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THEOPHIL SAUCIUC
AN D R 0 S
/\ l-fV*Ci^ T— Tr^l/n<:n- ^- " ^- Hof- und Universitäts-Buchhändler «.^ xA/l^n
/T-lllCU. nUlU-Cl Buchhändler der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften 1>1 VV ICH.
Sonderschriften des Osterreichischen
archäologischen Institutes in Wien.
Band 1. Kleinasiatische Münzen. Von F. Imhoof-Blumer. Band I. Mit g Tafeln in Licht-
druck. Geh. K 42. — = M. 36. —
„ II. Ära Pacis Augustae. Von Engen Petersen. Mit Zeichnungen von George Niemann.
8 Lichtdruclvtafeln in besonderem Bande und 60 Abbildungen im Texte.
Geb. K 28.— = M. 24.—
,, III. Kleinasiatische Münzen. Von F. Imhoof-Blumer. Band II. Mit 11 Tafeln in
Lichtdruck. Geb. K 42. — = M. 36. —
„ IV. Codex Escurialensis. Ein Skizzenbucli aus der \\ erkstatt Domenico Gliirlandaios.
Unter Mitwirkung von Christian Hülsen und Adolf Michaelis herausgegeben von
Hermann Egger. 137 Autotypien in besonderem Bande, 3 Lichtdrucke und
70 Autotypien im Texte. Geb. K 45. — = M. 38. —
„ V. Kömische Militärgrabsteine der Donauländer. \'on Harald Hofmann. Mit
64 Abbildungen im Texte. Geb. K 7. — = M. 6. —
„ VI. Urkunden dramatischer Aufführungen in Athen. Mit einem Beitrage von
Georg Kaibel. Herausgegeben von Adolf Wilhelm. .Mit 68 .Abbildungen im Texte.
Geb."^ ^ A' 18.80 = M. 16.—
„ VII. Beiträge zur griechischen Inschriftenkunde. Mit einem Anhange über die
öffentliche Aufzeichnung von Urkunden. Von Adolf Wilhelm. Mit 89 Abbildungen
im Texte. Geb. A' 42. — = M. 35. —
Der Palast Diokletians in Spalato.
Von George Niemann.
Im Auftrage des k. k. Ministeriums für Kultus und Unterricht aufgenommen und beschrieben.
Herausgegeben vom k. k. Österreichischen archäologischen Institut.
23 Tafeln. 162 Textabbildungen und Initialen.
Geb. K 140.— = M. 120.—.
Forschungen in Ephesos.
Veröffentlicht vom k. k. Österreichischen archäologischen Institut.
Band I. Mit 9 Tafeln in Heliogravüre, einer angehängten Karte und 206 Textabbildungen.
Geb. K 94-.— = M. 80.—.
Band II. Mit 9 Tafeln in Heliogravüre, 197 Textabbildungen und einer Beilage.
Geb. K 94.— = M. 80.—.
Auswahl archaischer Marmorskulpturen
im Akropolis=Museum.
Im Auftrage des k. k. Österreichischen archäologischen Institutes herausgegeben von
Hans Schrader.
17 Heliogravüren in Mappe (Papiergröße 67x51 cm).
Te.Kt in Folio Mit 2 Tafeln in Farbenlichtdruck und 62 Kupferätzungen im Texte.
Geb. Ä' 170.— = M. 142.—.
SONDERSCHRIFTEN
DES ÖSTERREICHISCHEN ARCHÄOLOGISCHEN INSTITUTES IN WIEN
BAND VIII
ANDROS
UNTERSUCHUNGEN ZUR GESCHICHTE UND TOPOGRAPHIE
DER INSEL
VON
THEOPHIL SAUCIUC
MIT 77 ABBILDUNGEN IM TEXTE
WIEN
ALFRED HOLDER
K. U. K. HOK- UND UNIVERSITÄTS - BUCHHÄNDLER
I9I4.
/
57)58
§46816
Druck von Rudolf M. Rohrer in Brunn.
HERRN PROFESSOR DR. JULIUS JÜTHNER
ZUGEEIGNET
J_Jie vorliegende Arbeit will sich der Reihe monographischer Untersuchungen
anschließen, wie sie in letzter Zeit für verschiedene Punkte des Orbis antiquus
in der Absicht geführt worden sind, die Schicksale der einzelnen Mikrokosmen
in ihren Beziehungen zur Gesamtentwicklurig der griechischen Kulturwelt dar-
zustellen. Eine solche Untersuchung dürfte für die Insel Andros in Hinblick auf
die ihr durch die natürliche Gunst der Lage zugewiesene Rolle eines Bindegliedes
zwischen dem griechischen Festlande und der Inselwelt des Archipelagus als
besonders wünschenswert erscheinen. Als ich mich ent.schloß, dieser Aufgabe näher
zu treten, kam es mir freilich bald lebhaft zum Bewußtsein, daß allein eine
systematische Grabung eine abschließende Leistung ermöglichen konnte. Aber wenn
ich in den folgenden Darlegungen mich damit begnügen mußte, aus dem gegen-
wärtigen topographischen und archäologischen Befunde zusammen mit literarischen
und inschriftlichen Zeugnissen ein Gesamtbild von der geschichtlichen Rolle der
Insel Andros zu gewinnen, so darf ich vielleicht hoffen, daß gerade die Ergänzungs-
bedürftigkeit des Dargebotenen vielleicht den Anreiz zu einer sachgemäßen Er-
schließung des Bodens von Andros geben werde.
Dankbar gedenke ich der mannigfachen Förderungen, die mir von den
verschiedensten Seiten zuteil wurden. Daß ich die Möglichkeit eines wiederholten
Aufenthaltes auf Andros genießen konnte, schulde ich vor allem der nachhaltigen
Unterstützung der vorgesetzten Unterrichtsbehörden, die mir den erforderlichen
Urlaub und die materiellen Mittel gewährten. Für ständige Beratung und Beihilfe
bekenne ich mich meinem verehrten Lehrer Prof Dr. Julius Jüthner, von dem
auch die Anregung zu dieser Arbeit ausging, verbunden, gleichwie Herrn Prof.
Dr. Anton R. von Premerstein, der mich während meines Studienaufenthaltes in
Athen mit den dortigen epigraphischen Denkmälern vertraut machte. In gleichem
VI
Maße gilt mein Dank Herrn Prof. Dr. Adolf Wilhelm, der mich bei der Behandlung
der im epigraphischen Anhange vorgelegten Inschriften förderte, ferner dem
Sekretär des österreichischen archäologischen Institutes Dr. Camillo Praschniker, der
von Anbeginn des Druckes mich für die inhaltliche wie formelle Seite unermüdlich
unterstützte. Nicht weniger fühle ich mich für entgegenkommendes Wohlwollen
der königlichen Ephorie in Athen, dem Architekten Herrn Anastasios Orlandos, der
mich durch Herstellung der Zeichnungen und mannigfache Aufschlüsse verband,
und dem gewesenen Musealvorstande in Andros Prof. Johann Ivonstantinos Bojatzidis
dankbar verpflichtet.
Czernowitz. THEOPHIL SAUCIUC
I : Neu-Andros.
I. Geographische und topographische Verhältnisse der Insel.
Name der Insel.
Was den Namen der Insel betrifft, so ist „Andres" die im Altertum durch-
aus gewöhnliche Benennung, über deren Ableitung nichts Sicheres ermittelt
worden ist^).
Doch sind uns durch Plinius, N. h. IV 65, auch andere Namen überliefert.
Er führt Myrsilos, einen von den Geschichtschreibern, die gegen Ende des dritten
Jahrhunderts v. Chr. nach dem Muster der Atthiden zahlreiche Spezialschriften über
') Die Alten lösen die etymologische Frage in
der geläufigen Weise, indem sie den Namen der
Insel mit einem Heros und Gründer gleichen Namens
in Verbindung bringen. Die Form des Namens ist
dabei keine einheitliche: Bei Pausanias X 13, 4
heißt der Gründer des andrischen Reiches, dessen
Statue in Thorax und Chlamys die Andrier in Delphi
aufgestellt halten, nach der Angabe der Delphier
Sauciuc, Andros.
Andreus. Ebenso heißt der eponyme Heros und
Herrscher von Andros, einer der vielen Unterfeld-
herrendes Rhadamantliys.bei DiodorV79,2und in den
Schol. Vergil Aen. HI 80. Bei Stephanus von Byzanz
s. V. Andros ist auch die Form And'rieus überliefert.
Bei Konon narr. 41 (Becker, Photii Bibl. p. 13g a)
und Ovid, Met. XIII 649 heißt der Heros der Insel
Andros, ebenso auch bei Stephan, v. Byz. und bei
I
Landschaften und Städte verfafJten 2), als Gewährsmann dafür an, daß Andres
erst Cauros — Gauron') bieten die Handschriften UR — , hernach Antandros
geheißen habe. Ein Ort namens Cauros ist sonst nicht bekannt. Bei Stephanus
(Thesaurus linguae Graecae IV 1383 KaOpo; 6) sind die Belege dafür angeführt,
daß xaupog mit v.oi.v.b(i, malus, improbus gleichbedeutend wäre; siehe ebenda auch
unter Kaövo; % das als Oxytonon von Hesych ebenfalls durch xax6s, axXrjpos erklärt
wird. Somit scheinen xaöpo; und xaövo? gleichbedeutende Ableitungen von derselben
Wurzel zu sein. Kaunos hieß nun auch eine Stadt im südlichen Karlen, die in der
Geschichte eine wichtige Rolle gespielt hat*), und dieser Name wiederholt sich in
Kreta (wahrscheinlich in dessen östlichem Teile) und in Lykien'). Wenn man
Eustath. Com. 526 (C. Müller, Geogr. Gr. min. II
319 Z. 31). Vgl. auch die Etymologie von Antandros
bei Konon a. a. O. und Pomponius Mela I 18. Fick,
Vorgriechische Ortsnamen 60 möchte den gräzisierten
Namen Andros mit Andeira in der Troas und mit
Antandros (ÄEXifCüv TtoXtg nach Alkaios bei Strabo
XIII 606) zusammenbringen; vgl. ebenda II 6; Hiller
V. Gaertringen IG XII 5, p. XXXII. Siehe auch
Karl Fr. W. .Schmidt, Berliner philolog. Wochen-
schrift 191 1 n. 17, S. 525 Anm. 2, wo die von
Kannengießer (Ist das Etruskische eine hettitische
Sprache? I. Über das v9-- Suffix im Etruskischen und
im Griechischen, Programm des Gymnasiums zu Gel-
senkirchen 1908) aufgestellte Annahme, daß Phole-
gandros aus *Pholegandos „gräzisiert" sei, als un-
haltbar bezeichnet wird; vgl. Bethe.Rhein. Mus. LXV,
1910, 213. Siehe auch die Deutung des Namens Adra-
rayteion bei Kretschmer, Einleitung in die Geschichte
der griech. Sprache 390. Den gleichen Stamm wie
der Name unserer Insel zeigt der Name Andria, der
für einen Ort in Phrygien bei Plin. n. h. V 145
(vgl. Hirschfeld, Pauly-Wissowa RE I 2122 s.v. An-
deira n. 2), in Makedonien durch Phileas sv jisptiiXots
und in Elis durch Teupalos' "HXEiaxa bei Steph. v.
Byz. s. V. Andria bezeugt ist (danach der Bürger
Aväpisü;). Auch der häufig vorkommende Mannsname
'AvSpiag, gen. 'Av5p(a, wird bei der Lösung der Frage
berücksichtigt weiden müssen (vgl. Ptolera. 5, 4, 7).
Bei Plutarch, Aratos 1 2 hat Palmerius statt des in
jenem Zusammenhange ganz unverständlichen x^j
'Adpias sehr wahrscheinlich -vfjC, !iväptas (sc. -f^g
oder xtüpag) vermutet, das hier statt des sonst üblichen
zyjC, "AvSpou stünde. Auf diese Nachricht komme ich
an einer anderen Stelle ausführlicher zu sprechen,
doch sei schon gleich hier bemerkt, daß die Form
x^S 'Aväpiaj, von der Gaetano de Saudis (Klio
IX 1909 S. 6 Anm. 2) behauptet: „e veramente forma
un po' strana" nicht so sonderbar ist. Das Ethnikon
iog bezeichnet hier das Landgebiet der Stadtgemeinde
Andros und f) 'Avdpia kann nicht als Name der
Insel gelten. Ich weise nur daraufhin, daß Xenophon
I 4, 22 sich in gleicher Weise ausdrückt; ÜJ.xt-
ßiaär;; 5s ävispipaas TÖ axpaxsuiia xfjg Av5ptcc; X"»?«;
£'.S raüpiov, und Miliarakis (Kykladika 269 Anm. 2l)
verweist auch auf Antigonos v. Karystos, 'laxopKöv
Ttapaooscov ouva-f (o-fvj c. 2 1 : T'^s Ss Kapuaxtag xal
T^; 'Avdptas X'"?"» ^^''•^ likrpiot vfjao- :^ xaÄou|iivig
rOapoj. Den Hinweis .auf Dittenbergers „Ethnika und
Verwandtes" in Hermes LXII 1907, 179 f., wo die
Belege für ■^ Koja, 7j Arftvatr] und auch für das unbe-
rechtigte fj Aiiopfta angeführt sind, und auf Dörpfeld,
Ath. Mitt. XXXV 191 1 S. 218, wo Aeuy.a8(a durch
Thukydides III 94, I und VIII 13 belegt ist, ver-
danke ich Herrn Prof. Wilhelm. Dazu Xenophon
IV 8, 8: xai äTiOTiXicov mpnioO-Tj xf/g Ku8-yjpta; (nämlich
fijj) ei; $oivty.oOvxa. Vgl. Pozzi, R. acc. di scienze
di Torino 191 1/12, 340 A. 6.
2) W. Christ, Gesch. d. Griech. Lit. ■'575.
^) Vgl. dazu auch Gaurion, den Namen des
Hafens von Andros. Vgl. Vanicek, Etym. Wörter-
buch II II 18 n. 3 SKU; Emile Boisacq, Dict. de ia
langue grecque etudiee dans ses raports avec les
autres langues indoeuropeennes 423> dazu 496.
*) W. Smith, Dictionnary of Greek and Roman
Geography I 576; bei Thuk. I 116, 3 heißt es
Ijtl Kaüvou xal Kapiaj wohl statt xoci x-^s äX^-i);
Kaptag.
*) Fick, Vorgriech. Ortsnamen als Quelle für
die Vorgeschichte Griechenlands verwendet S. 34,
117 und 126.
bedenkt, daß in historischer Zeit Kaunos ein wichtiger Platz in Karien war")
und da(3 Karer, wie wir weiter unten sehen werden, von den alten Historikern
als die ältesten Bewohner der Kykladen genannt werden, so ist die Angabe des
Myrsilos begreiflich. Ebenso steht es mit seiner Angabe, Andros habe nachher
Antandros geheißen'). Die namensgleiche uralte, am Fuße des Ida gelegene Stadt
Antandros war lelegisch nach Alkaios (Strabo XIII 606), kilikisch nach Demetrios
von Skepsis (Strabo a. a. O.), aiolisch nach Thukydides (VIII 108, vgl. Steph. Byz.
s. V. 'AvTavSpoi), pelasgisch nach Herodot (VII 42; vgl. Mela I 18). Zwischen Andros
und Antandros wollte man auf Grund der Namen Beziehungen herstellen und
Mela sowie Schol. Verg-. Aen. III 6 erklären Antandros durch avx' "Avopou, somit
von vertriebenen Andriern gegründet, eine Erklärung, die Hirschfeld (Pauly-
"Wissowa RE I 2346) mit Recht als „Spielerei" bezeichnet*).
Konon führt als zweite Erklärung für den Namen Antandros die Erzählung
an, Anios' Sohn Andros habe aus Andros, das in der Folgezeit von Pelasgern'')
besiedelt worden wäre — Pelasger werden auch als Bewohner von Antandros
erwähnt (Herod. VII 42) — , sich flüchten müssen und habe die Stelle, die ihn an
Andros erinnerte, um der Ähnlichkeit willen Antandros genannt. Myrsilos' An-
gabe, Andros habe Antandros geheißen, ist verständlich, wenn man bedenkt,
daß an beiden genannten Orten für die ältesten Zeiten das gleiche Volk ge-
nannt wird'").
Nach Kallimachos bei Plinius a. a. O. hat Andros Lasia geheißen, welcher
Name auch für Lesbos (Plin. N. h. V 139) g'alt. Der Name Lasia begegnet außer-
dem auch noch für eine Insel in der argolischen Bucht, Trozen gegenüber (Plin.
N. h. IV 56) und für eine Insel an der Küste Lykiens (Plin. V 131). Während in
*) Vgl. Herod. I 171, wo vom Zuge des Harp.igos '") Bei Solinus (ed. Th. Mommsen, 2. Aufl. .S. 71
gegen die Karer, Kaunier und Lykier die Rede ist. Z. 9 ff.) liest man: „Inter Tenedum et Chium, qua
Daß die Kaunier dieselbe Sprache sprechen wie die Aegaeus sinus panditur, ab dextera Antandrum navi-
Karer, sagt Herodot I 172. gantibus saxum est (hoc enim verius quam insula
') Vgl. Martianus Capella (ed. Eyssenhardt S.226), meruit cognominari): id quoniam visentibus procul
wo als die bekannteren unter den Kykladen Delos caprae simile creditur, quam Graeci aega nuncupant,
und Antandros genannt werden. Aegaeus sinus dictus." Wenn Grasberger, Studien
^) Mela gibt a. a. O. noch eine andere Erklärung zu den griech. Ortsnamen 89, mit Änderung des
des Namens: Aenas' Sohn Askanios hätte sich von Namens Tenedum in Tenum und unter der Voraus-
den Pelasgern um den Preis einer Stadt losgekauft, setzung, daß Solinus statt des üblichen Namens von
welche dann Antandros „quasi pro viro" genannt Andros den uns bei Plinius überlieferten Namen
worden wäre. Siehe auch Schol. Verg. Aen. IH Antandros gebraucht hätte, diese Klippe in Andros
6 und Grasberger, Studien zu den griech. Ortsnamen erkennen wollte, so scheint mir dies zu gewaltsam,
189 f. um so mehr, als ein Blick auf die Karte uns von
^) Über die Pelasger auf Andres S. 51 f. der Unnotwendigkeit dieser Änderungen überzeugt.
1*
Myrsilos' Angaben über die oben ang-eführten Namen von Andros der Niederschlag
geschichtlicher, jetzt nicht mehr eruierbarer Vorgänge zu erblicken ist, möchte
ich das dichterische Lasia als substantiviertes Beiwort auffassen, das ihr auch
Kallimachos selbst beigelegt haben konnte 'i). Plinius drückt sich dann nur ungenau
aus, wenn er Kallimachos von diesem Namen berichten läßt. „Terra etiam et
locus aliquis läoioc, dicitur, qui herbidus est arboribusque et fruticibus consitus, cui
opp. ditXog, aequipollet 5aa6;", lesen wir bei Stephanus, Thes. ling. Gr., und die
Bezeichnung Lasia gestattet einen Schluß auf das einstige Aussehen der Insel.
Andere, deren Namen Plinius nicht anführt, berichten, die Insel habe Nonagria,
Hydrusa, Epagris geheißen. Während der Name Hydrusa (uSpoüa« = OSpoetg,
aquosus, humidus), der auch für Keos*''') und Tenos'^) und für ein Inselchen in der
Nähe von Attika") bezeugt ist, auf den Wasserreichtum der Insel oder auf eine
Legende, wonach ihr irgend eine Gottheit den Wasserreichtum spendete, Bezug
nimmt, sind die Namen Nonagria und Epagris für Andros nicht ganz klar. Wie
Nonagria, das Fape-Benseler, Wörterbuch der griech. Eigennamen, mit „Naßfeld"
übersetzt, ist auch Epagris^*) nur durch diese Pliniusstelle bezeugt. Bei beiden
Namen kann im zweiten Bestandteil nur die Wurzel ayp oder axp stecken'").
Zu ayp vgl. ETcaypov bei Diogenian-Hesych. 'ETraypLoe kommt statt des einfachen
ayptos in der Bedeutung „agrestis, ferus" vor"). Mit der Wurzel axp können wir
beide Formen belegen: vgl. 'EitaxpiSes im Et. M. und Bürchner, Pauly-Wissowa
RE V 2672 und 'ETiaxpta bei Milchhöfer, Pauly-Wissowa RE V 2673. Für Nwva-
xpij in Arkadien und die davon abgeleiteten Eigennamen vgl. Pape- Benseier,
Wörterb. d. gr. Eigennamen. Die durch die Wurzel axp gegebene Grundbedeutung
der beiden Namen wäre nicht unpassend mit Rücksicht auf den durchaus felsigen
Charakter der Insel.
") Daß Kallimachos Metonomasien gesammelt ") Die Variante zu Epagrim bei Plin. a. a. O.
hat, erweist Bethe, Hermes XXIV 1889, 442. ist Epacim.
'^) Herakl. fr. 9, I; Hesych s. v. ädpoöaa; '^) Über den Wechsel des vc und -f vgl. Mayser,
Pridik, De Cei insulae rebus, Dorpat Inaugur. Diss. Gramm, d. gr. Pap. 169 f.
1892 S. 3. ''J Die Belege bei Stephanus, Thesaurus linguae
") Plin. N. h. IV 65. Graecae.
") Strabo IX 398.
2: Neu-Andros.
Die geographischen Verhältnisse der Insel.
Andros gehört zu der von den Alten als Ring- oder Kreisinselu') bezeich-
neten Inselgruppe und bildet als die nördlichste und zugleich zweitgrö(3te die
Fortsetzung der langgestreckten, erst in verhältnismäßig später Zeit von der Ost-
seite des mittelgriechischen Festlandes losgetrennten Insel Euboea^).
Von Euboea und Tenos ist Andros nur durch eine enge Meeresstraße getrennt.
Vom Kap Geraistos, dem heutigen Kap Mandhilon im südlichen Euboea, ist
die Nordwestküste von Andros nach Plinius nur lo.ooo Schritte entfernt, eine An-
gabe, die ganz genau stimmt^). Diese Enge war schon im Altertum bei den
') Über den Namen KuxXccäsg und den Umfang
der Kyliladen s. C. Bursian, Geogr. v. Griechenland
II 348 Anm. 1 und Hiller v. Gaertringen, IG XII 5
Praefatio (De Cycladum rebus) p. VII f., XI, XX ff.
-) Zuletzt hat über Andros vom geologischen
Standpunkt aus gehandelt NixiXa&s 'I. MoaxovTJaiog,
'H vf/ao; 'Aväpoj ünö fScuXof ixtjV, öpuxx&>.of ixtjv xal
lisTaXXstoXo-ftxrjv sno'Jjiv, iv ji3-rjvaig Ix xoä xüjiou
^9-y]vaixc/'j xuTto^paifetou 1909, 7 ff.
^) Plin. IV 65 u. 68. Im Diaphragma des Scyl.
Periplus bei C. Müller, Geogr. gr. min. I 95 wird der
dem Kap Geraistos nächstgelegene Punkt von Andros
(= 80 Stadien) Paionion genannt; vgl. Stadiasmus
maris magni §283 (C. Müller a. a. O. 500): 'Ako Tau-
Seefahrenden wegen der hier herrschenden Luft- und Meeresströmungen und der
gefahrlichen Felsvorsprünge berüchtigt*). Von Tenos, der südöstlichen Fortsetzung
von Andres, wird letzteres durch einen looo Schritte (Plin. X. h. IV 65) breiten,
durch Klippen gefährlichen Sund, der jetzt Steno, bei den Alten Aulon heif3t, ge-
trennt*). Von Keos ist Andros 39.000, von Gyaros 62.000 Schritte entfernt (Plin.
N. h. IV 65), von Syros 150 Stadien; von Delos nach Andros sind es 400 Stadien").
Andros hat nach Plinius a. a. O. einen Umfang von 93.000 Schritten. Nach
Philippson, Beiträge zur Kenntnis der griechischen Inselwelt 8, beträgt die Länge
der Insel 41'"", die Maximalbreite 16^"", der Flächeninhalt 405'""°').
Für die Spezialgeographie von Andros beschränke ich mich darauf, nur das
Allerwesentlichste aus den Arbeiten von Miliarakis*) und Philippson a. a. O. her-
vorzuheben. Die ganze Insel Andros besteht fast ausschließlich aus Glimmer-
schiefer, der von hellem bis zu dunklem Grün wechselt. Ein aus vier höheren
Rücken (Hagii Saränta, Petalon, Gerakönas und Rhächi) zusammengesetztes
Gebirge, das sich von Nordwest nach Südost hinzieht und ungefähr in der
Mitte der Insel den höchsten Punkt im Gipfel Kuwära (975'" ü. M. nach der
britischen -Seekarte, nach Philippson 10 und 16 bis 1000") erreicht, bedeckt die
Insel (siehe die Karte Fig. 3)''). Dabei durchqueren sie im südlichen Teile zwei
grüfiere Talzüge, an deren Mündung im Osten die zwei wichtigeren Hafenorte
liegen: die jetzige gleichnamige Hauptstadt Andros und die Stadt Korthion. Dies
sind die natürlichen Kulturzentren von Andros, zu denen noch die kleine, frucht-
bare Ebene von Gaurion im Hintergrunde der sackähnlichen Bucht von Gaurion
kommt. Beim Durchwandern dieser Täler fällt die Fruchtbarkeit der Insel auf
und obwohl sie vom Meere aus kahl und unbebaut scheint, ist in der Tat
f iou iüi [-0 IIai(uviov] äxf (uxvipiov axaStiu; v'. 'Ako xoö ^) Diaphragma in C. Müllers Geogr. gr. min. I 95 :
äzp(u-CY]p£ou st; [FspataTOv] l"ff'.axa äxfaj azaSionc, 'A;tö [üaiioviGu] xf/; 'Av5p5u S7;i xov AuXräva axccdia
uv'. Es kann nur Kap Peristeri an der Nordwest- an'' Toü AüXtüvo; dianXouj s!; T-^vov axddia tß'.
Seite von Andros sein. Unrichtig wird daher bei Erhard, Die Fauna der Kykladen gibt die Breite
Kiepert, Formae orbis antiqui (neubearheitet von des Kanals auf 5 Seemeilen an. Vgl. auch Brandis,
R. Kiepert) Tafel XII das Kap Paeonium im Norden Mitteilungen über Griechenland 291 ff.
der Insel angesetzt, dem auf der euboeischen Seite ^) Vgl. Stadiasmus § 283 f.
Kap Caphereus (Cavo d' Oro) entspricht. Siehe auch ") Siehe auch die Arealangaben von Streblitiky
die nach Miliarakis und Philippson zusammengestellte und Wisotzky bei Beloch, Die Bevölkerung der
geographische Karte in IG XII 5, Praefatio p. XXXII. griech.-röm. Welt (Histor. Beiträge zur Bevölkerungs-
Für die Entfernung von Geraistos nach Andros s. lehre I 1886) S. 177.
Geyer, Topographie und Geschichte der Insel Euboia *) 'r7iG(iV)iiiaTa Txspi-fpa^ixa xmv KuxXaämv
I III IT. (Quellen und Forschungen zur alten Ge- vr^atov xaxa [lipo;, 'AvSpo;, Kicuj. Athen 1880.
schichte und Geographie von Sieglin, Heft VI). ^) Die Karte Fig. 3 ist Hiller von Gaertringen
*) Es genügt, die unter Caphereus angeführten IG XII 5 Praefatio p. XXXII entnommen.
Stellen im Thesaurus linguae Latinae zu vergleichen.
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3 : Übersichtskarte von Andres.
der ganze Boden fast bis zu den Gipfeln der Berge nutzbar gemacht. Das Ge-
deihen des Getreides, die Baum- und Weinkulturen werden gefördert durch den
Reichtum an Wasser; zwei Bache, die beide bei der Stadt Andros münden,
versiegen auch zur Sommerszeit nicht. Vgl. die früheren Bemerkungen über den
Namen Hydrusa und Dr. Erhard, Die Fauna der Kykladen, S. 5. Dai3 Andros
sehr reich an Metallen ist, hat Moschonisios in seiner oben erwähnten Schrift
gezeigt. Was die Einwohnerzahl des alten Andros betrifft, so wollen wir uns nicht
auf unsichere Berechnungen einlassen, sondern können nur so viel sagen, daß
Andros, das von Stratao X p. 487 neben Naxos und Faros als ä^ooXoyG; bezeichnet
wird, im Altertum gut bevölkert gewesen sein muß. Am Ende des fünften Jahr-
hunderts V. Chr. dürfte es nach Beloch a. a. O. 181 im Durchschnitte 3000 Bürger,
gooo Seelen bürgerliche Bevölkerung (30, mit Einrechnung der Sklaven 50 auf
jkm'j gezählt haben 1').
Von den Pflanzen, die auf Andros wuchsen und schon bei den Alten ihre
Verwendung in der Medizin fanden, nennt Hippokrates p. 571, 54 ib aTpo'j9-:ov
(sappoaaria officinalis), das an den Gestaden von Andros gedeihe^'). Pedanios
Dioscurides aus Anazarbos spricht in der Arzneimittellehre III 22 über die Aloe:
i-^üzTai ok v.od £v 'Apaßta xat 'Aata xac xtat Tzapoid-alocüaloiQ zönoic, xaE VTjaoig wj ev
'Avopcp Oüv. euxpyjcjTOg ef; Ö7itc|J,6v, Tipos 5s xöÄXt^cjlv xpaujJiaTUV iTziTrfizio<; 'kzla zaxaicAaa-
aop.evr;'"). Wieviel von den bei Anphis, dem Dichter der mittleren Komödie,
genannten Bäumen, Gemüsen und Fischarten auf Rechnung seiner von A. Wilhelm
Ath. Mitt. XV S. 2 1 9 ff. erkannten andrischen Heimat zu setzen ist, bleibt ungewiß ^^).
Überreste der antiken Hauptstadt Andros.
Die antike Hauptstadt Andros lag an der Stelle des heutigen Paläo-
polis (Fig. 61 auf S. 49) ungefähr in der Mitte der Westküste, am Fuße der
Kuwara, des höchsten Berges der InseF). Steile, zum Teil felsige Abhänge
'") Aus der Andria des Terenz scheint deutlich "j Einen oberflächlichen Überblick der jetzigen
hervorzugehen, daß sich die ärmere Bevölkerung von Pflanzendecke auf Andros bietet Dr. Erhard, DieFauna
Andros im Altertum wie auch noch heutzutage der Kykbden im Anhang zum I. Teil der Wirliel-
(vgl. Miliarakis, Hypomn. 56 ff.; Philippson, Beiträge tiere S. 3, 7,9/ ff., Theodor von Heldreich, Die Nutz-
zur Kenntnis der griech. Inselwelt 13) auf Erwerb pflanzen Griechenlands. Für die Fauna von Andros,
ins Ausland begab. Die an sich naheliegende Elin- au^er den ausführlichen obengenannten Abhandlungen
Wanderung nach Athen bezeugen die in Athen ge- noch Fishing, Murray's Handbook Greece I 31 ;
fundenen Grabsteine für Andrier wie IG I 491, Mahaffy, Greek life and thought 146 Anm. 3.
491, 17 (suppl. p. 115), II 2787 — 2790. ') Für die Topogr.aphie von Andros und Gaurion
") Über aTpou9-:a vgl. Hehn, Kulturpflanzen und kamen mir besonders zugute die Vorarbeiten von
Haustiere (6. Aufl.) 241 ff. Ross, Reisen auf den griech. Inseln des ägäischen
'^) Über die Aloe siehe I. Berendes, in dessen Meeres, II 12 ff.; Miliarakis, 'rjio(ivr)|iaxa tü)v
Übersetzung von Ped. Dioscurides aus Anazarbos, KuxXadüJV vi^auiv lio ff. und Philippson, Beitr.äge
Arzneimittellehre in 5 Büchern, 277 Anm. I. zur Kenntnis der griech. Inselwelt, 8 ff
umschließen mit zwei vorspringenden Vorgebirgen, dem Kap Katergo (Fig. 4)
— das seiner Form wegen bezeichnend (xäxepyo =^ Galeere) so genannt ist —
einerseits, dem Kap Dhiakophti (Fig. 5) andererseits eine sanft gebogene Bucht,
an deren Abhängen sich die alte Stadt ausbreitete. Gerade die durch die Lage
4; K.;ip Katergo.
bedingte natürliche Sicherheit des Ortes wird wohl die älteste Ansiedlung an
diesem Platze zur Folge gehabt haben und Ursache dafür gewesen sein, daß
man diese für die Besiedlung wenig Bequemlichkeiten bietende Stelle dem schönen,
von sanfteren Hängen umgebenen Hafen von Gaurion vorgezogen hat. Die Bucht
zwischen den erwähnten beiden Vorgebirgen i.st nur wenig tief und bietet gegen
die Winterstürme geringen Schutz. Erst künstliche Hilfsmittel konnten hier einen
Sauciuc, Ändros. -
10
Hafen schaffen. An dem flachen Strande der Bucht sieht man bei ruhigem Wetter
die Reste eines antiken Hafendammes, der vom Fuße der Kupheoerhebung etwa
140" weit ins Meer hinauszieht und nach einer Knickung von etwa 120° noch 8'"
gegen das Land liin erhalten ist. Die antike Uferlinie hat sich infolge der
Materialablagerungen des von der Kuwära kommenden Rhevma um ein gutes
Stück gegen da> Meer hinaus vorgeschoben, so dai3 das antike Hafenbecken zum
Teil ausgefüllt worden ist.
Was die Topographie der alten Stadt betrifft, so sind wir leider, solange
nicht Ausgrabungen Klarheit schaffen werden, auf die kümmerlichen, über der
5 : Kap Dhiakophti.
Erde befindlichen Reste angewiesen (vgl. die Planskizze Fig. 6). Im wesentlichen
ist wenigstens der Umfang der Stadt einerseits durch die zum Teil noch stehende
Ummauerung, die die hochliegende Akropolis mit dem Meere verband, andererseits
durch die Gräberfunde, deren Lage auf die Stadtgrenzen schließen läßt, gegeben.
Ungefähr 1600" vom Strande, auf einem bis zu 380™ hohen Bergrücken
gelegen, bildet die Akropolis den Höhepunkt der Befestigung (vgl. die Planskizze
Fig. 8). Ihre infolge der fast auf allen .Seiten steil abfallenden Abhänge von Natur
aus sehr sichere Lage wird durch die Ummauerung verstärkt, deren Reste ins-
besondere an der der Kuwära zugewendeten Nordost- und Ostseite, an der ein
Abfall fehlt und wo die Befestigung besonders stark sein mußte, noch deutlich
1 1
PLAN
von
PALAEOPOLIS
(ALTANDROS).
6: Flau des Gebietes der alten Stadt.
zu erkennen sind und ihren Mittelpunkt in einer von den Einheimischen üüpyo?
genannten Bastion haben (Fig". 7). Aus dunkelgrünen Glimmerschieferblöcken
7: Befestigungsturm auf der Akropolis.
von bis zu 2" Länge, die meist wenig sorgfältig gearbeitete horizontale Lager-
flächen zeigen und immer schräg auf seitlichen Anschluß zugehauen sind, isodom
aufgebaut, steht die i bis rs™ dicke Turmmauer an der Südostecke noch bis
zu einer Höhe von
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0 u 5 1D LS ;d ;s 10 js «0 u 50
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um-''
8; Die Akropolis von Andros.
4-40'" aufrecht. Die
Länge der Nord- und
Südseite beträgt 9"°,
die der West- und
Ostseite y5o'". In der
Mitte der östlichen
Seite durchbricht ein
iio™ hohes, Q-go™
breites Fenster ihre
Fläche. Zu bemerken
ist noch die Abarbei-
13
tung, die die Kanten der Nordost- und der Südostecke des Turmes sowohl, als auch
(nur in kleineren Maßen) die Fensterumrahmung aufweisen'-). Die im rechten
Winkel gegeneinander stoßenden
Mauerteile sind falzartig behauen
und zeigen die aus Figur lo er-
sichtliche Form.
Zu beiden Seiten des Turmes
setzt nach Norden (Fig. 9) und nach
Süden je eine Füllmauer an, die
in der unmittelbaren Nähe des-
selben eine Dicke von 3'9o'" hat.
Sie verläuft am Rande des von
Norden nach Süden hinziehenden
langen Hügels. Stellenweise sind
über der Erde an die Stelle der
antiken Mauern moderne, aus
kleinenSteinen gefügte Mäuerchen
getreten, die dem Zug der alten
Befestigung-slinie folgen. Die vom
Turme nach Norden sich er-
streckende Mauer behält diese
Richtung etwa 40™ bei und biegt
dann in einem Bogen gegen Westen um. Auch im weiteren Verlauf gegen das
Meer zu ist sie, wenn auch mit Unterbrechungen, in wesentlichen Teilen erhalten und
läßt sich etwa 750" weit verfolgen. In wiederholten Einsprin-
gungen und Knicken (Fig. 11) verliert sie die ursprünglich
rein westliche Linie und schlägt eine südwestliche Richtung
ein. Auf der weiteren Strecke nach dem Meere zu sind keine
Reste mehr über der Erde vorhanden, doch läßt sich ihr
Verlauf wenigstens vermuten. .Sie wird sich auch in ihrem
weiteren Zuge auf dem Rücken des Abhanges gehalten
haben, der von der Akropolis nach dem Meere zu streicht und
10: Mauereclie in der Kupheo genannten kleinen Erhebung unmittelbar am
9: Stadtmauer von Andros.
^) Dieselbe Bautechnik zeigen auch die vier-
eckigen Türme," die man auf der Nachbarinsel Tenos
findet und deren zwei Ath. Mitt. XX I8g5 S. 397 und
BCH XXVII 1903 S. 258 abgebildet sind. Ähnlich
sind auch die Mauern von Priene (vgl. Wiegand-
Schrader, Priene 39 ff.).
14
Meere endigt. Hier am Kupheo befinden sich Felsbearbeitungen, y.oi-cczo\ir, genannt, die
mit der Mauer in Verbindung gebracht werden könnten. Eine Reihe von ebenfalls
hier in den Fels eingemeißelten Nischen mit rundem oberen Abschluß und massen-
hafte, einfache und schwarzgefir-
nißte Scherben könnten vielleicht
auf ein kleines Heiligtum an dem
hier einst zur Akropolis führenden
Weg hinweisen. Was die südlich
an den Turm der Akropolis an-
schließende Mauer betrifft, so ver-
läuft sie etwa 13" nach Süden,
biegt dann in einem Winkel von
150- gegen das Meer um und
läßt sich noch 34"" weit verfolgen.
In einer Entfernung von 12"",
südöstlich von dem auf der Akro-
polis liegenden Hagios Demetrios-
Kirchlein, bemerkt man noch den
Rest einer Mauerecke. Es muß
dahingestellt bleiben, ob die Akro-
polis von einem eigenen geschlos-
senen Mauerring umgeben war.
Vielleicht könnten die Mauer-
ecke bei B und die geringen Reste
bei A darauf hindeuten. Auf der Akropolis wurden, wie Miliarakis, T-o[ivrj[iaxa
1 1 1 mitteilt, große tönerne Röhren einer Leitung gefunden, die sie mit Wasser
versah. Zahlreiche Ziegelstücke deuten auf eine Besiedelung in späterer Zeit.
1 1 : Stadtmauer von Andros.
1 2 : Granitsarkophag.
13: Giebelstück einer Grabstele.
Von der wohl auch auf der Südseite anzunehmenden, die Akropolis mit
dem Meere verbindenden Mauer ist über der Erde keinerlei Rest vorhanden.
Doch ist ihr Lauf durch hier an der Südseite beobachtete Grabfunde einigermaßen
15
gegeben. So fand man aut dem Grundstück des J. Kuluris einen 2'25™ langen,
0-85 " breiten Granitsarliopliag mit der aus Fig. 12 ersichtlichen Verzierung^),
bei A. Kurulis den giebelförmigen Abschluß einer Grabstele aus weißem Marmor
14: Terrassenmauer.
mit Giebel- und Seitenakroterien (Fig. 13). Auf dem Grundstück des D. Stylianos
fanden sich nach den Angaben des Besitzers um die dort befindliche Terrassen-
mauer herum eine Reihe von (nach den Beigaben, kleinen Fläschchen aus Glas
und Ton) offenbar römischen Gräbern, zu denen noch die dort umherliegenden
Sarkophagfragmente gehören. Bemerkenswerter als diese letzteren Grabfunde
— man findet solche in römischer Zeit auch innerhalb der Stadtmauer — ist die
auf einem benachbarten Grundstück des D. Stylianos sichtbare, xaxaTOiii^ genannte
Abarbeitung einer dort vorhandenen Felswand sowie die unweit von dieser be-
findliche, in südöstlicher Richtung laufende, noch 3-35" hochstehende gut gebaute
^) Der Sarkophag steckt noch etwa zur Hälfte scher Zeit stammende tönerne Salbgefäße und tönerne
in der Erde, so daß ich die Höhe nicht angeben kann. Larapen gefunden worden, die sich jetzt in Privat-
Hier sind vor zwei Jahren auch einige aus römi- besitz befinden.
Torso eines Löwen.
i6
Bastion mit scharf abgearbeiteten Kanten und mit daran anschließender, noch
40°^ weit fortlaufender Mauer. Etwa 30" südlich derselben wird durch eine 22™
lange, mit zwei Vorsprüngen (von s'go™ beziehungsweise 375 '° Breite) versehene,
nach Norden umbiegende Mauer (Fig. 14) eine breite Terrasse gebildet, die mit
der Katatomi als Hintergrund wohl geeignet
war, als Grabbezirk zu dienen. Auf die letztere
Bestimmung weist ein an Ort und Stelle befind-
licher großer, rechteckiger Felsblock, der auf
seiner Oberfläche zwei 0'03™ tiefe, kreisförmige
Einarbeitungen mit einem Durchmesser von
o'26"' und dahinter eine n förmige, ebenso tiefe
Einarbeitung" trägt (Fig. 16), die die Vermutung
nahelegen, daß der Block als Basis für ein ädi-
kulaförmiges Grabmal gedient hat*). Für die An-
nahme, daß hier Gräber gelegen haben, spricht
auch der Fund des Torso eines Löwen (Fig. 15, o-88'" hoch, 1-33" breit), der halb
vergraben auf einer Terrasse des Grundstückes des D. Stylianos, das nach ihm
Leondari genannt wird, lag und von mir freigelegt wurde. Auch der nun fehlende
Vorderkopf und die Füße sollen vor Jahren an dieser Stelle gefunden worden
^ ,„ sein, sind aber nun verloren gegangen, ebenso fehlt
der Schweif Das Erhaltene ist stark bestoßen. Die
Mähne ist schematisch in drei Reihen von plumpen
Zotteln gegliedert, die wie Kränze um den Hals
des Löwen gelegt sind. Die Formen des schmäch-
tigen, hundeartigen Körpers sind ziemlich flach, die
Muskeln wenig nachdrücklich angegeben. Der er-
haltene geringe Rest der rechten Vorderpranke zeigt,
daß sie erhoben war und sich vielleicht auf irgend
einen Gegenstand stützte. Der Löwe gehört seiner Arbeit nach wohl noch dem
vierten Jahrhundert an und hat seine nächste Analogie in dem attischen Löwen im
Berliner Museum Inv.-Nr. 1542^). Er mag wohl als Akroterion eines Grab-
bezirkes verwendet worden sein").
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16: Basis eines Grabdenkmals.
^) .Siehe das Grabmal der Messenier bei Brück- v. Stradonitz, Die griech. Skulptur IT. Aufl. 256.
ner, Der Friedhof am Eridanos bei der Hagia Triada ^) Brückner, Der Friedhof am Eridanos 79 ff.
zu Athen 100. Vgl. auch den Grabbezirk des Lysimachides von
5) Arch. Anzeiger VIII 1893 S. 73 ff.; Kekule Acharnai, ebenda 83.
17
Entsprechend ist auch auf der Nordseite eine Friedhofanlage zu erwähnen,
die au(3erhalb der Stadtmauer, in der Umgebung des dem D. Philippidis gehörigen
Häuschens nachzuweisen und der Art und Weise der Gräber wegen sehr
bezeichnend ist. Es sind in sonst unbearbeitete Felsblöcke etwa 2"' lange,
075" breite, 045™ tiefe Höhlungen zur Aufnahme der Leichname eingeschnitten.
Dann lag hier auf dem „Spiridu" genannten Grundstücke des J. Stylianos fast völlig
verschüttet ein i'8i™ hohes, 0-96 breites Grabrelief (Fig. 17), vielleicht identisch
mit einem von Buchon, Voyage 222 genannten Relief. Eine Frau (en face, 1. Stand-,
r. Spielbein) in einem langen, feinfaltigen, hoch-
gegürteten Chiton, der bis auf die mit Sandalen
bekleideten Füße herabreicht, und einem Mantel
darüber, der, über der linken Schulter beginnend,
unter der rechten Achsel durchgeschwungen
von der nun fehlenden rechten Hand gehalten
worden ist. Der rechte Unterarm war besonders
gearbeitet, am Stumpfe des Oberarmes sitzt ein
Bohrloch. Die Bewegung des linken Armes ist
nicht klar. Auch der Kopf war gesondert ge-
arbeitet und in eine Vertiefung zwischen den
Schultern eingelassen. Zur Rechten der Frau ist
eine ebenfalls weibliche Figur auf das rechte
Knie gesunken, ähnlich wie auf der Ameinokleia-
Stele (Conze, Att. Grabreliefs n. 901, T. 177). Die
Kniende trägt den einfachen gegürteten Chiton
der Dienerin und ist anscheinend mit der Klei-
dung der Herrin beschäftigt. Ihr erhobener
rechter Arm ist noch zum Teil erhalten, von der linken Hand sitzt noch ein
Bruchrest in der Gegend des linken Knies der Herrin.
Der Arbeit nach mag das Relief vielleicht noch dem Ende des 4. oder
bereits dem 3. Jahrhundert zuzuweisen sein. Auch von dem Grabbezirk, dem es einst
angehört haben dürfte, sind noch Reste vorhanden, ein großer im übrigen un-
bearbeiteter Glimmerschieferblock, der sieben Einarbeitungen für größere und
kleinere Stelen sowie für einen Naiskos trägt, dessen Maße mit denen des Reliefs
genau übereinstimmen. Um den großen Block als Mittelpunkt — der hier den
Unterbau der Grabbezirke des Eridanosfriedhofes') vertritt — werden die Leichen
'') Brückner a. a. O. 48; Pagenstecher, Unteritalische Grabdenkmäler 118 ff.
Sauciuc, Andros. 3
17: Grabrelief.
i8
bestattet worden sein. Ebenda
fand sich ein weiteres Relief-
fragment (o'6o5'" hoch, o'235"'
breit, o-i6'" dick, links Rand
und eine 0-07 5 '"breite Leiste).
Erhalten ist darauf nur ein
Teil einer linken Hand, die
einen unkenntlichen Gegen-
stand hält.
Innerhalb des Stadtge-
bietes sind wir im wesentli-
chen auf bloße Mutmaßungen
angewie.sen, doch läßt hier
die Formation des Geländes
einige Schlüsse zu. Das Stadt-
gebiet erstreckt sich großen-
teils über die steilen Ab-
hänge der Kuwära und nur
durch die Erbauung von Ter-
rassenmauern war es mög-
lich, ebene, zur Bewohnung
geeignete Plätze zu schaffen.
Über den ganzen Abhang zer-
streut finden sich noch zahl-
reiche Reste von solchen, die
von den Einheimischen eben-
so wie die Grundstücke, auf
denen sie liegen, als xö 'EXXrj-
vt)t6 bezeichnet werden. Hier
mögen gleich die Reste von
Terrassenmauern, die an dem von der Akropolis an dem Friedhof vorbeiführenden
Wege sowohl ein wenig ober- als auch unterhalb des Friedhofes liegen, Er-
wähnung finden, ebenso die rechts vom Wege auf den Grundstücken des A. Stylia-
nos und D. Zervos befindlichen langen, bis 3"5o™ hohen Mauern.
Im ganzen Stadtgebiet findet sich nur in der Niederung gegen das Meer
zu eine größere, annähernd ebene Fläche. Hier haben wir den natürlichen
i>ic^
r
18: Die „Porta"
19
Mittelpunkt der Stadt zu suchen und in der Tat gfeben die g"erade hier und an
den Abhängen nächst der Niederung besonders zahlreich auftretenden Architektur-
und Skulpturreste hiefür eine Bestätigung. Leider sind die ersteren samt und
sonders so wenig bezeichnend, daß sie keine näheren Schlüsse zulassen, und es
sollen daher nur die wichtigsten unter ihnen Erwähnung finden, ebenso wie
auch die Beschreibung von Skulpturresten nur das einigermaßen Bezeichnende
geben will. Der einzige noch aufrecht über der Erde stehende Rest des Ober-
baues eines Gebäudes ist die zwischen den Häusern des A. Manalis und D. Zervos
liegende sogenannte „Porta" (Fig. i8), ein 2' 13™ breites Tor, das aus zwei 3"i5™
hohen, o"33"' breiten und 0-84"' dicken Türpfosten aus Glimmerschiefer und aus
dem Türsturz gebildet ist. Letzterer besteht aus einem ganz von Epheu um-
wachsenen Block. Als Schwelle dient ein einziger 4'io™ langer, i'48'" breiter,
0-47 "' dicker Glimmerschieferblock und o'2o'" tiefer liegt ein zweiter Block, der
330™ lang, I '" breit und o-4o'" dick ist. Auf dem südlichen Pfeiler der Porta sitzt
o'2i"' vom unteren Ende eine Werkbosse, oiö" lang, o'i4'" breit, 004™ hoch.
Ob diese Porta zu einem Tempel gehört, wie dies Miliarakis, T7to[xvfj(j,ata 1 1 1 be-
hauptet, läßt sich ohne eine Grabung nicht erweisen*). Rechts von dem durch die
Porta gehenden Wege sieht man neben dem xvq[xix des Andreas Manalis eine
hohe Felswand und in einiger Höhe auf gewachsenem geglätteten Fels zwei
Grenzmarken OP und 0 (IG XII 5, 735). Welchen Bezirk sie begrenzten, muß
dahingestellt bleiben.
Unterhalb der Porta liegt auf dem Grundstücke des D. Zervos die größte
und besterhaltene Terrassenmauer von Andros (Fig. 19). In einer Strecke von
etwa 40'" sieht man eine aus 6 — 8 Reihen von Marmaropetrablöcken ^) zusammen-
gesetzte Mauer, die oberhalb des Rom. Mitt. XXV 19 10 S. 263 ff. veröffent-
lichten Mithrasdenkmales 3 ■30" hoch ist. Die Blöcke dieser Mauer sind sehr
ungleichmäßig gearbeitet, liegen, bald vorspringend, bald zurücktretend, besonders
im westlichen Teil nicht gehörig auf- und nebeneinander. Für die zeitliche Be-
stimmung dieser Mauer ist die auf Septimius Severus und seine beiden Söhne
bezügliche Mithras-Inschrift maßgebend, die auf einem in der untersten noch
sichtbaren Reihe befindlichen Block eingehauen ist; denn dieser Block ist hier
ä) Die verhältnismäßig gute Erhaltung der Porta ^) So bezeichnet man Blöcke, bei denen zwischen
hängt mit einem Aberglauben zusammen, der sich .nn den einzelnen Glimmerschieferschichten dicke Marraor-
die beiden Pfeiler knüpft: In einem stecke Gold, schichten gelagert sind. Sie werden bei Kalo Phello
im andern seien Schlangen. Aus Furclit vor den letz- gebrochen sein, wo alte Marmorbrüche vorhanden
teren hat man sich an keinen der Pfeiler gewagt (Dra- sind,
gatsis, üapvaaaij V 1881 S. 797J.
20
sicher nicht in seiner ursprüng'lichen Lage und Verwendung", weshalb die Mauer
erst nach 202 errichtet sein wird. Sonst hebt sich diese Mauer deutlich durch das
Material und die Größe der dabei verwendeten Steine sowie durch ihre Länge
von den übrigen ab. Die Vermutung liegt nahe, daß wir hier in der Nähe den
ly: Terras.seDmauer.
Mittelpunkt der Stadt mit ihren wichtigsten Gebäuden zu suchen haben, um so
mehr, als hier, wie ich in Paläopolis erfahren habe, eine Reihe von Inschriften
gefunden worden ist. Freilich konnten die Leute nicht bestimmen, für welche
von den Inschriften diese Angabe gilt. Daß auf dieser Terrassenmauer der
Apollotempel anzusetzen sei, wie das Weil (Ath. Mitt. I 1876, S. 235) behauptet,
wird man wohl nicht mehr annehmen dürfen'*"). Eine ähnliche Mauer findet
sich dann 17'" unterhalb der eben beschriebenen gegen das Rhevma zu. Hier
beim Rhevma liegt auf dem Grundstücke des D. Zervos ein dorisches Kapitell
(Durchmesser 0-505 '", mit dem Abakos 0-550"' hoch), das in seinen schönen
archaischen Formen an das Kapitell des Tempels in Aegina erinnert. Es hat
vier Riemen oberhalb des unkannellierten, o-io'" hohen Hypotrachehons. Der
1") Wahrscheinlich denkt Brandis a.a.O. 308 ff. von Tempeln auf der 5. und 6. Terrasse vom Meere
an diese Terrassenraauer, wenn er von Substruktionen aus gerechnet spricht.
21
Echinus ragt ein wenig über den o-i6™ hohen, o'gSs" breiten Abakos (Fig. 20).
Am Rlievma fand ich auch die Topos-Inschriften, die im epigraphischen Anhang
unter n. 1 1 und 1 2 veröffentlicht sind. Da diese uns das Vorhandensein eines
Gymnasions bezeugen und für letzteres die Nähe eines Flusses oder einer Quelle
bevorzugt wurde (Öhler bei Pauly-Wi.ssowa RE VII 201 1), werden wir das Gym-
nasien längs des Rhevma zu suchen haben.
Jenseits des Rhevma stellte ich auf dem Grundstück des J. Valmas, genannt
„Tendes", eine noch bis zu 2'5'" aufrecht stehende, zweimal abbiegende Mauer fest,
die, meist aus dem gleichen Material wie die große D. Zervos-Mauer bestehend,
wohl ebenfalls als Terrassenmauer aufzufassen ist. Die auf den yxp£[xvot xoO Mocp-q
sichtbaren Glimmerschieferblöcke, sowie eine 19'" lange, bis 5'5"' hohe Mauer auf
dem geg-en das Meer zu liegenden Grundstück „Xydhi" gehören ihrer flüchtigen
Arbeit und dem ver.schiedenen Material nach wohl
einer ganz späten Zeit an. In alte Zeit führt uns
hingegen eine Mauer, die auf der am Eingang
der Niederung am Meere befindlichen, „Turlo"
genannten Erhöhung gleich der Akropolisbefesti-
gung aus Glimmerschieferblöcken erbaut und
am Nordwestende des Hügels auf eine Länge
,,, , . . TT-1 m ■ 1 .1 20: Dorisches Kapitell.
von 31"" und m emer Hohe von yy^ sichtbar
ist. Auf der Südostseite des Hügels geht in der Richtung NO-SW eine 44™ lange
bis 4" hohe Mauer von gleichem Material und gleicher Technik wie die D. Zervos-
Mauer ab. Hinter derselben ist eine muldenförmige, von den Einheimischen Lakoma
genannte Einsenkung sichtbar, in der vielleicht das Theater anzusetzen sein wird.
Südlich davon befindet sich auf einer höheren Terrasse das Haus des G. Kuluris,
in dessen Mauern eine Menge von Gebälkstücken mit Klammern und Bleiverguß
eingemauert sind. Das Haus ist anscheinend auf dem Fundament eines alten Baues
errichtet, von dem vor der Eingangstür auf eine Strecke von 4"5'" einige in situ
befindliche, mit U-förmigen Klammern verbundene Quadern sichtbar sind. Daneben
befindet sich auch der Rest eines späteren, mit Mörtel g'emauerten Gebäudes.
Gegen das Nordende der Strandniederung zu befindet sich auf dem Grund-
stück des D. Philippidis die Stelle, wo neben einem Grabe im Jahre 1833 die
bekannte Statue des Hermes sowie eine Frauenfigur gefunden worden sind''). Unweit
davon liegen auf der Ostseite der kleinen Niederung am Meere viele Architektur-
stücke, die Ross II 20 dem Tempel der Athena Tauropolos, die nach der Legende
'') In der Nähe ist ein 05"^ hohes Fragment einer männlichen Gewandstatue zu sehen.
22
Dorisches Kapitell.
c
b
bei Suidas nahe am Meere ihr in sehr alte Zeit hinaufreichendes Heiligtum gehabt
haben soll, zuweisen möchte. An dem Kamara genannten Grundstücke des
D. Lukrezis, wo aus antiken Steinen (IG XII 5, 758 ist auch dabei) eine Kelter
zusammengesetzt ist, konnte ich von den Architekturstücken mit Inschriften nur
einen Block sehen. Es ist ein Architravstück, seitlich
durch Anathyrose auf Anschluß zugerichtet, oben mit
einer 095™ breiten Leiste, die den kursiven Buchstaben
€ trägt (IG XII 5, 747 b), versehen. Unweit sah Pernice,
Ath. Mitt. XVIII 1893 S. 90 auch den Block mit der
Inschrift 747 a. Beide Steine werden den Architrav
eines den Buchstabenformen nach aus der Kaiserzeit stammenden großen Monu-
mentes gebildet haben. Dann sind dort noch drei monolithe Säulen aus bläulichem
Marmor vorhanden (der untere Durchmesser Q'^b"^, der obere 0-47 ™, ihre Höhe
3'82"", 379'" und 3"79'")) unten mit einem runden Dübelloch versehen, die einem
Baue der römischen Zeit angehören. Eine kleinere Säule
von 2'69'" Höhe mit am oberen und unteren Ende gleich
großem Durchmesser (0-3 2"') liegt daneben. Dann liegt
hier ein dorisches Kapitell aus weißem Marmor (Fig. 21).
Über dem unkannelierten, 0-09™ hohen Hypotrachelion
sind 3 Riemen angegeben. Ferner ist hier eingemauert
ein Epistylblock mit 2 Faszien, dann ein o"20™ langes,
o'ii"' breites, 0'i4"' hohes ionisches Geisonstück, rechts auf Anschluß gearbeitet.
In einer Feldmauer bei demselben Grundstück steckt ein Marmorblock mit den im
epigr. Anhang n. 14 angeführten Buchstaben. In dem Häuschen neben dem
Grundstücke des D. Lukrezis sind mehrere antike Reste eingemauert: ein Stück
aus weißem Marmor mit dem Buchstaben
Alpha (siehe epigr. Anhang n. 18); eine
ionische Basis mit Plinthe aus einem Stück
weißlichgrauen Marmors (Fig. 22); daneben
ein Stück einer profilierten Basis aus weißem
Marmor, ferner der obere Teil einer unkan-
nelierten Säule aus weißem Marmor, deren o'i6" hohes Hypotrachelion sich durch
einen Rundstab abhebt und einen Anthemienschmuck von später Arbeit trägt.
Neben dem Grundstücke des D. Lukrezis ist in einem .Stall (Kamara) ein Epistyl-
block (Fig. 23) mit dreireihigem entarteten Eierstab eingemauert; Motiv und
Arbeit weisen uns in die byzantinische Zeit. Ebenda befindet sich auch ein Marmor-
22. Ionische Basis.
mwswäsm»mm%9%m»mk
33333
23: Byzantinischer Epistylblocl;.
23
stück mit einem geschwungenen Profil, das, seitlich mit Anathyrose versehen,
Fuß oder Deckplatte eines Sockels gebildet haben mag (Fig. 24), ferner zwei
o"34™ hohe, o'igs™ dicke, 0485'° breite Bankfüi3e von der üblichen Form (Fig. 25),
24: Profilierle Platte.
Bankfuß.
mit einer Einarbeitung von o'04'" für die Sitzplatte. Mit der verlorenen rückwär-
tigen Verbindungsplatte waren beide Füße durch doppeltauförmige Klammern
verbunden. In der Nähe des Grundstückes des D. Lu-
krezis ist neben der Inschrift IG XII 5, 756 noch ein
stark bestoßenes, korinthi-sches Dreiviertelkapitell zu
nennen, das an den Seiten je eine menschliche Figur
mit Flügeln und Schlangenleib in flachem Relief zeigt.
Von wichtigeren Architekturstücken, die im
nördlichen und oberen Teil von Paläopolis zu sehen
sind, seien noch folgende angeführt. Bei der Eleusa-
kirche, die außerhalb der antiken Ummauerung liegt, wo IG XII 5, 781, 782, 785
sich befinden, ist über der Eingangstür ein 2'" langer, 0-33™ dicker Türsturz
;6: Gesimsplatte.
0,2G0
« 0,172 >
ö
M
27 a: Triglyphengebälk.
27 t: Triglyphengebälk.
angebracht, der an der Seite Profilierung und an der Unterseite im Abstände
von 0-045'" zueinander im rechten Winkel stehende, 0-02 '" tiefe Dübellöcher zeigt.
Er wird in römischer Zeit als Basis gedient haben.
Im Hause des Konstantinos Lukrezis dient ein weißer Marmorblock (Fig. 26)
mit angearbeitetem seitlichen Wulst (Fußgesims einer Wand?) als Stufe. Bei
24
28 : Grabsirene.
demselben Lukrezis sind eine stark beschädigte Kapitellvolute sowie eingemauerte
Teile eines dorischen Gebälks (Fig. z-j ab) aus grobkörnigem Inselmarmor zu sehen,
das eine bestehend aus Architrav, Triglyph und
Metope, auf letzterer in flachem Relief ein Dreifuß,
auf dessen Henkel ein runder Reif aufliegt'^). Das
zweite Stück zeigt nebst Architrav eine Metope,
umgeben links von einem halben und rechts von
einem ganzen Triglyph. K\ii der Metope ist ein Bu-
kranion dargestellt. Die Stücke zeig'en an den beiden
Seiten Stoöflächen. Der kleine Bau, von dem sie stammen, könnte ein Altar,
etwa des auf Andros besonders verehrten Dionysos gewesen sein'^); die gute
Arbeit erlaubt bis ins vierte Jahrhundert v. Chr. hinauf-
zugehen. Einige .Schritte unterhalb des Hauses des
K. Lukrezis liegt in der Umfassungsmauer neben dem
Hause des M. Mydrinos der den Bezirk des Zeus Meilichios
abgrenzende Stein mit der Inschrift IG XII 5, 727 (S. 116).
Von den zahlreichen
von mir im Stadtgebie-
te notierten und bisher
noch nicht erwähnten,
mehr oder minder übel
zugerichteten Skulptur-
resten sollen hier nur
einige der besser er-
haltenen Erwähnung
finden: auf dem Grund-
stücke des D. Zervos der
stark fragmentierte Tor-
so einer aus weißem Mar-
mor gefertigten Grab-
sirene (Fig. 28, 0-76 '" breit, 1-052™ hoch)'*); auf dem Acker der I. Baru Hegt das
o-8o'" hohe Fragment eines bekleideten weiblichen Oberkörpers, auf dem Grund-
2g: Unterteil einer weiblichen
Gewandstatue.
30: Unterteil einer wl-iIj
liehen Gewandstatue.
'-) Über die Form der Dreifüße s. Reisch, Griech.
Weihgeschenke (Abh. arch.-epigr. Sem. Wien VIII)
67 ff.
*^) Pagenstecher, Unteritalische Grabdenkmäler
104. Vgl. dazu den neuen Altar von Garitsa, ein
ähnliches Gebälkstück in Elis, auf das mich O. "Walter
aufmerksam macht, sowie den Fries vom Theater in
Delos ebenfalls mit Bukranien und Dreifiilen (Fritsch,
Delos 44 Abb. 13).
'*) Vgl. Collignon, Les statues funeraires dans
l'art gr. 76 ff. 214 ff. ; Pervanoglu, Die Grabsteine der
alten Griechen 79 ff.; Versakis, 'Apx-'E:fifi(i. igil.S. ig2.
25
3 1 : Triglyphon.
stück des I. Valmas der untere Teil einer weiblichen Gewandstatue (Fig. 29,
0-65"' hoch, 0-30'" breit) ^*), auf dem desD. Philippidis ein 0-50'" hohes Fragment einer
männlichen Gewandstatue; im Hause des A. Zervos ist der ^^^,
untere Teil einer weiblichen Gewandstatue aus Inselmarmor
eingemauert (Fig. 30). Diese bereits von Weil, Ath. Mitt.
I 1876, S. 241 erwähnte Statue ist von den Hüften abwärts
erhalten, mißt zus3,mmen mit der o-oö"^ hohen Plinthe i-i3'"
und ist in bis auf den Boden herabreichenden Chiton und
auf der linken Seite herabhängenden Mantel gekleidet.
R. Stand-, 1. Spielbein. In demselben Hause ist über der
Türe über einem späten korinthischen Kapitell ein o'i8'"
hohe.s, von den Knien bis zur Hüfte reichendes Fragment
der Statuette eines nackten Knaben eingemauert. Ebendort
befindet sich auch ein rechts abgebrochenes Stück eines Triglyphons aus weißem
Marmor (Fig. 31). In der Nähe des erwähnten Hauses liegt hart am Meere ein
085'" hoher, männlicher Torso
-rSv-T'-,. ^,^^ guter Arbeit (Fig. 32 ab)\
Kopf, Hals, Arme und Beine
von den Hüften an fehlen. Die
,; muskulöse Gestalt ist nackt
/' bis auf ein Mäntelchen auf
,# /
■' ' der linken Schulter; die linke
Schulter scheint niedriger zu
stehen als die rechte. Dieser
Umstand sowie die eigenar-
'\ tige Wölbung des gut gear-
^ / beiteten Rückens sprechen
'^ dafür, daß die Figur auf dem
->^^ linken Beine ruhte. Der Kopf
2,2 ab: Wännlicher Torso. scheint nach links gesenkt
'^) In derselben Gegend soll nach der Angabe
meines Begleiters, des Paredros K. Lukrezis vor
Jahren der Kopf einer Frauenstatue gefunden und
um 500 Dr. verkauft worden sein. Wohin der Kopf
kam, konnte mir der Genannte nicht angeben. Ob
es sich um den jetzt in den Uönigl. Museen zu Berlin
(Beschr. der antiken Skulpturen 752) befindlichen,
Sauciuc, Andres.
0"3!;™ hohen Kopf aus grobkörnigem Marmor handelt,
der bei Furtwängler. .Sammlung Sabouroff XL ab-
gebildet ist, läßt sich nicht ermitteln. Daß letzterer
nicht, wie Furtwängler vermutet hat, zu der mit dem
sogenannten Hermes von Andres zusammen gefun-
denen kopflosen Frauenstatue des Athener National-
museums gehört, hat sich auf Grund eines mir von
26
gewesen zu sein. Der Torso dürfte wohl der
hellenistischen Zeit angehören; die Statue des
C. Offelius Perus (BCH 1881 T. XII; Fritsch, Delos
56 f.) scheint ihm stilistisch nahezustehen.
Im Hause des N. Kassidonis ist rechts von
der Inschrift IG XII 5, 738 ein Stück eines Re-
liefs eingemauert (rechts und links abgebrochen,
0-927'" hoch, 0-47 "' breit, Fig. a): Eros, nackt
l)is auf den zu beiden Seiten der linken Schulter
frei herabhängenden Mantel '''), in einem Typus,
wie er durch die hellenistische Kunst geschaffen
wurde und sich in der griechischen und römischen
Zeit sehr oft findet. Der Eros schreitet nach
rechts; der Kopf mit dem langen, lockigen Haar
ist ebenfalls nach rechts gewendet und der Blick
emporgerichtet; erhoben ist auch die linke Hand,
während die Rechte eine nach unten gesenkte
Fackel, ein beliebtes Symbol des verlöschenden
Lebens und ein Hauptattribut des späteren Eros-
Thanatos, hält. Das Bruchstück wird wohl einem
Sarkophag angehören, wie wir sie in der römi-
schen Kaiserzeit häufig finden '"). Man erinnere
sich nur an den Sarkophag im Athener National-
museum Nr. 1187, bei dem die Eroten der beiden
Schmalseiten, auch in den Maßen, mit denen des andrischen Bruchstückes über-
einstimmen.
Im Hause des K. Lukrezis ist neben dem sehr verstoßenen Rest einer
Pfeilerfigur (Lockenkopf vor viereckigem Pfeiler) ein Rest einer bekleideten weib-
lichen Figur (0-54'" hoch, 0-24" breit auf 0-04'" hoher Plinthe) zu verzeichnen.
jf
33: Sarkophagbruchstück
Herrn Direktor Winnefeld gütigst zur Verfügung ge-
stellten Abgusses der Bruchfläche ergeben. Der Kopf
gehört nach CoUignon, Les statues funeraires l8o zu
einer Grabstatue.
") Erwähnt schon bei Miliarakis, Hypomn.
112 und 113.
'^) Furtwängler, Roschers Lexikon der Mytho-
logie I I, 1366 ff.; Altmann, Architektur und Or-
namentik der antiken Sarkophage 5qff.; Strong, Journal
of Hellenic Studies XXVIII igo8, 27 ff.; Kleine
-Schriften von Adolf Furtwängler hg. von Sieveking-
Curtius I 41, 45 f., 49.
2^
34 : Der Hafen von Gaurion.
Sonstige Funde und Reste antiker Niederlassungen.
Als der eigentliche Hafen von Andros galt im Altertum die sackähnliche,
weit in die Insel eindringende Bucht von Gaurion') (Fig. 34), die im nördlichen
Teil der Westküste der Insel gelegen von der antiken Stadt Andros, dem
heutigen Paläopolis, 80 Stadien entfernt^) ist Die Lage der Stadt Gaurion ist
eine sehr günstige. Sie hat einen ausgezeichneten Hafen und liegt an der Mündung
') Xen. Hell. I4, 22; bei Diodor XIII 69 haben
alle Handschriften Käxpiov. Bei Livius XXXI 45
wird der Hafen Gaureleon genannt. Skylax meint im
Periplus mit 'AvSpoj xai Xip.TjV (S. 46 bei C. Müller,
Geogr. gr. min. I) wohl den Hafen von Gaurion.
Dieser ist auch im Stadiasmus maris magni § 283
(C. Müller, Geogr. gr. min. I 500) unter dem ÄiliVjV zu
verstehen. Sicher bedeutet Xi|ivjv den Hafen von
Gaurion bei Dionysios, Sohn des Kalliphon, Descriptio
Graeciae v. 143 (bei C. Müller 243), bei dem wir
'AvSpos TS ■rfiQoc, v.aX xaxi repataxov Xtiirjv lesen.
^) Stadiasmus maris magni § 238 (C. Müller 500):
"ÄTiö "Avdpou sJ; Xi|ieva Faupfou axadfous 71'. Müllers
Erklärung „ab Andro extrema" kann nicht richtig
sein. Daß der Verfasser der obengenannten Schrift, von
-Syros kommend, die Entfernung vom nördlichen
Ende von Andros nach Gaurion angegeben hätte,
ist recht auffallend; denn an das südliche Ende der
Insel bei dem Ausdrucke äTtö "Aväpou zu denken,
läßt die geringe, der Wirklichkeit widersprechende
Angabe der Entfernung von 80 Stadien nicht zu.
Vgl. dann die Angabe über die Entfernung von
4*
28
Gauriun.
eines kleinen, aber sehr fruchtbaren Tales. Im heutigen Gaurion, das im nördlichen
Winkel des Hafens liegt (siehe Fig. 35), sind von der antiken Ansiedelung fast
gar keine Reste zu sehen. Die von den früheren Besuchern gemachten Angaben
stützen sich lediglich auf die ganz unbestimmten und unverläßlichen Angaben
der Einheimischen. Auch sind die geringen Reste, die sie sahen, im Laufe der
Jahre verschleppt worden, so daß von dem antiken Hafenorte nur ganz geringe
Spuren erhalten sind.
An die antike Niederlassung in Gaurion erinnert die Bezeichnung für die
fruchtbaren und wohlbebauten Grundstücke, die die Einheimischen wie in Paläo-
polis jedesmal xb 'EXXrjVtxö') nennen. Auch liegen hier viele Bruchstücke von
Marmor und Ziegeln umher. Am Meere sah ich in dem Hause des Aleko Psomas
Petri rechts vom Eingang den schon von Dragatsis (Ilapvaaijos V 791) erwähnten,
gut erhaltenen Unterteil einer weiblichen Gewandstatue in der für die helleni-
stische Zeit charakteristischen Form*), mit der Plinthe 0-97"' hoch (Fig. 36).
Einige hundert Schritte nördlich vom heutigen Gaurion sah schon Ross am Ufer
des Hafens das sogenannte alte Bad {notlxCov XüiiTf/6v), eine unterirdisch herbei-
Gaurion nach dem nördlichen Vorgebirge der Insel
im Stadiasmus § 283, wo der unsichere Name
üaitüviov füi die Entfernung nicht ins Gewicht fällt,
ebenso die P'ntfernung von demselben Vorgebirge
von Andros nach dem Aulon im Diaphragma (bei
C. Müller a. a. O. I 95). Wenn er nicht die Stadt
Andros, sondern das nördliche Ende der Insel Andros
im Auge gehabt hütte, hätte er sich wahrscheinlich
auch einer andern Ausdrucksweise beflissen. Für
die Entfernung von Paläopolis nach dem Hafen von
Gaurion würde die Angabe im Stadiasmus a. a. O.
annähernd stimmen. Nach Ross II 16 sind es nicht
über 6 — 7 Meilen zur See. Zu Lande erreicht man
Gaurion von Paläopolis aus nach einem recht müh-
samen Weg über die Ausläufer der Kuwara in
annähernd 4 Stunden.
') Vgl. Miliarakis, Hypomn. 115, der sie 'ElXt]'/:-
xciSaj nennt.
') Vgl. die Frauenstatuen aus Thasos, Jahrbuch
XXVII 1912, S. II «■., Abb. 1—4.
29
geleitete Quelle, mit einer gewölbten Decke überbaut, von der noch ein Teil er-
halten war. In dem darangebauten Brunnen waren ein dorisches und ein christliches
Kapitell eingemauert. Nach Miliarakis (115) sollen hier auch ein Mosaikfußboden
und Münzen gefunden worden sein. Nähert man sich von dem modernen Fahrweg
dem TiaXawv Xoutpov, so sieht man an der Nord- und Ostseite Reste einer bis etwa
i" hohen und rs™ dicken, mittels Mörtel errichteten Wand (Fig. 37), die innen
stellenweise Stucküberzug zeigt. Daran schließt sich nach
Osten ein anderer Raum, dessen östliche Wand nach 3'"
durch eine 0-65™ breite, 0-38" vorspringende Mauer eines
Halbrundes von r88™ Durchmesser unterbrochen wird. Die
südliche Seite ist zerstört. Wichtig für die Geschichte dieses
antiken Bades ist eine Inschrift, die sich bis vor kurzem
im Demarcheion befand und jetzt ins Schulgebäude ge-
bracht wurde (Epigr. Anhang n. 21). Sie wurde, wie mir
Dr. Nik. Katsiotis in Gaurion mitzuteilen die Freundlichkeit
hatte, bei jenem Lutron gefunden und besagt, daß ein Dio-
genes das alte Bad völlig neu herstellte. Wann der römische
Neubau, dessen Reste wir vorhin anführten, stattgefunden
hat, läßt sich nicht genau ermitteln. Die Schrift gibt keine
sicheren Anhaltspunkte. Auf Grund der Orthographie des
lateinischen Textes, die allzu oft den mit der lateinischen
Sprache wenig vertrauten Griechen verrät, möchte ich die Inschrift und damit
auch den römischen Umbau in den Anfang der römischen Herrschaft auf Andros
setzen. Auf dem Grundstücke des riavvouXt'orjS sah Miliarakis (Hypomn. 1 1 5) neben
der Kirche Hagios Petros ein dorisches Kapitell. Zu beiden Seiten der Kirche
liegen zwei riy"' hohe Granitsäulen und hinter derselben eine i"74'" lange,
0-31"' breite, o' 20" dicke Marmorbasis, die eine aus mehreren Trochili und Tori
bestehende Profilierung zeigt.
Dreiviertel Stunden vom Orte Gaurion steht bei Hagios Petros ein großer,
runder, ungefähr 20'" hoher, aus Quadern erbauter Turm (Fig. 38), der sich
nach oben verjüngt und an der Basis einen inneren Durchmesser von 6™ hat^).
Auf der Südseite glaube ich Spuren einer zum Turm führenden Rampe zu er-
kennen. Dagegen konnte ich von den Mauern des Burghofes, von denen Ross 14
36: Unterteil einer weib-
lichen Gewandstatue.
^) Ross II 12; Chipiez bei Daremberg-Saglio, Voyage 224 ff.; Fiedler, Reisen durch Griechenland
Dictionnaire des antiquites II 1034; Miliarakis, II 235 f. T IV; Chr. Dragatsis, Parnasses V 1881,
Hypomn. 116 ff.; Beut, The Cyclade.s 301; Ruchon, 793 und 864 iT.
30
»'* *•
37 : IlaXaiöv Äouxfdv in Gaurion.
geringe Reste gesehen hat, zu der Zeit, wo das Getreide auf den Äckern stand,
nichts bemerken. Die Rampe führt zu einer r25™ hohen, ri6'" breiten Öffnung
(Fig. 39), die, für eine gewöhnliche Tür zu niedrig, umrahmt ist von zwei
2' 18°' breiten Pfeilern, dem Türsturze, der aus zwei 2'85'" langen und o'S 5™ dicken
Steinen gebildet ist, und der jetzt sehr abgetretenen Türschwelle. Zu beiden Seiten
der Tür sieht man an der Außenwand je einen 0'25'" breiten, o'o8'" tiefen Streifen
eingehauen, der nicht ganz bis an die Oberkante der Turmmauer hinaufreicht, und
diesen entsprechend, auf der gegenüberliegenden Seite in der ganzen Höhe des
Turmes zwei schmälere (ot6™ breite und 0-05 ™ tiefe) streifenförmige Einarbeitungen,
in denen nach Miliarakis 122 (vgl. Dragatsis 880) zur Stütze der Zinnen und
anderer Verteidigungsmittel Balken gestanden haben sollen, was nicht sehr wahr-
scheinlich ist.
Im Innern ist die Wand mit kleineren Steinen verkleidet. In der Höhe von
3'6o'" bilden die ein wenig überragenden Steine eine Art Gewölbe, das oben
durch höchstens 6 große Platten, die jetzt durchgebrochen sind, abgeschlossen
31
war. In der Mitte dieses Gewölbes nimmt
Dragatsis 876 eine Öffnung an, durch
die das Liclit in den darunter befind-
lichen Raum eingetreten wäre. Hier wird
auch die Verbindung des unteren Teiles
mit dem oberen Teil gewesen sein und
zwar nicht durch eine Öffnung über dem
oben beschriebenen untersten Eingang,
durch die sich mit Mühe ein Mann durch-
zwängen kann"). Diese wird nach Dra-
gatsis 878 nur zum Aufziehen und Her-
unterlassen der Tür gedient haben. 1-48™
über der Tür sind zu beiden Seiten der-
selben zwei 1-26"' große Öffnungen, die
sich auf der Innenseite erweitern, nach
außen aber nach Art der Schießscharten
sich verschmälern. Ein Meter unterhalb
dieser Schießscharten befinden sich im
Innern des Turmes vier o'4i'" hohe, o'i6'"
breite und o"4i'" tiefe Einarbeitungen,
die in einem Abstände von ro2"' voneinander stehen. Ihnen entsprechen an dem
gegenüberliegenden Teil der Wand vier gleiche Einarbeitungen, die nur für die
Aufnahme von Balkenenden gedient haben können. In der Höhe des Gewölbes
setzt an der Innenwand eine Treppe an (Eig. 40), die den Turm hinaufführt und
von der noch bedeutende Reste erhalten sind. Deutlich erkennen konnte ich über
dem Gewölbe noch vier Stockwerke (Ross 13 gibt 5, Dragatsis 878 sogar
sieben Stockwerke an und Droysen a. a. O. 4 Geschosse und ein offenes Stock-
werk) mit größeren und kleineren Öffnungen, die meist nach der Südseite gerichtet
sind und die bald wie eine Tür, bald wie ein größeres Fenster, bald wie Schieß-
scharten aussehen. Oberhalb der Tür des Erdgeschosses sieht man in ent-
sprechenden Abständen noch drei Öffnungen, von denen zwei türähnlich sind.
An der Stelle, wo man die Tür- und Fensteröffnung des vierten Stock-
38: Der Turm von Hagios Petros.
') Hier nimmt Droysen (Heerwesen und Krieg- dem ersten Stockwerke an, während nach ihm für
fiihrung der Griechen, Hermanns Lehrbuch der den Zugang von außen nach dem ersten Stockwerk
griech. Antiquitäten II. Bd. II. Abt. 257 Anm. 1) eine Leiter diente,
den Zugang aus dem Innern des Erdgeschosses nach
32
Werkes erwarten würde, sind die
Steine des Turmes herabg-e-
stürzt — besonders viel Schaden
bat der Sturm an der Ostseite
des Turmes angerichtet — , doch
sieht man noch links davon eine
Art Tür. An einige Öffnungen
waren aui3en einst horizontale
oder vertikale Platten angebracht
und jetzt noch sind an zweien
geringe Reste der horizontalen, an
einer auch eine vertikale Platte
sichtbar'). Sie sehen wie Reste
von „balkonartigen Vorsprüngen"
(Ross 1 3) aus und Droysen be-
trachtet sie als eine Seitenstütze
für eine kleine Galerie, welche
durch zur Tür herausgelegte
Balken gebildet wurde. Auf der
nördlichen Seite, auf der in einer
Höhe von 5*° nur eine schieß-
schartenähnliche Öffnung wie auf
der nordwestlichen zu sehen ist, ragen noch zwei horizontale Platten hervor, ohne
daß hier eine größere Öffnung sichtbar wäre. Die Schießscharten erscheinen links
über den größeren Öffnungen, während rechts nur eine zwischen dem zweiten und
dritten Fenster angebracht ist. Wie der obere Abschluß des Turmes, von dem infolge
der heftigen Winde immer mehr einstürzt, aussah, entzieht sich vollkommen jeder
Vermutung^). Die Schieferquadern sind im unteren Teil des Turmes sehr mächtig
(bis 2™ lang und o-8o'" dick) und werden nach der Höhe zu immer kleiner; die
Quadern des untersten Teiles (bis zur Höhe des Gewölbes) sind zwar ziemlich
regelmäßig gefugt, an der Außenseite aber fast unbehauen. Auf der Meeresseite
ist der dunkelgraue Glimmerschiefer, aus dem der ganze Turm besteht, unter
dem Einfluß der Seeluft ziemlich stark zerfressen.
39: Tür des Turmes von Hagios Petros.
') Siehe auch die Abbildung bei Chipiez in de la Grece Tafel 2 nimmt oben einen Zinnenabschluß
Daremberg-Saglio's Dict. des antiq. II 1034. an, während Droysen eher eine offene Galerie an-
') Le Bas, Voyages en Gr^ce, Architecture, lies setzen möchte.
33
Der Turm liegt auf einer
Höhe, von der aus man einen
guten Ausblick auf das Meer
hat, während nach den übrigen
Seiten die Aussicht durch die
Anhöhen gehindert ist. Auch
der Fahrweg geht hier in größe-
rer Höhe vorbei. Über die Zeit,
aus der dieser Turm stammt,
ist man zu ganz verschiedenen
Resultaten gelangt, doch läßt
sich kaum daran zweifeln, daß
er dem Altertum angehört und
Chipiez geht wohl nicht weit
felil, wenn er ihn in die zweite
Hälfte des vierten Jhs. v. Chr.
datiert.
Leider sind uns auf Andros
zu wenig Reste von guten
griechischen Bauten erhalten,
um sie zum Vergleiche für den
Bau des HagiosPetros -Turmes
heranziehen zu können, doch
kennen wir auf der Nachbar-
insel Tenos neben der Johanneskirche in Smovolon einen runden Turm, der im
oberen Teil modern ist, in seinem gewaltigen Unterbau aber dem andrischen
ganz nahesteht^). In einer höheren Schichte findet sicli im unteren Teil des teni-
schen Turmes ein Block mit der Inschrift Auat{)-£[os] 'AptaxoXoxou xat£cjx£ijx[a£v] '"),
nach deren Buchstabenformen der Bau in hellenistischer Zeit, etwa am Ende des
dritten Jahrhunderts v. Chr. errichtet sein wird. Dieselbe Zeit, wenn nicht eine etwas
frühere, können wir für den Hagios Petros-Turm auf Andros annehmen. Verschieden
sind auch die Meinungen über die ein.stige Bestimmung des Turmes. Fiedler,
Reisen durch Griechenland II 233 fand in seiner Nähe große Schlackenhaufen,
^) Allgebildet Bull. Corr. Hell. XXVII 1903 beh.iuen, isl bei dem Turme von Tenos zur An-
S. 259. Audi die auf Andros übliche Art, die seit- Wendung gelangt,
liehen Anschlußfl.ichen scliief und rechtwinklig zu '") IG XII 5, 2, 955.
Sauciuc, Andros. 5
^o: Inneres des Turmes von Hagios Petros.
34
die von einem alten Bergbau stammen sollen und die auf der Karte Mamais und
Stavlos (Kdpvqc, xfjs VTjaou 'A.v5pou, Andres 1894, i : 52.000) verzeichnet sind, und
Bursian (Geogfi'aphie von Griechenland II 444) glaubt infolgedessen, daß der Turm
diese alten Brauneisenerz-Bergwerke zu schützen hatte''). Philippson, der keine
Spuren der erwähnten Schlacken auffinden konnte, betont auf S. 50 ganz richtig,
daß die Stellen, an denen der Turm von Gaurion und die ähnlichen Türme von
Kea errichtet sind, nicht so günstig gelegen sind, daß sie eine weite Umschau ermög-
lichen würden, um das Herannahen von Feinden zu beobachten. Sie liegen aber in
der Mitte eines fruchtbaren Tales, das von der Stadt nicht zu übersehen ist, ferner
an einer wichtigen Verkehrsstraße, mittwegs zwischen zwei Städten. Es ergeben sich
also zwei Möglichkeiten: „entweder es waren Rückzugsplätze für die Landleute,
die hier abseits des Gesichtskreises der Stadt ihren Arbeiten nachgingen, viel-
leicht auch dort Hütten bewohnten und bei plötzlichen Einfällen der Piraten
leicht von der Stadt abgeschnitten werden konnten, oder aber es waren Grenz-
türme, errichtet zur Verteidigung der beiden Stadtgebiete gegen gegenseitige
freundnachbarliche Überraschungen." Die zweite von Philippson aufgestellte Mög-
lichkeit fallt für die Insel x\ndros fort, da diese, wie uns durch Plinius N. h. IV 65
ausdrücklich bezeugt ist, nur eine einzige Stadt besaß. Der Turm liegt zwischen
zwei Tälern und konnte nur der von Philippson zuerst erwogenen Möglichkeit
dienen: die beiden Täler und deren Bewohner gegen die in liellenistischer Zeit
häufige Seeräuberplage'-) zu schützen. Für einen Zufluchtsturm hält ihn auch
Weil, Athen. Mitt. I 1870 S. 243 und II 1877 S. 62 f
Die Besiedlung von Andros hat sich natürlich nicht allein auf die Hauptstadt
mit ihrem Hafenorte beschränkt; Ansiedelungen wird es auch an anderen Stellen
von Andros gegeben haben, worauf uns gelegentliche Funde, meist Tonscherben
aus guter griechischer Zeit, die von früheren Besuchern an einigen Orten ver-
zeichnet worden sind, hinweisen.
Nordwestlich von Gaurion findet man in Kato-P hello antike Marmor-
brüche (Fig. 42): sichtbar ist eine bis 7-5™ hohe und 10™ breite behauene Wand,
vor der eine größere Anzahl bis- 5"" langer und i '" breiter, viereckiger Pfeiler
und halbfertiger Säulen liegen. Der schieferige Marmor konnte von dem nahen und
guten Hafen von Phello leicht ausgeführt werden und wir finden auch in Paläopolis
einige Baureste, die diesen Marmor aufweisen. Eine Stunde von Gaurion entfernt
")Vgl.Neumann-Partsch,Phys.Geogr.Griecli.233. Zum Schutz gegen die Pir.ilen diente auch der Turm
'-) Weil, Ath. Mitt. II 1877 S. 62 f.; Pridik a. a.O, bei Atjvo auf Myl;onos, abgebildet bei Svoronos, BCH
48ff.:Hiller vonGaertringen,Ath.Mitt.XX 1S95S.395. XVII 1893 S. 491.
35
liegt südlich vom Orte Phello'^) am oberen Wege, der über den Berg Kumäri''*)
von Gaurion nach Kalliwari führt, i^ IleXexrjTi^, ein schon von Fiedler II 218 er-
wähnter i'') antiker Marmorbruch (siehe Fig. 41), in dem noch drei gröf3ere Werk-
stücke und ein unfertig-er Sarkophag vorhanden sind. D?r ins Bläuliche gehende
41 : Marmorbruch „vj IIsXextjtt)"
Marmor, der hier gebrochen wurde, ist, wie Philippson 15 bemerkt, als Bau-
material gut verwendbar und wurde hier viel gebraucht'^). Südlich von Gaurion
sollen, wie Philippson von seinem Führer erfahren hat, noch andere antike Brüche
") Dragatsis 791 schreibt nicht Phello, sondern
Thelö.
") Den Namen hat der Berg nach dem Dorfe,
das auf seiner Südseite liegt. Er heißt auch Stavros,
nach der Kirche, die auf dem Berge liegt.
'^) Siehe auch Miliarakis 115; Dragatsis 791.
'^) Der auf Andros verwendete Marmor ist
meist der grobkörnige einheimische, der in ver-
schiedenen Nuancen von Weiß über Grau bis ins
Bläuliche erscheint. Den weißen Marmor linden wir
in den Baugliedern der guten^griechischen Zeit; in
hellenistischer Zeit treffen wir eine Marmorart, die
viel Quarz eingesprengt enthält und deren Verwen-
dungszeit aus der Inschrift Epigr. Anhang Nr. 5 er-
schlossen werden kann. In römischer und späterer
Zeit finden wir vorherrschend bläulichen Marmor, der
dem hymettischen ähnlich sieht.
36
vorhanden sein. Südöstlich von Phello sind bei Hagios Mathäos nach Miliarakis,
Hypomn. 115 Gräber und tönerne Vasen gefunden worden. An der Nordwestküste
der Insel, Euboea gegenüber, soll, wie Ross 15 ausführt, auf einer Klippe hart
an der Küste ein alter Turm liegen und in derselben Gegend soll auch ein helle-
nischer Wartturm stehen^'). Es kann sich, wie Weil, Ath. Mitt. I 1876 S. 242 ausführt,
nur um das drei Stunden
nördlich von Gaurion an
der schmälsten Stelle des
Canale d'Oro dem Ochage-
birge gegenüberliegende
Kap Pyrgos handeln, das
zum Orte Psoriariza gehört
und auf einer Felsklippe
ein Venezianer - Kastell
trägt'**). Weil hat im Nord-
ost der Insel im heutigen
Varydhi*^"), 2 V2 Stunden von
Gaurion, auf einem „Pyr-
gos" genannten Hügel hin-
ter der Kirche Koinrpic, tfj;
©eotoxou, genannt Panagia
Kumulos, mächtige Blöcke
von Glimmerschiefer gefunden, die er einem Zufluchtsturm zuweist. Doch sind
die erhaltenen Reste so^gering, daß man nicht mit Sicherheit auf einen Turm,
noch viel weniger auf dessen Gestalt schließen kann. Ebensowenig sind die Reste
der Mauer, die sich östlich von der Kirche verfolgen lassen und zb 'EÄAr;vtxö ge-
nannt werden, klar.
Auf der Strecke zwischen Gaurion und dem heutigen Paläopolis sind von
Miliarakis, Hypomn. 115 Spuren von antiken Anlagen gesehen worden. Westlich
von dem Kloster Zwooöy^oz ur^yi^ (oder gewöhnlich Ayta genannt), in dessen Hof Milia-
rakis 1 1 6 die Quelle annehmen möchte, die an dem Feste des Dionysos Wein statt
Wasser gab — hier sah ich neben der Inschrift IG XII 5, 733 nur eine ionische
42: Marmorbrüche von Kato-Phello.
'') Bondelmonle, Lib. Insull. p. 86; Boschini 40; '') Hier befindet sich auch über der Tür der
Pasch van Krienen, Descriz. dell' Arcipelago 99. Kirche KoCp,Tjaij x-^j Bs.oz6v.VJ die Inschrift IG XII
") Nordöstlich davon steht heute das Phanari 5, 730: Ni|i£ai{ xal 'A5pdoT3'.a.
(Phasa) von Andres.
37
Säule (Dragatsis 791) — , hat Ross 14 an der Bucht Tarsanas^") (40 Minuten von
Batsi) geringe antike Ruinen bemerkt: einen kleinen Rest von Gemäuer aus
Schieferplatten, eine große marmorne Türschwelle und in einer Kapelle mehrere
marmorne Pilasterchen. Andere Marmorblöcke blickten aus dem Boden hervor,
die nach Ross zu Grabmälern gehören konnten, und vom Ufer erstreckte sich in
das Meer eine Mauer aus Breccia, die nach Ross künstlichen Ursprungs, vielleicht
das Paviment eines Gebäudes (Badeanstalt?) gewesen ist, aber wohl dem Mittel-
alter angehört.
In der dort befindlichen Kirche des heiligen Kyprianos ist außer verschiedenen
anderen wiederverwendeten antiken Bauresten ein spätes Marmorstück mit dem
Relief einer Lilie und ein byzantinisches Kapitell zu erwähnen.
Auf dem Grundstücke TtayvouA« unterhalb des Klosters Hagia g-egen das
Meer zu erwähnt Miliarakis 114 eine pelasgische Mauer, die ich jedoch ebenso-
wenig ausfindig machen konnte (Buchen 224) wie die von Miliarakis als Tyvrj
ap)(af(j)v aE[xaatiöv ■Jj cjtTjpt'yjiaxa 65oO erklärten Reste einer Mauer, die an dem Wege
zwischen Gaurion und Batsi an der Stelle, die Xylokarydha heißt, liegen sollen
(vgl. Dragatsis 793).
In Bat.si war bis vor einigen Jahren in einem Hause am Strande der Tt)rso
einer archaischen weiblichen Gewandstatue eingemauert, die sich jetzt in der
Glyptothek Ny Carlsberg in Kopenhagen befindet^'). In Aprobatos sah ich in der
Kirche des heiligen Antonios Stücke von Geison und Giebel.
Eine antike Ansiedlung nimmt Miliai^akis 1 14 in Zagora an, da er hier schwarz
gefirnißte Scherben und Marmorstücke vorfand; Reste von alten Mauern sah er
auf dem Rücken der Landzunge von Zagora und auf einem östlich gelegenen
Hügel; leider konnte ich diesen Ort nicht aufsuchen.
Von Kortliiou kam aus der Kirche des heiligen Nikolaos die Inschrift XII
5; 737 (bei Miliarakis 124) ins Museum; auch antike Vasen, Lampen und Münzen
sollen da auf einem 200 Schritt vom Meer entfernten Grundstücke beim Graben
eines Brunnens zum Vorschein gekommen sein. Bei Korthion sind, wie mir mit-
geteilt wurde, von einem Hörer der athenischen Universität eine prähistorische
Lanzenspitze aus Pyritesstein und Scherben gefunden worden.
-") Den Namen Tarsanas („das Arsenal") hat, Zeiten hier Metalle gewonnen worden seien.
wie mir Leonardos Tundas, ein Einheinaischer, sagte, -') Fortegnelseover deantilce Kunstvaerker, Carl
die Bucht deswegen, weil einst hier Fahrzeuge ver- Jakobsen 1907 S. 12 n. 21; Ny Carlsbcrg, Glypto-
fertigt wurden. Oberhalb der Bucht sollen Gräber tele, Billedtavler til Katalo^et over antike Kunst-
gefunden worden sein. Hinter Tarsanas liegt die vaerker 1907 PI. II 21; Rcinach, Rep. stat. IV
Bucht Phurno, die so benannt sein soll, weil in alten 401 n. 8.
38
In Mesathuri in der Nähe des jetzigen Hauptortes von Andres hat Pernice
(Ath. Mitt. XVIII 1893 S. 12) am Hause des Dimitrios Vardaris einen Teil eines
Tischfußes mit leidlich gearbeitetem Pantherkopf (Höhe o-ao"") gesehen (vgl. Dra-
gatsis 786). In dem südöstlich von der jetzigen Stadt Andros gelegenen Dorfs
Menites fließt unterhalb der Kirche Koo'iirjats xf^; ©eoxoxou (genannt Kumulo) eine
sehr starke Quelle, was jedoch in keiner Weise für
die Annahme spricht, daß hier der Tempel des Dio-
nysos gestanden habe^^).
In der Gegend Luria bei der heutigen Hauptstadt
Andros soll in der Kirche des heiligen Eustathios
nach Alfred Schiff, IG XII 5,
764 eine alte unterirdische
Kammer (Grab?) vorhanden
sein.
Der jetzige Hauptort der
Insel, das moderne Andros,
bietet nichts von antiken An-
lagen, und was hier gefunden
wurde, ist sicher aus Paläopo-
lis verschleppt worden.
Eine größere Anzahl von
Fundstücken birgt das Mu-
seum von Andros, welches in
dem von dem „weisen" Theophilos Kairis^^) gegründeten, jetzt als Schulgebäude
benutzten Orphanotrophion untergebracht ist. Sie sind zum Teil bei Miliarakis
a. a. O., Dragatsis a. a. O., Hiller von Gaertringen und Schiff, Jahreshefte VI 1903,
Beiblatt 95 und 96 mit den Figuren 17 — ig, und Bojatzidis, 'Apy. 'Ecp. igi i S. (9 ff. vei--
öffentlicht und stammen offenbar aus Paläopolis, doch fehlen nähere Fundnotizen.
Zu erwähnen sind vor allem Grabsteine, meist von schlechter später
Dutzendarbeit, die auf Andros selbst gearbeitet sein werden. Der in Fig. 43
dargestellte Grabstein aus weißem Marmor, 0-48'" hoch, 0-21'^ breit und oo6'"
dick, mit einem giebelförmigen Abschluß, zeigt im vertieften, rechteckigen
Relieffelde eine sitzende Frauengestalt, vor der ein junger Mann steht. Auf einer
anderen Grabstele aus weißem Marmor, 0-69" hoch. 0-32™ breit und 0-09'" dick
34: Grabstein.
44: Grabstein.
-') Brandis a. a. O. 305 bezeichnet sie als die
Kirche des heiligen Dionysios.
^') Siehe Hiller v. Gaertringen und Schiff, Jahres-
hefte VI Iq03 Beiblatt 95.
39
(Fig". 44), mit Giebel und einem Mittelakroter, sieht man in dem vertieften, oben
bogenförmig abgeschlossenen Reliefgrunde einen verhüllten Mann und zu seiner
Rechten auf einem Postament eine Figur, die stark beschädigt und daher nicht
sicher zu erkennen ist; man wird an eine Herme denken dürfen. Vgl. Pfuhl, Jahr-
buch XX 1905 S. 7 6 ff.
Fig- 45 gibt ein Grabrelief (?) aus weißem grobkörnigen Marmor wieder,
o"44°' hoch, o"42™ breit und o"O05'" dick, oben und unten gebrochen, das aus zwei
Bruchstücken besteht und rechts und links eine 0-025'" breite, an einigen Stellen fast
völlig abgeriebene Leiste hat. Von der darauf befindlichen Darstellung ist nur
der Oberkörper eines Jünglings bis zum Nabel
erhalten. Der Kopf ist größtenteils abgesplittert,
von den frei herabhängenden Armen fehlt der
untere Teil.
Zu einem Grabrelief wird auch ein an-
deres o'235™ hohe.s, o'i4" breites und o-oy"
dickes Fragment eines Reliefs gehört haben.
Es ist auf allen Seiten abgebrochen und hat
nur auf der linken Seite eine o'03 ™ breite
Leiste. In dem vertieften Relieffelde sieht
man eine verhüllte männliche Figur, der
Kopf und die linke Seite fehlen. Die rechte
Hand hängt frei herab, während die Linke
unter dem Gewand an die Brust gepreßt ist.
Eine 0-92"" hohe, 0-38 " breite und o-i2"' dicke Grabstele aus weißem Marmor
mit giebelförmigem Abschluß und drei Akroterien zeigt auf dem vertieften Grunde
die stark bestoßenen Reste zweier Frauen und eines kleinen Kindes. Die Frau
legt beide Hände auf die rechte Schulter der anderen und steht in ungezwungener
Haltung da, indem sie den linken Fuß über ihren rechten stellt. Neben der
rechten Figur steht ein kleines Kind.
Auf einer 0-93™ hohen, 0-37" breiten und 0-15 "" dicken Grabstele aus
weißem Marmor ist ein junger Mann dargestellt, der mit einem kurzen, bis zu
den Knien reichenden Gewände bekleidet ist. Der linke Fuß ist nach rück-
wärts gestellt und berührt mit den Fußspitzen flüchtig den Boden. Seine linke
Hand legt er auf eine links von ihm stehende Gestalt, von der nur ein Stück
Gewand und die Füße sichtbar sind. In der Rechten hält er einen unkenntlichen
Gegenstand.
45 : Brachstück eines Grribsleines.
40
Aut einer o'Sg'" hohen, o-68™ breiten und c/iis" dicken Grabstele aus
weißem Marmor sehen wir eine weibliche Gestalt in nachdenklicher Stellung, den
Kopf auf die rechte Hand gestützt. Links sitzt auf einem mit Greifen verzierten
Sessel eine männliche Gestalt, die in der Rechten eine geöffnete Rolle (ein Hin-
weis auf die Beschäftigung des Mannes) hält. In der Mitte sieht man ein kleines
Kind, wohl ein Mädchen, das sich zum Vater wendet.
Etwas andere Anordnung zeigt eine Grabstele mit Giebel und Akro-
terien, die rii'" hoch, 0-45'" breit und o-i4"' dick ist. Auf dem Mittelakroter
ist später ein Adler mit Doppelkopf eingehauen worden. Seitlich je eine Säule mit
gewundenen Kanneluren. Im vertieften Relieffelde steht
ein verhüllter Mann (Kopf fehlt).
Endlich ist noch ein Stück einer Stele (?) mit ge-
rundetem oberen Abschlu(3
zu nennen, die im Rund-
Cfiebel zwei bärtige Männer
mit fischähnlichem Unterleib
zeigt. In dem Relieffelde
ist nichts mehr zu erkennen.
Hier mögen noch die
Abbildungen (Fig". 46 u. 47)
zweier bereits in IG XII 5
unter 769 und 775 mitge-
teilter Grabreliefs folgen.
Erwähnung müssen hier auch finden die von Hiller von Gaertringen und Schiff
(Jahresh. VI 1903 Beiblatt 95) veröffentlichten drei Grabreliefs, insbesondere das in
Fig. 48 wiederholte Relief (IG XII 5, 790), das so sehr an die Hegeso.stele erinnert
und in der Ausführung alle übrigen andrischen Grabsteine weit hinter sich läßt.
Ebenso ist auch das schöne Nymphenrelief bereits von Bulle (Arndt-Amelung,
Photograph Einzelaufnahmen antiker Skulpturen 1329) besprochen und als solches
erkannt worden ^^).
Das kleine, in Fig. 49 abgebildete Reliefbruchstück ist kürzlich von Bojatzidis
('ApX- '^'-PW- 191 '' 73 "• 12) behandelt und wohl mit Unreclit als Weihung an
Poseidon aufgefaßt worden. Es ist ein links und oben abgebrochenes Fragment
46: Grabstein.
47 : Grabstein.
2<) Vgl. K. \Verind;e bei Röscher, Mytho- 1447, '448 T. LXXII, 1. XXIII und LXXIV,
Ibgiscbes Lexikon 1423; Svoronos, Athener Na- und Röscher, Mythologisches LexiUon III i, 535.
tionalmuseum 442 ff., n. 1443, 1444, 1445. 144''.
41
mit den Resten eines umrahmenden Naiskos. Auf dem oberen Gesims sitzt der
Rest eines Stirnzieg^els. Auf dem Reliefgrunde sehen wir den Oberkörper eines
bärtigen Mannes mit langem, lockigem Haar, der wohl auf einer Kline liegend
dargestellt war. Auf der linken Schulter trägt er ein Mäntelchen, an der rechten
Relief leiste ist anscheinend ein Rest der
linken Hand mit undeutlichem Attribut
vorhanden. Bojatzidis ist zu seiner An-
sicht wohl durch die auf der oberen
Leiste stehende, in Buchstaben des vier-
ten Jahrhunderts geschriebene Inschrift
Swatvews gelangt. Wenn uns nun auch
iSwat'vsui; durch eine Inschrift aus Panti-
kapaion^*) als Beiname des Poseidon
tatsächlich bezeugt ist, so wäre für
eine Weihinschrift an einen Gott der
Nominativ doch ungewöhnlich. Da an-
derseits der Name auch als Personen-
name vorkommt (IG I add. 373, 212 als
Vatersname) und da das Relief in seinem
Typus ganz mit attischen „Totenmahl-
reliefs" übereinstimmt^^), so werden wir
nicht umhin können, auch unser Fragment
als Bruchstück eines solchen Reliefs auf-
zufassen. Daß auf solchen der gelagerte
Mann in der Gesichtsbildung an Hades-
typen angenähert wurde, ist eine be-
kannte Tatsache (Denecken bei Röscher
I 2588). Ebenso ist bei diesen Reliefs, die
vielfach kaum von wirklichen Grabsteinen zu trennen sind, manchmal der Name
des Toten im Nominativ zu finden, wie z. B. auf dem Relief bei Kastriotis,
rXuTtT« xoO eS-vtxoö Mouaetou n. 1522^').
Zu der Längsseite eines Sarkophags gehört vermutlich das in Fig. 50 ab-
gebildete Fragment. Auf einer oben profilierten Platte von weißem Marmor, die
48: Grabstein.
-^) Latyschew, Inscr. or. sept. pont. Eux. II 25; Mythologie 104g Anra. i; vgl. Svoronos, Ath. Na-
Gruppe, Griech. Myth. 1144* u. 1158^. tionalmuseum S. 546 f.; 200 n. 1510, T. 86.
^^) Literatur über diese bei Gruppe, Griech. ") Denecken bei Röscher Myth. Lex. Bd. I, 2589.
Sauciuc, Andres. ^
42
49 : Reliefbruchstück.
50: Sarkophagfragment.
links und im unteren Teile abgebrochen ist, rechts aber Rand zeigt und
0-38'" hoch, 0-40"' breit, 015°' dick ist, sieht man den Kopf eines Eros, der die
Rechte über den Kopf gelegt hat. In der herabhängenden Linken hält der Eros
einen Stab, der gegen das obere,
allein sichtbare Ende eine Ver-
dickung zeigt, das Pedum. Ganz
übereinstimmend ist ein Erote auf
der Längsseite der Sarkophage Nr.
1 18328) und Nr. iiSs"--') im Athener
Nationalmuseum.
Von den Rundskulpturen nenne
ich zunächst einen o'82 "' hohen
männlichen Torso (Fig. 51 ab) aus weißem grobkörnigen Marmor, der in die Reihe
der sogenannten „Apollines" gehört. Kopf und Beine, die oberhalb der Knie
abgebrochen sind, fehlen, ebenso das Glied. Die Schulterbreite beträgt 0-35"'. Von
den Armen sind nur die
Stümpfe erhalten. Die Hän-
de lagen nur sehr leicht an
den Oberschenkeln an, wo
Spuren von ihnen stehen
geblieben sind. Der Torso
zeigt einen überaus schlan-
ken Körper mit langer und
stark eingezogener Taille.
Die Hüften heben sich
deutlich ab. Von den Hüf-
ten ab erscheint der Körper
massiger, der Unterkörper
tritt vor und die Ober-
schenkel sind stark, ohne
daß es der Künstler ver-
standen hätte, die Muskel-
kraft in der Weise zum
Ausdrucke zu bringen, wie 11 ab: Männlicher Torso.
-') Journal of Hell. Studies XXVIII Ic
T. XIX.
-') Abgebildet bei Stais, Marbres et bronces du
Mus(^e National, Nr. 1185 S. 190.
43
52: Bruchstück einer Statue.
z. B. bei der männlichen Figur der Akro-
polis Nr. 665 (Schrader, Arclaaische Marmor-
skulpturen im Akropolismuseum zu Athen
S. 53 ff.). Auch diesmal i.st das linke Bein vor-
gesetzt. Wenn auch die Einzelheiten nicht
gut durchgebildet sind, so merkt man doch
das Bestreben des Künstlers, ihnen gerecht
zu werden. Das Schlüsselbein ist sanft ge-
rundet angegeben. Die Teilung des Brust-
korbes in eine rechte und linke Hälfte ist
durch eine vertikale Linie angedeutet, die
Brust abgeplattet. Der Nabel liegt tief und
ist von einem Kreise umschrieben. Dieser schlanke Typus kommt auf dem
Festlande und auf den Inseln häufig vor^").
Dann verdient das o'^z'" hohe, o'45'" breite und 028'" dicke Stück eines männ-
lichen Oberkörpers genannt zu
werden, das vielleicht noch der
ersten Hälfte des fünften Jahr-
hunderts angehören mag. Man
sieht von dem athletisch gebau-
ten Manne nur den unteren Teil
des Halses, den oberen Teil der
linken Brusthälfte und des lin-
ken Oberarmes (Fig. 52).
Erwähnenswert sind ferner
zwei Statuetten. Die eine, eine
bekleidete, o'2 7'" hohe weibliche
Statuette aus grobkörnigem
wei(3en Marmor (Fig. 53), zu der
ein sehr stark beschädigtes Köpf-
chen aus demselben Marmor ge-
hört, stellt Aphrodite dar in dem
Typus der sogenannten Venus
Genetrix. Von dem erhobenen
rechten Oberarm ist nur ein
ApoUons archaiques", Gent igog.
6*
53:
Statuette der Aphrodite.
'") -Siehe W. Deonna, Les
54:
Statuette der Aphrodite
44
Teil erhalten. Die zweite Statuette (Fig. 54), 0-32'" hoch, auf 0-015"' dicker
Plinthe, stellt ebenfalls Aphrodite dar. An der rechten Hüfte erkennt man die
Spuren der jetzt unten abgebrochenen rechten Hand. Mit dem linken Unterarme
stützt sie sich auf eine, auf einem runden, 006 '" hohen Sockel stehende, o'z i ""
hohe bekleidete Figur, die auf dem Kopfe einen polosförmigen Aufsatz trägt.
Wahrscheinlich ist es das altertümliche Bildnis der Aphrodite (vgl. im Berliner
Museum Nr. 586 und die Aphroditestatuette im Museum auf Korfu). Die Figur
hat einen Mantel, der nur den unteren Teil des Körpers bedeckt und um den
55 ab: Torso einer Arlemisstatuclte.
linken Unterarm hängt. Ihr linker Fuß tritt auf einen 0-04'" großen rundlichen
Gegenstand, wahrscheinlich eine Schildkröte. Ebenda befindet sich das 0-065 "'
hohe, 0-075™ breite und 0-04™ dicke Fragment eines nackten weiblichen Ober-
körpers aus feinem Marmor (Inv.-Nr. 122). Vor den Brüsten eine linke Hand. Zu
diesem Oberkörper wird das 0034" hohe, 0-035'" breite Köpfchen (Inv.-Nr. 87)
aus demselben feinen Marmor gehören. Die Haare desselben sind mit einer
schmalen Binde umbunden und rückwärts in einen Knoten zusammengefaßt^^). Für
die so zusammengesetzte Statuette hätten wir neben anderen eine besonders nahe
Analogie in der Aphrodite der königlichen Museen zu Berlin Nr. 20.
Von Interesse ist der Torso einer Artemisstatuette (0-03"" hoch, Fig. 55 ab).
Kopf, Arme, deren Richtung gegeben ist, und Beine fehlen. Die Göttin ist weit
31) Vgl. das marmorne Aphroditeköpfchen (?) mit Farbspuren in der Antikensammlung zu Dresden (Z. V.478).
45
ausschreitend mit vorgesetztem rechten Fuße dargestellt, trägt einen kurzen Chiton
mit langem Überschlag, über den unter den Brüsten der in eine Doppelschleife
gebundene Gürtel läuft. Auf dem Rücken hat sie den Köcher, dessen Band von
rechts nach links über die Brust geht. Der linke (3berarni ist mit dem Mantel,
einer für den Amazonentypus in
hellenistischer Zeit beliebten Zutat,
behängt. Infolge des lebhaften Vor-
stürmens ist das Gewand an den
Körper gedrückt, dessen Fonnen
unter dem wie naß erscheinenden
Gewände fast wie nackt hervortreten.
Der Chiton bauscht sich rückwärts
fächerförmig auf, so daß seine beiden
Enden zu beiden Seiten der Sta-
tuette erscheinen. Die ganze iVrbeit
unserer Statuette ist recht hart, die
Falten des Gewandes sind sehr mani-
riert und wenig fein ausgearbeitet. Be-
sonders nachlässig ist die Rückseite
ausgeführt, das Faltenmotiv nur ganz
roh und merkwürdig schematisch. Der
Typus unserer Statuette entspricht
fast ganz genau einer in Rom im
Palazzo Rospigliosi befindlichen Ar-
temisfigur (Fig. 56)^^). Bis auf den
bei der römischen Statuette fehlen-
den Mantel ist die Übereinstimmung
vollständig. Im Motiv verwandt ist
auch eine in Wien in der kaiserlichen Sammlung Nr. 356 befindliche Terrakotta-
statuette, die ebenfalls den Mantel aufweist.
Dann sind zwei thronende, o"i2™ hohe, weibliche Gestalten zu erwähnen. Die
eine, die besser erhalten ist und sorgfältigere Arbeit zeigt, trägt einen gegürteten
Chiton und Mantel, der in Falten von der linken Schulter herabhängt. Fig. 57
zeigt uns ein o'3i™ hohes, 0-48 " breites und q-iö"" dickes Fragment vom Ober-
56: Statuette der Artemis im Palazzo Rospigliosi.
'-) Arndt- Amelung, Einzelverkauf 1 12; Matz-Duhn,
Antike Bildwerke in Rom 707; Reinach, Repertoire
II 310 n. 6; Klein, Praxiteles S. 136 A; vgl. auch
den Torso im Museum von Megalopolis.
46
körper einer Frau in faltenreichem Chiton und Mantel. Die rechte Hand hält den
Mantel und ist teilweise von ihm bedeckt. Ferner ist ein kleiner nackter, weib-
licher Torso (Inv.-Nr. 40, 0-095 '" hoch) und eine o-66'" lange, o-33"' breite und
o'og'" hohe Plinthe, die o'iS™ lange, 01 1'" breite, mit Sandalen bekleidete Füße
trägt, zu nennen. Sie gehören zu einer vStatue der rö-
- mischen Zeit. Unter den wenigen Bronzestücken ist nur
),' eine 0025'" hohe Maske (Inv.-Nr. 88) bemerkenswert.
Von keramischen Gegenständen wären einige
sehr kümmerlich erhaltene archaische Terrakotta-
figuren'^) zu nennen, teils stehende weibliche Figuren
auf quadratischem Sockel, im üblichen Untergewand
--: siatuenfraoment. ^^^ Mantel, mit polosartigem Kopfschmuck oder Ste-
phane, teils sitzende Figuren entwickelteren Stiles mit
einem Kopfschmuck, ferner ein 012™ hoher archaischer, weiblicher Terrakottakopf
mit zierlicher Frisur und Diadem^*). Dann verdienen Beachtung eine Anzahl von
Gefäßen geometrischen Stiles, und zwar vor allem fünf Näpfe: ein o'o83'" hoher
Napf mit Fuß und o'2o"' weitem Durchmesser der Mündung (Inv.-Nr. 146), innen
gefirnißt, der außer den Randreifen vier Gruppen von je 1 1 konzentrischen Kreisen
zeigt (Fig. 58 n. 2). Bei einem andern Napf von gleichen Dimensionen (Inv.-Nr. 152)
sieht man außerdem in dem zwischen den zwei Henkeln befindlichen Felde zwischen
zwei Gruppen konzentrischer Kreise noch ein netzartiges Ornament, das rechts
und links durch zwei parallele vertikale Linien begrenzt wird. Ein dritter Napf
(Inv.-Nr. 45), 0-162™ hoch, Durchmesser der Mündung o-i83"', an der Mündung
und am Fuß ein wenig beschädigt, zeigt in den beiden Feldern an den Seiten
der beiden Henkel je drei Gruppen von konzentrischen Kreisen (Fig. 58 n. i).
Um den unteren Teil laufen dunkle Streifen ^^). Ein 01 95'" hoher Napf mit ge-
ripptem Fuß, Durchmesser der Mündung o'2i'° (Inv.-Nr. 151, Fig. 59 n. 2), zeigt
drei Randreifen und in einem ausgesparten Felde zwischen den beiden Henkeln vier
Zickzackreihen, darunter von je drei parallelen Linien umfaßt eine Punktreihe. Ein
'') Vgl. zu diesen andrischen Terrakotten Winter, Akropolis zu Athen Nr. 311 und in einer kretischen
Arch. Jahrb. VIII 1893, 141 f. u. 143; derselbe, Typen Vase aus Prinia, abgebildet bei Wide, Ath. Mittei-
figürl. Terrakotten I 62 n. 4; 51 n. 7 — 9. lungen XXII 1897, 244 Fij;. 14 u. 140. Siehe auch
■") Winter a. a. O. III I u. 2, 198 ff. u. 174! Baumeister, Denkmäler III 1942. Für die bei den
^^) Die Vasen finden ihre Analogien in einem Ausgrabungen des deutschen Arch. Institutes in
Gefäß im athenischen Nationalmuseum, das von Tiryns aufgedeckten Vasen mit Iconzentrischen, zirkel-
Wide, Jahrbuch des Institutes XV 54 Fig. 115 für geschlagenen Kreisen erscheint die Argolis als
böotisch gehalten wird, in einem Fragment von der Ausgangspunkt geeignet. MüUer-Öhlmann, Tiryns
Aliropolis zu Athen bei Graf, Die antilven Vasen der I 153 ff-
47
o" 192 "hoher Napf mit geriffeltem Fuß aus weniger fein geglättetem Ton, Durchmesser
der Mündung o'iö^'" (Inv.-Nr. 46, Fig. 59 n. i), hat eine Art von Doppelhenkeln,
indem vom Rande des Gefäi3es zu den horizontalen Henkeln ein vertikaler geht.
58: Tongefäße im Museum von Andres.
Als Verzierung des Feldes zwischen den Henkeln dient ein schraffiertes Mäander-
muster. Zu beiden Seiten der Henkel sind je ein Stern und eine mit horizontalen
und vertikalen Linien gefüllte Raute, im unteren Teil umlaufende Streifen.
59: Tongefaße im Museum von Andres.
Eine andere Gefäßform ist durch zwei ebenfalls dem geometrischen Stile an-
gehörende Peliken vertreten. Bei der einen, die o'34™ hoch ist und einen 0-145'"
weiten Durchmesser der Mündung aufweist (Inv.-Nr. 150, Fig. 58 n. 3), dienen
als Verzierung auf der Schulter konzentrische Halbkreise mit einander zugekehrten
Dreiecken im innersten Halbkreise. Um den Bauch der Pelike laufen horizontale
48
Streifen. Dunkler Firnis. Die zweite Pelike, 0-149™ hoch, Durchmesser der Mündung-
o-ioi™, zeigt parallele vertikale und schräge, in einem Winkel zusammenlaufende
Striche. Dunkler Firnis (Fig. 58 n. 5).
An diese Gruppe schließen sich zwei schön geformte Oinochoen mit Klee-
blattmündung; vorne am Halse zeigt die eine, die 0-331" hoch ist, ein Zickzack-
muster in fünf Reihen; die andere, 0-325™ hoch, hat fünf Reihen Zickzackmuster
und darunter nebeneinander gesetzte Haken in einem ausgesparten, rechteckigen
Felde. Um den Bauch laufen dunkle Streifen. Der Firnis ist schmierig schwarz
(Fig. 59 n. 3 u. 4). Von einer dritten Oinochoe ist bloß ein Teil des Halses mit
der Mündung erhalten.
Von den späteren Gefäßen ist ein glockenförmiger Krater (Fig. 58 n. 4)
anzuführen, 0-195™ hoch, Durchmesser der Mündung 0-203™ (Inv.-Nr. 72); er hat
horizontale Henkel, die in der Mitte eine ösenartige Ausbiegung zeigen und an
die Gefäßwand angedrückt sind. Der Bauch des Gefäßes ist mit einer Ranke
geziert, deren Blätter mit weißer Farbe auf glänzend schwarzem Firnis gemalt
sind. Die Blattstiele sind zuerst eingeritzt, dann mit weißer Farbe nachgezogen;
vgl. Watzinger, Ath. Mitt. XXVI 1901 S. 71.
4g
6l: Paläopolis.
II. Geschichte von Andros.
Von den ältesten Zeiten bis zu den Perserkriegen.
Während auf manchen anderen Kykladen die Ergebnisse der Ausgrabungen
uns wenigstens die Umrisse der allerältesten Entwicklung und Kultur dieser
Inseln erkennen und einigermaßen deuten gelehrt haben, ist auf Andros noch
kein Versuch gemacht worden, die Kulturreste systematisch aufzudecken, die
die ältesten Epochen der geschichtlichen Erforschung erschließen könnten. Die
auf den Inseln des ägäischen Meeres und vor allem auf den Kykladen gemachten
Funde veranschaulichen uns eine kulturelle Einheit dieser Zeit auf den Inseln und
an den Küsten dieses Meeres i). Auf Andros haben wir bisher leider nur wenige
') Über die älteste Kultur der Kykladen siehe:
Le Bas, Voyage archeol. ill ff.; Koehler, Ath. Mitt.
Sauciuc. Andros
IX S. i;6ff. ; Dümmler, ibid. XI S. 15 ff.; Beut, Journ.
Hell. Stud. V lS84p. 42ff.; derselbe, The Cycl.ides
7
g-elegentliche F"unde, die kaum irg'end welche Folgerungen gestatten-). Für die
Träger der Kykladenkultur geben uns die antiken Historiker nur ganz unzu-
reichende Nachrichten. Nach Herodot I 171 bestand die Bevölkerung der Kykla-
den zur Zeit des Königs Minos von Kreta aus Karern, die dem Minos ge-
horchten, ohne ihm Tribut zu zahlen, und ehemals Leleger hießen. Sie stellten ihm
Schiffe und waren das bedeutendste Volk der damaligen Zeit. Dasselbe berichtet
auch Strabo XIV 661. Thukydides I 8 nennt die ältesten Inselbewohner Karer
und Phöniker und erzählt I 4, daß Minos über die Kykladen geboten habe,
nachdem er die Karer von dort vertrieben und seine Söhne zu Herrschern ein-
gesetzt habe. Von den beiden bedeutendsten Historikern der Alten werden somit
übereinstimmend die Karer beziehungsweise Leleger als die ältesten Bewohner
der Inseln bezeichnet^) und übereinstimmend wird auch erzählt, daß diese Bewohner
schon frühzeitig mit der Bevölkerung von Kreta in Berührung gekommen seien,
die unter dem sagenhaften König Minos das Meer beherrschte und deren hochent-
wickelte Kultur uns die Ausgrabungen auf Kreta gezeigt haben. Die Beziehungen
zwischen Kreta und Andres finden auch ihren Ausdruck in der bei Diodor V 79
erhaltenen Sage, wonach Rhadamanthys, der Bruder des Minos, die Insel Andros
nach der Besetzung der Inseln des ägäischen Meeres und der asiatischen Meeres-
küste und nach Verdrängung der Seeräuber und Übeltäter aus dieser Gegend einem
seiner Unterfeldherren namens Andreus übergibt, nach welchem auch die Insel
i\ndros den Namen führen soll*). Dagegen erzählt Diodor V 84, daß vor der Ein-
nahme von Troja die Kreter das Meer beherrscht und die Inseln besiedelt, nachher
aber die Karer die Herrschaft über die Kykladen an sich gerissen und teils die
Kreter von den Inseln vertrieben, teils die Herrschaft mit ihnen geteilt hätten.
1885; Wolters, Ath. Mitt. XVI S. 46 ff.; zusammen- 1911, und derselbe, Die Einflüsse der ägiiischen
fassend bei BlinUenberg, Antiquites premyceniennes Kultur auf Ägypten und Palästina, Mitteilungen der
(Memoires de la societ^ des antiquaires du Nord 1896) vorderasiatischen Gesellschaft 191 1, 2, 16. Jahrg.
1 — 69; Bosanquet, Annual Brit. School. III 1836/97, -) Die oben S. 37 angeführte Lanzenspitze geht,
52 ff.; Tsundas, 'E9. äpx. 1898, 137 fF.; 1899, 73 ff.; wie mir Herr Professor Chr. Tsundas mitteilt, mit
Clon Stephanos, Les torabeaux premycteiens de den von ihm in Sesklo gefundenen zusammen. Siehe
Naxos (Congres Internat, d'archeol. 2, Session Athe- Taouvxas, AI Tipotaxop'.xai äxpOTioXeig di(ir;v£uu xal
nes 1905), p. 216 ff.; Milani, Studi e materiali di ar- Ssay.XoO S. 325 ff.
cheologia e numisraatica I 261 ff.; Karo, Archiv ^} Siehe auch Aristot. Pol. II 8, 76; Schol.
für Religionswissenschaft XII 357 ff. u. 361 ff.; Verg. Aen. III 725; Brunck, Schol. ex cod. Paris.
Fimmen, Zeit und Dauer der kretisch-mykenischen in Apoll. Rhod. Arg. II 5 16 und Schol. in Apoll.
Kultur, 23 ff.; Eduard Meyer, Geschichte des Alter- Rhod. Arg. II 516 ex rec. H. Keil,
tums I 2 (2. Aufl.), 677 ff.; Dussaud, Les civili- •*) Die Diodorstelle stammt nach Bethe, Hermes
sations pr6helleniques dans le bassin de la mer XXIV 1889 S. 414 aus ApoUodoros' Kommentar
Eg^e, etudes de protohistoire Orient. 1910; R. Frei- zum Schiffskatalog. Über Rhadamanthys vgl. Jessen,
lierr von Lichtenberg, Die ägäische Kultur, Leipzig Roschers myth. Lexikon IV 77 ff.
51
Auch Isokrates, Panath. 43 sagt, daß die Ivykladen, auf denen unter der Herrschaft
des Kreters Minos viele Ereignisse zu verzeichnen wären, zuletzt von den Karern
beherrscht worden seien. In welcher Reihenfolge und in welcher Art auch immer
sich die kretisch-karische Herrschaft auf den Kykladen abgelöst hat, sicher ist es,
daß diese ältesten Bewohner der Kykladen nach Osten, nach Kleinasien, hinweisen.
Die ethnographischen Fragen, die sie betreffen und bei denen die Meinungen der
Gelehrten auseinandergehen, harren noch einer definitiven Lösung^). Eine dunkle
Kunde von einer in die ältesten Zeiten reichenden Völkerbewegung speziell auf
Andros bringen uns einige Schriftstellernotizen. Konon (vgl. S. 3 ff.) gibt in seiner
die Pelasgeransiedlungen behandelnden 41. Erzählung zwei Etymologien von
Antandros''). Indem er die zweite Etymologie mit den Worten ot Ss cpaaov evcsOÖ-ev
&t-/.y;aao IleAaayous 'Avtavopov einleitet, erzählt er ausholend, daß Anios' Sohn Andros
infolge eines Aufstandes von Andros fliehen mußte und am Fuße des troischen
Ida Antandros gründete, das ihm seine Heimat Andros ersetzen sollte. Mit
den Worten trjv Si 'AvSpov £pr;|xov oöaav Xocbc, XleXacjYöjv iai^/Iaono schließt Konon
die Geschichte der Pelasger auf Antandros ab. Der für die Interpretation schwie-
rigen Stelle') ist mit Sicherheit nur so viel zu entnehmen, daß Konon von einer
^) Ed. Meyer, Gesch. der Alt.- I 2, 623 ff., 679,
682. Hier ist auch die entsprechende Literatur zu-
sammengestellt.
'') Konon 41 bei Bekker, Photii bibl. S. 139«
Z. 17 ff.; Ulrich Hoefer, Konon, Text und Quellen-
Untersuchung, Greifswald 1890 S. 22 f. Für die Er-
klärung des Namens Antandros führt Konon keine
bestimmten Gewährsmänner an, sondern bezeichnet
sie als (üj |j.lv sviot tpaatv in Z. 12 f. und o£ Si cfaatv
in Z. 17. Daß Konon 41 in dem Teil über die
Kyzikos-Pelasger sowie auch in jenem über die
Antandros-Pelasger .auf Ephoros zurückgeht, zeigt
Knaack, De fabulis nonnullis Cyzicenis (Comment.
phil, in hon. Sodalitii phil. Gryph.) 33 ff.; vgl. auch
Hoefer a. a. O. 70 f. u. 114 zu 70; Myres, Journ.
Hell. Stud. XXVn 1907 p. 170 ff.; Bethe, Wochen-
schrift f. kl. Phil. 1888 Sp. 29g f.
') 'Evte09-sv ist hier im übertragenen Sinne auf-
zufassen und durch „daher, aus diesem, folgenden
Grunde" wiederzugeben, indem es auf die zweite
folgende Ausführung hinweist. In der lokalen Auf-
fassung von svreOy'SV „von Antandros am Ida aus"
kann ich Tümpel, Pauly-Wissowa RE I 2171, 5
nicht beistimmen. Um ivxs'jS-ev in diesem Sinne zu
verstehen, nimmt Tümpel im Konontext .Änderungen
vor. In Z. 18 mußte Antandros in Andros geändert
oder wenigstens auf Andros gedeutet werden, etwa
mit Berufung auf Myrsilos Erg. 15 bei Plin. n. h.
IV. 65, EKG IV 1460 (Andrura . . . Myrsilus
Antandrum cngnominatam tradit). Gegen diese Er-
klärung hat Tümpel selbst Bedenken, da auf Andros
sonst keine Pelasger bekannt waren. Dieser Grund
fällt meiner Ansicht nach weniger ins Gewicht. Die
Schwierigkeit liegt vielmehr darin, daß die einleitenden
Worte der 41. Erzählung ausdrücklich von der Be-
siedlung von Antandros durch die Pelasger zu handeln
versprechen, für die die Gewährsmänner durch (bj
|i£V £Vio£ cpaotv in Z. 12 f und oE 3e cpaatv in Z. 17
angeführt werden. Daher ist die Änderung von
Antandros in Andros unstatthaft. Auch ist der
Wortlaut nicht derart, daß man hier EvxeüOsv von
Antandros am Ida aus verstehen könnte. Tümpel
vervollständigt in Z. 24 Andros zu Antandros und
versteht =vx£59-ev zeitlich = hernach d. i. nach
Andros' Ableben. Dieser Vorschlag ist ebensowenig
haltbar, da von Andros vorher gar nicht die Rede
war, sondern Andros erst einige Zeilen später der
Gründer von Antandros genannt wird. Da Konon
von einem Aufstande auf Andros und von der Aus-
wanderung des Andros von der gleichnamigen Inse
7'-
52
pelasgischen Bevölkerung' auf Andros berichtet*). Daß hier Pelasger auf Andros
g-enannt werden, besagt im Grunde nicht viel, da man in der Zeit nach Homer
und Herodot von Pelasgern sprach, ohne diesen Begriff mit einem bestimmten
Volke zu verbinden''). Dieselben Erklärungen für den Namen Antandros wie
bei Konon finden wir auch bei dem Geographen Pomponius Mela I 92, 2. Was
die zweite Erklärung betrifft, so lesen wir hier, daß Antandros von Leuten ge-
gründet worden w^äre, ,,quos ex Andre insula vis et seditio exegerat; hi Antandrum
quasi pro Andro accipi voluerunt''. Ein Hinweis auf eine in den ältesten
Zeiten stattgefundene Völkerverschiebung auf Andros ist sicher auch in der oben
(S. I f.) besprochenen Angabe des Myrsilos enthalten, wonach Andros zuerst
Kauros, hernach Antandros geheißen habe.
Wegen der Verbreitung des Dionysoskultes auf Andros hat man thrakische
Abstammung der Bevölkerung angenommen^''). Wenn auch die Bedeutung der
indogermanischen Thraker für die Kultur im ägäischen Meere in den ältesten
Zeiten nicht zu leugnen ist, so bleibt diese Annahme immer nur eine unsichere
Hypothese, solange nicht eine größere Anzahl einigermaßen datierbarer Funde
Andros als eine Station dieser von Mitteleuropa nach den Küsten des ägäischen
Meeres und den Inseln und noch weiter nach dem Süden sich ergießenden
Kulturströmung, wie sie in letzter Zeit vielfach angenommen wird ^^), er-
scheinen läßt.
Thukydides I 8 kennt auf den Inseln neben den Karern auch die Phöniker,
deren Stellung und Bedeutung im ägäischen Meere bekanntlich verschieden be-
urteilt wurde '^). Für ihre Beziehung zu Andros haben wir sonst keinerlei Anhalts-
punkte. Ebensowenig läßt sich ermitteln, inwieweit Diodors I 55 Nachricht über
gesprochen hatte, glaubte er hinzufügen zu müssen, Buch von Jakob Thomopulos, üsÄai-fixä f^TOi ~spi
welches Volk in der Folge das verlassene Andros -•^j 'f/Moar,^ xröv IIsÄaa-,'wv, Athen 1912.
besiedelte. Dadurch, daß er letzteres wieder als '") Hirschfeld, Pauly-Wjssowa RE I2170; vgl.
Pelasger bezeichnet, ein Begriff, über den er keine Hubert .Schmidt, Zeitschrift für Ethnologie XXXVI
hlare Vorstellung hatte und über den er sich auch 1904 .S. 608 ff., 646 ff. Auf den Dionysoskult komme
aus seiner Vorlage nicht klar werden konnte, ist die ich ausführlicher unten zu sprechen.
Konfusion entstanden. ") Hubert Schmidt a. a. O. u. Zeitschr. f. Ethno-
*) Vgl. Herod. VII 95 u. Menekrates aus Elea logie XXXVII 1905 .S. 91 ff.
bei Strabo XIII 621 ; Maurophrydis, Ilepi -rf;; äpx^i; '") In der Mitte zwischen Duncker, Gesch. d.
xai SiaaTiopä; -sS 'EÄXrjVixoü, iv <I".X{"op'. to|i. Alt. V 38 ff. und Beloch, Gr. Gesch. I 74 ff. steht
A' asX. 5 ff.; Rivola a. a. O. 13. Busolt, Gr. Gesch. bis zur Schlacht bei Chaironeia
5) Myres, Journ. Hell. Stud. XXVII 1907 I iio ff. u. 263 ff. und Ed. Meyer, Gesch. d. Alt.
p. 170 ff,; Berliner phil. Wochenschrift XXV 1908 I 2, 391 ff. (2. Aufl.); siehe auch die unbegründete
n. 30/31 Sp. 851 f ; Ed. Meyer a. a. O. 6S5 ff. Zur Annahme des Moschonisios a. a. O. 5 bezüglich der
Pelasgerfrage verzeichne ich auch das umfangreiche Phöniker auf Andros.
53
die ägyptische Seeherrschaft unter Sesoosis und dessen Einfluß auf den Kykladen
auch Andros betrifft i^).
In historischer Zeit finden wir auf Andros Griechen, und zwar lonier vor. Wenn
diese unter der Fülirung des Kynaithos und Eurylochos von Athen gekommen
sein sollen'*), so werden für diese Überlieferung die engen Beziehungen, in denen
Andros in historischer Zeit zu Athen gestanden, und der nachhaltige EinfluiB, den
Athen auf Andros ausgeübt hat, maßgebend gewesen sein. Die beiden Namen
Kynaithos und Eurylochos weisen auf die griechischen Elemente hin, die bei
der Besiedlung von Andros hauptsächlich beteiligt waren, ohne daß sie uns diese
mit Sicherheit aufzudecken helfen "^^j. Wann die Besiedlung von Andros durch die
Griechen begonnen hat, läßt sich nicht bestimmen*^). Die Nähe der langgestreckten,
mit günstigen Häfen und kleinen fruchtbaren Tälern versehenen Insel wird früh-
zeitig die Züge der griechischen Auswanderer zu bleibenden Niederlassungen
veranlaßt haben.
Für die geschichtliche Erforschung- dieser ältesten Zeiten, für die uns keine
Denkmäler erhalten sind, können wir die Sagen heranziehen, die auf Andros
Bezug nehmen und einen Niederschlag geschichtliclier Vorgänge enthalten.
Unter den Argonauten wird beiHygin. fab. XIV Thersanon, Soliset Leukothoes
filius ex Andro*'), genannt. Bei Ovid, Metam. IV 208 ff. ist Leukothoe die Tochter des
Orchamus, des Herrschers über achämenidische Städte und des siebenten aus
dem Geschlechte des Belos und der Eurynome. Der Name Orchamus (Orchomenos,
Gruppe, Griech. Mythol. und Relig. 2, 1809 u. 234) spielt eine wichtige Rolle
in der Vorgeschichte Böotiens. Es wird wohl kein Zufall sein, daß in den Sagen
^') Ganz unwissenschaftlich sind die Ausführungen II 246 — 292) zusammenhängt oder nicht bloß ver-
über die ältesten Bewohner von Andros bei D. Pistis, schrieben ist statt des bei Steph. v. Byz. s. v. 'Äviog
U£pi"fpa<(iVj ifjz vi^aou "JivSpou (herausgegeben von bezeugten Eurymachos, Vater des Andros? Letzterer
Homer D. Malios) 13 ff. Name wiese nach Thessalien, bezw. Böotien hin
") Schol. Dion. Perieg. 525 (Müller, Geogr. gr. (Pherek. Schol. Od. XI 264, 262; Schol. II. XIII
min. IT. 451); vgl. Thuk. I 12, 4; Herod. VII 95 302; Eustath. II. 933, 14), wo der Phlegyerkönig
und Thuk. "VII 57; Isokr., Panath. 43; Vell. Paterc. dieses Namens die Stadt Theben zerstörte.
I 4, 3. "^) Über die Zeit der ionischen Wanderung
'■") Der Name Kynaithos begegnet uns für den Strabo XIII 582; Busolt I 277 ff.; Über die ionische
Epiker aus Chios. Dann gilt er für den Eponymen Wanderung und ihr Verhältnis zu Athen v. Wila-
von Kynaitha in Arkadien. Kynaithos ist dort der mowitz-MöUendorff, Sitz.-Ber. königl. preuß. Akad.
Sohn des Lykaon, des Stammvaters von Arkadien. 190b S. 69 ff.; siehe auch Pridik a. a. O. 14 ff".
Steph. V. Byz. s. v. KuvatO-a; vgl. den durch Plinius '") Der Name Thersanon ist verderbt. Die Schol.
bezeugten Namen Nonagria und das ark. Nonakris. haben dafür aus Hygin. S. 15 Z. 7 (Ausg. M. .Schmidt)
Eine Stadt Kuvaiü-a bezeugt Steph. auch für Thrakien. Philammon (ApoUons Sohn), ex Leukonoe Luciferi
Der Name Eurylochos begegnet uns sehr häufig. Ob lilia eingesetzt. Der Name des Argonautenhelden
Eurylochos mit dem Stammvater des berühmtesten lason begegnet uns auf Andros als Eigenname in
thessal. Geschlechtes der Aleuaden (Buttmann, Myth. 'ApX- 'EcpTJ|i. I9II S. 75 n. 7 und n. 27.
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der böotischen Minyer der Name Andreus wiederkehrt, indem bei Pausanias IX 34,
6 und 9 Andreus, Sohn des Peneios, ein Thessaler, Eponymos und Gründer von
Adreis ist. Auch wenn in der Genealogie kein greifbarer Zusammenhang mit
Andros herzustellen ist, so kann eine Berührung und Beeinflussung durch die
thessalisch-böotische Kultur, die auf Euboia sich deutlich zeigt, in alter Zeit auf
Andros nicht ohneweiters in Abrede gestellt werden.
Ovid, Met. III 640 ff. Iäl3t Anchises über Antandros und die limina Thracum
nach Delos zu Anios kommen und da klagt Anios, wie verlassen er sei: „Quod
enim mihi filius absens | auxilium, quem dicta suo de nomine tellus | Andros habet
pro patre'*) locumque et regna tenentem? | Delius augurium dedit huic etc.'' So-
dann läßt Ovid den Anios erzählen, wie seine Töchter, die von Dionysos die
Gabe erhalten hatten, alles, was sie berührten, in Korn, Wein und Ol zu ver-
wandeln und daher Oinotropoi hießen, gezwungen worden seien, ihn zu verlassen:
Als nämlich das Heer des Atriden, das Troja belagerte, Not an Lebensmitteln
litt, befahl der Atride, der von seinem Vater die Herrschaft über viele Inseln
geerbt hatte^^), die Töchter des Anios zu holen, damit sie dem Heere die nötigen
Lebensmittel beschafften. Da diese sich dies zu tun weigerten, flüchteten zwei nach
Euboia und ebenso viele suchten auf Andros ihre Zuflucht. Der Atride erscheint
vor Andros und droht mit Krieg, wenn Anios' Töchter nicht ausgeliefert würden; in
dieser Bedrängnis wenden sich die Oinotropoi an Dionysos, der sie in Tauben ver-
wandelt^^j. Auf eine freundschaftliche Auseinandersetzung zwischen dem Atriden
und Anios weist Suidas' Erzählung^*! hin, daß Anios dem Atriden günstige Fahrt
nach Troja verheißen habe, wenn sie einen Stier, den er ihnen geschenkt hatte,
zu Schiff mitnähmen und dort, wo dieser ans Land spränge, ein Heiligtum der
Athena Taurobolos gründeten ^^). Und dies wäre auf Andros geschehen. Anios, der
„Förderer", „der zur Reife Bringende", der Sohn des Apollon und der Rhoio^^),
") Siehe auch Konon 41. Bei Steph. v. Byz. ist die Pflege dieses Geflügels auf Andros uralt."
s. V. Aväpoj hei'Jt es: X~ö "Aväpou toO Eüpuiiay^ou ^ Über die beiden anderen Versionen von der Begegnung
ToO Aviou ääEX-^oG xoö liaipö; löjv OivoTp6;:(ov und der Oinotropoi mit den Griechen, die Troja belagerten,
weiter heißt es: -uive? 5e cpaatv ^vSptsa toütov y.ai Wentzel, Pauly-Wissowa RE I 2214.
'A\io\} Ttaiäa. Berkel hat^vSpäa, ebenso auch Jleineke -'■) S. v. TaupoTidXov aus Xenomedes von Chics
in seiner Ausgabe. Für die Gewährsmänner des Steph. durch Vermittlung von ApoUodor Tispl 9-Eröv; Schol.
V. Byz. s. Niese, De .Stephan! Byzantii auctoribus. Aristoph. Lysistr. 447.
commentatio prima 5 ff.; Hoefer, Pauly-Wissowa RK --) Über das Heiligtum der Athena T. weiter unten.
VI 1333 n. 9. 23j Konon 41, dem es dar.tuf ankam, zwischen
'■*) Homer, Ilias II loS. Im .Schiffskatalog Antandros und Andros eine Verbindung herzustellen,
kommt die Insel nicht vor. stellt verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den
'") Lykophron, Alexandra 569 ff.; mit Rücksicht Heroen von Andros und Antandros her, indem
auf diese Stellen meint Ross, Reisen II 23: „Vielleicht statt Rhoio hier Kreusa, die Gemahlin des Aineias
55
welch letztere ihi- Geschlecht auf Dionysos zurückführt, der Vater der Oinotropoi
und des Andros, des Begründers von Andros, weist auf die Verquickung der
beiden Hauptkulte von Andros, des Dionysos und ApoUon^''), hin und in der
Genealogie des Heros von Andros ^5) kommen besonders die nahen kultlichen
Beziehungen, die zwischen Andros und dem griechischen Festlande einerseits und
den Inseln des ägäischen Meeres besonders Euboia und Dolos anderseits be-
standen haben, zum Ausdruck. Mit den letztgenannten Inseln stand Andros, wie wir
weiter unten sehen werden, in historischer Zeit in besonders enger Verbindung.
Die Erzählungen bei Ovid und Suidas sind nicht die einzigen Anknüpfungen
an die troische Sage. ApoUodor^^j berichtet, daß nach der Einnahme von Troja
sich die Griechen auf ihrer Rückfahrt zerstreut hätten: (Pdo'.imoz |.i£Ta Ttov Kwtov
ev "Avopw xax(;)zr;a£V. Pheidippos, der auch den kurzen Namen Pheidon führt^'), steht
als Herakles' Enkel auf Kos unter dem Einflüsse des Tyrannen Pheidon, an
den sich in der Überlieferung der Höhepunkt der argivischen Hegemonie knüpft"*).
Für Ägina, über das Pheidon gebot, ließ er Silbermünzen prägen und der ägi-
netische Münzfuß war weit verbreitet^'). Vielleicht ist die bei Apollodor vorge-
brachte Erzählung ein Nachklang der auf den Argiver Pheidon zurückgehenden
Neuerung, der sich, wie wir weiter unten sehen werden, auch die Insel Andros
anschloß. Auch wird bei Ovid Met. VII 469 ff. Andros unter den Inseln genannt,
die den Zug des Minos von Knossos gegen Agina nicht unterstützten.
Die Griechen, die der auf Andros angetroffenen Bevölkerung wohl numerisch
überlegen gewesen sein werden, sogen die fremden Elemente auf. Ihre Über-
legenheit mußte sich durch die Beschäftigung mit Weinbau, Fischfang und
Schiffahrt, der sie sich infolge der für den Ackerbau ungünstigen Bodenverhält-
nisse zuwendeten, steigern und ihre Gemeinde, für deren Anfänge wir dieselbe
Entwicklung wie in den übrigen ionischen Städten werden voraussetzen dürfen,
konnte festere Formen annehmen. Seit der Mitte des achten Jahrhunderts hatten
sich in der griechischen Welt die Machtverhältnisse verschoben. Die Bedeutung
des Handels wuchs und die Ackergemeinde begann gegenüber der Handelsstadt
genannt wird, deren Sohn Askanios nach dem Falle Apollon überwog, zum Sohne dieses Gottes wurde,
von Troja über die am Fuße des Berges Ida gelegene -') Wentzel, Pauly-Wissowa RK I 2213 ff.; siehe
Stadt Antandros die Herrschaft gewann. Vgl. ApoUod. auch Svoronos, BCH XVII 1893 S. 475 f.
3, 12, 5 und Hygin. fab. 90. -^) Epitom. Vaüc. 6, 15.
^') Über Beziehungen zwischen Apollon und -") Gruppe a. a. O. 265.
Dionysos vgl. Preller, Gr. Mythol. 4. Aufl. I 278 ff. ^') Kos gilt bei Tac. Ann. 12, 61 als argivische
Usener, Sintflutsagen 98 folgert aus Anios' Stamm- Gründung.
bäum und seinen Töchtern, daß er ein dionysischer ^') IG XII 5, 444; Marmor Parium XXX; Babe-
Heros war und erst nachträglich, als in Delos Ion, Traite des monnaies gr. et. rom. II I, 642 f.
56
zurückzutreten. Die Gründung von Kolonien war die Folge dieses Wandels.
Auch die Gemeinde der Andrier war bald so sehr gekräftigt, daß sie sich
an der Kolonisation beteiligen konnte. Lebhaften Anteil nahm sie an der
des Nordens. Auf der sieben Stadien breiten Landzunge Akte zwischen dem
strj^monischen und dem singitischen Meerbusen gründeten die Andrier im
Jahre 655/4 die Stadt Akanthos^"). Da nur Plutarch'^) angibt, daß die Chal-
kidier im Verein mit den Andriern Sane und Akanthos eingenommen und
besiedelt hätten, ist man geneigt anzunehmen, daß die Andrier bei der Grün-
dung dieser Städte in der Mehrzahl gewesen sind'^). In der von ihm erzählten
Gründungsgeschichte der andrischen Pflanzstadt Akanthos haben zwar die Einzel-
heiten keinen historischen Wert, doch wird es nicht angehen, an dem Kern der
Erzählung von einem Streite zwischen Andros und Chalkis und einem darauf-
folgenden Schiedsgericht zu zweifeln, wie es Geyer a. a. O. 42 Anm. 2 tut.
Für Andros sind die Münzlegenden von Akanthos dadurch von Wert, daß sie
durch das 0 statt 0 der Endung erkennen lassen, welcher Alphabetgruppe Andros,
von dem wir — abgesehen von dem unsicheren IG XII. 5. 2, 1107 — kaum dem
vierten Jahrhundert v. Chr. zuzuweisende Schriftdenkmäler besitzen, angehört hat^^).
Weitere Pflanzstädte der Andrier sind das früher genannte Sane auf der Halb-
insel Akte^*) und Stagiros^^), das als Geburtsort des Aristoteles berühmt geworden
ist. Eine andere Gründung der Andrier ist Argilus, eine Stadt in der Bisaltia
genannten Gegend Thrakiens, am Gestade des strymonischen Meerbusens'"). Ihren
Namen, der thrakisch die Alaus bezeichnet, soll sie von Thrakern deshalb erhalten
haben, weil sie an einer Stelle gegründet wurde, an der sich eine durch das Orakel
angekündigte Maus gezeigt hatte ä').
'") Thukyd. IV 84; vgl. Slrabo VII 330 fr. 31; Klio Vni 1908, 524 u. 526. Wenn Anphis aus
Diod. XII 68.; Plut. Aet. Gr. 30 (mor. p. 298'; Andros in einem uns bei Athen. 1 p. 30 E über-
Gründungsjahr nach Euseb. Vers. Arm. u. Hieron. lieferten Dialoge einen Mann auf die an ihn gestellte
Abr. 13621=655/4 V. Chr. S. auch Busolt, Griech. Frage nach der Herkunft aus Akanthos stammen läßt,
Geschichte I 2, 458; Hirschfeld, Pauly-Wissowa RE so scheint die Wahl des Namens Akanthos keine zu-
I 1147 n. I; Murray's Handbook Greece II 573; fällige zu sein.
Geyer, Topographie u. Geschichte der Insel Euboia ^') Thuk. IV 109. Vgl. Herod. VII, 22.
I. 25, 42, 64; Le Bas, Inscr. gr. et lat. V 74 setzt ^5) Thukyd. IV 88. Vgl. Herod. VII, 115; Strabo
die Gründung der Stadt um 700 v. Chr., Sonne, De VII 330, fr. 33.
arbitris externis, quos etc., 9 um 650 v. Chr. '') Thuk. IV, 103. Vgl. Herodot VII, 1 15 ; Strabo
") Aet. Gr. 30 (mor. p. 298); Gruppe, Griech. VII 330 fr. 33; Hirschfeld, Pauly-Wissowa RE
Myth. und Relig. i, 222. II 718.
^') Geyer a. a. O. 42. ^") Phavorinos sv -avcoSocTiai; bei Steph. v. Byz.
'') Vgl. Babelon, Traite de monnaies gr. et rom. s. v. Argilos; Herakleides Pont. fr. 42 bei Müller
II. I, 1165 ff., 116S; Kirchhoff, Studien zur Ge- F. H. Gr. II 224. Das am Athos gelegene Thyssos
schichte des griech. Alphabetes' 78; Wiedemann, ist nicht eine Gründung der Andrier, ebensowenig
57
Münze von Ardros.
Daß sich Andros an der Kolonisation so lebhaft beteiligen konnte, verdankt
es vor allem dem Umstände, daß es nahe bei Euboea lag, dessen zwei Städte
Eretria und Chalkis den Hauptanteil an der Kolonisation des Küstenstriches
zwischen den Mündungen des Axios und Strymon hatten. An diesen wird Andros
hierin ein gutes Vorbild gehabt haben und der euböische Einfluß macht sich, wie
wir gesehen haben, auch in der Sagengeschichte bemerkbar. Wenn Strabo X 448
von einer HeiTSchaft der Eretrier über Keos, Tenos, Andros und andere Inseln
spricht^*), die auch Kolonisten von Elis erhalten haben
sollen, so kann diese nur für die Zeit gelten, als Ere-
tria während und kurz nach der rührigen Kolonisation
zu Ende des achten und Anfang des siebenten Jahrhun-
derts auf dem Höhepunkte seiner Macht stand^"). Denn
die Bedeutung Eretrias hat bald darauf infolge der
Rivalität mit Chalkis und der daraus entstandenen Verwicklungen stark g'elitten.
Der langwierige Krieg um das lelantische Feld fiel zu Ungunsten Eretrias aus
und als letzteres dadurch seine maritime Bedeutung verlor, mußte sich auch das
Abhängigkeitsverhältnis von Andros zu Eretria lockern*"). Daß die euböische
Herrschaft nicht von längerer Dauer gewesen ist, beweist der Umstand, daß die
ältesten Silbermünzen von Andros (Stater, Drachme, Triobolon, Obolos und Tri-
temorion) den äginetischen (nicht den euböischen) Münzfuß haben und von der Mitte
oder vom Ende des siebenten Jahrhunderts bis in die Zeit der Perserkriege beibehalten.
Diese Münzen (Fig. 62), für die uns die ausführliche Arbeit von Paschalis, Journ.
Int. d'Arch. Numism. I 1898 p. 29g ff. vorliegt, zeigen auf der Vorderseite eine Am-
phora, auf der Rückseite ein vertieftes Viereck, das durch Diagonalen in acht
ungleichmäßig vertiefte dreieckige Felder geteilt wird, und haben keine Legenden*').
gibt es bezeugte andrische Kolonien in Kleinasien.
Vgl. Paschalis a. a. O. 346. Über die Lage der
andrischen Kolonien s. Kiepert, Lehrb. d. alten
Geographie 316 ).
^') Daß die Namen der Andrier, Tenier und
Keer auf der Stele gestanden haben, auf der nach
Strabo von der Pompe die Rede war und die im
Heiligtume der amarynthischen Artemis aufgestellt
war, ist kaum anzunehmen. Über die Inschrift aus
Koresia auf Keos sagt Pridik, De Cei insulae rebus
23: Dominationis Eretriensis fortasse exstat vestigium,
si quidem titulus Coresiorum revera est i-jy^ihf.oz-
'') Vgl. Miliarakis, Kykl. 119; Bury, A history
of Greece to the death of Alexander the Great 93 ;
Sauciuc, Andros.
Ed. Meyer II 435 u. 465; Busolt I 2, 458 u. 455
u. Anm. 4; Geyer a. a. O. 25, 42.
*") Über diesen Krieg ausführlicher bei Geyer,
Top. u. Gesch. d. J. Euboia 24 fF. ; Busolt a. a. O.
I 2, 458 u. 455 u. Anm. 4; Hiller v. Gaertringen,
IG XII 5, Praefatio p. XII n. 1218. Die früher an-
geführte Erzählung vom Streit zwischen Chalkis und
Andros könnte als ein Nachklang jener langwierigen
Feindschaft und des wechselvollen Krieges zwischen
Chalkis und Eretria gelten.
■") Paschalis, 308 IT. 345; Babelon a. a. O.
1275 ff.; Head, Historia numorum 1911, 482. Die
Amphora findet sich auch an anderen Orten. Vgl.
Mionnet, Descr. de med. Suppl. IX, 243.
8
58
Für die unmittelbar auf die Kolonisation folg-ende Zeit fehlen Nachrichten
über Andros. Dugit (De insula Naxo 79) behauptet, daß Faros um 655 v. Chr.
unter die Herrschaft von Naxos gelangte und daß bald nachher dasselbe Los Andros
getroffen habe, dessen Holz die Naxier für die Erbauung von Schiffen benö-
tigten^-). Von einem Kriege zwischen Faros und Naxos wissen Plutarch*^) und
Eusebius''*) zu berichten. Doch dafür, daß die Naxier um jene Zeit auch Andros
unterworfen hätten, fehlt uns jede Nachricht. Dagegen haben wir mehr als hundert
Jahre später eine die Inseln Andros und Naxos betreffende Bemerkung bei Hero-
dot (V 31) in der Unterredung des Aristagoras von Milet mit Artaphernes. Arista-
goras sucht Artaphernes um jeden Preis zum Kriege gegen Naxos zu bewegen.
Er lenkt dessen Aufmerksamkeit auf die Vorteile, die ihm durch die Eroberung
der Insel erwüchsen. ToOto ok, läßt Herodot den Aristagoras zu Artaphernes sagen,
vrjCO'jg ßaciXsr -poaxTTjCJEa'. a'jiTjv -£ Xa^ov xat xä; sx xaü-r); rjpxr^iisvaj IIxpov xai 'AvSpov
Y.od aXXae xä; Ku/.Aaoa; xaXoujievag. Wenn Herodots Worte, die Faros, Andros und
die anderen Kykladen gleichsam als Anhängsel von Naxos bezeichnen, auf ein tat-
sächliches Abhängigkeitsverhältnis hinweisen*'^), so halte ich dcch Dugits und Bur-
sians Ansatz für verfrüht. Erst zu der Zeit, als Lygdamis mit Hilfe des Peisistratos
Tyrann von Naxos geworden war und diese Insel die höchste Stufe der Macht
und des Reichtums erreicht hatte**^), konnte auch Andros in ein Abhängigkeits-
verhältnis zu Naxos getreten sein, das sicherlich bald nach dem Tode des Lyg-
damis und in der Zeit der inneren Wirren auf Naxos sich aufgelöst hat.
Wenn Paschalis a. a. O. 345 Andros im Jahre 507 den Eretriern Untertan
werden läßt und auf diese Weise das Verschwinden des äginetischen Münzfußes
auf Andros erklären möchte, so entbehrt diese Annahme jeder Grundlage*').
Von den Perserkriegen bis zur Schlacht von Chaironeia.
Bald nach dem mißglückten Zuge des Artaphernes gegen Naxos folgte der
Beginn des ionischen Aufstandes. Um die Athener und Eretrier für die den
loniern geleistete Hilfe zu bestrafen, verlangte der Ferserkönig Dareios von den
Griechen des Mutterlandes und von den Inselgriechen als Zeichen der Unter-
^-) Ebenso auch Bursian, Geogr. v. Griechen- zeigt zur Genüge der Ausgang des Feldzuges gegen
land II 441. Naxos und Aristagoras' Ende (Herod. V 32 iT.). Um
") De sera numinis vindicta 17. Artaphernes für seinen Plan zu gewinnen, lag
**) Praepar. evang. V 33. Vgl. Ed. Meyer II Aristagoras daran, die Folgen der Erwerbung einer
584 fF.; Beloch I 256 ff. so wichtigen Insel wie Naxos als ganz bedeutend
^^) Die Worte, die von Herodot dem Aristagoras hinzustellen,
in den Mund gelegt werden, sind nur mit Vorsicht zu ^'^) Dugit, De insula Naxo, 83 ff.; Bursian II 492.
verwerten. Daß sie nicht der Wirklichkeit entsprachen, ^") Vgl. Babelon 3. n. O. 1271 f. und 1277.
59
werfung Wasser und Erde. Andros wird diese Forderung- erfüllt haben. Denn
Herodot VI 49 erzählt, daß alle Inseln, zu denen die Boten des Königs kamen,
sich unterwarfen, und bei Aischylos, der in den Persern v. 874 ff. von der weiten
Ausdehnung, die das Perserreich unter Dareios hatte, spricht, wird unter den
Untertanenstädten auch Tr^vw ts aDVarcTOua' 'AvSpo; genannt. Als die Gesandten des
Perserkönigs in Athen und Sparta auf Widerstand stießen, zogen Datis und Arta-
phernes gegen Griechenland. Das persische Heer nahm seinen Weg' über die
Inseln des ägäischen Meeres und erhielt von diesen Hilfstruppen (Herodot VI
95 f- u. 99).
Nach der Schlacht bei Marathon g-aben die Perser die Hoffnung, die Herr-
schaft über ganz Griechenland zu gewinnen, nicht auf und Dareios' Nachfolger
Xerxes erbte von seinem Vater den in Vorbereitung- befindlichen Feldzug gegen
Griechenland. Auch Xerxes schickte Gesandte nach Griechenland, um die Zeichen
der Unterwerfung zu verlangen. Von den Inselbewohnern wiesen nur Seriphos,
Siphnos und Melos diese Forderung zurück (Herodot VIII 46). Sobald die Rüstungen
beendet waren, brach Xerxes gegen Griechenland auf und zog die Küste ent-
lang. Die Verluste, die die Perser auf der Fahrt hatten, ersetzten bei der See-
macht die Karystier, Andrier und Tenier und die anderen Inselvölker (Herodot
VIII 66). Daß sich die Andrier den Persern anschlössen, ist ganz begreiflich.
Lagen sie doch den Persern auf dem Wege*) und mußten, ob sie nun wollten
oder nicht, sich deren Übermacht fügen. Die Schlacht bei Salamis befreite
Andros von der persischen Herrschaft. Als die Griechen von der fliichtähnlichen
Rückkehr der persischen Schiffe erfuhren^), setzten sie ihnen nach und ver-
folgten sie bis Andros. Hier hielten die Griechen Rat und beschlossen, von
der Verfolgung abzustehen; sie umlagerten nun Andros und wollten es erobern.
„Denn die Andrier", sagt Herodot VIII in, „waren das erste Inselvolk, von
dem Themistokles Geld verlangte und das nichts hergab". Themistokles hatte
von den Inseln Geld einzutreiben begonnen, um die Perser tatkräftiger verfolgen zu
können, und sich auch an Andros gewandt. Er sagte, wie wir aus Herodot a. a. O.
erfahren, die Athener kämen im Gefolge zweier Göttinnen: Peitho und Ananke
(bei Plutarch, Themist. 21 Bia statt Ananke). Sie hätten durchaus Geld nötig.
Doch die Andrier antworteten ebenso schlagfertig wie entschieden: Athen sei
freilich groß und gesegnet und erfreue sich guter Götter, sie selbst aber seien arm
') Über die Wege zwischen Griechenl.ind und ^) Siehe darüber Prasek, Geschichte der Meder
Kleinasien vgl. Büchsenschütz, Besitz und Erwerb und Perser II 153.
im gr. Altert. 430 ff.
8*
6o
und hätten zwei schlimme Gottheiten: Penia und Amechania (bei Pkitarch, Them.
2 1 Aporia statt Amechania), die sich ihre Insel zum Lieblingsaufenthalt erkoren
hätten. Deswegen seien sie nicht imstande, die Forderung zu erfüllen; denn nie-
mals würde ihre Ohnmacht von der Macht der Athener überwogen werden. Nach
dieser Antwort schritt Themistokles an die Belagerung, da man im Griechenheer
annahm, Andres stehe auf selten der Perser (Herodot VIII 112). Die Griechen
konnten jedoch die wohlbefestigte Stadt Andros nicht erobern (Herodot VIII 121)
und Themistokles wandte sich mit mehr Glück an Karystos, Paros und andere Inseln
(Herodot VIII 112)^). Wenn die Andrier Themistokles' Forderung zurückwiesen,
so hatte dies seinen Grund darin, daß Andros von Xerxes, wie sicher auch schon
von Dareios, gezwungen worden war, für die persische Flotte Hilfstruppen zu
stellen, dadurch in eine traurige finanzielle Lage gekommen war und die von
Themistokles geforderte Summe nicht bezahlen konnte**). Dazu kommt noch, daß
Themistokles, wie Herodot VIII 112 bemerkt, ohne Wissen der übrigen Feldherren
von den Inselvölkern Geld eintrieb; es konnte auch noch ein gewisses Mißtrauen
die Andrier veranlaßt haben, es auf eine Belagerung ankommen zu lassen^).
Wann Andros Mitglied des ersten athenischen Seebundes") geworden ist,
läßt sich nicht genau angeben. Daß es 451/50 dem Bunde angehört hat, lehren
uns die Listen der von den (fopoi als anapj^at der Athena verrechneten Sechzigstel').
Von Andros sind uns die Quoten für einige Jahre erhalten*). Im Jahre 451/50 zahlte
') Vgl. über diese Herodotstelle A. Bauer, The- angegebenen Literatur noch: Kirchhoff, Abhandl.
raistokles, Studien u. Beiträge zur griech Hislorio- Berl. Akad. 1873, 27 ff.; Löschcke, De titulis aliquot
graphie und Quellenkunde, 23 f}.; RivoU a. a. O. 35. Alticis, Bonn 1876; Beloch, Rhein. Museum XXXIX
*) In dieser Zeit hören die Münzen von Andros 1884 S. 34fr., 43; ebenda XLIII 1888 S. 104 flf.; Uberto
für eine längere Weile auf. Pedroli, I tributi degli alleati d'Atene (Studi di storia
^) Über das schlechte Renommee des Themi- antica pubbl. da G. Beloch I 1891) lS2f. 192, 201
stokles in Geldsachen siehe Bauer a. a. 0. 13 f. u. Tafel V; R. Dahms, De Atheniensium sociorura
^) Über die Organis.ition des von Aristides ge- triljutis quaestiones Septem, Berlin 1904 p. 118 f.; Ad.
schaffenen athenischen Bundes und das Reich, das sich Wilhelm, Anzeiger d. phil. hist. Kl d. kaiserl. Akad.
daraus entwickelt hat, s. Abbott, Early of the Delian d. Wissenschaften Wien n. X v. 28. April 1 909 S. 41 ff.;
league, Class. Rev. III 387 ff.; H. Nöthe, Programm dazu Woodward, Ann. Brit. Seh. XV 1908/9 S. 229;
des Domgymnasiums Magdeburg 1889 und 1890; Bruno Keil bei Gercke-Norden, Einleitung in die
Beloch, Rhein. Museum N. F. 43, 104; Francotte, Altertumswissenschaft III 373.
Mus6e Beige XI 1907 p. 173 ff.; Busolt, Griech. *) Pedroli Uberto a. a. O. führt ihrer acht an;
Gesch. III I. 37 f., 72 ff., 192 fr. IG I, 229 (Kol. I Z 7 b), 230 (IV 16 b), 231 (V 7),
'j Busolt a. a. O. 74 und Anm. I; Beloch I, 232 (II 17 b), 237 (V 19 ^väptot ergänzt), 239 (I 75),
496 setzt die Einteilung in fünf Bezirke ins Jahr Suppl. I Seite 72, P. 109 u. 239, 240 (I 85, hier ist
442; vgl. Weil, Das Münzrecht der O'j|i|iaxot im "^vSpiot ebenfalls ergänzt); Köhler, Hermes XXXI
I. attischen Seebund, Zeitschr. f. Numismatik XXVIII 1896 S. 142, n. 2 (Z 8); IG I 244 (I 73). Hill, Sources
351 ff.; Über die Tributlisten der athenischen Ver- for Greek history between the Persian and Pelo-
bündeten außer der zur Organisation des Bundes ])oniiesian wars, 47, 50, 53, 36; 64, 68; 71, 72; 78«
6i
Andros an den Vorort den Tribut von 12 Talenten, welcher Ansatz durch seine
Höhe die finanzielle Leistungsfähigkeit und die Bedeutung, die Andros um diese
Zeit hatte ^), beweist.
In dem auf 451/50 folgenden Jahre finden wir den Phoros von 12 auf sechs
Talente herabgesetzt und diese Summe entrichten die Andrier bis zum Jahre 425/4.
Welche Bewandtnis hatte es mit der Herabsetzung des Phoros? Einige Jahre vor der
Mitte des fünften Jahrhunderts waren die Bündner von den Athenern, die der Krieg
nach vielen Seiten in Anspruch genommen hatte, zu weiter gehenden Verpflich-
tungen genötigt worden. Die Phorossteigerung und die im Jahre 454 erfolgte
Verlegung der Bundeskasse von Delos nach Athen sowie die langen, verlustreichen
Kriege hatten unter den Bündnern vielfach Unzufriedenheit wachgerufen. Einzelne
Bundesstädte hatten sich zeitweilig oder dauernd von der athenischen Herrschaft
losgesagt und Athen sah sich veranlaf3t, im Jahre 450 einigen Bündnern den
Phoros herabzusetzen (Busolt HI i, 410, 416 Anm. 5). Die Herabsetzung des
Phoros der Andrier läßt sich vielleicht auch mit einer Maßregel in Verbindung
bringen, von der uns Plutarch erzählt. Er führt (Perikles 11) unter den Ver-
diensten, durch die sich Perikles die Anhänglichkeit des Volkes der Athener
erworben hatte, auch die Entsendung von Kleruchien an: 1000 Kolonisten ent-
sendete er nach der Cherrones, 500 nach Naxos, die Hälfte davon nach Andros,
1000 nach Thrakien zu den Bisalten, andere nach Italien, wo Sybaris besiedelt
und Thurioi genannt wurde. Damit erreichte Perikles, wie Plutarch bemerkt, einen
doppelten Zweck: Er befreite einerseits die Stadt von den Proletariern, andererseits
') Die cpopot wurden in attischer Währung aus- siecle, Paris 1908 p. 179 ff.). Daß nach Übertragung
geschrieben, doch erfolgte die Zahlung von selten der Bundeskasse von Delos nach Athen, als die
der Bündner meist in der heimischen Währung, so athenische £u|i|iax(a bereits eine ausgesprochene äpx'j
daß der von den Bündnern eingezahlte Betrag von bedeutete, in Andros der attisch-euböische Münzful?
den Hellenotamien umgerechnet werden mußte. Die allein galt, ist unzweifelhaft. Vgl. den auf den Antrag
meisten Inseln des ägäischen Meeres halten zur Zeit des Klearchos gefaßten Beschluß von Siphnos (IG
des ersten attischen Seebundes bis zu dessen Um- XII 5, 480), ferner das später zu nennende Verzeichnis
Wandlung in eine Herrschaft der Athener den ägi- der Spenden für das delische Heiligtum BCH XXVII
netischen Münzfuß (siehe Weil, Zeitschr. f. Numis- 299 u. 325, in dem die Beiträge der Andrier stets
matik XXVIII 354 f.). In welcher Währung Andros den Zusatz der attischen Währung (ä-TixoO) führen,
in der Zeit des delisch-attischen Bundes die cfipst und das andrische Ehrendekret XII 5, 714 aus dem
zahlte, läßt sich nicht mit Sicherheit angeben, da um vierten Jahrhundert v. Chr., wo der Preis des dem
480 die Reihe der Münzen von Andros, die bis dahin Antidotes zuerkannten goldenen Kranzes genannt
äginetischen Fuß hatten, abbricht. Der euböische, be- wird und die attische Münzwährung durch die sichere
ziehungsweise attisch-euböische Münzfuß beschränkte Ergänzung [arto | ä-ttjxöjv äpa^lK«"' bezeugt ist. Die
sich wesentlich auf Euboea und die Kolonien in der attische Drachme besteht dann in den römischen Pro-
Chalkidike. (Böckh, Staatshaush. d. Athener' I 25, vinzen fort bis in die späte Kaiserzeit; vgl. Keil und
II 4* Anm. 27; Babelon a. a. O. 666 und 1271 f.; v. Premerstein, Bericht über eine zweite Reise in
E. Cavaignac, Etudes zur l'histoire d'Athcnes au Vme Lydien II, 44.
62
sicherte er auf diese Weise am besten die Herrschaft der Athener. Zu dieser
Plutarchstelle kommt eine andere Schriftstellernotiz, die zwar Andros nicht nennt,
wohl aber für die anderen Kleruchien bestimmtere Angaben macht. Zum Jahre
des athenischen Archon Lysikrates (453) und der römischen Konsuln G. Nautius
Rutilius und Lucius Minucius Carutianus führt Diodor (XI 88, i ff.) den Feldzug-
des Perikles gegen Sikyon und Akarnanien an und berichtet, daß [isxx os xaDta
Perikles 1000 Hopliten in der Cherrones Land anwies und daß gleichzeitig unter
Tolmides looo Bürger nach Euboea gingen. Dann wird nach einer Lücke, die
Wesseling in seiner Ausgabe durch Tauxr^v /.a( ausfüllt, die Ackerverteilung auf
Naxos erwähnt'") und die Vorgänge in Sizilien und die Zustände in Sybaris und
Kroton weitläufig ausgeführt"). Auf Grund dieser Stelle setzt Busolt III i, 417
Anm. I die Entsendung der Kleruchie nach Andros und nach dem Bisalterland
frühestens gegen Frühjahr 445, unmittelbar vor der Einschiffung- der Kolonisten
nach Thurioi, an und meint (III i, 416 Anm. 5) betreffs der Herabsetzung des
Phoros der Andrier im Jahre 450, daß diese nicht mit der Kleruchie in Verbin-
dung zu stehen brauche, da die Andrier für die Kleruchie irg-end eine andere
Entschädigung erhalten oder für eine Beteiligung an dem Aufstande der Euboier
durch diese bestraft worden sein konnten. Diese Möglichkeiten vermögen die im
Jahre 450 erfolgte Herabsetzung des Phoros auf die Hälfte des früheren Betrages
nicht ganz bedenkenfrei zu erklären. Es scheint mir durch Plutarch keineswegs
das Jahr 448 als der früheste Termin für die Begründung der Kleruchien gegeben.
Letzterer erzählt wohl unmittelbar nach dem Tode Kimons den Parteikampf
zwischen Perikles und Thukydides; das hindert ihn aber nicht, in der Begründung
des Gegensatzes zwischen der aristokratischen und demokratischen Richtung, die
schon vor Kimons Tod gegeben war und nach dessen Tod zum vollen Durch-
bruch kam, Ereignisse anzuführen, die dem Todesjahr des Kimon vorausgingen.
Und die Beobachtung Sauppes^^), Plutarch scheine die Kolonien in chronologischer
Folge ihrer Begründung aufgezählt zu haben, spricht nicht dagegen, daß wir die
'"} Es kann sich hier nicht um eine Stadt Naxos später Hopf a. a. O. Busolt (III I, 412 Anm. l)
auf Euboea handeln. Dies geht aus Paus. I 27, 5 hervor. meint, daß iistx de xaOxa eine Zwischenzeit von meh-
'') DieExpedition nach derCherrones, Euboea und reren Jahren bedeuten kann, und setzt die cherro-
Naxos wird hier durch [isxä äe Taüxa an die sikyonisch- nesische Expedition in die Zeit des Parteikampfes
akarnanische angeschlossen. U. v. Wilamowitz (Arist. zwischenPerikles und Thukydides, in die erste Sommer-
und Athen II 302) setzt sie in die zweite Hälfte hälfte 447, ebenso dieKleruchie auf Euboea und Naxos,
des Sommers 453, bemerkt jedoch (Anm. 21): „Dies wobei für letzteres Datum 447 der durch die Tribut-
beruht nur auf Diodor XI 88, läßt also einigen listen gegebene Phorosnachlaß ausschlaggebend ist.
Spielraum." In dieses Jahr setzt die Kolonie auf '-) Abbandl. Gott. Gesellschaft d. Wissenschaften
Euboea auch Geyer a. a. O. 30 und 105; ein Jahr XIII 1867 S. 25.
63
Kolonisierung" von Andros durch athenische Kleruchen unmittelbar vor 450 an-
setzen'^). Die Plutarchstelle '^j zeigt, wie man in Athen über Andros dachte. Letz-
teres erscheint zusammen mit Orten genannt, die fester an Athen geknüpft
werden sollten. Thrakien und der Cherrones hatten die Athener sofort zu Beginn
des attisclien Seebundes ihre Hauptaufmerksamkeit zug-ewendet, da sie die Perser,
die dort zahlreiche Kastelle hatten, gänzlich vertreiben wollten'^). Naxos war als
eine der ersten Inseln dem Bunde beigetreten, sie war aber auch die erste, die
merkte, daß sie nicht ein Bundesgenosse, sondern ein Untertan Athens sei, und
sie ist auch die erste Bundesstadt gewesen, die von den Athenern gegen die
bestehende Bundesordnung unterworfen wurde""). Die Sybariten lagen in fort-
währendem Streite mit Kroton und hatten sicli wiederholt an Athen gewendet
(Busolt III I, 522). Der Widerstand, den Andros nach der Schlacht bei Salamis
dem Griechenheere geleistet hatte, erklärt die Entsendung einer Kleruchie dahin
und wir haben allen Grund anzunehmen, daß der Beitritt zum attischen Bunde
seitens der Andrier nicht gleich bei der Begründung desselben erfolgt ist. Gegen
die Annahme, daß sich Andros längere Zeit vom Bunde ferngehalten habe, spricht
die um diese Zeit sehr gesteigerte Macht Athens.
In der Zeit, als die Athener für den ersten peloponnesisch-attischen Krieg
und die ägyptische Expedition (s. darüber Busolt III i, 296 ff.) nach vielen Seiten
Streitkräfte benötigten, werden die Andrier den Phoros gezahlt haben und auch
zum Dienste auf den Flotten oder zu Lande herangezogen worden sein, wie sie dann
während des peloponnesischen Krieges als Bundesgenossen (aij[^i|xa/ot) der Athener
unter der Führung des Nikias (Nikeratos' Sohn) und zweier anderer athenischer
Feldherren, denen 80 Schiffe, 2000 Hopliten und 200 Reiter auf Pferdetransport-
schiffen zur Verfügung standen, nach der korinthischen Küste zu Felde zogen'').
Aus den Tributlisten geht hervor, daß die Andrier im Jahre 425 dem atheni-
schen Bunde nicht sechs, sondern 15 Talente entrichteten, die g-egenüber den bis
") Vgl. Herrn. Sauppe, Ausgewählte Schriften 34; 1^) Thukyd. I 98; Busolt III i, 130 Anm. 4;
Miliarakis 3. a. O. 176; Kircbhoff, Abh. Berl. Akad. 142 und Anm. 2; v. Wilamowitz - MöUendorf
1873, 29; Meyer, IV 396; Cavaignac, Ktudes sur a. a. O. I, 180.
l'hist. financiere d'Athenes au Ve si6cle 63 f. '") Thuk. IV 42; Unter den aüii|J.axoi erscheinen
") Über die Quelle zu dieser Stelle s. Sauppe, hier neben den Andriern auch die Milesier und
Abh. Gott. Ges. XIII 1867, 25. Karystier. Diese Expedition erfolgte gleich nach der
'^) Busolt III I, 100 und Foucart, Les Athiniens Einbringung der Gefangenen von Sphakteria in der
danslaChersonese deThrace auIVmesiecle(Memoires ersten Hälfte des September 425 (Busolt III 2, 1113
de l'Academie des Inscr. et Beiles Lettres XXXVIII, u. Anm. I) und bezweckte die Einnahme des auf
2 Paris 1909); besonders seine Bemerkungen zu IG der Höhe des Hügels Solygeios gelegenen Dorfes
II 5, 14c aus dem Jahre des Archon Mystiehides ' Solygeia.
(386/5).
64
45i/o gezahlten 12 Talenten eine Erhöhung- im Verhältnis 4:5 bedeuten, eine Er-
höhung, die man auch an anderen Orten findet (Böckh, Staatsh.^ II 38g). Der Grund
für die Forderung einer so hohen Summe ist in diesem Teile des peloponnesischen
Krieges einleuchtend. Es war, wie Busoltlll 2, 11 17 bemerkt, noch der frische Ein-
druck des Erfolges von Sphakteria, der Athens Autorität unter den Bündnern erheb-
lich steigerte. Allerdings muß man auch bedenken, daß um diese Zeit sich der
Geldwert bedeutend vermindert hatte, so daß die Höhe der den Andriern im
Jahre 425 auferlegten Tribute nicht ganz mit demselben Maßstabe beurteilt werden
darf wie einige Jahrzehnte vorher'*).
Unter den Teilnehmern der sizilischen Expedition nennt Thukydides VII
57, I ff . unter den utitjXooi xal cpöpou uTiozeXsiz^^), das ist den Staaten, die als Mitglieder
des unter der Hegemonie Athens stehenden Bundes dem Vororte den Phoros ent-
richteten, von den Inselbewohnern neben den Keiern und Teniern auch die Andrier.
Wenn ferner Thukydides (VI 96, 3 und 97, 3 ff.) zu berichten weiß, daß Diomilos,
ein (puyä? e? 'Avopou, während der sizilischen Expedition an der Spitze von 600
auserlesenen Hopliten das Plateau von Epipole gegen die Athener zu bewachen
hatte und daß er mit 300 seiner Soldaten bei der Erstürmung dieses Punktes
durch die Athener seinen Tod fand (s. auch Diod. XIII 7, 3 und Plut. Nik. 17),
so stehen wir vor der Frage, ob Diomilos aus den Reihen der Athener zu den
Syrakusanern überging oder ob Diomilos schon vor der sizilischen Expedition
als Flüchtling von Andros nach .Syrakus gekommen war und durch seine tapfere
Haltung es so weit gebracht hatte, daß ihn die Syrakusaner zum Kommandanten
einer Abteilung Hopliten ernennen konnten. Für die erstere Möglichkeit würde
eine Thukydidesstelle (VIT 82) sprechen, wonach allenfalls schon gegen Ende der
sizilischen Expedition Gylippus, die Syrakusaner und deren Verbündeten sich
zuerst an die Inselbewohner wandten und diesen für den Fall, als sie auf ihre
Seite träten, die Freiheit verhießen, eine Stelle, die bezeichnend ist für die Stel-
lung der Inselbewohner zu Athen in der Zeit dieses Krieges und für die Taktik
des Gylippus und der Syrakusaner.
Nach der sizilischen Katastrophe war die finanzielle und wirtschaftliche Lage
von Athen eine trostlose. Die Bündner, deren Kräfte man für die sizilische Expe-
dition stark herangezogen hatte, waren gegen das athenische Regiment erbittert.
Über die Stellung von Andros in dieser Zeit berichtet uns Xenophon Hell. I 4,
'') Über das gewaltige Sinken des Geldwertes LXVII 1912 S. 4o6.
bis zur Zeit Alexanders des Großen vgl. Ed. Meyer, '^) xai tföpou üno-eXsXi wird hier von Popo-Stahl
Kleine Schriften IIO; Stahl, Rhein. Museum nicht in den Text aufgenommen.
8 — 2 1. Er erzählt von der Rückkehr des Alkibiades nach Athen-"), von dessen
Wahl zum Oberbefehlshaber mit unumschränkter Vollmacht, von dem Festzug
der eleusinischen Mysterienfeier und fährt I 4, 21 fort: Mezx ok xaöTa xoczzAi^ocxo
atpaxiäv, ötiäJt«; [isv TrsvtaxoaJo'j; xa; yOJ.oui, iTi-sr; ok TtcVTr^xov-x xai iy.axov, vxö;
o'exaxov. Ka; |i£X3c xöv -/.xxaixXouv xptxw jir^vi äy-q/ß-ri zk "AvofiO'i ä.'-^ZQvrpi.uim xtov 'A D-r^vaiwv
%al |i£x' aCixsö 'Apiaxoxpaxrj; xal ASet'i-iavxog 6 AeuxoXocpESou auv£7rl[_icp{)'rjcjav f^pV]|-i£voi xaxä
Y^v axpaxvjYOt. Hier wird ausdrücklich gesagt, daß Alkibiades gegen Andros zog,
da es von den Athenern abgefallen war. Es fragt sich nun, wann der Abfall der
Insel Andros von den Athenern erfolgt ist und wann der Angriff des Alkibiades
auf Andros stattfand.
Infolge der Mißerfolge hatte sich in Athen die Strömung gegen die Demo-
kratie gesteigert und führte 411 mit der oligarchischen Umwälzung die Herrschaft
der Vierhundert herbei^'). Dem Beispiel Athens sollten auch die Untertanen
Städte folgen und Oligarchien auch hier eingerichtet werden. Peisandros und
seine Kollegen beseitigten auf ihrer Fahrt durch das ägäische Meer die Demo-
kratien in den Städten^'-*) und bei dieser Gelegenheit werden auch die Andrier
die Demokratie mit der Oligarchie vertauscht haben. Wir finden unter den Ho-
pliten, die Peisandros mit sich nach Athen zur Unterstützung der Oligarchen ge-
bracht hatte und die nach der Auflösung der Volksversammlung und vor dem
Einzug der Vierhundert in das Rathaus die Weisung erhalten hatten, jeden Ver-
such zum Widerstände zu hintertreiben, neben den Teniern, 300 Karystiern
und Kolonisten aus Agina auch die Andrier^'). Daß Peisandros Andrier zur
Unterstützung der Oligarchie mit sich nach Athen genommen hat, spricht dafür,
daß die Andrier für die oligarchische Verfassung gewonnen worden waren. Die
athenischen Oligarchen konnten sich bald überzeugen, daß diese Maßregel die
Andrier den Spartanern annähern und sie eher in deren Hände spielen mußte.
Der durch die Niederlage der Athener bei Eretria herbeigeführte Abfall der
Insel Euboea und der unmittelbar darauffolgende Sturz der Vierhundert in Athen 2*),
^") Am Haupttage der Plynterien, am 25. Thar- causes, Genf 1893; U. Köhler, Sitzungsber. d. Berl.
gelion (etwa am 16. Juni). Über die Zeit der Plyn- Akad. 1895, 45 1 ff.; Beloch, Griech. Geschichte II
terien s. Mommsen, Heortologie 427; derselbe, Feste 36 fF.; Busolt III 2, 1456 fF.; Felix Kuberka, Klio VII
der Stadt Athen, 493 ff.; Kahrstedt, Forschungen 1907 S. 356; Judeich, Untersuchungen zur athen. Ver-
zur Geschichte des ausgehenden fünften und vierten fassungsgeschichte 303 ff.; Ledl, Wiener Studien
Jahrhunderts, Berlin igio S. 176 hält den 25. Thar- XXXII igio S. 38 ff.; Kahrstedt a. a. O. 237 ff.
gelion etwa für den I. Juni. '''^) Thukyd. VIII 65, I.
'') Siehe darüber Rohrmoser, Wiener Studien '^^) Thukyd. VIII 6g, I ff.; Busolt III 2, 1475
XIV 1892 S. 323 ff.; V. Wilamowitz, Aristoteles und u. 1485.
Athen I 99 ff.; II 113 ff., 356 ff.; Micheli, La revo- ^*) Erste Hälfte des September 411 nach Busolt
lution oligarchique des quatrecents ä Athenes et ses III 2, 1508 u. Anm. 3.
Sauciuc, Andros. 9
66
mußte auch für Andros seine Folgen haben. In der Zeit, als die Peloponnesier
ganz Euboea zum Abfall brachten, werden sie auch mit der Oligarchie des nahen
Andros in Verbindung getreten sein und diese Insel den Athenern entzogen
haben. Zum Schutze von Andros ließen die Spartaner hier Truppen zurück^').
Xenophon erzählt, wie oben erwähnt, daß Alkibiades im dritten Monate nach
seiner Rückkehr nach Athen mit Aristokrates und Adeimantos gegen Andros
zog^*), das Heer bei Gaurion ans Land setzte, die Andrier, die aus der Stadt zu
Hilfe gekommen waren^'), in die Flucht schlug und sie in die Stadt einschloß.
Dabei fielen einige wenige Andrier und alle Lakedaimonier, die sich auf der
Insel befanden. Nach diesem Treffen errichtete Alkibiades ein Siegeszeichen und
nachdem er sich hier einige Tage aufgehalten hatte, segelte er nach Samos ab,
das ihm als Basis für seine kriegerischen Unternehmungen in Kleinasien diente.
Diodor^*) oder vielmehr sein Gewährsmann Ephoros berichtet, daß Alkibiades
Gaurion besetzte und hier eine befestigte Stellung einnahm-'). Als die Andrier in
Masse mit den Feloponnesiern, die die Stadt bewachten, erschienen, entspann
sich eine Schlacht, in der die Athener Sieger blieben. Viele Andrier wurden ge-
tötet; von den Übriggebliebenen zerstreuten sich die einen auf dem Lande, die
anderen liefen in die Stadt zusammen. Alkibiades selbst machte Angriffe auf die
Stadt und ließ in dem befestigten Platze eine entsprechende Besatzung unter der
Führung- des Thrasybulos zurück. Er selbst segelte mit seiner Heeresmacht fort.
Plutarch, Alk. XXXV erzählt kurz, daß Alkibiades die Andrier und die auf x\ndros
befindlichen Lakedaimonier besiegte, die Stadt selbst aber nicht einnahm, und daß
dies einer der ersten gegen Alkibiades gerichteten Anklagepunkte gewesen sei.
Aus allen drei Stellen geht hervor, daß Alkibiades zwar gesiegt hat, aber die Stadt
nicht einnehmen konnte. Diodor spricht von TipoaßoXac, die Busolt III 2, 725
Anm. 2 und 1566 f. Anm. 3 zu den „schematischen Zusätzen"' rechnet, die bei
-') Xenophon a. a. O.; Diodor XIII 6g, 4; Andros lag, gekämpft worden sein. Die kleine Ebene,
Plut. Alk. XXXV. die sich von Gaurion, wo Alkibiades seine befestigte
^^) Bei Diodor a. a. O. und Cornelius Nepos, Stellung hatte, gegen Andros zu erstreckt, bietet einen
Ale. 7 erscheint Thrasybulos statt des Aristokrates. geeigneten Kampfplatz. Keineswegs ist der Platz der
Über die Verwechslung des Aristokrates u. Thrasybul Schlacht über Batsi hinaus in der Richtung gegen
s. Busolt, III 2, 15(31 f. und Anm. 5 und 743. Die das heutige Paläopolis zu suchen, da hier die schwer
beiden Feldherren sind nach Diodor, Nepos und zugängliche Bergwand der Kuwara ansteigt und die
Plutarch a. a. O. dem Alkibiades auf dessen beson- Möglichkeit eines Treffens ausschließt,
deren Wunsch für die Landoperationen mitgegeben 2^) XIII 69, 4.
worden. 20) überliefert ist Kccxpiov, nicht Gaurion, doch
2') Da Xenophon angibt, daß die Andrier dem hat schon Laurentius Rhodomanus in seiner Ausgabe
Alkibiades entgegenmarschiert waren, wird an einem vom Jahre 1604 Faüpiov richtiggestellt. Nach Roß II 15,
Punkte, der zwischen Gaurjon und der alten Stadt Anm. 23 befestigte AUcibiades den Ort Gaurion.
Ö7
Diodor nichts zu bedeuten hätten. Doch wenn wir auch von der Nachricht bei
Plutarch, wonach der Zug nach Andros einer der ersten Anklagepunkte war, die
die Feinde des Alkibiades gegen ihn erhoben, absehen, so scheinen doch die
wenigen Tage, die, wie wir aus Xenophon hören, Alkibiades nach der den Andriern
beigebrachten Niederlage auf Andros verblieb, auf Belagerungsversuche hinzu-
weisen. Daß sich Alkibiades mit seiner ganzen Heeresmacht in einer befestigten
Stellung in der kleinen Ebene von Gaurion, wenn auch nur wenige Tage, auf-
gehalten hätte, ohne auch nur einen Versuch zu machen, seinen Sieg auszunützen
und sich in den Besitz der nahen .Stadt Andros zu setzen, scheint mir wenig
wahrscheinlich. Vielmehr glaube ich, daß Alkibiades' Versuche, sich mit Gewalt
in Besitz der Stadt Andros zu setzen, an der guten Lage und starken Befestigung
von Andros scheiterten. Da wichtigere Interessen Alkibiades' Anwesenheit in
Kleinasien erforderten, konnte er sich nicht auf eine längere Belagerung einlassen,
sondern segelte von Andros fort.
Nach der ausführlichen Darlegung Busolts'") ist 408 als das Jahr der Rück-
kehr des Alkibiades von Sizilien nach Athen gesichert. Xenophon gibt an, daß
Alkibiades im dritten Monat nach seiner nach Athen erfolg'ten Rückkehr gegen
Andros zog. Der dritte Monat wäre der Hekatombaion, was jedoch mit der
Nachricht Xenophons von der Beteiligung des Alkibiades an der Prozession nach
Eleusis, die am 20. Boedromion (Ende September) stattfand, nicht vereinbar ist.
Alkibiades konnte erst nach Beendigung der Mysterienfeier, somit frühestens
Ende Boedromion in See stechen. Statt xptxw [irjvt würde man bei Xenophon xeTapito
[ATjVt erwarten^^). Wenn Busolt (III 2, 1566 Anm. 2) bemerkt, daß Alkibiades erst
nach dem Mysterienfeste Truppen aushob, somit frühestens in der zweiten Hälfte
des Oktober, Anfang Pyanepsion, in See gegangen sein kann, so glaube ich, daß
man nicht so viel Wert darauf zu legen hat, daß Xenophon den Alkibiades erst
nach der Mysterienfeier die Truppen ausheben läßt, sondern man muß auch
Plutarchs Worte heranziehen, wonach die 100 Trieren, mit denen Alkibiades ab-
segeln sollte, schon vor der Mysterienfeier bereit standen, daß Alkibiades schon
^"j in 2, 152g Anm. I u. 1562; hier ist auch liegen, findet aber diese Ausdrucksweise ganz un-
die ganze, die Chronologie dieser Jahre des pelop. richtig und schlägt xsTäpitp [iT^vi vor. Den gleichen
Krieges betreffende Literatur übersichtlich geordnet. Vorschlag macht auch Kahrstedt a. a. O. 177, jedoch
Dazu noch Kahrstedt a. a. O. 162 ff.; vgl. Beloch, läßt er Alkibiades frühestens Mitte Oktober nach Klein-
n 79 Anm. I und 92. asien abgehen. U. v. Wilamowitz bei Börner (De re-
") Clinton (Fasti Hellenici II 80 zum Jahre 408) bus a Graecis inde ab anno 410 usque ad annum
erklärt die Worte TptTcp |Jir,vi bei Xenophon derart, 403 a. Chr. n. gestis, quaestiones historicae, Diss.
daß drei volle Monate zwischen Alkibiades' Rück- Göttingen 1894, 17) erklärt die Zahl Tphw bei Xeno-
kehr nach Athen und dessen Feldzug gegen Andros phon aus Ixto) verschrieben.
,.*
68
vor der Feier abzusegeln gedachte und daß nur cpcXoTti^u'a i:; O'jx ä:(ZTn^q Kpo'j-.i-
aoOaa ihn bis zur Feier der eleusinischen Mysterien zurückhielt^^). Auch ist schon
während der Mysterienfeier, wie wir aus Xenophon selbst erfahren, das ganze
kampfbereite Heer zum Schutze der Prozession gegen einen eventuellen Angriff
der Peloponnesier herausgeführt worden ''). Für wirkliche, neue Truppenaushebungen
wäre die Zeit von den Mysterien bis Anfang Pyanepsion nicht ausreichend ge-
wesen, so daß man den Aufbruch des Alkibiades unmittelbar nach der Mysterien-
feier, somit noch im Boedromion ansetzen kann.
Nun fragt es sich, wie es denn komme, daß die Athener erst im Jahre 408
nach der Mysterienfeier gegen Andros zogen, das einen für die Kriegführung
im Osten wichtigen Stützpunkt bedeutete und das doch schon Ende 4 1 1 abge-
fallen war. Die Gründe sind naheliegend: Die Athener mußten zuerst in ihrem
eigenen Haushalt Ordnung schaffen. Die doppelte Staatsumwälzung hinderte sie
an den regelmäßigen Truppenaushebungen und die Truppen, die ausgehoben
wurden, mußten an Orte abgehen, deren Erhaltung dem attischen Reiche drin-
gender schien. Die Kriegführung in lonien und der Abfall von Euboea beschäf-
tigte die athenischen Staatsmänner zu sehr, als daß sie an einen eigenen Feldzug
gegen Andros hätten denken können'-*). Mit dem Verluste dieser Insel, die auf
dem Wege nach Athen lag und gleichsam als Schlüssel zum attischen Küsten-
lande diente und als Stützpunkt der Gegner selbst die Stadt Athen ernstlich
gefährden konnte, durften sie sich aber nicht abfinden. Und die Gelegenheit,
Andros zu erobern und für den Abfall zu strafen, schien ihnen gekommen, als
Alkibiades mit 1500 Hopliten, 150 Reitern und 100 Schiffen in See stach, um
die Operationen in lonien wieder aufzunehmen.
Über die Tätigkeit des auf Andros mit 20 Schiffen zurückgebliebenen Konon '^)
haben wir keinerlei Nachricht. Die Zeit, die Konon auf Andros zubrachte, war für
kriegerische Unternehmungen wenig geeignet und zu kurz, als daß wir bei den
schwierigen Bodenverhältnissen in dieser Jahreszeit eine erfolgreiche Belagerung der
^^) Alkibiades XXXIV. darauf, von den verbündeten Städten Geld einzutreiben
'■') I 4, 20: ega-fa-fOJV TO'Jj oxpatitoia; äjiavTa;. (Diod. XIII 47, 6 f. u. 49; Xenophon I I, 12).
'*) DieExpedition, mit derXlieramenes 4lov.Chr. '*) Xenoplion I 5, lo; daß Diodor XIII 69, 5
an der Spitze von 30 Schiffen beauftragt wurde, irrtümlicherweise Thrasybul statt Konon nennt, ist
spricht nicht gegen die von mir behauptete Ohnmacht begreiflich, wenn man bedenkt, daß Thrasybul, ein
der Athener, einen eigenen Feldzug gegen Andros Freund des Alkibiades, mit diesem und Konon
zu unternehmen; denn der Zweck jener Unter- (Xenophon I 4, 10) im April 408 durch eine außer-
nehmungen war gegen Euboea gerichtet und nach ordentliche Wahl zum Oberfeldherrn gewählt wurde,
dem Scheitern des Versuches, die Chalkidier am Bau Vgl. auch die früher angeführte Verwechslung bei
des Dammes zu hindern, beschränkte sich Theramenes Diodor XIII 69, 5.
Ö9
Stadt Andros durch Konon annehmen könnten. Schon im März 407 mußte dieser^")
mit seinen Schiffen nach der Niederlage der Athener bei Notion, dem Beschlüsse
der Athener zufolge das Kommando über die Flotte auf Samos übernehmen^').
An seine Stelle sandten die Athener Phanosthenes, der nicht unter den im März
407 gewählten Strategen erscheint und auch schwerlich zu denen des Jahres 408/7
gehört (Gilbert, Beiträge zur inneren Geschichte Athens 365). Ed. Mayer IV 638
hat auf den Phanosthenes bei Plato, Ion 514 D hingewiesen'*), der ein Andrier
war, wegen seiner Verdienste um Athen das athenische Bürgerrecht erhielt und
zum Strategen ernannt wurde. Denselben Phanosthenes scheint auch Andokides
im Auge zu haben, wenn er jiepi iwaTy^pfcüv i, 149 den Athenern vorwirft, daß sie
Thessalern und Andriern das Bürgerrecht verleihen, die eigenen Bürger aber
verurteilen und verbannen. Als geborener Andrier schien Phanosthenes den
Athenern der geeignete Mann für die Fortsetzung des Krieges auf Andros. Von
einem Erfolg-e des Phanosthenes erfahren wir aus Xenophon I 5, ig. Mit vier
Trieren stieß er auf zwei Trieren aus Thurioi und nahm diese samt der Beman-
nung gefangen. Alle Gefangenen wurden gefesselt, nur ihren Kommandanten,
den Rhodier Uorieus^''), ließ er aus Mitleid ohne Lösegeld frei. Daß Phanosthenes
mit seinen vier Schiffen an die Belagerung von Andros geschritten wäre und
weitere Erfolge erzielt hätte, ist sehr unwahrscheinlich. Doch sicherten die
Athener durch diese Station auf Andros, wie schon G. Friedrich, Jahrb. f Phil.
153, i8q6 S. 727 bemerkt, einigermaßen die Getreidezufuhr aus dem Pontus, auf die
die Athener zumal nach dem Abfalle von Euboea angewiesen waren und die von
Andros aus, wie uns Xenophon Hell. V 4, 61 lehrt, leicht beherrscht werden
konnte •*").
Wie lange sich Phanosthenes gehalten hat, hören wir nicht. Jedenfalls
glaube ich annehmen zu dürfen, daß diese Station unmittelbar vor der Schlacht
bei Aigospotamoi^') noch bestanden hat. Dafür spricht der Umstand, daß ein
Schiff, das die Andrier unmittelbar vor der Schlacht bei Aigospotamoi den Pelo-
ponnesiern zu Hilfe schickten, in die Hände der Athener geriet (Xenophon
II I, 31). Philokles, einer der nach der Schlacht bei den Arginusen gewählten
Strategen, ließ, einem terrori.stischen Beschluß der Athener gemäß, sämtliche
"^) Xenophon I 5, 16 — 10; Diod. XIII 74, 1; '^) Mehr über Dorieus bei .Swoboda, Pauly-Wis-
Juslin V 4; Busolt III 2, 1580 ff. u. Anm. 3; vgl. sowa RE V 1560 ff. s. v. Dorieus 4; s. auch Jüthner
Meyer IV Ö35; Beloch II 96 u. Anra I. bei Pauly-Wissowa RE VII 2050.
") Friedrich, Jahrb. für Phil. 153, 1896 S. 728. ■"') Siehe auch Busolt III 2, 1581 und Anm. I.
^^j Auf Plato geht Aelian, Varia historia 14, 5 ^') Nach Busolt III 2, 1620 etwa September 405.
zurück.
70
Gefangene des andrischen Schiffes von einem Felsen herabstürzen*-). Nach der
Schlacht bei Aigospotamoi rächte Lysander die an der Mannschaft der andrischen
ebenso wie an der einer korinthischen Triere verübte Grausamkeit, indem er Philo-
kles hinrichten ließ*^).
Nach dem Sturze der athenischen Herrschaft verblieb Andres bei den
Spartanern. Trotz der Zusicherungen der Autonomie blieb alles beim alten, ja,
das Regiment der Spartaner schien noch härter*'). Die Stimmung der in ihren
Hoffnungen getäuschten Bundesgenossen mußte in kürzester Zeit umschlagen.
Als die Spartaner dem mit den Persern unter Pharnabazos vereinten Konon in
der Seeschlacht bei Knidos im Sommer 394*''') unterlagen, war es mit ihrer See-
herrschaft, die sie durch die Besiegung Athens gewonnen hatten, zu Ende. Konon
und Pharnabazos geboten nun im ägäischen Meere. Als sie erklärten, die Städte
sollten nunmehr frei sein und keine Besatzungen mehr haben, fielen eine Reihe
von Inseln und Städten von den Spartanern ab und schlössen sich ihnen an. Wenn
Andros nicht unmittelbar nach der Schlacht bei Knidos von der spartanischen
Herrschaft befreit wurde, dann geschah dies mit groi3er Wahrscheinlichkeit im
Frühjahr 393, zu der Zeit, als Konon und Pharnabazos an der Spitze einer starken
Flotte gegen die Kykladen zogen und die Spartaner verjagten*'^). Daß Konon
und Pharnabazos auf dem Zuge nach Athen diejenige von den Kykladen, die als
zweitgrößte dem attischen Küstenlande in unmittelbarer Nähe vorgelagert war,
weiter in den Händen der Spartaner gelassen hätten, ist kaum anzunehmen.
In der Folgezeit sclileppte sich der Krieg zwischen Athen und Sparta „in
elenden Scharmützeln und schmachvollen Erpressungen"*') hin, bis in Susa der
sogenannte König'sfriede und als Reaktion gegen diesen Frieden, der die griechischen
Einzelstaaten den Spartanern ausgeliefert hatte, der zweite attische Seebund zu-
stande kam**). In IG II i, 17, der Haupturkunde des zweiten athenischen Bundes,
") Vgl. Xen. II I, 31; Theophr. bei Plut. L\ s. Lips. 1865; Busolt, Fl. Jahrb. VII Suppl. Bd. 1874;
9, 13; Busolt III 2, 1617 und Anm. I. Fabricius, Rlieinisches Museum, N. F. XLVI, 598 ff.;
") Xen. II I, 32; vgl. Plut. Lys. il u. All;. 37. J- Zingerle, Eranos Vindobonensis, 1893 S. 359 ff-;
Swoboda, Rhein. Museum XLIX S. 339 ff.; Lipsius,
Ber. Sachs. Ges. I8g8 S. 146 ff.; Meyer V 380 ff.;
Dittenberger Syll.^ 80; Hicks-Hill, A Manual of
») Meyer a. a. O. 238 ff. ^^^^^ Historical Inscriptions, lOl (81); F. H.
*^) Xen. Hell. IV 8, 7; Diodor XIV 84, 4; Marshall, The second Athenian confederacy, Cam-
s. Isokr. or. 19 § 18 ff.; Meyer V 239 ff. bridge, Historicals Essays XIII, 1905. Über den
*') Meyer V 267. Unterschied zwischen cföpoi und auvxagsi; s. Panske,
^^) Über die Geschichte des zweiten athenischen De contiibutionihus soeietatis alterius maritimae
Bundes s. Arnold Schäfer, De sociis Atheniensium etc. (Griechische Studien, Festschrift f. Lipsius,
Chabriae, Timothei aetate in tabula publica inscriptis, Leipzig 1894).
^') Vg'' Demosthenes XVIII 96; s. ausführlicher
bei Ed. Meyer, Geschichte d. Altertums V 8 ff.
71
finden wir nach den Satzungen des Bundes, die eventuellen athenischen Über-
griffen starke Riegel setzen sollten, auch die Teilnehmer desselben angeführt,
in der Reihenfolge, in welcher sie sich im Laufe der Zeit der Symmachie ange-
schlossen hatten. Der Name der Andrier findet sich in Z 15 der linken Schmal-
seite. Das Jahr 375, das Fabricius für die Aufnahme von Andros in den zweiten
athenischen Bund aus dem Schriftcharakter erschlossen hat, steht im Einklang mit
den uns überkommenen Nachrichten dieses und des vorhergehenden Jahres.
Andros war nicht gleich bei der Begründung des zweiten athenischen Bundes
diesem beigetreten, sondern hatte bis zum Herbst 376 noch zu Sparta gehalten.
Dies geht aus Xenophon Hell. V 4, 66 hervor. Hier erfahren wir, daß sich im
Sommer 376 der spartanische Nauarch Pollis mit 60 Trieren'*") vor dem Ausgang
des saronischen Golfs festsetzte, um Athen die Zufuhr abzuschneiden und es aus-
zuhungern und das Meer von dem Athen feindlich gesinnten Ägina bis Keos
und Andres'") besetzt hielt, so daß die athenischen Getreideschiffe nicht über
Geraistos im südlichen Euboea hinauskommen konnten. Athens Lage war ge-
fährdet. Es sah sich gezwungen, im Herbst 376 eine Flotte von 83 Trieren unter
der Führung des Chabrias in See zu schicken, um sich aus diesem Belagerungs-
zustande und von der Hungersnot zu befreien. Chabrias geleitete den Getreide-
transport von Geraistos in den Peiraieus, griff Naxos an und schlug Pollis, der
zum Entsätze herbeieilte, am 16. Boedromion (9. September) 376 in einer großen
Seeschlacht*'). Erst nach dieser konnte sich die athenische Flotte freier im
ägäischen Meere bewegen und die Kykladen zum Anschluß an den Bund bringen.
Im Frühjahr des Jahres 375 gingen denn auch zwei athenische Flotten aus, um
den attischen Machtbereich zu erweitern, die eine unter Konons Sohn Timotheos,
die andere unter Chabrias, der den Beitritt der bisher dem Bunde fernge-
bliebenen Kykladen erwirkte. In diesem Jahre wurden die Athener Herren im
ägäischen Meere, nachdem sie schon vorher, wahrscheinlich gleich nach der Be-
gründung des zweiten attischen Bundes, auch die Leitung über die in Delos befind-
liche Amphiktj'onie gewonnen hatten. Bei dieser Gelegenheit, vielleicht schon in
der ersten Hälfte von 375, trat auch die Insel Andros dem Bunde bei^^). Nach den
*') Nach Diodor XV 34, 5 hatte Pollis 65 Trieren. ^') Außer Xenophon V 4, 61 noch die genauere
Meyer V 393. Erzählung bei Diodor XV 34 f. Für den Tag der
*") Die Angabe bei Xenophon V 4, 6l : ToO vau- Schlacht bei Na.'ios s. Plutarch Phokion 6; Cam. 19;
Tixoü ävxos to5 Aaxs5ai|iovtcov Kspi xb Al-ftvav otai Meyer V 393 ff. und Schäfer, Demosthenes und seine
Keu) xal "^vSpov ist recht ungenau. Bei Andros Zeit- I 40 ff.
würde man an den Hafen von Gaurion (im nördlichen ^'^) Vgl. Diodor XV 47, 2; Xen. Hell. VI 2, 12;
Teil der Insel) denken, von wo aus der Durchgang Schäfer, De soc. 16 u. 17; derselbe, Demosthenes und
durch denCavo d'Oro sehr gut beherrscht werden kann. seine Zeit^ I 58 f.; Beloch II 240 Anm. I u.241 Anm.2.
72
Bestimmungen des zweiten attischen Bundes sollten die Andrier frei und autonom
sein und unter der ihnen g^enehmen Verfassung leben, weder eine Besatzung
noch einen Archon erhalten, auch keinen Phoros zahlen. Weder Haus- noch Grund-
besitz sollten die Athener in ihrem Gebiete haben, und etwaige für die Bündner
ungünstige Verträge mit Athen sollten von der Bule getilgt werden. Im Falle
eines Krieges sollte Athen zu Hilfe kommen. Der dawiderhandelnde Archon
oder Privatmann sollte eine durch Beschluß festgesetzte Strafe erhalten. Daß sich
die Athener später nicht an diese Satzungen hielten, wird uns eine weiter unten
zu besprechende Inschrift zeigen.
Wichtig für die Geschichte von Andros ist das Marmor Sandvicense (IG
II 814 a, A, b, a B), da es uns zeigt, welche Rolle Andros unmittelbar nach seinem
Eintritt in den Bund gespielt hat. Die Inschrift enthält einen Rechenschaftsbericht
über eine vierjährige Tätigkeit der unter Athens Oberleitung stehenden Behörde
der Amphiktyonen, der Beisitzer im Bundesrate, dem die Verwaltung der Heiligtümer
des Apollo von Delos oblag-. In der Inschrift IG II 814 b, Z. 22, die die Rechnung
des vierten Jahres enthält, finden wir fünf Andrier unter den Amphiktyonen. In
Zeile 34 f. wird die für die Amphiktyonen der Andrier ausgegebene Summe ge-
nannt: A[icptx't:[ü]oacv 'AvS[pfojv eig TÄTtCXT^Setl« XXH]. Ihre Höhe ist wohl mit Sicher-
heit nach den Ausgaben für die athenischen Amphiktyonen Z. 33 und 34 ergänzt.
Die Amphiktyonie auf Delos wurde nach einem Stillstand, höchstwahrschein-
lich gleichzeitig mit der Gründung des zweiten attischen Seebundes, wieder ins
Leben gerufen und Athen übernahm in diesem Jahre mit der Herrschaft über das
Heiligtum des delischen Apollo auch die Verwaltung und den Schutz der Amphi-
ktyonie^^). Wie Schoeffer^'') bemerkt hat, gab es in den Jahren des Kalleas (377/6),
Charisandros (376/5) und Hippodamas (375/4) nur athenische Amphiktyonen, und
zwar 4, für das Jahr 374/3 dagegen werden vom Skirophorion des Archon Hippo-
damas bis zum Jahre des Sokratides fünf athenische und fünf andrische Amphi-
ktj-onen genannt ^^^ HomoUe (BCH VIII 1884 p. 291 und XIV 1890 p. 434 f.) hat
^') Nach IG I 283 bestand die Amphil;tyonie Leiter, und zwar sind es vier an der Zahl, die all-
schon unter Krates im Jahre 434 3. Auch während jährlich wechseln (HomoUe, Bull. Corr. Hell. VIH
des pelopon. Krieges dauerte sie fort, wie aus BCH 1884 p. 287).
Vni 1884 p. 283 n. 1 (Z- 8 iid TXa.o-x.imzo(\i) 'ÄST^vvjat ^') Val. de Schoeffer, De Deli insulae rebus
äpxov-oj 416 V. Chr.) hervorgeht. Während in IG I (Berl. Stud. f. klass. Phil. u. Arch. IX. Bd. I. Heft,
283 die Bezeichnung 'Ajicfix-ij^vs; fehlt — man hat 1889) p. 54 ff.
bei der Ergänzung geschwankt zwischen äjj.cf txxuove;, ^^) Kurz ist Hillers v. Gaertringen Angabe in IG
iTitjisXrjTat, iT.'.Q-izM — sind namentlich genannt XII 5, p. IX: Amphictyoniae Atheniensium (et An-
'AO-Y)va£(uv äp:fi-/.T'Jovs; in BCH VIII 283, n. I, Z. 2 driorum!) res iam inde ab a. 377/6 ordinatas marmor
u. 3. Hier erscheinen die Athener als die alleinigen docet Sandvicense.
73
darauf hingewiesen, daß die Wahl der Andrier als die Folge einer Empörung
der Delier gegen die athenische Amphiktyonie aufzufassen sei^^). Daß gerade
Andrier in den Rat aufg"enommen wurden, werden wir uns am ehesten durch
die Bedeutung, die Andros unter den Kykladen hatte, zu erklären haben. Auch
läßt sich denken, daß die Andrier gelegentlich der Empörung der Delier gegen
die athenischen Amphiktyonen diesen gute Dienste erwiesen und daher aus-
gezeichnet wurden. Wie lange die Andrier im Rate saßen, wissen wir nicht.
Eine von Homolle, BCH VIII 1884 p. 317 n. 19 veröffentlichte Inschrift enthält
einen stark verstümmelten Rechenschaftsbericht der Amphiktyonen und hier lesen
wir Z. 6: ['Afxipixxtitov?] 6 'Avopt'wv^'). Das Fragment ist nicht datiert, doch scheint
es nach Homolle (ebenda 291) nahe an 377/4 zu stehen. Im Jahre 341/40 finden wir
die Andrier jedenfalls nicht mehr im Rate, denn in BCH VIII 1884 p. 294 n. 7 heißt es
nur: ol 'A|xcptXTijov£g y.od b Ypo![x|_i,ax£Üj, ol iiv. Nt"/.o|xax°"^ dpyovxoc. dvid-eam und unmittel-
bar darauf folgen nur die Namen der fünf athenischen Amphiktyonen und des
Ypa[i,fAaT£us. Daß sie weiter im Rate gesessen hätten, ohne daß sie in den Urkunden
genannt wären, da sie, wie Dittenberger Syll.- 86 Anm. i vermutet, eine unter-
geordnete Rolle (re vera ministri potius quam collegae) gespielt hätten, ist für
derartige offizielle Aufzeichnungen kaum wahrscheinlich. Daß die Andrier als
Beisitzer im Rate nicht die gleichen Rechte hatten wie die Athener, läßt sich
nicht behaupten, wenn auch zuzugeben ist, daß die Athener die Seele des Rates
sein mußten. Wie die athenischen Amphiktyonen, so erhielten auch die andrischen
eine bestimmte Summe eic, ziKiirptix, und zwar erhielten die Andrier 2 1 00 Drachmen,
somit 420 für den Einzelnen. Für die Auslagen der athenischen Amphiktyonen
scheint die Summe nicht höher bemessen zu sein, da ein Teil der für diese
angegebenen 2685 Drachmen, wahrscheinlich 558 Drachmen, auf den ypa|.i[iaT£6{
und den ü;ioypai.i(iax£'JS entfallen. Da uns die erhaltenen Rechnungen der itponoioi^"^)
■""j Vgl. IG II S14 frag, a B, Z. 24 — 30. Die Erklä- Apollo begann, wie in Athen die Scliatzmeister der
rung HomoUes scheint mir wahrscheinlicher als die Athena nach den Panathenäen mit dem 28. Heka-
Ansicht, die v. Schoeffer 56 f. vertritt. Letzterer schloß tombaion ihr Amt antraten. Es kann darin vielleicht
aus der Neuerung, die sich 374/3 in der Araphi- eine Konzession an die Delier erblickt werden. Doch
ktyonie ergab, daß für die drei ersten Jahre nur eine ist diese Annahme nicht notwendig, vielmehr glaube
außerordentliche Behörde bestand und daß erst im ich, daß die außergewöhnlichen Zustände, die die
vierten Jahre die ordentliche Wahl der fünf atheni- Einführung der andrischen Beisitzer veranlaßt haben,
sehen und fünf andrischen Amphiktyonen stattge- auch diesen vom athenischen Amtsjahr abweichenden
funden habe. Dagegen spricht aber der Umstand, daß Zeitpunkt für Amtsantritt und Rechenschaftsabgaben
die Andrier in späteren Urkunden nicht mehr vor- begründen.
kommen. Daß sie im Monate Skirophorion antraten, ^') K]al ö \vopto)V "Ä[|icfiKx6o)v?] bei Dürrbach,
erklärt Schoeffer 57 damit, daß für den neuen Bundes- BCH XXXV 191 1 p. lO; s. auch p. 7.
rat das Amtsjahr nach dem Feste des delischen ^*') Schoeffer a. a. O. 171 ; weiter unten mehr.
Sauciuc, Andros. 10
74
von einem 01x05 xtov 'AvSptcov auf Delos melden, dessen Errichtung höher hinauf-
reichen wird als in den Anfang des dritten Jahrhunderts, wohin uns die Rechnungen
der Hieropoioi führen, so könnte man für den Bau an diese Zeit denken, in der
fünf Andrier mit im Rate der Amphiktyonen saßen.
In IG II 814 a B. Z. 6 — 10 sind die Zinsrückstände der .Städte, welche durch
vier Jahre nichts bezahlt hatten, angeführt. Unter den Städten, die in der Zeit,
als zu Athen Kalleas, Charisandros, Hippodamas und Sokratides, in Delos Epi-
genes, Palaios, Hippias und Pyrrhaithos Archonten waren, den Zins nicht bezahlten,
erscheinen auch die Andrier. Die Schuld der Andrier betrug 2 Talente, eine
Summe, die auf eine hohe Anleihe schließen läßt'''-'). Den Andriern gegenüber
erscheint Naxos, die größte der Kykladen, nur mit i Talent 3600 Drachmen
belastet''"). Wozu die Andrier um diese Zeit beträchtliche Geldsummen benötigten,
wird uns klar, wenn wir uns die vorerwähnten Ereignisse, deren Schauplatz der
westliche Teil des ägäischen Meeres war und die die Insel Andros nicht un-
beteiligt lassen konnten, ins Gedächtnis zurückrufen. Dazu kommt noch, daß die
Feldherren der Athener, wie Timotheos im Jahre 373, die Flotte aus den Bei-
steuern der Bundesgenossen unterhielten*^'), und da wird auch Andros beizutragen
veranlaßt worden sein''^).
Als vor der Mitte des vierten Jahrhunderts v. Chr. sich die ganze Griechen-
welt von Phaseiis bis Selinunt und von der Cherrones bis Naukratis an der Kol-
lekte für die Wiederherstellung des delischen Heiligtums beteiligte, durften die
Andrier nicht fehlen. In BCH XXVII 1903 p. 29 G, Z. 15 ff. und 32 J, Z. i ff.
sind uns zum Jahre des Archon Aischylos (361/60) die Namen und Namensreste
der Andrier erhalten, die ganz bescheidene Beträge von je einer attischen Drachme
eingeschickt hatten*''^).
5") Daß diese beträchtliche Summe, die die An- Paul Herre, 78) 38. Für die Darlehensgeschäfte der
drier an Zinsen schuldeten, durch einen allzu hohen Tempel im hellenistischen Ägypten Walter Otto,
Zinsfuß, zumal der Zins hei den Griechen kein ge- Priester und Tempel im hellenistischen Ägypten
setzlich bestimmtes Maß hatte, entstanden sei, ist I 318 ff.
bei Tempelgeldern nicht anzunehmen. Diese werden ^'') Vgl. Zingerle, Eranos Vindobonensis 1893
wahrscheinlichzu jenem IconstantenZinsfußausgeliehen S. 371.
worden sein, der unter Freunden meistens üblich ''') In der Rede ApoUodors gegen Timotheos
war, fünf Obolen des Monats für eine Mine, oder aus dem Jahre 362, Deraosth. or. 49 S. 1199 sind
zehn Prozent. Böckh, Die Staatshaushaltung der Athe- genauere Angaben über Timotheos' Feldzug erhalten,
ner' II 92 Anm. I; vgl. ebenda 91 f.; s. auch Bille- Ed. Meyer V 399 ff.
ter, Geschichte des Zinsfußes im griech.-röm. Alter- ^-) Unter Privatleuten erscheint IG II 814 a B,
tum bis auf Justinian, Leipzig l8g8, g ff.; Bauer, Z. 10 SxuXXias 'AvSpio; mit 200 Drachmen im Rück-
Vom Griechentum zum Christentum (Wissenschaft stände.
und Bildung, Einzeld.irstellungen aus allen Gebieten ^') Vgl. Hiller v. Gaertringen IG XII 5, Prae-
des Wissens, herausgegelien von Privatdozent Dr. fatio p. XV n. 1279.
75
In den darauffolgenden Jahren steht Andres auf Seite Athens und nimmt
mit Athen zusammen mehr oder weniger Anteil an allen wichtigeren Begeben-
heiten. Nach dem allgemeinen Friedenskongreß in Sparta^*) folgten die Ver-
wicklungen mit Theben und die erste Berührung mit Philipp von Makedonien.
Die Unternehmungen der Athener arteten in Raubzüge aus, von denen weder
Freunde noch Feinde verschont blieben. Die Bundesgenossen Athens sahen ein,
daß der eigentliche Zweck des Bundes, der Schutz gegen Spartas Übergriffe,
nicht mehr aktuell war und daß die Athener die Gelder in ihrem Interesse ver-
wendeten. Die Unzufriedenheit der Bündner mußte sich steigern, als Alexander
von Pherae mit seinen Raubschiffen im Sommer 362 gegen die Kykladen vor-
ging und sie brandschatzte. Kein Wunder, daß einige Bundesgenossen offen
gegen Athen auftraten ^^). Aus der Zeit dieses sogenannten Bundesgenossenkrieges
ist uns ein athenischer Beschluß erhalten, der uns zeigt, wie die Athener, be-
ängstigt durch die unter den Bündnern entstandene Bewegung, das Athen nahe
gelegene und für Athens kriegerische Operationen wichtige Andros ihrem Reiche
zu erhalten sich bemühen und sich dabei nicht scheuen, die in IG II i, 17 ent-
haltenen Bestimmungen des zweiten athenischen Seebundes zu mißachten. In
IG II I, 62"") besitzen wir einen Beschluß des Rates und des Volkes der Athener,
der vom Mai des Jahres 356 v. Chr. datiert ist und in dem, entgegen den Satzungen
des zweiten athenischen Seebundes, unter dem Archon Agathokles auf den An-
trag des Hegesandros"') beschlossen wird, einen von den erwählten Feldherren
damit zu beauftragen, für die auf Andros weilende Besatzung (ot (ppoupot Z. 10,
■fj cpuXaxi^ Z. 13) zu sorgen. Der Zweck dieser Anordnung wird Z. 7 — 13 angegeben:
Sttws [av] 'AvS[po;] £[1] a[ä]'''*) xCm ori[X(M zOn 'A^^rj[va]öo)v [xa!] z&i Sig|X(j)t xwi l-VvSptw[v]
xaE e;([wa]tv o[t] (ppoupol ot iv ''A[v5po)]t |itc[3-öv] i/. xwv auVTä^ewv •/.[a.za. xa] 56[yjAax]a
x[ö)]v au|.i|Jia)((DV xaE [xy] xa[x]aX[ijrjx]aL t^ cpuXaxT^. Auch wird in diesem Beschlüsse
angeordnet, daß Archedemos die den auf Andros befindlichen Soldaten geschuldete
^') Xenophon VI 3; Diodor XV 50; Dion. Hai., spielte (Dem. XX 146). Das Nähere über ihn bei
De Lys. 12; Plut. Ages. 28. Schäfer, Demosth.- II 330 ff.
"5) Diod. XVI 7, 3 ff. u. 21, 22: Nep. Tim. 3. 6"*) Daß DiUenbergers Ergänzung E[t] a[ä] (Syll.-
Ausführlich bei Beloch II 314 ff. u. 319; E. Meyer 11 1 Anm. 4) richtig ist, hat eine von mir vorge-
V 490 ff. u. 494. nommene Nachprüfung des Steines gezeigt. Denselben
'^^) Rangabs, Ant. Hell. 393; Dittenberger, Wortlaut finden wir auch in IG II 5, 135 f. Vgl.
Syll.^ III; Michel, Recueil 600; HicUs-Hill 130 dazu die zutreffenden Bemerkungen Hillers v. Gaert-
(103). ringen in IG XII ;, Praefatio XV n. 1278. Zu aä
•'") Der Name ist richtig ergänzt. Es ist Hege- siehe noch Ehrlich, Rhein. Museum LXIII 190S,
sandros aus Sunion, der Bruder des Hegesippos 120 ff. und K. 2. Kovxos, ^S-rjvä XXIII igil»
(Dittenberger, Syll.^ lloAnm. I ; Schäfer, Demosth.^ II 1/2 ff.
330 ff.), der damals eine wichtige politische Rolle
10*
76
Summe von den Inselbewohnern eintreiben"') und sie dem auf Andres weilenden
Befehlshaber'") übergeben solle, damit die Soldaten ihren Sold erhielten. Aus dem
Wortlaut des Beschlusses geht hervor, daß sich auf Andres im Mai 356 eine
Besatzung (nach Schäfer, Dem.^ I 165 Anm. i als „Schutzwacht" während des
Bundesgenossenkrieges xatä xi ooyiiaia twv a'j}^i|.iX7_wv) und ein Archon befand").
Durch diesen Archon soll der Besatzung der Sold ix twv cjviicswv v.atä xa ooY|i.»~a
-iöv tjufjiiiaywv ausbezahlt werden. Da dafür gesorgt wird, daß die Soldaten auf
Andros aus den Bundesbeiträgen gemäß den Satzungen der Bundesgenossen be-
soldet werden, wird die Besatzung auf Andros mit Zustimmung des Synedrions
dort aufgestellt worden sein'^); ob im Jahre 556 oder schon ein wenig früher,
läßt sich nicht angeben. Jedenfalls hängt sie mit der gegen Athen gerichteten
Bewegung unter den Bundesgenossen und dem darauffolgenden Kriege zusammen.
Um diese Zeit finden wir als Beamten auf Andros einen Timarchos, des
Arizelos Sohn, von Sphettos'^), gegen den Aischines die Klage wegen der Trug-
gesandtschaft eingegeben und eine Untersuchung wegen schandbaren Lebens-
wandels eingeleitet hatte. Aus der bei dieser Gelegenheit gehaltenen Rede des
Aischines'^) erfahren wir, daß Timarchos attischer Beamter auf Andros war, ohne
daß sich die Zeit genauer bestimmen ließe. Keineswegs wurde jedoch Andros,
wie ]\Iiliarakis, K3'kl. 251, behauptet, in der ganzen Zeit von 355 — 335 von Ti-
marchos verwaltet. Denn die richterliche Erkenntnis, die dem Timarchos auf
Grund der Gesetze über Hurerei und Vergeudung des väterlichen Erbteiles das
Recht, in der Volksversammlung oder vor Gericht zu sprechen, entzog, fiel ins
Jahr 345 — nicht vor Mitte desselben (Schäfer, Dem.^ 11 336) — , so daß Timarchos
seither politisch tot war und auch kein Amt mehr bekleiden durfte. Aischines,
xata T!i[i.äpyo\) 106 ff. zählt die Amter auf, die Timarchos erschlichen und untreu ver-
waltet hatte. Zuletzt bringt er n 3 ff. vor, daß Timarchos der Kommission an-
gehörte, welche bestellt war, über die Vollzähligkeit der eretrischen Soldtruppen
im euböischen Kriege'-'') Kontrolle zu fuhren und daß sich Timarchos ebenso wie
*^) Vgl. Plut. Phokion 7; ApoUod. gegen Tim. hatte (vgl. IG 11 ö2, Z. 7 ff.).
49, S. 1199; Isokr. über den Vermögenstauscli 13; '^) Böckh, Stli.^ II 99, 677; Paulus Panske,
Ditt., Syll.- 101; Aisch. 2, 71 S. 37. Griech. Studien, Hermann Lipsius zum 60. Geburts-
'") T(ö[t äpxov-t -zur.] §v] 'AvSpcoi in Z. 19 ist nur tag 1894 S. 5 ff.
ergänzt. '^] Über Timarchos s. Schäfer, Dem. - II 334 ff.
'') Vgl. Harpocr. s. v. iraoy.oiiO'.. Der Vergleich '*) Kaii Tijiäpxou I 107 f.
eines Archon auf Andros mit dem spartanischen Har- '*) Schäfer, Dem.- II 79 setzt den Aufbruch zum
mosten bei Böckh, Staatshaushaltung-' I 480 stimmt Feldzuge vor das Kannenfest (12. Anthesterion), Ende
nicht ganz, da ersterer, in kriegerischen Zeiten ein- Februar 350 auf Grund von Demosth. <:pij Bo'.m'O'/
gesetzt, die Insel gegen äußere Angriffe zu schützen ;:. 0. 16 f. S. 999, 6j s. auch Beloch II 502 ff.
77
die anderen Mitglieder der Kommission bestechen ließen. Danach fällt seine
Tätigkeit als Amtmann auf Andros vor 350, wenn diese KontroUbehörde, wie
anzunehmen ist, g'leich zu Beginn des Feldzuges ihre Tätigkeit begonnen hat.
Daß der in IG II 62 Z. 19 genannte Archon, welchem Archedemos die den Soldaten
geschuldete Summe übergeben sollte, mit Timarchos zu identifizieren sei — denn
^p^ev (Aischin. I 106) weist auf die Machtbefugnis eines Archon — , läßt sich
vermuten^"), aber nicht entscheiden.
Daß zwischen Athen und Andros trotz der Bundessteuer und Besatzung
freundliche Beziehungen herrschten, muß man aus IG II 2, 700 schließen. Wir
erfahren aus dieser Inschrift, die einen Teil einer Übergabsurkunde der Schatz-
meister der Athena bildet und die Z. 5 den Namen des Archon Theophilos (348/7)
und Z. 4 den wahrscheinlich richtig ergänzten Namen des Archon Themistokles
(347/6) enthält, von einem Kranz, mit dem die Andrier das Volk der Athener
geehrt haben. Den Grund der Kranzverleihung kennen wir allerdings nicht.
Die athenische Besatzung blieb auf Andros auch nach dem Ende des Bundes-
genossenkrieges liegen. Dies geht aus der zuletzt von mir in den Athen. Mitt.
XXXVI 191 1 S. I ff. behandelten Inschrift aus Andros IG XII 5, 714 hervor.
Aus dem vierten Jahrhundert besitzen wir die schönsten Münzen von Andros")
(Abb. S. 96), deren kunstvolle Ausführung auf gute ökonomische Verhältnisse schließen
läßt. Ihre Stempel gehen zum Teil, wie Paschalis wohl mit Recht aus dem auf
einigen vorhandenen $ geschlossen hat, auf den Münzschneider Philistion zurück,
der uns in den Städten Großgriechenlands häufig begegnet und in dem Paschalis
einen gebürtigen Andrier sehen möchte.
Andros in hellenistischer Zeit.
Daß Andros den Athenern in dem Kampfe mit Philipp von Mazedonien Hilfe
geleistet hat, ist aus Lykurg, xata Aswxpaxoug 42 zu entnehmen'). Hier hält Lykurg
den Athenern vor, daß der Staat, den einst die Spartaner, Peloponnesier und die
Griechen Kleinasiens zu Hilfe gerufen, im Kampfe gegen Philipp Orte wie
Andros, Keos, Trozen und Epidauros um Hilfe angegangen habe. In das Jahr des
Archon Chairondas (338/7) gehört ein Dekret zu Ehren der Andrier Drakontides,
Sohnes des Amphoteros, undHegesias, Sohnes des Stesagoras-)- Diese werden belobt
'•') Böckh, Sth. ' II 99*, 677. ') Christ-Schmid, Gesch. d. griech. Litt. » 572.
") Paschalis a. a. O. 348; vgl. Macdonald, Cata- Einen ausführlichen Kommentar zu dieser Rede gibt
logue of Greek coins in the Hunterian Collection 202, Roehl in seiner Ausgabe,
der sie nach 308 setzt, ebenso auch Head, Historia ^) Wilhelm, Jahreshefte X 32 ft".
numorum' S. 482.
und ausgfezeichnet äv5pa[yai)-!a5| e'vjexx xai süvoca? ifj; Tispi •uö[v| Srjfiov tov lAÖTjVai'wv
(Z. 3 ff. des größeren Bruchstückes bei Wilhelm, Jahreshefte X 33). Vielleicht wurden
die genannten Andrier für ihre tapfere Haltung und die im Kriege gegen Philipp
geleistete Hilfe von den Athenern ausgezeichnet''), wie auch die Akarnanen
Phormion und Karphinas aus eben diesem Grunde geehrt worden sind*).
Als nach der Schlacht bei Chaironeia von Philipp der hellenische Land-
friedensbund zu Korinth gegründet wurde, der die Freiheit und Selbständigkeit
der griechischen Staaten bestimmte^), haben die Inselgriechen im allgemeinen
sich der korinthischen Föderation angeschlossen (Kaerst, Rhein. Mus. LH 543).
Daß durch die Bestimmungen des korinthischen Bundes Andros von der athenischen
Besatzung befreit wurde, bedarf keiner ausdrücklichen Erwähnung'').
In Aristoteles' Politik (II g, 1270 b, Z. 7 ff.), deren Abfassungszeit in die
Jahre 336 — 332 fällt, finden wir eine Anspielung auf Vorgänge, die die Stadt Andros
betreffen. Aristoteles spricht über die Unzulänglichkeit der Institution der Ephoren
in Sparta und sagt, daß es ein Unheil für den Staat bedeute, wenn die Besitzlosen
(tovtjte;) die Regierungsgewalt an sich reißen {E\in'iKxziv dz xb a.pytlo^). Infolge ihrer
Armut seien sie Bestechungen leicht zugänglich: lorjXwaav oz ■kqWö.v.ic, |iiv xac
Tzpoxepov xa: vOv oe iv xolc, Avopöotj. Siacpö'ocpevcet yäp äpyuptw Ttve; 6aov iv lauxot? SXtjv
-crjV TioXtv dnwXeaav. Diese Bemerkung des ArLstoteles zeigt, daß die Stadt Andros
um jene Zeit durch die Bestechung der Ephoren ihre Interessen zum Schaden
des -spartanischen Staates durchzusetzen wußte. Leider sind wir darüber nicht
genauer unterrichtet.
Noch dürftiger sind die Nachrichten, die uns die folgenden Jahre über
Andros bringen. Während Alexander in Kleinasien von Sieg zu Sieg ging, wurden
die Inseln des ägäischen Meeres von dem persischen Geschwader beunruhigt.
Datames, der mit zehn Schiffen nach den Kykladen gesandt worden war, schob
sich bis nach Siphnos vor, wo er von Proteas im Auftrag des Reichsverwesers
Antipater überfallen wurde und nur mit zwei Schiffen davonkam (Arrian. II 2,
2 — 4). Doch zog bald Pharnabazos, der Befehlshaber der persischen Flotte, von
^) Vgl. Athen. Mitt. XXXVI 191 1 S. 17. Attische Urkunden I. Teil. Urkunden des korinth.
') IG II I, 121 aus demselben Jahre (338/7). Bundes der Hellenen, Sitzungsberichte der kaiserl.
.Siehe Velsen, Act. menstr. Acad. Berol. a. 1856, Akademie der Wissenschaften in Wien, phil. hist.
115 ff. Kl. 165. Bd.; 6. Abh. 1911.
') (Demosth.)XVIl7; J. Kaerst, Rhein. Museum ^) Wilhelm a. .a. O. 31 nimmt an, daß an die
NF LII 519 ff. und derselbe, Geschichte des Vereinigung, die die Inselgemeinden in Philipps
hellenistischen Zeitalters, I 201 ff. Für die Aus- hellenischem Bunde erfahren haben, das Koivov imv
dehnung des korinthischen Bundes und die Ver- vy;aiü)TÜ)V anknüpfte,
tretung seiner Mitglieder im Bundesrate s. Wilhelm,
79
Milet mit loo Schiffen aus, legte eine Besatzung nach Chios und griff Andres
und Siphnos an. Auch Andres erhielt eine Besatzung und zahlte eine Geldstrafe
(Curtius Rufus IV i, 6), wurde jedoch von dieser Besatzung bald befreit. Denn
die Befehlshaber Alexanders, Amphoteros und Hegelochos, brachten mit einer
Flotte von i6o Schiffen, wohl erst 332, die Inseln zwischen Griechenland und
Kleinasien in die Gewalt Alexanders (Curtius Rufus IV 5, 14). Dal3 Andres dabei
eine Besatzung erhalten habe, erfahren wir nicht.
Dunkel ist, was die wichtigen Ereignisse der darauffolgenden Jahre für
Andres brachten. Selbst die Münzen, die sonst reichlich vorhanden sind, fehlen
uns für diese Jahre. Erst zum Jahre des Archen Charines (Kairimes)') 308/7 be-
richtet uns Diedor XX 37, i, daß die ägyptische Flotte unter Ptolemaies die
Station von Myndos verließ und auf der Durchfahrt durch die Inseln des ägäischen
Meeres an Andres vorbeikam, diese Insel befreite und die Besatzung vertrieb. Hiller
v. Gaertringen IG XII 5, 714 bezeichnet die ven Ptolemaios vertriebene Besatzung
als makedonisch. Wenn auf Andres eine Be.satzung war, der Ptolemaios feindlich
gegenüberstand, so kann es sich nur um eine handeln, die es mit seinem Gegner
Antigenes und mit dessen Sehn Demetries Polierketes hielt. Denn gegen diese war
damals der allgemeine Krieg gerichtet*). Wann die Besatzung ven Antigenos nach
Andres gelegt worden ist, wird nirgends gesagt; doch wird dies wahrscheinlich nach
seinem Siege am Hellespent, nach 318 geschehen sein, als seine und Kassanders
Flotte das ägäische Meer beherrschten'). Um diese Zeit hatte sich unter Antigenos
auch das Kotvöv xwv vr^aiuTöjv gebildet, auf das in der Folgezeit sowohl die Anti-
goniden als auch die Ptelemäer ihr Augenmerk richteten*"). Für die Beziehungen
ven Andres zu dem Keinen haben wir außer Dittenberger Syll. ^ 202 keine Nach-
richten. Andres war durch seine Lage zu sehr ausgesetzt, als daß es sich dem Keinen
hätte anschließen und der in ihm gewährleisteten, völligen staatlichen Autonomie
'') Wilhelm, Athen. Mitt. XXII 1897 S. 209. SyU.- 202; Delamarre, Rev. de Phil. XXVI 291 ff.;
') Diodor XX 19, 3; Niese, Gesch. d. gr. u. v. Schoeffer, De Deli insulae rebus 93 ff. ; Pridik a. a. O.
maked. Staaten I 308 f. und meine Ausführungen, 46; ferner Beloch III I, 150 Anm. 2 u. III 2, 28 1 ff.;
Athen. Mitt. XXXVI 18 Anm. 3; vgl. Beloch, Gr. HomoUe, BCH IV 320 ff.; Dürrbach, BCH X 119 f.;
Gesch. III I, 149 f.; Dürrbach, BCH XXXI 2l8ff. Garofolo, Rend. della R. Acad. dei Lincei XI 164 ff.;
9) Diodor XVIII 72, 3 ff.; Polyaen. IV 6, 8; Deraoulin, BCH XXVII 250 u. derselbe, Musee Beige
Niese I 246 ff. u. 309 ff. Im Jahre 315 wird Diosku- VIII 99; Holleaux, BCH XXXI looff. u. Anm. 2 u.
rides, der Nauarch des Antigonos, mit einer Flotte 340 ff. ; richtig angesetzt von Dürrbach, BCH XXXI
ausgeschickt, um die Inseln auf die Seite des Antigonos 208 ff", und König, Der Bund der Nesioten, I3ff. ;
zu bringen (Diodor XIX 02, 9). Vgl. Miliarakis, Ferguson, Jourii. of Hell. Stud. XXX 192, 208; Wil-
Kyklad. 265; Hiller v. Gaertringen, IG XII 5, Prae- heim, Sitzungsb. d. Wiener Akademie, 165. Bd., 6.
fatio IX. Abh. 191 1, 31; Weil, Berl. phil. Wochenschrift 1911,
'») Vgl. das Nesiotendekret bei Dittenberger, Sp. 1408; Roussel, BCH XXXV S. 441 ff.
8o
hätte erfreuen können. Es machte sich in Andres mehr als an einem andern Orte
des ägäischen Meeres der Einfluß des jeweiligen Machthabers geltend, wodurch eine
freie Bewegung unmöglich war. Ptolemaios, der die Insel im Jahre 308/7 von der
Besatzung befreite, wird selbst keine dort zurückgelassen haben, denn eine solche
ließe sich schwer in Einklang bringen mit seinen so stolz angekündigten Be-
freiungen, die die Griechenwelt so sehnsüchtig erwartete''). Ob Ptolemaios die
Oberherrschaft auch in den folgenden Jahren behielt oder ob er sie in der Zeit,
als Antigonos' Sohn Demetrios die Stadt Athen durch Überfall einnahm'-) oder
später in der Zeit nach der Niederlage, die Antigonos dem Ptolemaios bei Salamis
auf Kypern beibrachte'^), verlor, erfahren wir nicht'"*). Aus der Zeit der Ober-
herrschaft Ägyptens über Andres haben wir außer Dittenberger Syll. ^ Z. 62 keine
direkten Zeugnisse. Wohl aber kann der hier nachweisliche Kult der Isis (siehe
unten) auf jene Epoche zurückgeführt werden^'). Für die politische Konfiguration
der folgenden Zeit sind nicht unwichtig die Übergabsurkunden der delischen
Hieropoioi, die uns die in dem Schatzhause der Andrier befindlichen Gegenstände
angeben Aus dem Inventar des Archen Sosisthenes aus dem Jahre 250"') sehen
wir, daß seit dem Jahre 283 — 250 durch die Deliades") alljährlich eine Phiale des
Königs Ptolemaios und seines ergebenen Nesiarchen Hermias'*) im Schatzhause der
Andrier aufgestellt wird. Seit 252 erscheint auch eine Phiale der vStratonike ^'') und
des Antigonos. Daß bis 252 nur der Ägypter das Schatzhaus der Andrier beschickte,
weist auf das ptolemäische Übergewicht hin. Wenn seit jenem Jahre auch Weih-
gaben der Makedonier erscheinen, so kann dies nicht auf Zufall beruhen, sondern
muß in einer Verschiebung der Machtverhältnisse, einem Wechsel in der Ober-
herrschaft über Andres begründet sein-'').
") Diodor XIX 3; Niese I 308 f.; Beloch III i, Z. 88 ff. Für die delische Chronologie Homolle, Les
150; Droysen, Gesch. d. Hellenismus II 2, 85 ff.; archives XLIX 102 ff.; Schulhof, BCH XXXI 97 ff.;
vgl. .luch die Bemerkungen v. Schubart, Klio 1910 Tarn, Journ. of Hell. Stud. XXIX S. 274; vgl. Beloch,
66 über Befreiungen im Reiche Alexanders des Gercke-Norden, Einleitung in die Altertumswissensch.
Großen und seiner Nachfolger. III 147; Roussel, BCH XXXV 1911, 423 ff.
'2) Juni 307. Beloch III i, 155 ff.; Droysen, '') Über sie Homolle, BCH VI 144 f., 148.
II 2, 118 ff.; Niese I 312. ") Tarn, Journ. of Hell. Stud. XXXI S. 251.
") Mitte 306. Beloch a. a. O. 159; Niese a. a. O. ^^) Homolle, BCH IV 21 1; XII 420 f.
318 f.; Droysen a. a. O. 124 ff. -") Unter den Stiftern sind außer den Trittyen
'*) Vgl. Homolle, BCH VI 1882 S. I59ff. der Thyestadai und Okyneidai von Delos noch Pai-
'") Alleinstehend und nicht begründet ist Heads risades, der König von Bosporus, Philetairos, Stesi-
(Hist. num.2 482) Annahme, daß nach 308 auf Andros leos, Kestimos, Sohn des Kres und Nikolaos, Deios'
Münzen von ptolemäischem oder rhodischem Fufi ge- Sohn aus Atollen genannt. Auch die letzteren Namen
prägt worden seien. besagen etwas für die Beziehungen von Andros.
'^) Homolle, Les archives de l'intendance sacree Auch das unveröffentlichte Inventar des Skylakos
a Delos 130, App. II n. XLVII; BCH XXVII 95, oder Menethales aus dem Jahre 230 bezw. 229
8i
Unter den dürftigen Nachrichten, die die folgende Periode des Widerstreites
makedonischer und ägyptischer Interessen beleuchten, soll eine Plutarchstelle^^)
hier erwähnt werden. Sie erzählt von einer Reise des Aratos zu Ptolemaios von
Ägypten, die den Zweck hatte, für seine Vaterstadt Sikyon Geld zu beschaffen
und ihn, wie es scheint, auch nach Andros führte'-^). Dort entging er nur durch
eine falsche Aussage seiner Diener den Nachstellungen des makedonischen Phrur-
archen und gelangte auf einem römischen, nach Syrien bestimmten Schiffe nach
Karlen und von da später nach Ägypten. Aus dieser Plutarchstelle geht deutlich
hervor, daß unmittelbar nach der Befreiung von Sikyon, als Aratos seine abenteuer-
liche Reise unternahm-'), auf Andros eine makedonische Besatzung stand. Wann
diese hier aufgestellt wurde, erfahren wir nicht. Doch ist es wahrscheinlich, daß
ein Sieg des Antigonos Gonatas über die ägyptische Flotte im ägäischen Meere
ihn auch in den Besitz der Insel Andros gebracht hat^*). Daß im Andrier-Schatz-
haus auf Delos eine Zeitlang Ptolemaios' und Antigonos' Gaben gleichzeitig nieder-
(Horaolle, BCH VI 100 und Les archives 133 n. LVI)
und das des Arclion Sosistratos aus dem Jahre 201
(Homolle, Les archives 139 n. LXXVII) befaßt sich
mit dem Schatzhaus der Andrier. Ihre Publilcation
steht bevor. Vgl. dann auch die von Dürrbach, BCH
XXIX 499 f. n. 166 B veröffentlichte Rechnungs-
legung der Hieropoioi aus dem Schatzhause der
Andrier um das Jahr 229, ebenda n. 167 S. 510 Bb,
Z. 164 — 167 nach dem Jahre 234, sowie das delische
Inventar des Demares bei Homolle, Les archives
141 f., n.LXXXVI; BCH VI46, 155. Dieses Inventar
ist fast identisch mit dem noch unpublizierten des
Telesarchides II aus dem Jahre 182 bei Homolle,
Les archives 141 n. LXXXV.
^') Aratos 12.
^^) Überliefert ist das hier ganz unverständliche
'ASpiaj, wofür schon Palmerius üvSpfas vermutet hat.
[Siehe hierzu oben S. 2.] Diese Vermutung ist
einleuchtend, da die Insel Andros der Insel Euboea
zunächst liegt, wohin sich Aratos nach der falschen
Aussage der Diener, die Aratos vor den Nachstel-
lungen des makedonischen Phrurarchen retten wollten,
geflüchtet hätte. Das Bedenken von Niese II 246
Anm. 2, warum denn das römische Schiff auf der
Fahrt nach Syrien Andros berührte, wiegt nicht
allzuschwer. Nach de Sanctis, Klio IX 1909 S. 6
Anm. 2, ist die Form 'AvSpia; aus "AvSpou verderbt,
infolge des Auslautes des darauffolgenden noXE|i£a;
entstanden, dann aber sinnlos in das geläufigere
'Aäpfas verwandelt. Sintenis, Philol. I 393 zweifelt
Sauciuc, Andros.
an AvSptaj und Droysen, Philol. II 293 nahm das
von Thirlwall VIII 113 und Bergk, Zeitschrift f.
Altert. 1846, 669 vermutete 'rSpia; an. Siehe Droysen
III 242 Anm. I. Diese sowie andere Vermutungen
wie "Apfsta; und 'AxTtas auf Euboea treffen nicht
das Richtige. Vgl. Hirschfeld, Pauly-Wissowa RE
I 2138 s. v. Andria n. 1.
") Über die Zeit der Reise Droysen III 2, 344
u. Anm. 2 und ebenda III 2, 242 Anm. I; Niese,
II 131 Anm. 4; Delamarre, Rev. de Philol. XXVI
319 und 320 und Anm. I; Beloch III I, 638
Anm. 5, 639 Anm. 2; III 2, 433; de Sanctis, Klio
IX t ff.
-') W.an wird an den Sieg von LeukoUa bei
Kos denken. Für die Datierung dieser Schlacht siehe
Plut., De se ipsum citra invidiam laud. 15; vgl. Reg.
et imper. apophth. 183 D; Athen. 209 e; Diog. Laert.
IV 3g; besonders zu nennen ist Beloch, Beitr. zur
alt. Gesch. I 289 ff. und Gr. Gesch. III 2 § 174;
derselbe bei Gercke-Norden, Eink in d. Altert. III
126; Garofolo, Rendic. della R. Accad. dei Lincei
XI 1902, 146 ff.; Delamarre, Rev. de Philol. XXVI
1902, 321; Levi, Atti della R. Accad. delle scienze
XXXIX 1903/4 p. 629 ff.; Lehmann- Haupt, Klio V
1905 S.390;Homolle,Archives64 ff.; Gaetano deSanc-
tis, Rivista intern, di scienze sociali fasc. XIII — XIV,
p. II und Klio IX 1909, 8; Ferguson, Hell. Athens,
190; Pozzi, R. Accad. d. scienze di Torino 1911/12
s.II Tom. LXIII, 336 ff.; vgl.auch Droysen III I, 405;
Miliarakis, Kykl. 267; Tarn, JHS XXIX 1909, 280.
II
82
gelegt wurden, kann nicht dagegen angeführt werden. Bestanden doch auch in
Delos die von dem ersten Ptolemaier und Antigoniden gestifteten Feste während
des dritten Jahrhunderts fort, unberührt durch die Einbuße an Macht, die das
eine oder das andere Reich erlitten hatte^^).
Ebenso wichtig wie diese Episode ist die bei Plutarch Pelopidas 2-*') und
Trogus Pompeius, Prolog 27-') erhaltene Nachricht von einer Seeschlacht bei
Andres. Die Frage nach dieser Schlacht ist oft und ausführlich, vor kurzem von
W. Tarn Journ. of hell. stud. XXIX S. 264 ff. und fast gleichzeitig von V. Costanzi,
Rivista di Filologia XXXVII S. 516 ff. behandelt wordenes) Während Costanzi
hauptsächlich Trogfus heranzieht und im Anschlüsse an Beloch, Beitr. zur alten
Geschichte I 289 ff. und Griech. Geschichte III 2 § 174 die Schlacht bei Andres
mit der karischen Expedition des Antigonos Doson verbindet, indem er den
Sieg bei Andres für Doson den Weg zur Erwerbung Kariens eröffnen läßt,
hat Tarn für die Schlacht bei Andros auch die von HoUeaux in der Nord-
halle auf Deles auf einem Architrav gefundene Inschrift C. R. Acad. inscr.
1907. 335 ff- und das von Schulhof, BCH XXXII 97 ff., 2. Teil von n. 21 ver-
öffentlichte delische Inventar des Archen Stesileos herangezogen und auf Grund
dieser Zeugnisse es wahrscheinlich gemacht, daß die Schlacht bei Andros für
Antigenes Gonatas einen Sieg bedeutete, der ins Jahr 246 zu setzen ist. Andres
verblieb weiter im Besitze der makedonischen Könige und die Inschrift von Adulis,
welche nach dem Tode des Ptolemaies Philadelphos von dessen Sohn Euergetes
Z. 7 f.: -apaXapwv izxpx zoü :taTp6; xrjV ßaatXstav tiov K'jxÄäowv verkündet, kann,
wie zuerst Dürrbach BCH XXVIII S. 107 f. gezeigt hat, nicht als Gegenbeweis
angeführt werden^"). Dafür, daß auf Andres die makedonische Besatzung und Herr-
") Dürrbach, BCH XXXIII 190O p. 227. bach, BCH X 120; MahafFy, The empire of the Pto-
^^) Wir lesen itvti-fovo; 6 fipiuv, öte vauiiaxstv lemies 201 f.; derselbe, Greek life and thought 382;
Tispl 'AvSpou E|i£l?.£v, sItovto; uvös 6)5 noXi) TiXstou; Kaerst, Pauly-Wissowa RE I 2415; Dittenberger,
aE z&w itoXEjiiiov vijsj slsv S(is Ss aü-6v, icpr], 7;pö; Syll,^ 224 Anm. 2; Hiller v. Gaertringen, IG XII 5,
nooag ävTioxijasis; vgl. Plutarch, De Alexandri Magni Praefatio X. Zu Tams obengenanntem Aufsatz s. Fer-
fortuna aut virtute orat. I 9; derselbe, De se ipsum guson, Journ. of hell. stud. XXX Igo ff.; derselbe,
citra invidiam laudando 15 und Regum et imper. Hellenistic Athens 191 1, 198; als Entgegnung auf
apophthegmata 183 D. Fergusons Aufsatz, Tarn a. a. O. 223 ff.; s. auch 209 ff.
"') Diese Stelle ist korrupt und ist von den ein- Tarn, dessen soeben in Oxford erscheinendes Buch über
zelnen Erklärern verschieden geändert worden, je Antigonos Gonatas ich nicht mehr einsehen konnte,
nachdem ein Sieg oder eine Niederlage des Antigonos folgt nun auch Swoboda, Hermanns Staatsaltertümer
angenommen werden sollte. III'> .S. 419 f., während Pozzi a. a. O. 352 ff. für den
-*) Von der früheren Literatur ist noch zu nen- Seesieg des Antigonos Gonatas über die ägypt. Flotte
nen: Niebuhr, Kleine bist. u. philol. Schriften I 297; bei Andros Anfang 245 (statt 246) vorschlägt.
vgL dessen Vorträge über alte Geschichte III 401 ; -^) Vgl. Dittenberger, OGIS 54: HomoUe, Les
Miliarakis, Kykl. 270; HomoUe, BCH VI 16 1 ; Dürr- archives 65 f.; Niese II 141 ff.; Dittenberger, Syll.-
83
Schaft, die wir vor der Mitte des dritten Jahrhunderts dort angetroffen haben, bis
zur Eroberung der Insel durch die mit den Römern verbündeten Pergamener nicht
zu bestehen aufgehört hat, spricht deutlich der Umstand, daß es Attalos nach der
Einnahme von Andros im Jahre 200, wie wir weiter unten sehen werden, gelang,
fast alle Makedonier zu bewegen, in Andros zu bleiben. Diese mußten eine geraume
Zeit dort verbracht haben, wenn sie sich zu bleiben entschlossen^").
Wie sich die Andrier zu den Rhodiern stellten, die seit dem letzten Viertel
des dritten Jahrhunderts eine wichtige Rolle im ägäischen Meere spielten, läßt
sich schwer sagen, da uns keine Nachrichten vorliegen. Wenn auch Rhodos in
der Zeit 230 — 170 als Schirmherr von Delos und als Haupt des Kotvöv tiöv vr;5twxwv
einen großen Einfluß auf die Inseln des ägäischen Meeres gewann, eine Herrschaft,
äpyj;, übte es über sie nie aus^'). Auf das makedonische Andros konnte sich ihr
Einfluß bis zu einem gewissen Grade zu der Zeit erstrecken, als die Rhodier zu
Makedonien freundschaftliche Beziehungen unterhielten, wie sie uns für die Zeit
des Antigonos Doson bezeugt sind^^). Von einer Oberherrschaft der Rhodier über
Andros kann aber nicht die Rede sein^^).
Außer der Nachricht über die Beteiligung an dem Feste der Artemis Leuko-
phryene in Magnesia (Kern n. 50) haben wir über Andros erst wieder um die
Wende des dritten Jahrhunderts v. Chr. Kunde, als Philipp V. von Makedonien sich
nach dem Tode des Ptolemaios IV. Philopator mit Antiochos III. von Syrien zur
Teilung Ägyptens verband'*). Da Philipp V. im Jahre 202 seinen Feldherrn Dikaiarchos
aussandte, um die Kykladen und die Städte am Hellespont zum Abfalle zu bringen ^^j,
223 Anm. 2 und 224 Anm. 2; Hiller v. Gaertringen, 1907, 109 f.; ebenda Roussel 360.
Theral i64f.; Delaraarre, Rev. de phil. XXVI318; ^3) ygl. Demoulin, Musee Beige VIII 1904
Beloch III 2, 282; Max Nicolaus, Zwei Beiträge zur p. 99 f.; Delamarre, Rev. d. Phil. XXVI 1902
Geschichte König Philipps V. von Makedonien, p. 322; Max Nicolaus, a. a. O. 84 ff. Sehr richtig be-
Dissertation Berlin 1909 S. 88 Anm. 71; Costanzi, merkt Costanzi, Klio XI 1911 S. 280, daß man in
Klio XI 277 fF.; s. noch König, Der Bund der Ne- dieser Zeit nicht eine Hegemonie der Rhodier anzu-
sioten, 18 ff.; 86 ff.; 90 ff. nehmen hat, sondern daß sich die Rhodier nur im
™) Vgl. Polyb. XVIII 37, 8; HoUeaux, BCH Interesse ihrer Handelsbeziehungen auch der be-
XXXI1907 p. 106 Anm. I; Droysen III 2,328 f.;Milia- drohten Inseln annahmen. Die Verhältnisse lagen in
rakis, Kykl. 270; Niese II 131 u. Anm. 4, 169; Beloch jener Zeit derart, daß Ägypten zu schwach war, sich
III 2, 2S2, 433; Delamarre a. a. O. 320 u. Anm. I; seiner Inseln anzunehmen, Makedonien aber ander-
Dürrbach, BCH XXVIII I904 p. 108 Anm. I; Hiller wärtig zu beschäftigt war, um seine Aufmerksam-
V. Gaertringen, IG XII 5, Praefatio X; Ferguson, keit den Inseln des ägäischen Meeres zuwenden zu
Hell. Athens 192 f. können.
^') Über die Geschichte der Rhodier siehe van ") Polyb. III 2, 8. Nach Strack, Die Dynastie
Gelder, Gesch. d. Rhodier, III ff. u. Demoulin, BCH der Ptolemäer, 182 stirbt Ptol. IV. nach 13. /X. 205,
XXVII 1903 p. 247 ff. vor 13. /X. 204; Costanzi, Klio XI 191 1 S. 281.
") Garofolo, Rend. della R. Accad. dei Lincei ^^) Polyb. XVIII 37, 8 ff.; Diodor 28, I; Niese
XI 1902 p. 164 u. Anm. 4; Holleaux, BCH XXXI, II 581; Max Nicolaus a. a. O. 77.
II*
84
wandten sich Rhodos und Pergamon an die Römer. Die Forderungen der letzteren
wurden von PhiUpp zurückgewiesen und bald nach der Kriegserklärung wurde
F. Sulpicius Galba die Kriegsführung in Makedonien übertragen. Sobald in Gegen-
wart des Attalos von Pergamon und der Rhodier der Krieg in Athen beschlossen
worden war, begab sich Attalos zurück nach Aegina, die Rhodier dagegen zogen
von Aegina nach Chios und von da zwischen den Inseln hindurch nach Rhodos
und nahmen sie alle in ihren Bund auf, außer Andros, Paros und Kythnos, die
makedonische Besatzungen hatten (Livius XXXI, 15). Noch in demselben
Jahre 200 vereinigten sich die Römer unter dem Legaten L. Apustius mit Attalos
bei Skyllaeum im Gebiete von Hermione. Von hier segelten sie nach dem Piraeus,
wo sie einige Tage verweilten. Von den Athenern als Bundesgenossen mit Ehren-
beschlüssen überhäuft, schifften sie vom Piraeus nach Andros. Als sie, wie wir
weiter aus Livius {=: Polybius) XXXI, 45, i — 9 erfahren, in dem Hafen Gaurion
(überliefert ist das unverständliche Gaureleon) Anker geworfen hatten, ließen sie
die Stimmung- der Einwohner erkunden, um zu erfahren, ob diese die Stadt
gutwillig übergeben oder es auf Gewalt ankommen lassen würden. Als die
Andrier aber antworteten, daß in der Burg eine königliche Besatzung liege und
sie nicht freie Hände hätten, schifften der König und der römische Legat ihre
Mannschaft und alle ihre Belagerungswerkzeuge aus. Von verschiedenen Seiten
rückten sie vor die Stadt. Am meisten erschraken die Andrier vor den
römischen Soldaten und Rüstungen, die sie zum erstenmal erblickten, und vor
dem Mute der Krieger, welche so entschlossen sich den Mauern näherten. Darum
floh alles sogleich in die Burg. Die Feinde bemächtigten sich der Stadt und nach-
dem die Einwohner in der Burg zwei Tage lang mehr im Vertrauen auf den
Platz als auf ihre Waffen sich gehalten hatten, bedangen sie am dritten Tage
für sich und die Besatzung aus, daß jeder von ihnen mit seinem Gewände
(cum singulis vestimentis) nach Delium in Böotien gebracht werden sollte. Die
Insel überließen die Römer dem Könige Attalos, die Beute und Kunstschätze
der Stadt aber führten sie selbst weg. Attalos überredete, um keine entvölkerte
Insel zu besitzen, fast alle Makedonier und mehrere Andrier, auf der Insel zu
bleiben. Nachher ließen sich auch diejenigen, welche dem Vertrage gemäß nach
Delium gebracht worden waren, durch die Versprechungen des Königs, „denen
die Sehnsucht nach dem Vaterlande leichten Glauben verschaffte", zur Rückkehr
bewegen'^).
^"j Unrichtig ist die Behauptung Demoulins (BCH phalai habe die Makedonen gezwungen, die Be-
XXVII 1903 p. 248), erst die Niederlage bei Kynoske- Satzung von Andros zurückzuziehen.
85
Andros war für die Pergamener eine nicht unwichtige Erwerbung. Schon
im Jahre 198 benutzten diese die Insel, um hier ihre Schiffe (24 Fünfruderer)
unter Attalos mit den rhodischen Schiffen (20 an der Zahl) unter dem Nauarchen
Akesimbrotos zu vereinigen und von da nach Euboea zu ziehen und die Äcker
der Einwohner von Chalkis zu verwüsten (Livius XXXII 16, 7; Zonar. IX 16).
Andros verblieb im Besitze der Attaliden auch nach dem Frieden, der nach der
Schlacht bei Kynoskephalai mit Philipp abgeschlossen wurde, und nach den
Isthmien des Jahres ig6, bei denen der Konsul Titus Quinctius die Freiheit
der Hellenen verkünden ließ (Polyb. XVIII 46; Livius XXXIII 32 f.; Appian,
Maked. 9, 4), ebenso auch nach dem zweiten makedonischen Kriege, so daß wir
es nicht unter den freien Städten finden ^^).
Mit der Einnahme von Andros durch die Römer ist dessen Blüte vorbei,
da die Andrier nach ihrer Rückkehr in armseligen Verhältnissen lebten. Von ihrer
Armut können wir uns ein Bild nach Himerios, Or. VIII 7 machen, dessen Erzählung,
die Andrier wären so arm gewesen, daß sie dem Apollo kein Räucherwerk dar-
bringen konnten, sondern nur die Scheiterhaufen anzündeten, wohl nur auf diese Zeit
sich beziehen kann; und vielleicht ist der Tempel, den Memmius Rufus o y.x: 'latScopo;
auf eigene Kosten wieder herstellen ließ, dessen Teile als ix uoXk&'j uavxa xatr;-
pei\x[Livx xaE YjpYj[xco|x£va ypöviäw bezeichnet werden^*), während ihres Aufenthaltes
in Delium verfallen und erst im zweiten Jahrhundert n. Chr. wieder bezogen
worden. Unter der Herrschaft der klugen Attaliden werden die Andrier bald
wieder zu Wohlstand gekommen sein. Wenn ihnen auch die Autonomie und
Freiheit gesichert ward, so mußten sie doch für Abgaben aufkommen, die ihnen
durch die königliche Gewalt auferlegt wurden ^^). Auch militärische Kontingente
werden sie gestellt haben. Dafür scheint die im epigraphischen Anhang n. 3 ver-
öffentlichte In.schrift aus Andros zu sprechen. Sie handelt von kriegerischen Ereig-
nissen. In Z. 7 hören wir von Asien und Truppenaushebungen des Königs. Auch
werden die Namen der Lykier und Thymbrier'"') hier genannt. Sachliche, sprach-
liche und paläographische Momente weisen in die Zeit nach 200 v. Chr. In
der Zeit, als nach dem Tode Attalos' I. {197) Eumenes auf den Thron von Per-
gamon kam und Antiochos mit den Lykiern, die ihm treue Bundesgenossen
■") Vgl. Polybius XXII 7; Henze, De civitat. Utrecht 1893; Pedroli, II regno di Pergamo, Turin
liberis, quae fueiunt in provinciis populi Romani 37 ff. 1896; Meischke, Sj'mbolae ad Eum. II Perg. reg.
'') IG XII 5, 738 aus dem zweiten Jahrhundert hist. 45 ff. und G. Cardinali, II regno di Pergamo
n. Chr. (Studi di storia antica pubbl. da G. ßeloch fasc. IV).
^') Über die Verwaltung des pergamenischen ■"') Der Name öujißpiO'. ist in Z. 8, II, 16 wohl
Reiches siehe Brinkgreve, De regno Pergameno, sicher ergänzt.
86
waren (Niese II 729), in das pergamenische Gebiet einfiel und die Eumenes Unter-
tanen und mit ihm befreundeten Städte angriff, werden auch die Thymbrier,
die Einwohner von Thymbra, einer Stadt am Thymbris in der Troas (heute
Thymbrek-Köi, Prokesch, Denkwürdigkeiten und Erinnerungen aus dem Orient
I 145) in Mitleidenschaft gezogen worden sein. Wie sich die Stadt Thymbra in
diesem Krieg gestellt hat, ist nach dem andrischen Ehrendekret, das in rühmlicher
Weise des Demos, wohl der Thymbrier, gedenkt, nicht fraglich^'). Andros erwies den
Römern auch im Kriege gegen Antiochos von Asien gute Dienste. Um die Zeit der
Schlacht bei den Thermopylen, als die römische Flotte die Verbindung zwischen
Griechenland und Kleinasien zu unterbrechen hatte, wurde in der Meerenge bei
Andros ein starker asiatischer Transport von A. Atilius, dem Befehlshaber der
römischen Flotte aufgegriffen-*^). Der nach dem dritten syrischen Kriege ge-
schlossene Friede änderte nichts an der Lage. Der Friede bestimmte, daß von den
hellenischen Städten diejenigen dem Eumenes Tribut zahlen sollten, die auch dem
Attalos einen solchen gezahlt hatten ''^), und Andros blieb weiter unter den nominell
unfreien Städten*^), da das Recht der Ekklesie und Bule, wie aus Beschlüssen dieser
Zeit hervorgeht, und somit die Autonomie unberührt war. Daß sich die Andrier
nach dem Unglücke des Jahres 200 unter der pergamenischen Herrschaft bald auf-
richteten und ein ausgedehntes politisches Leben entfalten konnten, dafür sprechen
eine Reihe von Inschriften, wie die in Chalkis von Cyriacus abgeschriebene *5)j aus
der wir erfahren, daß die Andrier zu Schiedsrichtern bestimmt waren. Die Inschrift,
deren Zeit nicht sicher zu datieren ist, ist unvollständig, so daß wir nichts Genaueres
über den Streitfall wissen. Die von Hiller v. Gaertringen Athen. Mitt. XXXIV
185 f. und dann von Bojatzidis, 'Apy,. 'E'fr;|i. 191 i S. 70 f. n. 2 und 3 behandelten
Inschriftfragmente, auf denen meist durch die Feier von Agonen veranlaßte Ehren-
beschlüsse gestanden haben und in denen auch des Königs Eumenes gedacht
wird, sind leider nur sehr unvollkommen erhalten und geben uns keine be-
■") Ausführlicher über diese Inschrift siehe den Kolonates (I. Beiheft zum Archiv für P.ipyrus-For-
epigraphischen Anhang n. 3. schung) 243 ff.
*'-) Livius XXXVI 20; Mommsen, Rom. Gesch. ") W. Henze, De civitatibus liberis, quae fuerunt
9. Aufl. I 734; Edwin Robert Bevan, The house of in provinciis populi Romani 37 ff.
Seleucus, London 1901, II 86. Unter fretura ist bei «^p.xXXVI n.238; dannMur.at.T.IIp.DXCIV;
Livius die Enge zwischen Euboea und Andros zu CIG 2147 (Le Bas, Voyage arch. II 1586). Man
verstehen. Vgl. Nomina urbium mutata bei August schwankt, ob man nach der Form des II das zweite
Burclihardt, Hieroclis Synecdemus App. I 42: Eüpota oder driUe vorchristliche Jahrhundert für diese In-
fi EüptTto;. Schrift annehmen soll (Sonne, De arbitris externis,
") Siehe Polyb. XXI 24; Liv. XXXVII 55, 6; 55). Nach 196 setzt sie Hiller v. Gaertringen, IG
cf. App. Syr. 44; Cardinali, II regne di Pergamo, XII 5, Praef. XIX n. 1350.
73 ff.; Rostowzew, Studien zur Geschichte des röm.
8?
stimmten Anhaltspunkte für die Beziehungen v^on Andros zu dem Königshause
von Pergamon und zu anderen Städten.
Für die Beziehungen zu Kreta und anderen Orten spricht die Inschrift IG
XII 5, 723, in der, wie Hiller v. Gaertringen Athen. Mitt. XXVIII 463 f. richtig
erkannt hat, einem bedeutenden Heiligtum von Andros, sei es dem des Apollon
oder des Dionysos oder einer andern Gottheit die Asylie zugestanden wird. Die
Beziehungen zu Kreta beweist ferner die Politieverleihung IG XII 5, jiS*^). Die
Knossier erscheinen in 'Apy. 'Ecpr;[Ji. igii S. 72 n. 8 Z. 5, wo ich in Z. 3 Tioj-iTcJäg y.xl
i)'u[c;ta; ergänze. Dadurch ist der Inhalt des Beschlusses einigermaßen gegeben.
Es wird sich wahrscheinlich um einen Agon handeln*'). Aus dem zweiten Jahr-
hundert haben wir Proxeniedekrete, die auf die guten Beziehungen von Andros
auch zu anderen Staaten hinweisen: Auf der Nachbarinsel Tenos werden die
Andrier Aphobetos, Sohn des Timokrates''^), und Dionysios, Sohn des Orthon ■'^),
geehrt. Dem Anfang des zweiten Jahrhunderts, der Zeit vor 168, gehört das
Bruchstück eines Proxeniedekretes aus Delos an, das dem Andrier Pausanias gilt^").
Die ersteren zwei Andrier werden wahrscheinlich wegen ihrer Teilnahme an
dem Feste des Poseidon und der Amphitrite in Tenos, der dritte wegen seiner
Beteiligung am ApoUonfeste in Delos geehrt worden sein. In Andros wird
Dromon, Sohn des Phanosthenes, aus Babylonien, Proxenos und Euergetes und
erhält noch andere Vorrechte'"'). In diesem Zusammenhange verdient das Dekret
zu Ehren eines Gymnasiarchen -''-) Erwähnung, das im epigraphischen Anhang n. 4
behandelt ist. Durch diese Inschrift ist uns ein Gymnasien ■:wv vewv auf Andros
bezeugt. Öfter erscheint hier ein Basileus, einmal ist von dessen Vater und
von Königinnen die Rede. Es kann sich nur um das Königshaus der Attaliden
handeln, denen Andros gehörte und die für das Schulwesen ein reges Interesse
zeigten. Eine ganz besonders loyale Gesinnung bekunden die Andrier in dieser
Inschrift, indem sie den Geburtstag eines Königs, den wir nicht mit Sicherheit
"*) Für KpC'^Jxa in Z. 5 setzt Sonne, De arbitr. ") Vgl. A. J. Reinach, Rev. etud. grecq. XXIV
68 Anm. 4 xp£[vav]|-a (= iudicem). Daß diese Lesung 191 1 p. 323.
nicht zutrifft und diese Inschrift nicht in die Reihe ■") IG XII 5, 825.
der von ihm behandelten gehört, lehren uns Be- *^) IG XII 5, 826. Es ist derselbe, der in IG
Schlüsse von Magnesia a./M. bei Kern n. 15a, 65a, b, XII 5, 718 als Antragsteller erscheint. Vgl. Demoulin
90, 101, 104 u. Priene bei Hiller v. Gaertringen n. 8, a. a. O. 76 f. u. 99 f.
49. 50. 53i 54> 61, 63, 71, 73, 76, in denen Richter '"; BCH XXVIII I904, 280, 7; Hiller v. Gaer-
belobt werden. Der Heimatsort des Geehrten kommt tringen, IG XII 5, Praefatio XXXIII n. 1510.
im Bündnisvertrage des Eumenes mit 30 kre- ^') IG XII 5, 715.
tischen Städten aus dem Jahre 195 ebenfalls vor. '-) Öhler, Pauly-Wissowa RE VII I 970 nennt
Zu dieser Inschrift s. auch Demoulin, Musee Beige irrtümlicherweise einen Gymnasiarchen in IG XII 5,
VIII 1904 p. 76. 720, 17.
88
bestimmen können, durch Opfer festlich begehen. Offenbar ein Ausländer war
der Arzt Artemidoros, Wenodotos' Sohn, dem um diese Zeit in Anerkennung seiner
eifrigen Fürsorge um die gehörig-e Pflege und Heilung der Kranken vom Rate
und Volke der Andrier der goldene Kranz verliehen wurde*^). Wie wir aus
diesen Zeugnissen schließen können, waren die Beziehungen von Andros in der
Zeit der pergamenischen Herrschaft sehr ausgedehnte. Besonders intim waren sie
zu Pergamon. Im Jahre 1818 soll in Pergamon beim Bau einer Kirche die
Inschrift 6 ofi\ioz Iltpji\iO\i axscfovor töv ofi\iO'/ 'Avopou gefunden worden sein, die
wie Pistis^*) schreibt, von Kairis in seinem Museum aufgestellt worden sein soll,
ohne allerdings dort jetzt auffindbar zu sein.
Andros unter den Römern.
Sobald der Aufstand des Kronprätendenten Aristonikos bewältigt worden
war*), traten die Römer ihr Erbe nach den Attaliden^) an. Das Königreich der
Attaliden wurde eine römische Provinz, der auch Andros angegliedert war, und
bekam den Namen Asia^). Die Verwaltung der Provinz wurde organisiert und
einem Prätor anvertraut, den schon vor Sulla öfters ein Proprätor vertrat, bis die
Statthalterschaft Asien von Augustus ein für allemal den Konsuln als Folgeamt
überwiesen wurde. In Andros ehrt das Volk den Publius Vinicius töv avS-ÜTcaiov xöv
Tia-cpiova xai sOspye-rjV. denselben Vinicius, der im Jahre 2 n. Chr. Konsul war*). Als
Grundlage der Rechtsordnung und Verwaltung wurden in Andros die Satzungen,
die die Römer dort antrafen, geltend belassen^). Die Wiederherstellung der Tzdipioi
^') IG XII 5,719; Pohl, DeGraecorum medicis pu- letzten Attaliden betreffende Literatur angegeben. Vor
blicis 21 n.28,52f.; Öhler, Janus,Archives intern, pour kurzem derselbe, La motte di Attalo e la rivolta di
l'liistoire de la midicine et la geographie medicale, Aristonico, Saggi di storia antica e di archeologia a
13. Jahrg. 1908 S. 17 (des Sep.); Weil, Athen. Mitt. Giulio Beloch, Roma 1910, p. 269 — 320.
I 239 u. Anm. I hält den Artemidoros für ein ') Strabo XIV 646; Marquardt, Rom. Staats-
Mitglied der aus Inschriften der maUed.-röm. Periode Verwaltung, I 2. Aufl. 333 ff.; Brandis, Pauly-Wis-
mehrfach bekannten Künstlerfamilie aus Tyros; vgl. sowa RE II, 1 538 ff.
Loewy, Inschriften gr. Bildh. 308 u. Bojatzidis' Ver- ^) IG XII 5, 756; Waddington, Fastes des pro-
rautung ('A9-y)vä XXII 110 Anm. 3), im Hinblick auf vinces asiatiques de l'empire romain 662, 6gi; Pro-
Vollgraff, BCH XXV 234 ff. u. Keramopulos, 'Apx- sopogr. imp. Rom. II 446; Liebenam. Fasti consulares
'Ecpviji. I908 S. 159 ff. Über diese bei Ärzten wieder- imperii Romani S.
kehrenden Namen Vollgraff a. a. O. 238 f. ^) Für die Rechtsprechung und Verwaltung in
^*) K. Dionysios Pistis, nsprfpayi) 'fjg 715001) der Provinz Asien und in den anderen Provinzen
'AvSpou 16. des röra. Reiches s. Mommsen, Rom. Geschichte II
') Über die Zeit siehe B. Niese, Geschichte d. 8. Aufl. 53 ff.; Marquardt, Rom. Staatsverwaltung
gr. und maked. Staaten III 370 ff. 2. Aufl. I 500 ff. ; Mommsen, Rom. Staatsrecht, 3. Aufl.
^) Bei Cardinali, II regno di Pergamo 294 II I, 239 ff.; III I, 717 ff.; Mitteis, Reichsrecht und
.Anm. I und 2 ist die ganze, das Testament des Volksrecht in den üstl. Provinzen des röm. Kaiser-
89
ori[ioY.pmla wird in der von Hiller v. Gaertringen, Ath. Mitt. XXXIV S. 187 und
Bojatzidis, 'Apy. 'Ecpr^ii. igii S. 72 n. 7 publizierten Inschrift aus der Zeit nach dem
Ende der Attalidenherrschaft erwähnt"). Auch nach dem Jahre 133 waren der
Staatsrat {^ouX-fi, deren Mitglieder [^ooleuxcc'.) und die Volksgemeinde (sxxXrjot'a) die
wichtigsten Falitoren in der Verwaltung, die öfters und ausdrücklich unter Antoninus
Pius IG XII 5, 724 genannt werden. Sie hatten somit die Autonomie, wenn auch
eine entwertete, in die sie sich übrigens schon unter der athenischen Herrschaft
einigermaßen gefunden hatten.
Wie die Rechtsprechung in der Provinz Asien nicht lange nach dem Be-
ginn der römischen Herrschaft geübt wurde, zeigt uns die Inschrift IG XII 5,
722, die ausdrücklich von der Zugehörigkeit der Insel Andros zur Provinz
Asien zeugt. Timokritos, Sohn des Sokles, wurde vom Volke der Andrier zusam-
men mit dem Schreiber Iphikrates, Sohn des Isochrysos, nach Adramytteion ge-
schickt, um mit anderen oiv.x'jzot.i änb W;j ?£Vtj^ in Rechtsfällen, deren Entscheidung
ihnen nach den einheimischen Gesetzen zustand, und in anderen Fällen, die ihnen
vom Propraetor Gn. Aufidius zugewiesen wurden, zu richten. Für ihr korrektes
Vorgehen werden die genannten Andrier ausgezeichnet'). Im allgemeinen war,
wie überall, so auch auf Andros, die Rechtsprechung den einheimischen Gerichten
überlassen, nur in wichtigen Fällen wird man die Kompetenz des Statthalters in
Anspruch genommen haben. Als in der Kaiserzeit die conventus iuridici ein-
geführt wurden, werden auch die Andrier ihre wichtigeren Prozesse vor die
römische Instanz, wahrscheinlich nach Adramytteion, g'ebracht haben**).
Ob Andros gleich im Beginne der römischen Herrschaft Tribut gezahlt hat,
läßt sich nicht mit Sicherheit entscheiden''). Für die spätere Zeit können wir es auf
Grund der in IG XII 5, 724 genannten Kommission der Dekaproten behaupten.
Auch wird der Tribut nicht niedrig bemessen gewesen sein. Zu dieser Annahme
berechtig-t uns die Erzählung bei Strabo X p. 485, wonach die unwirtliche, nur
reiches 83 ü'., 91 ff., Ilöft'., 130 ft'.; Chapot, La Pro- man auch xaTaaTaO-sJor); setzen. Vgl. die Inschriften
vince romaine proconsolaire d'Asie, 20, 39 ff., 83, von Pergamon I n. 250; Dittenberger, OGIS 337;
103 ff., 125 ff.; Otto Hirschfeld, Die kaiserl. Ver- vgl. auch die bei Gercke-Norden, Einl. in d. Altert,
waltungsbeamten bis auf Diokletian 71 ff. ; Detlefsen, 338 angeführten Beispiele.
Quellen u. Forschungen zur alten Geschichte u. ') Näheres über diese Inschrift siehe bei J. Boja-
Geographie von Sieglin, Heft XIV 67; Cardinali, tzidis, ^A^i'/S. XXII S. 97 ff. und Vasis, ebenda
Studi storici per l'antichitä classica III, fasc. I 1910 S. 345 ff. und meine Bemerkungen im epigraphischen
p. 31 ff.; Ed. Meyer, Kleine Schriften, 143; Kling- Anhang auf Seite 147 ff.
müUer, Philologus LXIX (NF XXIII) 91 ff. ^} Über die conventus iur. s. Schulten, De con-
") In Z. 3 sind die Ergänzungen unsicher. Vor venlibus civium Romanorum etc. Gott. Diss. 1892;
ou sielit man noch eine vertikale Hasta. Statt des von Kornemann bei Pauly-Wissowa RE IV 1 173 ff.
Hiller v. Gaertringen gesetzten äTloSofl-stov); könnte ") Vgl. Cardinali a. a. O. 175 ff.
Sauciuc, Antlros. 12
90
von Fischern bewohnte Insel (Tvaros 150 Drachmen zahlte und um Erleichterung'
der Steuer bei Cäsar (Augustus) in Korinth vorsprechen wollte '"). Wieviel mehr
mu(3 Andres gezahlt haben, das Strabo X p. 487 neben Xaxos und Faros als
ä^cöXoyos bezeichnet.
Für die Stellung von Andres in dieser Zeit haben wir nur ganz wenige
Nachrichten. Erst in den Jahren nach der Ermordung Cäsars taucht der Name
Andros wieder auf: Als nach der Schlacht bei Philippi Antonius die einzelnen
Länder bereiste und einige Städte entschädigte, belohnte er die Rhodier für
ihre Treue, indem er ihnen die Inseln Andros, Tenos und Naxos und die Stadt
Myndos schenkte, welche ihnen aber nicht lange nachher wieder abgenommen
wurden, weil sie eine zu strenge Herrschaft ausübten"). Daß die Herrschaft der
Rhodier auf Andros nur vier Jahre gedauert hat, hat man aus der naxischen In-
schrift IG XII 5, 38 (etwa 40 v. Chr.) geschlossen, da hier die orjfiioupyo;', die
eponymen Beamten von Rhodos, nur für vier Jahre genannt sind, obgleich für
weitere Aufzeichnungen auf dem Steine noch Platz wäre '^). Doch ist es wahr-
scheinlicher, daß auf Naxos und ebenso auf Andros und Tenos die rhodische
Herrschaft erst nach der Schlacht bei Actium aufgehört hat*^).
Daß das römische Element in der Kaiserzeit auf Andros feste Wurzel gefaßt
hat, zeigen uns die erhaltenen Inschriften sowohl zu Ehren der Kaiser, die meist den
Titel AOtoxpxxwp Kaiaap, auch v.üp'.oi in IG XII 5, 724 führen, als auch zu Ehren von
Mitgliedern der kaiserlichen Familie und anderer angesehener Römer, sowie die
zahlreichen römischen Namen auf den andrischen Inschriften. In der Ehreninschrift
IG XII 5, 740 finden wir als Wohltäterin der Andrier Julia, Tochter des Augustus
und seit 2 1 v. Chr. Gattin des Marcus Agrippa, dessen tribunicia potestas genannt
wird. Diese hat er, wie wir wissen, 17 — 12 v. Chr. zweimal erhalten. Da er in
der Zeit von 16 — 12 zusammen mit seiner Gattin Julia im Oriente weilte, ist es nicht
ausgeschlossen, daß sie bei dieser Gelegenheit auch Andros besucht haben").
Gleichfalls als Wohltäter von Andros begegnet uns der Konsul des Jahres
2 n. Chr., P. Vinicius, der in IG XII 5, 756 Prokonsul genannt wird, somit Prokonsul
von Asien gewesen ist.
'") Siehe überGyarosBürchner-Plnlippson,P.iuly- ") Mili.irakis, Kyklad. 302 ff. u. Hertzberg I 475
Wissowa RE VII 1954 f. Anm. 15; van Gelder, Geschichte der alten Rho-
^') Appian, 'P«)|i. i|i^yXi«)v V 7; Seneca, De dier 173. Unbegründet ist, was Dugit 1. c. 111 über
benef. V 16, 6. Andros sagt, da dieses um jene Zeit nicht den
'-') Dugit, De insula Naxo iii Anm. 2, 123; Athenern gehört hat.
Lafaye, Hist. des cult. d'Alex. 218 und Ziebarth, "j Vgl. BCH II 1878 p. 390 n. 7 und Prosop.
Das griech. Vereinswesen, 65, 23; Vgl. Holleaux, irap. Rom. III 441.
BCH XVIII 1S94 p. 405 ff.
91
Daß wir auf Andros wie auf den anderen Inseln öfters Römer bekannten
Namens finden, hängt damit zusammen, daß die Kaiser die Inseln als Verbannungs-
plätze für Männer, die sich in irgend einer Weise, meist politisch, kompromittiert
hatten, benutzten i''). So wurde unter Caligula gegen Ende des Jahres 38 der
Statthalter von Ägypten, der bekannte Avillius Flaccus, der dem neuen Kaiser
als früherer Gegner der älteren Agrippina, Caligulas ]V[utter, verhaßt war, nach
der Insel Andros verbannt, hier aber bald nachher auf Befehl des Kaisers durch
dessen Schergen ermordet'"). Auch der von Nero verbannte Publius Glitius Gallus
ließ sich auf Andros nieder (Tacit. XV 56, 71; Prosop. imp. Rom. II iiO), wohin
ihm seine Frau Egnatia Maximilla folgte, und beide betätigten in ihrem Exil
ihren wohltätigen Sinn. Wie uns IG XII 5, 757 zeigt, ehrte der Demos die Egnatia
Maximilla als Wohltäterin, den P. Glitius Gallus als Tcaipwv und sOspyexTj;. Ebenso
danken die Andrier einem Marcus Publius ...{?) als Patron durch eine Ehren-
inschrift (im epigraphischen Anhang n. 10).
Daß die Andrier sich durch die Beziehungen zu Rom auch veranlaßt sahen,
ihre Heimat zu verlassen, kann man aus Juvenal I 3, 70 entnehmen, wo unter
den griechischen Orten, aus denen der Fremdenzuzug nach Rom kommt, auch
Andros erscheint").
Daß unter Nero auch Andros die ihm nach dem Jahre 200 v. Chr. noch
übrig gebliebenen und seither erworbenen Kunstwerke an den von Nero nach
Asien und Achaia ausgeschickten Sendboten Akratos abgeben mußte, geht aus
Dio Chrysostomos I 262, Z. 21 (v. Arnim) hervor. Aus der Inschrift IG XII 5,
755, die dem ersten Jahrhundert n. Chr. angehört, erfahren wir, daß die Andrier
unter der Leitung des Aphthonetos, Sohn des Juliades, einen Zubau beim Buleu-
terion herstellen ließen.
Aus der folgenden Kaiserzeit haben wir auf Andros Münzen, die den
Namen und das Brustbild Traians"') tragen, dann solche mit dem Bilde seiner
Schwester Markiane Sebaste'-'), wohl Traians dynastischer Eitelkeit zu Liebe ge-
'^) Siehe nur Philostratos' Apoll, v. Tyiinu .S. 185 und dann Bojatzidis, 'Apj^. 'Ecpyjji. 191 1 S. 78
VIII 5; Svoronos, BCH XVII 1893 p. 486. n. 37; Philostratos, Bioi 009. II lOI (Kayser p. 261).
'^) Philnn. Jud. opp. Lib. in Flaccum c. 18 — 21; •'') Paschalis, Jour. Intern.Nuraism.1 1 898. S. 31 gflT.
Prosop. imp. Rom. I 190 n. 1175; Hertzberg, Gesch. n. 52, 56, 58, wo Trajanskopf und Name später auf-
Griechenlands unter der Herrschaft der Römer 11 23 geprägt ist. Irrtümlicherweise nennt Pasch.alis a. a. O.
und Anm. 30a; Miliaralns, Kykl. 314. 353 auf Andros Ehreninschrillen von Traian.
") Vgl. IG XII 5, 764: 'Pt6(iifjs :^5' 'Aotijs §mßäS '") Ebenda n. 59; auf röm. Münzen heißt sie
6ia Tipaf naxa noXXä.. Hier ist 'Pmurjg, wie ich mich Marciana Aug. Soror Imp. Traiani oder Diva Augusta
an Ort und Stelle überzeugen konnte, unzweifelhaft Marciana; Cohen, Description des raonnaies II 100 f.
sicher. Vgl. Hiller V. Gaertringen, Ath. Mitt. XXXIV Vgl. U. Kahrstedt, Klio X 1910 S. 3041.
12*
92
schlagen, ferner von Hadrian-"), Antoninus Pius-'), M. Aurel und L. Verus-), der
jüngeren Faustina^^), Commodus^*), Septimius Severus'''') und Geta '-''). Ihre Prägung
bleibt in der Kaiserzeit eine lokale und durchwegs auf Kupfer beschränkt.
Enger waren die Beziehungen der Andrier zu Kaiser Hadrian. Auf Andros
sind sechs Altäre dem Swx^pt xal xxia-crjc r^j oi-/.o'j|j.£vr;;, AötoxpxTop". 'Aopixvö}'. 'Üäujitcü)'.
geweiht-'). Von einer siebenten Weihung sind nur sehr unsichere Reste vor-
handen-^). Da der Kaiser Hadrian hier den Beinamen Olympios führt, der mit
der Erbauung des Tempels für Zeus Olympios in Athen in Verbindung steht,
mit dem er cj'jvvao^ und a\j[ip(ü[ioq ist, fallen die Dedikationen zwischen 128/9 und
1302"). Dürr (Die Reisen des Kaisers Hadrian in den Abh. d. arch.-epigr. Seminars
Wien 11 1881 S. 55) nimmt auf Grund von CIG 2349 m, add. und Le Bas II n.
iSii f. (bei Dürr Anh. n. 98 und 99) an, daß Hadrian eine öffentliche Deputation
aus Andros während seines Aufenthaltes in Athen nach Ende August oder An-
fang September 125 empfangen habe, und Weber 146 bezeichnet den Besuch
des Kaisers Hadrian auf Andros als „sehr unsicher", indem er meint, daß die
Inschrift Le Bas II 181 2 (= Dürr Anhang 99 = Ath. Mitt. XVIII 10 n. 5) sechs
Jahre nach 123/4 gesetzt sei. Derlei Annahmen sind, wie ich glaube, nicht
zwingend. Die Errichtung dieser sechs Altäre für Hadrian scheint mir vielmehr für
einen Aufenthalt Hadrians auf Andros beweisend zu sein. Die Gelegenheit,
Andros zu besuchen, das ihm auf seinen Fahrten zwischen Europa und Asien^")
gleichsam im Wege lag^i), wird sich ihm öfter ergeben haben. Da der Beiname
Olympios zuerst 128/9 erscheint, wenn auch die Einweihung des Zeustempels in
Athen erst 13 1/2 stattfand'-), so kann der Besuch von Andros entweder nach
seinem zweiten Aufenthalte in Athen, als er von Athen nach Ephesos im
20\ Ebenda 60. ^'') T)ie vita Hadriani 13, I sagt nur: Post haec
^') Ebenda 61, 62. (nach Anfang 123) per Asiam et insulas ad Achaiam
22) Ebenda 63, 64, ö;. navigavit; s. Weber a. 3. O. 123 ff., 142 ff., 14G und
2=) Ebenda, Rückseite von n. O5. Anm. 532, 211 f.
2<) N. 66 Bei n. 60 ist Commodus'' Brustbild und ") Vgl. .•Xgatliemeros, Sohn des Ortlion (Geogr.
Name, in 63 u. 64 dessen Kopf später hinzugefügt. gr. min. II 472), der Andros eine Station auf dem
25\ Ebenda 67. kürzesten Wege zwischen Asien und Europa nennt:
26) Ebenda 68. 'Aoia äs (sc. £x;.v;9-T|) ä-.ö Toü aaasv sTvai -roTs äii
2^) XII 5, 741—746. Gleiche oder ähnliche In- EüfWJir]; äraoüat xal Jisjf; xai vjjaois ov.xrfib'/ xsi-
schriften finden sich auch an anderen Orten. Zu- [isvai;, u)v Eüßota, 'Äväpo;, T^vo;, Müy.ovo;. 'Ixapta,
sammengestellt sind sie bei Weber, Untersuchungen Säiiü;, tduy.a.X-q und auch im Diaphragma (A'.i tt,;
zur Geschichte des Kaisers Hadrianus 1907 S. 271 ^mXd-xr^g, [ä;i6] tt/; EOpcoiLY); =£; -y,-/ 'AaCav Ir.tsixü);
Anm. 990. SÜ3-J xax' Gp9-6v) bei C. Müller I 95 wird Andros als
2ä) XII 5, 747. eine solche angeführt.
2S) Siehe Weber a. a. O. 129, 149 Anm. 546. 269; ^-) Weber a. a. O. 208 f.; vgl. Otto Th. Schulz,
Keil und v. Premerstein, Ber. II S. 10 zu n. 31. Leben des Kaisers Hadrian, 7; f.
93
März 129 abging^^), stattgefunden haben, oder er konnte Andros auf seinem Wege
von Trapezunt nach Athen, wohin er zwecks der Einweihung- des Olympieions
(Herbst 131 oder Anfang 132) sicli beg'ab, berührt haben. Letztere Möghchkeit
würde ich für die wahrscheinlichere haken und die Altäi^e mit dem Beinamen
Olympios würden auf die unmittelbar bevorstehende Einweihung des Tempels in
Athen hinweisen ^^).
Der Name des Antoninus Pius begegnet uns in IG XII 5, 724. Die Worte
£V xolc, £i)xu}(£!jTaxot5 xatpor^ xoO x'jpöou %uT)v besagen nicht vieP''). Wertvoller ist die
Angabe in dieser Inschrift, dal3 im Rate und in der Volksversammlung über
das Gesuch verhandelt wurde, den Buleuten, Dekaproten und allen übrigen
Bürgern (?) die Atelie toO iiiixecpaÄtou zu gewähren. Für die Entscheidung
selbst läßt lins das Inschriftfrag-ment im Stiche. In den letzten Worten ist vom
Verkauf und von der Verpachtung- von Grundstücken die Rede. Daß die Römer
den Einwohnern der unterworfenen Bevölkerung die Kopfsteuer auferlegten, ist
bekannt^"). Daß auf Andros Epikephalion auch eine Abgabe vom Grundeigentum
bedeutete, möchte man aus den letzten, uns erhaltenen Worten des Beschlusses IG
XII 5, 724 annehmen^'). Aus Modestinus' lib. IL excus. ist das Gesetz des Antoninus
Pius für das Koivöv r^j 'Aaca; in die Justiniani digesta (de excus. XXVII i, 61, I S.
783 [rec. Mommsen]) aufgenommen, wonach einer bestimmten Anzahl im Dienste der
Stadt stehender Beamten als iy.xpoi, aocttaxat, ypa|.i|xa-:xo[ die Freiheit von Abgaben
zugesichert wurde. Dabei war ausdrücklich gesagt, daß diese bestimmte Zahl
weder durch Ratsbeschluß noch auf irgend eine andere Weise überschritten werden
dürfe. Vielleicht steht 724 im Zusammenhange mit der kaiserlichen Verordnung
und stellt einen Versuch dar, die Atelie auf einen weiteren Beamtenkreis auszudehnen.
^■') Weber l6o; Dürr 55. raittelte Steuer — eben die Kopfsteuer — seit Au-
^*) In der Zeit zwischen März und 23. Juni 130 gustus besteht, siehe Wilcken, Gr. Ostralia I 238 ff.
soll n.Tcli Graindor, Musee Beige igio, 25 der Kaiser Cicero ad. Att. V 16 schreil)t auf seinem Wege
Hadrian auf dem Wege nach Antiocheia Tenos von Synnade nach Phelomelion: Audivimus nihil
besucht haben. Vgl. Hertzberg, Gesch. Griech. II 30S aliud nisi imperata sraxecfaXia (solvere non posse).
u. Dürr a. a. O. 60 ff. Vgl. auch TertuUian Apolog. 13. Aus einer In-
^■') Vgl. Lacour-Gayet, Antonin le Pieux 215 ff.; schrift des ersten oder zweiten Jahrhunderts v. Chr.
vgl. iv ToTg EÖTUXSoxäxoij xatpoTj, das sich auf Ha- von Tenos IG XH 5, 0+6 erfahren wir, daß Epi-
drian bezieht, in der Inschrift von Magnesia n. 116; kephalion die Kopfsteuer bedeutete, welche die
Weber, Die Reisen des Kaisers Hadrianus 87. freien Männer, Frauen und Kinder zahlten. Beloch,
^^) Hesych s. v. sTity.icfccXov = imv.Sfd.Xioy. In Die Bevcill;. der gr.-röm. Welt 182 verwertet die An-
Ps.-Aristot. Oilion. I 1346a gehört Epikephalaion gaben über die Spenden und die Kopfsteuer in dieser
zu den Einnahmen der Satrapenwirtschaft. Über Kopf- Inschrift zur Bestimmung der Bürgerzahl von Tenos.
Steuer in der Römerzeit s. Mitteis-Wilcken, Grundzüge ■'') Siehe Pseud. Arist. Oikon. II, 1347 a, 23 und
und ehrest, der Papyruskunde I 1711. 189. Für 1351 a, 6; Appian, Lybic. 135; vgl. Böckh, Staatsh.'
Ägypten, wo Laographia, die durch den Census er- I 371 ; Max Weber, Rilm. Agrargeschichte 195 ff.
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Aus der Zeit des L. .Septimius Severus und seiner beiden Söhne, des
M. Aurelius Antoninus (genannt Caracalla) und P. Septimius Geta, besitzen wir
die von mir in den Rom. Mitt. XXV S. 263 ff. behandelte Inschrift. Während ich
in dem oben genannten Aufsatze die Weihung des Mithraeums nur mit einem
vorübergehenden Aufenthalte der Prätorianer auf Andros nach Beendigung des
Feldzuges und der Reisen des L. Sept. Severus und dessen Söhne im An-
fange 202 in Verbindung zu bringen geneigt war und dann im Nachtrag die
Prätorianer als detachierten Posten zur Überwachung des Hafens auffassen wollte,
würde ich jetzt lieber denken, daß Sept. Severus bei seiner Rückkehr vom
Orient ^^) sich in Andros aufgehalten hat und daß bei dieser Gelegenheit die
Prätorianer^^), um sich dadurch die besondere Gunst des Kaisers zuzuwenden,
für das Heil der Herrscher dem Mithras das speleum errichteten*"). Unter Cara-
calla werden auch die Andrier im Jahre 2 1 2 das römische Bürgerrecht er-
halten haben.
In IG XII 5, 748 ehrt die Stadt der Andrier Aur. Severina Augusta, die als
STitiyavsaxaTT; xupca bezeichnet wird, die Gemahlin des Kaisers Aurelinn, die hier
irrtümlicherweise Aurelia statt Ulpia genannt wird*').
Durch die von Diokletian g'eschaffene Einteilung kam Andros zur Diözese des
Ostens, Asiana, und zwar zur Provinz Insulae, und erscheint als die zehnte, nament-
lich als zur 'ETiapx'ss ^tip^'^i öjiö r^yej^iov« gehörig vor dem Jahre 535 (Hierocles,
.Synecd. p. 68u; Notitia dignitatum rec. Böcking i S. 145, cf. Krumbacher, Ge-
schichte der byzantinischen Literatur, 2. Auflage 417). Es paßte sich der von ihm
geschaffenen Ordnung in der Zivilverwaltung an*'-).
^') Für die Zeit der Rüclikelir auch Borm.inn, nachfolgenden Worte s- und hakenförniige Zeichen.
Der röm. Limes in Österreich XI 1910 Sp. 133 f. Was den Ort Bize betrifft, so liegt auf dem Wege
2') Über die Herkunft der Soldaten im rora. nach Hadrianopolis in Thrakien Bizya (Byzie ^ Bize),
Reiche H. Dessau, Die Herkunft der Offiziere und die nach Traian Ulpia heißt. Hier ist ein .Stadttor
Beamten des röm. Kaiserreiches während der ersten nach Hadrian benannt (Kalopothakes, De Thracia
zwei Jahrhunderte seines Bestehens, Hermes XLV provinciaRomana, Berl.Dissert. 1893 S.3; Frotingham,
I ff. und 615 ff. Araer. Journ. ol Arch. 1904 p. 24; Cohen 400, Weber
■"') Bei dieser Gelegenheit möchte ich einiges, das 150) und die .Stadt beginnt unter Hadrian eigene
ich in den Druckproben des Artikels (Röm. Mitt. XXV Münzen zu prägen (Cat. Brit. Mus. Thrac. 88; Head,
263 ff.) nicht mehr zu ändern in der Lage war, nach- Hist. num. 244).
tragen und richtigstellen. Die Buchstabenhöhe der ersten *") Siehe Leon Homo, Essai sur le regne de
vier Zeilen der Inschrift ist O'OJ'", die der fünften und de l'empereur Aurelien 270 — 775, Bibl. des ecoles
sechsten Zeile 0*04"'. Am Anfang der Zeile befindet fr. d'Athenes et de Rorae fasc. 89 p. 141.
sich bloß in Z. 2 und 4 ein Blattornanient, in Z. 4 ■*-) Über diese Verfassung siehe Hertzberg, Gesch.
zwei übereinandergewachsene Blätter. Die Blätter sind Griech. III 206 ff. u. Schiller, Geschichte der röm.
alle nach rechts gewendet. Am Ende der letzten Zeile Kaiserzeit II 43 ff.; Kuhlenbeck, Entwicklung d. röm.
finden wir nach CLARINO und jedem einzelnen Rechts I 336 ff.
95
Was die Folgezeit über Andros brachte, entzieht sich ganz unserer Kennt-
nis*^). Wir wissen nicht, wann die antike Stadt verlassen worden ist**). Aus dem
fünften Jahrhundert (bis 485) n. Chr. haben wir eine ungenaue Nachricht bei
Marinos Neapolites, der in der Biographie des Neuplatonikers Proklos aus
Xanthos in Lykien von Wohltaten spricht, die Proklos den Andriern erwies*^).
Die antike Stadt Andros scheint Athen nicht lange überdauert zu haben. Als
nach dem gänzlichen Verfalle Athens die Beziehungen zum Osten die zum
Westen überwogen, war es natürlich, daß die antike Stadt Andros noch ver-
lassener wurde und schließlich zu einem ganz unbedeutenden Dörfchen herabsank,
in welchem nur die Reste des alten Mauerwerks und die überall zerstreut herum-
liegenden Marmorstücke von verschwundenem Glänze zeugen.
Anhangsweise mögen hier noch die wenigen Schriftstellernachrichten zusam-
mengestellt werden, welche von Andriern, die sich in musischen und gymnischen
Künsten hervorgetan, berichten. In erster Linie dürfen wir hier wohl den Dichter
Anphis anführen. Aus dem Jahre des Archon Niketes 332/1 v. Ch. ist ein Bruch-
stück eines attischen Psephisma vorhanden, das St. A. Kumanudis, Athenaion II
131 f. veröffentlicht hat und das durch ein anderes Fragment von Wilhelm, Ath.
Mitt. XV S. 219 f = 10115, 175b vervollständigt worden ist. In diesem Proxeniedekret
wird Z. 1 1 f. und 16 ff 'AvcpLj \i 'Avopooc; belobt und mit einem Efeukranze
bekränzt. Da dieses Dekret in der iy.-A.Xrpia. ev Awvuaou zustande gekommen ist und
darin der Efeukranz, der Kranz des dramatischen Dichters*^), erwähnt wird, hat
Wilhelm a. a. O. sehr wahrscheinlich gemacht, daß das genannte Dekret Anphis,
dem bekannten Dichter der mittleren Komödie, gelte. Danach ist in Kaibels
Artikel, Pauly-Wissowa RE I i953f, die Heimat richtigzustellen*').
Aus der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts v. Chr. ist uns ein delisches
Dekret zu Ehren eines Demoteles, Aischylos' Sohn, aus Andros erhalten**). Er
wird mit einem Lorbeerkranz ausgezeichnet, weil er Ttotrjtrj; wv 7i£7tpay[[.ia]x£U£tao
Tzepi t£ TÖ Upöv xal vqw tiöX'.'/ ttjv Ar;>.[wv y.xl xo'j; [-fjö-ou; xoü? imyMpiooc, ysypacpev. Wie
Homolle betont hat, wird Demoteles aus Andros gelegentlich einer Festgesandt-
*■*) Vgl. Hopf a. a. O. u. Pascbalis a. a. O. 354 ff. die Zeit des Proklos s. Paul Friedländer, Hermes
■■*) Der Umstand, daß die Kirche des Taxiarchis XLVII 52; vgl. Christ, Gesch. d. griech. LiU. ' 863 ff.
in der Messaria schon II 57 gegründet wurde, gibt *"") Müller, Bühnenaltertümer 346 und Wilhelm
keinen hinreichenden Anhaltspunkt; vgl. Miliarakis, a. a. O. 221 f.
Hypom. 110. Bischöfen von Andros begegnet man *') SieheChrist-Schmid, Gesch. d. griech. Litt. 420.
schon im sechsten Jahrhundert; Hertzberg HI 445 **) HoraoUe, BCH IV 1880 p. 347; nach Ditlen-
Anm. 64. berger, Syll.- 492 älter als 167, aber nicht vor dem
*') Maptvou NsaTtoXtxou npiy.Xoj y; nepl £Ü5a'.- dritten Jahrhundert v. Chr.; ebenso Hiller v. Gaertrin-
liovtaj (.Scr. gr. Bibl. ed. Firmin-Didot), c. 15; für gen, IG XII 5, Praef. p. XXXIII n. 1508.
96
Schaft nach Delos gekommen sein und bei dem Feste des Apollo diesen Gott
besungen haben.
Von einem Dionysios aus Andros ist uns in der Anthol. Pal. VII 533
ein Epigramm überliefert, welches auf das Epigramm des Leonidasvon Tarent eben-
dort VII 660 zu antworten scheint*'). Es ist unsicher, in welcher Zeit dieser
Dionj^sios gelebt hat. Hiller von Gaertringen IG XII 5, Praef. p. XXXIII
n. 150g nimmt das zweite oder dritte Jahrhundert v. Chr. (?) an.
Von einem andrischen Sophisten, namens Onomarchos erzählt uns Philostrat,
pio: aocptoTwv II S. loi, 18 (Kayser).
Auch die Zahl der uns bekannt gewordenen gymnischen Sieger von Andros
ist nur sehr klein. Hieronjnnos' aus Andros Wettkampf in Olympia mit Tisamenos
aus Elis ist viel besprochen worden, wie wir aus den Erzählungen bei Herodot
(IX 33) und Paus. (III 1 1. 6 und VI 14, 3) sehen ^''). Über den Verlauf dieses Kampfes
vgl. den ausführlichen Kommentar bei Jüthner, Philostratos über Gymnastik 270
zu 140, 22. Hieronymos erhielt in Olympia ein Standbild von der Hand des
Stomios, dessen Vaterland unbekannt ist-'*'). Neben Hieronymos stand die Statue
des Prokies, Sohnes des Lykastides, eines Ringerknaben aus Andros (Paus. VI
14, 13), die ein sonst unbekannter Somis verfertigt hat.
In die Zeit zwischen der Einnahme von Oropos durch die Thebaner (366)
und der Rückgabe dieser Stadt an die Athener (338) hat Tzaioa; 7iä)-r;v sc ä-ävxwv
'Ap:arat/jxo5 aus Andros bei den 'AiistapäVa -]ä jisyä/.a in Oropos gesiegt (IG VII
414, Z. 18 und 19). Endlich hat laut der Inschrift 'Ap^. 'E'.frj|i. 191 1 S. 75 n. 25 (dazu
epigraph. Anhang S. löi) ein Dämon, Sohn des Philadelphos, bei den isthmischen
Spielen im Stadion gesiegt und seine Vaterstadt mit einer Statue geschmückt.
Ein äya/^iaxo-o'-o; Praxiteles aus Andros wird Anth. Pal. VII 355 genannt.
' ') Reitzenstein, Pauly-\Visso\va RE V 928 Sieger bis zum Ende des vierten Jahrhunderts v.
n. 103. Chr., Bericht d. Gymn. zu Zwickau 1S90 91 S. 13.
^'') Über die Zeit, in der Hieronymos gelebt, s. ''') Paus. VI 14, 13; Brunn, Gesch. d. griech.
Rütgers, Sexti Julii Africani "OXu]i7:ti3ü)v äva-fpacfV,, Künstler I 1 17 f.: E. Loewy, Unters, z. gr. Künstlerg.
Leydcn 1862 S. 35, 4 und G. H. Förster, Die olymp. Abh. d. arch.-epigr. Sem. Wien IV 18S3 S. 100.
III. Staatliche und religiöse Einrichtungen der Insel.
Verfassung und Verwaltung.
Das Material, das uns über Verfassung- und Verwaltung Aufschluß gibt, ist
ungemein dürftig und geht kaum über die Mitte des vierten Jahrhunderts v. Chr.
zurück. Wir sind meist auf die wenigen Inschriften der hellenistischen und römischen
Zeit angewiesen und im übrigen hilft uns die Analogie Athens etwas weiter, dessen
maßgebender Einfluß sich an Orten mit demokratischer Verfassung ja oft be-
merkbar macht. Doch muß man sich hüten, überall von Athen aus zu verall-
gemeinern und daher soll hier nur dasjenige angeführt werden, was für Andros
meist nur aus den verschiedenen Zeiten angehörenden Inschriften zu erschließen ist.
Das staatliche Gebilde, das sich nach der Einwanderung der Griechen auf
Andros entwickelte, hat zur Voraussetzung die Anordnung gewisser Volks-
abteilungen, als Phylen, Phratrien, Geschlechter, ohne daß uns hierbei eine An-
deutung über das Verhältnis der Einwanderer zu der Urbevölkerung vorläge.
Diese Vereinigungen hatten jede für sich ursprünglich ihren Mittelpunkt in der
Verehrung eines gemeinsamen Stammvaters und dienten hauptsächlich kultlichen
Zwecken. Darauf weisen die gentilizischen Namen hin, die sich von Gottheiten
ableiten. Einen ausgesprochenen Geschlechtsnamen finden wir nur in IG XII 5,
764 aus dem zweiten Jahrhundert n. Chr., wo sich Abaskantos als Aiakide be-
zeichnet, sein Geschlecht also auf den Heros Aiakos zurückführt'). Für den
kultgenossenschaftlichen Charakter von Phylen und Phratrien legt ein deutliches
Zeugnis der Beiname Patroos ab, der uns in IG XII 5, 732 und 'Ap)^. 'Ecpr^^i. igi i S. 70,
n. 2. III Z. 6 (vgl. Hiller v. Gaertringen, iVth. Mitt. XXXIV S. 186) für Apollo bezeugt
ist. Der kultliche Zweck wird allmählich in den Hintergrund gedrängt worden sein
und man wird das Bestehen der Phylen und Phratrien in späterer Zeit, wie sie durch
IG XII 5, 716, 717, 720 und epig-raph. Anhang n. 2 (vgl. 'Ap^. 'Ecp. 191 1 S. 71,
n. 3 IV Z. 7) bezeugt sind, politischen Momenten zuzuschreiben haben. In diesen
') Vgl. ,iuch äa-d; im epigrapli. Anhang n. 8, dem eine gentilizische Bedeulungsnu.ince anliaftet.
Sauciuc, Andros. Ij
98
Inschriften, die Politieverleihungen enthalten, wird den neuaufgenommenen Bürgern
als Privilegium freigestellt, einer beliebigen Phyle oder Phratrie beizutreten-).
Welcher Art die Einteilung in Phylen und Phratrien auf Andros war, können wir
nicht angeben, da uns nicht ein einziger Xame derselben erhalten ist; doch wird
Andros sich nicht wesentlich von den übrigen ionischen Städten unterschieden
haben. Über eine Einteilung in Demen haben wir auf Andros keine Angabe.
Andros hat mit Ausnahme der wenigen Jahre, während welcher die Athener
hier die Oligarchie eingeführt hatten, eine demokratische Verfassung gehabt, die uns
als or^no/.paxia ausdrücklich bezeugt ist bei Hiller v. Gaertringen, Ath. Mitt. XXXIV
S. iSy^Bojatzidis, 'Ap'/. 'E-fr^fi. igi i, 72 n. 7. Bei der unendlichen Zahl von demokrati-
schen Formen und Nuancen können wir für Andros nur ein skizzenhaftes Bild ent-
werfen. Die demokratische Verfassung findet ihren Ausdruck darin, daß der Demos
das xpscTo; im Staate hat, daß alle Angelegenheiten, sofern sie Gegenstand eines
Beschlusses bilden sollen, von einem vorberatenden Ausschuß dem souveränen
Demos, der in der Ekklesia (IG XII 5, 724) zusammentritt, zur letzten Ent-
scheidung vorgelegt werden. Der Demos in der Ekklesia ist der Vertreter der
Souveränität des Staates und erscheint als die oberste Instanz nach außen und
im Innern. Dies geht besonders aus IG XII 722, Z. 2j und aus den Ehren-
beschlüssen hervor, in denen der Demos die Verdienste Einzelner zu würdigen
weiß, so IG XII 5, 714, 719, 721, 762; 'Apy."Ezr,[i. igii, 70 n. 2, 3; 72 n. 9; 73 n. 11;
74 n. 21; 75 n. 25; epigraph. Anhang n. 3, 4, 6. In den Ehreninschriften IG XII 5,
740, 751, 754, 756, 757, die alle der römischen Zeit angehören, erteilt der Demos
denjenigen, die sich um ihn verdient gemacht, die gebührende Auszeichnung
und setzt heroisierten Toten auch ein Grabmal"). Diese Staatsform konnte in
Andros, dessen Bevölkerung auf das iSIeer angewiesen war und ausschließlich
^) DaszutfpaTpiasgehörigeZeitwortist in IG XII 5, Man wird mit Prof. Willielm an ;:fo-c!-sia(üv:ai denken
7I7Z.8deutlich zu lesen : H^ANnPOXn6IZ.n.NTAI; müssen. Daraus ginge hervor, daT vor der Aufnahme
so auch Bojatzidis, 'Xpy_.'E-^r,\i. I91 1 S. 76 n. 30; vgl. in eine Phratrie eine jriv5i7 dargebracht wurde.
Weil, Ath. Mitt. I S. 236; Michel, Rec. 397; Szanto, Wenn man bedenkt, daß vor der Aufnahme der
Griech. Burgerrecht 54; Wilhelm, Gott. Gel. Anz. Kinder und Erwachsenen in eine Phratrie in Athen
189SS. 231 ; Hiller v. Gaertringen a.a.O. Auf Grund am dritten Tage des Apaturien festes ein Opfer dar-
dieser Inschrift und der von den bisherigen Heraus- gebracht werden mußte (Gilbert, Handb. d. Staatsalt.
gebern gelesenen Buchstabenreste haben wir sowohl II 207; Busolt, Griech. Staats- u. Rechtsaltertümer
IG XII 5, 716 Z. 9 als auch 720 Z. 5 zu ergänzen 209; Schömann-Lipsius, Gr. Alt. I 384 ff.; Saniter,
versucht und vor dem Stein die Lesung best.ätigt gefun- Familienfeste der Griechen und Römer 70 fif.), so wird
den. Dazu 'Apx. 'S,r- 191 1 S. 71 n 3 IV Z. 8. Wir auch bei der Aufnahme eines neuen Bürgers in die
haben somit an drei Stellen ein bisher nicht bezeugtes Phratrie eine kultliche Handlung vorausgegangen sein,
zusammengesetztes Zeitwort. Ein Kompositum von ^) Wie in IG XII 5, 787, würde ich auch in
^iciü-eaä-a: anzunehmen, verbietet das anstößigeMedium. 788 ö ä'^fio; allein ergänzen.
99
Handel und Gewerbe trieb, allein von Dauer sein. Dem Volke zur Seite steht ein
vorbereitender Ausschuß, die Bule, welche als die erste politische Behörde in der
Polis aus der Mitte des Volkes hervorgeht und von diesem für ein Jahr gewählt
wird. Die Zahl der Mitglieder ist nicht bekannt. Wir finden Rat und Volk als
Träger der Staatsgewalt im Sanktionsantrag der Beschlüsse IG XII 5, 715 — 719, 724;
ferner \px- 'Ecpr^i. iqii, 70 n. 2, 3, 21; epigraph. Anhang n. 2, 3, 5, 7 und in den
Ehreninschriften IG XII 5, 749, 750, 752, 755, 758, 759*), epigraph. Anhang n. 10.
Die Angelegenheiten, die dem Volke vorgebracht werden, hat der Rat vor-
zuberaten. Vgl. Arist., Athen. Pol. 45, 4. Diese wichtige politische Körperschaft
teilte sich in der Leitung der Stadtgeschäfte und auch auf Andros hießen, wie
in Athen, die mit der Leitung der (jeschäfte betrauten Ratsherren TTpuiavs'.?, wie
wir aus IG XII 5, 715 und 716 entnehmen und durch die Nennung der unten anzu-
führenden Ypttj-iiiaier; xtöv Tipuxavswv bestätigt finden. Wir haben keine sicheren
Andeutungen, ob dieser Ratsausschuß aus allen Phj'len für ein ganzes Jahr ge-
wählt wurde oder ob dessen Mitglieder in einem bestimmten Turnus abwechselten
und das Amtsjahr nach der Befristung jedes einzelnen Ausschusses in mehrere Ab-
schnitte zerlegt wurde. Der Ratsausschuß hatte, wie aus IG XII 5, 715 und 716
hervorgeht^), für seine Sitzungen aus seiner Mitte einen Vorsitzenden zu wählen,
der nicht nur die Ratssitzungen in dem 714 und 755 genannten Buleuterion,
sondern auch die Volksversammlung geleitet haben wird.
In der Inschrift römischer Zeit IG XII 5, 721 erfahren wir von einer Rats-
sitzung, in der über das Einkommen eines Priesters und über eine Misthosis
verhandelt wurde. Dieser Gegenstand war dem Rate zur Entscheidung überlassen
worden und dieser entschied iTirt-ceXerait-at x« [|-i£V äXXoc Timzot. xatä z'i^v \ ysJyevrKievrjV
Tipoaavacpopxv buh xwi ctpat[rf('iT)V.
Die Bule hatte die Gegenstände, über die sie vorher beraten hatte, der
Volksversammlung vorzulegen. Die Tagesordnung in der Ekklesia hatte ein
Normalschema, dessen erster Punkt tä tspa waren. Die Wertung der Tagesordnung
geht aus IG XII 5, 715 und 720 hervor, wo den Privilegierten die Verhandlung
über ihr Anliegen tz^üzo'.c, \\.zx7. xa. Espa zugestanden wird.
Das Recht, Anträge zu stellen, blieb auf Andros nicht allein den Buleuten,
Beamten oder Beamtenkollegien vorbehalten. Im Gegensatze zu Athen (siehe
') Eine Überprüfung ergab, daß in IG XII 5, Mitl. XXXIV 185 u. Bojatzidis 'k^x- 'Et')!!- "JI'
759, durch einen O'ogj" großen Raum getrennt, S. 78 n. 38.
nach Bule die Köpfe der Buchstaben von 6 5'^]i ... ^) Vgl. die Proedroi dei nicht die Prytanie füh-
deutlich zu lesen sind. Hiller von Gaertringen, Ath. renden Ph)len mit ihrem Vorsitzenden in Athen.
13*
lOO
Swoboda, Griech. Volksbeschlüsse 102) sehen wir aus IG XII 5, 715 und 716,
daß in Andros einfache Bürger des Gemeinwesens mit der Angabe des Vater-
namens als Antragsteller charakterisiert sind, von denen die in Rede stehenden
Beschlüsse ausgehen. Einfache Bürger sind auch diejenigen, die in IG XII 5, 715
bis 718 für die Auszeichnung (Bürgerrechts- oder Proxenieverleihung) ihres
Schützlings bei dem Rate sich verwenden. Es ist aber doch auch für Andros
festzustellen, daß, wie Swoboda 109 betont hat, das Recht zu Anträgen oder An-
regungen zwar jeder Private hatte, daß der Antrag aber im Rate formuliert wurde und
der Rat allein der entscheidende Faktor für eine günstige Erledigung der Sache
in der Volksversammlung war. In der späteren Zeit trat auch hier ein Wandel
ein. Die demokratische V^erfassung konnte in der römischen Zeit nicht ganz rein
bleiben. In der Volksversammlung bringen, wie wir aus IG XII 5, 724 sehen,
nicht gewöhnliche Bürger Anträge ein, sondern der Stratege, denn wir lesen
dort: zic,rjY[ou[iho'j Ho. M£[ — — — — — — — — . . t]oO TcpwxäpxovxOi; atfpatrjyoö.
Öfters finden wir in den Inschriften den Ausdruck nöXtj, den wir am besten
durch das Wort Stadtgemeinde übersetzen. Dadurch wird das geographisch
abgegrenzte Rechtsgebiet angegeben, welches Bürger, Beisassen und Unfreie
umschließt, wobei aber nur die Bürger vollwertig sind. Neben diesem staatsrecht-
lichen Begriff schimmert auch der völkerrechtliche durch und letzterer kommt zur
Geltung, wenn in den Ehreninschriften für Römer, wie IG XII 5, 748 und 758,
die einen Beschluß des Rates und Volkes voraussetzen, einfach fj (bezw. Xx\i-
Tipoxaxrj?) 'AvSpt'wv TtoX'.g genannt wird").
Neben dem Begriff (j;W^^[^* treffen wir in den Inschriften öfters auch den Be-
griff yöiioi;, so IG XII 5, 716 — 718. Es fragt sich, wodurch sich die beiden unter-
scheiden. In lulis auf Keos besteht hierin nach Swoboda, Gr. Volksb. 23g kein
Unterschied undSchultheß, Pauly-WissowaRE VII 172g hat darauf hingewiesen, daß
im allgemeinen keine strenge Scheidung durchgeführt ist, da die Nomoi auf die
Psephismata zurückgehen oder doch erst durch .solche Gesetzeskraft erlangen. Das
Richtige scheint Cardinali, II reg'no di Pergamo 266 ff. getroffen zu haben, den
ich hier zu Worte kommen lasse: „E appurata dunque tra i^Y^l'j\i.a.zx e v6|ioc una
differenza di valore giuridico, una differenza cioe nell' assicurazione di durata."
Und die Frage, ob ein Unterschied in der Formulierung vorliegt, entscheidet er
274 mit Rücksicht auf Pergamon folgendermaßen: „Le leggi anche in Pergamon
dovevano generalmente essere formulate un po' diversamente che i decreti, ma
in qualche caso questo poteva forse anche non avvenire, e le diversitä dovevano
^) Über Polis s. Bruno Keil, bei Gercke-Norden, Einl. in die Altert. III 304 fl'.
essere ad ogni modo assai lievi')." Daß die Psephismata zu Ehren von Vertretern
einer fremden Stadt mit einem Staatssiegel versehen und diesen in ihre Heimat
geschickt zu werden pflegten, wird man aus Bojatzidis, 'Apy. 'E^r^it. 191 1, S. 71
n. 3 II Z. 12, dazu Hiller v. Gaertringen, Ath. Mitt. XXXIV S. 186 schließen dürfen.
Hier noch einige Worte über das Formular der andrischen Rats- und Volks-
beschlüsse. Von den zwei Beschlüssen des vierten Jahrhunderts v. Chr. .sind uns
die Präskripte leider nicht erhalten: In der Inschrift epigraph. Anhang n. i i.st nur
der Inhalt des Beschlusses bis zu Ende sicher zu ergänzen. In IG XII 5, 714 folgt
auf die von Larfeld. Handb. d. gr. Ep. II 763, 816 als Hortati\' charakterisierte Formel
unmittelbar der Inhalt des Beschlusses im Infinitiv, ohne daß wir hier vor dem In-
halt des Beschlusses die Sanktionsformel fänden. Diese wird vielleicht vor der
Begründung in dem uns nicht erhaltenen Präskripte gestanden haben*). In der In-
schrift epigraph. Anhang n. 2 erscheinen Rat und Volk als Träger der Staats-
gewalt in dem Sanktionsantrag, der unmittelbar nach der Begründung folgt. Das
Präskript, das vorangegangen war, ist nicht erhalten. An der Spitze der Inschrift
'Apx- 'Ecpyj[-i. ig II S. 70 f. n. 3 II lesen wir nach der Überschrift den Sanktionsantrag
zoo'zv^ xh po'jAei y.[al usw., darauf die Begründung und nach dem sogenannten Hor-
tativ noch einmal Z. 7 SejSoySat ti'. [jOuÄii xai [zön 5r;|iwi; vgl. ebendort n. 21 Z. 4.
In 'Ap/_. 'Ecpr^fA. 191 1, 70, n. 2 II Z. i ist die Sanktionsformel eSo^sv xei ßouXä [x«t usw.
ebenfalls an der Spitze zu lesen, ebenso ebenda III Z. i. In Apx- 'Ecprjfi. 191 1 S. 75
n. 25 (= epigraph. Anhang S. 161) treffen wir 5r;][iwt vor os.OQyd-y.i zii fjoukh vmI als
Überschrift den Namen des Geehrten. In IG XII 5, 724 steht die Wunschformel an
der Spitze, im epigraph. Anhang n. 2 u. 5 nach der Begründung vor dem Sanktions-
antrag (vgl. 'Ap7_. 'E^rjj^i. ig II S. 72 n. g und epigraph. Anhang S. 160), ebenso
wie in IG XII 5, 71g. In letzterer findet sich noch das Subskript -fj ßouXr) xocl b 57;|(,og.
Das Präskript ist bei den Beschlüssen IG XII 5, 715 — 717 erhalten. Diese unter-
richten uns über das legale Zustandekommen und die Form der Beschlußfassung.
Hier finden wir an der Spitze des Präskriptes den Namen des Archon zur Be-
zeichnung des Jahres, ferner das Monatsdatum, sodann den Namen des Vorsitzenden
der Prytanen und des Schreibers und zuletzt den Namen des Antragstellers mit
dessen Vatersnamen. In IG XII 5, 716 geht das Tagdatum dem Namen des Antrag-
') Der andrische Grabstein 789 gehört einem II 388, I 26; II 2q, III 8; Wiegand, Ath. Mitt.
ÄiXiou AT/jioaS-ivou; voii'.xoO, ohne daß wir etwas XXXVI S. 294 n. ib. Über die Bedeutung der Nomoi
über sein Verhältnis zu den Nomoi wüßten. Vgl. und Psephismata in der ptolemäischen Verwaltung in
Lacour Gayet, Antonin le pieux 223, der vo[uxös Ägypten s. Schubart, Klio X 1910 S. 44 ff.; siehe
durch conseiller en droit übersetzt; Griech. Urkunden auch Bruno Keil a. a. O. 351 ff.
in Berlin I n. 326, II Z. 22 n. 361, III Z. 15; 8) Vgh Larfeld II 6C0.
102
stellers voraus''). Nach der in allen drei oben genannten Beschlüssen und auch in
IG XII 5, 718 gleichlautenden Referatsformel üizip wv xryv TtpoaoSov 6 oder CjI osiva
iiLO'.-ipy.yxQ, welche den Namen einer oder mehrerer Privatpersonen anführt, auf
deren Angaben der Antragsteller seinen Antrag stützt, folgt die Sanktionsformel.
In 718 ist zwischen die Referatsformeln und den Sanktionsantrag noch die Be-
gründung eingeschoben. Wir finden somit in diesen Präskripten fast dasselbe
Formular verwendet, das in Athen seit 375 v. Chr. in Gebrauch kam und im
Jahre 319 seinen endgültig feststehenden Typus erhielt^").
In IG XII 5, 721 wird die Fürsorg-e des Geehrten für die 5rj[xöaia Yp5CiJ,[iaxa
hervorgehoben. Für diese kommt noch IG XII 5, 762 mit den Ergänzungen 'Ap^.
'Ecpr;|x. igii S. 72 f. n. 10 in Betracht, wo ich nur in Z. 7 O'jJSsv e[XXs'.TZw/ richtigstellen
möchte. Wer der in 762 Geehrte war, sagen uns die erhaltenen Buchstaben
nicht. Sicher i,st, daß es ein Beamter war''), nicht unwahrscheinlich, daß er sowie
der in 721 Geehrte auch Schreiber war und daß hier aus diesem Grunde seine Für-
sorg'e um die omiaiat. Ypxi.ijiata erwähnt wird.
Was diese letzteren betrifft, so sind darunter, wie Wilhelm, Basler Philologen-
versammlung 1907, Verhandlungen 11 1 und Beiträge 228 ff., 257 ff., 323 ff.,
gelegentlich der Besprechung- der Anagraphe an einer Anzahl von Beschlüssen
aus Amorgos und besonders an IG XII 7, 30 gezeigt hat, öffentliche Listen zu ver-
stehen, die in Staatsgebäuden zur Aufstellung gelangten^-). In diese wurden beson-
ders die Proxenie- und Politie-Verleihungen eingetragen und öffentlich aufgestellt.
In den andrischen Ehrendekreten IG XII 5, 714, 716, 717, 'Apx- 'Eiyr/ii. 191 1
S. 72 n. 9 (epigraph. Anhang S. 160), ep. Anhang n. i finden wir die Anagraphe £[?
axrjXr^v liTi-cn^y oder einfach zlc, aTfjÄr;v angeordnet. In diesen Beschlüssen wird ihre
Verewigung auf Stein und ihre Aufstellung auf der Agora, beziehungsweise im
Tempel des Apollo verlangt. Daß eine Niederschrift des Beschlusses zur Nieder-
legung im Archiv erfolgen mußte, leuchtet ein. Wenn wir in IG XII ^s, 715 Siitüg ■fi
Tcpo^svta i^oe dvaypacper eic. zb Sepöv xoO 'AuoXXwvo; und in epigraph. Anhang n. 2 die wahr-
scheinliche Ergänzung StxWs ri TzoXixzix rpz dvaypacpsr B'.q 10 tepöv xoO] Atxoääwvo; (vgl.
Ap/. 'Ecpr;|i. 191 1 S. 71 n. 3, IV 13) lesen, so muß hier mit der Anagraphe die Ver-
öffentlichung durch Eintragung in eine öffentlich im Apollotempel aufgestellte Liste
gemeint sein. Die Kosten sollten, wie bei der Veröffentlichung auf Stein, die xoi,\dxi
är.b xfyS y.oivfjs oioixrpzoiz bestreiten'-''). Ebenso wie das Proxeniedekret IG XII 5, 715
') Über die Stellung des Tag- u. Monatsdatums "'i Vgl. SdiuUhess,Pauly-Wisso\vaRK VII I732.
in attischen Dekreten s. Larfeld II 649 u. 654. ") Vgl. BCH XXXI 1907 p. 421, wo auch nicht
'") Larfeld II 649. ein bloßes „zu den AUten nehmen" zu verstehen ist,
"; Vgl. Willielui, Beiträge 272. und Schulthcss, Pauly-Wissowa RK VII 1763.
I03
sollte auch die Auszeichnung durch den goldenen I'Cranz für den Arzt Artemidoros
IG XII 5, 71g im Apollotempel aufgestellt werden. Wenn wir hier xvxypatjjs'-- 5s
xöoE TO <\irffia\.i7. '/.od dg xb Sspov xoO 'A-ÖA?.a)vo; lesen, so fällt uns das Wörtchen
xcii, durch welches eine Steigerung erzielt wird, auf Ich möchte daraus schließen,
daß die Anagraphe einer solchen Auszeichnung nicht selbstverständlich öffentlich
in den Listen des Apollotempels erfolgen mußte. Hier ist auch nicht der Kosten
für die Aufzeichnung gedacht. Somit erweisen sich die Feststellungen Wilhelms
auch für Andres als richtig, da es auch hier öffentliche Listen gab, die im
Apollotempel aufgestellt waren. In diese wurden die Proxenie- und Politie-Ver-
leihung-en eingetragen, wenn nicht eine Verewigung in Steinschrift auf Kosten der
Staatskasse angeordnet war. Daß auch die Verleihung anderer Auszeichnungen
mit in diese Listen hineinkam, zeigt uns IG XII 5, 71g und deutlich sag't 721,
daß von geschlossenen Verträgen eine Anagraphe für das Demosion erfolgte. Die
Kosten derselben werden gewöhnlich von den Parteien bestritten worden sein.
Ob diese Urkunden im Apollotempel, auf der Agora oder anderswo zur Aufstel-
lung gelangten, wissen wir nicht'*).
Für die Beamten des andrischen Staates haben wir, nach dem Strategen in IG
XII 5, 719 Z. 22 (dazu 'Ap}(. 'E'frjix. igi i S. 72 n. 9 und epigraph. Anhang S. 160), nach
dem Archon, Grammateus und dem Priester in IG XII 5, 721 Z. 15 und 20 und dem
Gymnasiarchen in epigraph. Anhang n. 4 zu schließen, eine einjährige Amtsdauer
anzunehmen; wir erfahren auch, daß der letztgenannte vom Volke gewählt worden
ist. Über das für die Ämterkarriere erforderliche Alter haben wir keine Nachricht;
nach Ablauf des Amtsjahres werden auch auf Andros die Beamten Rechenschaft
abgelegt haben und für eine verdienstvolle Amtsführung, wie aus IG XII 5, 721
733> 734 und epigraph. Anhang n. 4, 8 hervorgeht, vom Rat und Volk der Andrier
geehrt worden sein.
Unter den Beamten finden wir in erster Linie den eponymen Archon in dem
Präskripte von IG XII 5, 715, 716, 717, 721, am Anfange der Strategeninschrift
733, epigraph. Anhang n. 4 und Ap-/. 'E'^r^ii. 191 1 S. 71, n. 3 III Z. i und 5.
Daß Archon hier nicht einfach auf den Inhaber einer äp/Tj hinweist, geht aus
den oben genannten Inschriften hervor, wo durch die Nennung des Archonten
die Datierung der Urkunde bezweckt wird. Über seine Tätigkeit haben wir
keine Angaben ^■').
") Für die Anagraphe der auiißdXata vgl. das de legislation francaise et etraiigere 1870/71, 262 ff.
Fragment n. XXII aus Theophrast's TiEfi vö|-UOv bei und Ferguson, Klio XI 191 1 .S. 267, 270 ft'.
Dareste, Le traite des lois de Theophraste, Revue '^) Vgl. Gilbert, Handb. d. gr. Staatsalt. II 207.
I04
In der Inschrift IG XII 5, 721 (aus römischer Zeit) haben wir das Beamten-
liollegium der Strategen in der Ratsitzung mit entscheiden gesehen 1*). Die Stra-
tegen, denen wir hier begegnen, hatten einen großen Wirlcungskreis. Die Geltung
ihres Amtes ist in der hellenistischen Zeit eigentlicli überall dieselbe: sie hatten
den Herrscher zu vertreten. Auf iVndros werden sie sechs an der Zahl, wie aus
IG XII 5, 733 und 734 hervorgeht, und zwar für ein Jahr gewählt. Letzteres
ergibt sich aus IG XII 5, 719 und der wahrscheinlichen Ergänzung in epigraph.
Anhang S. 147. Der erste Stratege ist in IG XII 5, 724 als -pioTcxpyiov bezeichnet.
Daß eine Wiederwahl möglich war, läßt sich aus der lückenhaften Inschrift
IG XII 5, 734 Z. 3 kaum schließen. Doch ist auffallend, daß in 733 und 734 der
Stratege Demetrios, Sohn des Aineias, wiederkehrt. In IG XII 5, 71g werden
die Strategen beauftragt, die Kranzverleihung bei den Agonen der Stadt zu ver-
künden; dasselbe ist wahrscheinlich zu ei^gänzen in Apy. 'E-^r^ii. iqii S. 72 n. 9;
in IG XII 5, 720 ist [xcig apyouaiv?] die Fürsorge um die Anagraphe übertragen.
Diese Ergänzung scheint mir nicht sicher und mit Rücksicht auf 719 und die
oben angeführte wahrscheinliche Ergänzung in 'Apy. 'Eqirj|-i. 1911 S. 72 n. g. würde
ich xot; a-^avriyolq vorschlagen. Aus den eben angeführten Inschriften geht her-
vor, daß die Strategen auf Andres einen ausgedehnten bürgerlichen Amtskreis
hatten, indem sich ihr Einfluß auch in den nicht ihr eigentliches Ressort be-
treffenden Fragen geltend machte. Dies darf uns nicht befremden, denn in Athen
waren die Strategen fast die einzige Behörde, welche im Rate Anträge stellen
und diese Vorschläge in ihrem Namen und im Namen der Bule in der Volks-
versammlung vorbringen konnte ''). Die politische Macht, welche die Strategen in
Pergamon vor der Herrschaft der Attaliden, unter diesen und nach dem Ableben
des letzten Attaliden hatten, zeigen uns deutlich die Volksbeschlüsse von Per-
gamon. In den Präskripten der Königszeit pflegt fast nirgends die Formel yvw[ir^
aipaxTjywv zu fehlen. Dem Herrscher war durch die fünf Strategen der Einfluß
auf die Ekklesie gesichert, diese hatten die Beschlüsse herbeizuführen und standen
daher dem Volke vor"^"). Daß auf Andros in der Zeit, als diese Insel im Besitze
der Attaliden war, die Behörde der Strategen an Einfluß gewinnen mußte, um
'') Vgl. zu -psaavacfopa das zugehörige Zeitwort I 20 ff.; Ergelmisse der Ausgrabungen zu Pergatnon,
bei Dittenberger, Syll.- 334, 30. dritter vorläufiger Bericht 1883 — 1886, III, die In-
'') Hauvette Besnaull, Les strateges Atheniens Schriften S. 53; Swoboda, Gr. VoUisbeschlüssc 125 ff.,
1885, 123 ff.; Swoboda, Rhein. Museum XLIV 158 ff, 174 ff- und derselbe, Rhein. Museum XLVI
28S ft'. : V. Wilamowitz-Moellendorf, Aristoteles u. S. 497 ff.; Chapot, La provincc roninine proc. d'Asie
Athen II 108, 231 ff. 194 f-; Cardinali, II regno di Pergamo 243; Plau-
"1 M. Fränliel, J;ihrbuch der königlich preuß. mann, Ptolemais in Oberägypten 27 ff.; Schubart,
Kunstsammlungen 9, 380; Inschriften von Pergamon Klio X nyio S. bS ff.
105
dann in späterer Zeit wie in Pergamon die ganze Stadtverwaltung zu leiten,
wird uns nicht wundernehmen können. In ganz später Zeit finden wir den Stra-
tegen in IG XII 5, 758 als eponymen Beamten neben dem Logisten.
Wichtige Fuiil<tionen liommen im Staate den Schreibern zu'^). In der noch aus
der ersten Hälfte des vierten Jahrhunderts v. Chr. stammenden Inschrift ejjigraph.
Anhang n. i und in der aus der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts v. Chr.
stammenden Inschrift IG XII 5, 7 14 finden wir den ypa|.i|j.a-u£i)S Tfjs poulfiQ genannt. Im
ersten Fall ist er mit der Aufzeichnung und Aufstellung des Proxeniedekretes
betraut, im zweiten Fall ist derselbe Schreiber nur mit der öffentlichen Verkün-
digung der Verleihung des goldenen Kranzes an den tragischen Agonen der Diony-
sien beauftragt, während die Aufzeichnung und Aufstellung- des Beschlusses der
Ypa[.i[.ia-c£ui; xwv Ttpuxavewv zu besorgen hat. In IG XII 5, 715 hat der letztere die
Aufzeichnung auszuführen. In IG XII 5, 716 Z. 10, 717 Z. 9^") und epigraph.
Anhang n. 2. übernimmt der Ypa[i[ia-c£Ü; xwv axpaxTjywv, mit dem der ypa[i[iax£ij; in
IG XII 5, 733 identisch sein wird und der, soweit ich das inschriftliche Material
übersehen kann, nur für Athen durch IG II 225 (cf. 'AO^jV. nol. XXXI, 2) und für
Andres bezeugt ist-^), die Aufzeichnung und Aufstellung des Beschlusses. In
IG XII 5, 721 ist der Priester gleichzeitig Schreiber bei Rat und Volk.
Die Bezeichnung ypaixi-iaTsijs '^'fji ßouA^? finden wir auch in Athen ^^), wo sie
aber seit 318/17 nicht mehr belegbar ist. Zuletzt erscheint sie in IG II Suppl.
231 b, in dem Beschlüsse zugunsten des Euphron aus Sikyon aus den ersten
Jahren nach dem Sturze der Oligarchie und der Wiederherstellung der demokra-
tischen Regierung in Athen (Schulthess, Pauly-Wissowa RE VII 1722; Larfeld,
Handb. d. griech. Epigraphik 11 699, 701, 706). Sie bedeutet nach Schulthess die
Abkürzung des offiziellen Titels des Ratsschreibers, der mit vollem Titel ypaiijxaxsuj
5 xaxa Txpuxavst'av xfjs ßouXfjS hieß und der ursprüngdich aus den Ratsherren je einer
Phyle während der Zeit ihrer Prytanie gewählt wurde, und zwar aus den übrigen
Mitgliedern des Rates, die nicht die Prytanie führten. Als zwischen 368 und 363
V. Chr. das Amt des Ratsschreibers in ein Jahresamt umgewandelt wurde, wurde
^'■') Die Frage der Rats-, bezw. Staatsschreiber ist nach Schauberts Psephisraa ^ IG XII 5, 716 Z. 9
kürzlich von Schulthess, Pauly-Wissowa RE 1710 ff. u. 10; Weil, Ath. Mitt. I S. 237; Pernice, Ath. Mitt.
behandelt worden; dann Brillant, Les secretaires XVIII S. 15; Michel, Rec. 397.
atheniens, Paris 191 1. ^') Bei Schulthess a. a. O. i/ölff. in der Be-
^"j Wo, wie ich Ath. Mitt. XXXVI S. 11 fest- sprechung der 'fpa[ji,|j,axets ist dieser übersehen worden,
gestellt habe und wie kürzlich Bojatzidis, 'ApX- 'EcpTlIJi. ^") Über die Funktion der Rats- oder Staats-
191 1 S. 76 n. 30 noch bemerkt hat, unzweifelhaft Schreiber in Athen Schulthess, Pauly-Wissowa RE
"fpa|i|jiaTeu; xwv axpatv)-cmv, wii in 716, zu lesen ist; VII 1731 ff.; Bruno Keil bei Gercke-Norden, Einl.
siehe auch Wilhelm, Gött^ Gel. Anz. 1898 S. 231 i. d. Alt. III 355.
Saiiciuc. Andros. ^4
io6
der Titel 6 ypo^m'La.zzbg y.a.xx r^pDxmeioi'/ üblich. Dieser wurde nun öfters gewählt und
ein besonderer Schreiber ausschließlich mit der Aufzeichnung der Urkunden be-
auftragt. Der letztere hieß Ypa[i[iaT£'J? Tyj; ßou).^5 und sein Amt wäre nach Schulthess'
nicht ganz befriedigender Lösung als eine Neuschöpfung des vierten Jahrhunderts
anzusehen. Da er nur mit der Publikation beauftragt war, soll er ein minderwichtiges
Amt bekleidet haben. Nicht dasselbe läßt sich für Andros feststellen. In dem Beschluß
epigraph. Anhang i ist das Amt des Ypm[ioLXZuc, -cfjj ßouXf;? ein besonders wichtiges. Dies
geht aus IG XII 5, 714 hervor, wo derselbe Schreiber mit der öffentlichen Verkündi-
gung des goldenen Kranzes beauftragt ist, eine Aufgabe, für die auf Andros ein
andermal, in IG XII 5, 71g, wie wir sahen, die Behörde der Strategen zu sorgen
hatte, während mit der Aufzeichnung und Aufstellung in demselben Beschluß 714
der ypa|X(j.aT£Ü; twv Tipuxavswv beauftragt ist. Daß auf Andros der ypa[j.[xax£u; x-^; ßouXf)?
vom Ypa|.i[^iat£tj; twv 7ipi)t«V£(i)V auseinanderzuhalten ist, indem ersterer als der
ältere eine wichtigere Rolle spielt, geht aus dieser Inschrift klar hervor. Aus
dem Vergleich mit epigraph. Anhang i wird auch klar, wie das Amt des ypa(^i,|j,ax£us
TWV TipuuävEwv aus dem des yp«|.t[iaT£us zffi [üouAfjs ausschied, um unmittelbar dar-
auf den Ypa^i-ixTEÜs t^s [iouAvj^ ganz zu ersetzen und dann später in dem Machtbereich
der Strategen aufzugehen. Daß Andros zu einer Zeit, wo es ganz im Fahrwasser
der athenischen Pohtik war, in dieser Hinsicht von den dortigen Einrichtungen
abgewichen wäre, wäre sonderbar und man kann sich der gegen Schulthess' Aus-
führungen über die beiden Schreiber in Athen auftauchenden Bedenken auch
aus diesem Grunde nicht erwehren-^). Der ypa[ji[iaT:£Ü; xwv 7ipuxav£wv von Andros
kann ohneweiters dem Ypajiiiax£'j; ö xazx rcpuxavEfav der attischen Beschlüsse gleich-
gesetzt werden. Die Aufgabe der Aufzeichnung und Aufstellung erfüllt der
Ypa[.i|^ixx£us xG)V 7:puxäv£wv, wie in Athen, auch in IG XII 5, 714 und 715. Mit der
Macht der .Strategen gewann auch ihr Schreiber an Bedeutung, den wir in IG
XII 5, 716 und 717 die Pflichten des '(p!X[i.\iix.ztbi xwv 7ipuxav£(i)v ausführen sahen.
In römischer Zeit erscheint der jpociiyt.azBbc, ßouX^? xat Stj|j,oi) (IG XII 5, 721), dem
die Sorge für die 5/j]xoata Ypd\i.\>.!Xxoc obliegt. Er entspricht dem Schreiber, von dem
Aristoteles, 'Ad-riv. tioX. LIV 5 sagt: x^ip^i^ovsr 51 y.od 6 ofj|.io^ yp^l'-l''''''^^''' ■^^''' ä.vo'.y^(iia6\>.B'JO^
-') Die vor kurzem erschienene Abhandlung von Ttpuxavstav in einer und derselben Inschrift IG II 61
Maurice Brillant, Les secretairesAtheniens, Paris Iqll, (358—356 oder 354— 352) recht auffallend. Beide Be-
S. 17fr., 39ff., 46ft., löst die den -fpaii|iax£'J5 x^s pouX^; nennungen auf denselben Schreiber zu beziehen, hat
und den fp. 6 -/.axi TtpuxavEtav in Athen bezügliche weniger Wahrscheinlichkeit für sich, als sie in ähn-
Frage in der Art, daß sie den -fp. 6 xaxi Tip uxavsiav auf lieber Weise wie auf Andros durch die Annahme
den fp. T'^s ßouX^j folgen läßt. Doch ist die gleich- einer Art von Übergangsstadium mit zwei Schreibern
zeitige Nennung des fp. xrjg pouX^; und des xaxx zu erklären.
107
aOxq) xat jjouXtj xxi o'jto; oüoevo; £c;t: -/.üpioj äX>.a toO ävayvöjva'. (vgl. dazu Brillant
a. a. O. 1 1 4 ff., 1 1 9 ff). Letztere Inschrift lehrt uns auch, daß das Amt dieses Schreibers
unbesoldet, also ein reines Ehrenamt war und Leiturgiai erforderte.
In den drei Dekreten aus Adramy tteion (IG XII 5,72 2), welche Auszeichnungen
zu Ehren des zur Entscheidung inländischer Streitigkeiten nach Adramytteion be-
rufenen Richters aus Andros, Timokritos, Sohnes des Sokles, enthalten, erscheint
mit dem letzteren auch 'Iiytxpaxrji; 'laoxpuaou 6 Ypan[-iaxe6?. Dieser Grammateus ge-
hört, wie uns die Worte in Z. 50 zeigen, zum Hilfspersonal des genannten Richters.
Während uns die Funktionen des attischen Gerichtschreibers einigermaßen be-
kannt sind (siehe Schulthess, Pauly-Wissowa RE VII i74of), bringen die oben ge-
nannten Ehrendekrete sowie auch die übrigen zu Ehren auswärtiger Richter,
abgesehen von stereotypen Wendungen zur Begründung der Auszeichnung und
einer ausführlichen Aufzählung der beschlossenen Ehren nichts, was uns über
die Funktionen dieses Schreibers aufklären könnte.
Aus den Inschriften IG XII 5,71 4 — 7 1 7 (vgl. auch die Ergänzungen in 'Ap-/. 'Eq;rj|i.
191 1 S. 70 f. n. 3 II Z. 10; IV Z. 5; V Z. 18; epigraph. Anhang n. i, 2) lernen wir
die Finanzbehörde kennen, welche angewiesen wird, die Kosten für die Veröffent-
lichung der Beschlüsse zu bestreiten. Die Finanzverwaltung ist in 714 nicht in
der Hand eines einzelnen zentralisiert. Hier wird angeordnet: ooOvao touc, xx[iixz xnb
x&v TTpoaöowv xö)V T^s nöXetßc,. Dasselbe ist wohl mit Sicherheit in epigraph. Anhang
n. I zu ergänzen. Die Kassenbeamten bestreiten die Kosten aus den laufenden Staats-
einkünften, über die wir sonst nichts hören und die wir uns etwa in derselben
Weise wie in Athen und an anderen Orten geregelt denken müssen; in den
anderen oben genannten Beschlüssen einer späteren Zeit finden wir die Wendung
Soövat xous -ca(iia; dviö t^? y.oiYqc, Stocxr^aEü)?, wobei die xotVYj Siot>tr;ats keine andere
Kasse als die der TüpoaoSot od Tvji; nöXeiac, bedeuten kann. Während uns in den so-
eben genannten Inschriften eine aus mehreren Kassenbeamten zusammengesetzte
Finanzbehörde entgegentritt, finden wir in IG XII 5, 720 nur einen Tamias und
der Auftrag, die Kosten zu bestreiten, wird statt des von der Sanktionsformel ab-
hängigen Infinitivs durch den Imperativ 56xü) ausgedrückt. Wohl der gleiche
Tamias ist nach den erhaltenen Resten in 'Ap-/. 'E-^pr^^i. 1911 S. 70 f n. 3 I Z. 10 und
72 n. 9, Z. 9 (dazu ep. Anhang S. 160) zu ergänzen. Ein zx\iixg |[-C7js ^ooXfn X7.l xoü
5f;[.i?]oi) wird mit Namen in der Inschrift genannt, die der Wiederherstellung der
Demokratie durch die Römer gedenkt. Wenn man erwägt, daß der Tamias in
IG XII 5, 733 ein Beamter des Strategenkollegiums ist und in 'Ap/. 'Ecpr^i-i. a. a. O
n. 9, wo auch die Strategen eine Aufgabe erhalten, der zu ergänzende Tamias die
14-
io8
Kosten für die Anagraphe auszufolgen hat, so möchte ich denken, daß mit der
Machtsteigerung der Strategen dieser Tamias die Tamiai in den Hintergrund
drängte, nachdem er zuerst abwechselnd mit diesen aufgetreten war (vgl. Vipy.
'Ecprj(i. 191 1 S. 70, n. 3 I Z. IG und V Z. 18), so daß mit Beg'inn der Römerherrschaft
nunmehr Jason sich als Tamias (des Rates und Volkes?) bezeichnen konnte. Die für
die Aufzeichnung des Beschlusses bewilligte Summe übergeben die Tamiai, be-
ziehungsweise der Tamias, dem Ratsschreiber. Aus der Zeit des Antoninus Pius
werden uns in IG XII 5, 724 für die Geldgebarung die Dekaproten, ein Kollegium
von zehn Mann genannt. Diese römische Institution, die man im ganzen Osten des
römischen Reiches findet, war mit der Eintreibung und Einnahme der Tribute
betraut und hatte in den das Steuerwesen der Stadt betreffenden Fragen mit-
zusprechen. Daß sie keineswegs Ratsherren sein mußten, zeigt deutlich die
andrische Inschrift-*).
Tn IG XII 5, 758, einer andrischen Inschrift des dritten Jahrhunderts n. Chr.,
erscheint ein Logistes-^) als eponymer oder geschäftsführender Beamter, ein kaiser-
licher Kommissar, der die Finanzverwaltung in der Provinz zu überwachen hatte.
Ob der hier Genannte nur für Andres bestimmt war oder oVj ihm Andros zusammen
mit mehreren anderen Städten unterstand, läßt sich nicht angeben--).
Zu den Beamten gehört auf Andros auch der Gymnasiarch, für den ich auf die
Bemerkungen im epigraph. Anhang n. 4 verweise.
Der in 'Apy. 'Ecprjjx. igi i S. 70 f n. 3 III Z. 2 genannte ypai-iiJiaTOScSfaaxaXos ist wohl
statt des sonst v'orkommenden ypajinaiicrxrjs (Gudeman, Pauly-Wissowa RE VII
1808) gesetzt").
Hier darf schließlich auch der in IG XII 5, 71g geehrte Arzt Artemidoros,
Sohn des Menodotos, angeführt werden. Wie auch immer Z. 2 zu ergänzen ist,
so geht aus dieser Inschrift, wie Pohl, De Graecorum medicis publicis vS. 52, her-
vorgehoben hat, deutlich hervor, daß Artemidoros eine Zeitlang, vielleicht ein
Jahr, als Arzt auf Andros tätig war. Als er dann für das folgende Jahr zu
^*) Branclis, Pauly-Wissowa RE IV 2, 2417; Hertzberg II 148 Anm. 65a; Keil und v. Premer-
Seeck, Decemprimat und Decaprotie, Beiträge zur alt. stein, Bericht 11 22 zu n. 3g; Keil, Jahreshefte
Geschichte I 147 ff.; Rostowzew, Studien zur Ge- XIV 1911, Beibl. 56 n. 7 und die dort angegebene
schichte des röm. Kolonates 157. Literatur.
^^) Der Name des kaiserlichen Beamten ist nicht ^') Eine äfX'i ^^^ ^^"^ fP'''W'^°5tSaaxaXo; auf
zu entziffern. Nach dem Gene:iv XofiaTSÜovTOj ist Teos bei Dittenberger, Sylloge^ 523, Z. 8/9, wo er
von dem folgenden Namen bloß T erhalten und am hinter dem -fuiivaatapxos und 7iai5ovö|ios steht, inne.
Anfang der folgenden Zeile ist eine Rasur zu sehen, Von dem Epitedeuma des andrischen fpafiiia-oätSoca-
wobei das Wort Xo-^ia'st) noch zu erkennen ist. y.aXo; war in dem verlorenen Teile der oben ge-
-^) Moramsen, Römisches Staatsrecht' 112,857 ff.; nannten Inschrift die Rede.
log
bleiben sich entschloß, wurde er vom Rate und Volke der Andrier mit einem
g'oldenen Kranze ausgezeichnet, für dessen Verkündigung' an allen Agonen der
Stadt die Strategen zu sorgen hatten. Auch wenn er nur als latros bezeichnet
wird, so ist es wahrscheinlich, daß er vom Staate für eine bestimmte Zeit mit
einem bestimmten Gehalt bestellt, somit Sr^iioaio; oder Srjjxoateijwv ixzpoi; war'-^).
Bisher hatten wir die bürgerliche Klasse der Bevölkerung vor Augen. Da-
neben hatte, wie jede griechische Stadt, so auch Andros eine Fremdenbevölkerung.
Je nachdem die Fremden sich bleibend oder nur vorübergehend in Andros auf-
hielten, werden sie als Tzäpoixoi oder ^evoc Tzapenibri^ioüvzez bezeichnet. Sie nehmen
gleich den Bürg-ern, wie aus IG XII 5, 721 hervorgeht, an dem Opfer und
an der Volksbewirtung teil. Über ihre Lage bieten uns die Inschriften sonst
gar keine Angaben. Wir werden für sie im allgemeinen dieselben Bedingungen
wie in Athen gelten lassen dürfen. Daß die Andrier wohlverdienten Männern
anderer Staaten das Bürgerrecht zuerkannten, lehren uns die Inschriften IG XII 5,
716 — 718, 720, epigraph. Anhang n. i, 2. Die Bürgerrechtsverleihung lag in der Kom-
petenz der Volksversammlung. In den vier ersten oben genannten Dekreten werden
die Geehrten Bürger und bekommen die Zug-ehörigkeit zu demselben Rechts-
gebiete wie die übrigen Bürger von Andros. Dies ergibt sich aus der Zuteilung
zu einer Phyle und Phratrie, von der in 716, 717 und 720 die Rede ist. In 718
werden auch die lep« xac daia. erwähnt, zu denen der neue Bürger Zutritt be-
kommt und deren Gemeinsamkeit auch ein Merkmal der Bürger eines und des-
selben Staates ist. In 720 finden wir das Recht zu Haus- und Grundbesitz, Zutritt
zum Rate und Volke unmittelbar nach Erledigung der kultlichen Angelegenheiten,
ein Privileg, das so häufig in attischen Beschlüssen vorkommt^^). Auch die Nach-
kommen der so Geehrten werden derselben Privilegien, als Isotelie, des Rechtes
zum Erwerb von Haus- und Grundbesitz, der Asylie und des Vorrechtes beschleu-
nigten Rechtsverfahrens teilhaftig^"). Im epigraph. Anhang" i wird den Geehrten
und ihren Nachkommen die Politie zuteil zugleich mit dem Titel eines Proxenos
^^) Mehr über die Ärzte siehe Pohl a. a. 0. u. haltung d. Ath. I 176 ff., 626 ff.; Busolt, Griechische
Keramopulos,'E(j)V)H.'Apx. 1908 S. I74ff.; Öhler, Janus, Staats- u. Rechtsaltertümer^ 53 ff- Über die Kom-
Arch. intern, pour l'liistoire de la mid. et la geogr. bination von Proxenie und Politie auf den Inseln:
med. XIII. Jahrgang igo8 S. 17 (des Sep.). Szanto, Das griechische Bürgerrecht 19 ff.; Monceaux,
^') Larfeld, Handb. d. griech. Epigr. II 791. Les prox^nies grecques; Sal. Reinach, Traite d'^pi-
'") Über Proxenia und die Vorrechte wie Politeia, graphie 45 ff. (Newton); Wilhelm, Reisen in Kilikien,
Isoteleia, '^fjc, EfKxrjats y.al oJxtag, ia auXat; äoulia, Denkschriften der Wiener Akademie 1896 S. 115;
Stxr; TCpdätxo; s. Hermann-Thumser, Griech. Staats- BCH XVI 139 ff.; Francotte, Musfe Beige VII
altertümer 427; Gilbert, Griechische Staatsalter- S. 350 ff. u. 344 ff. ; über ätxTj Ttpoätxoj s. H. F. Hitzig,
türaer 1^ 301, II 383; Boeckh-Fränkel, Staatshaus- Altgriechische Staatsverträge über Rechtshilfe, Zürich
I lO
und Euergetes. Im Proxeniedekret IG XII 5, 715 gab Volk und Rat der Andrier
dem Geehrten nur den Titel eines Proxenos und Euergetes und damit Zutritt
zu Rat und Volk als erstem nach dem Priester, oi'xa; npoolxouq und die Zusicherung
der Asylie. Zu bemerken ist, daß wir in dem ältesten Dekret von Andres epigraph.
Anhang n. i die Formel yrjg gyxxYjcjt? v.(xl oMacg finden, die in den attischen Dekreten
nach 350 nur noch einmal in IG II 282 aus dem Jahr 287/86 vorkommt, für
welche letztere Formel dann später in Athen eyy.xryac; y^? y.xl olyJ.s.c, oder -/ai yf,5
%od oixixg eyxtYjacs tritt^').
Schließlich gab es in Andros auch Unfreie, die Klasse der Leibeigenen, die
die Freiheit erlangen konnten und dann aTisXsüO-epoc, d. h. Freigelassene hießen.
Wie wir aus IG XII 5, 721 ersehen, nahmen die letzteren an dem Opfer und
an der Volksbewirtung teil. Sonst haben wir weder über diese noch über die
Zahl und Lage der .Sklaven irgend eine xlndeutung. Für die Bestimmung der
letzteren hat man in Andros in der Namengebung nur einen sehr unsicheren
Faktor; doch scheint die Zahl der Unfreien nicht gering gewesen zu sein.
Die religiösen Einrichtungen.
Besondere Verehrung genoß auf Andros der Gott Dionysos. Er hatte ein Heilig-
tum, aus dem nach Pausanias VI 26, 2 -napa. eioj, was wohl „alljährlich" bedeutet^),
an seinem Feste Wein floß. Dem Liber Pater zu Ehren fand, wie uns Mucianus ter
consul^) bei PliniusN. h. II 231 (Detlefsen) berichtet, alljährlich am 5. Januar das Fest
statt, an dem, wie uns Mucianus weiter bei Plinius XXXI 13 erzählt, durch 7 Tage
hindurch Wein statt Wasser floß oder letzteres doch einen Weingeschmack annahm,
den es aber verlor, sobald man sich aus dem Tempel entfernte^). Der Name dieses
1907 S. 51 und dann Revue des etudes grecques XXI Gymnasium zu Eisenach, Ostern 1875 — 1876) 3 ff.;
1908 p. I59ff.; Dareste-Hausoullier-ReinLich, Inscr. jur. Frazer, Paus. Descr. of Greece vol. IV 108; Hitzig-
grecq.I 189 und A. Wilhelm, Jahresh. XIV S. 205 f.; Blümner, Paus. Graec. descr. II 2, 673 zu 525,
dagegen meint A. Maiuri, Rendiconti della reale Acca- 12; Gruppe, Griech. Mythologie und Religions-
demia dei Lincei, serie quinta vol. XIX 1910 p. 41 geschichte, 2, 293, 320, 1410 ff.; Nilsson, Griech.
Anm. I, daß Stxai 5tpi3f/.C/: nicht 5iy.at Tipö xöjv äXXtov, Feste von religiöser Bedeutung mit Ausschluß der
sondern Sixai 8;ä T(öv ■nfioiiv.un bedeute (s. auch attischen 293.
45, Nota a. p. 41 sul valore di zpiSty.o;; vgl. auch -) D. i. 72 n. Chr.; Liebenam, Fasti consulares 15.
Atene e Roma XIV n. 145—146, p 32 ff.), eine ^) Über die sakrale Bedeutung des Weines,
Meinung, die ich nicht teilen kann. Gruppe, Griech. Mythologie 2, 756; Nilsson, Griech.
'') Larfeld II 794. Feste 260 f., 278; Kircher, Religionsgeschichtliche
') Über diese Bedeutung von Tiapa s. Kühner- Versuche und Vorarbeiten IX 2. Heft, 87; vgl. Die
Gerth, Griechische Grammatik' II I, 513; Head, Automatentheater Herons v. Alexandria I 393, XIII
Historia numorum 482; Bougot, Philostrat l'ancien, (Schmidt); Roß, Inselreisen II 23; de Jong, Über
une Galerie antique 324; anders Weniger, Kollegium das antike Mysterienwesen in relig.-gesch., ethnol.,
der Thyiaden (Jahresbericht über d. Karl-Friedrichs- psych. Beleuchtung 167 ff
III
Festtages schwankt, da die Handschriften bei Plinius variieren. Die Mehrzahl unter
ihnen bietet das geläufigere 0£oSoaia^). Der Name 0co5acc'.a ist von Welcker ad
Philostratum p. 355 eingesetzt worden. Er ist, wie Nilsson (Griechische Feste von
religiöser Bedeutung mit Ausschluß der attischen 279) annimmt, daraus zu erklären,
daß dem Gotte bei seiner Epiphanie ein Mahl bereitet wurde. Indem jedoch der
Gott selbst Wein fließen läßt, ist er gleichzeitig auch der Bewirtende und erwidert
durch die Weinverteilung den ihm seitens der Gemeinde gemachten festlichen
Empfang. Der Ursprung des bei dieser Weinquelle geübten Rituals, das nicht
allein auf Andros, sondern auch in Astakos, Naxos und Teos vorkommt, in welch
letzteren Orten es auf Böotien zurückgeht =), scheint in sehr alte Zeit hinauf-
zureichen. Der Name des Festes scheint schon zur Zeit des Plinius und später,
als die Weinverteilung, nicht das Mahl die Hauptsache war, nicht mehr ver-
standen worden zu sein und zugunsten eines anderen Namens, der den Andriern
die Weinquelle als eine Gabe ihres Gottes bezeichnete, seine Popularität ein-
gebüßt zu haben. Eine ausführliche Schilderung des Treibens der Andrier an
diesem Feste des Dionysos finden wir bei Philostratos, Imagines I 329 (Kayser)
in seiner 25., „Andrier" betitelten Bildbeschreibung"). Die Nachrichten von dieser
Quelle und von diesem Feste kann man wegen der Zeitlage auf die Lenäen
beziehen').
In Menites, einem kleinen, etwas über eine Stunde von der heutigen Haupt-
stadt gelegenen Dörfchen am Ende des Messaria liegt auf einer kleinen Erhebung
die Kirche Koi\).rpii XTfi 0£ox6xou, auch einfach Ivumulo genannt, unter der an mehreren
Stellen eine starke Wasserader hervortritt **). Das Volk hält sie für den Tempel des
Dionysos und den Ort selbst für den Lieblingsaufenthalt der Mänaden^). Ebenso
unbegründet wie dieser Glaube, der dem Volke durch einen gelehrten Reisenden
*) Plin. II 103 (ed. Jahn-Mayhoff): Theodosia Rh. M. 1882 S. 403 f.
AdEp H; tedo v; tecno-B; Theodosie R; tbeodesia ') Usener, Acta S. Timothei, Programm der
(thaeo-F'-', h.aeo-F') r; s. auch Meister, Griechische Universität Bonn 1877, 24 f.; Nilsson a. a. O. 277 ff.;
Dialekte I 98; zur Quellenliritik der Naturgeschichte vgl. Ludwig Preller, Ausgewählte Aufsätze 295 f.
des Plinius s. Seilers, The eider Pliny's chapilres Beiläufig sei erwähnt, daß auch die in der Inschrift
on the history of art LXXXV ff.; Münzer, Beiträge bei Michel, Recueil 1017 genannten Dionysien in
392 ff.; Kalkmann, Die Quellen der Kunstgeschichte Ptolemais, am II. Peiitios, im ersten Monat nach
des Plinius. der Wintersonnenwende, also im Januar gefeiert
') Gruppe a. a. O. 293, 320, 1410 ff.; Nilsson, wurden,
a. a. O. 293. ') Das Volk gebraucht dabei den Ausdruck:
^) Vgl. K. Friederichs, Die philoslr. Bilder l8öo -fix^i cpouädva.
und H. Brunn, Die philostr. Gemälde 1861, 286: "■') Ross, Inselreisen II 22; vgl. Curtius, Rhein.
Bougota. a. O. S. 323 ff. XXIV; Matz, De Philostrati Museum II 1843 S. 98; Bucbon, Voyage 217, Murrays
in describcndis imaginibus fidc 70 ff.; Kalkmann, Hand-Book Greece II 574.
112
beigebracht worden sein dürfte, ist Miliarakis' Annahme (Hj'pomn. ii6), die von den
alten Schriftstellern genannte Quelle habe in dem Hofe des Klosters Hagia gelegen.
Theodaisia ist nicht der einzige uns erhaltene Name eines Dionysosfestes
auf Andros. Tä Aiovücta sind uns durch IG XII 5, 714 bezeugt, dazu 'Ap^- 'E^7j|i.
191 1 S. 70 ff. n. 3 IV Z. 6, wo man xä A:o]yiic5ta zu ergänzen geneigt ist. An diesen
Dionysien wurden mannigfache Wettspiele veranstaltet und an den tragischen
Agonen wurden, wie wir aus 714 erfahren, die Auszeichnungen hochverdienter
Männer öffentlich verkündet. Über den Zeitpunkt dieses Festes haben wir keine
Kunde, die Frage kann auch nicht von Andros allein aus, sondern nur durch
eine au.sführliche Erörterung aller Dionysosfeste gelöst werden. Daß auf Andros
an dem Dionysosfeste auch musische und gymnische Agone gefeiert wurden,
haben wir, auch ohne Überlieferung, allen Grund anzunehmen. Über den Ort der
Aufführungen wissen wir nichts zu sagen, da von einem Theater in Paläopolis
bisher keine Reste zutage getreten sind.
Den Kult des Dionysos finden wir aul3erdem noch durch zwei Inschriften be-
zeugt: <l>>.aßta IIat5£p(j)it[s weiht in IG XII 5, 725 dem Großen Dionysos einem
Gelübde gemäß einen Altari"). In der Inschrift IG XII 5, 726, die auf einem
Epistyl steht und dem Beginn der Kaiserzeit angehören dürfte, wird eine Eepr;a
xoö Ato[v6aou genannt, deren Patronymikon zu AtovJ'jaEou ergänzt wird und die aus
eigenen Mitteln einen Bau, wahrscheinlich dem Dionysos aufführte. Möglicherweise
ist es dieselbe Priesterin, die in IG XII 5, 753 erscheint'^).
Besonders häufig findet man Dionysos auf den Münzen von Andros ab-
gebildet, für die die früher genannte Arbeit Paschalis' vorliegt ''2). Hier er-
scheint seit 393 V. Chr. das efeubekränzte Haupt des bärtigen, häufiger des bart-
losen Dionysos, dem die Binden auf Hals und Nacken fallen, manchmal dann auch
die ganze Figur (vgl. die Fig. 63 S. 96) in Chiton und Mantel, in der Rechten den
Kantharos, die Linke auf einen langen, öfters mit Binden behangenen Thyrsos
'") Wenn wir hier bei Dionysos den Beinamen nysios, der in IG XII 5, 752 einfach als Priester
Me-fccXcot finden, so wird dies mit dem Kulte der bezeichnet und vom Rate und Volke der Andrier
MsTccXot QeoL zusammenhängen, bei dem Dionysos seiner Verdienste um die Stadt wegen geehrt wird,
eine nicht unwichtige Rolle spielte. Nach römischen Priester des Dionysos und zu derselben Familie
Quellen gilt er als Sohn des Kabiren und als Herr- gehörig, wie die in der Inschrift IG XII, 726 bezw.
scher von Asien, wobei unter Asien nur die römische 753 geehrte Frau.
Provinz gemeint sein kann. Cicero, De nat. deorum '-) No[«a|J,aTtxr) xfjc, äpxaias 'AvSpou, Journal
III58; Ampel. 9; Lyd. de mens. 4,38; Bloch, Röscher, International d'Archeologie Numismatique I 1898,
Myth. Lexikon II 2527. Daß diese Vorstellung von 310 fr. Tafel XII— XVII; hier ist auch die ältere,
hier aus auch auf Andros in der römischen Zeit Ein- die Insel Andros betreflende numismatische Literatur
gang fand, ist begreiflich. berücksichtigt; vgl. FrL-dländer-Weil, Repertorium
") Vii-Ueicht war auch Attalos, Sohn des Dio- zur antilcen Numismatik 220.
i'3
g-estützt'*). Auf der Rückseite ist außer der Legende meist ein Attribut des
Dionysos, wie Kantharos, Traube, Panther, Thyrsos mit Binden und Quasten be-
hängt, öfters daneben eine Traube zu sehen, einigemal Apollo mit der Leier
oder der Dreifuß '*), was auf die nahen Beziehungen der beiden Gottheiten auf
Andros hinweist.
Auf den Münzen der Kaiserzeit ist auf der einen Seite des Kaisers Brust-
bild, auf der andern meist Dionysos im lang-en Chiton mit Kantharos und Thyrsos,
daneben auch der Panther abgebildet'^). Ob die beiden S. 24 angeführten Metopen
und Triglyphen mit dem Dreifuß und dem Bukranion zu einem Altar des Dio-
nysos gehören, muß dahingestellt bleiben^").
Der Kult einer Gottheit findet einen Niederschlag auch in der Namengebung,
die innerhalb gewisser Grenzen beim griechischen Volk durch den häuslichen und
staatlichen Kultus bestimmt wird''). Der Wichtigkeit des Dionysoskultus entspricht
auch die Berücksichtigung dieses Gottes bei der Namengebung. Die Namen, die uns
auf Andros auf Diony.sos hinweisen, sind: Dionysios, Dionysodoros und Bakchios'*).
'^) Aus der Zeit 393 bis 365 zeigen Paschalis
n. 7 — 19 den bärtigen, n. 21 — 26 den bartlosen Dio-
nysos. In der Folgezeit ist Dionysos, wenn wir die
von Pasclialis a. a. O. 323 ff. als falsch oder ver-
dächtig bezeichneten Münzen unbeiücksicbtigt lassen,
stets bartlos. Dieser Wechsel in dem Aussehen des
DionysosUopfes mag mit einem Wechsel des Kultbildes
zusammenhängen. Auf den Münzen von Mykonos steht
es mit dem Dionysosbild nicht anders (Svoronos,
BCH XVII 1 893 p. 462 ; vgl. Kern, Pauly- Wissowa RE
V I, 1044 b). Für das obengenannte Bild des Diony-
sos siehe Paschalis n. 20, 53 — 56. Zweimal hält er,
mit langem Chiton bekleidet, den Kantharos über eine
danebenslehende Hirschkuh (n. 57 u. 58), die einmal
auch auf seine Wange (n. 55) geprägt ist. Einmal
trägt Dionysos einen kurzen Chiton (n. 32), darüber
ein Fell, die Rechte hält er über den Dreifui?, in
der Linken den Thyrsos.
'*) N. 20, 50 — 52; Wroth, Catalogue of the
Greek coins 88 n. 20 — 22. Ein Exemplar ist 1908/09
auf Delos gefunden worden: Athen, numismat. Mu-
seums-Katalog, y.scf. 30, i; n. 23.
'') Paschalis n. 59, 60, 63, 64, 66, 67; in n. 61
ist der Gegenst.ind, über den Dionysos den Kan-
tharos hält, vielleicht wie bei 32 ein Dreifuß oder
eher ein Altar, weniger wahrscheinlich ist hier die
Annahme eines Silenskopfes.
"'i Über die Stellung, welche die Dreifüße im
Sauciiic, Andros.
Kulte des Dionysos einnehmen, Reiscb, Die griech.
Weihgeschenke (Abh. d. arch. ep. Seminars Wien
VIII) 7; über die Beziehungen des Dionysos zum
Stiere Nilsson a. a. O. 261 f. In den königl. Museen
zu Berlin, Beschreibung ant. Skulpt. n. 124, befindet
sich, aus der .Sammlung Sabouroff, das abgesplitterte
Gesicht eines jugendlichen Dionysoskopfes aus pen-
telischem Marmor, das ,ius Andros stammt. In
dem zierlich gescheitelten und gewellten Haar ist
ein Efeukranz, die Arbeit ist gut und wahrscheinlich
noch dem vierten Jahrhundert angehörig. Vgl. Furt-
wängler. Die Sammlung Sabouroff XXXVIII 2. In
den Kreis des Dionysos gehört auch eine 0'074™
hohe Terrakottafigur im Museum von Andros, die
wahrscheinlich den Silen in der Art des Bes (Fr.
Winter, Die antiken Terrakotten III I, 215 n. 4 — 8;
216 n. I, 3; III 2, 392 n. 5; 393 n. 2, 4, 5; vgk
den 0"50°' hohen Bes aus Marmor aus der Sammlung
Barraco II 68) darstellt. Ein Silenskopf ist nach-
träglich auch auf andrischen Münzen hinzugefügt,
bei Paschalis n. 46, 57, 58.
'^lUsener, Götternamen 350 ff.; J.Schöne, Griech.
Personennamen als religionsgescb. Quelle, Progr. Düs-
seldorf 1906; Bechtel, Griech. Frauennamen; Sittig,
De Graecorum nominibus theophoris, Diss. Halle 1911 ;
Fröhner, Arch. f. Religionswiss. XV, Igi2 S. 380 ff.
1^) IG XII 5, 718, 726, 728, 752; IG II 2788;
"Apx- 'EiTja. 191 1, 70 n. 2, I Z. 4; IG XII 5, 724-
15
114
Lehrreich ist der Name Atovöatoj "Op9uvo? in IG XII 5, 718, da er uns den Kult des
Dionysos in einer Familie bezeugt: Vater und Sohn knüpfen mit zwei verschie-
denen Namen an Dionysos'-') an.
Dem Dionysoskulte kam an Bedeutung der des Apollo gleich. Daß diese
beiden Kulte in den Sagen sich berührt haben, hat uns die Genealogie des Heros
von Andros gezeigt. Dasselbe lehren auch die oben genannten Münzen von Andros.
Der Kult des Apollo war uns schon durch die oben angeführte Nachricht bei
Himerios Or. VIII 7 bezeugt; aus den Inschriften von Andros erfahren wir, daß dort
ein Tempel des Apollo stand und daß in ihm die Beschlüsse der Andrier zur
Aufstellung gelangten-").
Apollo erscheint häufig auf Münzen von Andros. Eine Silbermünze aus der
Zeit 393 — 363 bei Paschalis a. a. O. 312 n. 20 zeigt das lorbeergeschmückte Haupt
des Gottes; auf einer andern aus den Jahren 133 und 88 bei Paschalis n. 49 ist
vielleicht auch ein Apollokopf zu sehen. Auf drei Münzen der späteren Zeit,
aus den Jahren 67—49 bei Paschalis 319 n. 50 — 52 sieht man Apollo in
langem Gewände. Sein Kopf ist nach seiner rechten Seite gewendet, in
der Linken hält er die Lyra, in der Rechten das Plektron. Den Einfluß des
Apollokultes zeigen in der Namengebung" besonders die Namen ApoUonios und
Apollonides"').
Für den Apollokult auf Andros und sein unsprüngliches Verhältnis zu den
beiden Hauptorten apollinischer Verehrung, zu Delplii und Delos, ist die von
Herodot IV :3i^ ff. erzählte .Sage über den Weg, den die von den Hyperboreern
in Weizenbündeln ins Abendland kommenden heiligen Gaben nehmen, von Be-
deutung. Wir können aus Herodot entnehmen, daß Andros den Apollokult nicht
bei diesem Anlasse bekommen hat, da die heiligen Bündel Andros nicht berühren
und dieses außerhalb der Kultgemeinschaft anderer dort genannter Oite wie vor
allem Karystos und Tenos erscheint ^^j. Auf Andros überwog ofi^enbar der Kult
des Dionysos. Der Gott, den die Griechen — nach der durch v. Wilamowitz
vertretenen Auffassung — in ihren Kämpfen in Kleinasien zunächst als einen feind-
lichen Gott kennen gelernt und unter seinem ungriechischen Namen rezipiert hatten,
hat wohl, nachdem er in Delphi in jahrhundertelanger Entwicklung zum grie-
chischen Gotte fortgebildet und hier mit Dionysos in Verbindung getreten war,
'') Über Dionysos Orthos s. Useuer, Götter- des gewöhnlichen £'.5 xö ispöv To5 'ÄTioW-iovog.
namen 355. =') IG XII 5, 717, 729, 754, 777, 778, 779, epi-
-0} IG XII 5, 715—717, 719, 720; "Apx- 'EfW- grapli- Anh.ing 12b; IG XII 5, 729, 777.
Igll S. 70f. n. 3, IV 13; epigraph. Anhang n. 2; im --) Vgl. v. Wil.imowitz-Moellendorf, Antigonos
epigraph. Anhang n. I lesen wir b'.- -ii 1163-iov statt von Karystos 136.
115
erst von hier aus auf Andros Eingang gefunden, um dann auch hier dem Dio-
nysos den ersten Rang streitig zu machen'^'). Daß er von Delphi aus nach Andros
kam, beweist der Umstand, daß das Heiligtum des Apollo in epigraph. Anhang i
(aus der ersten Hälfte des vierten Jahrhunderts v. Chr.) als Pythion bezeichnet
wird. Für diese Beziehungen zum delphischen Heiligtum ist eine Nachricht bei
Pausanias X 13, 4 von Bedeutung: in Delphi stand gerade gegenüber dem vom
Päonierkönig Dropion gestifteten Bronzeschädel eines wilden Wisents eine mit
Panzer und Chlamys bekleidete Statue, die nach der Aussage der Delphier den
Begründer des andrischen Reiches und ein Weihgeschenk der Andrier darstellte.
Leider haben wir für die Zeit der Aufstellung keine Angabe.
Was den Kult des delisch en Apollo auf Andros betrifft, so wurde er durch
die politischen Verhältnisse des fünften und vierten Jahrhunderts begünstigt und
wir sahen im Laufe der geschichtlichen Ausführungen, daß die Andrier zu dem
Apolloheiligtum auf Delos recht enge Beziehungen unterhielten. Hier sei noch
einiges über das andrische Schatzhaus in Delos gesagt. Es wird als Oikos bezeichnet
und wir werden uns dasselbe in der Art vorzustellen haben, wie es ihrer so viele an
den religiösen Zentren Griechenlands gab. Das Schatzhaus war dem Apollo geweiht
(BCH XXVn p. 95 Z. 87) und sollte die diesem Gotte geweihten Gaben aufnehmen.
Wie lange es bestanden hat, läßt sich nicht bestimmen-^). In der Übergabeurkunde
des Archon Charilas I aus dem Jahre ibq'^'') finden wir es als Depot für allerlei
Baumaterialien und Werkzeuge verwendet, unter denen eine ä\LO(.t,x -cw dyäXiiKx'.
TOö Aiovüaou bemerkenswert ist. Auch in dem Liventar des Sosisthenes"") sind in
dem Andrierschatzhaus zuletzt Materialien genannt. Wir sehen jedoch aus diesen und
den anderen oben genannten Urkunden, daß es auch seinen eig'entlichen Zweck
erfüllte und eine Menge von Weihgeschenken aller Art barg. Über diese hat
ausführlich Homolle gelegentlich der Besprechung des Demares-Inventars BCH
VI 1882, loSff. gehandelt.
Die Bedeutung des Apollokultes auf Andros spricht für die Ergänzung in
IG XII 5, 732 und lA.px. 'E^r^ii. ig 11 S. 70 n. 2 III Z. 6 (vgl. Hiller v. Gaertringen,
Ath. Mitt. XXXIV S. i88), in der Apollo als Patroos, d. h. als der Ursprung der
^^) U. V. Wilamowitz - Moellendorf, Hermes schritt igio n. II .S. 332 tT.
XXXVIII 1903 S. 575 ff.; derselbe, Greek historiral -'j tjber dessen Lage siehe O. Fritsch, Delos,
writing nnd Apollo. Two lectures delivered before die Insel des Apollon (Gymn. Bibl. 47. Heft) 15,
the university of Oxford I908 p. 31 f.; derselbe, Staat 28, 81.
und Gesellschaft der Griechen (Kultur der Gegenwart -■') Homolle, BCH VI 1S82, 135, Z. 93 — 98.
II, IV 1) 33; Rohde, Psyche 52 ff.; W. Aly, Der -O) BCH XXVII 1903, loi Z. 145 ff.
kretische ApoUonUult; Malten, Berl. phil. Wochen-
ii6
andrischen Geschlechter und zugleich Begründer der Niederlassung und des Staates
gefeiert und seine Gnade für den Demos erfleht wird. Daß Patroos in diesem Sinne
aufzufassen ist, beweist hier auch die Verbindung mit Bulaia Hestia-').
Für den Kult des Zeus haben wir ein sicheres Zeugnis in der Namengebung^*).
Von dem Kult des Atö; ^hXr/Jo (statt des üblichen Mt'.Xiylo'j)--') erfahren wir aus der
Inschrift IG XII 5, 727. Da der Glimmerschieferblock, auf dem die Inschrift steht,
sehr schwer ist und von der unteren PaläopoHs nicht leicht verschleppt werden
konnte, haben Pernice (Ath. Mitt. XVIII S. g) und Paschalis (Jour. Int. d'Arch. Num. i
1898 p. 337) mit Recht angenommen, daß der Bezirk des Zeus Meilichios, zu welchem
der Stein als Grenzstein gehörte, in unmittelbarer Nähe des Steines gelegen hat.
In IG XII 5, 728 passen die vor OlTIOr in gewöhnlichem Abstände befind-
lichen Zeichen nicht zu dem von Hiller v. Gaertringen ergänzten MO^. Nach den
von mir gelesenen Buchstabenresten wird man am ehesten an die Ergänzung
AIIJATOrPIOr denken, ein Name, der auf das altionische Geschlechterfest der
Apaturien zurückgeht und der inschriftlich für das ionische Gebiet besonders
häufig belegt ist. Siehe Sittig 29 ff; Töpffer, Pauly-Wissowa RE I, 2672. Die erste
Zeile in 728, die sich durch die Größe der Buchstaben von den übrigen abhebt,
ist durch einen größeren Abstand von den anderen Zeilen getrennt. Da in den
letzteren die Namen von Epheben und deren Vatersnamen gestanden haben'"),
wird in der ersten Zeile wie in IG XII 5, 729 der Name des Gymnasiarchen mit
dem von uns ermittelten Vatersnamen zu suchen sein. Die Annahme eines Zeus
Urios ist also durch die neue Lesung gegenstandslos geworden.
Der mit der Festlegende der Apaturien so eng verflochtene Melanthos, der
Eponymos des attischen Demos Melainai, hatte auf Andros seinen Kult. Dies
geht aus IG XII 5, 765 hervor, wo Bojatzidis 'Apy^. 'Ecpr^ji. 191 1 S. 77 n. 32 APIZTOAIKH
2') Vgl.Macr. Sat. I 17, 42; Gruppe a. a. O. 1233; Atli. Mitt. XX S. 432', aus der die Inschrift stammt.
Gilbert, Hdb. d. Staatsalt. I 143; Busolt, Griech. Vgl. auch Larfeld II 5 13 ff. Die Namensform Melichios
Staats- und Rechtsaltertümer I, 206 f^'.; Schömann- ist auch anderweitig bezeugt; vgl. das arkadische
Lipsius, Gr. Alt. I 386 fr. Ad MsXixioji bei Les Bas 337; Hoffmann, Griech.
^') In den Kreis des Zeus weist uns auch das Dialekte I 33 n. 49; Bechtel zu SGDI 1222, 8, 3482;
Geschlecht der Aiakiden in Andros, welches den über Meilichios und die Vokalisierung mit langem
mit dem Kulte des Zeus verbundenen Aiakos zum i s. Keil a. a. O. 430 ff.; dazu Wilhelm, Beiträge
Heros hat. Vgl. Töpffer, Pauly-Wissowa RE I 213, Absatz igi; über den Kult des Meilichios vgl.
920 ff. noch Gruppe a. 3. O. go9 und Anm. i; Wilhelm
^') Nach ü sieht man am Ende von Zeile 2 ein a. a. O. 135 f.; O. Walter, Jahreshefle XIII 1910,
Zeichen, das auf den ersten Blick wie die obere Hälfte Beiblatt S. 233 ff.; S. Rcinach, Cultes, Mythes et Reli-
eines r aussieht. Hiller v. Gaertringen hält es mit Recht yions III 104 f.
für einen Riß. Hier eine ungewöhnliche Ligatur anzu-
nehmen, verbietet uns „die gute Zeit" (Br. Keil,
117
MEAAN0QI richtiggestellt hat. Wir werden daher kaum fehlgehen, wenn wir
Apaturienfeste auch auf Andres annehmen^').
Für den Kult der Bulaia Hestia zeugt die Inschrift IG XII 5, 732, in der
ihr Xame wohl mit Sicherheit ergänzt ist. Hestia, die Beschützerin der Familie,
wird hier als Ratgeberin verehrt. Sie personifiziert den Dienst am Staatsaltar
und ist als Vertreterin und Beschirmerin der im Staatsinteresse um den Altar
versammelten Genossenschaften zu erblicken. Diese ihre Bedeutung erhellt auch
aus der Verbindung mit Apollo Patroos, wie in der Weihinschrift von Milet
(Ergebnisse der Ausgrabungen II 1908, 100) Hestia Bulaia mit dem Apollo Didy-
meus verbunden ist. Im Prytaneion werden wir, wie in Athen, einen Altar dieser
Göttin anzunehmen haben ^^); dort schworen die Buleuten ihre Eide'^). Ihr Kult ist
möglicherweise aus Kleinasien (Pergamon?) nach Andros gekommen^*].
Der Kult der Demeter und Köre wird durch die von Hiller v. Gaertringen,
Ath. Mitt. XXXIV S. 186 und Bojatzidis, 'Apx- 'E-.pr^ii. 1911 S. 69 f n. i Fig. i ver-
öffentlichte Weihung erwiesen, die ich der ersten Hälfte des vierten Jahrhunderts
zuweisen möchte '").
Für den Kult der Athena auf Andros hat man keine Belege, so sicher
er auch auf Andros bestanden hat^"). Schon mit dem Zuge gegen Troja wird
die Gründung eines Tempels der Athena Tauropolos auf Andros in Verbindung
gebracht. Das unter der Führung des Atriden stehende Griechenheer hat von
'') Dieses Fest wird von Herodot I 147 als Merk- '^) FürdieWeihungen an Demeter, der durch den
mal des reinen lonertums hezeichnet. Mehr über die Einfluß der eleusinischen Legende Köre zur Seite trat,
Apaturien bei Töpffer, Pauly-Wissowa RE I 2673 ff.; siehe die Weihinschrift aus Eleusis (Dittb. Sylloge^
Samter, Familienfeste der Griechen und Römer 70 ff. 1Ö5), aus Delos BCH II 1878 p. 10 n. 10 und die
Ta "ATiaxo'Jpia heißt heute ein Dorf auf Andros, doch mehrerer Söhne aus Halikarnaß bei Newton, Hist.
sind dort keine Spuren einer antiken Niederlassung of discov. at Halikarnassus, Cnidus and Branchidae
zu sehen. Miliarakis, Hypomn.76; Dragatsis, Parnassos I Tafel 86, 5 ; Hepding, Ath. Mitt. XXXV S. 439 ff.
V 790. u. 24; 442 n. 25 und 448 n. 28; Arvanitopulos,
^-) Vgl. Hirschfeld, Pauly-Wissowa RE I 2170; 'Ap/. "EtprjiJ. 1910 S. 377 n. 24, wo zu Demeter und
Jessen, ebenda III 1019; Wachsmuth III 1038; Köre noch Despotes, d. h. Pluton, hinzukommt. Cha-
Paschalis a. a. O. 337; IG XII 5, 722 Z. 13 betrifft varia, 'AfX- 'EcfT;n. 1911 S. 68 n. 70; Gruppe, Griech.
Adramyttion. Rel. u. Myth. 2, 11 83. Als Weihgaben an Demeter
33) Vgl. auch den kürzlich von Ziebarth, Charites, sind vielleicht drei im Museum von Andros befind-
Friedrich Leo zum 60. Geburtstag 191 1, 404 ff. be- liehe tönerne Schweinchen anzusehen. Birt, Röscher,
handelten Eid vom Kloster Lorsch, in der Hestia Myth. Le.\. I I, SO3 ; Kern, Pauly-Wissowa RE IV
Bulaia Z. 3 unter den Schwurgöttern erscheint. Dazu 275 i ; vgl. Frickenhaus, Wochenschrift f. klass. Phil.
Dittenberger, Or. Gr. Inscr. Sei. 332 Anm. 53 und 1911 n. 19 S. 530.
den milesischen Staatseid, auf den Ziebarth a. a. O. ^O) Vgl. Bulle, Arndt-Amelung, Einzelaufn. 1329,
hingewiesen hat. gegen Roß II 20 ; Michaelis, Ann. d. Inst. 1863
3') Über Hestia Bulaia s. Preuner, Hesti;.-Vesta ; S. 314 und Conze, Areh. Zeitung 1880, 5; über die
Farneil, The cults of the greekstates V345 ff'.; Gruppe Münze mit dem Alhenakopf siehe Paschalis a. a. O.
a. a. O. 1404 ff. i2i n. 4.
ii8
Anios einen Stier mitbekommen und an der Stelle, wo dieser auf Andros ans
Land springt, wird von ihnen ein Tempel gegründet, der, nach dieser von Suidas^')
vorgebrachten Erzählung' zu schließen, hart am Strande gelegen haben muß.
Auf Grund dieser Suidasstelle wird der Tempel der Athena Tauropolos all-
gemein unweit des Meeres angesetzt^**) und Ross a. a. O. ist geneigt, die
Säulen, die etwa 50 Schritte unterhalb des Grabes liegen, bei dem der sogenannte
Hermes von Andros gefunden wurde, dem Athena-Tauropolos-Tempel zuzuweisen,
eine Annahme, die durch die römischen Säulentrommeln und Kapitelle nicht
ausreichend erwiesen scheint. In der oben angeführten Stelle bei Suidas kommt
sowohl der Name Tauropolos als auch Taurobolos vor. Hier scheint nicht, wie
Gruppe a. a. O. 1553 Anm. 5 vermutet hat, der Name vom Stiersprung abgeleitet
zu sein, sondern der mitgegebene Stier soll auf das darauffolgende Opfer hin-
deuten. Die Suidaserzählung soll wohl mit Anlehnung an Agamemnons Heeres-
zug einen dort üblichen alten Opferbrauch aitiologisch erklären^'-').
Für den Kult der Artemis fehlen direkte Nachrichten. Nicht Artemis, wie
Head meint, sondern der unbärtige Dionysos ist auf einer Münze (bei Paschalis
a. a. O. 31(3 n. ^2) dargestellt. Ob auf der Basis bei Bojatzidis, "Apy. 'E-^fr^j-u 191 1
S. 74 n. 20 (dazu epigrajDh. Anhang S. 161) bei den 0'03™ hohen Buchstaben 'Apxe
der Name der Göttin oder der eines Andriers zu ergänzen ist, ist unsicher. Recht
häufig begegnet man jedoch in Andros Namen, die auf Artemis Bezug nehmen:
Artemeis IG XII 5, 77g, Artemon 734 und Artemidora lApy. 'E'.pr;|i. 191 1 S. 75 n. 24
und epigraph. Anhang 161, Artemidoros IG XII 5, 719, 72g, 779. Zu letzterem Namen
vgl. Vollgraff, BCH 1901 p. 238. Von Artemis hat auch der Monat Aftemision
seineu Namen, der als einziger von den andrischen Monatsnamen uns in IG XII
5, 715 erhalten ist. Der Monatsname 'A[px£]u]ccwvo; ist auch in der andrischen In-
schrift 717 Z. I zu lesen, wobei ich vom i] die untere Hälfte gesehen habe (s. Bo-
jatzidis 'Apx. 'EcfTj[i. 191 1 S. 76 n. 30). Diese ionische Form des Monates kommt auf
Delos und auf den Kykladen häufig vor'").
^') S. V. TauponiÄov; cf. Phot. Patr., Aissmv auva- Paschalis a. a. O. 324 11. 12 und 336 klargelegt
f(ufi5 und Michael Apostol. Byz., Suvaf (O^yj iiapoi[icü)v worden. Über Taurobolien siehe Schröder, Ath. MiU.
16, 22; Hirschfeld, Pauly-Wissowa RE I 2170. XXIX 1904 .S. 155; Gruppe a. a. O.; vgl. Zippe),
ä') Roß n 20; Hirschfeld a. a. O.; Weil, Festschrift zum jOjährigen Doktorjubiläum für Lud-
Ath. Mitt. I 1876 S. 240. wig Friedländer 1895, 498 fF.; Hepding, Attis, seine
^'■') Goltz, Graec. Numisra. Ins. PI. XVII 5, Mythen u. sein Kult 177 ff.; Showerman, The great
p. 257 bezog auf die von Suidas erzählte Begeben- raother of the gods 2S0 f.
heit und das darauf der Athena dargebrachte Stier- ■"") Kubitschek, Pauly-Wissowa RE II 1492; Ho-
opfer die Darstellung auf einer goldenen Münze von moUe, BCH V 26 ff. ; VI 107 ff. ; XIV 493; Lehmann-
Andros. Doch ist die Unechtheit dieser Münze von Haupt hei Gercke-Norden, Einl. in die Altert. III bq.
119
Auf einer andrischen Münze, die auf einer Seite das Bild des Geta träg-f*'),
erscheint auf der andern Seite die ephesische Artemis, die von Ephesos aus, dem
Sitze des römischen Prokonsuls in der römischen Kaiserzeit, leicht auf den Inseln
Eingang finden konnte.
Auf den Inschriften von Andros XII 5, 729 und epigraph. Anhang 4 erscheint
Hermes mit Herakles als Beschützer der Gymnastik und Agonistik*-). In der
ersteren Inschrift haben wir eine Ephebenliste vor uns, an deren Spitze der
Gymnasiarch gestanden hat. Es ist eine Weihung an Hermes, dessen Name hier
mit Sicherheit zu ergänzen ist, und an Herakles. In der zweiten, die eio Dekret zu
Ehren eines Gj'mnasiarchen enthält, wird von dem Opfer gesprochen, das der
Gymnasiarch den beiden dargebracht hat.
Als bildliche Darstellung des Hermes muß neben einer von Rivola a. a. O.
60 erwähnten, nun verschollenen Statue der sogenannte Hermes von Andros
im Nationalmuseum von Athen genannt werden. Die Statue ist laut Fundbericht
des Trikupis (Bulletino 1833 S. 90) von Demeter Coracesi im Jahre 1833 in Paläo-
polis bei der Bearbeitung seines Grundstückes in der Nähe eines Grabes zusammen
mit einer i"72"' hohen weiblichen Figur in langem Himation (n. 21g des Katalogs
des Nationalmuseums in Athen, bei Sybel Katalog der Skulpturen zu Athen n. 265;
Collignon, Les statues funeraires dans l'art grec 168 ff.), deren Kopf uns nicht
erhalten ist, gefunden worden*^).
Die Frage, ob diese Statue, von der eine Reihe von Repliken sich erhalten
hat") und die wie allgemein angenommen wird, ein Werk der Schule des Praxi-
*') Paschalis a. a. O. 323 n. 68 v. Sybcl, Katalog der Skulpturen zu Athen 264;
*') Jüthner, Pauly-Wissowa RE VII 2071 f. Friedrichs-Wolters, Gipsabgüsse antilser Bildwerlce"
*^) Rolj, Reisen auf den griech. Inseln II 16 ff.; 1220; Lepsius, Griech. Marraorstudien 1890 n. 286;
derselbe, Wanderungen in Griechenland im Gefolge Rrunn-Bruckmann, Denl;m. griech. u. röm. Skulptur
des Königs Otto und der Königin Amalie II 28; n. 18; Amelung, Die Basis des Praxiteles aus Man-
Fiedler, Reise durch alle Teile des Königreiches tinea 28; Furtwängler, Meisterwerke der gr. Plastik
Griechenland II 222: Buchen, Voyage 221 f.; Pittakis, 571 Anra. 4; Collignon, Histoire de la sculpture
'E'.fr/|i. "Apx* 1844 S. 544 n. 915; Stephani, Parerga grecque383; Kavvadias, F^UTixa toO iS-ziKoO [lOuaEiou
archaeologica n. 11 (Melanges greco-romains I Taf. I (1890 — 1892) n. 218; Kastriotis, rXuTixa xoü 43-vtxot5
296); Saulcy, Rev. arch. 1845 P- 263; Les Bas, ebd. |iou3££ou 1908, 46 n. 218; W. Klein, Praxiteles 1898,
1846, 281 Taf. 53, 2; Rivola a. a. O. 59; Arch. 390 Anm. i n. I ; 394; Farnell, The cults of the greek
Anzeiger XVIII 1860 S. 22; Pervanoglu, Die Grab- states V 37 ff. ; Amelung, Skulpturen des vatikani-
steine der alten Griechen, Leipzig 1863 S. 27; Conze, sehen Museums, Corlile del Belvedere II n.53 S. 135 f.;
Sitzungsber. d. königl. preuß, Akademie d. Wissen- Stais, Marbres et bronces du musee national 1 910 S. 49
schalten 1884S. 622; ebenders., Arch. Anz. 1867.S. 106 n. 218 und 219; Collignon, Les statues funeraires
u. Reise auf den Inseln des Thrak. Meeres 1860, 19; dans l'art grec 316 ff. Abb. 200 u. 201 ; Lippold,
Kekule, Die ant. Bildw. im Thes. zu Athen n. 368; Jahrbuch d. deutschen arch. Inst. XXVI 191 1 S.279ff.
Newton, Antiq. at Athens 23; Körte, Ath. Mitt. III '*) So der Torso im Palazzo Vecchio in Florenz
S. looff.; Dütschke, ant. Bildw. in Oberitalien IV 34 bei Arndt- .'\melung, Finzelauf. 341 ; der Torso im
I20
teles ist, Hermes Enagonios, Chthonios oder Ps^^chopompos darstellt oder ob wir
den Toten in Gestalt des Hermes verklärt vor uns haben, kann nach den Fund-
umständen zu Gunsten der letzteren Ansicht entschieden werden.
Für den Kult des Herakles auf Andros sprechen vor allem die beiden oben
erwähnten Inschriften, in denen Herakles neben Hermes als Gott der Ag-onistik
und Gymnastik erscheint und dann das bekannte, aus Andros stammende, jetzt
im Museum von Neapel befindliche Relief*""). Ein Gegenstück dazu befindet sich
in Athen im Magazin des Akropolismuseums unter n. 2586*''). Für die Deutung des
Baues, an dem Herakles ruht, ist der vor kurzem erschienene Aufsatz von Fricken-
haus, Ath. Mitt. XXXVI S. 1 1 3 ff. zu vergleichen "). Wenn Frickenhaus' Beobach-
tungen wirklich zutreffen, dann sind wir berechtigt, auf Grund des Reliefs unter
den Bauten, die einst auf Andros bestanden und noch einer Aufdeckung harren,
auch ein Herakleion anzunehmen'**).
Für einen Kult der Nymphen spricht das Seite 40 erwähnte, im Museum
von Andros befindliche Nymphenrelief*^). Ebenso wird der Nymphen auch auf
Athen. Nalionalmuseum aus Melos bei Arndt-Amelung
715 und das Fragment in der Sammlung Nclidow,
Arndt-Amelung III S. 30; eine Replik des Kopfes des
Hermes von Andros ist der Jünglingskopf aus Florenz,
Uffizien (Arndt-Amelung Sgjg), der auf der Statue
Duhn 76 aufsitzt; sodann der Kopf in der Münchner
Glyptothek 5201, der Gipskopf in der Kunstakademie
in München, Arndt-Amelung 877/78, dessen Original
verschollen ist; ein Kopf im Braccio nuovo des vati-
kanischen Mus. bei Amelung, .Skulpturen d. vat.
Mus. I n. 132; die weiteren s. bei Lippold, Jahrb. d.
deutschen arch. Institutes XXVI 1911 S. 279 Anm. I.
*') Abgab. Kekule, Hebe 44 Taf. IV I; Arndt-
Amelung, Einzelverkauf n. 527; Literatur: P'riedrichs-
AVolters n. 1203; Guida del Museo di Napoli
n. 140; Frickenhaus, Ath. Mitt. XXXVI S. 123 fr.
*^} Friedrichs- Wolters n. 1204.
*') Die Inschrift IG XII 5, 2, 1107, die auf den
zwei Stufen des Neapler Reliefs zu lesen ist, konnte
ich im Neapler Museum überprüfen, vermag aber
keine sichere Deutung der wenig sorgfältigen Buch-
staben zu geben. Auf der oberen Stufe steht KPA-
TE2IEP0; nach 0 können noch drei Buchstaben Platz
haben: man glaubt zuerst eher T .als E zu lesen,
hernach sind noch drei vertikale Hasten sichtbar.
Ob hier der Name des Weihenden mit dem Vaters-
namen oder zwei Stifternamen gestanden haben, ver-
mag ich nicht sicher zu entscheiden. Den zweiten
Namen möchte ich am ehesten zu IEPO[rEX er-
gänzen. Auf der unteren Stufe liest man 0-ION, was
uns an die Worte äsiov äty.atov erinnert, die in einer
thessalischen Inschrift des vierten oder dritten Jahr-
hunderts V. Chr. zum erstenmal (bei Arvanitopulos,
Revue de Philologie XXXV 191 1 p. 294 n. 43) vor-
kommen. Die Formel bezieht sich in letzterer In-
schrift auf den, „qui a fait dresser la stele sur la
tombe, se conforraani, aux devoirs divins (östo);)
et humains (Sixaimg), devoirs envers les enfers,
devoirs exiges par les lois humaines". Auf dem
andrischen Relief liest man nur ccov, woraus man
schließen kann, daß das Relief ein Weihrelief ist.
Es kann sich bei diesem nur um eine Verpflichtung
der Gottheit gegenüber handeln. Ein Sixa'.ov wäre
bei einem Weihrelief gar nicht zu verstehen. Hier
sei noch nachgetragen, daß man vor dem Gesichte
des Jünglings ein mehr eingekratztes als eingemeißeltes,
0'028"' hohes E und daneben ein tauförmiges Zeichen
(ein um 90" nach rechts gewendetes E (?)) sieht; dar-
unter erkennt man ein von rechts nach links geschrie-
benes N und hernach die Buchstaben KAA.
■") Für die ionischen Heraklcskulte vgl. Paul
Friedländer, Heraklessagen. Geschichtliche Unter-
suchungen (19. Heft der philolog. Untersuchungen
V. Kießling u. v. Wilamowilz) 156 ff.
*") .Siehe auch Svoronos, Das Athener National-
museum 442 ff. n. 1443, 1444, 1445, 144G, 1447,
1448, Tafel LXXII, LXXIII und LXXIV und
Röscher, Myth. Lexikon III I, 535.
121
einer in einer Mauer von Paläopolis gefundenen Inschrift IG XII 5, 731 Er-
wähnung getan.
Nach Paschalis, Journ. Int. d'Arch. Num. I 1898 p. 336 sollen unter anderem
auch Denkmäler des Hekatekultes vorhanden sein und Rivola a. a. O. 60 erwähnt
ein gut erhaltenes Bild der Hekate Epipyrgidia auf einer viereckigen Basis, das
auf der Insel gefunden worden sein soll.
Die Inschrift IG XII 5, 730, welche in Varidhi zu Tage kam und die
Namen Nqisati; y.al 'Aopaatsta trägt, bezeugt uns den Kult dieser beiden Schick-
salsgottheiten auf Andros''''). Sie sind auf den Inseln wohl vom kleinasiatischen
Festland übernommen worden, wo ihr Kult wahrscheinlich in Smyrna zuhause war^').
Auf der Inschrift ^PX- 'Ecpr;|i. 1 9 1 1 S. 7 1 n. 4 liest man in Buchstaben der
Kaiserzeit nach dem Namen Atjont^ou? noch xorc; »/a-ca — — , das ich zu xaT:a[)(8-o-
Vt'ot; ^£or? ergänzen möchte.
Von dem Herrscherkult, der für die Reiche der hellenistischen Zeit be-
zeichnend ist und auf x\lexander den Großen zurückgeht ^^), finden wir auch auf
Andres Spuren : In der Inschrift epigraph. Anhang n. 4 ist ausdrücklich vom Geburts-
tag des Königs und von damit verbundenem Opfer und einer Festlichkeit die Rede.
Auch werden, wenn die Ergänzungen zutreffen, die den verstorbenen Mitgliedern des
königlichen Hauses erwiesenen Saca genannt. Wenn wir auch nicht mit Sicherheit
bestimmen können, um welchen König aus dem Reiche der Attaliden es sich
handelt, so ist die Inschrift wichtig, da sie uns den Bestand des Kultes der Atta-
liden, den Cardinali in seiner ausführlichen Abhandlung II regno di Pergamo
143 ff. und 156 als einen offiziellen bezeichnet, auch auf Andros beweist. Zur
Zeit der römischen Herrschaft auf Andros ist uns, wie oben S. 92 f. erwähnt, für
Hadrian der Zeus Olympios-Kult durch einige Altäre bezeugtes), die ihm als Soter,
^'') Über Adrasteia und Nemesis siehe Röscher, ^') Vgl. Gruppe, Die mythol. Literatur aus den
Mythol. Lexikon I I, 77 f., III i, 117 f.; Preller, Jahren 1898— 1905, 385 und 565.
Griech. Mythologie (4. Aufl.) I 535, 538 u. Anni. i; *^) Über die Ursprünge der göttlichen Verehrung
II 487 flf. ; Famell II 49g, 500. Adrasteia u. Nemesis der Herrscher siehe Karst, Studien zur Entwicklung u.
sind aus Kos durch die Sakralinschrift Inscr. of theoretischen Begründung der Monarchie im Alter-
Kos 29 bekannt. Eine zweite Sakralinschrift aus dem tum 43 ff.; derselbe, Geschichte des hellen. Zeitalters
Heiligtum der Adrasteia und Nemesis auf Kos ver- I 386 ff.; II 374 ff. und besonders Beilage II, Der
öffenüicht Herzog, Ath.Mitt. XXIII S. 451 ff.; derselbe, hellen. Herrscherkult; Kornemann, Beiträge zur alten
Kölsche Forschungen u. Funde 46; vgl. zuletzt auch Geschichte I 51 ff., 85 ff., 143; Prott, Athenische
Vasile Pärvan, Contributii epigrafice la istoria eres- Mitteilungen XXVI S. 173 ff.; CardinaU, II regno
tinismului Daco-Roraan, Bucuresti 191 1 p. 121 ff.; Per- di Pergamo 143 ff.; Beloch, Griechische Geschichte
drizet BCH XXXVI 248 ff. und Catalogue de la III I, 49; A.Bauer, Vom Griechentum zum Christen-
CoUecüon Fouquet S. 38; Kubitschek, Jahrb. f. Alter- tum 53 ff.
tumsk. IV 147; VI 5 ff.; v. Bissing, Jahresh. XV 78. ") IG XII 740—746; vgl. 747.
Sauciuc, Andros. lo
als Erlöser und Befreier aus der wirtschaftlichen und geistigen Not'*), als ■/.■ui'axrj;
Tf;; o'.y.w[i.irrfi, dem eigentlichen Begründer der Weltherrschaft'''') und als Olympios
(ein Beiname, der Zeus gleichwertig ist und seit 128/9 immer wiederkehrt) 5^) ge-
weiht sind.
In Andros fanden auch fremde Kulte Aufnahme und eifrige Pflege:
Für den Kult der asiatischen Göttermutter auf Andros ist auf den in IG XII
5> 7 77 öfters wiederkehrenden Namen Metrodoros hinzuweisen. Vgl. Vollgraff,
BCH XXV igoi p. 239. Dann sind hier zu erwähnen zwei einst im Museum
von Andros befindliche, jetzt verschwundene kleine, o'2o"' hohe Reliefs mit giebel-
förmigem Abschluß. Im vertieften Relieffelde ist die thronende Kybele im zwei-
fachen Chiton und Mantel darge.stellt, mit dem Modius auf dem Kopfe, in der
Rechten hält sie die Phiale, in der Linken das Tympanon. Zu beiden .Seiten der
Göttermutter stehen an dem rechten und linken Pfeiler die flachen Reliefs zweier
männlicher Gestalten (wohl Diener) aus dem Gefolge der Göttin''').
Auf den aus Phrygien stammenden Gott Men weisen Namen hin wie
Menogenes in 'Apy. 'Ecprj[i. 191 1 .S. 75 n. 24, Menodotos IG XII 5, 71g und 734,
Menophilos in 729; zu einem mit Men zusammengesetzten Namen ist vielleicht
auch 'Apy. 'E'fTj|i. a. a. O. n. 8 Z. 9 zu ergänzen'''*).
Für den Kult der ägytischen Isis haben wir den großen Hymnos von
Andros, der nicht nur ein wichtiges Zeugnis für den Dienst dieser Gottheit auf
Andros darstellt, sondern für den Isiskult überhaupt von Bedeutung ist. Nach
der gründlichen Überprüfung dieser Inschrift durch Alfred Schiff vermag ich
nichts wesentliches Neues zu dem Texte der Inschrift vorzubringen, die ober-
halb der Tür des dem Konstantinos J. Lukrezis gehörigen Hauses als Türsturz
^*) Über Soter, das deutsche „Heiland", vgl. Kürst Justinien, Paris 189I; über Hadrian 38; vgl. auch
Gesch. d. hellenist. Zeitalters II 379 Anm. 2; P.Wend- Fritz Blumenthal, Der ägypt. Kaiserkult, Archiv für
land, Zeitschrift f. d. neutestam. WissenschaftV 1904, Papyrusforschung und Verwandtes V 3171!.; über
335 ff. ; Deißmann, Licht vom Osten 265; Reitzenstein, Kaiserfeste 336 f ; über Gedenktage der königl. Fa-
Die hellenist. Mysterienrel. 26; 213; Dölger, 'Ixi^'J;, milie vgl. Schürer, Zeitschrift für neutestam. Wissen-
Das Fischsymbol in frühchristl. Zeit 413 ff.; 458 ff. schaft 1901 S. 48ff.; Keinen, Zur Begründung d. rüm.
=') Über den Ehrentitel xxiaxYjj s. Fried r. Pfister, Kaiserkultes, Klio XI 1911, 129 ff.
Der Reliquienkult im Altertum I 1909, 296 ff. '•''') Für die Kybele-Darstellungen siehe Svoronos,
(Religionsgesch. Vers, und Vorarb. Bd. V); Scher- Das Athener Nationalrauseum Tafel LXVI— CXX.
mann, Griech. Zauberpapyri und das Gemeinde- und ^') Über die Bedeutung und Verbreitung dieses
Dankgebet im I. Klemensbriefe 31 f.; Plauraann, Pto- Gottes bei den Griechen siehe die Ausführungen von
lemais in Oberägypten, Diss. Leipzig 1910, 88 ff. Perdrizet, BCH XX 1896 p. 55 ff. und Sittig 153 ff.;
^^) ÜberOlympiosraeineBemerkungen auf S.92f.; Oikonoraos, "Apx-E^vjii. Igli S. 240. Vgl. auch Useners
für den Herrscherkult im römischen Reiche s. Bauer Götternamen 174 ff. und Perdrizets Bemerkungen zu
a. a. 0.74 ff. ; l'Abbe Beurlier, Le cult imperial, son dem Beinamen Sozon a. a. O. 98, der auf Andros
histoire, son Organisation depuis Auguste jusqu'a (IG XII 5, 782 c) auf Menschen übertragen wurde.
123
eingemauert ist und hier beständig unter den Einflüssen der Witterung zu leiden
hat^''). Betreifs der Abfassungszeit dieses Hymnus kann ich nur Hiller v. Gaertringen
beistimmen, der in IG XII 5, 739 die gesamte bezügliche Literatur angibt^").
Daf3 dieser Isishymnus mit dem Isisdienste auf Andros unmittelbar zusammen-
hängt, darauf hat schon Bergk (Zeitschrift für die Altertumswissenschaft 1843
S. 41) hingewiesen und es ist nicht unwahrscheinlich, daß der Stein an einem
der Isis geweihten Orte auf Andros aufgestellt war.
Der Name Isidoros, den wir IG XII 5, 730 lesen und den Memmius
Rufus führt, setzt ebenfalls den Isiskult voraus '"^). Bergk weist auch noch auf eine
Inschrift bei Böckh (CIG II 2348 = IG XII 5, 797) hin, wo man „supra iuvenem
Isiacum'- die Buchstaben AßPOOEOI] j TO gelesen hat. Doch waren die Be-
mühungen, diesen „iuvenem Isiacum" ausfindig' zu machen, erfolglos; ebenso blieb
eine „statua Isiaca", die Rivola a. a. O. 57 nennt, verschollen. Die nähere Be-
kanntschaft mit dem Isiskult machten die Griechen auf Andros wahrscheinlich
zu der Zeit, als die nach dem Tode Alexanders des Großen erfolgten Verwicklungen
die griechische Welt in engere Berührung mit Ägypten brachten''^). Die im Jahre
308 V. Chr. erfolgte Befreiung der Insel Andros von der makedonischen Besatzung
durch Ptolemaios und die darauffolgende Oberherrschaft der Ägypter auf Andros
und im ägäischen Meere wird den Grundstein für den Isiskult gelegt haben.
Der Umstand, daß die Politik der Ptolemäer auf den religiösen Ausgleich gerichtet
und in der hellenistischen Zeit die ägyptische Flotte unaufhörlich in dem ägäischen
Meere beschäftigt war, wird die Aufnahme der Isis auf Andros begünstigt haben^^).
'') Vgl. Fr. Hiller v. Gaertringen und A. Scliiff, Dictionnaire des anliquites grecques et roniaines III I,
Jahreshefte VI Beiblatt 96 IT. 577 ff-; Gruppe, Griech. Myth. 15631!.; de Jong,
^'j Dazu Deißmann, Licht vom Osten 91 und Das antike Mysterienwesen 34 ff.; vgl. Hertzberg,
94ff. ; Rusch, De Tside et Serapide in Graecia cultis. Gesch. Griechenlands unter der Herrschaft der Römer
Berlin. Diss. 1906 p. 58. Wie ich Cumont, Die Orient. II 267; für die Isis bei den Römern s. Wissowa,
Religion im röni. Heidentum (deutsche Ausgabe v. Rel. u. Kultus d. Römer '•' 351 ff. und Friedländer,
Gehrich) 1910 S. 26 Anm. 6 entnehme, setzt v. Wila- Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms 8. Aufl.
raowitz-Möllendorf diesen Hymnus nicht später als in IV 144, 213 ff.; Dieterich, Mutter Erde, ein Versuch
die Zeit Ciceros und wahrscheinlich Sullas Zeit, ebenso über Volksreligion, Leipzig -Berlin 1905, 83 ff.;
Christ-Schmid, Gesch. d. gr. Litt. 2, 24g. Usener, Götternaraen 340 ff ; Drexler, Der Kultus
^') Vgl. Carol. Keil, Specimen onomatologiae der ägypt. Gotth. i. d. Donauländern passim; Weiß-
graecae 1840, 5 f. und Ed. Meyer bei Röscher häupl, Jahreshefte XII 1910, 170 ff.; Vasile Pärvan,
II I, 372; zur Doppelnamigkeit in Ägypten siehe Contributii epigrafice la istoria cre^tinismului Daco-
Dr. M. Lambertz, .Sonderabdruck aus dem Jahres- Roman, Bucuresti, Socec 191 1 passim.
bericht des Elisabeth-Gymnasiums, Wien 191 1 S. I ff.; ''') Über das Bemühen der hellen. Herrscher
vgl. derselbe, Glotta IV 78 ff. und 135 ff. Ägyptens, hier einen religiösen Synkretismus herbei-
^^) Ed. Meyer bei Röscher, Myth. Lexikon II I, zuführen vgl. M. Lambertz, Sonderabdruck aus dem
36off.; Ed. Drexler ebendaselbst 373 ff ; G. Lafaye, Jahresbericht des Elisabeth-Gymnasiums, Wien 1911,
16*
124
Als ein Zeugnis für die Verbreitung der ägyptischen Götterkulte durch die Vor-
herrschaft der Ptolemäer in dem Gebiete des ägäischen Meeres kann auch die
unlängst veröffentlichte Inschrift aus Barbylia aus dem dritten Jahrhundert v. Chr."*)
gelten. Die weiteren Phasen ihrer Verbreitung auf Andres lassen sich nicht verfolgen.
Auf den ägyptischen Ammon weist uns der Widmungsname Ammonios
in IG XII 5, 779")-
Den Kult des Mithras auf Andros bezeugt uns die Rom. Mitt. XXV 263 ff.
veröffentlichte Inschrift aus Paläopolis. Mithras wird hier nicht mit Namen ge-
nannt, sondern erscheint als Deus Sanctus Invictus'"''). Die Inschrift ist wichtig,
weil sie und eine Inschrift im Piräus (bei Cumont, Textes et monuments figures
relatifs aux mysteres de Mitra, Supplem. 46g n. 220) die einzigen Denkmäler des
Mithraskultes im Gebiete des ägäischen Meeres sind^').
Welche Gottheit es ist, deren Agalma in IG XII 5, 737 genannt wird und für
welche Gottheit Memmius Rufus in 738 den vao;, das upov«lbv, den ^(Ojis; und das
ayaX|ia herstellen ließ, muß dahingestellt bleiben"*).
Was den Kultbetrieb auf Andros betrifft, so hören wir in der guten
griechischen und in der hellenistischen Zeit wenig davon.' In der Bürgerrechtsver-
leihung IG XII 5, 718 erfahren wir von tepa xxi oaix, zu denen der neue Bürger
Zutritt bekommt und die wir am ehesten durch das lateinische sacra et profana
wiedergeben werden. In 715 und 720 gilt als Privileg der Zutritt zu Rat und Volk
unmittelbar p.£xä x« tepa, wodurch die kultliche Gebundenheit deutlich zum Vorschein
5, 12; Ernst Schmidt, Kultübertragungen, Gießen Avezon u. Picard, Rev. de l'hist. des relig. LIV
(Religionsgesch. Vers, und Vorarb. VIII'2) 1909 ijgff.; Phythian-Adams Journ. of rom. stud. II 53 ff.;
S. 78 ff. ; WalterOtto, Priester und Tempel im hellen. J. Toutain, Les cults paiens II 121 ff.; A. Kluge,
Ägypten II 261 ff.; Bouche-Leclerq, Histoire des La- Der Mithnikult, seine Anfange, EntwicUlungsge-
gides I 103 ff. schichte und seine Denkmäler, Leipzig 191 1 (be-
«*) Keil, Jahreshefte XIV 191 1, Beiblatt 5/1. sprochen Rev. n. 18—21, 191 II; von Cumont, Die
5') Über Aramon außerhalb Ägyptens und Nord- Mysterien des Mithra, ist 1911 die zweite Auflage
afrikas s. Drexler, Der Kult der ägypt. Gottheiten erschienen; vgl. A. Jakobi, Die antiken Mysterien-
in den Donauländern 134 ff.; Toutain, Les cultes religionen und das Christentum; de Jong, Das antike
paiens dans l'emp. rom. II 7. Mysterienwesen; über die Stellen, an denen Sanctus
*8) Die Literatur über Mithras s. Rom. Mitt. XXV für Mithras nachweisbar ist, siehe Höfer bei Röscher
268 Anm.2; dazu noch Usener, Rhein. Mus.LX465ff.; a. a. O. 60. Lieferung 1909, 319 f. und Sauciuc, Rom.
Domaszewski, Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte Mitt. XXV 269 Anm. 2; Link, De vocis „Sanctus"
und Kunst XIV 189S, 58, 59 und Anm. 252, 66; usu pagano. Diss. Königsberg 1910.
Dieterich, Eine Mithrasliturgie 2. Aufl. I910; Miß ^') Cumont bei Röscher, Mythol. Lexikon II 2,
Weeden Cooke, The cult of Mithras in Rome, im 3032; vgl. Preller, Rom. Mythol.^ II 411.
Journal of the British and American Archaeological ^') Daß es nicht der Tempel der Athene Tauro-
Society ot Rome, volume IV 1907/8 161 ff'.; Salomon polos sein kann, den Suidas erwähnt und der unweit
Reinach, Cultes, Mythes et Religions II 220 ff.; des Strandes gelegen haben muß, hat Ross II 20
C. Fossey, Journal asiatique Mai, Juni 1910 p. 523; behauptet.
125
kommt. Die Ergänzung im epigTaph. Anhang n. 4 Z. 5 ol Sexa iepa ... ist unsicher, so
daß ich nicht zu entscheiden wage, ob es sich um eine ordentliche Priesterbehörde
oder bloß um eine Festkommission handelt. Mit dem Kult hängt eng zusammen
die Veranstaltung oder Betätigung an Agonen und Panegyreis, deren es auf Andres,
wie aus IG XII 5, 719 und 'Ap)r. 'Ecprjft. 191 1 S. 72 n. 9 Z. 5 hervorgeht, eine größere
Anzahl gab. Von dem IG XII 5, 714 genannten tragischen Agon war früher
die Rede. Ebenso werden Apx- 'Eqjvjix. 191 1 S. 70 f. n. 2 und 3 Panegyreis und Agone
erwähnt. Von äywvox^exerv ist 'Apj^. 'Ecpr;^!. 191 1 S. 70 n. 2 II Z. 2 die Rede und von
6-e[wpot ebenda I Z. i. Vgl. auch epigraph. Anhang 6.
Für die römische Zeit ist die Inschrift IG XII 5, 721 aus dem ersten Jahrhundert
V. Chr. von Wichtigkeit. Der recht kümmerlich erhaltene obere Teil Z. 4 — 9 läßt
auf einen durch die Bule und die Strategen geregelten Kauf und Verkauf des
Priestertums schließen"^). Am Anfang der Inschrift ist von einer ä\i.(foooq Ini
Xc[ji£v: die Rede, d. i. von einem Häuserkomplex oder Stadtviertel am Hafen'").
Bekanntlich besaßen einzelne griechische Tempel Grundstücke und Häuser, welche
verpachtet wurden'^); so könnte auch ■^ dtjxcpoSo? etiI Xt|j,£VL Eigentum des in Rede
stehenden Heiligtums sein. Tä stxoatä xac nmxa. usw. in Z. 23 f. können nur mit
dem Eigentum des Tempels in Verbindung gebracht werden. Diese Worte be-
sagen vielleicht, daß die Tempelverwaltung für die Verpachtung von Haus und
Boden analog der bei Verkäufen üblichen exocxoozri in Athen'-) und der er/ioati^ im
ptolemäischen Ägypten'^) eine Abgabe von s^/o und für die Anagraphe des Miet-
oder Pachtvertrages eine bestimmte Summe an den Staat zu entrichten hatte, deren
Bezahlung in freigebiger Weise der Priester, der an dem Geschäfte mitbeteiligt
war, auf sich genommen hatte. Wir erfahren aus derselben Inschrift, daß neben
anderen Einkünften des Priesters das Fleisch, ein Teil von den blutigen Opfern,
dem opfernden Priester zufiel und eine besondere Rolle spielte. Die Verdienste
des in 721 geehrten Priesters bestehen auch darin, daß er für das Wohl der Be-
völkerung geopfert und dabei alle Bürger, Beisassen, Freigelassenen und die vor-
übergehend dort weilenden Fremden sowie die freien Knaben geladen hat. Auch
hatte er eine Demothoinia veranstaltet und die Bürger, Beisassen und die sich in
'") Bischoff, Rhein. Museum LIV 9 ; Keil, Jahrb. züge u. Chrestom. d. Papyruskunde I 40 fT.
f. Philol. Suppl. IV (1861 — 1867) 619; Swoboda, "') Busolt, Griech. Staats- und Rechtsaltertiimer^
Griech. Volksbeschlüsse 244; Stengel, Griech. Kultus- 372 fl'.
altertümer^ 42; W. Otto, Tempel und Priester im hell. "-) Busolt a. a. O. 295 f.; vgl. sizcaTr, Thuk. VI
Ägypten I 234 fl'.; W. Otto, Hermes XLIV 594 ff. 54, 5; dazu Arist. ■koX. 'AS-t)-/. 16,4; Boerner, Pauly-
'") Über ä|icfo5a vgl. Philon Byz. Mech. V 92 Wissowa RE V 2. 2100 f.
u. 93; Dittenberger, Syll.^ 5^8; auch Glotz, Rev. '') Rostowzew, Studien zur Gesch. des röm.
arch. XVIII 191 1 p. 259 und Mitteis-AVilcken, Grund- Kolonates 17 u. Anm. 1.
126
der Stadt auflialtenden Fremden mit Fleisch, Brot und Wein bewirtet und die
freien Knaben ird cj7c[upioa eingeladen. Das Opfer, das er verrichtete, und die
Volksbewirtung-, von der hier die Rede ist, erinnern uns an das Amt eines
Archon Stephanephoros, wie er uns in der römischen Kaiserzeit besonders auf
Syros entgegentritt''^).
Über die günstige wirtschaftliche Lage der Priester orientiert die Inschrift
IG XII 5, 721"). In der lückenhaften Inschrift IG XII 5, 726 finden wir eine
Priesterin des Dionysos (von der nur der Vatersname Dionysios erkennbar ist),
woraus wir entnehmen, daß auch auf Andros Frauen das Priesteramt bekleiden
konnten'"). Titiane"), Dionysios' Tochter, wird einfach als Priesterin bezeichnet in
dem Bruchstück IG XII 5, 753; ob sie identisch ist mit der in 726 genannten
Priesterin? In IG XII 5, 749 wird Menekrates, Simons Sohn, Priester genannt
und führt den Titel Tcp&zoc, y.at apia-o; sc. xf^; r^bXswi. Der Priester Attalos, Dionysios
Sohn, führt in IG XII 5, 752 nur den Titel dfx\i-bz xod Tipw-o?"*'); vielleicht war er
ebenfalls Dionysospriester. Da das Priesteramt öfters erblich ist, möchte man ihn
derselben Familie wie die in 726 und 753 geehrten Priesterinnen zuweisen.
In IG XII 5, 754 ist ein äpyizpeüi genannt, der diesen Titel als Präsident
eines Priesterkollegiums oder auch als Vorsteher eines bestehenden Kultes
führen konnte'-'). Um seiner Verdienste willen wird seine Tochter geehrt*"). In
der späteren Kaiserzeit erscheint auch das Amt eines Stephanephoros, den Diony-
sios v. Halikarnaß II 64, 2 dem Flamen curialis der Römer gleichsetzt. Der
Stephanephoros Bakchios, Bakchios Sohn, erscheint sogar als eponymer Beamte
unter Antoninus Pius in IG XII 5, 724. Markus Aurelius Skymnos, Skymnos'
Sohn, war viermal Stephanephoros gewesen (IG XII 5, 759). Vielleicht ist in
IG XII 5, 737 und 738 xö tpi'-ov a[Te--pavrffOpoyv-c; zu schreiben? Aus letzterer In-
schrift würde dann hervorgehen, daß auch Isidoros' Frau dieses Amt bekleidet hat.
'*) Siehe meinen Aufsalz, Ath. Mitt. XXXVI Vgl. Ath.Mitt.XX S.21 1; da bei Keil u.v.Premerstein,
.S. 160 ff.; über äY,[io9-oiv£a v. Schöffer, Pauly- Bericht II n. 252 Z. I auf den Anfangsbuchstaben T
Wissowa RE V 193; Kircher, Die sakrale Be- eine senkrechte Hasta zu folgen scheint und Titiane
deutung des Weines im Altertum 49 (Religions- aus Andros bekannt ist, dürfen wir diesen Namen wohl
geschichtliche Versuche und Vorarbeiten IX. Bd. auch dort ergänzen.
2. Heft). "^) Vgl. zum Titel Tipmxo; in den kleinasiatischen
''") Über die Einkünfte der Priester im hellenist. Inschriften Keil und v. Premerstein, Bericht 11 n. 231
Ägypten "Walter Otto a. a. O. II 23 ff., 168 ff. S. 126 und n. 74 S. 42.
'^) Vgl. Otto Braunstein, Die polit. "Wirksamkeit ''•') Stengel, Griech. Kultusaltertümer- 43.
der griech. Frau, Diss. Leipzig 1911. ^"j Über solche Ehrungen Gerlach, Griechische
"") Häufiger als Ttxiavös und Ttxiavr) kommt in Ehreninschriften 37 f. und Hepding, Ath. Mitt.
kleinasiatischen Inschriften Taxtavi; u. Ta-'.avr, vor. XXXV S. 472 n. 58.
Epigraphischer Anhang.
I. Auf dem Grundstücke Mari des Leonidas Vlamis in Paläopolis gefunden. Bruchstück
einer nach unten sich verbreiternden Stele aus weißem Marmor, oben und unten abgebrochen,
an den beiden Kanten bestoßen, 0'29" hoch, o'335™ breit, in der Mitte o'078'" dick. Die
Buchslaben sehr sorgfältig eingehauen, 0"0l"' hoch, in verhältnismäßig großen Abständen
(o'oi — o'oiS"') voneinander stehend in tadelloser Stoichedonanordnung. In Z. 3 und 7 beträgt
die Buchstabenzahl statt l8 nur 17. Daher steht hier der erste Buchstabe der Zeilen jedesmal
unterhalb des zweiten Buchstabens der vorhergehenden Zeile. Dagegen sind in Z. 13 ig Buch-
staben vorhanden. Der Schriftcharakter weist wohl noch auf die erste Hälfte des vierten Jahr-
hunderts V. Chr. hin'), wofür auch sprachliche und sachliche Momente sprechen. (Fig. Ü4).
[Name des Geehrten Ti]
p]6££v[ov xai eiiepyetrj-
v] £j[v]at [ifjj TcoÄEu; Tqc
'Av5ptwv aiitöv '/.xl z[y.-
yövouc, ■ slvxi ok noXa-
5 sjfav TJzrÄg xa; lanxe-
AJEtav y.od -(fii Iv/.trjai-
V xod oiY-ioic, y.od iyL no-
li\iw. sfpr^vrjv xcli ej a-
'jXat; äauXiav v.xl St'x-
10 ag TcpoSo'xoug- xöv 5s yp-
a|-i[.iaT£a t^j [jOuay^j a[v-
xypd'hxi xüxGr. ty^v [npo-
cevtav £tatrjX7]v [xac at-
fjQxi zig zb n'j8-c[ov • to'j-
15 s Ss ix\>.ixc, TÖ [mx)M[ix
SoOvat elg [tJjv ävaypa-
[cpVjV xub Twv TCpoaoStov x-
[ö3v xfiq TtoXsto?.
Ein Proxeniedekret; von dem Präskripte und von der Motivierung ist gar nichts er-
halten und auch vom eigentlichen Beschluß fehlt der Teil mit dem Namen des Geehrten.
Daß die Verdienste dieses von den Andriern geehrten Fremden nicht unbedeutend gewesen
64: Inschrift n. i.
') Siehe Ath. Mitt. XXXVI Iqli S. 8.
12«
sind, darauf lassen die ihm und seinen Nachkommen zugleich mit der Proxenie verliehenen
Ehren und Privilegien schließen, die alle namentlich angeführt werden, ohne daß wir hier wie
in anderen Proxeniedekreten nach der Nennung eines oder zweier Vorrechte Worte wie xal
-oc ösXXa Tcävxa Bacmsp y.xl xoiq «XXot? Ttpo^evoig xaE eCispYETais finden. Die Vermutung, daß
dem hier Geehrten mit der Proxenie auch der Ehrentitel sCiSpystr]? zuerkannt wurde, ist
nach der großen Anzahl ähnlicher Dekrete sehr wahrscheinlich*).
In sprachlicher Hinsicht ist zu bemerken:
Z. 6 svxir^at v für syxxr/aL v. Es erscheint die lautgesetzliche Form durch die etymo-
logische Schreibung verdrängt"). Die Formel yf;5 lyv.vfpii xal or/ia; findet sich in attischen
Dekreten nach 350 v. Chr. nur noch einmal in IG 11 282 Z. 10 aus dem Jahre 287/6.
Statt dessen finden wir seit 350 iyxxrjats yfjg xa; cixta? oder xal yf)? v.xl ofxi'a; lyxtrjai;
(Larfeld, Handb. der griech. Epigraphik II 794 1.
Z. 7 und 8 ist £V einmal zu k\i, das anderemal zu io an den folgenden Laut assi-
miliert, was bei eng zusammengehörigen Wörtern in älteren Inschriften häufig vorkommt*).
iq au/.atg steht für das sonst gewöhnliche eg aÜAO'.c,.
Z. 10 und II ist der ypa|ijiat£'j; zffi (jOuXtj; genannt und mit der Aufstellung des
Dekretes beauftragt. Seine Nennung ist wichtig für die zeitliche Bestimmung der vor-
liegenden Inschrift. Siehe über ihn Ath. Mitt. XXXVI 191 1 S. 8 ff. und oben 105 f.
Z. 13 ist eiatrp.rjV haplographisch wie IG XII 5, 7 i 7, Z. 10 und oft vor anlautendem ,.ax"
syntaktisch engverbundener \^'örter°).
Z. 14 wird das Pythion genannt, in welchem das Dekret zur Aufstellung gelangen
soll. Die Beschlüsse werden auf Andros meist im Heiligtum des Apollon aufgestellt. Genannt
finden wir das tepöv XOö 'A-oÄXwvo? in IG XII 5, 715, 716, 717, 719, 720, während der
Beschluß 714 und eine weiter unten behandelte Inschrift auf der äyopa zur Aufstellung ge-
langten, wahrscheinlich um ihnen besonderen Nachdruck zu verleihen. Dies leuchtet bei
einem so wichtigen Beschluß wie 714 ein (siehe Ath. Mitt. XXXVI 191 1 S. l ff.|.
2. In dem Hause des Aristides Kuluris eingemauert, 0-183™ hoch und o-l6ü" breit,
weißer Marmor, nur rechts oben ein Stück Rand. Die Buchstabenformen (.Höhe o'oog*",
letzte Zeile 0-017") w'eisen auf das dritte Jahrhundert v. Chr. (eher erste Hälfte) (Fig. 65).
Dekret zu Ehren eines Fremden, der Bürger von Andros wird. Das Präskript mit dem Namen
des Geehrten ist nicht erhalten und auch von der Begründung des zum Beschluß erhobenen
Antrages haben sich nur die Reste von formelhaften Wendungen gerettet. In dem Namen
'Apt'axou, den man in der letzten Zeile liest, ist der Vatersname zu erblicken. Der Name
des Geehrten war am Ende des Dekretes genannt, eine Art Adresse, wie wir sie häufig zu
Anfang und zu Ende von Dekreten finden. Vgl. z. B. IG XII 5, 722.
2) Busolt, Die griech. Staats- und Rechtsalter- XII 5, 799, Z. 19.
tümer 53; Daremberg-Saglio, Dict. d. ant. 737; *) Meisterhans a. a. O. 1 10; Atli. Mitt. XXIII
Monceaux, Proxenies grecques. Über die anderen in 1898 S. 470 ff.; Mayser, Grammatik der griech. Papyri
der vorliegenden Inschrift angeführten Vorrechte 229 ff.
siehe oben 109 f. °) Meisterhans a. a. O. 90; Geyer, Observ.-\tiones
^) Meisterhans, Grammatik der attischen In- epigraphicae de praepositionum forma et usu. Diss.
Schriften' 112; ebenso auf der Nachbarinsel Tenos IG Leipzig 1880; G. Schulze, Hermes XXVIII S. 22 ft.
129
Die Inschrift hat ihre Analogien in einer Gruppe von Dekreten, die auf Andres er-
halten sind''), und folgende Ergänzung gestatten:
65; Inschrift n. 2.
AI —
AEI////EM/////Y(1)HI///
— — — . — — — — — — — — — — ■ — • — — — V ino'.rpixlxo]' 'AY[a-
^stTu^ei'] SsSöx'D'at xlt ßouXet xal xwi Sr;|jiw'. xöv Setva 7LoX]i-cr;v etvat x[i^s no-
5 Xews xfic, 'AvSpiwv •/.axx zobg voj-tou; aOiöv xat sxydvou; xal] [iexervat aOT[ors
TiävTWV Sawv xaE 'AvSpioig |-i£T£ai:, s^sivat 5' aötot? -/.ai cpüXrj; yJsveaO-ai f;? [Äv
ßoüXtovxai v.xl cppaxpfa; -/jg TCpoaTcsiawvraf xöv Se Ypaji,j,iax£a] xwv axpaxrj[y(I)V
sntjjisÄEÖ'^vat STtw; f; TioXtxst'a rjSs ävaypacpst £?; xö tspöv xoO] 'AnoX/'.wvo? • [xö
Oi sfg XYjV ävaypacpr^v avaJ.tojia ooOva'. xoüj xa[.ifa; inb xfjg xo'.v^]? Stoiy-rjasü)?.
lo — — 'ApJaxou.
6) Siehe IG XII 5, 715—720. '■'''
Sauciuc, Andros. ^7
130
3. Im Museum von Andros, aus Paläopolis stammend, o"422'" hoch, 0"448" breit,
0"383'° dick, aus schlechtem geäderten, weißen Marmor. Nur an der oberen Fläche sowie
an der rechten Nebenfläche nachlässig geglätteter Rand. Drei größere Adern durch,
ziehen den Block der Breite
nach. Buchstabenhühe der
neun ersten Zeilen O'oog"'
bis o'oi "", die der weiteren
0-0I5™. Auch die Schrift-
fläche ist sehr ungenügend
geglättet und rissig und
stellenweise ist keine Spur
von Buchstaben mehr zu
bemerken (Fig. 66). Schon
die Größe dieses Blockes
läßt auf die Wichtigkeit
des Denkmales schließen.
Dies bestätigen denn auch
die leider kümmerlichen
Reste der Inschrift. Im fol-
genden kennzeichne ich
stark verriebene oder teil-
weise verbrochene Buch-
staben durch darunterge-
setzte Punkte. 6C: Inschrift n. 3.
AH?
— — — — — — — — 7i:ep]ta7i(.0|i£[v
— — — — y.a; [twv xaXüv äzl dJpEyoiASV
5 — — ßJaatXsüaag [toüs ok XotjTioug ol Sex« tepa . .
— — To]i)s Auxtous au[ . . . ejispa ts nkBiovx np . .
— — — — cptiXa^ÄS" STci Se zrfi TioXtv Siepov «ti
— — — sie, TYjV 'Aat'av v.od iniXe^x\iivou xoO ßaat
— — — wate xaE srcatvou iw/sX'/ xov Sf;jxov 0U|i
10 vis; y.M 7l£pi 7l[äv]'C(l)V (TWV) 7ipO£Cpr;|J,£V(OV UTiO
— — aüv] Tot; T£ äTcoy.pc'[T]o[tg] Ei'xoatv EXa[^oaav aO
ol ©üjiJ^ptOL iXäßoaav av[ to]0 ßaCTtXeti)?
— — — — — — xT^aa; vmXki toO[xo] Y£vö|i,£
— — — — — — zfßq, TcaxpöSog aTc[acjr)sr'] äcptxo
15 — — — — — — — £5o[a]av two Sr^iiwt xaE aii
— — — — — — — ä[cj]3c [xots ayajö-or; xwv av
— — — — — — — — atEV oE 06[xßpt[ot . . .
131
— — — — — — — — iJ-JaXXoö OTScpävwt (Jp
— — — — — — — — <I't>.a]S£>.cp[£t']av Tiavrjyu
=o — — — — — — — — — 1^ ßouXrj x]cd 6 Svji-iog
— — — — — — — — — — ayojpäi -cf/s tz
— — — — — — — — — — — — ajuixcpep
>5SX
llllllllllllllilll!l!!lllllllllllllllllllllllllllll!llllllllllll!llllllllil!llll-IIIH^
/I////////I/////////////////////////////////////////I/////////////////AHZ/I///I////////I/////I///I/I!/
IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIHIIIIIIIIIIIIIIIIillllllllllllllllin XrntA BHIIIIIIIIIIIIIIIII
///////////////I////////////KAI 1////////////////////////////////////P E r o A^ E HHiillillllllll
milllllllA S I AEY X A X//////!//////////l/////-nOYXO\ABKAiePA/l///m 5
//////////////////YSAYKIOYS: A Y/////////TEPA TETTAEIONAn 1//////////
////////////////////<}) YA AKASEniAETHNnOAINETEPON A T //////
////r/I/rTHN ASIANK AI E'FIAE-=- A/AENOYTOY ß A S 1/////
//////////nSTEKAI EHAINOYTYXEIN TON AHMON OY/A//////
/////////////ITES KAlFEPin//////TnN p-poEIPHMENnNYTT O///// 10
HIIIIIIIIIIIITO I 2: T E A n O K/'I/I/l/0/////E IKOSINEAABOSANA Y///
/////////////////bPlOl E A A BO S A N A N//I //////////////// Y BAZ I AEn 2///
//"HS AS /E/N T E A E ST O Y//////////////r E N O A\ E/////
S TT ATP I AO S A TT A///////////////A4)/I/K/0////
C/A/0////A NTni AHA\ni KAI A Y////// 15
O/////////////A//////////////////////-//A//0//O IS TnN A N/////
////-A I E N O I O Y /A b//i//i/////////////////
///////A AAOY STE4)ANmAP
/////////////////////////VA E A <J)//////I/////A N n A N H r Y/
IIIIIIIIIIIIIHIIIM O AH M O S/ 20
////////////////lAlTHSTT/
llllllllllllllllllllllllllY/A^Bfl
llllllllllllllllllllllllllllllll " ^ "/
Von Z. I sind noch einige unkenntliche Buchstabenenden zu sehen. Z. 2: Ob Svj?
zu einem gentilizischen Namen gehört oder etwa £Ti£:]Sr] a zu ergänzen ist? Die darauf
folgenden Punkte geben die ungefähre Zahl der fehlenden Buchstaben an. Zu 7l£p'.a;iW(X£V
vgl. Dittenberger Syll. ^ 246 Z. 8. Die Ergänzung in Z. 4 ist recht unsicher. In Z. 5 haben
wir die Wahl zwischen ßaatXeüs äa und ßaatX£uaa$. Letzteres würde auf den Antritt der
Herrschaft hinweisen. Unsicher ist, ob Ol Sexa tEpa — — ordentliche Jahresbeamte oder bloß
Mitglieder einer Festkommission waren, ob E£pa[T£uovx£;, t£p«[T£Üaavx£S oder !epa[aa[i£voi
zu schreiben ist. Ob für letzteres die Möglichkeit der Silbentrennung spricht? In Z. 6 ist von
dem letzten P nur die vertikale Hasta deutlich zu sehen. In Z. 7 sind vor cpüXaxa; die Buch-
staben unkenntlich verrieben. Am Ende von Z. 8 ist von I bloß der untere Ansatz zu bemerken.
In Z. 9 folgte nach xiv OTjjiOV 0U[J, kein Buchstabe. In Z. 10 ist vor X£? eine vertikale Hasta
132
zu sehen, die zu einem N gehören könnte. Am Anfange von Z. 12 erkennt man die untere
Hälfte eines B, sodann recht nahe bei einander zwei parallele vertikale Striche; fast die
gleichen Reste sieht man in Z. i 7 unmittelbar nach öu[x, das wir schon am Ende von Z. g
angetroffen haben. Wir werden nicht fehlgreifen, wenn wir in dem zum Verbum £Aaj503XV
gehörigen Subjekt in Z. 1 2 den Namen des Demos vermuten, welchem Z. 9 zufolge Belobung
zuteil wurde. Der Name 0ü[ißpL(ii bezeichnet die Bewohner der Stadt 'Ihymbra, die am
Thymbris, am Nebenflusse des Skamandros in der Troas, 50 Stadien von Ilion liegt.') In Z. 12
folgt nach iXajBoaav auf AN eine vertikale Hasta. Z. 13: vom x ist die obere Hälfte erhalten.
Z. 14 sind die auf äu folgenden Buchstaben nicht mit Sicherheit zu bestimmen. Der erste
scheint A zu sein. Z. ig vor AEACJ) ist ein Teil einer schrägen Haste zu sehen. Z. 20 ist
von A bloß der reciite schräge Strich teilweise zu sehen. Z. 21 ist nahe vor A eine
vertikale Hasta; am Ende der Zeile steht 'P. Z. 23 sind von allen drei Buchstaben bloß die
Köpfe erhalten.
In sprachlicher Hinsicht ist zu beachten: In Z. 9 vermißt man vor OYM den
Artikel, ebenso Z. 10 nach TiXVtOJV. Über die .Analogiebildung eXäijoaav (Z. 11 und 12)
vgl. G. Meyer, Gr. Gramm.' 54Ö ff., Kühner-Gerth, Ausf. Gr. I 2, 103 ff. Anm. 4 und
Mayser, a. a. O. 368 ff.: Dieterich, Zur Gesch. d. griech. Spr. 242; 'I'humb, Die griech.
Sprache im Zeitalter d. Hellenismus 198; Schweizer, Gramm, d. pergam. Inschr. 166;
Robertson-Stocks, Gramm, des neutest. Griech. 60.
Aus den mitgeteilten Resten geht mit Deutlichkeit hervor, daß wir ein Ehrendekret
vor uns haben. Ungewiß bleibt, ob für eine oder mehrere Personen oder für den Demos
von Thymbra. Öfters finden wir Anspielungen auf kriegerische Ereignisse, an denen die Lykier
(Z. ö) und die 'l'hymbrier (Z. 9, 12, 17) beteiligt waren. Auf Krieg deuten besonders Z. 8,
II, 12 hin. In Z. 5, 8 luid 12 erscheint der Königstitel. Das Land dieses Königs ist nicht
genannt, doch werden wir Z. 6 und 8 nach Kleinasien verwiesen*). Die Erwähnung der
Einwohner von Thymbra in Z. q, 12, 17 würde das Gesagte bekräftigen. Die Ver-
dienste, die den Beschluß begründeten, scheinen bis Z. 1 5 zu reichen und von da ab
der zum Beschluß erhobene .Antrag zu folgen. Die Verdienste des Geehrten gehen auf die
Zeit zurück, da der König die Herrschaft angetreten hatte. Wenn die Ergänzung in Z. 19
zutrifft, so weist uns der Name der Stadt Philadelpheia, welche in Lydien am Fuße
des Tmolos von Attalos II von Pergamon zum Andenken an seinen Bruder Eumenes II
gegründet wurde, in die Zeit nach dem Jahre 159 v. Chr. Auch ein Fest Philadelpheia wurde
von Attalus 11 eingerichtet^). In welchem Zusammenhang hier die Panegyris in Philadelphia zu
den Geehrten, beziehungsweise zum Demos von Thymbra steht, vermag ich nicht zu entscheiden.
Buchstabenformen und Sprache der Inschrift weisen auf die Zeit von 250 — 100 v. Chr.
Vielleicht kommen wir mit anderen Erwägungen weiter. Wenn in diesem andrischen Be-
') Slrabo 13, 598; vgl. auch Hom. II. X 430; ^) Über 'Aat« = Kleinasien s. Pauly-Wissowa
Steph. Byz. s. v. Thymbra; Ph'n. V 33, 3; das RE II 2, 1538.
Örtchen Thymbra, heute noch ThymbreU-Köi, liegt ') G. Cardinali, II regno di Pergamo, .Studi di
fast an die Berge gelehnt, die sich stufenweise zum storia antica pubbl. da G. Beloch fasc. V 142 u.
Ida erheben. Prokesch, Denkwürdigkeiten und Er- Anm. 3; Keil und v. Premerstein, Bericht II 116 zu
innerungen aus dem Orient I 145. n. 223.
133
Schluß von Asien und einem König die Rede ist, so kann es sich nur um das Königshaus
der Attaliden handeln, dem Andros seit 200 v. Chr. Untertan war. Im Frühjahr 196 v. Chr.
brach im Kriege gegen Rom und das diesem verbündete Pergamon Antiochos von Ephesos
nach Norden auf, um nach Europa hinüberzusetzen, und griff die Städte Smyrna, Lampsakos
sowie viele der dazwischenliegenden Städte in der Äolis und Troas an, die alle in freund-
schaftlichen Beziehungen zu Pergamon standen, großenteils sogar tributpflichtig waren*").
Bundesgenossen des Antiochus waren auch die Lykier"). Dieses Vorgehen und vielleicht
auch andere Übergriffe'^) veranlaßten Eumenes II, Vorkehrungen für einen offenen Krieg
gegen Antiochos zu treffen, der im Jahre igo tatsächlich ausbrach und auch die Haupt-
stadt Pergamon in Gefahr brachte'^). Die Entscheidung führte die Schlacht bei Magnesia
am Sipylos (wahrscheinlich November 190) herbei und der darauffolgende Friede brachte
Eumenes II den gewünschten Erfolg. In diesem Zusammenhang ließen sich die wenigen
Anspielungen, die im oberen Teile der Inschrift deutlich hervortreten und die zur Be-
gründung des Beschlusses hier angeführt werden mußten, einreihen: ßaatXeiiaa? in Z. 5
würde auf den Regierungsantritt des Eumenes II im Jahre 197 hinweisen. Von Kriegs-
zügen in Asien weiß der erste Teil unserer Inschrift öfters zu erzählen. Daß in diesem
Kriege, in welchem .Antiochos, unterstützt von Lykiern, die auch in unserer Inschrift genannt
werden, die teils mit Eumenes befreundeten, teils ihm Untertanen Städte angriff, auch Thymbra
irgendwie hervortreten konnte, ist sehr leicht möglich. Wie die Stadt Thymbra, welcher im
andrischen Dekret in so rühmlicher Weise gedacht wird, sich in dem Kriege gestellt hat,
ist nicht fraglich. Leider können wir die Beziehungen der Ehrung zu Andros nicht angeben.
In dem Kriege, den die Inschrift erwähnt, ließ der König die Werbetrommel schlagen. Daß
auch Andrier, die im Rufe standen, tüchtige Krieger zu sein, in den Dienst des Königs ge-
treten sein konnten, haben wir allen Grund anzunehmen.
4. An der Eingangswand der Kirche Hagia Marina in Paläopolis, links \on der
Eingangstür als Eckstein eingemauert, aus weißem Marmor, links oben ein Stück Rand,
o'3l'" hoch, o"925 breit, 0'34™ dick. Buchstabenhöhe O'oi l". Die Form der stark ver-
wischten Buchstaben weist uns in die Zeit um die Mitte des zweiten Jahrhunderts v. Chr.
Im folgenden gebe ich die Umschrift der teilweise gereinigten Inschrift. Die Ergänzungen
sollen bestenfalls den Sinn treffen, um so mehr, als sich infolge des Bruches die Länge der
Zeilen nur annähernd ermitteln läßt. Wenn es gelingen sollte, auch diesen Stein ins Museum
zu bringen und gründlich von dem anhaftenden Mörtelbewurf zu reinigen, dann wird es
wohl auch möglich sein, die vorgeschlagenen Ergänzungen durch sichere Lesungen zu
ersetzen.
1») Liv. XXXIII 38; vgl. XXXV I; Polyb. ") Cardinali a. a. O. 63 ff. und dagegen Pedroli,
XVIII 49, 1; XXI 22fl'. ; App. Syr. 2 ff. ; Ditten- II regno di Pergarao; siehe auch MeischUe, Sym-
berger, Syll.^ 276; siebe auch G. Cardin.ili a. a. O. bolae ad Eumen. II Perg. reg. bistor.
59 ff.; Niese, Gescbicbte der griecb. und maked. '^) Liv. XXVII 19— 21; Polyb. XXI 9; App.
Staaten 11 392 u. Anm. 3; 639 ff., 668 ff". Syr. 26; Ditlenberger, Syll.- 286; Moramsen, Rom.
") Niese a. a. O. II 729 u. 640. Geschiebte I 732 ff.; Niese II 725 ff.
Sauciuc, Andros. ^7
'34
:
.lllllllllllllhllllllllllllllllllllllllii - l'IIIIIIIIIIIIIIHIIIIIIINII,
IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIXIlllllllBIIIIIIIII^ E no I H
llllillllllllllllHIIIIIIIIIIIIIIIII^IHIIIIIIIIIIIIIIIIIlHIIIIIII^ HNKAAnSKAIENAOE
llllllllllllllllilllllllllll^ ISTONETAPTE/A I AnPO YA PXONTOS E N I AY T
5 llilllllllllllllllllllllllllliO 4>HNnEnOIHTA I//,////0//h//0/,\//N nOIOY/AENOZ
IIIIIIIIIIHTnH THSTriNNEnNEYKOSAMAST POS K A PTEPriN A I /
IllllllllllllllllllllllllllllllllriX TO TY /ANASION KEKOZ A\ HKEN KATATKEYA
ll///////ll//////Af^A/ll/l///////////YXHB//IXBHTH\rEHEOA]n\rOY6AXlAEn^
IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIHIIIIIIillllllllllllllllllllllllllllllTO'^ B AS 1 AEn s s YA\;;o;////7,;;
- llllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllly^OtAEIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIl A XIIIIIIIIIIIB \AX-\
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////////////////////////////////////////AI KAI EP/AEI KAI HPAKAEIKAIKAAAIEPH Z A
///////////////////////////////////////NI ANSTTOYAH ZK A I (j) I AOT I /A 1 A ZOYA E N E y
//////////////////////////////////////TH/////S EYEPFETH /A ATAT AEION ATA /A
isllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllinill^l/ll/ll/ll/ll/l/m^^^^^
xat r^t T^[i,£X£pac -öXec xä A'j]a[i-]£[X^] Tce^iotV^xai ev zo~.[z i
Xos äv£atpä]iy[r] vjxzx ttjv äpjyjj'' y.aXws xat ivSo^w; xa: [is
lauToO] £?; XGV e-ü' ApT£[it5a)pO'j oipyoYioc ev'.auxöv £V -£ xc
5 dvaatpJo^y-jV TtEnoirjtat 7ip]6vo[ta]v 7:owu|ji£VCs iräv-wv xöv z
axa]xG)v xf;; x(ov vewv zöxoa\>.i(xq •Ä;poaxapx£p(I)V 5tä Txavxö; ;
:f[Xo5ö^]ti)S xö yoiivaatov x£x6a(iyjX£V xaxaaxEuxcj«; 7iu[X]{[5]:
WS ayaJXfi« [xax£X]ü/V£[u]a£v x^i y£V£9-Xi(i): xoO ,jaatA£W: [•
7cX£taxrjV ixp6vo:av £7xoifjc;axo] xoO ßxadEUj au[i[7iO(jtou y.xl
lo — — — — — — 7x«p£]xö|J.£[voc: [.1£X' £XX£V]fa; [-7.Z xp]
— — — — — — — — auxwv £V [T^avxi] xwi [xatpjwt
/,£ü); »•Eoig xat tot']«-, xal 'Epi-ifs xal 'HpaxXsi xa: xaAXisp-
TjVEyxaxG Exxijviav otuguStj; xal cptAoxtjiJa; oOSev £XÄ£i7;(i)v
voi'x; xa; £'J£pY£]xYj[aa]s £uepY£XT^jJ.axa tiXei'ovx- xä [.isv ll:x
15 vog etc.]
135
. I E N T o \rilllllllllllllllllllllllllllll!llllllllllllllll!lllllllllllllllll!illlllllllllH^
SKAIMErAAO/AEPnSANE o/////////l//////lf//!//////!/i'l//////il////////l/l///!l///!/
lENTETOlSKATA TH H APXH HA//\///////////////ll/l////l//////////l/m//////////
ANTnNTnNElSTOrYMNASlONTAPAriNOMENnNM////////////////////////
TANTOSKAIEN TOIS KATATHNXOPHriAN A\ E//A A ////////////////////
vi:nY///7i////A A100YAEYKOYKAIEHEAPANANAOE/////KAITOYBA2:///////
///EPAlSYNTEAOY/AENHS-FO/ATTHSKAIOYSIASYrrOTOYAH/A///////
/.//NIAI0Y//////////////////n/////0//////5:EAin APA/'7//H /A A TA Tto /////////////////////
lIBASIAEI KAITninATPIAYTOYOZlATT P/////////////////////
K/A/S: TAISBASIAISSAISOYZASAEKAITO I /////// '////////////////////
TEPTETHXTOYBASlAEnSYriElASKAlSriTHPIA XIIIIIIIIIIIHI
EinnNAnOAElElNrrOIOYMENOSTHSTPOZITONBASlAEA//////////
[lAiAAYSETEAHrAPA r/i///////!/nHr///////////l/!/AA///il//l/m///j///////l//
'//////////lllllllllllillll/illllllllVIllllllllllll/lllllllllllllllllllllllllllllllll/ll/IIIIIIIIIIIIIIIIH
poa&£v xatpoöi; xa; aip£\)'£cs yu[A,vaatap-
loi-iepös av£S-[yj)te tö eXatov acp-ö-ovwxaxov nap'-
xaxa XTjV apyrjv xn[ixaiv [xsx' suasßet'ag xyjv
lö yujiväaoov Tiapaytvojxevtov [^[aiJ'yjxcov xat ixpo-
£V xot; y.axä xijv )(oprjYtav |-is[Y]äA[oL; äv3;Xw|xaaiv
[9-ou XsuxoO y.ai s^sopav ava9'£[is] v.od xoO [jaa[cX£-
£paf auvx£Äou|.i£vrj(; ttojatt^? xx! fl'uaca; ötiö xoü Syj[a[c/U
m]vt5t&u [xat E]T:[£]ö'[u]a£ Ämapä [dX]rj|j.axa 7io[).Xä — —
c xtöt ßai3tX£r xat xwi Tcaxp! aöxoü ocjta 7xp[axxwv . . .
• sxaaxacs ßaatXtaaat?' il'uaa? Se xaö xot[g xfj? to-
c; ÜTiEp x£ tf;^ xo'j [jaatX£Wi; öytsia? xat awxr/pöa? [Kpo;-
loOEt^iV t;oiou[j.£V05 xf;g Tipö; xöv ^aatXia [eO-
iatX£Af; yäp a7i[ävx]ü)V x[(I)v] aA[>,(i)v £Xäaaova xL\)'£(.i£-
136
Z. I sind nur kümmerliche Reste erhalten, es dürfte hier das Präskript gestanden
haben. Zu Xu]a[lt]£[?.fJ in Z. 2, das in Z. 14 deutlich zu lesen ist, vgl. Straub, Philologus
IQI I S. 157 ff.; XkuiteXec bedeutet „ein Geschäft, wenn man damit auf seine Kosten kommt".
Zur Redensart eS; TÖV £7i' Apxej^ltSwpo'j ap/ovio^ eviauTÖV in Z. 4 vgl. Keil und v. Premer-
stein, Bericht II n. I. In Z. 5 ist das zweimal aufeinanderfolgende Zeitwort notersil-a'. zu
beachten. Vgl. das in Z. 3 ergänzte av£axpa'.frj mit ävaaxpOCpTjV, welches wir bald darauf
in Z. 5 lesen. Zu beachten ist auch die fast lästige Wiederholung der Ergebenheit des
Geehrten dem Herrscher gegenüber in Z. 10 und 13 f. Für die Ergänzung [laO'TjXWV siehe
die von Ohler, Pauly-Wissowa RE VII 201 5 angeführten Belege. In Z. 7 ist TluXlSa den
Raumverhältnissen entsprechender als TTueXtSa oder TlusiAtSa, woran man auch denken könnte.
Für letzteres vgl. Keil und v. Premerstein, Bericht I 58 n. 120; II n. 84 und 97. In Z. lo
ist äcyxAjlss so gut wie sicher. '■*) Vgl. auch Keil und v. Premerstein, Bericht II 19 n. 31 Z. lo;
Hock, Griech. \\'eihebräuche 47 ff. In Z. 8 füllt xaX£Xu)(V£ua£V am ehesten die Lücke vor
und nach — u^V£ — . Danach wäre hier eine festliche Beleuchtung eines ayaX[.ia durch X'jyvoc
gegeben. Vgl. Schmidt, Geburtstag im Altertum 26 und 58. In Z. 9 ist zwischen Xi~x^x
und -T^fJiaxa nur für einen Buchstaben Platz. Da hier von einem £7itO'Ü£lV die Rede ist, kann
man nur an Opfermehl = Schrot denken, wofür uns die Worte «Arjjia, &uaXr^[xa und daraus
durch anormale Zusammenziehung ö'U/.rjJia bekannt sind. Über diese und ähnliche Ausdrücke
vgl. die ausführlichen Bemerkungen von \\ ilamowitz-Mtillendorff zufn Statut der milesischen
Sängergilde, Sitzungsber. Berl. Akad. 1904, 6ig, Z. 38 und 633 ff.; Stengel, Opferbräuche
der Griechen 1910, 7 ff. Da an unserer Stelle vor r^iiaxa nur ein Buchstabe zu ergänzen
ist, wird man nur an äXrj|aaxa zu denken und einen Ausfall des a von X'.uixpdc anzunehmen
haben. Xmap« äÄ'/j[.iaxa würde fettiges, d. h. mit Öl bestrichenes Opfermehl bezeichnen.
Daß es Brauch war, Opferschrot mit Öl, Wein und auch Honig zu befeuchten, das zeigen
die bei von Wilamowitz-Möllendorff a. a. O. angeführten Grammatikerstellen, daiu Stengel
a. a. O. 7. Dieses £ä:9"j£0V geschah zu Ehren des Herrschers. Zu diesem Worte s. von
Wilamowitz a. a. O. Über den Unterschied von 9-U£LV und fl-ÜEGÖ-at siehe Stengel a. a. O. 12.
In Z. 13 ist in dem Worte £XX£Viav der Buchstabe l statt £t zu verzeichnen. Danach wurde auch
in Z. 10 EXXEVia; ergänzt. Zu ÄTloOEC^tv TZO'.tlsd-Xl vgl. Keil und v. Premerstein, Bericht II n. 248.
Für die Ergänzung in der zweiten Hälfte in Z. 14 vgl. Fouilles de Delphes III n. 228 Z. g f.
Wir haben ein Dekret zu Ehren eines Gymnasiarchen vor uns, der, wie aus Z. 6
zu schließen ist, einem YU[iväaiOV XWV V£(i)V vorstand. Der Name des Gymnasiarchen ist
nicht bekannt, doch geht aus Z. 3 — 6 hervor, daß er unter dem andrischen Archon
Arteraidoros, dessen Jahr wir nicht bestimmen können, im Amte war. Zu seiner Arche ge-
hörte vor allem die Ölspende, die wir in fast allen derartigen Beschlüssen antreffen und
die ich auch hier in Z. 3 ergänzt habe ''^X sodann die Veranstaltung und Leitung von Agonen
und die Sorge für die Erziehung der Besucher der Anstalt, besonders für die £'jxoa|i!a
der V£Oi. Dazu kommen noch andere choregische Leistungen (yopr^yta Z. 6), so die Aus-
schmückung des Gymnasiums. Er errichtete eine Pylis, eine kleine Tür, aus weißem Marmor
'*) Vgl, Dittenberger lOG I 332, wo wir Et- hier auch sonstige Literatur über Ölspenden; dazu
x6va Iiil oxuXiäo; iiapiiapivT); lesen. Jüthner, Pauly-Wissowa RE VII 20yyff. und Öhler
") Vgl. Keil und v. Premerstein, Bericht II, S. 3, ebendort 1975, 1982 ff.
'37
und weihte eine Exedra. Für die Ausschmückung der Gymnasien vgl. ühler, Pauly-Wissowa
RE VII 20igff. In Z. 7 begegnet uns der Titel König und in Z. 8 ist von dem Geburts-
tag des Königs die Rede. Dieser wird festlich begangen, es ist von einer feierlichen
Beleuchtung der Königsstatue beziehungsweise der Nische, in der diese gestanden haben
wird, die Rede, \^■ir erfahren, daß an dem Geburtstag des Königs eine Pompe abgehalten,
ein Opfer vom Volke dargebracht wurde und daß sich daran ein Symposion und Deipnidion
des Königs, wahrscheinlich in den Räumlichkeiten des Gymnasiums anschloß, ein Festessen,
wie solche noch heute an des Herrschers Geburts- und Namenstagen veranstaltet werden ^^).
Dabei betätigte sich der Gymnasiarch wahrscheinlich als Festordner und opferte auch seiner-
seits und es geschah hier des Königs und dessen Vaters (Z. lo) und jeder von den Königinnen
(Z. I l) Erwähnung. Letztere gehören, wie man aus Sota in Z. lo schließen kann, zu den
dahingeschiedenen Mitgliedern der Königsfamilie").
Geopfert wird ferner besonders den Göttern, unter deren Schutz die Gymnasien
der Griechen standen, dem Hermes und Herakles^*) und für die Gesundheit und das Wohl
des Königs wird noch ein Opfer verrichtet. In Z. 13 wird noch ausdrücklich die Er-
gebenheit des Geehrten für den König betont. Die Inschrift ist wichtig, weil sie uns das
Vorhandensein eines Gymnasiums in Andres, über das uns bisher nur einige Topos-
inschriften und Ephebennamen belehren konnten, ausdrücklich bezeugt. Es ist ein Gymnasium
tiijv vewv; für die Lage desselben siehe oben S. 21. Die Nennung der königlichen Familie
hilft uns die Zeit dieser Inschrift, die man dem Schriftcharakter nach um 150 v. Chr.
anzusetzen geneigt wäre, annähernd zu bestimmen. Es kann nur das Königshaus der Attaliden
sein, das hier genannt wird. Da in Z. 10 die dem Vater des Königs dargebrachten Sota
genannt werden, so kann unter Basileus ebensowohl Eumenes II, der Sohn Attalos' I, wie
Eumenes' Bruder Attalos 11'^) und Attalos III, der Sohn Eumenes' II und der Stratonike ^'')
gemeint sein. W enn wir die Dekrete zu Ehren von Gymnasiarchen überblicken^'), so finden
wir, daß die Herrscher von Pergamon sich sehr rege für das Schulwesen interessierten und
so auch Andros, wie man aus der vorliegenden Inschrift schließen kann, ihre Fürsorge
zuwandten. Der Gymnasiarch beziehungsweise die Andrier bekunden ihrerseits in dieser
Inschrift eine ganz besonders loyale Gesinnung.
'^) Über Geburtstagsfeier der hellen. Herrscher,
Schürer, Zeitschr. f. neutestatn. Wissenschaft II igül,
48; Cardinali, II regno di Pergamo 139 ff. ; Wilhelm
Schmidt, Geburtstag im Altert. 1908, 53 ff., 56 ff.;
Poland, Geschichte des gr. Vereinswesens 230 ff.,
250 ff.
") Das auf Sota Tip (es ist dies ein für Totenopfer
üblicher Ausdruck bei Plat. Phaed. p. 108 A; Plut.
n. 12, vgl. auch IG XII 5, 718 Upa. xai äata) Fol-
gende ist nicht zu entziffern.
'8) Jüthner, Pauly-Wissowa RE VII 2071 1.
'') Gegen die Brüder Eumenes II und Attalos II
macht sich ein Bedenken geltend: wäre einer von
ihnen der König, so würde man in den uns er-
haltenen Buchstabenresten, wenn nicht in erster
Sauciuc, Andros.
Linie, so doch nach dem Vater, den Namen des
Bruders erwarten. Zu Eumenes stand Attalos II, wie
uns der Name Philadelphos zur Genüge zeigt, in
sehr gutem Verhältnisse. Vgl. nur CIG II 3067,
Z. 13 ff, 31 ff.
-0) Cardinali a. a. O. 138.
^') Diese sind zusammengestellt bei Erich Zie-
barth. Aus dem griech. Schulwesen. Euderaos von
Milet und Verwandtes; für Pergamon siehe hier
39ft'. ; derselbe, Jahresh. XIII 1910 S. lo8ff.; Brückner,
Jahresh. XIII Beibl. S. 5 8 ; Hepding, Ath. Mitt. XXXV
19 IG S. 402 n. 2, 410; auch Musee Beige III 189g,
264 f. Ebenda XI 1907, n. 26; Handel, Das griech.
Schulwesen im Lichte neuer Dokumente, Eos XVI
I38ff. Keil und V. Premerstein. Bericht II n. I u. 58.
l8
138
5« Im Hause des Nikolai Kassidonis, auf dem Grundstücke des Genannten in der Nahe
der Verklärung- C^hristi-Kirche gefunden; Marmor, O'oyg'" hoch, O'zqq"^ breit, 0'2l6" dick;
nur auf der unteren Fläche ein offenbar später zugerichteter Rand. Buchstaben ungefähr des
'^s/'^''
67: Inschrift n. 5.
zweiten Jahrhunderts v. Chr., O'Oil™ hoch (Fig. 67). Die Inschrift enthält ein Dekret zu
Ehren eines Phanylos, dessen Gerechtigkeitssinn hervorgehoben wird. Der Name Phanylos
begegnet auf Andres auch in IG XII 5, 787. Z. l sieht n-ian oberhalb otxxioaijvrjl die Buch-
stabenreste: V vkiNIUN. Z. 5 unterhalb <t>iwlry/: A//->-// \//o//'-//-t-//"//'.
y.xl zx dXXoc saitv ävYjp ay«-
%-b;, OavuAo?] 6 $avLiXöu oi-/.x:oa'jvr^[t v.y.l y-psz-qi vq'. sSj xobc, 'Avoptoug ■fjv
ly^wv o'.aTsXsJt' vacat 0-029'" 'Ayaö-^t xuyjj'.' Si[Sö)(&at zff. [SouX-^t xat xwt Si^-
|j,(OL l7ia'.v£o]at S'avuXov $avuXo[u — — —
5 a]petfjt — — —
6 rt /'. Zwei aneinander passende Bruchstücke aus weißem Marmor, auf dem Tripa
genannten Grundstücke des Nikolai Leonardu Mustaka gefunden, jetzt bei Andreas Manalis
-■^^t^-:
68: Inschrift n. t> a L\
in Paläopolis. 0 = O'042™ hoch, o-ll5™ breit, 0-0153™ dick; & = 0-058" hoch, 0-185'°
breit und gleichfalls 0-0153"° dick. Links ein Stück Rand; Buchstabenhühe bei beiden
139
O'ooS"; Formen wohl der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts v. Chr. (Fig. 68).
Aus den wenigen Resten, die uns auf diesen zwei Steinen erhalten sind, könnte man vielleicht
schließen, daß es sich um ein Dekret zu Ehren mehrerer Personen handelt, welche im Auftrage
des Volkes der Andrier als Festgesandte nach einem Orte abi;'esandt wurden, dort ein
Opfer darbrachten, darüber dem Volke Bericht erstatteten und anläßlich der guten Ver-
richtung ihrer Mission ausgezeichnet worden sind. Zu £[prj|i£ in Zeile l vgl. Meisterhans-
Schwyzer, Grammatik der attischen Inschriften 171 und A. 1428 und A.^y. 'E:frj|_i. igil
S. 70 u. 2 Z. 4. Über xl'Stopös vgl. Boesch, 0£wp6; Untersuchungen zur Epangelie
griechischer Feste. Berlin 1908. Doch kann Z. 7 auch {)-£ü)p[oOVT£; tr^V zo'j 5rj[xou £iJX*"
ptatl'av oder ähnlich ergänzt werden. Z. Q sind deutlich die Köpfe der unten angeführten
Buchstaben zu lesen.
VÖIJ, — — — — — — — — — — —
£tpY)[l£[v
aav O'rtö xo[ö Srj|i,ou — — — — xal hzoi-
i^aavj-co Soxa[ta — — — — — — ixäa-
5 x«[t] aÜTWv £V 7iäa[tv — — — — — —
abxoXc, tä? 7tapaTrj[pfja£[s — — — — —
Iva xat ol Xonzol ^Ewp — — — — — —
— — — «Jt^o-ö-uo — — — — — — —
7. Gleiche Form und Grüße der Buchstaben zeigt ein Inschriftfragment im Hause
des Achilles Mustaka in Paläopolis, an der Türumrahmung auf der rechten Seite einge-
69; Inschrift n.
mauert, \^'eißer Marmor, o*i2'" hoch und o"2u8'" breit. Der rechtsseitige Rand ist wohl nicht
ursprünglich (Fig. Ö9). Im folgenden gebe ich die Umschrift der erhaltenen Buchstaben.
18*
140
— — — xr;; ävtaa7i:a'ji[[.i£v]os [t;o]ü; . . .
— — Tov apiaxov xpt'vavteg ehmi 6v ....
— OLETTjJpTjaav euyepGx; tyjV £y/£tpt(j9-£r[aav
— — aiiTor; Tzhziv ' Siö TtapaxaXo ....
5 — xrjv ßoJuXrjV xac xov Sf;[iov ;i£7coi7jX£[v .
— — Tä oöxata -CYjt nöXzi ^zvio^on . . .
xd? T^s ßoJuATjg y.ai xoö Srj|iou x^i-ia; . . .
Die Bule und der Demos werden zweimal genannt. Ob man aus Z. 2 und 6 auf eine
richterliche Funktion schließen konnte, bleibt dahingestellt. Zu Z. 3 f. vgl. nur Ditten-
berger Sylloge^ II 521 Z. 72.
8. Im Museum von Andres, auf der linken Nebenseite der von Bojatzidis, 'Ecp. Ap^.
191 I S. 73 n. II veröffentlichten Inschrift. Die Buchstaben sind 0-012'" hoch und sehr ver-
wischt; wohl noch dem zweiten Jahrhunderte v. Chr. angehorig. Oben ist der Stein wohl
für eine spätere Verwendung gerade abgeschnitten worden. Rechts und links ist Rand
erhalten (Fig. 70).
§£56x]0'at £7xatv[£aa; xov oelva
&m\iiXeim] 7iotou[X£Vtov x^s ma.-(o-
pE'jGEWg xwv xax' £vtauxöv xaö-t-
a]xa[.i£Vü)v cjxpaxr^ywv ■ i^zivce.'.
5 5£ aüxwc xal [äjäv [ßoJüXrjxai d%ö-
va y^ixXvJtiv a.'iai.(szfpa.i aOxoO
£V x-fi<. dcyopät [xtj? 7i6X£(i)g- xo Si] av[a-
[Xwj.ia etc.
70: Inschrift n. 8.
Der Geehrte war dadurch besonders ausgezeichnet worden, daß ihm erlaubt wurde,
ein ehernes Standbild auf dem Stadtmarkte aufzustellen. Man vergleiche auch die andrische
Inschrift IG XII 5, 714.
Zu der Inschrift der Vorderseite will ich nur bemerken, daß sich die ursprüngliche
Breite derselben nach Z. 2 ff. auf O'sSö™ berechnen läßt:
Se ßouX6[-i£Vot — — — — — — —
xd x/jV dyopdv [xat xd äWoi. s-yhavco d'v-
Spsg xaXol xod [dyad-ol y.od zwo'.cc^ e-
5(ovx£S Stax£[Xoöacv • Iva oöv xa: 6 Stj-
5 (io? £U)(dpiaxo? [ü)V cpaivTjxat etc.
Am Ende von Z. l ist deutlich noch ein O zu sehen. In Z. 2 ist der auf ayopav folgende
Buchstabe nicht zu erkennen. Vielleicht war es ein K, doch sicher kein O. Es werden hier
mehrere Personen geehrt, die sich um die ayop« verdient gemacht haben. Ob dies den
Marktplatz bedeutet, der etwa geschmückt wurde, oder den Marktpreis, muß unentschieden
bleiben, solange nicht ein gelegentlicher Fund das fehlende Stück zutage fördert.
141
Q. Platte aus weißem Marmor, als Pflaster vor der Evangeüsmoskirche in Paläopolis,
O'oyi'" hoch, 0'427" breit, O'io" dick, unten und rechts im unteren Teil abgebrochen.
0'05'" vom unteren Ende drei Zeilen mit O'oi" hohen, sorgfältig eingemeißelten, apizierten
Buchstaben, die auf der linken Seite ganz abgetreten sind (Fig. 71).
71 : Inschrift n. 9.
— — — — XXO —
— uov TcapaXstTiwv xr;
— £ xa: Ta'jTrj[t] imzw/o
In Z. I ist von O nur die linke Hälfte und darauf unten nur ein Apex sichtbar. In
Z. 2 sind die Buchstaben links stark verwischt, daher ist TT unsicher, davor ist unten ein
Apex sichtbar. Von der dritten Zeile sind infolge des Bruches nur die Buchstabenköpfe
erhalten. Der erste Buchstabenrest kann zu einem E oder auch f gehören. Zwischen H
und E kann wohl ein I, nicht aber ein N oder Z stehen. Das letzte Zeichen ist ein O-Laut.
Auf der oberen Fläche des Steines sind spätere Buchslaben eingemeißelt, die auf den Besitzer
des anliegenden Grundstückes Nik. Mustaka hinweisen.
10. Bei Leonidas Stylianos, o-2o"^ hoch, 0*30™ breit, o'io™ dick, weißer Marmor,
überall verbrochen; 0'025'" hohe Buchstaben der römischen Kaiserzeit (Fig. 72).
[1^ ßouXr; y.al 0 5f;[io;
Mäpzo[v
n67i)ao[v
x]öv :iatp(j)v[a xxl E'jspyETTjV fj-/oc(iia-
T(a[j £'v£X£V oder X^P'^''-
72: Inschrift n. 10.
Marcus Publius mit unbekanntem Kognomen wird in dieser Inschrift als Patron und
Euergetes des Volkes und Rates der Andrier bezeichnet. Für die Ergänzung in Z. 3 und 4
siehe das Bruchstück der Inschrift von Tenos IG Xll 5, 931: Eduard Loch, Festschrift
142
für Friedländer 1895, 287; Uittenberger OGI 643; Keil und v. Premerstein, Bericht II n. 242
und Dittenberger a. a. O. 562, 587, 632:, Ath. Mitt. XX 1895 S. 243.
Zu den andrischen Toposinschriften IG XII 5, 781 — 784 treten noch zwei hinzu,
die ich in Paläopolis am Rheuma in dem Steinhaufen, der beim Grimdstück. des Nikolai
Kassidonis liegt, aufgenommen habe.
II. Weißer Marmor, O'OllS'" hoch, 0-26'" breit, 0-298"' dick, oben und links abge-
brochen, rechts ein roh zugehauener Rand. Besser behauen ist die untere Schmalfläche. O'oiö™
hohe Buchstaben. Man liest zuerst
fl) S
6 XOTiOg
Z. I kann das Z, von dem bloß der untere Teil zu sehen ist, in dieser Verbindung
nur zu einem im Genetiv stehenden Eigennamen gehören. Darunter sehen wir auf dem-
selben Stein in einer anderen unvollständig erhaltenen Tabula ansata die Buchstaben:
b) — — OVXO5
Z. 1 üer Eigenname, zu dem die Genitivendung -OVZOQ gehört, bleibt unbekannt.
12 n b. Die zweite Toposinschrift aus weißem Marmor liegt in der Nähe des Grundstückes
der Aspasia M. Kodostavlos; 0'o6™ hoch, 0'47°^ breit, o'32" dick. Buchstabenhöhe 0'oi4™,
0 = 0'0ll'". Auf allen Seiten abgebrochen, nur die obere Schmalfläche roh behauen. Auf
dem Steine zwei tabulae ansatae, an beiden Enden unvollständig; unterhalb der linken Tafel
der Griff einer dritten Platzmarke. Die erste Tafel hat nur die Buchstaben a) — tWj|XOVCig, wir
werden wahrscheinlich [5 totco; | $]tXTj|.iOVOS zu ergänzen haben. Die andere Tafel trägt die
Inschrift: b) 'Atco^Xcoviou | 6 tÖTTOg. Den Namen ApoUonios finden wir öfters auf den Inschriften
von Andres. Die Gestalt dieser Inschriften, deren Huchstabenformen uns auf die Zeit
um 100 V. Chr. weisen, ist, wie schon Hiller v. Gaertringen IG XII 5, 2, Add. et Corr.
zu 781 — 783 hingewiesen hat, die gleiche wie die der Inschriften, die im oberen Gym-
nasium, besonders zahlreich aber im unteren Gymnasium von Priene gefunden wurden^-).
Es sind Namen, darunter auch Spitznamen der einstigen Schüler^'). Ähnlich wird es mit den
Toposinschriften von Andres sein, ohne daß wir mit Sicherheit die Lage des Gymnasiums
bestimmen könnten.
'^) Hiller v. Gaertringen, Inschriften von Priene Begleitwort zur Rekonstruktion von A. Zippelius,
n. 147 f. aus dem oberen Gymnasium. Unter n. 313 Neue Jahrbücher f. d. klass. Alt. XXV 1910 u.
sind 732 Toposinschriften aus dem unteren Gym- XXVI, 8. Heft, 546 ff. u. 562; Öhler, Pauly-
nasium angeführt, dazu noch 316b, 324 — 333; Wissowa, RE VII 2018.
Theodor Wiegand und Hans Schradcr, Priene, Er- 2') Über Schülerinschriften in den Zimmern der
gebnisse und Untersuchungen in den Jaliren 1895 antiken Gymnasien: Ziebarth, Griech. .Schulwesen
bis 1898, 1904, 265; Th. Wiegand, Priene, Ein 84 ff. Vgl. Keil und v. Premerstein, Bericht II 3.
143
13- Auf dem früher genannten Grundstück des Nikolai Kassidonis gefunden und
jetzt ebenfalls bei Andreas Manalis. WeiiBer Marmor 0'l6™ hoch, 0"ll™ breit, o"247™ dick;
Oben ein Stück Rand, sonst überall abgebrochen. Die Buchstaben zeigen Apices und sind
0-027'" hoch. Wir lesen in Z. l vr^qj, in Z. 2 '.o\l, in Z. 3 eVTj oder £Vt oder £VV. Wenn
wir eine Namenliste vor uns haben, ließen sich die Buchstaben in Z. l zu Nephos, Nephon
oder Nephalion ergänzen. Der letzte Buchstabe in Z. 2 ist nach dem Winkel, den die
vertikale Hasta mit der schrägen bildet, zu schließen,
eher ein M als N. In Z. 3 ist nach N der Ansatz
eines vertikalen Striches zu sehen, so daß nur die
oben genannten Buchstaben in Betracht kommen
können.
14. In der Feldmauer auf dem Grundstücke
des Dimitrios Lukrezis in der Niederung am Meere,
einige Schritte höher als die jetzt außer Gebrauch
stehende Weinkelter, in der die Inschrift IG XII 5,
757 eingemauert ist, liegt ein o'So™ hoher, 0'57"
breiter, 0*2 1 ™ dicker Marmorblock, der am oberen
Rande eine o'll™ lange und o'io™ tiefe Abarbei-
tung zeigt, sonst aber rauhen Rand hat. Auf der
linken Seite ist der Stein offenbar für eine spätere
Verwendung abgeschnitten worden und von den
Namen (?), die hier gestanden haben, sind nur sehr
kümmerliche Reste erhalten (Fig. 73). Über die Be-
deutung und Verwendung dieses Steines, der 0'023'"
hohe der Kaiserzeit angehörige, sorgfältige Buch-
staben zeigt, läßt sich nichts Bestimmtes sagen.
Inschrift n. 14.
15. Auf dem Grundstücke Tripa des Nikolai Mustaka gefunden, jetzt bei Nikolai
Vlamis, 0-077™ hoch, 0-252™ breit, 0-28™ dick; weißer Marmor, auf allen Seiten abgebrochen;
die Buchstaben Q-oiS™ hoch, nachlässig eingehauen; spärliche Reste einer (metrischen?)
Grabschrift, wohl dem Anfang der Kaiserzeit angehörend.
«Tiat; vacat 0-05'" tgSe [|xv^|,ia
xwjc ö[A]ocpupo[[i£vwt.
In Z. I ist nur ein horizontaler, mit Apices an beiden Enden versehener Strich zu
bemerken, der nur zu einem = gehören kann. Von der vierten Zeile sind sehr kümmer-
liche obere Reste erhalten.
16. Im Museum von Andros, Stele, 0-482™ hoch, 0-085™ dick, oben 0-21 l™, unten
0'24"' breit; weißer Marmor, oben und unten profiliert, oben als Abschluß ein mit einem
144
Mittel- und zwei Eckakroteiien versehener Giebel, der an den Enden abgesj.Uttert ist; Grund-
fläche und Rückseite roh, besser behauen die beiden Nebenseiten. o"o82" von der oberen
Profilierung finden sich Spuren von roh zerstörten Buchstaben. Es scheuen vier Zeilen
vorhanden gewesen zu sein. In der letzten Zeile sind noch die O'ia" hohen Buchstaben
von yotZ^Z zu lesen. In der vorangehenden Zeile sieht man ein wahrscheinlich zu yi^-r^oxi,
oder yorpvi] gehöriges X. Vielleicht ist dieser Stein, dessen Schrift bisher unbeachtet ge-
blieben ist, mit IG XII 5, 771 identisch.
17. Stele aus grobkörnigem, sehr weichem, weißen Marmor bei Aristides Joannis
Kuluris in Paläopolis, o'243'" hoch, in der Mitte 0*24 1"' breit, o"li2™ dick. Sie erweitert
sich fast unmerklich nach unten; überall Rand, die Rückseite roh behauen. Die Buchstaben
zeigen nachlässige Formen, besonders auffallend in Z. 4 und 5, und sind in den einzelnen
Zeilen verschieden groß. In Z. i ^ o-Ol6"; Z. 2 = o-oig™ {© = 0-024™), Z. 3 ist die Buch-
stabenhöhe besonders unregelmäßig und schwankt zwischen o-oig™ — 0'024'"; Z. 4 ^ o"025"S
Z. 5 = 0-02™— 0-024™.
Man liest deutlich:
IIOTOS 'A[ ]t?
Der Stein ist mehreremale verwendet worden. Oberhalb des Namens Cn. Cornelios
sind die Reste von Buchstaben YZT erkennbar. Auch ist noch der Rest einer zweiten, fast
vollständig getilgten Zeile oberhalb dieses Namens wahrnehmbar, von der, da der Stein
oben abgeschnitten ist, nur der untere Teil mit unkenntlichen Buchstabenresten erhalten
ist. Auch zwischen Z. 5 und 6 sieht man Reste getilgter Buchstaben, so ist oberhalb des
zweiten O von IIotc; ein T in der Größe der Ruchstaben der dritten Zeile zu sehen. Die
ganze achte Zeile liegt sichtlich auf tiefcrem Grunde und scheint auf einer getilgten Zeile
eingemeißelt zu sein. Oberhalb der ligierten Buchstaben PN findet sich ein horizontaler
Abkürzungssirich. 0-057 ™ unterhalb Z. 5 lesen wir IIoxos 'A .... CS und weiter unten jprp-ri
yaipeis. Von dem letzten E ist nur eine vertikale Hasta zu sehen. XP^)'''''''^ X'"'p^''^^ verstehen
wir nur dann, wenn in der vorangehenden Zeile zwei Namen, und zwar ein Frauen- und
ein Mannesnamen gestanden haben. Fotos ist als Eigenname bezeugt^*) und kennzeichnet sich
durch die Endung OZ als Mannesname. Der andere Name, der mit A beginnt und auf IZ
auslautet, kennzeichnet sich durch die Endung als Frauenname. Solche syntaktische Unregel-
^*) Pape-Benscler, Wörterbuch der gr. Eigen- der N.ime Pothos vor. Daß hier Fotos statt Pothos
naraen (Inscr. 2, 2903 d. Add.). Viel öfter kommt verschrieben ist, ist unwahrscheinlich.
«45
mäßigkeiten begegnen in späteren Inschriften recht häufig und sind durch spätere Ein-
tragungen bedingt. Welcher Name hinzukam, verrät das ypr^aTTj /ai'pexs.
18. In dem Feldhäuschen neben dem Grundstück des Dimitrins Lukrezis in der
Niederung am Meere ist ein o-4o'" langes, O-oS"" breites Stück weißen Marmors eingemauert,
links abgebrochen; darauf ein 0'05" hohes A.
19. Auf der linken Seite der Inschrift 'Apx. 'E^Tjji. igii S. 74 n. 17 sieht manO'Oiö™
vom oberen Rande in zwei Zeilen die Buchstaben des Alphabetes. Sie sind sehr nach-
lässig eingeritzt, tragen Apices und haben eine Höhe von 0'0I3'". Auch wenn nicht alle
Buchstaben zu lesen sind, so lassen doch die Zwischenräume erkennen, daß wir hier das
gewöhnliche ionisch-attische Alphabet vor uns haben. Fast ganz verrieben und sehr un-
deutlich zu erkennen sind die Buchstaben ABNZTY(|)XD.. Für die .A.bc-Denkmäler siehe
die zuletzt bei Keil und v. Premerstein, Bericht II n. 190 S. 97 angegebene Literaturübersicht.
20. .^uf dem Wege von Peleketi nach Gaui ion in einer Grenzmauer, einige hundert
Schritte vor dem alten Bad, lag das 0-04™ hohe, 0-21™ breite, Q-lSj™ dicke Fragment
eines runden Gefäßes aus weißem Marmor von O'SOÖ"
Durchmesser, jetzt bei K. Lukrezis in Paläopolis. Die
Buchstaben, die oben auf dem Rande des Gefäßes ein-
gemeißelt sind, zeigen späte Kursivschrift und sind bis
0-025™ hoch. Siehe das Faksimile der Inschrift (Fig. 74). 74: Inschrift n. 20.
21. In der Schule von Gaurion, beim lioXx'.m Xouxpöv gefunden; ein o-zb"" hoher,
076" breiter, 0-165™ dicker rechteckiger Pfeiler aus Marmor, der am unteren Teil der
Schriftfläche 0-025™ breit, O'ooi "' tief bearbeitet ist. Man liest hier in 0-04™ — 0-045™
hohen Buchstaben
DIOCENHS PISCINAM
BETEREM NOBAM
FJHCIT- TOTAN vacat o-2 l ™
Zu beachten ist, daß der lange E-Laut einfach durch das griechische H wiedergegeben
wird. Das lateinische V wird Z. 2 durch B ausgedrückt. Das „v" des griechischen Akkusativs
entschlüpft dem mit dem Lateinisclien wenig vertrauten Schreiber in Z. 3. Auf Grund der
Orthographie möchte ich diese Inschrift dem Anfang der römischen Herrschaft auf Andres
zuweisen.
In weiterem gebe ich einige Bemerkungen zu bereits veröffentlichten Inschriften von
Andros.
IG XII 5, 715: Am Ende von Z. 2 habe ich nach ©soxi^io? die Buchstaben <t)PAZ gelesen.
Vgl. Paschalis a. a. O. und Pernice, Ath. Mitt. XXIV 1899 S. 351 und 352. Danach ist ein
Name herzustellen, dessen erster Bestandteil $paat war. Bechtel und Fick, Die griech.
Personennamen^ 281 f. Nicht ganz sicher ist <I>paa[tXÄ£OUS bei Bojatzidis, 'Ap^. 'E'frjli. 191 i
S. 76 n. 2g.
Sauciuc, Andros, *9
146
IG XII 5, 716: Z. I ist nach TT noch ein Y zu lesen, so daß TTY zu dem
wahrscheinlich mit nu&- zusammengesetzten Namen des andrischen eponymen Archcm
gehört.
Z. 3 bietet der Stein nicht Bauy.Ä sondern Kauxä. Vgl. Pape-Benseler, Wörterb. der
griech. Eigenn. s. v. Kauzag, Kaüxa und Kauxä (Genetiv). Über den dorischen Genetiv auf a
siehe Kühner-Blass, Ausführliche Grammatik der griechischen Sprache I 386, g und Meisterhans-
Schwyzer, Gramm, der att. Inschr. 120, 7; Mayser, Gramm, griech. Pap. 250 ff. Die Buch-
staben B und K haben hier ähnliche Formen, so daß leicht ein B statt eines K gelesen werden
konnte. Vgl. die Majuskelumschrift in Z. 3; 'Ap'.atoßÄYJg statt ÄptaiOxXfj?. In Z. 5 ist 'AttoÄXovw
zu lesen. Vgl. Koepp, Arch. Anz. V 1890 S. 141 Anm. 55 XII i; Mayser a. a. O. 118 Anm. i
und Meister, Die griech. Dial. II 2 1 7 ff. Nach Koepp a. a. O. scheint diese Inschrift noch
dem fünften Jahrhundert anzugehören; zu dieser Datierung scheint Kopp durch Formen wie
'Ap/ectpä-co in Z. 2, xbi v6[jiou5 in Z. 6 (vgl. Koepp und z'^^ö'/ouc, Z. 7), ib 'AtioXXwvo?
Z. II (vgl. Hiller v. Gaertringen) und log xa(t)^cag Z. 12 veranlaßt worden zu sein. Vgl.
Meisterhans-Schwyzer a. a. O. 63; Meyser Il6 ff.; Meister, Griech. Dial. 11 107. Die Inschrift
steht der Inschrift IG XII 5, 717 sprachlich und paläographisch zu nahe, als daß wir sie auf
Grund der früher angeführten Formen so sehr auseinanderdrücken sollten. Daß diese Formen
nicht dem Steinmetz zuzuschreiben sind, hat Hiller von Gaertringen betont. Für sie scheint die
Redaktion der Inschrift verantwortlich zu sein. Vielleicht sind sie mit der Person des Geehrten,
der von Salamis auf Kypern stammt, in Zusammenhang zu bringen. Vgl. die Fehler des
magnetischen Schreibers, der des arkadischen Dialektes unkundig ist, in dem Beschlüsse
von Megalopolis (Otto Kern, Inschr. von Magnesia a. M. n. 38). Siehe ebendort n. 07;
vgl. BGH XII p. 232 und Dittenberger, Sylloge^ 439- t)ie beiden Inschriften werden wir
noch dem dritten Jahrhundert v. Chr. zuweisen können; siehe auch Collitz, Griech. Dialekt-
inschr. n. 5385. Zu Z. g siehe oben S. 98 Anm. 2.
IG XII 5, 717: o-2o6" hoch, 0-503'" breit, o'2o'" dick. Ungefähr in der Mitte, o'os™
vom oberen Rand eine 0'035'" große, 0*04 '" lange, o'03'" breite Vertiefung. Die Buchstaben
sind Z. I, 7 — 9: o"o8™ hoch, in den übrigen Zeilen, die auch weniger eng geschrieben
sind, O'oi", O ist durchwegs O'ooo™ hoch.
Z. I sieht man vor lir;v6g, wie auch Bojatzidis', ApX- '-^9- 191 i S. 76 n. 30 bemerkt,
die Buchstaben OZNIKOY. Wenn auch, wie Bojatzidis schreibt, der Name Nikos nicht
vorkommt, so ist die Lesung Ntxou doch festzuhalten, da uns die Nominativform Nikes,
als Sohn eines Nikon auf Kos bei Paton and Hicks, The Inscriptions of Cos n. 10 c. 21 be-
zeugt ist. Nach 'Aptci-HaiöJvo; (s.S. 118) erscheint 0"02 2™ unbeschriebene, 0036'" abgesplitterte
Fläche, sodann sind die Buchstaben THT zu lesen. In Z. 2 ist vor EiJCSV ein Y zu lesen, somit
wird hier der V^atersname des Antragstellers gestanden haben und die Buchstaben THT
von Z. I werden zum Namen des Antragstellers gehören, für den nur die Namen Epiktetos,
Theaitetos und Polykietos in Betracht kommen. In Z. 8 f. erscheint Ypajijiaxea mit ein-
fachem |ji, da am Ende von Z. 8 nach ypa unbeschriebene Fläche, am Anfang von Z. g
nur [.latea zu lesen ist. Über die Vereinfachung geminierter Konsonanten, die sich seit dem
dritten Jahrhundert v. Chr. zeigt, Meisterhans a. a. O. 95 ff.; Mayser a. a. O. 2 1 i ff. und
Anm. I, 213 f. Zu Z. 8 siehe oben S. g8 Anm. 2. In Z. g ist Töiv axpair/ywv zu lesen,
147
worauf ich schon Ath. Mitt. XXXVI igil S. g und S. 105 Anm. 20 hingewiesen habe, dann
ist 1^ TloXlxt'.x und Z. 10 ataS-st zu schreiben. In derselben Zeile liest man ANrPA<t)EII und
nach 0-013'" unbeschriebener Hache IIAEIZ ZTHAHN; vgl. Weil, Ath. Mitt. I 1876 S. 236 ff.
n. I und Hiller v. Gaertringen. Die Form ävyp. könnte Apokope ohne Angleichung oder
wahrscheinlicher ein Versehen des Steinmetzen sein. Vgl. die Apokopebeispiele bei R. Meister,
Griech. Dial. I 283, II 117 und Kiihner-Blass, Ausf. Gramm.^ I i, 176 ff., die sich noch ver-
mehren ließen. Die Lücke zwischen I und Z in avypa'y£r(t)-aa wird durch eine V(im Steinmetz
beabsichtigte Parataxe von ävaYpä'.p£'.v und oaxavai entstanden sein. Die überflüssige vertikale
Hasta wird wohl für den ersten Buchstaben von YMi bestimmt gewesen sein. In EIZ ZTHAHN
ist das erste Sigma nachträglich eingehauen und vor dem zweiten Z kaum sichtbar. Vgl.
Meisterhans a. a. O. 90 ff. 13 c.
IG XII 5, 719: Diese Inschrift (siehe Fig. 75) befindet sich jetzt im Museum und
hat, seitdem sie Weil, Ath. Mitt. I 1876 S. 237 ff. n. 2 zuerst herausgegeben, besonders im
oberen Teil gelitten. Das strittige Wort in Z. 2 ist nicht
mehr mit Sicherheit zu ergänzen, da hier die Buchstaben
bis zum Worte evtauTWt abgesplittert sind. Zu verzeichnen
ist hier, daß Pohl, De Graecorum medicis publicis, Berlin
1905 p. 52 statt execov oder irfizoc, das Wort ETtLOVC'. ver-
mutet hat. Ebenso abgesplittert sind in Z. 3 die Buch-
staben Q axoXo'jö'o; y^^^- ^" 2- 4 '^t Y£y£vr;|j.£vyjo deutlich zu
lesen. Darauf folgt 0'0I5"' unbeschriebene Fläche. Ebenso
ist am Ende von Z. 5 das l sichtbar. Von den bei 71g an-
geführten Lesungen des Dragatsis a. a. O. 792 bestätigt
sich die zu Z. 9 insoferne, als SjtaxE&EVta; zu schreiben ist.
In Z. IG ist l'va zu schreiben. Das Wörtchen xat der Sub-
skription ist von einem in einem vertieften quadratischen
Felde befindlichen schönen Lorbeerkranz in Relief um-
schlossen.
Zu Z. 4 f. von IG XII 5, 7 20 siehe S. g8 Anm. 2 und S. 104.
IG XII 5, 722: Über diese Inschrift, die drei in ver-
schiedenen Versammlungen gefaßte Beschlüsse enthält, deren jeder an der Spitze eine
Überschrift^^)^ einen Auszug aus dem Protokolle, trägt, hat vor kurzem ausführlich Joh.
K. Bojatzidis in einem Ta xpta £V "AvSpojt 'A5pa|.iutr;va^^) '\)i]'-fla\xa.-za. betitelten Aufsatze
in der 'Ad-rivS. XXII ZZOyoz l x. 2, asl. 97 — 112 und Ut'va? B und dann im 3. und 4.
Heft desselben Bandes S. Baar;;, 'E-L:Ypoi.'-fiy.d, IlapaTVjprjaets de, xö £V "Avopwt ixTioxti^is-fow
'ASpajiuXTjVÖV i])rffia\i,a 345 — 347 (Abb. nach Seite 490) gehandelt.
75: Inschrift IG XII 5, 719.
^^) Zu Überschriften vgl. Herzog, Koische For-
schungen und Funde 19 Anm. 2; Wilhelm, Beiträge
zur griech. Insclir. (Sonderschr. d. österr. arch. Inst.
VII) 280 ff.; Hermann-Mütschmann, Hermes XLVI
93 ff. Für diese Inschrift siehe Bojatzidis' weiter
unten angeführten Aufsatz S. 106. Zur Überschrift
dcTioxptjia vgl. Fouilles de Delphes III fasc. I n. 228
p. 148.
-'') Über die verschiedenen Schreibarten des
Namens siehe Hirschfeld, Pauly-Wissowa, RE I I,
404 und H. V. Fritze, Nomisma, Untersuchungen auf
dem Gebiete der antiken Münzkunde V 1910, 10.
Ig-
148
Zu dieser Insclirift habe ich auf Grund einer neuerlichen Überjjrüfung noch einige
Lesungen und Bemerkungen hinzuzufügen.
Z. 5 ist auvea"rjx£tag gegenüber awsaiYpajiixc, zu lesen. Ober diese der Koine ent-
stammende Form siehe v. Premerstein Ath. Mitt. XXXV 191 1 S. 84 und Anm. 3.
Z. 8 hat Bojatzidis dTloSJoxf;;-'), das wir auch Z. 38 antreffen, richtig gestellt. Da-
gegen finden wir sySo/r^v in Z. 14.
Z. 1 2 hat Bojatzidis richtig bemerkt, daß die Ergänzung ev ^[ai]; £v[v6[i0is r/y.Xr;-
aioin; nicht haltbar ist, wenn sie auch den Sinn trifft. Der Grund liegt nur darin, daß wir
nach der wahrscheinlichen Ergänzung von £v[v6jlO[S^*) auf der zwischen der runden und
rechteckigen Vertiefung erhaltenen Schriftfläche die Zeichen Of*, die Bojatzidis zu ON oder
ON1 ergänzt, finden. Bojatzidis denkt an die Ergänzung £V "[aC]; £v[v6[J.0LS (jJT^cp]oi[s — so
und nicht £V T[oii]c, £Vv[6[iOc; '])fffoC\oi[c, — , bezeichnet aber auch diese Ergänzung als un-
sicher infolge der erhaltenen Zeichen Oh"''). Ich bemerke in derselben Zeile nach Iv x eine
Rundung, die mich veranlaßt §V xg[l]c, £V[v6(iOti; zu schreiben, zumal ich in Z. 42, wo der-
selbe Wortlaut vorliegt, £V TOtJ £VVÖ(io[t; gelesen habe. Gegen (J^^cpo; würde überdies noch
der Umstand sprechen, daß nach 0^, wie Bojatzidis selbst angibt, noch vier Buchstaben Platz
hätten. Die wahrscheinliche Ergänzung £V XOl^ ivvoiiot? [)^p]6v[o:s hat Leonardos bei Bojatzidis,
'Ap/. 'Ecp. 191 1 S. 69 Anm. l gegeben^"). Vgl. Wilhelm, Wiener Studien 1907 S. 7:
IG XII 8, 269.
Z. 31 lese ich xou]; 5:a und ergänze xou? 5ia[cf£po|X£VOu;] £?; c[\.övoi[m äyjsiv. Für
Sl(X(fZpO[dwuc, spricht der gleiche Wortlaut in anderen Beschlüssen ähnlichen Inhaltes'M. Ein
Grund, hier ä^£tvä^) statt ay£tv zu schreiben, liegt nicht vor.
Gegen Ende dieser Zeile sehe ich nicht oteXucjsv'^) r(T)[v, was Bojatzidis gibt, sondern
ich finde nach T nur eine gerade Haste, die ich zu E ergänzen möchte, wie es auch
^") Für den Wandel in der Bedeutung von Vorschlag ausgefüllt würde. Es wäre dann hier auch
äitoSEXsaS-at bei den Alten siehe Paul Viereck, Sermo zu beachten der Wechsel der Ausdrücke: npovorj9-^vai
Graecus 73; vgl. Jahresh. I 1898, 181 Z. 33 idazu iv toT; svv&iiots XPO'''=''S '" Z. 12 u. 42, Ssäiy.ä'at t^i
S. 180). ßouX'^i xal TÖH Svinwt in Z. 8 u. 39 und 5sä6x*ai x-^i
-^) Der auf Iv folgende Buchstabe kann nach Eepäi ivtxXrjatai in Z. 53.
den erhahenen Resten nur ein N oder M sein, nicht ^') Siehe den Beschluß der Magneten a. M. für
auch ein H, wie Bojatzidis behauptet. Richter aus Priene bei Hiller v. Gaertringen, In-
2') l'fjcfos trifft den Sinn ebenso wie das von Schriften von Priene n. 61 Z. 10 u. II, und den
Hiller v. Gaertringen, vorgeschlagene §xxXv)ata. »F-^cpos Wortlaut auf dem Steine, als dessen Heimat Smyrna
kommt in der Bedeutung „Abstimmung" bei Aischines angegeben wird, aber sicher Kolophon oder Kla-
und Demosthenes vor; vgl. auch Plut. Cato min. 50: zoraenai zu betrachten ist, bei Wilhelm, Beiträge zur
EV tats maziYMi- (Jjrjcpot;. W'^cfo; (abgegebene Stimme) griech. Inschriftenkunde (Sonderschr. des österr. arch.
Ivvoiio; kommt in den Inschriften von Delphi häufig Inst. VII) 173 Z. 7 ff.
vor: Fouilles de Delphes III. Epigraphie fnsc. 2 '') Bojatzidis a. a. O.
igog n. 55 u. fasc. I, loio n. 151, 153, 154. ^') Für STceXuasv siehe Dittenberger, Orientis
'") Ich dachte zuerst an die Erg.inzung ev To[ts] Gr. Inscriptiones Selectae n. 335, wo wir die
§v[vö[iois ouXX]d[-foij, das uns in gleicher Bedeutung Grenzstreitigkeiten zwischen Mytilene und Pitane
auch in einer Inschrift von Magnesia a. M. bei Kern betreffend die Worte auf-fsvix(ö; STitXOaai Ta vs£x[r)]
n. I (auXXifsu xuptou -f£vo|i6VO'j) begegnet, wodurch in Z. 98 lesen; siehe auch Z. 4 derselben Inschrift
die Lücke vor xXijS-^vat besser als durch Bojatzidis' und Anm. 35.
149
Hiller von Gaertriiigen tut und wie auch Bojatzidis, 'Ap)(. "E'-p. IQI I S. 69 Anm. I es nunmehr
richtigstellt.
In Z. 32 konnte ich gegen Ende a^ta xGJV xt äva~£ lesen, wodurch die von Bojatzidis
vorgeschlagenen Ergänzungen hinfällig werden. Dieser Teil der Inschrift ist sehr lücken-
haft erhalten und eine sichere Ergänzung schwer zu erzielen.
Wenn wir den Gedankengang im ersten Psephisma mit dem des zweiten bis Z. 31
vergleichen, so kann man die Vermutung nicht von der Hand weisen, daß die auf ZTzeXöaiv
t[£] folgenden \\'orte die in Z. 6 genannten avaiCcjicpO-svca xp'.irjpix bnb Tvcciox) Aucptotou
Fvatou uloi) Tou avxcatpaTTjyo'J erklären sollten. Die Nennung des xjoü ä.vv.^Tp%xrffO\) in
Z. j^ macht dies wahrscheinlich^*).
Ich glaube, daß nach eTieXucisv t[£] Worte gestanden haben, durch die die Verdienste
des Timokritos um xa ii.vxnz[ifd-ivxo(. xpiTi^pia uizb Fvatou AucptSiou Tvaiou uIoQ ToO ävxi-
OXpxTriyou hervorgehoben wurden. Ich füge die Ergänzungen der Z. ^2 — 35 bei, die besten-
falls den Sinn zu treffen beanspruchen:
ETieXucsv t[£]
[xä £V£c;xr|XÖxa VEtxr;*^) auyyEVtxws^''') v.od xa-Jätta^') xwv x£ äva7i£[ii]-
[cp{)-£Vxojv xptxrjptwv bnb Fvatou AöcptSfou x]oö avx(.axpaxr;yo[u
[xcd xf^s tcoXew; ztji; E^aTioaxEtXaarj? ä*) xv.l 7r]poci^V£yxaxo [£/.äa]-
[xotj 'fj^i.Gyv Ttäaav (ftXoxt|u'av usw.
In Z. 38 erwartet man äuoooyfic, d^toOaö'at £V oder nxpx xotj äXkoK^, was ich am
Steine ebensowenig wie 7l]£[pt.-' X0Ü5] konstatieren konnte. Die erhaltenen Reste weisen
vielmehr auf sfg [xoüg]. Bojatzidis hat Z. 41 richtig ergänzt, doch lassen sich auch die
folgenden Zeilen mit einiger Sicherheit herstellen.
'*) Dafür sprechen auch die Worte x]y)ptö7 TOÖj vo5j xal cftXou. Daß in Adramytteion Richter aus
[vö|iouj xai xa] '\irj'fiG\ia.ia. in Z. 30. Wären die Andros erscheinen, ist durch die Stammverwandt-
xpiTi^pia nicht in Z. 33 genannt und in dem von schaft begründet. Für die Beziehungen zwischen
uns vorgeschlagenen, weiter unten erläuterten Sinne Andros und Adramytteion siehe Con, 41; Pomp,
aufzufassen, dann wäre die Nennung der y.ptxrjptK Mela 17; Myrsilos bei Plin. N. h. IV 65 (Frg. H.
unmittelbar nach v6[ious oder wenigstens nach ijjvjcpfa- Gr. IV 460 fr. 15); Schol. Dion. Perieg. 525; Strabo
(laxa in Z. 30 erfolgt. Ich erinnere nur an die In- XIII 606 ; Velleius Pa(. I 4; dann Le Bas 70 Anm. 14;
Schrift von Pergamon bei Fränkel n. 163, 95 Kol. III Boeclch CIG II 234g b; vgl. auch Kretschmer, F.inl.
Z. 6 ff., wo von dem Eide der Richter die Rede ist: in die Gesch. der griech. Sprache 390.
An der Spitze stehen die vojiGi, dann folgen die ^^) xaxa£ia ist hier adverbiell gebraucht wie
Bestimmungen der Könige und zuletzt die Beschlüsse Anth. Pal. II 14. Ged., Z. 3: der Würde, Wichtig-
des Volkes. Vgl. darüber auch Chapot, La province keit entsprechend. Der Richter beseitigte viele Un-
Romaine proconsulaire d'Asie 194. einigkeiten und die Einzelentscheidungen standen im
3^) Für diese Ergänzung siehe das Anm. 33 Ge- vollen Einklänge mit der Wichtigkeit der Prozesse,
sagte. Auch TioÄXaj Stacfopa; ist denkbar. Vgl. äta[9S- die ihnen vom Prätor zur Entscheidung überwiesen
po|ievous in derselben Inschr. Z. 31; siehe dann auch wurden und der Würde seiner Vaterstadt.
BCH XXIX 1905 p. 204 n. 67 Z. 6 f. und dazu ^*J Vgk v. Wilamowitz-Moellendorff, Nordion.
Wilhelm ebenda 577; IG IX 2, 1106; vgl. dazu Steine S. 56 n. 13; y.pivdvxcuv xa; xp£a£ij xai äsiooj
Arvanitopulos, ^PX- "Ef1|J- 1910 S. 338. x^j XE Ttaxpiäog x^s änoaxEiXdaTj; aüxo'jg xal xoü
'') Vgl. Z. 26 derselben Inschrift: xo5 är,iJ.ou xo'j är;|io'j xoO |isxa7is(i'|JK(iivou und auch sonst überaus
(nicht X(öv wie in der Umschrift) ii.väpiu)v ävxs; crpfs- häufig.
150
In Z. 42 lese ich nur: xa; £V lOtj evvojio und ergänze mit Rücksicht auf Z. 19:
(Xp'/ovjxaj ev -zolc, £vv6iio[is y^powiz xal £7i'4i£Ä£'.a]v 7t[o:]yja[ac79-at] j xoiJc xpymzx^ [ojüco;
ävaTiEixcp-ö-^!. usw.
In Z. 58 und 59 lesen wir Stcw; toütwv auvt£A£a8ivT(0V y.yJXw; xal upErtovuoig r/r/,
xwi 5r][i(i)i xx; «^tag aTTOVqiuv •/jipixy.[gY^). Das grammatisch Richtige ist Stcwc ^ y.a/.wc
xac TtpSTiovxw; E/j^t xwt Sfjixioi — a7kOV£|i£0V, was Hiller v. Gaertringen, der auf dem Stein
ärtOV£|Xü)V gelesen hat, in die Umschrift gesetzt hat, oder OT^IO; — -/.aÄto; -/.cd 7ip£TOVXü);
iyy^l 6 5vj[j,0S — ä7iOV£].iwv. Auf dem SStein liegt ein Versehen vor, hervorgerufen durch
die unpersönliche Konstruktion von E/w, wie wir sie in Z. 7 und 52 derselben Inschrift
haben, und durch die persönliche Konstruktion des Verbums £/(j) mit dem Partizip'*^").
Schließlich hätte ich in der Umschrift Z. 60 Xü)V zig äauxiv eÖEpyEaiwv richtigzu-
stellen.
In der Inschrift handelt es sich um die Belobung und Auszeichnung des andrischen
Richters Timokritos, der im Verein mit anderen Richtern in Adramytteion Recht gesprochen
hatte, und seines Schreibers Iphikrates. Die Zeit der Inschrift ist einigermaßen gegeben
durch den Gn. Aufidius, des Gn. Sohn, der als Propraetor hier erscheint und als solcher
um 108 V. Chr., als Attalos' Reich schon im Besitze der Römer war, die Provinz Asien
verwaltet haben konnte*').
Die Streitfälle, in denen auch die Andrier in der Person des Timokritos Recht sprechen
sollten, werden nicht unbedeutender Natur gewesen sein: Die Entscheidung derselben überließ
man nicht einheimischen Richtern, sondern wählte otxaaxat ÄTlo x^S $£Vrj5, die ein Aus-
nahmegericht bedeuten und in gewissem Sinne als Appellationsgericht zu betrachten sind*^).
") Bojatzidis a. a. O. 103 bezeiclinet diese Aus- prozeR im Lichte der neueren Inschriftenkunde,
drucksweise als „ägia t^; TiccpaTr/pviaeü);". In Z. 7 Zeitschr. der Savignystiftung XXVIII Rom. Abt.
derselben Inschrift finden wir den absoluten Accu- 1907 S. 236 ff. Für die hellenistische Zeit s. Kaerst,
sativ zx°v mit dem folgenden Infinitiv. Das Partizip Gesch. des hellenist. Zeitalt. II I, 360 u. Anm. 3;
e^ov steht ohne bestimmtes Subjekt; das grammati- vgl. auch v. Premerstein, Ath. Mitt. XXXIV 1909
sehe Subjekt ist .illerdings der Infinitiv. Das Zeit- S. 245 ff ; B. Keil, Gercke-Norden, Einl. in die Alt.
wort £X"> is' '™ vorliegenden Falle unpersönlich ge- III 365. Die oLxaaxal äTtö -if;; 5^V7); sind gleich-
braucht. In Z. 52 finden wir statt des Acc. den bedeutend dem gsvixöv SlxaaxVjptov, das öfter in Grund-
Genet. absol. y.a)A>c, Ixovxo; töji 5r|]ia)t mit folgendem besitzfragen (auch sonst, Hitzig, Altgriech. Staatsvert.
Infinitiv; siehe darüber Kühner-Gerth, Ausf.Grammat. 46 f.) entscheidet und als eine Appellationsinstanz
der griech. Sprache II § 486 Anm. 2 u. § 287, anzusehen ist: die Inschrift von Ephesos bei Ditten-
I u. 2 fr. berger, Syll. 2. Aufl. n. 510, Z. 48 if., 85 if., 94 ff. und
*") Kühner-Gerth a. a. O. II § 482, II. Aller- Thalheim a. a. O. II I, 161 ff.; dann derselbe a.a.O.
dings kommt das Verbum exu> in Verbindung mit 167 Anm. zu Z. 97. Zucker, Philologus Suppl. XII 35.
dem Partizip. Praes. sehr selten vor. Vgl. auch Gilbert, griech. Staatsaltert. II 340 und
") Siehe mehr in den Bemerkungen zu IG XII Dareste-Haussoulier-Reinach, Rec. des inscr. juridi-
5, 722; dazu vgl. noch Preuner, Hestia-Vesta 99. ques grecques I 518 s. v. äixaaxijptov Jsvixöv. Siehe
*-) Über den alten Brauch, Gerichtshöfe aus den femer die Inschrift von Mylasa im BCH V 102 ff.
Angehörigen eines oder mehrerer fremden .Staaten Vgl. dazu auch die metrische Inschrift von Paros im
heranzuziehen, vgl. Thalheim, Hermanns Lehrb. d. BCH VI 1882 p. 245 ff. Siehe auch die Inschrift aus
griech. Ant. II I, 114 ff. u. II5 Anm. I; 166 Anm. Arkesine auf Amorgos im BCH XII 1888 p. 232 und
zu Z. 97; ferner V. Berard, De arbitrio inter liberas bei Dittenberger, Syll". n. 51 1 S. 129 Anm. 7.
Graecorumcivitates, 1894; Hitzig, Dergriech. Fremden- Über das är/.aaT:r,ptov gsvf/.iv haben wir Nachrichten
151
So oft wir von der Tätigkeit der Richter in unserer Inschrift hören, finden wir die
Verba 0:v.£^L'i in Z. 2 f., OtaSty.äi^ü) in Z. 2g, wie Bojatzidis richtig bemerkt hat, und XTjV
otaStxaatav TZO'.slad-oci in Z. 58. Es scheint oixoMoo^a) (und StaSr/.aaoa) hier nicht St>(.a^(i)
gleich zu sein, sondern eine prägnantere Bedeutung zu haben*^) und auf Eigentumsstreitig-
keiten hinzuweisen. Diese näher zu bestimmen, müssen wir uns versagen: Zu unklar sind
die Worte in Z. 5 f. Hier lesen wir, daß die dixocazod äto iffi teVTj? in Adramytteion über
TOS TS xaTO xof)S v6[iou? auvtaxrfAeiacc, Sixag v.ad xä avaTtSjJi'f ö-svxa xptxrjpoa G;t6 Fvatou
AöcptSc'ou FvatOU u!oO XoO ivxtaxpaxrjyou gerichtet hätten. Hier finden wir X£ nach xäj,
welch letzteres mit 3'JVr;aXTjX£ta5 Sixa^ einen Begriff bildet. Das diesem X£ entsprechende
xat stellt xig xs y.axoc xoijj v6|xouc: Gi»v£axr;X£ta; 5txx; den ccva-six'^ö-s'vxa xpiXYjpoa gleich und
verbindet sie zu einer Einheit**). Somit ist xa ävaJlEixcpS-evxa xpoxTjpoa ein direktes Akkusativ-
objekt des Verbums SeSixaxoxwv ebenso wie xag xaxa x. v4|.i. cuv. St'xa; und eine unregel-
mäßige Stellung von X£, die man öfter in der Dichtersprache, allerdings manchmal auch in
der Prosa antrifft*^), muß man sich hüten anzunehmen, bevor alle möglichen Erklärungs-
versuche mit dem überlieferten Text sich als unhaltbar erwiesen haben. An dieser Stelle
sind wir um so weniger berechtigt, eine unregelmäßige Stellung von X£ — xxi anzunehmen*^),
auch bei den alten Schriftstellern, so bei Paus. VII
9, 5 (Hitzig-Blümner), wo es in Kapitalprozessen
der Lakedämonier zu entscheiden hat. Darüber Curt
Wachsrauth, Leipziger Studien X 1887S. 2 86u. Anm. I;
vgl. Paus. VII 12, 4 ff . Das Jevixov Stxaaxrjptov wird
als Appellationsgericht gegenüber den Stxaaxat, die
das äaxixov Sr/.xaxr/ptov bilden, genannt bei PoUux
VIII 62 s. V. eq:£a'.j; vgl. auch Thalheim a. a. O, 16b
Anm. zu Z. 97.
*^) Für Zeleia in Kleinasien ist uns das Wesen
der Diadikasie angedeutet durch die Worte: f)v Se xi;
ä(i(fiaßax'^i. cfa; (xö X'Up'^v) 7ip[aa3-ai r; XaßsTv xuptu);
x'^S Ti6Xei(u))s, StaSty.aoirjv aüxwt etvat xal siav cfav^t
(IT) 6p3-ä); ixxYj(isvos xy)v xt(iYjv aCixov exiivstv ■fjiuo-
X£y;v. Dittenberger, Syll.^ n. 154 Z. 19 fF. Siehe
auch Dittenberger a. a. O. 929 und A. v. Premer-
stein, Ath. Mitt. XXXIV 237!!. ; vgl. Dittenberger, Or.
Gr. Inscr. Sei. n. 437 Z. 78 ff. und Dittenberger,
.Syll.- n. 43g, Z. 13 Anm. II u. 13, Z. 15 ff. Siehe
auch den Hermiasprozeß Pap. Taur. I p. 3 1. 24 ff.
und einen ägypt. Papyrus aus dem Fayum in griech. Ur-
kunden aus den königl. Museen zu Berlin I n. 288
Z. 5. Vgl. auch Dareste-Haussoulier-Reinach a. a. O.
II 209, 210 u. Anm. I. Über die SiadtXKoia in
Athen siehe E. Caillemer, Daremberg-Saglio, Dict.
d. ant. II I, 121 ff.; Thalheim, Pauly-Wissowa RE
V 305 ff. Dazu noch Gilbert a. a. O. II 343; Mitteis,
Reichsrecht und Volksrecht in den östl. Provinzen
des röm. K.aiserreiches 501.
**) Über die Bedeutung und Stellung von xs — xai
siehe Kühner-Gerth a. a. O. II 2, 243 u. 249 ff.;
245 Anm. 5.
■'^) Kühner-Gerth a. a. O. II 2, 254 Anm. 5.
*^) Die Mehrzahl der bisherigen Erklärer haben
eine solche angenommen und dabei vor den härte-
sten Umstellungen nicht gescheut: Boeckh (CIG II
Add. 2349 b) liest 2ö"f|iaxa statt xpixrjpia und muß
daher xaxa vor xä äv. xp. ergänzen und eine un-
regelmäßige .Stellung von xe annehmen. H. E. Meier
(Die Privatschiedsrichter und die öffentlichen Diai-
teten Athens) versieht die vorliegende Stelle so, als
ob stände xa; auvsax. Sixag xaxd xe xo'j; voji. xal xa
äv. xp., bezeichnet aber diese Umstellung als „aller-
dings hart". Sonne, De arbitris externis, quos Graeci
adhibuerunt ad lites intestinas et peregrinas com-
ponendas, quaestiones epigraphicae Diss. 1888, Ex-
cursus V 121 erklärt sich nicht einverstanden mit
den gegebenen Erklärungen und schlägt vor: SsStxaxö-
Tü)v XE xaj xaxa x. vip.. auvEOT. S. xaxa xa äv. xp. und
dem TS soll xal Tipoxspov ävsaxpap.(iEvcuv xSv ävSpfiv
usw. entsprechen. Daß diese Annahme, abgesehen
von der unzulässigen Umstellung, auch durch die
sichere Lesung von xalwj Ij^ov äv£axpa|i]iivo)v aus-
geschlossen ist, darauf hat schon Bojatzidis a. a. O.
104 hingewiesen. Bojatzidis 105 selbst erklärt die
Stelle folgendermaßen: SsSixaxöxtuv xot^ xs xaxa x.
v6|Ji. auvEoxyjx. Slv.ai xal (xäj xaxa) xä äv. xp. Diese
Umstellungen und Ergänzungen nahmen die ge-
nannten Erklärer an, weil sie xptxy'ptov in seiner ur-
sprünglichen Bedeutung faßten.
152
als wir es, abgesehen von Z. 5 und der unsicheren Ergänzung in Z. 31 f., achtmal in ganz
regelmäßiger Stellung antreffen.
Wenn wir xa? TS xa-cä xouc, vojiou; auveaxyjXEtaj Stxa; lesen, so werden wir unter
voaot in Adramytteion, einer den Römern untertänigen Gemeinde*'), die Tiaxftot VÖfJlOt oder
v6u,0t ISlOl zu verstehen haben, d. h. die Satzungen, die die Römer nach dem Tode des
letzten Attaliden dort antrafen und die sie auch nach der Einrichtung und Angliederung
der Provinz Asien als Grundlage der Rechtsordnung und Verwaltung gelten ließen''*) und
unter xä^ X£ xaxä xoij; vojiou; auveaxvjxet'as Scxag jene Prozesse, bei denen sich die Richter
in den Bahnen des einheimischen Rechts zu bewegen hatten*'').
Was bedeuten aber xä ävaTTEixcpö-EVxa xpix/jp:«^") ünb Fvatou Aocpiot'ou Tyot,'.ou uloO xoO
avxtaxpaXTjyou? Durch das Suffix xrjptov wird in der Regel ein Ort für etwas, ein Werkzeug
oder Mittel ausgedrückt •''^). Mit Rücksicht darauf sind die früher genannten Umstellungen und
Erklärungen gemacht worden'^'^). Doch konnte sich der Begriff xpcXTjptov mehr nach der Seite
von „Prozeß" verschoben haben ■''^). Das scheint auch Vasis im Sinne zu haben, der Bojatzidis' Er-
klärungen in einigen Punkten berichtigt und xa äv. xpixr;pta als ein von SsStxaxoxwv abhängiges
Akkusativobjekt betrachtet. Doch sind seine Bemerkungen zu dieser Stelle nicht ganz klar^*).
*") Adramytteion gehört zu den Untertanengemein-
den. Walter Henzen,De civitatibus liberis, quae fuerint
in provinciis populi Roman i 3/ ff. ; Chapot a.a.O. 1 13 ff.
*^) Für die Verhältnisse in der Rechtsprechung
und Verwaltung in den griech. Städten Kleinasiens
zur Zeit der Römerherrschaft siehe die oben 88
Anm. 5 angegebene Literatur. Die v6|i5i erscheinen
neben <\l^l]■fil\s.a,zo(, in Z. 30 unserer Inschrift. Für
die oben angegebene Bedeutung von v6|j,ot vgl. die
oben erwähnte, im Museum von Andros befindliche
Inschrift und den Ehrenbeschuß aus dem Jahre
76 V. Chr. für die drei SchiffsUapitäne aus den
Untertanengemeinden Klazomenai, Karystos und
Milet bei Bruns, Fontes iuris Romani n. 39, 170
Z. 18 f.; Bericht über die Ausgrab, in Pergaraon
I 76 Z. 5 ; Fränkel, Inschriften v. Pergamon n. 250
Z. 5; vgl. auch Cicero, de oft'. I 10; ad Attic. VI
I, 15 u. VI 24; Dio XXXVII 20.
*") Vgl. dazu IG IX 2, 1106: Sty.aaxai trJ. xa;
xaTÖt xö au|iß6Xaiov Stacfopag xäg ■je-^s^irni.ivoi.c, Ilsjppai-
ßoi;. Dazu Wilhelm, IG IX 2, p. XVI, 1106. Dann
Arvanitopulos nach dem von ihm 'Ap/. 'EcpT/|i. 1910
S. 332 ff. n. I Z. 21 ff. veröffentlichten Dekrete zu
Ehren des Aristokles aus Larisa: ä'.xaaial STii xäg
xata TÖ au|i[PsXov ätxa; zic, xeS-staaj IIsJppatpCiT;.
'") Le Bas (Inscr. grecq. et lat. V n. 175), der
erste Herausgeber dieser Inschrift, liest Kp{|j.ax[a und
erklärt p. 85: „il s'agit de deux sortes d'affaires". Er
verweist für xp£(iaxa auf Hesych. In Le Bas, Voyage
archeol. II 1802 dagegen lesen wir schon v.ptxijpta.
") Kühner-Blass, Ausführl. Gramm, der griech.
Sprache' I 2 § 330, 5; vgl. auch § 329, 27; so-
mit bedeutet xpiTVJptov: Werkzeug oder Mittel zum
Richten, Richtschnur oder Gerichtshof — Gerichts-
platz; vgl. auch Ernst Fränkel, Geschichte der griech.
nomina agentis auf -xrjp, -xoip, -xt); (-x-) I (Unter-
suchungen zur idg. Sprach- u. Kulturwissenschaft
herausgeg. v. K. Brugmann u. A. Thumb I) Straß-
burg Igio S. I f.
^^) In dem vor kurzem gedruckten Aufsatze gibt
Bojatzidis a. a. O. 104 das Wort viptxvjpta durch
das lateinische „formulae" wieder „aij äxoXo'jS-oOvxE;
oi 5tKaaxal sv \dpa(iux£(p £|isXXt;v va IxScoacüotv xdc;
(XTtocfdasij xö)v". Der formula gibt Bojatzidis nicht
die Bedeutung, die sie durch die lex Aebutia hatte,
sondern er foßt sie in dem Sinne von Cicero, De off.
III 4 auf und der Gerichtshof, der vom Proprätor
eingesetzt erscheint, hatte somit in zwei Arten von
Prozessen zu richten: Die äixat y.axa vojisug (die
Richter selbst kommen den recuperatores gleich) und
die Stxai, „xa xa9-' äxaaxa xöiv änoiiüv 6 ävxtaxpaxrjios
axv)pt5ö|ievos etg x6 edictum aüxoiJ slx^ Btaxajsi xal
äTioaxeiXst iv formulis eIj 'A5pa|i.uxtov."
=') Siehe Kern, Die Inschriften von Magnesia
a. M. n. 93 Z. 47 f.; Dittenberger, Syli.'- n. 371
Z. q; CIL I n. 203 Z. 20 ff.; "ApX- 'Ecp. T910, n. I
334, Z. 17. Vgl. auch Corpus Glossariorum latinorum
(von G. Goetz) VI 60g s. v. indicium und VII 565
S. V. xpixTJpiov.
'-') A. a. O. 345 f.
153
Es stand unzweifelhaft dem Statthalter zu, für jede Stadt einen Gerichtshof zu be-
stellen^^) und diesem die „Normen" zu überschicken, nach denen sich letzterer zu halten
hatte. Die Statthalter enthielten sich meist (xaiä xavöva) einer derartigen Rechtsprechung
und überließen sie den einheimischen Gerichten auch ohne jedesmalige ausdrückliche An-
weisung. 'A?.X' svtoTS, fährt Vasis fort, (I); zl%bc, Si' Svc'.vx crfnozc Aoyov 5 rjysixwv olovel
ava[JLL|jt,vr;ax6|xevo; ttjC, iauroO oixatoooxtxrji; i^oursixc, ■Kxd-iavri «ütö; tö St'xr^v Ttvx ocxäaov
StxaatTjpiov 5 a'jvrjfrwL: iÄaiijBavsv sx twv sv ifj zwx.pyla. «vexaiS-sv un' äpyivtwv oixaairjptwv
oTTsp eÄEyeto äva7i:l[.i~£:v stj tovx toXcv tq otxaarigptov. TotaOxa fjaxv xxt xä loig 'Aopa[.iutrj-
voig (^va7:ei.n:p{)'£Vüa xptxi^pia ütiö toO dvxiaxpaifjyou^^j.
Ich glaube daß ävaTX£|in£!.V xä xptXTjpta nicht ganz zutreffend erklärt ist, da dadurch
die Präposition ava nicht recht zur Geltung kommt. Die äva7X£[lcp^£VXa xp'.xrjpta möchte
ich für diejenigen Rechtsfälle halten, die durch den Propraetor von den zuständigen Ge-
richten dem in Adramytteion tagenden Ausnahmegericht der Stxaaxai inb X'^j ^^vrij über-
wiesen wurden^'). In diesem Sinne kommt dva7X£[X7r£iV in ptolemäischer und in römischer
Zeit häufig vor, s. Zucker Philologus Suppl. XII io6. — Der Propraetor Gn. Aufidius hat,
wie ich aus dieser Stelle schließe, den oixocaxai XTzb xf^g pvrjs, die in Adramytteion zusammen-
gekommen waren, um über die xaxä xoü? Vö[iOus auv£ax. oiv.cci zu entscheiden, auch
andere Prozesse der Adramyttener überwiesen-^*), die als xä äva7:£jj,cp ö-EVXa xptXTjpta er-
scheinen^^).
Da die Stxaaxat dnb tqc, pvrjs zum Wohle der Stadt Adramytteion entschieden, wurden
der Andrier Timokritos mit seinem Schreiber Iphikrates sowie die übrigen Richter beson-
ders ausgezeichnet. Sie erscheinen als 'U'ohltäter des Demos'''') und erhielten auch pvta X«
£X XoO vöjiOl) '''^). Sie hatten die streitenden Parteien zu versöhnen verstanden ^^).
IG XII 5, 723 (Fig. 76): In Kolumne I, Z. 3 sieht man beim Namen Aax*tO[ nach
dem X noch die Ansätze eines zweiten X, wodurch AaxxtOC statt des richtigen AaXLOt sicher-
gestellt ist. Vgl. Svoronos, Numismatique de la Crete ancienne I 217 ff.; Bosanquet, Ath. Mitt.
XXIX 1904 S. III. Die Doppelkonsonanz dürfte durch den vorhergehenden Namen Lyttioi
^^) Ich erinnere nur an die oben angeführte Conventus und 5io£xr|ats siehe bei Schulten, De
Stelle bei Paus. VII 9, 5; siehe auch die Inschrift, conventibus civium Romanorum 12 Anm. 2 u. 122 ff.
in der der Streit zwischen den Messeniern und Add. zu p. 6.
Spartanern von einem aus 600 Milesiern bestehenden ^o^ Über die Sucht der Griechen, alles vor den
Gerichtshof im Auftrage des römischen Senates Statthalter zu bringen und sich der römischen Instanz
erledigt wird, bei Dittenberger, Syll.^ n. 314; vgl. die zu fügen, erfahren wir bei Plut. rei publ. ger. praec.
Inschrift von Mylasa im BCH V 102. c. 19, der darüber klagt, daß die Griechen sich in
^^) Siehe ebenda auch Anm. 2. allen Angelegenheiten direkt an den Statthalter
'•') Für ävaiteiiTtsiv in diesem Sinne vgl. Ditten- wenden, wodurch das Ansehen der einheimischen
berger, Syll.^ n. 177 Z. 51, 108; Or. Gr. n. 325 Behörden und Gerichte geschwächt werde.
Z. 51 f.; n. 194 Z. 22 f.; siehe auch Paus. VII •>") Z. 56 u. 60.
9, 6 u. VII II, I. Eine lokale Auffassung von ^^) Vgl. ^sviov zb äv. zoü v6(iOU IG XII 5, 9 u.
&vaJC6(rasiv= „landeinwärts schicken" kommt bei der BCH XXVII 399; über Jsvta Berard, De arbitrio
KüstenstadtAdramytteionnaturgemäßnichtinBetracht. loi u. Boesch, Oetopd; 76.
'''') Über Adramytteion als Sitz des conventus ''-) Zu Dank verpflichtet bin ich Herrn Professor
iuridicus in der Kaiserzeit siehe Koraemann, Pauly- A. v. Premerstein, mit dem ich die schwierigen
Wissowa RE IV 1178; Chapot a. a. O. 335. Über Stellen dieser Inschrift durchsprechen konnte.
Sauciuc, Andros. 20
154
veranlaßt worden sein. Auf \dz(i:)lO'. konnte nichts melir folgen, ila unterhalb dieses Namens
eine erhöhte Leiste sichtbar ist (siehe untenstehende Abbildung), bi Kolumne 2, Z. 2 kann
ich das von Bojatzidis 'Ap/. 'Ecp»][X. IQII S. 78 n. 35 gelesene ZulipY;T'.o: nicht bestätigen.
Z. 3 hat Hiller v. Gaertringen, Ath. Mitt. XXXII 1907 S. 462 ff. Auiltot ol ä'Vü) gelesen und
scheidet diese von den AüxxiOl npbc, d-aXiaarj, wobei er auf die Inschrift von Magnesia
a. M. n. 53 Z. 75 ff. (Kern) verweist^^).
Die von Hiller v. Gaertringen gemachte Scheidung ist uns schon aus der kretischen
Insclirift bei HaussouUier, BCH 1885, 15 bekannt, die einen Beschluß von Dreros zu Ehren
eines Schiedsrichters aus dem benachbarten Knossos und zu Ehren zweier Richter aus Lyttos
76: Inschrift IG XII 5, 723.
enthält. Hier lesen wir Z. 8 ff: äix'lwv atT;rjca|.i£vwv | Oixaaiä? ats xcöv Au-tcü)[v] | töjv X£
täv dtVtO noAlV ofxtOVXWV V.Ol.1 TCOV im inl •9'aXäaaai. Auffallend wäre es nun, daß in 723 die
Aüxzioi ol avü) nicht in derselben Kolumne l wie die Lyttioi TCpög i)-ct,\iaay]l genannt
werden, sondern erst in Kolumne 2. Die Revision des Steines ergab .luch in der Tat, daß
hier nicht AutL'.Ot oE ä'Vü), sondern deutlich AaÜTtOt Ol aVü) zu lesen ist, was man aus der
Abbildung entnehmen kann und was auch Bojatzidis a. a. O. bietet. Vgl. Pernice,
Ath. Mitt. XVIII II, der Aauptot gelesen hat. Während wir über die Verhältnisse bei den
AiSxTtOt hinlänglich unterrichtet sind"*), würde uns der Name Aauxiot hier zum erstenmal be-
gegnen. Sollten wir es hier mit einem Steinmetzfehler zu tun haben oder lernen wir den Namen
einer neuen Stadt von Kreta kennen, welches ja go Städte gehabt haben soll .-' Im
letzteren, wenig wahrscheinlichen Falle wüßten wir freilich nichts mehr über diese, als
ihren Namen.
In der 0'I3'" großen Lücke zwischen Aannät(o>ot und 'EcpE[a]wu von letzterem Worte
durch eine 0'oi5'" große, unbeschriebene Fläche getrennt, hat ein auf -vsioi auslautender
Name gestanden, wobei vom v nur die Ansätze der beiden parallelen vertikalen Striche zu
sehen sind. Durch diesen Namen erscheint die Anordnung in Kolumnen nicht durchbrochen,
da der Name auf -vstoi durch die Lücke vor 'Ecpsatot als zur 2. Kolumne gehörig betrachtet
wird. In dem Bündnisvertrage, den Eumenes II von Pergamon mit 30 Städten von Kreta
im Jahre 185 v. Chr. (Michel, Recueil n. 26; Svoronos a. a. O. 229; Revue archeol. 190g
'*') Siehe dazu auch Wilhelm, Beiträge 172 ff.
''*) Über Lyltos, Lytos oder Lyktos siehe Svoronos
a. a. O. I 61 ff., 209 u. 225 ff. und Beloch, Klio
191 1 S. 435. Über die Vorgeschichte der Lyttier aus-
führlich bei Scrinzi, Atti del K. Inst. Veneto di
scienze IX serie VII, 1897 — 1898 p. 1 509 ff. Über die
Lage von Lyttos gibt Aufschluß HaussouUier, BCH
IX 16; dann Bosanquet, Ath. Mitt. XXIX 1904
S. III; siehe auch die berechtigten Zweifel über
Bosanquets Angabe bei G. Cardinali, Rivisla di
storia antica NS IX fasc. I 1904 p. 72 Anra. 4,
der öfters (82, 86, gl ff.) auf Lyttos und dessen Krieg
zu sprechen kommt.
155
]). 372 ff-) schloß, erscheinen die Sybritioi und Lappaioi unmittelbar hintereinander und un-
mittelbar davor sind die IlciXup^rjvtot genannt. Ob wir nicht in -vstot die Endung des Namens
noXupfrjVerot statt IToXup^Tjvtot zu erblicken haben? Auffallend ist beim Namen 'EiXiid-ioi
der 0'0I5" große Abstand zwischen Z und K. Mehr ließ sich dem Steine nicht ab-
gewinnen.
Zu IG XII 5, 727 und 728 Z. i und 5 vgl. das oben S. 116 Gesagte.
Zu IG XII 5, 737 und 738 siehe S. 126.
IG XII 5, 750: Jetzt im Museum von Andros, 0'335" hoch, o'39'" breit, O'ogi"' dick, die
rechte Seite ist abgebrochen, ebenso die obere linke Ecke bis über die Mitte der Vorder-
fläche. Die obere schmale Fläche wie die Rückseite sind roh behauen. Buchstabenhöhe
0'025 0"02Q"; O = 0"002".
In Z. 6 bemerkt man nach AI einen Ape.x, der zu einem Buchstaben mit schräg auf-
steigender Haste, also zu A oder A gehört, so daß die von Hiller v. Gaertringen vor-
geschlagene Ergänzung ^[aTrctvrjv] unhaltbar wird. Siehe auch Bojatzidis, 'Apy. 'Ecprj[JL. 1911
S. 78 n. 39. Am ehesten konnte man an die Ergänzung Ota9-T|xr^v denken, das gut in den
Zusammenhang passen würde. Die Worte in Z, 5 f. würden besagen, daß der Mann, dessen
Name wir nicht kennen, irgend eine Stiftung gemacht hat und ihr auch das für die Instand-
haltung erforderliche Geld angewiesen hat. In diesem Sinne wären die Worte zu erklären.
Vgl. was P. Bonfante, Rivista di storia antica NS XIII fasc. 2, Padova 19 10 p. 208 über
die Bedeutung von OtaS'l^xr; bei den Griechen sagt. Vgl. auch Fränkel, Inschriften von
Pergamon II n. 260. Häufig finden wir y.aia X'JjV Staö-l^xrjV bei Ehrenstatuen, Kern, Inschriften
von Magnesia a. M. n. 126, 128, vgl. 312; Hiller v. Gaertringen, Inschriften von Priene
266 — 273; Bojatzidis a. a. O. n. 14 Z. 3. Über die Frage, ob solche Inschriften als Grab-
oder Ehreninschriften anzusehen sind, siehe Gerlach, Ehreninschriften 1908 S. 3.
IG XII 5, 758: In Z. I, welche abgemeißelt ist, sieht man noch die Buchstaben NA. Am
Ende von Z. 2 ist HfEMONA zu lesen. Zu Z. 6 siehe oben S. 108 Anm. 25. In Z. 7 ist
am Anfang 0"i5™ abgemeißelt, doch derart, daß man hier ein Versehen des Steinmetzen
feststellen möchte, der XojiaXBO, das W'ort der vorhergehenden Zeile, abermals geschrieben
hätte. Zwischen Z. 9 und 10 ist eine 095 '" große Fläche, in der zwei Zeilen gestanden
haben, radiert, ohne daß man deren Inhalt feststellen könnte.
Zu IG XII 5, 759 untl 762 (:^ 'ApX- 'Ecprj|i. 1911 S. 72 f. n. 10) siehe oben S. 99
Anm. 4 und 102.
IG XII 5, 7Ö4: In dem aus der römischen Kaiserzeit stammenden Grabgedicht rühmt
sich der .^iakide Abaskantos aus Andros, er wäre vieler Angelegenheiten halber in
Rom (siehe oben S. 91 Anm. 17) und Asien gewesen und hätte in allen Kämpfen
den Sieg davongetragen. Nun aber liege er, ein Kind starker Eltern, zusammen mit
seinem Kinde in diesem Grabe. Vers 5 und 6: Qu^ WG nrp.stSr,; cpiXlpo:;, äXX' w; [isyac
"Apirjj, I [xocptStOts Xrj[icpi)'£ts, oü'/_ öatatj [Sotävat?, sind bisher nicht erklärt woriien und
Hiller von Gaertringen bemerkt: „Quae fabula lateat, etiam nunc dubium est." Vorerst
sei bemerkt, daß eine Überprüfung des Steines im Museum von Andros an der für die
Interpretation schwierigen Stelle nichts zu ändern gab. Ich glaube, daß in Z. 5 oüy^ (I)?
UrjXrjtSrfi CptXrpOlJ eine Anspielung auf das durch die Ale.\;indriner (Welcker, Die griechi-
20*
156
sehen Tragödien III, 1144 f.) eingeführte Liebesverhältnis des Achilles zu Polyxena ist,
und zwar käme hier die Version zur Geltung, wonach die Liebe der Grund von Achilles'
Fall war""). Nicht wie Achilles durch Liebeszauber will Abaskantos gefallen sein, sondern
er hielt sich wacker wie ein gewaltiger Ares, womit der höchste Grad der Tapferkeit be-
zeichnet werden soll. Die Tapferkeit des Achilles ist ihm zu gering. Abaskantos starb
eines wackeren Todes, der ihm vom Schicksal bestimmt war und der nicht durch gott-
gefälliges Kräuterwerk der Geliebten herbeigeführt war. Ich glaube, daß man durch
diese Interpunktion und durch diese, wenn auch vielleicht ein wenig geschraubt er-
scheinende Erklärung am ehesten dem Wortlaut gerecht wird. Der Gedanke an Achilles
lag nahe: Gehörte doch Abaskantos dem Geschlechte des Aiakos an. (Vgl. IG XII 3, 86g,
wo Afaxiorjg Achilles ist, und Töpffer bei Pauly-Wissowa RE I 923 f.) In dem Gedichte
werden bei Achilles die (flXzpx hervorgekehrt, während Abaskantos' Fall der Moira zuge-
schrieben wird. S. Schulze, Sitz.-Ber. Rerl. Ak. igi2 S. 685 ff. Zu verzeihen ist, wenn
hoch gegriffen und Abaskantos mit Ares verglichen wird. Der Schluß des Gedichtes ist
nicht unversehrt erhalten, scheint aber darauf hinzuweisen, welchen Kummer Abaskantos
durch seinen frühen Tod seinem Vater und seiner Mutter bereitet habe. Die Ergänzung, die
ich im folgenden für Vers 7 gebe, beansprucht nur den Sinn zu treffen, für Vers 8 aber
kann sie als sicher gelten: 'AXX« Tzxxpb^ \ib/ Ejxsio Xuypwj [vl-avaiw: d-sXrj'f 9-r)V oder
aTisXsJcpS-r^v], jxr^iryp TiEVihaXerj [o']lax[£vxxvja£ yoo'.g^''').
IG XII 5, 773: Auf diesem aus Gaurion stammenden Grabsteine kann in Z. i vor IZ
nur ein N, von dem eine vertikale Haste und der Ansatz der schrägen zu sehen ist, gestanden
haben. In Z. 2 ist i\.VT[cdj(OU statt des bisherigen 'A[a]t und des kürzlich von Bojatzidis a. a. O.
n. 28 ergänzten 'AaT:[u6)(0U ? zu lesen. Die Ergänzung Tpucpepa in Z. 2 (vgl. IG XII 2, 77g)
ist sehr naheliegend. Auch scheint Z. l später hinzugekommen zu sein.
IG XII 5, 774: Die O'OÖB"^ dicke Stele mit o-oi6 — o-OlS"" großen Buchstaben befindet
sich jetzt im Hause des K. Lukrezis. In Z. i sieht man vor N noch die Reste eines E; am
Ende dieser Zeile ist nach H noch Z, in Z. 2 vor H ein A zu erkennen. Vgl. die Namen
auf I^eX[i,:; und t^£X|iO; hei Kieseritzky und Watzinger, Griechische Grabreliefs in Südrußland
n. 337: A'jÄUi^£X[i'.5 AaÄa^sXj-iO'j und n. 572 AOACi'j!^£X|it; AaÄa^£Ä|iou.
IG Xll 5 780: Die Inschrift (eine Platte aus bläulichem Marmor, die nur an der
oberen Fläche ein Stück Rand zeigt) liegt jetzt im Museum und der früher vermauerte,
nunmehr freigelegte untere Teil ist vor kurzem von Bojatzidis Apy. 'Ecpr^i-l. 191 1 S. 77 n. 31
veröffentlicht worden. Doch ist hier noch einiges richtigzustellen. Auf Z. 7 folgen jetzt
noch drei andere Zeilen, wobei die Buchstaben von Z. 8 und 10 nicht nur kleiner, sondern
auch gedrängter geschrieben sind als die übrigen. In Z. 8 lese ich abweichend von
Bojatzidis ''E(y[[xo]Y£Vou y[iiV1^; in Z. 9 ist oioxri Kptiwvo; zu lesen. Von A ist die rechte
Seite erhalten. Man wird daher 'iLchirj statt Apt'axr; zu ergänzen haben, ein Name, der
in Attika und auch sonst als Frauenname sich häufig findet. Wenn wir von den unver-
''') Vgl. Fleischer bei Röscher, Myth. Lex. I I, wertes ia-cvay_r]a£ die obere Hälfte erhalten. Für
48 ff. und Gruppe, Griech.Mythol. und Religionsgesch. die Ergänzung in Z. 7 vgl. Kaibel, Epigr. Graeca
I 694 Anm. 2. n. 6g; für die zweite Hälfte von Z. 8 ebenda n. 208
^) In V. 8 ist vom vierten Buchstaben des Zeit- Z. 20.
157
ständlichen Resten in Z. 7, in denen keine griechischen Namen enthalten zu sein scheinen,
absehen, so ergibt sich für die Namen dieses Grabsteines folgendes Stemma:
Olympiades
Dorokles Ag-athokles
Olympiades Lamiska Metikles Kriton
Agathokles Hediste
I
Kriton
Vielleicht war Hedistes Mutter die Tochter des Hermogenes und der in Z. 7 ge-
nannten Frau.
IG XII 5, 785: Höhe der anscheinend absichtlich getilgten Buchstaben 0'0I2'" bis
0-014'". Ich lese folgendes: zXwcpavTOg KXtT;[(ü]v|os TipoacptXrjg {)-p£|7i:-ös \\fiiGz[o]^oüXrfi j
Xprjaxe x^P^-
ripoacpiXrjS sowie TZpoa^tXrjS X'^^P^ kehrt regelmäßig wieder in den Inschriften von
Tliasos IG XII 8, Indices IX, verba potiora; siehe auch Loch, Festschrift zum 50. Doktor-
jubiläum Ludwig Friedländers 281. Zwischen Z. 4 und 5 ist ein Abstand von 0*02 "'. In
Z. 5 und 6 glaubt man die Buchstaben K A H A 1 O M n. N I YO Yl O ZI zu lesen. Zu Beginn
der Z. 5 sind höchstens drei Buchstaben getilgt worden. Man glaubt noch YO zu erkennen,
gedacht war vielleicht YOY. Nach OZI ist unbehauene Fläche. Den Sinn von Z. 5 und 6
vermag ich nicht anzugeben.
Zu IG XII 5, 788 siehe oben S. 98, Anm. 3.
IG XII 5, 796: Diesem Steine, der ganz mit Mörtel bedeckt ist, konnte ich mit
Hilfe einer Durchreibung mehr Buchstaben abgewinnen; Buchstabenhohe O'oi'"; vielleicht
noch aus dem vierten Jahrhundert v. Chr. Aus Z. 5 und 6 scheint hervorzugehen, daß es
sich um eine Weihung an einen Heros Thelpon handelt. Zu Thelpon vgl. Thelpusa bei
Pape-Benseler, Wörteib. d. griech. Eigenn. und Gruppe, Griech. Myth. u. Religionsgesch.
II. 744 Anm. 19, I 120, 200. In Z. 2 ist der Name Agionike zu lesen.
TAO AIOZOEA[n]ja[N]
KAIATAnNIKH
A...Z . AI.K..IA
. ATA. AK...'aIA. O
5 vacat HPni vacat
vacat OEAnriNI
Zu IG XII 5, 2, 1107 siehe oben S. 120, Anm. 47.
'Apx- 'Etp. 191 I S. 70 ff. n. 2 und 3. Die beiden Steine gehören, wie Hiller v. Gaertringen
Ath. Mitt. XXXIV 1909 S. 186 bemerkt, zu einem vierseitig beschriebenen Pfeiler.
'58
Da uns Bojatzidis die Reste dieser 9 Beschlüsse nur in Abbildungen vorführt,
es angezeigt sein, eine Umschrift derselben zu geben. jf^pX- 'Ecprj(Jl. 191 l S. 70 f. n.
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; xoawv xa 15
y x^tounsy
65 xüxolc, xa 71:
xobg XX . .
y £?a . .
a , . . 20
\\'enn auch eine Zusammensetzung' und vollständige Ergänzung nicht möglich ist, so
können wir doch annähernd die Maße des Pfeilers angeben. Aus den Resten von formel-
haften Wendungen kann man die Länge wenigstens einzelner Zeilen mit einiger Sicherheit
bestimmen und auf diese Weise die Breite, beziehungsweise Dicke des Pfeilers erschließen.
Die Ergänzungen in 'Apy. 'Ecpr;[^i. a. a. O. n. 3 11 Z. 4 a7ioi)]|o'^s xxi :p:Xox'.\xixc, o'j[oiv
sXAEtTTWV xat y^pzixi Tzxpeiytxo xet noXei fj|J.G)v und ebenda Z. 10 xö ok yevöixsjjvov äväX(j)[.ia
Soövxt [xoü{ xa|iixi; xtcö rfjj y.O'.vfj;^ oioixi^asws xa! dvaypatj;«! zeigen uns, daß in einer Zeile
der Langseite höchstens sechzig Buchstaben gestanden haben, die an den angegebenen Stellen
eine o'öo"" breite Fläche einnelimen. Da die Buchstaben links O'oi'" von der 0"05"' breiten
Leiste abstehen, die man auch rechts anzunehmen berechtigt ist, wird sich die Breite der
Langseite des Pfeilers auf o'72°' belaufen. Auch die Zeilenbreite der auf der linken Schmalseite
desselben Steines befindlichen Inschrift läßt sich aus IV Z. 14 f.: A![7töXX(i)V05' 5oOvat OS sie,
^^) Der Buchstabe vor ov kann i oder t sein.
i6o
taOxa x]6 äväÄCDfioc | zobQ ixiiixi* inö xf;{ xo'.Jv:^; Stoixr^acü)? auf ungefähr 0-33™ und die
Dicke des Pfeilers auf etwa o"35™ angeben. Von jedem Beschlüsse der beiden Steine ist so
viel erhalten, daß man den Inhalt derselben ungefähr bestimmen kann. Eine sichere Er-
gänzung der auf den Nebenseiten befindlichen, durch die Feier von Agonen veranlaßten
Ehrenbeschlüsse wird ohne einen weiteren Fund kaum zu erzielen sein.
Zu 'Ap)(. 'E^rjfJ.. IQII S. 71 n. 4 siehe oben S. 121.
'Apy. 'Etpr^i^i. 1911 S. yin. 5: Üas A der ersten Zeile konnte ich weder vor dem Steine
noch auf dem Abklatsch lesen. In Z. 2 lese ich ]ptou 'AxtVVCOU, wobei vor dem P noch etwa
4 Buchstaben Platz hätten. In Z. 3 und 4 lese ich ]r^at'[JiO'j d'uyax[rjp | FpaTiTTj, wobei vor H
noch zwei Buchstaben gestanden haben, vor rpaTlxr^ 0-05 " freier Raum ist. Der Name in Z. 2 f.
scheint Tißsjpi'ou Axivvt'ou | 'Ov]i'jat[j,ou zu sein. Der Schreibung des Namens Atinios mit vv
steht 'Axt'vtoc in dem Beschluß von Panamara, BCH 1887 p. 227 gegenüber. Für den Namen
rpaTXnrj siehe Keil und v. Premerstein, Bericht II 45 n. 84.
'ApX- 'E:pr;ix. 191 i S. 71 f. n. 6: In Z. i liest man 'ÄlIßlAS, was ich zu [X]'.[x]:3e;
ergänzen möchte. Unsicher ist Bojatzidis' AxXaj in Z. 3, wo nur die Buchstabenköpfe von
AZ erhalten sind. Zum Namen Tharsagoras dieser Inschrift vgl. Bechtel, Genethliakon
Karl Robert zum 10. März IQIO, 69 und 79.
Zu Apx- Ecp. 191 1 S. 72 n. 7 s. S. 89 A. 6.
ApX- 'E^TjfJL. 191 1 S. 72 n. 8: Ich gebe hier die Umschrift der von Bojatzidis nur ab-
gebildeten Inschrift:
v:a I ovxt | ac xai d-u \ dpip/oc^ \ 5 Kvwat'wv | XP^t^^ I ''^'^ ^^ 1 ^-^^ ! t^^"^ I '° S*'^ I
t Srjji ! pwx I X I
ApX- 'Ecprjjl. 191 1 S. 72 n. 9: Ich lese und ergänze die Inschrift folgendermaßen:
Iva] o'jv xat 6 ofj\).oz cp[atvr;xac xtiitov xa8-rj/.o6aais XLfiais
Tojfjs actous Ttov dvSp[wv Aya&Tji z\)yrf.- xr;V jSouXyjv
xad xo]v 5y;i.iov ETraiveaai [xöv Ssiva äpsxfy? evexev xal
£üvoia]s xa: ax£9avw<i)aa: [aüxöv xpwawi axscpavwt xx: äv-
5 a^Y^-^'*]' ^^ ■^^^S aywaiv Tiäa[LV xövSe xöv axscpavov xr;v
£7xt|.t£X]£tav 7io'.ou|.i£VWV xö)[v xax' EV'.Ä'jxov axpxxrjywv
vqi TO>.£(i)s- ä]vxYpx'|ia: Si xal [ei; axTjXr^v J.tö'tvriv xaüxr^v
xrjv (ivSpayaS-fjav xal ax^aat ev [x^t ayopät xfjs jxöXew?- xö
§£ ävaÄ(i)[j.a 36[xü) £fs toSe x[ö tpYftaixa 5 xaciAia? änö xiöv Tipo;-
10 öStüv xwv xfjs 7i6a]£w[s.
Z. 8. Vom ersten a ist der größere Teil der rechten Hälfte erhalten.
'ApX' 'Ecprjji. 191 1 S. 74 n. 15: Ich möchte zu dieser Inschrift bemerken, daß in der von
Bojatzidis gegebenen Abbildung des Steines der linke Teil mit den Anfangsbuchstaben der
drei Zeilen anscheinend durch ein Versehen abgeschnitten worden ist, da der Stein rechts
und links Rand zeigt. Das Alter der Buchstaben läßt sich hier nicht mit Sicherheit bemessen,
da wir mit dem weichen Glimmerschiefer, in den sich gezierte Buchstaben schlecht einhauen
lassen, zu rechnen haben. Ich glaube, daß mit dem fünften Jahrhundert v. Chr. zu hoch ge-
griffen ist. Am Anfange von Z. 2 halte ich das N-förmige Zeichen für einen zufälligen Riß, wie
auch am Ende von Z. 3 den schrägen Strich. Zum Vatersnamen der auf .Andros verstorbenen
i6i
Naxierin Minne vgl. auch 'Ep^etVj oder 'Ep^lVjS bei Herodot VI 98. Zu Doppelkonsonanz in
Na^^tTj vgl. Wilhelm, Beiträge 170 n. 147; Jakobsohn, Hermes XXXXV 67 ff., löl ff., ig8 ff.
'ApX- 'Ecprjti. 191 I S. 74 n. 16: OY ist in Z. l nicht zu lesen. Die Ergänzungen Niko-
m[edes und Üek[i()S sind nicht die einzig möglichen.
'ApX. 'Ecpr;j-l. 191 1 S. 74 n. 20: In Z. I liest man APH, in Z. 2 lANA. Vor I sind noch
die Reste eines A oder A zu sehen. In Z. 3 sind nur die Buchstabenköpfe von lOY deutlich
zu erkennen. Vor O ist ein T unmöglich. Der Buchstabe nach Y kann M oder N sein,
nachher sind mit Wahrscheinlichkeit die Reste eines E, sicher nicht die eines O zu lesen.
Die Buchstabengröße 0'03™ gilt für das Wort APTE, welches von den anderen 0"0I5" hohen
Buchstaben durch einen 0*05 '" freien Raum getrennt ist.
'Ap)(. 'EcprjjJl. 191 1 S. 74 f. n. 21: In Z. 7 kann nur ZTH gestanden haben, da hernach
unbeschriebene Fläche vorhanden ist.
'Apx- 'Ecprjti. 191 1 S. 75 n. 23: Der letzte Buchstabe ist nicht als H gesichert. Von ihm
ist bloß eine vertikale Hasta zu sehen und in einiger Entfernung ist deutlich ein Punkt zu
erkennen. Vgl. "Hpwa TtpocpüXaxa in Pergamon bei Hepding, .'Vth. Mitt. XXXV 1910 S. 472
n. 58 und 1907 S. 326 n. 57.
Ap)'.'EcpT;[.i. 191 1 S. 75n. 24:InZ. iund2 lese ich 'Ap]t£[it5[wpx]JIr;Voy£VO'j| Mr/vojysvou.
'Ap/. 'EcprjtA. 191 1 S. 75 n. 25: Ich lese wie folgt:
Aa(j,oDvos «l'iXaJSeX^ou.
LzZby^a.1 igt [iouXst xaJ xwt STj]tiwc- STtstor] Aä|xoJv $t-
Xa5£X'.poi) dvTjp xa^öc; xaö] ayaÖ'ö? wv eiivouj ijrtäp[)(£t
Torg Avoptots xaE löjv 'laO'j-iJt'wv vcxr^aa? töv dywva
5 — — — — — — — — — aJidStov £aT£cpdvtox£v
TTjV TfjfiE'clpav TioXiv xat i6]y Sfjuov £tx6vt xaXxet
ÄTiö r^s vt'xTjs x]^; iwv 'laS-iit'wv — - — —
Der Vatersname <I>daO£)vCpou scheint in Z. 1 sichergestellt: Vor den Buchstaben
AEA())OY, von denen der größere untere Teil erhalten ist, befindet sich in gewöhnlichem
Abstand ein Zierhäckchen mit einem Stück einer schräg ansteigenden Haste.
In Z. 4 ist der erste erhaltene Buchstabe kein T, sondern C. Am Ende von Z. 5 ist
die Fläche 0'04™ bis zum Rand unbeschrieben, in Z. 6 ist 0'02'° radierte, dann o"03'"
unbeschriebene Fläche. In Z. 7 ist der größere obere Teil der Buchstaben erhalten. Bei
TÖV ist noch ein Ape.x des Cl zu erkennen. Da oben von einem Sieg in einem Agon und vom
Stadion die Rede war, ist es näherliegend, an einen Sieg bei den isthmischen Spielen als an
das unmögliche TÖV ta^(.itov (müßte doch wohl xo foil-jAWV oder TÖv taö-jidv heißen) zu denken.
Ap/. 'E^rjti. 191 1 S. 75 n. 26: Oberhalb des Namens KXaüSiO? 'AvTtyovo; sind noch
Buchstabenenden zu sehen, die gut zum Namen Ttßr;pto? passen. Tiberios Klaudios Antigonos
wird wegen seiner Verdienste um die Römer das römische Bürgerrecht erhalten und zum
Danke dafür vielleicht dem Kaiser ein Standbild errichtet haben. Vgl. die Basis des Tiberios
Klaudios, Sohn des Menandros, bei Keil, Jahreshefte XIV 191 l Beiblatt 55 n. 6.
Zu Rom. Mitt. XXV 1910 S. 263 ff. siehe S. 94.
Sauciuc, Andros,
Namen- und Sachregister
Abasltantos, Andrier 97, 155 f.
Adeimantos, atheii. Feldherr 66
AdramylteioTi 2 Anm. I, 89, 107,
'47 ff-
Adrasteia, Gottheit 121
Adulis, Inschrift von 82
Aegina 55, 65, 71, 84, ägineti-
scher Münzfuß auf Andros 57
Aegypten, Einfluß der ägyptischen
Seeherrsehaft über die Kykla-
den 53, Oberherrschaft der
Ägypter über Andros 123
Agathokles, athen. Arehon 75
Agone auf Andros 125
ä-fMvoS-STaiv 125
Agora, Aufstellung einer Inschrift
auf der 128
M. Vipsanius Agrippa 90
Agrippina, die ältere 91
Aiakides 97, 155 f-
Aigospotamoi, Schlacht von 69
Akanthos, Kolonie von Andros 56
Akesimbrotos, rhodischer Nan-
arch 85
Akratos, Sendbote Neros 91
Akropolis von Andros 10 ff.
Akroterion, Löwe als — eines
Grabbezirkes 16
Alexander der Große 78
Alexander von Pherae 75
Alkibiades' Rückkehr nach Athen
65, Abfahrt gegen Andros 67 f.
Aktium, Schlacht bei 90
äXijiia-a 136
Alphabetgruppe von Andros 56,
— Inschrift 145
Aloe 8
Alt-Andros 8 flf.
Altar 24
Amechania 60
Ammon 124
Amphiaraia in Oropos 96
Amphiktyonie von Delos 71 ff.
äiicpoSo; :^ 125
Amphoren auf Münzen von An-
dros 57
Amphoteros, Befehlshaber Ale-
xanders des Großen 79
Ananke 59
Andeira, Stadt in der Troas
2 Anm. I
Andreus, Gründer des andrischen
Reiches i Anm. i, jo
Andreus, Thessaler 54
Andria, Ort in Elis 2 Anm. 1,
in Makedonien 2 Anm. I, in
Phrygien 2 Anm. I
Andrias, Mannsname 2 Anm. 1
Andrieus, Herrscher von Andros
I Anm. I
Andros, Name der Insel I, See-
schlacht bei — 82
Andros (Heros) i Anm. I, 3, 55
Anios, Sohn des . Andros 3,
54 f.
Anphis, Koraödiendichter 8, 95
Antandros 2 f., 54
Anthos, Gn. Kornelios 144
Antigonos von Makedonien 79
Antigonos Gonatas 82
Antigonos Doson 82
Antiochos III. von Syrien 83, 85,
132
M. Aurelius Antoninus 92
M. Aurelius Antoninus (Caracalla)
94
T. Aelius Hadrianus Antoninus
Pins 92 f.
M. Antonius 90
Antrag, Recht zu Anträgen in der
Volksversammlung 100
Apaturien 116
Apaturios 116
ä7:sX£'J8-Epot IIO
Aphobetos, Timokrates' Sohn, aus
Andros 87
Aphrodite, Statuetten der 43 f.
Aphthonetos, Sohn des Juliades,
Andrier 91
Apollo, Kult des 55, 113, 114 ß.
— Patroos 97, 115, 117
— Tempeides 20, 102 f., 114, 128
Apollines, Statue im Typus der
sogenannten 42
L. Apustius, röm. Legat. 84
Aratos 81
Archedemos, athen. Beamter 75
(xpXiEpsöj 126
Architekturreste 19 ff.
Architrav 22, 24
Archonten auf Andros 103
Argilus, Kolonie der Andrier 56
Argonautensage 53
Aristaichmos,andrischer. Sieger bei
den Amphiaraia in Oropos 96
Aristagoras, Tyrann v. Milet 58
Aristokiates, athen. Feldherr 66
'Aptaxos 126, 128
Artaphernes, persischer Satrap 58
Artemidoros, Menodotos' .Sohn,
Arzt 88, 108
i63
Artemidoros, aiidrischer Archon
136
Artemis, Statue der 44 f.
— Kult der 118; ephesische lig
Artemision, andrischer Monats-
name 118
Asia, Provinz 88
Asiana, Diözese 94
Astakos III
Asylie, Recht der log
Athena, Kult der 117
— Tauropolos 21, 54> •'/
A. Atilius, Befehlshaber der röm.
Flotte 86
Attaliden 83ff.; 104, 121, 132 f.,
137
Gn. Aufidius, Propraetor in Asien
89, 150
Aufstellung der Volksbeschlüsse
102
Aufzeichnung der Volksbeschlüsse
102 f.
Augustus 90
L. Domitius Aurelianus 94
M. Aurelius Skymnos, andr. Ste-
phanephor 126
Avillius Flaccus, Statthalter von
Ägypten 91
Bacchios, eponyraer Stephanephor
auf Andros 126
Badeanlage in Gaurion 28 f.
— an der Bucht Tarsanas auf
Andros 27
Basis 22, 23, 29
Beamten von Andros 103 IT.
Beisassen 100, 109
Bewohner, die ältesten 50 ff.
Bevölkerung 8
Böotien, Beziehungen von Andros
zu 53 f.
Bronzemaske 46
Bukranion 24, 113
Bulaia Hestia, Kult der 117
Bule 89, 99
Buleuten 93
Buleuterion 91
Bundesgenossenkrieg 75 f.
Gaius Caesar Caligula 91
Caesar 90
Caesar (Augustus) 90
Chabrias, athen. Feldherr 71
Chairondas, athen. Arch. 77
Chalkis, Streit zwischen — und
Andros 56 f., Verwüstung der
Acker von — durch die Per-
gamener 85
Charinos, athen. Archon 79
Cherrones 63
Chios 79
Commodus, röm. Kaiser 92
Dämon, Sohn des Philadelphos,
aus Andros, Sieger bei den
Isthmien 96
5si7tviäiov x6 137
Dekaproten 89, 93, 108
Delion 84 f.
Delos 6, 54, 96, 114 f.
Delphi 114
Demeter, Kult der 117
Demetrios Poliorkeles 79
57)|noup-foi, eponyme Beamte von
Rhodos 90
Demokratie 89, 98
Demos 98
Demoteles, Aischylos' Sohn, Dich-
ter aus Andros 95 f.
Demothoinia 125 f.
5'.a8iKdCi(0 1 5 I
äia9-v)XYj :^ 155
Dikaiarchos, Feldherr Philipps V.
von Makedonien 83
äinai TtpöStxot 109 f.
äixaaxal änb x^j 5=vrj; 89, 150 ff.
StoixYjoi;, f) xoivv) 107
Diogenes, Stifter der Badeanstalt
in Gaurion 145
Diokletian 94
Diomilos, Flüchtling aus Andros 64
AiQvüaia xa 112
Dionysios, Sohn des Orthon, aus
Andros 87
Dionysios, F.pigramnidicliter aus
Andros 96
Dionysos, Kult des 55, iio fi'.
— Altar des 1 13
— Kopf aus Marmor 1 13 Anm. 16
Dionysos, Quelle des 36
— Tempel des lio ff.
Dorieus, Rhodier 69
Drakonlides, Amphoteros Sohn,
aus Andros 77
Dreifuß auf Metope 24, 113, auf
Münzen 113
Dromon, Sohn des Phanoslhenes
aus Babylonien 87
Egnatia Maximilla 91
Ehrendekrete auf Andros 102, 128
Ehreninschriften 98, 100
Eixooxa xa 125
Ekklesia 89, 98 f.
iXaßoaav 132
'EXX7)VLX0 xö 18, 28, 36
Epagris, Name von Andros 4
Epidauros 77
STJtxscpaXcov xö 93
Epistylblock 22
Eretria 57 f., 65
F.ros-Thanatos 26, 42
Euboea, Beziehungen von Andros
zu 5, 57. 65
Eurylochos 53
Exedra 135 ff.
Falzartige Abarbeitung 13
Faustina, die jüngere 92
Finanzbehörde auf Andros 107 f.
Festgesandte 125, 139
T. Quinctius Flamininus, röm.
Feldherr 85
Flora von Andros 7 f.
Frauengestalten, thronende 45
Fremdenbevölkerung 109
Füllmauer 13
Fuß einer Bank 23
FuRgegiras einer "Wand 23
P. Sulpicius Galbn, röm. Feld-
herr 84
P. Glitius Gallus 91
Gaurion, Haf'-^n von Andros 6,
27 ff., 66 f., 84
Gebälkstücke 21, 24
21*
164
Geburtstag des Herrschers 87, 137
Geisonstiicke 22, 37
üeldwährung, Zahlung des Phoros
in einlieimischer bezw. att. eub.
61 Anm. 9
Geldwert 64
Geraistos, Kap auf Euboea 5
Geschlechter, Anordnung der Be-
völkerung nach — n 97
P. Septimius Geta 92, 94, 119
Giebelstücke 37
Grabanlage 15 ff., 38
Grabmal, aedikulaförmiges 16
Grabreliefe 17, 38 ff.
Grabschrift, metrische 143, 155 f.
Grabsirene 24
Grabsteine 15, 38 ff.
-f(>a|ji|iaxa, Svuiöata 102, 106
-(•pa[i|ia-s'j; -c^s PouXf/; 105 f.
— ßouÄ^; xai 5r/|isu 106
— ö xaxi TcpuxavEiav 105 f.
— XB)v Ttpuxavsiav 105
— xüv axpaxrjfräv 105
"[•pap.(j.axoSiäaaxaXc(S 108
Grenzmarken 19
Größe der Insel 6
Grundbesitz, Recht auf 109, 128
Gyaros, Insel 6, 90
Gymnasiarchos 87, 108, 133 ff.
Gymnasion auf Andres 21, 87,
133 ff
Hadrian 92 1., 122
Hafendamm von Andros 10
Hausbesitz, Recht auf 109, 128
Hegelochos, Befehlshaber Alexan-
ders des Großen 79
Hegesandros, Athener 75
Hegesias, Sohn des Stesagoras,
Andrier 77
Hekate, Kult der 121
Herakles, Kult des 120, Opfer
an — 137
Hermes, Statue des 21, 119 f.,
Opfer an 137
Hermias, Nesiarch des Ptolemaios
Philadelphos 80
Herrscherkult 121
Hestia, Kult der 117
Hieronymos, Wettkämpfer aus
Andros 96
Hieropoioi in Delos 80
Hydrusa, Name von Andros 4
iaxpog 6 109
tEpa xd, erster Punkt der Tages-
ordnung in der Volksversamm-
lung auf Andros 99
Insulae, Provinz 94
lonier auf Andros 53
Iphikrates, Sohn des Isochrysos,
andrischer Schreiber 89, 107
Isis, Kult der 80, 122 ff.
— Hymnos 122 ff'.
Isthmien 96, 159.
Julia, Tochter des Augustus 90
Kantharos auf Münzen 112
Karer auf den Kykladen 50 f.
Kallimachos 3
Kaphereus 6 Anm. 3
Kapitell, dorisches 20, 22, 29
— korinthisches 25
— korinthisches Drei%iertel- 23
— ■ christliches 29, 37
— Volute eines ionischen — s 24
Karystier 5g, 63 Anm. 17, 65
Kassander von Makedonien 79
xaxaXuxvEÜM 136
xaxaxo(iij 14 ff.
Kaüxag 146
Kaunos, Stadt in Karlen 2 f.
Kauros, Name der Insel Andros 2
Keos 4, 6, 64, 71, 77
Keramik von Andros 46 ft'.
Klammern 21, 23
Kleruchen auf Andros 61 f.
Knidos, Schlacht bei 70
xoivov, TÖ — xtöv vi)ai(üxä)v 79 f., 83
Kolonisation, von Andros ausge-
hende 56 f.
Königsfriede, der 70
Konon, athen. Feldherr 68 f.
Köre, Kult der 1 17
Korinth 90
Korinthische Föderalion 78
Kreta 59, 87
xpLxvip'.a xa 151 ff.
Kroton 62 f.
xxtaxYi; x'^; ciy.ounevrj; 122
Kultbetrieb auf Andros 124 ff.
Kultliche Beziehungen 54
Kybele, Kult der 122, Darstel-
lungen der — 122
Kykladenkultur 49 f.
Kynaithos 53
Kynoskephalai, Schlacht bei 85
Kythnos 84
Lampen 37
Lanzenspitze 37, 50 Anm. 2
Lasia, Name von Andros 3
Aäxioi ol 153
Leibeigene lio
Leleger 50
Lenaeen III
LeukoUa, Schlacht bei 81 A. 24
Leukothoe Mutter des Thersanon
Lilie in spätem Relief 37
Logistes 108
Löwe von Grabbezirk 16
Lykier 85, 132 f.
Lysander, der Spartaner 70
XuaixöXyjs 136
Aüxxioi Ol 154
Makedonischer Krieg, Zweiler 85
Markiane Sebaste 91
Marcus Publius von Androsgi, 14T
Marmorbruch, antiker 19, 25 ff.,
28, 35
Marmorgefäß mit Inschrift 14;
|ia9-7)xa£ oE 136
Melanthos, Kult des 116 f.
Men, Kult des 122
Menekrates, Simons Sohn, andri-
scher Priester 126
Met.alle auf Andros 8
Meter, Kult der 122
Metopen, Triglyphenfries eines
Altars 24, 113
Milesier 63 Anm. 17
Minos von Kreta 50 f., 5;;
[iCo^'toais ^ 99
Mithras, Kult des 19, 94, 1^4
i65
Mosaikfußboden 29
Münzen von Andres 29, 37, 77,
79. 91 f-> "2, 114
Münzlegende 56
Myndos 79, 90
Myrsilos I, 4, 52
Mysterienfeier, eleusinische 68
Naislios, Grabmal mit 17
Name der Insel Andres i
Namengebung 113 f., n6, 118,
122, 124
Naxos 58, 63, 71, 74, 90, III
Nemesis, Kult der 121
Nero gl
Nikes, andriseber Archon 146
vo|J.iy.ös 10 1 Anm. 7
v6|J.ot 100 f.
Nonagria, Name von Andres 4
Nympben, Kult der 40, 120
Oinolropoi 54
Oligarchie in Andros 65 f., 98
Olympios, Beiname Hadrians 93,
122
Onomarchos, Sophist aus Andros
96
Opfer 126
Orchamos, Vater der LeuUolboe
53
'OpS-mv, Andrier 113
Panegyreis auf Andros 125
Pantherkopf, marmorner 38
Panther auf Münzen 113
Faros 84, 90
Pausanias, Andrier 87
Paviment, Gebäude — 37
Peisandros, der alhen. Oligarch
65
Peitho 59
Pelasger auf Andros 3, 37,
51 f-
Pelike 47
Penia 60
Pergamon 84, 88
Perser 58 flt.
Pfeilerfigur 26
Phanosthenes, athen. Feldherr 69
Phanylos, Phanylos' Sohn 138
Pharnabazos, Perser 70, 78
Pheidippos 55
Pheidon aus Argos 55
Philadelpheia 132
Philipp V. von Makedonien 83
Philippi, Schlacht bei 90
Philistion, andr. Künstler 77
Philokles, athen. Feldherr 69 f.
Pholegandros 2 Anm. I
Phöniker 50, 52
Phoros 61
Phratrien 97 f.
Phylen 97 f.
Piraieus 84
Piraten 34
Plinthe mit Fußresten 46
■KoXi^ fl 100
Politieverleihurgen 97, 100, 103,
109
PoUis, laked. Nauarch 71
Polyrrhenioi 155
Pompe 135
Porta 1 9
Poseidon 40, 87
nöTOj 144
Praeskript loi f.
Praetor 88
Praetorianer auf Andros 94
Praxiteles, äf aXp.aT07toi6j aus
Andros 96
Priester 99, 105, 125 f., 13 1
Prokies, Sohn des Lykastides,
Ringerknabe aus Andros 96
Prokonsul 88
Propraetor 88
Tipoa'^oXai al 66.
TipöaoSoi at zfji tioXsm; 107
Kpöaoäo; Tipo; xy]v PouXtjv xai tov
8:^|iov 109
7ipoaq;arjs 157
Proxenieverleihungen 100, 103,
127
TipröTo; 126
Prytaneion II7
Prytaneis 99
Psephisma 100
Ptolemaier 79, 83, 123
TiaXic, fj 136
Pyrgos, Turm 10 ff., 36
Pythion 115
Rhadamanthys 50
Rhodos 83 f, 90
Röhren, tönerne 14
Rom 84, 88 iT.
S.alamis, .Schlacht bei 5g
Salamis auf Kypern 80
Sane von Andriern besiedelt 56
Sanktionsformel in andr. Dekreten
loi
Sarkophag, Granit- 15; Fragment
26, 41
Säule 22, 2g, 36
Schatzhaus der Andrier auf Delos
74, 80, 81, 115
Seebund, I. athen. 60 f.; — II.
athen. 70 ff.
Septimius Severus 19, 92, 94
Sikyon 81
Silen, Kult des 1 13 Anm. 15 u. 16
Siphnos 79
Sizilische Expedition 64
Sklaven IIO
Skulpturreste 19 ff., 24 ff.
Skyllias, Andrier 74 Anm. 62
Skyllaeum 84
Sol, Kult des 53
Somis, Künstler 96
Sosineos 41
Sosisthenes, delischer Archon 80
Soter, Beiname Hadrians 122
Sparta 66, 78
Staatssiegel 10 1
Stagiros von Andriern besiedelt 56
Statuenfragmente, 21, 24, 25, 28,
37. 42 f; 45 f-
Statuetten 25, 26
Stephanephoros 126
Stesileos, delischer Arclion 82
Stomios, Bildhauer 96
Stratege 100, 103 ff., 108, 125, 140
Stratonike 80
axpoü9-iov TÖ 8
Sybaris 62 f.
i66
aujiTcoatov
Syros 6
-i 135. '37
za.[üaz 6, oi 107 f.
Tenos 4 f., 6, 59, 64 f., 87, 90
Teos 111
Terrassenmauern 18 f.
Terrakottafiguren 46, 113 Anm.
16, 117 Anm. 35
Theater auf Andros 21, 112
Thelpon Heros 157
Themistokles, der Athener 59 f.
— athen. Archon 77
Theodaisia Ulf.
Theodosia 1 1 1
8-Eoi xaxax.3'6''toi 121
Theophilos, athen. Archon 77
Thermopylen, Schlacht bei den 86
Thersanon aus Andros, Teilneh-
mer am Argonautenzug 53
Thraker auf Andros 52
Thrakien 63
Thymbra 85 f., 132 ff.
Thyrsos auf Münzen 113
Timarchos, Amtmann auf Andros
Timokritos, Sohn des Soldes, an-
drischer Richter 89, 107
Thimotbeos, athen.Feldherr7i, 74
Tisamenos, Wettkämpfer aus Elis
96
Toposin Schriften 21, 142
Totenmahlrelief 41
Traian gl
Traube auf Münzen von Andros
113
Tribut der Andrier 61, 63 ff., 89
Triglyphon 24 f., 113
Troia 54 f.
Trozen 77
Turm, antiker 29 ff., 36
Ulpia Severina Augusta 94
Vasen 37
Verbannungsort, Andros als 90
L. Verus 92
Verfassung von Andros 97 ff.
Verwaltung 97 ff.
Publius Vinicius, Proconsul von
Asien 88, 90
Volkbeschlüsse gg, 101
Wasserreichtum der Insel der An-
drier 8
Weinkultur auf Andros 7
Weinquelle HO f.
Zeus, Kult des 1 16
Zeus Meillchios, Inschrift des 24,
116
Zinsfuß 74
Zinsrückstände der Andrier 74.
Abbildungen.
Seite
I: Neu-Andros* I
2: Neu-Andros* 5
3: ÜbersichtsUarte von Andros 7
4: Kap Katergo 9
5: Kap Dliialiophti 10
6: Plan des Gebietes der alten Stadt ... II
7: Befestigungsturm auf der Akropolis ... 12
8: Die Akropolis von Andros 12
9: Stadtmauer von Andros 13
10: Falzartige Bearbeitung der Mauerecken . 13
II: Stadtmauer von Andros 14
12: Granitsarkophag 14
13: Giebelstück einer Grabstele 14
14: Terrassenmauer 15
15: Torso eines Löwen 16
16: Basis eines Grabdenkmals 16
17: Grabrelief 17
18: Die Porta 18
19: Terrassenmauer 20
20: Dorisches Kapitell 21
21: Dorisches Kapitell 22
22: Ionische Basis 22
23: Byzantinischer Epistylblock 22
24 : Profilierte Platte 23
25: Bankfuß 23
26: Gesimsplatte 23
27(16: Triglyphengebälk 23
28: Grabsirene 24
29: Unterteil einer weiblichen Gewandstatue . 24
30: Unterteil einer weiblichen Gewandstatue . 24
31: Triglyphon 25
32 ab: Männlicher Torso 25
Seite
33: Sarkophagbruchstück 26
34: Der Hafen von Gaurion 27
35: Gaurion* 28
36: Unterteil einer weiblichen Gewandstatue . 29
37: HaXa'.öv XouTpov in Gaurion 30
38: Der Turm von Hagios Petros* 31
39: Tür des Turmes von Hagios Petros* . . 32
40: Inneres des Turmes von Hagios Petros* . 33
41: Marmorbruch „'H nsXsxrjTr," 35
42: Marmorbrüche von Kato-Phello 36
43: Gmbstein 38
44: Grabstein 38
45: Bruchstück eines Grabsteines 39
46: Grabstein 40
47: Grabstein 40
48: Grabstein 41
4g: Reliefbruchstück 42
50: Sarkophagfragment 42
^l ab: Männlicher Torso 42
52: Bruchstück einer Statue 43
53: Statuette der Aphrodite 43
54: Statuette der Aphrodite 43
55 ab: Torso einer Artemisstatuette 44
56: Statuette der Artemis im Palazzo Rospigliosi 45
57: Statuenfragment 46
58: Tongefäße im Museum von Andros ... 47
59: Tongefäße im Museum von Andros ... 47
60: Münze von Andros 48
61: Paläopolis* 49
62: Münze von Andros 57
63: Münze von Andros 96
64: Inschrift des epigraphischeu Anhanges n. I 127
* Die mit einem Sternchen versehenen Abbildungen sind nach Photographien des kais. deutschen
archäol. Institutes in Athen angefertigt.
i68
Seite '
65 : Inschrift n. 2 129 I 71
66: Inschrift n. 3 130 1 72
67: Inschrift n. 5 138 ' 73
68: Inschrift n.6ab 138 ' 74
6g: Inschrift n. 7 13g 75
70: Inschrift n. 8 140 | 76
Seite
Inschrift n. g 141
Inschrift n. 10 141
Inschrift n. 14 143
Inschrift n. 20 145
Inschrift IG XII 5, 719 147
Inschrift IG XII 5, 723 154
Inhalt.
Seite
Vorwort I
I. Geographische und topographische Ver-
hältnisse der Insel i — 48
Name der Insel I — 4
Die geographischen Verhältnisse der Insel 5 — 8
Überreste der antiken Hauptstadt Andros 8 — 26
Sonstige Funde undReste antiker Nieder-
lassungen 27 — 48
IT. Geschichte von Andros 49 — 96
Von den ältesten Zeiten bis zu den
Perserkriegen 49 — 58 ,
Seite
Von den Perserkriegen bis zur Schlacht
bei Chaironeia 58 — 77
Andros in hellenistischer Zeit . . . 77 — 88
Andros unter den Römern 88 — 96
III. Staatliche und religiöse Einrichtungen
der Insel 97 — 126
Verfassung und Verwaltung .... g7 — iio
Die religiösen Einrichtungen .... iio — 126
IV. Epigraphischer Anhang 127 — 161
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DF Sauciuc, Theophil
261 Andres
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