Jahren  durch  die 
Entdeckung  der  Kupferminen,  die  ^sich  jedoch 
für  jetzt  als  nicht  lohnend  ergaben,  in's  Land 
gerufen  sind.  Händler,  oft  rechte  Apostel  der 
Schlechtigkeit,  durchziehen  das  Land.  Nur  aus- 
nahmsweise gehen  commercionelle  Unternehmun- 
gen freundschaftlich  neben  der  Mission,  wie 
namentlich  im  Norden.  Die]  Rheinische  Missions- 
gesellschaft hat  aber  selbst  bereits  begonnen, 
derartige  Hebel  zur  Förderung  ihrer  Missions- 
thätigkeit  in's  Werk  zu  setzen. 


Nachträge  und  Berichtigungen  der  Karte. 


(Die  Za: 


=t=Nü- =t=goais  für 
!Huni-4=a;faämi8  „ 

!Han-=(=ama  „ 

"Hom-!Ü8  ,, 

'Hoawijjas  „ 

"ünis  „ 

Nei  -  !hona  „ 

Hudab  „ 

Amhub  „ 

Tarub  „ 


Nü-=}=goais 
'Hani-  =|=agaamis 
'Han-  4=ami 
Homus 
Hoawijfas 
!ünis  .  . 
Neeihon  . 
Hudap 
Amhup  . 
Tarup 


ilen  bezeichnen  die  Breite-  und  Längengrade.) 


24. 
11. 
25. 
25. 
26. 
26. 
26. 
26. 
25. 
25. 


18. 
11. 
17. 
18. 
17. 
17. 
18. 
17. 
16. 
16. 


'Grui-"ganabis —  Ortszeichen  zusetzen  über  das 

„B"  in  "HAWÜ  BIS)  24.  IS 

Goa-müs    Uegt  25°  3'.    19°  6'. 

Der  NebenHuss  des  "Oub  bei  'Gani-gois  heist  'Asab. 

Beersaba  =;  'Ou-tsawisis. 

Bethanien  =:  'Ui- =:j=ganis. 

Eehoboth  =  lAnis. 


Missions  -Atlas 


30- 


\    -^1^^  Sto^s*:- 


Fufadder 


4 


A 


\i>i*^.^i^   -^Vpata^    \°cumsx^  " 

J\               Run^l^as  ^    ~^y„g\l  B'f'^-             Kor  B. 
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CAPLA^^D 

JM  IT  DES  ANORENZENDO  d.us. 
MISSlöNS  GEBIETEN 
[mTER  XAFERN  .BASItTO.ITA.  |f  ^%eitogt 

i   M.l  :  3,000,000.  \^ 

a-^  =^       ,      7  ßausefuai^üm.  ßMs!_r,  [:§  ^^^^       i  ^ 


Ö  o 


-  VofjelStrujir 


Lomlori  JI.  S.  (LJd.S.) 
t  WejlKyari  Met/ioil  M.S.cvfM  ü  ^       ^TTm.S.  .j  : 
I  Zft'ss.  d.cvatuf.  Brüdsrife^i  CBrd.^'.) 
I  Berlirirr  M.  Cr.  rBm-Jt)  " 
1  Rheini.tclif  M.  &.  Oni-M.l 
I  Son'rle  ih's  Miss  evangrl  (Paris J(SMX.\ 
l  Synud.  Zeml -fbmmüa X^.IX.y  ^ 
I  ira-  Orurdi  of  Scotland  (F.ChiLi  Capr  orrmnilMapi: 

1  ÜJiHr/i  PrrshyUrinn  r  M  iTiJ.Vlt  )  | 
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Afrika  N?U. 


IitluAiLs-l-^  (MCplttkrthTw  Gotlia 


GÜTU  A  =  . JUSTUS  PERTHES  . 


\ 

I 
I 


N**.  10  a.  11.  Das  Kapland  mit  den  angränzenden  Missionsgebieten 

unter  Käfern,  Basuto  u.  a. 


Das  Kapland  bildet  das  breite  Südende  des 
Afrikanischen  Continents,  dessen  mächtiges  Hoch- 
plateau dort  in  3  Terrassen  zum  Meere  abfällt. 
Die  oberste  hat  einen  dem  Namaqualande  sehr 
ähnlichen  Charakter,  daher  die  zu  No.  9  an- 
gedeutete Naturschilderung  für  dieselbe  grössten- 
theils  zutrifft.  Auch  die  zweite  Terrasse,  zu 
der  man  von  jener  durch  einige  Felsenthäler 
auf  gefährlichen  Wegen  herabsteigt,  ist  davon 
nicht  allzu  verschieden,  bietet  aber  womöglich 
noch  einen  sterileren  Anblick  dar.  Es  ist  die 
Karroo  -  Ebene ,  Felsengrund  mit  einer  dünnen 
Schicht  braunen  Thones  bekleidet.  Der  aller- 
dings seltene,  reichliche  Regen  zaubert  auch 
hier  sehr  bald  grüne,  mit  lieblichen  Blumen 
geschmückte  Flächen  hervor,  die  indessen  schnell 
der  Dürre  wieder  weichen.  Aus  der  Karroo 
endlich  kommt  man  auf's  neue  durch  schroffe 
Schluchten,  Kloofs  genannt,  hinunter  in  das 
von  permanenten  Flüssen  bewässerte  Küstenland, 
das  freilich,  mit  anderen  Ländern  verglichen, 
immer  noch  dürre  genug  erscheint,  aber  doch 
lohnenden  Anbaues  fähig  ist.  Im  Nordwesten 
zeigt  der  Abfall  nicht  jene  drei  Stufen,  sondern 
ist  nur  durch  die  erzreichen  Gebirge  des  Klein- 
Namaqualandes  vermittelt.  Im  Osten  dagegen 
gewinnt  das  Land  einen  ganz  andren  Charak- 
ter und  geht  über  in  wilde,  vielfach  bewaldete 
Gebirge ,  von  fruchtbaren  Thäleru  mit  immer- 
fliessenden  Bächen  und  Strömen  durchzogen.  In 
dem  hohen  Rücken  des  Kahlamba-Gebirges,  das 
weithin  gegen  Norden  fortstreicht,  erreichen 
die  Süd-Afrikanischen  Berge  ihre  höchsten  Gipfel. 

Schon  gegen  Ende  des  fünfzehnten  Jahr- 
hunderts war  das  Kap  der  guten  Hoffnung  von 

Grundemanu:  Missionsatlas.  11,  2. 


den  Portugiesen  entdeckt,  doch  nur  wenig  Verkehr 
hatte  seitdem  mit  den  Eingebornen  stattgefun- 
den, der  wie  in  ähnlichen  Fällen  durch  allerlei 
Gräuel  gebrandmarkt  ist.  Erst  um  die  Mitte 
des  17.  Jahrhunderts  errichteten  die  Holländer 
daselbst  eine  Kolonie.  Das  Land  fanden  sie  im 
Besitze  der  gelben  Hottentotten,  denen  es  durch 
den  wachsenden  Strom  der  Einwanderer  (Hollän- 
der, später,  nach  Aufhebung  des  Edicts  von  Nan- 
tes, Franzosen)  in  langen  Kämpfen  abgerungen 
wurde.  Die  Geschichte  der  letzteren  ist  an- 
gefüllt mit  Beispielen  scheusslichster  Eohheit 
und  Ungerechtigkeit  seitens  der  Europäer,  ob- 
gleich unter  ihnen  neben  mancherlei  Abschaum 
nicht  wenige  um  ihres  Bekenntnisses  willen 
übergesiedelt  waren.  Die  Hottentotten  sind  dem 
Kampfe  erlegen"^'),  nur  ein  armes  Bastardgeschlecht 
ist  von  ihnen  übrig  geblieben.  Andere,  die 
lieber  die  Wildniss  mit  den  Thieren  theilen 
mochten ,  als  ihren  gehassten  Unterdrückern 
dienstbar  werden,  sind  als  Buschmänner  fast  bis 
an  die  Grenzen  eines  thierischen  Lebens  herab- 
gesunken und  finden  sich  noch  jetzt  in  den 
öden  Gegenden  zerstreut  *'^'). 

Noch  zu  Ende  des  vorigen  und  zu  Anfang 
dieses  Jahrhunderts  hatte' die  Kolonisation  noch 
keine  bedeutenden  Verhältnisse  erlangt.  Die 
Ansiedler  (Boers,  Bauern)  lebten,  meist  nur  Vieh- 
zucht treibend,  auf  einzelnen  Höfen. 

*)  R  0  i  n  e  Hottentottea  möehton  sich  im  Kaplande 
kaum  noch  finden. 

**)  Manche  Gruppe  von  Buschmännern  mag-  indessen 
schon  früher  nach  unglücklichem  Kampf  mit  andren  Afri- 
kanischen Stämmen  zu  solcher  Lebensweise  gedrängt  sein. 
Es  giebt  übrigens  auch  Buschmänner  andrer  Stämme, 
z.  B.  Betshuauen. 

9 


Weite  Strecken  Landes  gehörten  noch  den 
Löwen,  Elephanten,  Ehinoceros  (Ehinoster),  den 
Antilopenheerden  (Bokken),  den  Giraffen  (Kameel). 
Alle  diese  Thiere  sind  jetzt  von  der  Civilisation 
zurückgedrängt  und  leben  im  Kaplande  nur  in 
der  Erinnerung   und   in   manchen  Ortsnamen. 
Letztere  entstammen  fast  alle  der  Holländischen 
Sprache,  die  zugleich  mit  Holländischer  Sitte, 
Kirchenform  u.  s.  w.  die  Grundlage   für  die 
Entwicklung  des  Kapländischen  kolonialen  Lebens 
hergegeben  hatte.   Seit  1806  war  Kapland  zwar 
Englische  Kolonie  und  erst  nach  diesem  Zeit- 
punkt begann  es  den  Aufschwung  zu  nehmen, 
durch  den   es  jetzt  einen  ganz  verschiedenen 
Anblick  gegen  früher  darbietet.    Doch  ist  das 
Holländische  Element,  wie  es  scheint,  immer 
noch  in  vielen  Beziehungen  überwiegend.  Zahl- 
reiche Städte  sind  entstanden  (wenn  sie  bei  der 
Grösse  des  Landes   auch  noch   sehr  zerstreut 
erscheinen),  in  denen  Europäischer  Handel  und 
Wandel  mit  allen  Formen  der  Kultur  und  des 
Luxus  seine  Stätte  gefunden  hat;  wo  die  Thiere 
der  Wildniss  hausten,  braust  nun  schon*)  die 
Lokomotive  einher,  und  Orte,  die  sonst  durch 
monatlange  Reise  getrennt  waren,  sind  durch 
den  Telegraph  bis  auf  Minuten  einander  nahe 
gerückt.    Begreiflicher  Weise  gilt  alles  dies  nur 
für  die  anbaufähigen  Theile  des  Landes,  wäh- 
rend in's  besondere  die  beiden  oberen  Terrassen 
noch  in  mancher  Beziehung  sehr  weit  zurück  sind. 

Unter  den  erstereu  aber  haben  sich  beson- 
ders die  östlichen  Gegenden  bewährt.  Die  Ko- 
lonisation, die  dorthin  erst  später  von  Westen 
her  vordrang,  traf  dort  eine  von  den  Hotten- 
totten ganz  verschiedene  Bevölkerung,  schwarze 
starke  Stämme,  die  selber  eines  gemeinsamen 
Namens  entbehrend,  mit  dem  von  der  islamisir- 
ten  Ostküste  hergekommenen  Namen  Käfern 
(Kafir,  arab.  Ungläubiger)  bezeichnet  werden. 
Die  vei'schiedenen  Stämme   reden   die  gleiche 

*)  Wenigstens  in  den  der  Kapstadt  nächsten  Distrikten, 
während  anderswo,  wie  bei  Port  Elisabet,  die  Eisenbahnen 
im  Bau  begriffen  sind. 


Sprache  bei  dialektischen  Abweichungen.  Ihr 
bewaffneter  Widerstand  musste  durch  eine 
Reihe  von  Kriegen  zwischen  1812  und  1851 
gebrochen  werden.  1848  wurde  das  vorläufig 
eine  eigene  Kolonie  bildende  Britische  Kafraria 
annektirt,  das  in  neuester  Zeit  aber  der  Kap- 
kolonie einverleibt  ist.  Jenseits  des  Kei  sind 
die  Käfern  noch  unabhängig,  stehen  aber  doch 
bereits  stark  unter  Englischem  Einflüsse.  In 
Britisch-Kafraria,  wo  in  dem  letzten  .Jahrzehnte 
die  Kolonisten  -  Bevölkerung  bedeutend  durch 
Einwanderung  gewachsen  ist,  bildet  sie  immer 
den  Eingeborneu  gegenüber ,  die  dort  noch 
unter  eignen  Häuptliagen  leben,  einen  noch 
nicht  grossen  Bruchtheil  der  Einwohner. 

Im  Kaplande  dagegen  halten  Weisse  und 
Farbige,  unter  denen  allerlei  Bastarde  mit  in- 
begriffen sind,  sich  der  Zahl  nach  ziemlich  das 
Gleichgewicht.  Ausser  den  erwähnten  Volks- 
stämmen finden  sich  dort  auch  Neger,  Abkömm- 
linge früherer  Sklaven  aus  Ost-  und  West- Afrika, 
so  wie  Malayen,  die  aus  ihrer  Heimath,  dem 
Indischen  Archipel,  den  Muhammedanismus  mit- 
gebracht haben.  Sie  besitzen  in  der  Kapstadt 
mehrere  Moscheen  und  sind  auch  in  George 
und  Port  Elisabeth  vertreten. 

Die  Mission  war  im_  Kaplande  lange  ver- 
nachlässigt. Die  armen  Hottentotten  wurden 
lange  des  Christenthuras  für  unwerth  geachtet, 
und  Versuche,  sie  zu  bekehren,  selbst  von  den 
Kolonisten ,  die  ihrerseits  auf  christliches  Be- 
kenntniss  hielten,  beargwöhnt  und  verhindert. 
1709  kam  der  erste  Missionar,  der  aber  seine 
Thätigkeit  bereits  nach  einigen  Wochen  ein- 
stellte. Erst  1737  gelang  es  dem  Brüdermissionar 
(t.  Schmidt  Eingang  zu  finden,  der  aber  nach 
etlichen  Jahren,  als  sich  die  Früchte  seines 
Wii'kens  mehrten,  durch  die  Kolonialregierung 
wieder  entfernt  wurde.  Abermals  verging  ein 
halbes  Jahrhundert,  das  die  Scheusslichkeiten 
organisirter  Buschmaunsjachteu,  aber  keine  Frie- 
denspredigt fiu-  die  Heiden  aufzuweisen  hat. 
1792  gelang  es,  die  Brüdermission  zu  erneuern. 


Doch  erst  unter  Englischer  Regierung  fand  sie 
den  nöthigen  Schutz,  unter  dem  bald  Baviaans- 
kloof  (das  jetzige  Genadendal)  in  reichem  Segen 
aufblühte.  Das  Werk  ist  stetig  gewaclisen  und 
hat  sich  1818  auf  die  östlichen  Gegenden,  unter 
den  Kafem  namentlich  Fingus  und  Tambukis 
ausgedehnt,  von  wo  aus  1862  auch  im  freien 
Kaferlande  unter  Angehörigen  des  letzteren  Stam- 
mes eine  Station  errichtet  ist. 

Von  anderen  Missionsgesellschaften  war  die 
Londoner  im  Kaplande  mit  am  frühesteu  thätig, 
seit  1798.  Ihre  ersten  Arbeiter  v.  d.  Kemp 
und  Kicherer  werden  in  der  Missionsgeschichte 
stets  unvergesslich  bleiben.  Jener  gründete  im 
östlichsten  Theile  der  Kolonie  die  Hottentotten- 
Mission  und  bereitete  die  unter  den  Käfern  vor, 
während  dieser  iinter  Buschmännern  arbeitete. 
Im  Klein  -  Namaqualand  war  es  ebenfalls  die 
Londoner  Gesellschaft,  die  die  Mission  begann, 
deren  Fortsetzung  der  Rheinischen  vorbehalten 
war.  Von  den  jetzt  bestehenden  Stationen  jener 
verdanken  die  in  den  östlichen  Distrikten  ihren 
Ursprung  der  Emancipation  der  Hottentotten, 
von  denen  mehrere  Tausend  an  der  Kat  rivier 
(Katzenfluss)  1830  angesiedelt  wurden,  wo 
Philipton  mit  seinen  Aussenplätzei»  entstand. 
Von  den  zahlreichen  Stationen,  die  diese  Gesell- 
schaft in  den  andren  Distrikten  gründete,  sind 
mehrere  bereits  zu  selbstständigen  Kirchgemein- 
den geworden. 

Die  "Wesleyan.  Methodisten  haben  seit  1820 
in  allen  Theilen  der  Kapkolonie  und  des  Kafer- 
landes  zahlreiclie  Stationen.  Ilire  Wirksamkeit 
ist  wie  überall  nicht  bloss  auf  die  Eiugebornen, 
sondern  auch  auf  die  Kolouistenbevölkerung  ge- 
richtet. Lange  waren  diese  Missionare  die  ein- 
zigen, die  sich  in  die  Wildnisse  des  freien  Ka- 
ferlandes  wagten. 

Die  Rheinische  Mission  ist  seit  1829  thätig 
und  hat  eine  Reihe  von  Stationen  besonders  in 
den  westhchen  Distrikten  und  Klein -Namaqua- 
land ,  darunter  sind  mehrere  mit  industriellen 
Instituten  verbunden.    In  letzterer  Gegend  er- 


j  wachsen  seit  einiger  Zeit  durch  den  Betrieb  der 
Kupferminen  dem  Werke  Schwierigkeiten,  aber 
auch  neue  Wirkungskreise  wurden  dadurch  er- 
öffnet. 

In  Britisch  -  Kafraria  finden  wir  die  schotti- 
schen Arbeiter  von  der  Free  Church  und  Unit. 
Presbyt. ,  welche  die  Wirksamkeit  der  früheren 
Glasgow  Missionary  Society  fortsetzen,  auf  einer 
Anzahl  von  Stationen.  Zahlreiche  Eingeborne 
haben  in  neuester  Zeit  ihre  Wohnsitze  auf  An- 
regung der  Regierung  jenseit  des  Kei  genommen, 
wohin  beide  Gesellschaften  ihre  Missionare  zu 
senden  im  Begriff  sind.  Die  Berliner  Mission 
,  (seit  1834)  hat  ihre  meisten  hierher  gehörigen 
Stationen  in  Britisch-Kafraria ;  ein  anderes  ihrer 
Gebiete  fällt  auch  noch  tlieilweise  auf  unsere 
Karte,  nämlich  unter  den  !  Korannas,  wo  auf  der 
Station  Bethanien  jedoch  auch  Betshuanen  und 
andre  Stämme  vertreten  sind. 

Das  Pariser  Missionsgebiet,  Societe  des  mis- 
sions  evangeliques,  unter  den  Basuto ,  dem  öst- 
\  liebsten  Betshuauenstamm  (vgl.  Nr.  13  u.  14), 
ist  ebenfalls  noch  auf  diesem  Blatte  gezeigt. 
Hier  hat  die  Mission  trotz  mancher  Schwierig- 
keiten, die  aus  dem  Verhältniss  zu  den  Boers 
des  Oranjc -Freistaat  und  der  nur  zum  Theil 
geneigten  Gesinnung  des  König  Moshesh  ent- 
sprangen, in  vielem  Segen  gewirkt.  Gegenwär- 
tig aber  sind  nach  dem  Siege  der  Beeren  über 
Moshesh  die  meisten  der  Stationen  abgebrochen, 
nur  auf  Thaba  Bosigo,  Berea  und  wie  es  scheint 
auf  Bethesda  wird  die  Wirksamkeit  fortgesetzt. 
Es  ist  sehr  fraglich,  ob  die  in  den  von  den 
Beeren  annektirten  Theilen  des  Basutolandes 
gelegenen  Stationen  jemals  wieder  besetzt  wer- 
den können ;  daher  denn  schon  daran  gedacht  ist, 
die  von  dort  vertriebenen  Basuto  zu'  sammeln 
und  wo  anders  hin  (z.  B.  Xatal)  überzusiedeln. 

DieWesl.  Methodisten  haben  in  jenen  Gegen- 
den auch  eine  Reihe  von  Stationen,  zum  Theil 
unter  Basuto,  zum  Theil  unter  den  diesen  bisher 
unterworfenen  Stämmen  Betshuanen,  Barolongs, 
Bataungs,  Mantatis  (ein  wilder  Stamm,  der  in 


den  ersten  Decennien  dieses  Jahi-hundevts  von 
Norden  dringend  sich  auf  die  Baharutzen  beim 
Kashaugebirge  warf  und  jene  Gegend  in  Be- 
sitz nahm,  bis  er  von  Silkats  (Mosilikatsi), 
den  Matebelen-König,  vertrieben,  zum  Theil  am 
oberen  Caledon  seine  Wohnsitze  wählte),  !Ko- 
rannas  und  Griquas. 

Endlich  haben  wir  noch  der  Anglikanischen 
Kirche  zu  gedeukuii ,  die  1847  ihre  Diöcese 
Kapstadt  gegründet  hat,  von  der  1853  die  zweite 
Grahamstown *)  abgetrennt  wurde,  wozu  1868 
noch  die  des  Orauje  Riv.-Freistaat  hinzugekom- 
men. Durch  Vermittlung  namentlich  der  Aus- 
breitungsgesellschaft (S.  P.  G.)  missionirt  sie 
im  Kaplande  unter  Weissen  und  Farbigen  mit 
besonderer  Rücksicht  auf  Gemeindebildung.  Wo 
das  Heidenthura  noch  starker  zu  Tage  tritt, 
wie  in  der  Diöcese  Grahamstown,  ist  ihre  Wirk- 
samkeit mehr  die  der  eigentlichen  Heidenmis- 
sion "^'*).  Sie  hat  in  Britisch  und  in  Frei- 
Kafraria  eine  Anzahl  Stationen  und  ist  be- 
schäftigt, solche  neu  anzulegen.  Das  Werk  im 
Oranje  Biv.-Freistaat  ist  noch  in  den  Anfängen, 
dehnt  sich  aber  schon  nach  Nomanslaud  aus, 
dem  Gebiete  zwischen  Natal  und  dem  freien 
Kaferlande,  das  vor  einiger  Zeit  von  einem  von 
Philippolis  kommenden  Griquastamm  in  Besitz 
genommen  wurde  —  bei  dem  nach  den  neuesten 
Berichten  die  Gründung  einer  Anglikanischen 
Mission  im  Werke.  Zum  Theil  ist  bei  jenem 
Stamme  auch  die  Wesl.  Mission  von  Emfundis- 
weni  aus  thätig. 

Neben  den  Fortschritten  der  Anglikanischen 
Kirche  hat  die  m-sprüngiiche  Holländisch  -  Re- 
formirte  Kirche  des  Kaplandes,  in  der  lange  der 
Rationahsmus   den   Evangelisationstrieb  gefan- 

*)  Dieselbe  umfasst  gegen  Westen  die  Distrikte  Hope- 
town,  Colesberg,  Middelburg,  Graaf  Reynet,  Sommerset 
und  Uitenhage ,  welche  gegen  die  Diöcese  Kapstadt  die 
Grenze  bilden. 

**)  Dort  sind  St.  John's  an  der  Kobusic  (nicht  zu 
verwechseln  mit  S.  John's  B.(aptist),  Fort  Beaufort,  Uiten- 
hage, Winterberg,  Adelaide,  East  Somerset,  Graaf  Reynet, 
Qucenstown  Burghersdorp,  Alice  und  St.  Luke's  Kolo- 
nial Missions- Stationen. 


gen  hielt ,  in  neuerer  Zeit  eine  lebendige 
Wirksamkeit  für  Innere  Mission  und  Heiden- 
mis.sion  entfaltet,  die  sie  seit  1863  durch  ein 
eigenes  Comite  (Synodale  Zendings  comissie 
in  Zuid  Afrika)  ausüben  lässt.  Die  dieser  Kir- 
che angehörige  Süd- Afrikanische  Missionsgesell- 
schaft, die  schon  vor  längerer  Zeit,  doch  in 
beschränkterem  Maasse  thätig  war,  ist  jetzt  in 
jene  aufgegangen. 

In  neuester  Zeit  sind  die  Deutschen  Bap- 
tisten mit  der  Gründung  einer  Mission  in  Br.- 
Kafraria  beschäftigt,  wo  schon  früher  einmal 
eine  Baptistenmission  vorübergehend  bestanden 
hatte. 

Die  Katholische  Kirche  hat  für's  Kapland 
ein  apostolisches  Vikariat  mit  westlichem  und 
östlichem  Distrikt.  In  wie  weit  die  betreffende 
Thätigkeit  Heidenmission  ist,  darüber  fehlten 
uns  die  eingehenderen  Quellen.  Als  Stationen 
werden  genannt:  Kapstadt,  Rondebosch,  Simons- 
town,  Graaf  Reynet,  Uitenhage,  Fort  Beaufort, 
King  Williamstown. 

Die  Koloniale  Mission  (colonial  missionary 
Society)  der  Independenten  hat  Stationen  in: 
Beaufort  W. ,  Bedfort,  Kapstadt,  Green  Point, 
Grahamstown,  Port  Elisabeth,  Queenstown. 
Die  der  Schottischen  Freikirche  in:  Port  Eli- 
sabeth, Beaufort  W.  und  Victoria  W.  —  Der 
zahlreichen  Muhammedaner  begann  vor  einigen 
Jahren  die  Moslem  Missionary  Society  sich  an- 
zunehmen. Doch  ist  über  fernere  Thätigkeit 
oder  selbst  über  das  Bestehen  dieser  Gesellschaft 
!  in  letzter  Zeit  nichts  an  die  Öffentlichkeit  ge- 
]  drangen.  Die  Reformirte  Synode  unterhält  in 
der  Kapstadt  einen  eigenen  Missionar  für  die 
Muhammedaner. 

Endlich  können  wir  noch  erwähnen,  dass 
in  24  Riviers  im  Distrikt  Piketberg  zwei  Hol- 
ländische Missionare  wirken,  die,  mit  keiner  Ge- 
sellschaft in  Verbindung  stehend,  nur  von  ein- 
zelnen Missionsfreunden  unterstützt  werden. 

Die  Schreibart  der  Süd- Afrikanischen  Namen 
I  hat  ihre  ganz  besonderen  Schwierigkeiten ,  in 


sofern,  als  dieselben,  meist  Holländischen  Ur-  | 
Sprungs,  im  gewöhnlichen  Gebrauch  und  selbst 
auf  den  als  Autorität  geltenden  Karten  (zum  ' 
Theil  durch  Einflüsse  Englischer  Orthographie)  j 
bis  zur  Unkenntlichkeit  enstellt  sind.  | 
Wir  versuchten,  um  aus  dem  Gewirr  der  ; 
verschiedensten    Schreibarten  herauszukommen, 
uberall  für  die  Holländischen  Xamen    die  ur- 
sprüngliche Orthographie  festzuhalten,  auch  um 
konsequent  zu  sein ,  selbst  da ,    wo  der  Usus 
anders  fixirt  zu  sein  scheint,  z,  B.  nicht  Graff 
Beynet,  wie  meistens  geschrieben  wird,  sondern 
Graaf  K. ;  nicht  Potschefstroom ,  sondern  Pot- 
scherfstroom  (Fluss  der  Topfscherben).  Daher 
ist  bei  solchen  Namen  stets  die  Holländische 
Aussprache  zu  beobachten,  namentlich  hinsicht- 
lich der  Vokale: 

oe  =  ü,  ou  =  au,  eu  =  ö,  ui  =r  eu; 

y  oder  ij  =  i  (ein  zwischen  i  und  e  ste- 
hender Laut); 

aa  =  ä,  ee  =  e,  oo  =  ö, 

u  =  ü. 

Eür  die  Kafernamen  suchten  wir  die  eigen- 
thümlichen  Schnalzlaute  durch  die  von  den  ! 
Missionaren  eingeführten  Zeichen,  die  auf  jSTo.  1 1 
angegeben  sind,  auszudrücken,  da  die  Buch- 
staben c,  X,  q  für  die  Aussprache  nur  ver- 
wirrend sind.  „Ch"  hat  hier  nicht  den  Eng- 
lischen Laut,  für  deu  wir  diesen  Buchstaben  | 
in  Namen  anderer  Sprachen  in  diesem  Werke 
gebrauchen,  sondern  den  Kehllaut  wie  im  Deut- 
schen „noch". 

Da  die  bereits  fertigen  Platten  durch  später 
eingehendes  Material  über  die  neuen  Divisionen 
der  ausgedehntesten  Umarbeitung  ausgesetzt 
werden  mussten,  sind  einige  Unrichtigkeiten  in 
die  Karte  gekommen,  deren  Korrektur  hier  folgt. 
(Die  Ziffern  bezeichnen  die  betreffenden  Längen- 
und  Breitengrade.) 

Knysa  23.  34.  muss  heissen  Knysna. 

24  Eiviers  18.  32.  muss  heissen  24  Eivieren 
(24  Rivers). 

Tebus  R.  25.  31.  muss  heissen  Theebus  E. 


Kai  Glarieb  24.  29.  muss  heissen  Gei-!Garieb. 
N!u-G!arieb  25.  29.  sollte  vor  der  ersten 
Sylbe   den   cerebralen  Schnalzlaut  haben 
(vgl.  No.  9). 
Zu  Aberdeen  fehlt  über  dem  „n"  das  Orts- 
zeichen. 

Zu  dem  Ortszeichen  unter  dem  E  von  Ka- 
manassie M**  und  E.  23.  33.  fehlt  der 
Name  Hopedale  und  die  Bezeichnung  als 
Lond.  Missions-Station.  In  Statiousuamen, 
wie  St.  John's,  St.  Luke's  u.  s.  w.,  ist  auf 
der  Karte  der  Apostroph  nachzutragen. 
Der  Strich,  welcher  die  Hauptstation  bedeu- 
tet, fehlt  bei  Simonstowu  18.  34.,  Caledon 
19.  34.,  Dysalsdorp  22.  33.,  Pakaltsdorp 
22.  34.,  Amandelboon  21.  31.,  Colesberg 
25.  30.  No.  11:  Fort  Peddie  27.  33., 
East  London  27.  33.,  Palmerton  29.  31. 
und  S.  Augustine's  28.  31.,  sowie  auf 
No.  14:  Fort  Peddie,  East  London,  Butter- 
worth 28.  32. 
Die  punktirte  Unterstreichung  (Zeichen  der 
Nebenstation)  fehlt  bei  Berea  und  Tistwijk 
19.  34.,  sowie  auf  No.  14:  Seymour  26. 
32.,  Amatola  27.  32.,  Farmerfield  26.  33., 
Port  Alfred  26.  33.,  Durban  27.  33.  und 
Addo  Dr.  25.  33. 
Stellenbosch  19.  34.  sollte  drei  volle  Unter- 
streichungen haben,  Moutague  19.  33.  eine 
volle  und  eine  punktirte.  Sommerset  25.  32. 
drei  volle,  Glen  Linden  26.  32.  eine  punk- 
tirte, Burgersdorp  zwei  volle,  Alice  26.  32. 
eine  volle  und  eine  punktirte  (W.  M.  S.), 
sowie  auf  No.  14:  Glen  Linden  (nicht  y) 
und  Alice  W.  M.  S.  punktirte. 
Die  neuen  Divisions-Grenzen  konnten  nicht 
genau  angegeben  werden,  da  sie  von  der  Ko- 
lonialbehörde selbst  noch  nicht  fixirt  sind;  da- 
her wir  uns  darauf  beschränken  mussten,  die 
betreffenden  Hauptorte  durch  grössere  Schrift 
und  Kolorit  hervorzuheben.  Auf  No.  14.  sind 
nur  aus  Yersehen  die  durchgehenden  Namen 
der  alten  Divisionen  noch  stehen  geblieben. 


Erklärung  der  Buchstaben 

A.  Marktplatz. 

B.  Paradeplatz. 

C.  Kaserne. 

D.  Caledon  Square  (Platz). 

E.  Kastell. 

F.  Neu -Markt. 

G.  Bahnhof. 

H.  H.  Botanischer  Garten. 

I.  Begräbniss  -  Plätze. 
K.  Landungsplatz. 

a.  Regierungsgebäude. 

b.  Börse  und  Bibliothek. 

c.  Süd-Afrikanisches  Kollegium. 

d.  Rathhaus. 

0.  Post. 

f.  f.  Promenade. 

g.  Hospital. 

IG.  Freimaurer -Loge. 

h.  Weg  nach  dem  Tafelberg. 

1.  „  „  Simonstown. 
k.     ,,       ,,    Green  Point. 


und  Ziffern  auf  dem  Plane  der  Kapstadt. 

Kirchen  und  Kapellen. 

1.  Kathedrale  (S.  Georg)  i 

2.  Dreieinigkeits  -  Kirche    ,  Anglikanisch. 

3.  S.  Johannes  -  Kirche  \ 

4.  Holländische  reformirte  Kirche 

5.  S.  Stephans  -  Kirche. 

6.  Neue  Holl.  Ref.  Kirche 

7.  Burgstr.  Kapelle  und  Mis-  ) 
sionshaus 

8.  Sydney  Str.  Kapelle 

9.  Hope  Str.  Kapelle  / 

10.  Schottisch  Presbyt.  Kirche. 

11.  Union  Chapel,  in  Verbindung  mit  Lond.  M.  S.  (In 
depend.). 

12.  Süd- Afrikanische  Missions  -  Kapelle. 

13.  Lutherische  Kirche. 

14.  „  „      (S.  Martin). 

15.  Katholische  Kirche. 

17.  Muhammedanische  Moschee. 

18.  Sailors  Home. 


Holland.  Reform. 


Wesleyan.  Methodist. 


N".  12  11.  13.  Die  Betshiiauen- Gebiete  mit  der  Trans vaalscheii 
Republik  nebst  Zulu-  und  Zwasi-Land. 


Die  auf  den  vorstehenden  Blättern  dargestell- 
ten umfangreichen  Länderstrecken  schliessen  sich 
ihrem  Charakter  nach  an  das  westlich  benach- 
barte JSTamaquäland  an  (No.  9).  Doch  hier  giebt 
es  zunächst  ein  noch  weit  öderes  und  tristeres 
Gebiet,  als  wir  es  dort  kennen  gelernt  haben. 
Die  Wüste  Kalahari,  ein  fast  ganz  ebenes 
Terrain,  daher  selbst  der  periodischen  Flüsse 
beinahe  entbehrend,  hat  auf  ihrem  Sandboden 
nur  eine  sehr  arme  Vegetation:  spärliche  Grä- 
ser und  hie  und  da  Strecken  verkümmerten 
Dornengestrüpps.  In  der  Regenzeit  belebt  sich  j 
dieselbe  einigermaassen  und  Wassermelonen  und 
Zwiebelgewächse  treten  hervor;  in  natürlichen 
Cisternen  sammelt  sich  dann  unter  der  Sand- 
schicht etwas  Wasser,  das  den  Buschmännern 
selbst  in  dieser  Einöde  das  Wohnen  möglich 
macht.  Die  letzteren  sind  freilich  verkommene 
Häuflein,  bis  zur  niedersten  Stufe  des  mensch- 
lichen Lebens  herabgesunken,  theils  gelb,  Hot- 
tentotten von  Abkunft,  theils  schwarz,  mit  den  ; 
Betshuanen  verwandt.  Letztei-e  treiben  zum  ' 
Theil  selbst  noch  eine  Art  von  kümmerlichem 
Ackerbau  und  Viehzucht  —  jene  dagegen  leben 
ausschliesslich  von  dem  dann  und  wann  mit 
vergiftetem  Pfeile  erlegten  Wilde  und  der  arm- 
seligen Pflanzenkost,  die  die  Wüste  darbietet. 

Diesen  ärmsten  unter  den  armen  Völkern 
Afrika's  hat  hier  auch  die  Mission  noch  nicht 
nahe  treten  können,  weil  die  Beschaffenheit  des 
Landes  unübersteigliche  Hindernisse  entgegen- 
stellte*). Unter  ihren  östlichen  Nachbarn  da- 
gegen ist  die  Mission   schon  seit  langer  Zeit 

*)  Der  weiter  östlich  wohnenden  Buschmänner  hatte 
sich  zu  Anfang  dieses  Jahrhunderts  die  L.  M.  S.  anzu- 
nehmen versucht,  auf  den  auf  No.  12  angedeuteten  Orten 
Makunskr.  und  Malapitse,  allein  ohne  dauernden  Erfolg. 

Grundemann:  Missionsatlas.  II,  2. 


thätig.  Es  sind  die  Betshuanen.  Ihr  Land 
freilich  zeigt  auch  einen  ungleich  günstigeren 
Charakter.  Von  der  Ebene  der  Wüste  steigt  es 
durch  Hügelland  zu  hohen  Gebirgszügen  an, 
zwischen  denen  hie  und  da  ein  permanenter  Fluss 
ein  fruchtbares  Thal  bildet,  während  zahlreiche 
Regenflüsse  wenigstens  in  den  meisten  Gegenden 
Ackerbau  und  damit  sesshaftes  Leben,  wenn  auch 
unter  mancherlei  Noth  der  Dürre,  möglich  machen. 
Weiter  nach  Osten  folgt  auf  dieses  Übergangs- 
gebiet ein  für  die  Kultur  noch  viel  versprechen- 
i  des  Gebirgsland,  dessen  Metallreichthum  bergende 
Höhen  sich  bis  zu  den  mächtigen  Drakenbergen 
steigern.  Diese  letztei'en  Gebiete  bilden  jetzt  den 
Oranje -Freistaat  imd  die  Transvaal-Republik*").' 
Früher  gehörten  sie  den  Betshuanen -Stämmen, 
namentlich  der  östlichen  Gruppe,  den  Basuto. 
Seit  geraumer  Zeit  aber  haben  von  Osten  kom- 
mende Käfern  die  frühere  Bevölkerung  verdrängt 
oder  zersplittert  und  sich  zwischen  denselben 
;  niedergelassen.  Jetzt  jedoch  sind  alle  diese  Ein- 
'  geborneu,  wofern  sie  der  Gewalt  der  Holländi- 
schen Einwanderer  nicht  gewichen,  ihrer  Selbst- 

*)  Diese  Republiken  sind  bekanntlich  von  den  Boers, 
Kolonisten  Holländischer  Abkunft,  gegründet,  die  sich  um 
die  Mitte  der  dreissiger  Jahre  durch  Auswanderung  aus 
dem  Kaplande  der  Britischen  Oberhoheit  entzogen.  In 
kirchlicher  Beziehung  blieben  dieselben  in  Connex  mit 
der  Holländischen  reformirten  Kirche  des  Kaplandes.  In 
neuerer  Zeit  hat  sich  indessen  eine  Spaltung  gebildet 
und  die  religiös  regeren  Kreise  haben  sich  zu  einer  se- 
parirten  Kirche  zusammengeschlossen,  deren  Ausgestaltung 
noch  nicht  vollendet  ist.  Dieselbe  steht  in  sofern  mit 
der  „christlyk  afgescheidenen"  Kirche  in  Holland  in 
Verbindung,  als  ein  von  letzterer  für  die  Heidenmission 
ausgesandter  Arbeiter  durch  die  Verhältnisse  als  Leiter 
in  jene  Bewegung  gedrängt  wurde.  So  gern  man  von 
dieser  Seite  auch  besondere  Heidenmission  triebe ,  muss 
man  darauf  doch  noch  verzichten,  da  alle  Kräfte  von 
der  Arbeit  für  die  eigenen  Gemeinden  in  Anspruch  ge- 
nommen werden. 

10 


ständigkeit  beraubt  und  der  Botraässigkeit  je- 
ner unterworfen.  Die  westlichen  Gegenden, 
welche  als  zu  wenig  versprechend  von  den  Boers 
noch  nicht  in  Besitz  genommen  sind,  bilden  die 
freien  Betshuanen  -  Gebiete.  Die  Bevölkerung 
ist  in  zahlreiche  kleine  Stämme  gespalten  und 
durch  verschiedene  Ereignisse  vielfach  durch- 
einander gewürfelt.  Im  Süden  ,  einschliesslich 
der  jetzt  zum  Oranje-Freistaat  gehörigen  Länder, 
hatten  sich  seit  vielen  Jahrzehnten  die  aus  dem 
Xaplande  verdrängten  Hottentottenstämme,  ! Ko- 
ranna, und  jene  Mischlinge  von  Hottentotten  und 
Europäern,  Bastard-Hottentotten,  hier  nach  einem 
ihrer  Führer  Griqua  genannt,  niedergelassen. 
Diese  sind  es,  deren  sich  zuerst  die  Mission 
annahm  und  zwar  die  Londoner  Gesellschaft  seit 
1801.  Durch  die  Gründung  von  Griquastadt  ist 
ein  geordnetes  Gemeinwesen  hergestellt  worden ; 
obgleich  die  Fortschritte  einer  christlichen  Kul- 
tur auch  noch  manchen  Schwankungen  nacli 
innen  und  aussen  ausgesetzt  sind,  so  lassen  sich 
doch  Ei'folge  bis  in  die  neuesten  Zeiten  nicht 
verkennen.  Eine  andere  Abtheilung  der  Griquas 
stand  früher  ebenfalls  unter  der  Pflege  der  Lond. 
Miss.  Soc,  südwestlicli  zu  Philippolis  (vergl.  No. 
10),  ist  aber  seit  einigen  Jahren  dem  wachsen- 
den Einflüsse  der  Weissen  gewichen  und  unter 
I'ührung  des  Adam  Kok  nach  dem  früheren 
Nomansland,  jenseits  der  Drakenberge  (No.  11), 
übergesiedelt.  (In  der  Nähe  hatte  sich  schon 
vorher  ein  Haufe  Basuto  unter  Nehemia  nieder- 
gelassen.) Die  Anglikanische  (S.  P.  G.)  wie  die 
Londoner  Mission  sucht  sich  dort  ihrer  anzu- 
nehmen. 

Unter  den  IKoranna  im  Oranje-Freistaat  hat  die 
Berliner  Mission  gewirkt.  Wegen  der  Unbestän- 
digkeit und  Wanderlust  des  Volkes  mussten  meh- 
rere Stationen  nach  kurzem  Bestehen  aufgegeben 
werden.  Pniel,  wie  das  schon  erwähnte  (No.  11) 
Bethanien,  um  die  sich  auch  Betshuanen  verschie- 
dener Stämme  gesammelt,  während  die  IKoranna 
zusehend  dahinschwinden,  werden  fortgeführt. 
Der  Londoner  Missionskreis  zu  Lekatlong  seit 


1841  hat  ebenfalls  gemischte  Bevölkerung,  doch 
bilden  Betshuanen  dort  bei  weitem  das  Über- 
gewicht. Wir  erinnern  hier  nur  daran ,  dass 
dieses  ausgedehnte  Volk,  verwandt  mit  den 
Käfern,  zu  der  grossen  Süd  -  Afrikanischen  Völ- 
kerfamilie, die  man  wohl  mit  dem  Namen  Bunda- 
Völker  bezeichnet,  gehören  und  bis  tief  ins  Innere 
von  Afrika  seine  Sitze  hat.  Die  eben  erwähnten 
Stämme  sind  die  am  weitesten  nach  Süden  vorge- 
drungenen Theile  desselben.  Sie  leben  unabhängig 
von  einander,  Viehzucht  und  Ackerbau  treibend, 
meist  in  Städten  (nicht  wie  die  Käfern  in  ein- 
zelnen Kralen),  die  oft  eine  bedeutende  Ein- 
wohnerzahl wie  5000  oder  selbst  10-  bis  12000 
aufweisen  können.  Die  mit  Lekatlong  verbun- 
denen Stämme  Barolong,  Bamairi,  Baharutsi  sind 
jetzt  freilich  nur  Überreste,  die  aus  der  Spal- 
tung grösserer  hervorgegangen  sind.  Bedeutender 
sind  schon  die  Batlapi,  unter  denen  Kuruman 
das  Gentrum  der  Mission  bildet ,  wo  indessen, 
wie  auf  der  Französischen  Station  Motito ,  auch 
verschiedene  andere  Stämme  vertreten  sind. 
Kuruman  hat  mehrere  Aussenstationen,  wie  z.  B. 
unter  den  Batlaru.  Weiter  nach  Norden  treffen 
wir  das  Gebiet  der  Baharutsi,  auf  dem  seit  meh- 
reren Jahrzehnten  viel  Wechsel  und  Vermischung 
der  Bevölkerung  stattgefunden  hat,  namentlich 
durch  die  von  Norden  eingedrungenen  Mantati, 
deren  Reste  jetzt  an  den  Quellen  des  Caledon 
wohnen;  später  durch  die  von  Osten  unter  Sil- 
kats  (Mosilikatsi)  gekommenen  Matebele  (Käfern), 
deren  jetziges  Gebiet  (wenigstens  den  Südrand 
desselben)  No.  13  noch  eben  andeutet,  und  auf 
die  etwas  nördlicher  gelegene  Missions  -  Station 
Nyati  hinweist.  Während  dieselben  als  Eroberer 
im  Baharutsen- Lande  lebten,  hatte  der  Ame- 
rikanische Board  eine  vorübergehende  Wirksam- 
keit unter  ihnen.  —  Frühere  Stationen,  die  die  L. 
Miss.  Soc.  in  jener  Gegend  hatte,  sind,  wie  die 
Karte  angiebt,  1852  aufgehoben,  und  zwar  durch 
die  Gewaltthätigkeiten  der  Boers  aus  der  Trans- 
vaal-Republili.  Diese  Mission  hatte  namentüch 
unter  den  Bakwen  die  schönsten  Erfolge  gehabt, 


die  auch  durch  jene  politische  "Wendung  nicht 
vernichtet  werden  konnten.  Doch  schien  der 
Wirksamkeit  Englischer  Missionare  durch  die 
Feindschaft  der  Boers,  die  Englischerseits  po- 
litische Einflüsse  fürchteten,  für  immer  die  Thür 
verschlossen  zu  seiu.  Einer  anderen  Gesellschaft 
indessen,  welche  keine  Besorgnis  erregen  konnte, 
wurde  von  Seiten  der  Transvaal -Republik  bald  j 
darauf  die  Arbeit  unter  jenen  Stammen  gestattet, 
der  Hermannsburger,  die  unter  den  Bakwen,  sowie 
unter  den  nördlicher  wohnenden  Bamangwato  ' 
mit  Ereuden  aufgenommen  ward  und  bald 
Früchte  ihrer  Arbeit  sehen  durfte.  Leider 
wurde  das  Werk  schon  nach  wenigen  Jahren 
durch  den  Bruch  der  betreffenden  Arbeiter  mit 
ihrer  Gesellschaft  gelähmt.  In  neuester  Zeit  hat 
diese  zwar  wieder  die  Betshuaucu- Mission  auf-  j 
nehmen  können,  doch  ist  die  Londoner  Mission,  | 
obgleich  die  Boers  noch  immer  zu  fürchten  sind, 
in  ihr  früheres  Arbeitsfeld  eingetreten*),  und 
die  Hermannsburger  haben  südlicher  unter  den 
Baharutzen  und  östlicher  unter  den  Stämmen  iu 
der  Umgegend  von  ßustenburg  ihr  Arbeitsfeld 
gefunden. 

Endlich  ist  unter  den  Betshuanen-Missionen 
der  Wesleyaner  zu  gedenken ,  die  seit  langer 
Zeit,  wiederholt  unterbrochen  durch  die  Wan-  | 
tierungen  des  Stammes,    unter   den  Barolongs  | 
wirksam  sind,  mit  denen  sie  jetzt  selbst,  wo  der 
grössere  Theil  derselben  bis  tief  ins  Innere  ge- 

*)  Setshele,  der  König  der  Bakwen,  der  früher  in 
Kolobeng  wohnte ,  dann ,  so  lange  die  Hermannsburger 
bei  ihm  waren,  in  Liteyane,  residirt  jetzt  in  Logageng,  ! 
ein  Platz,  dessen  Lage  nicht  zu  ermitteln  war.  I 


wandert  ist,  von  Thaba  Unchu  aus  die  Verbin- 
dung aufrecht  erhalten. 

Unter  den  östlichen  Betshuanen  haben  wir 
hier  zunächst  die  schon  (No.  11)  erwähnten  Süd- 
Basuto- Missionen  der  Pariser  und  Wesl.  Miss.- 
Gesellschaft  aufzuführen. 

W^eiter  haben  unter  den  zum  Theil  noch  unab- 
hängigen Nord-Basuto,  besonders  unter  dem  Stamm 
der  Bapeli ,  die  Berliner  seit  mehreren  Jahren 
eine  gesegnete  Wirksamkeit  gehabt,  die  indessen 
gegenwärtig  durch  die  Feindschaft  des  Häupt- 
lings unterbrochen  ist.  Doch  wird  sie  auf  der 
Station  Botshabelo ,  die  für  viele  flüchtige  Ein- 
geborne  ein  Zufluchtsort  geworden  ist  (wie  auch 
der  Name  besagt),  fortgesetzt*),  während  auf 
der  andern  Seite  diese  Mission  sich  in  dem 
Zoutpausberger  Distrikt  ausdehnt  und  unter 
Matebelen  wie  Basuto  einen  günstigen  Boden 
findet.  In  der  Nähe  des  Hauptortes  dieses  Di- 
strikts, Schoemansdal,  missionirt  auch  die  refor- 
mirte  Kirche  des  Kaplandes  —  doch  konnten 
wir  nicht  die  Lage  der  Station  genauer  erfahren. 
Dieselbe  hatte  auch  eine  Zeit  lang  einen  Ar- 
beiter in  Eustenburg,  der  sich  aber  mehr  der 
religiösen  Bedürfnisse  seiner  Holländischen  Glau- 
bensgenossen (vergl.  oben  über  die  Separation) 
als  der  Heiden-Mission  anzunehmen  scheint. 

Hinsichtlich  der  Länder  jenseits  der  Draken- 
berge  verweisen  wir  auf  Blatt  15,  das  dieselben 
in  gi'össerem  Maassstabe  darstellt. 

*)  Einer  von  den  Missionaren  wirkt  vorläufig  in 
Lijdeuburg.  —  Die  als  Makapanspoort  bezeichnete  Station 
wird  neuerlichst  (Cha-)  Kha-Lekalekalc  genannt.  Ga 
Matlala  sollte  besser  (Cha-)  Kha-Matlale  geschrieben  sein. 


Nachträge  und  Berichtigungen. 

Zu  Potscherfstroom  (gewöhnlich  geschrieben  Potschefstrooin ,  vergl.  sprachliclie  Notiz  zu  No.  1(0  fehlt  das 
Ortszeichen  unter  dem  „P". 

Zu  AUisons  Missions- Station,  26°  S.  Br.,  30°  Ö.  L.,  fehlt  das  Zeichen  einer  aufgegebenen  Station  etwa  unter 
dem  „S".    Der  Name  der  Station  war  Mahamba ;  sie  bestand  bis  1846. 

Südöstlich  von  Stendal,  28°  S.  Br.,  30°  Ö.  L.,  fehlt  die  Hermannsburger  Station  Empangweni  (vergl.  No.  15). 


14.  Die  südwestlichen  Käfern -Missionsgebiete. 

Erläuterungen  zu  dieser  Karte  sind  in  dem  Texte  zu  No.  10/11  mitenthalten. 


N^  15.  Natal  und  das  Zuliiland. 


Die  Terrassen  Süd-Afrika's ,  die  wir  bereits 
beim  Kaplande  (vgl.  zu  Nr.  10  u.  11)  kennen 
lernten,  doch  in  den  östlichsten  Theilen  dessel- 
ben durch  uni'Ogelmässigere  Berggruppirung  un- 
terbrochen fanden,  treten  in  Natal  wieder  deut- 
lich zu  Tage.  Ihrem  Charakter  nach  steht  die 
Gegend  freilich  jenen  eben  erwähnten  östlichen 
Gebieten  viel  näher,  da  hier  wie  dort  zahlreiche 
Bäche,  die  sich  zu  bedeutenderen  Strömen  sam- 
meln, das  Land  fortwährend  bewässern,  obwohl 
auch  hier  die  trockene  Jahreszeit  die  Wasser- 
menge mehr  als  man  erwarten  möchte,  vermin- 
dert. Die  untei'ste  Terrasse  bildet  ein  etwa 
3  Meilen  breiter,  allmählich  ansteigender  Küsten- 
gürtel mit  tropischem  Klima.  Dunkle  Mangro- 
venwälder  bezeichnen  die  Küsteulinie ,  darauf 
folgen  dichte,  von  Schlingplianzen  in  Menge 
durchfiochtene  Wälder,  durch  die  einst  der 
Elephant  seine  Wege  brach,  die  aber  jetzt  immer 
mehr  gelichtet  werden,  um  ergiebigen  Zucker- 
rohrptiauzungen  Platz  zu  machen. 

Hinter  diesem  tropischen  Gürtel  erheben  sich 
von  den  schroffsten  Thälern  durchfurchte  Berg- 
züge zwischen  2-  und  3000  Fuss  hoch,  die  zu 
der  zweiten  Terrasse  überleiteu.  Dort  dehnen 
sich  bei  gemässigt  warmem  Klima  weite  wellen- 
förmige mit  hohem  Gras  ])estandene  Flächen 
aus,  die  nur  seltener  von  Büschen  und  Wal- 
dungen unterbrochen  sind.  Hier  liegen  die 
Weidegründe  der  Kolonie,  auch  eignet  sich 
diese  Gegend  zum  Maisbau. 

Die  dritte  Terrasse  beginnt  mit  der  Berg- 
kette, die  den  Mooi  E.  zur  Rechten  begleitet. 
Auf  derselben  herrschen  wieder  ausgedehnte 
Wälder  vor,  die  ausgezeichnetes  Bauholz  und 
Nutzholz  liefern.  Weiterhin  folgen  die  für  den 
Anbau  Euroi^äischer  Getreide  besonders  geeig- 
neten Distrikte.  Dann  kommen  die  Vorberge 
des  Drakengebirges ,  die  eine  vierte  Terrasse 
bilden ,  welche  nur  von  dem  Kamm  und  den 
bis  zu  10,000  F.  hohen  Gipfeln,  die  im  Winter 
oft  länger  mit  Schnee  bedeckt  bleiben,  über- 
ragt wird.  Ähnlichen  Charakter  hat  auch  das 
nordöstlich  angrenzende  Zululand.     Die  unzu- 

Gruudemann:  Missionsatlas.  II,  2. 


j  länglichen  Beschreibungen  desselben  liessen  je- 
doch eine  genauere  Darstellung  der  Terrassen- 
formation auf  der  Karte  noch  nicht  zu. 

Die  jetzige  Kolonie  Natal  war  bis  zum  Jahre 
1837  der  Europäischen  Kultur  wenig  zugänglich. 
Damals  überschritt   eine  Schaar  Holländischer 
]  Boeren,  um  der  Englischen  Herrschaft  im  Kap- 
}  lande  zu  entgehen,  die  Drakenberge  und  drang 
bis  zur  Bai  vor,  die  durch  ihren  am  Weihnachts- 
tage 1497  dort  ankernden  Entdecker  Vasco  de 
Gama   den   Namen   Port  Natal   erhalten  hat. 
Hier  trafen  sie  mit  einigen  Englischen  Ansied- 
lern zusammen  und  gründeten  die  Stadt  d'Urban, 
j  sowie  das  nach  ihren  Führern  genannte  Pieter- 
I  Maritzburg.    Die  junge  Kolonie  hatte  indessen 
viel  von  den  Zulu  zu  leiden ,  die  schon  unter 
'  dem  grausamen  Tshaka  diese  Gegenden  unter- 
j  werfen  hatten.  Sein  Nachfolger  Dingan  war  es, 
der  vertragsbrüchig  die  Ansiedler  bei  Weenen 
i  (d.  i.  Weinen)   überfiel  und  fast  gänzlich  auf- 
I  rieb,  worauf  neue  Schaaren  von  Boeren  unter 
Pretorius  über  das  Gebirge  nachrückend  blutige 
Rache  nahmen  uud  den  Dingan  zum  Frieden 
zwangen  (1838). 

Schon  einige  Jahre  früher  waren  unter  Din- 
gan's  Volk  Anfänge  der  Mission  gemacht  wor- 
I  den  und  zwar  von  dem  Kapitain  Gardiner  (vgl. 
zu  No.  77*),  der  Englisch -kirchlichen  Gesell- 
schaft und  dem  Amerikanischen  Board,  die  in- 
dessen durch  jene  Ereignisse  zerstört  wurden. 
Bald  dai-auf  fand  die  Englische  Besitzergreifung 
von  Natal  statt  (1841),  das  1845  zur  Kolonie 
erklärt  wurde.    Die  meisten  Boeren  liessen  sich 
dadurch  wiederum  zum   Auswandern  bewegen 
j  und  gründeten  die  Transvaal-Republik.  In  Natal 
I  aber  befestigte  sich  bald  die  Sicherheit  und  zog 
■  Schaaren  von  Einwanderern  verschiedener  Na- 
j  tionalitäten ,  darunter  auch  viel  Deutsche ,  in's 
Land ,  mehr  aber  noch  Käfern ,  die  vor  dem 
grausamen  Regiment  des  Zulukönigs  (jetzt  Um- 
panda)    dort  Schutz   suchten.     Die   Zahl  der 
eingebornen  Bevölkerung  stieg  auf  diese  Weise 


*)  Die  Karte  von  Süd- Amerika. 

11 


in  wenigen  Jahren  von  10,000  bis  auf  120,000. 
Hierdurch  bot  Natal  eine  sehr  günstige  Gelegen- 
heit für  die  Mission,  die  mit  neuem  Eifer  vom 
Amerikanischen  Board  aufgenommen  wurde,  wo- 
zu auch  die  "Wesl.  M.  S.  ihre  von  Südwest 
herauf  rückende  Kräfte  gesellte.  (Die  Wesl.- 
Stationen  in  Faku's  Gebiet,  Palmertou  und 
Emfundisweni ,  vgl.  No.  1 1  ,  werden  mit  zum 
Nataldistrikt  gerechnet  und  sind  die  ältesten  in 
demselben.) 

Beide  Gesellschaften  haben ,  wie  die  Karte 
zeigt,  jetzt  eine  ganze  Reihe  von  Stationen. 
Die  letztere  theilt  indessen  ihre  Arbeit  zwischen 
den  Eiiigebornen  und  den  weissen  Kolonisten*). 

Bald  darauf  schickte  die  Norwegische  Mis- 
sionsgesellschaft ihre  ersten  Missionare  auf  dies 
Gebiet,  1845.  Nach  mancherlei  vergeblichen 
Versuchen  jenseits  der  Tugela  gelang  es  densel- 
ben, die  Gunst  des  Zuluköuigs  zu  gewinnen  und 
bleibende  Stationen  dort  zu  gründen.  1847 
kamen  Berliner  Missionare  hinzu,  die  nach  der 
Zerstörung  der  Stationen  in  Britisch  -  Kafcrland 
der  Einladung  nach  Natal  folgten.  Die  vier 
gegenwärtigen  Stationen  dieser  Gesellschaft  sind 
auf  der  Karte  angegeben,  wozu  zu  bemerken  ist, 
dass  von  Christianenburg  aus  zugleich  eine  kleine 
Deutsche  Gemeinde  in  New  Germany  bedient 
wird.  Der  frühere  Missionar  Dohne,  der  behufs 
seiner  Übersetzungsarbeiten  in  Verbindung  mit 
dem  Amerikanischen  Board  trat,  steht  auf  seiner 
Station  Table  M.  einige  Meilen  von  Pieter-Ma- 
ritzburg.  Die  Berliner  Mission  hat  übrigens 
von  hieraus  einen  Absenker  in  der  Transvaal- 
liepublik  gewonnen,  vgl.  No.  13. 

Die  zweite  Deutsche  Mission ,  die  in  Natal 
1854  ihre  Wirksamkeit  begann,  ist  die  Her- 

*)  Rev.  Allison,  der  früher  in  Verbindung  mit  der 
Wesl.  M.  S.  von  dem  Basutolande  aus  eine  Station  unter 
den  Swazi  gegründet,  politischer  Verhältnisse  wegen  aber 
hatte  weichen  müssen,  führt  jetüt  in  Pieter - Maritzburg 
seine  W^irksamkeit  auf  eigene  Hand  fort,  zum  Theil  unter 
Mitgliedern  seiner  früheren  Station,  die  ihm  gefolgt  sind. 


mannsburger.  Nach  vergeblichen  Versuchen,  zu 
den  Gallas  in  Ost  -  Afrika  zu  kommen ,  wurde 
hier  die  Missionskolonic  Hermannsburg  gegrün- 
det, um  die  bald  eine  lleihe  von  Stationen  ent- 
standen. Vier  Jahre  später  folgte  man  der 
Einladung  der  Norweger  in's  Zululand,  woselbst 
jene  zur  Besetzung  der  für  Stationen  geeigneten 
Plätze  keine  ausreichenden  Kräfte  hatten. 

Die  Zahl  der  Hermannsburger  Stationen  ist 
dort  schnell  gewachsen ;  sie  sind  in  zwei  Kreise, 
in  Nord-  und  Süd-Zulumission  eingetheilt.  Schon 
früher  war  von  Natal  aus  nach  Aufforderung 
der  Transvaal-Eepublik  die  Betshuanen- Mission 
(vgl.  No.  13)  gegründet. 

Die  jüngste  der  Missionen  in  Natal  ist  die 
Anglikanische,  die  zunächst  dui'ch  Bischof  Co- 
lenso  ohne  Verbindung  mit  einer  Gesellschaft 
begonnen  (1854),  dann  von  der  Ausbreitungs- 
gesellschaft aufgenommen  \ind  bis  in's  Zululand 
ausgedehnt  wurde.  Coleuso  führt  jetzt  nach 
den  bekannten  Vorgängen,  die  natürlich  ihn  von 
jener  Gesellschaft  trennen  mussten,  seine  Muster- 
station Ekuka3'eni  bei  Pieter  -  Maritzburg  auf 
eigene  Hand  fort. 

Endlich  haben  wir  noch  eine  in  der  Kolonie 
selbst  vor  einigen  Jahren  gegründete  Mission 
zu  erwähnen ,  sie  nennt  sich  die  der  Hollän- 
dischen Beformirten  Kirche  von  Natal,  zu  La- 
djsmith,  und  hat  in  der  Nähe  eine  Station,  auf 
der  der  frühere  Berliner  Missionar  Illing  wirkt. 

Ausser  den  Käfern,  die  auf  besondern,  von 
der  Regierung  ihnen  zugetheilteu  Lokationen 
leben,  wo  sie  vor  Verdrängung  durch  Kolonisten 
geschützt  sind,  zum  Theil  aber  auch  bei  letzte- 
ren Beschäftigung  linden,  sind  jetzt  noch  andere 
Heiden  in  nicht  geringer  Zahl  in  Natal,  unter 
denen  die  Mission  ihr  Feld  findet.  Es  sind  die 
Indischen  (meist  Tamulischen)  Kulies ,  die  be- 
hufs des  Plantagenbaues  eingeführt  sind,  da  die 
Käfern  für  denselben  zu  wenig  Neigung  zeigen. 
Nur  die  Wesl.  -  Methodisten  unterhalten  für  sie 
einen  in  Indien  selbst  vorbereiteten  Missionar. 


Nachträge  und  Berichtigungen  für  die  Karte. 

Von  Edendale  S.  S.  W.  am  oberen  Umlazi  ist  die  "Wesl.-  Etwas  südlich  von  Sanday  (am  Tangaati),  auf  der  an- 
Station Kwangubeni  nachzutragen.  ,^     d^ren  Seite  des  Weges  liegt  die  Stadt  Victoria. 

r,  Z          TT       ■     1  ;      1     „r  Name  De  Beers-Pass  gehört  an  den  nördlicheren 

An  der  linken  Seite  des  Urageni,  da  wo  ihn  der  Weg  ^^^^  yon  Ladysmith  nach  Harrysmith;  der  südlichere 

von  Pieter-Maritzburg  nach  Ladysniith  überschreitet,  heisst  Van  Reenen's -Pass. 

liegt  der  Ort  Howiek.  ;  Die  Stadt  New-Castle  liegt  nördlicher  am  Incandu. 


2i> 


T.ith  Anst  vC.efllfarth.LVothi* . 


(VOTHA:  JUSTUS  PERTHES. 


m  16.   Ost -Afrika. 


Üst-AtVika  gehörte  bis  in  die  uenesteu  Zeiten 
/u  den  am  wenigsten  erforschten  Ländern.  Erst 
seit  wenig  mehr  als  einem  Jahrzehnt  hat  sich 
diesem  Theile  des  Continents  eine  rege  Tliütig- 
keit  Enro])äischer  Entdecker  zugewendet,  die 
uns  niclit  bloss  den  wichtigen  geographischen 
Aufschluss  über  die  mächtigen  See'n,  aus  denen 
der  Nil  seine  Wassermasse  schöpft,  gegeben, 
sondern  auch  Interesse  für  die  fruchtbaren,  reichen 
Länder  und  ihre  herrliehe,  erhabene  Natur  ge- 
weckt liabeii.  Leider  scheinen  diese  Gebiete  fiir's 
Erste  der  Europäisclien  Kultur  noch  ziemlich 
verschlossen  zu  bkiibeu,  denn  der  Sklavenhandel 
hat,  je  mehr  er  auf  der  Westküste  untei'drückt 
wurde,  hier  seine  abscheuliche  Thätigkeit  ent- 
faltet. Die  Portugiesen,  die  noch  immer  weite 
Strecken  von  Ost-Afrika  als  ilin;  Besitzungen  in 
Anspruch  nehmen,  obwohl  ihre  dortigen  Kolo- 
nien gänzlich  in  Verfall  geratlien,  sind  so  weit 
entfernt,  in  diesen  Gegenden  die  civilisatorischen 
Aufgaben  zu  lösen,  dass  vielmehr  jener  eben 
erwähnte  Feind  der  letzteren  an  ihnen  wenig- 
stens indirekt  seine  Unterstützung  findet.  In 
den  nördlicheren  Gebieten  liegt  die  Macht  in 
den  Händen  der  Araber,  die  von  Maskat  aus 
seit  geraumer  Zeit  jene  Küsten  gross tentheils 
unterworfen  hatten.  Jetzt  besteht  ein  eigenes 
Reich  unter  dem  Sultan  von  Zanzibar,  der  die 
mohammedanischen  Suaheli*)  an  der  Küste  be- 
herrscht, sowie  ihm  die  an  dei'selbeu  lebenden 
heidnischen  Stämme  unterworfen  sind.  Auf  der 
Insel  Zanzibar  selbst  ist  ein  Sammelplatz  für 
Verti'eter  der  verschiedensten  Völker;  nament- 
lich kommen  nicht  wenige  Ansiedler  von  Indien 
herüber  i^Banianen).  Araber  betreiben  von  hier 
aus  auf  bestimmten  Karawanen  -  Strassen  einen 
ausgedehnten  Handel  l)is  tief  in's  Iniu>re  Afrika's. 

*)  Ein  Misclilin!J.svolk  aus  Arabern  und  Schwarzen. 
Gruiideiiiann  ;  Misitionsatlas,    I.  .'i. 


j  Die  früheste  Mission  in  Ost  -  Afrika  war  die 
der  Jesuiten  und  Dominikaner,  die  sich  an  die 
Portugiesischen   Kolonien    anschloss.     Von  der 

i  Mitte  des  16.  bis  in  den  Anfang  des  17.  Jahr- 

I  hunderts  hatte  dieselbe  in  dem  Reiche  Mono- 
motapa*)  bei  Senna  ausgedehnte  Erfolge,  die 
aber  jetzt  fast  völlig  versehwunden  sind ;  noch 
mehr  gilt  letzteres  von  der  Thätigkeit  der  Do- 
minikaner in  Mozambique,  Sofala,  sowie  d(>ra  süd- 

i  lieher  gelegenen  Inhambano.  An  diesen  Orten 
hat  die  katholische  Mission  auch  niclit  einmal 
solchen ,  vorübergehenden ,  Einfiuss  gewonuen 
wie  in  den  Portugiesischen  Besitzungen  auf  der 
Westküste. 

Die  erste  evangelische  Mission  an  der  Ost- 
küste ist  die  der  Englisch-kirchlichen  Gesellschaft, 
welche  Krapf  nach  seiner  Vertreibung  aus  Abes- 

j  sinien  1843  in  der  Nälic  von  Mombas  unter 
dem  Stamme  der  Wanika  begann.  Die  Lage  der 
nach  mehrjähriger  Unterbrechung**)  wiederher- 
gestellten Station  Kisoludini  zeigen  die  Kartons. 

j  Ein  wenig  nördlicher  ist  unter  einem  verwandten 
Stamme  von  der  ,, Vereinigton  Methodisten -Frei- 

j  kirche"  eine  Mission  zu  Ribe  gegründet  (1863). 
Die  Absicht  war  dabei,  von  hier  aus  zu  den 
Gallas  vorzudringen.  In  neuester  Zeit  wurde, 
nach  einer  vorangegangenen  Untersuchungsreise 
in's  Gebiet  der  südlichen  Gallas,  beschlossen, 
Ribe  aufzugeben  und  eine  Station  in  jeuen  Ge- 
genden zu  errichten.  Der  Ort  derselben  lässt 
sicli  noch  nicht  angeben ,  vorläufig  wohnen  die 
Missionare  zu  Lammu,  dessen  Lage  leider  nicht 
bemerkt  ist. 


*)  Seit  der  Mitte  des  vorigen  Jahrliunderts  ist  dasselbe 
zerfallen  und  hat  sieh  in  viele  kleine  Herrscliaften  auf- 
gelöst.   Die  ehemalige  Hauptstadt  war  Zimbavp. 

**)  Dieselbe  war  durch  die  Einfälle  und  Raubzüge  der 
wilden  Massai,  IS.")! — 1859,  veranlasst. 

13 


Den  ebenfalls  iiuf  die  Gallas  gerichteten  Vci'- 
suchen  der  Hcvmunnsbuvgor  Mission  standen  ihrer 
Zeit  unüberwindliche  Hindernisse  entgegen. 

Endlich  haben  wir  der  Tliätigkeit  einer  eige- 
nen Gesellschaft  zu  gedenken,  die  von  der  Ost- 
kiiste  Centrai-Afrika  zu  christianisiren  sich  zvir 
Aufgabe  stellt.  Die  hochkirchliclie  Gesellschaft 
der  Universitäten  Oxford,  C!ambridge,  Durham 
und  Dublin  ist  in's  Leben  gerufen  durch  die 
Livingstonc'schen  Forschungen  am  Schire,  nach 
welchen  jene  Gegenden  als  sehr  geeignet  fih'Kolo- 
nisations-  und  Missions-TJntornehraungen  ei'schie- 
nen.  Die  1<SG1  — 18615  gemachten  Vei'suche  zu 
Magomero  (später  bei  Clhibisa's  Dorfe)  sind,  nach- 
dem sie  schwere  Opfer  gekostet,  so  gänzlich  an 
den  Verliältuissen  gescheitert,  dass  Rieses  (Je- 
biet  aufgegeben  werden  niusste.  Dafiir  liat  die 
Gesellschaft  nun  die   Insel  Zanzibar  zur  Basis 


genommen,  um  von  hier  aus  eine  weitere  Wirk- 
samkeit nach  Inner-Afrika  zu  eröffnen. 

Seit  I860  waren  dort  bereits  katholische  Mis- 
sionare von  der  Gesellschaft  des  Heil.  Geistes 
und  des  Unbefleckten  Herzeus  Maria  in  Scliulen 
und  einem  Hospitale  thätig.  Schon  vor  längerer 
Zeit  hatten  dieselben  einen  Punkt  an  der  Küste. 
Bagamoyo,  fih-  eine  weitere  Station  in's  Auge 
gefasst.  Doch  verlautete  bisher  nichts  über  die 
Ausführung  der  Absicht. 

In  einem  Karton  sind  noch  die  Seychellen 
gezeigt,  nicht  sehr  bedeutende  In.selchen  mit 
etwa  7000  Einwohnern,  meist  freien  Negern. 
Die  kleine  anglikanische  Gemeinde,  der  sidi  die 
Ansbrcitungs-Gesellschaft  annimmt,  ist  nach  dem 
letzten  Jahresbericht  gegenwärtig  ohne  ansässigen 
Missionar.  Die  katholische  Mission  wird  dort 
von  Kapuzinern  getrieben. 


GOTHA:  JUSTUS  PERTHES. 


N**.  17  u.  18.  Madagaskar. 


Madagaskar,  nächst  Borneo  die  grösste  Insel 
der  Erde,  etwa  um  1000  Deutsche  Q.-Meileu 
grösser  als  Fraukreich,  besteht  aus  eiuem  reich- 
gegliederten Bergland.  Dasselbe  lehnt  sich  an 
einen  die  Insel  der  Länge  nach  durchziehenden 
Kücken  au,  der  sich  mit  den  höchsten  Gripfeln 
bis  zu  6000  Fuss  über  das  Meer,  meist  je- 
doch nur  500  bis  600  Fuss  über  die  nächste 
Umgebung  erhebt,  (irosse  Strecken  sind  hier 
noch  mit  dichtem  Urwald  bedeckt,  der  auf  den 
hier  und  da  ausgebreiteten  Hochplateaux  grössten- 
theils  der  Kultur  gewichen  ist.  Die  letzteren 
sind  von  vielen  i-eichlich  Üiessenden  Strömen 
durchfurcht,  die  sich  in  lachenden  Thälern  mit 
üppiger  Vegetation  liinschläugelu.  Dies  durch 
ein  herrliches  Klima  ausgezeichnete  (xebiet  isi 
an  der  Küste  vielfacii  mit  sumptigen  Striclien 
gesäumt,  in  denen  tödtliche  Fieber  hausen. 

Die  Bewohner,  Malagasi,  Malagaschen  genannt, 
bilden  zwei  ethnograi)hisch  verschiedene  Gruppen. 
Die  der  westlichen  Hälfte  der  Insel  zeigen  schon 
durch  ihre  schwarze  Hautfarbe  und  ihr  wolliges 
Haar  die  Verwandt hchaft  mit  den  Afrikanischen 
Völkern,  während  die  östliche  Hälfte  von  oliveu- 
braunen  Stämmen  Malaiisclier  Abkunft  bewohnt 
ist.  Unter  jenen  sind  die  Sakalavas  die  bedeu- 
tendsten ,  unter  diesen  werden  gewöhnlich  die 
Betsimasarakas ,  Betsileos,  Betanimenas  und  die 
Hovas  hervorgehoben,  welche  letztere  seit  1810 
die  OberheiTschaft  über  die  ganze  Insel  erlaugt 
haben ,  die  früJier  in  den  Händen  vieler  unab- 
hängigen Häuptlinge  war.  Radama  L,  der  diese 
politische  Umgestaltung  bewirkte,  gewährte  auch 
zuerst  Europäischen  Einflüssen  Kaum,  besonders 
in  der  Abschaffung  des  Sklavetiliandels  in  Folge 
eines  Vertrages  mit  der  Englischen  Kegieruug. 
Früher  hatten  nur  vorübergehend  die  l^n'tugiesen 
1508  und  die  Franzosen  von  1612  an  auf  Mada- 
gaskar Niederlassungen  gehabt ,  letztere  lui- 
mentlich  in  der  südöstlichsten  Provinz  Anosy 
zu  Fort  Dauphin),  wo  auch  katholische  Missio- 
nare (Lazaristen)  bedeutenden  EinÜuss  erreichten, 
bis  die  heidnische  Keaktion  sich  erhob  und  nach 
vielem  Blutvergiessen  die  Aufhebung  der  Nieder- 
lassung zur  Folge  hatte  (1672).  Die  evange- 
lische Mission  fand  an  Kadama's  civilisatorischen 
Bestrebungen  die  (Gelegenheit ,  in's  Herz  von 
Madagaskar  einzudringen.  Die  Londoner  Missions- 
gesellschaft durfte  in  der  Hauptstadt  Antanana- 
rivo selbst  eine  ausgedehnte  Thätigkeit  entfalten, 
besonders  durch  Schulen  .sowie  durch  die  Presse. 
Die  Erfolge  übeitrafen  alle  Erwartungen.  Das 
Evangelium  hatte  bereits  in  dem  ersten  Jahr- 
zehnte im  Volke  so  tiefe  Wurzeln  geschlagen,  dass 

Griindeniann:  Missh'tiadtlu«.    I.  :i. 


die  Christenfeindin  Kanavalona,  die   1828  mit 
j  Kadama's  Ermordung  sich  des  Thrones  bemäch- 
tigte, zuerst  durch  Beschränkungen,  dann  durch 
blutige  \'(!rfolgungen  (seit  1835)  es  nicht  wieder 
'  auszurotten  vermochte,  obgleich  die  letzteren  ein 
Vierteljalirhundert  hindurch  dann  und  wann  mit 
erneuter  Gewalt  betrieben  wurden.    Es  ist  be- 
kannt genug,  welche  Märtj-rerkronen  damals  auf 
i  Madagaskar  errungen  sind.    Die  Zahl  der  ge- 
!  tödteten  Christen  übersteigt  nach  geringster  Be- 
!  rechnuug  2000.    Vielen  andren  gelaug  es,  in 
j  unzugänglichen  Wäldern  eine  Zutluchtsstätte  zu 
finden,  avo  sie  ihrem  Glauben  zu  Liebe  harte 
Entbehrungen  ertrugen.    Endlich  starb  die  Kö- 
nigin (1861).  Kadama  II.  befolgte  sogleich  eine 
andre  Politik  und  gewährte  den  Europäern  wie- 
der Zugang.    Schaaren  von  Christen  sammelten 
sich    U7Ü  die    zurückkehrcniden   Londoner  Mis- 
sionare, n(^ben  denen  jetzt  auch  katholische  auf- 
traten ^Jesuiten),  die  schon  seit  1845  von  Ke- 
union  aus  in  der  Stille  gearbeitet  hatten. 

Die  Hoffnungen,  die  maii  zuerst  auf  Kada- 
ma's II.  Geneigtheit  fiir's  Christenthum  setzte, 
haben  sich  nicht  A  erwirklicht.  Er  ist  nach  kurzer 
Kegierung,  in  der  er  sich  seines  Amtes  nicht 
sehr  würdig  erwies,  1863  einem  Aufstande  er- 
legen, d(!r  wieder  eine  Königin,  die  sich  zum 
Heidentlium  bekennt,  auf  den  Thron  brachte. 
Rasoherina  aber  sucht  den  Verkehr  mit  den  Eu- 
ropäischen Nationen  zu  erhalten ;  namentlich  ist 
vor  Kurzem  mit  England  ein  Vertrag  abgeschlos- 
sen, in  dem  ansdi-üeklich  Religionsfreiheit  garan- 
tirt  wird.  Die  letzten  .lahri-  haben  gezeigt,  dass 
dieselbe  in  der  That  besteht  und  die  Mission 
ungehindert  hat  fortarbeiteu  können. 

Da  die  Londoner  Mission  ihre  unmittelbare 
Thätigkeit  auf  die  Landschaft  Ankova  beschränkt, 
so  haben  andre  (Jescllschaften  in  andren  Theilen 
des  Landes  Stationen  gegründet.    Die  Ausbrei- 
tungs-Gesellschaft (S.  P.  (j.)  hat  die  Strecke  vom 
Hivondrona  bis  Fenoarivo  als  besondres  Arbeits- 
gebiet gewählt.  Die  Englisch-kirchliche  hatte  zwei 
Missiojiare  in  der  Provinz  Vohimare,  die  in- 
dessen, weil  die  Bevölkerung  nur  späi-lich  ist 
und  andrer  Schwierigkeiten  halber  nach  Ande- 
vorante  (Audevorandro)  übergesiedelt  sind.  Eiid- 
I  lieh  ist  die  Norwegische  Missions-(resellschaft  im 
'  Begriff,  mit  mehreren!  Arbeitern,  die  bereits  in 
der  Hauptstadt  mit  der  Erlernung  der  Sprache 
beschäftigt  sind,  zu  Fort  Dauphin  und  Mojanga 
Stationen  zu  errichten.  Friends  (Quäker)  aus  Ame- 
j  vika  und  England  haben  in  neuester  Zeit  ebenfalls 
I  Arbeiter  nach  Madagaskar  geschickt,  die  in  Anta- 
nanarivo ihren  Wohnsitz  nahmen.  Die  Jesuiten- 

14 


Mission,  die  von  Burmherzigcn  Schwestern  unter- 
stützt wird,  hat  ihren  Sitz  in  der  Hauptstadt 
Tamatave  und  Umgegend,  sowie  in  den  benach- 
barten Französischen  Besitzungen. 

Auf  No.  18  geben  wir  einen  genaueren  Plan 
der  Hauptstadt,  der  die  Lage  der  in  den  Missions- 
blättern erwähnten  Örtlichkeiten  zeigt,  z.  B.  die 
verschiedenen  Plätze,  wo  zur  Zeit  der  Verfolgung 
die  Hinrichtungen  erfolgten,  wie  Ampamarinana, 
Ambolnpots}',  Arabatonakanga  u.  a.  Hier  werden 
von  der  Lond.  Miss.  Soe.  Gedäuhtnisskirchen  er- 
richtet, deren  erste  an  dein  letztgenannten  Orte 
bereits  vollendet  ist.  —  Die  Katboliken  haben 
ihre  Stationen  in  Andohalo  und  Anibohimitsim- 
bina;  die  Lage  des  letztgenannten  Stadttheils 
konnten  wir  nicht  ermitteln. 

Ein  andrer  Karton  zeigt  die  Provinz  Imeriua 
und  die  Lage  der  Ortschaften,  in  welchen  sich 
christliche  Gemeinden  befinden,  die  von  den 
Missionaren  der  Hauptstadt  besucht  werden. 
Leider  sind  die  vorhandenen  Angaben  über  diese 
Ortlichkeiteu  zu  gering,  als  dass  die  Zeichnung 
auf  Vollständigkeit  und  vöUige  liichtigkeit  An- 
sprucli  machen  könnte.  Nur  über  diejenigen 
dieser  Aussenstationen ,  die  zu  Amparibe  ge- 
hören, lag  ein  Verzeichniss  vor,  daher  nur  diese 
durch  eine  Unterstreichung  hervorgehoben  wer- 
den konnten. 

Der  dritte  Karton  endlich  dient  zur  Veran- 
scliaulichung   der  Reiseroute   vom  Hafenplatz 
Tamatave  nach  Antananarivo  und  zeigt  zugleich  [ 
das  Missionsgebiet  der  Ausbreitungs-Gesellschaft 
in  grösserem  Maassstabe.  i 

Auf  No.  17  fiuden  sich  noch  zwei  kleinere 
Inseln  dargestellt,  die  zu  Madagaskar  überliaupt 
und  b<;sonders  als  Missionsfeld  in  näherer  Bezie- 
hung stehen:  Mauritius  und  Reuuion.  Beide  \ 
sind  vulkanischen  Ursprungs  und  eignen  sich 
mit  dem  fruchtbaren  Boden  ilu'er  alten  Lava- 
felder für  die  Erzeugung  verschiedener  Kolonial- 
Produkte.  Seit  mehreren  Jahrhunderten  sind  sie 
Europäische  Besitzungen.  Mauritius,  von  Portu- 
giesen entdeckt,  seit  1598  den  Holländern  ge- 
hörig, die  ihm  diesen  Namen  beilegten,  den  die 
Franzosen,  als  sie  1721  die  Lisel  erhielten,  in 
Isle  de  France  verwandelten  und  bis  jetzt  fest- 
halten, obgleich  die  Engländer,  seit  181Ü  Herren 
der  Insel,  den  früheren  Namen  wiederherstellten. 
Die  Bevölkerung  besteht  aus  Weissen,  meist  Fran- 
zösischer Abkunft  und  katholisch,  die  in  den 
verschiedeneu  Theileu  der  Insel  auf  den  Plan- 
tagen leben.  Ausser  ihnen  findet  sich  eine  etwa 
acht  Mal  grössere  Negerbevölkerung,  aus  den  Zei- 
ten d(!r  Sklaverei  stammend ,  und  zwanzig  Mal 
soviel  Hindus  (seit  den  letzten  Jahrzehnt(ui),  die 
als  Kulies  zur  Plantagenarbeit  hinübergebracht 
werden,  sowie  ;J()()()  Chinesen. 

Schon  1814  begann  die  Lond.  M.  Soc.  hier 
die  Mission  unter  den  damaUgen  Negersklaven. 


Nach  Abbruch  der  Wirksamkeit  auf  Madagaskar 
wurde  dieselbe  auf  Mauritius  fortgefiihrt ,  wo 
eine  nicht  geringe  Zahl  von  Malagaschen  zur  Zeit 
der  Verfolgung  Zutlucht  suchton.  Für  sie  wurde 
j  in  Moka  eine  eigne  Ansiedlung  gegründet.  Da 
Madagaskar  auch  durch  den  Handel  stets  mit 
Mauritius  in  Verbindung  blieb,  wurde  dies  die 
geeignete  Basis  zur  Aufi-echterhaltung  jener  ge- 
fährdeten Mission.  In  neuerer  Zeit  bietet  es 
mit  seiner  Menge  heidnischer  Kulies  gleichfalls 
ein  geeignetes  Missionsfeld ,  auf  dem  besonders 
die  Ch.  M.  S.  wirkt.  Zu  Powder  Mills  steht  ein 
Waisenhaus  unter  ihrer  Leitung.  Seit  1852  ist 
Mauritius  Sitz  eines  anglikanischen  Bischofs, 
unter  dem  auch  Arbeiter  von  der  S.  P.  G.  in 
innerer  wie  äusserer  Mission  thätig  sind.  End- 
lich ist  die  Insel  auch  insofern  ein  Missionsfeld, 
als  hier  die  durch  die  Englischen  Kreuzer  an 
der  Ostküste  von  Afrika  befreiten  Neger  ab- 
gesetzt werden. 

Die  katholische  Mission  wird  hier  von  dei- 
Congregation  des  Heiligen  Geistes  und  des  ün- 
betieckten  Herzens  Maria  getrieben,  unterstützt 
von  einigen  kleineren  Gesellschaften*).  Dieselbe 
ist  auf  Bc'uniou  thätig,  woselbst  ein  katholischer 
Bischof  zu  S'- Denis  seinen  Sitz  hat.  An  dieser 
Insel  hat  die  katliolische  Mission  auf  Madagaskar 
ebenso  ihre  Basis  wie  die  evangelische  an  Mau- 
ritius. Zwei  vor  einigen  Jahren  erwähnte  [nstitute 
zur  Erziehung  von  Madagaschen-Kindern ,  Ees- 
source  und  Nazareth,  konnten  wegen  mangelnder 
Angabe  ihrer  Lage  auf  dem  Kärtchen  nicht  "ver- 
zeichnet werden.  Was  Reunion  anbetrifft,  so 
vergesse  man  nicht,  dass  es  gegen  Mauritius 
nur  im  halben  Maassstabe  gezeichnet  ist.  Die 
Erklärung  der  Zahlen  konnte  auf  der  Karte 
keinen  Platz  finden  und  folgt  daher  hier. 


1 

Pointe  aux  Piments. 

13  LePouce-M.(28()0' 

2 

Powder  Mills  ^^Indi- 

alter  Vulkan). 

sches  Waisenhaus). 

14  Peter  Bott  M. 

3 

Arsenal. 

15  Piaines  St-Pierre. 

4 

Baie  aux  Tortues 

16  R.  du  Rempart. 

(Turtle-B.). 

17*Tamarind  R. 

5 

B.  &  R.  du  Tombeau. 

18  Black  River  M^ 

6 

Eicheterre. 

19  Terre  Rouge  M'*. 

7 

Piton  M. 

20  Le  Petrin. 

8 

Ville  Bag.ue. 

21  R.  des  Anguilles. 

9 

Piaines  de  Roches. 

22  Dragon  R. 

10 

Eiviere  seche. 

2;5  S'  Armand  R. 

11 

Reduil. 

24  Baraboo  M'*. 

12 

Little  Riv.  Vil. 

Distrikte. 

1 

Port  Louis. 

VI  Moka. 

11 

Piaines  Wiliielnis. 

VII  Flacq. 

VIII  Eiviere  du  Rem- 

[II 

Black  River. 

IV 

Savanne. 

part. 

V 

Grand  Port. 

IX  Pampleniousses. 

*)  Vergl.  zu  No.  1. 


N".  19.  Abessinien. 


Abcssinicn  ist  ein  Hoohlaud ,  das  sich  gegen 
Osten  und  Nordosten  terrasseufönuig  zu  den 
tiachcn  Landstrichen  licrabseukt,  die  es  von  dem 
Meere  scheiden.  Je  ungünstiger  das  Klima  der 
letzteren  mit  ihren  ausgedörrten  Sandsteppen 
ist,  desto  herrlicher  erscheint  dem  Wanderer  das 
jenes  Alpenlandes,  zu  dem  er  durch  wilde  Schluch- 
ten emporsteigt.  Dort  erheben  sich  kühne  Berg- 
zinken und  schroffe  Tafelberge,  mächtige  Felsen- 
hurgen, auf  denen  selbst  im  Sommer  Schnee  voi*- 
kommt,  daher  an  ihrem  Fusse,  wo  klare  Bäche 
rinnen,  die  Sonnengluth  durch  kühlere  Lüfte  ge- 
mildert ist,  denen  kräftige  Wälder,  frische  Wiesen 
ixnd  üppige  Kornfelder  ihren  Schmuck  verdanken. 
Zwiscliendurch  erblickt  man  hie  und  da  ein  Dörf- 
lein, in  dessen  Mitte  die  runde  Kirche  mit  dem 
Kreuz  auf  ihrem  spitzen  Dach  uns  zeigt,  dass 
wir  in  einem  christlichen  Lande  sind.  Freilich 
sind  die  braunen  Abessinier  Christen  seit  alter 
Zeit,  indessen  befinden  sie  sich  seitJahrliunderteu 
in  einer  solchen  kirchlichen  Erstarrung  und  sitt- 
lichen Verkommenheit,  dass  ihre  Belebung  mit 
Eecht  der  Mission  als  Aufgabe  zufällt.  Als 
Monopliysiten  verketzert ,  waren  sie  schon  bald 
in  ein  unfruchtbares  Formelwesen  gerathen,  das 
sich  nur  gesteigert  und  die  Wirkungen  leben- 
digen Christenthums  fast  verdrängt  hat,  seitdem 
die  Finthen  des  Islams  sich  um  ihre  Grenzen 
ergossen  und  Abessinien  als  vereinsamte  Insel 
vom  Zusammenhange  mit  christlichen  Ländern 
trennten.  Lange  Zeit  hindurch  errangen  die 
dort  in  grosser  Zahl  lebenden  Juden,  Fallaschas, 
die  Herrschaft  (im  IL  und  12.  Jahrhundert). 
Später  erhoben  die  benachbarten  Miiliammedaner 
fanatische  Kämpfe  gegen  die  Christen ,  deren 
Kirche,  obgleich  mit  Eifer  vcrthoidigt,  dabei  nur 
noch  mehr  in  Erstarrung  versank.  Weiter  trug 
das  Eindringen  heidnischer  Galla-Stämme  von 
Süden  her  nicht  wenig  dazu  bei ,  Abessiiiiens 
Fall  zu  fördern      Früher  war  das  ganzc^  Land 

*)  Jetzt  sind  diese  Uallas,  die  in  den  südliclien  Land- 
Gruiuli'mann :  •\fis^iiinxiillax.  1,3. 


von  eine  m  Herrsclnn",  Negus,  regiert,  nachher 
hatten  die  drei  Keiche  Amhara,  Tigre  und  Schoa 
neben  einander  bestanden ;  indessen  gewannen 
die  untergeordneten  Häuptlinge  immer  mehr 
Selbstständigkeit ,  und  obgleich  unter  dem  ge- 
meinsamen geistUcheu  Oberhaupte  Abuna  sich 
die  kirchliche  Einheit  erhielt,  ward  die  politische 
Zersplitterung  immer  gTÖsser,  bis  in  neuester 
Zeit  (1855)  Kaiser  Theodoros  sich  wieder  fast  das 
ganze  Land  unterwarf.  Vor  ihm  war  in  Tigre 
König  Ubie  zu  ausgedehnter  Macht  gelangt. 
Unter  des  letzteren  Herrschaft  hatte  die  Eng- 
lisch-kirchliche Gesellschaft  seit  1829  eine  Wirk- 
samkeit [Gobat,  Isenberg],  die  1838  durch  den 
Einfluss,  den  römische  Missionare  auf  den  König 
gewonnen ,  mit  Ausweisung  der  Evangelischcai 
endete.  Einige  Jahre  lang  hielten  sich  die  letz- 
teren (Krapf,  zuerst  auch  Isenberg)  noch  in 
Schoa,  1842  aber  musstc  diese  Mission  auf- 
gegeben werden. 

Erst  1854  kamen  wieder  evangelische  Send- 
boten nach  Abessinien.  Durcli  die  Anstrengungen 
Gobat's  (jetzt  Bischof  von  Jerusalem)  wurden 
Brüder  von  St.  Krischona  zunächst  als  Hand- 
werker dorthin  gesandt,  die  bei  Theodoros,  der 
die  katholischen  Missionare  vertrieb,  eine  gün- 
stige Aufnahme  und  Gelegenheit  fanden,  im  evan- 
gelischen Sinne  zu  wirken  und  Bibeln  zu  ver- 
breiten*). Eine  eigentliche  Missionsthätigkcit 
aber  durfte  nur  unter  den  Fallaschas  getrieben 
werden,  was  die  Londoner  Juden -Missions -Ge- 
sellschaft sowie  die  Schottische  Kirche  zum 
Theil  auch  durch  Krischona  -  Brüder  that.  Seit 


Schäften  sich  niedergelassen  haben,  meist  zum  Islam  über- 
gegangen. Nicht  wenige  andre  Muhammrdanev  wolim^n 
übrigens  durch  ganz  Abessinien  zerstreut  und  haben 
grösstentlieils  den  Handel  in  ihren  Händen. 

*)  In  der  Abesslnisolien  Kirche  ist  bis  jetzt  die  alte 
.Ühiopische  (Ge'ez)  Ribeliibersetzung  in  (Jebranch,  von  der 
aber  selbst  die  Priester  wonig  verstehen ;  eine  Übersetzung 
in  die  jetzige  Landessprache  (Aniharisch)  hatte  die  Bri- 
tische Bibelgesellschaft  bereits  um  1820  herausgegeben. 

15 


einigen  Jahren  aber  hat  bekanntlich  Theodovos, 
dem  es  von  Anfang  an  wohl  nur  auf  den  Voi"- 
theil  ankam,  den  er  aus;  der  Industrie  jener 
Laienbrüder  zog,  in  tyrannischer  Weise  die  Mis- 
sionare sammt  andren  Europäern  (unter  denen 
sogar  der  Englische  KonsuP  in  Fesseln  gelegt 
und  erst  in  neuester  Zeit  steht  durcli  die  Eng- 
lischen Rüstungen  eine  Änderung  der  Zustände 
in  Abessinien  in  Aussicht. 

TJnsre  Karte  zeigt  uns  noch  zwei  Stationen 
der  Apostelstrasse  (siehe  zu  2so.  20),  Khartüm 
(St.  Thomas)  und  Matauimah  (St.  l'aulusX  letz- 
tere wird  jedoch  wahrsclieinlich  nach  dem  nord- 
östlich gelegenen  Qedaref  (nach  dem  Hauptorte 
Süq  Abu  Sin  r)  verlegt  werden ,  wo  bereits  die 
Missionare  in  der  Regenzeit  sich  aufhielten. 

Andi-e  Arbeiter  der  Krischona  versuchen  jetzt 
eine  Station  zu  Fazoi[li  am  Blauen  Nil  zu  grün- 
den, nachdem  sicli  dies  am  Weissen  Nil  bis  jetzt 
wegen  des  Sklavenhandels  als  unmoglii-li  licr- 
ausgestellt  hat.  Die  Absicht  war,  von  Khartüm 
aus  nach  den  Ceutral-Afrikanischen  Seeländern 
eine  Statioueui'eihe  anzulegen  (Propheteustrasse), 
deren  Ziel  eine  Mission  in  Uganda  wäre.  (Siehe 
Kartoit  auf  No.  20  u.  No.  16.) 

Vor  1  '/2  Jahren  hat  die  Schwedische  Missions- 
gesellschaft (Evangeliska  Fosterlauds  Stiftelseu) 
Missionare  nach  den  mehr  oder  weniger  unab- 


hängigen Nord  -  Abessinischen  Grenzländem  ge- 
schickt, wo  sicli  dieselben  unter  dem  heidnischen 
Kunama-Stamm  \^gehört  zu  deu  Sliannualas.  wo- 
nach die  Stellung  des  letzteren  Namens  auf  der 
Karte  zu  berichtigen  ist)  niedergelassen  haben. 

Katholische-  Mission  ist  schon  im   16.  Jahr- 
hundei't  in  Abessinien  betrieben  worden.  Die- 
I  selbe  stellte  sicli  die  Aufgabe,  die  Schismatiker 
zur  katholischen  Einheit  zurückzuführen.  Die 
Jesuiten  hatten  später  darin  so  guten  Erfolg, 
dass  von  1626  bis  16.82  das  römische  Bekenntniss 
!  zur  Staatsreligion  erhoben  war.    Die  dann  ein- 
tretende Reaktion  verschloss  den  Katholiken  das 
Land  auf  lange  Zeit.    Erst   1838  fanden  ihre 
Missionare  in  Tigre  wieder  Eingang,  bis  sie, 
wie  bereits  erwähnt,  von  Theodoros  abennals 
vertrieben  wurden.  Dennoch  setzen  sie  in  deu 
Nachbarländern  ihre  Wirksamkeit  fort,  nament- 
I  lieh  die  Lazaristen   zu  Keren   im  Bogozlande 
j  sowie  in  Massua.    Die  Kapuziner  dagegen  ar- 
beiten unter  deu  südlichen  Nachbani  von  Abes- 
^  sinien,  den  grossentheils  bereits  zum  Tslam  be- 
I  kehrteu  Galla -Stämmen  sowie  den  namenchrist- 
licheu  Sidamas  in  Kafa.    Als  Stationen  wei'den 
angegeben :  Kafa ,  Uuera ,  Gammara  und  Barro. 
Dieselben  liegen  sämmtlich  zu  weit  uach  Süden, 
um  auf  unserer  Karte  angegeben  zusein;  siehe 
dali<  r  No.  1 . 


Nachträge  und  Berichtigungen  zur  Karte. 

Zu  Seu'ar  fehlt  das  Urtszeicheu.  (ins  uumiuelbar  liinier  da^         an  den  Blaueu  Nil  geset/l  sein  sollte. 
Tsaho  L.  muss  heissen  Tsado  L. 
Über  die  Orthograpliie  vgl.  zu  No.  20. 


i 


20.  Ägypten  und  die  Länder  am  oberen  Nil. 


Ägypten  stellt  der  Mission  eine  zwiefache 
Aufgabe:  unter  den  Muhanuuedanern  nnd  unter 
den  Kopten.  Letztere  sind  zwar  Christen  und 
halten  fest  au  ihrem  Bekenntnis,  namentlich  an 
ihren  monopliysitisclien  ünterscheidunoslehr-en. 
Doch  zeigt  sich  darin  gerade  eine  Erstarrung  in 
dogmatischen  Fonuein ,  die  von  einem  tiefen 
Verfall  des  christlichen  Lehens  begleitet  ist,  der 
Anregungen  zur  Xeubelebuug  von  aussen  her 
dringend  erforderlich  macht.  Ihnen  haben  sich 
denn  auch  besonders  die  Missions-Unteriu'hmun- 
geu  zugewendet.  Unter  den  Muhammcdancrn  wa- 
ren schon  seit  Jahrhunderten  dann  und  wann  von 
katholisclieu  Missionai'en  einzelne  Versuche  ge- 
maclit  worden ,  die  meist  mit  grausamem  Mar- 
tyrium endeten.  Im  Anfang  des  vorigen  Jahi'- 
hunderts  aber  begannen  Jesuiten  unter  den 
Kopten  zu  ai'beiten,  mit  dem  Erfolge,  dass  sie 
gros.se  Schaaren  dieser  Schismatiker  zur  Einheit 
der  katholischen  Kirche  zurückführten.  Später 
ging  diese  Mission  in  die  Hände  der  Franzis- 
kaner (Minoriten)  über,  vou  denen  die  meisten 
auf  der  Karte  angegebenen  katholischen  Missions- 
stationen besetzt  sind.  Jn  Alexandrien  sind  auch 
Lazaristeu  und  Barmherzige  Schwestern  thätig, 
in  Kairo  Klosterfrauen  vom  Guten  Hirten ,  an 
beiden  Orten  Schulbrüder. 

Vor  etwa  20  Jahren  zählte  man  bereits  15,000 
unirte  Kopten  unter  einem  zu  Kaii'o  residirenden 
Oberhirten;  die  (iesammtzahl  der  Kopteu  über- 
haupt wird  auf  150,000  geschätzt. 

Vou  evangelischer  Missionsthätigkeit  ist  zu- 
nächst die  der  Brüdergeraeiudc  in  den  Jahren 
1752  bis  1772  zu  erwähnen,  die  nicht  ohne 
Segen  blieb ,  obgleich  sie  keine  Ti'ennung  vou 
der  koptischen  Kirche  veranlassen  wollte.  Seit 
1826   liuden  wir  die  Englisch  -  kirchliche  Mis- 

Grumleniann  :  Jlixsiovsiillai.    1,  3.  ' 


j  sions  -  (iesellschaft  besonders  durch  Schulen  in 
I  Kaii'o  wirksam ,  doch  ist  diese  Mission  im  vo- 
I  rigen  Jahrzehnt  aufgegeben.  Au  ihrer  Statt  sind 
die  Sendboten  der  Vereinigten  Presbyterianischen 
Kirche  von  Nord -Amerika  eingetreten  (1857), 
die  ebenfalls  unter  den  Kopteu  ai'beiten.  Sie 
lassen  sich    insbesondere    die  Bibelverbreitung 
angelegen  sein,  behufs  deren  regelmässige  Reisen 
den  Nil  aufwärts  in  einem  eignen  Missionsboote 
unternommen  werden, 
j      Endlich  ist  eine  für  -Ägypten  wichtige  Mis- 
sionsunleruehmung  die  sogenannte  Aijostclstrasse, 
eine  l)eabsiehtigte  Kette  von   zwölf  Stationen, 
I  deren  jede  den  Namen  eines  der  A])ostel*)  trageu 
j  soll  nnd  die,  vom  Mittelmeer  nach  Abessinien 
j  reichend,  die  Mission   in   letzterem  Lande  zu 
f()rdorn  bestimmt  ist.  Di(>  Karte  zeigt  vier  dieser 
I  Stationen,  die  bereits  eingerichtet  sind;  die  in 
i  Aussicht   genommenen    sind  mit  Ziffern  ange- 
deutet. 

Als  einer  Privat  -  Missionsanstalt  haben  wir 

'.  noch  der  Schule  der  Miss  Whatly  in  Kairo  zu 

j  gedenken,  woselbst  auch  ein  Schottischer  Mis- 

t  sionar  ausser  Verbindung  mit  einer  Gesellschaft 

I  auf  eigne  Hand  wirkt.     Auch  der  Thütigkeit 

der  Kaiserswerther  Diakonissen  in  Alexandrien 

und  des  dortigen  Arbeiters  des  Jerusalem- Vei-eins 

mag  Envähnung  geschehen ,  obgleich  dieselben 

nicht  direkt  Mission  treiben. 

Ein  Karton  unsrer  Karte,  der,  wenn  es  der 

t) 

Kaum  erlaubt  hätte,  besser  auf  No.  19  stände, 
zeigt  die  Länder  am  oberen  Weissen  Nil.  Die 


*)  .\lexandrieii:  Matthäus,  Kairo :  Markus,  Siut:  Lukas, 
Theben :  Johannes,  Esneh  (frülier  Assuan) ;  Petrus,  Qo- 
vnskci:  .Vndveas,  Semneh  ;  Jakobus,  ed  Dabheh;  Philippus, 
Beibei'  Ravtholomiius,  Khartüm:  'l'homas,  Abu  Haräs; 
'l'had<la'us,  Matammah  (Qedaref):  Paulus. 

16 


katholische  Mission  des  Marien- Vereins,  die 
zu  Gondokoro  unter  den  Bari -Negern  mehrere 
Jahre  hindurch  mit  sehr  bedeutenden  Opfern  an 
Menschenleben  thätig  war,  hat  aufgegeben  wer- 
den müssen  und  hält  jetzt  nur  noch  die  Station 


Khartüm.  Neuerlieh  hat  der  Verein  auch  ein 
anderweit  gegründetes  Institut  zur  Erziehung 
losgekaufter  Negerkinder  zu  Shellal  in  Nubien 
übernommen. 


Erklärung  der  in  der  ersten  Abtheilung  vorkommenden  Abkürzungen. 


Die  Abkürzuiif^on  siud  meistentheils  nach  Eiifilischi'n  mlpr  (in  Süil-AIVikiO  HoUiiiiilisLhen  Ausilrückeii  gewählt, 
was  im  folgenden  Verzeiclinis  durch  (e.)  und  (h.)  an^;od(^utet  isl. 


—  Britische  Besitz imj; 


— und  — "  bezeichnen  den  Pluralis ,  jenes 
in  Englischen,  dieses  in  HoUändisehen  Wörtern. 
AR.      =  Araber. 

B.  =  Bai. 

bg.  \ 
Br.  j 

Bushm.  =  Buschmänner. 

C.  =  Cap. 
Col.       =  Colonio. 

Cr.        —  Creek  (c.),  Bach. 

D''         =  Drift  (h.),  l'urtli  (hirch  einen  Fluss. 

F.         =  Fähre. 

Fet.       =  Fetisch-Platz  (der  Name  des  Götzen 

dabei  in  Klammern! 
F"         =  Farm  (e.),  Bauernhof. 
F"         =  Fontein  (h.),  auelle. 
Fr.        =  Französische  Besitzung. 
F'         =  Fort. 
G'.         :     G'ebel  (Arab.),  Berg. 
Gem.      =  Gemeinde. 
Gr.  (G')  —  Gross  [Great  (e.),  Groot  (h.)]. 

H.  =  Hill  (e.),  Hügel,  Berg. 
H"        =  Hoek  (h.),  Winkel. 
H'"         =  Harber  (e.),  Hafen. 

I.  =  Insel. 

Kl.         (im  Anfang)  =  Klein. 

Kl.        (am  Ende)  =  Kloof  (h.),  Schlucht. 

Kr.        =  Kraal. 

L.  =  Lake  (c.),  See. 

Locat"    ~  Location,  bestimmtes,  den  Eingebor- 

ncn  angewiesenes  Gebiet. 
L'  =  Little  (e.),  klein. 

M.  —  Moimtain  (e.),  Berg. 

Mb.        =  Meerbusen. 
Mon.       =  Monasterium,  Kloster. 
M"'        =  Mouth  (e.),  Flussmündung. 
N.  Neu. 
O.  =  Oase. 

P.  =  Port  (e.),  Hafen. 

Pen.       =  Peninsula  (e.),  Halbinsel. 
P"^  =  Peak  (e.),  Berggipfel. 

PI.     =  Plaats  (h.),  Platz,  Wohnort  eines  Häupt- 
lings. 

(ininderraim :  Miaaiomattas.    I.  A. 


P'i     —  Pau  (e.,  h.l,  Salzpfanne,  ausgetrockneter 
Salzsee. 


p' 

— 

Point  (e.),  Lands])itze. 

R. 

River  (e.),  Rivier  (h.),  Fluss. 

Ra. 

— 

Range  (e.),  Bergkette. 

Res. 

Residenz. 

Town  (e.),  Stadt. 

t.  ) 

t"  ) 

ton,  Stadt,  in  Zusammensetz u 

s. 

Süd. 

S.P. 

Salt  Pau,  siehe  P". 

Spr. 

Spruit  (Ii.),  Bach. 

St. 

Station. 

Val. 

Valley  (e.),  Vallei  (h.),  Thal. 

Vil. 

Village  (e.),  Dorf. 

Vole. 

Volcano  (e.),  Vulkan. 

W. 

West. 

W.  (in  Arabischen  Namen)  =  Wadi,  Thal. 
W.F.  =r  Wasserfall. 

Die  Missions -Hauptstationen  sind  ausser  der 
farbigeu  Unterstr(;ichuug  mit  einer  schwarzen 
Linie  bezeichnet,  wie:  Bathurst. 

Die  Aussenstationen,  Zweigstationen  oder  re- 
gelmässig besuchten  Predigtplätze,  an  denen  sich 
schon  eine  christliche;  Gemeinde  befindet,  haben 
eine  Punktirung,  wie :  Bendo. 

Aufgegebene  Stationen  sind  folgendermaassen 
angegeben :  Kumasi. 

Letztere  haben  dann  (mit  einigen  Ausnahmen 
in  der  ersten  Lieferung)  keine  farbige  Unter- 
streichung, sondern  die  botreffende  Gesellschaft 
ist  dabei  durch  eine  Signatur  angedeutet,  wie: 
W.  M.  S.  Derartige  Signaturen  mussten  auch 
bei  den  Orten,  an  welchen  verschiedene  Gesell- 
schaften arbeiten,  zur  Aufnahme  der  verschie- 
denen Farben  dienen. 

In  der  Orthographie  steht : 
sh  für  das  Deutsche  sch.    s  für  das  Deutsche  ss. 

ch        ,,  „       tsch.     Z        „  „     S,  weich. 

j  »     dsch.    j'     „  „  j. 

Wo  ein  Buchstabe  anders  oder  ein  neues 
Zeichen  gebraucht  wurde,  ist  es  in  den  betreffen- 
den Erläuterungen  bemerkt. 


Verzeichnis  der  in  der  ersten  Abtheilung  vorkommenden  Missions- 
Gesellschaften  nebst  den  für  sie  angewendeten  Signaturen. 


NJB.    Niihorcs  siehe  in  der  am  Sclilusse  des 


ganzen  Werkes  t'olgoudeu  Übersicht  über  die  siimmtlicheu  Missions- 
Uesellschat'ten. 


S.  P.  G.  = 

Cli.M.  S.  = 

L.  M.  S.  — 

Ii.  M.  S.  == 

W.  M.  S.  — 

L.  H.  C.  = 

U.  M.M.  = 

M.  C.  A.  = 

F.Ch.M.  = 
U.  P.  M.  1= 


A.  B. 


A.  B.  U. 
P.  E.  M. 

A.  1>.  M. 
A.  M.  A. 

A.  U.  P. 
S.  B.  C. 


Brdo, 
B.  M.  G. 
Bcr.  M. 


Uli.  M. 
N.  D.  M. 
H"«-  M. 
K.  D. 
K.  P.  M. 
J.  V. 

S.  M.  E. 
P.  E.  S. 

N.  M.  S. 
Sw.  M. 


Society  for  the  Propagation  of  the 
Gospcl  iu  Foreign  Parts.  (Ausbrei- 
tungs-Gesellschaft.) 
Church  Missiouary  Societ}'.  (Eng- 
lisch-kirchliche Miss.-Ges.) 
London  Missionary  Society.  (Lon- 
doner Miss.-Ges.,  independentisch.) 
Baptist  Missionar)^  Society. 
Weslej'an  Methodist  Miss.  Society. 
LadyHuntingdou's  Connexion's  Miss. 
United  Methodist  Free  Churches' 
Mission. 

Oxford,  Cambridge,  Durham  &  Du- 
blin Mission  to  Central  Alrica.  (Miss, 
der  Engl.  Universitäten,  hochkirchl.) 
Free  Church  of  Scotlaiid'n  Foreign 
Mission.  (Schottische  Freikirche.) 
United  Presbyter.  Church's  Foreign 
Mission.  (Unirtc  Presbyterianer  in 
Schottland.) 

Board  of  Comraissioners  for  Foreign 
Mission.  Boston.  (Amerikanischer 
Board,  independentisch.) 
American  Baptist  Missionarj' Union. 
Protestant  Episcopal  Mission.  (Bi- 
schöfl.  Kirche  der  Verein.  Staaten.) 
American  Presbyterian  Mission. 
American  Missionary  Association. 
(Undeuominational,  abolitionistisch.) 
American  United  Presbyter.  Mission. 
Southern  Baptist  Convention's  Mis- 
sion.   (Baptisten  der  Südstaaten.1 

Mission  der  evang.  Brildergeuieiude. 
Evangel.  Miss.-Ges.  zu  Basel. 
Gesellschaft    zur  Beförderung  der 
evangelischen  Mission    unter  den 
Heiden.  Berlin. 
Eheinische  Miss.-Ges.  Barmen. 
Norddeutsclie  Miss.-Ges.  Bremen. 
Hermannsburgev  Miss.-Ges. 
Kaiserswerther  Diakonissen- Anstalt. 
Pilgermission  von  St.  Krischona. 
Jerusalem-Verein.  Berlin. 


S.  Z.  C.  =  Synodale  Zendings  Commissie.  (Mis- 
sion der  ref.  Kirche  des  Kaplandes.) 

L.  M.  J.  =  London  Society  for  pi-omoting  Chri- 
sti anity  amongst  the  Jews.  CLon- 
doner  Judenmissions-Gesellschuft.) 

P.  G.  J.  =  British  Society  for  the  Propagation 
of  the  Gospel  among  the  Jews.  (]{ri- 
tische  Judenmissions-Gesellschaft.) 

C.  Sc.  J.  .—  Church  of  Scotland's  Mission  to  the 
Jews.  (Schottisclie  Judenmiss.-Ges.) 


M.  N.  C. 


Societcdesmiss.  evangc'Ii([ues.  Paris. 
Societe  evangcHijue.  Paris. 

Norwegische  Miss.-Ges.  Stavanger. 
Schwedische  Miss.-Ges.  (E^  aiigeli^ka 
Füöterlands  Stiftelseii).  Sloc;kliüliu. 


Mission  ausser  Verbindung  mit  ir- 
gend einer  Gesellschaft. 


Ii.  C.  M.  —  Pömisch-katholische  Mission. 
C.   1     =  Schwestern  vom  Guten  Hirteu. 
„    2    =  Kapuziner. 

„    ;}    =  Schwestern  von  der  Unbefleckten 

Empfiingniss.  Castres. 
,,    4    =  Barmherzige  Schwestern. 
„     5     —  Congregation  zum  Heil.  Kreuze. 
„    6    =  Dominikaner. 
„    1     —  Schulbrüder. 
,,    8     =  Scliulschwestern.  Nancy. 
„.  S)     =  Congregation  des  Heil.  Geistes  und 

des  Unbelieckten  Herzens  Jlariii. 
,,10     =  Brüderschaft  von  der  Unbelieckten 

Empfäugniss. 
„11       "  Brüderschaft  St.  Johannis. 
„12     =  Jesuiten. 

,,  13  Schwestern  vom  Heil.  Joseph. 

„14    =  Schulbrüder,  gestiftet  von  Lamenais. 

,,  15    —  Lazaristen. 

„16     =  Lorettinerinnen. 

„17     —  Töchter  der  Heil.  Maria. 

„18     =  Minoi'iteu. 

,,19     =  Oblaten  der  Unbelieckten  Jungfrau. 

„  20     —  Prämonstratcuser. 

,,21     =  Trappisten. 

„  22    =  Trinitarierinnen. 

„  23     =  Ursulinerinnen. 

„  24     —  Gesellscli. desheil. Vincent vonPaula. 

,,  25     =  Benediktiner. 

,,  26    =  Marien- Verein.  Wien. 

Die  Farben  zur  Unterstreichung  sind  soviel 
als  möglich  so  gewählt,  dass  die  kirclilich  gerich- 
teten Missionen  roth,  die  methodistischen  gelb, 
die  independcntischen  grihi,  die  baptistischen 
blau  augegeben  sind.  Begreifliclier  Weise  liess 
sich  dies  iiiclit  überall,  besonders  nicht  auf  den 
Hlätteni,  wo  viele  Missionen  darzustellen  waren, 
cünse(|uent  durchfuhren. 


Nachträge  zur  I.  Abtheilung. 


Zu  No.  2. 

Der  vor  längerer  Zeit  vou  Mac  Carthy's  I.  aus 
besuchte  Punkt  Nyubantaug  wurde  vor  Kurzem 
wieder  erwähnt  und  scheint  etwa  3  Deutsche 
Meilen  südlich  von  der  angegebenen  Position  zu 
liegen.  Der  unterwegs  berührte  Ort  Nyanimaru 
liegt  am  Gambia  und  scheint  mit  dem  auf  dem 
Karton  gegebenen  Yannamaru  identisch  zu  sein. 

Die  Insel  Fotubar  ist  nunmehr  als  Aussen- 
station  der  Pongas-Mission  zu  bezeichnen. 

Die  Bemerkung  in  den  Erläuterungen  über 
Codrington  College  ist  dahin  zu  berichtigen, 
dass  die  Gesellschaft  an  diesem  längst  bestehen- 
den Seminar  Einrichtungen  zur  Ausbildung  für 
mehrere  Missionare  getroffen  hat. 

Zu  No.  3. 

Prince  Alfred's  Town  wäre  als  die  wichtigste 
Stadt  iu  Britisch  -  (iuia  (Sitz  des  Regierungs- 
Bevollmächtigteu)  hervorzuheben. 

Na(;hträglich  ist  die  katholische  Mission  in 
Sierra  Leone  zu  erwähnen,  die  in  neuester  Zeit 
viele  Anhänger  gewonnen  hat.   Siehe  auf  No.  1. 

Zu  No.  4. 

Die  A.  B.  U.  geht  damit  um,  ihre  frühere 
Mission  in  Liberia  wieder  aufzunehmen. 

Zu  No.  5. 

Zu  Jilofi,  2  '/2  St.  SW.  von  Odumase,  ist  eine 
neue  Ausseustation  errichtet  worden. 

Bei  Akropong  ist  die  Aussenstatiou  Adukrum 
(1  St.  NO.)  nachzutragen,  sowie  die  betreffende 
Unterstreichung  bei  Doburo,  Mamfe,  Date  und 
Tutu. 

In  Agbome  ist  neben  der  ßöraisch-katholischen 
Mission  noch  die  der  Lady  Huntingdon's  Con- 
nexion  (vergl.  zu  No.  A)  anzugeben.  Dieselbe 
hat  dort  einen  farbigen  Geistlichen  statioiiirt. 


I  Zu  No.  fi. 

Igbessa  (SW.  vou  Otta)  ist  als  Station  der 
Ch.  M.  S.  zu  bezeichnen. 

'  Durch  ein  Versehen  fehlt  auf  mehreren  Exem- 
plaren zu  dem  +  im  südlichsten  Theile  vou 
Abeokuta  (Plan)  die  Bezeichnung:  W.  M.  S.  — 

j  In  der  Nähe  des  Thores,  durch  das  der  Weg 

I  nacli  Oshielle  führt,  ist  die  Station  der  S.  B.  C. 

'  nachzutragen,  ebenso  zu  Abeokuta  auf  der 
Hauptkartc. 

Zu  No.  7. 

Die  grosse  Stadt  Igbebe  (Gbebe)  ist  zerstört, 
j  Die  Station  befindet  sich  in  Lokoja. 

Zu  No.  10. 

I      Hemel  en  vVarde  ist  als  frühere  Station  der 
Brüdergemeinde,  Philippolis  als  solche  der  Lon- 
'  doner  M.-G.  zu  bezeichnen. 

Zu  No.  12. 

,  Bei  Hardecastle  und  Campbell  fehlt  in  einigen 
Exemplaren  die  grüne  Unterstreichung. 

Zu  No.  13. 

Zu  Ga  Matlala  fehlt  auf  einigen  Exemplaren 
die  rothe  Unterstreichung  als  Berl.  Missions- 
station. Auch  sollten  die  Farben  für  die  Her- 
mannsburgcr  und  Berliner  Mission  mehr  von 
einander  abstechen.  Praetoria  gehört  zu  der 
letzteren. 

Zu  No.  15. 

Missionar  Dölme  macht,  nach  vorübergehen- 
der Verbindung  mit  dem  A.  B. ,  seine  Zulu- 
'  Übersetzung  im  Auftrage  der  Berliner  Missions- 
Gesellschaft.  —  Die  norwegische  Station  Unod- 
wengu  wird  öfters  nach  der  betreffenden  Land- 
schaft Emathlabatini  genannt. 

Zu  No.  17  u.  18. 
Voibohazo  bei  Andevorante  ist  als  Aussen- 
stalion der  Ch.  M.  S.  zu  bezeichnen. 


Gruiiilcaiann  :  Musi'insuHas.    I,  3. 


ALLGEMEINER 


MISSIONS- ATLAS 


NACH  ORIGINALQÜELLEN 


BEARBEITET 

VON 

/ 

R.  GRUNDEMANN 

PFARRER  ZU  MÖRZ  BEI  BELZIG. 


ZWEITE  ^ETI3:EIIL,XJ3>TC3-i 

ASIEN. 


GOTHA:   JUSTUS  PERTHES. 
1869. 


DIE 

MISSIONEN  IN  ASIEN 


IN  NEUNUNDZWANZIG  KARTEN 

MIT 

ERLÄUTERNDEM  TEXTE 


DARGESTELLT 

VON 

R.  GRUNDEMANN 

PFARRER  ZL'  MÖRZ  BEI  BELZIG. 


GOTHA:    JUSTUS  PERTHES. 
1869. 


NHssious  At3as 


zurUliersiclrt  der  vpi-schiedewii  RpHgioiien 

imMaasfstaliP  1 :40  000  ,000 
Heilen  ChTistPji 


resf>  iVaturreliffioii 


MMjtöm  Cathnl 


V  .'.  . 

1>  ' 


'tr/ir/ruSrilUS 


GOTHA  JU; 


Khodon,  -welche  nur  auf  diesem  Blatte  gezeigt 
werden  konnten.  Nach  der  Vertreibung  der 
Missionare  durch  die  Russische  Regierung  (1840) 
haben  sich  dennoch  einige  Spuren  ihrer  Arbeit 
erhalten ,  über  die  ein  treuer  Katechist  dann 
und  -wann  berichtet. 

Über  die  Missionen  der  griechischen  Kirche 
konnten  wir  nicht  wagen,  auf  der  Karte  irgend 
welche  genauere  Angaben  zu  machen,  da  einer- 


seits es  noch  immer  an  der  nöthigen  Auskunft 
über  diese  Arbeiten  fehlt,  die  letzteren  aber 
selbst  ihrer  ganzen  Art  nach  nicht  durch  Be- 
zeichnung einzelner  Stationen  dargestellt  werden 
kann.  In  allen  mit  der  Signatur  dieser  Kirche 
bezeichneten  Gebieten  ist  ihre  Mission  thätig, 
um  die  zahlreichen  aber  dünnen  Völkerstämme 
zu  gleicher  Zeit  zu  russificiren  und  zu  christia- 
nisiren. 


Mlsslons.  Atlas 


Asien  N?2. 


Wti  Amenc  Board  CFM  UUÜ^ämeric  Jtefomi.  Tnshyt  Mss 

Ckurch  Mss  Society  Itrtil  SocietfProp.Cosp  among  the  Jetrs 

^^j^meric.IYotfStJipismp  MLv  i^ZirnJ/irvSoaPrani,  Chjist  ..  ,  ., 
WM      .       Mafiodist  „        .,  CZ:iMatrcalMssion,arr\S-ociefr 
TLiBi  OiurctvofScotland  JI/.iestaiZ.i^^  .Terusa/gms.V^^/i^ 
ES  Fru>aumli,iScorL'Miss.  Emsa-sTimher  Duihomssen 

^:^Irist}uPrrshyrUTuai.  „  FU^rrmi-rsian  v  St  O-Ischona, 

J^ilmTir  l^teilPrvjihyt.liUss  SBÜBtsrliof  GobaL  Mission, 
mULPa/a/me  Christ  Un.Miss       HM  Röm.  Cathol  Mss 


40 


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im:hthes. 


N^  2.  Die  Türkei  und  die  angrenzenden  Länder. 


Das  vorliegende  Blatt  nimmt,  nebst  den  bei- 
den folgenden,  eine  ausnahmsweise  Stellung  in 
diesem  Werke  ein,  insofern  die  Missionen  der 
hier  dargestellten  Gebiete  sich  vorzugsweise  auf 
Bekenner  des  Christenthums  beziehen,  während 
die  Wirksamkeit  unter  iluhammedanern  be- 
schränkter ist  und  eigentliche  Heiden  -  Mission 
hier  fast  ganz  fehlt.  Wollten  wir  consequent 
sein,  so  müssteu  wir,  dem  entspi-echend,  auch  die 
sonstigen  Missionen  einer  christlichen  Konfession 
im  Gebiete  der  anderen  darstellen,  also  z.  B.  die 
der  Amerikanischen  Baptisten  und  Methodisten 
in  Deutschland ,  und  hätten  selbst  die  Innere 
Mission  mit  ihrer  unübei'sehbar  verzweigten 
Wirksamkeit  nicht  ausschliessen  dürfen.  Zur 
Entschuldigung  unserer  Inkonsequenz  können  wir 
allerdings  auf  den  erstorbenen  Zustand  der  orien- 
talischen Kirchen  hinweisen,  die,  der  Keime  eines 
neuen  Lebens  fast  entbehrend,  einer  Einführung 
lebendigen  Christeöthums  von  Aussen  her  be- 
dürfen. Zudem  werden  in  diesen  Ländern  auch 
mehr  und  mehr  die  Thüren  zur  Einwirkung  auf 
die  Bekenner  des  Islam  geöffnet,  die,  obwohl 
den  Christen  gegenüber  in  der  Minderzahl,  doch 
in  allen  diesen  Gebieten  mit  den  Prätensionen 
der  herrschenden  Bevölkerung  auftreten.  Durch 
den  bekannten  Fanatismus  der  Muhammedaner 
war  der  Mission  hier  die  grösste  Schwierigkeit 
in  den  Weg  gelegt.  Deshalb  suchte  man  von 
neutralem  Boden  aus  auf  jene,  um  das  Mittel- 
meer und  in  den  angrenzenden  Ländern  woh- 
nende Völker  christlichen  Einfluss  zu  gewinnen. 
Einen  solchen  Boden  bot  die  Insel  Malta  dar, 
wo  seit  1811  die  Londoner  Missions-Gesellschaft, 
bald  darauf  die  Englische  kirchliche  und  1822 
der  Amerikanische  Board  ihre  Arbeiter  statio- 
nirten.  Letztere  beiden  wirkten  besonders  durch 
die  Presse  in  den  verschiedenen  orientalischen 
Sprachen.  Später  wurde  daselbst  eine  Anstalt, 
das  Malta  College,  gegründet,  in  der  junge  Leute 
aus  den  verschiedenen  Jsationen  eine  chi'istliche 
Erziehung  erhalten  sollten,  um,  in  ihr  Vaterland 
zurückgekehrt,  dem  lebendigen  Christenthum 
Bahn  brechen  zu  helfen.  In  neuester  Zeit  ist 
diese  Anstalt,  nach  segensreicher  Wirksamkeit, 
aufgehoben,  da  die  betreffenden  Gebiete  selber 
zugänglicher  geworden  sind.  Eben  so  haben  sich 
die  genannten  Gesellschaften  längst  von  Malta 
zurückgezogen.  Eben  so  vorübergehend  waren 
die  Arbeiten  verschiedener  Gesellschaften  auf 
den  Jonischen  Inseln,  unter  denen  die  der  Amo- 

Griindemann  :  Missionsatlas.   II,  7. 


rikanischen  Baptisten  zu  Korfu*)  sich  am  läng- 
sten (bis  1852)  behaupteten. 

In  Griechenland  unterhält  der  Amerikanische 
Board  seit  geraumer  Zeit  einen  Missionar,  der 
mit  seiner  direkten  Missionsai'beit  nur  beschränk- 
ten Einfluss  hat  gewinnen  können,  während  die 
indirekte  Einwirkung  einer  von  der  Amerikani- 
schen Bischöflichen  Mission  unterhaltenen  höhe- 
ren Töchterschule  sich  bedeutend  weiter  erstreckt. 
In  ähnlicher  Weise  wirkt  die  Englisch-kirchhche 
Gesellschaft  auf  Syra. 

In  der  Europäischen  Türkei  und  den  Donau- 
Fürstenthümern  hat  es  die  Mission  auch  noch 
vorzugsweise  mit  Bekennern  der  griechischen 
Kirche  zu  thun,  unter  denen  auch  die  römische 
grosse  Anstrengungen  macht,  die  Union  durchzu- 
führen; so  besonders  unter  den  Bulgaren.  Die  unter 
denselben  über  ein  Jahrzehnt  bestehende  Ame- 
rikanische Methodisten-Mission  ist  noch  auf  kleine 
Dimensionen  beschi'änkt  geblieben.  Dasselbe  gilt 
von  den  Stationen  des  Amerikan.  Boai'd,  die 
(nach  der  Eintheilung  dieser  Gesellschaft)  zum 
Gebiet  der  westlichen  Türkei  gerechnet  werden. 
Ausserdem  zeigt  die  Karte  Juden-Missionen,  zu 
denen  auch  die  der  Schottischen  Kirche  gehören. 

Constantinopel  mit  seinen  ausgedehnten  Vor- 
städten und  seiner  aus  so  verschiedenen  Nationen 
und  Konfessionen  (resp.  Beligionen)  gemischten 
Bevölkerung  bildet  das  Centrum  der  Mission. 
Hier  treffen  wir  deshalb  Vertreter  einer  ganzen 
Reihe  von  Gesellschaften.  Die  meisten  der  be- 
treffenden Anstalten  resp.  Wohnungen  sind  auf 
dem  Plane  angegeben,  wobei  jedoch  zu  bemerken 
ist,  dass  sie  meistentheils  in  gemietheten  Gebäu- 
den bestehen  und  daher  leicht  einem  Wechsel 
unterworfen  sind. 

Die  Mission  unter  den  Türken  selbst  hat 
auch  hier  immer  noch  grosse  Schwierigkeiten 
und  muss  sich  fast  auf  die  Verbreitung  von 
Bibeln  und  Traktaten  beschränken. 

Auch  die  Griechische  Kirche  war  wegen  der 
ausgedehnten  Macht  des  Patriarchen  schwer  zu- 
gänglich. Mehr  Erfolge  hat  die  Mission  bereits 
unter  den  (auf  80,000  geschätzten)  Juden  der 
Hauptstadt  gehabt.  Bedeutender  aber  noch  sind 
dieselben  unter  den  Armeniern,  deren  160,000  in 
Constantinopel  leben  und  durch  ihren  Handel 
zum  einflussreichsten  Theile  der  Bevölkerung 

*)  Sie  hatten  auch  eine  Zeitlang  in  Janina  eine 
Station. 

38 


gehören.  Durch  die  Missionai'e  des  Amerikan. 
Board  wurde  seit  1831  eine  reformatorische  Be-  | 
wegung  unter  ihnen  angeregt,  die  auch  durch 
den  heftigsten  Widerspruch  der  Geistlichkeit 
nicht  gedämpft  wurde.  Anfangs  beabsichtigte 
man ,  die  Angeregten  der  Armenischen  Kirche 
nicht  zu  entziehen,  doch  wurde  durch  jene  Feind- 
seligkeiten die  Gründung  einer  eigenen  prote- 
stantisch-Armenischen Kirche  nöthig.  Dieselbe 
ist  jetzt  selbststäudig  und  ausser  Verbindung  mit 
der  Mission,  deren  Arbeiten  sie  ihr  Entstehen 
verdankt,  da  in  dem  Verhältniss  der  Geistlichen 
zu  den  Missionaren  sich  Differenzen  und  Schwie- 
rigkeiten herausstellten.  Jene  dagegen  haben 
durch  fortgesetzte  Arbeiten  ebenfalls  evangelische 
Gemeinden  aus  den  Armeniern  gesammelt,  die 
fortwährend  im  Wachsen  begriffen  sind. 

Eben  so  haben  die  übrigen  Stationen  in 
Klein-Asien,  welche  zum  Gebiet  der  westlichen 
Türkei  gehören  (Brusa,  Nicomedia,  Smyrna, 
Mai-sovau,  Sivas  und  Cäsarea),  vorzugsweise  ihre 
Arbeit  unter  Armeniern.  Das  ganze  Gebiet  um- 
fasst  jetzt  über  3000,  die  sich  zur  evangelischen 
Kirche  bekennen. 

In  Smyrna  verharrt  auch  die  Englisch-kirch- 
liche Gesellschaft  in  ihrer  mehr  als  dreissigjäh- 
rigen  Arbeit,  trotz  geringer  Erfolge.  Indirekt 
wirken  die  Kaiserswerther  Anstalten,  namentlich 
eine  Mädchenschule,  neben  der  wir  hier  noch 
eine  unter  einem  eigenen  Comite  stehende  deutsche 
Knabenschule  erwähnen  können,  welche  in  den 
verschiedenen  Klassen  der  Bevölkerung  evange- 
lische Bildung  zu  verbreiten  bestimmt  ist.  i 

Die  übrigen  Missionen  in  Klein-Asien  und 
den  angrenzenden  Ländern  gehören  (mit  unbe-  j 
deutender  Ausnahme)  dem  Amerikan.  Board  an, 
dem  sich  zur  Hilfe  in  diesen  Theilen  eine  Eng- 
lische Gesellschaft  (Turkish  Missions  Aid  Society) 
angeschlossen  hat.  Sie  werden  nach  besonderen  [ 
Gebieten  eingetheilt  in: 

1)  die  Centrai-Türkei  (Adana  Aintab,  Aleppo,  1 
Antiochia  und  Urfa).    Hier  leben  über  6000*) 
Protestanten ;  i 

2)  die  Östliche  Türkei  (Bitlis,  Diarbekir,  Er-  | 
zerum  und  Harput)  mit  über  4000  Protestanten. 
In  Diarbekir  und  Umgegend  hat  ein  mit  dem  ' 
Bischof  von  Jerusalem  in  Verbindung  stehender  | 
Armenischer  Prediger  einige  Gemeinden  nach  j 
Anglikanischem  Kitus  eingerichtet; 

3)  die  Nestorianer-Mission  am  Orumia-See  und 

*)  Die  Zahlen  konnten  leider  nicht  nach  den  neuen 
Reports  gegeben  werden. 


4)  die  Mission  in  Syrien. 

Schliesslich  ist  auch  an  die  ehemalige  Basler 
Mission  zu  Schuscha  (1822 — 1835)  zu  erinnern, 
deren  Schauplatz  auf  der  Karte  angedeutet  ist. 

lieber  die  Mission  in  Syrien  siehe  Näheres  zu 
No.  3  und  4,  wo  auch  Bemerkungen  zu  dem  des 
Raumes  wegen  auf  die  vorliegende  Karte  gesetz- 
ten Plan  von  Jerusalem  gegeben  werden. 

Die  Erklärung  der  auf  demselben  befindlichen 
Ziffern  folgt  hier: 

I.  Christliches  Quartier. 

II.  Armenisches  Quartier. 

III.  Juden-Quartier. 

IV.  Muhammedanisches  Quartier. 

1)  Christus-Kirche. 

2)  Hospital  der  Londoner  Juden-Mission. 

.3)  Inquirers  Home  der  Londoner  Juden-Mission. 

4)  House  of  Industrie  der     ,,  ,, 

5)  Knaben-  und  Mädchen-Schule  derLond.  Juden-M. 

6)  Hospital  der  Kaiserswerther  Schwestern. 

7)  Preussisches  evangelisches  Pilgerhospiz  (dem  Jo- 

hanniter-Orden  gehörig). 

8)  Evangelischer  Kirchhof. 

9)  Omar-Moschee. 

10)  Moschee  El-Aksa. 

11)  Birket  es-Serain  (Bethesda  der  Legende). 

12)  St. -Anna-Kirche. 

13)  A'ia  dolorosa  (der  Legende). 

14)  Grosses  Lateinisches  Kloster. 

15)  Grosses  Griechisches  Kloster. 

16)  Grosses  Armenisches  Kloster. 

17)  Klageplatz  der  Juden. 

18)  David's  Grab  (der  Legende). 

19)  Maria-Quelle. 

Für  den  Plan  von  Constantinopel  ist  die 
Erklärung  folgender  Ziffern  nachzutragen: 

1)  Gülhane  Kiosk. 

2)  Sophien-Kirche  (jetzt  Moschee). 

3)  Palast  (Hohe  Pforte). 

4)  Achmed-Moschee. 

5)  Atmeidan  (Hippodrom), 
fi)  Markthallen. 

7)  Altes  Serai. 

8)  Suleiraanieh-Moschee. 

9)  Mehnied-Moschee. 

10)  Admiralit.it. 

11)  Arsenal. 

12)  Englisches  \ 

13)  Oesterreichisches  / 

14)  Französisches      >  Gesandtsehafts-Palais. 

15)  Russisches  V 

16)  Preussisches  j 

NB.  Die  Haupt  -  Stationen  des  Amerikan. 
Board,  auf  denen  Amerikanische  Missionare  thä- 
tig  sind,  wurden  auf  der  Karte  durch  eine 
schwarze  Linie  neben  der  farbigen  Unterstrei- 
chung hervorgehoben.  Die  Orte,  bei  denen  sich 
letztere  allein  findet,  sind  Aussen-Stationen,  auf 
denen  eingeborne  Prediger  oder  Lehrer  arbeiten. 


criTHA-  .TPS-n'S  l'KUTIIF'-' 


W.  3.  Die  Missionen  der  sogenannten  Centrai-Türkei  und  unter  den 

Nestorianern. 


Die  Karte  zeigt  uns  das  südöstliche  Klein-  j 
Asien,  so  wie  einen  Theil  von  Kurdistan,  Meso-  i 
potamien  und  Syrien.  Hier  finden  wir  Stationen  I 
des  Amerikan.  Board,  welche  die  Mission  der 
sogenannten  Central  -  Türkei  umfasst.  Harput, 
Diarbekir,  Bitlis,  Mardin  und  das  nördlich  über 
die  Grenzen  des  Blattes  hinaus  gelegene  Erze- 
rum werden  zur  östlichen  Türkei  gerechnet.  Alle 
weiter  nach  Osten  gelegenen  Stationen  gehören 
zur  Nestorianer-Mission.  Überall  gilt  die  Arbeit  ! 
hier  vorzugsweise  den  alten,  in  Verfall  gerathe-  j 
neu  christlichen  Kirchen.  Auf  den  ersten  Blick  i 
möchte  man  freilich  die  wilden,  nur  sehr  aus- 
serlich  dem  Islam  anhangenden  Kurden-Stämme 
als  geeigneteres  Missionsobjekt  betrachten.  Diese  ! 
haben  sich  indessen  weniger  zugänglich  gezeigt. 
Nach  Norden  zu  leben  unter  ihnen  Armenier,  ■ 
unter  denen  hier  mit  grossem  Erfolge  gearbeitet 
wird ,    wie   die   Station   Harput   beweist  mit 
ihren  vielen  Filialen  (54),  welche  auf  unserem 
Blatte,  des  Raumes  wegen,  nicht  vollständig  ge- 
geben werden  konnten.    Weiter  nach  Süden  hin  ; 
leben  die  Beste  der  Jakobiten,  von  denen  ein  ' 
Stamm  seinen  Hauptsitz  bei  Mardin  und  östlich 
davon  hat,  unter  den  im  Kloster  Sa'farani  resi- 
direnden  Patriarchen.    Ein  anderer  Stamm  lebt 
in  Syrien  unter  dem  zu  Aleppo  wohnenden  Pa- 
triarchen von  Antiochien.  Das  westliche  Kurdi- 
stan ist  der  Sitz  der  Nestorianer.    Man  unter- 
scheidet Berg-Nestorianer  von  den  in  der  Ebene 
lebenden.    Letztere  haben  die  weite  Ebene  um 
den  Orumia-See  (schon  auf  Persischem  Gebiete) 
inne,  die  ihr  Fleiss  mit  Wäldern  von  Prucht- 
bäumen  geschmückt  hat.    Sie  sind  fortwährend 
den  Bedrückungen  der  Kurden  ausgesetzt;  des- 
halb hatten  andere  sich  in  die  wilden,  vom  Zab 
durchströmten  Gebirge   auf  Türkisches  Gebiet 
zurückgezogen.  Der  Patriarch  nahm  seinen  Sitz 
in  Djulamerk.    Hier  jedoch  sind  sie  selbst  ver- 
wildert und  ihren  Feinden  an  Grausamkeit  ähn- 
lich geworden,  mit  denen  sie  in  unaufhörlichen 

firundeiiiann :  MUsionsatlas.  11,7. 


Kämpfen  lagen.  Die  Türkische  Regierung,  die 
sie  unterwerfen  wollte,  hat  durch  die  letzteren 
1843  ein  furchtbares  Blutbad  anrichten  lassen. 
Jetzt  haben  sie  sich  der  Regierung  gefügt,  deren 
Besatzungen  in  den  Bergfesten  die  Ruhe  in  der 
Gegend  aufrecht  erhalten. 

Diese  schwachen  Reste  einer  einst  mächtigen 
Kirche,  deren  Theologen  einst  in  Edessa  (Urfa) 
hohe  Gelehrsamkeit  pflegten  und  deren  Missio- 
nare einst  mit  grossem  Erfolge  in  Indien  und 
China  wirkten,  die  aber  nun  Jahrhunderte  lang 
unter  dem  Druck  des  Islam  ein  verkümmertes 
Leben  fristen,  sind  insbesondere  für  die  evan- 
gelische Mission  geeignet.  Die  Nestorianer  haben 
sich,  trotz  ihrer  verketzerten  Lehre,  von  manchen 
Missbräuchen  der  anderen  orientalischen  Kirchen 
frei  gehalten.  Ihre  Geistlichen  sind  arm  und 
fühlen  der  unverstandenen  Alt-Syrischen  Kirchen- 
sprache gegenüber  wohl  ihre  Unwissenheit.  Da- 
her die  Mission  des  Amerikan.  Board,  von  man- 
chen von  ihnen  wohlaufgenommen,  bald  einen 
bedeutenden  Einfluss  unter  dem  Volke  erreicht 
hat.  An  sechzig  Orten  sind  bereits  kleine  evan- 
gelische Gemeinden  gegründet*). 

Rom  hat  allerdings  schon  grössere  Resultate 
erlangt,  aber  auch  seit  Jahrhunderten  aufs 
Eifrigste  gearbeitet,  diese  orientalischen  Ketzer 
in  den  Schooss  seiner  Kirche  zurückzuführen. 
Es  ist  diess  mit  einem  Theil  der  Jakobiten  ge- 
lungen, die  sich  in  der  Union  mit  Rom  Syrer 
nennen  und  ihren  Patriarchen  in  Diarbekir  haben. 
Ein  noch  grössei-er  Theil  der  Nestorianer  wurde 
zu  gleicher  Union  bewogen  und  hat  nun  einen 
eigenen  Patriarchen  zu  El-Kusch  bei  Mosul  (im 
Kloster  St.  Hormisdas).  Sie  nennen  sich  Chal- 
däer,  sind  aber  noch  nicht  so  eng  mit  Rom  ver- 
wachsen, dass  sich  nicht  hie  und  da  die  unter 

*)  Hauptsitz  der  Mission  ist  Orumia  mit  Druckerei 
und  allerlei  Bildungs-Änstalten.  Die  ganze  Bibel  ist  be- 
reits in  die  aus  Syrischen  und  Persischen  Elementen  ge- 
bildete Volkssprache  übersetzt  worden. 

39 


ihren  freien  Brüdern  sich  regende  evangelische 
Bewegung  mittheilt. 

Wir  dürfen  hier  die  Reste  wirklichen  Heiden- 
thums  nicht  übergehen,  die  sich  auf  diesem  Ge- 
biete finden.  Es  sind  die  von  den  alten  Parsen 
abstammenden  Yeziden  (Jcsiden)  oder  Schem- 
sieh's,  die  das  Feuer  anbeten,  obgleich  sie  man- 
ches Muhammedanische  oder  Christliche  von  ihrer 
Umgebung  angenommen  haben.  Sie  leben  süd- 
lich von  Mardin. 

Ferner  lebt  ein  Stamm  auf  den  Bergen  längs 
der  Syrischen  Küste,  zwischen  Antakieh  (Antio- 
chia)  und  Latakieh  (Laodicea),  dessen  Religion 
[ähnlich  wie  die  der  Drusen,  vgl.  No.  4]  als 
verheidnischter  Islam  zu  bezeichnen  ist.  Sie 
nennen  sich  Nusairis  und  nach  ihnen  wird  die 
ganze  Gegend,  namentlich  das  Gebirge,  JSTusai- 
rieh  genannt.  Die  Mission  der  Reformirten  Pres- 
byterianer  von  Amerika,  die  seit  1859  in  Lata- 
kieh besteht,  hat  nicht  ohne  Erfolg,  vorzugsweise 
unter  ihnen,  gearbeitet.  Die  frühere  Mission  der 
Unirten  Presbyterianer  von  Schottland  zu  Aleppo 
mit  Filialen  in  Killis  und  Idlib,  die  besonders 
die  Juden  im  Auge  hatte,  ist  vor  Kurzem  an 
jene  Amerikanische  Mission  übergegangen. 

Südlich  von  Latakieh  leben  ebenfalls  als 
eine  besondere  Sekte  Abkömmlinge  der  einst  so 
gefürchteten  Assassinen,  jetzt  Ismaeliten  genannt. 
Von  besonderer  Mission  unter  ihnen  ist  nichts 
bekannt  geworden. 


Die  Christen  in  diesem  nördlichen  Theil  von 
Syrien  gehören  meist  der  Griechischen  Kirche 
an,  sprechen  aber  Arabisch. 

Ausser  ihnen  leben  nicht  wenig  Armenier  in 
den  Städten,  namentlich  diesen  hat  sich  die 
Mission  des  Amerikan.  Board  an  den  angegebe- 
nen Stationen  zugewendet. 

Zur  Ergänzung  der  Karte  sind  hier  einige 
Abkürzungen  für  Orte  im  Gebiete  der  Berg- 
Nestorianer  zu  erklären,  die  Missionsplätze  sind. 

!  1.  Chardewar. 

2.  Keyet. 

3.  Memikan. 

4.  Zier. 

5.  Makhteya. 

6.  Muzina. 

7.  Ina  de  Nune. 

8.  Beulata. 

9.  Ärbash. 
10.  Heish. 

Die  Distrikte  Gawar,  Tjal  (Chal)  und 
Berwer  haben  gemischte  Bevölkerung  bei  vor- 
wiegenden Nestorianern ;  in  Nerwa,  Rakem  und 
Sat  dagegen  leben  nur  wenige  Nestorianer  unter 
den  Kurden  zerstreut. 

Djelu,  Baz,  Tehoma,  Tal,  Diz  und  Tiary  sind 
ausschliesslich  Nestorianisch. 

Folgende  Kurden-Stämme  sind  mit  Nummern 
j  bezeichnet:  Akenanish  (I),  Artush  (II),  Muz- 
I  zuri  (III). 


W.  4.  Syrien 


und  Palästina. 


Diess  Blatt,  welches  uns  für  Syrien  und  Pa- 
lästina übrig  blieb,  glaubten  wir,  trotz  des  be- 
schränkten Raumes,  zum  grösseren  Theil  der 
Darstellung  des  Libanon  -  Gebietes  widmen  zu 
müssen,  obgleich  dadurch  Palästina  auf  einen 
kleineren  Maassstab  beschränkt  wurde.  Jene 
Gegend  ist  jedoch  jedenfalls  der  für  die  Mission 
bedeutsamste  Theil  von  ganz  Syrien.  Unter  der 
vorwiegenden  muhammedanischen  Bevölkerung 
findet  sich  hier  nicht  bloss  wie  im  ganzen  Lande 
eine  bedeutende  Zahl  Arabisch  redender  Beken- 
ner der  Griechischen  Kirche,  sondern  mancherlei 
andere  christliche  und  muhammedanische  Sekten. 
Von  den  ersteren  sind  besonders  die  Maroniten 
zu  nennen,  ein  Völkchen  von  200,000  Seelen, 
das  einst  in  den  unzugänglichen  Vorgebirgen  des 
Libanon  mit  seiner  monotheletischen  Ketzerei 
eine  sichere  Zufluchtsstätte  fand,  in  der  sie  im 
Laufe  der  Kreuzzüge  dennoch  von  römischen 
Bestrebungen  gewonnen  wurden.  So  sind  sie 
nun  schon  Jahrhunderte  hindurch,  unter  Bei- 
behaltung vieler  Eigenthümlichkeiten ,  mit  der 
römischen  Kirche  unirt.  Ein  eigener  Patriarch 
hat  in  Deir  Kanobin  seinen  Sitz.  Es  zeigen  aber 
die  katholischen  Missions  -  Stationen  in  ihrem 
Gebiet,  dass  auch  jetzt  noch  die  Bemühungen, 
das  Volk  enger  an  Rom  zu  binden,  nicht  fehlen 
dürfen.  Die  Todfeinde  der  Maroniten  sind  die 
Drusen,  die  ebenfalls  in  den  Thälern  des  Liba- 
non wohnen,  jedoch  mehr  nach  Osten  zu,  und 
sich  auch  zerstreut  im  weiteren  Umkreise  finden. 
Sie  sind  ein  kriegerisches  Geschlecht,  zu  toll- 
kühnen Raubzügen  geneigt  und  durch  die  Blut- 
rache zu  fortwährendem  Streite  getrieben.  Ihre 
Religion  wird  geheim  gehalten  und  ist  nur  einem 
Kreise  von  Geweihten  völlig  bekannt.  Sie  ist 
ein  sonderbares  Gebilde ,  heidnischer  Elemente, 
die  auf  islamischem  Boden  erwuchsen.  Die  ähn- 
liche Sekte  der  Nusairis  hat  auch  hier  im  Norden 
ihre  Vertreter.  In  den  Küstenstädten  bilden  auch 
die  Armenier  und  Juden  eine  nicht  geringe  Zahl. 

Grundemann :  Müsionsatlas.  II,  7. 


Die  evangelische  Mission  wurde  hier  1823 
durch  den  Amerikan.  Board  begonnen  und  zwar 
zu  Beirut,  das  bis  jetzt  das  Centrum  derselben 
geblieben  ist,  wie  es  als  Hafenplatz  eine  immer 
grössere  Bedeutung  erlangt.  Die  ersten  Arbeiten 
waren  trotz  mancherlei  Hindernisse  unter  Drusen 
und  Maroniten  nicht  ohne  Erfolg.  Letzterer  aber 
steigerte  sich  in  der  Zeit  der  Aegyptischeu  Herr- 
schaft (1832—1840).  Die  Türkische  Regierung 
war  in  den  folgenden  Jahren  dem  Werke  we- 
niger günstig,  doch  hat  es  seinen  stillen  Fort- 
gang gehabt,  auch  trotz  der  eifrigen  römischen 
Bemühung,  die  Maroniten  vor  dem  Evangelium 
zu  bewahren.  Die  ganze  Art  und  Weise  dieser 
Mission  ist  überhaupt  mehr  die  des  Verbreitens 
evangelischer  Saat  durch  verschiedenartige  Schu- 
len ,  so  wie  durch  eine  christliche  Arabische 
Literatur,  und  die  Früchte  davon  zeigen  sich 
mehr  und  mehr ,  wenn  leider  auch  Fälle  vor- 
kommen, in  denen  hoffnungsvolle  Schüler  später 
einer  dorthin  bereits  vorgedrungenen  unchrist- 
licher Aufklärung  verfallen.  Ein  grosses  Hinder- 
niss  für  die  Mission  bleiben  immer  die  Streitig- 
keiten der  Maroniten  und  Drusen,  bei  denen  die 
Schuld  auf  beiden  Seiten  zu  suchen  ist.  1860 
loderten  dieselben  in  den  hellsten  Flammen  auf 
und  ergaben  das  bekannte  Blutbad,  in  dem 
20,000  Christen  ihr  Leben  verloren  haben 
sollen.  Namentlich  die  aus  demselben  geretteten 
Waisen  gaben  zur  Gründung  mehrerer  Anstalten 
Veranlassung,  die  auch  missionirenden  Charakter 
haben.  Dahin  gehört  das  Waisenhaus  der  Kai- 
serswerther zu  Beirut  und  die  Schulen  der 
Bowen  Tompson*),  die  sich  ausser  Beirut  auch 
auf  die  Umgegend  erstrecken.  Eine  Anzahl  von 
Knaben  wurde  nach  Jerusalem  gebracht,  wo  von 
der  Crischona  aus  das  Syrische  Waisenhaus  für 

*)  Sie  werden  von  einer  Englischen  Association  for 
the  Social  and  Religious  Improyement  of  Syrian  Females 
unterhalten. 

40 


sie  gegründet  wurde.  Auch  ist  das  Krankenhaus  j 
des  Johanniter -Ordens  zu  Beirut  hier  zu  er-  ; 
wähnen. 

Ein  selbstständiges  Institut,  das  in  demselben 
Sinne  wirkt  wie  die  Mission  des  Amerikan. 
Board,  ist  das  Syrian  Protestant  College.  Volks- 
schulen werden  in  der  Umgegend  von  einem 
eigenen,  meist  der  Schottischen  Freikirche  an-  j 
gehörenden  Vereine  unterhalten.  Die  vornehm-  1 
liebsten  sind  auf  der  Karte  angegeben*).  ! 

Der  Arbeiter  des  Jerusalem-Vereins  in  Beirut  | 
ist   zunächst   für   die    evangelische   Gemeinde  j 
Deutscher  und  Französischer  Sprache  da,  hat 
aber  auch  gelegentlich  auf  die  Arabische  Be- 
völkerung einzuwirken. 

In  Damaskus  finden  wir  zwei  Presbyteria- 
nische  Missionen  thätig.  Die  der  Unirten  Pres- 
byterianer  der  Vereinigten  Staaten,  die  von  hier 
aus  auch  Katechisteu  auf  einer  Reihe  von  Aussen- 
Stationen  leiten,  welche  die  Karte  zeigt,  und 
andererseits  die  Irischen  Presbyterianer,  welche 
hier  eine  Juden-Mission  haben. 

In  Palästina  hat  die  Church  Miss.  Soc.  eine  ; 
Station  mit  Aussen  -  Stationen  zu  Nazareth,  wo 
namentlich  auch  ein  Missions  -  Arzt  wirkt  (der 
andererseits  von  der  Medical  Miss.  Soc.  unter- 
stützt wird).    In  Jerusalem  unterhält  sie  einen  i 
Arbeiter  ohne  besondere  Missions-Institute,  daher  j 
auf  dem  Plan  (No.  2)  keine  Angabe.  Derselbe  ist 

I 

*)  Da  es  uns  trotz  verschiedener  Bemühungen  nicht 
möglich  war,  den  Originalbericht  dieses  Vereins  zu  er- 
halten, so  können  wir  nicht  dafür  einstehen,  ob  diese 
Schuleu  nicht  etwa  mit  den  erwähnten  der  Mrs.  Tompson 
identisch  sind. 


in  manaichfacher  Weise  thätig,  besonders  auch 

unter  den  Beduinen  der  Umgegend,  unter  denen 

bereits  der  Versuch  einer  wandernden  Schule 

* 

gemacht  ist.  Unter  der  sesshaften  Bevölkerung 
sind  eben  so  wie  von  Nazareth  aus  mehrere 
evangelische  Gemeinden  gestiftet  worden. 

Einen  grossen  Vorschub  hat  die  evangelische 
Sache  durch  Gründung  des  protestantischen  Bis- 
thums (von  England  und  Preussen)  in  Jerusalem 
erlangt.  Der  Bischof  Gobat  hat  nicht  allein  die 
vorher  genannte  Gesellschaft  zu  jener  Thätigkeit 
veranlasst,  sondern  unterhält  selber  in  Jerusalem 
und  an  anderen  Orten  eine  Anzahl  evangelischer 
Katechisten  und  Schullehrer.  Auf  seine  Anregung 
ist  ebenfalls  die  Kaiserswerther  Anstalt  (vergl. 
No.  2)  entstanden,  die  Krankenhaus,  Waisen- 
haus, Lehrhaus  und  Kosthaus  umfasst.  Aus- 
gedehnt sind  namentlich  die  Institute  der  Lon- 
doner Juden-Mission,  die  der  Plan  zeigt*). 

Endlich  haben  wir  noch  des  Jerusalem-Ver- 
eins zu  erwähnen,  der  hier  mit  seinen  Schulen 
zu  Bethlehem  und  Beit-Djala  eine  eigentliche 
Missions-Thätigkeit  übt. 

Schliesslich  ist  noch  ein  vor  wenigen  Jahren 
begründeter  Verein  zu  nennen,  der  sich  als  Pale- 
stine  Christian  Union  Mission  bezeichnet,  weil 
seine  Mitglieder  verschiedenen  christlichen  Deno- 
minationen angehören.  Er  hat  seine  Thätigkeit 
mit  einer  Station  in  Nabulüs  begonnen,  auch  mit 
Rücksicht  auf  die  Samaritaner,  von  denen  dort 
noch  ein  kleines  Häuflein  übrig  ist 


*)  Die  J  uden- Mission  einer  anderen  Englischen  Ge- 
sellschaft zu  Vafa  ist  auf  No.  2  angedeutet. 


iU  s  s  i  o  1 1  s .  AI  la  s 


UOTHA^Jl^' 


I^s^DIEN. 

ZiLT  Übersiclit  der  AtrschiedoRon 
Reliöiouen. 
Im  Maarsflabe  1:8000.000 
IiL  2  Bliittei  iL 
I  Iii.d.Heideiitliuiiv  L.  ,i  Buddlüsiuus 
Islam    —  Evangel.  Catliol 

2>rt'  TiT^ichiediTicTt   'Farhi'ntoiw  f/eheri 
die  J}zc7it7f/}wif    tJpr  Urvttlkcrtt/u/ 
fdlgefidcrm  o  fifst'ii  cm 


O  a  IX  q  e      *  Sl  on  tlirtM\. 

S.P.G.  „  S„cictvrrüp.  Guxp. 

Ch.M.S..  Churcli  Mks  Societ)' 
B.M.S..  Baptlsl 
"Pr.Ch.  -  Tref  CUurdi  (Scotl.) 
I.P.    =  Irish .  Pi'i'sb\'(erj'/]  n 
M.E,  ^_  Arneric  Jledtod.Epuc. 
Cr.  OüSsncrs  Misyio/t 


9^0 


PERTHE  S 


Liäi.     st  V  C  HflU'MIli ,  G.  ,4  a 


N.  5  u.  6.  Vorder -Indien. 


Da  wir  durch  eine  Anzahl  folgender  Blätter 
die  hauptsächlichsten  Gebiete  Indiens  mit  aus- 
führlicherer Terrainzeichnung  darstellen  konnten, 
begleitet  von  kurzen ,  die  physikalischen  Ver- 
hältnisse des  Ganzen  charakterisirenden  Schilde- 
rungen ,  so  meinten  wir  bei  der  vorliegenden 
Übersichtskarte  von  dieser  Seite  absehen  zu 
dürfen  und  entwarfen  dieselbe  nur  aus  dem 
für  die  Mission  so  wichtigen  Gesichtspunkte  der 
bestehenden  Religionsverhältnisse  dieses  aus- 
gedehnten Landes.  Wie  bei  unserer  Karte  von 
Afrika  wurde  die  Bevölkerungsdichtigkeit  als 
Maass  für  die  Stärke  der  Farbe  angenommen. 
Eine  besondere  Darstellungsweise  jedoch  musste 
hier  gefunden  werden,  um  eine  entsprechende 
Anschauung  von  der  in  den  verschiedenen  Thei- 
lensehr  verschiedenen  Mischung  der  heidnischen 
und  mohammedanischen  Bevölkerung  zu  geben. 
Leider  fehlen  über  manche  Tlieile  die  dazu  er- 
forderlichen statistischen  Angaben  (wie  nament- 
lich über  Bengalen),  während  sie  für  andere  nur 
unvollständig  vorhanden  sind.  Im  Ganzen  aber 
dürfte  der  Zweck,  durch  eine  Vertheilung  des 
Raumes  die  wirklichen  Zahlenverhältnisse  aus- 
zudrücken, mit  ziemlicher  Annäherung  erreicht 
sein.  Natürlich  mussten  hierbei  immer  ganze 
Gebiete  auf  ein  Mal  ins  Auge  gefasst  werden. 
Es  darf  also  nicht  aus  einem  jener  gelben  Qua- 
drate geschlossen  werden,  dass  die  betreffende 
Stelle  von  Moliammedanern  bewohnt  sei;  es 
sind  vielmehr  die  nach  den  verschiedenen  Seiten 
hin  folgenden  nächsten  Quadrate  mit  hinzuzu- 
nehmen, dann  wird  man  leicht  das  Verhältniss 

*)  Znr  schnelleren  Oricntirung  diene  folgende  Tabelle 


V2  73  'A 


Grunilemann  :  Missionaatlaa.  II.  2. 


derselben  zu  dem  zwischenliegenden  Raum  her- 
I  ausfinden*). 

]       Die  Vertheilung  der   Mohammedaner  über 
'  Indien  steht  im  Zusammenhange  mit  ihrem  Ein- 
[  dringen  von  Persien  her.   Schon  um  das  Ende 
des  zehnten  Jahrhunderts  gingen  von  dort  die 
j  Eroberungszüge  der  Gasnaviden  aus,  die,  Anfangs 
I  nur  Raubzüge,  s])äter  zu  fester  Niederlassung 
in  den  unterworfenen  Gegenden  und  Gründung 
I  verschiedener  Reiche  führten.  In  den  westlichen 
Gegenden  gelang  es  dabei ,  die  Masse  der  Be- 
völkerung zum  Islam  zu  bekehren,  was  in  an- 
deren nur  in  beschränkterem  Maasse  stattfand. 
Im  Jahre  1396  wurde  Indien  zum  ersten  Mal 
durch  das  Eindringen  der  Mongolen  erschüttert. 
Delhi  wurde  in  furchtbarer  Weise  zerstört.  Doch 
hatten  die  früheren  Sultanate  noch  eine  län- 
gere  selbstständige   Entwickelung ,   bis  Babcr 
1525  das  mächtige  Reich  des  Grossmoguls  grün- 
dete ,  das  durch  seine  Statthalter  ganz  Indien 
unter  seinem  Scepter  hielt  und  so  den  Islam 
auch  in  die  entlegensten  Thcile  brachte. 

Bald  hatte  dasselbe  seinen  sprichwörtlich 
gewordenen  Glanz  und  Reichthum  erreicht.  Mit 
Anfang  des  vorigen  Jahrhunderts  begann  die 
Zersetzung,  mit  der  die  Engländer  in  steigen- 
dem Maasse  Herren  des  Landes  wurden.  Eine 
Handelsgesellschaft,  die  Englisch  -  Ostindische 
Compagnie,  hatte  diese  politische  Aufgabe  zu 
lösen,  da  ihr  das  Privilegium  des  Verkelirs  mit 
Indien  gesichert  war.  Erst  1857,  auf  dem  Gipfel 
ihrer  Macht,  erreichte  die  Gesellschaft  ihr  Ende 
durch  den  Militäraufstand,  in  dem  noch  ein  Mal 

Vo  Vi  2 

■     ■     ■  ■  ■  B 


30 


die  brechende  Macht  mohammedanischen  Wesens 
das  Europäische  Joch  abzuwerfen  suchte.  Seitdem 
ist  Indien  Kolonialgebiet  der  Britischen  Krone. 

Es  ist  bekannt,  wie  die  Corapagnie  mit 
grösster  Ängstlichkeit  alle  Missions -Unterneh- 
mungen zu  hindern  versuchte,  durch  welche  sie 
ihre  Interessen  bedroht  glaubte.  Von  der  Por- 
tugiesischen Kolonie  Goa  waren  frühzeitig  ka- 
tholische Missionen  mit  extensivem  Erfolge  be- 
trieben Die  alte  Hallische  Mission  fand  An- 
fangs des  18.  Jahrhunderts  in  dem  Dänischen 
Trankebar  ihre  Stätte.  Als  in  Europa  das  Mis- 
sionsleben der  neueren  Zeit  erwachte,  bot  wie- 
der nur  das  Dänische  Serampur  für  die  von 
der  Compagnie  verfolgten  Missionare  einen  Zu- 
fluchtsort, von  wo  aus  die  Vorbereitungen  für 
weitere  Wirksamkeit  gemacht  wurden.  Erst 
1813  wurde  jene  Gesellschaft,  die  Heidenthum 
und  Mohammedanismus  in  liberaler  Weise  unter- 
stützte, gezwungen,  evangelische  Mission  zuzu- 
lassen. Seitdem  hat  denn  die  letztere  eine  weite 
Ausdehnung  gefunden,  wie  die  hier  grün  unter- 
strichenen Orte,  die  nur  die  hauptsächlichsten 
Stationen  andeuten,  beweisen.  Der  Erfolg  der- 
selben nach  einem  halben  Jahrhundert  mag  zu- 
folge unserer  Darstellung  verschwindend  er- 
scheinen. Nur  in  den  südlichsten  Gebieten  (Ma- 
dura  Tinnevelli)  konnte  ein  noch  reichlich  be- 
merkbarer Prozentsatz  verzeichnet  werden.  Im 
Verhältniss  zu  der  Masse  von  193,000,000  Ge- 
saramtbevölkerung  müssen  aber  die  187,000 
evangelischen  Christen,  wie  das  Diagramm  No.  6 
zeigt,  fast  verschwinden.  Für  das  Jahr  1862 
(Dr.  Mullen's  statistische  Tafeln)  galt  die  Zahl 
153,000.  Neuere  Angaben  sind  nur  vereinzelt, 
machen  es  aber  wahrscheinlich,  dass  die  Zu- 
nahme der  evangelischen  Christen  nicht  nur 
fortschreitet,  sondern  im  Wachsen  begriffen  ist. 
Nimmt  man  das  Verhältniss  der  Zunahme  in 
den  Jahren  von  1852  bis  1862  zum  Maassstab, 
80  beträgt  jetzt  die  Zahl  etwa  187,000.  Die 

*)  Näheres  siehe  zu  No.  12,  14  u.  15. 


Zahl  der  katholischen  Christen  ist  nach  den 
Angaben  des  Madras  Catholic  Directorj^  (1868) 
zu  730,000  angenommen.  Nach  denselben  bildet 
die  katholische  Bevölkerung  namentlich  im  Apo- 
stolischen Vikariate  Verapoli  sogar  '/a  der  Be- 
völkerung. Hierbei  ist  jedoch  zu  berücksichtigen, 
dass  dieselbe  grossentheils  aus  Schaaren  von 
Abkömmlingen  der  früheren  Massenbekehrungen 
besteht,  die  oft  fast  nur  den  christlichen  Namen 
tragen,  wie  auch  die  unirten  Thomas-Christen*) 
ein  bedeutendes  Contingent  bilden.  In  neuerer 
Zeit  ist  die  katholische  Mission  bedeutend  be- 
lebt worden.  Sie  ist  organisirt  nach  den  Apo- 
stolischen Vikariaten,  welche  sich  auf  unserer 
Karte  nach  den  Bischofssitzen  angegeben  finden. 

Anglikanische  Bisthümer  sind  bekanntlich 
Calcutta,  Madras,  Bombay  und  Colombo. 

Eine  wesentliche  Ergänzung  zu  unserer  Karte 
bildet  die  ethnographische  Skizze  auf  No.  6.  Es 
kommt  darauf  an,  den  Unterschied  der  Arischen 
Inder  und  der  Dravidischen  Völker  (von  jenen 
Nischada  genannt)  zur  Anschauung  zu  bringen**). 
Die  ersteren  sind  die  Träger  der  bekannten  alten 
Indischen  Kultur,  die  mit  der  Brahma-Religion 
und  ihren  mannichfachen  Zweigen  verknüpft  ist. 
Die  letzteren  stehen  auf  viel  tieferer  Kultur- 
stufe. Ihre  Religion  ist  ein  wenig  ausgebildeter 
Dämonendienst,  mit  dem  sich  mehr  oder  weniger 
Brahmanische  Elemente  gemischt  haben.  Es  sind 
nämlich  auch  in  den  betreffenden  Gebieten 
Arische  Inder  als  herrschende  Klasse  in  gerin- 
gerer Zahl  verbreitet,  doch  ist  z.  B.  die  Kasten- 
ordnung eine  andere  als  im  Norden.  Die  Sudras, 
die  dort  eine  niedere  Stellung  einnehmen,  gelten 
hier  nächst  den  Brahmanen  als  die  höchste  Kaste. 
Dem  Arier  erscheinen  die  Nischäda  dem  Prinzip 
nach  als  kaum  zur  menschlichen  Gattung  zu 
rechnende  Wesen.    Dieser  Unterschied  ist  für 

*)  Siehe  zu  No.  14  u.  15. 
**)  Die  Arischen  (Sanskritischen)  Völker  sind  verwandt 
mit  der  grossen  P'amilie,  .  die  uns  in  den  Gräco-Koma- 
nischen,  Slavisehen,  Germanischen  und  anderen  Zweigen 
entgegentritt ,  die  Dravidischen  dagegen  gehören  cthuo- 
grnplu.sch  zu  den  Finnisclien  Völkern. 


die  Mission  höchst  wichtig.  Auf  denselben  ist 
die  ungleich  grössere  Fruchtbarkeit  der  süd- 
lichen Missionsfelder  Indiens  zurückzuführen. 
In  den  rein  Arischen  Gebieten  bilden  die  aus- 
gebildeten Kultur-  und  Keligionsformen  für  die 
Mission  ein  weit  grösseres  Hinderniss. 

Es  finden  sich  indessen  auch  innerhalb  dieser 
Gebiete  weite  Striche,  die  von  ganz  verschieden- 
artigen Stämmen  bewohnt  sind,  namentlich  un- 
zugängliche Bergländer,  in  denen  dieselben  im 
Zustande  sehr  niederer  Kultur  hausen.  Sie  sind 
sprachlich  zum  Theil  mit  den  Dravidas  ver- 
wandt, zum  Theil  gehören  sie  einer  ganz  an- 
deren Gruppe  an,  über  welche  der  Untersuchung 
noch  ein  weites  Feld  offen  steht.  Dazu  sind 
die  Bhilla  (Bheels),  Köli,  Khond,  Santhal  und 
zum  Theil  die  Kol  zu  rechnen.  Wir  haben  die- 
selben mit  besonderer  Schrift  und  Unterstreichung 
unterschieden.  Diese  Stämme,  bis  jetzt  nur 
einem  ganz  rohen  Dämonendienst  ergeben,  sind 
besonders  empfänglich  für  das  Evangelium,  wie 
namentlich  die  Erfolge  der  Kol-Mission  zeigen. 

Eine  besondere  Schwierigkeit  für  die  Arbeit 
über  Indien  bildet  die  Orthographie.  Die  Eng- 
lische, welche  schon  seit  lange  eingebürgert  ist, 
muss  als  sehr  wenig  passend  zur  Wiedergabe 
der  Indischen  Laute  erscheinen,  daher  sich  von 
verschiedenen  Seiten  her  das  Bestreben  zeigt, 
eine  angemessenere  Schreibart  einzuführen.  Es 
giebt  indessen  noch  kein  Werk,  welches  uns 
sämmtliche  geographische  Namen  Indiens  in 
einer  die  Originallaute  fixirenden  Schrift  wie- 
dergäbe. Das  ist  auch  um  so  schwieriger,  als 
viele  Namen  vom  Englischen  Organ  sehr  ver- 
ändert wurden.  Auf  den  offiziellen  Karten  ver- 
misst  man  ebenfalls  eine  einheitliche  Schreibung. 
Oft  ist  auf  einem  Blatt  des  grossen  Atlas  von 
Indien  ein  Buchstabe  völlig  anders  gebraucht  als 
auf  einem  anderen.  Bei  der  hierdurch  entstehen- 
den Unsicherheit,  die  sich  selbst  auf  die  besten 
Englischen  Karten  übertragen  hat,  war  es  un- 
möglich, mit  Genauigkeit  die  Namen  der  Ori- 
ginal-Aussprache gemäss  wiederzugeben.  Wir 


mussten  uns  daher  darauf  beschränken,  die  ge 
wohnlich  angewandte  Schreibart  beizubehalten, 
um  so  mehr,  da  dieselbe  meistentheils  in  den 
Englischen  Missionsschriften  festgehalten  ist. 
Für  die  sämmtlichen  Spezialblätter  von  Indien 
gilt  also  : 


au 

ow  =  au 

ch 

—  tsch 

ai 

u     =  ä  (NB  !) 

j 

=  dscl 

ei 

y  zu  Anfang  =j 

sh 

—  scb 

ee 

y  als  betonter  Vokal 

ore 

=  ür 

00 

=  u 

—  ai 

oor 

=  nr 

ou 

=  au 

y  zu  Ende  =  \ 

Eine  Ausnahme  wurde  bei  den-  Stationsnamen 
gemacht,  die  durchgängig  oder  überwiegend  in 
den  Missionsschriften  in  anderer  Weise  geschrie- 
ben sind  (hauptsächlich  mit  den  Italienischen 
Vokalzeichen).  Für  diese  wurde  letztere  Schreib- 
art meistentheils  beibehalten. 

Auf  der  vorliegenden  Ubersichtskarte,  die 
nur  die  hauptsächlichsten  Namen  giebt,  glaubten 
wir  jedoch  eine  Transskription  wagen  zu  dürfen. 
Wir  benutzten  dazu  eine  in  Indien  erschienene 
Karte  in  Ddvanägari- Schrift,  nach  der  wir  die 
Namen  mit  Lepsius'  Standard-Alphabet  wieder- 
gaben. 

Der  Erklärung  bedürfen  nur  folgende  Zeichen : 
n  =  ng  in  singen, 
c  =  tsch, 
]  —  dsch, 

11  =  gn  in  regner  (Französisch), 

die  eigenthümlichen  Cerebral- Laute ;  t  und 
(1  am  leichtesten  zu  bezeichnen  als  mit 
einem  r  verschmolzen,  z.  B.  Dodclabetta 
=  Dorddabetta, 
—  sch, 
=  j- 


Unsere  Blätter  mussten  noch  den  Raum  her- 
geben für  einige  speziellere  Darstellungen,  die 
auf  anderen  Blättern  keinen  Platz  fanden.  Auf 
No.  5  geben  wir  Assam,  das  fruchtbare  breite 
Brahmaputra-Thal ,  mit  seiner  hinduisirten  Be- 
völkerung, zu  dessen  beiden  Seiten  waldige 
Gebirge  sich  erheben,  von  zahlreichen,  zum 


Theü  noch  sehr  wilden  Stämmen  bewohnt, 
deren  hauptsächlichste  unser  Carton  angiebt; 
diese  sind  von  der  Mission  besonders  ins  Auge 
gefasst.  Es  arbeiten  hier  neuerlichst  namentlich 
die  Amerikanischen  Baptisten  mit  besonderem 
Erfolge  unter  den  Garros. 

Die  Theekultnr  hat  viele  Arbeiter  aus  an- 
deren Tlieilen  Indiens  angezogen,  unter  Ande- 
ren auch  von  den  Kols  aus  Chota  Nagpore 
(Tschota  Nagpür),  in  Folge  dessen  hier  auch 
Katechisten  aus  jenem  Stamme  thätig  sind. 

Auf  No.  6  findet  sich  ferner  ein  Plan  von 
Madras,  dem  wir  hier  nur  die  folgende  Erklä- 
rung der  Ziffern  beizugeben  haben. 

Erklärung  der  Ziffern  anf  dem  Plane  von 
Madras, 

Black  To^m. 

1  Magazin. 

2  Münze. 

3  Wasserwerke. 

4  Gefiingniss. 

a  Wcsleyanische  Kapelln. 

6  Ober-Zollamt. 

7  Aj)pellations-(ilcri('lit. 

8  Pagode. 

9  Missionshaus  und  Kirche  der  Church  Miss.  Soe. 

10  Bischof  Corrie's  höhere  Schule  (Grammar  Schoo!). 

1 1  Schule  der  London  Miss.  Society. 

12  Kapelle  ,,  ,,  ,, 

i:?  Missions-Gehliude  der  Schottischen  Stantskirchc. 
14  „  ,,  ,,  Freikirche. 

1. "}  Armenische  Kirche  und  römiseh-kathol.  Kathedrale. 

16  Trinity  Chapel. 

17  Allgemeines  Hospital. 

18  Obelisk. 

19  Leuc^itthurm. 

20  Fortkirche. 

21  Munroc's  Statue. 

22  St.  Mary's  Friedhof. 

2. '5  Hindu-Hegräbnissplatz. 

■Nördliche  und  Avestliche  Vorstiidtc. 

1  St.  Pctorskirchc,  rJimisch-katholisch. 

2  Missions-Grundstiick  (früher  dem  A.  B.  gehörig,  jetzt 
der  Fr.  Gh.),  Medical  Miss.  College  und  Hospital. 

.3  Gottesdienst-Lokal  der  luthcr.  Mission  (TiCipzig). 

4  Pulvermühle. 

5  Schlachthaus. 

6  Salz-JJepot. 

7  Matthäus-Kirche  (anglikaniscli)- 

8  Vepory-Kirche. 

9  Londoner  Missions-Gebäude. 


10  Lutherische  (Leipziger)  Missions-Kirche, 

1 1  Lutherischer  Friedhof. 

12  Lutherisches  Missions-llaus. 

13  Irrenanstalt. 

14  Doveton  College  (S.  P.  G.?). 
1.5  St.  Andreas-Kirclic  (Schottiscli) 

16  Waisenhaus  für  Knaben. 

17  Lutherisches  Missions-Lokal. 

18  Presbyterianisches  College. 

19  Zuchthaus. 

t'Iiliitadlipet,  Triplicanc,  <lie  südM  ostliclioii  Vor- 
städte und  St.-Tlioine. 

1  Munroe's  Brücke. 

2  Sternwarte. 

3  College  und  Hall  (?). 

4  Musjeed  Dowlah  (Moschee). 

.5  St.  Gi'orge's  Kathedrale  (anglikaniscli) 

6  S.  P.  G.  College  (SuUivan's  Oardens). 

7  Royapettah,  Wesleyanische  Mission. 

8  Harris'  Schule  (Ch.  M.  S  ). 

9  Christus-Kirche. 

10  Polizei-Bureau. 

11  Haupt-Moschee. 

12  Nabob's  Palast. 

13  Regierungs-Gebäude. 

14  Ilindu-Bcgräbnissplatz. 
1.5  Freimaurer-Loge. 

Iß  St.-Thome-Katheilrale  (anglikanisch). 

1 7  St.  Domingo  R.  C. 

18  Begräbnissplätze. 

Ausserdem  ist  noch  auf  einige  Missions- 
felder hinzuweisen,  für  die  eine  speziellere 
Darstellung  nicht  nöthig  zu  sein  schien,  da 
sich  die  erforderlichen  Namen  alle  auf  der 
vorliegenden  Karte  geben  Hessen.  Es  ist  die 
Mission  der  Schottischen  Freikirche  zu  Nagpür, 
die  in  neuerer  Zeit  besonders  unter  den  Gonds 
zu  wirken  angefangen  hat,  dann  die  der  Pres- 
byterianer  von  Irland  in  Gudjerät;  ferner  die 
der  Englisch-Kirchlichen  Mission  in  Jubbulpore 
(Dschabalpür) ,  die  sich  auch  vorzüglich  der  in 
jener  Gegend  vorhandenen  Stämme  annimmt, 
welche  zu  der  oben  erwähnten  dritten  ethnogra- 
phischen Gruppe  gehören.  Endlich  sind  zu  er- 
wähnen die  Stationen  der  Gossner'schen  Hindu- 
Mission  am  mittlem  Ganges  und  einige  Statio- 
nen der  Baptisten  im  nördlichen  Bengalen. 

Die  Christian  Vernacular  Education  Society 
(Gesellschaft  für  christliche  Erziehung  in  der 
Landessprache)  hat  eine  ausgedehnte  Wirksam- 


keit,  die  sich  meist  an  Stationen  verschiedener 
Gesellscliaftcn  anschliesst.  Deshalb ,  und  weil 
zur  Verzeichnung  der  zahlreichen  Orte,  in  denen 
ihre  christlichen  Patschalas  bestehen,  weder 
der  Raum  unserer  Karten  noch  die  Quellen 
ausreichten,  fehlen  auf  denselben  die  betreffen- 
den Angaben. 

Eben  so  haben  wir  die  Thätigkeit  mehrerer 
Frauenvereine  (Society  for  Promoting  Female 
Education  in  the  East,  London,  Frauenverein 
für  christl.  Bildung  des  weiblichen  Geschlechts 
im  Morgenlande,  Berlin,  und  andere)  aus  dem  er- 
steren  Grunde  nicht  besonders  angegeben,  obgleich 
dieselben  für  die  Zenana-Mission  **)  besondere 
Wichtigkeit  haben.  Letztere  gewinnt  seit  neuerer 
Zeit  fast  in  allen  Theilen  Indiens,  besonders  in 
den  grossen  Städten,  immer  mehr  an  Bedeutung. 


Schliesslich  folgt  hier  die  Erklärung  der  auf 

allen  Karten  angewendeten  Abkürzungen : 

— b''   ~  ~  bail  (Ort,  Stadt), 

Bg      =  Bungalow  (Ueischaus). 

B-^  Bazar  (Markt). 

Bur.  Gr.  =  Burying  grnund  (FriedLol). 

— c"    =  -   Cotta  (Wohnung). 

Cant'  (oder  Ct')  =:  Cautoument  (Trupptnstation). 
Ch.     =  Choke  [jokc]  (Platz  eines  Büsscrs). 
Ch*     —  Clioultry  (Reisehaus  für  Eingeboruo). 
— eil*  =  — cherry. 

— c'     =  — coil  [covil]  (üämonoutemijülcben). 
— c'"'  =  — euUaiu  (auf  Ceylon :  — coloni). 
Custoin  llo.  —  Custom'llouse  (Zollhaus). 
D-       =  Uoorg  oder  droog  (Bergfeste). 
G.  (G'»)  =  Gate  (Thor). 

*)  Patscbala,  die  eigenthünilicli  liidiseiic  Klenieutar- 
scliule. 

**)  Zcnaua  sind  ilie  gesonderten  l''rauengemiiuher. 


g'  —  guuga  (Fluss). 

gh*"  =  gherry  (Berg), 

gj  =  gunj. 

e'"  .  =  e'"!'"!  Dorf. 

g°  gaon  i 


o  »  o 

~  gurli  (Burg). 

=:  Head  (Landspitze). 

KU 

—  Klias. 

Kb' 

—  Kheyl. 

Kh" 

==  Khan. 

K' 

—  Kote  (Wohnung,  Festung). 

L.  Ho. 

Light  Housc  (Leuchtthurni). 

Lun.  As.  =  Luniatic  Asyluni  (Irrenhaus). 

— ni 

—  — mutty. 



  ■■  ~  III  Uli  LI    ^  VJ  l-lltiy  U  j     ±J\fl  l  J  , 

N. 

—  Nuddee  (Naddi,  Bach,  Fiuss). 

IS 

n' 

—  nugur  (nagai*)  fetadt). 

— 1'" 

— poora  (Stadt) . 

rag- 

Pagode. 

Tl'' 

— 1> 

— !' 

~   pallam  (Dorf). 

i.„, 

— I' 

—   polliani 

— 1> 

"  — pully  (Teinptd). 

1' 

'            l  (Stadt). 

— p"'" 

—      patanaui ) 

— P' 

=  — |)oor  (pur),  in  einigen  Fällen  autb  l'iir  pore 

(pur)  gesetzt  (Stadt). 

l» 

Pass. 

— P' 

=:  — pett,  — pettab  (offene  Stadt). 

-P'^ 

=  — putty. 

-p; 

^  — pilly. 

San. 

=  Sanitariuni  ((iesundheitsstution  in  den  Bergen). 

K" 

—  Road  (Weg). 

KaiP 

=;  Raihvay  (Eisenbahn). 

Terui 

=  Terminus  (Bahnhof). 

—V* 

—  — villy. 

.— w'> 

=  — :wully. 

— w' 

=  —  warra. 

— w" 

=  — warree. 

— w'^ 

=  — wutty. 

Für  die  übrigen  Abkürzungen  möge  mau 
das  am  Schluss  des  zweiten  Bandes  (Asien) 
beigegebene  Verzeichniss  vergleichen. 


Nachträge  und  Berichtigungen  für  No.  7  bis  16. 

(Die  Zahlen  yerweisen  auf  die  Grade.) 


No.  7.    24  N.Br.  85  Ö.  L.  Gya  (Gaia),  ünterstreichung  als  Missions-Station  der  Schottisehon  Staatski  rohe,  die  auf 
einigen  Exemplaren  fehlt,  ist  nachzutragen. 
24      ,,     Sf)  u.  86  0.  L.   Der  südwestlich  strömende  Fluss  sollte  auch  in  seinem  unteren   Laufe  bis  zum 
Eiufluss  in  die  Damoodah  als  Burrakur  bezeichnet  sein.  Wo  ihn  die  Eisenbahn  zu  über- 
schreiten hat,  entsteht  jetzt  eine  Station  gleichen  Namens. 
24      „     87  Ö.  L.  Bei  der  Eisenbahn- Station  Rampr  (vollständiger  Rampore  Haut)  ist  eine  neue  Station 

der  Beerbhoom-Baptisten- Mission  mit  Namen  Ebenezer  gegründet. 
22      ,,     88      „     Meerpore  sollte  die  rothe  Unterstreichung  als  Station  der  S.  P.  G.  haben. 
No.  9.    10°  26' N.  Br.  84°  54' Ö.  L.  ist  Conchoor  als  Aussen-Station  der  Gen. -Bapt. -Mission  nachzutragen. 
No.  10.  27  N.Br.  78  Ö.  -L.  Wo  die  Eisenbahn  nach  Agra  sich  abzweigt,  ist  die  Station  Tundlah  Junction  nachzu- 
tragen. 

.'iO      ,,     77  u.  78  0.  L.  Die  starke  Linie,  welche  die  Jumna  mit  dem  Ganges  verbindet,  ist  zu  tilgen. 

30  ,,     78  0.  L.  Pouree  ist  zu  ändern  in  Paoree. 

Auf  dem  gleich  rechter  Hand  zu  unterst  folgenden  Carton  ist  dicht  über  dem  ,,o"  in  Luknow  die  Station 
der  Method.  Episc.  Mission,  Nawabgunj,  nachzutragen. 

Auf  dem  Plane  von  Delhi  ist  der  südwestlichen  Ecke  des  Bahnhofs  gegenüber  das  Missionshaus  der  S.  P.  G. 
nachzutragen.  Die  zugehörige  Stephanskirche  liegt  gleich  rechts  von  dem  letzten  ,,e"  des  Nanitns  luitch- 
pooree.  Der  letztere  gilt  übrigens  nicht  für  ein  ganzes  Stadtviertel ,  sondern  nur  für  eine  in  demselben 
belegene  Moschee. 

St.  Stephen's  College  ist  an  der  linken  Seite  des  Chandnee  Choukee,  nahe  dem  östlichen  Ende. 
Calameer  G.  sollte  heissen  Cashmeer  Gate  (Kaschnur-Thor).  Südöstlich  davon  auf  dem  freien  Platze  liegt 
die  Englische  St.  Jaraes-iCirche. 

Die  Baptisten-Kapelle  liegt  auf  der  anderen  Seite  der  Strasse. 

Auf  dem  Garton  von  Rajpootana  ist  die  braune  Unterstreichung  von  Neeraaj  zu  tilgen. 
No.  11.  32  N.Br.  74  Ö.  L.  Die  Orte  Sealkote,  Goojranwala  und  Zuferwal  sind  uicht  Stationen  der  Amerikanischen 
Presbyterianer,  sondern  der  American  United  Presbyterian  Mission  und  sollten  als  solche 
durch  das  in  der  Tabelle  gegebene  blassere  Kolorit  erkenntlich  sein. 

31  ,,     77      „     Kotgurh  sollte  geschrieben  sein:  Kotgoor. 

No.  12.  Auf  dem  Carton  Bombay  I.  ist  die  fehlende  Strecke  der  Baroda- Eisenbahn  nachzutragen.  Sic  führt  bei 
Koombhawarra  vorüber,  überschreitet  von  dem  südöstlichsten  Vorsprung  nach  dem  Zollhause  (Custom  Ho.)  zu 
den  Meeresarm,  läuft  dann  an  der  östlichen  Seite  der  Stadt  Mahim  entlang  (zum  Theil  dicht  neben  der  Gr. 
Indian  and  Peninsular  Railway)  und  bleibt  im  weiteren  Lauf  1  bis  '4  Engl.  Meile  vom  Ufer  entfernt,  bis 
sie  das  schon  verzeichnete  Stück  erreicht. 

No.  14.  11  N.Br.  78  0.  L.  Salem  (Selem)  und  Yercaud  sollten  auch  als  Aussen-Stationen  der  Leipziger  M.-G.  bezeichnet 
sein. 


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l.iUl  Allsl  vC.HflllirTlli,lH..I. 


• 


/ 


7  u.  8.  Bengalen. 


Beugaleu  zeigt  uns  den  unteren  Lauf  des 
mächtigen  Ganges-Sti'oraes,  der  seine  dem  Hindu 
heiligen  Wasser  durch  die  weite  Ebene  und  zu-  i 
letzt  in  Hunderten  von  Armen  durch  das  Delta 
dem  Meere  zuführt.  Alte  volkreiche  Städte,  i 
überragt  von  den  Gipfeln  künstlich  geschmückter  j 
Pagoden  und  den  schlanken  Minarets  der  Mo- 
scheen, erheben  sich  hie  und  da  an  seinen  Ufern, 
während  unabsehbare  Felder,  ergiebig  an  Cerea- 
lien  und  Ölfrüchten,  so  wie  üppige  Pflanzungen 
von  Zuckerrohr,  Indigo,  Mohn  (zur  Opiumberei- 
tung) u.  s.  w.  sich  zu  beiden  Seiten  ausdehnen, 
bis  dort,  wo  der  tropische  Wald  (Jungle)  ihnen 
Schranken  setzt.  Der  letztere  herrscht  in  grosser 
Ausdehnung  auf  dem  südwestlichen  Hügel-  und 
Gebirgsland  vor,  das  in  seinem  Schoosse  reiche 
Metalladern  und  Kohlenlager  birgt.  Doch  auch 
hier  dringt  die  Kultur  weiter  und  weiter  vor. 
Eben  so  in  den  oberen  Gegenden  des  Ganges- 
Delta,  wo  die  zahlreichen  Dörfer  mit  ihren  zu- 
gehörigen Feldern  und  Pflanzungen  oft  noch 
mitten  im  Waldesdickicht  liegen  und  nur  durch 
die  natürlichen  Wasserstrassen,  welche  das  dichte 
Netz  der  Flussarme  und  Kanäle  bildet,  unter 
einander  Verbindung  haben.  Je  näher  dem  Meere, 
desto  langsamer  ziehen  die  Wassermassen  dahin, 
die  sich  hie  und  da  in  flache  sumpfartige  See'n 
verlieren,  welche  bei  grosser  Hitze  wohl  ganz 
trocken  gelegt  sind,  während  in  der  nassen  .Jahres- 
zeit die  Gegend  weit  und  breit  überschwemmt 
ist.  Am  vollständigsten  werden  die  südlichsten 
Striche  überfluthet,  die  Sunderbunds,  ein  Laby- 
rinth von  Inseln  mit  undurchdringlichem  Jungle, 
der  sonst  den  gefürchteten  Tigern  so  wie  Ebern, 
anderem  Wilde  und  zahllosen  Aff'enheerden  zum 
Aufenthalt  dient.  Der  Mensch  erscheint  hier 
fast  nur  angezogen  durch  den  unerschöpflichen 
Holzreiclithum  so  wie  in  der  Nähe  des  Meei-es  j 
der  Salzbereitung  wegen.  Die  Versuche ,  den  j 
Boden  der  Kultur  zu  gewinnen,  sind  bisher  sehr 
beschränkt  geblieben.  Anders  in  dem  angrenzen- 
den Distrikt  der  24  Pergunnahs  (nach  der  alten 
-  Eintheilung  in  24  Bezirke  genannt),  dessen  süd- 
lichsten Theil  die  sogenannte  „Reisebene"  bildet, 
in  der  zahlreiche,  auf  künstlichen  Erhöhungen 
gebaute  Döi-flein  aus  den  grünen  Saatfeldern 
oder  zu  Zeiten  der  Überschwemmung  über  den 
weiten  Wassei'spiegel  hervorragen. 

Nöi'dlich  davon  liegt  Kalkutta,  die  Haupt- 
stadt des  Britischen  Indiens,  am  westlichsten 
Mündungsarme  des  Ganges,  dem  Hügly  (siehe 
No.  8).  Dort,  wo  zu  Anfang  des  vorigen  Jahr- 
hunderts noch  das  Dorf  Khalighatti  stand,  dehnt 

Grundomann:  Missionxatlas.  U,  1. 


jetzt  die  Weltstadt  ihr  Häusermeer  aus ,  mit 
ihren  Kirchen  neben  den  Pagoden  und  Moscheen 
und  ihren  öffentlichen  Gebäuden ,  die  manche 
Stadttheilc  denen  einer  Europäischen  Hauptstadt 
ähnlich  machen.  Im  Hafen  liegen  die  zahlreichen, 
aus  den  verschiedensten  Weltgegenden  gekom- 
menen Schiffe;  rings  um  die  Stadt  ziehen  sich 
die  weiten  Vorstädte,  zum  Theil  mit  duftenden 
Gärten,  mit  denen  reiche  Hindus  oder  Britten 
ihre  prächtigen  Landhäuser  umgeben.  Viele  der 
letzteren  indessen  fliehen  auch  aus  diesen  Sitzen 
aller  Annehmlichkeit  vor  dem  unerträglichen 
Klima  des  Sommers  nach  den  ,, Sanatorien",  auf 
die  kühlen  Vorberge  des  Himalaja.  In  der  Um- 
gegend von  Kalkutta  hat  die  Kunst  zwar  viel 
für  die  Gesundheit  der  Gegend  gethan,  doch  in 
jenen  flachen  Delta -Landen  hausen  dann  die 
feindlichen  Fieber  und  die  Sonne,  die  vom  wol- 
kenlosen Himmel  auf  den  hart  gedorrten  Boden 
brennt,  erzeugt  eine  selbst  fiir  den  Eingcbornen 
drückende  Hitze. 

Die  letzteren  bilden  einen  besondern  Stamm 
der  Hindu-Nation  und  reden  ihre  eigene  Sprache, 
das  Bengali ;  doch  wird  auch  viel  Hindustani 
gesprochen.  Die  mohammedanischen  Abkömm- 
linge der  eingewandorten  Mongolen  bilden  etwa 
den  fünften  Theil  der  Bevölkerung.  Nicht  un- 
bedeutende Reste  der  Urbevölkerung  finden  sich 
auf  dem  Hochlande  in  den  Kols,  die  in  meh- 
reren Stämmen  zum  grossen  Theil  in  Abhängig- 
keit von  Hindustanischen  Landbesitzern  (Zemin- 
dars)  leben,  während  die  Santlials  besonders  auf 
den  Rajmahal-Bcrgen  sich  in  weitem  Maasse  in 
ihren  Wäldern  frei  erhalten  haben.  Hierher  ge- 
hören auch  die  wilden  Bergstämme  der  Khossias, 
deren  Gebiet  uns  der  obere  Carton  vorfühi't. 
Dasselbe  war  bis  in  die  neueste  Zeit  den  Ein- 
flüssen der  Kultur  noch  ziemlich  verschlossen, 
jetzt  ist  der  Theebau  in  ausgedehnter  Weise 
dort  eingeführt. 

Um  hiermit  auf  die  Mission  überzugehen, 
erwähnen  wir  sogleich  die  seit  2\  Jahrzehnten 
betriebenen  Arbeiten  der  Welsh  Calvinistic  Me- 
thodists  (von  Wales),  die  trotz  ihrer  bedeuten- 
den Erfolge  sehr  wenig  bekannt  werden,  da  die 
Missionsschriften  und  Jahresberichte  nur  in  Wel- 
scher Sprache  erscheinen. 

Die  frühesten  Missions  -  Unternehmungen  in 
Bengalen  sind  die  Portugiesischer  Priester  im 
17.  Jahrhundert.  Später  haben  namentlich  Je- 
suiten viel  zur  Ausbreitung  des  Katholicismus 
gewirkt,  wobei  die  Französische  Besitzung  zu 
Chundernuggur    (Tscliandcrnaggar)    einen  An- 

22 


knüpfungspunkt  bot.  Jetzt  giebt  es  über  25,000  ' 
Katholiken  in  Bengalen  unter  den  vier  Aposto- 
lischen Vikariaten:  Patna,  West-Bengalen  (Kal- 
kutta), Ost-Bengalen  (Dacca)  und  Centrai-Bengalen. 

Die  ersten  evangelischen  Missionsversuche  im  ! 
vorigen  Jahrhundert  waren  nur  vereinzelt,  bis 
die  Englischen  Baptisten  [Carej-,  Marshnian]  das 
Werk  mit  Eifer  angriffen.  Aber  durch  die  feind- 
selige Eichtung  der  Ost  -  Indischen  Compagnie 
blieben  sie  auf  die  Dänische  Besitzung  Seram- 
pore  (Sirampur)  beschränkt,  von  wo  sie  jedoch  [ 
namentlich  dui'ch  ihre  Presse  eine  weitgehende 
Wirksamkeit  erlangten,  der  später  die  Gründung 
zahlreicher  Stationen  in  den  verschiedenen  Di- 
strikten Bengalens  folgte.  Auch  die  Londoner  i 
Missions  -  Gesellschaft  fand  nur  in  dem  HoUän-  , 
dischen  Cliinsurah  Eaum  für  ihre  Thätigkeit. 
Erst  1814  wurde  Indien  der  Mission  erschlossen 
durch  ausdrückliche  Bestimmung  im  erneuerten 
Freibriefe  der  Compagnie.  Zugleich  ward  das  erste 
evangelische  Bisthum  in  Indien  zu  Kalkutta  ge- 
gründet. In  Anschluss  an  dasselbe  begannen  all- 
mählich die  Ausbreitungs-Gesellschaft  und  die  Eng- 
lisch-Kirchliche ihre  Arbeiten,  beide  zunächst  in 
Kalkutta  und  Umgegend.  Die  letztere  dehnte  die- 
selben im  Laufe  der  zwanziger  Jahre  nach  Burd- 
wan  aus,  von  wo  im  nächsten  Jahrzehnt  im  Krish- 
naghar- Bezirke  die  überraschend  schnellen  Er- 
folge errungen  und  eine  Anzahl  Stationen  gegrün- 
det wurden,  die  später  und  bis  jetzt  allerdings 
jenen  ersten  Hoffnungen  nicht  in  gleichem  Maasse 
entsprachen.  Ein  anderes,  in  neuester  Zeit  sehr 
versprechendes  Gebiet  dieser  Gesellschaft  ist  das 
bei  Eajmahal  unter  den  Santhals.  Auf  der  Karte  ■ 
konnten  die  Orte,  in  denen  Schulen  für  diesen 
Stamm  gegründet  sind,  nur  theilweise  angegeben 
werden. 

Die  Londoner  Missions-Gesellschaft  hat  seit 
1826  durch  ihren  trefflichen  Arbeiter  Lacroix 
in  Kalkutta  so  wie  südlich  in  der  Eeisebene  eine 
bedeutende  Wirksamkeit  begründet.  Derselbe  war 
anfänglich  im  Dienste  der  Eotterdamer  Missions- 
Gesellschaft  in  dem  Holländischen  Cliinsurah 
thätig,  bis  diese  Mission  um  jene  Zeit  den  Lon- 
donern übergeben  ward.  Später  ging  dieselbe  an 
die  Schottische  Freikirche  über.  Diese  hatte 
durch  ihre  ausgezeichneten  Unterrichts-Anstalten 
zu  Kalkutta  [Dr.  Duff]  seit  Anfang  der  dreissiger 
Jahre  einen  tiefen  christlichen  Eiufiuss  gewonnen. 
Weiter  wurden  von  ihr  auch  nördlicli,  zwischen 
Chinsurah  und  Culna,  eine  beti'ächtliche  Anzahl 


'  Schulen  gegründet  und  in  neuester  Zeit  wird 
aucli  die  Indische  Volksschule  (Patschala)  unter 
diesen  Einfluss  gebracht*).  Dabei  fehlt  auch 
von  dieser  Seite  nicht  die  eigentliche  Missions- 
!  thätigkeit.  Die  Schottische  Staatskirche  führt  nach 
der  Trennung  ihre  eigenen  Unterrichts-Anstalten 
fort.  Ausser  Kalkutta  hat  sie  noch  zu  Gya  (Gaia) 
in  Biliar  eine  Missions-Station. 

Endlich  haben  wir  der  blühenden  Gossner'- 
schen  Mission  unter  den  Kols  in  Chota  Nagpur 
[  zu  gedenken,  die  ihr  Centrum  in  der  Station 
Bethesda  in  Eanchi  hat,  zu  welcher  9600  Be- 
kehrte gehören,  unter  denen  2100  Communikan- 
ten.  Die  als  Aussen-Stationen  angegebenen  Orte 
i  enthalten  nur  Schulen.   Mit  einer  besondern  Un- 
^  terstreichung  sind  alle  die  Orte  angedeutet ,  in 
denen  (resp.  Umgegend)  Bekehrte  leben. 

Die  Station  Chaj^abassa  in  Singbhüm  ist  der 
jüngste  Spross  difeser  Mission,  der  es  eben  so  wie 
auch  Purulia  (Friedrich  Wilhelmsstadt)  mit  Kols**) 
zu  thun  hat.  In  Hazaribagh  gilt  die  Arbeit  den 
Santhals.  —  Ganz  im  Süden  zeigt  unsere  Karte 
auch  noch  das  Gebiet  der  Amerikanischen  Free 
Will-Baptisten,  die  seit  geraumer  Zeit  in  Bala- 
sore  (Bälesar),  Jelasore  (Jalesar)  und  Midna- 
pur  arbeiten.  Letztere  Station,  nach  längerer 
Unterbrechung  wieder  aufgenommen,  bildet  den 
Mittel])unkt  für  viele  Schulen  unter  den  um- 
wohnenden Stämmen,  die  auf  der  Karte  „Kola" 
genannt  werden,  was  durch  Santhals  zu  berich- 
tigen ist. 

Die  Wesleyanische  Mission  begann  erst  1860 
in  Barrackpur  und  galt  zunächst  den  dort  sta- 
■  tionirteu  (Europäischen)  Truppen.    In  neuester 
Zeit  arbeitet  sie  zu  Kalkutta  auch  unter  den 
Eingebornen. 

Die  verschiedenen  Missions-Institute  der  Stadt 
sind  auf  dem  Plane  No.  8,  so  weit  darüber  Aus- 
kunft zu  erhalten  war,  angegeben.  Auch  konnten 
dort  bei  dem  grössern  Maassstabe  die  verschie- 
denen Stationen  und  Aussen  -  Stationen  in  der 
Umgegend  von  Kalkutta  angegeben  werden,'  für 
welche  No.  7  keinen  Eaum  bot. 


*)  Ausschliesslich  wird  dieser  Zweck  verfolgt  von  der 
Christian  Vernacular  Education  Society,  die  ihre  Thätig- 
keit an  andere  schon  bestehende  Missionen  anschliesst. 

**)  Um  Ranchi  ist  es  der  Dravidische  Stamm  der  Urau, 
die  sich  selbst  Konz  nennen,  nebst  den  ethnographisch 
verschiedenen  Mundari  und  Kharia;  um  Chayabassa  sind 
es  Larka  Kols. 


Berichtigung. 

Die  Aussen- Station  Metrapur  liejit  8  Engl.  Meilen  gerade  westlich  von  Balasore;  Santipur  7  Engl.  Meilen 
westlich  von  Jelasoro.    25  Engl.  Meilen  nordwestlich  von  Midnapur  ist  die  Aussen-Station  Bogerie  nachzutragen. 
Bei  Barasot  ist  die  Untorstroichung  zu  tilgen. 

Anstatt  llaTuakal  Choke  sollte  Bchala  und  Kaorapukur  als  wichtigere  Plätze  der  L.  M.  S.  angegeben  sein. 
(Vergl.  No.  8.) 

Von  Soory  aus  wird  eine  neue  Baptisten-Station  in  Rampoor  Haut  angelegt. 


N«.  9. 


Orissa. 


Orissa  ist  eiu  Landschaftsname,  der  mit  der 
jetzigen  politischen  Eintheilung  nicht  überein- 
stimmt und  sowohl  die  südlichsten  Theile  der 
Präsidentschaft  Bengalen  bis  gegen  Miduapur 
als  die  nördlichsten  von  Madras  umfasst.  Der 
dadurch  bezeichnete,  hier  schmälere,  dort  brei- 
tere Küstenstrich  wird  zum  Theil  durch  das  be- 
deutende Delta  des  Mahanaddi  und  Brahmini 
gebildet,  welches  mit  seinem  Netze  von  Pluss- 
armen und  ihren  Alligatoren  und  den  Jungles 
an  die  Sunderbuuds  erinnert  (No.  7) ,  nur  dass 
hier  stellenweis  der  fruchtbare  Boden  von  einer 
starken  Bevölkerung  unter  Kultur  gebracht  ist. 
Andere  Striche  sind  sandig  und  unfruchtbar, 
besonders  südlich  und  um  den  Chilka-See,  eine 
seichte  Lagune,  an  deren  Ufern  viel  Salz  ge- 
wonnen wird.  Hinter  diesem  Küstenstriche  er- 
hebt sich  ein  Hügel-  und  Gebirgsland,  gebildet 
von  den  letzten  Ausläufern  der  östlichen  Ghats, 
deren  höchste  Spitzen  4000  Fuss  erreichen.  Hier 
herrscht  noch  in  weiter  Ausdehnung  dichter 
Jungle,  bevölkert  mit  Elephanten,  Büffeln,  Leo- 
parden, Schakals  und  anderen  wilden  Thieren. 
Das  feuchte  Klima  bei  grosser  Hitze  ist  nicht 
weniger  gefährlich  als  das  des  flachen  Küsten- 
landes, daher  Europäische  Einflüsse  nur  in  sehr 
geringem  Maasse  bis  in  jene  Gegenden  gedrungen 
sind.  Weite  Gebiete  gehören  ausschliesslich  den 
Ureinwohnern,  andere,  die  von  Arischer  Bevöl- 
kerung in  Besitz  genommen  sind,  bilden  kleine 
eigene  Staaten,  jetzt  unter  Britischem  Schutze 
und  tributpflichtig.  Die  erstercn,  Khonds,  sind  in 
ethnographischer  Beziehung  den  Kols  und  San- 
thals  verwandt,  der  Kultur  nach  stehen  sie  aber 
noch  weit  tiefer.  Bekannt  ist  ihre  grausame  Sitte 
der  Meriahs,  Menschenopfer,  durch  welche  ihrem 
Lande  Eruchtsegen  geschafft  werden  soU.  Theil- 
weise  ist  dieselbe  durch  Britische  Waffen  bereits 

Grundemann :  Missionsattas.  II,  1. 


unterdrückt.  Seit  einigen  Jahren  hat  sich  aber  die 
Mission  (General  Baptists)  gerade  dieser  Stämme 
angenommen,  wozu  die  Station  Russelkonda  ge- 
gründet wurde.  Es  muss  erwähnt  werden,  dass 
mau,  obgleich  die  Khonds  theilweis  die  Uriya- 
Sprache  verstehen,  ihre  Muttersprache  als  Ver- 
mittlerin des  Evangeliums  anzuwenden  sucht. 

Unter  der  jene  Sprache  redenden  Orissa- 
Bevölkerung  wurden  schon  im  ersten  Jahrzehnt 
dieses  Jahrhunderts  von  Sirampur  aus  Missions- 
versuche unternommen.  Sie  hatten  ihre  beson- 
deren Schwierigkeiten,  da  in  dieser  Gegend  einer 
der  festesten  Haltpunkte  des  Indischen  Heiden- 
thums sich  befindet,  Juggernaut  (Dschaganat) 
mit  seinen  bekannten  Festen.  Schon  damals  zeig- 
ten sich  Erfolge,  doch  blieb  die  Mission  später 
wieder  mehrere  Jahre  abgebrochen,  bis  die  Allge- 
meinen Baptisten  (General  Baptists,  so  genannt 
im  Gegensatz  gegen  die  Lehre  von  der  partikularen 
Gnadenwahl)  1822  ihre  Arbeit  begannen.  Die- 
selbe hat  sich  auf  die  in  der  Karte  angegebenen 
Stationen  ausgedehnt.  Doch  sind  durch  eifrig 
betriebene  Eeisepredigt  so  wie  durch  eine  Reihe 
tüchtiger  Nationalprediger,  die  durch  das  Semi- 
nar sich  regelmässig  erweitert,  durch  eine  voll- 
ständige und  bereits  revidirte  Uriya-Übersetzung 
der  ganzen  Bibel,  durch  Waisenhäuser  und  Schu- 
len bereits  weitere  Einflüsse  gewonnen,  als  man 
nach  der  Zahl  der  Stationen  oder  der  der  Be- 
kehrten (etwa  400  Communikanten)  vermuthen 
möchte. 

Die  katholische  Mission  arbeitet  ebenfalls 
unter  den  Hindus  so  wie  auch  unter  den  Khonds. 
Besondern  Erfolg  scheint  sie  in  Sooradah  zu 
haben.  Die  übrigen  Stationen  sind  nach  dem 
Madras  Catholic  Directory  angegeben.  Diese 
Mission  gehört  unter  das  Apostolische  Vikariat 
von  Vizagapatam. 

  ?3 


lef  trouiic 


RoorKee^ 


DeotruTul ' 


DIE  DIVISIONEN 

DELHI,  MEERUT, 
ROHILCUND  &AGRA 

i.M,  1  :  2,OÜ0,O0O 


D  ttnlsch  e  Heilen . 


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Jidlalah^"  ' 


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^IJ^V  MumiÄWin' 

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üfziilj'?' 

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r  ^■il<Hu"'f'p\  TtTkfvnl,  ^ 
fffladaitlt:      oDnsTia}!  ^BA, 


DIE  MISSIONS -G 

N0RDW^ST-''PR( 

Soctety  f.  tlLJ^-apa^  o  ih.&vspel.  ^fi  ^'toj 
Bi  üaiTch  Miss.  Soc .  CZ}  Aiw 

WMLondmi  Miss.  Soc.  d!  Utui 

Bapt .  Miss.  Soc.  CH  Oos: 

Amzric .  PrRshyt.  Board  MM  B-öt> 

CZi-WesUyarL  M  S. 


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Jlussmqi'" 


{fthniiHatj  ^ 


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Pulwul^ 

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Huttecn. 

Uusimp  r 


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^  Bujitivinh 


]\jntej;nlhaJi 

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oJiusspolp^      J  R  oof^ip  *' 
BeliLSp 


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RAJPOOTANA 

MISS.  GKBIET 

i.M.  1  :  2,000,000 


/  S)iraeeNuiiauii  „v*^>H8;  \  1  e 


oSuraedpt/ 
-        vSacloanap-""  oi!i_— =, 


Spmra  Domaree 


BENARES 

UND 

UMGEBUNG 


liai^st.vCHdlfaTth.Gutlu 


pb:rthes. 


N'.  10.  Die  Missions-Gebiete  der  Nord -West -Provinzen. 


Die  Nordwest-Provinzen  umfassen  das  mitt- 
lere und  obere  Strom  -  Gebiet  des  Ganges  und 
Jumna  (Dschamna)  mit  einer  Eeihe  von  Land- 
schaften, die  unter  einer  Vice  -  Präsidentschaft, 
mit  dem  Sitze  der  Verwaltung  in  Agra,  vereinigt 
sind.  Einige  derselben,  wie  Gharwal,  Dehra- 
[Western-]  Diin  und  Kumaon  im  Norden,  Sägor 
und  die  Nerbadda-Gebiete  im  Süden,  Ajmeer  und 
Mairwara  (Adschmir  und  Merwara)  im  Westen, 
gehören  zu  den  sogenannten  Non  Regulation  Pro- 
vinces,  die  vorläufig  noch  ohne  eine  durchgehends 
eingeführte  Gesetzgebung  nach  besonderer  An- 
weisung der  Oberbehörde  meist  von  militärischen 
Beamten  verwaltet  werden.  Die  anderen  mit  or- 
ganisirter  Civil -Verwaltung  sind  in  die  Divisio- 
nen Delhi,  Mirat,  Rohilkand,  Agra,  Allahabad 
undEenares  eingetheilt,  die  in  je  5  bis  6  Distrikte 
zerfallen.  Das  frühere  Königreich  Audh  (Oude) 
steht  direkt  unter  dem  General-Governor. 

Es  ist  schwierig,  diese  weiten  Gebiete  von 
vielfach  verschiedener  Beschaffenheit  zusammen- 
fassend zu  charakterisiren.  Die  nördlichen  Theile 
reichen  in  die  Alpenlandschaften  des  Himalaya 
hinein,  an  die  sich  nach  Süd -Westen  zu  die 
fruchtbaren  Gegenden  der  Vorberge  desselben 
anschliessen.  In  jenen  macht  sich  schon  ein 
Tübetanisches  Element  in  der  Bevölkerung  merk- 
lich, während  ausser  den  weniger  bekannt  ge- 
wordenen Bergstämmen  dieselbe  überwiegend 
aus  eingewanderten  Hindus  besteht,  deren  auf 
majestätischen  Gipfeln  gebaute  Tempel  als  Wall- 
fahrtsorte weithin  berühmt  sind.  Nach  der  Ebene 
zu  folgt  dann  weiter  ein  2  bis  6  Meilen  breiter 
Gürtel  von  flachem  Sumpfland  mit  dichten  Wäl- 
dern, Terai  genannt,  eine  furchtbare  Pestgegend, 
zum  grossen  Theil  unbewohnt.  Nur  Elephant 
und  Rhinoceros,  Bär  und  Eber  haben  dort  un- 
belästigt  ihre  Heimath,  während  gezähmte  Thiere 
vom  Klima  bald  weggerafft  werden. 

Auf  der  anderen  Seite  dieses  Gürtels  liegt 
das  weite  Flachland,  das  vom  Jumna  und  Gan- 

Grundemann:  Misaionsallas.  II,  1. 


ges  so  wie  ihren  zahlreichen  Nebenflüssen  be- 
wässert ist.  Manche  Striche  desselben  sind  von 
üppiger  Fruchtbarkeit,  während  andere,  trocken 
und  sandig,  hie  und  da  selbst  den  Boden  mit 
Salzkruste  bedeckt  haben.  Durch  die  Anlage 
von  Kanälen  sind  auch  solche  Gegenden  einer 
ergiebigen  Bodenkultur  gewonnen.  Dieselbe  ist 
hier  überhaupt  vorherrschend  und  nur  in  einigen 
Distrikten  findet  sich  noch  der  Dschangel  ver- 
treten. Eine  dichte  Bevölkerung,  Hindustani 
(Urdu)  sprechend,  von  der  etwa  ein  Sechstel  dem 
Islam  bekennen,  lebt  in  zahlreichen  Orten,  unter 
denen  die  mit  10,000  Einwohnern  und  dariiber 
nicht  selten  sind.  Jene  prächtig  gebauten  Städte 
aber,  wie  Delhi,  Agra,  Allahabad,  Benares,  Lak- 
nau  U.S.W.,  zählen  über  100,000  und  bis  200,000 
Einwohner.  Doch  ist  die  Pracht,  die  einst  frü- 
here Herrschaften  in  diesen  Gegenden  entfal- 
tete, zum  grossen  Theil  vergangen  und  es  finden 
sich  weite  Städte  in  Ruinen. 

Gegen  Süden  hin  folgen  auf  das  eben  be- 
sprochene Flachland  die  Bcrglandschaften ,  die 
ihre  grösste  Erhebung  in  dem  Vindhya-Gebirge 
erreichen.  Diese  Gegenden  lassen  sich  mit  den 
zu  No.  7  beschriebenen  Gebirgs-Distrikten  ver- 
gleichen. 

Die  Mission  in  den  Nordwest-Provinzen  hat 
bereits  über  ein  halbes  Jahrhundert  hinter  sich. 
Die  bis  jetzt  durch  dieselbe  gesammelten  Ge- 
meinden möchten  im  Verhältniss  zu  diesem  Zeit- 
raum gering  erscheinen.  400  eingeborne  Christen 
in  Benares,  800  bis  900  in  Agra,  600  bis  700 
in  Delhi  u.  s.  w.  verschwinden  fast  neben  der 
grossen  Einwohnerzahl.  Doch  muss  man  in  Rech- 
nung nehmen,  dass  gerade  hier  die  Mission  eins 
der  härtesten  Gebiete  vorfand.  Hier  hat  in  den 
Wallfahrtsorten  am  Ganges  das  Indische  Heiden- 
thum seine  festesten  Burgen,  wie  z.  B.  Benares. 
Andererseits  aber  hatte  der  Islam  durch  die 
mohammedanischen  Dynastien  während  mehrerer 
Jahrhunderte  den  Boden  so  hart  getreten,  dass 

24 


auch  aus  diesem  Grunde  schnelle  Erfolge  nicht 
zu  erwarten  waren.  Dennoch  zeigt  gerade  dieses 
Missionsfeld  eine  Stetigkeit  des  Fortschrittes, 
die  ilni ,  wenn  er  auch  laugsam,  als  sicher  er- 
weist. Von  Jahi'zehnt  zu  Jahrzehnt  sind  neue 
Gesellschaften  mit  ihrer  Arbeit  eingetreten  und 
immer  weiter  dehnen  dieselben  die  lleihe  ihrer 
Stationen  aus.  Die  Anfänge  wurden  von  der 
Engl.-Kirchlicheu  Ges.  schon  1813  zu  Agra  ge- 
macht, 1816  zu  Mirat  (Meerut),  1817  zu  Be- 
nares, während  die  Englischen  Baptisten  fast 
gleichzeitig  zu  Delhi  begannen,  wo  sie  nun,  wie 
der  Plan  dieser  Stadt  zeigt,  eine  ausgedehnte, 
verzweigte  Thätigkeit  haben,  die  mit  Hülfe  ein- 
geborner  Pi-ediger  geübt  wird.  Die  Mission  der 
Ausbreitungs-Gesellschaft  ist  hier  eine  der  jün- 
geren (1854),  während  die  Station  derselben  zu 
Känpur  (Cawnpoor)  schon  seit  1838  besteht.  Leider 
fehlten  über  die  betreffenden  Lokalitäten  in  Delhi 
für  unseren  Plan  die  erforderlichen  Angaben. 

Die  Londoner  Mission  war  1822  zu  Benares 
eingetreten.  Die  Lage  des  Missionshauses  (siehe 
den  Plan)  wird  nach  dem  benachbarten  Orte 
auch  als  Schiiipura  angegeben,  während  das 
Centrum  der  Englisch  -  Kirchlichen  Mission  zu 
SigTa  ist*). 

In  den  dreissiger  Jahren  kamen  die  Ameri- 
kanischen Presbyterianer  hinzu,  die  allmählich 
eine  Reihe  der  bedeutendsten  Städte  besetzt 
haben.  Noch  schneller  aber  hat  sich  das  "Werk 
der  Bischöflichen  Methodisten  von  Amerika  aus- 
gedehnt, die,  obgleich  erst  im  vorigen  Jahrzehnt 
beginnend,  jetzt  bereits  19  Stationen  haben  und 

*)  An  tleu  innerhalb  der  Stadt  mit  Cii.  M.  S.  bezeich- 
neten Orten  befinden  sich  Lokale  für  die  Bazaar-i'redigten. 


unter  den  841  Besuchern  ihrer  Gottesdienste 
sclion  323  Communikanten  zählen.  Die  jüngste 
dieser  Stationen  fällt  über  das  Gebiet  unserer 
Karte  hinaus,  doch  ist  auf  dieselbe  noch  ver- 
wiesen: Paori*)  in  Gharwal,  wo  an  besuchten 
Wallfahrtsörtern  eine  geeignete  Gelegenheit  für 
die  Mission  sich  darbietet.  Mehrere  Stationen 
sind  in  Vei'bindung  mit  Sanatorien,  wie  Almorah 
[der  London.  Miss.]  und  Naini  Tal  (Nyne  Tal) 
[Meth.],  die  zum  Theil  mit  auf  weniger  im  Hin- 
duismus gewurzelte  Bergbewohner  berechnet  sind, 
eben  so  wie  die  Missionen  im  Westl.  Dun  und  in 
den  südlichen  Gebirgen  die  Londoner  Mission  in 
Singröli  zu  Dudhi. 

Dasselbe  ist  bei  der  seit  1860  bestehenden 
Mission  der  Unirten  Presbyterianer  von  Schott- 
land in  Eadschputana  der  Fall,  deren  Gebiet 
wir  in  einem  besonderen  Carton  darstellen,  die 
namentlich  zu  Nyanagar  und  Todgurh  unter 
Stämmen  arbeitet,  bei  denen  sich  die  aus  dem  Bra- 
manismus  entspringenden  Schwierigkeiten  nicht 
finden.  Die  unabhängige  Mission  in  dem  benach- 
barten Jeypur  ist  mit  der  eben  genannten  nahe 
verbunden.  Ausserdem  konnten  wir  eine  zweite 
unabhängige  Mission  in  Beuares  andeuten,  die 
von  Englischen  Friends  (Quäkern)  getrieben  wird. 
Die  zahlreichen  katholischen  Stationen  sind  nach 
dem  zu  Madras  erscheinenden  Almanach  ein- 
getragen. In  demselben  wird  die  katholische  Be- 
völkerung des  Apostolischen  Vikariats  Agra,  das 
ausser  den  Nordwest  -  Provinzen  noch  das  Pan- 
dschab  umfasst,  auf  14,300  angegeben. 

*)  So  schreibt  der  letzte  Jahresbericht,  nicht  Pouree, 
wie  die  früheren  und  die  Karte. 


N^  11.  Das  Punjab  (Pandschab). 


Fünf  Ströme  durchziehen  das  Gebiet,  welches 
die  vorliegende  Karte  darstellt,  und  geben  dem- 
selben seit  alter  Zeit  den  aus  deu  Persischen  Wor- 
ten für  „fünf  und  „Wasser"  zusammengesetz- 
ten Namen  Pandschab.  Die  Landstriche,  welche 
von  je  zwei  und  zwei  derselben  in  ihrem  mitt- 
leren und  unteren  Laufe  umschlossen  werden, 
sind  die  Düäbs,  deren  jedes  seinen  besonderen 
Namen  trägt.  Dieselben  sind  ganz  flach  und 
bieten  den  trostlosen  Anblick  weiter  Einöden 
und  Steppen,  zum  Theil  sandig,  zum  Theil  mit 
Graswuchs  und  niederem  Gebüsch  bedeckt,  spär- 
lich durchzogen  von  räuberischen  nomadisirenden 
Hirten  Stämmen,  während  noch  seltener  sich  ein 
festes  Dörfchen,  der  Wohnsitz  halb  barbarischer 
Ureinwohner,  zeigt.  Einstmals  freilich  war  auch 
hier  eine  nicht  geringe  Kultur  vorhanden,  wie 
die  zahlreichen  Ruinen  von  Städten  mit  Trüm- 
mern von  Tempeln  beweisen.  Jetzt  aber  haben 
diese  Striche  nur  dadurch  für  die  Städte  des 
Pandschab  Wichtigkeit,  dass  sie  dieselben  reich- 
lich mit  Holz  und  Gras  versorgen.  Städte  näm- 
lich und  wohlbevölkerte  Dörfer  fehlen  auch  nicht, 
da  die  genannten  Ströme  mit  fruchtbaren  Gür- 
teln gesäumt  sind,  die  zwar  wenig  Baumwuchs, 
aber  üppige  Kornfelder  in  Fülle  haben  und  von 
einem  kräftigen,  betriebsamen  Landvolk  bewohnt 
sind.  Das  westlichste  Duäb  wird  in  die  Quere 
von  der  Salzkette  getheilt,  die  sich  auch  jenseit 
des  Indus  fortsetzt.  Dieselbe  bietet  einen  uner- 
schöpflichen B-eichthum  an  Steinsalz.  Nördlich 
davon  besteht  das  Düäb  in  einer  felsigen  Hoch- 
ebene, unterbrochen  von  angebauten  Thälern  und 
Schluchten. 

Gehen  wir  aber  dem  Lauf  der  Flüsse  weiter 
entlang  bis  zu  den  Bergen,  denen  sie  entströ- 
men, so  kommen  wir  in  das  heiTliche  Gebirgs- 
land,  das  dem  mächtigen  Himalaja  vorgelagert 
ist.  Dieser  Theil  des  Pandschab  ist  von  dem 
bisher  besprochenen  ganz  verschieden.  Den 
zahlreichen  Flüsschen,  die  ihn  allenthalben  be- 

Grnndemann:  Missionsatlat.  II,  1. 


I  wässern ,  verdankt  derselbe  eine  Fruchtbarkeit 
I  und  einen  geförderten  Ackerbau ,  dass  man  ihn 
als  den  Garten  Indiens  bezeichnen  möchte.  Die 
Bevölkerung  ist  daher  hier  in  zahlreichen  Dör- 
fern und  Städten  eine  ungleich  stärkere.  Das 
gesunde  Klima  bietet  am  Fusse  der  Bergriesen 
mit  ewigem  Schnee  genug  Orte  dar,  die  immer 
mehr  als  Sanatorien  aufgesucht  werden  von 
denen,  die  von  der  Hitze  der  Ebene  Erholung 
suchen.  Dasselbe  gilt  von  den  kühlen  Himalaya- 
Landschaften  in  den  zwischen  den  Ketten  des 
Gebirges  sich  hinziehenden  fruchtbaren  Längeu- 
thälern. 

Die  Bewohner  des  Pandschab  sind  zu  zwei 
Drittheilen  Mohammedaner,  deren  überwiegende 
Anzahl  jedoch  von  Hindu -Blut.  Die  Minder- 
zahl sind  Abkömmlinge  der  eingewanderten  Ara- 
ber und  Mongolen,  die  sich  noch  jetzt  von  jenen 
durch  ihren  grösseren  Fanatismus  unterscheiden. 
Ein  Drittel  der  Bevölkerung  umfasst  ziemlich 
zu  gleichen  Theilen  Anhänger  des  Brahmanis- 
mus  und  jener  von  Nanak  im  15.  Jahrhundert 
gestifteten  Sikh-Sekte,  die  ursprünglich  eine  unter 
mohammedanischen  Einflüssen  vollzogene  mono- 
theistische Reformation  des  Brahmanismus  dar- 
bot, im  Laufe  der  Zeiten  jedoch  so  weit  zurück- 
gegangen ist,  dass  jetzt  auch  dem  Stifter  selbst 
göttliche  Verehrung  erwiesen  wird.  Die  meisten 
Sikhs  gehören  zum  Stamme  der  Dschats  (Jats), 
die,  als  Krieger  wie  als  Ackerbauer  ausgezeich- 
net, ihre  Stammsitze  um  Amritsar  (TJmritsur) 
haben,  von  wo  aus  sie  verschiedene  Theile  des 
Pandschab  bevölkerten.  In  den  südlichen  sind 
sie  seit  Aurangzeb's  Zeiten  Mohammedaner. 
Ausser  diesen  sind  die  Gadschers  (Gujurs),  Hir- 
ten und  Ackerbauer,  eine  ethnographische  Haupt- 
abtheilung im  Pandschab.  In  einigen  nördlichen 
Landstrichen  wiegen  Eadschputen  vor.  Unter 
den  rein  mohammedanischen  Stämmen  sind  die 
Patans  zu  erwähnen,  hauptsächlich  in  der  Ge- 
gend von  Multan.  Jenseit  des  Indus  finden  sich 

25 


fast  nur  rein  mohammedanische  Stämme,  unter 
denen  die  Yuzufzai  nördlich  von  Pischuwar  (Pe- 
schawur)  zu  den  Afghanen  (Paschtus)  gehören. 
Sonst  finden  sich  gerade  in  jener  nordwesthchen 
Ecke  viele  Mischstämrae. 

Die  alte  mohammedanische  Herrschaft  hatte 
allmählich  die  Sikhs  überwunden.  Ihr  Reich 
nahm  1849  mit  der  Einverleibung  in  das  Bri- 
tische Ostindien  ein  Ende.  Seitdem  hat  das 
Pandschäb  zunächst  unter  der  Leitung  trefflicher 
Männer  wie  Henry  und  J.  Lawrence  grössere 
Fortschritte  gemacht,  als  man  erwarten  konnte. 
Die  Mission  war  durch  Amerikanische  Presby- 
teriancr  in  Lndhiana  schon  seit  1835  vertreten. 
Als  das  ganze  Land  nach  der  Eroberung  er- 
schlossen wurde,  haben  sie  durch  dasselbe  eine 
Reihe  von  Stationen  errichtet,  auf  denen  bereits 
kleine  Gemeinden  gesammelt  sind  und  besuchte 
Schulen  bestehen.  In  Kapurthala  wird  das  Werk 
vom  Radja,  der  selbst  Christ  ist,  unterstützt. 
Seit  1852  hat  die  Church  Missionarj^  Society  die 
Hauptplätze  des  Pandschäb  mit  ihren  Arbeitern 
besetzt,  anfangend  mit  Amritsar,  der  heiligen 
Stadt  der  Sikhs.  Mehrere  ihrer  Arbeitsgebiete 
wurden  in  Folge  der  eifrigen  Bemühungen  Eng- 
lischer Beamten  in  Angrifi'  genommen,  wie  Pi- 
schawar,  die  grosse,  mit  buntem  Völkergemisch 
gefüllte  Grenzstadt,  von  wo  aus  Bergstämme 
wie  die  Yuzufzai  berücksichtigt  werden,  ja  selbst 
schon  ein  Mal  der  Weg  zu  den  fernen  Heiden- 
stämmen von  Kafiristan  gefunden  wurde.  Im 
Derajat  (Dera  Ismailkhan)  hat  die  Mission  eben- 
falls die  noch  ziemlich  wilden  Stämme  der  be- 
nachbarten Berge  im  Auge.  In  Sialköt  (Sealcote) 
arbeiteten  schon  1856  Schottische  Missionäre, 
die  während  des  Aufstandes  weichen  mussten. 
Doch  wurde  die  Station  1861  aufgenommen, 
nachdem  sich  schon  vorher  Unirte  Presbyterianer 
von  Nord -Amerika  dort  niedergelassen  hatten. 
In  Kaschmir,  dem  so  oft  als  paradiesisch  geschil- 
derten breiten  Alpenthal  mit  überwiegender  mo- 


hammedanischer Bevölkerung,  das  derzeit  einer 
bleibenden  Mission  noch  verschlossen  ist,  übt  die 
Church  M.  S.  durch  einen  Schottischen  Missions- 
arzt jeden  Sommer  ihre  Wirksamkeit.  Auch  ar- 
beitet dort  ein  selbstständiger  Missionar,  der  sich 
der  Society  Prop.  Gosp.  angeschlossen  hat.  Der 
erstere  besucht  auch  Chamba,  wo  ein  mit  keiner 
Gesellschaft  verbundener  Missionar  vor  einigen 
Jahren  eine  von  sehr  schnellen  Erfolgen  beglei- 
tete Thätigkeit  begann.  —  Von  den  weiteren 
Missionen  in  den  Himalaya-Landschaften*)  mögen 
noch  die  der  Church  M.  Soc.  zu  Kangra  und 
Kotghur  genannt  werden.  Die  letztere  war  früher 
von  einer  in  Simla  (seit  1841)  bestehenden  Lokal- 
Missions-Gesellschaft  gegründet.  In  dieser  Stadt 
ist  seit  Kurzem  eine  Baptisten-Mission  entstan- 
den. —  Endlich  zeigt  unser  Blatt  noch  das 
schon  jenseit  einer  der  Hauptketten  des  Hima- 
laya  in  dem  buddhistischen  Klein-Tibet  gelegene 
Missionsfeld  der  Brüdergemeinde,  die  ursprüng- 
lich hier  nur  einen  Weg  zur  Erreichung  der 
Mongolen  suchte.  Diese  9000  Fuss  über  dem 
Meere  gelegenen  Landschaften,  die  einen  grossen 
Theil  des  Jahres  allem  Verkehr  mit  Indien  ent- 
zogen sind,  haben  selbstverständlich  einen  von 
den  bisherigen  Gebieten  ganz  verschiedenen  Cha- 
rakter. Obgleich  wegen  der  Schwierigkeiten,  die 
der  Buddhismus  mehr  als  irgend  eine  andere 
Art  des  Heidenthums  dem  Evangeliiim  entgegen- 
stellt, jene  Brüdermission  in  bald  zwei  Jahr- 
zehnten nicht  über  die  Anfänge  hinausgekom- 
men ist,  hat  sie  doch  schon  in  einigen  Bekehrten 
ihre  Erstlinge  aufzuweisen ;  auch  konnte  das 
Werk  durch  Anlegung  der  neuen  Station  in  Pu 
(Poo)  erweitert  werden. 

Die  katholischen  Missionen  stehen  unter  dem 
Apostolischen  Vikariate  Agra,  das  im  Ganzen  25 
Stationen,  so  wie  14,300  Katholiken  zählt. 


*)  Über  die  anderen  siehe  zu  No.  10. 


Berichtigung. 

Die  Lage  von  Laiulour  nnd  Miisoorci'  ist  nach  No.  10  ?,«  berichtiijen. 


4 


lUissioiis  -Aüas 


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Asien  ^J- 12. 


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lath.  Anst  v  {".Hellfartii,  lioth.-. 


IS  PERTHES. 


12.  Das  Mahratt 

Vom  Arabischen  Meere  kommend  betreten 
•wir  das  Mahrattenland  zunächst  in  der  Provinz  | 
Konkan,  welche  sich  von  dem  niedrigen  Küsten- 
striche bald  zu  den  2000  bis  4000  Fuss  hohen 
Westlichen  Ghauts  (Ghäts)  erhebt,  die  hie  und 
da  einen  schroff  abfallenden  Ausläufer  bis  in 
die  Nähe  des  Meeres  senden.  Schroff  und  zer- 
rissen ist  überhaupt  der  Charakter  dieser  Ge- 
gend. Durch  wilde,  enge  Schluchten  brausen  ! 
unzählige  Waldbäche,  manchen  Wasserfall  bil- 
dend, herab;  über  ihnen  sind  unzugängliche  Hö- 
hen, die  entweder,  mit  dichtem  Urwald  bedeckt, 
dem  gierigen  Tiger  und  anderen  Eaubthieren 
eine  sichere  Zuflucht  gewähren,  oder  zu  schroff,  ' 
um  eine  Vegetation  zu  tragen,  nur  die  nackten, 
dunkelen  Felswände  zeigen.  Auf  solchen  Höhen  j 
liegen  aber  hie  und  da  auch  jene  zahlreichen 
malerischen  Burgen,  in  denen  die  Mahratten- 
Fürsten  lange  erfolgreich  ihre  Unabhängigkeit  ver- 
theidigten.  So  wild  indessen  diese  Gegend,  hat  sie 
doch  manches  fruchtbare  Thal,  das,  von  fischrei- 
chem Flusse  durchströmt,  auf  seinem  rothen  Thon- 
boden Pflanzungen  tropischer  Gewächse  trägt, 
die  um  so  üppiger  gedeihen,  als  hier  der  Süd- 
west-Monsun (vom  April  bis  Oktober)  eine  ausser- 
gewöhnliche  Eegenmenge  bringt  und  die  Luft 
stets  mit  feuchtem  Nebel  erfüllt.  —  Steigen  wir 
in  dieser  Jahreszeit  über  einen  der  vielen  Pässe 
oder  Ghauts**)  auf  das  jenseit  des  Gebirges 
gelegene  Hochland,  so  befinden  wir  uns  bald  in 
einer  gänzlich  verschiedenen  Landschaft.  Hügel- 
reihen, die  sich  allmählich  nach  Südosten  sen- 
kend in  der  Ebene  verschwinden ,  zeigen  wie 


*)  Richtiger  wäre  m  schreiben  Marätha,  wir  behalten  { 
jedoch  die  üblich  gewordene  Schreibart  bei.  1 
**)  Nach  diesen  haben  die  Engländer  das  ganze  Gebirge  ^ 
genannt,  das  hier  bei  den  Eingebornen  Syadree  heisst. 

Grundemann :  Missionsattas,  II,  1. 


a*)- Missions -Grebiet. 

diese  eine  bräunliche  Färbung,  die  auf  grosse 
Trockenheit  schliessen  lässt.  Wälder  fehlen,  nur 
hie  und  da  erblickt  man  Gruppen  einer  Eschenart 
oder  Cactus  und  Euphorbien.  Ein  seltsam  trockner 
Wind  weht  von  Osten  her  über  die  Felder,  die 
in  manchen  Stücken  das  Gepräge  einer  Deutschen 
Herbstlandschaft  tragen.  Erst  vom  Oktober  bis 
April  bringt  der  Nordost-Monsun  hier  dann  und 
wann  einen  Regentag,  der  den  Acker  zum  Anbau 
von  Getreide  tauglich  macht.  In  den  südlichen 
Distrikten  wird  auch  nicht  unbedeutender  Baum- 
wollenbau getrieben. 

Die  Mehrzahl  der  Bevölkerung  lebt  vom 
Ackerbau.  Sie  besteht  grösstentheils  aus  Mah- 
ratten,  jenem  Volke,  das,  obwohl  unter  vielen 
Fürsten  gespalten,  den  seit  dem  14.  Jahrhun- 
dert eindringenden  mohammedanischen  Herr- 
schern zum  Theil  mit  Erfolg  Widerstand  leistete, 
bis  es,  zu  einem  kräftigen  Eeiche  vereinigt,  im 
vorigen  Jahrhundert  eine  Blüthe  erlangte,  die 
erst  1817  von  der  Englischen  Macht  gebrochen 
werden  konnte.  Die  Mahratten  sind  Arischen 
Ursprungs,  daher  wir  unter  ihnen  die  di-ei  Haupt- 
kasten wiederfinden,  nur  dass  hier  die  Wanis 
(Banianen,  Kaufleute)  die  dritte  Kaste  einneh- 
men. Die  vierte  und  zahlreichste  umfasst  hier 
die  Sudra,  Ackerbauer,  denen  noch  mehrere 
Kasten  (eigentlich  Klassen  von  Kastenlosen) 
folgen,  unter  denen  die  Mahars  und  Mangs  zu 
den  niedrigsten  gehören.  Ausserdem  aber  giebt 
es  in  den  Gebirgen  viele  Nachkommen  der  Ur- 
bevölkerung ,  unter  denen  die  Kolies  (nicht  zu 
verwechseln  mit  Kols)  und  die  Bheels  (Bhils) 
auf  der  Karte  hervorgehoben  sind.  Letztere  bil- 
den in  der  Provinz  Khandesh  den  achten  Theil 
der  ganzen  Bevölkerung.  Sonst  finden  sich  auch 
im  Mahrattenlande  zahlreiche  Mohammedaner 
so  wie  namentlich  in  den  grossen  Städten  Par- 

26 


sen  *),  meist  reiche  Kaufleute,  und  Bene  Jisrael, 
welche  von  Einigen  als  Juden  bezeichnet  werden, 
die  seit  langer  Zeit  im  Lande  allerlei  Heidnisches 
angenommen  haben,  nach  Anderen  aber  mit  den  | 
Pashtus  (Afghanen,  in  Indien  Pattans  genannt)  [ 
identisch  sein  sollen. 

Die  frühesten  Missions-TJnternehmungen  der 
neueren  Zeit  in  Indien  schliessen  sich  an  die 
Niederlassungen  der  Portugiesen  in  Goa  an. 
Dort  wurde  1534  das  erste  Bisthum  begründet,  j 
dem  später  als  Erzbisthum  mehrere  weitere  Bis- 
thümer  untergeben  wurden. 

Hier  wirkten  zuerst  Dominikaner  und  Fran- 
ziskaner, dann  Fr.  Xaverius,  der  sich  später 
dem  Süden  zuwandte.  Seine  Ordensgenossen 
setzten  mit  Erfolg  die  Mission  auf  der  Halbinsel 
Salsette  bei  Goa  fort,  nachher  waren  sie  auf 
der  gleichnamigen  Insel  bei  Bombay  thätig. 
Hier  entstand  der  zweite  Hauptpunkt  der  ka-  | 
tholischen  Mission  für  die  in  Rede  stehenden 
Gebiete.  An  beiden  Punkten  wirkten  das  17. 
Jahrhundert  hindurch  verschiedene  Orden  (ausser 
den  genannten  auch  Augustiner,  Karmeliter, 
Theatiner).  Von  Goa  wurde  die  Wirksamkeit  in 
das  benachbarte  Eeich  von  Beejapur  ausgedehnt. 
Grosse  Schaaren  waren  bereits  bekehrt  und  das 
Seminar  zu  Goa  bildete  zahlreiche  Priester 
heran.  Aus  jenen  Zeiten  haben  sich  denn  zahl- 
reiche Gemeinden  bis  auf  den  heutigen  Tag  er- 
halten. Zu  Goa  sollen  312,000,  zu  Bombay 
20,300  Katholiken  gehören  (die  Nachkömmlinge 
der  Portugiesen  mit  eingerechnet).  Seit  1833 
befindet  sich  das  Erzbisthum  Goa  wegen  Patro- 
natsstreitigkeiten  mit  Rom  im  Schisma,  doch  sind 
seit  1861  Verhandlungen  im  Gange,  um  es  zur 
katholischen  Einheit  zurückzuführen. 

Die  erste  evangelische  Mission  begann  hier 
der  Amerikanische  Board  zu  Bombay  1812.  Fast 
zwei  Jahrzehnte  blieb  dieselbe  auf  die  Gebiete 
diesseit  der  Ghauts  beschränkt.  Mahim,  Tannah 
und  Cliowul  (Choule)  wurden  als  weitere  Sta- 

*)  In  der  Stadt  Bombay  allein  114,000. 


tionen  besetzt,  aber  1826  wieder  aufgegeben. 
Erst  1831  fing  man  die  mehr  Erfolg  verspre- 
chende Arbeit  auf  dem  Hochlande  in  Ahmed- 
nuggur*an,  einer  Stadt  von  30,000  Einwohnern, 
die  1842  ein  selbstständiges  Missions  -  Centrum 
wurde.  Von  hier  aus  entstanden  die  angegebe- 
nen Stationen ,  um  die  sich  zahlreiche  Aussen- 
Stationen  gruppiren.  Sholapur  ist  die  neueste 
von  ihnen,  Malcolm  Peth  bei  Mahabalishwar 
dient  als  Sanatorium,  daher  befinden  sich  nur 
zeitweise  Missionare  dort*).  Die  Englisch-Kirch- 
liche Gesellschaft  schickte  seit  1820  mehrere 
Missionare  nach  Bombay.  Ihre  Wirksamkeit 
blieb  aber  fürs  erste  Jahrzehnt  durch  Krank- 
heit und  andere  Hindernisse  sehr  beschränkt. 
Tannah,  Bandora  und  Bassein  wurden  nach  ein- 
ander, doch  alle  nur  vorübergehend,  als  Missions- 
plätze gewählt,  1832  aber  die  Mission  zu  Nasik, 
dem  berühmtesten  Hauptort  des  Brahmanismus  in 
ganz  Dekhan  (über  30,000  Einwohner),  gegrün- 
det, der  sich  vielseitige  Arbeit  darbot.  In  dem 
nahen  Sharanpur  ist  eine  Erziehungsanstalt  für 
befreite  Afrikanische  Kinder.  1846  kam  die 
Station  Juuir  und  1848  Malligaum  dazu.  Ein 
vor  wenigen  Jahren  gemachter  Versuch,  zu  Yeo- 
lah  ausschliesslich  mit  eingebornen  Kräften  zu 
missioniren,  ist  nicht  gelungen.  Auch  hat  eine 
Bewegung  namentlich  unter  den  Mangs  in  der 
Gegend  von  Aurangabad,  in  Folge  deren  Bool- 
dana  und  mehrere  Aussenstationeu  besetzt  wur- 
den, nicht  so  schnelle  und  nachhaltige  Erfolge 
gehabt,  wie  man  anfänglich  erwartete.  Booldana 
blieb  einige  Zeit  verlassen,  ist  jetzt  aber  wieder 
besetzt.  In  Bombay  und  Umgebung  wirkt  die 
Ch.  M.  S.  durch  verschiedene  Schulen,  von  denen 
die  wichtigsten  auf  der  Karte  mit  der  Signatur 
der  Aussenstationen  verzeichnet  sind.  Ein  eigener 
Arbeiter  wird  hier  für  die  Mohammedaner  unter- 
halten. 

Die  Schottische  Mission  nahm  1823  im  süd- 
lichen Konkan  ihren  Anfang.    Bankot  und  dann 

*)  Ein  mehrjähriger  Versuch  in  Kolapur  (südlich  von 
Satara,  siehe  No.  5)  wurde  1859  aufgegeben. 


Suvarndl'ug  •waren  die  ersten  Stationen,  die  man 
später,  als  Hauptkrüfte  in  Bombay  in  Anspruch 
genommen  wurden,  aufgab.  Hier  wirkt  die  Schot-  | 
tische  Mission,  wie  überhaupt,  namentlich  durch 
höheren  Unterricht.  Nach  der  Trennung  der 
Kirchen  hat  jede  derselben  ein  derartiges  In- 
stitut. Die  1839  entstandene  Mission  zu  Puna 
aber  hat  sich  ausschliesslich  der  Freikirche 
angeschlossen.  Die  Karte  zeigt  noch  eine  An- 
zahl weiterer  Stationen,  die  meistentheils  Schulen,  | 
einige  besonders  für  die  Beni  Jisraeel,  enthalten.  ! 

In  neuester  Zeit  beginnt  die  Freikirche  auch  | 
unter  den  in  der  Nähe  von  Damün  wohnenden 
Waraües*)  eine  Mission.    Die  Station  konnte 
noch  nicht  angegeben  werden**). 

Die  Ausbreitungs-Ge.sellschaft,  hier  seit  1840 
thätig,  beschränkt  sich  auf  Bombay,  woselbst 
sie  unter  Indo  -  Britischer  Bevölkerung  [aucli 
Schiffs  -  Mission] ,  so  wie  unter  Eingebornen  ar- 
beitet. In  neuester  Zeit  hat  die  Medical  Miss. 
Society  daselbst  ein  Institut  angelegt,  dessen 

*)  Sie  gehören  zu  den  Abkömmlingen  der  Urbevölke-  J 
rung. 

**)  Eine  privatim  unterhaltene  Aussen- Station  ist  zu 
Ratanagiri  (siehe  No.  0).  i 


Lage  auf  dem  Plane  noch  nicht  verzeichnet 
werden  konnte.  i 


Die  auf  dem  oberen  Carton  dargestellten 
Missionen  in  Süd-Mahratta  wären  besser  zu  den 
Kanaresischen  (No.  14)  gezogen  worden,  weim 
es  der  Raum  gestattet  hätte,  da  die  Bevölkerung 
dieser  Gegenden  Kanaresisch  ist.  Auch  sind 
in  den  Städten  viele  Tamulen  und  Telugus.  Die 
Londoner  Mission  ist  in  Belgäm  seit  1820 
thätig  und  hat  eine  kleine  Gemeinde  aus  Ka- 
naresen  und  eine  aus  Tamulen  gesammelt.  Die 
Basler  begann  1837  zu  Dharwar,  1839  und 
1841  kamen  Hubli  und  Bettigeri  hinzu.  Die 
jüngste  Station  ist  Guledgudd  (18.51),  auf  der 
eine  nicht  unbedeutende  Industrie  (Weberei)  von 
der  gesammelten  Gemeinde  betrieben  wird.  — 
In  Nord-Kanara  war  die  Station  Honore  seit 
1845  zwei  Mal  besetzt,  aber  in  letzter  Zeit 
wiederum  aufgegeben.  Jetzt  ist  ein  dritter  Ver- 
such gemacht  worden.  Auch  die  frühere  Sta- 
tion Shimoga  (siehe  No.  14)  ist  derzeit  unbe- 
setzt, doch  wird  eine  Wiederaufnahme  derselben 
so  wie  Gründung  einer  neuen  zu  Sirey  (nord- 
östlich von  Honore)  beabsichtigt. 


Nachträge. 

Ambelohol  liegt  nach  neueren  Angaben  12  Engl.  Meilen  westlich  von  Aurangabad. 
Booldana  sollte  durch  rothe  Unterstreichung  als  besetzte  Station  bezeichnet  sein. 
Die  Station  Junir  ist  gegenwärtig  unbesetzt. 
Die  Station  Teolah  ist  aufgegeben  worden. 

Die  unabhängige  Mission,  welche  durch  den  1864  verstorbenen  Mr.  White  gegründet  war,  wird  jetzt  in  dem 
2  Deutsche  Meilen  entfernten  Saswur  (Sassoor)  fortgeführt. 


I 


September  1868, 


Nachtrag  zum  AllgeiueiDen  Missioiis -Atlas.  Asien,  N"  12. 

(NB.   Zu  den  Erläuterungen  II.  1,  20  einzuheften.) 


Durch  Verseilen  war  die  Erläuterung  der 
Zahlen  im  Plan  von  Bombay  weggeblieben.  Die- 
selbe folgt  hiermit: 

1.  Kathedrale. 

2.  Christus-Kirche. 

3.  Kapelle  der  S.  P.  G.  in  Kamateepoor. 

4.  Trinitäts  -  Kapelle  (den  Gottesdienst  besorgt 
nicht  mehr  die  Ch.  M.  S.,  sondern  die  S.  P.  G. ; 
darnach  ist  die  Unterstreichung  zu  ändern). 

5.  Peterskirche  in  Mazagaon  (jetzt  von  der 
Ch.  M.  S.  bedient;  darnach  ist  Signatur  und 
Unterstreichung  zu  ändern). 

6.  Schottische  (Staats-)  Kirche. 

7.  Schottische  Freikirche. 

8.  Kapelle  des  Americ.  Board.  (Eine  Schule 
derselben  Gesellschaft  liegt  nördlich  am  Parel 
Uoad,  da,  wo  das  „1"  dieses  Namens  steht.) 

9.  Missions-Institut  der  Schottischen  Staats- 
kirche. 

10.  Missions-Institut  der  Schott.  Freikirche. 


11.  Robert  Money  School  (grosse  Schule  der  Ch. 
M.  S.;  kleinere  Schulen  derselben  Gesellschaft 
liegen  a)  dem  Cläre  Bunder  gegenüber,  jenseits 
der  Eisenbahn,  b)  links  von  No.  14  im  zweiten 
Häuserviertel,  etwas  tiefer,  und  c)  bei  der  Peters- 
kirche in  Mazagaon). 

12.  Neue  Münze. 

13.  Sir  James  Jijibhoy's*)  Hospital. 

14.  „  „         Asyl  für  Bedürftige. 

15.  Medicinisches  Seminar. 

lü.  Das  neue,  inzwischen  errichtete  Missionshaus 
der  Ch.  M.  S.  liegt  südlich  von  der  Strasse, 
die  von  Mazagaon  aus  die  Stadt  nach  Westen 
durchschneidet,  da,  wo  dieselbe  den  Hand  unseres 
Cartons  erreicht.  Man  möge  es  nachtragen  mit 
No.  16. 

In  dem  im  Hafen  angegebenen  Kirchenschiffe  ver- 
anstaltet nicht  allein  die  S.  P.  S.,  sondern  auch  andere 
Gesellschaften,  namentlich  die  Fr.  Ch.,  Gottesdienste  für 
die  Schiffsmannschaften. 

*)  Dieser  Herr  ist  ein  Parsi  von  bedeutendem  Ileich- 
thum  und  grosser  Wohlthätigkeit. 


N".  13.  Das  Telugu 

Die  vorliegende  Karte  führt  uns  auf  ein  von 
den  bisher  besprochenen  ganz  verschiedenes  Ge- 
biet. Hier  sind  wir  nicht  mehr  unter  Arischen 
Indiern,  sondern  unter  Dravidischen  Stämmen 
(vergl.  zu  No.  5  u.  6),  deren  zahlreichste  Ab- 
theilung von  den  Telugu*)  gebildet  wird.  An 
Kultur  stehen  dieselben  den  südlicher  wohnen- 
den Tamulen  bei  weitem  nach,  wie  die  spär- 
lichere, meist  nur  Sanskrit -Übersetzungen  um- 
fassende Telugu  -  Literatur  beweist.  Auch  das 
Land  an  sich  hat  nicht  die  Spuren  alter  Kultur- 
staaten aufzuweisen,  wie  andere  Theile  Indiens. 
Die  im  Innern  auf  dem  Hochlande  von  Dekhan 
gelegenen  Länder,  welche  jetzt  grösstentheils 
zur  Herrschaft  des  Nizam  (Nizam's  Dominions 
oder  Haiderabad)  gehören,  haben  einen  ähnlichen 
Charakter  wie  die  in  der  vorigen  Nummer  dar- 
gestellten Theile  des  grossen  Plateau's.  Obwohl 
es  nicht  an  Flüssen  fehlt,  so  verlieren  doch  die 
kleineren  in  der  trockenen  Jahreszeit  ihr  Was- 
ser fast  gänzlich,  wodurch  hier  die  Dürre  der 
Landschaft  noch  mehr  wie  dort  bedingt  ist.  Die 
östlicheren  Theile  jenseit  des  Godavari,  die  be- 
reits zum  Gebiete  der  Gonds**)  (Gondvana)  ge- 
hören, bilden  die  ödesten  Wildnisse  ganz  In- 
diens, die  südlicheren,  wie  Kaddapa  (Cuddapah), 
wo  die  Hochebene  in  gegliedertes  Gebirgsland 
übergeht,  sind  besser  kultivirt  und  liefern  na- 
mentlich bedeutende  Baumwollenerträge.  —  Fol- 
gen wir  dem  Lauf  der  mächtigen  Wasserstrassen 
des  Godavari,  Kistna  und  Pennär  (Pen  Air),  so 
kommen  wir,  nachdem  diese  sich  durch  die  Thal- 

*)  Diese  Form  des  Namens  ist  die  gebräuchlichere, 
die  andere,  Telinga,  kommt  der  entsprechenden  Sanskrit- 
form naher.  Die  Bevölkerung  des  Gebietes  wird  auf  13 
bis  15  Millionen  geschätzt. 

**)  Gonda,  zu  unterscheiden  von  den  verwandten  Khonds 
(Khanda,  vergl.  zu  No.  9),  in  den  Gebirgen  von  Orissa. 
Die  Gebiete  beider  Völker  grenzen  an  einander. 
Grundemann:  Misaionsatlas.  11,12. 


-  (Telinga-)  Gebiet. 

spalten  der  Ostghäts  gezwängt  haben,  in  die  den 
letzteren  vorgelagerte  Küstenebene.  Mit  der 
fruchtbaren  Vorhügelzone  begrüsst  uns  eine  ganz 
andere,  üppige  Landschaft,  in  der  sich  jedoch  bis 
jetzt  auf  weite  Strecken  tödtliche  Fieber  im 
Schoosse  der  Urwälder  erfolgreich  gegen  die  um- 
gestaltende Bodenkultur  verschanzt  halten.  Die 
letzten  Küstenstriche  sind  sandig  und  steril ;  wo 
aber  menschlicher  Fleiss,  wie  namentlich  im 
Süden  des  vorliegenden  Gebietes,  das  Land  mit 
Wasser- Adern  und  -  Behältern  versehen  hat,  da 
macht  die  fahle  Sandfläche  dem  lichtgrünen 
Teppich  der  Reisfelder  Platz.  In  den  nördliche- 
ren Uferstrecken  überwiegt  jene  und  liefert  hier 
neben  kärglichen  Ernten  nicht  unbedeutende 
Erträge  an  Kochsalz,  -zu  dessen  Gewinnung  die 
unerträgliche  Sonnengluth  helfen  muss.  Die 
Küste  ist  flach  und  damit  verheerenden  Uber- 
schwemmungen  ausgesetzt.  Seehäfen  fehlen  ganz 
und  der  Mangel  an  Gelegenheit  zur  Schifffahtt 
ist  jedenfalls  die  Ursache,  dass  diese  Gegenden 
hinter  anderen  Theilen  Indiens  in  der  Kultur 
zurückstehen. 

Obgleich,  was  damit  zusammenhängt,  die 
Kasten  Arischen  Ursprungs  verhältnissmässig 
schwach  vertreten  sind,  hat  das  Land  im  Ganzen 
das  Gepräge  des  Brahmanif='nus  bekommen.  Lei- 
der suchten  wir  vergeblicli  nach  Angaben  dar- 
über, wie  weit  sich  hier  der  alte  Dämonendienst 
der  Dravidas  erhalten  habe.  Bei  den  Gonds 
und  den  unten  zu  nennenden  Kois  ist  derselbe 
dem  Brahma-Dienste  nur  in  sehr  beschränktem 
Maasse  gewichen.  Mohammedaner  giebt  es  in 
den  Küstendistrikten  verhältnissmässig  wenig*). 
So  auch  in  Haiderabad  (Hyderabad);  in  der 
;  Hauptstadt  aber  bilden  sie  einen  bedeutenden 
Theil  der  Bevölkerung. 

*)  'Ao  Iiis  '/eo  der  Gesaramtbevölkerung. 

27 


Die  Londoner  Mission  zu  Vizagapatam  ist  die 
älteste*)  auf  diesem  Gebiet  [seit  1805],  für 
das  sie  im  Laufe  des  zweiten  Jahrzehnts  die 
Telugu-Bibeliibersetzung  lieferte.  Nach  der  Zahl 
der  Bekehrten  ist  sie  jedoch  von  der  später  be- 
gründeten Kaddapa-Mission  (S.  P.  G.  1817,  L. 
M.  S.  1822)  bedeutend  überflügelt  worden.  Nel- 
lur  (Nellore)  wurde  1837  von  der  Schottischen 
(jetzt  Freikirche)  besetzt  und  bald  folgten  Ame- 
rikanische Baptisten,  deren  Arbeit  in  neuerer 
Zeit  ihren  Schwerpunkt  in  Ongul  (Ongole)  ge- 
funden hat.  Bald  darauf  erhielt  das  Kistna-Delta 
seine  Missions-Stationen  von  den  Amerikanischen 
Lutheranern  (General  -  Synode  der  evangelisch- 
lutherischen Kirche  in  den  Vereinigten  Staaten) 
zu  Guntur  (von  wo  sich  das  Werk  westlich  zum 
Palnäd-Distrikt,  nordöstlich  nach  Radschamandri 
und  Samalcotta  ausdehnte  "'"'''))  und  von  der  Eng- 
lisch -  Kirchlichen  Gesellschaft  Masulipatam,  wo 
durch  Unterricht  namentlich  auf  die  höheren 
Kasten  gewirkt  wird,  während  die  später  (1854) 
gegründete  Ellür-Mission  (Ellore)  vorzüglich  die 
Malas  (Parias)  im  Auge  hat***).  Dieselbe  Ge- 
sellschaft arbeitet  seit  1860  unter  den  auf  den 


*)  Neuere  Zweige  derselben  sind  die  Stationen  Tschi- 
kakul  (Cliicacole)  [seit  1844]  und  Vizianagram  [seit  1852]. 

**)  Dank  den  vollständigen  Mittlieilungeu  des  Missio- 
nars ünangst  haben  wir  alle  Aussen-Stationen  dieser  Mis- 
sion verzeichnen  können.  Die  Namen  mussten  in  Abkür- 
zungen gegeben  werden,  deren  Erklärung  hier  folgt : 


Guntur. 

Paln  äd. 

A. 

Ännavaramu. 

R. 

=  Rayavaramu. 

U. 

UpaUipadu. 

T. 

=  Terala. 

T. 

Torlapadu. 

V. 

=  Veldurti. 

r. 

Panidaramu. 

K. 

=  Kolagotla. 

K. 

Kattamuru. 

M. 

=  Mutkürü. 

N. 

Nevallikallu. 

B. 

=  Bodilavoedu. 

L. 

Lingapuraniu. 

A. 

=  Adiguppala. 

J. 

Jonnalagada. 

R. 

Rayapudi. 

***)  Die  betreftendcu  Aussen -Stationen  sind  ebenfalls 
vollständig  aufgeführt. 


Gebirgen  am  Godavari  wohnenden  Kols,  die  in 
manchen  Beziehungen  der  Mission  weniger 
Schwierigkeiten  bieten  als  die  unter  brahma- 
nisehem  Einflüsse  stehenden  Telugu,  aber  in 
ihren  zerstreuten  Dörfern  nicht  leicht  zugäng- 
lich sind.  Dumagudiem  ist  das  Centrum,  von 
dem  aus  in  mehreren  Koi- Dörfern  Schulen  ge- 
gründet sind.  —  Die  bereits  erwähnte  Mission 
zu  Kaddapa  hat  sich  1855  erfolgreich  nach  Nun- 
dial  (L.  M.  S.)  so  wie  in  neuerer  Zeit  nach 
Matyalapäd  und  Kalsapäd  (S.  P.  G.)  ausgedehnt, 
hauptsächlich  unter  Anhängern  niederer  Kasten. 

In  Secunderabad  (dem  Wohnsitze  der  Be- 
amten von  Haiderabad)  arbeitet  die  Ausbreitungs- 

y 

Gesellschaft  bereits  seit  1841  und  hat  dort  und 
auf  den  Aussen-Stationen  eine  nicht  unbeträcht- 
liche Gemeinde  gesammelt.  Zwanzig  Jahre  später 
trat  die  Schottische  Staatskirche  zunächst  für 
ihre  Angehörigen  unter  dem  dort  stationirten 
Militär  ein,  dehnt  nun  aber  die  Arbeit  auch 
auf  die  Eingebornen  aus. 

Seit  längerer  Zeit  sind  in  Ifarsapuram  und 
Palikul  im  Godavari  -  Delta  einige  unabhängige 
Missionare  mit  grossem  Eifer  thätig.  Die  jüngste 
Mission  unter  den  Telugu  ist  die  Hermanns- 
burger, die  im  südlichsten  Theile  dieses  Gebie- 
tes ihre  Stationen  hat.  Jenseit  Arambakam  be- 
ginnt das  Tamulen-Laud.  Ganz  im  Osten  zeigt 
unsere  Karte  auch  noch  die  alte  Londoner  Sta- 
tion Bellary  (gegründet  1810),  die  schon  in 
Kanaresischem  Gebiete  liegt.  Die  Christen- 
gemeinde umfasst  254  Glieder. 

Die  angegebenen  katholischen  Stationen  ge- 
hören tlieils  zum  Apostolischen  Vikariate  Hai- 
derabad, theils  zu  Vizagapatam.  Ersteres  um- 
fasst fast  7000,  letzteres  8760  Mitglieder  der 
katholischen  Kirche. 


Berichtigung. 


In  der  Farbcntalol  sollte  für  die  Schottische  Staatskirche  eine  Kcihe  lothcr  tiuadratc  gesetzt  sein,  wie  bei 
Secunderabad. 


Missioivs-j\tlas 


DIE  MITIXEREN  DISTRIKTE 
DER  PRAESIDENTSCHArX 

MADRAS 

imMaasrstabe  li'i.000.000 

b      1      2  4  5 


I>n<tsrhe.Yal-n 

Sodetv  fc/r  iht  Fropaijation.  ot  ifie  QospA 
SSa  Oiurch  iBssianary-  Sodetfr 
LoTulon 
Jt'SsIet'an 

cr-m  Qmrch  of  Scoüandb  (esteMished') 
Free  Oatrch- 

iTCTi  ^jTneriaui  üoard  of  ComissiomTS  forForeign  Msswn  Ch^itwj^^iA 
r — I  Tte/brmall^oUstantlhUch  Church'  ofS.  America, 
WTO^  Jivangel. Missions. GcseliscJuifl  zu  Sasel 
r-~i  E\-anqel.Liithej-ische  iEssißn  zuiLeipzig 
JJtadsähtMisswns-  Gesettsdi-atl 
MfrmanTtsiurger  Missions  desellsdiaA 
BMmisch .  taäwUsche  Mission, 
Tortuffies  (iißidlisdif  Mission, 


GOTHA,  .TT'; 


Asien  ^Jr  14. 


PJiRTRES. 


Lith.Anstvr.Hiaifajiiiim  Gotha. 


14 11. 15.  Das  südliche  Vorder-Indieii. 

(14.  Die  mittleren  Distrikte  der  Madras-Präsidentschaft.   15.  Die  Missions- 
G-ebiete  von  Tinnevelly,  Travancore  und  Madura.) 


Der  Südrand  des  weiten  Tafellandes  von  Dek- 
han,  der  uns  hier  zunächst  entgegentritt,  ist 
eingenommen  von  dem  Reiche  Mysore  (Maisür), 
das,  nominell  ein  Britischer  Sehutzstaat,  in  Wirk- 
lichkeit vollständig  unter  Britischer  Herrschaft 
steht.  Weithin  dehnen  sich  hier  fruchtbare  Ebenen 
aus,  theilweis  noch  von  üppig  wuchernder  Wal- 
dung bedeckt;  denn  hier  gedeiht  die  Vegetation 
■um  so  mehr,  als  die  beiden  Monsuns  ihre  Regen 
bringen  können.  Viele  Adern  durchziehen  daher 
das  Land ,  die  in  der  nassen  Jahreszeit  den 
Hauptkanälen  (im  Süden  dem  Cauvery  [  Kaveri]) 
eine  Wassermasse  zuführen,  welche  sie  zu  Strö- 
men von  mehreren  Engl.  Meilen  Breite  an- 
schwellen lässt.  Zahlreiche  kleine  See'n,  natür- 
liche und  künstlich  angelegte,  sind  über  die 
Hochfläche  verbreitet,  aus  der  sich  hier  und 
dort  plötzlich  schroffe  Granitfelsmassen  *)  bis 
2000  Fuss  und  darüber,  bei  Umfang  einer  Stunde, 
erheben,  gekrönt  mit  uneinnehmbaren  Bergfesten, 
deren  Mauern  indessen  zu  Ruinen  geworden, 
seitdem  der  zähe  Widerstand  eines  Hyder  Ali 
und  Tippoo  doch  endlich  der  Britischen  Macht 
weichen  musste.  Die  Bewohner,  von  denen 
ränkevolles,  betrügerisches  Wesen  bei  äusserer 
Freundlichkeit  als  charakteristisch  angegeben 
wird ,  sind  Kanaresen ;  Mohammedaner  finden 
sich  unter  ihnen  nur  in  geringerer  Zahl.  Die 
ausgedehnteste  Missionsthätigkeit  ist  hier  die 
der  Wesleyaner,  die  schon  seit  etwa  vierzig 
Jahren  mehrere  Stationen  inne  haben,  eine  aus- 
gedehnte Reisepredigt  betreiben,  durch  die  Presse 
in  Bangalore  viele  christliche  Schriften  in  der 
Landessprache  liefern  und  eingeborne  Prediger 
heranzuziehen  bemüht  sind.  Von  den  gesam- 
melten kleinen  Gemeinden  lassen  sich  jedoch 
noch  nicht  besondere  und  stetige  Fortschritte 
berichten.  In  der  erwähnten  Hauptstadt  hat  die 
Londoner  Missions -Gesellschaft  eine  Thätigkeit 
auch  unter  den  zahlreichen  dort  angesiedelten 
Tamulen,  so  wie  bereits  seit  1817  die  S.  P.  G. 

*)  Droogs  (Drugs)  oder  Durgs  genaDDt. 
Gruudemann:  Missiomatlas.  II,  2. 


Das  Tafelland  von  Maisür  hat  nach  Kanara 
und  Malabar  zu  einen  schroffen  Übergang  durch 
die  westlichen  Ghäts,  die  mit  plötzlichem  Ab- 
fall vereinzelte  Rippen  in  den  schmalen  Strich 
Flachlandes  hinausstrecken,  der  sich  allmählich 
zur  Küste  hinabzieht.  Obgleich  die  Ghäts  hier 
bedeutend  niedriger  (1000  bis  2000  Fuss)  sind 
als  im  Norden  und  erst  im  Coorg-  (Kurg-)  Lande 
ihre  grössten  Höhen  erreichen ,  gilt  doch  von 
der  Natur  dieser  Gegenden  im  Wesentlichen 
dasselbe,  was  zu  No.  12  erwähnt  ist.  Gegen 
Süden ,  da  wo  das  Hochland  des  Dekhan  sein 
Ende  erreicht,  ist  demselben  eine  mächtige 
Bergiusel  vorgelagert,  die  Blauen  Berge,  Nila- 
ghiri  (Neilgherry) ,  welche  die  West-Ghfits  bei 
weitem  überragen.  Diese  letzteren  setzen  sich 
weiter  südlich  in  den  Aligherry  bis  zum  Kap 
Comorin  fort. 

Der  nördliche  Theil  des  erwähnten  schmalen 
Küstenlandes  ist  Kanara.  In  den  Gegenden 
Süd-Kanara's  indessen,  die  für  die  Mission  zu- 
nächst in  Betracht  kommen ,  wiegt  das  Tuluva 
vor,  eine  dem  Tamulischen  näher  stehende 
Sprache,  die  von  den  niederen  Kasten  der  Billa- 
war  und  Bants  (die  den  Tiern  und  Nayern  in 
Malabar  gleichstehen)  gesprochen  wird,  wäh- 
rend das  schwächer  vertretene  Kanaresische 
Regierungssprache  ist.  Das  Sprachgebiet  von 
Malabar  (Malayalim)  beginnt  südlich  von  Kan- 
nanür  und  erstreckt  sich  bis  zu  den  süd- 
lichen Distrikten  von  Travancore ,  die  bereits 
Tamulisch  sind.  Der  grösste  Theil  der  Be- 
völkerung gehört  hier  ebenfalls  den  genannten 
niederen  Kasten  (Palraweinbauern  und  Land- 
bauern) an.  Brahminen  (hier  Namburis  genannt) 
sind  verhältnissmässig  gering  an  Zahl,  starker 
die  Sudras,  Grundbesitzer,  und  die  Mapillas, 
von  Arabischen  Vätern  und  inländischen  Müt- 
tern abstammend,  fanatische  Anhänger  des  Islam. 
Sonst  besteht  neben  dem  Brahmanismus  hier 
noch  in  ausgedehntem  Maasse  der  ursprüngliche 
Dämonendienst  der  Dravidischen   Stämme.  — 

28 


Die  Baf3ler  Mission  ist  auf  diesem  Felde  seit 
1834  thätig.  Mangalür  bildet  das  Centrum,  wo 
bereits  eine  beträchtliche  Gemeinde  gesammelt 
ist.  In  dem  südöstlich  gelegenen  (Kanaresischen) 
Kurglande,  das  früher  durch  sein  kriegerisches 
Räubervolk  bekannt  war,  hat  die  Mission  durch 
Anlegung  des  freundlichen  Christendörfleins 
Anandapur  ihre  Wurzeln  geschlagen.  Wie  die 
Karte  zeigt,  hat  dieselbe  Gesellschaft  eine  noch 
grössere  Zahl  von  Stationen  in  Malabar,  von 
wo  sie  ihre  Arbeit  auch  nach  den  Nilaghiri,  be- 
sonders zu  den  Bergstämmen  (Badagas,  Todas&c), 
ausgedehnt  hat. 

Weiter  nach  Süden  zu  gewinnt  die  West- 
küste durch  einen  ausgedehnten  Lagunencom- 
plex  (Backwaters  genannt)  eine  eigenthümliche 
Gestalt.  Es  sind  flache  Ästuarien ,  die  in  der 
Nordost-Monsunzeit  theilweis  austrocknen,  beim 
Eintritt  des  Regens  aber  oft  sehr  plötzlich  und 
bedeutend  anschwellen,  gespeist  von  den  zahl- 
reichen Waldströmen  der  Aligherry.  Rings  um 
diese  Lagunen  ist  das  Land  sehr  flach ,  zum 
Theil  sumpfig,  doch  von  ungemeiner  Fruchtbar- 
keit, reichlich  besetzt  mit  Kokos-  und  Sago- 
Palmen  zwischen  ergiebigen  Reisfeldern.  Zwei 
unabhängige  Schutz-  und  Bundesstaaten  umfas- 
sen diese  Gegenden:  Cotshin  und  Travancore. 
In  dem  ersteren  und  dem  nördlicheren  Theile 
des  letzteren  hat  die  Englisch -Kirchliche  Mis- 
sions -  Gesellschaft  ihre  schon  vor  50  Jahren 
begonnene  Mission,'  die  namentlich  die  Thomas- 
Christen  ins  Auge  fasste,  welche  hier  einen 
nicht  geringen  Bruchtheil  der  Bevölkerung  ('/g 
bis  V7)  bilden.  Der  grössere  Theil  derselben 
ist  seit  der  Synode  von  Diamper  (1599)  mit 
der  römischen  Kirche  unirt,  mit  Beibehaltung 
der  Syrischen  Kultusform.  Etwa  70,000  sind  in 
Verbindung  mit  dem  Jakobitischen  Patriarchen 
in  Antiochien.  Die  Hoffnungen  auf  die  Evan- 
gelisation der  letzteren  sind  nicht  inderaMaasse, 
wie  man  sie  einst  meinte  hegen  zu  dürfen, 
verwirklicht  worden.  Indessen  hat  die  Mission 
neben  dieser  Aufgabe  ein  günstiges  Feld  unter 
den  niederen  Kasten  (zum  Theil  Sklaven),  den 
Chogans,  Palaver  und  Parias,  gefunden,  von  denen 
nun  schon  zahlreiche  Dorfgemeinden  unter  ein- 
gebornen  Predigern  bestehen.  Unsere  Karte  so 
wie  die  Quellen  reichten  nicht  aus,  alle  diese 
Neben-Stationen,  etwa  50  an  der  Zahl,  zu  ver- 
zeichnen. 


Das  Gebirge,  welches  in  seinem  nördlichen 
Theile  ein  noch  wenig  erforschtes  Tafelland  bil- 
det, ist  der  Sitz  wilder  Stämme,  der  Arrier, 
jedenfalls  Abkömmlinge  der  UrbevölkeruDg,  die 
ihre  Hütten  in  den  Zweigen  der  Bäume  bauen, 
um  mit  den  wilden  Thieren  den  Wald  theilen 
zu  können.  Um  Mundakayam  hat  die  genannte 
Gesellschaft  unter  denselben  schon  überraschende 
Erfolge  gehabt. 

Noch  grösser  aber  sind  die  Erfolge  der  Mis- 
sion in  Süd -Travancore  und  Tinevelly,  bedeu- 
tender als  in  irgend  einer  anderen  Gegend  In- 
diens. In  der  ersteren  Landschaft  hat  die  Lon- 
doner Missions- Gesellschaft  seit  1805  (Ringel- 
taube) namentlich  unter  den  Schanars  der  Südecke 
(wo  vom  Kap  Comorin  bis  Neyoor  die  Bevöl- 
kerung schon  Tamulisch  ist)  so  wie  unter  den 
niederen  Malayalim- Kasten*)  eine  Schaar  von 
20,000  Christen  in  etwa  200  Gemeinden  ge- 
sammelt. Leider  konnten  wir  auch  hier  nur  die 
Hauptstationen  angeben. 

Wenden  wir  uns  nunmehr  den  östlichen 
Landschaften  zu ,  die  sich  auf  unsern  Blättern 
dargestellt  finden,  so  haben  wir  das  weite  Ge- 
biet der  Tamulischen  Sprache  vor  uns.  Es  ist 
ausgedehntes  Flachland ,  das  durch  die  niedri- 
geren und  verhältnissmässig  sanfter  ansteigenden 
östlichen  Ghats  mit  dem  Hochlande  des  Dekhan 
verbunden  ist.  Fast  in  der  Richtung  dieser  von 
Südwest  nach  Nordost  streichenden  Gebirgszüge 
sind  aber  vor  denselben  verschiedene  zerrissene 
Berggruppen  hingebreitet,  die  sich  beträchtlich 
höher  aus  der  Ebene  erheben.  Für  die  letztere 
ist  nach  dem  Meere  zu  die  Deltabildung  der 
Flüsse  charakteristisch.  An  Ausdehnung  über- 
trifft darin  keiner  den  Kaweri,  der  nur  einen 
Theil  seiner  Wassermasse  durch  seinen  Haupt- 
arm (Coleroon ,  Kolerün)  dem  Meere  zuführt, 
während  die  übrige  gegen  Südosten  und  Süden 
in  mehreren  Betten,  die  sich  in  ein  Netz  zahl- 
loser Kanäle  und  Gräben  verlieren,  der  weiten 
Fläche  eine  unübertroffene  Fruchtbarkeit  ver- 
leiht. Welch'  ein  Unterschied  zwischen  den 
Wildnissen  der  Sunderbunds  im  Ganges -Delta 
und  hier  den  unabsehbaren  grünen  Reis-  und 
Zuckerrohr-Feldern,  zwischen  denen  hinter  Ba- 
nanengärten versteckt  und  von  schlanken  Pal- 
men überragt  die  zahlreichen  Dörflein  zerstreut 

*)  Diese  wie  jene  sind  einem  rohen  Däraonendienst 
ergeben. 


liegen !  Andere  Theile  des  Tamulen-Landes  sind 
freilich  auch  steriler,  indessen  wird  überall  viel 
Fleiss  auf  den  Boden  verwandt,  wie  die  künst- 
lichen Teiche  zeigen,  die,  zur  Ansammlung  des 
Wassers  in  der  Regenzeit  angelegt,  namentlich 
gegen  Süden  sich  in  grosser  Menge  finden.  In 
der  trockenen  Jahreszeit  gewährt  dort  die  Land- 
schaft mit  ihrem  schwarzen  Boden,  von  dem 
längst  alle  Spuren  von  Wald  verschwunden 
sind,  einen  traurigen  Anblick.  Im  Januar  aber 
ist  Alles  bereits  mit  grünen  Baumwollenpflan- 
zungen und  wogenden  Kornfeldern  bedeckt.  In 
Tinnevelly  muss  diese  Kultur  zum  Theil  ver- 
schwinden ,  namentlich  auf  dem  rothsandigen 
Landsti"iche  längs  der  Küste,  die  dagegen  wieder 
mit  Waldung  bekleidet  ist,  mit  Akaziengebüsch, 
belebt  durch  das  Girren  von  Tauben  und  das 
Blöken  der  Schafheerden,  die  hier  trotz  Abwe- 
senheit aller  Weidegründe  von  den  Blättern 
ihre  reiche  Nahrung  finden,  so  wie  mit  weiten 
Palmenwäldern,  in  denen  Hunderte  von  grünen 
Papageien  ihr  Geschwätz  treiben.  Die  Palmyra- 
Palme  giebt  dem  grösseren  Theile  der  Bevölke- 
rung hier  ihre  Arbeit,  nämlich  die  Gewinnung 
des  aus  dem  Saft  bereiteten  Zuckers ,  welcher 
ihre  Hauptnahrung  bildet.  Es  sind  die  schon 
erwähnten  Schanars,  die  sich  damit  befassen.  Es 
ist  bekannt,  wie  auch  hier  das  Christenthum 
unter  ihnen  eine  gute  Stätte  gefunden  hat,  und 
schon  kann  man  die  Dörfer  zu  Hunderten  zäh- 
len ,  die  anstatt  des  zerstörten  Tempels  mit 
einem  christlichen  Kirchlein  geschmückt  sind. 
Die  Englisch-Kirchliche  so  wie  die  Ausbreitungs- 
Gesellschaft  haben  diese  Früchte  ihrer  Arbeit 
sammeln  dürfen,  nachdem  bereits  die  alte  Hal- 
lische Mission  unter  Schwarz  die  Aussaat  zu 
streuen  angefangen. 

Hindu-Tamulen,  die  sich  von  den  Schanars 
durch  ihren  Sanskritisch  gefärbten  Dialekt  unter- 
scheiden, giebt  es  in  Tinnevelly  nur  in  gerin- 
gerer Zahl.  In  dem  nördlich  angrenzenden  Ma- 
dura  mit  seinem  fruchtbaren  Hügellande*)  sind 
dieselben,  in  mancherlei  Kasten  unterschieden, 
stärker  vertreten.  Dort  hat  der  Amerikanische 
Board  seine  Mission,  die  als  ein  Spross  der 
älteren,  auf  Ceylon  1834  gegründet,  sich  bis 
auf  14  Stationen  ausgedehnt  hat,  mit  Einrich- 
tungen für  die  verschiedenen  Zweige  der  Mis- 


*)  So  ist  wenigstens  die  westliche  Hälfte  zu  bezeichnen. 


sions-Thätigkeit.  —  Gegen  Nordosten  finden  wir 
den  Schauplatz  der  ersten  evangelischen  Mission 
in  Indien ,  der  Dänisch  -  Hallischen  ,  mit  ihrem 
Centrum  in  Trankebar,  die  neuerlichst,  durch 
die  lutherische  Missions-Gesellschaft  zu  Leipzig 
wieder  aufgenommen,  sehr  ausgedehnte  Erfolge 
erlangt  [westlich  bis  Coimbatur].  Ein  anderer 
derselben  entsprossener  Stamm  ist  die  Angli- 
kanische Mission,  die  beim  Abblühen  der  Hal- 
lischen mit  der  Society  for  Promoting  Christian 
Knowledge  hier  eintrat  und  später  von  der 
Ausbreitungs-Gesellschaft  (S.  P.  G.)  übernommen 
wurde.  Von  den  Gemeinden,  die  ihren  Ursprung 
der  lutherischen  Mission  verdanken ,  hat  sich 
eine  Anzahl  nun  den  Leipzigern  wieder  an- 
geschlossen. Der  confessionelle  Unterschied  hat 
auf  diesem  Gebiete  nicht  geringe  Bedeutung 
erlangt.  Die  Wesleyaner  haben  in  dieser  Ge- 
gend ihre  Stationen,  deren  einige  schon  zu 
Anfang  der  zwanziger  Jahre  gegründet  wurden. 

Weiter  nach  Norden  begegnen  wir  im  nörd- 
lichen Arkat-  (Arcot-)  Distrikte  der  Mission  der 
Holländisch-reformirten  Presbyterianer  von  Nord- 
Amerika,  die,  früher  in  Verbindung  mit  dem 
Amerikanischen  Board,  seit  1857  selbstständig, 
in  den  letzten  Jahren  eine  weite  Ausbreitung 
erfahren  durfte ,  wie  die  angegebenen  Aussen- 
Stationen  beweisen. 

Madras  ist  eben  so  wie  Kalkutta  und  Bom- 
bay ein  Sammelplatz  für  Missionare,  der  ver- 
schiedenen Denominationen  und  Gesellschaften, 
wie  es  denn  meistentheils  als  Basis  für  die 
Missions -Thätigkeit  im  südlichen  Indien  dient. 
Zur  Veranschaulichung  der  Lage  der  verschie- 
denen Missions-Institute  geben  wir  einen  Plan 
der  Stadt,  der  des  Raumes  wegen  auf  No.  6 
verlegt  werden  musste.  —  Den  Hauptkern  von 
Madras  bildet  Blacktown,  wo  sich  auch  die  ver- 
schiedenen Missionen  am  meisten  concentriren. 
Die  Hauptstrassen  haben  ansehnliche  Häuser, 
die  Gässchen ,  welche  sie  verbinden ,  sind  eng 
und  ».unsauber.  Am  Strande  entlang  sind  eine 
Reihe  öffentlicher  Gebäude  und  Comptoire.  Nörd- 
lich liegt  die  Vorstadt  Royapuram,  ein  Complex 
ärmlicher  Fischerhütten  mit  schmutzigen  Gassen. 
Vepery  und  Pursawaukum  (Parsavükam)  sind 
die  besseren  Stadtthcile,  umgeben  von  den  Gär- 
ten und  Villen  der  Europäer.  Triplicane,  süd- 
lich vom  Flusse  Küm,  ist  das  Viertel  der 
Mohammedaner,  während  in  den  übrigen  die 


Tamulische  Bevölkerung  bei  beträchtlicher  An- 
zahl von  Telugu  vorherrscht. 

In  Royapettah  liegt  die  Anglikanische  Ka- 
thedrale nebst  dem  Sitz  des  Bischofs  von  Ma- 
dras, dessen  Diöcese,  die  Präsidentschaft  gleichen 
Namens  umfassend,  1835  vom  Bisthum  Kalkutta 
abgelöst  wurde. 

Die  Angaben  über  die  verschiedenen  Missio- 
nen sind  von  dem  Plane  zu  entnehmen.  Sta- 
tionen in  der  Nähe  und  Aussen-Stationen  haben 
namentlich  die  S.  P.  G.,  die  Schottische  Frei- 
kirche und  Staatskirche,  so  wie  die  Wesleyaner. 

Schliesslich  haben  wir  noch,  um  den  Kreis 
der  evangelischen  Missionen  auf  den  vorliegen- 
den Gebieten  zu  erschöpfen,  die  Londoner  Sta- 
tionen im  Salem-  und  Coimbatür- Distrikt,  so 
wie  die  der  Dänischen  Missions-Gesellschaft  in 
der  Nähe  von  Cuddalore  zu  erwähnen.  Die  er- 
steren  haben  eine  Reihe  von  Aussen-Stationen, 
deren  Namen  und  Lage  zu  erfahren  (mit  einigen 
Ausnahmen)  uns  leider  nicht  gelungen  ist. 

Was  die  zahlreichen  katholischen  Missionen 
in  diesen  Ländern  betrifft ,  so  verdanken  sie 
ihren  Ursprung  der  rastlosen  Thätigkeit  des 
Franz  Xavier,  durch  die  sich  derselbe  den 
Namen  des  Apostels  von  Indien  erworben  hat. 
Der  Schauplatz  seiner  Arbeit  war  besonders  die 
sogenannte  Fischerküste  in  der  Gegend  von  Tut- 
corin,  am  Golf  von  Manaar,  um  die  Mitte  des 
16.  Jahrhunderts;  ihm  folgten  viele  Jesuiten, 
ohne  jedoch  das  Werk  mit  stetigem  Erfolge  fort- 
setzen zu  können.  Wie  später  an  der  west- 
lichen Küste  die  römische  Kirche  aus  den  Tho- 
mas-Christen grossen  Zuwachs  erlangte,  ist  be- 
reits oben  erwähnt.  Zu  Anfang  des  17.  Jahr- 
hunderts  ist   Roberto   dei  Nobili  mit  seiner 


Accommodations-Methode  bemerkenswerth,  die  er 
in  Madura  mit  Erfolg  ausübte,  die  aber  später 
durch  päpstliche  Dekrete  verboten  wurde. 

So  waren  im  Laufe  der  Zeit  in  Indien  be- 
reits grosse  Schaaren  eingeborner  Christen  ge- 
sammelt. Je  mehr  aber  die  Portugiesen,  welche 
der  Mission  förderlich  waren,  ihren  Einfluss 
verloren  —  an  manchen  Orten  durch  die  Hollän- 
der mit  kirchlicher  Reaction  verdrängt  — ,  desto 
mehr  verfiel  die  römische  Kirche  unter  den  Ein- 
gebornen.  Die  Gemeinden  hielten  zwar  äusser- 
lich  fest  an  den  Gebräuchen,  durch  die  sie  als 
eine  Kaste  neben  den  anderen  Kasten  dastanden. 
Den  letzteren  näherten  sie  sich  in  vielen  Be- 
ziehungen durch  Zurücksinken  in  allerlei  heid- 
nisches Wesen.  In  einzelnen  Gegenden  wurde 
zwar  auch  im  vorigen  Jahrhundert  die  katho- 
lische Missionsarbeit  mit  Eifer  fortgesetzt,  doch 
erst  in  neuerer  Zeit  ist  dieselbe  in  höherem 
Maasse  belebt  worden,  als  in  weiteren  Kreisen 
bekannt  geworden  ist.  Es  war  uns  daher  lieb, 
nach  offiziellen  Quellen  hier  den  gegenwärtigen 
Bestand  angeben  zu  können.  Zu  vielen  der  an- 
gegebenen Stationen  gehören  zahlreiche  Aussen- 
Stationen,  die  unser  Raum  nicht  zu  verzeichnen 
gestattete.  Über  das  Besetzungsrecht  der  In- 
dischen Bisthümer  ist  bekanntlieh  zwischen  der 
Krone  Portugal  und  dem  päpstlichen  Stuhle  seit 
etwa  30  Jahren  ein  Streit  ausgebrochen ,  der 
zu  einem  Schisma  führte.  Die  unter  dem  Erz- 
bischof  von  Goa  verharrenden  Gemeinden  konnten 
wir  durch  besondere  Signatur  angeben.  (Über  die 
Vertheilung  der  Stationen  unter  die  verschie- 
denen Apostolischen  Vikariate  und  die  Grenzen 
der  letzteren  sehe  man  die  Ubersichts  -  Karte 
No.  5  u.  6.) 


Berichtigungen. 

I'utaraaukam  (11°  —  79°)  soll  lieissen  rutambaukum  (Putanibäkam). 

Kisfanaghi-y  (12° — 78°)  sollte  als  Römisch-kathoUscUc  Station  bezeichnet  sein. 

Caroor  (10°  —  78°)  sollte  als  Wesleyanische  Station  bezeichnet  sein. 

Statt  der  grünen  Unterstreichung  bei  St.  Thomas  Mount  ist  eine  I)rauue  zu  setzen. 

Beypoor  (11°  —  7.0°)  sollte  südlich  vom  Flusse  liegen. 


GOTHA  JUSTrs  PERTHES 


N».  16. 


Ceylon. 


Die  Insel  Ceylon  besteht  aus  einem  Kerne 
mächtigen  Gebirgslandes,  dessen  dicht  bewaldete 
Kuppen  und  Kegelgipfel  sich  zum  Theil  mehr 
als  7000  Fuss  über  die  Mecresfläche  erheben. 
Hieran  schliesst  sich  ein  welliges  Hügelland, 
das  sich  nach  Westen,  Süden  und  Osten  zu 
einem  mehr  oder  weniger  breiten,  niederen  Kü- 
stensaume  herabsenkt.    Gegen  Norden  dagegen 
geht  es  in  ein  weithin  gestrecktes  Tiefland  über, 
dessen  äusserster  Theil,  von  Korallen  aufgebaut, 
durch  vielverzweigte  Lagunen  in  eine  Gruppe 
flacher  Inseln  aufgelost  wird.  Uberhaupt  findet 
sich  diese  Lagunen  -  Formation   oft  längs  der 
Küste,  so  dass  sie  mit  Hülfe  einiger  Kanäle  eine 
ausgedehnte  Biunenschifffahrt  gestattet.  —  Ob- 
gleich beide  Monsuns  die  Insel  befeuchten,  findet 
sich  auf  der  erwähnten  flachen  Nordhälfte  die 
Fülle  tropischer  Vegetation  nicht  in  dem  Maasse, 
als  man  sie  erwarten  möchte.  Der  dürre  Sand- 
boden ist  vielmehr  meistens  mit  einer  Wildniss 
von  dornigem  Gebüsch,  Akazien  und  anderen 
Bäumen  von  dünnem  und  spärlichem  Wuchs, 
so  wie  Euphorbien   und   fleischigen  Strauch- 
gewächsen bedeckt.    Hie  und  da  jedoch  wech- 
seln mit  derselben  weite  Grasflächen  ab.  Da 
und  dort  überragt  ein  einzelner  Fels  die  Ebene, 
einst   durch  kunstvolle  Steinarbeit  und  Bau- 
kunst in  einen  Tempel  verwandelt,  der  nun  in 
Ruinen  liegt,  in  deren  Mauern  Fledermäuse  und 
Schlangen  hausen  und  der  Bär  sein  Obdach  sucht. 
Selten  bedient  noch  ein  einsamer  Priester  das  ver- 
ödete Heiligthum.  Eben  so  zeugen  weite  Städte- 
ruinen von  der  vergangenen  Herrlichkeit  dieser 
Gegenden,  die  jetzt  nur  spärlich  bevölkert  sind. 
Der  Ackerbau,  der  einst  in  Blüthe  war,  liegt  jetzt 
darnieder;  die  weiten,  zur  Bewässerung  der  Eeis- 
felder  angelegten  Teiche  sind  verfallen,  ihr  ge- 
ringes Wasser  ruht  unter  der  dichten  Decke 

(Jruudeiuanu :  Uissionsatlaa.  II,  2. 


breiter  Lotosblätter.  —  Ganz  anders  an  den 
Küsten  so  wie  im  ganzen  südlichen  Theile  der 
Insel.  Die  erstereu  tragen  den  Schmuck  der 
Kokos-Palmen  zu  Tausenden,  unter  denen  zahl- 
reiche Städte  und  Dörfer  sich  zeigen,  umgeben 
von  lichtgrünen  Reisfeldern.  Die  Hügelzone 
ist  mit  dichtem  tropischen  Urwald  bedeckt,  der 
in  den  Thälern  ebenfalls  dem  Reisbau  gewichen 
ist.  Hier  finden  sich  die  einst  so  berühmten 
Zimmetwälder,  freilieh  ohne  den  erfabelten  Duft. 
Der  Wald  weist  uns  eine  Fülle  mannigfaltig- 
ster Blätter  und  Blumen,  zwischen  denen  die 
kletternden  Schlingpflanzen  die  Stränge  ihres 
Netzes  geflochten  haben.  Dort  weilt  der  wilde 
Elephaut  nebst  Rudeln  von  feisten  Hirschen; 
zwischen  den  Zweigen  treiben  Schaareu  von 
Afien  und  buntgefiederte  Vögel  ihr  Wesen.  In 
den  höheren  Regionen  wird  der  Wald  oft  plötz- 
lich durch  weite  Matten  unterbrochen ,  deren 
frisches  Gras,  nachdem  vor  dem  Regen  das  alte 
verbrannt  war,  den  Viehheerden  Weide  giebt. 
Doch  für  weitere  Kultur  sind  diese  sogeuannten 
Patenas,  wie  es  scheint,  verloren.  Dieser  muss 
der  Urwald  weichen,  an  dessen  Stelle  jetzt  in 
weiten  Distrikten  um  Kandy  üppige  Kaft'ee- 
pflanzungen  getreten  sind. 

Diese  Gegenden  blieben  am  längsten  die 
Wohnsitze  der  Urbewohner  Ceylon's,  der  Yak- 
kos und  Nagas,  roher  Jägervölker  mit  Dämonen- 
(resp.  Schlangen-)  Dienst.  Von  den  ersteren 
haben  sich  noch  jetzt  Reste ,  die  sogenannten 
Weddas ,  erhalten ,  die  zum  Theil  in  Dörfern 
am  Strande,  nördlich  von  Batticaloa,  wohnend 
einigermaassen  Kultur  angenommen  haben,  zum 
Theil  in  den  Bergen  und  Wäldern  nach  ihrer 
alten  Weise  leben.  Ein  Versuch  der  Regierung 
(1840  —  1845),  die  letzteren  mit  Hülfe  der  Wesl. 
Mission  an  ein  sesshaftes  Leben  zu  gewöhnen, 

29 


ist  mislungen.  Die  nördliche  Ebene  dagegen 
wurde  seit  dem  6.  Jahrhundert  vor  Chr.  von 
Bengalischen  Einwanderern  in  Besitz  genommen, 
die  sich  langsam  mit  den  Urbewohnern  zu  der 
Singhaie sischen*)  Nationalität  amalgamirten.  Es 
entstand  ein  weites  Reich  mit  der  Hauptstadt 
Anarajapura,  dessen  Herrscher  über  viele  Vasal- 
len gebot,  unter  denen  sich  auch  eingeborne 
Geschlechter  befanden.  Dasselbe  erreichte  bald 
eine  nicht  geringe  Blüthe,  deren  übrig  geblie- 
bene Spuren  bereits  erwähnt  sind,  und  dehnte 
sich  allmählich  über  die  ganze  Insel  aus.  Ein 
und  dieselbe  Dynastie  herrschte  acht  Jahrhun- 
derte hindurch  (seit  307)  als  eifrige  Vertreterin 
des  damals  eingeführten  Buddhismus,  durch  den 
Ceylon  seinen  eigenthümlichen,  in  den  zahlrei- 
chen Dagobas**)  und  dem  Bo  -  Baum noch 
heut  zu  Tage  tretenden  Charakter  erhielt.  Schon 
früh  aber  drangen  vom  Festlande  Schaaren  von 
Tamulen  ein,  zuerst  von  Singhalesischen  Herr- 
schern selbst  als  Söldner  herbeigerufen,  die  all- 
mählich an  Macht  gewinnend  jene  nach  und 
nach  zur  Verlegung  ihrer  Hauptstadt  nach  Süden 
zwangen,  bis  sie  zuletzt  zu  Kandy  in  den  Ber- 
gen einen  sicheren  Sitz  für  ihre  geschwächte 
Herrschaft  suchten. 

Die  Tamulen  hatten  zunächst  um  Jaffna  ein 
selbstständiges  Reich  gebildet.  Nach  und  nach 
aber  kam  die  ganze  Nordhälfte  der  Insel  in 
ihre  Hände,  so  dass  in  diesen  Gegenden  noch 
jetzt  Tamulische  Sprache  so  wie  brahmanischer 
Gottesdienst  überwiegend  herrschen,  obwohl  letz- 
terer vielfach  vermischt  ist  mit  dem  alten  Dä- 
monendienst, den  auch  der  Buddhismus  noch 
nicht  auszurotten  vermocht  hatte.  Die  Grenz- 
linie des  Tamulischen  und  Singhalesischen  Ge- 
bietes zieht  sich  von  der  Mündung  des  Dedrü 

*)  Sihala  oder  Singhala  hiess  das  von  den  Einwan- 
derern gegründete  Reich,  woher  der  Name  Ceylon  (Silon). 
In  den  meisten  Indischen  Sprachen  heisst  die  Insel  Lanka. 

**)  Kuppelartige ,  von  einer  Spitze  überragte  Heilig- 
thümer,  aus  Backsteinen  gebaut,  die  nur  zur  Aufbewah- 
rung von  Buddha's  Reliquien  dienen. 

**")  Ficus  religiosa,  der  heilige  Baum  des  Buddhismus. 


Oya  nach  Norden  in  weitem  Bogen  um  das 
Gebirgsland  bis  zum  Ende  der  Lagunen  südlich 
von  Batticaloa  *). 

So  trafen  die  Portugiesen  die  Verhältnisse, 
als  sie  1505  zuerst  eine  Niederlassung  auf  Cey- 
lon gründeten  und  bald  die  ganze  Westküste 
in  ihre  Gewalt  brachten.  In  diesem  ihrem  Ge- 
biete gelang  es  ihnen  in  ausgedehntem  Maasse 
das  Christenthum  auszubreiten,  das  namentlich 
Franz  Xavier  unter  den  Perlenfischern  bei  Ma- 
naar  mit  Erfolg  verkündete.  Um  1636  rief  der 
Singhalesische  König  von  Kandy  die  Holländer 
gegen  die  Portugiesen  zu  Hülfe.  Diese  wurden 
verdrängt,  jene  aber  gewannen  nur  einen  um 
so  weiteren  und  tieferen  Einliuss.  Sie  Hessen 
sich  alsbald  die  Bekehrung  der  Eingebornen 
zum  reformirten  Bekenntniss,  freilieh  in  nicht 
weniger  äusserlicher  Weise,  als  die  Katholiken 
es  ihrerseits  gethan  hatten ,  angelegen  sein. 
Auch  die  Bekehrten  der  letzteren  sollten  mit 
Gewalt  zum  Confessionswechsel  bewogen  werden. 
Bei  vielen  gelang  es,  doch  blieben  auch  manche 
standhaft,  so  dass  damals  70,000  Katholiken 
gezählt  wurden.  Diese  Zahl  hob  sich  aber  später 
bei  Gestattung  der  Religionsfreiheit  sehr  bald 
so,  dasB  in  den  beiden  Bisthümern  Colombo  und 
Jaffna**)  heute  noch  über  156,000  Glieder  der 
katholischen  Kirche  vorhanden  sind,  was  etwa 
9  Prozent  der  Gesammtbevölkerung  von  Ceylon 
beträgt.  In  wie  weit  dieselben  aber  nur  den 
Namen  beibehalten  und  ins  Heidenthum  zurück- 
gefallen sind,  ist  schwer  zu  sagen.  Erst  in 
neuerer  Zeit  sind  wieder  ernstere  Anstrengungen 
für  katholische  Mission  auf  Ceylon  gemacht 
worden,  und  zwar  im  Apostolischen  Vikariate 
Colombo  durch  Benediktiner  so  wie  PP.  der 
Congregation  des  heiligen  Philippus  Neri ,  zu 
Jatfna  durch  Oblaten  der  Unbefleckten  Jungfrau. 

*)  Ausserdem  gjebt  es  auf  Ceylon  seit  alter  Zeit  viele 
Arabische  und  Malayische  Ansiedler,  die  den  Islam  ver- 
treten, so  wie  Afrikanische  (Käfern  vom  Zambesi),  durch 
die  Portugiesen  zum  Kriegsdienst  herübergebracht,  Chi- 
nesen und  andere  Orientalen. 
**)  Gebildet  1838,  resp.  1849. 


Die  äusserlichen  Erfolge  der  Holländer  scheinen 
noch  bedeutender  gewesen  zu  sein.  Schon  1688 
zählten  sie  180,000  Getaufte,  fünfzig  Jahre 
später  300,000.  1795  -wurden  die  Engländer 
Herren  von  Ceylon,  die  sich  1815  mit  der  Erobe- 
rung Kandy's  die  ganze  Insel  unterwarfen.  Sie 
gestatteten  völlige  Religionsfreiheit,  ohne  für 
die  gesammelten  protestantischen  Gemeinden 
irgendwie  zu  sorgen,  deren  Glieder  daher  bald 
schaarenweise  zum  Heidenthum  zurückkehrten. 
Unter  den  150,000  aber,  die  den  Christennamen 
beibehielten,  riss  bald  wieder  viel  heidnisches 
Wesen  ein. 

Seit  1813  wurde  die  evangelische  Mission 
durch  Englische  Baptisten  belebt,  denen  bald 
die  Wesl.  Methodisten,  die  Ausbreitungs-Gesell- 
schaft und  die  Englisch-Kirchliche  Gesellschaft 
folgten,  alle  unter  den  Singhalesen,  die  letztere 
zu  Kandy  beginnend,  die  anderen  zu  Colombo 
und  an  anderen  Orten  der  West-  und  Süd-Küste, 
die  Methodisten  auch  gleich  Anfangs  an  der 
Ost-Küste  zu  Batticaloa  und  im  Norden  zu  Jaffna 
unter  Tamulen.  An  letzterem  Orte  gründete 
1816  der  Amerikanische  Board  unter  dieser  Be- 
völkerung sein  ausgedehntes  Missionswerk,  dem 
bald  auch  die  Englisch  -  Kirchliche  Gesellschaft 
zur  Seite  trat.  In  Verbindung  mit  diesen  Be- 
strebungen waren  1862  15,273  Bekehrte,  unter 
ihnen  385'J  Communikanten.  Trotz  der  bedeu- 


tenden Schwierigkeiten,  die  der  christlichen 
Mission  aus  dem  Buddhismus  erwachsen ,  der 
sich  in  neuerer  Zeit  mit  den  Waffen  Europäischer 
Wissenschaft  und  ihrer  Kritik  vertheidigt  und 
dafür  die  Presse  benutzt,  sind  diese  Zahlen  in 

1 

:  den  letzten  fünf  Jahren  jedenfalls  nicht  un- 
j  bedeutend  gestiegen,  da  die  S.  P.  G.  einen  Zu- 
j  wachs  der   mit  ihr  verbundenen  eingebornen 
i  Christen  von  3231  auf  7419,  die  Ch.  M.  S. 
i  den   der   Communikanten   von  492   auf  742, 
eben  so  die  Baptisten  den  ihrer  Mitglieder  von 
i  437  auf  900  angeben,  wenn  auch  die  Anzahl  der 
Methodisten  nach  ihren  Jahresberichten  in  Folge 
mancher  Schwankungen  im  Ganzen  von  2188 

i 

[  auf  1562  gesunken  ist.  —  Es  mag  noch  erwähnt 
werden,  dass  in  den  Centrai-Provinzen  (Kandy) 
die  Arbeit  sich  insbesondere  auf  die  zu  Kaffee- 
bau in  neuerer  Zeit  übergesiedelten  Tamulischen 
Kulies  (150,000  bis  200,000  an  Zahl)  bezieht, 
unter  denen  namentlich  die  Ch.  M.  S.  wirkt. 

Der  alten,  noch  aus  der  Holländischen  Zeit 
bestehenden  Gemeinden  hat  sich  die  Schottische 
(Staats-)  Kirche  angenommen  in  Verbindung  mit 
ihrer  Kolonial  -  Mission  unter  den  auf  Ceylon 
I  lebenden  Schotten.  Die  betreffenden  Orte  sind 
j  auf  der  Karte  angedeutet.    In  einigen  dieser 
I  Gemeinden  wird   auch   durch  Schulunterricht 
christlicher  Einfluss  auf  die  umgebenden  Heiden 
gewonnen. 


^«■^  ■Q^ubuY'inVl 

•Qctntiiiju 
nC.ErttfOjln 
T'^  (Sil>li/!'^''"r^'rSfr  '''  j 


DER 
INDISCHE 
ARCHIPEL 

iiii  jV&afsftabe  1^  16000  000. 


JJeiifsclteMeHin 
Het  Ihdjerl  7.eji  delinygeiLOnisrhap.  1 

Ihl  Gctwotsrli  .vjri  ert  Utt»rtiid  .  'Aerj/l  .'BoJaiin  u.Jtiva  Coridte. 
J)p  Nedert ,  'Zendj7iiyxverreiiitpji/^3 
T)&  ütftfhtsche.  ■£  \ 

IM  fierefbryneerdc.  J  / 

Up  Doopsge2jiitU.    .  .  ft' 

MisstoJi.vgeiiieinde 


Hheüiiscitx'  Missions  GesspUscha/i ,H    plm-ch  qriiiie  UntnxUri 


•beitcr.  0 


rhufiij  begcirfuief . 


Aneric  Bujii  Miss.  Chii 

Prns/tytFrioJL  Missixtri  U 
MissiOJiary  ^sso  riattwi .  12 
Soc  Vi-opny.  Oos/fei. J3 
Ejuß.  Bofjt.mss.  Sbr  14 

7i^9Sion  misser  Yrrtjrnilunij  mit  einer  OcseRsrhaB-  l) 
Rounsr],   CoOludsrhC  MtS.viOTi 

ybifBarneo  bedeutet 


N".  17.  Hinter-Indieu  mit  dem  Indisclien  Archipel. 


Hiuter- Indien  kanu  man  sich  vorstellen  als 
Vermittelungsglied  dreiei'  verschiedener  Gebiete 
und  ihres  eigenthümlichen  Wesens.  Es  ist  das 
eigentlich  fndische,  das  in  den  beiden  letzten 
Abschnitten  dieses  Werkes  dargestellt  wurde, 
ferner  das  Chinesische  und  endlich  das  Malaio- 
pelagische,  welchem  letzteren  die  folgenden  Blätter  i 
gelten.  Wiewohl  der  Ausdruck  nicht  allgemein  | 
gebraucht  wird ,  möchte  er  doch  sehr  geeignet 
sein,  das  in  Rede  stehende  (Jebiet  zu  charak- 
tei'isiren  und  den  Gegensatz  gegen  jene  beiden  . 
anderen  anzudeuten.  Nicht  mit  einer  compakten 
Landesmasse,  wie  bei  Indien  und  China,  son- 
dern mit  einem  luselmeer  haben  wir  es  hier  zu 
thun.  Freilich  bestehen  mehrere  dieser  Inseln 
selbst  aus  ausgedehnten  Strecken  mit  Gebirgs- 

! 

land  und  Hochplateaux,  so  wie  weitem  Alluvial-  ! 
Flachland ;  doch  es  bilden  hier  überwiegend  die 
Küsten,  oder  (wie  auf  Borneo)  der  untere  Lauf 
grosser  Ströme,  den  Schauplatz  des  eigenthüm- 
lichen Lebens ,  dessen  Träger  die  Malaien  sind. 

Ausgegangen  von  Sumatra,  wo  ihr  Stamm- 
land Menangkabau  am  Fusse  der  Vulkane  Sin- 
galang  und  Merapi  liegt,  haben  sie  sich  auf  der 
nach  ihnen  benannten  Halbinsel  Mäläka  nieder- 
gelassen, wo  sie,  namentlich  seitdem  sie  im  1.3.  i 
Jahrhundert  den  Islam  angenommen,  zu  grosser  | 
Macht  gelangten.    Als  fanatische  Anhänger  des 
letztern  haben  sie  sich  nun  allmählich  durch 
den  ganzen  Archipel  verbreitet,  überall  an  den 
Küsten  Niederlassungen  gründend.  Dabei  wurden  j 
die  weniger  entwickelten  Eingebomen  theils  assi-  ; 
milirt,  theils  in  die  Berge  zurückgedrängt,  wo  ' 
sie  auf  lange  Zeit  den  Einflüssen  des  Weltver- 
kehrs fern  gerückt  blieben.  Nur  wo  eine  selbst- 
ständige Entwickelung  des  Islam  Statt  fand,  gilt 
das  Letztere  nicht,  wie  auf  Java  und  zum  Theil 
Sumatra.  Die  betreffenden  Völker  aber  sind  selbst 

Gi  iimleiminn  :  Mi.isiunsatlat.    I,  4. 


den  Malaien  verwandt  und  ihrer  Natur  nach 
wie  diese  ein  geeigneter  Zunder,  in  dem  der  Funke 
nuihammedanischer  Lehre  bald  zünden  musste. 
Jene  zurückgedrängten  Stämme  aber  scheinen 
eine  besondere  ethnographische  Gruppe  zu  bilden, 
obgleich  hier  die  Foi'schung  noch  viel  aufzu- 
klären hat.  Ein  eigener  Name  für  dieselbe  ist 
nicht  vorhanden.  Auf  Sumatra  gehören  die  Bä- 
taks  dazu,  auf  Borneo  die  Daj'aks ,  auf  Celebes 
und  den  Molukkeu  die  Alifuren.  Die  Religion 
zeigt  sich  überall  unter  ihnen  als  Geisterdieust. 
Allen  ist  eine  Wildheit  eigen ,  die  sich  vom 
Kopsnellen  bis  zum  sanktionirten  Kannibalis- 
mus steigert.  Ackerbau  und  Viehzucht  wird 
getrieben,  doch  meist  nicht  mehr,  als  das  nächste 
Bedürfniss  erfordert,  daher  bei  der  sehr  dünnen 
Bevölkerung**")  die  üppig  gedeihende  Vegetation 
wenig  das  Gepräge  der  verändernden  Menschen- 
hand trägt.  Dadurch  ist  der  Charakter  der  Land- 
schaft bedingt,  mit  deren  tropischer  Fülle  nur 
etwa  Brasilien  und  West-iudien  wetteifern  sollen. 
Herab  von  deii  bewaldeten  Kuppen ,  zwischen 
denen  hie  und  da  ein  vulkanischer  Kegel  seine 
Rauchwolke  kräuselnd  zum  tiefblauen  Himmels- 
zelt sendet,  oft  bis  ans  Ufer  ist  Alles  weit  und 
breit  bedeckt  mit  dichtem  Wald ,  in  dem  kräf- 
tige Schlingpflanzen  ,  lei(;ht  durch  das  Gezweig 
kletternd,  ihre  undurchdringlichen  Netze  gewoben 
haben.  Da  und  dort  gewahren  wir  jedoch  nicht 
fern  vom  Strande  Spuren  menschlicher  Wohn- 
sitze, majestätische  Palmen  •■'**),  die  ihre  Wi])iel 

*)  Der  Terinmus  technicu.s  für  die  Sitte,  nach  welcher 
Einer  dem  Andern  mit,  oft  auch  ohne  Veranlassung  auf- 
lauert und  den  Kopf  abschlägt. 

.**)  'Hm  Java  maclit  eine  Ausnahme,  für  das  mit  sei- 
ueu  geförderten  Kulturen  deshalb  die  weitere  Schilderung 
nicht  zutrift't.    (Vergl.  zu  No.  21.) 

***)  Meist  die  Kokos- Palme,  Klapperboom,  nach  dem 
XEalaiischcn  kalapa. 

31 


gemessen  in  den  das  Klima  so  mildernden  regel- 
mässigen Winden  wiegen.  Dort  liegt  der  Kam- 
pong*),  eine  Anzahl  Häuser,  aus  Bambu  auf 
Pfählen  gebaut,  hinter  dem  sich  am  Ufer  eines 
Flüsschens  lichtgrüne  Reisfelder  ausbreiten.  Bei 
grösseren  Orten  fehlt  in  der  Regel  nicht  die 
Chinesische  Niederlassung  mit  ihren  weissen 
Häuschen  mit  rothen  Dächern.  Auf  vielen  In- 
seln (namentlich  im  Westen  von  Borneo)  haben 
die  Chinesen  sehr  ausgedehnte  Kolonien,  spora- 
disch aber  finden  sie  sich  durch  den  ganzen 
Archipel  verbreitet  als  Kaufleute,  namentlich 
Üpiumhändler.  Sie  halten  überall  an  ihrer  väter- 
lichen Sitte  und  Religion  fest.  Neben  ihnen  giebt 
i!S  mehrere  Stämme,  die  ebenfalls  in  diesen  Ge- 
wässern sich  aller  Orten  zerstreut  finden:  ein 
besonderer  Zweig  der  Malaien,  Orang-laut  (Was- 
serleute) genannt,  und  die  Orang  -  biadju,  deren 
Ethnographie  noch  nicht  bestimmt  zu  sein  scheint. 
Beide  leben  und  sterben  auf  dem  Wasser,  wo 
sie  ihre  auf  Flössen  ruhenden  Häuser  haben. 
Die  Bugginesen  (vergl.  No.  23)  lassen  sich  auf 
dem  festen  Lande  nieder.  —  Einige  wenige  sol- 
cher Kampongs,  wie  die  eben  beschriebenen,  bil- 
den oft  ein  Reich,  an  dessen  Spitze,  bei  patriar- 
chalischer Verfassung,  ein  Radja  steht.  Ein  Theil 
der  Unterthanen  pflegt  aus  Sklaven  zu  bestehen, 
unter  denen  gewöhnlich  viele  Pandelingen  sind, 
die  durch  Schulden  ihre  Freiheit  verloren.  Einen 
charakteristischen  Zug  für  das  Leben  im  Archi- 
pel dürfen  wir  nicht  vergessen :  die  Seeräuberci, 
ausgeübt  von  wohlorganisirten  Piratenbanden, 
die  indessen  durch  Holländische  Anstrengungen 
immer  mehr  in  Schranken  gehalten  werden. 

Mit  der  Entdeckung  des  Seeweges  nach  In- 
dien begann  der  Archipel  seine  Anziehungskraft 
auf  die  Europäer  zu  äussern.  Die  Portugiesen 
hatten  bald  eine  ergiebige  Herrschaft  erlangt, 
die  ihnen  im   17.  Jahrhundert  durch  die  Hol- 


*)  Gewöhnlicher  Ausdruck  für  Dorf,  Ortschaft;  im 
östlichen  Tlioilo  des  Arcliipols  scheint  der  Ausdruck  No- 
gery  vorzuhcrrsclicu ,  der  nichts  mit  Neider,  sondern  nur 
mit  dem  Indischen  na(,'ar  (Stadt)  zu  thun  hat. 


länder  abgenommen  wurde.  Über  die  Art  der 
Mission,  welche  damit  Hand  in  Hand  ging,  siehe 
zu  No.  24.  Jetzt  gehört  —  mit  Ausnahme  der 
Philippinen,  die  seit  300  Jahren  im  Spanischen 
Besitze  sind,  eines  Theils  von  Timor,  der  den 
Portugiesen  verblieb,  und  einiger  unabhängiger 
muhammedanischer  Reiche  —  der  ganze  Archi- 
pel*) den  Holländern,  obwohl  viele  Theile  des- 
selben vom  Holländischen  Einflüsse  noch  gar 
nicht  berührt  sind.  Derselbe,  auf  Java  concen- 
trirt,  erstreckt  sich  demnächst  auf  Amboina, 
Banda,  die  Minahassa,  Makassar  und  einige 
Theile  von  Sumatra. 

Auf  diesen  Gebieten,  obgleich  dieselben  nicht 
insgesammt  unter  unmittelbarer  Holländischer 
Verwaltung  stehen,  wird  ausgedehnte  Produk- 
tion von  Reis,  Zucker,  Kaffee  (Java),  Gewürz- 
nelken (Amboina)  und  Pfeffer  (Sumatra)  getrie- 
ben. An  den  anderen  Orten  beschränkt  sich  die 
Kolonialgewalt  darauf,  Produkte,  die  keine  Kul- 
tur erfoi-dern,  wie  Kampfer,  Rotang  (Spanisches 
Rohr)  &c.,  von  den  Eingebornen  herbeischaffen 
zu  lassen. 

Über  die  Kolonialpolitik  vergl.  zu  No.  21. 
Aus  derselben  ist  erklärlich,  wie  die  Sache  des 
Christenthums  in  diesen  Ländern  zurückgeblieben 
ist,  während  die  Missionare  des  Islam,  fanatische 
Hadjis**')i  überall  mit  Erfolg  geschäftig  die 
Lehre  ihres  Propheten  verbreiten. 

Erst  in  neuerer  Zeit  scheint  die  Kolonial- 
Regierung,  etwas  weniger  ängstlich,  der  Mission 
einen  weiteren  Spielraum  zu  gewähren,  und  ein 
seit  einem  Jahrzehnt  erwachtes  neues  Missions- 
Interesse  in  Holland,  dem  fünf  neue  Missions- 
Gesellschaften  ihre  Entstehung  verdanken,  beeilt 
sich,  denselben  zu  benutzen.  Die  ältere  Rot- 
terdamer  Missions-Gesellschaft  so  wie  die  Rhei- 
nische sind  schon  länger  in  Thätigkcit,  und  ver- 


*)  Nur  Labuan,  die  Englische  Kohlon-Station,  und  das 
Reich  des  Hadja  ürooko,  das  sich  an  dieselbe  auschliesst, 
haben  wir  noch  auszunehmen. 

**)  Diese  Mekka -ril^or  zälilcn  nach  Tausenden  und 
jährlich  mehrt  sich  ilirc  Zahl. 


einzelto  Gossaer- Brüder,  zum  Theil  im  Dienste 
der  Regierung,  sind  hie  und  da  thätig,  während 
die  Englische  Ausbreitungs-Gesellschaft  in  Sara- 
wak  mit  angreift. 

Alle  diese  Kräfte  sind  aber  bei  weitem  nicht 
der  Aufgabe  gewachsen.  Und  doch  ist  hier  ein 
Missionsfeld  so  einladend,  so  baldiger  Hülfe  be- 
dürftig wie  wenig  andere.  Mehrere  Millionen 
Heiden  harren  der  Verkündigung  des  Heils.  Es 
sind  lebensfähige  Stämme,  die  einen  besonders 
fruchtbaren  Boden  für  den  Samen  des  Evange- 
liums bilden.  Nicht  wie  die  Südsee -Insulaner 
müssen  sie  in  der  elften  Stunde  noch  gerufen 
werden,  um  nur  vor  ihrem  nahen  Aussterben 
noch  des  Heilands  Gnade  zu  erfahren,  sondern 
in  ihnen  kann  dieselbe  eine  Lebenskraft  werden, 
aus  der  ein  erneuertes  kräftiges  Volksleben  mit 
tüchtiger  Entfaltung  socialer  und  politischer 
Kräfte  hervorgehen  möchte.  Viele  aber  werden 
mit  jedem  Jalu'e,  ehe  die  bessere  Hülfe  erscheint, 
in  den  Schlingen  des  Islam  gefangen,  der  sie  in 
die  tiefe  Entsittlichung  verstrickt,  wie  sie  den 
Keim  zum  Verderben  eines  Volkslebens  in  sich 
trägt. 

Manche  Missious-Gesellschaft  wählt  sich  eine 
harte  Arbeit  unter  Völkern,  in  denen  eine  heid- 
nische Kultur  durch  lange,  still  wirkende  Ein- 
flüsse der  Europäischen  erst  zertrümmert  werden 
muss,  ehe  ein  geeigneter  Boden  für  die  christ- 
liche Mission  in  ausgedehnterem  Maasse  vor- 
handen ist.  Sicher  würde  die  Arbeit  auf  diesen 
Inseln  viel  erspriesslicher  sein.  Auf  jenen  Ge- 
bieten hat  man  über  20  oder  50  Jahre  noch 
dieselbe,  wo  nicht  bessere  Gelegenheit,  —  hier 
dagegen  ist  Gefahr  im  Verzuge. 

Holland  freilich  arbeitet  jetzt  verhältnissmäs- 
sig  viel,  und  andere  Gesellschaften,  mit  Ausnahme 
der  Rheinischen,  werden  nicht  zugelassen.  Doch 
könnten  Englische  und  Amerikanische  Mittel 
durch  bestehende  Holländische  Gesellschaften 
sich  leicht  dieser  Völker  annehmen.  Eine  Mis- 
sion, die  mit  solcher  nationalen  Selbstver- 
leugnung  das  Reich   Gottes  zu  jenen  Inseln 


brächte,  dürfte  sicher  auf  des  Herrn  Segen 
hoffen. 


Die  Strasse  von  Malaka  bietet  in  den  Bri- 
tischen Besitzungen  geeignete  Plätze  für  die 
evangelische  Mission.  Namentlich  Malaka  selbst, 
eben  so  aber  auch  Pulo  Pinang  und  Singapur 
wurden  benutzt ,  den  Chinesen ,  die  auch  hier 
zahlreiche  Kolonien  haben,  nahe  zu  kommen, 
ehe  China  selbst  zugänglich  war.  Die  Malaien 
wurden  weniger  ins  Auge  gefasst.  Nach  der 
Öffnung  China's  wurden  die  Stationen  dorthin 
verlegt.  Noch  jetzt  aber  sind  Missionare  ausser 
Verbindung  mit  einer  Gesellschaft  dort  thätig. 
Auch  hat  die  Ausbreitungs-Gesellschaft  in  neue- 
rer Zeit  in  Singapur  eine  Station  gegründet. 

Einige  besondere  Bemerkungen  sind  ferner 
über  die  Philippinen  hinzuzufügen ,  mehr  als 
400  bewohnte  Inseln  und  Inselchen ,  die ,  ob- 
wohl dem  Malaiischen  in  vielen  Beziehungen 
verwandt,  einen  Archipel  für  sich  bilden.  15'21 
von  dem  kühnen  Magellan  entdeckt,  erhielten 
ihre  Bewohner  schon  damals  die  ersten  Ein- 
drücke des  katholischen  Kultus.  Doch  vergingen 
fast  50  Jahre,  bis  die  Spanier,  in  der  Absicht, 
dieselben  zum  Christenthum  zu  bekehren,  die 
Inseln  in  Besitz  nahmen  und  Kolonien  gründe- 
ten, von  denen  aus  Augustiner,  Franziskaner  und 
Dominikaner  mit  Eifer  und  grossem  Erfolg  die 
Missionsarbeit  trieben.  Später  kam  das  Werk 
vorwiegend  in  die  Hände  der  Jesuiten,  die  durch 
ihre  Einmischung  in  Handel  und  Kolonial- Verwal- 
tung, so  wie  durch  äussere  Gewaltmaassregeln 
gegen  rückfällige  Eingeborne  &c.  demselben  wenig 
förderlich  waren.  Nach  Beseitigung  derselben 
waren  hauptsächlich  Dominikaner  auf  den  Phi- 
lippinen thätig.  Doch  scheint  nach  verschiedenen 
Berichten  gegenwärtig  die  Mission  dort  wenig 
in  Blüthe  zu  stehen,  obgleich  über  3  Millionen 
Eingeborne  sich  als  Christen  bekennen*),  die 

*)  Manila  ist  Sitz  eines  Erzbischofs ,  unter  dem  die 
Bischöfe  von  Nueva  Segovia,  Nueva  Caceres  und  Zebu 
stehen. 


abei'  uebcu  den  katholischen  Formen  ziemlich 
viel  von  ihrem  alten  Heidenthum  beibehalten 
haben.  Sie  werden  Tagalen  genannt  und  sind 
wahrscheinlich  stammverwandt  mit  den  Alifuren. 
Doch  nicht  Alle  haben  sich  bekehrt.  Verschie- 
dene Stämme,  vermuthlich  mit  einer  Seelenzahl 
von  1  Million,  haben  sich  in  die  Berge  zurück- 
gezogen, wo  sie,  von  den  Spaniern  Indios  ge- 
nannt, meist  wenig  belästigt  leben.  Auf  Luzon 
rechnet  man  200,000,  auf  Mindanao  800,000. 
Ausserdem  aber  giebt  es  in  den  unzugänglichsten 
Theilon,  besonders  der  beiden  genannten  Inseln, 
etwa  25,000  Negritos  (Austral  -  Neger ,  Papuas; 
vergl.  Polynesien  No.  1),  wie  sie  sich  noch, 
ausser  in  Neu-Guinea,  auf  den  Andamaneu  fin- 
den und  auch  im  Innern  der  Halbinsel  Malaka*) 
und  vielleicht  Borneo's  vorhanden  sein  sollen.  Sie 
scheinen  der  Mission  noch  ganz  fremd  geblieben 
zu  sein. 

Endlich  haben  wir  hier  noch  eines  anderen, 
erfreulicheren,  katholischen  Missionsfeldes  zu  ge- 
denken, das  unsere  Karte  zeigt:  Anuam,  das, 
von  Märtyrerblut  getränkt,  gewiss  auf  die  Theil- 
nahme  eines  jeden  Christen  rechnen  darf.  Unter 
jene  Indo-Chinesi sehen  Völker  (vergl.  zu  No.  18) 
wurde  im  Laufe  des  17.  Jahrhunderts  durch 
Jesuiten  (Franzosen,  seit  Stiftung  der  „Congre- 
galion  für  auswärtige  Missionen"  meist  mit  dieser 

*)  Unter  dem  Namen  Samangis. 


in  Verbindung)  und  'Dominikaner  (Portugiesen 
und  Spanier)  das  Christenthum  in  erfolgreichster 
Weise  eingeführt,  trotz  mancher  schweren  Ver- 
folgung und  unglückhcher,  aus  Portugiesischen 
Ansprüchen  entstandener  Patronatsstreitigkeilen. 
In  dem  nördlichen  Theile,  Tongking,  dessen 
östliche  Hälfte  den  Dominikanern  übertragen  ist, 
sollen  in  den  ersten  1.3  Jahren  82,000  Bekehrte 
getauft  worden  sein,  während  in  dem  südlichen, 
Cochinchina,  die  Zahl  derselben  diese  Höhe 
nicht  erreichte.  Zeitweise  waren  die  politischen 
Verhältnisse  der  Ausdehnung  der  Gemeinden 
günstig,  doch  blieben  die  Missionare  dann  öfters 
nicht  frei  von  einer  Einmischung  in  dieselben, 
welche  eine  Reaktion  mit  den  grausamsten  Ver- 
folgungen hervorrief.  Die  ganze  weitere  Geschichte 
dieser  Mission  ist  überhaupt  eine  Kette  von  Ver- 
folgungen, die  trotz  eines  von  Frankreich  und 
Spanien  erzwungenen  Dulduugsvertrages  im  In- 
nern noch  jetzt  fortdauern  und  aus  denen  viele 
Beispiele  edelster  Standhaftigkeit  und  Märtyrer- 
freudigkeit berichtet  werden.  Trotz  aller  auge- 
wandten Mittel  ist  es  keineswegs  gelungen,  die 
Christenzahl  zu  vermindern,  vielmehr  ist  dieselbe 
fortwährend  gewachsen  und  beträgt  nach  den 
neuesten  Angaben  (nach  dem  Madras  Catliolic 
Directory,  18G8)  über  1,280,000  mit  53  Euro- 
päischen Missionaren  und  205  Nationalpi-iestern. 

Die  Apostolischen  Vikariatc  siud  auf  der 
Karte  selbst  angegeben. 


Amen  N?  19. 


N**.  18  u,  19.  Birma  und  Siara. 


Diu  vurlicgeiiden  Blätter  sttdlco  uns  die  Indo- 
chinesischen Gebiete  dar,  so  weil  dieselben  bis- 
her Schauplatz  evangelischer  Missionsthätigkeit 
geworden  sind.  Im  Norden  ist  die  sie  umfas- 
sende Hinter-Indische  Halbinsel  von  jenen  mäch- 
tigen Gebirgssystemen  eingehegt,  die  nach  We- 
sten zu  mit  dem  Himalaja  zusammenhängen  und 
gleicherweise  sich  bis  jn  die  Regionen  des  ewigen 
Eises  erheben.  Von  diesen  streichen  mehrere, 
immer  noch  bedeutende,  Ketten  gegen  Süden  (wie 
die  westlichen  und  östlichen  Yomadoung),  breite 
Ebenen  zwischen  sich  führend.  Zahlreiche  Bäche 
winden  sich  durch  die  letzteren  den  mächtigen 
Strömen*)  zu,  welche  majestätisch  dahin  ziehen, 
bis  sie  in  viel  gespaltener  Deltabildung  das  Meer 
erreichen.  Es  ist  ein  herrlicher  Blick,  von  einem 
der  Vorhügel  jener  Ketten  über  die  unabsehbare 
Fläche  mit  üppiger  Vegetation  nach  rechts  und 
links  zu  schauen,  durch  die  sich  wie  ein  breites 
Silberband  in  gemessener  Bewegung  der  Strom 
schlingt;  an  seinen  Ufern  grosse  Städte,  über- 
ragt von  den  Kuppeln  und  Spitzen  buddhistischer 
Pagoden,  jenseits  die  dunkelblauen  Berge,  wie  in 
Duft  gehüllt.  Nach  der  anderen  Seite  gewandt, 
gewahrt  man  dagegen  ein  wellenförmig  bis  zu 
den  Gipfeln  aufsteigendes  Gebirgsland,  von  dich- 
tem Urwald  überzogen,  über  den  hie  und  da 
eine  Rauchsäule  die  einsame  Lage  eines  Dorfes 
andeutet.  Dort  hausen  verschiedene  Stämme, 
deren  Unterschied  von  den  vorherrschenden  Ebe- 
nenbewohnern ,  namentlich  in  Birma ,  und  mit 
Hinsicht  auf  die  Mission  charakteristisch  ist. 
Gemeinsam  haben  beide  jenen  oben  angedeuteten 
Indo  -  Chinesischen  Typus.  Die  Verwandtschaft 
mit  China  tritt  besonders  in  den  agglutiniren- 


*)  Irawaddi,  Sittang,  Monam,  während  der  SalwSn 
seine  Bahn  durch  eine  engere  Gobirgsspalte  gebrochen  hat. 
Grumiemann:  Missionsatlas.   I,  4. 


den"*)  Sprachen  hervor,  die  hier  indessen  mit 
alphabetischen ,  aus  Indien  entiehnlen  Zeiclicu 
geschrieben  werden.  Der  Hauptunterschied  be- 
ruht auf  der  verschiedenen  Kulturstufe.  In  der 
Ebene  ist  der  Buddhismus  mit  seiner  eigen- 
thümlichen  Kultur  seit  vielen  Jahrhunderten  hei- 
misch, während  auf  den  Bergen  (wie  in  den 
nördlichsten  Gegenden  überhaupt)  sich  ein  roher, 
unbestimmter  Dämonen-  [Nat-]  Kultus  erhalten 
hat.  Die  Anhänger  desselben  sind  entweder 
sanfte,  von  den  herrschenden  Buddhisten  seit 
langer  Zeit  unterdrückte  Völkchen,  wie  die  Ka- 
renen,  oder  wilde  Stämme,  wie  die  Rothen  Ka- 
renen'**)  (Karen -ni),  die  muthig  ihre  Freiheit 
aufrecht  erhalten  haben.  In  Siam  sind  auch  die 
Bergbewohner  mehr  oder  weniger  einem,  jedoch 
sehr  mit  anderen  heidnischen  Elementen  ver- 
setzten Buddhismus  zugethan.  Überhaupt  ist 
derselbe  in  Hinter- Indien  keineswegs  rein  er- 
halten, trotz  der  Tausende  von  Klöstern  (Kyoungs), 
in  denen  Schaaren  von  Mönchen  wohnen,  die 
allein  der  Religion  zu  leben  vorgeben,  ernährt 
von  dem  Eifer  des  Volks,  das  mit  diesen  ver- 
dienstlichen Werken  das  Heil  zu  erwerben  meint. 
Durch  derartige  Leistungen  wird  aber  jener  die 
Buddhisten  bezeichnende  Stolz  erzeugt,  mit  dem 
sie  sich  über  die  Bekenner  anderer  Religionen 
weit  erhaben  dünken  und  der  christlichen  Mis- 
sion so  grosse  Schwierigkeiten  machen.  Die  frü- 
hesten Anfänge  der  letzteren  von  katholischer 
Seite  reichen  bis  ins  17.  Jahrhundert  zui-ück 
(Pegu,  Siam).  Mit  abwechselnden  Zeiten  der 
Verfolgung  und  der  Duldung  sind  diese  Arbeiten 
von  den  Jesuiten  (?)  und  der  Congregation  für 


*)  Aus  lauter  einsylbigon,  nicht  flektirten  Wörtern  be- 
stehend. 

**)  Nach  den  rothcn  Beinkleidern  genannt. 

32 


aiiswürtigo  Missionen  bis  in  die  neuesten  Zeiten 
fortgesetzt  wordoji. 

Die  evangelische  Mission  aber  hat  hier  wie 
auf  anderen  Indischen  Gebieten  ihre  Wurzeln 
in  Seramimr.  Einige  Jahre  (1811  bis  1814*)) 
wirkte  der  jüngere  Dr.  Carey  in  Birma.  Darauf 
trat  Judson  ein,  der  mit  Recht  als  Apostel  Bir- 
ma's  bezeichnet  wird.  So  lange  kein  Britischer 
Besitz  in  diesen  Gegenden  vorhanden  war,  blieb 
die  Mission  sehr  beengt,  obgleich  der  tyranni- 
sche König  (damals  in  Ava,  S2>äter  wurde  Ama- 
ra])ura  und  neuerlichst  Maudalay  [-leh]  die  Resi- 
denz) einen  Missiousarzt  begünstigte.  Im  ersten 
Birmanischen  Kriege  wurden  Arakan  und  Te- 
nasserim  von  den  Engländern  erobert  (1826) 
und  alsbald  Moulmein  zum  Centrum  der  Birma- 
nischen Mission  gemacht.  Zwei  Jahre  später  kam 
die  letztere  zuerst  mit  den  Karcnen,  einem  da- 
mals fast  ganz  unbekannten  Volksstamme,  in 
Berührung,  unter  denen  sie  überraschend  schnelle 
Erfolge  cri-eichen  sollte.  Eine  Bewegung  unter 
diesen  Waldbewohnern  jjflanzte  sich  bald  durch 
ganz  Tenasserim  fort  bis  Mergui  hin.  Auch  in 
dem  noch  Birmanischen  Pegu  war  diess  der  Fall. 
Da  dort  eine  Station  nicht  angelegt  werden 
durfte,  so  wurde  Sandoway  der  Sitz  der  betref- 
fenden Thätigkeit.  Im  zweiten  Kriege  gewannen 
die  Engländer  dann  auch  Pegu  und  damit  wurde 
Rangun  die  Hauptstadt,  das  Centrum  der  Mis- 
sion ,  von  wo  aus  die  auf  der  Karte  angegebe- 
nen Stationen  gegründet  wurden. 

Damit  verloren  die  Stationen  in  Arakan  an 
Bedeutung  und  wurden,  da  auf  den  anderen  Fel- 
dern die  Kräfte  maugelten ,  von  der  Amerika- 
nischen Baptist  Union  aufgegeben.  Die  kleine 
Gemeinde  in  Akyab  wii'd  gelegentlich  von  Chit- 
tagong  aus  besucht. 

*)  Gleichzeitig  wurde  die.  Mission  in  Chittagonj;  bo- 
j^onncn,  das  aber  in  vielen  Beziehungen  noch  zu  Bengalen 
zu  rechnen  ist.  Nur  die  Mugs  [Mughs ,  eigentliche  Ara- 
kaner]  sind  dort  neben  Hindus  und  Muhanimedaneru  An- 
hänger des  Buddhismus.  Dieses  fehl  ist  trotz  der  langen 
Bearbeitung  auch  bis  jetzt  für  das  Evangelium  noch  recht 
wenig  fruchtbar  geblieben. 


'  Es  ist  vielleicht  das  gesegnetste  unter  allen 
Missionsfelderu,  das  wir  hier  vor  uns  haben.  In 
wenigen  Jahrzehnten  wurde  eine  Schaar  von  Pre- 
digern herangebildet,  tüchtige,  zum  Theil  bedeu- 
tende Männer,  welche  in  treuer  Arbeit  auf  be- 

I 

j  schwerlicheu  Missionsreisen  die  gesammelten  Ge- 
j  meinden  verpäegen  und  zugleich  in  den  Schulen 
I  als    Lehrer    wirken    oder   unermüdlich  weiter 
I  durch  die  engen,  pfadlosen  Thalschluchten  und 
durch  das  Dickicht  der  unzugänglichen  Berge 
ihre  Wege  suchen ,  um  den  noch  heidnischen 
Volksgenossen  das  Heil  zu  verkündigen.  Schon 
vor  fünf  Jahren  zählte  man  58, ()()()  bekehrte 
Karenen.  Seitdem  liegen  keine  allgemeinen  An- 
gaben vor,  doch  lässt  sich  ein  fortwährender 
Zuwachs  wahrnehmen. 

Es  war  unmöglich,  alle  Aussen-Stationen  auf 
unseren  Blättern  zu  verzeichnen.  Zu  Toungu 
gehören  z.  B.  130  bis  140  solcher  christlichen 
Dörfei".  Wir  mussten  uns  dalier  mit  Angabe  der 
bedeutendsten  begnügen.  Zu  diesem  Zwecke 
waren  die  betreft'enden  Materialien  von  den  an- 
deren Stationen  gütigst  geliefert.  Nur  über  Bas- 
sein war  es  uns  nicht  möglich,  noch  rechtzei- 
tige Angaben  zu  erhalten,  und  wir  konnten  nur 
einige  der  mehi*  erwähnten  Aussen-Stationen  an- 
führen. 

Dort  wie  zu  Rangun  hatten  wir  eine  Spal- 
tung der  Karenen -Mission  anzugeben.  Einige 
Missionare  waren  wegen  Differenzen  über  Ver- 
waltungs-Angelegenheiten aus  dem  Dienste  der 
!  Baj)tist  Union  ausgetreten  und  wurden  fortan 
von  der  Free  Mission  Society  unterhalten.  Auf 
beiden  Stationen  war  die  Arbeit  unter  den 
Sgaus*)  ihnen  zugefallen,  während  die  Pwos 
(Pghos)"')  den  Missionaren,  der  Baptist  Union 
verblieben.  In  Bassein  erscheint  diese  Spaltung 

*)  Zwei  ziemlich  verschiedene  Stämme,  die  ihre  eigenen 
Sprachen  haben,  aber  nicht  auf  scharf  getrennten  Gebieten 
leben.  Im  Norden  bei  Toungu  heissen  die  Sgaus  Paku.s, 
I  während  dort  die  Bghais  .ilcn  Pwos  entsprechen.  Nur  in 
,  geringerer  Zahl  linden  sich  ICarcnen,  die  mehr  oder  we- 
niger den  Buddhismus  angenommen  haben,  und  zwar  lie- 
i  sonders  im  llangun-  und  Basscin-Distrikt. 


jetzt  durch  das  brüderlichste  Zusammenarbeiten 
fast  beseitigt. 

Ganz  getrennt  von  diesem  Werke  ist  die 
Birmanen  -  Mission  der  letzteren  Gesellschaft, 
welche  die  buddhistischen  Talains  (Talengs,  die 
Hauptbevölkerung  von  Pegu)  und  die  eigent- 
lichen Birmanen  ins  Auge  fasst.  Hier  sind 
bei  weitem  nicht  ähnliche  Erfolge  zu  berichten, 
obgleich  doch  auch  an  einigen  Orten  Birmanische 
Christengemeinden  gesammelt  sind. 

Im  Norden  ist  endlich  in  neuester  Zeit  ein 
dritter,  viel  versprechender  Zweig  zu  dieser  Mis- 
sion hinzugekommen.  Auf  der  unter  den  Ka- 
rcnen  so  erfolgreichen  Station  Toungu  siedelten 
sich  vor  einigen  Jahren  Flüchtlinge  aus  dem 
Shan-  (Schan-)  Lande  an,  die,  der  Birmanischen 
Bedrückung  *)  entfliehend,  auf  Britischem  Boden 
Schutz  fanden.  Unter  ihnen  erlangte  das  Evan- 
gelium Aufnahme  und  bahnte  sich  durch  diese 
Vermittclung  den  Weg  bis  in  die  verlassene 
Shan-Heimath,  wobei  es  gelang,  unter  den  zwi- 
schcnliegenden  Bergstämmen  der  Gekhos,  Saukus, 
Jlrcks,  Padoungs  und  Rothen  Karenen  der  Mis- 
sion ebenfalls  Einfluss  zu  verschaffen,  wie  die 
angegebenen  Ausseu-Stationen  zeigen. 

Schliesslich  ist  über  die  Amerikanische  Bap- 
tisten-Mission zu  bemerken,  dass  sie  in  Itangun 
eine  ausgedehnte  Druckerei  und  in  Kemendein 
[KemeudiueJ  ein  Seminar  zur  Ausbildung  ein- 
geborner  Prediger  besitzt. 

Die  Anglikanische  Mission  (S.  P.  G.)  wurde 
1859  in  Moulmein  angefangen  und  hat  jetzt 
eine  zweite  Station  mit  Schulen  in  Rangun. 
Es  wurden  auch  in  Henthada  und  einigen  andern 
Orten  am  Irawaddi  Schulen  errichtet  und  neuer- 
lichst ist  es  gelungen,  eine  solche  unter  den  ver- 
sprechendsten Aussichten  in  Mandaleh  zu  gründen. 

In  Siam  hat  die  evangelische  Mission  noch 
grössere  Schwierigkeiten  als  unter  den  buddhi- 


*■)  Die  Shaii  (in  Siam  Laos  f,'cnannt)  zerfallen  in  eine 
Ueiho  kleiner  Staaten  und  sind  zum  Theil  Uirma,  zum 
Thoil  Siam  tributpHiclitig.  Jlive  llelif^ion  ist  eine  rohe 
Nuance  des  Buddhismus. 


stischcn  Birmanen.  Auf  Gützlaffs  Empfehlung 
wurde  sie  von  Amerikanischen  Baptisten  1834 
begonnen,  denen  später  der  Board  und  die  Ame- 
rikanischen Prcsbytcrianer  folgten.  Die  Missio- 
nare des  Board  traten  bei  der  Bildung  der  Aracr. 
Miss.  Association  aus,  um  sich  der  letztgenann- 
ten Gesellschaft  anzuschliessen.  Es  ist  viel  ge- 
arbeitet worden,  besonders  durch  Verbreitung 
christlicher  Schriften.  Die  Erfolge  sind  jedoch 
bis  jetzt  verschwindend.  Die  Amerikanischen 
Baptisten  arbeiten  auch  unter  den  zahlreichen 
Chinesen,  die  an  den  Küsten  des  Golfes  von 
Siam  angesiedelt  sind.  Die  Presbyterianer  da- 
gegen haben  in  neuester  Zeit  ihr  Augenmerk 
auf  die  Laos  gerichtet  und  mit  Gründung  der 
Station  zu  Chieng-mai  eine  mehr  versprechende 
Wirksamkeit  begonnen. 

Die  römische  Kirche  dagegen  rühmt  sich 
ausgedehnter  Erfolge  und  zählt  auf  deu  angege- 
beneu Stationen  über  7000  Anhänger.  In  grosser 
Zahl  sind  dieselben  Abkömmlinge  von  Portugie- 
sen und  deren  Bekehrten,  von  welchen  letzteren 
das  von  Indien  und  Ceylon  Gesagte  gelten  mag. 

Eine  consequentc  Schreibart  der  Namen  Hess 
sich  für  diese  Gebiete  kaum  durchführen.  Für 
Birma  wurden  sie  nach  Yule  wiedergegeben,  wo- 
bei nur  oü  in  u  und  ee  in  i  umgesetzt  wurde. 
Folgende  Regeln  mögen  tVir  die  Aussprache  ge- 
merkt werden: 

üu  =  au,  von  den  Europäern  meist  wie  o  ge- 
sprochen. 

ai  =  ä  oder  e. 

ay  =  eh. 

u  in  der  geschlossenen  Sylbe  =  e. 

0,  wenn  dem  folgenden  Consonanten  ein  stum- 
mes e  zugefügt  ist  =  u. 

1,  wenn  dem  folgenden  Consonanten  ein  stum- 

mes i  zugcfiigt  ist  =  ei. 
Das  Schluss-n  ist  mehr  oder  weniger  nasa- 
lirt. 

ein,  fast  =  eng. 

Das  X  in  den  Siamesischen  Nnrnen  entspricht 
unserem  ch. 


N".  20. 


Sumatra. 


Sumatra*),  nächst  Java  die  wichtigste,  nächst 
Eorneo  die  grösste  Insel  in  Niederländisch  -  In- 
dien, wird  von  den  Inländern  Puio  Pertja  oder 
Pulo  Andalas  genannt.  Sie  ist  ihi-er  ganzen  Länge 
nach  von  Nordwest  nach  Südost  von  Gebirgen 
dnrclizogen,  die  raeistentheils  mehrere  pai'allele 
Ketten  neben  einander  bilden,  zwischen  denen  sich 
fruchtbare  Hochthäler  befinden.  In  diesen  hat 
die  Bodenkultur,  ergiebig  an  Reis,  Pfeffer  und 
Kaffee,  ihre  weiteste  Ausdehnung,  während  die 
Bergabhänge,  die  nach  der  Südwest- Küste  schnell 
abfallen,  der  Art  mit  Wald  bestanden  sind,  dass 
man  sagt,  ein  Affe  würde,  von  Zweig  zu  Zweig 
.steigend,  die  ganze  Länge  der  Insel  durchwan- 
dern können,  ohne  den  Boden  zu  berühren.  An 
einigen  Stellen  gehen  die  Bergketten  in  Hoch- 
plateaux  über,  auf  denen  bei  3-  bis  4000  Fuss 
Höhe  das  tropische  Klima  bedeutend  gemildert 
ist.  Die  höchsten  Gipfel  aber,  deren  einige  thä- 
tige  Vulkane  siud,  erheben  sich  bis  zu  10,000 
Fuss  über  den  Meeresspiegel.  Nach  Nordosten 
fallen  die  Gebirge  allmählicher  ab  und  gehen  in 
ein  von  grossen  Flüssen  durchströrates  Flachland 
über,  das  zum  Theil  einen  ähnlichen  Charakter 
hat  wie  das  von  Südost-Borneo  (vergl.  No.  22). 

Ln  ethnographischer  Hinsicht  lässt  sich  Su- 
matra charakterisiren  als  die  Heimath  der  Ma- 
laien (vergl.  zu  No.  17),  obwohl  dieselben  nicht 
die  ursprüngliche  Bevölkerung  bilden,  welche  im 
Norden  durch  die  Bätäks  und  im  Süden  durch  die 
Passumas  und  Lampongs  (?)  vertreten  ist.  Mit 
Ausnahme  der  letzteren  sind  diese  Stämme  über- 
wiegend heidnisch,  und  zwar  einem  wenig  aus- 
gebildeten Dämonendienste  ergeben ,  obwohl  sie 
keineswegs  auf  der  niedrigsten  Kulturstufe  stehen, 
wie  denn  die  Bätaks  ihre  eigene  Schrift  und 
Literatur  haben ,  bei  denen  freilich  andererseits 
(so  weit  sie  unabhängig  sind)  noch  bis  jetzt  der 
Kannibalismus,  in  aller  Form  legalisirt,  geblie- 
ben ist.  übrigens  lassen  sich  auch  bei  ihnen 
Einflüsse  Indischer  Kultur  und  Religion  erken- 
nen, die,  wie  deutliche  Spuren  beweisen,  schon 
in  alter  Zeit  in  weiter  Ausdehnung  auf  Suma- 
tra Fuss  gefasst  hatten.  Bei  den  Malaien  machte 

*)  Siimiitra,  umgebildet  aus  Saiiumtara ,  dem  Namen 
eines  früheren  kleinen  Reiches  an  der  Nurdost- Küsto,  der 
von  den  Portugiesen  auf  die  ganze  Insel  übertragen  wurde. 

Griin(l<'ni;uin  :  Missionsatlas.   II,  0. 


der  Brahmanismus  im  12.  Jahrhundert  dem  Is- 
lam Platz ,  dem  jetzt  die  grosse  Mehrzahl  der 
Bewohner  Sumatra's  angehöi't.  Nur  der  Malai- 
ische Stamm  der  Redjangs  verharrt  noch  gi'ossen- 
theils  bei  dem  ursprünglichen  Dämonendienst. 

Politisch  ist  Sumatra  von  jeher  sehr  zer- 
splittert gewesen.  Neben  einigen  grösseren  Ma- 
laiischen Staaten,  unter  denen  im  Norden  Atji 
(Atschi)  bisher  allein  seine  Unabhängigkeit  be- 
wahrt, aber  sehr  in  Verfall  gerathcn  ist,  bestellt 
eine  grosse  Zahl  kleiner  Gemeinweseu  unter 
eigenen  Sultanen,  deren  manche  selbst  nur  cin- 
bis  zweitausend  Untei'thanen  beherrschen.  Alle 
diese  Staaten,  mit  der  eben  erwähnten  Ausnahme, 
stehen  unter  Oberhoheit  der  Holländer,  die  um 
1620  zuerst  Fuss  auf  der  Insel  fassten  und  all- 
mählich ihre  Macht  ausbreiteten,  bis  sie  18.58 
auch  das  Reich  Siak  und  die  nördlicher  gele- 
genen kleinen  Küstenstaaten  ihren  Besitzungen 
einverleibten.  Diese  Gebiete  wurden  mit  der 
Residenz  Riouw  (Riau)  vereini'gt.  Die  übrigen 
sind  eingetheilt  in  die  Residenzen  Palcmbang, 
Lampong'sche  Distrikte,  Benkulen*'),  Padang, 
Padang'sche  Bovenlanden  (Oberländer)  und  Ta-  ' 
panuli.  Die  drei  letzteren  bilden  das  Gouverne- 
ment „Sumatra's  Westküste".  Tapanuli  umfasst 
diejenigen  Bätak  -  Gebiete ,  welche  die  Holländi- 
sche Oberhoheit  anei-kennen  und  die  nebst  den 
angrenzenden  freien  Distrikten  auf  unserem  Blatt 
in  grösserem  Maassstabe  gezeichnet  sind.  Die 
letzteren  befinden  sich  in  noch  weit  grösserer 
politischer  Zersplitterung  als  die  erwähnten  Ma- 
laien-Staaten,  denn  dort  bildet  fast  jedes  Dorf 
ein  unabhängiges  Gemeinwesen  unter  einem 
Oberhaupt  (Radja)  von  geringem  Einflüsse.  Nur 
der  Radja  von  Toba  hat  über  eine  Anzahl  der- 
selben eine  nominelle  Obergewalt.  Fortwährende 
Ki-iege  zwischen  den  einzelnen,  stets  mit  Palis- 
saden und  Bambushecken  befestigten  Dörfern 
sind  bezeichnend  für  die  dortigen  Zustände. 

Nur  die  äusscrste  Noth  konnte  einen  Theil 
dieses  freiheitsliebenden  Volkes  bewegen,  sich 
der  Holländischen  Herrschaft  zu  unterwerfen. 
Vor  einigen  dreissig  Jahren  nämlich  drangen 
nniliammedanische  Malaiiiu,  von  fanatisdien  An- 


*')  Ist  nur  Assistent- Residenz. 

33 


fiihreru  zur  sogenannten  Padri-Sckto  organisirt, 
von  Süden  her  in  die  Bfitak  -  Länder  ein ,  um 
dieselben  sich  und  dem  Islam  zu  unterwerfen. 
Alle ,  die  dazu  nicht  geneigt ,  wurden  nieder- 
gemacht, und  so  verwandelten  sie  bald  die  blü- 
hende Provinz  Ankola  in  eine  Wildniss,  wo  noch 
jetzt  das  blassgrüne  Allang  -  allang- Gras  weite 
Strecken  bedeckt,  die  einst  menschlicher  Fleiss 
aus  Urwald  in  fruchtbare  Felder  verwandelt 
hatte.  Ein  Stamm  nach  dem  andern  würde  dieses 
Loos  getheilt  haben ,  wenn  nicht  die  zunächst 
Beidrehten  die  Holländer  zu  Hülfe  gerufen  hät- 
ten, welche  die  fanatischen  Feinde  niederwarfen 
und  hier  wie  dort  ihre  Herrschaft  befestigten. 
Hieraus  ergiebt  sich,  dass  Ankola  das  Grenzgebiet 
des  Islam  gegen  das  Batakische  Heidenthum  bil- 
det, doch  kommen  auch  in  Sipirok  bereits  Mu- 
liammedanfsr  vor,  während  die  muhammedani sehen 
Rätaks  in  Ankola  keineswegs  durchweg  feste 
Anhänger  des  Islam  sind.  —  Die  Grenze  zwi- 
schen den  freien  und  den  Holländischen  Bätäks 
ist  schwer  anzugeben,  da  die  offiziellen  Berichte 
selbst  darüber  schwanken.  Die  Karte  zeigt  die 
Grenze,  über  welche  thatsächlich  der  unmittelbar 
Holländische  Eintiuss  nicht  hinausgeht.  Tapa- 
nuli  umfasst  mehrere  hinter  einander  liegende 
'  bewaldete  Bei'gketten  mit  geringer  Bevölkerung. 
Um  Sibogha  sind  allerlei  Kolonisten  des  Indi- 
schen Archipels  vertreten  (vergl.  zu  No.  17). 
Sipirok  ist  ein  stärker  bevölkertes  Hochplateau, 
umgeben  von  höheren  Bergen.  Sigorapulan  ist 
ein  schmales  Thal,  vom  reissenden  Batang-torru 
durchströmt,  mit  zahlreichen  Seitenthälern,  Silin- 
dong  endlich  ein  breites  Hochthal,  wohlbewässert, 
mit  üppigen  Reisfeldern  und  starker  Bevölkerung. 

Hiermit  haben  wir  den  Schauplatz  der  evan- 
gelischen Mission  auf  Sumatra  angedeutet,  die, 
erst  in  neuester  Zeit  begonnen,  bald  einen  schö- 
nen Aufschwung  genommen  hat.  1819  bis  1825 
hatte  zwar  die  Englische  Baptisten- Mission  in 
I'adang,  Benkulen  und  Sibogha  Arbeiter  gehabt, 
die  aber,  als  Sumatra  aus  dem  vorübergehenden 
Englischen  Besitz  wieder  an  Holland  kam,  wei- 
chen mussten,  ohne  viel  Früchte  gesehen  zu  haben. 
18;5.'}  machte  der  Amerikanische  Board  einen 
Versuch,  doch  die  beiden  Missionare  Muuson  und 
Lyman  fielen  bald  als  Märtyrer  bei  Sisakak. 
Erst  18.50  sandte  die  Missionsgemeinde  Ennelo 
in  Holland  (>inen  Missionar  nach  Sipirok,  der 
aber  wie  sein  bald  l'olgeinder  Genosse  später  zur 


Rheinischen  Mission  überging,  die  nach  Acr  Nie- 
derlage auf  Borneo  sich  den  Bataken  zuwendete, 
in  deren  Sprache  durch  die  Holländische  Bibel- 
gesellschaft bereits  Theile  der  Heiligen  Schrift 
übersetzt  waren.  Die  Zahl  der  auf  der  Karte 
angegebenen  Stationen  deutet  den  guten  Fort- 
gang des  Werkes  an.  Namentlich  wächst  die 
Zahl  der  Bekehrten  in  Silindong  schnell.  Zwei 
andere  von  Ermelo  ausgegangene  Missionare,  die 
in  Ober -Ankola  thätig  sind,  werden  jetzt  von 
der  Gesellschaft  für  Innere  und  Äussere  Mis- 
sion zu  Batavia  und  dem  mit  derselben  verbun- 
denen Java-Comite  unterhalten.  Zu  Padang  und 
Benkulen  arbeiten  römisch-katholische  Missionare. 

Schliesslich  haben  wir  noch  hinzuweisen  auf 
das  im  Carton  dargestellte  neueste  Arbeitsfeld 
der  Rheinischen  Missions -Gesellschaft  auf  der 
Insel  Nias.  Ein  den  Bataken  verwandter,  noch 
heidnischer  Stamm,  2-  bis  300,000,  nach  ande- 
ren Schätzungen  800,000  Seelen  stark,  bewohnl 
die  gebirgige  fruchtbare  Insel.  Auf  der  Nord- 
küste  hatten  lange  Zeit  die  Atjinesen  ihre  Herr- 
schaft befestigt  und  betrieben  aufs  Stärkste  die 
Sklaveuausfuhr.  Dadurch  waren  viele  Niaser 
nach  Padang  gekommen,  wo  sich  Missionar  Den- 
ninger  ihrer  annahm,  ihre  Sprache  lernte,  um 
dann  schliesslich  nach  Nias  selbst  überzusiedeln 
(1865).  Zu  Gunong  Sitoli  wurde  die  Hauptsta- 
tion gegründet.  Eine  zweite  ist  vor  Kurzem  in 
Fagulö  unter  dem  Stamme  der  Ono  Limbu  au- 
gelegt. —  Die  Bevölkerung  der  Insel  zerfällt  in 
viele  Stämme,  von  denen  wir  die  hauptsächlich- 
sten auf  der  Karte  mit  Ziffern  angeben  konnten, 
deren  Erklärung  hier  folgt: 

X.  Garamo. 

XI.  Ironodjo. 

XII.  Madjinga. 

XIII.  Ononamalo. 


I.  Larago. 

II.  Ironogco. 

III.  Ironodjei. 

IV.  Laha^'o. 

V.  Onodjihura. 

VI.  Ironodjono. 
VII-  Lahomi. 

VIII.  Ironolasf. 

IX.  Ironohuna. 


XIV.  Maroo. 

XV.  Nojo. 

XVI.  Lafau  (Lapauw). 

XVII.  Modjai  (Modjeija). 
XVm.  Ono  Limbu. 


Anmerkung.  Dio  Spezialkarte  der  Bätük - Gcliiete, 
obwohl  nach  den  besten  vorhandenen  (iuellon  bearbeitet, 
wird,  sobald  die  Gegenden  erst  genauer  topographisch 
aufgenommen  werden,  einige  CoiTekturpn  erfahren.  Nach 
Abschluss  unseres  Elattes  erhalten  wir  die  Notiz,  dass  in 
der  Ecke  oben  links  und  so  in  der  unten  rechts  die 
Distancen  im  Verhiiltniss  doppelt  zu  gross  seien.  Von 
l'andjuranapittu  bis  Saitnihuta  z.  B.  sei  es  nur  eine  Meile. 
Da  die  vorhandenen  Karten,  so  wie  die  in  den  Kheiuischen 
Missionsbl.'itteni  verarbeiteten  unpublicirtcn  Skizzen  von 
den  Uelsen  der  Missionare  in  dieser  Beziehung  noch  un- 
lösbare Schwierigkeiten  bieten,  so  enthielten  wir  uns  jeden 
Versuches  einer  abermaligen  Bearbeitung  der  Karte,  die 
erst  bei  nnsreicliondorem  Material  möglich  sein  wird. 


21. 


Java. 


Mit  Recht  ist  Javti*)  iil«  die  köstlichste 
Perle  in  Hollands  Krone  bezeichnet  wurden. 
Denkt  man  an  die  herrliche  Natur,  die  dort  er- 
habene Pracht  mit  üppigster  Fülle  verbindet, 
oder  an  die  reiclien  Erträge ,  auf  die  sich  der 
bekannte  Wohlstand  des  herrschenden  Volkes 
stülüt,  so  mag  man  jenen  Ausdruck  riclitig  fin- 
den. Auch  hat  Holland  an  Java  alle  Sorgfalt 
gewendet,  die  man  einem  theuern  Kleinod  zu 
Theil  werden  liisst,  und  das  Ergebniss,  was  Eu- 
ropäischer Einfiuss  auch  in  jenen  Ländern  wirken 
kann ,  S2)ringt  bei'  Java  im  Vergleich  mit  den 
anderen  Inseln  des  Archipels  auffallend  in  die 
Augen.  Doch  eins  fehlt  noch:  dieser  Juwel 
glänzt  noch  nicht  im  Lichte  der  Gnadensonne, 
das  doch  durch  keine  menschliche  Kultur  ersetzt 
werden  kann.  Die  ernstlicheren  Bcsti'ebungeii, 
unter  dem  hier  so  üppig  wuchernden  Muham- 
medanismus  dem  Evangelium  die  Thüren  auf- 
zuthun ,  sind ,  wie  wir  sehen  werden  j  neueren 
Datums. 

Die  Insel  kommt  mit  ilirer  Länge  der  Ent- 
fernung von  Wien  bis  Paris  gleich  (140  Meilen). 
An  der  Südseite  ist  die  Küste  schroff  und  hat 
wenig  Häfen;  diese  finden  sich  mehr  an  der 
Nordküste,  wo  wenig  unterbrochene  Mangrove- 
Wäldcr  ein  flaches  AUuvialufbr  säumen.  Dem 
Terrain  nach  scheidet  sich  Java  in  eine  west- 
liche und  östliche  Hälfte,  welcher  Unterschied 
in  den  verschiedensten  Bezieliungeu  maassgebend 
bleibt.  Im  Westen  haben  wir  ein  Bergland  vor 
uns,  das  bei  mächtigen  Erhebungen  bis  zu  12,000 
Fuss  weite  Hochplatcaux  I-  bis  2000  Fuss  über 
dem  Meere  bildet.  Im  Osten  dagegen  steigen 
aus  einem  Tiefiande  vereinzelte  Berggruppen  mit 
noch  liöhcren  Gipfeln  auf.  Hier  wie  dort  sind 
melirere  Vulkane  noch  thätig.  Die  flachen  Re- 
gionen, die  also  vorzugsweise  östlich  liegen,  He- 
fern Reis  und  Zucker  in  Fülle,  während  auf 
jenen  Plateaux  mit  ihrem  vulkanisclien  Boden 
die  sauber  gehaltenen  Kaffeepllanzungen ,  be- 
schattet von  luftigen  Dadapbäuracn,  gedeihen. 


*)  Tanna  Djava  der  Eingeborneii,  daher  richtiger  Dschava 
auszusprechen. 

firundemann  :  Missionsattas.    II,  (i. 


Die  13  Milliuueu  übersteigende  Bevölke- 
rung*) scheidet  sich,  abgesehen  von  den  an 
vielen  Orten  lebenden  Malaien,  Chinesen  &c.,  in 
zwei  Stämme  mit  verschiedener  S[)rache  and  Sitte. 
Westlich  wohnen  die  kräftigen  Sundanesen,  öst- 
lich die  schlafferen  **)  eigentlichen  Jävanen. 
Unter  diesen  hat  der  Islam  zuerst  und  am  tief- 
sten Wurzel  gefasst;  jene  sind  zwar  auch  durch- 
gängig nominell  demselben  ergeben ,  doch  ist 
unter  ihnen  das  heidnische  Wesen,  das  er  auch 
unter  den  Javanen  nicht  ganz  überwunden  hat, 
in  noch  stärkcrem  Maasse  vorhanden.  Java  war, 
wie  noch  zahlreiche  Denkmäler  zeigen ,  vorher 
durch  den  Brahmanismus  hindurchgegangen, 
dann  durch  den  Buddhismus,  der  im  14.  Jahr- 
hundert ausgerottet  wurde  ***).  Erst  gegen  Ende 
des  16.  Jahrhunderts  begannen  die  Portugiesen 
sich  niederzulassen ,  deren  Herrschaft  bald  der 
Holländischen  weichen  musste.  Mit  Erlangung 
der  Oberhoheit  über  das  grosse  Reich  von  Ma- 
taram  (Djokdjokarta)  wurde  letztere  über  die 
ganze  Insel  ausgedehnt.  Die  Holländer  haben 
nach  einer  sehr  erfolgreichen  Politik  die  alte 
Verfassung ,  Gesetze ,  Rechtspflege  &c.  bestehen 
lassen,  überall  durch  Vermittelung  der  inländi- 
schen Fürsten  die  Zügel  straff  anziehend.  Von 
allen  Erzeugnissen  des  Bodens  wird  ein  bestimm- 
ter Theil  beansprucht  und  zu  den  eingeführten 
Kulturen  werden  Dienstleistungen  gefordert.  Da- 
durch ist  es  möglich  geworden,  Java  zu  der  er- 
giebigsten Kolonial -Besitzung  zu  machen.  Für 
die  inländische  Bevölkerung  ist  diess  Verfahren 
nicht  gerade  drückend ,  vielmehr  hat  es  durch 
die  Zucht,  in  welclie  hier  ein  Volk  niedriger 
Stufe  genommen  wird,  entschiedene  Vorzüge  vor 
einer  Kolonial- Verwaltung,  welche  unentwickelte 
Stämme  behandelt  wie  Glieder  eines  entwickelten 
politischen  Lebens.    Wie  aber  angedeutet,  fehlt 


*)  Die  Bevölkerungs-Dichti^'kcit  Java's  ist  fünfzehn 
bis  dreissig  Mal  grösser  als  die  der  anderen  Inseln  des 
Indischen  Archipels. 

**)  Besonders  durch  Opium  und  Wollust. 
***)  Es  bestehen  nur  sehr  t;eringe  llestc  buddhistischer 
Bevölkerung  in  Bantam  (Baduincn)  und  brahnianischer  am 
Tenger  -  Gebirge. 

34 


das  Eine  iiuf  Juva.   Buö  Eostc,  was  aus- Europa 
dorlliiu  kümmcii  solilc,  christliche  Gesittung,  hat 
mau  nicht  bloss  gleichgültig  hiutaugesetzt,  son- 
dern sogar  ängstlich  verliiudert  oder  heschräiikt, 
wähi'end  dem  Islam  ausgedehnter  Vorschub  ge- 
leistet wurde,  aus  liesorgniss,  dass  nicht  der  Fa- 
natismus misövergnügter  Moslems  die  Sicherheit 
der  Herrschaft  erschüttere.  Zwar  waren  in  frü- 
herer Zeit  auch  auf  Java  einige  Christengemein- 
den in  der  zu  No.  24  charakterisirten  Weise 
gesammelt  worden,  doch  nur  in  beschränkterem 
Maasse.  Reste  derselben  haben  sich  noch  erhal- 
ten zu  Batavia  und  Depok  (Malaiisch)*).  Die 
neuere  Mission  aber  konnte  Java  erst  berühren, 
als  die  Engländer  auf  einige  Jahre  (1811  bis  1815) 
die  Herrschaft  hatten.    Arbeiter  der  Londoner 
Mission  und  der  Englischen  Baptisten**)  stell- 
ten sich  bald  ein,  wendeten  sich  aber  mehr  den 
Chinesen  und  Malaien  als  den  Javanen  zu.  Auch 
nach  Wiedereintritt  der  Holländischen  llegierung 
durften  sie  bleiben ,  doch  war  die  Wirksamkeit 
durch  vielerlei  Einschränkungen  selir  gehindert, 
bis  endlich  1842  allen  nicht  Holländischen  Mis- 
sionaren jegliche  Thätigkcit  in  den  Holländischen 
Besitzungen  untersagt  wurde.   So  blieb  nur  die 
llotterdamer  üesellschaft ,  die  seit  1820  in  Ba- 
Lavia  und  Umgegend  Arbeiter  hatte,  in  Thätig- 
kcit. Diese  erhielt  jedoch  erst  nach  der  Visita- 
tionsreise des  Inspektors  einen  neuen  Aufschwung. 
Samarang  wurde  Missions-Station  und  es  wurde 
ein  zweites,  durch  die  gesegnete  Wirksamkeit 
des  Uhrmachers  Emde  in  Surabaya  in  seltener 
Weise  vorbereitetes  Feld  in  Angriff  genommen. 
Modjo  Warno  ist  dort  das  Centrum,  von  wo  aus 
sich  die  Mission  auch  nach  Kediri  und  Malang 
ausbreitete  ***). 

1851  bildete  sich  in  Batavia  selbst  ein  Verein 


*)  Zu  Tugu  ist  aus  alter  Zoit  eine  Portuf^iosischc 
Gemeinde  iibrifi  geblieben. 

**)  Zuüatavia;  lotütero  spater  zu  Saniaraujj,  vorübcr- 
^eliond  iu  Salatiga. 

***)  Wir  übergelieu  liier  die  neueren  Vorgiiuge  in  der 
gcnauuten  Gesollscliaft,  die  auch  auf  ihre  Mission  auf 
Java  nicht  ohne  Rückwirkung  blieben.  Darüber  sehe  man 
die  Bemerkungen  zu  der  Liste  sämmtliehcr  Missions- 
Qcsellschaftcn,  die  am  Schlüsse  folgen  soll. 


für  Innere  und  Äussere  Missi,on ,  dem  sich  als 
Holländische  Abtheilung  das  Java  -  Comite  zu 
Amsterdam  anschloss.  Derselbe  wirkt  in  Batavia 
und  Umgegend ,  namentlich  unter  Malaien  und 
Chinesen,  und  nahm  mehrere  Gossner'sche  Brü- 
der in  seinen  Dienst.  Seit  1854  begann  der 
mennonitische  Missions  -  Verein  zu  Amsterdam 
(Doopsgezinde  Vereeniging)  sein  Werk  zu  Dja- 
para,  während  die  1858  gegründete  Nederl. 
Zendingsvereeniging  insbesondere  die  Sundaue- 
sen  in's  Auge  gefasst  hat,  denen  sie  vor  allen 
Dingen  eine  Bibel-Ubersetzung  in  ihrer  Sprache 
zu  liefern  bemüht  ist;  zu  Cheribon  uud  ludra- 
maju  aber  wirkt  sie  vorzugsweise  uuter  Chinesen. 

Endlich  hat  auch  die  Nederl.  Gereformeerdo 
Zendingsvereeniging  auf  Java  ihr  Feld  gefunden, 
zu  Tagal  (die  Station  wird  Klein  -  Bethesda  ge- 
nannt), wozu  nun  auch  Purbolingo  in  Banjumas 
gekommen  ist,  während  ihre  bisher  zu  Ungaraug 
bestehende  Station  jetzt  nach  Samarang  verlegt 
wird. 

Die  Utrecht'sche  Mission  hat  nach  mancher- 
lei Schwierigkeiten  in  neuester  Zeit  die  Missions- 
Arbeit  auf  dem  benachbarten  Bali  in  Angriff 
genommen,  wo  grösstentheils  noch  der  Buddhis- 
mus licrrscht. 

Alle  diese  Bestrebungen ,  die  grösstentheils 
noch  zu  jung  sind ,  um  ausgedehntere  Erfolge 
darzubieten,  berechtigen  doch  zu  der  Hoftuung, 
dass  auch  auf  Java  die  lange  Versäumniss  der 
Missionssache  wieder  gut  gemacht  werden  wird; 
denn  Holland  hat  angefangen,  die  schwere  Ver- 
nachlässigung seines  besten  Kleinodes  einzusehen. 
Seitens  der  Regierung  freilieh  wird  die  Mission 
immer  noch  wenig  unterstützt,  oft  sogar  be- 
schi'änkt,  während  sie  sich  von  humanistisclien 
Bestrebungen  mehr  zu  versprechen  scheint.  Da- 
hin ist  ein  neuerlichst  gegründetes  Seminar  zur 
Ausbildung  inländischer  Lehrer  zu  Bandong  zu 
rechnen,  an  dessen  Sintze  ein  Mann  steht,  der 
mit  unermüdlichem  Eifer  für  die  Hebung  der 
Sundauescu  auf  rein  liumanistischem  Wege  ar- 
beitet. Schliesslich  werden  aber  auch  solche 
Unternehmungen  doch  dem  Ileiclie  Gottes  mit 
dienen  müssen. 


GOTHA  .IL'STl'S  PKKTHKS. 


l 


22.  Boriieo. 


Bornoo,  die  zweilgröasle  luscl  der  gauzuii 
Erde,  trügt  ihren  Naiueu  bei  den  Eiiropiieru  nach 
dem  jetzt  Bruuoi  gcuannieii,  auf  der  Nordwest- 
«eite  gelegenen  Reiche,  während  sie  auf  Ma- 
laiisch Tanna  Kalarnatan  (K'lema(an)  heisst.  Sie 
besteht  aus  einem  bisher  noch  wenig  erforschten 
Hochlande,  das  sich  an  markirto  Gebirgszüge 
anlehnt,  welche  von  einem  Kern  in  der  Mitte 
nach  verschiedenen  Richtungen  streichen.  Wilre 
<li(!ses  Bergland  überall  von  einem  glcichmässi- 
gen  Alluvialrandc  umgeben,  so  würde  die  Insel 
eine  verzweigtere  Gestalt,  hie  und  da  mit  tief 
einschneidenden  Buchten ,  darstellen.  Letztere 
sind  jedoch  durch  Flachland  ausgefüllt,  durch- 
strömt von  mächtigen  Flüssen,  die,  in  der  Regen- 
zeit übertretend,  die  ganze  Gegend  weit  und 
breit  unter  Wasser  setzen.  Dadurch  ist  die  ge- 
ringe Bevölkerung  des  Landes  bedingt,  die  sich 
in  diesen  Theilen  lediglich  an  den  Flussufern 
niedergelassen  hat,  während  weiter  nach  innen 
nur  dichter  Urwald  gefunden  wird.  Auch  an 
den  breiten  Flüssen  ist  derselbe  nur  den  auf 
liühen  rtahlen  gebauten  Kampongs  (Dörfern)  und 
einigen  Reisfeldern  gewichen.  Grosse  Strecken 
weit  aber  beschattet  auch  dort  üppige  Wildniss 
die  Ränder  der  Wassermasse,  welche  die  ein- 
zige Strasse  zur  Verbindung  der  menschlichen 
Wohnsitze  darbietet. 

Die  Bewohner  Borneo's  werden  als  Dayak 
bezeichnet,  eine  gemeinsame  Benennung,  welche 
die  verschiedenen  Stämme  umfasst,  die  sich  als 
Ngadju*),  Ot-Danom  &c.  bezeichnen,  von  denen 
noch  nicht  ausgemacht  ist,  ob  sie  alle  ethno- 
grai)hisch  zusammen  gehören.    Sehr  fraglich  ist  j 
diess  bezüglich  der  im  Innern  auf  sehr  niedriger  j 
Kulturstufe  stehenden  Orang  -  Ot ,  die  man  zu-  ' 
weilen  für  Papuas  gehalten  hat.  Überwiegend 
sind  aber  die  eigcnthümlichen  Bewohner  Bor- 
neo's jedenfalls  verwandt  mit  den  Alifuren  auf  | 

*)  Woraus  die  Europäer  Biadju  gemacht  haben. 
Grundeniann :  Miasionsatlm.    II,  6. 


Celebes,  den  Bataken  auf  Sumatra  &c.  Frei 
leben  sie  nur  im  Iimern  der  Insel.  Die  Küsten- 
striche sind  meistentheils  von  eingewanderten 
inuhammedanischcn  Malaien  eingenommen ,  die 
eine  ganze  Reihe  von  kleineu  Staaten  bilden, 
jetzt  unter  Botmässigkeit  der  Holländer.  Letz- 
tere haben  seit  der  Mitte  des  17.  Jahrhunderts 
auf  Borneo  Fuss  gcfasst  und  dasselbe,  mit  Aus- 
nahme der  nördlichen  und  nordwestlichen  Ge- 
biete, allmählich  ihrem  Kolonialbesitze  zugefügt. 
Die  Eintheilung  scheidet  die  beiden  Resideutien : 
Wester  Afdeeling  und  Zuider  en  Oester  Af- 
deeling.  In  der  erstei'en,  namentlich  um  Sam- 
bas,  bilden  eingewanderte  Chinesen,  die  ursprüng- 
lich als  Goldwäschcr  gekommen  waren,  einen 
beträchtlichen  Bruchtheil  der  Bevölkerung  (über 
20,000).  In  der  letzteren  sind  mehrere  der 
kleinen  Staaten  von  Bugiiiesen  von  Celebes  be- 
völkert, die  mit  yVrabern  auch  in  anderen  Theilen 
der  Insel  als  Kolonisten  vorkommen  und  wie 
diese  Muhammedauer  sind.  Die  Zahl  der  auf 
Borneo  lebenden  Eurojjäer  ist  sehr  gering  (1857 
260). 

Die  Mission  hat  erst  vor  30  Jahren  auf  Bor- 
neo ihre  Anfänge  gemacht,  abgesehen  von  einer 
vorübergehenden  katholischen  Mission  in  Bandjer- 
massin  zu  Ende  des  17.  Jahi'hunderts.  1835 
begann  dort  die  Rheinische  Missions-Gesellschaft, 
fand  aber  unter  der  rauhammedanischen  Bevölke- 
rung einen  wenig  günstigen  Boden,  so  dass  ihre 
Wirksamkeit  bald  überwiegend  den  Dayaken  von 
Pulopetak  zugewendet  wurde,  unter  denen  der 
letzte  der  Hallischeu  Missionare  (Berger)  um 
jene  Zeit  schon  eine  Station  gegründet  hatte, 
mit  der  er  später  selbst  in  den  Dienst  der  ge- 
nannten Gesellschaft  übertrat.  Von  dort  aus 
dehnte  sich  die  Thätigkeit  allmählich  nach  dem 
Kahayan  so  wie  nach  dem  nördlichen  Sihong 
und  Patei  aus.  Die  Erfolge  waren  langsam,  doch 
gab  es  auf  allen  Stationen  schon  kleine  Gemein- 
den, als  der  bekannte  Aufstand  von  1859  das 

35 


ganze  Werk  zerstörte,  wobei  siebeu  Personen 
aus  den  Missions -Familien  als  Mäi'tyrer  fielen. 
Seitdem  hielt  die  Rheinische  Mission  durch  einige 
ihrer  Missionare  den  Posten  zu  Bandjermasing 
iu   zuwartender  Stellung,  wiihrcnd  die  übrigen 

I 

nach  Sumatra  übersiedelten  (vgl.  No.  20).  Erst  I 
in  neuester  Zeit  hat  die  liegierung  die  Wieder- 
auJ'nahme  einer  Station  in  Kwala  Kapuas  ge- 
stattet, wo  die  llesle  der  zerstörten  Gemeinden 
gesammelt  sind.  An  einigen  anderen  Orten  sind 
vorläulig  nur  eingcborne  Lehrer  thätig. 

In  den  westlichen  Gebieten  arbeitete  der 
Amerikanische  Board  seit  1839  vorzüglich  unter 
den  Chinesen  zu  Sambas,  Poutianak  und  Mon- 
tradü.  Nur  zu  Karangan  wurden  Anfänge  unter 
den  Dayaken  gemacht;  1850  jedoch  gab  man 
das  Feld  wegen  geringen  Erfolges  auf. 

Das  früher  zu  Brunei  gehörige  Saräwak  ge- 
hört seit  1841   dem  Engländer  J.  Brooke,  der 


sich  hier  zum  liadja  emporzuschwingen  gewusst 
und   sich  mit   seinem   Lande  unter  Britischen 
Schutz  gestellt  hat.  Unmittelbar  Britisch  ist  das 
Inselchen  Labuan,  wo  eine  Kohlen  -  Station  er- 
richtet wurde.  Fiir  diese  Kolonie  ist  seit  1855 
ein  eigener  Bischof  angestellt,  der  aber  zu  Sa- 
räwak seinen  Sitz  hat,  wo  er  schon  seit  1848 
als   Missionar  unter  den  Dayaken  thätig  war. 
I  Diese  Mission  hat  sehr  guten  Fortgang  und  zählt 
bereits  auf  den  sieben  angegebenen  Stationen 
1683    Bekehrte    aus   verschiedenen  Stämmen. 
Darunter  sind  iu  Saräwak  selbst  auch  Chinesen. 
Das  Werk  wurde  früher  von  einer  eigenen  Ge- 
sellschaft getrieben,  hat  sich  aber  nachher  an 
die  Ausbreitungs-Geselischaft  angeschlossen. 
Endlich  haben  wir    noch  der  katholischen 
}  Mission  auf  Labuan  zu  erwähnen ,  die  auch  in 
I  der  Stadt  Brunei  eine  Station  haben  soll. 


Berichtigung. 


Paiigko  sollte  aul  dum  i echten  TItei  iles  Kuliajaii  liegen,  üi  derselben  Höhe,  wo  es  die  Karte  jetzt  auf  dem 
linken  zeigt. 


&OTHA  :  JUSTUS  PERTHES. 


N«.  23.  Celebes  und  die 

(Vergl.  pjrläutcrung 

Unter  dwi  grossen  Sunda-Tnsolii  zcifthiiot  sich  ; 
Celebes  durch  seine  sonderbare  Gestalt  aus,  hat  j 
aber  mit  Borneo  dem  ganzen  Baue  nach  grosse  j 
Ähnlichkeit.  Hier  wie  dort  nämlich  laufen  von  | 
einem  Knotenpunkte  aus  Gebirgszüge  nach  vor-  ; 
schiedenen  Richtungen,  zwischen  denen  sich  auf 
Borneo  grosse ,  zum  Thcil  noch  sehr  sumpfige  j 
Flachländer  gebildet  haben,  während  auf  Celebes 
di(!se  Bildung  noch  bevorzustehen  scheint.  Die 
Meerbusen,  welche  die  von  den  erwähnten  Ge- 
birgszügen gebildeten  Landzungen  trennen,  sollen 
nämlich  allmählich  au  Tiefe  verlieren.  Das  In- 
nere der  Insel  ist  noch  sehr  wenig  ertbi'scht. 
Die  Gebirge,  die,  zum  Theil  schroffe  Küsten  bil- 
dend, bis  au's  Meer  vordringen,  zum  Theil  aber 
mit  einem  flacheren  Streifen  umgeben  sind,  haben 
ausgedehnte  Wälder;  doch  finden  sich  auch  die 
sonst  auf  diesen  Inseln  selteneren  Wcidegründe. 
Die  Bevölkerung  ist  sehr  dünn*)  und  concen- 
trirt  sich  am  meisten  auf  der  südwestlichen  inid 
der  nördlichen  Halbinsel.  Die  erstere  (siehe  den 
mittleren  Carton  links)  wird  von  zwei  Stämmen 
bewohnt,  die  mit  den  Bataken  auf  Sumatra  und 
den  Daj'^aken  auf  Borneo  gleicher  Abkunft  sind: 
Makassaren  und  Bugis  (Buginesen).  Beide  haben 
ihre  von  einander  ziemlich  abweichenden,  wohl- 
lautenden S])rachen  und  stehen  auf  nicht  gerin- 
ger Kulturstufe ;  sie  waren  aber  noch  lange  Zeit 
nach  dem  ersten  Besuche  der  Portugiesen  (152.'j) 
Heiden.  Erst  im  Laufe  der  ersten  Hälfte  des 
17.  Jahrhunderts  nahmen  sie  den  Islam  an,  zu 
dessen  Ausbreitung  die  letzteren  viel  beigetragen 
haben,  da  sie,  ein  seefahrendes  und  handels- 
lustiges Volk,  sich  ähnlich  wie  die  Malaien  durch 

*)  Gewöhnlich,  aber  unsiclier,  auf  3  Millionen  ge- 
scliätzt.  Wäre  Celebes  bevölkert  wie  Java,  so  würde  es 
1.5  Millionen  zählen. 

Gnindpmann  :  Mi.t.iionsatlas.   II,  G. 


Residentschat't  Ternate. 

/u  Asien,  No.  17.) 

den  ganzen  Archipel  verbreiten  und  von  Aljin 
bis  Neu-Guinea  auf  allen  bemerkenswerthen  In- 
seln Ansiedelungen  gegründet  haben ,  die  mi) 
dem  Mutterlande  in  regem  Verkehr  sü^hen. 

Dort  wie  unter  den  Makassarcsn  ist  jetzt  der 
Islam  neben  sehr  bedeutenden  heidnischen  Re- 
sten*) fest  eingewurzelt.  Das  einst  mächtige 
Reich  von  Makassar  ist  sehr  gesunken,  seitdem  es 
sich  der  Holländischen  Macht  unterwerfen  musste 
(1669).  Es  herrscht  dort  eini'  Art  Lehnswesen, 
durch  welches  das  Land  in  viele  kleine  Fürsten- 
thümer  zersplittert  ist,  in  denen  die  Edlen  (iin 
schwelgerisches  Leben  tührcn .  während  das 
grossentheils  leibeigene  Volk  durch  Wollust, 
Spiel  und  Opium  sehr  entsittlicht  ist.  An  einigen 
Orten  giebt  es  schon  lange  kloine  christliche 
(«cmeinden,  die  aber  jetzt  sehr  verkommen  sind. 

Seit  1847  Hess  die  Niederländische;  Bibel- 
Gesellschaft  eine  Makassarische  Übersetzung 
durch  den  an  Ort  und  Stelle  gesandten  Dr.  Matthes 
anfertigen,  auf  dessen  Anregung  die  Niederlän- 
dische Mis.sions-(iesellschaft  (Zendelinggenoot- 
schap)  1852  dort  eine  Mi.ssion  zu  Bonthain  und 
Bulekomba  begann,  die  aber  1864  mit  dem  Tode 
des  zuletzt  allein  gebliebenen  Goudswaard  ihr 
Ende  fand,  ohne  bis  jetzt  (n-neuert  zu  werden. 

Gossner'sche  Brüder  wirkten  in  Makassar 
selbst  unter  manchen  Beschränkungen,  bis  sie 
18.'j8  wegen  politischer  Verhältnis.sc  ihre  Schule 
zu  schliessen  angehalten  wurden. 

Von  den  anderen  Theilen  von  Celebes  deuten 
wir  nur  an,  dass  die  Küsten  hie  und  da  mit 
kleinen  Malaiischen,  rcsp.  Buginesischen  Reichen 
besetzt  sind,  mit  denen  das  Gouvernement  nur 

'')  Es  kommt  sopjav  hie  und  ila  noch  oll'onbarer  Uötzen- 
(lienst  vor. 

36 


laue  Verbindungen  unterhält  und  oft  nur  mit 
Mühe  den  bestimmten  Tribut  (z.  Th.  in  (lold-  , 
staub)  einziehen  kann ,  während  einzelne  sogar 
rechte  Schlupfwinkel  für  Seei'äuber  sind ,  alle 
aber  Sitze  des  Islam.  Im  unerforschten  Innern 
dagegen  leben  heidnische  Alifuren  (Alfuren), 
meist  noch  auf  niedriger  Kulturstufe.  Sie  sind 
ebenfalls  verwandt  mit  den  Bätaks  und  Dayaks, 
denen  sie  näher  stehen  als  die  oben  erwähnten 
Stämme.  Wir  lernen  sie  näher  kennen  in  dem 
interessantesten  Theile  von  Celebes  (vielleicht 
des  ganzen  Archipels),  der  Minahässa  von  Me- 
nado,  welche  den  äussersten  Theil  der  nördlichen 
Halbinsel  einnimmt  (siehe  den  oberen  Carton 
links).  Herrlich  ist  die  tropische  Landschaft.  Bis 
an's  Meer  drängen  sich  die  dicht  bewaldeten 
Berge,  die  immer  mehr  reichen  Kaffee*)-  und 
Kakao -Gärten  Platz  machen,  während  frische 
Reisfelder  die  von  klaren  Bächen  durchströmten 
Thäler  fiillen.  Von  fern  schauen  blaue  Gipfel 
herüber,  deren  einige  stets  durch  kräu.selnde 
Rauchsäulen  ihre  vulkanische  Thätigkeit  verkün- 
den, während  sich  zu  ihren  Füssen  Hochebenen 
mit  lachenden  Feldern  und  Pflanzungen  aus- 
dehnen. Ein  freies  Volk,  in  vielen  mit  einander 
verbündeten  Stämmen**),  lebte  hier  seit  Alters, 
das  schon  im  15.  Jahrhundert  die  Versuche  des 
andringenden  Islam  standhaft  abgewehrt  hatte, 
um  bei  seinem  hergebrachten  Dämonendienste  zu 
verharren.  Zu  Anfang  des  16.  Jahrhunderts 
gründeten  die  Portugiesen  eine  Niederlassung, 
(loch  gelang  es  ihnen  nie,  ihre  Herrschaft  über 
die  nächsten  Küstenplätze  hinaus  auszudehnen. 
Sie  versuchten  auch  eine  katholische  Mission, 
die  jedoch  nur  vorübergehend  und  ohne  blei- 
benden Erfolg  war.  Den  Holländern,  die  sich 
im  folgenden  Jahrhundert  hier  festsetzten,  ge- 
lang  eine;  weitere   Unterwerfung   des  Landes 

■)  Das  liiesige  Produkt  ist  in  neuester  Zeit  sclinell 
IjerüLnit  geworden  und  gilt  auf  dem  Jiuropäisclicn  Markt 
sclion  als  <lie  zweitbeste  aller  Sorte«. 

**)  Daher  der  Name  MinaLiissa  =  Bundosgenossen- 
scliaft;  früher  acliricb  man  Mcnahasse,  neuer! icbst  lindet 
man  Minabäsa. 


I  eben  so  wenig;  doch  schien  der  Erfolg  ihrer 
Geistliehen  grösser,  die  von  Java  aus  ab  und  zu 
die  Besitzungen  bereisten  und  bald  zu  Menado, 
Kema,  Amurang  und  Mogondo  (Mongondau)  einige 
hundert  Getaufte  zählten.  Leider  waren  dieselben 
dadurch  erzielt,  dass  sämmtlichen  unterworfeneu 
Häuptlingen  bei  Gelegenheit  solchen  Besuches 

!  aufgegeben  wurde,  je  nach  der  Kopfzahl  ihrer 
Dörfer  eine  Anzahl  Leute  zur  Taufe  zu  stellen. 
Missionar  Kam  fand  auf  seinen  Reisen  die  so 
entstandenen  Gemeinden  in  kläglicher  Lage. 
1822  wurde  ein  vorübergehender  Anfang  ge- 
macht; jedoch  erst  mit  Hellendoru  (1827)  be- 
gann die  eigentliche  Missionsarbeit,  für  die  nun, 
nachdem  die  sämmtlichen  Stämme  sich  den  Hol- 
ländern untergeordnet  hatten,  auch  die  inneren 
Landschaften  geöffnet  waren.  Als  Apostel  der 
Minahässa  verdienen  J.  G.  Schwai'z  und  J.  F. 
Riedel  (Schüler  Jänicke's)  genannt  zu  werden, 
die,  in  Einfalt  —  namentlich  der  letztere  in  der 
sehlichten  Weise  eines  Deutschen  Stundenhal- 
ters —  wirkend,  Schaaren  von  Alifuren  für  das 
Evangelium  gewonnen  haben.  Jener  wohnte  in 
Langowaug ,  dieser  in  Tondano ,  am  Ufer  des 
prächtigen  See's.  Seitdem  ist  das  Werk  schnell 
gewachsen  und  bildet  den  Kern  der  alten  Rotter- 
damer Mission.  Neben  den  angegebenen  eilf 
Hauptstationen,  auf  denen  Europäer  thätig  sind, 
unterhält  dieselbe  über  120  Schulen,  während 
eine  etwas  kleinere  Zahl  von  der  Regiennig 
unterhaltener  unter  Aufsicht  der  Missionare  steht. 
Nach  dem  letzten  Jahresbericht  hatten  die  Ge- 
meinden im  Laufe  eines  Jahres  durch  die  Taufe 
einen  Zuwachs  von  412  Erwachsenen  und  1S78 
Kindern  erhalten.  Die  Gesammtzahl  der  Christen 
beträgt  63,397,  die  der  Communikanten  12,21'.). 
Heiden  sind  unter  den  Alifuren  37,976,  Muham- 
mcdaner  2657,  Chinesen  1493.  Machen  sich  in 
den  jungen  (Jemeinden  nun  auch  immer  noch 
mancherlei  Mängel  fühlbar,  da  das  Volk  von 
Natur  dem  Müssiggang  und  Trunk  ergeben,  sinu- 
lich  und  sehr  reizbar  ist  &c.,  so  zeigt  doch  ein 
Blick  auf  die  gedeihenden  Gärten  und  Felder, 


so  wie  auf  die  freuudlicheu  Dörfer  mit  ihreu 
von  immer  blühenden  Eoseuheckeu  umgebeneu 
weissen  Häuschen  —  in  deren  Mitte  das  schlichte 
Kirchlein  nicht  fehlt  — ,  dass  hier  ein  tiefgrei- 
fender Umschwung  vor  sich  gegangen  ist. 

Südwestlich  von  der  Minahüssa  liegt  das 
Eeich  holäang  Mongoudau,  dessen  Fürst  jetzt 
nahe  daran  ist,  Muhammedaner  zu  werden,  wäh- 
rend das  Volk,  40, 000  Seeleu  stark,  mit  gerin- 
gen Ausnahmen  noch  im  Heidenthume  verharrt. 
Doi'thin  drängt  die  Mission  sich  auszubreiten 
und  die  Gründung  einer  Station  ist  in  Vorbe- 
reitung. 

Nördlich  von  hier  liegen  die  Saugir  -  Inseln 
(Cartou  oben  rechts),  die  im  IB.  Jahrhundert, 
als  eben  erst  der  Islam  auf  sie  einzudringen 
anling,  von  den  Portugiesen  christianisirt  wurden. 
Als  später  die  Holländer  auch  hier  die  Hei-r- 
schaft  gewonnen  hatten,  verfuhren  die  rundrei- 
senden Prediger  der  Compagnie  ähnlich  wie  in 
der  Minahässa.  Jedoch  politisch  vernachlässigt, 
waren  die  Gemeinden  auch  kirchlich  noch  mehr 
als  dort  in  Verfall  gerathen.  Zum  Thcil  waren 
sie  schliesslich  doch  Muhammedaner  geworden; 
andere ,  bei  weniger  christlichen  Fonnen ,  nicht 
besser  als  Heiden.  Hierher  lenkten  sich  beson- 
ders die  Bestrebungen  des  Dom.  Heldring,  der 
zusammen  mit  Gossner  mehrere  Brüder  dorthin 
sandte,  die  noch  auf  dem  harten  Acker  in  treuer 
Arbeit  stehen.  Ähnlich  verhält  es  sich  mit  den 
Talaut  -  Inseln,  zu  denen  von  der  Missions -Ge- 
meinde zu  Ermelo  in  Holland  (Dom.  Witteween) 
zwei  Brüder  geschickt  sind  und  noch  dort  unter- 
halten werden. 

Weiter  zeigt  uusere  Karte  noch  die  wenig 
bekannte,  ebenfalls  von  Alifureu  bewohnte  Insel 
Djilolo,  von  den  Ternatanen  Almaheira  genannt, 
die  zur  R^ideutschaft  Ternate  unter  dem  Gou- 
vernement der  Molukken  gehört.  Erst  in  neue- 
ster Zeit  hat  der  Utreeht'sche  Missions  -  Verein 


dort  eine  Missious-Statiou  zu  Galeki  gegründet, 
mit  der  ökonomische  Versuche  in  Dokolamo  ver- 
bunden sind.  Für  eine  zweite  Station  ist  Popilo 
I  in  Aussicht  genommen.  Die  Verbindung  mit  den 
j  Missionaren  wird  über  Ternate  unterhalten,  eben 
!  so  wie  nach  Neu-Guinea ,  das  deshalb ,  so  weit 
j  es  für's  Erste  der  Mission  wegen  in  Betracht 
'  kommt,  ebenfalls  auf  vorliegendem  Blatte  zur 
Darstellung  gebracht  ist  (Carton  unten  links). 

Dieses  Land  gehört  zu  den  bisher  von  Eu- 
ropäern am  wenigsten  besuchten.  Grosse  Küsten- 
strecken desselben  hatten  im  Laufe  der  letzten 
200  Jahre  kein  einziges  Europäisches  Schiff  ge- 
sehen, bis  sie  in  neuester  Zeit  eine  Holländi- 
sche Expedition  aufsuchte.  In's  Innere  vorzudrin- 
gen, ist  überhaupt  noch  nicht  gelungen.  Es  gilt 
als  Holländisches  Gebiet,  doch  beschränken  sich 
die  Beziehungen  auf  die  durch  den  Sultan  von 
Tidore  unterhaltenen  Verbindungen  mit  der  Küste 
von  Neu-Guinea,  die  früher  durch  die  Sklaven- 
jachden  seiner  berüchtigten  Hongi- Flotte  sehr 
verderblich  waren  und  auch  jetzt  wohl  nicht  den 
besten  Einfluss  üben.  ])urch  dieselben  hat  der 
Islam  hie  und  da  an  den  Küstenplätzen  bereits 
Grund  gewonnen.  —  Die  Einwohner,  Papuas,  ge- 
hören zu  den  rohesten  und  wildesten  aller  jetzigen 
Völker.  An  das  schwere  Werk,  unter  ihnen  das 
Evangelium  zu  pÜanzen,  machten  sich  zuerst 
zwei  Gossner'sche  Brüder  (1855),  die  mit  grosser 
Ausdauer  unter  den  äussersten  Schwierigkeiten 
aushielten,  wobei  ihnen  die  Holländische  Eegie- 
rung  einige  Unterstützung  gewährte.  Vor  einigen 
Jahren  hat  sich  der  Utreeht'sche  Missions-Verein 
des  Werkes  angenommen  und  Arbeiter  (zum 
!  Theil  ebenfalls  durch  die  Gossner'sche  Mission 
vermittelt)  dorthin  gesandt,  so  dass  jetzt  bereits 
'  die  vier  angegebenen  Stationen :  Doreh  (Dorey), 
Mansinama  (Dorf  auf  der  kleinen  Insel  Manas- 
wari),  Meoswar  und  Ron  (Röhn,  Rhun),  gegrün- 
det sind. 


24.  Die  mittleren  und  siidlichen  Molukken  nebst  Timor  und 
den  benachbarten  Inseln. 


Seit  der  Entdeckung  des  Seeweges  nach  Ost- 
Indien  wurden  die  Molukken  durch  ihren  Ge- 
würzreichthum ein  besonderer  Anziehungspunkt 
für  die  seefahrenden  Nationen  Europa's.  Zu 
Anfang  des  16.  Jahrhunderts  bemächtigten  sich 
die  Portugiesen  dieser  Inseln,  deren  Bewohner, 
meist  Alifuren,  sie  noch  wenig  von  dem  Islam 
berührt  fanden,  welcher  in  den  westlichen  Thai- 
len des  Archipels  bereits  zur  Herrschaft  gelangt 
war.  Die  Heiden  wurden,  so  weit  möglich,  zum 
Christenthum  bekehi't  und  die  Inquisition  (von 
Goa  aus)  wusste  ihre  Mittel  anzuwenden,  um 
den  neuen  Glauben  aufrecht  zu  erhalten.  Diese 
mit  Gewalt  herbeigeführte  schnelle  Umwandlung 
hat  dem  Christennamen  in  jenen  Gewässern  und 
im  ganzen  Archipel  unauslöschliche  Schandmale 
aufgebrannt,  die  bis  jetzt  der  christlichen  Mis- 
sion dort  die  grösste  Schwierigkeit  bereiten  und 
sicherlich  auch  mit  beitragen,  der  muhammeda- 
nischen  Mission  manchen  Vorschub  zu  leisten. 
In  jener  Portugiesischen  Zeit  gab  es  gute  Chri- 
sten, die  als  eben  so  tüchtige  Kopsneller  bekannt 
waren,  und  irgendwo  soll  die  Sitte,  an  der  Brühe 
gekochter  Feindesköpfe  sich  Kraft  zu  trinken, 
auch  unter  den  Christen  fortbestanden  haben. 
Das  Schicksal  dieser  Bekehrungen  traf  jedoch 
nur  die  Punkte,  an  denen  die  Portugiesen  Nie- 
derlassungen und  Forts  gründeten ;  somit  wurden 
auf  den  grösseren  Inseln,  wie  etwa  Ceram,  Buru, 
nur  die  äusseren  Ränder  der  Bevölkerung  be- 
rührt. Die  Stämme,  welche  zwischen  den  wal- 
digen Bergen  des  Inneren  wohnen,  sind  bis  auf 
den  heutigen  Tag  in  ihrem  alten  Heidenthum 
geblieben,  andere  kleinere  a,ber,  wie  Amboina 
und  Banda,  waren  alsbald  völlig  zu  jenem  Na- 
menchristenthum hinübergezogen.  Jene  erst- 
genannten bieten  ein  weites,  dringend  zur  Ar- 

Gnindemann  :  ilisiionsaHas.  11,6. 


!  beit  aufforderndes  Missions  -  Gebiet  dar.  —  Die 
\  Portugiesen  hatten  sich  mit  jenem  Verfahren 
j  keineswegs  die  Herzen  gewonnen.  Da  sie  aus- 
serdem eine  drückende  Tyrannei  über  die  Ein- 
geborneu  ausübten,  so  waren  diese  froh,  in  den 
Holländern,  die  zu  Anfang  des  17.  Jahrhunderts 
sich  bei  diesen  Inseln  öfters  zeigten,  ihre  Retter 
herbeirufen  zu  können,  die  nach  der  Erobei-ung 
Amboina's  die  Herrschaft  an  sich  brachten. 
Diese  setzten  an  Stelle  des  katholischen  alsbald 
das  reformirte  Bekenntniss,  ein  Unterschied,  von 
dem  die  Eingebornen  sehr  wenig  verstanden. 
Eine  höchst  unzureichende  Anzahl  Geistlicher 
sollte  für  die  geistlichen  Bedürfnisse  der  aus- 
gedehnten und  weit  vertheilten  Gemeinden  sor- 
gen, deren  Sprache  sie  nicht  verstanden,  wofür 
das  Malaiische  mit  seiner  im  gelehrten  Styl  ab- 
gefassteu  Bibelübersetzung  wenig  Ersatz  bot,  da 
schon  das  Vulgär-Malaiisch  vielen  jener  Christen 
unverständlich  blieb.  Auch  die  Holländer  wussten 
sich  im  Übrigen  eben  so  wenig  wie  ihre  Vor- 
gänger die  Liebe  ihrer  Untergebenen  zu  gewin- 
nen. Vielmehr  hat  auch  von  ihnen  die  Geschichte 
Züge  kaum  glaublicher  Grausamkeit  zu  berichten. 
Dadurch  wurde  das  Christenthum  natürlich  wenig 
gefördert,  bürgerte  sich  aber  im  Laufe  der  Zeiten 
als  etwas  Gewohnheitsmässiges  ein ,  zumal  da 
mit  demselben  gewisse  äussere  Vortheile  ver- 
I  knüpft  waren. 

So  gingen  zwei  Jahrliunderte  hin ,  während 
deren  der  Islam ,  still  wirkend ,  einen  Posten 
nach  dem  andern  zu  erobern  wusste  (namentlich 
\  durch  die  Küsten-Ansiedelungen  der  Malaien  und 
Buginesen),  und  jetzt  zählt  er  auf  manchen  In- 
j  sein  eben  so  starke  Gemeinden  wie  die  christ- 
lichen, während  er  die  letzteren  auf  anderen 
übertrifft.   Seine  Bekeluteu  fand  er  sowohl  aus 

37 


den  Heiden  als  aus  deu  Nameuehristeü.  —  Erst 
mit  1815  begann  hier  eine  Belebung  der  evan- 
gelischeu Mission  durch  den  rastlosen  Eifer  Jos. 
Kam's,  der,  wenn  er  auch  oft  etwas  zu  sangui- 
nisch verfuhr,  doch  18  Jahre  hindurch,  mau 
kann  sagen,  eine  apostolische  Thätigkeit  entfal- 
tete. Er  stand  im  Dienste  der  Regierung,  war  | 
aber  Missionar  der  llotterdamer  Missions-Gesell-  j 
sehaft  (Zeudeliuggenootschap),  die  ihm  eine  Reihe 
von  Arbeitern  nachsandte,  welche  zum  Theil 
von  Amboina  aus  auf  Kundreisen  die  zerstreuten 
Gemeinden  regelmässiger  besuchten ,  zum  Theil 
sich  auf  einzelnen  Inseln  niederliessen,  z.  B.  auf 
Buru,  Ceram,  den  Uliassers  (d.  i.  Haruku,  Sapa- 
rua,  Nusalaut),  Letti,  Moa,  Kisser.  Letzteres  ge- 
schah jedoch  oft  nur  für  einige  Jahre,  indem  man- 
cherlei Schwierigkeiten  die  Aufhebung  solcher 
Stationen  veranlassten  und  die  Thätigkeit  in 
diesen  Gemeinden  wieder  auf  einzelne  Besuche 
beschränkten.  Eine  anhaltendere  Missions-Thä- 
tigkeit  fand  zu  Knpaug  auf  Timor  und  dem  be-  t 
nachbarten  Kotti  Statt.  Am  erstgenannten  Orte 
ist  ein  früherer  Missionar  der  genannten  Gesell- 
schaft jetzt  als  Regierungs-Hülfsprediger  zugleich  j 
für  die  Mission  thätig,  auf  Rotti  der  (rossner'- 
sche  Bruder  Pape. 

Das  Ceutrum  der  Mission  in  diesem  Theile 


des  Archipels  war  immer  Amboina.  Dort  er- 
richtete die  Rotterdamer  Gesellschaft  eine  Reihe 
von  Stationen  und  ein  Seminar  zur  Ausbilduug 
inländischer  Lehrer.  In  deu  letzten  Jahren  aber 
sind  diese  Anstalten  so  wie  die  Stationen  auf 
deu  benachbarten  Inseln  (Ceram,  Uliassers)  von 
jener  Mission  losgetrennt  und  unter  die  prote- 
stantische Kirchenverwaltung  zu  Batavia  ge- 
stellt worden ,  da  die  Gesellschaft  ihre  Kräfte 
mehr  concentrii'en  zu  müssen  meint.  Die  Mis- 
sionare sind  vorläufig  noch  in  ihrer  Thätigkeit 
und  wir  haben  die  betreffenden  Orte  angedeutet. 
Die  Regelung  dieser  Verhältnisse  Seitens  der 
Regierung  ist  noch  nicht  erfolgt. 

So  kommen  wir  denn  zu  dem  traurigen 
Schluss ,  dass  diese  heri'lichen  Inseln  mit  ihrer 
majestätischen  und  doch  üppigen  Natur,  mit 
ihren  Tauseuden  von  Namenchristen,  die  so  sehr 
der  evangelischen  Leitung  bedürfen,  und  mit  ihren 
hie  und  da  10-  bis  20,000  Seelen  zählenden 
heidnischen  Völkern,  die  mit  jedem  Jahre  dem 
Muhammedanismus  mehr  und  mehr  in  die 
Hände  zu  fallen  drohen,  nach  einer  Zeit  regerer 
Missions  -  Thätigkeit  jetzt  wieder  stark  vernach- 
lässigt werden.  Gott  gebe,  dass  die  Sache  seines 
Reiches  auch  hier  bald  wieder  aufs  Neue  und 
nachhaltiger  belebt  werde! 


UND  JAPA 


mUtjvm^al  Sauptstadi 

oDürtrirt 

i  Geöffnete  Handeis  Bä^n 


(Jtau 
tzng 


GOTllA 


Mis  S  i  orien 

\Erangelische 

He  Zahlen  Yvwtistn  tu^/J 

djf  TabeÖe.  " 


5  PERTHES 


lONGKONU 


W.  25.  Asien. 


China  und  Japan. 


China  (richtiger  Tschina),  von  seinen  Bewoh- 
nern das  „Reich  der  Mitte"  genannt,  hatte  sich 
his  vor  Kurzem  im  stolzen  Selbstgefühl,  das 
seine  uralte  Kultur  ihm  verlieh,  schroff  abge- 
schlossen gegen  alle  Einflüsse  christlicher  Na- 
tionen, die  ihm  nur  als  Barbaren  des  Westens 
erschienen.  In  Bezug  auf  diess  ausgedehnte  Reich, 
dessen  Fläche  die  Europa's  um  Bedeutendes  über- 
trifft, während  es  fast  ein  Drittheil  sämmtlicher 
Erdbewohner  umfasst,  musste  daher  unsere 
Kenntniss  sehr  beschränkt  bleiben.  Die  Vor- 
stellungen, die  wir  uns  davon  zu  machen  pflegen, 
liegen  der  Wirklichkeit  oft  um  so  ferner,  als 
die  über  einzelne  Theile  gelieferte  Schilderungen 
auf  das  Ganze  übertragen  worden  sind,  wodurch 
Unrichtigkeiten  veranlasst  wurden,  wie  sie  etwa 
bei  Anwendung  einer  Beschreibung  Spanischer 
Zustände  auf  ganz  Europa,  also  z.  B.  auch  auf 
Russische  Verhältnisse,  der  Pall  sein  würden. 
Immerhin  hat  das  Chinesische  Regierungssystem 
Jahrtausende  hindurch  viele  Unterschiede  jenes 
grossen  Völkerkomplexes  erfolgreich  zu  nivelliren 
gewusst.  In  einem  Reiche  jedoch,  das  einerseits 
die  Tropen-Zone  erreicht,  während  andei'e  seiner  \ 
Gebiete  dem  nordischen  Klima  nahe  kommen, 
bleiben  Verschiedenheiten  genug,  die  ein  ein- 
heitliches Urtheil  auch  über  das  Volksleben  sehr 
beschränken  müssen*). 

Dennoch  giebt  es  Vieles,  was  allen  Chinesen  ! 
in  den  18  Provinzen  gemeinsam  ist.  Die  Masse  ! 
der  Bevölkerung  lebt  vom  Ackerbau.    Die  aus-  ' 
gedehnte   Industrie    mit   ihren  bewunderungs- 
würdigen Erfindungen  findet  sich   im  ganzen 
Reiche.  Dieselbe  Schriftsprache  bildet  das  Ver- 
kehrsmittel für  die  Gelehrten  in  allen  Gegenden, 
während  die  Volksdialekte   doch  so  weit  ab- 

*)  Daher  muss  man  vorsichtig  sein,  ivenn  man  etwa 
das  Elend  des  Chinesischen  Heidenthums  durch  Einzeln- 
heiten illustriren  will.  Es  ist  eine  grohe  Unwahrheit, 
wenn  man  den  Kindermord  als  charakterische  Illustration 
für  ganz  China  anführt.  Derselbe  kommt  nur  in  be- 
schränkten Gebieten  und  beschränkt  durch  Zeit-  und  an- 
dere Verhältnisse  vor. 

Grandemann  :  Mitaioniailas.  II,  7. 


weichen,  dass  ein  ungebildeter  Mann  von  Amoy 
etwa  in  Futschan  so  wenig  als  in  Kwang  tung 
(Canton)  sich  verständlich  machen  kann*).  Die 
Religion,  wie  sie  im  Volksleben  zur  Erscheinung 
kommt,  ist  überall  die  gleiche,  wenn  sie  auch 
aus  sehr  verschiedenen  Quellen  entsprungen  ist. 
Koug-fu-tsz  (Confucius)  war  es  (im  6.  Jahrhun- 
dert vor  Chr.),  der  die  alte  Verehrung  der  Geister 
und  Dämonen  nicht  verdrängte,  aber  ihr  nur 
eine  beschränkte  Stellung  in  seinem  rationali- 
stisch-moralischen System  gewährte.  Neben  die- 
sem hat  der  wenig  jüngere  Täuismus  (Taismus) 
des  Lau  tsz  (Lao  tse)  nicht  in  so  weitem  Maasse 
Eingang  gefunden.  Die  Anhänger  desselben, 
einem  groben  Mysticismus  ergeben ,  leben  in 
Klöstern  und  als  Einsiedler.  Sie  sind  als  Zau- 
berer und  Geisterbeschwörer  reuoramirt  und  haben 
in  der  Provinz  Kiang  si  ihre  Hauptsitze.  Viel 
später  drang  von  Indien  her  der  Buddhismus 
ein.  Hier  wird  er  Lehre  des  Fo  genannt  und 
ist  mehr  als  irgendwo  veräusserlicht  und  zu 
todtem  Formelwesen  erstarrt.  Er  hat  das  Land 
mit  seinen  Klöstern  übersäet  und  neben  die 
Erinnerungshallen  des  Kong-fu-tsz  die  zahlreichen 
Buddha-Pagoden  erbaut.  —  Aus  diesen  Elemen- 
ten hat  sich  die  Chinesische  Volksreligion  ge- 
bildet, die  bei  den  niederen  Klassen  sich  na- 
mentlich als  Aberglaube  zeigt,  während  sie  bei 
den  gebildeten  einer  flachen  Aufklärung  mit 
allerlei  Tugendschwätzerei  Platz  gemacht  hat. 
Doch  sind  die  Opfer,  welche  mit  Verbrennung 
von  Goldpapier  den  Ahnen  und  Geistern  dar- 
gebracht werden,  allgemein. 

Die  Schäden  des  socialen  Lebens  finden  sich 
besonders  in  den  dichtbevölkerten  Gegenden  der 
östlichen  Provinzen,  wo  Städte  von  mehreren 
Hunderttausend  Einwohnern  nicht  selten  sind. 
Die  Mittel,  denselben  entgegenzuwirken,  fehlen 

*)  Da  die  Dialekte  für  die  Mission  von  der  grössten 
Wichtigkeit  sind,  so  wurden  dieselben  nach  den  von  ihnen 
beherrschten  Gebieten  durch  verschiedene  Parbentöne  an- 
gedeutet. Die  Erklärung  der  betreffenden  Ziffern  siehe 
am  Schluss. 

41 


nicht  ganz;  es  giebt  vielmehr  zahlreiche  An- 
stalten für  Waisen,  Kranke,  Altersschwache, 
Blinde  u.  s.  w.  Auf  dem  Lande,  wo  die  Bevöl- 
kerungs-Dichtigkeit nicht  sehr  gloichmässig  ist, 
herrscht  vielfach  eine  völlige  Unsicherheit,  der 
gegenüber  auch  die  Behörden  sich  als  ohnmäch- 
tig erweisen. 

Der  Bildungszustand  ist  begreiflicher  Weise 
auch  nicht  überall  gleich.  Die  einen  fristen  in 
grosser  Unwissenheit  unter  den  einfachsten  For- 
men ihr  armes  Leben,  während  audere  aus  der 
ausserordentlich  reichen  Literatur  eine  Menge 
von  Kenntnissen  sammeln,  durch  Examina  Bang 
und  Würde  erlangen  und  an  complicirte  gesel-  j 
lige  Formen  gewöhnt  sind,  welche  selbst  die  i 
Spitzen  europäischer  Etiquette  zu  überbieten 
vermögen. 

Die  Industrie  hat  bei  den  Chinesen  eine  be- 
deutende Höhe  erreicht,  und  mit  ihrer  Geschick- 
lichkeit in  allerlei  Handwerken  stehen  sie  den 
europäischen  Völkern  nicht  nach.  Ein  reger 
Handel  wird  im  ganzen  Reiche  getrieben  und 
bewunderungswürdige  Kanalbauten,  die  natür- 
lichen Wasserstrassea  verbindend  und  ergänzend, 
begünstigen  ihn.  Auch  für  die  Seefahrt  fehlt 
dem  Chinesen  das  Geschick  nicht,  und  seine 
Dschunken  sind  seit  Jahrhunderten  im  Indischen 
Archipel  und  an  dessen  Küstenländern  regel- 
mässige Besucher  gewesen,  was  dort  die  Grün- 
dung zahlreicher  Kolonien ,  die  meistens  von 
Fuh-kien*)  ausgingen,  veranlasst  hat.  In  neuerer 
Zeit  hat  sich  die  Chinesische  Auswanderung  nach 
Californien  und  Australien  gelenkt,  angezogen 
vom  Golde.  Trotzdem  bleiben  manche  Gegenden 
so  stark  bevölkert,  dass  viele  Familien  keinen 
Wohnplatz  auf  festem  Boden  finden,  sondern 
auf  Flössen  und  Böten  ausschliesslich  auf  dem 
Wasser  leben. 

Die  ursprünglichen  ethnographischen  Unter- 
schiede sind,  wie  angedeutet,  abgeschliffen.  Den-  j 
noch  haben  sich  in  verschiedenen  Provinzen  die  j 
ursprünglicheren  Bewohner  in  Sprache  und  Sitte 
selbstständig  erhalten.    Sie  sind  entweder  ganz  j 
unter  Chinesischen  Behörden,  oder  stehen  unter 
eigenen  Häuptern,  die  der  Regierung  untergeben 
sind,  oder  sie  leben  frei  in  den  Bergen.  Sie 

*)  Der  betreffende  Dialekt  ist  in  den  Hinter-Indischen  | 
Kolonien  herrschend.    Auch  Kwangtung  hat  eine  bedeu- 
tende Auswanderung.   Hier  namentlich  schliesst  sich  der 
Kulihandel  an  dieselbe  an.  ' 


werden  überhaupt  Miau-tsz'  genannt,  die  ersteren 
mit  dem  Zusatz  schuk,  „reife,  gebildete",  die 
letzteren  schang,  „grüne,  rohe".  Diese  sind  auf 
bestimmte  Gebiete  beschränkt,  deren  Grenzen 
mit  Wachtposten  an  allen  Thal- Ausgängen  wohl 
verwahrt  sind.  Sie  finden  sich  zumeist  in  Kwang 
si,  Kwei  tschau,  Sz'tschuen  und  Yünan.  In  letz- 
terer Provinz  giebt  es  viele  Muhammedaner,  die, 
unter  dem  Namen  der  l'an  si,  seit  einiger  Zeit 
die  westliche  Hälfte  der  Provinz  zu  einem  un- 
abhängigen Reiche  gemacht  haben.  Uberhaupt 
finden  sich  im  ganzen  Reiche  Muhammedaner  in 
nicht  geringer  Zahl"^'),  die  schon  seit  750  ein- 
drangen und  sich  still  und  allmählich  durch  alle 
Provinzen  verbreiteten,  was  um  so  weniger  Wider- 
stand fand,  als  sie  möglichst  vollständig  die  Chi- 
nesische Sitte  annahmen. 

Juden  finden  sich  seit  alter  Zeit  an  einigen 
Orten.  Kaifung  in  Honan  ist  als  ihre  Haupt- 
Kolonie  zu  nennen.  Sie  sind  ebenfalls  den  Chi- 
nesen gleich  geworden,  i-eligiös,  aber  sehr  ver- 
wahrlost. 

China  hat  eine  alte  Geschichte  und  zählt 
verschiedene  Dynastien,  die  es  seit  2600  Jahren 
beherrschten.  Im  13.  und  14.  Jahrhundert  er- 
langten Mongolen  die  Herrschaft;  im  17.  Jahr- 
hundert ist  dieselbe  nach  längerer  Regierung 
der  Chinesischen  Mings  an  die  noch  jetzt  regie- 
renden Mantschus  übergegangen.  Dieselben  sind 
aber  völlig  in  Chinesisches  Wesen  eingegangen 
und  haben  keinerlei  Änderung  in  der  Continuität 
des  Chinesischen  Reiches  hervorzurufen  vermocht. 

Ausser  dem  aus  18  Provinzen  bestehenden 
eigentlichen  Reich  gehören  zu  China  weit  aus- 
gedehnte unterworfene  Gebiete,  wie  Tibet,  die 
Mongolei,  ein  Theil  von  Turkestan,  so  wie  das 
Stammland  der  Dynastie,  die  Mantschurei.  Da 
diese  Länder  der  Mission  noch  ferner  liegen, 
verzichten  wir  hier  auf  eine  specielle  Besprechung 
derselben.  Von  den  beiden  letztgenannten  sind 
in  neuerer  Zeit  grosse  Theile  durch  stillen  be- 
harrlichen Kampf  unter  Russlands  Herrschaft 
gekommen,  das  dem  stolzen  Reich  der  Mitte 
immer  bedrohlicher  nahe  rückt.  Von  der  Sec- 
seite  her  haben  die  übrigen  eui'opäischen  Natio- 
nen, vor  Allem  die  Engländer,  ihre  Einflüsse 
und  in  mehreren  Kriegen  die  Oeffnung  einer 
Anzalil  von  Häfen  für  den  Handel  nebst  aus- 

*)  In  Canton  sollen  ihrer  .lO.OOO  leben. 


gedehnten  Zugeständnissen  erlangt.  Leider  war 
die  Veranlassung  zum  ersten  dieser  Kriege  das 
von  Christen  den  widerstrebenden  Heiden  auf- 
gedrungene verderbliche  Opium,  ein  Makel,  der, 
noch  ungesühnt,  seine  Schatten  auf  den  bereits 
so  regen  Verkehr  Europa's  mit  China  werfen 
muss.  Noch  reger  fast  ist  dieser  Verkehr  mit 
Amerika,  das  in  neuester  Zeit  durch  die  regel- 
mässige DampfschifFfahrt  über  den  grossen  Ocean 
dem  chinesischen  Reiche  bis  auf  25  Tagereisen 
nahe  gerückt  ist.  Eine  Reihe  von  Handelshäfen*) 
ist  nun  den  Fremden  geöifnet  und  selbst  bis 
in's  Herz  des  einst  so  verschlossenen  Landes 
können  auf  der  breiten  Wasserstrasse  des  Yang- 
tsz'-kiang**)  die  schnellen  Flussdampfer  Ameri- 
kanischer Construction  in  regelmässigen  Fahrten 
vordringen. 

Dadurch  sind  denn  auch  der  Mission  die 
lange  ängstlich  verriegelten  Thüren  weit  auf- 
gethan.  In  früheren  Zeiten  hatte  allerdings 
dieselbe  in  China  bereits  ausgedehnten  Eingang 
gefunden.  Schon  um's  Jahr  636  kamen  Nesto- 
rianisehe  Missionare  dorthin,  die,  unter  der  Gunst 
des  Kaisers,  dem  Christcnthume  bereits  eine 
weite  Verbreitung  verschaffen  konnten.  Sicher- 
lich aber  musste  dasselbe  mit  manchen  Chine- 
sischen Elementen  versetzt  werden,  um  sich 
halten  zu  können.  Manche  der  folgenden  Kaiser 
verboten  es  und  suchten  es  zu  unterdrücken. 
Andere  duldeten  es.  Um  1294  kamen  die  ersten 
katholischen  Missionare  (Franciscaner)  nach 
Peking  und  erreichten  unter  der  damaligen  Mon- 
golen-Dynastie nicht  unbedeutende  Erfolge,  die 
jedoch  durch  die  Verfolgungen  der  Miug-Dynastie 
ebenso  wie  das  Nestorianische  Christenthum  fast 
vernichtet  wurden.  In  der  Mitte  des  16.  Jahr- 
hunderts konnte  die  katholische  Mission  er- 
neuert werden.  Es  waren  Jesuiten,  die  von  der 
Portugiesischen  Besitzung  Macao  aus  eindrangen 
und  bald  einen  solchen  Einfluss  beim  kaiser- 
lichen Hofe  erhielten,  dass  in  den  verschiedenen 
Provinzen  bald  zahlreiche  Kirchen  entstanden. 
Durch  eine  Duldung  des  Confucischen  Ahnen- 

*)  Den  auf  der  Karte  angedeuteten  ist  auch  Wan-cliau 
beizufügen. 

**)  Nicht  Blauer  Fluss,  sondern  Tochter  des  Oceans. 
Der  Gelbe  Fluss  Hwang  ho  ergiesst  sich  nicht  wie  früher 
m's  Gelbe  Meer,  sondern  mündet  seit  etwa  10  Jahren  in 
den  Golf  von  Peh-tschi-li. 


dienstes,  der  sicher  bald  mit  der  Heiligenver- 
ehrung vermengt  wurde,  verschafften  sie  ihrer 
Lehre  um  so  leichteren  Eingang.  Am  Hofe 
wussten  sie  sich  durch  ihre  raathematischen  und 
astronomischen*)  Kenntnisse  und  technischen  Fer- 
tigkeiten zu  halten.  Zwei  Männer  Ricci  (f  1610) 
und  Schall  (f  1666)  sind  besonders  unter  diesen 
Jesuiten-Missionaren  als  bedeutend  hervorzuheben. 
Die  Begünstigungen,  die  ihnen  zu  Theil  wurden, 
waren  allerdings  unter  den  verschiedenen  Re- 
gierungen sehr  wechselnd.  Besonders  gestaltete 
sich  ihre  Lage  ungünstig,  seitdem  ihre  Gegner, 
die  Dominikaner,  hauptsächlich  die  angedeutete 
Accommodations-Methode  **)  zu  einer  Handhabe 
machten,  um  hier  auf  fremdem  Felde  über  ihre 
Nebenbuhler  den  Sieg  zu  erringen.  1722  be- 
gannen die  Verfolgungen ,  welche  die  Zahl  der 
Christen  im  ganzen  Reiche  bedeutend  vermin- 
derten; doch  sollen  ihrer  immerhin  noch  200,000 
übrig  geblieben  sein.  Am  Hofe  wurden  einige 
Jesuiten  in  ihren  Ämtern  gehalten ,  die  nach 
Aufhebung  des  Ordens  den  Lazaristen  Platz 
machten.  Bis  in  die  neuere  Zeit  fristete  die 
katholische  Kirche  in  China  meist  eiu  kümmer- 
liches Dasein.  Vor  etwa  30  Jahren  wusste 
man  ihr  wieder  ein  Duldungs  -  Edikt  zu  ver- 
schaffen. Durch  die  neuesten  Verträge  hat  sie 
dagegen  (namentlich  in  der  Herausgabe  aller 
früher  confiscirten  Güter)  bedeutende  Vortheile 
erlangt.  Darnach  ist  die  Missionsthätigkeit 
rüstig  wieder  aufgenommen  und  die  Zahl  der 
Katholiken  in  schnellem  Wachsen. 

Da  es  trotz  aller  Bemühungen  nicht  ge- 
lungen ist,  die  Angabe  der  hauptsächlichsten 
Orte  dieser  Missionsthätigkeit  in  Erfahrung  zu 
bringen***),  so  müssen  wir  uns  begnügen,  hier 
eine  allgemeine  Uebersicht  des  gegenwärtigen 
Standes  derselben  nach  dem  Madras  Catholic 
Directory  1868  mitzutheilen. 


*)  Siehe  No.  29  das  noch  jetzt  stehende  Observa- 
torium in  Peking. 

**)  Nebst  einer  päpstlichen  Bulle  dagegen. 

***)  Der  Bischof  von  Canton  antwortete  auf  directe 
Befragung,  dass  jede  Departements-Stadt  im  ganzen  Reiche 
1  —  2  katholische  Priester  habe.  Gute  Autoritäten  vor- 
sichern ,  dass  dies  mindestens  eine  sehr  starke  Übertrei- 
bung genannt  werden  müsse,  da  mehrere  Departements- 
Städte  ihnen  bekannt  seien,  in  denen  kein  katliolisdier 
Priester  wohne. 


Apostolische  Vicariate. 


Europäische  Priester. 


Fuh  kien  (Fo  kien)  

Shan  tung  (Chan-tong)  

Yün  nan  

Kwai  chau  (Kouy  tcheou)  

Ost-Sz'chuen  (Sutchuen)  

West-Sz'chuen  

Süd-Sz'chuen  

Kiang  nan  (umfasst  Kiang  su  und  Ngan 

hwui)  

Nord-Peh-chili  (Pe-tche-li)  

Süd-Peh-chili  

Ost-Peh-chili  

Ho  nan  

Kiang  si  

Cbe-kiang  (Tche  keang)  


Hu  nan  

Hu  peh   

Shen  si  (Chen  si)  .  .  . 
Shan  si  (Chan  si)  .  .  . 
Ap.  Präfeetur  Kwangtung , 

Hai  nan  

Ap.  Präfeetur  Heng  kong  . 


Kwangsi  und 


16  Spanische  Dominicaner  

5  Italienische  Franciscaner  .... 

6  Franz.  Congregat.  des  Miss,  etrangires 

»            »             I)      )»  )) 
^       ))             »>              »       )»  yy 
10      „  „   


40  Franz. 

5  „ 
p 

4  „ 

3  „ 

4  „ 
3  „ 


Jesuiten . 
Lazaristen 

Jesuiten . 
Lazaristen 


3  Italienische  Franciscaner     .    .    .  . 

7  „  „             .    .    .  . 

8  „  „  .  .  .  . 
5  „                 „             .    .    .  . 

9  Franz.  Congregat.  des  Miss,  etrangeres 
8  Italienische  Franciscaner  


158 


Chinesische 
Priester. 

GemeindegUeder. 

10 

40j000 

8 

8,000 

1  Semin. 

3 

5,000 

1  ,, 

2 

3,000 

1 

)J 

U 

21,000 

2  „ 

20 

30,000 

1  „ 

10 

25,000 

1  „ 

10 

75,000 

2  „ 

12 

? 

20,000 

3 

j 

10,000 

4 

3,000 

10 

10,000 

6 

3,000 

Waisenhaus  der  Barmherzigeu 

Schwestern  (Ningpo). 

5 

2,000 

1  Seniin. 

13 
15 
17 


18,000 
22,000  1 
18,000  1 


(1 


—        j    9,000|  1  „ 
2        I    3,000|  1  „ 
Waisenhaus  der  Barmher- 
zigen Schwestern.) 
169       |325700(),  15 


In  den  zugehörigen  Ländern  finden  sich  folgende  katholische  Missionen ; 


Mongolei  

3 

10 

5,000 

Shing  king  (Leau  tung)  und  Mantschurei 

8 

„         Congregat.  Miss,  etrangeres 

5,000 

Tibet  *)  

5 

yy                     yy            yy  yy 

4 

9,000 

3 

»                    yy            yy  » 

15,000 

Gegen  die  evangelische  Mission  war  China 
bis  zum  Frieden  von  Nanking  (1842)  hartnäckig 
verschlossen  geblieben.  Man  hatte  sich  begnügen 
müssen,  den  Chinesen  im  Indischen  Archipel  das 
Evangelium  nahe  zu  bringen,  wobei  Malakka 
das  Centrum  bildete.  Der  Gründer  der  dortigen 
Anstalten,  Morrison,  im  Dienste  der  Londoner 
Mission,  hatte  allerdings  zuvor  (seit  1807)  im 
Geheimen  in  Canton  zeitweise  seinen  Wohnsitz 
genommen  und  dort  sich  befähigt,  die  nothwen- 
digsten  vorbereitenden  Arbeiten,  namentlich  die 
chinesische  Bibelübersetzung,  zu  liefern.  Nur 
eine  kleine  Schaar  Bekehrter  konnte  von  ihm 
gesammelt  werden.  Dagegen  wurden  von  ihm 
theils  von  Macao,  theils  von  Canton  aus  zahl- 
reiche Schriften  verbreitet,  ein  Säen  auf  Hoff- 
nung. In  dieser  stillen  Weise  wirkten  auch  die 
ei'sten  Missionare  des  Amerikanischen  Board,  die 
1830  eintrafen.  Neben  ihnen  suchte  Gützlaff 
als  Dolmetscher  der  Britischen  Regierung  auf 
alle  Weise  mit  glühender  Begeisterung  das  Mis- 
sionswcrk  zu  fördern. 

Endlich  1842  ward  China  geöffnet  und  die 

*)  Der  Apostolische  Vicar  hat  seinen  Sitz  in  Sz'chuen. 


Arbeiter  verschiedener  Gesellschaften  fanden 
sich  allmählig  ein ,  um  ihren  Wirkungskreis  zu 
suchen.  Derselbe  blieb  vorläufig  indessen  sehr 
beschränkt,  da  nur  eine  Anzahl  Hafenorte  den 
Fremden  geöffnet,  jeder  sonstige  Aufenthalt  im 
Lande  aber  streng  verboten  war.  Durch  diese 
Verhältnisse  wurde  Gützlaff  zu  dem  Plan  ge- 
trieben, China  durch  Chinesen  zu  bekehren.  Er 
gründete  den  Chinesischen  Verein  in  Hongkong 
und  bald  wanderten  seine  Agenten  durch  alle 
Provinzen.  Leider  passte  das  System  nicht 
für  den  chinesischen  Charakter,  und  musste  bald 
nach  Gützlaff's  Tode  (1857)  unter  schweren  Ent- 
täuschungen aufgegeben  werden.  Es  galt  zu- 
nächst in  den  gegebenen  Schranken  zu  arbeiten. 
Es  gab  in  denselben  auch  genug  zu  thuu,  und 
zu  Anfang  des  vorigen  Jahrzehnts  fanden  bereits 
Missionare  von  20  verschiedenen  Gesellschaften 
auf  Hongkong,  in  Canton,  Amoy,  Fuh  tschau, 
Ningpo  und  Shang  hai  ihre  Beschäftigung. 

Damals  wurde  China  von  einem  Ereigniss 
erschüttert,  das  zuerst  allgemein  von  den  Mis- 
sionsfreunden als  die  Vorbereitung  einer  Evange- 
lisirung  des  Reiches  begrüsst,  nachher  aber  von 


den  meisten  als  Gegenstand  bitterer  Täuschung 
abgewiesen  wurde.  Es  war  die  Taiping-Eebellion, 
die  das  morsche  Gebäude  des  alten  Staates  nahe 
daran  war,  zum  Falle  zu  bringen,  hätten  nicht 
die  Fremden  es  wieder  gestützt,  indem  sie  Die, 
welche  sieh  als  ihre  Brüder  und  als  Diener  des- 
selben Gottes  betrachteten ,  zu  Grunde  richten 
halfen.  Die  Taipings  mussten  fallen;  so  wollte 
es  das  Handelsinteresse.  Gerne  konnte  man  ja 
auch  mit  dem  eignen  Vortheil  eine  den  ge- 
demüthigten  Mantschu's  zu  leistende  Unter- 
stützung verbinden ,  da  diese  eben  erst  durch 
den  Frieden  von  Peking  sich  die  ausgedehntesten 
Zugeständnisse  hatten  abringen  lassen.  China 
ist  durch  die  letzteren  der  Mission  erst  völlig  ge-  l 
öffnet  worden  und  die  folgenden  Blätter  sollen  | 
uns  zeigen,  welche  ausgedehnten  Wurzeln  sie  | 
bereits  geschlagen  hat.  1 


Die  Orthographie  der  Chinesischen  Namen 
verursacht  viel  Schwierigkeit,  um  so  mehr,  als 
die  verschiedenen  Dialecte  die  Bestandtheile  der- 
selben bis  zur  Unkenntlichkeit  verändern.  Die 
vorliegende  Karte  folgt  in  ihrer  Schreibart  durch- 


weg der  anotii/men :  Topograph/ of  China,  Umif]- 
kong  1864,  welche  alle  Namen  nach  dem  Punti- 
Dialcct  giebt*). 

Ch,  j  und  sh  haben  den  englischen  Laut  =  tsch, 
dsch  uud  sch. 

Die  Vocale  stimmen  mit  den  deutschen  über- 
ein. Um  das  Wiedererkennen  der  Namen  in  an- 
derer Schreibart  zu  erleichtern,  sei  bemerkt,  dass 
au  anderwärts  geschrieben  ist  eu  (oder  ow  Engl.) 
äu  =  ao,  ui  =  oei,  ian  =  ien,  hwa  und  kwa 
=  hoa  und  kua,  eh  und  oh  =  ek  uud  ok,  j 
=  sch  u.  s.  w. 

Es  ist  noch  zu  bemerken,  dass  die  den  Orts- 
namen beigefügte  Eangunterscheidung 

Fu  =  Departements  -  Hauptstadt  I.  Klasse 
Chau  tcheu     „  „         II.  „ 

hien  (hian)  Distrikt  „ 
hier  überall  weggeblieben  ist,  da  sie  nach  dem 
Ortszeichen  leicht  ergänzt  werden  kann. 


*)  Hier  im  Texte  schien  es  geeignet,  die  Deutsche 
Bezeichnung  festzuhalten.  —  Es  wurden  nur  einige, 
wahrscheinlich  durch  die  verschiedenen  Töne  bezügliche 
Zeichen  fortgelassen ,  die  nur  für  den,  der  Chinesischen 
Sprache  mächtigen,  Werth  haheu  können. 


Die  auf  der  Karte  befindlichen  Römischen  Nummern  im  braunen  Druck  bezeichnen  die  ver- 
schiedenen Dialecte  folgendermassen : 

I.  Westlicher  Mandarin-Dialect. 

II.  Nördlicher       „  „ 

III.  Südlicher       „  „ 

IV.  Alter  Mittler  Dialect  (umfasst  auch  den  Ningpo-Dialect). 

V.  Hwui-chau-  (Hoei-cheu-)  Dialect. 

VI.  Nan-chang  Dialect. 

VII.  Nord-Fuh-kien-Dialect. 

VIII.  Süd-Fuh-kien-  od.  Amoy-Dial.    (Mit  demselben  ist  der  Hok-lo-Dial.  verwandt.) 

IX.  Hakka-Dialect. 

X.  Punti-Dialect. 


Nachtrag. 


Die  Mission  in  Japan  ist  bisher  noch  auf 
wenige  Punkte  dieses  Reiches  beschränkt.  Sie 
bedarf  daher  noch  nicht  einer  specielleren  karto- 
graphischen Darstellung.  Dieses  in  vielen  Be- 
ziehungen mit  China  verwandte  Gebiet  hat  den 
Einflüssen  des  Auslandes  länger  zu  trotzen  ver- 
mocht als  jenes;  doch  scheint  die  Zeit  nicht 
fern,  in  der  auch  Japan  nicht  bloss  dem  jetzt 
von  Amerika  her  immer  mächtiger  andringenden 
Handel,  sondern  auch  dem  Christenthume  ge- 
öflnet  sein  wird.  Dasselbe  hatte  vor  Jahrhun- 
derten dort  schon  weiten  Eingang  gefunden. 
F.  Xavier  sammelte  ausgedehnte  Gemeinden,  die 
bis  gegen  Ende  des  1 6.  Jahrhunderts  auf  150,000 
Mitglieder  anwuchsen,  und  auch  unter  den  um 
jene  Zeit  beginnenden  Verfolgungen  sich  mehrten, 
bis  1635  die  völlige  Absperrung  des  Landes 
gegen  die  Portugiesen  und  die  blutige  Ausrot- 


tung des  Christenthums  vom  Kaiser  angeordnet 
wurde.  Die  letztere  ist  scheinbar  gelungen, 
doch  kommen  in  neuester  Zeit  Reste  von  Ge- 
meinden zu  Tage,  die  unter  der  Hülle  heid- 
nischen Bekenntnisses  ihr  Christenthum  im  Ver- 
borgenen bewahrt  hatten  und  nun  sich  wieder 
mit  Freuden  an  die  katholische  Mission  anzu- 
schliessen  trachten. 

Kanagava  mit  Yokohama  und  Nagasaki  sind 
die  Punkte,  auf  denen,  so  lange  sie  dem  Handels- 
verkehr geöffnet  sind,  die  Arbeiter  verschiedener 
Amerikanischer,  evangelischer  Gesellschaften  wir- 
ken. Lange  schien  dies  vergeblich,  doch  sind 
nun  schon  Erstlinge  getairft.  In  Nagasaki  hat 
nun  auch  die  Englisch  -  Kirchliche  Gesellschaft 
eine  Mission  begonnen. 

Auf  der  Karte  ist  darnach  No.  2  an  der 
betreffenden  Stelle  nachzutragen. 


N".  26.   Die  Provinz  KwangtuDg  (Cantoii). 


Vergleiche  den  Carton  auf  No.  25. 


Canton  ist  der  aus  Kwangtung  abgeschliffene 
Europäische  Name  der  süd-süd- östlichsten  unter 
den  18  Provinzen  China's.  Die  Hauptstadt, 
die  ebenso  genannt  wird ,  heisst  bei  den  Ein- 
geborneu  Kwang-chau-fu. 

Unsere  Karte  zeigt  den  grössten  Theil  der 
Provinz ,  die  sich  nur  nach  Westen  hin  noch 
beträchtlich  ausdehnt  und  das  Küstenland  bis 
zur  Grenze  von  Tonking  umfasst.  Im  Norden 
ist  sie  durch  die  Nan  -  ling  -  Kette  begrenzt 
(1000  —  2000  Fuss  hoch),  an  die  sich  nach  Süden 
zu  ein  vielgegliedertes  Gebirgslaud  anschliesst, 
dessen  meist  kahle  Granit-  oder  Kalkberge  zum 
Theil  die  doppelte  Höhe  erreichen.  Viele  Bäche 
und  Flüsse  bewässern  die  breiten  Thäler,  die 
sich  mit  ihren  üppigen  Reis-  und  Zuckerrohr- 
feldern stark  von  den  unbebauten  Höhen  ab- 
heben. Drei  grosse  Ströme  sammeln  alle  jene 
Zuflüsse ,  um  sie  durch  ungezählte  Arme  in 
einem  mächtigen  Delta  dem  Meere  zuzu- 
führen. Sie  bilden  die  immer  mit  Fahrzeugen 
aller  Art  belebten  Verkehrsstrassen  der  Provinz, 
die  bei  der  Hauptstadt  sich  vereinigen.  Diese 
ist  seit  alter  Zeit  eine  bedeutende  Handelsstadt. 
Hier  fand  auch  der  erste  ausgedehntere  Verkehr 
der  Europäer  mit  China  seit  der  Mitte  des  vo- 
rigen Jahrhunderts  seine  Stätte,  der  zuvor  auf 
das  schon  1580  den  Portugiesen  abgetretene 
Macao  beschränkt  war.  Unsere  Kenntniss  von 
China  knüpfte  sich  daher  bis  zur  neuesten  Zeit 
vorzugsweise  an  diese  Gegenden.  Erst  durch 
den  Opiumkrieg  wurden  den  Ausländern  dasRecht 
der  Niederlassung  errungen  und  nun  ent- 
standen die  ausgedehnten  Neuen  Faktoreien, 
während  in  den  alten  nur  privilegirte  chinesi- 
sche Kaufleute,  Hongs  genannt,  den  Verkehr  in 
Händen  hatten. 

Die  Stadt  umfasst  mit  ihren  weiten  Vor- 
städten über  1  Million  Einwohner. 

In  sprachlicher  Hinsicht  besteht  die  Provinz 
aus  sehr  disparaten  Gebieten.  Der  vorwaltende 
(Canton-)Dialekt  ist  das  Punti,  das  im  "Westen 
ausschliesslich  gesprochen  wird.  Das  von  dem- 
selben sehr  verschiedene  Hakka  hat  seine  Hei- 
inath  im  Nordosten  in  Kia  yiag  chau  und  wird 
von  den  ursprünglichen  Bewohnern  anderer 
Distrikte,  die  jetzt  mehr  oder  weniger  einge- 
wanderte Punti-Bevölkerung  haben,  gesprochen. 
Die  Karte  zeigt  die  Gebiete,  wo  es  jetzt  aus- 

Grundemann :  Miasiontatlas.  II,  7. 


schliesslich  gesprochen  wird*)  und  wo  es  uuter 
Punti  gemischt  ist.  Die  Hakka-Chiuesen  gelten 
als  roh,  ungebildet  und  herunter  gekommen,  und 
wohnen  meist  in  den  vom  Verkehr  weniger  be- 
rührten Gegenden. 

In  den  östlichen  Theilen  endlich  findet  sich 
der  wiederum  ganz  verschiedene  Hok  lo-Dialekt, 
der  auf's  engste  sich  dem  Süd-Fiih  kien  (Amoy-) 
Dialekt  anschliesst.  Vertreter  desselben  sind  in 
geringerer  Zahl  auch  in  den  westlicheren  Distrikten 
meist  in  der  Nähe  der  Verkehrsstrassen  zu  finden. 
Man  charakterisirt  sie  als  leicht,  gewandt,  listig 
und  verschlagen. 

Es  ist  zu  bemerken,  dass  jeder  dieser  Dia- 
lekte noch  wieder  verschiedene  Mundarten  um- 
fasst. In  Nanhiung  reicht  das  Gebiet  des 
Mandarin-Dialekts  bis  in  die  Canton  -  Provinz. 
In  Lieu  chau  und  Lien  shau  giebt  es  noch  starke 
Miäu  tsz'-Stämme,  von  denen  man  jedoch  wenig 
mehr  weiss,  als  dass  sie  der  Regierung  oft  viel 
zu  schaffen  machen. 

Die  Mission  begann  mit  geringen  Anfängen. 
Nur  im  Verborgenen  hatte  Morrison  in  der  Haupt- 
stadt die  ersten  Versuche  machen  dürfen.  Nach 
dem  Kriege  fanden  sich  bald  die  Boten  Englischer 
und  Amerikanischer  Gesellschaften,  um  von  dem 
Niederlassungsrecht  Gebrauch  zu  machen.  Die 
Thätigkeit  im  Hospital  wurde  alsbald  als  Hilfs- 
mittel der  Mission  angewendet.  Jetzt  haben  die 
in  dem  am  Schlüsse  folgenden  Verzeichniss  ange- 
gebenen sechs  evangelischen  Gesellschaften,  nebst 
zwei  unabhängigen  Missionaren  die  näher  be- 
zeichneten Institute,  deren  Nummern  mit  denen 
des  Planes  von  Canton  übereinstimmen. 

Von  der  Hauptstadt  aus  hat  sich  die  Mis- 
sion in's  Innere  ausgedehnt,  und  hier  meist  rei- 
chere Erfolge  gefunden  als  dort.  Die  Londoner 
haben  um  Pok  lo  ihre  Gemeinden  unter  den 
Hakkas  der  Umgegend  (Che,  Märtyr.  1861).  Die- 
selben und  die  Wesleyaner  arbeiten  in  der 
grossen  Fabrikstadt  Fat  schan.  Letztere  haben 
weit  nach  Norden  bis  in  die  Departements-Stadt 
der  wildgebirgigen  Gegend  von  Shau  chau  (Schau 
tschau)  ausgedehnt.  Die  südlichen  Baptisten 
dagegen  sind  dem  Westfiuss  gefolgt  und  haben 
ihren  äussersten  Punkt  in  Wu  chau  (Wu  tschau), 

*)  Nur  für  den  Pok  lo-Distrikt  müssen  wir  bemerken, 
dass  sich  iu  demselben  ^  Punti  findet  und  zwar  an  den 
I  Ufern  der  Ströme. 

42 


das  schon  zur  Provinz  Kwaog  si  gehört.  Am 
Ostfluss  haben  sie  zwar  auch  die  angedeutete 
Aussenstation  unter  Hakkas,  sonst  wirken  sie 
wie  die  vorher  genannten  unter  Puutis. 

Die  Arbeiter  des  Berliner  Hauptvereins,  die 
ihre  Station  von  der  südöstlichen  Halbinsel  seit 
einiger  Zeit  auch  in  die  Hauptstadt  verlegt 
haben,  haben  namentlich  in  Fa  yuen  (Hwayuen) 
ihre  Gemeinden  und  Schulen,  besonders  unter 
Hakkas. 

Die  Basis  des  ganzen  europäischen  Verkehrs 
in  diesem  Theile  China's  ist  jedoch  die  1842  an 
die  Engländer  abgetretene  Insel  Hongkong  mit 
der  Hauptstadt  Victoria*). 

Auch  hier  hatten  sich  bald  nach  der  Ab- 
tretung die  Missionare  verschiedener  Gesellschaften 
eingefunden,  nachdem  sie  zum  Theil  schon  auf 
Malakka  gearbeitet,  von  wo  sie  eine  Anzahl 
Chinesischer  Christen  mit  übersiedelten.  Später 
gründete  Gützlaff  hier  seinen  Chinesischen  Verein 
und  zog  die  Arbeiter  von  drei  Deutschen  Ge- 
sellschaften heran.  Jener  erreichte  in  trauriger 
Weise  sein  Ende,  diese  dagegen  fanden  ihr  Feld 
auf  der  gegenüberliegenden  Halbinsel,  im  Si  ngon- 
(Si  non  oder  Sa  non)  Kreis*''')  und  zwar  die 
Basler  unter  den  Hakkas,  die  Barmer  unter 
den  Puntis,  —  die  Berliner  unter  beiden.  Die 
Letzteren  haben  eine  ausgedehnte  Wirksamkeit 
in  Dorfschulen.  Die  Basler  endlich  erlangten 
von  hier  aus  erfolgreichen  Eingang  in  dem  weit 
im  Innern  gelegenen  Choug  lok-  (Tschong-lok) 
Kreis,  in  gebirgiger  Gegend  unter  durchgängiger 
Hakka  -  Bevölkerung. 

Ein  ganz  von  dem  bisher  besprochenen  ge- 
trenntes Missionsgebiet  zeigt  unsere  Karte  im 
N.-O.  bei  Swatau.  Dasselbe  schliesst  sich  an 
die  auf  No.  27  dargestellte  Amoy- Mission  an. 
Die  Bevölkerung  besteht  durchgehends  aus  Hoklos 
und  der  Dialect  ist  ein  Zweig  des  Fuh  kien- 
Dialects.  Die  Englischen  Presbyterianer  sind  seit 
1857  dort  und  weiter  im  Innern  in  Chäu-Chau 
(Tschau-tschau)  thätig.  Später  fanden  sich  auch 
die  Amerikanischen  Baptisten  ein,  die  einen 
Theil  ihrer  Bekehrten  aus  Siam  hierher  über- 
siedelten. Sie  nennen  den  letzteren  Ort  in 
dialectisch  verschiedener  Form  Tie-chiu. 

Erklärung  der  Zahlen  auf  dem  Plane  von  Oanton. 


1.  In  der  Kam  Ii  fau-Strasse  2  Wohnhäuser,) -j^^^^^^^^ 

Apotheke,  Kapelle,  Depot  der  britischen?  . 

,       ,   1  i  Mission. 

Bibclf^csellschait.  j 

2.  Tai  tsäk  p'o  (7te  Wache),  Kapelle. 

3.  Tai  p'in  t'ong,  2  Wohnhäuser. 

4.  Tai  shap  p'o  (lOte  Wache),  Kapelle,! 
Knabenschule. 

.5.  Tsang  sha  (Sand  street),  2  Wohnhäuser, 
Knabenschule,  Mädchenschule,  Kapelle. 


o  .2 
'S 


;äd-^ 


Wcsley- 
anische 
Mission. 


Anierikan. 
Board. 


American 
Unit.  Pres- 
byterian. 


Southern 
Baptist 
Conven- 
tion. 


*)  Siehe  die  Cartons;  die  Erklärung  der  Zahlen  folgt 
hier  am  Schlüsse. 

**)  Siehe  den  Carton  auf  Nr.  25. 


6.  Tai  suu  kai  (Great  New  Str.),  Kapelle. 

7.  Ko  tai  kai  (High  Str.),  Kapelle,  Bücher-^ 
laden,  Knabenschule ,  Mädchenschule 

8.  Fuk  lun  kai,  Kapelle. 

9.  Kuk  ts'ong  kai  (Rice  granary  Str.),  Mäd 
chenschule. 

10.  Wang  sha-Str.,  Wohnhaus,  Kapelle. 

11.  Shap  sam  p'o  (13te  Wache),  Knaben- 
schule, Kapelle. 

12.  Ha  kau  po  (untere  9te  Wache),  Kapelle. 

13.  Yan  tsai-Str.,  2  Wohnhäuser,  Kostschule 
und  Tagesschule  für  Knaben. 

14.  Yan  tsai-Str.,  Hospital  und  Kapelle. 

15.  Tsang  sha  (Sandstr.),  Wohnhaus. 

16.  Treasury-Str. ,  Kapelle,  Buchladen. 

17.  Tsang  sha  (Sandstr.),  Wohnhaus. 

18.  Si  pai  lau  Str,  Kapelle,  Knabenschule. 

19.  Tung  shäk  kok,  Wohnhaus  und  Kapelle 
von  J.  G.  Roberts.  Nicht  in  Verbindung 
mit  einer  Gesellschaft. 

20.  Shak  ki  Ii,  Wohnhaus  und  Kapelle.  | 

21.  Pwan  yu  ch'it  kai,  Kapelle.  [ 

22.  Kau  tsong  hong  (Old  Granary  Str.),  Ka-f 
pelle.  ) 

23.  Wang  sha,  Wohnhaus  und  Kapelle  von 
Dr.  Vrooraan,  jetzt  Agent  derBrit.  Bibel- 
gesellschaft. 

24.  Tsang  sha  (Sandstr.) ,  2  Wohnhäuser, 
2  Kostschulen  für  Knaben  resp.  Mäd- 
chen vom  Berliner  Hauptverein. 

25.  Shameen,  Christus-Kirche  mit  Pfarrhaus 
von  der  Engl.  Gemeinde  zu  Canton  un- 
terhalten, mit  sonntäglichem  Gottes- 
dienst in  Chinesischer  Sprache. 

26— 28.  Tai  sin  kai  (New  Street),  Wohnhaus, j  Römisch- 
Kostschulc  für  Knaben,  Findelhaus,  Ka-  catlmiiscli 
pelle,  Kathedrale  (im  Bau).  \  (französ.). 

Erklärung  der  Zahlen  auf  dem  Plane  von  Victoria. 

1.  Missionshaus  der  Church  Miss.  Soc. 

2.  ,,         nebst  Kapelle  und  Schule  der  Basler 
Miss. -Ges. 

3.  Anglikanische  Diöcesan- Schule  für  Mädchen. 

4.  Findelhaus  des  Berliner  Frauenvereins. 

5.  Kapelle  der  Church  Miss.  Soc. 

6.  ,,      ,,    London    „  „ 

7.  2te      ,,       „        ,,  ,, 

8.  Union  Chapel. 

9.  Gefängniss. 

10.  Römisch-katholische  Kirche. 

11.  Post-  und  Gerichtsgebäude. 

12.  Zeitungsbureaux  (China  Mail,  Dailv  Press). 

13.  St.  Pauls  College  „...H^anisch 

14.  Kathedrale  (  an^ikanisch. 

15.  Gouvernementsgebäude. 
IG.  Parade-Platz. 

17.  Haupt- Wache. 

18.  Marine-Depot. 

19.  Arsenal. 

20.  Marine-Hospital. 

21.  Hospital  für  Eiugeborne. 

22.  3te  Kapelle  der  London  M.  Sor. 

23.  Seemanns-Hospital. 

24.  Friedhöfe,  kathol.,  evaugel.  und  parsi. 

A.  Praya. 

B.  Queens  Read. 

C.  Park. 

D.  Hollywood  Read. 

E.  Caine  „ 

F.  Bonham  „ 

G.  Moschee. 

H.  Muhammedan.  Friedhof. 


°YeTdang  M'f" 


HeD&rtl»  Coüia 


GOTHA  .llTi'mS  l'MTEliS. 


N^.  27.  Die  Provinz  Fiih  kieu. 


Fuh  kien  (Fokien)  ist  die  an  die  Nordost- 
grenze von  Kwaugtung  sich  anschliessende 
Provinz,  welche,  in  gerader  Richtung  gemessen, 
einige  70  Deutsche  Meilen  der  Chinesischen  Küste 
umfasist.  Letztere  erhält  durch  die  zahlreichen 
Buchten  in  Wirklichkeit  eine  viel  grössere  Aus- 
dehnung. Sie  ist  meist  steil  und  eingefasst  von 
vielen  öden  Inselchen.  Die  nördlichen  und  west- 
lichen Theile  der  Provinz  sind  wildgebirgig, 
im  Anschluss  an  die  Nan  ling-Kette,  die  auch 
hier  die  Grenze  bildet.  Der  Min  ist  hier  der 
Hauptstrom.  Seine  Bedeutung  als  Verkehrs- 
strasse erhellt  daraus,  dass  27  bedeutende  Städte 
an  seinen  Ufern  liegen,  unter  denen  die  Haupt- 
stadt Fuh  chau  fu  allein  eine  Million  Einwoh- 
ner zählt.  Sie  liegt  in  einiger  Entfernung  vom 
Nordufer  des  Min,  an  den  jedoch  die  wachsenden 
Vorstädte  heran  reichen.  Die  grösseren  See- 
schiffe können  nicht  bis  hieher  kommen,  sondern 
ankern  bei  Pagoda  poiut;  doch  ist  der  Fluss 
mit  Fahrzeugen  mancherlei  Art  und  schwim- 
menden Wohnungen  bedeckt.  Eine  420  Schritt 
lange  Brücke  führt  nach  dem  südlichen  Ufer, 
wo  sich  die  Niederlassungen  der  Ausländer  be- 
finden. Die  Umgegend  ist  überaus  fruchtbar 
und  schön.  Im  Norden  ist  die  Stadt  von  ma- 
lerischen Bergen  im  Halbkreis  umgeben. 

Die  Bevölkerung  der  Provinz  wird  auf  15 
Millionen  Seelen  angegeben.  Im  Unterschiede 
von  den  nördlicheren  Gegenden  findet  man  hier 
einen  düsteren,  zurückhaltenden  Charakter.  Der 
Fuh  kien-Dialect  zerfällt  in  verschiedene  Mund- 
arten. Die  der  Hauptstadt  (der  Nord  Fuh  kien- 
Dialecte)  ist  rauh,  die  von  Amoy  stark  nasalirt. 
Im  "Westen  findet  sich  auch  der  Hakka-Dialect 
(siehe  zu  No.  26). 

Im  Norden  der  Provinz  sind  bei  den  Wu-i- 
Bergen  die  berühmten  Thee  -  Distrikte ,  welche 
den  schwarzen  Thee  zur  Ausfuhr  liefern. 

Qrundemann  :  Missionsatlas.   II,  7. 


Die  evangelische  Mission  in  der  Hauptstadt 
wurde  1846  durch  den  Americ.  Bo.ard  aufge- 
nommen. Im  folgenden  Jahre  traten  die  Amerik. 
Episkopal-Methodisten  und  bald  die  Engl.-Kirch- 
lichen  Missionare  hinzu.  Eine  Schwedische 
Mission  war  nur  sehr  vorübergehend.  Die  an- 
deren drei  aber  hatten  zwar  einen  harten  An- 
fang, konnten  ihr  Werk  jedoch  fortwährend  aus- 
dehnen, wie  die  zahlreichen  Missionsinstitute 
in  der  Stadt  und  die  sich  stets  mehrenden 
Aussenstationen  beweisen.  Unter  den  erstcren 
ist  von  besonderer  Bedeutung  die  bedeutende 
Druckerei.  Die  letzteren  finden  sich  nicht  bloss 
in  der  Nähe  der  Hauptstadt,  sondern  bereits 
tief  im  Innern  der  Provinz.  Im  Süden  reicht 
die  Kette  derselben  bis  nahe  an  die  Grenze 
eines  andern  Missionsgebietes,  des  von  Amoy. 

Diese  Mission  ist  von  der  ersteren  schon 
darum  verscliieden ,  weil  die  Mundarten  von 
einander  abweichen.  Amoy,  der  auf  der  Insel 
gleichen  Namens  belegene  Hafenort  der  Depar- 
tements-Stadt Chaug  chau  fu  am  Drachenflusse, 
war  schon  seit  langer  Zeit  eine  Stätte  regen 
Handelsverkehrs.  Durch  den  Krieg  1842  wurde  es 
den  Ausländern  völlig  geöffnet  und  1844  Hessen 
sich  Missionare  der  Londoner  Gesellschaft  wie 
der  Englischeu  Presbyterianer  dort  nieder.  Mit 
den  letzteren  verbanden  sich  bald  die  Boten 
der  Holländisch  -  reformirten  Kirche  von  Nord- 
Amerika.  Alle  wirken  bis  jetzt  in  schönster  Ein- 
tracht mit  einander. 

Diese  Mission  scheint  bisher  unter  allen 
evangelischen  in  China  die  gesegnetste  zu  sein. 
In  vielen  Dörfern  auf  dem  Festlande  sind  be- 
reits beträchtliche  Christengemeinden  gesammelt. 

Von  Amoy  aus  hat  in  neuerer  Zeit  dann 
die  Mission  auch  auf  Formosa  (Tai  wan)  (siehe 
No.  25  mit  dem  Carton  daselbst)  Eingang  ge- 
funden.    Die  westliche   von  Chinesischen  An- 

43 


Siedlern  bewohnte  Hälfte  dieser  Insel  gehört 
zu  Fuh  kien  und  hat  den  Amoy-Dialect.  Die 
östliche  Hälfte  wird  von  Stämmen  einer  nie- 
deren Kulturstufe  bewohnt,  die  mit  den  Ein- 
geborenen der  Philippinen  verwandt  zu  sein  schei- 
nen. Mit  holländischen  Handelsverbindungen, 
die  die  spanischen  nebst  einer  Dominicanermis- 
sion verdrängten ,  war  auf  der  Chinesischen 
Seite  schon  im  17.  Jahrhundert  eine  erfolg- 
reiche evangelische  Mission  verknüpft  gewesen, 


die  mit  der  Abnahme  der  ersteren  wieder  in 
Verfall  gerieth.  1865  nun  ist  durch  die  Eng- 
lischen Presbyterianer  in  der  Nähe  von  Takäu 
wieder  eine  Station  begründet  Bald  verbreitete 
sich  das  Evangelium  auch  in  die  Umgegend, 
und  es  bildete  sich  schon  eine  kleine  Gemeinde, 
die  neuester  Zeit  durch  Verfolgung  heimgesucht 
ist,  bei  der  ein  evangel.  Katechist  zum  Mär- 
tyrer wurde. 


N".  28.  Die  Missionen  in 

Diese  beiden  Provinzen ,  welche  unter  dem 
Namen  Kiang  nan  zusammengefasst  werden, 
bilden  den  reichsten  und  am  weitesten  entwik- 
kelten  Theil  des  ganzen  Chinesischen  Reiches. 
Für  die  erstere  ist  das,  von  zahlreichen  grossen 
und  kleinen  See'n  unterbrochene  Flachland  cha- 
rakteristisch. Tausende  von  Canälen  durch- 
schneiden dasselbe  und  geben  hier  wie  iu  Hol- 
land Zeugniss  von  dem  Fleisse  der  Bewohner. 
Deiche  und  Dämme  haben  hier  wie  dort  dem 
Meere  selbst  fruchtbares  Land  abgezwungen. 
Verkehr  und  Handel  wird  durch  die  natürlichen 
und  künstlichen  Wasserstrassen  begünstigt,  unter 
denen  der  Yang  tsz  kiang  und  der  grosse  nach 
Peking  führende  Kaiser-Canal  hervorragen.  Der 
Fruchtbarkeit  des  Landes  entsprechen  die  zahl- 
i-eichen  grossen  Städte,  deren  mehrere  die  See- 
lenzahl einer  Million  überschreiten.  Industrie 
und  Cultur  steht  in  entsprechendem  Verhältniss. 
Das  Centrum  des  hier  besonders  schnell  gewach- 
senen Verkehrs  mit  den  Ausländern  ist  Schang- 
hai. Derselbe  erstreckt  sich  bis  tief  in's  Innere, 
da  ihm  auch  mehrere  Orte  am  Yang  tsz  kiang 
geötfnet  sind,  daher  die  genannte  Stadt  immer 
mehr  die  wichtigste  Stelle  unter  allen  Handels- 
häfen einnimmt. 

Die  Provinz  Che  kiang  ist  vorwiegend  ge- 
birgig. Die  Südgrenze  bildet  die  nach  dem 
Meere  zu  sich  verlaufende  Nan  ling-Kette,  die 
nach  Norden  zu  in  ein  mannigfaltiges  Bergland 
übergeht.  Ergiebige  W^älder  und  Baumpflan- 
zungen wechseln  mit  fruchtbaren  Feldern. 

Die  ausgedehnte  Industrie  liefert  Seide,  Pa- 
pier, Porzellan  etc.  Die  Hauptstadt  ist  Hang 
chau,  der  Sitz  chinesischer  Gelehrsamkeit.  Ning- 
po  (eigentlich  Nging-po)  dagegen  ist  der  Mit- 
telpunkt des  ausländischen  Verkehrs. 

üruDdemann:  il issionsaUas.  II,  7. 


Kiang  su  und  Che  kiang. 

Bald  nach  Beendigung  des  ersten  chinesi- 
schen Krieges  begann  auch  hier  die  evangelische 
Mission  ihre  Thätigkeit.  Während  desselben  war 
die  benachbarte  Insel  Chusan  (Tschusan)  von 
den  Engländern  besetzt  gewesen  und  hatte  so 
bereits  Gelegenheit  für  verschiedene  Versuche 
geboten.  Nach  Eröffnung  der  Hafenstädte  aber 
wurde  Ningpo  der  Hauptsitz.  Amerikanische 
Baptisten  und  Presbyterianer  entfalteten  bald 
eine  bedeutende  Thätigkeit.  Letztere  besonders, 
sowohl  durch  ihre  ärztliche  Praxis  als  auch 
durch  ihre  Presse  unterstützt,  die  sich  um  die 
Vereinfachung  des  Druckes  der  Chinesischen 
Schrift   bedeutende   Verdienste   erworben  hat. 

1860  wurde  dieselbe  nach  Shanghai  verlegt. 
1848  kam  auch  die  Englisch-Kirchliche  Mission 
nach  Ningpo. 

Alle  diese  Gesellschaften  haben  nach  und 
nach  auch  in  der  Umgegend  Eingang  gefunden 
und  zahlreiche  Aussenstationen  angelegt.  Na- 
mentlich der  dicht  bevölkerte  Sanpo  -  Distrikt 
nördlich  von  der  Stadt  bot  ein  ergiebiges  Feld 
für  die  Presbyterianische  und  Kirchliche  Mission ; 
die  Baptisten  dagegen  fanden  in  dem  ferneren 
(S.  -  W.)  Kinghwa  erfreuliche  Erfolge.  Diese 
Arbeiten  wurden  durch  die  Taipings,  welche 

1861  Ningpo  eroberten  und  die  ganze  Um- 
gegend hart  mitnahmen,  sehr  gestört.  Nachdem 
jene  aber  durch  die  Engländer  zurückgeschlagen 
und  die  Gegend  wieder  beruhigt  war,  haben 
sich  die  Gemeindlein  der  Aussenstationen  wieder 
zusammengefunden  und  sind  in  stetiger  Zunahme 
begriffen,  wenn  sie  auch  hinter  denen  der  Amoy- 
mission  zurückstehen. 

Neuer  und  noch  minder  ausgedehnt  sind  die 
Arbeiten  der  Englischen  Unirten  Methodisten 
(seit  1864),  sowie   der  Unirten  Presbyterianer 

44 


aus  Schottland  (seit  1865),  die  sich  beiderseits 
auf  die  Stadt  beschränken.  Letztere  haben  ein 
Hospital. 

Von  Ningpo  aus  haben  in  neuerer  Zeit 
verschiedene  Gesellschaften  die  Hauptstadt  der 
Provinz,  Hang  chau  fu,  besetzen  können. 

In  Shanghai  wurde  die  evangelische  Mis- 
sion zuerst  von  der  Londoner  Gesellschaft  auf- 
genommen (1843).  Sie  ist  die  einzige,  welche 
ihre  Thätigkeit  nicht  auf  die  Stadt  beschränkt, 
sondern  eine  Anzahl  Aussenstationen  in  der 
Umgegend  besitzt,  deren  wichtigste  im  Carton 
angegeben  sind*).  In  der  Stadt  haben  sie  Ho- 
spital und  Druckerei.  Die  Amerikanische  Epis- 
copale  Mission  fand  hier  nach  lOjähriger  Vor- 
bereitung in  Batavia  und  Macao  ihr  Arbeits- 
feld ,  auf  dem  Bischof  Boone  lange  im  Segen 
wirkte.  An  der  Heranbildung  eingeborner  Geist- 
licher ist  mit  Erfolg  gearbeitet.  Auch  konnte 
von  hier  aus  diese  Mission  sich  in  neuerer  Zeit 
nach  Peking  und  Wuchang  ausdehnen. 

Sonst  sind  aus  Amerika  hier  Presbyterianer 
thätig  seit  1848,  sowie  Methodisten  und  Bap- 
tisten aus  den  Südstaaten  (Meth.  Episcop.  Church 
South  und  Southern  Bapt.  Convention) ,  welche 
letztere  trotz  des  Krieges,  obwohl  unter  grossen 
Schwierigkeiten,  ihr  Werk  fortführten,  das  nun 
aus  ihi"er  Heimath  allmählig  wieder  kräftiger 
unterstützt  wird.  Die  Methodisten  arbeiten 
auch  in  Su  chan  und  einigen  anderen  Aussensta- 
tionen. Die  Baptistischen  Sabbatharier  (Seventh 
Day  Baptists)  wq-ren  in  der  letzten  Zeit  nur 

*)  Auch  das  entferntere  Su  ihau  gehört  dazu. 


durch  einen  eingebornen  Arbeiter  vertreten, 
ebenso  die  Chui'ch  Miss.  Society.  Die  Britische 
Bibelgesellschaft  hat  hier  einen  eigenen  Vertreter, 
I  der  eine  Zahl  von  eingebornen  Colporteuren 
leitet. 

In  neuester  Zeit  ist  in  den  beiden  in  Kede 
•  stehenden  Provinzen  eine  ausgedehnte,  energisch 
beginnende  Mission  eingetreten:   Die  Englische 
China-Inland-Mission,  deren  Arbeiter  mit  grosser 
Hingabe  sich  den  Eingebornen  in  Tracht,  Sitte 

i  u.  s.  w.  möglichst  accommodiren ,  um  an  tiefer 

t 

!  im  Innern  gelegenen  und  vom  europäischen  Ver- 

I  kehr  noch  entfernten  Plätzen  ihren  Wohnsitz 

[  zu  nehmen. 

Wie  die  Karte  zeigt  haben  sie  in  wenigen 

j  Jahren  eine  bedeutende  Anzahl  Stationen  gegrün- 
det, und  wenn  sie  auch  kürzlich  in  Yang  chau 

j  eine  schwere  Anfechtung  betraf,  so  ist  doch 
schon  von  manchem  gesegneten  Erfolge  zu  be- 
richten. Shanghai  und  Ningpo  bilden  die  Basis 
für  diese  Unternehmungen  im  Innern. 

Der  schnell  steigende  Handelsverkehr  auf 
dem  Yang  tsz  kiang,  dem  bereits  mehrere  Plätze 
geöffnet  sind,  hat  auch  der  Mission  schou  die 
Wege  gebahnt.  Londoner  und  Wesleyaner  wir- 
ken seit  einigen  Jahren  schon  in  Hankau,  von 
wo  aus  die  ersteren  auch  Aussenstationeu  in 
der  Umgegeud  gründeten;  die  letzteren  aber 
die  grosse  Nachbarstadt  Wuchang  besetzten.  Die 
Amei'ik.  Episcopalen  haben  sich  neuerlichst  da- 
selbst, sowie  auch  in  Kiu  kiang,  niedergelassen. 

(Siehe  JSTo.  25  und  den  Carton  daselbst  oben 
links.) 


^\  29.  Nord -China. 


Das  vorliegende  Blatt  zeigt  uns  das  jüngste 
der  evangelischen  Missionsfelder  in  China,  das 
erst  nach  dem  Friedensschluss  von  Peking  (1860) 
eröffnet  wurde.  Hier  bietet  die  Hauptstadt  den 
wichtigsten  Punkt,  der  auch  für  die  Missions- 
arbeit im  ganzen  Reiche  von  der  höchsten  Be- 
deutung ist.  Die  zwei  Millionen  Einwohner  zäh- 
lende Stadt  liegt  nicht  fern  vom  Pei  ho,  in  einer 
flachen,  sandigen  Ebene,  die  sich  weit  gegen 
Süden  erstreckt  und  den  minder  fruchtbaren 
Theil  des  Reiches  ausmacht.  Der  früher  nach 
Osten  Üiessende  Hwang  (Hoang)-  ho  hat  seit 
etwa  einem  Jahrzehnt  seinen  Weg  in  nordöst- 
licher Richtung  erhalten  und  mündet  nun  in  den 
Meerbusen  von  Peh  chi  Ii.  Südlich  von  dem 
letzteren  springt,  ein  breites  Gebirgsland,  das  die 
Provinz  Shantung  ausmacht,  in's  Meer  vor.  Die- 
ses bildet  den  Übergang  von  jener  Ebene  zu 
den,  auf  dem  vorhergehenden  Blatte  dargestellten 
fruchtbarsten  Theilen  Chiua's. 

Chi  fu  (Cheefoo)  und  Teng  chau  (Tung  chow) 
sind  die  beiden  Hafenstädte  an  der  Küste  von 
Shantung,  die  für  den  Verkehr  mit  Ausländern 
von  Bedeutung  sind.  Hier  wurden  zuerst  die 
Erfolge  des  letzten  Krieges  wahrgenommen,  um 
evangelische  Missions-Stationen  zu  gründen,  und 
zwar  von  Baptisten,  Englischen  und  Amerika- 
nischen aus  den  Südstaaten,  so  wie  von  Ame- 
rikanischen Presbyterianern.  Ein  Versuch  der 
Pariser  Gesellschaft  war  von  sehr  kurzer  Dauer. 
Überhaupt  wurden  diese  Missionen  schon  im 
ersten  Jahre  ihres  Bestehens  bedeutend  gestört 
durch  das  Vordringen  roher  Rebellenhorden, 
denen  zwei  Missionare  zum  Opfer  fielen.  Später 
jedoch  gedieh  das  "Werk  und  verbreitete  sich  in 
die  Umgegend,  wo  nunmehr  bereits  auf  verschie- 

Giundeiuanu  :  HiaiionnaUas.  II,  7. 


denen  Aussen  -  Stationen  Gemeinden  gesammelt 
sind,  die  sich,  trotz  der  neuerlichst  wiederholten 
Unruhen,  gehalten  haben. 

Der  zweite  Posten,  den  die  Mission  auf  ihrem 
Wege  zur  Hauptstadt  besetzte ,  war  Tientsin, 
eine  Stadt  von  200,000  Einwohnern  und  Hafen 
von  Peking,  in  der  sich  Missionare  der  Londoner 
Gesellschaft  so  wie  der  New  Connexion  Metho- 
dists  niederliessen  (1861).  Die  letzteren  fanden 
später  in  dem  südlich  gelegenen  Lauling-Distrikt 
ein  sehr  ergiebiges  Missionsgebiet,  auf  dem  bald 
verhältnissmässig  zahlreiche  Gemeinden  sich  zu- 
sammenfanden. Dieselben  haben  bereits  harte 
Prüfungskämpfe  zu  bestehen  gehabt.  Auch  die 
Londoner  Mission  konnte  in  jener  Gegend  er- 
folgreiche Aussenstationen  anlegen. 

Das  Hauptziel  der  Mission  in  China  war  die 
Hauptstadt  Peking,  in  der  bereits  1861  die 
letztgenannte  Gesellschaft  ein  Hospital  errich- 
tete. In  den  folgenden  Jahren  fanden  sich  die 
Arbeiter  der  übrigen  auf  der  Karte  angedeuteten 
Gesellschaften  ein.  Die  Riesenstadt  würde  frei- 
lich noch  für  mehr  Kräfte  Raum  haben.  —  Die 
Katholische  Mission  hat  hier  an  den  bedeutenden 
Grundstücken  und  Gebäuden,  die  in  früheren 
Zeiten  confiscirt  waren,  nun  aber  zurückgegeben 
sind,  ihren  Vorschub.  Die  Russisch-Griechische 
Mission  besteht  schon  über  ein  Jahrhundert  für 
gefangene  Kosaken,  die  hier  angesiedelt  wurden, 
und  ihre  Nachkommen.  Es  soll  ihr  kaum  ge- 
lungen sein,  diese  vor  dem  Verfall  in  Chinesi- 
sches Heidenthum  zu  bewahren. 

Der  Amerikan.  Board  hat  endlich  einen 
Vorposten  bereits  weit  nach  Nordwesten  bis  an 
die  Grenzen  der  Mongolei  vorgeschoben,  in  Kai- 
gan, einer  Handelsstadt  au  der  grossen,  durch 

45 


Sibirien  führenden  Karawanen-Strasse.  Auch  in 
dem  südwestlich  gelegenen  Pau  ting  fu  ist  eine 
Aussenstation  errichtet. 

Nach  der  anderen  Seite  dehnte  der  hoch- 
verdiente Missionar  Bums  die  Mission  aus,  in- 


dem er  das  "Werk  in  Niu  chwang  dem  nörd- 
lichsten der  geöffneten  Hafenplätze,  dem  Golfe 
von  Liän  tong  begann.  Nach  seinem  bald  dar- 
auf erfolgten  Tode  haben  die  Irischen  Presby- 
terianer  dieses  Arbeitsfeld  aufgenommen. 


ALLGEMEINER 

MISSIONS-ATLAS 


NACH  ORIGINALQUELLEN 


BEARBEITET 

.  VON 

V 

R.  GRUNDEMANN 

PFAKßEH  ZU  MÖRZ  BEI  UELZIG. 


POLYNESIEN. 


GOTHA: 


JUSTUS  PERTHES. 
1870. 


DIE 


MISSIONEN  IN  POLYNESIEN 


IN  ZWÖLF  KAETEN 

MIT 

ERLÄUTERNDEM  TEXTE 


DARGESTELLT 

VON 

R.  GRUNDEMANN 

l'FARKEK  ZU  MÖRZ  BEI  BELZIG. 


GOTHA: 


JUSTUS 
1870. 


PERTHES. 


Alissions  Atlas. 


Polvnes,  X?  l 


i  3T0NGA 


MAIfOAlA 


ni  .irkv  rHelffiivIli 


'I  PERTHES. 


N".  1.  Die  Inseln  des  Grossen  Oceans. 


Der  Grosse  Ocean,  dessen  oft  vom  Sturm 
gepeitschte  Finthen  mit  Unrecht  „Stilles  Meer" 
genannt  werden,  so  wenig  als  er,  weit  nach 
Norden  sich  erstreckend ,  als  Südsee  bezeichnet 
werden  kann,  ist  eingefasst  von  zwei  "Weltthei- 
len,  die  er  früher  wie  eine  mächtige  Kluft  zu 
trennen  schien ,  während  er  nun  immer  mehr 
das  geeignete  Mittelglied  für  einen  regen  Ver- 
kehr derselben  bildet.  So  hat  auch  erst  die  neue 
Zeit  den  dichten  Schleier  aufgehoben,  der  lange 
über  der  Inselwelt  gebreitet  lag,  die  er  um- 
schliesst.  Es  ist  eine  eigene  Welt.  Unbedeutend 
scheinen  die  Eilande,  deren  viele  wir  in  der 
Idee  ihrer  Fläche  nach  zehnfach  vergrössern 
raussten,  um  sie  nur  als  Pünktchen  in  unserem 
Maassstabe  darstellen  zu  können.  Und  doch  fehlt 
ihnen  nicht  die  Mannigfaltigkeit,  die  eine  sel- 
tene Fülle  landschaftlicher  Schönheit  erzeugt. 
So  besonders  bei  den  Hohen  Inseln.  Diese  Klasse 
verdankt  ihren  Ursprung  vulkanischer  Thätig- 
keit.  Es  sind  die  höchsten  Gipfel  der  reich- 
gegliederten unterseeischen  Gebirge,  die  bis  jetzt 
noch  einer  genaueren  Erforschung  sich  entzogen 
haben.  Diese  Gipfel  aber  ragen  in  einigen  Fällen 
bis  an  14,000  Fuss  über  den  "Wasserspiegel 
hervor,  umgeben  von  massigeren  Höhen.  An 
manchen  Orten  findet  sich  eine  fortdauernde 
vulkanische  Thätigkeit,  während  fast  alle  Hohen 
Inseln  Spuren  erloschener  Vulkane  zeigen.  Das 
Tropen-Klima,  hier  gemildert  durch  die  kühlende 
Fluth ,  kleidet  die  Berge  mit  unverwelklichem 
Grün,  während  die  Schluchten  und  Thäler  nie 
versiegende  Bäche  führen.  Die  Vegetation  ist 
reichhaltig.  Schlanke  Palmen  wiegen  ihre  Wedel 
in  den  Lüften;  üppig  wuchern  die  breitblätte- 
rigen Bananen;  kräftige  Brodfruchtbäume  liefern 
die  Fülle  treölicher  Früchte,  und  manche  Knol- 
lengewächse geben  reichliche  Nahrung  (Yams, 
Taro  etc.).  Ärmlicher  war  ursprünglich  die 
Thier  weit  vertreten.  Mannigfache  schön  befie- 
derte Tauben -Arten  und  andere  Vögel  freilich 
girren  in  den  Zweigen,  doch  von  Vierfüsslern 
waren  nur  Schwein ,  Hund  und  Ratte  vor- 
handen.  Seit  der  Entdeckung  sind  Europäische 

Grundemann :  Misaionsallas.   III,  S. 


Hausthiere  und  manche  Kulturpflanzen  ein- 
gefiilirt  worden. 

Das  Innere  dieser  Inseln  ist  meist  nicht  be- 
wohnt; selbst  da,  wo  es  wohlzugänglich  wäre, 
und  wo  auch  Ruinen  zeigen,  dass  frühere  Gene- 
rationen dort  ihren  Wohnsitz  hatten,  leben  die 
jetzigen  Insulaner  fast  nur  am  Strande.  An 
manchen  Stellen  ist  derselbe-  schroff  mit  Basalt- 
Felsen  abfallend,  an  denen  die  Brandung  furcht- 
bar tobt,  oft  aber  legt  sich  ein  fl.acher  Gürtel 
fruchtbaren  Landes  um  den  Fuss  der  Berge, 
dessen  Sandrand  von  einer  spiegelglatten  Lagune 
umgeben  ist,  die  durch  einen  starken  Korallen- 
Damm  vor  der  Macht  der  Wogen  geschützt  wird. 
Jener  Damm,  von  den  bekannten  Thierchen  auf- 
gebaut, übersteigt  die  Oberfläche  des  Wassers 
wenig,  ja  wird  oft  von  der  Fluth  überstiegen. 
Hie  und  da  aber  haben  sich  Stellen  gebildet, 
die  von  jener  nicht  mehr  erreicht  werden.  Weis- 
ser Korallensand  von  den  zerriebenen  Felsen 
bedeckt  sie.  Auf  demselben  sprosst  niederes  Ge- 
sträuch und  die  Kokos-Palme,  die  für  jene  Insel- 
welt so  bezeichnend  ist. 

Mit  dieser  Beschreibung  aber  kommen  wir 
schon  zu  einer  anderen  Gattung  der  Inseln, 
den  Niedrü/en  Korallen  -  Inseln.  Sie  bestehen 
lediglich  aus  solch'  einer  Korallen  -  Mauer ,  auf 
der  sich  jene  grünen  Inselchen  oft  in  grösster 
Zahl  finden.  Bei  andern  ist  diese  Mauer  so  weit 
gehoben,  dass  sie  eine  zusammenhängende  Insel 
bildet,  die,  bei  mehreren  Seemeilen  Länge,  in 
der  Breite  nur  einige  hundert  Schritt  misst. 
Gewöhnlich  schliesst  sich  der  Korallen-Damm  zu 
einem  Ringe  zusammen,  dessen  Mitte  dann  die 
oben  erwähnte  Lagune  einnimmt.  Herrlich  prangen 
in  dem  klaren  Wasser  derselben  die  animalischen 
Wälder  der  Korallen  in  leuchtenden  Farben  blau, 
gelb  und  roth,  während  schillernde  Fische  flink 
zwischen  ihren  Ästen  dahinschiessen.  Diese 
Schönheit  der  Lagune  ersetzt  einigermaassen, 
was  sonst  den  niedrigen  sandigen  Inseln  in  ihrer 
Eintönigkeit  mangelt.  Die  Vegetation,  obgleich 
nicht  karg,  ist  in  ihren  Arten  hier  sehr  be- 
schränkt, während  die  Hohen  Inseln  eine  viel 

47 


reichere  Auswahl  bieten.  Quellen  fehlen,  Trink- 
wasser lässt  sich  nur  durch  Sammeln  des  Regen- 
wassers gewinnen,  doch  auch  die  Kokosnuss  mit 
ihrem  frischen  Safte  beugt  dem  drohenden  Durste 
vor. 

Endlich  haben  wir  aber  noch  eine  dritte 
Klasse  von  Inseln  zu  erwähnen.  Wie  in  ande- 
ren Gegenden  ein  Steigen  oder  Fallen  des  Lan- 
des wahrgenommen  wird,  so  auch  im  Grossen 
Ocean.  Wird  eine  niedrige  Insel  der  Art  ge- 
hoben, so  kommt  der  Grund  ihrer  Lagune  all- 
mählich in  den  Bereich  der  Korallen  -  Arbeit  ••') ; 
dadurch  wird  dieselbe  nach  und  nach  ausgefüllt. 
Geht  die  Hebung  fort,  so  sterben  die  Thierchen 
über  dem  Wasser  ab  und  bilden  den  Korallen- 
Felsen  ,  wie  überhaupt  da ,  wo  sie  den  tiefsten 
Wasserstand  überschreiten.  Der  Art  finden  wir 
Korallen  -  Inseln  mit  schroffen  ,  zum  Theil  von 
der  Brandung  zu  den  sonderbarsten  Gestalten 
unterwühlten  Felswänden,  die  200  —  300  Fuss 
über  das  Wasser  hervorragen  **) ;  man  nennt 
sie  „Hohe  Korallen  -  Inseln".  Bei  manchen  ist 
die  Erhebung  noch  geringer,  und  es  finden  sich 
die  Spuren  der  verschwindenden  Lagune  als  ein 
Sumpf  mit  brackigem  Wasser. 

Der  fruchtbare  Boden,  der  bei  diesen  Hohen 
Korallen-Inseln  zum  grossen  Theil  an  die  Stelle 
des  Korallensandes  tritt,  hat  eine  reichhaltigere 
Vegetation  zur  Folge. 

Diess  sind  die  verschiedeneu  Gestalten,  welche 
die  festen  Plätze  im  Grossen  Ocean  aufweisen. 

Ein  interessantes  Volk  bewohnt  dieselben, 
selbst  noch  ein  Käthsel  für  die  Forscher.  Be- 
deutungsvoll dafüi",  wie  überhaupt  Menschen  auf 
diese  Eilande  kamen,  sind  die  Strömungen,  die 
noch  jetzt  Gruppen  der  Eingebornen  nicht  selten 
Tausende  von  Meilen  zu  entlegenen  Inseln  füh- 
ren. Woher  aber  kamen  jene  lichtbraunen  Men- 
schen mit  den  schlichten  schwarzen  Haaren,  jene 
schönen  Gestalten  mit  intelligenten  Gesichtern, 
die  so  vielfach  durch  bewunderungswürdige  Fer- 
tigkeiten andere  Völkerstämme  übertrefifen ,  ja 
denen  eine  originale  Kultur-Entwickelung  nicht 
abgesprochen  werden  kann?  Aus  den  dunkelen 

*)  Dieselben  bauen  nicht  tiefer  als  etwa  100  Fuss. 
Die  Inseln  sind  daher  nicht  vom  Meeresgrunde  aufgebaut, 
sondern  auf  Erhöhungen  im  Meere.  Die  Ringforni  liisst 
auf  Krater  schliessen. 

**)  Z.  B.  die  Loyalty- Inseln ,  die  Vavau- Gruppe  und 
andere. 


Andeutungen  ihrer  Mythologie  lässt  sich  nichts 
Genaues  ermessen,  doch  vermuthet  man  meist 
einen  Zusammenhang  mit  den  Malaien  und  durch 
diese  mit  den  Indiern,  daher  man  die  Race  als 
Austral-Indier  bezeichnet  hat.  Ihre  Sprache,  die 
sich  in  acht  verschiedene  Dialekte  mit  bestimm- 
tem Lautwechsel  entfaltet  hat,  ist  überaus  weich 
und  vokalreich.  Weich  ist  im  Ganzen  auch  der 
Volkscharakter,  obwohl  oft  entfesselte  Leiden- 
schaften sie  von  einer  ganz  anderen  Seite  ken- 
nen lehren.  Wie  wäre  es  sonst  möglich,  dass 
dieses  Volk  die  grausigsten  Tiefen  menschlichen 
Verderbens  erreicht  hat,  die  kaum  irgend  sonst 
sich  so  wiederfinden?  Der  Kannibalismus  mit 
seinen  Gräueln  hat  zwar  nicht  auf  allen  Grup- 
pen Eingang  gefunden,  Menschenopfer  aber  waren 
wohl  einst  überall  üblich,  wie  auch  der  Kinder- 
mord in  engster  Verbindung  mit  der  Polynesi- 
schen  Hauptsünde,  der  Unkeuschheit. 

Die  Verfassung  ist  patriarchalisch  mit  hie- 
rarchischen Elementen,  welclie  letztere  beson- 
ders im  Tabu  zu  Tage  treten,  jenem  Bann, 
durch  den  irgend  etwas  für  alle  übrigen  Men- 
schen gleichsam  nicht  mehr  da  und  nur  noch 
für  den  Häuptling  vorhanden  ist.  Da  die  Be- 
völkerung auch  kleinerer  Inseln  in  viele  Stämme 
zersplittert  ist,  ja  oft  jedes  Dorf  unter  seinem 
Haupte  ein  eigenes  Gemeinwesen  ausmacht,  so 
fehlte  es  in  der  vorchi-istlichen  Periode  nicht 
an  fortwährender  Fehde  mit  blutigen  Kämpfen. 
Eine  Aristokratie,  die  dem  Häuptling  zur  Seite 
steht,  bildet  eine  völlige  Kastentheilung.  Nur 
auf  einigen  Gruppen  (Tonga,  Hawaii  Tahiti) 
haben  es  kräftige  Charaktere  zur  Herstellung 
einheitlicher  Reiche  gebracht. 

Die  Religion  wurzelte  in  einer  complicirten 
Mythologie,  die  bei  gemeinsamen  Anklängen  auf 
den  verschiedenen  Gruppen  sich  verschieden  ge- 
staltet hatte.  Unförmliche  Götzen  von  Holz 
verehrte  man  an  jenen  einsamen  Plätzen  der 
Marals,  die  nur  zu  oft  mit  dem  Blute  der 
Schlachtopfer  besudelt  wurden. 

Doch  die  Zeiten  sind  vergangen.  Nirgends 
sonst  hat  in  neuerer  Zeit  das  Christenthum  einen 
durchgreifenderen  Umschwung  hervorgerufen  als 
unter  den  Polynesischen  Stämmen.  Bei  Ver- 
gleichung  der  Berichte  Europäischer  Entdecker 
mit  den  Scliilderungen  der  gegenwärtigen  Zu- 
stände muss  man  erstaunen  über  die  schroffe 
Kluft,  die  sich  zwischen  dem  „Sonst"  und  „Jetzt" 


aufthut,  um  so  mehr,  da  jeues  bis  iu  den  An- 
fang, ja  selbst  die  weiteren  Jahrzehnte  unseres 
Jahrhunderts  hineinreicht. 

Magellan  (Maghalhaes)  war  der  Erste,  der 
sich  durch  das  weite  Meer  gewagt  hatte  (1519). 
In  den  nächsten  Jahrhunderten  fand  er  nur  ver- 
einzelte Nachfolger.  Der  berühmte  Cook  erst 
erschloss  die  Inselwelt  den  Europäischen  Ein- 
flüssen. Ihm  folgte  bald  (1796)  das  erste  Mis- 
sions-Schiff, der  „Duff",  der  nach  Tahiti,  den  Mar- 
qucsas-  und  Tonga -Inseln  eine  Anzahl  Missio- 
nare der  Londoner  Gesellschaft  brachte.  Die 
letzteren  Stationen  waren  jedoch  nur  von  kurzer 
Dauer,  und  auch  auf  der  ersteren  hatte  das 
Christenthum  manche  Kämpfe  zu  bestehen,  bis 
es  den  Sieg  erlangte.  Von  dort  aus  breitete  es 
sich  dann  seit  dem  zweiten  Jahrzehnt  nach  den 
anderen  Gruppen  aus,  wobei  der  rastlose  Apo- 
stel Polynesiens,  John  Williams,  der  1839  als 
Märtyrer  fiel,  nicht  übersehen  werden  darf.  Von 
anderer  Seite  begannen  die  Methodisten  ihre 
erfolgreichen  Arbeiten  auf  den  Tonga-Inseln  und 
der  Amerikanische  Board  auf  den  Hawaii-Inseln, 
während  die  Englisch-kirchliche  Gesellschaft  sich 
der  Poljmesier  Neu-Seelands  annahm. 

Die  Erfolge  sind  grossartig.  Die  meisten 
jener  Inselgruppen  können  als  christianisirt  an- 
gesehen werden.  Die  verschiedenen  Dialekte 
sind  zu  Schriftsprachen*)  erhoben.  Lesen  und 
Schreiben  ist  allgemein  bekannt,  die  Bibel  und 
eine  chi-istiiche  Literatur  ist  verbreitet  und  selbst 
Zeitschriften  fehlen  nicht.  Die  Wirkungen  des 
Christenthums  insbesondere  können  ermessen 
werden  an  der  Aufopferungsfreudigkeit,  mit  der 
sich  Eingebornc  zu  Missionaren  selbst  auf  ge- 
fährlichen Posten  hergeben  **),  während  die  Ge- 
meinden reichlichere  Beiträge  für  kirchliche 
Zwecke  und  die  Mission  aufbringen,  als  man 
nach  ihren  Verhältnissen  erwarten  möchte. 

Doch  fehlt  es  den  heutigen  Zuständen  Poly- 
nesiens nicht  an  Schatten.  Es  war  nicht  allein 
die  Mission,  die  Europäische  Einflüsse  dorthin 


*)  Die  Laute,  deren  Zahl  meist  auf  IG  bis  lö  be- 
schränkt ist,  werden  mit  den  entsprechenden  Zeichen  un- 
seres Alphabets  geschrieben;  für  ng  wird  jedoch  nur  ,,g" 
gesetzt. 

**)  Die  kleineren  und  entlegeneren  Inseln  werden  mit 
eingebornen  Predigern,  die  iu  besonderen  Seminaren  ge- 
bildet werden,  besetzt.  Andere  gehen  nach  Melanesien, 
wo  für  das  Cbristenthum  der  erste  Grund  zu  brechen  ist. 


brachte.  Gleichzeitig  begann  die  Handelsschiff- 
fahrt durch  den  Grossen  Occan.  Sandelholz, 
Trepang*),  Schildpatt,  vor  Allem  aber  der  Wal- 
fischfang gewährte  reiche  Ausbeute.  Der  dadurch 
hervorgerufene  Verkehr  mit  den  Eingebornen 
wirkte  auf  diese  höchst  nachtheilig.  Einzelne 
weggelaufene  Seeleute  Hessen  sich  auf  dieser 
und  jeuer  Insel  nieder  und  gewannen  grossen 
Einfluss,  der  oft  nur  zu  verderblich  angewendet 
wurde.  Solche  „Eunaways"  oder  andere  Aben- 
teurer finden  sich  fast  auf  allen,  auch  den  ent- 
legensten Inselchen. 

In  neuerer  Zeit  gewinnt  ein  gediegenerer 
Handel,  besonders  mit  Kokos-01  und  -Fasern, 
grosse  Bedeutung.  Ein  Hamburger  Handelshaus 
hat  seine  zahlreichen  Agenten  für  denselben  auf 
den  verschiedenen,  auch  kleineren  Inseln.  Vor 
einigen  Jahren  aber  erreichten  die  verderblichen 
Einflüsse  wohl  ihren  Gipfel  mit  den  Sklaven- 
schiffen aus  Peru,  die  manches  Inselehen  fast 
entvölkert  haben,  indem  sie  die  Eingebornen  oft 
durch  die  schändlichsten  Mittel  in  ihre  Gewalt 
brachten. 

Auf  der  anderen  Seite  dürfen  aber  auch 
Schatten  nicht  verschwiegen  werden,  die  in  Ein- 
seitigkeiten der  Mission  ihren  Grund  haben. 
Das  übertriebene  gesetzliche  Wesen ,  das  auf 
Äusserlichkciten  ein  Gewicht  legt,  das  Verbot 
des  Tabakrauchens,  die  mit  der  Kirchenzucht 
verbundenen  Bussleistungen,  die  den  Häuptlin- 
gen, ja,  man  sagt  auch  den  (eingebornen)  Pre- 
digern, Vortheil  gewähren,  u.  s.  w.  gehören  mit 
zu  der  unvollkommenen  Schale,  in  die  der  edle 
Kern  des  Christenthums  auch  dort  gekleidet  ist. 

Hier  haben  die  Feinde  der  Mission  immer 
ihre  Anknüpfungspunkte  gesucht.  Aber  auch  die 
katholische  Mission  hat  sich  hie  und  da  mit 
Erfolg  einer  dort  einhetzenden  Polemik  bedient. 
Ihr  „heiteres  Christenthum"  freiüch  geht  auch, 
der  Zügellosigkeit  Thor  und  Thür  öffnend,  ins 
andere  Extrem  über,  so  dass  das  „Lotu  popi"**) 
unter  den  evangelischen  Polynesieru  keinen  guten 
Klang  haben  kann.  Die  katholische  Mission  be- 
gann 1834  auf  Mangareva  (Gambier-Inseln,  vgl. 
No.  9),  wo  sie  Anfangs  ihr  Centrum  errichtete. 

*)  Seewalzen  (Mollusken),  die  gedörrt  als  Leckerbissen 
nach  China  gebracht  werden. 

**)  Papst -Evangelium,  so  wird  der  Eatholicismus  ge- 
nannt ,  während  die  evangelische  Uonfession  Lotu  oder 
Lotu  Beritani,  Britisches  Evangelium,  heisst. 


Später  ist  dasselbe  nach  Uea  (Wallis -Inseln,  i 
vergl.  No.  6)  verlegt,  von  wo  aus  der  eifrige  j 
Bischof  Bataillon  auf  den  benachbarten  Gruppen 
Einfluss  zu  gewinnen  sucht,  —  da  und  dort  frei- 
lich vergeblich,  wie  auf  den  Tonga  -  Inseln ,  wo 
das  Evangelium  so  fest  gewurzelt  ist,  dass  selbst 
Französische  Drohungen  und  Gewaltthaten  dem 
Ifatholicismus  keinen  Nachdruck  verleihen  konn- 
ten. Mehr  Anhang  hat  derselbe  auf  den  Hawaii- 
Inseln  erlangt. 

Traurig  aber  ist  es,  dass  nicht  allein  die 
Evangelischen  und  Katholischen  einander  gegen-  j 
über  stehen,  sondern  dass  auch  unter  den  erste-  | 
ren  Streitigkeiten  verschiedener  Denominationen 
entstanden  sind,  und  zwar  wegen  der  Arbeits- 
gebiete auf  den  Samoa-Inseln  (vergl.  zu  No.  8), 
oder  jener  neue  Eingriff  der  Anglikanischen 
Mission  in  das  alte  Feld  der  Amerikanischen  } 
Independenten  auf  den  Hawaii-Inseln.  Die  Ein-  1 
geborneu,  sobald  sie  Partei  ergriffen  haben,  er- 
scliweren  jegliche  Beilegung  solchen  Streites. 

Alles  bisher  Gesagte  bezieht  sich  zunächst 
auf  die  Polynesicr  im  engeren  Sinne*).  Nicht 
alle  Inseln  des  Grossen  Oceans  sind  jedoch  von  ! 
diesen  bewohnt.  Die  westlichen  Gruppen  süd- 
lich vom  Äquator  bezeichnet  man  als  Melane- 
sien, die  entsprechenden  nördlich  von  demselben  ^ 
als  Mikronesien.  (Vergl.  No.  4  und  No.  12.) 

Das  erstere  Gebiet  zeigt  ethnographisch  den 
entschiedensten  Unterschied  von  dem  eben  be- 
sprochenen. Die  Papuas,  diese  fast  schwarzen 
muskellosen  Gestalten  mit  dem  ausdruckslosen 
Gesicht  und  dem  Wust  gekräuselter  Haare  auf 
dem  Kopfe,  stechen  auffallend  von  den  oben 
geschilderten  Polynesiern  ab.  Sie  stehen  auf 
einer  viel  tieferen  Stufe  der  Kultur  und  reden  1 
eine  ganz  abweichende,  in  unzählige  Dialekte 
zersplitterte  Sprache.  Nur  an  wenigen  Punkten 
hat  unter  ihnen  das  Christenthum  entscliiedene 
Siege  gewonnen;  zum  grössten  Theil  sind  die 
Gräuel  des  rohesten  Heidenthums  in  vollem 
Schwange. 

Diess  Gebiet  der  Inselwelt  steht  im  nächsten 
Zusammenhange  mit  Australien,  resp.  Neu-Guinea. 
Mikronesien  aber,  obgleich  den  echten  Polyne- 
siern näher  verwandt,  lässt  auf  Beziehungen  zu 
Ost-Asien  schliessen.  Die  früheren  katholischen 


*)  Auch  unter  diesen  sind  u.  B.  ilie  Marquesas-lnsu- 
lancr  weit  hinter  den  anderen  zurück. 


Missionen  auf  dem  letzteren  Gebiete  haben  nicht 
sehr  segensreiche  Früchte  geliefert.  Die  evange- 
lische Mission  dagegen  steht  hier  noch  in  ihren 
Anfängen. 

Die  übrigen  Insel-Gruppen  des  Grossen  Oceans, 
mit  Ausnahme  der  hei  len  eben  erwähnten  Ge- 
biete, machen  Polynesien  im  engeren  Sinne  aus. 
Zu  erwähnen  ist  jedoch ,  dass  die  Viti  -  (Fiji  -) 
Gruppe  eine  mittlere  Stellung  zwischen  Melane- 
sien und  Polynesien  einnimmt.  Die  Bevölkerung 
wird  als  Mischlingsrace  angesehen,  die  einerseits 
mit  ihren  östlichen  Nachbarn  nach  Sitte,  Mytho- 
logie, Struktur  der  Sprache  verwandt  ist,  wäh- 
rend sie  in  Grausamkeit,  Kannibalismus  u.  s.  w. 
den  westlichen  Nachbarn  gleicht.  Bei  ihr  hat 
das  Christenthum  zum  Theil  bereits  herrliche 
Triumphe  gefeiert  ,  während  andere  Theilc  der 
Gruppe  mit  vollem  Heidenthum  ihm  schroff  ent- 
gegenstehen. Was  wir  von  jenen  anderen  Insel- 
gruppen als  das  scharf  geschiedene  „Sonst"  und 
„Jetzt"  erwähnten,  finden  wir  auf  Viti  heute 
noch  im  schneidendsten  Gegensatz  neben  einander. 

So  Verschiedenes  aber  von  den  verschiedenen 
Gebieten  des  Grossen  Oceans  zu  sagen  war,  zum 
Schluss  ist  noch  ein  Zug  zu  erwähnen,  der  alle 
in  gleicher  Weise  trifft.  Es  ist  das  Aussterben 
der  Eiugebornen.  Feinde  der  Mission  haben 
diese  dafür  verantwortlich  machen  wollen ,  mit 
Unrecht,  denn  in  einzelnen  Fällen  lässt  sich 
schlagend  nachweisen,  wie  ein  bei'eits  schleu- 
nigeres Aussterben  seit  den  Einflüssen  der  Mis- 
sion verlangsamt  wurde.  Auf  einigen  Gruppen 
scheint  sogar  seit  einigen  Jahren  die  Seeleuzah] 
sich  gleichmässig  halten  zu  wollen.  Es  ist  nach- 
gewiesen, dass  die  Abnahme  der  Bevölkerung 
schon  vor  der  Zeit  der  Europäischen  Entdeckungs- 
reisen eingetreten  wai".  Dass  sie  durch  den  Ver- 
kehr mit  Europäern  beschleunigt  wurde,  steht 
fest.  Schreckliche  Epidemien  (Pocken ,  Masern, 
Scharlachfieber)  decimiren  hie  und  da  das  Volk, 
still  siechen  Viele ,  oft  gediegene  Christen ,  an 
der  Schwindsucht  dahin,  und  Andere,  namentlich 
die  der  Zucht  des  Wortes  Gottes  widerstreben, 
werden  von  dem  ekelhaften  Gifte  der  Lustseuche 
verzehrt.  Diese  zeigen  die  Verwüstungen  des 
Verkehrs  mit  gottlosen  Ausländern,  jene  erin- 
nern wehmüthig  an  die  welkende  Blume,  die 
nach  der  schönsten  Zeit  der  Blüthe  alsbald  hin- 
schwindet. Ob  das  Christenthum,  welches  das 
Polyuesische  Volksleben  innerlich  so  kräftig  um- 


gewandelt  hat*),  luicli  äussorlicli  einige  dieser 
Stamme  so  weit  kraftigen  wird  ,  dass  sie  Theil 
nelimeu  dürfen  an  der  noch  bevorstehenden 
Weltentwickelung  r  oder  ob  es  nur  das  goldene 
Abendroth  ist,  das  nach  stürmischem,  kampf- 
bewegtem Leben  das  Ende  dieser  Völker  mit 
iriedlich-mildeni  Glänze  erleuchtet  ?  Wir  wissen 
es  nicht,  doch  die  moderne  Kultur,  leider  viel- 
fach losgelöst  vom  Christenthum,  findet  unauf- 
haltsam ihren  Weg  auch  zu  jener  Inselwelt,  um 
so  mehr,  als  nun  auch  regelmässige  Dampfer 
die  mächtigen  Finthen  durcheilen  und  immer 
zahlreichere,  in  dem  dürren  Australien  enttäuschte 
Kolonisten  von  jenen  grünen  Inseln  angezogen 

*)  Natürlich  ist  nicht  zu  vergessen,  wie  eben  angedeu- 
tet, dass  auch  hier  Unkraut  und  Waizen  gemischt  sind. 


werden.  —  Frankreich  hat  ihren  Werth  wohl 
erkannt,  es  war  nicht  blöde,  üesitz  zu  ergreifen. 
Das  empörende  Verfahren  auf  Tahiti  und  neuer- 
dings auf  den  Loyalty  -  Inseln  braucht  nur  an- 
gedeutet zu  werden.  Andere  Inseln  hat  Ame- 
rika annektirt,  das,  nach  Vollendung  der  grossen 
Pacific  -  Eisenbahn  dem  Zuge  der  Kultur  von 
Osten  nach  Westen  folgend,  einst  sein  ganzes  Ge- 
wicht dem  Grossen  Ocean  zuwenden  wird.  Wie 
sich  die  politischen  Verhältnisse  auf  den  Inseln 
gestalten  werden,  das  verhüllt  noch  der  Schleier 
[  der  Zukunft.  Sollten  aber  auch  die  Insulaner 
unrettbar  dahinschwinden,  so  würde  man  doch 
auch  nach  dem,  was  das  Evangelium  bis  jetzt 
an  ihnen  gewirkt  hat,  sagen  müssen,  dass  die 
Mission  unter  ihnen  nicht  vergeblich  gewesen  ist. 


Zur  Erläuterung  des  Cartons  der  Hervey-  und  Austral  -  Inseln 

fügen  wir  folgende  Bemerkungen  hinzu. 


Diese  Gruppen  gehören  grösstenthcils  zu 
den  hohen  vulkanischen  Inseln.  Nur  einige,  wie 
Atiu  und  Maugaia,  haben  als  hohe  Korallen- 
Inseln  eine  weniger  beträchtliche  Erhebung  über 
das  Meer  und  Mitiero,  so  wie  die  unbewohn- 
ten HuU  -  und  Sands -Inseln  sind  ganz  niedrig. 
Auf  allen  waltet  eine  üppige  Vegetation,  die 
aber  namentlich  auf  den  Hervey-Inseln  zuweilen 
von  furchtbaren  Stürmen  verheert  wird.  Die 
Bevölkerung  bildet  hier  einen  besonderen  Zweig 
der  Polynesischen  Völkerfamilie  und  unterschei- 
det sich  durch  ihren  härteren  Dialekt.  Die  Be- 
wohner der  Austral -Inseln  dagegen  sind  mit 
denen  der  Gesellschafts  -  Inseln  nahe  verwandt. 
Die  frühere  heidnische  Keligion  zeigt  dieselben 
Grundzüge,  die  man  bei  den  verschiedenen  Poly- 
nesischen Völkern  findet.  Den  Sitten  nach  ge- 
hörten die  Hervey-Insulaner  zu  den  grausameren 
und  auch  Kannibalismus  kam  unter  ihnen  vor. 

Obgleich  von  Cook  der  Mehrzahl  nach  ent- 
deckt (daher  auch  Cook's  Gruppe  genannt),  wur- 
den die  Hervey-Inseln  wenig  von  Europäischen 
Schiffen  besucht*),  bis  zur  Einführung  des  Chri- 
stenthums (1823),  durch  die  John  Williams' Name 
unvergesslich  geworden  ist.  Auf  einigen  der 
Inseln  ging  dieselbe  schnell  von  Statten ,  wie 

*)  Was  auch  jetzt  wegen  des  Mangels  an  u;uten  Häfen 
nur  selten  geschieht. 


namentlich  auf  Aitutaki,  das  in  Jahresfrist  völlig 
umgewandelt  war,  auf  anderen  waren  erst  manche 
Kämpfe  zu  überstehen,  wie  auf  Mangaia.  Gegen- 
wärtig sind  die  drei  bezeichneten  Stationen  mit 
Europäischen  Arbeitern  besetzt,  doch  bestehen 
ausserdem  noch  sechs  andere  Gemeinden  mit 
eigenen  Kirchen,  in  denen  eingeborne  Geistliche 
wirken.  Auf  ßarotouga  befindet  sich  das  Semi- 
nar zur  Ausbildung  derselben.  Der  letzte  Be- 
richt der  Londoner  Missions  -  Gesellschaft  zählt 
2117  Communikanten ;  die  Beiträge  für  die  Mis- 
sion sind  bedeutend. 

Auch  hier  schmilzt  die  Bevölkerung  schnell 
zusammen,  wie  folgende  Ziffern  zeigen: 

Earotonga  1823:  6-bis7000,  1863:  2500, 
Mangaia     1861:  2000,     1863:  1400. 

Die  Austral-Inseln ,  die  nach  der  einen  von 
ihnen  auch  Tubuai-Inseln  genannt  werden,  wur- 
den von  Tahiti  aus  durch  eingeborne  Lehrer 
christianisirt  (nur  Rurutu  erhielt  das  Evangelium 
von  Rajatoa).  Es  besteht  jetzt  dort  eine  nicht 
geringe  Zahl  evangelischer  Gemeinden  unter  der 
Leitung  von  Eingeborncn.  Auf  Tubuai  und  Ra- 
vaivai  hat  die  Französische  Okkupation,  wie  auf 
Tahiti,  nicht  ohne  Schaden  für  die  Sache  des 
Christeuthums  bleiben  können. 

Dazu  haben  dort  die  Mormonen  ihre  Ver- 
wüstung angerichtet.  Sonst  finden  die  Missionare 


auf  den   regelmässigen  Besuchsreisen  manche 
erfreuliche  Zustände. 

llapa,  das  geographisch  betrachtet  gewöhn- 
lich nicht  zu  den  Austral-Inseln  gerechnet  wird, 
gehört,  was  die  Mission  betrifft,  ganz  zu  den- 
selben. In  neuester  Zeit  ist  dort  eine  Kohlen- 
Station  für  die  Dampfer  der  Linie  Neu  -  Seeland 
—  Panama  errichtet,  so  wie  Dampfer-Verbindung  j 
mit  Tahiti. 

Auf  alleu  diesen  Inseln  finden  sich  einge- 
borne  Lehrer. 

Von  den  Hervcy-Inscln  wurden  Aussen-Sta- 
tionen  auf  den  Manihiki-Insoln  gegründet,  so  wie  1 


auf  Pukapuka,  das  zu  den  Tokelau  -  Inseln  ge- 
rechnet wird.  Durch  Peruvianische  Sklavenschiffe 
sind  dieselben  zum  Tlieil  nahezu  entvölkert  wor- 
den. Die  Lage  dieser  Inseln  ist  auf  Xo.  7  über- 
sichtlich mit  augegeben,  hier  wurden  sie  spe- 
zieller gezeichnet.  Doch  lagen  keine  Aufnahmen 
vor,  sondern  verschiedene  Beschreibungen,  aus 
denen  die  ungefähre  Lage  und  Gestalt  der  ein- 
zelnen Inselchen  entnommen  werden  musste. 
Rakaanga  ist  zwar  nach  einer  Zeichnung  von 
Bellingshauseu ,  doch  muss  sie  zweifelhaft  blei- 
ben, da  eine  Beschreibung  der  Missionare  auch 
hier  von  zwei  Inselchen  spricht. 


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I  IffihnfftflTt 
It  Ifnrm 

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W  Cannmll 
ATI  ^timraqii^ 
"■^      AUI  Linfübl 

DC  fianbfrdmä 

•snian    ^  FnmhTin 
XHl  Movmmäh 
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Suf/iB-ZoafH 

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—         ^  ^'SlTDOSTUrffE 

■;^AITSTRAJJEN 

■ntiFimfaldX.      im  doppeltem 
fg';^'  r  Maassstabe 
''^'fciiT  1:10.000.000. 


GERTHES 


'"•iiletuiasitt 


i 


N".  2.  Australien. 


Der  Australische  Continent  war  uoch  vor 
wenigen  Jahrzehnten  ein  ganz  unerforschtes  Land. 
Obgleich  vor  mehr  als  di'itihaibhundert  Jahren 
entdeckt,  hatte  es  bis  gegen  den  Anfang  unseres 
Jahrhunderts  die  Europäische  Kolonisation  nicht 
anzuziehen  vermocht.  Die  Anlegung  der  Eng- 
lischen Verbrecher  -  Kolonie  an  der  Botany-Bai 
(1788)  wurde  der  erste  Verbindungspunkt  mit 
Europa.  Günstige  Erfolge  freiwilliger  Kolonisten 
in  Ackerbau  und  Viehzucht  lenkten  später  den 
Strom  der  Auswanderung  dorthin,  durch  den  in 
neuerer  Zeit,  seit  dem  Aufhören  der  Verbrecher- 
Ansiedelungen  (1843),  Neu-Süd-Wales  mit  aus- 
serordentlicher Schnelligkeit  sich  zu  einer  Kultur 
erhob ,  welche  in  mancher  Beziehung  diejenige 
anderer  Länder  übertrifft,  die  Jahrhunderte  lang 
unter  den  Einflüssen  der  Kolonisation  gestanden 
haben.  In  grossen  Städten  herrscht  eine  gross- 
artige Industrie,  an  deren  Seite  Reichthum  und 
Luxus  stehen.  Für  Eisenbahnen  und  andere  Ver- 
kehrsmittel, so  wie  alle  Einrichtungen  des  moder- 
nen Lebens  ist  gesorgt;  Ackerbau  und  namentlich 
Schafzucht  mit  ausgedehntem  Wollhandel  bilden 
ergiebige  Hülfsquellen  des  Landes.  Ähnliche 
Zustände  finden  sich  in  den  anderen  Kolonien 
auf  der  östlichen  Hälfte  des  Continents,  wäh- 
rend West  -  Australien  zurückgeblieben  ist  und 
in  keiner  Weise  sich  zu  besonderer  Bedeutung 
aufgeschwungen  hat.  Es  muss  jedoch  bemerkt 
werden,  dass  auch  die  erstgenannten  Kolonien 
bei  weitem  noch  nicht  das  ganze  innerhalb 
ihrer  Grenzen  belegene  Gebiet  unter  Kultur  ge- 
bracht haben.  Weite  Strecken  liegen  noch  ganz 
wüst,  bald  gänzlich  ausgedörrt,  bald  überfluthet 
von  Wasserläufen  einer  sehr  abnormen  Beschaffen- 
heit. Andere  Theile  sind  mit  einer  sonderbar 
gestalteten  Vegetation  bekleidet.  Mit  diesen  Be- 
merkungen wird   überhaupt   der  Zustand  des 

Orundemann,  Missionsutlas.   III,  >i. 


Innern  angedeutet,  das  noch  immer,  obgleich 
viel  Entdeckuugs- Arbeit  bereits  daran  gewandt 
wurde,  der  Forschung  wichtige  und  schwie- 
rige Probleme  bietet.  Eine  Übergangszone  zwi- 
schen den  kultivirton  Thcilen  und  dem  lunern 
bilden  die  Strecken,  die  freilich  mit  wechselndem 
Erfolge  schon  als  Weideland  benutzt  werden 
und  hie  und  da  eine  einsame  Hirtenstatiou  auf- 
j  weisen,  deren  Bewohner  nöthigenfalls  auch  dem 
Nomadenleben  sich  fügen.  Au  den  äussersten 
Grenzen  der  sesshaften  Kultur,  wie  sie  allmäh- 
lich gegen  die  Wildniss  vordringt,  finden  sich 
ähnliche  Zustände  des  Squatter-Lebens,  wie  sie 
von  Nord-Amerika  her  bekannt  sind. 

Auch  in  den  bereits  kolonisirten  Distrikten 
sind  Klima  und  Bodenverhältnisse  nicht  gleicli 
günstig,  und  vielfach  haben  enttäuschte  Ansied- 
ler sich  wieder  zurückgezogen,  so  namentlich 
aus  Victoria,  das  durch  die  Entdeckung  seiner 
Goldfelder  mit  erstaunlicher  Schnelligkeit  eine 
ungeheuere  bunt  gemischte  Bevölkerung  ange- 
zogen hatte,  zu  der  die  Chinemi  ein  beträcht- 
liches Contingent  lieferten.  Die  letzteren  haben 
in  dem  Maasse,  als  das  Goldöeber  verschwindet, 
um  so  mehr  Bedeutung,  als  sie  mehr  als  Euro- 
päische Abkömmlinge  mit  zähem  Floisse  den 
ungünstigen  Ackerbau -Verhältnissen  trotzen  zu 
können  scheinen. 

Die  Eingebornen  nehmen  gegen  die  Einge- 
wanderten solche  zurücktretende  Stellung  ein, 
wie  die  nun  folgenden  Bemerkungen  dem  bereits 
Gesagten  gegenüber.  Sie  werden  vielfach  Papua 
genannt,  sind  aber  von  diesem  (durch  die  Be- 
wohner Neu-Guinea's  repräsentirten ,  auch  als 
Pelagische  Neger  oder  Negritos  bezeichneten) 
Stamme  ganz  verschieden.  Sie  sind  weit  schwäch- 
licher und  stehen  in  allen  Beziehungen  auf  einer 
tieferen  Stufe,  wie  sie  denn  überhaupt  die  nie- 

48 


drigste  Form  des  menschlichen  Lebens  aufweisen,  j 
Ihr  Herumstreifen,  von  dem  sie  kaum  zu  ent-  [ 
wohnen  sind,  steht  tief  unter  dem  Nomaden- 
leben anderer  Völker.  Ihre  geistigen  Fähigkeiten 
werden  im  Ganzen  auch  von  besonneneu  Be- 
richterstattern fast  so  gering  geschildert,  wie  es 
eine  materialistische  Naturforschung  zur  Stützung 
ihrer  Ansichten  bedurfte. 

Schon  bei  der  Entdeckung  des  Landes  war 
die  Bevölkerung  sehr  dünn.  Die  gräuliche  Be- 
handlung seitens  der  Kolonisten,  welche  die 
analogen  Vorgänge  in  anderen  Ländern  noch 
überbieten  mochte,  hat  vollends  in  furchtbarster 
Weise  aufgeräumt.  Mehr  als  die  Mensclienjagden 
richteten  die  Lustseuche  und  der  Branntwein 
das  Volk  zu  Grunde,  von  dem  in  den  Kolonien 
nunmehr  nur  noch  sehr  spärliche  Reste  im  elen- 
desten Zustande  übrig  sind,  obgleich  in  neuerer 
Zeit  vielfach  daran  gearbeitet  wird,  sie  zu  schützen 
und  ihre  Lage  zu  verbessern. 

Die  Mission  hat  sich  dieser  Ärmsten  unseres 
Geschlechts  zu  verschiedenen  Malen  und  von 
verschiedenen  Seiten  anzunehmen  versucht.  Fast 
alle  diese  Versuche  aber  endeten  mit  traurigen 
Ergebnissen.  Die  treueste  Arbeit  schien  vergeb- 
lich zu  sein  und  die  meisten  Missionare  wandten 
sich  später  von  dem  geringen,  dem  Aussterben 
nahen  und  so  unzugänglichen  Häuflein  an  die 
grosse  Schaar  der  Kolonisten,  die  dem  Namen 
nacli  Christen,  hier  aber  wie  eine  Heerde  ohne 
Hirten  waren.  So  nahm  denn  die  Mission  immer 
mehr  die  Gestalt  an,  welche  in  England  als 
Colonial  Mission  bezeichnet  wird  und  die  darin 
besteht,  die  dem  Christenthum  noch  anhängen- 
den Elemente  der  Kolonial-Bevölkerung  zu  Ge- 
meinden zu  sammeln  und  aus  deren  Umgebung 
durch  missionirende  Thütigkeit  andere  zum  An-  ! 
schluss  an  diese  Gemeinden  zu  bringen. 

Die  Anglikanische  Kirche  wie  die  Englischen 
Methodisten  treiben  diese  Mission  in  ausgedehn- 
tem Maasse,  nachdem  sie  sich  ft-üher  an  den 
Eingebornen  viel  Mülie  gegeben  hatten.  Die  er- 
Btere  hat  zwar  noch  (in  Verbindung  mit  der 


j  Society  for  the  Propagation  of  the  Gospel  und, 
wie  es  scheint,  einer  besonderen  Gesellschaft  in 
den  Kolonien)  einige  Stationen,  namentlich  Er- 
ziehungs-Anstalten für  Schwarze,  die  Spärlichkeit 
der  Berichte  über  dieselben  lässt  aber  auch  jetzt 
nicht  hervorstechende  Erfolge  vermuthen*).  Die 
Methodisten  bci'ichten  über  Mission  unter  den 
Eingebornen  seit  geraumer  Zeit  gar  nichts. 

Eine  Deutsche  Mission  wurde  von  der  luthe- 
rischen, jetzt  Leipziger  Gesellschaft  in  Süd- Au- 
stralien errichtet ;  doch  auch  hier  wendeten  sich 
die  Arbeiter  bald  den  verlassenen  Deutschen 
Kolonisten  zu,  bei  denen  sie  reichlichere  Erfolge 
fanden.  —  Ähnlich  erging  es  den  von  Gossner 
ausgesandten  Brüdern ,  die  in  der  Nähe  von 
Brisbane  in  Queensland  eine  Station  Zionhill  an- 
legten und  die  jetzt  ebenfalls  vorwiegend  unter 
den  weissen  Ansiedlern  arbeiten,  obwohl  die 
Bemühungen  um  die  Schwarzen  von  ihnen  nicht 
ganz  aufgegeben  sind. 

Dennoch  scheint  das  arme  Volk  nicht  aus- 
sterben zu  sollen,  ohne  dass  wenigstens  ein  Rest 
von  ihnen  noch  als  Zeugniss  übrig  bleibt,  dass 
auch  sie  Menschen  mit  unsterblicher  Seele  und 
der  beseligenden  Wirkungen  des  Evangeliums 
fähig  sind.  Unterstützt  von  einem  presbyteria- 
nischen  Missions- Vereii\  sandte  die  evangelische 
Brüdergemeinde  (1850)  Missionare  nach  Victoria, 
die  zwar  zuerst  auch  einen  vergeblichen  Ver- 
such am  Boga-See  durchzumachen  hatten,  nach- 
her aber  (1859)  die  erfolgreiche  Station  Ebene- 
zer  anlegten,  auf  der  eine  Anzahl  Schwarzer 
nicht  bloss  zum  sesshaften  Leben  gebracht  wor- 
den ist,  sondern  ihrer  melu'ere  sich  nach  em- 
pfangener Taufe  in  einem  christlichen  Leben 
standhaft  erweisen.  Eine  zweite  Station  wurde 
!  in  Gippsland  angelegt,  wo  sich  ähnliche  Erfolge 
finden. 

*)  Wir  konnten  nicht  genauere  Auskunft  darüber  er- 
langen, ob  die  Anstalt  zu  l'oiut  Macleay  in  Süd-Austra- 
lien hierher  gehört  oder  ob  dieselbe  ausser  Verbindung 
mit  solcher  Gesellschaft  steht.  Von  dorther  wurde  vor 
einigen  Jahren  die  Taufe  einer  Anzahl  Eingeborner  be- 
richtet. 


Durch  diese  Erfolge  angeregt  beschloss  man, 
weiter  zu  gehen  und  den  von  der  Kolonisation 
weniger  berührten  Eingebornen  das  Evangelium 
zu  bringen.  Mit  den  grössten  Schwierigkeiten 
wurden  ebenfalls  Arbeiter  der  Brüdergemeinde 
in  die  Gegend  des  Cooper  Creek  geschickt  (1866), 
denen  bald  Hermannsburger  nach  derselben  Ge- 
gend folgten,  unterstützt  von  den  lutherischen 
Gemeinden  Süd- Australiens.  Nach  vielen  Hinder- 
nissen musste  die  Mission  jedoch  bei  der  feind- 
lichen Haltung  der  Eingebornen  aufgegeben 
werdeu,  und  zwar  seitens  der  Brüdergemeinde, 
auf  entschiedenes  Andringen  des  erwähnten  Ver- 
eins, gänzlich  (1868),  während  die  Hermanns- 
burger, nachdem  die  Lage  wieder  günstiger  und 
sicherer  geworden  war,  auf  ihre  Station  zurück- 
kehrten. Die  schwierigen  sprachlichen  Arbeiten 
schreiten  vorwärts,  auch  wird  bereits  von  Früch- 
ten der  Predigt  berichtet. 

Die  nördlichen  Theile  Australiens  sind  bis- 
her noch  nicht  in  erfolgreicher  Weise  in  den 
Kreis  der  Kolonisation  gezogen  worden,  obgleich 
bereits  Versuche  gemacht  wurden.  Die  dortigen 
Eingebornen  scheinen  von  den  bisher  erwähnten 
ganz  verschieden,  dagegen  mit  den  Alfuren  des 
Indischen  Archipels  verwandt  zu  sein.  Äussere 
Schwierigkeiten  haben  es  bis  jetzt  in  diesen 
Gegenden  nicht  zu  einer  Mission  kommen  lassen, 
die  ungleich  erfolgreicher  sein  dürfte  als  die 
unter  den  südlichen  Eingebornen.  Im  Anschluss 
an  die  kleine  Kolonie  Somerset  auf  der  grossen 
nördlichen  York-Halbinsel  hatte  vor  einiger  Zeit 
eine  anglikanische  Mission  begonnen.  Die  dor- 
tigen Eingebornen  scheinen  den  Papuas  auf  Neu- 
Guinea  verwandt  zu  sein  und  erwiesen  sich  nicht 
unzugänglich.  Infolge  der  durch  das  Verhalten 
der  Kolonisten  zu  den  Eingebornen  gefährdeten 
Lage  musste  dieser  vielversprechende  Anfang 
wieder  aufgegeben  werden. 


Ein  ganz  neues,  aber  höchst  wichtiges  Feld 
hat  sich  der  Mission  in  Australien  unter  den 
Chinesen  eröffnet.  Je  mehr  dieselben  für  die 
Zukunft  des  Landes  Bedeutung  haben,  sollten 
die  evangelischen  Denominationen  alle  Kraft 
daran  setzen,  sie  dem  Evangelium  zu  gewinnen. 
Bis  jetzt  arbeiten  namentlich  die  Methodisten 
und  Anglikaner  unter  ihnen,  und  zwar  mit  Er- 
folg. Doch  sollten  mehr  Kräfte  auf  das  Werk 
verwendet  werden. 

Auf  unserer  Karte  haben  wir  nur  die  auf 
die  Eingebornen  und  die  Chinesen  bezüglichen 
Missionen  näher  bezeichnet,  dagegen  die  Kolo- 
nial-Mission ,  für  die  ohnehin  das  vorstehende 
Blatt  nicht  ausführlich  genug  gewesen  wäre, 
übergangen.  Es  mag  jedoch  bemerkt  sein,  dass 
sich  viele  Denominationen  daran  betheiligen, 
unter  anderen  auch  Independenten ,  Baptisten, 
die  United  Metliod.  Free  Church  und  die  Pri- 
mitive Methodists  und  Method.  New  Connexion, 
so  wie  die  verschiedenen  presbyterianischen 
Kirchen,  deren  Angehörige  sich  jedoch  meist  zu 
einer  presbyterianischen  Kirche  zusammenge- 
schlossen haben. 

Die  jungen  Kirchen,  welche  Ergebniss  jener 
Mission  sind,  erstarkten  bereits  so  weit,  dass 
sie  selbst  nach  aussen  kräftig  Mission  treiben, 
wie  z.  B.  die  auf  den  Neu-Hebriden.  Die  Au- 
straUsche  Conferenz  der  Wesleyanischen  Metho- 
disten hat  sogar  die  Leitung  der  gesammten 
Missionen  dieser  Denomination  in  der  Südsee, 
während  die  Independenten  die  Londoner  Mis- 
sion daselbst  in  ausgedehntem  Maasse  unter- 
stützen. 

Tasmanien,  eine  blühende  Kolonie,  die  mit 
zu  Australien  gehört,  gaben  wir  im  Carton,  weil 
sie  für  die  Kolonial  -  Mission  wichtig  ist.  Ein- 
geborne  finden  sich  auf  dieser  Insel  schon  lange 
nicht  mehr. 


N«.  3.  Neu 


-Seeland*). 


Neu -Seeland  verdient  in  mehrfacher  Hin- 
sicht, den  oft  gemachten  Vergleich  mit  Gross- 
britaunien.  Wie  dieses  ist  es  ein  Inselland  mit 
reich  gebuchteten  Küsten  und  damit  fiir  aus- 
gedehnten Schiffsverkehr  günstig.  Dabei  ist  je- 
doch zu  bemerken,  dass  auf  der  Nord-Insel  nur 
die  steile  Ostküste  gute  Häfen  bildet,  während 
die  grossen  Einschnitte  der  Westküste  flache 
Ästuai'ien  und  nur  für  kleine  Fahrzeuge  zugäng- 
lich sind.  Die  Gebirgskette,  welche  beide  Haupt- 
Enseln  von  Nordost  nach  Südwest  durchzieht, 
erreicht  in  den  südlichen ,  mit  ewigem  Schnee 
und  Eis  bedeckten  Alpen  ihre  höchsten  Gipfel 
(13,000  Fuss).  Auch  auf  der  Nord-Insel  errei- 
chen einige  Vulkankegel  die  Schneeregion.  Vul- 
kanische Kräfte  zeigen  sich  in  kochenden  Quellen, 
Geisern ,  Rolfataren  und  öfteren  Erdbeben.  — 
Den  fruchtbaren  Boden  bedeckt  auch  jetzt  noch 
grösstentheils  Wildniss.  für  die  jene  hohen  Baura- 
ftirne,  so  wie  der  Neu-Seeländische  Hanf  (eine 
breitblätterige  Pflanze)  charakteristisch  sind. 
Krautartige  Vegetation  mit  bunten  Blüthen  und 
Gräser  fehlen  fast  ganz,  daher  der  Mangel  an 
Wiesengründen,  den  erst  die  Europäische  Kultur 
zu  ersetzen  beginnt.  Bäume  kommen  mehr  in 
einzelnen  Gruppen  als  in  geschlossenen  Wal- 
dungen vor.  Die  100  Fuss  hohe  Kauri -Fichte 
zeichnet  sich  unter  ihnen  aus  und  ihr  Harz  bil- 
det einen  bedeutenden  Handelsartikel.  —  Ausser 


*)  Die  Eingebornen  nennen  die  nördliche  Insel  Te 
Ika  a  Maui ,  der  Fisch  des  Maui ,  in  Bezug  auf  einen 
Schöpfungs-Mythos.  Die  südliche  wird  Te  Wahi  Punamu, 
der  Ort  des  Grünsteins,  genannt.  Bei  den  Europäern 
hiesscn  sie  früher  New  Munster  und  New  Ulster ,  die 
kleine  Stewart -Insel  aber  New  Leinster.  Diese  galt  als 
südliche  Insel  Neu  -  Seelands ,  während  New  Ulster  als 
mittlere  bezeichnet  wurde.  Jene  drei  nach  Irländischen 
Proyinzen  beigelegte  Namen  gehören  bald  der  Vergessen- 
heit an.  Passender  werden  jetzt  die  Hauptinseln  als  die 
nördliche  und  südliche  bezeichnet. 

Grundemann :  Sfhsionsatlas.  III,  8. 


Hunden  und  Ratten  war  kein  vierfüssiges  Thier 
auf  Neu- Seeland  einheimisch.  Vogelarten  da- 
gegen ,  durch  Farbe  und  Gesang  ausgezeichnet, 
sind  zahlreich.  Die  mächtigen  Riesenvögel  (Moa) 
sind  wahrscheinlich  schon  vor  zwei  Jahrhundei*- 
ten  ausgerottet.  Die  Eingebornen  (Maori)  haben 
eine  Sage,  nach  der  sie  vor  etwa  500  Jahren 
von  Nordosten  (Hawaiki)  her  eingewandert  sein 
sollen.  Sie  gehören  der  grossen  Polynesischen 
Völkerfamilie  an,  doch  finden  sich  Abweichun- 
gen, die  durch  Vermischung  mit  bereits  ange- 
troffenen anderen  Stämmen  erklärt  werden.  Reste 
derselben  vermuthet  man  in  den  sogenannten 
Maero.  Die  ganze  Nation  theilt  sich  in  siebzehn 
Stämme,  deren  ursprüngliche  Sitze  wir  auf  der 
Karte  mit  den  unten  erklärten  Nummern  bezeich- 
net haben.  In  dem  letzten  Jahrzehnt  sind  die- 
selben vielfach  durcheinander  geworfen.  Die  süd- 
liche Insel  ist  erst  spät  besiedelt  worden  und 
scheint  nie  über  eine  sehr  spärliche  Maori-Bevöl- 
kerung  hinausgekommen  zu  sein., —  Die  Stämme 
zerfielen  in  kleinere  Gemeinschaften  unter  eigenen 
Häuptlingen.  Kastenartige  Stände  schieden  den 
Adel,  den  gemeinen  Manu  und  den  Sklaven  von 
einander.  Das  sociale  Leben  hatte  ein  commu- 
nistisches  Gepräge,  'daher  die  durch  Landver- 
käufe entstehenden  Streitigkeiten,  welche  für  die 
neueste  Geschichte  so  wichtig  geworden  sind. 
Kriege  der  einzelnen  Stämme  waren  häufig  und 
der  dabei  geübte  Kannibalismus  hat  seiner  Zeit 
die  Neu  -  Seeländer  bekannt  gemacht.  —  Ihre 
Sprache  ist  ein  Polynesischer  Dialekt,  der  här- 
teste von  allen,  und  zerfällt  selbst  in  verschie- 
dene Mundarten,  unter  denen  die  von  Waikato  die 
verbreitetste  ist.  Für  die  Englische  Sprache  sind 
sie  unzugänglich.  Die  Eui'opäischen  und  bibli- 
schen Namen  müssen  sie  sonderbar  umgestalten  : 
William  =  Wiremu,  David  =  Rawiri,  Jeru- 

49 


salem  =  Hiruharama  u.  s.  w.  —  Die  heid- 
nische Religion  der  Neu  -  Seeliindei'  hatte  eine 
ausgedehnte  Mythologie,  Tempel  fehlten.  Zaube- 
rei und  Aberglaube  spielten  eine  grosse  Rolle 
und  die  abgeschiedenen  Geister  der  Edlen ,  mit 
deren  in  Holz  geschnitzten  Bildern  man  die 
verschanzten  Wohuplätze  (Pa)  schmückte,  wur- 
den göttlich  verehrt. 

Tasman  entdeckte  Neu -Seeland  1642,  aber 
erst  über  ein  Jahrhundert  später  ward  es  durch 
Cook's  wiederholte  Besuche  in  Europa  bekannt. 
Damals  wurden  Hausthiere,  Korn  und  Kartoffeln 
eingeführt.  In  den  folgenden  Jahrzehnten  mehrten 
sich  die  Besuche,  namentlich  der  Walfischfahrer, 
die  oft  zu  Blutvergiessen  führten.  Entlaufene 
Matrosen,  entflohene  Sträflinge  aus  Neu -Süd- 
Wales  und  Abenteurer  aller  Art  bildeten  zu 
Anfang  unseres  Jahrhunderts  schon  eine  Art 
Kolonie  zu  Kororareka  in  der  Inselbai.  Dort  (zu 
Rangihua)  begann  auch  die  Mission  ihr  Werk  auf 
Betreiben  des  eifrigen  Kaplans  Marsden  (1814). 
Die  Englisch  -  kirchliche  Gesellschaft  stellte  die 
Arbeiter.  Zunächst  waren  die  Erfolge  gering  und 
beschränkten  sich  auf  jene  Umgegend.  Erst  1834 
konnte  man  weiter  nach  Süden  in  die  Hauraki- 
Gegend  vordringen,  dann  aber  folgte  eine  Zeit 
der  Erweckungen  und  die  Mission  erreichte  einen 
erfreulichen  Aufschwung,  indem  sie  auch  ins 
Innere  zu  den  See'n  (Rotorua)  und  in  das  Taupo- 
Gebiet  vorrückte.  Seit  1822  waren  auch  Metho- 
disten thätig,  die  einer  Übereinkunft  gemäss 
die  westlichen  Gegenden  besetzten.  Auch  sie 
hatten  bald  weitgehende  Erfolge.  Freilich  fehlte 
es  nicht  an  Schwierigkeiten.  Europäische  Kolo- 
nisten mehrten  sich.  Eine  eigene  Compagnie 
trieb  systematisch  den  Ländererwerb  *)  für  Spott- 
preise, woraus  Streitigkeiten  und  Kriege  ent- 
standen. Dieselben  wurden  geschürt  durch  Hongi, 
den  einstigen  Beschützer  der  Mission,  der  nach 
seinem  Besuche  in  England  ein  eifriger  Gegner 

*)  Wir  dürfen  nicht  verschweigen ,  dass  in  diesem 
Stücke  auch  einige  Vertreter  der  Mission  nicht  makellos 
blieben. 


derselben  wurde.  Man  veranlasste  einige  Häupt- 
linge ,  Englische  Protektion  nachzusuchen ,  die 
aber  nicht  den  gewünschten  Erfolg  hatte ;  ebenso 
wenig  half  der  Versuch  einer  selbstständigen 
politischen  Organisirung.  Endlich  schien  nur  eine 
völlige  Annahme  der  Britischen  Herrschaft  die 
Wohlfahrt  Neu-Seelands  sichern  zu  können.  Der 
Vertrag  von  Waitangi,  der  1842  jene  herbei- 
führte, kam  wesentlich  durch  den  Einfluss  der 
Missionare  zu  Stande.  Aber  nicht  alle  Häupt- 
linge hatten  den  Vertrag  angenommen,  und 
darin  lag  der  Keim  jener  traurigen  Verwicke- 
lungen, durch  die  zwei  Jahrzehnte  später  herr- 
liche Blüthen  der  Mission  geknickt  wurden.  Zu- 
nächst zwar  entfalteten  sich  jene  wie  nur  auf 
wenigen  Gebieten.  Das  Volksleben  war  bald  von 
Grund  aus  umgestaltet.  Krieg  und  Kannibalis- 
mus (letzter  Fall  1843)  verschwanden,  überall 
entstanden  Kirchen  und  Schulen.  Die  Bibel  war 
grösstentheils  übersetzt  (vollendet  1857)  und 
zwei  Druckerpressen  sorgten  für  christliche  Lite- 
ratur. Die  Englisch-kirchliche  Gesellschaft  dehnte 
ihr  Gebiet  über  den  Osten  und  Süden  aus,  die  Me- 
thodisten waren  namentlich  nach  Taranaki  gegan- 
gen, wo  auch  die  Norddeutsche  Missions-Gesell- 
schaft eine  blühende  Station  hatte.  Jene  waren 
auch  auf  der  Süd-Insel  thätig,  während  diese  die 
entfernteste  Position  auf  dem  Inselchen  Ruapuki 
besetzte.  Von  dort  aus  erstreckte  sich  die  Mis- 
sion bald  auch  auf  die  benachbarte  Küste. 

In  dieser  lichten  Periode  der  Neu-Seeländi- 
schen  Mission  fehlen  jedoch  die  Schatten  nicht. 
Confessionelle  Zwiste  waren  es,  die  sie  stark  her- 
vorriefen. 1837  hatte  die  geschäftige  Römisch- 
katholische Mission  begonnen  (unter  Bischof  Pom- 
pallicr),  die  unter  den  angeregten  Maori  reiche 
Ernten  hielt.  Seit  1842  erhielt  die  anglikanische 
Kirche,  die  sich  mehrfach  mit  den  Methodisten 
im  Conflikt  befand,  durch  Bischof  Selwyu  eine 
festere  Gestaltung. 

Neu -Seeland  aber  ist  nicht  mehr,  was  es 
vor  20  —  30  Jahren  war.  Der  Strom  Europäi- 
scher Kolonisation  überschwemmt  das  Land,  ins- 


besondere  nach  der  Süd-Insel  durch  goldene  Lock- 
speise gezogen.  Dort  waren  die  Eingeborueu  zu 
spärlich,  um  überhaupt  gegen  die  Einwanderer 
in  Betracht  kommen  zu  können.  Anders  auf 
der  Nord  -  Insel ,  die  bei  ihrer  Entdeckung  eine 
Bevölkerung  von  mehr  als  100,000  Seelen  zählte. 
Die  Europäischen  Einflüsse  hatten  dieselbe  schon 
in  der  angedeuteten  Blüthezeit  der  Mission  auf 
70- bis  60,000  reducirt.  Mit  der  beschleunigt  stei- 
genden Einwanderung  wurde  auch  ihre  Abnahme 
beschleunigt.  Dazu  vermochte  die  Mission  nicht 
mehr  den  Einflüssen  einer  Kolonistenschaar,  die 
grossentheils  dem  Christenthum  selbst  sehr  ent- 
fremdet war,  zu  steuern.  Eine  äusserliche  Kultur 
mit  religiöser  Gleichgültigkeit,  selbst  beim  Fest- 
halten der  bereits  angenommenen  kirchlichen 
Formen,  griff  immer  weiter  um  sich.  Es  ist  ein 
sonderbares  Gemisch,  das  dadurch  entsteht.  Man 
sieht  es  am  Maori  mit  der  Büchse  in  einer, 
dem  Wurfkolben  in  der  anderen  Hand,  geschmückt 
mit  bunter  Tätowirung  und  dem  Federmantel, 
zugleich  aber  auch  mit  dem  künstlich  geknüpften 
Halstuch,  das  ein  Hemd  von  modernem  Schnitt 
zusammenhält.  Gegensätze,  wie  sie  in  Europa 
mehr  als  1000  Jahre  auseinander  liegen,  ver- 
einigt dort  die  Gegenwart.  Der  Kampf  beider 
reibt  die  Nation  auf,  freilich  nicht  in  stillem 
Daliinsiechen  wie  anderwo.  Das  markige  Ge- 
schlecht, das  seinen  unvermeidlichen  Untergang 
durch  die  fremde  Macht  vor  Augen  hat,  raffte 
noch  einmal  seine  Kraft  zusammen.  Der  Land- 
verkauf und  die  mit  ihm  verbundenen  Ungerech- 
tigkeiten der  Weissen*),  wenn  sie  auch  einen 
Schein  des  Rechtes  gesucht,  führten  jenen  Krieg 
herbei,  in  dem  die  Angelsächsische  Race  mehr- 
fach einem  ihr  gewachsenen  Gegner  gegenüber- 
stand. So  lange  die  kämpfenden  Maori  mit  ihren 
geistlichen  Leitern  in  Verbindung  blieben,  er- 
schien ihre  Lage  nicht  zu  ungünstig.  Werden 
doch  Züge  von  christlichem  Leben  aus  den  La- 

*)  Die  Absicht  der  Regierung,  das  Hecht  der  Maori 
zu  schützen,  war  zwar  im  Ganzen  nicht  zu  verkennen, 
doch  waren  die  Rechtsbegriile  beider  Racen  zu  verschieden. 


gern  der  Maori  berichtet,  die  fih-  ihre  Angreifer 
nur  beschämend  sein  konnten.  Aber  die  Missio- 
nare, aus  Furcht,  selbst  als  Rebellen  behandelt 
zu  werden,  zogen  sich  von  ihren  Pfleglingen 
zurück,  dadurch  schwanden  die  christlichen 
Elemente  mehr  und  mehr.  Heidnische  Reminis- 
cenzen  erwachten  wieder  und  wurden  in  eigen- 
thümlicher  Weise  mit  katholischen  Anklängen 
ver(|uickt.  So  entstand  die  fanatische  Sekte  der 
Hauhaus  oder  Pai  Marirc,  die  den  Krieg  nach 
alter  Maori -Weise  mit  allen  Scheusslichkeiten 
wieder  belebte*). 

Jetzt  ist  der  Kampf  so  gut  wie  entschieden, 
obgleich  im  Innern  noch  eine  grosse  nationale 
Partei  sich  nur  zurückgezogen,  nicht  aber  be- 
ruhigt hat.  Die  meisten  Missions-Stationen  waren 
abgebrochen.  Einige  von  ihnen  sind  in  neuester 
Zeit  wieder  aufgenommen,  aber  die  Gemeinden 
sind  zerstreut.  Spärlich  muss  man  hie  und  da 
übrig  gebliebene  Reste  sammeln.  Zum  grossen 
Theil  ist  das  Vertrauen  geschwunden.  Nur  die 
nördlichsten  und  südlichsten  Theile  der  Nord- 
Insel  hatten  sich  nicht  am  Kriege  bctheiligt.  An 
vielen  Stellen  geht  die  Mission  zur  Pflege  der 
Kolonial-Bevölkerung  über**)  (so  namentlich  die 
Methodisten,  welche  die  Maori-Mission  bald  ganz 
fallen  lassen  werden,  und  die  Soc.  P.  G.).  Auf 
der  Süd -Insel  bieten  ihr  ohnehin  nur  noch  ge- 
ringe Gruppen  von  Maori  (zusammen  1500  See- 
len) eine  Aufgabe.  Sollte  es  ihr  aber  wirklich 
gelingen,  noch  einmal  das  Vertrauen  des  Volkes 


*)  Alles  diess  gilt  nur  von  der  Nord-Insel.  Die  we- 
nigen Maori  der  Süd-Insel  sind  ruhig  geblieben  und  die 
Mission ,  namentlich  der  Norddeutschen  Gesellschaft ,  ist 
nicht  abgebrochen  worden,  vielmehr  wirkte  auch  ein  von 
der  Nord-Insel  verdrängter  Missionar  dieser  Gesellschaft 
in  der  Nähe  von  Port  Chalmers,  Otago ,  unter  den  Ein- 
gebornen,  nach  dessen  Tode  jetzt  von  der  presbyteriani- 
schen  Kirche  jener  Provinz  ein  Missionar  der  Schottischen 
Freikirche  angestellt  worden  ist. 

Die  kleine  Maori  -  Gemeinde  auf  Ruapuki ,  obgleich 
nicht  frei  von  mancherlei  Schwankungen,  zeigt  doch  ein 
liebliches  Bild  von  der  umgestaltenden  Kraft  des  Evan- 
geliums und  bildet  einen  wahrhaften  Lichtpunkt  unter 
dem  jetzigen  Dunkel  Ncu-Seeländischer  Zustände. 
**)  Vergl,  über  die  Kolonial-Mission  zu  No.  2. 


zu  gewinnen,  so  würde  sie  nur  den  Dienst  des 
Seelsorgers  am  Sterbebette  haben,  denn  nach 
den  neuesten  Zählungen  ist  die  Zahl  der  Maori 
bereits  auf  38,000  zusammengeschmolzen.  Um 
sie  her  strömt  eine  auf  den  Gipfel  gesteigerte 
Kultur  mit  dem  ganzen  Apparat  moderner  In- 


dustrie, unter  deren  Lärm  die  letzten  Klagen 
einer  Nation,  die  edler  Anlage  nicht  entbehrt, 
verhallen  müssen.  Und  doch  hat  jene  Kultur 
die  gleiche  Heimath  wie  die  Mission,  die  den 
Elenden  den  letzten  Trost  gewähren  soll. 


Erklärung  der  Ziffern  für 

1 .  Äopomi. 

2.  Rarawa. 

3.  Ngapuhi. 

4.  NgatiwhaUia. 

5.  Waikato. 

G.  Ngatipaoa  (iucl.  Ngatimaru). 

7.  Ngatitama  (inol.  Ngatiwakawe). 

8.  Natiawa. 

9.  Natipehi. 

Noch  ist  die  neben  der  Süd-Insel  auf  einem 
Carton  gezeigte  Chathara  -  Insel  zu  erwähnen, 
welche  zu  Neu -Seeland  gerechnet  wird.  Über 
die  Lage  sehe  man  No.  1.  Hier  siedelte  sich 
vor  einigen  Jahrzehnten  ein  aus  der  Heimath 
verdrängter  Maori-Stamm  an,  der  die  vorgefun- 
denen dunkleren  Einwohner  bis  auf  wenige  aus- 
rottete. Gossner'sche  Missionare  wurden  dort 
1843  bereitwilligst  aufgenommen,  fanden  aber 


ie  Stämme  auf  der  Karte. 

10.  Ngatiruarmi 

11.  Ngatihau. 

12.  Ngatitabi. 

13.  Ngatiapa. 

14.  Ngatiraiikawa. 

15.  Rangitani. 

16.  NgatikahuDgunu. 

17.  Ngatiporou. 

trotz  einer  geringen,  sehr  äusserlichen  Bekannt- 
schaft dieser  Maori  rail  dem  Christenthum  ein 
sehr  schwieriges  Arbeitsfeld,  von  dem  sich  einige 
nach  Jahren  zurückzogen;  über  andere,  die  noch 
zurückbliebeu,  fehlen  in  neuerer  Zeit  die  Nach- 
richten; dagegen  haben  die  Methodisten  noch 
jetzt  dort  eine  Mission  unter  Leitung  eines 
Maori-Predigers. 


• 


MissioiiN-  Atlas. 


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Efrehrn  mehrrrer  Colonieit 
Ijaü  Tfixrhof Pattesons  Miss. 
flH         .  ('/tdiol.2fission 
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Die  Ju/senstntionen  sind  mii  4  ieiieuiinet. 


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GOTHA  r.lLTJ 


Polynesien  5?  1. 


ron    GreeiLwicli  166 


PKRTHES 


N".  4.  Melanesien. 


Unter  Melanesien  versteht  mau  die  Insel- 
gruppen des  Grossen  Oceans  westlich  von  den 
Fidji- Inseln  und  südlich  von  den  Carolinen, 
welche  von  Eingebornen  der  Papua-Race  bewohnt 
werden.  Unser  Blatt  zeigt  nur  die  östlichsten 
dieser  Gruppen,  da  nur  diese  für  die  Mission 
bisher  in  Betracht  gekommen  sind. 

Die  Neuen  Hebriden  mit  den  Banks -Inseln 
bilden  eine  Kette  hoher  vulkanischer  Inseln  mit 
vielen  erloschenen  und  mehreren  thätigen  Kra- 
tern, heissen  Quellen  u.  s.  w.  Die  Berge  sind 
bis  zum  Gipfel  mit  üppiger  Vegetation  bedeckt, 
die  Thäler  haben  Bäche  und  fruchtbares  Land, 
das  zum  Theil  für  Yams-  und  Taro-Pfianzungen 
urbar  gemacht  ist.  Auch  die  Kokos-Palme  und 
der  Brodfruchtbaum  fehlen  nicht.  —  Ähnliches 
wäre  von  den  übrigen  auf  unserem  Blatte  ge- 
zeigten Gruppen  zu  sagen,  mit  Ausnahme  der 
Loyal ty -Inseln,  welche  sämmtlich  die  gehobene 
Korallen-Formation  *)  zeigen,  nur  an  Einer  Stelle 
(auf  Mare)  mit  vulkanischen  Spuren.  Die  Korallen- 
felsen bilden  hier  manche  schroffe  Küsten  und 
erheben  sich  zum  Theil  150  Fuss  über  den 
Meeresspiegel. 

Die  fast  schwarzen  Eingebornen  mit  wolligem 
Haar  sind  von  den  braunen  Insulanern  Polyne- 
siens durchaus  verschieden  ■^'*).  Ihre  Sprache 
hat  mit  der  über  alle  östlichen  Gruppen  der 
Südsee  verbreiteten  nichts  gemein.  Sie  ist  in 
viele  Dialekte  zersplittert,  deren  mehrere  sogar 
auf  einer  und  derselben  Insel  ohne  gegenseitiges 
Verständniss  gesprochen  werden. 

Die  Kulturstufe  der  Melanesier  ist  sehr 
niedrig.  Die  Männer  gehen  meist  ganz  nackt, 
die  Frauen  tragen  nur  ein  kurzes  Gewand  von 
Blättern  oder  Pflanzenfasern.  Krieg  zwischen 
den  einzelnen  kleinen  Stämmen  einer  Insel  ist 
häuüg  und  auf  vielen  herrscht  bis  auf  den  heu- 
tigen Tag  der  Kannibalismus.  Von  der  Religion 
lässt  sich  nicht  viel  sagen,  es  sind  weder  Tempel 
noch  Götzen  vorhanden,  doch  haben  sie  heilige 

*)  Vergl.  zu  No.  1. 
**)  Nur  die  Bewohner  von  Futuna  und  Amiva  stammen 
von  Polynesiem  ab. 

Grunderaunn  :  Missionsatlaa.    III,  8. 


Orte  und  Priester,  deren  Wii'ksamkeit  aber  zu- 
nächst in  Zauberei  besteht. 

Obgleich  schon  mehrere  Jahrhunderte  seit 
der  Entdeckung  mancher  von  diesen  Inselgruppen 
verflossen  sind,  waren  dieselben  bis  vor  wenigen 
Jahrzehnten  vom  Verkehr  mit  Europäern  noch 
nicht  berührt.  Der  gewinnbringende  Sandelholz- 
handel zog  dieselben  erst  besonders  nach  den 
Neuen  Hebriden,  wo  das  theure  Holz  unter  oft 
unerhörter  Gewaltthätigkeit  und  Grausamkeit 
gegen  die  Eingebornen  fiir  die  Chinesischen 
Märkte  gesammelt  wurde.  Die  dadurch  entstan- 
dene Feindseligkeit  gegen  alle  Weissen  wird  in 
neuester  Zeit  aber  noch  erhöht  durch  jenen 
(geradezu  gesagt)  Sklavenhandel,  der  unter  dem 
Vorwande ,  freie  Arbeiter  in  die  Australischen 
Kolonien  zu  importiren,  die  Eingebornen  durch 
Gewalt  oder  falsche  Vorspiegelungen  von  ihren 
heimathlichen  Inseln  fortschleppt.  Noch  ist  zu 
bemerken,  dass  seit  dem  Verkehr  mit  Europäern 
starke  Epidemien  die  Zahl  der  Bevölkerung 
schnell  lichten. 

Inzwischen  ist  nun  aber  auch  die  Mission 
hier  eine  Macht  geworden,  und  wenn  auch  viele 
Inseln  von  ihren  Einflüssen  noch  wenig  oder 
kaum  berührt  sind,  so  wei'den  doch  fast  überall 
die  Missionsschiffe  von  jenen  Handelsschiffen 
wohl  unterschieden  und  Missionare  verkehren 
vertraulich  mit  jenen  Wilden ,  unter  welchen 
andere  Weisse  nicht  eine  Stunde  ihres  Lebens 
sicher  sein  wüi-den. 

Dreissig  Jahre  sind  verflossen,  seitdem  der 
Apostel  der  Südsee,  John  Williams,  im  rastlosen 
Streben,  auch  diesen  Inseln  das  Evangelium  zu 
bringen,  auf  Eromanga*)  als  Märtyrer  fiel.  Zwei 
Jahre  später  schickte  die  Londoner  Mission  ein- 
geborne  Lehrer  von  den  östlichen  Gruppen  auf 
mehrere  der  Neuen  Hebriden,  die  namentlich 
auf  der  südlichsten,  Aneityum  (sprich  :  Anityum), 
eine  günstige  Aufnahrae  fanden.  1842  wurde 
ein  kurzer  Versuch  von  Europäischen  Missio- 
naren auf  Tanna    gemacht,    der  wegen  der 

*)  Es  wird  auch  Eromaugo  geschrieben, 

50 


Feindseligkeit  der  Eingcborneu  bald  abgebrochen 
werden  musste.  Einige  der  eingebornen  Lehrer 
wurden  umgebracht  (Futuna),  andere  blieben 
und  arbeiteten,  doch  ohne  viele  sichtbare  Erfolge. 
Die  Londoner  Gesellschaft  aber  Hess  durch  ihr 
Missionsschiff  dann  und  wann  diese  Inseln  be- 
suchen, schickte  neue  Lehrer  und  erhielt  so  das 
begonnene,  wiewohl  noch  schwache  Missionswerk. 

In  ein  neues  Stadium  trat  die  Neu-Hebriden- 
Mission,  als  1848  die  i-eformirten  l'resbyterianer 
liier  in  die  Arbeit  eintraten.  Zunächst  waren  es 
die  Vertreter  dieser  Denomination  in  Neu-Schott- 
land,  die  einen  Missionar  nach  Aneityum  schick- 
ten, an  den  sich  bald  (1852)  ein  anderer  von 
Schottland  anschloss,  nachdem  er  längere  Zeit 
auf  Neu -Seeland  gearbeitet  hatte.  Es  begann 
nun  eine  wunderbare  Umwandelung.  In  zehn 
Jahren  waren  auf  dieser  Insel  die  Gräuel  des 
Heidenthums  verschwunden  und  die  ganze  Be- 
völkerung (damals  3500)  hatte  sich  unter  die 
Unterweisung  der  Missionare  begeben.  Bis  jetzt 
zeigen  sich  dort  fortgehend  erfreuliche  Früchte 
des  Evangeliums  (500  Personen  sind  Communi- 
kanten),  doch  ist  die  Bevölkerung  auf  1800  See- 
leu *)  zusammengeschmolzen. 

1856  kam  Missionar  Gordou  aus  Neu-Schott- 
land  nach  Eromanga  und  arbeitete  mit  Erfolg. 
Doch  stand  der  von  ihm  gesammelten ,  dem 
Evangelium  geneigten  Schaar  eine  starke  Partei 
ei'bitterter  Feinde  gegenüber,  denen  er  mit  sei- 
ner Gattin  1861  als  Opfer  fiel**).  Die  doppelt 
mit  Märtyrerblut  getränkte  Insel  konnte  von 
der  Mission  nicht  wieder  aufgegeben  werden 
und  der  Bruder  des  Erschlagenen  arbeitet  jetzt 
daselbst  mit  einem  zweiten  von  Schottland  aus- 
gesandten Missionar.  Die  Bevölkerung  betrug 
1867  gegen  5000.  Hundert  Personen  hatten 
lesen  gelernt  und  15  waren  getauft. 

Tanna  mit  seinen  15-  bis  20,000  Bewohnern 
erhielt  1858  ebenfalls  eigene  Missionare,  nach- 
dem längere  Zeit  eingeborne  Lehrer  daselbst 
gewirkt  hatten.  Aber  auch  diessmal  wurden  sie 
durch  die  Wildheit  der  Eingebornen  und  durch 
das  ungesunde  Klima  verdrängt.  Doch  ist  das 
Werk  in  neuester  Zeit  mit  neuen  Kräften  wieder 
aufgenommen,  wie  die  zwei  auf  der  Karte  be- 
zeichneten Stationen  andeuten. 

*)  Notiz  von  1867. 
**)  An  der  üillon8-Bai,  wo  auch  Williams  ermordet 
Trard, 


Efat,  gewöhnlich  Vate  (Fate)  genannt,  hatte 
auch  schon  längere  Zeit  hindurch  Polynesische 
Lehrer  gehabt,  die  unter  der  Leitung  der  Lon- 
doner Missions- Gesellschaft  mit  Erfolg  wirkten. 
Seit  mehreren  Jahren  aber  sind  auch  hier  Mis- 
sionare der  reformirten  Presbyterianer  thätig  ge- 
wesen. In  neuester  Zeit  sind  selbst  Vorberei- 
tungen zum  Beginn  der  Mission  auf  der  grössten 
Insel  dieser  Gruppe,  Santo  (Tierra  dcl  Espiritu 
Santo),  getroffen  worden. 

Dieses  wichtige  Missionswerk  auf  den  Neuen 
Hebriden  wird ,  wie  bemerkt ,  gemeinschaftlich 
von  einer  Denomination  in  verschiedenen  Län- 
dern betrieben.  Dem  kleinen  Häuflein  der  refor- 
mirten Presbyterianer  haben  sich  jedoch  zu  die- 
sem Zwecke  auch  andere  Presbyterianer  ange- 
schlossen und  gegenwärtig  sind  folgende  presby- 
terianische  Kirchen  bei  dieser  Mission  betheiligt: 

1.  die  in  den  niederen  Provinzen  von  Britisch- 
Nord- Amerika, 

2.  die  von  Neu-Süd-Wales, 

3.  die  von  Victoria, 

4.  die  von  Neu-Seeland, 

5.  die  von  Otago  und  Southland. 

Ein  eigenes  Missionsschiff,  der  Dayspring,  dient 
dieser  Mission  und  hält  die  Verbindung  mit  den 
Australischen  Kolonien  aufrecht. 

Auf  den  Loyalty  -  Inseln  (Inseln  der  Treue) 
waren  ebenfalls  bald  nach  Williams'  Tode  ein- 
geborne Lehrer  stationirt  worden,  die  zum  Theil 
unter  grossen  Schwierigkeiten,  aber  mit  reichem 
Erfolge  wirkten.  Erst  1856  (auf  Marc)  und  1859 
(auf  Lifu)  traten  Europäische  Missionare  von  der 
Londoner  Gesellschaft  ein,  denen  dorthin  sogleich 
katholische  Priester  folgten,  die  auch  Uea  be- 
setzten, wo  erst  seit  1853  evangelische  einge- 
borne Lehrer  waren.  Politischen  Zwiespalt  be- 
nutzend und  Häuptlinge  der  bisherigen  heid- 
nischen Partei  gewinnend  setzten  sich  die  Ka- 
tholiken bald  fest,  ohne  jedoch  die  Bevölkerung 
auf  ihre  Seite  bringen  zu  können.  Auf  Lifu 
sind  von  7000  Bewohnern  6400  evangelisch,  die 
übrigen  katholisch;  auf  Uea,  das  später  auch 
eigene  Europäische  evangelische  Missionare  er- 
hielt, sind  1100  evangelisch  und  800  katholisch, 
während  etwa  100  im  Heidenthum  verharren. 

Auf  Mure  sind  von  4-  bis  5000  Seelen  1241 
evangelisch.  Hier  begann  die  katholische  Mis- 
sion erst  1866. 

Dieselbe  hatte  schon  einige  Zeit  vorher  für 


diese  ganze  Gruppe  eine  besondere  Unterstützung 
erhalten  durch  die  Französische  Besitzergreifung 
von  Neu  -  Caledonien.  Als  Zubehör  zu  dieser 
Insel  beanspruchten  die  Französischen  Behörden 
auch  die  Loyalty  -  Inseln ,  mischten  sich  in  die 
politischen  Parteiungen  auf  denselben,  die  jetzt 
zugleich  den  Unterschied  von  Katholisch  und 
Evangelisch  repräsentirteu ,  und  begannen  eine 
Verfolgung,  bei  der  Kirchen  und  Kapellen  zer- 
stört oder  als  Nationaleigenthum  den  Katholiken 
überwiesen  wurden,  Gemeinden  während  des 
(iottesdicnstes  überfallen  und  Lehrer  misshandelt 
und  eingekerkert  wurden  u.  s.  w.  Wenn  auch 
die  schlimmsten  Ausbrüche  dieser  Verfolgung 
vorüber  sind,  so  dauert  sie  doch  bis  jetzt  fort, 
aber  die  Evangelischen  zeigen  sich  ti'eu  und 
standhaft,  ja  das  Missionswerk  gewinnt  unter 
dieser  Trübsal. 

Die  dritte  hier  zu  erwähnende  Missions- 
thätigkeit  steht  mit  der  anglikanischen  Kirche 
in  Verbindung  und  wird  von  der  Ausbreitungs- 
Gesellschaft  unterstützt.  Bischof  Selwyn*  von 
Neu  -  Seeland  hatte  bereits  öfter  verschiedene 
Melanesische  Inseln  besucht  und  einige  Einge- 
borne  mit  nach  Neu -Seeland  gebracht,  um  sie 
dort  unter  die  Einflüsse  eines  christlichen  Le- 
bens zu  stellen.  Weiter  ausgebildet  wurde  der 
Plan  durch  den  eigens  fiir  Melanesien  ordinirten 
Bischof  Patteson,  der  von  Freunden  unterstützt, 
zum  grossen  Theil  aber  mit  Aufwendung  eigener 
Mittel  eine  grössei'e  Zahl  von  Knaben  von  jenen 


Inseln  mit  sich  nimmt,  die,  wenn  mit  der  christ- 
lichen Lebensweise  vertraut  und  in  den  Anfangs- 
gründen christlicher  Lehre  unterwiesen,  in  ihre 

j  Heimath  zurückgeführt  werden.  Zuerst  diente  zu 
diesem  Zweck  eine  Anstalt  zu  Kohimarama  bei 

I  Auckland  (Neu-Seeland),  kürzlich  ist  dieselbe  je- 
doch nach  der  kleineu  Norfolk  -  Insel  verlegt 
worden.  Viele  Inseln,  von  denen  die  hauptsäch- 

t  liebsten  auf  der  Karte  angegeben  sind,  werden 
von  hier  ans  regelmässig  in  dem  Missionsschiff 

I  („Südliches  Kreuz")  besucht  und  die  Bevölkerung 

j  derselben  zeigt  sehr  merkliche  Früchte  dieser 
Thätigkeit.  Auf  Mota  (Banks -Inseln)  ist  sogar 
schon  mehrere  Monate  hindurch  ein  Gehilfe  des 
Bischofs  zurückgeblieben  und  hat  eine  zahlreiche 
Schule  gehabt.  Da  das  ungesunde  Klima  dieser 
Inseln  das  bleibende  Wohnen  der  Europäer  in 
gewissen  Jahreszeiten  gefährdet,  so  ist  es  der 
Plan,  nach  und  nach  in  dieser  Weise  den  Inseln 

I  das  Evangelium  nahe  zu  bringen.    Eine  grosse 

[  Schwierigkeit  für  dieses  Werk  besteht  in  der 

'  Unzahl  verschiedener  Melauesisclier  Sprachen. 
Doch  der  wackere  Bischof,  ausgestattet  mit  reicher 
Sprachengabe,  weiss  auch  dieser  Schwierigkeit 

I  erfolgreich  zu  begegnen,  und  es  liegen  bereits 
für  mehrere  Inseln  die  Anfänge  einer  Literatur 
vor.  Nach  den  neuesten  Nachrichten  ist  bereits 
ein  Melanesier,  der  von  Anfang  bei  dem  Bischof 
geblieben,  so  weit   ausgebildet,   dass   er  zum 

'  Prediger  für  seine  Landsleute  ordinirt  werden 
konnte. 


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Äfissions  Atlas 


Lüh,  Aiiit  voll  (V HeBfArthi  ("iiHa 


GOTHA  .W- 


PoJyiies.N"5. 


N".  5.  Die  Fiji- 


(Fidschi-)  Inseln. 


Die  Viti-  oder  Fiji  -  Inseln  bilden  die  grösste 
und  volkreichste  aller  Polynesischen  Inselgruppen. 
Zwei  von  ihnen ,  Viti  und  Vanua  levu  *) ,  sind 
beträchtliche  Länder.  Die  erstere  kommt  der 
Bodenfläche  nach  dem  Kirchenstaate  gleich.  Die 
übrigen,  von  denen  einige  achtzig  bewohnt  sind, 
haben  einen  ungleich  geringeren  Umfang,  ja 
manche  erreichen  nur  eine  für  unseren  Maass- 
stab verschwindende  Grösse.  Alle  zusammen 
übertrefi'en  jedoch  an  Flächengehalt  das  König- 
reich Württemberg  ■^■*).  Mit  wenigen  Ausnahmen 
sind  alle  diese  Inseln  sehr  gebirgig  und  zwischen 
den  bewaldeten  Schluchten  jener  grössten  entste- 
hen breite  Ströme,  die  der  Schifffahrt  den  Weg 
ins  Innere  gestatten  und  an  ihrer  Mündung 
flache  Deltas  bilden.  Unabsehbare  Mangroven- 
Wälder  säumen  diese  fruchtbaren  Ebenen.  Auch 
fehlen  den  Küsten  meistens  nicht  die  Korallen- 
•gürtel  mit  ihrer  stillen  klaren  Lagune. 

Schon  aus  diesen  Andeutungen  kann  man 
schliessen,  welch'  eine  Vielseitigkeit  hier  die 
Keize  erhöht,  die  man  sonst  den  Inseln  Polyne- 
siens nachrühmen  mag.  —  Nirgends  aber  zeigt 
sich  die  Kluft  zwischen  hen-licher  Natur  des 
Landes  und  der  grässlich  verderbten  Art  und 
Sitte  seiner  Bewohner  schroffer  und  entsetzlicher 
als  hier.  Nirgends  ist  der  Kannibalismus,  einer 
der  äussersten  Gipfel  menschlicher  Entartung, 
raffinirter  ausgebildet  worden  als  hier.  Jene 
dunkelbraunen,  fast  schwarzen  Insulaner***),  die 
bei  geringer  Bekleidung  das  krause  Haupthaar 
mit  Tüchern  turbanartig  schmücken  und  ihr  Ge- 

*)  „Gross -Viti"  uud  ,, Grosses  Laud". 
**)  Württemberg  354  Geogr.  QMcilen ,  die  i'iji-lnseln 
378  Geogr.  QMeilen. 

**")  Sie  werden  als  Mischliugsrace  aus  Papuas»  uud 
l'olynesiern  betrachtet.  Ihre  Zahl  auf  der  ganzen  Gruppe 
beträgt  nach  den  neuesten  Schätzungen  200,00(1,  wovon 
auf  die  beiden  grossen  Inseln  je  40,000  kommen. 
(Irundemann  :  Misaionsatlas.   III,  b. 


sieht  mit  auffallenden  Figuren  roth,  schwarz 
und  weiss  bemalen,  leben  in  viele  kleine  Stämme 
und  Reiche  zersplittert,  die  stets  zu  Feindselig- 
keiten bereit  sind  und  darum  für  ihre  Dörfer 
möglichst  gesicherte  Plätze,  namentlich  auf  Berg- 
kuppen, gewählt  haben.  Die  zahlreichen  Opfer 
ihrer  Kriege  bilden,  in  grossen  Ofen  gebacken, 
den  Schmaus  der  Sieger.  Aber  auch  die  Ge- 
fangenen werden  mit  teuflischer  Berechnung  ge- 
mästet, um  den  friedlichen  Mahlzeiten  zu  dienen, 
bei  denen  der  Vorwand  einer  religiösen  Cere- 
monie  nicht  fehlt.  Die  kleinen  Könige  aber,  die 
sich  in  allen  Stücken  als  die  furchtbarsten  Ty- 
rannen erweisen,  stehen  nicht  an,  nöthigenfalls 
aus  ihren  Unterthauen  die  gräulichen  Lecker- 
bissen zu  wählen.  Das  Gesagte  gilt  nicht  bloss 
von  vergangenen  Zeiten,  sondern  bezeichnet  die 
Zustände,  die  namentlich  auf  Viti  und  Vanua 
levu  zur  grösseren  Hälfte  noch  bis  jetzt  herr- 
schen. Die  östlichen  Inseln  dagegen  sind  täsl 
vollständig  dem  Christenthum  gewonnen,  welches 
hier  die  deutlichsten,  auch  von  Gegnern  der 
Mission  nicht  zu  leugnenden  Beweise  seiner 
umwandelnden  Kraft  an  den  Tag  gelegt  hat. 

Schon  in  früheren  Zeiten  standen  jene  In- 
seln, namentlich  Lakemba,  mit  Tonga  in  Verbin- 
dung, da  man  von  hier  aus  das  Holz  zu  den 
Fahrzeugen  bezog.  Auf  der  genannten  Insel  war 
eine  vollständige  Tonganische  Kolonie.  Diese 
wurde  der  Anknüpfungspunkt  für  die  Mission. 
Nachdem  das  Mutterland  dem  Evangelium  ge- 
wonnen, erhielt  auch  die  Kolonie  einen  Anstoss 
zur  Bekehrung,  und  als  nach  vorangegangener 
Arbeit  eingeborner  Helfer  zwei  Methodisten- 
Missionare  von  Tonga  nach  Lakemba  kamen 
(1835),  fanden  sie  bald  Eingang.  Bei  der  poli- 
tischen Verbindung  der  kleinen  Fiji-Könige,  über 
die  der  von  Mbau  eine  gewisse  Oberhoheit  aus- 

51 


übt,  verbreitete  sich  das  Werk  nach  einigen  1 
Jahren  auch  in  dessen  Nähe,  so  wie  nach  So- 
raosomo  und  Mbua,  überall  zunächst  mit  den 
grössten  Schwierigkeiten.  Es  zeigte  sich  jedoch 
auch  sogleich,  welch'  ein  geeigneter  Boden  für 
das  Evangehum  in  den  Insulanern  vorhanden 
war.  Auf  vielen  der  Inseln  hat  dasselbe  bereits 
seit  geraumer  Zeit  den  vollständigen  Sieg  er- 
rungen. Freilich  fehlt  jenen  Massenbekehrungen 
in  vielen  Beziehungen  die  Tiefe,  doch  ist  die 
Entschiedenheit  der  Umwandlung  charakteristisch. 
Die  ganze  Bibel  ist  bereits  in  die  Fiji-Sprache  *) 
übersetzt.  Von  den  fünfzehn  vorhandenen  Dia- 
lekten wurde  der  von  Mbau  zur  Schriftsprache 
erhoben.  Nach  den  obigen  Bemerkungen  ist  es 
erklärlich,  dass  Kriege  zwischen  bereits  christ- 
lichen Stämmen  und  heidnischen  schwer  zu  ver- 
meiden waren.  In  manchen  Fällen  haben  die- 
selben zur  weiteren  Verbreitung  des  Christen- 
thums beigetragen.  Folgende  Zahlen  sind  für 
das  schnelle  Wachsthum  der  Kirche  sprechend: 

volle  Mitglieder     Theilnehmcr  am  Gottesdienste 
1864  .    8,915  35,000, 

1869  .  18,550  105,878. 

Die  katholische  Mission  (der  Maristen)  hat 

sich  von  diesem  ergiebigen  Gebiete  nicht  fern 

gehalten.  Sie  hat  Ovalau  zu  ihrem  Mittelpunkt 

und  Bischofssitz  gemacht.  Hie  und  da  haben  sie 

mit   der  heidnischen  Partei    gegen  christliche 

Stämme   gemeinsame   Sache   gemacht  und  die 

*)  Die  Sprache  zeigt  bei  mancher  Abweichung  des 
Wortschatzes  ganz  die  Struktur  der  Polynesischen  Dialekte. 


erstere  zu  sich  herüber  gezogen.  Die  Zahl  ihrer 
Bekehrten  war  nicht  zu  erfahren. 

In  neuester  Zeit  ziehen  die  herrlichen,  frucht- 
baren Inseln  immer  mehr  Europäische  Kolonisten 
an,  um  so  mehr,  da  viele  in  Australien  sich 
nicht  befriedigt  finden.  Schon  seit  einer  Reihe 
von  Jahren  wohnte  auf  Ovalau  eine  beträcht- 
liche Zahl  von  Weissen,  meist  mit  eingebornen 
Frauen  verheirathet,  die  die  Missionare  zu  einer 
Englischen  Gemeinde  gesammelt  haben.  Die  Zahl 
der  (Mulatten-)  Kinder  in  ihrer  Schule  wurde 
schon  auf  200  angegeben.  In  den  letzten  Jah- 
ren aber  haben  die  Alluvial-Ebenen  Viti  levu's 
Viele  herbeigelockt,  die  dort  sehr  lohnenden 
Baumwollen-  und  Kaffeebau  treiben.  Bis  nach 
Viria  im  Innern  ist  solche  Ansiedelung  vorge- 
drungen. 

Die  Mission  hat  in  neuester  Zeit  auch  gerade 
im  Innern  der  grossen  Insel  viele  Fortschritte 
gemacht,  leider  aber  fiel  der  Missionar  Baker  in 
seinem  Eifer,  mit  der  Predigt  bis  zur  entgegen- 
gesetzten Küste  durchzudringen,  unter  dem  ersten 
heidnischen  Stamme  den  Kannibalen  von  Navosa 
zum  Opfer  (21.  Juli  1867). 

Zur  Fiji- Mission  gehört  noch  die  verein- 
zelte Insel  Rotuma,  75  Geogi-.  Meilen  nordnord- 
östlich von  den  Fiji  -  Inseln,  deren  3000  Bewoh- 
ner ethnographisch  den  Samoanern  am  nächsten 
stehen.  Da  unser  Blatt  keinen  Raum  für  die 
ausführlichere  Darstellung  derselben  bot,  so  lassen 
wir  das  Kärtchen  hier  folgen. 


IIOTUM        12" 30  S.lj,177°15  Ü.X.  MiisJstJ.:  42D, 000 


Die  Berge  zeigen  vulkanischen  Charakter, 
obgleich  nicht  thätig-  —  Seit  5  ist  die  Insel 
fler  Methodisten  -  Mission  überwiesen,  während 
vorher  eingeborne  Lehrer  der  Londoner  Mission 
von  Samoa  neben  Tonganischen  gearbeitet  hatten. 
1846  kamen  katholische  Priester.  Da  noch  kein 
Europäischer  evangelischer  Missionar  dort  seinen 
Wohnsitz  nahm,  so  schienen  jene  das  Über-  j 
gewicht  zu  erlangen.  Die  Bevölkerung  war  in 
Parteien  gespalten  und  es  kam  zu  Kcligions- 
kriegen.  Die  evangelische  Partei  erstarkte  je- 
doch so,  dass  die  Katholiken,  ihre  geringere 
Zahl  unter  eingebornen  Predigern  zurücklassend, 
das  Feld  räumten.  Jetzt  ist  ein  Europäischer  ! 
Methodisten-Missionar  dort,  der  zu  Noatau  seine 


Station  hat.  Zum  Heidenthum  bekennt  sich  auf 
der  Insel  Niemand  mehr. 


Zur  Orthographie  der  Fiji-Namen  ist  zu  be- 
merken, dass  hier  die  der  Aussprache  am  näch- 
sten kommende  Schreibart  gewühlt  wurde.  In 
den  Missionsschriften  findet  mau  sie  auch  in  den 
für  die  Fiji- Sprache  recipirten  Lauten.  Nach 
derselben  gilt 

b  =  mb,  k*)=  gg  (ein  hartes, 

c  =  th  (Englisch),  dem  K-Laut  sich  nä- 
d  =  nd,  hcrndes  g), 

g  =  ng,  q  =  Qgg- 


*)  Hier  beibehaltou. 


6.  Die  Tonga-  oder  Freundschafts -Inseln. 


Die  zahlreiche  Gruppe  der  Tonga -Insehi 
theilt  sich  in  drei  Abtheihingen :  Vaväii  im  Nor- 
den ,  Tougatabu  im  Süden  und  in  der  Mitte 
Haahai,  welches  die  kleineren  Gruppen  von  No- 
muka,  Kotu  und  die  Haabai-Inseln  im  engeren 
Sinne  iimfasst.  Alle  diese  Inseln  gehören  der 
Korallen-Formation  an.  Vaväu  hat  die  gehobene 
Form"").  Sanft  ansteigende  Hügel  wechseln  hier 
mit  breiten  Thäleru,  die  bis  an  die  vielgebuch- 
tete Küste  herabführen,  wo  Tausende  von  See- 
vögeln die  von  den  brandenden  Wogen  zu  selt- 
samen Gestalten  unterwaschenen  Korallen  -  Fel- 
sen umschwärmen.  Die  kleineren  Inseln,  mit 
denen  diese  Gruppe  in  buntem  Gewirr  sich  nach 
Süden  erstreckt,  sind  meist  unbewohnt;  sie 
ragen  mit  ähnlichen  Felswänden  über  das  Was- 
ser; ihren  flachen  Rücken  kleidet  reichliches 
Grün. 

Die  weiteren  Inseln,  unter  denen  bis  Tonga- 
tabu keine  eine  Ausdehnung  erreicht,  die  den 
Flüchenraum  einer  unserer  Grossstädte  gleich- 
käme, sind  niedrige  Koi'allen-Inseln.  Über  den 
weissen  Sand  aber,  der  nur  am  Strande  zu  Tage 
tritt,  hat  sich  eine  20 — 30  Fuss  mächtige  Hu- 
musschicht gelagert,  die  dem  üppigsten  Pflanzen- 
wuchse  Nahrung  giebt.  Wandelt  man  jetzt  da- 
hin in  den  schattigen  Alleen  zwischen  Palmen 
oder  Brodfruchtbäumen,  wo  zur  Rechten  und 
Linken  unter  dichtem  Bananeugebüsch  die  Wohn- 
plätze der  Eingebornen  mit  ihren  sauberen  rothen 
Zäunen  versteckt  sind,  so  meint  man  sich  in 
einem  grossen  Garten  zu  betinden.  Zahlreiche  ! 
Inselchen  sind  wie  leuchtende  Smaragde  über 
die  benachbarten  Rifife  zerstreut. 

Neben  diesen  niedrigen  Inseln  zur  Linken 
zieht  sich  eine  Kette  vou  mehreren  hohen  vul- 
kanischen, unter  denen  Kao  sich  .5000  Fuss  über 
das  Meer  erhebt,  während  die  etwa  halb  so 
hohe  Tufoa,  so  wie  Late  und  Fonualai  und  hoch 
im  Norden  Niuafoou  Mittelpunkte  andauernder 
vulkanischer  Thätigkeit  bilden,  mit  der  die  Erd- 
beben diese  Gruppe  häufig  heimsuchen. 


*)  Vfrgl.  zu  Nn.  1. 
Grundemann :  Missionsatlas.  111,8. 


Die  Tonganer*)  gehören  zu  dem  grossen 
Polynesischen  Stamme,  zeichnen  sieh  aber  durch 
ihre  helle  Hautfarbe  und  regelmässigen  Körper- 
bau aus.  Ihre  milden  Sitten  und  das  freundliche 
Benehmen,  mit  dem  sie  den  Europäischen  Ent- 
deckern entgegenkamen,  brachten  ihrer  Heimath 
den  Namen  der  Freundschafts  -  Inseln  (Friendly 
Islands)  ein.  Dennoch  waren  sie  der  heidnischen 
Rohheit  und  Grausamkeit  nicht  fremd,  und  im 
vorigen  Jahrhundert  herrschte  sogar  längere  Zeit 
der  von  den  Fidji-Iuseln  eingeschleppte  Kanni- 
balismus. Die  despotische  Regierung  des  Tui- 
tonga,  der  auf  Tongatabu  (der  „heiligen  Tonga") 
seinen  Wohnsitz  hatte  und  zugleich  oberster 
Priester  war,  vereinigte  in  früheren  Zeiten  alle 
Inseln.  Später  erhoben  sich  auf  den  einzelnen 
Gruppen  besondere  Könige.  Eine  kastenmässig 
gesonderte  Aristokratie  in  mehreren  Stufen  bil- 
dete das  Gegengewicht  gegen  die  Despotie.  Seit 
1845  ist  die  ganze  Tonga-Gruppe  wieder  unter 
Einem  politischen  Haupte,  dem  König  Georg 
(von  Haabai),  vereinigt,  unter  dem  früher  schon 
auf  den  nördlichen  Gruppen  das  Christenthum 
schnellen  Eingang  gefunden  hatte  und  nun  auch 
auf  Tongatabu  zur  Herrschaft  kam. 

Die  ersten  Missionsversuche  fallen  noch  in 
die  drei  letzten  Jahre  des  vorigen  Jahrhunderts, 
als  der  „Duff"  zehn  Missionare  nach  Tongatabu 
bi'achte,  deren  drei  aber  in  den  nächsten  Jahren 
als  Märtyrer  fielen,  worauf  die  anderen  ent- 
muthigt  zurückkehrten.  1822  machten  die  Me- 
thodisten einen  neuen,  gleichfalls  vergeblichen 
Versuch.  Eingeborne  Lehrer  von  Tahiti  aber 
waren  es,  die  dem  Evangelium  auf  Tonga  den 
ersten  Halt  verschafften.  1826  kamen  dann  wie- 
der methodistische  Missionare,  die,  unter  vielen 
Schwierigkeiten  ausharrend,  in  der  Folge  zu- 
nächst auf  Haabai  und  Vaväu  weiteren  Eingang 
fanden,  während  auf  Tongatabu  noch  lange  die 
Macht  des  Heidenthums  sich  hielt.  Doch  bildete 


*)  Die  Zahl  derselben  betrügt  jetzt  etwa  -20,000.  Ob- 
gleich sie  seit  der  Entdeckuno  abgenommen  hat,  war  die 
damals  angegebene  Zahl  von  200,000  jedenfalls  Ubertrieben. 

52 


sich  auch  dort  allmählich  eine  christliche  Partei. 
Durch  politische  Verwickelungen  kam  es  zum 
Kriege,  der  zuletzt  den  Ausschlag  über  die  Reli- 
gion geben  musste.    Derselbe  war  um  so  trau-  | 
riger,  als  die  heidnische  Partei  sich  mit  den  j 
Katholiken  verbündete,   die  seit    1S41    durch  | 
einige  von  Uvea  gekommene  Priester  in  Bca  ge- 
wonnen waren.   So  wurde  jener  Krieg  zugleich 
ein  Kampf  der  Evangelischeu  gegen  Katholiken. 
Durch  Georg's  Energie  wurde  er  zu  Gunsten 
der  ersteren  entschieden  (1852).    Danach  be- 
kannten sich  die  meisten  der  Überwundenen  zum  ; 
Evangelium,  nur  wenige  hielten  am  Katholicis-  ; 
mus  fest.    Seitdem  bilden  die  Tonga-Inseln  ein  | 
christliches  Reich  mit  christlicher  Gesetzgebung,  i 
in  der  leider  Staat  und  Kirche  nicht  genügend  1 
gesondert  sind,  so  wie  die  Auswüchse  eines  über-  I 
triebeuen  Puritanismus  nicht  fehlen.   Das  Chri- 
stenthum aber   ist  den  Tonganern  keineswegs  i 
nur  von  aussen  aufgedrungen.  Von  Zeit  zu  Zeit  I 
gingen  tiefgreifende  Erweckungen  über  die  In-  ^ 
sein,  von  denen  manche  nachhaltige  Frucht  zu-  j 
rückblieb,  während  immer  wieder  in  nicht  ge- 
ringer Ausdehnung  eine  Gleichgiltigkeit ,  Lax- 
heit der  Sitten  u.  s.  w.  Platz  gegriffen  haben,  die 
der   Mission   trotz    des    herrschenden  Namen- 
Christenthums  genug  zu  arbeiten  gaben.    Eine  ; 
ganze  Schaar  Eingeborner      ist  zum  Theil  zu 
sehr  tüchtigen  Lehrern  und  Predigern  heran-  1 
gebildet,  so  wie  König  Georg  es  nicht   ver-  ' 
schmäht,  seine  Kräfte  der  Predigt,  für  die  er  \ 
hohe  Begabung  zeigt,  mit  Ernst  und  Eifer  zu 
widmen.   Er  ist  jedenfalls  einer  der  bedeutend- 
sten Männer  in  Polynesien,  wo  nicht  der  bedeu-  i 
tendste  von  allen.  Seine  Feinde  werfen  ihm  zwar  j 
vor,  dass  er  das  Evangelium  nur  zum  Mittel 
für  seine  politischen  Zwecke  mache,  von  der 
anderen  Seite  dagegen  wird  sein  Name  nur  mit 
der  höchsten  Anerkennung  genannt. 

Es  ist  nicht  zu  verwundern,  dass  Frankreich 
nach  seinen  sonstigen  Maassregeln  in  der  Süd- 
see aucli  diesen  König  nicht  unbelästigt  Hess. 
1858  wurde  er  gezwungen,  Römische  Priester 

*)  Das  Seroinav  liclindet  sich  zu  Nukualot'a  auf  Tongatabu. 


auf  Vaväu  und  Lefuka  aufzunehmen,  ihnen 
Häuser  und  Kapellen  zu  bauen ,  so  wie  denen 
in  Tongatabu  ähnliche  Vortheile  zu  gewähren. 
Georg  ertrug  diese  Demüthigung,  um  nicht  das 
Schicksal  einer  Pomare  zu  theilen.  Die  katho- 
lischen Priester  aber  mühen  sich  umsonst,  die 
durch  evangelische  Kräfte  errichtete  Kapelle  zu 
füllen;  nur  etwa  20  Personen  bilden  ihren 
Anhang. 

Zu  der  Tonga -Gruppe  gehören  nach  den 
Uber  lief  er  ungen,  so  wie  nach  dem  vorwiegenden 
Typus  der  Bewohner  auch  die  nördUcheren  In- 
seln Niuafoou,  Niuatabutabu ,  Uvea  (Wallis-In- 
seln) und  Fotuna,  obwohl  sie  jetzt  politisch 
selbstständig  unter  eigenen  Häuptern  stehen. 
Die  beiden  ersteren  sind  von  Tonga  aus  zum 
Christenthum  und  somit  zur  Denomination  der 
Methodisten  geführt.  Jene  ist  neuerlichst  wieder, 
wie  schon  öfter,  durch  heftige  vulkanische  Aus- 
brüche erschüttert.  Die  Bewohner  gedachten 
schon  ihre  Heimath  zu  verlassen.  Diese  eine 
flache  Insel  enthält  mehrere  Dörfer  mit  Kirchen, 
deren  Namen  und  Lage  leider  nicht  angegeben 
werden  konnte;  das  benachbarte  hohe  Tafahi 
hat  nur  wenige  Bewohner.  —  Uvea  und  Fotuna 
sind  vollständig  kathoHsirt.  Auf  der  ersteren 
hat  der  apostolische  Vikar  von  Central-Oceanien 
(Mr.  Bataillon)  seinen  Sitz.  Der  erste  Versuch, 
die  Insel  dem  Christenthum  zu  gewinnen,  wurde 
von  Gogo,  dem  Könige  von  Niuatabutabu,  schon 
1835  gemacht,  der  dabei  sein  Leben  einbüsste. 
Einige  Wenige  fielen  dem  Evangelium  zu,  dit 
später  aber,  als  Uvea  der  katholische  Muster- 
Staat  wurde,  mancherlei  Bedrückungen  zu  er- 
dulden hatten,  bis  sie  endhch  auswanderten  und 
auf  Vaväu  Aufnahme  fanden.  Ihre  Zahl  hatt* 
sich  bis  auf  150  Personen  vermehrt.  Sie  wohnen 
zu  Falaleu  bei  Neiafu.  Ein  Versuch,  sie  in  ihre 
Heimath  zurückzuführen,  ist  neuerdings  ge- 
scheitert. 


Das  gebirgige  Eua,  zu  Tongatabu  gehörig, 
hat  nur  etwa  200  Einwohner.  Die  Lage  des 
Wohnplatzes  mit  Kirche  und  ansässigem  Predi- 
ger koiuite  leider  nicht  ei'mittelt  werden. 


N'.  7.  Die  Samoa-  oder  Schiffer -Inseln. 


Schon  mancher  Beschreibe!-  der  Polynesischen 
Inseln  hat  hmsichtlich  der  Samoa  -  Gruppe  die 
Unmöglichkeit,  in  Worten  eine  entsprechende 
Darstellung  ihrer  Schönheit  zu  geben,  eingestan- 
den. Erhabenheit,  mit  Lieblichkeit  gepaart,  über-  j 
bietet  hier  selbst  Alles,  was  von  der  Königin 
iler  Südsee ,  von  Tahiti ,  gerühmt  werden  mag. 
Die  stille  Lagune,  durch  ihren  RiiFgürtel  vom 
brandenden  Meere  getrennt,  umschliesst  frucht- 
bare Ebenen  mit  Kokos  -  Wäldern.  Weiterhin 
schliessen  sich  sanft  ansteigende  Höhen  an,  be- 
kleidet mit  den  mächtigen  Baumkronen  des  Ur- 
waldes ,  unter  denen  hier  nicht  das  wirre,  un- 
durchdringliche Dickicht  sich  findet,  wie  es  sonst 
in  den  Ti'open  herrscht,  sondern  wo  im  kühlen 
Schatten  nur  eine  losere  Vegetation  (z.  B.  die 
gefiederten  Farne)  ihr  Gebiet  hat,  während  in 
den  Zweigen  lieblich  girrende  Taub'en  und  an- 
dere Vögel  im  prächtigsten  bunten  Federschmuck 
hausen.  Hie  und  da  aber  erhebt  sich  über  den 
Bergrücken  ein  mächtiger  Gipfel ,  der  früher 
Feuer  und  Verderben  drohte,  jetzt  aber  erloschen 
ist.  Da  und  dort  tritt  eine  malerische  Gruppe 
von  schroffen  Basalt -Felsen  zu  Tage,  an  denen 
muntere  Bäche  rauschende  Wasserfälle  bilden, 
wähi'end  an  anderen  Stellen  das  Wasser  im  porö- 
sen Tuffstein  sich  seine  unterirdischen  Betten 
gehöhlt  hat.  Das  Gesagte  bezieht  sich  besonders 
auf  Upolu  und  Tutuila ;  •  Savaii  ist  mehr  wildes 
Gebirgsland  und  fällt  oft  in  schroffen  Klippen- 
Küsten  (iron  bound  coasts)  zur  See  ab. 

Der  Flächeninhalt,  den  die  vier  Hauptinseln 
umfassen,  kommt  dem  des  Herzogthums  Koburg- 
Gotha  nahe.  Die  Wohnplätze  liegen  mit  wenigen 
Ausnahmen  nur  an  der  Küste,  während  im  In- 
nern Spuren  alter  Dörfer  aus  früherer  Zeit  sich 
erhalten  haben.  Die  Zahl  der  Bevölkerung  hat 
abgenommen,  aber,  wie  man  aus  jenem  Umstände 
schliessen  kann,  bereits  vor  der  Berührung  mit 
den  Europäern,  denn  schon  die  Entdecker  fan- 
den die  Eingebornen  auf  Küstenwohnplätzo  be- 
schränkt. Jetzt  beträgt  die  Zahl  34,700*-).  Es 
ist  wahrscheinlich,  dass  dieselbe  in  dem  letzten 
Jahrzehnt  wieder  zugenommen  hat.  Die  Samoa- 
ner  gelten  nach  den  Tonganern  für  die  schönsten 
Polynesier.  Ihr  Dialekt  ist  weicher  als  der  rauhe 
Neu -Seeländische  und  kräftiger  als  der  etwas 
weichliche  von  Tahiti.  In  Kunstfertigkeiten  stan- 
den sie  hinter  den  anderen  nicht  zurück ;  ihr 
heidnischer  Kultus  war  jedoch  weniger  ausgebil- 


*)  Zur  Vergleichung  fügen  wir  die  BevölkfiTungszaLl 
von  Koburg-Gotha  bei:  1C4,.500. 

Gnmdomann :  Afj'i^xtnvxottnu.   III,  h. 


det  als  der  der  anderen  Gruppen.  Samoa  ist  nie 
über  eine  politische  Zersplitterung  hinausgekom- 
men und  selbst  in  den  einzelnen  Distrikten  fän- 
den fast  fortwährende  Streitigkeiten  verschiede- 
ner Parteien  um  die  Hegemonie  statt.  Eine  Zeit 
lang  waren  die  Eingebornen  als  besonders  wild 
verrufen ,  und  zwar  nach  der  Ermordung  des 
unglücklichen  De  Laugle  von  der  La  Peyrouse'- 
schen  Expedition '''"),  die  der  damals  verbreiteten 
Ansicht  einen  Stoss  gab,  nach  welcher  man  in 
der  paradiesischen  Einfalt  dieser  Naturkinder  viel 
höheres  Menschenglück  zu  sehen  sich  gewöhnt 
hatte,  als  Christenthum  oder  Bildung  zu  geben 
vermöchten.  Die  Samoaner  waren  aber  nicht 
wilder  als  andere  Polynesier,  können  im  Gegen- 
theil  nachweislich  des  Kannibalismus  nicht  be- 
schuldigt werden,  obgleich  ihre  Kriege  von  Grau- 
samkeit und  Mordlust  zeugen. 

Jetzt  ist  auch  hier  längst  ein  völliger  Um- 
schwung eingetreten.  Die  Samoa-Mission  ist  eine 
der  jüngeren,  die  aber  sehr  schnelle  Fortschritte 
gemacht  hat.  Anfangs  war  durch  Eingeborne 
der  Tonga -Inseln  die  Kunde  vom  Evangelium 
bereits  dorthin  gelangt.  1830  aber  besuchte 
Wilhams  zuerst  die  Gruppe  und  liess  eingeborne 
Tahiti'sche  Lehrer  dort,  deren  Wirksamkeit  so 
erfolgreich  war,  dass  er  bei  seinem  Besuche  in 
Europa  (1835)  die  Londoner  Gesellschaft  bestim- 
men konnte,  sich  dieser  Mission  kräftig  anzu- 
nehmen. Dieselbe  hatte  mit  den  Methodisten  die 
Ubereinkunft  getroffen,  welche  jenen  die  Tonga- 
und  Fidschi  -  Inseln ,  ihr  selbst  aber  Samoa  und 
die  östlicheren  Gruppen  als  Arbeitsgebiete  sicherte. 
Inzwischen  hatten  auch  Wesleyanische  Tonga- 
Lehrer  bei  einigen  Häuptlingen  auf  Samoa  Ein- 
gang gefunden.  Daraus  erwuchs  eine  um  so  grös- 
sere Schwierigkeit,  als  neben  dem  politischen 
Streit,  der  noch  zwei  Jahrzehnte  lang  in  hef- 
tigen Flammen  loderte  und  in  dem  bald  die 
Christen  den  Heiden  entgegenstanden,  die  erste- 
ren  nun  selbst  in  zwei  Parteien  zerfielen,  die 
oft  schroff  einander  gegenüberstanden.  Die  Über- 
einkunft der  beiden  Gesellschaften  wurde  zu- 
nächst in  Kraft  erhalten.  Die  methodistischen 
Samoaner  aber  weigerten  sich,  den  Londonern 
beizutreten.  Viele  wurden  von  den  Katholiken, 
die  sich  1845  eingefunden  hatten,  gewonnen**). 

Inzwischen  war  die  Wesleyanische  Mission 
in  Polynesien  mit  unter  die  Australische  Confe- 


*)  1787  in  der  Massacre  Bay. 
**)  In  neuerer  Zeit  sind  auf  Tutuila  sogar  die  Mor- 
monen eingedrungen,  ohne  aber  viele  Anhänger  zu  finden. 

53 


reuz  gestellt  uud  diese  erachtete  sich  au  die 
obige  Übereinkunft  nicht  gebunden ,  sondern 
sandte  1857  wieder  ihre  Missionare  nach  Samoa, 
wo  sie  von  der  betreftenden  Partei  mit  Freuden 
begrüsst  wurden.  Um  jene  Zeit  endeten  auch 
die  blutigen  Kriege  der  Samoaner,  obgleich  po- 
litische Zwistigkeiten  bis  jetzt  noch  nicht  ganz 
abgcthan  siud.  Seit  jener  Zeit  aber  schwand 
schnell  der  Rest  der  Heiden  hin  und  in  neuester 
Zeit  bekennt  sich  die  ganze  Bevölkerung  zum 
Christenthum,  leider  zerspalten  durch  jenen  Deno- 
minatious-Unterschied.  Die  Methodisten  zählen 
1000  volle  Kirchenglieder  (Communikanten),  die 
Londoner  gegen  5000.  Die  Katholiken  sollen  nach 
einigen  Nachrichten  keine  ausgedehnten  Erfolge 
erreicht  haben,  in  den  „Annales"  dagegen  wird 
die  katholische  Bevölkerung  auf  4150  angegeben. 
—  Besoudei"s  erfreulich  ist,  was  die  Londoner  von 
der  Opferfreudigkeit  ihrer  Angehörigen  bei'ichten 
können,  die  jährlich  neben  nicht  unbedeutenden 
Beiträgen  in  baarem  Gelde  über  13,000  Thlr.  in 
Produkten  für  die  eingebornen  Prediger  aufbrin- 
gen. Samoa  hat  für  den  Handel  der  Südsee  eine 
wichtige  Bedeutung  gefunden.  Der  Werth  des 
ausgeführten  Kokos-Öls  beläuft  sich  auf  2-  bis 
;300,000  Thlr.  jährlich.  Hauptort  für  diesen 
Handel  ist  Apia  auf  Upolu. 

Zu  Malua  befindet  sich  neben  der  Presse,  die 
bereits  die  vollständige  Samoa -Bibel  geliefert 
hat,  das  Seminar  für  eingeborne  Lehrer,  aus 
dem  tüchtige  Missionare  für  andere  Gruppen 
(namentlich  auch  für  die  Loyalty  -  Inseln  und 
Neu  -  Hebriden)  hervorgegangen  sind.  Mehrere 
solcher  Gruppen  aber  sind  der  Pflege  der  Samoa'- 
schen  Mission  zugewiesen.  Diese  haben  wir  auf 
der  unteren  Abtheilung  unseres  Blattes  zur  Dar- 
stellung gebracht.  Die  Lagunen-Inseln  im  Westen 
wareu  bis  in  die  neueste  Zeit  dem  Christenthum 
noch  fern,  obgleich  auf  einigen  Inseln  in  Folge 
der  Aufforderung  eines  Schiffskapitäns  der  Götzen- 
dienst abgestellt  worden  und  Verlangen  nach 
Missionaren  erweckt  war.  Durch  einige  von  den 
Manihiki  -  Inseln  nach  Nukulailai  verschlagenen 
Eingebornen  wurde  dort  diess  Verlangen  gestei- 
gert und  die  Niederlassung  christlicher  Lehrer 
von  Samoa  aus  bewirkt,  bei  deren  Ankunft  vor 


4  bis  5  Jahren  sich  die  meisten  Bewohner  dem 
Christenthume  zuwandten.  Nur  Nanomena  und 
Niutao  bleiben  demselben  verschlossen,  obgleich 
auf  letzterer  der  Götzendienst  abgeschafft  ist. 
Die  Inseln ,  welche  früher  gewöhnlich  EUices- 
Inseln  genannt  wurden,  gehören  zu  den  ring- 
förmigen Riff-Inseln  (siehe  zu  No.  1).   Die  Be- 

j  wohner  stammen  von  Samoa  her.  Dieselben  sind 
leider  von  mehreren  Inseln  durch  Peruvianische 
Sklavenschiffe  (vergl.  No.  1)  bis  auf  geringe 
Reste  weggeschleppt  worden,  noch  ehe  die  Mis- 

I  sion  Fuss  fasste. 

I  Weiter  nach  Osten  folgt  die  Tokelau-Gruppe, 
deren  bedeutendste  Inseln  Oatafu  Nukonono  und 
Oatafu  sind.  In  früheren  Berichten  wurden  auch 
auf  diesen  Samoa'sche  Lehrer  erwähnt.  In  neue- 

j  rer  Zeit  ist  davon  nicht  die  Rede,  dagegen  hat 

i  die  katholische  Mission  dort  Eingang  gefunden. 
Pukapuka,  wo  1864  der  „John  Williams"  unter- 
ging, hat  einen  evangelischen  Lehrer  von  Raro- 

'  tonga  aus  erhalten,  ebenso  die  östlichere  Mani- 
hiki-Gruppe,  die  wir  hier  der  Übersicht  wegen 
mit  aufführen.  (Vergl.  die  Cartons  auf  No.  1.) 
Alle  diese  Aussen  -  Stationen  werden  durch 

!  regelmässige  Besuche  des  Missionsschiffes  mit 
den  betreffenden  Hauptstationen  in  Verbindung 
gehalten. 

Endlich  gehört  im  Süden  zur  Samoa-Gruppe 
noch  eine  Insel,  deren  Lage  auf  der  Übersichts- 
karte von  No.  6  gezeigt  ist,  während  wir  sie 
hier  in  grösserem  Maassstabe  haben.  Niue  wurde 
I  von  Cook  entdeckt  und  wegen  der  besonderen 
Wildheit  seiner  Bewohner  Savage  Island  (Wil- 
den-Insel) genannt. 

Auch  der  Einführung  der  Mission  widersetz- 
ten sie  sich  hartnäckig,  bis  durch  einige  ausser- 
halb bekehrte  Volksgenossen  dem  Christenthum 
Eingang  geschafft  wurde.  Seit  1858  errang  das- 
,  selbe  den  Sieg   und  die  Insulaner  verlangten 
j  dringend  noch    einen   Europäischeu  Missionar, 
I  nachdem  eingeborne  Lehrer  unter  ihnen  gear- 
I  beitet  hatten.  Seit  1861  haben  sie  einen  solchen 
j  erhalten,  und  nun  bekennt  sich  die  ganze  Be- 
völkerung (4-  bis  5000  Seelen)  zum  Christen- 
I  thume,  während  1200  Communikanten  gezählt 
I  werden. 


I 


8.  Die  Gesellschafts -Inseln. 


Diese  Inseln  werden  iu  zwei  Gruppen  ge- 
theilt:  die  über  dem  Winde  oder  Georgische  In- 
seln und  die  unter  dem  Winde  oder  Gesell- 
bchafts-lusclu  im  engeren  Sinne.  Mit  Ausnahme 
der  niedrigen  Korallen-Inseln  Tetuaroa  und  Tubai 
sind  sie  alle  hoch.  Die  höchsten  Punkte  (bis  zu 
10,000  Fuss)  bilden  die  mächtigen  Berge  von 
Tahiti*).  Die  immergrüne  Vegetation  zeigt  eine  i 
seltene  Pracht  und  Fülle.  —  Die  Bewohner,  ein  | 
besonderer  Zweig  der  Polynesischen  Völker- 
familie, sind  den  verwandten  Stämmen  gegen- 
über durch  eine  gewisse  Weichheit  charakteri- 
sirt,  die  in  der  heidnischen  Zeit  in  Weichlich- 
keit und  Wollust  herrschte.  Auch  ihr  Dialekt 
unterscheidet  sich  von  dem  mehr  männlichen 
Gepräge  des  Neu  -  Seeländischen  und  Raroton-  j 
gischen. 

Über  die  frühei'e  Religion  und  Sitte  vergleiche 
man,  was  im  Allgemeinen  über  Polynesien  ge- 
sagt ist.  Es  sei  hier  nur  bemerkt,  dass  auf  den 
Gesellschafts  -  Inseln  der   Kannibalismus  fremd, 
doch    Kindesmord  und  Menschenopfer  au  der  j 
Tagesordnung  waren.  Die  Hauptplätze  des  Götzen-  [ 
dienstes,  an  denen  die  meisten  der  letzteren  dar-  j 
gebracht  wurden,  sind  auf  der  Karte  durch  ein  j 
besonderes  Zeichen  angedeutet  (bei  Papara  auf  i 
Tahiti  und  bei  Opoa  auf  Rajatea). 

Obgleich  schon  1606  von  Quiros  entdeckt 
(seine  Sagittaria  ist  jedenfalls  Tahiti)  und  einige 
Male  noch  vor  Cook  von  anderen  Europäern 
besucht,  wurden  die  Gesellschafts  -  Inseln  erst 
durch  jenen  berühmten  Seefahrer  in  Europa  be- 
kannt.   Seine  Schilderungen  erregten  viel  Auf- 


*)  Richtiger  zu  schreiben  Taiti;  wir  behalten  die  ge- 
bräuchliche Schreibweise  bei.  Otaheiti  mit  Deutscher  Aus- 
sprache zu  sagen,  ist  ganz  verkehrt;  Cook  gebrauchte  jene 
Form  mit  vorgesetztem  Artikel  und  nach  Englischer 
Orthographie. 

Grundemann  :  Misaionaatlas.    III,  ». 


sehen  und  zogen  bald  das  Interesse  des  jungen 
Missionseifers  in  England  auf  sich.  Mit  dem 
ersten  grösseren,  in  Folge  davon  ins  Werk  ge- 
setzten Missions  -  Unternehmen  war  die  Bildung 
der  Londoner  Missions  -  Gesellschaft  verknüpft. 
1797  brachte  das  MissionsschifiF  „DufF"  16  Mis- 
sionare nach  Tahiti.  Die  Geschichte  dieser  Mis- 
sion hat  für  die  erste  Zeit  von  vielen  Schwierig- 
keiten und  entmuthigenden  Zügen  zu  berichten. 
1808  linden  wir  die  Missionare  nach  Eimeo  ge- 
flohen, 1810  nur  zwei  von  ihnen  dort  Stand 
haltend.  Doch  erstarkte  allmählich  die  kleine 
christliche  Partei  unter  Pomare.  Ihr  Sieg  über 
die  Feinde,  da,  wo  diese  bereit  waren,  sie  aus- 
zurotten, bezeichnet  den  entscheidenden  Fall  des 
Heidenthums  (1815).  Seitdem  machte  die  Ein- 
führung des  Christenthums  schnelle  Fortschritte. 
In  wenigen  Jahren  waren  die  Zustände  auf  Ta- 
hiti völlig  umgewandelt,  und  ähnlich  ging  es  auf 
den  übrigen  Inseln. 

Die  Blüthe  dieser  Mission,  iu  der  sich  na- 
türlich auch  dann  und  wann  Schwankungen  ein- 
stellten, erstreckt  sieh  bis  in  die  dreissiger  Jahre. 
Die  wegen  der  Ausweisung  katholischer  Missio- 
nare herbeigeführten  Kämpfe  mit  der  Französi- 
schen Macht,  die  trotz  tapferer  Gegenwehr  der 
Eingebornen  in  der  Französischen  Besitzergrei- 
fung (1842)  unter  dem  Namen  des  Protektorates 
ihren  Abschluss  fanden,  haben  dem  blühenden 
Werke  schweren  Schaden  gebracht.  Um  diese 
Zeit  bestanden  auf  Tahiti  die  auf  der  Karte 
angegebenen,  von  Europäischen  Missionaren  be- 
setzten Stationen.  (Wir  haben  den  Originalnamen 
der  Orte ,  in  deren  Nähe  dieselben  lagen ,  die 
Englischen  Namen  beigefügt,  mit  denen  die 
Missionare  ihre  Stationen  benannten.)  Ausser- 
dem war  allmählich  eine  Schaar  oingeboruer 
Prediger  herangebildet.     Seit  1852  nahm  die 

54 


Französische  Regierung  die  Anstellung  derselben 
in  die  Hand  und  die  Missionare  wurden  der  Art 
beschränkt,  dass  ihnen  nur  der  Gewalt  zu  wei- 
chen übrig  blieb.  Nur  einer  blieb  für  die  Kolo- 
nisten und  Schiffer  in  Papeiti  zurück.  Für 
letztere  besteht  daselbst  eine  sogenannte  Bethel- 
Kirche. 

Die  Franzosen  haben  von  ihrer  Besitznahme 
wenig  Vortheil  erlangt.  Bis  vor  einigen  Jahren 
wollten  die  Kolonisirung  und  die  industriellen 
Unternehmungen  nicht  recht  in  Gang  kommen. 
In  neuester  Zeit  sind  bedeutende  Anstrengungen 
für  den  Zuckerbau  gemacht,  wobei  von  Einfüh- 
rung Chinesischer  Kulies  die  Rede  war.  Die 
nachtheiligen  Einflüsse  auf  die  Sittlichkeit  der 
Eingebornen  dauern  fort.  Die  katholische  Mis- 
sion hat  nach  den  verschiedensten  Berichten  hier 
keine  glänzenden  Erfolge  gehabt,  obgleich  sie 
von  der  Regierung  stark  unterstützt  wird.  Die 
meisten  Anhänger  hat  sie  in  dem  Gebiete  von 
Papara  gefunden.  —  Trotz  aller  Hindernisse  kann 
aber  in  neuerer  Zeit  wieder  von  einer  Zunahme 
der  evangelischen  Kirchenglieder  gesprochen  wer- 
den. Dazu  hat  auch  die  Pariser  Gesellschaft  Ar- 
beiter nach  Tahiti  geschickt  (1861),  welche  die 
bezeichneten  Stationen  besetzt  und  dafür  gesorgt 


haben ,  dass  die  anderen  tüchtige  Prediger  aus 
den  Eingebornen  erhielten. 

Auf  den  Inseln  unter  dem  Winde  ist  das 
Bestehen  der  Londoner  Mission  gesichert,  da 
über  diese  das  Französische  Protektorat  vertrags- 
mässig  sich  nie  ausdehnen  darf.  Gegenwärtig 
sind  nur  die  Stationen  auf  Rajatea  und  Tahaa, 
letztere  nach  längerer  Störung  durch  Krieg,  mit 
Europäischen  Missionaren  besetzt.  Die  anderen 
völlig  organisirten  Gemeinden  werden  von  ein- 
gebornen Pastoren  bedient,  zu  deren  Ausbildung 
auf  Tahaa  ein  Seminar  errichtet  war,  das  jetzt 
wahrscheinlich  auch  wieder  in  Thätigkeit  sein 
wird.  Reichliche  Gaben  für  die  Mission  zeugen 
j  auch  hier  von  lebendigem    christUchen  Eifer,  * 

wenn  auch  andererseits  Zeichen  von  Gleichgiltig- 
I  keit  und  Verweltlichuüg  zu  finden  sind. 

Die  Karte  zeigt  auf  dem  Übersichtsblatte  die 
I  Bevölkerung  einer  jeden  Insel  nach  den  neuesten 
I  statistischen  Berichten  (in  der  Revue  maritime  et 
I  coloniale).   Da  vor  einigen  Jahrzehnten  die  Be- 
völkerung aller  Gesellschafts  -  Inseln   noch  auf 
50,000  gerechnet  werden  konnte,  so  sieht  man 
auch  hier  das  traurige  Dahinschwinden  der  Poly- 
nesier. 


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N".  9.  Die  Tuamotu- (Paimiotu-)  Inseln. 


Dieser  ausgedehnte  Archipel  besteht  aus  einer 
Menge  niedriger  Korallen-Inseln,  die,  von  Riffen 
umgeben ,  an  denen  das  Meer  in  wilder  Bran- 
dung seine  Macht  zeigt,  mit  ihren  Kokos-Palmen 
wie  grüne  Kränze  stille  Lagunen  umschliessen, 
deren  glatter  Spiegel  gegen  das  aufgeregte  Meer 
eigenthümlich  absticht.  Oft  ziehen  sich  diese 
Inseln,  deren  Boden  nur  wenige  Fuss  das  Wasser 
überragt ,  bei  sehr  geringer  Breite  in  beträcht- 
liche Länge  hin.  Wenige  der  Lagunen  haben 
einen  Kanal  in  dem  umgebenden  Korallenriff, 
der  sie  als  Häfen  für  grössere  Schiffe  zugäng- 
lich machte.  Nur  einige  Inseln,  die  auf  der  Karte 
angegeben  sind,  haben  die  hohe  Formation.  Das 
tropische  Klima  ist  durch  die  Seewinde  sehr  ge- 
mässigt. Die  Produkte  bieten  weniger  Mannich- 
faltigkeit  als  andere  Südsee-Inseln. 

Die  Bewohner  sind  den  Talütieru  nahe  ver- 
wandt ,  auch  ihrem  Dialekte  nach.  Schon  seit 
lauger  Zeit  hatten  die  nordwestlichen  Inseln  zu 
Tahiti  viele  Beziehungen.  Von  dort  aus  erhielten 
(Muige  auch  das  Clnistenthum ,  das  nach  Anaa 
(irrthümlich  Aana  genannt  und  von  der  Ketten- 
Insel,  mit  der  sie  identisch,  unterschieden)  dui-ch 
einen  bekehrten  Eingebornen  schon  bald  nach 
1815  gebracht  wui-de,  in  ähnlicher  Weise  später 
nach  Aurora  (Makatea  oder  Metia),  Byam  Martin 
(Pinaki?),  den  Bow- Inseln  (Hao)  und  manchen 


anderen.  Anaa  wurde  der  Mittelpunkt  für  diese 
vorzüglich  durch  eingeborne  Lehrer  betriebene 
Mission.  Um  1830  begann  auch  auf  der  süd- 
lichsten Gruppe  des  Archipels,  auf  den  hohen 
Gambier-Inseln  (Mangareva),  ein  versprechendes 

j  evangelisches  Missionswerk.  Die  katholische  Mis- 
I  . 

sion  nahm  aber  bald  dieses  Feld  für  sich  in 
Anspruch  und  machte  es  zum  Centrum  ihrer 
Operationen  in  jenen  Gewässern.  Sie  wird  von 
Arbeitern  der  Picpus-Gesellschaft  betrieben. 

Seit  der  Französischen  Occupatiou ,  die  sich 
über  den  ganzen  Archipel  erstreckte,  ist  die 
Entwickelung  der  evangelischen  Mission  stark 
beschädigt.  Auf  Anaa,  das  der  Hauptsitz  Fran- 
zösischen  Einflusses  wurde,  haben  sich  zudem 

die  Monnoueu  eingefunden  und  bei  den  Einge- 

'  .  .  . 

bornen  nicht  geringen  Eingang  erlangt.  Die 

I  katholische  Mission  scheint  dort  weniger  Erfolge 
i  als  auf  Mangai'eva  gehabt  zu  haben.  —  Von 
Tahiti  aus  sind  auch  hier  die  evangelischen  Ge- 
meinden in  neuester  Zeit  wieder  belebt  und  mit 
Predigern  versorgt  worden. 

Auch  auf  diesen  Inseln  schwindet  die  Be- 
(  völkerung  schnell  dahin.  Auf  einigen  derselben 
I  ist  sie  noch  vollständig  uncivilisirt,  ja  selbst 
I  dem  Kannibalismus  ergeben,   namentlich  wird 
diess  von  Vairaatea,  Moräne,  Tematangi  und 
Akiaki  berichtet. 


rrriiudeiimiiii  s  Minsinnsattas.    Iii,  8. 


55 


GOTHA:  JUSTrS  PERTHES. 


N".  10.  Die  Marquesas- Inseln. 


Die  Marquesas  -  Inseln  bestehen  aus  zwei 
Gruppen :  der  nordwestlichen  und  südöstlichen, 
deren  Grenze  zwischen  üapou  und  Uauka  einer- 
seits und  Hivaoa  und  Fatuhuku  andererseits  sich 
hinzieht.  Dieselben  sind  (mit  Ausnahme  der 
kleinen  Korallen-Insel  ganz  im  Norden)  allesammt 
lioch  und  vulkanischen  Ursprungs,  doch  ist  die 
vulkanische  Thütigkeit  erloschen.  Die  höchsten 
Punkte  erheben  sich  nicht  viel  über  3000  Fuss. 
Steile  Eücken  durchziehen  die  grösseren  Inseln, 
Seitenzweige  nach  den  Küsten  sendend,  zwischen 
denen  fruchtbare  Thäler,  scharf  von  einander 
getrennt,  die  Wohnsitze  verschiedener  Stämme 
bilden.  Über  den  Besitz  derselben  finden  häufige 
Kämpfe  statt,  jetzt  mit  Feuerwaffen  geführt.  — 
Die  Bewohner  sprechen  einen  besonderen  Poly- 
nesischen  Dialekt,  obgleich  auf  den  verschiedenen 
Inseln  noch  Unterschiede  der  Mundart  bestehen. 
Sie  werden  zu  den  schönsten  Stämmen  der  Süd- 
see gerechnet,  doch  schwinden  sie  auch  vor  den 
anderen  sclmell  dahin  (vergl.  die  Bevölkerungs- 
zahlen für  Nukahiva  auf  der  Karte). 

Obgleich  mit  am  frühesten  von  den  Seefah- 
rern christlicher  Länder  besucht  (der  Spanier 
Mendana  entdeckte  sie  1595  und  nannte  sie 
nach  dem  Marquis  von  Canete,  dem  Vicekönig 
von  Peru),  befinden  sich  diese  Inseln  noch  in 
der  tiefsten  Finsterniss  des  Heidenthums,  und 
jene  Greuel  des  Kannibalismus  u.  s.  w.,  die  auf 
anderen  Gruppen  schon  lange  der  Vergessenheit 
angehören,  sind  hier  bis  zur  Gegenwart  in  vollem 
Gange  geblieben. 

Schon  der  „Dutf"  brachte  bei  seiner  ersten 
Fahrt  Missionare,  die  sich  indessen  nur  kurze 
Zeit  auf  Tauata  aufhielten.  Erst  1825,  nachdem 
ein  auf  Tahiti  bekehi'ter  Marquesaner  günstige 
Hoffnungen  erweckt  hatte,  Hess  die  Londoner 
Gesellschaft  durch  eingeborne  Lehrer  die  Mission 

GriiiidHiuann  ;  Miaaionsatlas.    IH,  H. 


wieder  aufnehmen.  Auch  dieser  Versuch  war 
vorübergehend,  jedoch  wurden  in  den  folgenden 
Jahren  die  Inseln  öfters  von  Missionaren  be- 
sucht, bis  1835  zwei  dei'selben  sich  wieder  blei- 
bend auf  Tauata  niederliessen  und  mehrere  .lahre 
in  Segen  wirkten.  Diess  Wei'k  wurde  jedoch 
durch  die  auf  Französische  Macht  gestützten 
katholischen  Missionare  gestört,  die  1838  ein- 
drangen und  denen  die  evangelischen  endlich 
(1841)  weichen  mussten.  Im  folgenden  Jahre 
wurde  die  Gruppe  von  Frankreich  in  Besitz  ge- 
nommen. In  Vaitahu,  dem  Aufenthaltsorte  der 
(katholischen)  Missionare*),  wurde  ein  Fort  an- 
gelegt. Bald  rühmten  sich  dieselben  der  grössten 
Erfolge  auf  Tauata,  so  wie  auch  auf  Hivaoa, 
Nukahiva  und  Fatuiva**).  Die  erstgenannte 
Insel  wurde  jedoch  1849  von  ihnen  verlassen 
und  die  heidnischen  Zustände  kehrten  zurück. 
Ebenso  wurde  die  Station  auf  Fatuiva  1855 
wieder  aufgegeben. 

Der  Sitz  des  Französischen  Gouverneurs  war 
nach  Nukahiva  verlegt,  das  bald  zum  Bischofs- 
sitz erhoben  wurde.  Das  ganze  Verhältuiss  der 
Mission  aber  musste  zu  Ende  des  vorigen  Jahr- 
zehnts von  einem  Französischen  Berichterstatter 
als  auf  äussere  Macht  gegründet  bezeichnet  wer- 
den. Auf  Uapou  nur  sollte  sie  weitere  Einflüsse 
auf  das  Volk  erlangt  haben.  Nach  späteren  Nach- 
richten sollten  die  beiden  aufgegebenen  Inseln, 
so  wie  auch  Uauka  wieder  besetzt  werden. 

Trotz  aller  Begünstigungen  der  katholischen 
Mission  hat  aber  auch  eine  rege  evangelische 
Missions  -  Thätigkeit  sich  der  Marquesas  -  Inseln 


*)  Auch  die  evangelische  Station  war  an  diesem  Orte 
gewesen. 

**)  Trotz  der  Inconsequenz  haben  wir  diese  Schreib- 
art beibehalten,  weil  die  Haw.  Evang.  Soc.  den  Namen 
so  schreibt.  Für  Nukahiva  wird  auch  Nukuhiya  geschrieben. 

56 


wieder  annehmen  können.  1853  kam  ein  Häupt- 
ling von  Fatuiva  nach  den  Hawaii  -  Inseln ,  um 
dort  einen  Missionar  zu  erbitten.  Die  Hawaiian 
Evangelical  Society  entsprach  dieser  Bitte  aufs 
Bereitwilligste  und  sendete  mehrere  Hawaii'sche 
Geistliche,  die  sich  nicht  bloss  auf  Fatuiva  nieder- 
liessen ,  sondern  auch  auf  Hivaoa  und  Uapou 
Stationen  gründeten.  Obgleich  über  diese  Mis- 
sion nur  seltener  Berichte  zu  uns  gelangen,  er- 
sieht man  doch,  dass  sie  nicht  ohne  Erfolg  ist. 
In  den  verschiedenen  Gemeinden,  welche  auf  der 
Karte  angegeben  sind,  befinden  sich  (1869)  96 
volle  Mitglieder,  während  47  im  Laufe  des  letz- 
ten Jahres  neu  aufgenommen  waren.  Auch  der 


American  Board  unterstützt  dieses  übrigens  ganz 
selbstständige  Werk  und  das  Missionsschiff  „Mor- 
ning  Star"  vermittelt  die  Verbindung  mit  den 
Hawaii  -  Inseln. 

Für  Nukahiva  folgen  hier  die  Namen  der 

auf  der  Karte  nur  mit  Ziffern  angedeuteten 
Stämme : 

1.  Taioa.  V.  Haaeka. 

II.  Teil.             I  VI.  KamiLo. 

III.  Taipivai.       •  Vll.  Puioho. 

IV.  Avangi.         |  Vlll.  Hatitoka. 

IX.  Pua. 

1.  Tekea.  i      3.  Tetaievao. 

2.  Mataua.  i      4.  Naiiki. 


Miäsions  -Alias 


13_A 


Dia  gramm 
über  die  Abnahme  der 
EimiebomeTi . 


Mökapu,Pf 
}Vm7nruuilo 

Jfaiuuinut 


Auf  OahiL: 
I  JSma 
S.  Ffm 
TU  f^ianM 
W  Waidkea 

Koolatiloa- 
VI  PaH 
VIT  KooUm 


^OLCjKA 


GOTHA:  JU, 


DIE 

HAWAII 


AnfMaui: 

X  Kmmapfüi- 
H  Lftlun'na 
lir  ^///// 

IV  Jlgmiiutlii 

V  Kiürikinui 

VI  Katqui 
Vir  KipdhuhjL 

vni  /Ä//?« 

IX.  Koohoi 
XI 


od  e  1- 

SAIDWICH.INSEIJ 

i.M.v.i  :  1,500,000 

-Deutsche  Meilen  . 

■ca  .4ni£ricari  ßoard.  C.FJVL. 

.,  J&3'.  Msoruuion 

SHi  Bairaiuin  Bvmujel.  ^Issncialion 
ETil  Society  Propatj  Oos/iel 
■■■  Äo///.  Ctilhol.  .Uission 


"S  PERTHES. 


TiUi.  Anst      C.  HeOfarth.Gotli;! 


11.  Die  Hawaii -Inseln. 


Die  Hawaii  -  Inseln ,   von  ihrem  Entdecker 
Cook  nach  dem  damaligen  Chef  der  Britischen 
Admii'alität  Sandwich-Inseln  genannt,  sind  sämmt- 
lich  vulkanischen  Ursprungs  und  erheben  sich  j 
an  mehreren  Punkten  zu  einer  Höhe  von  10-  | 
bis  15,000  Fuss  über  dem  Meere.    Sie  haben  | 
eine  Anzahl  thätiger  und  erloschener  Krater, 
unter  welchen  letzteren  Haleakala  auf  Maui  der  | 
grölsFe  unter  allen  bisher  bekannten  ist.  Cha- 
rakteristisch ist,   dass  nur  die  Windseite  der 
Inseln  (NO.)  reichlich  mit  Bächen  versehen  ist 
und  in  Folge  davon  eine  üppige  Vegetation  hat, 
während  die  andere  Seite  grösstentheils  wasser- 
arm und  steril  ist. 

Die  Bewohner  bilden  einen  besonderen  Zweig  j 
des  Polynesischeu  Stammes  und  werden  Kanakas 
genannt.  Ihr  Dialekt  ist  kräftiger  als  der  Tahi-  j 
ti'sche,  ohne  die  Härte  des  Neu  -  Seeländischen 
zu  erreichen.  Was  im  Allgemeinen  über  die  ur-  j 
sprüngliche  Religion  und  die  Sitten  der  Polyne- 
sier  gesagt  ist  (vergl.  zu  No.  1),  gilt  auch  hier. 
Die  Einflüsse  Europäischer  Kultur  haben  sich 
unter  allen  Grupjjcn  der  Südsee  auf  den  Hawaii- 
Inseln  am  stärksten  geltend  gemacht.  Die  poli- 
tischen Verhältnisse  sind  in  Europäischer  Weise 
geordnet,  indem  die  ehemals  von  verschiedenen  j 
Häuptlingen  regierten  Inseln,  die  schon  1781 
unter  Kamehameha's  I.  Herrschaft  vereinigt  wur- 
den, jetzt  ein  coustitutionelles  Königreich  bilden. 
Die  Zahl  der  Kolonisten,  die  der  Handel  und 
industrielle  Zwecke  (namentlich  Zuckerbau)  dort- 
hin geführt,  belief  sich  schon  im  Jahre  1866 
auf  mehr  als  4000,  meist  Amerikaner,  doch  sind 
auch  Engländer,  Franzosen,  Deutsche,  Chinesen 
XL.  s.  w.  vertreten.  Sie  finden  sich  grösstentheils 
auf  Oahu.  Von  ihnen  und  den  Eingebornen  bil- 
det sich  eine  Mischlingsrace. 

Griindemiinn :  Mtssionsaltas.    III,  b. 


Die  Mission,  die  hier  1820  durch  die  Ame- 
rikanische Gesellschaft  (A.  B.  C.  F.  M.)  begon- 
nen wurde,  fand  bereits  das  Heidenthum  offi- 
ciell  unter  dem  ganzen  Volke  abgeschafft,  nach- 
dem kurz  zuvor  die  politische  Partei ,  die  das 
Heidenthum  vertrat,  gänzlich  überwunden  war. 
Hierdurch  erhielt  die  Einführung  des  Christen- 
thums, welches  die  Königliche  Familie  zuerst  an- 
nahm, auf  diesen  Inseln  einen  besonderen  Cha- 
rakter. Zu  Anfang  ihrer  Arbeit  hatten  die  Ame- 
rikanischen Missionare  eine  bedeutende  Hülfe 
durch  den  Londoner  Missionar  Ellis ,  der  von 
den  Gesellschafts-Inseln  herübergekommen  war. 
Die  ersten  Stationen  waren  die  zu  Kailua  auf 
Hawaii  und  die  zu  Honolulu  auf  Oahu.  1825 
dagegen  bestanden  ausser  diesen  auch  Stationen 
zu  Waimea,  Waiakea  (Hilo)  und  Kaawaloa  auf 
Hawaii  und  zu  Lahaina  auf  Maui.  Die  folgende 
Zeit  hat  stetige  Fortschritte  des  Missionswerkes 
aufzuweisen.  1832  war  das  ganze  Neue  Testa- 
"ment,  1838  die  ganze  Bibel  in  die  Landessprache 
übersetzt.  Bedrohlich  wurde  für  dasselbe  die  ein- 
dringende katholische  Mission  (von  der  Picpus- 
Gesellschaft),  deren  Arbeiter,  bei  den  ersten  Ver- 
suchen nach  den  Landesgesetzen  zurückgewiesen, 
1836  durch  Französische  Gewalt  eingeführt  wur- 
den. Sie  haben  eine  rege  Thätigkeit  mit  Erfolg 
entfaltet.  Seit  1856  sind  die  Hawaii-Inseln  ein 
besonderes  apostolisches  Vikariat  geworden.  Die 
Zahl  der  Katholiken  wurde  1860  von  ihnen 
selbst  auf  23,000  angegeben.  —  Indessen  hatte 
das  evangelische  Bekenntniss  trotzdem  in  der 
Bevölkerung  immer  festeren  Grund  erhalten.  Ein 
Lehrer-  und  Predigerstand  ist  aus  den  Eingebor- 
nen seit  geraumer  Zeit  herangebildet  und  die 
Gemeinden  haben  sich  der  Art  consolidirt,  dass 
die  Mission  als  solche  ihre  Aufgabe  vollendet 

57 


hat.  Deshalb  hat  die  Amerikanische  Missions- 
Gesellschaft  Yor  einiger  Zeit  bereits  den  Über- 
gang ihres  Hawaii'schen  Gebietes  in  eine  selbst- 
ständige Hawaii'sche  Kirche  herbeigeführt*),  ob- 
wohl sie  auf  den  in  der  Karte  bezeichneten 
Stationen  ihre  früheren  Arbeiter  noch  erhält  oder 
unterstützt.  Die  Leitung  der  kirchlichen  Ange- 
legenheiten liegt  in  den  Händen  der  Hawaiian 
Evangelical  Association,  die  auch  die  selbststän- 
dige äussere  Mission  auf  den  Man[uesas  -  Inseln 
und  in  Mikronesien  (vergl.  die  betreffenden  Blät- 
ter) durch  ihre  eingeborneu  Missionare  betreibt. 
Auch  missionirt  sie  unter  den  eingewanderten 
Chinesen,  deren  Zahl  bereits  1300  beträgt,  so 
wie  unter  einer  Anzahl  nach  Californien  aus- 
gewanderter Kanaken.  Im  Ganzen  bringt  diese 
Gesellschaft  von  ihren  Mitgliedern  jährlich  etwa 
:)0,000  Dollars  für  kirchliche  Zwecke  auf. 

Auf  dem  östlichen  Maui  hat  die  Amerika- 
nische Missionary  Association  zwei  Stationen  unter 
der  Leitung  eines  früher  zum  Amerikanischen 
Board  gehörigen  Missionars,  der  mit  Bezug  auf 
die  Behandlung  gewisser  socialer  Verhältnisse, 

*)  Dieselbe  zählt  nach  den  letzten  Angaben  12,407 
-Mitglieder. 


die  mit  der  Sklavenfragc  verwandt  schienen,  sich 

[  von  jeuer  Gesellschaft  getrennt  hatte. 

Eine  Mission  der  Amerikanischen  Methodi- 
sten-Episkopal-Kirche,  die  vor  einigen  Jahren  zu- 
nächst im  Anschluss  an  Kolonisten  dieser  Deno- 
mination zu  Honolulu  begonnen  wurde,  ist  nur 
sehr  vorübergehend  gewesen.  Ihre  Kirche  ist 
von  der  anglikanischen  Mission  angekauft,  die, 
unterstützt  von  der  S.  P.  G.,  unter  Bischof  Staley, 
der  sich  als  Vertreter  der  „reformirten  katholi- 
schen Kirche"  bezeichnet,  1862  begonnen  hat, 

:  und  zwar  nicht  ohne  mancherlei  Beeinträchtigung 

j  der  bereits  gesammelten  Gemeinde. 

j       Die  Mormonen  haben  schon  lange  auf  den 

1  Hawaii-Inseln  Eintluss  zu  erlangen  gesucht.  Sie 
haben  auf  der  Insel  Lanai  eine  beträchtliche 
Niederlassung,  doch  liegen  uns  keine  Angaben 

j  darübej;  vor,  ob  es  ihnen  gelungen  ist,  viele  der 
Eingebornen  zu  gewinnen. 

j  Auch  bei  den  Kanakas  ünden  wir  das  trau- 
rige Zusammenschmelzen  des  Polynesischen  Stam- 
mes. Die  Bewegungen  desselben  in  den  Jahren 
1820 — 1866  stellt  die  Karte  durch  ein  Diagramm 
dar.  Nimmt  man  die  Schnelligkeit  der  Abnahme 
im  mittleren  Durchschnitt,  so  würde  bei  der- 
selben das  Volk  kaum  das  Jahr  1900  erleben. 


N".  12.  Mikronesien. 


Unter  Mikronesieu  begreift  man  die  Gruppen, 
welche  (mit  Ausnahme  eines  Theiles  der  Gilbert- 
Inseln)  nördlich  vom  Äquator  liegen,  so  wie  west- 
lich und  südwestlich  von  den  Hawaii  -  Inseln. 
Die  meisten  hierher  gehörigen  Inseln  sind  von 
sehr  geringer  Grösse.  Die  niedrige  Korallen- 
Formation  mit  Lagune  (vergi.  zu  No.  1)  ist  bei 
weitem  vorherrschend.  Nur  einzelne,  wie  na- 
mentlich Ponape  und  Kusaie,  sind  hohe  Basalt- 
berge, dicht  mit  üppigster  Vegetation  bedeckt. 
Merkwürdig  sind  die  auf  einigen  Inseln  sich 
findenden  Ruinen  grossartiger  alter  Bauwerke 
aus  mächtigen  Basaltblöcken.  Dieselben  lassen 
auf  eine  nicht  mehr  vorhandene  Urbevölkerung 
schUessen.  Die  jetzige  Bevölkerung  weicht  bei 
manchen  Übereinstimmungen  mit  den  Polyne- 
siern*)  von  letzteren  doch  bedeutend  ab.  Na- 
mentlich ist  die  in  verschiedene  Dialekte**)  zer- 
fallende Sprache  von  der  Polynesischen  sehr  ver- 
schieden. Wahrscheinlich  sind  die  Mikrouesier 
aus  einer  Mischung  von  Malayopolynesiern  mit 
Mongolen  entstanden***).  Diese  Mischung  mag 
auf  den  verschiedenen  Gruppen  in  verschiedenem 
Grade  stattgefunden  haben,  da  auf  einigen  die 
Eingebornen  durch  manche  Züge  auf  den  ersten 
Blick  mit  den  Japanesen  verwandt  erscheinen, 
während  sie  auf  anderen  sich  scheinbar  von  den 
Polynesiern  kaum  unterscheiden.  Kannibalismus 
findet  sich  nicht  in  Mikronesien,  doch  sind  die 
Insulaner  leicht  erregbar  und  grausam  in  ihrem 
Zorn.  Ihre  Religion  ist  eine  unklare  Verehrung 
von  Geistern,  denen  zu  Ehren  Steine  aufgerich- 


*)  Die  Gilbert-Insulaner  stellen  diesen  am  nächsten. 
**)  Der  Dialekt  der  Marshalls-lnseln,  der  der  Gilbert- 
Inseln,  der  von  Ponape  u.  s.  w.  erlauben  aucli  kein  f;egen- 
seitiges  Verständniss. 

Nach  anderer  .Vulfassuni;  sind  sie  mit  den  Taga- 
len  der  Philippinen  verwandt. 

Gnindeniann  :  Minsionsfitla.i.    III.  ~^ 


tet  werden.  Götzenbilder  kommen  nicht  vor.  — 
Weisse  Ansiedler,  Spanier  und  Amerikaner,  fin- 
den sich  auf  vielen  dieser  Inseln,  um  mit  Kokos- 
öl zu  handeln.  Von  Walfischfiingern  werden  sie 
oft  besucht.  Die  von  dieser  Seite  ausgeübten 
Einflüsse  .sind  jedoch  meist  sehr  nachtheilig. 
Unzucht,  Unmässigkeit  und  Epidemien  reduciren 
schnell  die  Zahl  der  Bevölkerung. 

Auf  der  Gruppe  der  Marianeu  oder  Ladronen 
j  (vergl.  No.  1)  hat  das  Aussterben  der  Eingebor- 
I  nen  schon  lange  sein  Ziel  erreicht.    Vor  200 
Jahren  machten  Spanische  Priester  dort  die  ersten 

I 

Anfänge,  den  Insulanern  des  Grossen  Oceans  das 
I  Christenthum  zu  bringen.    Bald  berichteten  sie 
von   l.'5,ÜOO  Getauften.    Die  Bevölkerung  der 
Marianen  wurde  damals  auf  73,000,  nach  An- 
deren auf  300,000  geschätzt.    Zwei  Jahre  dar- 
j  auf  erhob  sich  jedoch  die  Reaktion.    San  Vit- 
tore, der  Leiter  der  Mission,  wollte  sie  mit  Spa- 
I  nischen  Wafien  niederhalten.  Daraus  entspannen 
!  sich  lange  blutige  Kriege ,   bei  dei-en  Ende  nur 
ein  Rest  von  Insulanern  in  Verzweiflung  dem 
Christenthum  sich  fügte.  Doch  auch  diese  siech- 
j  ten  schnell  dahin ,  und  bald  nach  dem  Beginn 
unseres  Jahrhunderts  war  keine  Familie  unge- 
mischten Blutes  meh)-  übrig.    Jetzt  leben  auf 
j  jener  herrlichen  Gruppe ,   deren  meiste  Inseln 
:  ganz  unbewohnt  sind,  nur  ö600  Spanische  Ab- 
kömmlinge und  allerlei  von  den  Philippinen  her- 
übergekommene Vertreter  dortiger  Stämme,  mit 
denen  sich  die  letzten  Uberreste  der  Ureinwohner 
vermischt  haben. 
I        Der  Anfang  der  Carolinen-Mission  (von  den 
Philippinen  aus)  fällt  in  das  Jahr  1710.  Damals 
I  erlangte  sie  auf  Sansorol  (südwestlich  von  den 
I  Palaos-Inseln)  nur  die  Märtyrerkrone.  1731  folgte 
von  den  Marianen  (Guajan  oder  Guam)  aus  ein 
zweiter  Versuch  auf  Ulithi  mit  gleichem  Ausgang. 

58 


Seitdem  ist  nichts  von  katholischen  Missio- 
nen in  Mikronesicn  verlautet. 

Die  evangelische  Mission,  die  sich  bis  jetzt 
nur  auf  die  westlichen  Gebiete  bezieht,  welche 
unsere  Karte  zeigt,  ist  ein  selbstständiger  Spross 
derjenigen  auf  den  Hawaii-Inseln.  18ft2  wurden 
die  ersten  eingebornen  Missionare  von  dort  unter 
Leitung  einiger  Amerikanischer  nach  den  Gil- 
bert-Inseln, nach  Kusaie  (Streng  Island,  sonst  auch 
Ualaii  genannt")  und  Pönape  geführt.  Die  Ha- 
waii'scheu  Gemeinden  hatten  einen  beträchtlichen 
Beitrag  zur  Ausrüstung  dieses  Unternehmens  ge- 
liefert. Später  wurden  die  südlichsten  Marshalls- 
Inseln  ebenfalls  besetzt.    Es  hat  auf  den  ver- 


schiedenen Inseln  nicht  an  Schwierigkeiten  ge- 
fehlt ,  die  Mission  hat  aber  allmählich  einen 
tiefen  Grund  gewonnen  und  befindet  sich  in  er- 
freulicher Entwickelung.  Verschiedene  Dialekte 
sind  durch  die  Schrift  fixirt  und  Ubersetzungen 
der  heiligen  Schi-ift  in  denselben  begonnen. 
Gegenwärtig  zählt  man  auf  allen  Stationen  zu- 
sammen 341  Communikanten ,  im  letzten  .lahre 
war  der  Zuwachs  54.  Ein  eigenes  Schiff,  der 
„Morning  Star"  („Morgenstern")  dient  dieser 
Mission,  die  gemeinschaftlich  vom  Amerikanischen 
Board  und  der  Hawaii'schen  Evangehschen  Ge- 
sellschaft betrieben  wird. 


ALLGEMEINER 

MISSIONS- ATLAS 


NACH  ORIGINALQUELLEN 


BEARBEITET 

vox 

v/ 

R.  GRUNDEMANN, 

PFARRER  ZU  MÖRZ  BEI  BELZIG. 


AMERIKA. 


GOTHA:  JUSTUS  PERTHES. 
1871. 


DIE 


MISSIONEN  IN  AMERIKA 


IN  EILF  KAUTEN 

MIT 

ERLÄUTERNDEM  TEXTE 


DARGKSTELLT 

VON 

R.  GRUNDEMANN, 

PFARRER  ZU  MÖRZ  BEI  BELZIG 


GOTHA: 


JUSTUS 
1871. 


PERTHES. 


1 


TrOTHA  Jl'ST 


1  u.  2.  Nord -Amerika 


und  die  Indianer -Missionen. 


Indem  wir  über  die  Britischen  Besitzungen 
in  Nord-Amerika  auf  die  zu  No.  3  (resp.  No.  4 
und  No.  5)  gegebenen  Bemerkungen  verweisen, 
haben  wir  es  hier  vorzugsweise  mit  den  Ver- 
einigten Staaten  zu  thun. 

Mehr  als  200  Jahre  sind  verflossen,  seitdem 
der  Strom  der  Auswanderung  aus  christlichen 
Ländern  sich  nach  diesen ,  in  jeder  Beziehung 
reich  begünstigten,  Gebieten  zu  ergiessen  begann. 
Wie  Süd-  und  Mittel-Amerika  von  Völkern  Ro- 
manischer Abkunft  in  Besitz  genommen  wurden, 
die  dorthin  ihren  Katholicismus  verpflanzten,  so 
war  Nord  -  Amerika  dem  Anglo  -  Saxonischen 
Stamme  vorbehalten.  Sein  evangelisches  Christen- 
thum bestimmte  somit  das  Gepräge  der  Kolonien, 
um  so  mehr,  da  die  Auswanderer  nicht  bloss 
gewinnsüchtige  Namenchristen  waren ,  sondern 
zum  grossen  Theil  ernste,  um  ihres  Bekenntnisses 
willen  verfolgte  Männer,  die  als  Pilgrime  ihr 
Vaterland  verliessen,  um  jenseit  des  Oceans  ihrem 
Glauben  leben  zu  können.  Unter  solchen  Ver- 
hältnissen, sollte  man  meinen,  hätte  Nord-Ame- 
rika ein  herrliches,  fruchtbares  Missionsfeld  wer- 
den müssen,  denn  an  der  Missionsaufgabe  fehlte 
es  nicht.  War  doch  weit  und  breit  das  Land 
besetzt  von  kräftigen  Indianerstämmen,  die  nicht 
nur  ihren  Anlagen  nach  viel  geeigneter  für  das 
Evangelium  erscheinen  konnten  als  andere  minder 
begabte  Völker,  sondern  auch  durch  manche  Züge 
ihrer  religiösen  Anschauung,  so  wie  ihres  sitt- 
lichen Charakters  insbesondere  für  dasselbe  vor- 
bereitet zu  sein  schienen.  Aber  die  Geschichte 
hat  auch  hier  gezeigt,  dass  'der  Eifer  für  Be- 
kenntniss  und  Kirchenformen  nicht  identisch  ist 
mit  dem  Eifer  für  den  Bau  des  Reiches  Gottes. 
Zwar  führte  ohnehin  die  Kolonisation  zu  viel 
weltlich  gesinnte  Elemente  hinüber,  als  dass  sie 
im  Grossen  zur  Mission  geworden  wäre.  Doch 
auch  von  jener  anderen  Seite  trat  man  den  In- 
dianern nicht  entgegen  als  den  verlorenen  Schafen, 
die  zum  guten  Hirten  zu  führen  seien,  sondern 
als  den  Kanaanitern,  die  der  Herr  in  die  Hand 
seiner  Auserwählten  zur  Ausrottung  gegeben 
habe,  auf  dass  letztere  ihr  Land  ererbten.  So 

Grundemann :  Misaionaatia».    IV,  9. 


kam  es  denn  von  vorn  herein  zwischen  den  Kolo- 
nien und  den  ihnen  benachbarten  Indianerstäm- 
men zum  Kampfe,  in  dem  der  Überlegenheit 
des  weissen  Mannes  der  Sieg  nicht  fehlen  konnte. 
Mehr  aber  als  der  direkte  Kampf  mit  allen  Grau- 
samkeiten lichteten  die  von  den  Ansiedlern  aus- 
gehende Krankheit  und  Verführung  (Feuerwasser) 
die  Reihen  der  Heiden ,  so  dass  manche  starke 
Stämme  in  wenigen  Jahrzehnten  bis  auf  den 
letzten  Mann  verschwunden  waren.  Diess  ist 
das  traurige  Bild,  das  sich  aus  der  Ajnerikani- 
schen  Geschichte  nicht  verwischen  lässt.  —  Doch 
hat  es  schon  früh  nicht  an  Männern  gefehlt, 
die  anders  gegen  die  Rothhäute  gesinnt  waren 
und  in  treuer  Missionsarbeit  ihr  Leben  daran 
gesetzt  haben;  so  namentlich  John  Elliot  und 
Thom.  Mayhew  im  17.  Jahrhundert,  so  wie  im 
folgenden  die  Nachkommen  des  Letzteren  und  die 
Arbeiter  der  Brüdergemeinde,  die  alle  in  reichem 
Segen  wirkten  und  christliche  Gemeinden  aus 
den  Indianern  sammelten.  Erst  zu  Anfang  un- 
seres Jahrhunderts  gewann  die  Missionssache  in 
Amerika  weiteres  Interesse.  Verschiedeue  Gesell- 
schaften begannen  eine  umfassende  Thätigkeit, 
die  auch  von  reichem  Erfolge  begleitet  war.  Doch 
die  gesammelten  Häuflein  christlicher  Indianer 
konnten  zum  Theil  nicht  den  vernichtenden  Ein- 
flüssen der  Civilisation  widerstehen,  die  seit 
der  Abtrennung  der  Kolonien  vom  Mutterlande 
in  der  neuen  staatlichen  Gestaltung  immer  be- 
stimmter hervortraten.  Auch  die  noch  stärkeren 
Stämme  wurden  aus  ihren  Gebieten  verdi-ängt 
und  erhielten  jenseit  des  Mississippi  ihre  Wohn- 
sitze. So  sind  die  östlichen  Staaten  bis  auf  we- 
nige Überreste  von  den  Indianern  verlassen, 
seitdem  jene  Maassregel  gesetzliche  Kraft  er- 
hielt (1830).  Dabei  ist  manche  schöne  Frucht 
der  Mission  verloren  gegangen.  Blühende  Sta- 
tionen wurden  vernichtet  und  schon  gesammelte 
Gemeinden  bei  der  Übersiedelung  zersprengt. 

Jenseit  des  Mississippi  hatten  sich  die  Stämme 
wieder  gesammelt.  Während  im  Osten  eine  be- 
wundernswerthe  Industrie  das  Land  immer  mehr 
umgestaltete  und  auf  den  Gipfel  der  moderneu 

59 


Kultur  erhob,  schien  für  die  Indianer  eine  Zeit 
der  Ruhe  gekommen  zu  sein.  Doch  auch  in  die 
neuen  Gebiete  folgte  ihnen  vielfach  der  Auswurf 
der  weissen  Bevölkerung,  um  durch  Verführung 
und  Rohheit  weiter  an  ihrem  Untergange  zu 
arbeiten.  Dem  gegenüber  wurde  auch  die  Mis- 
sion zu  neuen  Anstrengungen  angeregt.  Auch 
hier  entstand  wieder  eine  Reihe  von  Stationen, 
viele  derselben  aber  sind  jetzt  schon  wieder 
verschwunden.  Die  Stämme  schmelzen  fortwäh- 
rend zusammen.  Das  ihnen  zugewiesene  Land 
wird  wieder  von  der  Kultur  in  Anspruch  ge- 
nommen, und  die  Reste  eines  solchen  einst  zahl- 
reichen Stammes,  die  jetzt  oft  nur  noch  hun- 
dert und  weniger  Seelen  zählen,  werden  weiter 
zusammengeschoben . 

Dennoch  muss  man  gestehen,  dass  der  Con- 
gress  in  neuerer  Zeit  den  Indianern  gegenüber 
ein  System  verfolgt,  das  alle  Anerkennung  ver- 
dient. Die  Indianer  werden  auf  Reservationen 
gesammelt,  erhalten  daselbst  reichlichen  Land- 
besitz, der  ihnen  für  immer  gesichert  ist,  und 
empfangen  Geldunterstützungen,  wo  es  noth  thut. 
Eigens  angestellte  Agenten  (deren  mehrere  unter 
Aufsicht  eines  Superintendenten  stehen)  haben 
sich  ihrer  anzunehmen  und  sie  vor  den  Über- 
griffen der  Kolonisten  zu  schützen.  Besondere 
Beamte  sind  ihnen  beigegeben,  um  sie  im  Acker- 
bau und  allerlei  Gewerben  zu  fördern.  Ausser- 
dem unterhält  der  Staat  viele  Schulen  und  unter- 
stützt die  Missionen.  Freilich  hängt  es  sehr  von 
den  betreffenden  Persönüclikeiten  ab,  wie  alle 
diese  Maassregeln  gehandhabt  werden.  Auf  einigen 
Stationen  sieht  mau  eine  erfreuliche  Wirksam- 
keit, die  aus  dem  Streben  entspringt,  an  Resten 
der  Rothhäute  das  an  ihren  Vätern  begangene 
Unrecht  möglichst  wieder  gut  zu  machen.  Und  wie 
einer  jener  Agenten  schreibt,  so  meinen  es  wohl 
manche :  „Wenn  die  Indianer  dahin  sterben 
müssen,  so  mögen  sie  sterben  wie  das  Kind  an 
der  Mutterbrust."  —  Doch  auf  anderen  Reser- 
vationen sieht  man  leider,  wie  alle  guten  Ver- 
ordnungen nicht  ausreichen,  um  die  Indianer  vor 
der  Gewinnsucht  und  Schändlichkeiten  aller  Art 
zu  schützen,  die  ihren  Untergang  in  roher  Weise 
beschleunigen.  Jenes  eben  angedeutete  bessere 
Loos  wird  ihnen  überhaupt  nur  da  zu  Theil,  wo 
das  Evangelium  an  ilinen  seine  Kraft  bewähren 
kann ,  und  das  Letztere  ist  doch  vielfach  recht 


sichtlich  geschehen.  Es  sind  nicht  bloss  in  ver- 
schiedenen Staaten  und  aus  mancherlei  Stämmen 
christliche  Indianer  so  weit  gefördert,  dass  sie 
als  Staatsbürger  alle  politischen  Rechte  erlangen 
konnten  und  als  fleissige  verständige  Leute  ge- 
achtet und  zu  Wohlstand  gelangt  sind,  nein,  es 
sind  die  christlichen  Stämme,  wie  namentlich 
die  Cherokees,  Choktaws  und  Creeks,  soweit  civi- 
lisirt,  dass  sie  ein  wohlgeordnetes  Gemeinwesen 
bilden,  mit  ähnlicher  selbstständiger  Verfassung, 
Gesetzgebung  u.  s.  w.,  wie  die  anderen  Staaten. 
Diese  Stämme  zählen  denn  ihre  Mitglieder  noch 
zu  10-  bis  14,000. 

Auf  dem  Blatte  No.  1  sind  alle  hauptsäch- 
lichen Indianer-Reservationen  angegeben.  In  den 
j  westlichen  Staaten  und  Territorien  leben  noch 
j  viele  ihrer  alten  Sitte  nach  umherschweifenden 
j  Stämme ,    deren    Ansiedelung   auf  bestimmten 
i  Reservationen  noch  nicht  gelungen  ist*),  mit 
denen  aber  zum  Theil  darüber  verhandelt  wird. 
Bei  der  rasch  fortschreitenden  Kultivirung  die- 
ser Gegenden,  die  nun  durch  die  Vollendung 
der  grossen  Pacific-Eisenbahn  beschleunigt  wird, 
werden  sie  sich  eben  nicht  lange  mehr  in  der 
alten  Freiheit  halten  können.    In  manchen  Ge- 
genden werden  die  Reservationen  bald  bedeutend 
zusammengezogen  werden.    So  geht  man  damit 
um,  diejenigen  in  Kansas  südlich  in  das  Indianer- 
Territorium  zu  verlegen ,  sofern  ihre  Bewohner 
noch  niclit  als  Staatsbürger  aufgenommen  werden 
können. 


Als  ein  anderes  Missions  -  Objekt  wäre  die 
nunmehr  aus  ihrer  Sklaverei  befreite  Neger- 
Bevölkerung  der  Südstaaten  zu  erwähnen.  Es 
finden  sich  in  derselben  allerdings  so  bedeutende 
Momente  von  heidnischem  Wesen,  dass  die  be- 
treffende Thätigkeit  sehr  wohl  unter  der  Rubrik 
der  Heiden  -  Mission  aufgeführt  werden  dürfte. 
Nach  dem  ganzen  Stande  der  Amerikanischen 
Verhältnisse  liegt  es  jedoch  näher,  sie  zu  der 
„inneren  Mission"  zu  rechnen,  welcher  Begriff  dort 
in  vielen  Beziehungen  weitere  Grenzen  als  bei 
uns  hat.  Die  meisten  Denominationen  haben  diese 
„Freedmen"-Mission  als  einen  besonderen  Zweig 
ihrer  missionirenden  Thätigkeit  seit  der  Emanci- 


*)  Dieselben  sind  durcli  eine  besondere  punktirte  Sig- 
natur angedeutet. 


pation  mit  vielem  Eifer  betrieben.  Ja,  die  grosse 
American  Missionaiy  Association  widmet  dersel- 
ben fast  ihre  gesammten  Kräfte,  während  die 
wenigen  Stationen  derselben  im  Auslande  immer 
mehr  hinter  diesem  nächstliegenden  Werke  zu- 
rücktreten. Zu  einer  Darstellung  desselben  hätten 
unsere  Karten  weitaus  nicht  den  genügenden 
Eaum  geboten ,  wie  denn  eine  solche  auch  die 
Grenzen  unseres  Atlas  schon  überschritten  haben 
würde. 

Mit  wenigen  Worten  müssen  wir  endlich 
noch  einer  neuen  Gestalt  des  Heidenthums  er- 
wähnen, die  in  den  Vereinigten  Staaten  bedenk- 
lich heranwächst.  Tausende  von  Chinesen  suchen 
dort  ihr  Arbeitsfeld  oder  eine  neue  Heimath. 
Arbeitsam,  sparsam,  nüchtern  und  an  anderen 
Tugenden  manchen  weissen  Mann  übertreffend, 
gewinnen  sie  mehr  und  mehr  Bedeutung  und 
Einfluss.  In  San  Francisco  erregten  ihre  wohl- 
geschmückten Ahnenhallen,  resp.  Buddha-Tempel, 
schon  lange  Aufsehen.  Jetzt  dringt  der  Strom 
ihrer  Wanderung  in  wachsendem  Maasse  nach 
Osten,  und  vielleicht  ist  jetzt  schon  neben  den 
Kirchen  New  York's  solch  ein  Tempel  zu  sehen. 
In  der  erstgenannten  Stadt  haben  schon  seit  ge- 
raumer Zeit  Presbyterianer  und  Methodisten 
unter  den  Chinesen  missionirt.  Doch  dürfte  die 
Amerikanische  Christenheit  unter  den  oben  an- 
gedeuteten Erscheinungen  zu  weit  grösseren  An- 
strengungen veranlasst  werden. 


In  Mexico  sind  die  Indianer  in  ähnlichen 
Verhältnissen  wie  in  den  früheren  Spanischen 
Besitzungen  Süd-Amei'ika's.  Viele  Indianer  sind 
dort  seit  lange  zum  katholischen  Christenthum 
bekehrt  und  civilisirt.  Nach  den  statistischen 
Angaben  besteht  über  die  Hälfte  der  Gesammt- 
Bevölkerung  aus  solchen  reinen  Indianern 
(4,800,000),  während  ein  anderer  Theil  von  Misch- 
lingen gebildet  wird.  In  anderen  Gegenden  sind 
auch  Indianer  durch  katholische  Missionen  in 
eigenen  Dörfei'n  gesammelt,  die  den  Süd -Ame- 
rikanischen Reduktionen  cutsprechen.  Diess  ist 
auch  der  Fall  in  den  südlichen  Theilen  des  jetzt 
zu  den  Vereinigten  Staaten  gehörigen  Califor- 
nien  und  mit  den  Pueblos  in  Neu-Mexico.  — 
Im  Norden  leben  noch  viele  vollkommen  wilde 
Indianer,  die  als  Indianos  barbaros  oder  bravos 
bezeichnet  wei-den,  meist  vom  Stamm  der  Apachen 


und  Comanchen.  —  Von  evangelischer  Bewegung 
in  Mexico  ist  erst  in  neuester  Zeit  etwas  zu 
vernehmen.  Eine  Amerikanische  Missions-Gesell- 
schaft hat  sich  derselben  angenommen. 


Hinsichtlich  des  Blattes  No.  2  ist  noch  zu 
bemerken ,  dass  dasselbe  in  gewisser  Weise  als 
historische  Karte  dient.  Alle  auf  die  Indianer- 
Stämme  und  die  Mission  bezüglichen  Bezeich- 
nungen sind  in  Roth  gegeben.  Die  früheren  Wohn- 
sitze der  Stämme  und  Missionen,  die  nicht  mehr 
bestehen,  sind  mit  zurückgelegter  Schrift,  die 
jetzigen  Wohnsitze  und  bestehenden  Missionen 
mit  vorwärts  liegender  Schrift  bezeichnet. 

Die  genauere  Angabe  einiger  noch  in  den 
östlichen  Staaten  bestehenden  Indianer-Missionen 
findet  sich  auf  No.  5. 

Schliesslich  folgt  hier  die  Erklärung  der 
Zeichen  auf  den  in  Rede  stehenden  Blättern. 

Zu  Jfo.  1. 

Verzcichniss  der  Indianer-Stämme*),  resp.  Reser- 
vationen, in  den  Vereinigten  Staaten,  welche  mit 
vorstehenden  Ziffern  bezeichnet  wui'den. 

1.  Spokanc  und  Peud  il'üreilles. 

2.  Puyallup  Ros. 

3.  Skokomish,  incl.  Tonunda  Res. 

4.  Maka  Res. 

5.  Skokomish. 

G.  Grand  RondeRes.  (Thoüe  von  15  vorschicdenen  Stämmen). 

7.  Siletz,  incl.  Coose  und  Umpqua. 

8.  Alsea  Res.  1  11 

9.  Uraatilla  Res.,  incl.  Wallawalla  und  Cayuse.J  Stämme. 

10.  Wallawalla  und  Cayuse. 

11.  Warm  Spring  Res.   (Wascos,  Deschutes  u.  Ä.). 

12.  Klamath  Res.  Snakes. 

13.  Suakes  und  Modok. 

14.  Smith  River  Res.  Wylackio. 

15.  Round  Valley  Res.  und  Nomelackee  Res.  (Wylackie, 

Cowcow,  Yuca). 

16.  Hoopa  Valley  Res. 

17.  Tulo  Riv.  Res. 

18.  Cohauila. 

19.  King's  Riv. -Indianer. 

20.  Yuma,  Yavapai,  Moliave,  Hualapai. 

21.  Pi-Ute. 

22.  Mohave. 

23.  Yuma. 

24.  Hualapai. 

25.  Pima  und  Maricopa  Res. 

26.  Papago. 

27.  Walker  Riv.  Res. 

28.  Pyramid  lake  Ros.  (Bannock,Shoshoue,  Pi-üte,Washoe). 

29.  Uinta  Res.  Uta. 

30.  Östliche  Shoshone,  am  Wind  Riv.,  bei  F'  Bridger.  ■ 


*)  Die  Namon  der  Stämme  sind  nach  der  gebräuch- 
lichen Englischen  Schreibweise  wiedergegeben,  doch  mit 
Weglassung  der  sonst  meist  hinzugefügten  Plural-Endung, 
die ,  um  IrrthUmer  zu  vermeiden ,  auch  nicht  durch  eine 
entsprechende  Deutsehe  Endung  ersetzt  wurde. 


31.  Westlicho  Shoshone. 

32.  Pahede  und  Pah  Ute. 

33.  Shebaretche. 

34.  Mohuache-Uta  und  Jicarilla-Apache. 

35.  Abiquiu  Agcncy  (Weinenuche-  und  Capote-lnd.). 

36.  Mescalero  Apache. 

37.  Andere  wilde  Apachen-Stämme. 

38.  Pueblos,  in  Dörfern  ansässige  Indianer  (7000,  kath.). 

39.  NaTajoe. 

40.  Tabequache  und  Grand  Kiv.  Uintas. 

41.  Yaukton  Kes.  Sious. 

42.  Lower  Brule  Res.  Sioux. 

43.  Crow  Creek  Res.  Sioux 

44.  Little  Bend  Location.  Sioux. 

4.5.  Oncpapa,  Yankton-Sioux,  Blackfeet. 

46.  F'  Berthold  Res.  (Assiuiboine,  Grosventres,  Arikarree, 

Mandan,  Sisseton  und  andere  Sioux). 

47.  Dovils  Lake  Res.  | 

48.  Traverse  Lake  Res.  \  Sisseton,  Warpetou  u.  A. 
48a-  Eed  Wood  Res.  ) 

49.  Verschiedene  Sioux-Stämme. 

50.  Blackfeet,  Piegeans,  Blood-Iud.,  Crows. 

51.  Fladhead  Reserv.,  incl.  Pend  d'Oreilles  und  Kootenay. 

52.  Bannock  und  Shoshone. 

53.  Bannock  und  Shoshone. 

54.  Nez  Perces. 

55.  Coeur  d'Alene. 

56.  Omaha  Reserv.,  incl.  Winnebagoe. 

57.  Santee  Agency.  Sioux. 

58.  Pawnee  Res.  und  einige  Sac-  und  Fox-Indianer. 

59.  Otoe  Res.,  incl.  Missouria. 

60.  Iowa-Indianer. 

61.  Arapahoe,  Sheyenne,  Ogalalla  Sious  u.  A. 

62.  Kickapoo. 

63.  Potawatomie. 

64.  Kaw  oder  Kansa  Res. 

65.  Sac-  und  Fox-Indianer  vom  Mississippi. 

66.  Reste  der  Peoria,  Wea,  Piankesha  und  Kaskaskia. 

67.  Miamie. 

68.  Osage. 

69.  Sheyenne  und  Arapahoe. 

70.  Comanche,  Kiowa  und  Apache. 

71.  Cherockee. 

72.  Creek. 

73.  Seminole. 

74.  Chocktaw. 

75.  Chickasaw. 

76.  Verschiedene  Stämme;    Wichita,  Shawnec,  Caddoe, 

Comanche  u.  A. 

77.  Oneida. 

78.  Menomonie  und  Stockbridge  (Munsees). 

79.  L'anse  Bay  Re.s.  Chippewa. 
79a- Odanah  Ues.  Chippewa. 
79b- Sandy  Lake  Res.  Chippewa. 

80.  Traverse  Bay-Indian.  Chippewa  und  Ottawa. 

81.  Saginaw-Indian.  Chippewa. 
82  1 

gg'  j  Chippewa,  Ottawa,  Potawatomie. 

84.  Winnebegoshish,  Gass  L.,  Leech  L.  Res. 

85.  Rod  L.  Res. 

86.  White  Barth  L. 

87.  Gull  L. 

88.  Müle  L. 

89.  Sencca  Res. 

90.  Reste  der  Oneida  und  Onondaga. 

91.  Sac-  und  Fox-Indianer. 

92.  Reste  der  Cherockee. 

93.  Reste  der  Miamie. 


94.  Reste  der  Creek. 

95.  Sault  S.  Mary. 

96.  Walpole  I. 

Zu  Xo.  3. 

Verzeichniss  der  Missions-Gesellschaften,  die  mit 
vorstehenden  Buchstaben  bezeichnet  wurden. 

A.  American  Board  C.  F.  M. 

B.  American  Baptist  Missionary  Union. 

C.  Methodist  Episcopal  Miss. 

D.  Episcopal  Board  of  Miss. 

E.  Presbyterian  Board  of  Miss. 

F.  American  Missionary  Association. 

G.  Southern  Baptist  Board  of  Miss. 
H. 
I. 
K. 
L. 


Chippewa 


Southern  Methodist  Board  of  Miss. 
Southern  Presbyterian  Board  of  Miss. 
Evangelische  Brüdergemeinde. 
Lutherische  Missouri-Synode. 
Lutherische  Iowa-Synode. 
Church  Miss.  Society. 

Society  Propag.  Gospel.      \  Vergl.  Bl.  3 — 5. 
Canada  Presbyterian  Miss 
Wesleyan  Miss.  Society. 


Zu  Xo.  3. 

Verzeichniss  der  mit  vorstehenden  Ziffern  be- 
zeichneten Indianer- Stämme. 

1.  Chippewa. 

2.  Sioux  oder  Dakota. 

3.  Winnebago. 

4.  Cherokee. 

5.  Chocktaw. 

6.  Osage. 

7.  Pawnee. 

8.  Delaware. 

9.  Oneida. 

10.  Sac  und  Fox. 

11.  Omaha. 

12.  Ottawa. 

13.  Chickasaw. 

14.  Kickapoo. 

15.  Shawanoe  (Shawuee). 

16.  Stockbridge  (Munsee). 

17.  Potawatomie. 

18.  Kaw  (Kansas). 

19.  Pawnee. 

20.  Otoe. 

21.  Iowa -Indianer. 

22.  Wyandot. 

23.  Kaskaskia,  Wea,  Piankeshaw  und  Peoria. 

24.  Miamie. 

Sonstige  Abkürzungen. 

Agy  =  Agency,  Sitz  eines  Agenten  für  Indianer. 
Br.    =;  Brauch,  Nebenfluss. 
Cr.    =  Creek,  Bach. 
Cy    =  City,  Stadt. 

Log.  =  Location,  Platz,  wo  Indianer  zeitweise  angesiedelt 
waren. 

Pg.    =  Portage,  Tragplatz  für  Boote  neben  den  Strom- 
schnellen. 
Res.       Reservation  (vgl.  oben). 
ViU.  =  Village,  Dorf. 


•>■* 


ÜLssions -Alias 


(.()THi\  .71 


BRITISCH 
NOK DAMERIKA 

iiu  ilasfslali  1 ;  IS.OOO.ÜOO 


l  'lMtt^rlu-  UeiU 


\ 


iSBt  Churei  Jfiss.  Soeirlr 

\         '  Tfh!/r}mi 

■  Sfv.rropag.  Oos/tf/ 
'-£  Miss.nf /hr  PresMerinikOair^ 
Ol'  Cnnatia  /ma  um  terijt.j 

  ...  "  Calhol.  Miss. 

Ciinihcrtawrt  "B.      Ff^Ibn.  So  -SauseOImidsposta 

Jp.  -  Portale  l  Tnypl/Jt^e ) 

Sei  -  SettlanailiXipdfriassimg] 
St:  =  Srmdi  fSeUaiHuss ) 
Jifs  ^Rrjicrvaliott/ 


./P  / 


'f5^        \  ■ 


iiüi.  Anst  v:  C.  Hp-llferlli  m  Gotha. 


4k 


4 


3  u.  4.  Britisch -Nord -Amerika 


Hudsoiiia  oder  Ruperts -Land  ist  der  Name 
für  die  weiten  uncivilisirten  Gebiete  des  Briti- 
schen Nord-Amerika  von  den  Grenzen  Canada's 
an  bis  an  die  Felsengebirge.  Als  uncivilisirt 
müssen  dieselben  bezeichnet  werden,  denn  trotz- 
dem sie  nunmehr  200  Jahre  unter  Europäischem 
Einflüsse  gestanden  haben,  ist  doch  (mit  Aus- 
nahme der  Niederlassungen  am  Rothen  Flusse 
[Red  River  Settlements])  kein  Dorf,  geschweige 
denn  eine  Stadt,  in  diesem  ausgedehnten  Lande 
zu  finden,  das  im  Ganzen  noch  durchweg  den 
Charakter  des  Naturzustandes  an  sich  trägt. 
Eine  Anzahl  grosser  und  unzählige  kleine  See'n 
sind  durch  Flüsse  und  mächtige  Ströme  unter 
einander  verbunden  und  bilden  die  einzigen 
Verkehrsstrassen.  Im  Süden  durchschneiden  die- 
selben noch  dichte  üppige  Laub-  und  Nadel- 
holzwälder; weiter  folgt  eine  Region  der  Prai- 
rien,  noch  nördlicher  wird  die  Vegetation  immer 
geringer  und  kümmerlicher,  bis  nur  noch  spär- 
liche Moose  den  Boden  bedecken.  —  Indianer 
sind  die  Einwohner  des  Landes,  die  ihrem  un- 
stäten  Jägerleben  treu  geblieben  sind.  In  viele 
Stämme  zersplittert,  sind  sie  politisch  unabhängig 
trotz  der  Englischen  Oberhoheit.  Die  letztere 
wird  hier  nur  durch  eine  Handels  -  Gesellschaft 
(Hudson's  Bay  Company)  vertreten.  Diese  hat 
zur  Betreibung  des  Pelzhandels  sogenannte  Forts*) 
oder  kleinere  Posten  (Houses*))  angelegt.  Nur 
einige  Beamte  mit  ihren  Dienern  haben  dort 
ihren  festen  Wohnsitz,  die  Indianer  aber  finden 
sich  zu  bestimmten  Zeiten  ein,  um  die  erbeu- 
teten Felle  abzuliefern  und  dagegen  Jagdgeräth 
und  Munition  nebst  anderen  Europäischen  Be- 
dürfnissen, an  die  sie  sich  im  Laufe  der  Zeit 


'  gewöhnt  haben,  dafür  einzutauschen.  Geld  ist 
j  unbekannt ;  das  Biberfell  bildet  die  Wertheinheit, 
nach  der  Alles  berechnet  wird.  In  jedem  Som- 
mer wird  dann  eine  Anzahl  von  Booten  (brigade) 
ausgerüstet,  um  das  Pelzwerk  nach  den  Fak- 
toreien an  die  Bai  zu  schafi'eu  und  dafür  die 
Europäischen  Waaren ,  so  wie  die  Postsendung 
aus  der  Heimath  zurückzubringen,  die,  wenn  sie 
sich  verspätet,  ein  volles  Jahr  bis  zur  nächsten 
Beförderung  zu  warten  hat.  Die  Ruderer  bei 
diesen  Fahrten  sind  Indianer,  die  auch  dazu  ihre 
aus  Birkenrinde  gefertigten  Boote  liefern.  Letz- 
tere müssen  an  vielen  Stellen,  wo  Stromschnellen 
die  Fahrt  verhindern,  ausgeladen  und  zu  Land 
bis  zum  nächsten  Punkte  des  Fahrwassers  ge- 
I  schafft  werden.  Eine  solche  Stelle  nennt  man 
I  Portage  *),  welche  Bezeichnung  in  vielen  Namen 

I  wiederkehrt.    Im  Dienste  der  Gesellschaft  stehen 

!     .  .  .  . 

'  viele  Französisch  redende  Canadier,  mit  denen 

sich  jene  Sprache,  so  wie  die  Anhaltepunkte  für 
den  Katholicismus  durch  das   Land  verbreitet 
j  haben.  Neben  den  Englischen  Namen  findet  man 
i  daher  viele  Französische  Benennungen. 

Ausserdem  ist  ein  Geschlecht  von  Mischlingen 

'  entstanden ,  die  sich  ebenfalls  meistentheils  im 

I 

j  Dienste  der  Gesellschaft  befinden   und ,  wenn 
]  nicht  durch  anderweitige  Einflüsse  gehoben,  eine 
verwahrloste  Klasse  bilden. 

Die  Indianer  sind  von  denen  der  Vereinigten 
i  Staaten  in  ihrem  früheren  Zustande  wenig  ver- 
j  schieden ,  daher  die  bekannten  Schilderungen 
auch  hier  zutreffen.  Der  Stamm ,  welcher  am 
weitesten  verbreitet  ist,  sind  die  Crees  (sprich: 
Krihs),  auch  Knistineaux  genannt,  die  in  meh- 
reren Unterabtheilungen  andere  Namen  führen, 


*)  Auf  der  Karte  abgekürzt  Ft  xmd  Ho. 
Grandemann:  Mitsionsatlas.   IV,  9. 


*)  Auf  der  Karte  abgekürzt  Pg. 

60 


z.  B.  Muscaigos  (Swampy  Crces),  deren  Dialekte 
auch  verschiedcu  sind.  Doch  nimmt  die  Crec- 
Sprache  in  manchen  Beziehungen  die  Stelle  der 
Verkehrssprache  ein.  Mit  den  Crces  verwandt  sind 
die  Saulteaux  (Sotos)*).  Beide  gehören  zu  der 
einst  grossen  Nation  der  Algonquinen.  Ihre 
alten  Erzfeinde  sind  die  Sioux  oder  Dakotas, 
mit  denen  sie  oft  blutige  Fehde  haben. 

Im  nordöstlichen  Theile  leben  Indianer,  die 
ethnographisch  und  linguistisch  von  den  bisher 
genannten  sehr  verschieden  sind  und  in  engster 
Verwandtschaft  mit  den  Stämmen  in  dem  frü- 
heren Kussischen  Gebiet  ihre  Mongolische  Ab- 
kunft erkennen  lassen.  Es  sind  diess  die  Chipe- 
W}'ans,  die  von  den  Crees  als  Sklaven  (Slave 
Indiaus)  bezeichnet  werden  und  verschiedene 
TJnterabtheilungen  umfassen,  so  wie  die  Tukuthe 
(sonst  Kutschin  oder  Loucheurs  genannt).  — 
Nöi-dlich  an  der  Küste  des  Eismeeres  und  an 
der  nördlichsten  Küste  der  Hudsons-Bai  zu  bei- 
den Seiten  finden  sich  die  ganz  verschiedenen 
Eskimos,  die  mit  denen  von  Labrador  und  Grön- 
land übereinstimmen. 

Diess  sind  die  Bewohner,  welche,  obgleich 
unter  Eintiüssen  eines  christlichen  Volkes ,  bis 
in  den  Anfang  dieses  Jahrhunderts  so  weit  ver- 
nachlässigt waren,  dass  in  dem  ganzen  weiten 
Gebiete  kein  einziges  Gotteshaus  vorhanden  war. 
Um  eine  gedeihliche  Entwickelung  des  Landes 
anzubahnen,  legte  Lord  Selkirk  im  Jahre  1811 
die  schon  erwähnten  Kolonien  am  Red  River  an. 
Hier  gewannen  nun  auch  die  katholische  und  die 
anglikanische  Kirche  (vertreten  durch  die  Eng- 
lisch-kirchliche Missions-Gesellschaft)  einen  Aus- 
gangspunkt für  ihre  Missionen ,  die  sich  jedoch 
zwei  Jahrzehnte  lang  nur  auf  den  Red  River- 
Distrikt  beschränkten.  Erst  1840  wurde  die 
Wirksamkeit  nach  Nordwesten  ausgedehnt,  wo 
Devon  oder  der  Pas  (früher  Cumberland  oder 

*)  identisch  mit  Chippewas  ('rschipi)ewiihs)  oder 
Ojibwas. 


Christ  Church  genannt)  den  Mittelpunkt  bildet*). 
Zu  gleicher  Zeit  begann  die  Wesleyan  Methodist 
Mission  ihre  Wirksamkeit,  zuerst  an  der  James- 
Bai  und  in  Norway  House,  wo  der  treffliche  Evans 
die  für  diese  Mission  höchst  bedeutende  Sylben- 
schrift  ausarbeitete,  in  welcher  nun  die  ganze  Bibel 
mehr,  als  es  in  Buchstabenschrift  möglich  ge- 
wesen sein  würde,  den  Indianern  zugänglich  ist. 
Die  Methodisten  drangen  bald  weit  nach  Westen 
vor  und  besetzten  Edmonton  Ho.  Die  Hudson's 
Bay  Company  bewies  sich  dabei  der  Mission  nicht 
abgeneigt,  gewährte  sogar  Unterstützungen.  Doch 
auch  die  römischen  Missionare  waren  nicht  un- 
thätig.  Nachdem  von  ihrem  Mittelpunkte,  der 
Bonifacius-Kirche  am  Red  River,  aus,  die  1847 
zur  Kathedrale  des  neuen  Bisthums  gleichen  Na- 
mens erhoben  wurde,  mehrere  Gemeinden  in  der 
Nähe  gestiftet  waren,  wurde  Ile  a  la  Crosse 
(Krummstab-Insel)  seit  1846  ein  weiteres  Ceu- 
trum,  von  dem  aus  mit  grosser  Energie,  Selbst- 
verleugnung und  Geschick  Stämme  der  Indianer 
für  die  römische  Kirche  gewonnen  und  unter 
ihnen  neue  Stationen  angelegt  wurden.  Der  Sieg 
bleibt  freilich  oft  sehr  äusserlich.  Marienbilder, 
Medaillen  uud  Kreuze,  in  Massen  vertheilt,  thun 
das  Ihrige.  —  Die  evangelische  Mission ,  die 
ihrerseits  auch  weiter  und  weiter  vordringt  und 
ebenfalls  Männer  voller  Eifer  und  Selbsthingabe 
ins  Feld  stellt,  muss  mit  jenen  Bestrebungen  oft 
in  Wettstreit  gerathen;  so  namentlich,  seitdem 
1858  auch  der  ausgedehnte  Mackenzie- Distrikt 
zum  Missionsfelde  hinzugefügt  wiu'de,  in  dem 
die  gegen  einander  kämpfenden  Vertreter  der  ver- 
schiedenen Kirchen  oft  zu  gleicher  Zeit  in  dem- 
selben Lager  arbeiteten,  ja  sogar  in  demselben 
Boote  zu  reisen  genöthigt  waren.  Fort  Simpson 
ist  dort  der  Hauptsitz  der  evangelischen.  Fort 
Hope  der  der  katholischen- Mission.    Jene  hat 

*)  Später  folgte  die  Grrüudung  der  Station  Fairford 
am  Manitoba-Scc  (1842),  dann  1851  —  1854  Moose  Fort 
und  York  Factory  an  der  Hudson -Bai,  so  wie  Stanley 
(früher  Jinglisb  River)  an  der  Grenze  der  Chipewyans. 


dann  endlich  am  fernen  Yoiikon  (Jukon)  ihre  j 
Station  unter  den  Loucheurs  aufgerichtet,  wäh- 
rend diese  bei  Fort  Anderson  aus  den  Eskimos 
eine  Gemeinde  sammelt. 

Am  Kothen  Fluss,  wo  auch  die  Presbyte- 
riauer  Canada's  unter  den  Kolonisten  Schottischer 
Abstammung  eine  Gemeinde  gestiftet  haben"'-"),  lie- 
gen in  neuester  Zeit  bereits  geordnete  Gemeinde- 
Verhältnisse  vor.  Auch  die  anglikanische  Kii'che 
hat  ihren  Bischof  dort  bei  der  St.  Andreas- 
Kirche.  Eine  eigene  Indianer  -  Kolonie  (Indian 
Settlement)  bildet  eine  etwa  2000  Seelen  umfas- 
sende evangelische  Gemeinde,  während  kleinere 
an  anderen  Punkten  gesammelt  sind.  Die  übrigen 
Stationen  dagegen  haben  bisher  nur  wenig  von 
fester  Ansiedelung  zur  Folge  gehabt.  Meist  sind 
sie  Sammelplätze  der  christlichen  Indianer,  die 
zu  bestimmten  Zeiten  so  aufgesucht  werden  wie 
die  Forts  der  Company.  Auch  sind  sie  die  Punkte, 
von  denen  aus  der  Missionar  unter  unsäglichen 
Mühen  und  Eeschwcrden  (namentlich  der  auf- 
reibenden Winterreiseu)  die  ferneren  Stämme 
aufsucht. 

Die  ganze  Thätigkcit  ist  nicht  ohne  Segen 
geblieben  und  manche  liebliche  Züge  der  Wir- 
kungen des  Evangeliums  sind  in  der  Geschichte 
der  Hudson  -  Bai  -  Missionen  niedergelegt.  Doch 
auch  hier  geht  das  rothe  Volk  seinem  schnellen 
Untergange  entgegen.  In  neuester  Zeit,  bei  ge- 
hobenen Verkehrsmitteln  mit  den  Vereinigten 
Staaten ,  dringen  von  dort  her  Freihändler  ein 
mit  dem  verderblichen  Branntwein,  dessen  Ver- 
suchungen auch  oft  die  bereits  christlichen  In- 
dianer zu  Falle  bringen,  wälu-end  sie  die,  welche 
keinen  Hak  im  Evangelium  haben,  vollends 
schnell  ruinireu.  Epidemien  thun  das  Ihrige. 

Dazu  kommt  in  neuester  Zeit  die  Botschaft 
von  einer  am  Red  River  ausgebrochenen  Revo- 
lution, die  nicht  undeutlich  einen  Auschluss  an 
die  Vereinigten  Staaten  zu  beabsichtigen  scheint. 

*)  Ton  wo  aus  im  fernen  Westen  am  Saskatschewan  | 
aucb  eine  Missions-Station  geleitet  wird.  I 


Es  lässt  sich  nicht  absehen,  wie  diese  WiiTen 
enden  und  welchen  Einfluss  sie  auf  die  Mission 
haben  werden.  Diese  aber  wird  auch  in  dem 
weiten  Gebiete  der  Hudsonia  immer  mehr  nur 
noch  der  Abendsonne  gleichen ,  deren  letzte 
Strahlen  das  Ende  jener  Stämme  erhellen,  deren 
elendes  Leben  einst  dem  stürmischen,  von  dunk- 
lem Gewölk  verhüllten  Tage  glich*"). 


Auf  unserer  Karte  haben  wir  endlich  noch 
die  Missionen  in  Britisch-Columbia  vor  uns.  In 
Folge  der  Entdeckungen  von  Goldlagern  am 
Fräser  River  wurde  diese  Englische  Kolonie**^) 
sehr  schnell  bevölkert,  und  zwar  mit  Abenteu- 
rern aus  allen  Nationen.  Auch  viele  Cliincscu 
haben  sich  eingefunden.  Die  Ureinwohner  sind 
Indianer,  verwandt  mit  den  nordwestlichen  Stäm- 
men (Tukuthe).  Sie  leben  vom  Fischfang  und 
sind  im  Verhältniss  noch  zahlreich ;  natürlich 
aber  konnte  die  angedeutete  schnelle  Ansiede- 
lung auf  sie  nicht  günstig  wirken.  Am  unteren 
Fräser  River  und  auf  der  Vancouver-Inscl  sind 
Missionare  der  Ausbreitungs- Gesellschaft  (Soc. 
Propag.  Gospel)  und  Wesleyanische  Methodisten, 
so  wie  Katholiken  nicht  ohne  Erfolg  unter  ihnen 
thätig.  Ein  von  der  Ansiedelung  noch  weniger 
berührter  Stamm  am  Thompson  River  hat,  nach- 
dem bereits  katholische  Missionare  Eingang  ge- 
funden hatten ,  sich  neuerlichst  denen  der  erst- 
genannten Gesellschaft  zugewendet.  Die  Thätig- 
kcit der  genannten  evangelischen  Gesellschaften 
erstreckt  sich  aber  nicht  allein  auf  die  Indianer, 
sondern  auch  auf  die  Kolonisten,  aus  denen  schon 
einige  Gemeinden  gesammelt  worden  sind.  In 


*)  Seitdem  Obiges  geschrieben  wurde,  ist  die  Ordnung' 
in  jenem  Gebiete  wieder  hergestellt  und  ist  dasselbe  zu 
einer  Kolonie  mit  Namen  Manitoba  unter  eigener  Verwal- 
tung erhoben  worden.  —  Auch  ist  für  die  gesammten 
Hudson -Bai -Länder  eine  erhebliche  Änderung  dadurch 
eingetreten ,  dass  die  Company  den  Besitz  derselben  an 
die  Britische  Regierung  abgetreten  hat. 

I  **)  Die  Hauptstadt  ist  Victoria  auf  der  Vancouver- 
I  Insel.   (Vprgl.  den  Carton  auf  No.  3.) 


ähnlicher  Weise  wirken  hier  noch  andere  Deno- 
minationen, wie  z.  B.  die  Irischen  und  die  Ca- 
nadischen  Presbj'terianer. 

Etwas  weiter  nördlich  an  der  Küste  bei  Fort 
Simpson  (nicht  zu  verwechseln  mit  dem  gleich- 
namigen Fort  am  Mackenzie  River)  treibt  seit  1856 
die  Englisch-kirchliche  Gesellschaft  ihr  sehr  er- 
folgreiches Werk  unter  den  Tsimsheans.  Ihre 
Niederlassung  zu  Metakahtlah  darf  wohl  als  die 
blühendste  der  jetzigen  Indianer -Missionen  an- 


gesehen werden.  Eine  zweite  Station  ist  vor 
Kurzem  am  Naas  River  angelegt  worden. 

Nur  für  einen  historischen  Rückblick  sind 
endlich  die  früher  so  viel  versprechenden  Statio- 
nen des  American  Board  in  Oregon  unter  den  Flat- 
heads  (Plattkopf-Indianern)  angegeben,  die  nach 
etwa  zehnjährigem  Bestehen  1847  ein  trauriges 
Ende  nahmen.  Jetzt  bestehen  dort  die  angege- 
benen katholischen  Stationen. 


Auf  No.  3  ist  zu  corrigiren: 

Theina  K.  am  Gr.  Slave  L.  soll  heissen  :  Thetina  R. 
Indian  Settlemi  am  Red  R.    „       „         Indian  Settlement. 


N«.  5. 


Canada. 


Die  Britische  Kolonie  Canada  ist  ein  grosses, 
fruchtbares,  aber  trotz  bedeutender  Einwande- 
rung noch  sehr  schwach  bevölkertes  Gebiet.  Viel 
Urwald  mit  Stämmen  seltener  Stärke  bedeckt 
weite  Strecken  des  reichen  Bodens,  der  trotz 
des  Klima's  mit  sehr  hartem,  langem  Winter, 
kurzem  Frühling  und  Herbst  und  heissem  Som- 
mer für  die  Kultur  sehr  geeignet  ist,  wie  der 
Wohlstand  der  schon  angebauten  Gegenden  be- 
weist. Die  Bevölkerung  hat  sich  aus  Mischung 
sehr  verschiedener  Elemente  gebildet.  In  Ober- 
Canada  (Provinz  Quebec) ,  das  anderthalb  Jahr- 
hunderte lang  unter  Französischer  Herrschaft 
stand ,  überwiegt  ein  Fraüzösisch  sprechendes 
Mischlingsgeschlecht  mit  selbststäudig  ausgepräg- 
tem Charakter ,  die  Französischen  Canadier  ge- 
nannt, die  sich  zur  katholischen  Kirche  bekennen. 
In  Unter -Canada  (Provinz  Ontario)  waltet  die 
Englische  Sprache  und  das  protestantische  Be- 
keuntniss  vor,  durch  viele  Denominationen  ver- 
treten. Zu  einem  grossen  Theile  aber  sind  die 
kirchlichen  Verhältnisse  der  Kolonie  erst  in  der 
Bildung  begriffen  und  die  koloniale  Mission  der 
verschiedenen  Englischen  und  Schottischen  De- 
nominationen entfaltet  hier  eine  ausgedehnte 
Thätigkeit,  um  die  Einwanderer  zu  geordneten 
Gemeinden  zu  sammeln.  Diese  Art  der  Mission, 
welche  in  Englischen  Berichten  der  gleich  zu 
berührenden  Indianer-Mission  gleichgestellt  wird, 
konnte  auf  unserer  Karte  nicht  berücksichtigt 
werden,  da  diese  bei  weitem  nicht  den  Baum 
darbietet,  die  betreffenden  Orte  einzutragen. 

Wir  beschränkten  uns  auf  die  Indianer-Mis- 
sion. Auch  hier  gilt  im  Wesentlichen  das  unter 
No.  1  und  2  über  dieselbe  überhaupt  Gesagte. 
Die  Eingebornen  schwinden   auf  ihren  Reser- 


vationen schnell  dahin.  Nach  den  letzten  uns 
zugänglichen  Berichten  sollen  noch  12,700  In- 
dianer übrig  sein,  während  die  koloniale  Bevölke- 
rung etwa  drei  Millionen  beträgt.  Dabei  ist 
jedoch  in  Betracht  zu  ziehen,  dass  die  Indianer 
Unter-Canada's  schon  seit  lauger  Zeit  fast  sämmt- 
lich  der  katholischen  Kirche  einverleibt  sind  und 
meist  ein  sesshaftes  Leben  angenommen  haben. 
Die  heidnischen  Indianer  leben  in  kleinen  Banden, 
zum  Theil  noch  nach  alter  Sitte,  doch  sind  unter 
ihnen  durch  die  evangelische  Mission  auch  sess- 
hafte  Gemeinden  gebildet.  Alle  hier  noch  vor- 
handenen Indianer  sind  elende  Eeste  des  unter 
dem  Namen  Irokesen  bekannten,  einst  mächtigen 
Völkerbundes*),  so  wie  der  Algonkinen,  Dela- 
wareu  und  andei'er  Stämme. 

Als  ein  schmerzliches  Denkmal  der  langjäh- 
rigen Thätigkeit  der  Brüder-Mission  finden  wir 
hier  New  Fairfield  mit  seinen  stets  mehr  zusam- 
menschmelzenden 117  christlichen  Delawareu. 

Die  ausgedehnteste  Mission  haben  die  Wes- 
leyanischen  Methodisten,  welche  auf  22  Stationen 
noch  1300  christliche  Indianer  unter  ihrer  Pflege 
haben,  deren  Zahl  sich  zwar  durch  Bekehrungen 
immer  vermehrt,  aber  dennoch  durch  das  Aus- 
sterben in  stetem  Abnehmen  ist.  Kürzlich  ist 
dieselbe  durch  den  Übertritt  einer  katholischen 
Indianer-Gemeinde  bis  auf  2000  erhöht  worden. 

Die  Society  for  the  Propagation  of  the  Gospel 
hat  sowohl  in  Unter-  als  in  Ober-Canada  eine 
ausgedehnte  Thätigkeit  unter  den  Kolonisten. 
Hier  sind  nur  ihre  Indianer-Stationen  angegeben, 
auf  denen  sich  einige  hundert  Bekehrte  fiuden. 

*)  Derselbe  wurde  gebildet  von  Senccas,  Tusofirovas, 
Onondagas,  Oiieidas,  Kajugas  und  ^[ohawks;  vornebm- 
lieh  die  letztgenannten  sind  jetzt  noch  vertreten. 


Urundemann:  ijissionsailas.    IV,  9. 


61 


W.  6.  Labrador. 

(Vergl.  No.  1.) 


Labrador  bezeichnet  im  weiteren  Sinne  die 
grosse  dreieckige  Halbinsel,  welche  durch  den 
tiefen  Einschnitt  der  Hudsons-Bai  von  dem  Nord- 
Amerikanischen  Festlande  getrennt  wird,  wäh- 
rend dieser  Name  im  engeren  Sinne  nur  der 
nordöstlichen  Küste  zukomjnt.  Das  wenig  er- 
forschte Innere  hat  im  Ganzen  einen  ähnlichen 
Charakter  wie  die  unter  No.  3  beschriebenen 
Hudsons -Bai -Länder.  Die  spärlichen  Bewohner 
gehören  zu  den  rothen  Indianern.  Stärker  ist 
die  Südküste  bevölkert,  auf  der  sich  Europäische 
Ansiedler  und  Mischlinge  finden,  die  insbeson- 
dere dem  Kabeljaufang  obliegen.  Das  eigentliche 
Labrador  aber,  so  wie  auch  die  Westküste  der 
Halbinsel  bis  an  den  Grossen  Walfischfluss  (Gr. 
Whale  E.),  ist  mit  Eskimos  bevölkert,  die  sich 
von  den  Bewohnern  Grönlands  (vgl.  No.  7)  wenig 
unterscheiden.  Ihr  Land,  eine  vielfach  zerklüf- 
tete Felsenküste,  mit  vielen  Inselchen  umsäumt, 
gestattet  keinen  ausgedehnteren  Anbau,  obwohl 
die  Vegetation  nur  in  den  nördlichen  Theilen 
eine  so  beschränkte  ist,  wie  mehr  oder  weniger 
in  ganz  Grönland.  Doch  steht  dem  dortigen 
Klima  das  von  Labrador  nicht  nach,  hat  viel- 
mehr sogar  härtere  Winter  aufzuweisen,  wäh- 
rend der  kurze,  verhältnissmässig  heisse  Som- 
mer an  den  Schwärmen  der  Mosquitos  hier  noch 
eine  stärkere  Plage  hat  als  dort.  In  dem- 
selben gehen  auch  hier  die  Eskimos,  an  der 
ganzen  Küste  zerstreut,  dem  Erwerbe  ihres 
Lebensunterhaltes  nach  durch  Fischen,  Seehunds- 
fang u.  s.  w.  Das  Ausbleiben  dieser  Thiere, 
welches  leicht  Hungersnoth  herbeiführt,  nöthigt 
sie  aber  auch,  auf  der  Jagd  weiter  im  Innern 
des  Landes  ihre  Nahrung  zu  suchen,  wobei  sie 
wohl  mit  jenen    rotheu  Indianern  zusammen- 

GrundemanD :  M Uaionsatlas.   IV,  9. 


j  treffen.    Zwischen  beiden  Völkern  besteht  seit 
alten  Zeiten  die  unversöhnlichste  Feindschaft. 

Die  Brüder-Mission  hatte  seit  1752  mehrere 
erfolglose  Versuche  einer  Niederlassung  auf  jener 
unwirthlichen  Küste  gemacht,  bei  deren  erstem 
sogleich  J.  C.  Erhardt  als  Märtyrer  unter  den 
Händen  der  Eskimos  geblieben  war.  Erst  1771 
kam  es  zur  Gründung  der  Station  Nain,  der  im 
nächsten  Jahrzehnt  die  Anlegung  von  Okak  und 
Hoffenthai  folgte.  Die  Predigt  hatte  hier  die- 
selben Schwierigkeiten  wie  anfänglich  in  Grön- 
land. Nach  34jähriger  Arbeit  aber  entstand  eine 
ausgedehnte  Erweckung,  in  Folge  deren  die  im 
Bereiche  der  genannten  Stationen  lebenden  Es- 
kimos sich  allmählich  dem  Christenthume  zu- 
wendeten. Für  die  nördlicher  wohnenden  wurde 
1830  Hebron  gegründet.  1864  endlich  kam  für 
die  bisher  unzureichend  versorgte  Strecke  zwi- 
schen Nain  und  Hoffenthai  die  Station  Zoar 
hinzu.  Die  sämmtlichen  Eskimos  des  ganzen  in 
Rede  stehenden  Küstenstriches  sind  nun  längst 
Christen.  Nur  im  Norden  von  Hebron  leben 
noch  Heiden,  gering  an  Zahl,  zu  deren  Bekeh- 
rung in  neuerer  Zeit  Manches  gethan  worden  ist*). 

Hungersnoth  und  Epidemien  haben  die  Zahl 
der  Labrador-Eskimos  sehr  verringert.  Nach  den 
neuesten  Angaben  umfassen  die  sämmtlichen 
Gemeinden  nur  noch  1077  Seelen.  Die  Gewöh- 
nung an  Europäische  Bedürfnisse  macht  auch 
hier  Schwierigkeiten,  die  schon  längst  die  Mis- 
sion nöthigten,  den  Handel  mit  den  betreffenden 
Artikeln  zu  übernehmen.  Diess  Geschäft  ist  jetzt 


*)  Kurz  vor  dem  Schluss  der  Correctur  erfuhren  wir 
die  Anlegung  der  neuesten  Station,  Uama,  an  der  Bucht 
Nullatatorusek  (NuUatartok  B.) ,  ein  wenig  nördlich 
vom  59°. 

62 


in  die  Hände  besonderer  Agenten  niedergelegt, 
was  um  so  nöthiger  war,  als  das  Vordringen 
des  Europäischen  Handels,  für  den  schon  eine 
Anzahl  Stationen  errichtet  sind,  auf  die  Mission 
ungünstig  einwirkte.  Es  kommen  mehr  und  mehr 
Europäische  Ansiedler  und  Mischlinge  auch  an 
jene  Küste,  die,  iu  grösster  Unwissenheit  lebend, 
der  Mission  ein  neues  Feld  darbieten. 


Unter  ähnlicher  Bevölkerung  hat  die  Aus- 
breitungs-Gesellschaft an  der  Südküste  ihre'Thä- 
tigkeit*),  während  die  katholische  Mission  von 
Canada  aus  schon  seit  langer  Zeit  einen  Ein- 
fluss  auf  die  rothen  Indianer  im  Innern  ge- 
wann. 


*)  Siolio  auf  der  Skizze  unten  links. 


Auf  der  Karte  ist  zu  corrigiren: 

Nitcbekwu,  auf  dem  Carton  unten  liuks,  soll  heissen :  Nitcbekwuu. 
Auf  demselben  ist  bei  Fort  Naskaiü  nacbzutragen;  11.  C.  M. 


N*'.  7.  Grönlaud. 


Die  grosse  Insel,  welche  beinahe  die  sieben- 
fache Fläche  des  Preussischen  Staates  einnimmt, 
besteht  zum  grössteu  Theil  aus  .  einem  noch  un- 
erforschten Hochlande,  das  mit  ewigem  Eis  be- 
deckt ist.  Nur  die  von  zahlreichen  Fjorden  zer- 
klüftete und  mit  einer  Menge  von  Inseln  und 
Schären  umgürtete  Küste  bietet  einen  schmalen 
bewohnbaren  Streifen  dar.  Die  nördlichen  Theilc 
desselben  haben  eine  kümmerliche,  fast  nur  aus 
Moosen  und  Flechten  bestehende  Vegetation, 
während  sich  im  Süden  noch  Bäume  bis  zu  18 
Fuss  Höhe  finden  und  im  Sommer  Gräser  und 
Kräuter  so  reichlich  den  Boden  bedecken,  dass 
der  Name  Grönland  (Dänisch  für  „grünes  Land") 
gerechtfertigt  erscheint.  Besonders  wichtig  aber 
sind  die  zahlreichen,  noch  hoch  im  Norden  ge- 
deihenden Beeren-Gewächse.  Unter  den  Thieren, 
die  der  Erhaltung  des  Menschen  in  diesen  Ge- 
genden dienen ,  ist ,  ausser  Fischen  und  See- 
geflügel,  vor  allen  der  Seehund  zu  nennen,  der 
einst  die  meisten  Bedürfnisse  der  Grönländer 
befriedigte. 

Diese  sind  Eskimos,  von  anderen  Stämmen 
dieser  Völkerfamilie  nur  durch  geringe  Abwei- 
chungen des  Dialektes  und  der  Sitten  unter- 
schieden. Die  auffallend  kleinen  Menschen  von 
dunkelgelber  Hautfarbe,  mit  scharfen  schwarzen 
Augen  und  dichtem  straffen  Haar  sind  kräftig 
und  zu  allerlei  Kunstfertigkeiten  geschickt,  von 
einer  gewissen  Gutmüthigkeit,  doch  ausserordent- 
lich eingebildet,  indem  sie  sich  selbst  y.uT  t'io/fjy 
als  Menschen  betrachten.  Ihre  Sprache  ist  höchst 
complicirt  und  schwer  zu  erlernen.  Die  natio- 
nale, nur  aus  Seehundsfellen  verfertigte  Klei- 
dung weicht  in  neuerer  Zeit  schon  vielfach  dem 
Schnitt  und  Stoff  der  Europäischen  Tracht. 
Weniger  scheinen  sich  die  Wohnungen  geändert 
zu  haben,  die  für  den  laugen  Winter  aus  Steinen 
mit  dazwischen  gepacktem  Moos  gebaut  sind, 
mit  engem  Eingange  und  wenig  Licht,  das  durch 

Grundemanu  :  Misiioniatlaa.   IV,  9. 


die  trübe,  auch  zum  Kochen  dienende  Thran- 
lampe  schlecht  ersetzt  wird,  und  ohne  Zutritt 
frischer  Luft,  so  dass  der  Raum  stets  vom  un- 
angenehmsten Dunste  erfüllt  ist.  Im  Sommer 
zerstreuen  sich  die  Grönländer  in  kleinen  Grup- 
pen auf  die  zur  Jagd  und  zum  Fischfang  ge- 
eigneten Plätze,  wo  sie  unter  Zelten  aus  Fellen 
leben  und  ihreVorräthe  für  den  Winter  sammeln. 

Vor  Jahrhunderten  war  ein  grosser  Theil 
Grönlands  schon  einmal  von  dem  nicht  fernen 
Island  aus  durch  Europäer  kolouisirt  worden, 
namentlich  die,  wegen  des  vorgelagerten  Eises, 
schon  gar  lange  kaum  noch  zugängliche  Ost- 
küste. Bis  ins  15.  Jahrhundert  stand  die  Kolo- 
nie, deren  Kirche  von  eigenen  Bischöfen  gelei- 
tet wurde,  in  Blüthe.  Danach  aber  ist  sie  aus 
der  Geschichte  verschwunden,  ohne  dass  sich  in 
den  jetzt  bekannten  Theilcn  andere  Spuren  als 
die  zahlreichen  Kircheuruinen  vorfänden.  Inwie- 
weit höher  hinauf  an  der  Ostküste  noch  Reste 
des  Normanniscl;ien  Stammes,  vielleicht  mehr  oder 
weniger  mit  Eskimos  vermischt,  sich  erhalten 
haben,  ist  noch  nicht  erforscht  worden. 

Mehrere  Jahrhunderte  hindurch  blieb  Grön- 
land ohne  erwähnenswerthe  Verbindungen  mit 
Europa.  Erst  seit  1721  beginnen  solche  wieder, 
verknüpft  mit  dem  Namen  Hans  Egede.  Dieser 
von  Missionseifer  beseelte  Norwegische  Prediger 
führte  damals  in  Verbindung  mit  einer  vom 
frommen  König  Friedrich  IV.  angeregten  Han- 
delsunternehmung seinen  lange  gehegten  Wunsch 
aus,  den  heidnischen  Grönländern  das  Evange- 
lium zu  verkündigen.  In  der  Nähe  des  späteren 
Godthaab  (spr.  Godthob)  wurde  die  Station  an- 
gelegt, auf  der  Egede  unter  vielen  Schwierig- 
keiten und  Entmuthigungen  die  Arbeit  1 5  Jahre 
lang  fortsetzte,  bis  er,  das  Werk  unter  den  Grön- 
ländern selbst  seinem  Sohne  überlassend,  an- 
scheinend fast  ohne  Erfolg  gefunden  zu  haben, 
j  nach  Europa  zurückkehrte.  Die  letzte  Zeit  seines 

63 


Lebens  widmete  er  der  Ausbildung  vou  Leh- 
rern für  Grönland. 

Ehe  er  jedoch  den  fernen  Strand  verlassen 
hatte,  waren  dort  andere  Arbeiter  eingetreten, 
die  der  Brüdergemeinde  (Matth,  und  Christian 
Stach),  welche  1733  nicht  weit  von  der  erwähn- 
ten Station  Neu-Herruhut  gründeten.  Auch  sie 
hatten  unter  vielen  Geduldsprüfungen  eine  lange 
Wartezeit  zu  bestehen,  bis  sie  1739  dem  ersten 
Bekehrten  die  heilige  Taufe  ertheileii  konnten. 
Von  da  an  aber  fanden  sich  mehr  und  mehr 
Eskimos  auf  jener  und  den  später  von  der  Brüder- 
gemeinde angelegten  Stationen*)  ein,  sowie  auch 
auf  denen  der  Dänischen  Mission,  die  später  mit 
der  Eegierung  der  ausgedehnteren  Kolonie  Hand 
in  Hand  ging. 

Nun  ist  schon  seit  vielen  Jahrzehnten  der 
grösste  Theil  der  Bewohner  der  Westküste  in 
die  christliche  Kirche  aufgenommen.  Nur  auf 
der  Ostküste  finden  sich  noch  Heiden,  von  denen 
dann  und  wann  eine  Schaar  bei  ihren  Wande- 
rungen auf  den  südlichen  Missions- Stationen  nicht 
ohne  Erfolg  mit  dem  Christenthum  in  Berührung 
kommt.  Endlich  wohnt  noch  hoch  im  Norden, 
jenseit  der  Grenze  des  Dänischen  Einflusses,  ein 
Häuflein  heidnischer  Eskimos,  die  den  Aufforde- 
rungen, sich  weiter  im  Süden  eine  weniger  müh- 
selige Heimath  zu  wählen,  nicht  nachkommen 
wollten. 

Die  Zahl  der  Grönländer  beläuft  sich  jetzt, 
soweit  bekannt,  auf  etwa  lü,üüü  und  zeigt  gegen 
früher  sehr  bedeutende  Abnahme,  die  auch  hier 

*)  Lichtenfels  1758,  LicLtenau  1774  und  Friedrichs- 
thal  1824. 


das  traurige  Aussterben  der  Eingeborneu  erken- 
nen lässt.  Die  immer  weiter  greifende  Gewöhnung 
an  Europäische  Bedürfnisse  ohne  Eröffnung  ent- 
sprechender Erwerbsquellen  hat  eine  Verar- 
mung herbeigeführt,  die  jenen  Vorgang  nur  be- 
schleunigt. Auch  Epidemien  raffen  Viele  dahin. 
Das  Christenthum  ist  fest  bei  ihnen  eingewur- 
zelt und  bringt,  nach  einzelnen  Seiten  hin,  an 
mancher  Seele  schöne  Früchte.  Doch  fehlt  es 
auch  nicht  an  Schattenseiten,  wie  denn  selbst  die 
Besseren  mehr  gutartigen,  aber  sorglosen  Kin- 
dern verglichen,  doch  nicht  als  kräftige  christ- 
liche Charaktere  bezeichnet  werden  dürfen. 
Immerhin  aber  sind  einige  tüchtige  eingeborne 
Helfer  im  Segen  thätig.  Um  ihre  Zahl  zu  ver- 
mehren, sind  in  neuerer  Zeit  Gehilfen-Schulen 
in  Neu-Herrnhut  und  Lichtenau  angelegt,  so  wie 
auch  die  Mission  durch  Erhebung  der  Aussen- 
Stationen  Umanak  und  Igdlorpait  eine  Kräfti- 
gung erfuhr. 

Eben  so  ist  die  Dänische  Mission,  die  lange 
Zeit  liindurch  des  rechten  Missionsgeistes  erman- 
gelte, da  die  Behörden  die  zu  Pfarrstellen  ge- 
wordenen Missions  -  Stationen  nicht  immer  mit 
den  geeignetsten  Kandidaten  besetzten,  in  neuerer 
Zeit  mit  Erfolg  wieder  belebt  worden,  so  dass 
die  auf  der  Karte  angegebenen  Plätze  unter  der 
Zahl  der  Missions- Stationen  nicht  vergessen  sein 
sollten.  —  Schliesslich  dai"f  nicht  unerwähnt 
bleiben,  dass  a^uch  die  unwirthlichen  Küsten  von 
Grönland  Europäische  Ansiedler  angezogen  haben, 
die  besonders  den  reichen  Erzlagern  nachgehen, 
wenn  dieselben  auch  während  des  langen  Win- 
ters nicht  bearbeitet  werden  können. 


Auf  der  Karte  ist  zu  corrigireu: 

Igdlorpai,  auf  dem  Carton  uuLeu  rechts,  soll  heissen  :  Igdlorpait. 


Mxssiops  Atlas 


FfUuhmer 


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N".  8  u.  9.  West -Indien  und  Central -Amerika. 


West-Indien,  der  zuerst  entdeckte  Theil  der 
Neuen  Welt,  der  von  Columbus  als  das  bereits 
erreichte  Indien  begrüsst  wurde,  trägt  daher 
noch  heute  seinen  Namen.  Es  ist  eine  Insel- 
kette, die  als  die  höchste  Region  eines  nun  ver- 
sunkenen Ländercomplexes  betrachtet  werden 
mag,  der  einst,  wie  Centrai-Amerika,  Nord-  und 
Süd-Amerika  verband.  In  den  vier  Grossen  An- 
tillen tritt  noch  jetzt  ein  grösseres  Stück  des- 
selben zu  Tage,  das  sich  mit  den  Gipfeln  seiner 
Gebirge  bis  7000  Fuss  und  darüber  über  den 
Meeresspiegel  erhebt,  während  neben  denselben 
sich  auch  ausgedehntere  Ebenen  finden.  Die 
Kleinen  Antillen  sind  meistentheils  vulkanische 
Erhebungen ,  die  mit  steilen  Küsten  das  Meer 
überragen.  Der  Boden  ist  fruchtbar,  die  Vege- 
tation üppig;  doch  leiden  die  Kleinen  Antillen 
in  Folge  von  Ausrottung  der  Wälder  viel  an 
DüiTe. 

Einen  ganz  anderen  Charakter  haben  die 
Lucayas  oder  Bahama  -  Inseln ,  welche  sich  mit 
mehr  östlich  gerichteter  Streichungslinie  von  der 
genannten  Kette  abzweigen.  Sie  bestehen  aus 
niedrigem  Kalkfels  und  sind  von  ausgedehnten 
Untiefen  und  Kiffen  umgeben.  Obwohl  die  zu- 
erst von  dem  Entdecker  betretenen  Inseln,  traten 
die  Lucayas*)  an  Bedeutung  bald  hinter  die 
Antillen  zurück,  deren  reiche  Produkte  die  Euro- 
päer anzogen  und  um  den  Besitz  der  Inseln  viele 
Kämpfe  veranlassten.  Indenselben  gingen  manche 
zu  verschiedenen  Malen  aus  den  Händen  einer 
Nation  in  die  einer  anderen  über. 

Die  Urbewohner,  Indianische  Stämme,  be- 
sonders unter  dem  Namen  Cariben  bekannt, 
waren  unter  Spanischer  Herrschaft  bereits  fast 

*)  Jetzt  wird  häufiger  und  von  den  Engländern  durch- 
gängig der  andere  Name,  Bahaina-lnseln,  gebraucht. 
Grundemanii :  Misaiomatlaa.    IV,  3. 


ausgerottet.  Die  wenigen  Reste  derselben ,  die 
sich  bis  jetzt  auf  Dominica  erhalten  haben,  stehen 
da  als  ein  Zeichen  der  Schmach,  die  sich  ein 
christliches  Volk  an  Heiden  erworben  hat.  Der 
Sklavenhandel  musste  die  Ausgerotteten  ersetzen, 
und  so  bekamen  die  Inseln  ausser  den  eingewan- 
derten Europäern  eine  Negerbevölkerung,  zu  der 
sich  weiterhin  durch  Vermischung  Farbige  (Mu- 
latten, Kreolen)  verschiedener  Stufen  gesellten. 
Die  Zustände  der  Sklaverei  in  West- Indien  sind 
zu  bekannt,  als  dass  sie  hier  einer  besonderen 
Darlegung  bedürften.  Die  vielfach  nicht  wie  Men- 
schen behandelten  Schwarzen  lebten  in  Stumpf- 
heit dahin,  dem  heimathlichen  Fetischdienst  er- 
geben, auch  da,  wo  man  ihnen  äusserlich  christ- 
liche Formen  aufgedrängt  hatte,  wie  diess  na- 
mentlich in  den  Besitzungen  katholischer  Sta- 
tionen geschah.  Unter  der  Peitsche  des  Treibers 
schafften  sie  ihren  Herren  den  bedeutendsten 
Reichthum  und  erwarben  den  Inseln  jene  wich- 
tige Stellung  zu  Europa,  selber  im  Elende  blei- 
bend,  wenn  sie  nicht,  wie  es  hie  und  da  ge- 
schah, das  Joch  abschüttelten  und  in  den  Wäl- 
dern der  Gebirge  sich  zu  gefährlichen  Banden 
(Maren -Neger)  vereinigten. 

Hier  fand  nun  die  Mission  ein  passendes 
Arbeitsfeld.  1732  begannen  die  vom  Grafen  Zin- 
zendorf  ausgesandten  Brüder  auf  dem  Dänischen 
S'  Thomas  ihre  Arbeit.  Nach  mehreren  Jahr- 
zehnten, mit  dem  Erwachen  des  Missionsgeistes 
in  England ,  traten  von  dort  aus  zunächst  Me- 
thodisten ein  (Thomas  Coke,  1786),  denen  nach 
27  Jahren  die  Baptisten  folgten.  Noch  später 
kamen  die  bei  Jamaica  erwähnten  Gesellschaften 
hinzu. 

Schwere  Kämpfe  hatte  die  Mission  mit  dem 
Widerstande  der  Pflanzer  zu  bestehen,  die  durch 

64 


die  Christianisirung  der  Sklaven  ihren  Vortheil 
gefährdet  wähnten.  Die  gesammelten  Gemeinden 
erhielten  meist  sofort  die  Signatur  des  Marty- 
riums. Diesem  Verhalten  der  Sklavenbesitzer  ist 
es  wohl  zuzuschreiben,  dass  die  Reaktion  des 
christlichen  Geistes  gegen  die  Sklaverei  mehr 
und  mehr  ins  Extrem  gedrängt  wurde.  Als  die- 
selbe endlich  den  Sieg  errang  und  den  Schwar- 
zen die  Freiheit  schenkte  (in  den  Englischen 
Besitzungen  1838),  geschah  der  Übei'gang  in  die 
neuen  Verhältnisse  in  so  schroffer  Weise,  dass 
in  verschiedenen  Beziehungen  schwere  Folgen 
eintraten.  Nicht  bloss  mussten  die  nun  durch 
Mangel  an  Arbeitskräften  zum  grossen  Theil  an 
den  Bettelstab  gebrachten  Pflanzer  ihre  alte 
Schuld  büssen,  sondern  auch  die  Schwarzen,  bei 
ihren  geringen  Bedürfnissen  fast  alle  Arbeit  ver- 
schmähend ,  kamen  im  falschen  Genüsse  der 
Freiheit  meist  in  eine  Stellung,  die  mit  dem 
echten  Christenthum  nicht  vereinbar  ist.  So  hat 
denn  die  Mission  seit  der  Emancipation  ganz 
andere  Kämpfe  zu  bestehen.  Obgleich  die  Be- 
völkerung nunmehr  äusserlich  mehr  oder  weniger 
christianisirt  ist,  liegt  noch  eine  ausgedehnte 
Aufgabe  vor,  nämlich  ein  christlich  -  sittliches 
Volksleben  heranzuziehen ,  das  seine  Kraft  in 
der  Arbeit  beweise  und  die  jetzt  verwilderten 
Inseln  wieder  zu  dem  blühenden  Fruchtgarten 
mache,  den  sie  vormals  bildeten*).  An  dieser 
Aufgabe  arbeitet  jetzt  die  Mission,  und  allmäh- 
lich zeigen  sich  die  Erfolge,  wenn  auch  nur  sehr 
langsam.  Dabei  ist  in  weiten  Kreisen  bereits 
ein  reges  christliches  Leben  vorhanden,  welches 
jedoch  einen  überwiegend  erbaulichen  Charakter 
hat,  während  in  anderen  äusserlich  angenom- 
mene christliche  Formen   mit  Stumpfheit  und 

*)  Die  traurigen  Folgen  der  Emancipation  für  den 
wirtli schaftlichen  Wohlstand  der  Kolonien ,  von  denen 
diese  sich  sehr  langsam  erholen,  sind  nicht  zu  leugnen.  Um 
denselben  zu  begegnen,  sind  auch  in  West -Indien  Kulis 
und  damit  neue  Arten  dos  Hcidenthums  eingeführt  worden 
(vergl.  zu  No.  10).  Denselben  ist  jedoch  hier  noch  keine 
besondere  Missionsarbeit  entgegengetreten. 


mit  starken  Besten  des  Heidenthums  in  Aber- 
glauben, Zauberei  u.  dergl.  verbunden  erscheinen. 

Auf  den  Spanischen  Inseln  besteht  noch  die 
Sklaverei.  Die  evangelische  Mission  ist  dort 
selbstverständlich  ausgeschlossen,  aber  auch  von 
katholischer  Missionsthätigkeit  an  den  dortigen 
Negern  vernimmt  man  aus  den  Jahrbüchern  zur 
Verbreitung  des  Glaubens  Nichts. 

Auf  Haiti,  dessen  katholische  Neger-Bevölke- 
rung unter  politischen  Kämpfen  nicht  zur  Ruhe 
kommt,  haben  Baptisten  und  Methodisten  Mis- 
sionen, die  jedoch  in  den  neuesten  Wirren  schwer 
geschädigt  sind. 

Auf  den  Kleinen  Antillen  entfaltet  neben 
den  angedeuteten  evangelischen  Missionen  die 
katholische  eine  nicht  unbedeutende  Thätigkeit. 
Dieselbe  steht  unter  dem  Erzbischof  von  Puerto 
d'Espaua  auf  Trinidad ,  resp.  dem  Bischof  von 
Roseau  (Dominica).  Einige  der  Inseln  sind  aus 
früheren  Zeiten  überwiegend  katholisch. 


Unsere  Karte  zeigt  uns  ferner  zwei  Missions- 
gebiete in  Central  -  Amerika.  In  der  Britischen 
Besitzung  Belize  auf  der  Halbinsel  Yucatan  haben 
die  Methodisten  eine  Mission,  ursprünglich  unter 
den  Negern  und  Farbigen,  die  den  Haupttheil 
der  Bevölkerung  bilden.  Diese  Arbeit  erstreckt 
sich  auch  auf  die  Inseln  Ruatan  und  UtiUa  im 
benachbarten  Golf  von  Honduras.  Seit  längerer 
Zeit  aber  wird  auch  den  Maya  -  Indianern  auf 
dem  Fcstlande  mit  Erfolg  das  Evangelium  ver- 
kündigt. 

Auf  der  südöstlich  von  hier  gelegenen  Mos- 
quito- Küste  findet  sich  ebenfalls  eine  sehr  ge- 
mischte Bevölkerung,  die  früher  unter  Englischem 
Schutze  stand,  jetzt  aber  zum  Theil  zu  Nicara- 
gua gehört,  während  ein  anderer  Theil  einen 
selbstständigen  Staat  bildet,  der  aber  mehr  und 
mehr  von  Nicaragua  bedroht  wird.  Hier  hat  die 
Brüdergemeinde  seit  1848  eine  Mission,  in  der 
die  sechs  angegebenen  Stationen  gegründet  wur- 
den, deren  nördlichste  jedoch  schon   bei  dem 


feindlichen  Andringen  des  katholischen  Nicaragua 
aufgegeben  werden  musste.  Auch  hier  ist  nicht 
bloss  unter  der  buut  gemischten  farbigen  Bevöl- 
kerung nicht  fruchtlos  gearbeitet  worden,  sondern  j 
eben  so  unter  den  vornehmlich  ins  Auge  gefassten 
Indianer-Stämmen,  den  Wulwas,  Tunglas  u.  a. 


Da  der  Maassstab  der  Karte  No.  8  die  In- 
seln nicht  in  genügender  Grösse  erscheinen  lässt, 
um  die  Stationen  der  verschiedenen  Missions- 
Gesellschaften  zu  verzeicljuen ,  so  wurden  die 
wichtigsten  derselben  mit  Zunahme  von  No.  9 
in  vergrössertem  Maasse  beigegeben.  Es  ist  je- 
doch zu  beachten,  dass  der  Maassstab  dieser 
Cartons  selber  nicht  der  gleiche  ist,  daher  sie 
nur  mit  Eücksicht  auf  denselben  ihrer  Grösse 
nach  verglichen  werden  dürfen. 

Über  die  für  Jamaica  im  Besonderen  ange- 
gebenen Missionen  ist  zu  bemerken,  dass  die 
der  Unirten  Presbyterianer  in  Schottland  von 
der  ehemaligen  Schottischen  Missions-Gesellschaft 
schon  1824  begründet,  1847  von  der  genannten 


I  Denomination  übernommen  und  sehr  ausgedehnt 
wurde.  Die  Londoner  Missions-Gesellschaft  ar- 
beitet  auf  Jamaica  seit  1834.  Die  zahlreichen 
j  Gemeinden ,  welche  durch  die  Baptisten-Mission 
gesammelt  waren,  bilden  bereits  seit  längerer 
Zeit  die  selbstständige  Jamaica  Baptist  Union. 
Für  die  Ausbildung  der  Prediger  sorgt  die  früher 
bei  Falmouth  befindliche,  jetzt  nach  Kingston 
verlegte  Calabar  Institution,  welche  noch  unter 
der  Leitung  der  Missious-Gesellschaft  steht,  die 
in  neuerer  Zeit  auch  die  Station  an  der  Morant 
Bay  wieder  aufgenommen  hat.  Die  anglikanische 
Kirche,  welche  bisher  mit  grosser  Bevorzugung 
den  anderen  kirchlichen  Gemeinschaften  gegen- 
übei'stand ,  ist  nunmehr  durch  Entziehung  der 
staatlichen  Unterstützung  denselben  gleichgestellt 
worden. 

Von  der  ganzen  Bevölkerung  von  Jamaica 
steht  bis  jetzt  nur  der  vierte  Tlieil  in  Verbin- 
dung mit  einer  Kirche  oder  Mission.  Fast  die 
Hälfte  der  Bewohner  können  trotz  oberflächlich 
angenommener  christlicher  Einflüsse  als  Heiden 
angesehen  werden. 


Nachträge  und  Correcturen. 

Auf  No.  8  ist  in  der  l'^arbentafel  das  Braun  als  Bezeichnung  der  katholischen  Stationen  nachzutragen. 
Das  „N"  bei  der  Insel  Nevis  ist  zu  streichen. 

Auf  No.  9  ist  IrwinhUl,  Station  der  evangelischen  Brüdergemeinde,  etwa  eine  Deutsche  Meile  östlich  von  Mon- 
tego,  nachzutragen. 


N*^.  10.  Guiana. 


Der  Name  Guiana  bezeichnet  urspi-üuglieh 
sämmtliche  Länder  zwischen  dem  Orinoco  und 
dem  Amazonen  -  Strom ,  die  durch  ihre  ausser- 
ordentliche Fruchtbarkeit  bald  nach  der  Ent- 
deckung die  Europäischen  Ansiedler  herbeizogen. 
Nachdem  in  neuerer  Zeit  die  Spanischen  und 
Portugiesischen  Ansiedelungen  vom  Mutterlande 
getrennt  wurden,  nennt  man  nur  noch  die  Bri- 
tische, die  Niederländische  und  die  Französische 
Kolonie  mit  obigem  Namen.  Nur  die  beiden 
erstereu  sind  hier  zu  behandeln,  da  über  die 
geringe  Thätigkeit  der  Eömisch-katholischen  Mis- 
sion, der  einzigen  im  Französischen  Guiana, 
keine  näheren  Angaben  zu  erlangen  waren. 

Eine  nicht  sehr  breite  TJferebene  des  reich- 
sten Alluvialbodens  umsäumt  das  im  Innern  hüge- 
lige und  zum  Thcil  gebirgige  Land,  das  mit 
dichtem  Urwald  bedeckt  ist.  Die  Niederländer 
waren  es  vornehmlich,  welche  im  Laufe  des  17. 
und  18.  Jahrhunderts  die  Kultur  jenes  Küsten- 
saumes- durchführten,  der  für  das  Mutterland 
reiche  Erträge  abwarf.  Das  Innere  jedoch  blieb, 
mit  Ausnahme  eines  kleinen  Sti'iches  an  den 
Ufern  der  grossen  Ströme,  unangetastet  von  der 
Hand  des  Europäers,  den  eingeboruen  Indianern 
überlassen  oder  wurde  den  sich  befreienden 
Negersklaven  eine  Zuflucht,  wie  namentlich  im 
Niederländischen  Gebiet.  Die  zahlreichen  Ströme 
allein  machen  dasselbe  zugänglich,  obwohl  ilire 
Beschiffung,  zu  der  man  besondere,  leicht  ge- 
arbeitete Boote  (Corjals)  benutzt,  durch  viele 
Stromschnellen  erschwert  ist.  Doch  nur  an  Ufern 
schlägt  der  Mensch  seine  Hütte  auf,  das  übrige 
Land  ist  mit  fast  undurchdringlichem  Dickicht 
der  üppigsten  Vegetation  bedeckt.  Das  ungesunde 
Klima  hat  bisher  die  Kultur  von  diesen  Gegenden 
fem  gehalten  und  es  ist  keine  Aussicht,  dass  es 
bald  anders  werde. 

Das  Britische  Guiana,  welches  18ü3  von 
den  Niederländern  abgetreten  wurde ,  umfasst 
drei  Abtheilungen :  Essequibo ,  Demerara  und 
Berbice,  nach  den  gleichnamigen  Flüssen  benannt. 
Über  die  raeist  aus  Negern  und  Kreolen  beste- 
hende Bevölkerung  gilt  das  zu  West-Indien  unter 
No.  8  Gesagte.  Seit  der  Emancipation  der  Skla- 
ven ist  der  Wohlstand  auch  hier  zurückgegangen 
und  viele  Zuckerplantagen  liegen  noch  jetzt  im 
Verfall.  Um  die  verlorenen  Arbeitskräfte  zu  er- 
setzen, sind  seit  einer  Heihe  von  Jahren  Kulies 
eingeführt,  freie  Arbeiter  aus  Ost-Indien  und 
China,  die  sich  für  einen  bestimmten  Lohn  auf 
eine  gewisse  Zeit  zur  Arbeit  verpflichten,  nach 

Grandemann :  Missiimsatlas.   IV,  9. 


Ablauf  der  letzteren  aber  in  die  Heimath  zurück- 
kehren können.  Da  diess  jedoch  nur  von  wenigen 
geschieht,  so  besteht  bereits  ein  nicht  geringer 
Theil  der  Bevölkerung  aus  Hindus  und  Chinesen. 
Inwieweit  jene  Maassregel  zu  billigen  ist  und 
ob  die  Ausführung  den  oben  aufgestellten  Grund- 
satz überall  zur  Geltung  kommen  lässt,  ist  hier 
nicht  zu  erörtern.  Hier  kommt  es  nur  auf  die 
Mannigfaltigkeit  an,  die  daraus  der  Mission  in 
Britisch -Guiana  erwachsen  ist.  Die  erste  Form 
derselben  war  die  Indianer-Mission.  Hier  konnten 
sich  die  auf  den  Inseln  so  schnell  hinschwin- 
denden Stämme  besser  als  dort  erhalten.  Na- 
mentlich sind  es  Arawäken,  Cariben,  Waraus, 
Acowoios  und  Macusies ,  von  denen  zusammen 
bis  heute  20-  bis  21,000  Köpfe  übrig  sein  sollen. 
Unter  den  Erstgenannten  begann  schon  1738  die 
Brüdergemeinde  ihre  Thätigkeit  am  Berbiceflusse, 
die  sich  später  weiter  östlich  bis  an  den  Corentj-u 
ausdehnte  und  nach  vieler  mühsamer  und  nicht 
ganz  erfolgloser  Arbeit  bis  1812  fortgeführt 
wurde.  Pilgerhut,  Ephrem  und  Hoop  sind  die 
ehemaligen  Stationen,  welche  unsere  Karte  zeigt. 
Die  Englisch-kirchliche  Gesellschaft  hat  von  1829 
bis  1853  gearbeitet  und  zu  Bartica  und  Wara- 
puta  am  Essequibo  beträchtliche  Gemeinden  ge- 
sammelt, während  eine  solche  zu  Pinara  durch 
Brasilianische  und  katholische  Dazwischenkunft 
gestört  wurde.  Doch  fand  sich  die  Gesellschaft 
im  genannten  Jahre  durch  ungünstige  Umstände 
bewogen,  das  Werk  aufzugeben.  Die  Gemeinde 
zu  Bartica  besteht  noch  und  wird  vom  Kaplan 
der  nahen  Strafstation  versorgt.  Die  Ausbrei- 
tungs  -  Gesellschaft  hat  seit  1840  ihre  auf  der 
Karte  angegebenen  Stationen  angelegt  und  ihre 
Arbeiten  sind  bis  jetzt  mit  immer  noch  steigen- 
dem Erfolge  gekrönt  worden.  Besonders  befinden 
sich  die  Stationen  am  Pomerun  in  erfreulichem 
Zustande,  und  in  neuerer  Zeit  ist  auch  bei 
Orealla  die  verlassene  Brüder -Mission  wieder 
aufgenommen.  Endlich  haben  die  Plymouth- 
Brüder,  die  in  Britisch-Guiana  unter  den  Weissen 
und  Farbigen  eine  sehr  rege  Thätigkeit  entfal- 
ten ,  auch  einige  Arbeiter  unter  den  Indianern. 
Die  eine  Station  derselben,  Mattara,  konnte  mit 
einiger  Sicherheit  angegeben  werden*),  während 

*)  Dieselbe  büdet  wahrscheinlicli  die  Fortsetzung  der 
von  J.  Meyer  mit  ausserordentlicher  Hingabe  zu  Kuiuake 
betriebenen  Mission.    Der  letztgenannte  Ort  kann  niclit 
fern  von  dem  für  Mattara  angegebenen  Punkte  sein.  Im 
I  Mission's  Field,  18G8,  p.  262,  wird  noch  eine  presbyteria- 

65 


sie  im  Ganzen  geflissentlich  keine  Angaben  über 
ihre  Arbeiten  in  die  Oeffentlichkeit  dringen 
lassen.  Daher  war  es  uns  auch  nicht  möglich, 
die  zahlreichen  Punkte  ihrer  anderen  Mission 
anzugeben. 

Für  die  Schwarzen  und  Farbigen  sind  vor 
ihnen  schon  hauptsächlich  die  Londoner  und 
die  Wesleyanische  Missions  -  Gesellschaft  thätig 
gewesen,  diese  seit  1819,  jene  seit  1808.  Bei- 
nahe zwei  Drittheile  der  ganzen  Einwohnerzahl 
(100,000)  gehören  dieser  Art  der  Bevölkerung 
an ,  die  zum  grossen  Theil  bereits  zu  christ- 
lichen Gemeinden  gesammelt  ist,  deren  Pflege 
und  Ausdehnung  aber  immer  noch  eine  wich- 
tige Aufgabe  der  Mission  bleibt.  Auch  die  Aus- 
breituugs- Gesellschaft,  die  im  Anschluss  an  die 
anglikanische  Kirche  der  Kolonie  wirkt,  widmet 
sich  dieser  Aufgabe. 

Die  dritte  Klasse  der  Mission  ist  die  unter 
den  Kulies.  Mau  schätzte  1868  25,000  Hindus 
und  3000  Chinesen.  Die  Christianisirung  dieses 
Theilcs  der  Bevölkerung  müsste  von  besonderer 
Bedeutung  sein,  da  er  in  der  Zukunft  des  Lan- 
des leicht  eine  grössere  KoUe  spielen  könnte  als 
die  jetzt  an  Zahl  überlegenen  Neger.  Dennoch 
hat  nur  die  Wesleyanische  Missions-Gesellschaft 
einen  besonderen  Missionar  und  ludische  (Ta- 
mulische)  und  Chinesische  Katechisten  unter  den 
Kulies,  während  die  anderen  sie  mehr  gelegent- 
lich in  den  Kreis  ihrer  Wirksamkeit  ziehen,  was 
namentlich  auch  die  Ausbreitungs  -  Gesellschaft 
thut. 

Die  Zustände  in  dem  benachbarten  Nieder- 
ländischen Guiana,   das   gewöhnlich  Suriname 


nische  Mission  für  die  Indianer  am  Supinam  erwähnt,  über 
die  uns  sonst  Nichts  bekannt  geworden  ist. 


genannt  wird,  sind  von  denen  des  Britischen 
verschieden,  namentlich  durch  das  längere  Be- 
stehen der  Sklaverei ,  die  erst  vor  einem  Jahr- 
zehnt abgeschafft  wurde,  mit  Maassregeln,  die 
mehr  Garantien  für  die  fernere  Arbeitsamkeit 
der  Neger  boten,  als  diess  bei  der  Britischen 
Emancipation  geschah,  und  die  sich  bis  jetzt 
bewährt  haben.  Die  Indianer  dieses  Gebietes 
sind,  abgesehen  von  den  noch  ganz  unerforsch- 
ten Theilen  des  Innern,  nur  noch  gering  an 
Zahl,  etwa  1000,  meist  Arawäken.  Die  Zone 
des  Innern,  welche  zunächst  auf  die  kultivirte 
Uferebene  folgt,  ist  jetzt  das  Land  der  Busch- 
neger, der  Nachkommen  entlaufener  Sklaveu, 
aus  denen  sich  mehrere  besondere  Stämme: 
Saramacca-,  Matuari-,  Auka-Neger  u.  s.  w.,  ge- 
bildet haben.  Früher  thaten  sie  von  jenen 
Schlupfwinkeln  aus  der  Kolonie  viel  Schaden, 
ja,  sie  unternahmen  förmliche  Kriegszüge  gegen 
dieselbe,  bis  1763  die  Niederländische  Regierung 
ihre  Unabhängigkeit  anerkannte. 

1754  begann  die  ausgedehnte  und  gesegnete 
Mission  der  Brüdergemeinde  unter  den  Neger- 
sklaven der  Plantagen.  Von  der  jetzt  etwa 
37,000  Seelen  starken  schwarzen  und  farbigen 
Bevölkerung  gehören  24,000  mit  zu  den  gesam- 
melten Gemeinden,  die  je  ihr  Centrum  au  der  Sta- 
tion haben,  von  der  aus  die  betreffenden  Plan- 
tagen versorgt  werden. 

Auch  den  Busch- Negern  wurde  seit  1765 
von  der  Brüdergemeinde  das  Evangelium  ver- 
kündigt. Grosse  Schwierigkeiten  haben  das  Werk 
zwar  vielfach  gehindert,  so  dass  es  von  1813 
bis  1 840  fast  ganz  abgebrochen  blieb ;  seitdem  in- 
dessen ging  es  wieder  vorwärts,  wenn  auch  mit 
Schwankungen,  und  in  neuerer  Zeit  hat  es  be- 
sonders unter  den  Matuari -Negern  einen  er- 
freulichen Aufschwung  genommen. 


11.  Süd -Amerika. 


Unser  Atlas  schliesst  mit  der  Darstellung 
eines  Continents,  der  jetzt  nur  iu  vcrschwinden- 
dera  Maasse  den  Schauplatz  christlicher  Mis-  ! 
sionsthätigkeit  bildet.  Mit  Ausnahme  der  auf  1 
verhiiltnissmüssig  kleinen  Eaum  beschränkten  j 
Mission  iu  Guiana,  die  bereits  unter  No.  10  be- 
handelt wurde,  wäre  für  direkte  Heiden-Mission 
nur  eine  einzige  Station,  die  Keppel  -  Insel,  an- 
zuführen *).  Und  doch  ist  Süd  -  Amerika  dem 
Flächeninhalt  nach  fast  doppelt  so  gross  wie 
Europa  und  1  bis  1  '/2  Millionen  seiner  Bewohner 
sind  noch  fern  von  jeglicher  christlichen  Kultur, 
zum  Theil  sogar  dem  Kannibalismus  ergeben. 
Von  den  übrigen  dort  lebenden  23  Millionen 
aber  ist  ein  grosser  Bruchtheil  jedenfalls  nur  in 
ungenügender  Weise  in  das  Christenthum  ein- 
geführt worden,  während  überhaupt  der  Katho- 
licismus  hier  vielleicht  mehr  als  sonstwo  sich 
von  dem  Kerne  desselben  entfernt  hat. 

Die  Geschichte  erklärt  uns  den  jetzigen  Zu-  [ 
stand  der  Süd-Amerikanischen  Bevölkerung.  Die 
Europäischen  Entdecker  fanden  zwei  ganz  ver- 
schiedene Klassen  derselben  vor."  Auf  der  West- 
seite war  durch  das  Reich  der  Incas  eine  ver- 
hältnissmässig  hohe  Kultur  vertreten,  während 
die  übrigen  Theilc  von  Indianern  einer  tiefen 
Kulturstufe  bewohnt  wurden.  Beide  mussten 
der  Europäischen  Herrschaft  unterliegen,  so  weit 
sie  sich  nicht  in  die  noch  unbesetzten  Gegenden 
zurückzogen.  Während  in  Nord -Amerika  die 
Europäische  Ansiedelung  die  Eingebornen  zurück- 
drängte und  aufrieb,  wurden  sie  hier  als  Ar- 
beitskräfte erhalten  und  von  den  Siegern  zur 
Ausbeutung  des  fruchtbaren  Bodens  und  der 
metallreichen  Gebirge  verwendet.  Trotz  der  dabei 

*)  Seitdem  Obiges  geschrieben  wurde,  ist  von  dersel- 
ben aus  eine  weitere  Station  zu  Usbuwia  gegründet. 
Grundemann  :  Mistionsatiaa.   IV,  W. 


verübten  schmachvollen  Grausamkeiten  ist  doch 
auf  diese  Weise  ein  grosser  Theil  der  ursprüng- 
!  liehen  Bevölkerung  dem   Untergange  entzogen 
1  und  hat  sich  allmählich  mit  den  eingewanderten 
j  Spaniern  und  Portugiesen  vermischt.  Dieser 
Mischung  entstammen  die  Mestizen,  welche  einen 
bedeutenden  Bestandtheil  der  heutigen  Bevölke- 
rung bilden.  Als  man  später  die  unzureichenden 
Arbeitskräfte  durch  den  Sklavenhandel  zu  er- 
gänzen suchte,  wurde  auch  die  Negerrace  nach 
Süd- Amerika  verpflanzt,  die  sich  dort  zum  Theil 
rein  erhalten ,  zum  Theil  aber  mit  Europäern 
oder  Indianern  (zu  Mulatten)  vermischt  hat. 

Die  katholische  Kirche  hatte  sogleich  in  den 
Spanischen  so  wie  Portugiesischen  Kolonien*) 
Wurzel  gefasst,  und  zahlreiche  Kirchen  und  Klö- 
ster waren  gegründet.  Auch  der  Indianer  nahm 
sie  sich  bald  au.  Zum  Theil  waren  dieselben 
zu  den  oben  gedachten  Arbeiten  in  sogenannte 
[  Comthureieu  gesammelt  und  wurden  in  denselben 
ohne  Weiteres  äusserlich  zum  Christenthum  ge- 
zwungen. Auch  für  die  noch  freien  Indianer 
fanden  sich  bald  Missionare  von  verschiedenen 
Orden  ein,  die  aber,  in  der  Einrichtung  der  Com- 
thureieu und  den  dort  verübten  Grausamkeiten 
ein  starkes  Hinderniss  ihrer  Thätigkeit  erken- 
nend, andere  Sammelplätze,  die  sogenannten  Re- 
duktionen ,  anlegten ,  in  denen  die  Eingebornen 
unter  patriarchalischen  Einrichtungen  zu  gleicher 
Zeit  in  der  Kultur  gefördert  und  christianisirt 
wurden.  Namentlich  die  Jesuiten  haben  dabei 
ein  ausserordentliches  Geschick  bewiesen.  Schon 
der  Ernst,  mit  dem  sie  für  die  Freiheit  und  das 
Recht  der  Indianer  den  Kolonisten  gegenüber 
eintraten,  verdient  alle  Anerkennung.  Dadurch 
gewannen  sie  das  Zutrauen  der  Art,  dass  ganze 

*)  Letztere  das  heutige  Kaiserthuni  Brasilien. 

66 


Stämme  sich  unter  ihr  mildes  väterliches  Regi- 
ment stellten.  So  entstanden  die  blühenden  Re- 
duktionen in  Paraguay,  wo  man  die  sonst  so 
unkultivirten  Gixarani  als  iieissige  Acker- 
bauer, gewandte  Handwerker  und  sogar  Künstler 
bewundern  konnte.  Dass  sie  dabei  nach  dem 
Sinne  ihrer  Leiter  gute  Katholiken  waren,  ver- 
steht sich  von  selbst.  Bedroht  von  Portugiesi- 
scher Seite,  von  der  die  sogenannten  Mamelucos 
auf  Sklavenfaug  ausgingen,  schlössen  sich  jene 
Ortschaften  unter  Führung  der  Patres  zu  wohl- 
organisirten  Truppen  zusammen  und  erfochten 
manchen  Sieg. 

Ähnliche  Erfolge  hatten  die  Jesuiten  unter 
den  Moxos  und  Chiquitos,  so  wie  unter  den 
Stämmen  am  oberen  Maranon  und  in  der  Fran- 
zösischen Kolonie  Cayenne.  An  Feinden  aber 
fehlte  es  ihnen  nicht,  die  ihre  Sache* verdäch- 
tigten ;  ihre  Macht  konnte  der  Regierung  leicht 
gefährlich  werden.  So  wurde  ihre  Unterdrückung 
beschlossen  und  ausgeführt,  womit  die  Ergeb- 
nisse einer  Arbeit  von  anderthalb  Jahrhunderten 
dem  Untergange  Preis  gegeben  wurden.  Die 
Welt  geistlichen,  welche  an  die  Stelle  der  Jesuiten 
gesetzt  wurden,  konnten  die  gesammelten  Ge- 
meinden nicht  zusammenhalten,  um  so  weniger, 
da  für  die  äusseren,  bisher  von  den  Patres  ge- 
leiteten Angelegenheiten  Beamte  traten,  die  sich 
durch  allerlei  Härte  kein  Zutrauen  erwarben. 
Manche  Reduktionen  fristeten  nur  noch  ein  küm- 
merliches Dasein  ;  in  den  Bewegungen  aber, 
unter  welchen  die  Kolonien  sich  vom  Mutter- 
lande losrissen  (in  den  ersten  Jahrzehuten  dieses 
Jahrhunderts),  haben  sich  viele  jener  Gemeinden 
gänzlich  zerstreut  und  der  üppige  Urwald  ver- 
schlingt die  einst  fruchtbaren  Felder  und  ver- 
deckt die  spärlichen  Uberreste  der  einst  so 
freundlichen  Dörfer.  Auch  die  Wirksamkeit  der 
anderen  Orden  hat  unter  jenen  Bewegungen  sehr 
gelitten,  so  dass  die  katholische  Mission  in  Süd- 
Amerika  seit  einem  halben  Jahrhundert  als  ge- 
lähmt betrachtet  werden  kann.  Auch  in  neuester 


Zeit,  wo  dieselbe  anderwärts  neuen  Aufschwung 
genommen  hat,  vermochte  sie  sich  in  jenen 
Ländern  nicht  wieder  zu  erholen.  Manche  weite 
Strecken  des  Innern  hatte  dieselbe  noch  nicht 
erreicht,  so  wenig  die  Kultur  dahin  vorgedrun- 
gen war.  Dahin  gehört  namentlich  die  Brasilia- 
nische Provinz  Matto  Grosso,  so  wie  das  Peruani- 
sche Gebirgslaud  und  das  weite,  noch  sich  selbst 
überlassene  Patagouien.  Daher  leben  hier,  wie 
üben  angedeutet,  noch  grosse  Völkerschaften  aus- 
ser aller  Berührung  mit  dem  Christenthume. 

Von  evangelischer  Mission  galt  allerdings  der 
erste  Versuch*),  der  überhaupt  von  dieser  Seite 
unternommen  wurde,  der  Ostküste  Süd-Äme- 
rika's,  schlug  jedoch  gänzlich  fehl.  Erst  in  der 
neuesten  Zeit  gelang  es  einem  Englischen 
Marine-Offizier,  Allen  Gardiner,  unter  den  Evan- 
gelischen Interesse  für  jene  Länder  zu  wecken. 
Nach  einigen  anderen  vergeblichen  Versuchen 
fasste  er  Patagonien  als  sein  Ziel  ins  Auge  und 
brachte  1844  die  Patagonische  Missions -Gesell- 
schaft zu  Stande,  von  der  unterstützt  er  meh- 
rere Jahre  rastlos  wirkte,  bis  er  an  der  unwirth- 
lichen  Küste  des  Feuerlandes  durch  das  Aus- 
bleiben der  nöthigen  Jfahrungsmittel  und  bei 
feindlicher  Haltung  der  Eingebornen  nach  lang- 
wierigen Leiden  dem  Hungertode  erlag  (6.  Sept.  | 
1857).  Die  Gesellschaft  hat  S'ich  aber  dadurch 
zu  um  so  grösserem  Eifer  antreiben  lassen.  Da 
die  Anlegung  einer  festen  Station  im  Feuerlande 
(Tierra  del  Fuego)  noch  nicht  möglich  war, 
wurde  die  Keppel-Insel  (eine  der  Falklands-In-  • 
sein)  zur  Operationsbasis  ausersehen.  Eingeborne, 
die  dazu  willig  sind,  werden  dorthin  auf  einige 
Zeit  übergesiedelt  und  dann  in  ihre  Heimath 
zurückgeführt  mit  den  empfangenen  Eindrücken 
des  christlichen  und  civilisirten  Lebens.  Dazu 
dient  das  Missionsschiff  „Allen  Gardiner".  Diese  , 


*)  Der  Französische  Malteser-Ritter  Villegagnon  ver- 
suchte in  der  Nähe  des  jetzigen  Rio  de  Janeiro  eir.e  Fran- 
zösische Kolonie  anzulegen  und  von  dort  aus  durch  Genfer 
j  Missionare  unter  den  Indianern  zu  wirken. 


Maassregel  hat  nun  bereits  den  Erfolg  gehabt, 
dass  einer  der  Missionare  sich  längere  Zeit  auf 
der  Navarin-Insel  aufhalten  konnte,  wo  nunmehr 
eine  feste  Station  angelegt  wird.  Die  Gesell- 
schaft hat  sich  seitdem  zu  der  „Süd  -  Amerika- 
nischen" erweitert  und  die  auf  der  Karte  an- 
gegebenen Stationen  angelegt,  die  aber  meisten- 
theils  die  Wirksamkeit  unter  den  an  den  be- 
treffenden Orten  lebenden  Engländern  und  hinter 
den  Katholiken  zum  Zwecke  haben.  Nur  von 
Lebu  und  von  Patagones  aus  sucht  man  auch 
unter  den  Patagoniern  (resp.  Araucanern)  zu 
wirken. 

Die  beiden  anderen  Missions-Gesellschaften, 
von  denen  wir  einige  Stationen  angeben  konnten, 


treiben  ebenfalls  mehr  ein  Werk  der  inneren 
Mission,  arbeiten  aber  nicht  unter  den  heidnischen 
Indianern. 

Schliesslich  muss  noch  erwähnt  werden,  dass 
in  den  La  Plata-Staaten,  so  wie  in  einigen  Bra- 
silianischen Provinzen  zahlreiche  Deutsche  Ko- 
lonien bestehen,  für  deren  geistliche  Bedürfnisse 
sehr  wenig  geschehen  war,  bis  in  neuester  Zeit 
die  Basler  Missions-Gesellschaft,  so  wie  auch  ein 
mit  der  Rheinischen  Mission  in  Verbindung  ste- 
hender Verein  ihre  Arbeiter  dorthin  zu  senden 
begannen.  Doch  würden  auf  dem  weiten  Felde 
noch  weit  mehr  Kräfte  ihre  volle  Beschäftigung 
finden. 


Nachwort. 


Beim  Abschlüsse  des  Missionsatlas,  der  namentlich  durch  den  Krieg  fast  um  Jahresfrist  ver- 
zögert worden  ist,  möge  eine  Bemerkung  Platz  finden  über  zwei  Stücke,  die  manche  Leser  nach 
früheren  Ankündigungen  erwartet  haben  und  nun  vermissen  werden,  nämlich  eine  allgemeine 
Missions-Weltkarte  und  eine  übersichtliche  Zusammenstellung  der  Namen  aller  Stationen  der  ver- 
schiedenen Missions-Gesellschaften.  Es  lag  anfänglich  in  der  Absicht  des  Verfassers,  beides  diesem 
Werke  beizufügen.  Dabei  war  jedoch  die  Voraussetzung,  dass  ein  anderes  Werk  inzwischen  zum 
Abschluss  gekommen  sein  würde,  nämlich  eine  allgemeine  Missions -Statistik,  die  einer  jährlichen 
Missions-Chronik  den  Weg  eröffnen  sollte.  Durch  verschiedene  Umstände  ist  jene  schon  auf  der 
Missions-Conferenz  1866  angeregte  Arbeit  noch  nicht  zur  Ausführung  gekommen.  Ohne  sie  würde 
die  gedachte  Weltkarte  in  sachlicher  Beziehung  kaum  mehr  leisten,  als  das  bei  Julius  Klinkhardt, 
Leipzig  1869,  in  Commission  gegebene  Kärtchen  zu  den  Werdauer  Missionsblättem.  Die  Auf- 
zählung der  Missions  -  Stationen  aber  würde  einerseits  ohne  die  beabsichtigte  Hinzufügung  der 
statistischen  Daten  wenig  Werth  besitzen,  andererseits  für  einige  Blätter  der  ersten  Lieferungen 
weitere  Ergänzungen  erfordern. 

Da  nun  das  angedeutete  Unternehmen  keines  Falles  aufgegeben  ist,  sondern  voraussichtlich  in 
nicht  zu  ferner  Zeit  wird  in's  Leben  treten  können,  so  schienen  die  beiden  genannten  Aufgaben 
angemessener  für  jene  Arbeit  aufzuheben  sein ,  in  der  sie  eine  ungleich  vollständigere  Lösung 
finden  werden,  als  diess  jetzt  geschehen  könnte.  Und  so  sei  denn  hiermit  diess  Werk  geschlossen. 
Es  sind  nun  bald  zehn  Jahre  vergangen,  seitdem  die  ersten  Keime  zu  demselben  sich  regten.  Es 
hat  ihm  manche  Schwierigkeit  im  Wege  gestanden,  es  hat  viel  Arbeit  erfordert.  So  wird  man 
es  verstehen,  dass  ich  nicht  anders  schliessen  mag  als  mit  Dank  gegen  Den,  der  es  hat  gelingen 
lassen,  und  mit  dem  Wunsche,  dass  es  helfen  möge  zur  Förderung  Seines  Reiches! 

Mörz,  den  28.  October  1871. 


Der  Verfasser. 


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Date  Due 


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PRINTED 

IN  U.  S.  A.