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Full text of "Andros; Untersuchungen zur Geschichte und Topographie der Insel"

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THEOPHIL  SAUCIUC 


AN  D  R  0  S 


/\  l-fV*Ci^      T— Tr^l/n<:n-  ^-  "    ^-  Hof-  und  Universitäts-Buchhändler  «.^       xA/l^n 

/T-lllCU.      nUlU-Cl        Buchhändler  der  Kaiserlichen  Akademie  der  Wissenschaften      1>1        VV  ICH. 

Sonderschriften  des  Osterreichischen 
archäologischen  Institutes  in  Wien. 

Band      1.   Kleinasiatische  Münzen.   Von  F.  Imhoof-Blumer.  Band  I.  Mit  g  Tafeln  in  Licht- 
druck.  Geh.  K  42. —  =  M.    36. — 

„        II.   Ära  Pacis  Augustae.  Von  Engen  Petersen.  Mit  Zeichnungen  von  George  Niemann. 
8   Lichtdruclvtafeln   in   besonderem   Bande   und    60   Abbildungen   im   Texte. 
Geb.  K  28.—  =  M.   24.— 

,,  III.  Kleinasiatische  Münzen.  Von  F.  Imhoof-Blumer.  Band  II.  Mit  11  Tafeln  in 
Lichtdruck.   Geb.  K  42. —  =  M.    36. — 

„  IV.  Codex  Escurialensis.  Ein  Skizzenbucli  aus  der  \\  erkstatt  Domenico  Gliirlandaios. 
Unter  Mitwirkung  von  Christian  Hülsen  und  Adolf  Michaelis  herausgegeben  von 
Hermann  Egger.  137  Autotypien  in  besonderem  Bande,  3  Lichtdrucke  und 
70  Autotypien   im   Texte.   Geb.  K  45. —  =  M.   38. — 

„  V.  Kömische  Militärgrabsteine  der  Donauländer.  \'on  Harald  Hofmann.  Mit 
64   Abbildungen   im   Texte.   Geb.  K  7. —  =  M.   6. — 

„  VI.  Urkunden  dramatischer  Aufführungen  in  Athen.  Mit  einem  Beitrage  von 
Georg  Kaibel.  Herausgegeben  von  Adolf  Wilhelm.  .Mit  68  .Abbildungen  im  Texte. 
Geb."^  ^  A'   18.80  =  M.    16.— 

„  VII.  Beiträge  zur  griechischen  Inschriftenkunde.  Mit  einem  Anhange  über  die 
öffentliche  Aufzeichnung  von  Urkunden.  Von  Adolf  Wilhelm.  Mit  89  Abbildungen 
im   Texte.   Geb.  A'  42. —  =  M.   35. — 

Der  Palast  Diokletians  in  Spalato. 

Von  George  Niemann. 

Im  Auftrage  des  k.  k.  Ministeriums  für  Kultus  und  Unterricht  aufgenommen  und  beschrieben. 

Herausgegeben  vom  k.  k.  Österreichischen  archäologischen  Institut. 

23  Tafeln.  162  Textabbildungen  und  Initialen. 

Geb.  K  140.—  =  M.  120.—. 

Forschungen  in  Ephesos. 

Veröffentlicht  vom  k.  k.  Österreichischen  archäologischen  Institut. 
Band    I.  Mit  9  Tafeln  in  Heliogravüre,  einer  angehängten  Karte  und  206  Textabbildungen. 

Geb.  K  94-.—  =  M.  80.—. 
Band  II.   Mit  9  Tafeln  in  Heliogravüre,  197  Textabbildungen  und  einer  Beilage. 

Geb.  K  94.—  =  M.  80.—. 

Auswahl  archaischer  Marmorskulpturen 
im  Akropolis=Museum. 

Im  Auftrage  des  k.  k.  Österreichischen  archäologischen  Institutes  herausgegeben  von 

Hans  Schrader. 

17  Heliogravüren  in  Mappe  (Papiergröße  67x51  cm). 

Te.Kt  in  Folio    Mit  2  Tafeln   in  Farbenlichtdruck  und  62  Kupferätzungen  im  Texte. 

Geb.  Ä'  170.—  =  M.  142.—. 


SONDERSCHRIFTEN 
DES  ÖSTERREICHISCHEN  ARCHÄOLOGISCHEN  INSTITUTES   IN   WIEN 

BAND  VIII 


ANDROS 


UNTERSUCHUNGEN  ZUR  GESCHICHTE   UND  TOPOGRAPHIE 

DER   INSEL 


VON 


THEOPHIL  SAUCIUC 


MIT   77   ABBILDUNGEN   IM   TEXTE 


WIEN 
ALFRED   HOLDER 

K.  U.  K.   HOK-    UND    UNIVERSITÄTS  -  BUCHHÄNDLER 
I9I4. 


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57)58 


§46816 


Druck  von  Rudolf  M.  Rohrer  in  Brunn. 


HERRN    PROFESSOR    DR.   JULIUS    JÜTHNER 


ZUGEEIGNET 


J_Jie  vorliegende  Arbeit  will  sich  der  Reihe  monographischer  Untersuchungen 
anschließen,  wie  sie  in  letzter  Zeit  für  verschiedene  Punkte  des  Orbis  antiquus 
in  der  Absicht  geführt  worden  sind,  die  Schicksale  der  einzelnen  Mikrokosmen 
in  ihren  Beziehungen  zur  Gesamtentwicklurig  der  griechischen  Kulturwelt  dar- 
zustellen. Eine  solche  Untersuchung  dürfte  für  die  Insel  Andros  in  Hinblick  auf 
die  ihr  durch  die  natürliche  Gunst  der  Lage  zugewiesene  Rolle  eines  Bindegliedes 
zwischen  dem  griechischen  Festlande  und  der  Inselwelt  des  Archipelagus  als 
besonders  wünschenswert  erscheinen.  Als  ich  mich  ent.schloß,  dieser  Aufgabe  näher 
zu  treten,  kam  es  mir  freilich  bald  lebhaft  zum  Bewußtsein,  daß  allein  eine 
systematische  Grabung  eine  abschließende  Leistung  ermöglichen  konnte.  Aber  wenn 
ich  in  den  folgenden  Darlegungen  mich  damit  begnügen  mußte,  aus  dem  gegen- 
wärtigen topographischen  und  archäologischen  Befunde  zusammen  mit  literarischen 
und  inschriftlichen  Zeugnissen  ein  Gesamtbild  von  der  geschichtlichen  Rolle  der 
Insel  Andros  zu  gewinnen,  so  darf  ich  vielleicht  hoffen,  daß  gerade  die  Ergänzungs- 
bedürftigkeit des  Dargebotenen  vielleicht  den  Anreiz  zu  einer  sachgemäßen  Er- 
schließung des  Bodens  von  Andros  geben  werde. 

Dankbar  gedenke  ich  der  mannigfachen  Förderungen,  die  mir  von  den 
verschiedensten  Seiten  zuteil  wurden.  Daß  ich  die  Möglichkeit  eines  wiederholten 
Aufenthaltes  auf  Andros  genießen  konnte,  schulde  ich  vor  allem  der  nachhaltigen 
Unterstützung  der  vorgesetzten  Unterrichtsbehörden,  die  mir  den  erforderlichen 
Urlaub  und  die  materiellen  Mittel  gewährten.  Für  ständige  Beratung  und  Beihilfe 
bekenne  ich  mich  meinem  verehrten  Lehrer  Prof  Dr.  Julius  Jüthner,  von  dem 
auch  die  Anregung  zu  dieser  Arbeit  ausging,  verbunden,  gleichwie  Herrn  Prof. 
Dr.  Anton  R.  von  Premerstein,  der  mich  während  meines  Studienaufenthaltes  in 
Athen  mit  den  dortigen  epigraphischen  Denkmälern  vertraut  machte.  In  gleichem 


VI 

Maße  gilt  mein  Dank  Herrn  Prof.  Dr.  Adolf  Wilhelm,  der  mich  bei  der  Behandlung 
der  im  epigraphischen  Anhange  vorgelegten  Inschriften  förderte,  ferner  dem 
Sekretär  des  österreichischen  archäologischen  Institutes  Dr.  Camillo  Praschniker,  der 
von  Anbeginn  des  Druckes  mich  für  die  inhaltliche  wie  formelle  Seite  unermüdlich 
unterstützte.  Nicht  weniger  fühle  ich  mich  für  entgegenkommendes  Wohlwollen 
der  königlichen  Ephorie  in  Athen,  dem  Architekten  Herrn  Anastasios  Orlandos,  der 
mich  durch  Herstellung  der  Zeichnungen  und  mannigfache  Aufschlüsse  verband, 
und  dem  gewesenen  Musealvorstande  in  Andros  Prof.  Johann  Ivonstantinos  Bojatzidis 
dankbar  verpflichtet. 

Czernowitz.  THEOPHIL  SAUCIUC 


I :   Neu-Andros. 


I.  Geographische  und  topographische  Verhältnisse  der  Insel. 

Name  der  Insel. 

Was  den  Namen  der  Insel  betrifft,  so  ist  „Andres"  die  im  Altertum  durch- 
aus gewöhnliche  Benennung,  über  deren  Ableitung  nichts  Sicheres  ermittelt 
worden  ist^). 

Doch  sind  uns  durch  Plinius,  N.  h.  IV  65,  auch  andere  Namen  überliefert. 
Er  führt  Myrsilos,  einen  von  den  Geschichtschreibern,  die  gegen  Ende  des  dritten 
Jahrhunderts  v.  Chr.  nach  dem  Muster  der  Atthiden  zahlreiche  Spezialschriften  über 


')  Die  Alten  lösen  die  etymologische  Frage  in 
der  geläufigen  Weise,  indem  sie  den  Namen  der 
Insel  mit  einem  Heros  und  Gründer  gleichen  Namens 
in  Verbindung  bringen.  Die  Form  des  Namens  ist 
dabei  keine  einheitliche:  Bei  Pausanias  X  13,  4 
heißt  der  Gründer  des  andrischen  Reiches,  dessen 
Statue  in  Thorax  und  Chlamys  die  Andrier  in  Delphi 
aufgestellt    halten,    nach    der   Angabe   der   Delphier 

Sauciuc,  Andros. 


Andreus.  Ebenso  heißt  der  eponyme  Heros  und 
Herrscher  von  Andros,  einer  der  vielen  Unterfeld- 
herrendes Rhadamantliys.bei  DiodorV79,2und  in  den 
Schol.  Vergil  Aen.  HI  80.  Bei  Stephanus  von  Byzanz 
s.  V.  Andros  ist  auch  die  Form  And'rieus  überliefert. 
Bei  Konon  narr.  41  (Becker,  Photii  Bibl.  p.  13g  a) 
und  Ovid,  Met.  XIII  649  heißt  der  Heros  der  Insel 
Andros,  ebenso  auch  bei  Stephan,  v.  Byz.   und  bei 

I 


Landschaften  und  Städte  verfafJten 2),  als  Gewährsmann  dafür  an,  daß  Andres 
erst  Cauros  —  Gauron')  bieten  die  Handschriften  UR  — ,  hernach  Antandros 
geheißen  habe.  Ein  Ort  namens  Cauros  ist  sonst  nicht  bekannt.  Bei  Stephanus 
(Thesaurus  linguae  Graecae  IV  1383  KaOpo;  6)  sind  die  Belege  dafür  angeführt, 
daß  xaupog  mit  v.oi.v.b(i,  malus,  improbus  gleichbedeutend  wäre;  siehe  ebenda  auch 
unter  Kaövo;  %  das  als  Oxytonon  von  Hesych  ebenfalls  durch  xax6s,  axXrjpos  erklärt 
wird.  Somit  scheinen  xaöpo;  und  xaövo?  gleichbedeutende  Ableitungen  von  derselben 
Wurzel  zu  sein.  Kaunos  hieß  nun  auch  eine  Stadt  im  südlichen  Karlen,  die  in  der 
Geschichte  eine  wichtige  Rolle  gespielt  hat*),  und  dieser  Name  wiederholt  sich  in 
Kreta  (wahrscheinlich   in   dessen    östlichem   Teile)  und    in    Lykien').     Wenn    man 


Eustath.  Com.  526  (C.  Müller,  Geogr.  Gr.  min.  II 
319  Z.  31).  Vgl.  auch  die  Etymologie  von  Antandros 
bei  Konon  a.  a.  O.  und  Pomponius  Mela  I  18.  Fick, 
Vorgriechische  Ortsnamen  60  möchte  den  gräzisierten 
Namen  Andros  mit  Andeira  in  der  Troas  und  mit 
Antandros  (ÄEXifCüv  TtoXtg  nach  Alkaios  bei  Strabo 
XIII  606)  zusammenbringen;  vgl.  ebenda  II 6;  Hiller 
V.  Gaertringen  IG  XII  5,  p.  XXXII.  Siehe  auch 
Karl  Fr.  W.  .Schmidt,  Berliner  philolog.  Wochen- 
schrift 191 1  n.  17,  S.  525  Anm.  2,  wo  die  von 
Kannengießer  (Ist  das  Etruskische  eine  hettitische 
Sprache?  I.  Über  das  v9-- Suffix  im  Etruskischen  und 
im  Griechischen,  Programm  des  Gymnasiums  zu  Gel- 
senkirchen 1908)  aufgestellte  Annahme,  daß  Phole- 
gandros  aus  *Pholegandos  „gräzisiert"  sei,  als  un- 
haltbar bezeichnet  wird;  vgl.  Bethe.Rhein.  Mus.  LXV, 
1910,  213.  Siehe  auch  die  Deutung  des  Namens  Adra- 
rayteion  bei  Kretschmer,  Einleitung  in  die  Geschichte 
der  griech.  Sprache  390.  Den  gleichen  Stamm  wie 
der  Name  unserer  Insel  zeigt  der  Name  Andria,  der 
für  einen  Ort  in  Phrygien  bei  Plin.  n.  h.  V  145 
(vgl.  Hirschfeld,  Pauly-Wissowa  RE  I  2122  s.v.  An- 
deira n.  2),  in  Makedonien  durch  Phileas  sv  jisptiiXots 
und  in  Elis  durch  Teupalos'  "HXEiaxa  bei  Steph.  v. 
Byz.  s.  V.  Andria  bezeugt  ist  (danach  der  Bürger 
Aväpisü;).  Auch  der  häufig  vorkommende  Mannsname 
'AvSpiag,  gen.  'Av5p(a,  wird  bei  der  Lösung  der  Frage 
berücksichtigt  weiden  müssen  (vgl.  Ptolera.  5,  4,  7). 
Bei  Plutarch,  Aratos  1 2  hat  Palmerius  statt  des  in 
jenem  Zusammenhange  ganz  unverständlichen  x^j 
'Adpias  sehr  wahrscheinlich  -vfjC,  !iväptas  (sc.  -f^g 
oder  xtüpag)  vermutet,  das  hier  statt  des  sonst  üblichen 
zyjC,  "AvSpou  stünde.  Auf  diese  Nachricht  komme  ich 
an  einer  anderen  Stelle  ausführlicher  zu  sprechen, 
doch  sei  schon  gleich  hier  bemerkt,    daß    die   Form 


x^S  'Aväpiaj,  von  der  Gaetano  de  Saudis  (Klio 
IX  1909  S.  6  Anm.  2)  behauptet:  „e  veramente  forma 
un  po'  strana"  nicht  so  sonderbar  ist.  Das  Ethnikon 
iog  bezeichnet  hier  das  Landgebiet  der  Stadtgemeinde 
Andros  und  f)  'Avdpia  kann  nicht  als  Name  der 
Insel  gelten.  Ich  weise  nur  daraufhin,  daß  Xenophon 
I  4,  22  sich  in  gleicher  Weise  ausdrückt;  ÜJ.xt- 
ßiaär;;  5s  ävispipaas  TÖ  axpaxsuiia  xfjg  Av5ptcc;  X"»?«; 
£'.S  raüpiov,  und  Miliarakis  (Kykladika  269  Anm.  2l) 
verweist  auch  auf  Antigonos  v.  Karystos,  'laxopKöv 
Ttapaooscov  ouva-f (o-fvj  c.  2 1 :  T'^s  Ss  Kapuaxtag  xal 
T^;  'Avdptas  X'"?"»  ^^''•^  likrpiot  vfjao-  :^  xaÄou|iivig 
rOapoj.  Den  Hinweis  .auf  Dittenbergers  „Ethnika  und 
Verwandtes"  in  Hermes  LXII  1907,  179  f.,  wo  die 
Belege  für  ■^  Koja,  7j  Arftvatr]  und  auch  für  das  unbe- 
rechtigte fj  Aiiopfta  angeführt  sind,  und  auf  Dörpfeld, 
Ath.  Mitt.  XXXV  191 1  S.  218,  wo  Aeuy.a8(a  durch 
Thukydides  III  94,  I  und  VIII  13  belegt  ist,  ver- 
danke ich  Herrn  Prof.  Wilhelm.  Dazu  Xenophon 
IV  8,  8:  xai  äTiOTiXicov  mpnioO-Tj  xf/g  Ku8-yjpta;  (nämlich 
fijj)  ei;  $oivty.oOvxa.  Vgl.  Pozzi,  R.  acc.  di  scienze 
di  Torino    191 1/12,  340  A.  6. 

2)  W.  Christ,  Gesch.  d.  Griech.  Lit.  ■'575. 

^)  Vgl.  dazu  auch  Gaurion,  den  Namen  des 
Hafens  von  Andros.  Vgl.  Vanicek,  Etym.  Wörter- 
buch II  II 18  n.  3  SKU;  Emile  Boisacq,  Dict.  de  ia 
langue  grecque  etudiee  dans  ses  raports  avec  les 
autres   langues    indoeuropeennes   423>    dazu   496. 

*)  W.  Smith,  Dictionnary  of  Greek  and  Roman 
Geography  I  576;  bei  Thuk.  I  116,  3  heißt  es 
Ijtl  Kaüvou  xal  Kapiaj  wohl  statt  xoci  x-^s  äX^-i); 
Kaptag. 

*)  Fick,  Vorgriech.  Ortsnamen  als  Quelle  für 
die  Vorgeschichte  Griechenlands  verwendet  S.  34, 
117   und    126. 


bedenkt,  daß  in  historischer  Zeit  Kaunos  ein  wichtiger  Platz  in  Karien  war") 
und  da(3  Karer,  wie  wir  weiter  unten  sehen  werden,  von  den  alten  Historikern 
als  die  ältesten  Bewohner  der  Kykladen  genannt  werden,  so  ist  die  Angabe  des 
Myrsilos  begreiflich.  Ebenso  steht  es  mit  seiner  Angabe,  Andros  habe  nachher 
Antandros  geheißen').  Die  namensgleiche  uralte,  am  Fuße  des  Ida  gelegene  Stadt 
Antandros  war  lelegisch  nach  Alkaios  (Strabo  XIII  606),  kilikisch  nach  Demetrios 
von  Skepsis  (Strabo  a.  a.  O.),  aiolisch  nach  Thukydides  (VIII  108,  vgl.  Steph.  Byz. 
s.  V.  'AvTavSpoi),  pelasgisch  nach  Herodot  (VII  42;  vgl.  Mela  I  18).  Zwischen  Andros 
und  Antandros  wollte  man  auf  Grund  der  Namen  Beziehungen  herstellen  und 
Mela  sowie  Schol.  Verg-.  Aen.  III  6  erklären  Antandros  durch  avx'  "Avopou,  somit 
von  vertriebenen  Andriern  gegründet,  eine  Erklärung,  die  Hirschfeld  (Pauly- 
"Wissowa  RE   I  2346)  mit  Recht  als  „Spielerei"  bezeichnet*). 

Konon  führt  als  zweite  Erklärung  für  den  Namen  Antandros  die  Erzählung 
an,  Anios'  Sohn  Andros  habe  aus  Andros,  das  in  der  Folgezeit  von  Pelasgern'') 
besiedelt  worden  wäre  —  Pelasger  werden  auch  als  Bewohner  von  Antandros 
erwähnt  (Herod.  VII  42)  — ,  sich  flüchten  müssen  und  habe  die  Stelle,  die  ihn  an 
Andros  erinnerte,  um  der  Ähnlichkeit  willen  Antandros  genannt.  Myrsilos'  An- 
gabe, Andros  habe  Antandros  geheißen,  ist  verständlich,  wenn  man  bedenkt, 
daß  an  beiden  genannten  Orten  für  die  ältesten  Zeiten  das  gleiche  Volk  ge- 
nannt wird'"). 

Nach  Kallimachos  bei  Plinius  a.  a.  O.  hat  Andros  Lasia  geheißen,  welcher 
Name  auch  für  Lesbos  (Plin.  N.  h.  V  139)  g'alt.  Der  Name  Lasia  begegnet  außer- 
dem auch  noch  für  eine  Insel  in  der  argolischen  Bucht,  Trozen  gegenüber  (Plin. 
N.  h.  IV  56)  und  für  eine  Insel  an  der  Küste  Lykiens  (Plin.  V  131).  Während  in 

*)  Vgl.  Herod.  I  171,  wo  vom  Zuge  des  Harp.igos  '")  Bei  Solinus  (ed.  Th.  Mommsen,  2.  Aufl.  .S.  71 

gegen  die  Karer,  Kaunier  und  Lykier  die  Rede  ist.  Z.  9  ff.)  liest  man:    „Inter  Tenedum    et  Chium,    qua 

Daß  die  Kaunier  dieselbe  Sprache  sprechen  wie  die  Aegaeus  sinus  panditur,  ab  dextera  Antandrum  navi- 

Karer,  sagt  Herodot  I   172.  gantibus   saxum    est    (hoc   enim    verius    quam   insula 

')  Vgl.  Martianus  Capella  (ed.  Eyssenhardt  S.226),  meruit  cognominari):    id  quoniam    visentibus    procul 

wo  als   die   bekannteren    unter    den    Kykladen   Delos  caprae  simile   creditur,   quam  Graeci  aega  nuncupant, 

und  Antandros  genannt  werden.  Aegaeus    sinus  dictus."     Wenn  Grasberger,    Studien 

^)  Mela  gibt  a.  a.  O.  noch  eine  andere  Erklärung  zu    den    griech.    Ortsnamen    89,    mit   Änderung    des 

des  Namens:  Aenas'  Sohn  Askanios  hätte  sich  von  Namens  Tenedum  in  Tenum  und  unter  der  Voraus- 

den  Pelasgern  um  den  Preis  einer  Stadt   losgekauft,  setzung,  daß  Solinus  statt  des  üblichen  Namens  von 

welche    dann    Antandros    „quasi   pro    viro"    genannt  Andros    den    uns    bei    Plinius    überlieferten   Namen 

worden    wäre.     Siehe    auch     Schol.   Verg.   Aen.    IH  Antandros  gebraucht  hätte,  diese  Klippe  in  Andros 

6  und  Grasberger,  Studien  zu  den  griech.  Ortsnamen  erkennen  wollte,    so  scheint    mir  dies  zu   gewaltsam, 

189  f.  um  so  mehr,  als  ein  Blick    auf  die    Karte   uns    von 

^)   Über  die  Pelasger  auf  Andres  S.    51  f.  der    Unnotwendigkeit    dieser    Änderungen    überzeugt. 

1* 


Myrsilos'  Angaben  über  die  oben  ang-eführten  Namen  von  Andros  der  Niederschlag 
geschichtlicher,  jetzt  nicht  mehr  eruierbarer  Vorgänge  zu  erblicken  ist,  möchte 
ich  das  dichterische  Lasia  als  substantiviertes  Beiwort  auffassen,  das  ihr  auch 
Kallimachos  selbst  beigelegt  haben  konnte 'i).  Plinius  drückt  sich  dann  nur  ungenau 
aus,  wenn  er  Kallimachos  von  diesem  Namen  berichten  läßt.  „Terra  etiam  et 
locus  aliquis  läoioc,  dicitur,  qui  herbidus  est  arboribusque  et  fruticibus  consitus,  cui 
opp.  ditXog,  aequipollet  5aa6;",  lesen  wir  bei  Stephanus,  Thes.  ling.  Gr.,  und  die 
Bezeichnung  Lasia  gestattet  einen  Schluß  auf  das  einstige  Aussehen  der  Insel. 
Andere,  deren  Namen  Plinius  nicht  anführt,  berichten,  die  Insel  habe  Nonagria, 
Hydrusa,  Epagris  geheißen.  Während  der  Name  Hydrusa  (uSpoüa«  =  OSpoetg, 
aquosus,  humidus),  der  auch  für  Keos*''')  und  Tenos'^)  und  für  ein  Inselchen  in  der 
Nähe  von  Attika")  bezeugt  ist,  auf  den  Wasserreichtum  der  Insel  oder  auf  eine 
Legende,  wonach  ihr  irgend  eine  Gottheit  den  Wasserreichtum  spendete,  Bezug 
nimmt,  sind  die  Namen  Nonagria  und  Epagris  für  Andros  nicht  ganz  klar.  Wie 
Nonagria,  das  Fape-Benseler,  Wörterbuch  der  griech.  Eigennamen,  mit  „Naßfeld" 
übersetzt,  ist  auch  Epagris^*)  nur  durch  diese  Pliniusstelle  bezeugt.  Bei  beiden 
Namen  kann  im  zweiten  Bestandteil  nur  die  Wurzel  ayp  oder  axp  stecken'"). 
Zu  ayp  vgl.  ETcaypov  bei  Diogenian-Hesych.  'ETraypLoe  kommt  statt  des  einfachen 
ayptos  in  der  Bedeutung  „agrestis,  ferus"  vor").  Mit  der  Wurzel  axp  können  wir 
beide  Formen  belegen:  vgl.  'EitaxpiSes  im  Et.  M.  und  Bürchner,  Pauly-Wissowa 
RE  V  2672  und  'ETiaxpta  bei  Milchhöfer,  Pauly-Wissowa  RE  V  2673.  Für  Nwva- 
xpij  in  Arkadien  und  die  davon  abgeleiteten  Eigennamen  vgl.  Pape- Benseier, 
Wörterb.  d.  gr.  Eigennamen.  Die  durch  die  Wurzel  axp  gegebene  Grundbedeutung 
der  beiden  Namen  wäre  nicht  unpassend  mit  Rücksicht  auf  den  durchaus  felsigen 
Charakter  der  Insel. 

")    Daß    Kallimachos  Metonomasien  gesammelt  ")  Die  Variante  zu  Epagrim  bei  Plin.  a.  a.  O. 

hat,  erweist  Bethe,  Hermes  XXIV   1889,  442.  ist  Epacim. 

'^)    Herakl.  fr.    9,     I;    Hesych    s.    v.    ädpoöaa;  '^)  Über  den  Wechsel  des  vc  und  -f  vgl.  Mayser, 

Pridik,  De  Cei  insulae  rebus,  Dorpat  Inaugur.  Diss.  Gramm,  d.  gr.  Pap.  169  f. 
1892  S.   3.  ''J  Die  Belege  bei  Stephanus,  Thesaurus  linguae 

")  Plin.  N.   h.  IV  65.  Graecae. 

")  Strabo  IX   398. 


2:   Neu-Andros. 

Die  geographischen  Verhältnisse  der  Insel. 

Andros  gehört  zu  der  von  den  Alten  als  Ring-  oder  Kreisinselu')  bezeich- 
neten Inselgruppe  und  bildet  als  die  nördlichste  und  zugleich  zweitgrö(3te  die 
Fortsetzung  der  langgestreckten,  erst  in  verhältnismäßig  später  Zeit  von  der  Ost- 
seite des  mittelgriechischen  Festlandes  losgetrennten  Insel   Euboea^). 

Von  Euboea  und  Tenos  ist  Andros  nur  durch  eine  enge  Meeresstraße  getrennt. 
Vom  Kap  Geraistos,  dem  heutigen  Kap  Mandhilon  im  südlichen  Euboea,  ist 
die  Nordwestküste  von  Andros  nach  Plinius  nur  lo.ooo  Schritte  entfernt,  eine  An- 
gabe,   die    ganz    genau    stimmt^).    Diese    Enge    war   schon    im   Altertum    bei  den 


')  Über  den  Namen  KuxXccäsg  und  den  Umfang 
der  Kyliladen  s.  C.  Bursian,  Geogr.  v.  Griechenland 
II  348  Anm.  1  und  Hiller  v.  Gaertringen,  IG  XII  5 
Praefatio  (De  Cycladum  rebus)  p.  VII  f.,  XI,   XX  ff. 

-)  Zuletzt  hat  über  Andros  vom  geologischen 
Standpunkt  aus  gehandelt  NixiXa&s  'I.  MoaxovTJaiog, 
'H  vf/ao;  'Aväpoj   ünö  fScuXof ixtjV,  öpuxx&>.of ixtjv  xal 


lisTaXXstoXo-ftxrjv    sno'Jjiv,    iv    ji3-rjvaig  Ix  xoä    xüjiou 
^9-y]vaixc/'j  xuTto^paifetou  1909,  7  ff. 

^)  Plin.  IV  65  u.  68.  Im  Diaphragma  des  Scyl. 
Periplus  bei  C.  Müller,  Geogr.  gr.  min.  I  95  wird  der 
dem  Kap  Geraistos  nächstgelegene  Punkt  von  Andros 
(=  80  Stadien)  Paionion  genannt;  vgl.  Stadiasmus 
maris  magni  §283  (C.  Müller  a.  a.  O.  500):  'Ako  Tau- 


Seefahrenden  wegen  der  hier  herrschenden  Luft-  und  Meeresströmungen  und  der 
gefahrlichen  Felsvorsprünge  berüchtigt*).  Von  Tenos,  der  südöstlichen  Fortsetzung 
von  Andres,  wird  letzteres  durch  einen  looo  Schritte  (Plin.  X.  h.  IV  65)  breiten, 
durch  Klippen  gefährlichen  Sund,  der  jetzt  Steno,  bei  den  Alten  Aulon  heif3t,  ge- 
trennt*). Von  Keos  ist  Andros  39.000,  von  Gyaros  62.000  Schritte  entfernt  (Plin. 
N.  h.  IV  65),  von  Syros  150  Stadien;  von  Delos  nach  Andros  sind  es  400  Stadien"). 
Andros  hat  nach  Plinius  a.  a.  O.  einen  Umfang  von  93.000  Schritten.  Nach 
Philippson,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  griechischen  Inselwelt  8,  beträgt  die  Länge 
der  Insel  41'"",  die  Maximalbreite    16^"",  der  Flächeninhalt  405'""°'). 

Für  die  Spezialgeographie  von  Andros  beschränke  ich  mich  darauf,  nur  das 
Allerwesentlichste  aus  den  Arbeiten  von  Miliarakis*)  und  Philippson  a.  a.  O.  her- 
vorzuheben. Die  ganze  Insel  Andros  besteht  fast  ausschließlich  aus  Glimmer- 
schiefer, der  von  hellem  bis  zu  dunklem  Grün  wechselt.  Ein  aus  vier  höheren 
Rücken  (Hagii  Saränta,  Petalon,  Gerakönas  und  Rhächi)  zusammengesetztes 
Gebirge,  das  sich  von  Nordwest  nach  Südost  hinzieht  und  ungefähr  in  der 
Mitte  der  Insel  den  höchsten  Punkt  im  Gipfel  Kuwära  (975'"  ü.  M.  nach  der 
britischen  -Seekarte,  nach  Philippson  10  und  16  bis  1000")  erreicht,  bedeckt  die 
Insel  (siehe  die  Karte  Fig.  3)'').  Dabei  durchqueren  sie  im  südlichen  Teile  zwei 
grüfiere  Talzüge,  an  deren  Mündung  im  Osten  die  zwei  wichtigeren  Hafenorte 
liegen:  die  jetzige  gleichnamige  Hauptstadt  Andros  und  die  Stadt  Korthion.  Dies 
sind  die  natürlichen  Kulturzentren  von  Andros,  zu  denen  noch  die  kleine,  frucht- 
bare Ebene  von  Gaurion  im  Hintergrunde  der  sackähnlichen  Bucht  von  Gaurion 
kommt.  Beim  Durchwandern  dieser  Täler  fällt  die  Fruchtbarkeit  der  Insel  auf 
und    obwohl    sie    vom    Meere    aus    kahl    und    unbebaut    scheint,    ist    in    der    Tat 

f  iou  iüi  [-0  IIai(uviov]  äxf  (uxvipiov  axaStiu;  v'.  'Ako  xoö  ^)  Diaphragma  in  C.  Müllers  Geogr.  gr.  min.  I  95 : 

äzp(u-CY]p£ou   st;  [FspataTOv]    l"ff'.axa    äxfaj    azaSionc,  'A;tö  [üaiioviGu]  xf/;  'Av5p5u  S7;i  xov  AuXräva   axccdia 

uv'.    Es   kann    nur  Kap  Peristeri    an   der    Nordwest-  an''    Toü    AüXtüvo;    dianXouj    s!;     T-^vov    axddia    tß'. 

Seite   von   Andros    sein.     Unrichtig    wird    daher   bei  Erhard,   Die    Fauna    der   Kykladen    gibt    die   Breite 

Kiepert,    Formae    orbis    antiqui    (neubearheitet    von  des  Kanals  auf  5   Seemeilen  an.    Vgl.  auch  Brandis, 

R.  Kiepert)  Tafel  XII  das  Kap  Paeonium  im  Norden  Mitteilungen  über  Griechenland   291   ff. 

der  Insel  angesetzt,    dem   auf  der  euboeischen  Seite  ^)  Vgl.  Stadiasmus  §  283  f. 

Kap  Caphereus  (Cavo  d'  Oro)  entspricht.  Siehe  auch  ")  Siehe  auch  die  Arealangaben  von  Streblitiky 
die  nach  Miliarakis  und  Philippson  zusammengestellte  und  Wisotzky  bei  Beloch,  Die  Bevölkerung  der 
geographische  Karte  in  IG XII 5,  Praefatio  p.  XXXII.  griech.-röm.  Welt  (Histor.  Beiträge  zur  Bevölkerungs- 
Für   die   Entfernung   von    Geraistos   nach  Andros  s.  lehre  I   1886)  S.   177. 

Geyer,   Topographie  und  Geschichte  der  Insel  Euboia  *)    'r7iG(iV)iiiaTa     Txspi-fpa^ixa      xmv     KuxXaämv 

I    III   IT.    (Quellen    und   Forschungen   zur   alten  Ge-  vr^atov  xaxa  [lipo;,  'AvSpo;,  Kicuj.  Athen   1880. 

schichte  und  Geographie  von  Sieglin,  Heft  VI).  ^)  Die  Karte  Fig.  3   ist  Hiller  von    Gaertringen 

*)  Es  genügt,    die  unter   Caphereus    angeführten  IG  XII  5   Praefatio  p.  XXXII  entnommen. 
Stellen  im  Thesaurus  linguae  Latinae  zu  vergleichen. 


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SECUNDUM     MELIARAKEM 

ET 

PHILIPPSONEM 
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3 :   Übersichtskarte  von  Andres. 


der  ganze  Boden   fast  bis   zu  den  Gipfeln    der  Berge    nutzbar   gemacht.    Das  Ge- 
deihen des  Getreides,  die  Baum-  und  Weinkulturen  werden  gefördert  durch  den 


Reichtum  an  Wasser;  zwei  Bache,  die  beide  bei  der  Stadt  Andros  münden, 
versiegen  auch  zur  Sommerszeit  nicht.  Vgl.  die  früheren  Bemerkungen  über  den 
Namen  Hydrusa  und  Dr.  Erhard,  Die  Fauna  der  Kykladen,  S.  5.  Dai3  Andros 
sehr  reich  an  Metallen  ist,  hat  Moschonisios  in  seiner  oben  erwähnten  Schrift 
gezeigt.  Was  die  Einwohnerzahl  des  alten  Andros  betrifft,  so  wollen  wir  uns  nicht 
auf  unsichere  Berechnungen  einlassen,  sondern  können  nur  so  viel  sagen,  daß 
Andros,  das  von  Stratao  X  p.  487  neben  Naxos  und  Faros  als  ä^ooXoyG;  bezeichnet 
wird,  im  Altertum  gut  bevölkert  gewesen  sein  muß.  Am  Ende  des  fünften  Jahr- 
hunderts V.  Chr.  dürfte  es  nach  Beloch  a.  a.  O.  181  im  Durchschnitte  3000  Bürger, 
gooo  Seelen  bürgerliche  Bevölkerung  (30,  mit  Einrechnung  der  Sklaven  50  auf 
jkm'j  gezählt  haben  1'). 

Von  den  Pflanzen,  die  auf  Andros  wuchsen  und  schon  bei  den  Alten  ihre 
Verwendung  in  der  Medizin  fanden,  nennt  Hippokrates  p.  571,  54  ib  aTpo'j9-:ov 
(sappoaaria  officinalis),  das  an  den  Gestaden  von  Andros  gedeihe^').  Pedanios 
Dioscurides  aus  Anazarbos  spricht  in  der  Arzneimittellehre  III  22  über  die  Aloe: 
i-^üzTai  ok  v.od  £v  'Apaßta  xat  'Aata  xac  xtat  Tzapoid-alocüaloiQ  zönoic,  xaE  VTjaoig  wj  ev 
'Avopcp  Oüv.  euxpyjcjTOg  ef;  Ö7itc|J,6v,  Tipos  5s  xöÄXt^cjlv  xpaujJiaTUV  iTziTrfizio<;  'kzla  zaxaicAaa- 
aop.evr;'").  Wieviel  von  den  bei  Anphis,  dem  Dichter  der  mittleren  Komödie, 
genannten  Bäumen,  Gemüsen  und  Fischarten  auf  Rechnung  seiner  von  A.  Wilhelm 
Ath.  Mitt.  XV  S.  2 1 9  ff.  erkannten  andrischen  Heimat  zu  setzen  ist,  bleibt  ungewiß  ^^). 

Überreste  der  antiken  Hauptstadt  Andros. 

Die  antike  Hauptstadt  Andros  lag  an  der  Stelle  des  heutigen  Paläo- 
polis  (Fig.  61  auf  S.  49)  ungefähr  in  der  Mitte  der  Westküste,  am  Fuße  der 
Kuwara,    des    höchsten    Berges    der    InseF).     Steile,    zum    Teil    felsige    Abhänge 

'")  Aus  der  Andria  des  Terenz  scheint  deutlich  "j  Einen  oberflächlichen  Überblick  der  jetzigen 

hervorzugehen,  daß  sich  die  ärmere  Bevölkerung  von  Pflanzendecke  auf  Andros  bietet  Dr.  Erhard,  DieFauna 

Andros     im    Altertum     wie     auch    noch    heutzutage  der    Kykbden    im  Anhang  zum  I.  Teil  der  Wirliel- 

(vgl.  Miliarakis,  Hypomn.  56  ff.;  Philippson,  Beiträge  tiere  S.  3,  7,9/  ff.,  Theodor  von  Heldreich,  Die  Nutz- 

zur  Kenntnis  der  griech.   Inselwelt    13)    auf  Erwerb  pflanzen  Griechenlands.  Für  die  Fauna  von  Andros, 

ins   Ausland  begab.     Die   an  sich  naheliegende  Elin-  au^er  den  ausführlichen  obengenannten  Abhandlungen 

Wanderung  nach  Athen    bezeugen  die    in  Athen    ge-  noch     Fishing,     Murray's    Handbook   Greece    I    31 ; 

fundenen  Grabsteine    für    Andrier    wie    IG    I     491,  Mahaffy,  Greek  life  and  thought  146  Anm.  3. 
491,    17  (suppl.   p.  115),   II   2787 — 2790.  ')  Für  die  Topogr.aphie  von  Andros  und  Gaurion 

")  Über  aTpou9-:a  vgl.  Hehn,  Kulturpflanzen  und  kamen    mir    besonders    zugute    die   Vorarbeiten    von 

Haustiere  (6.  Aufl.)  241    ff.  Ross,    Reisen  auf  den   griech.  Inseln  des    ägäischen 

'^)  Über  die  Aloe  siehe  I.  Berendes,   in   dessen  Meeres,     II     12    ff.;     Miliarakis,     'rjio(ivr)|iaxa    tü)v 

Übersetzung    von  Ped.    Dioscurides    aus   Anazarbos,  KuxXadüJV   vi^auiv    lio    ff.    und    Philippson,    Beitr.äge 

Arzneimittellehre  in   5  Büchern,  277  Anm.   I.  zur  Kenntnis  der  griech.  Inselwelt,   8   ff 


umschließen  mit  zwei  vorspringenden  Vorgebirgen,  dem  Kap  Katergo  (Fig.  4) 
—  das  seiner  Form  wegen  bezeichnend  (xäxepyo  =^  Galeere)  so  genannt  ist  — 
einerseits,  dem  Kap  Dhiakophti  (Fig.  5)  andererseits  eine  sanft  gebogene  Bucht, 
an  deren  Abhängen  sich    die  alte    Stadt   ausbreitete.  Gerade  die   durch    die    Lage 


4;   K.;ip  Katergo. 


bedingte  natürliche  Sicherheit  des  Ortes  wird  wohl  die  älteste  Ansiedlung  an 
diesem  Platze  zur  Folge  gehabt  haben  und  Ursache  dafür  gewesen  sein,  daß 
man  diese  für  die  Besiedlung  wenig  Bequemlichkeiten  bietende  Stelle  dem  schönen, 
von  sanfteren  Hängen  umgebenen  Hafen  von  Gaurion  vorgezogen  hat.  Die  Bucht 
zwischen  den  erwähnten  beiden  Vorgebirgen  i.st  nur  wenig  tief  und  bietet  gegen 
die  Winterstürme  geringen  Schutz.  Erst  künstliche  Hilfsmittel  konnten  hier  einen 

Sauciuc,  Ändros.  - 


10 


Hafen  schaffen.  An  dem  flachen  Strande  der  Bucht  sieht  man  bei  ruhigem  Wetter 
die  Reste  eines  antiken  Hafendammes,  der  vom  Fuße  der  Kupheoerhebung  etwa 
140"  weit  ins  Meer  hinauszieht  und  nach  einer  Knickung  von  etwa  120°  noch  8'" 
gegen  das  Land  liin  erhalten  ist.  Die  antike  Uferlinie  hat  sich  infolge  der 
Materialablagerungen  des  von  der  Kuwära  kommenden  Rhevma  um  ein  gutes 
Stück  gegen  da>  Meer  hinaus  vorgeschoben,  so  dai3  das  antike  Hafenbecken  zum 
Teil  ausgefüllt  worden  ist. 

Was   die  Topographie   der   alten   Stadt   betrifft,    so   sind   wir  leider,   solange 
nicht  Ausgrabungen  Klarheit   schaffen   werden,  auf  die   kümmerlichen,   über    der 


5 :  Kap  Dhiakophti. 

Erde  befindlichen  Reste  angewiesen  (vgl.  die  Planskizze  Fig.  6).  Im  wesentlichen 
ist  wenigstens  der  Umfang  der  Stadt  einerseits  durch  die  zum  Teil  noch  stehende 
Ummauerung,  die  die  hochliegende  Akropolis  mit  dem  Meere  verband,  andererseits 
durch  die  Gräberfunde,  deren  Lage  auf  die  Stadtgrenzen  schließen  läßt,  gegeben. 
Ungefähr  1600"  vom  Strande,  auf  einem  bis  zu  380™  hohen  Bergrücken 
gelegen,  bildet  die  Akropolis  den  Höhepunkt  der  Befestigung  (vgl.  die  Planskizze 
Fig.  8).  Ihre  infolge  der  fast  auf  allen  .Seiten  steil  abfallenden  Abhänge  von  Natur 
aus  sehr  sichere  Lage  wird  durch  die  Ummauerung  verstärkt,  deren  Reste  ins- 
besondere an  der  der  Kuwära  zugewendeten  Nordost-  und  Ostseite,  an  der  ein 
Abfall  fehlt   und  wo   die  Befestigung  besonders   stark   sein   mußte,   noch   deutlich 


1 1 


PLAN 

von 

PALAEOPOLIS 
(ALTANDROS). 


6:   Flau  des   Gebietes  der  alten  Stadt. 


zu  erkennen  sind  und  ihren  Mittelpunkt  in    einer    von    den   Einheimischen   üüpyo? 
genannten    Bastion    haben    (Fig".    7).     Aus    dunkelgrünen    Glimmerschieferblöcken 


7:   Befestigungsturm  auf  der  Akropolis. 

von  bis  zu  2"  Länge,  die  meist  wenig  sorgfältig  gearbeitete  horizontale  Lager- 
flächen zeigen  und  immer  schräg  auf  seitlichen  Anschluß  zugehauen  sind,  isodom 
aufgebaut,   steht  die   i    bis    rs™  dicke  Turmmauer    an    der  Südostecke    noch    bis 

zu    einer   Höhe    von 


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^B  sichtbar    WS  ergänzt 


um-'' 


8;   Die  Akropolis  von  Andros. 


4-40'"  aufrecht.  Die 
Länge  der  Nord-  und 
Südseite  beträgt  9"°, 
die  der  West-  und 
Ostseite  y5o'".  In  der 
Mitte  der  östlichen 
Seite  durchbricht  ein 
iio™  hohes,  Q-go™ 
breites  Fenster  ihre 
Fläche.  Zu  bemerken 
ist  noch  die  Abarbei- 


13 


tung,  die  die  Kanten  der  Nordost-  und  der  Südostecke  des  Turmes  sowohl,  als  auch 
(nur   in    kleineren    Maßen)    die   Fensterumrahmung   aufweisen'-).    Die    im    rechten 
Winkel  gegeneinander  stoßenden 
Mauerteile  sind  falzartig  behauen 
und  zeigen  die   aus  Figur   lo  er- 
sichtliche Form. 

Zu  beiden  Seiten  des  Turmes 
setzt  nach  Norden  (Fig.  9)  und  nach 
Süden  je  eine  Füllmauer  an,  die 
in  der  unmittelbaren  Nähe  des- 
selben eine  Dicke  von  3'9o'"  hat. 
Sie  verläuft  am  Rande  des  von 
Norden  nach  Süden  hinziehenden 
langen  Hügels.  Stellenweise  sind 
über  der  Erde  an  die  Stelle  der 
antiken  Mauern  moderne,  aus 
kleinenSteinen  gefügte  Mäuerchen 
getreten,  die  dem  Zug  der  alten 
Befestigung-slinie  folgen.  Die  vom 
Turme  nach  Norden  sich  er- 
streckende Mauer  behält  diese 
Richtung  etwa  40™  bei  und  biegt 

dann  in  einem  Bogen  gegen  Westen  um.  Auch  im  weiteren  Verlauf  gegen  das 
Meer  zu  ist  sie,  wenn  auch  mit  Unterbrechungen,  in  wesentlichen  Teilen  erhalten  und 
läßt  sich  etwa  750"  weit  verfolgen.  In  wiederholten  Einsprin- 
gungen und  Knicken  (Fig.  11)  verliert  sie  die  ursprünglich 
rein  westliche  Linie  und  schlägt  eine  südwestliche  Richtung 
ein.  Auf  der  weiteren  Strecke  nach  dem  Meere  zu  sind  keine 
Reste  mehr  über  der  Erde  vorhanden,  doch  läßt  sich  ihr 
Verlauf  wenigstens  vermuten.  .Sie  wird  sich  auch  in  ihrem 
weiteren  Zuge  auf  dem  Rücken  des  Abhanges  gehalten 
haben,  der  von  der  Akropolis  nach  dem  Meere  zu  streicht  und 
10:  Mauereclie  in  der  Kupheo  genannten  kleinen  Erhebung  unmittelbar  am 


9:  Stadtmauer  von  Andros. 


^)  Dieselbe  Bautechnik  zeigen  auch  die  vier- 
eckigen Türme,"  die  man  auf  der  Nachbarinsel  Tenos 
findet  und  deren  zwei  Ath.  Mitt.  XX  I8g5  S.  397  und 


BCH  XXVII  1903  S.  258  abgebildet  sind.  Ähnlich 
sind  auch  die  Mauern  von  Priene  (vgl.  Wiegand- 
Schrader,  Priene  39  ff.). 


14 


Meere  endigt.  Hier  am  Kupheo  befinden  sich  Felsbearbeitungen,  y.oi-cczo\ir,  genannt,  die 
mit  der  Mauer  in  Verbindung  gebracht  werden  könnten.  Eine  Reihe  von  ebenfalls 
hier  in  den  Fels  eingemeißelten  Nischen  mit  rundem  oberen  Abschluß  und  massen- 

hafte,  einfache  und  schwarzgefir- 
nißte Scherben  könnten  vielleicht 
auf  ein  kleines  Heiligtum  an  dem 
hier  einst  zur  Akropolis  führenden 
Weg  hinweisen.  Was  die  südlich 
an  den  Turm  der  Akropolis  an- 
schließende Mauer  betrifft,  so  ver- 
läuft sie  etwa  13"  nach  Süden, 
biegt  dann  in  einem  Winkel  von 
150-  gegen  das  Meer  um  und 
läßt  sich  noch  34""  weit  verfolgen. 
In  einer  Entfernung  von  12"", 
südöstlich  von  dem  auf  der  Akro- 
polis liegenden  Hagios  Demetrios- 
Kirchlein,  bemerkt  man  noch  den 
Rest  einer  Mauerecke.  Es  muß 
dahingestellt  bleiben,  ob  die  Akro- 
polis von  einem  eigenen  geschlos- 
senen Mauerring  umgeben  war. 
Vielleicht  könnten  die  Mauer- 
ecke bei  B  und  die  geringen  Reste 
bei  A  darauf  hindeuten.  Auf  der  Akropolis  wurden,  wie  Miliarakis,  T-o[ivrj[iaxa 
1 1 1  mitteilt,  große  tönerne  Röhren  einer  Leitung  gefunden,  die  sie  mit  Wasser 
versah.    Zahlreiche   Ziegelstücke   deuten   auf  eine  Besiedelung  in   späterer   Zeit. 


1 1  :  Stadtmauer  von  Andros. 


1 2 :  Granitsarkophag. 


13:   Giebelstück  einer  Grabstele. 


Von  der  wohl  auch  auf  der  Südseite  anzunehmenden,  die  Akropolis  mit 
dem  Meere  verbindenden  Mauer  ist  über  der  Erde  keinerlei  Rest  vorhanden. 
Doch  ist  ihr  Lauf  durch  hier  an  der  Südseite  beobachtete  Grabfunde  einigermaßen 


15 

gegeben.  So  fand  man  aut  dem  Grundstück  des  J.  Kuluris  einen  2'25™  langen, 
0-85 "  breiten  Granitsarliopliag  mit  der  aus  Fig.  12  ersichtlichen  Verzierung^), 
bei  A.  Kurulis  den   giebelförmigen  Abschluß  einer  Grabstele  aus  weißem  Marmor 


14:  Terrassenmauer. 

mit  Giebel-  und  Seitenakroterien  (Fig.  13).  Auf  dem  Grundstück  des  D.  Stylianos 
fanden  sich  nach  den  Angaben  des  Besitzers  um  die  dort  befindliche  Terrassen- 
mauer herum  eine  Reihe  von  (nach  den  Beigaben,  kleinen  Fläschchen  aus  Glas 
und  Ton)  offenbar  römischen  Gräbern,  zu  denen  noch  die  dort  umherliegenden 
Sarkophagfragmente  gehören.  Bemerkenswerter  als  diese  letzteren  Grabfunde 
—  man  findet  solche  in  römischer  Zeit  auch  innerhalb  der  Stadtmauer  —  ist  die 
auf  einem  benachbarten  Grundstück  des  D.  Stylianos  sichtbare,  xaxaTOiii^  genannte 
Abarbeitung  einer  dort  vorhandenen  Felswand  sowie  die  unweit  von  dieser  be- 
findliche, in  südöstlicher  Richtung  laufende,  noch  3-35"  hochstehende  gut  gebaute 

^)  Der  Sarkophag  steckt  noch  etwa  zur  Hälfte  scher  Zeit  stammende  tönerne  Salbgefäße  und  tönerne 
in  der  Erde,  so  daß  ich  die  Höhe  nicht  angeben  kann.  Larapen  gefunden  worden,  die  sich  jetzt  in  Privat- 
Hier    sind    vor    zwei   Jahren    auch  einige    aus  römi-       besitz  befinden. 


Torso   eines   Löwen. 


i6 

Bastion  mit  scharf  abgearbeiteten  Kanten  und  mit  daran  anschließender,  noch 
40°^  weit  fortlaufender  Mauer.  Etwa  30"  südlich  derselben  wird  durch  eine  22™ 
lange,  mit  zwei  Vorsprüngen  (von  s'go™  beziehungsweise  375 '°  Breite)  versehene, 
nach  Norden  umbiegende  Mauer  (Fig.  14)   eine   breite  Terrasse   gebildet,  die  mit 

der  Katatomi  als  Hintergrund  wohl  geeignet 
war,  als  Grabbezirk  zu  dienen.  Auf  die  letztere 
Bestimmung  weist  ein  an  Ort  und  Stelle  befind- 
licher großer,  rechteckiger  Felsblock,  der  auf 
seiner  Oberfläche  zwei  0'03™  tiefe,  kreisförmige 
Einarbeitungen  mit  einem  Durchmesser  von 
o'26"'  und  dahinter  eine  n  förmige,  ebenso  tiefe 
Einarbeitung"  trägt  (Fig.  16),  die  die  Vermutung 
nahelegen,  daß  der  Block  als  Basis  für  ein  ädi- 
kulaförmiges  Grabmal  gedient  hat*).  Für  die  An- 
nahme, daß  hier  Gräber  gelegen  haben,  spricht 
auch  der  Fund  des  Torso  eines  Löwen  (Fig.  15,  o-88'"  hoch,  1-33"  breit),  der  halb 
vergraben  auf  einer  Terrasse  des  Grundstückes  des  D.  Stylianos,  das  nach  ihm 
Leondari  genannt  wird,  lag  und  von  mir  freigelegt  wurde.  Auch  der  nun  fehlende 
Vorderkopf  und   die  Füße    sollen    vor  Jahren  an    dieser  Stelle    gefunden    worden 

^ ,„ sein,  sind  aber  nun  verloren  gegangen,  ebenso  fehlt 

der  Schweif  Das  Erhaltene  ist  stark  bestoßen.  Die 
Mähne  ist  schematisch  in  drei  Reihen  von  plumpen 
Zotteln  gegliedert,  die  wie  Kränze  um  den  Hals 
des  Löwen  gelegt  sind.  Die  Formen  des  schmäch- 
tigen, hundeartigen  Körpers  sind  ziemlich  flach,  die 
Muskeln  wenig  nachdrücklich  angegeben.  Der  er- 
haltene geringe  Rest  der  rechten  Vorderpranke  zeigt, 
daß  sie  erhoben  war  und  sich  vielleicht  auf  irgend 
einen  Gegenstand  stützte.  Der  Löwe  gehört  seiner  Arbeit  nach  wohl  noch  dem 
vierten  Jahrhundert  an  und  hat  seine  nächste  Analogie  in  dem  attischen  Löwen  im 
Berliner  Museum  Inv.-Nr.  1542^).  Er  mag  wohl  als  Akroterion  eines  Grab- 
bezirkes verwendet  worden  sein"). 


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16:   Basis  eines  Grabdenkmals. 


^)  .Siehe  das  Grabmal  der  Messenier  bei  Brück-  v.  Stradonitz,  Die  griech.  Skulptur  IT.  Aufl.  256. 
ner,  Der  Friedhof  am  Eridanos  bei  der  Hagia  Triada  ^)  Brückner,    Der  Friedhof   am  Eridanos    79  ff. 

zu  Athen   100.  Vgl.    auch    den    Grabbezirk    des    Lysimachides    von 

5)  Arch.  Anzeiger  VIII  1893   S.  73  ff.;  Kekule  Acharnai,    ebenda  83. 


17 


Entsprechend  ist  auch  auf  der  Nordseite  eine  Friedhofanlage  zu  erwähnen, 
die  au(3erhalb  der  Stadtmauer,  in  der  Umgebung  des  dem  D.  Philippidis  gehörigen 
Häuschens  nachzuweisen  und  der  Art  und  Weise  der  Gräber  wegen  sehr 
bezeichnend  ist.  Es  sind  in  sonst  unbearbeitete  Felsblöcke  etwa  2"'  lange, 
075"  breite,  045™  tiefe  Höhlungen  zur  Aufnahme  der  Leichname  eingeschnitten. 
Dann  lag  hier  auf  dem  „Spiridu"  genannten  Grundstücke  des  J.  Stylianos  fast  völlig 
verschüttet  ein  i'8i™  hohes,  0-96  breites  Grabrelief  (Fig.  17),  vielleicht  identisch 
mit  einem  von  Buchon,  Voyage  222  genannten  Relief.  Eine  Frau  (en  face,  1.  Stand-, 
r.  Spielbein)  in  einem  langen,  feinfaltigen,  hoch- 
gegürteten Chiton,  der  bis  auf  die  mit  Sandalen 
bekleideten  Füße  herabreicht,  und  einem  Mantel 
darüber,  der,  über  der  linken  Schulter  beginnend, 
unter  der  rechten  Achsel  durchgeschwungen 
von  der  nun  fehlenden  rechten  Hand  gehalten 
worden  ist.  Der  rechte  Unterarm  war  besonders 
gearbeitet,  am  Stumpfe  des  Oberarmes  sitzt  ein 
Bohrloch.  Die  Bewegung  des  linken  Armes  ist 
nicht  klar.  Auch  der  Kopf  war  gesondert  ge- 
arbeitet und  in  eine  Vertiefung  zwischen  den 
Schultern  eingelassen.  Zur  Rechten  der  Frau  ist 
eine  ebenfalls  weibliche  Figur  auf  das  rechte 
Knie  gesunken,  ähnlich  wie  auf  der  Ameinokleia- 
Stele  (Conze,  Att.  Grabreliefs  n.  901,  T.  177).  Die 
Kniende  trägt  den  einfachen  gegürteten  Chiton 
der  Dienerin  und  ist  anscheinend  mit  der  Klei- 
dung   der    Herrin    beschäftigt.     Ihr    erhobener 

rechter   Arm   ist   noch    zum    Teil    erhalten,    von    der    linken  Hand   sitzt   noch    ein 
Bruchrest  in  der  Gegend  des  linken  Knies  der  Herrin. 

Der  Arbeit  nach  mag  das  Relief  vielleicht  noch  dem  Ende  des  4.  oder 
bereits  dem  3.  Jahrhundert  zuzuweisen  sein.  Auch  von  dem  Grabbezirk,  dem  es  einst 
angehört  haben  dürfte,  sind  noch  Reste  vorhanden,  ein  großer  im  übrigen  un- 
bearbeiteter Glimmerschieferblock,  der  sieben  Einarbeitungen  für  größere  und 
kleinere  Stelen  sowie  für  einen  Naiskos  trägt,  dessen  Maße  mit  denen  des  Reliefs 
genau  übereinstimmen.  Um  den  großen  Block  als  Mittelpunkt  —  der  hier  den 
Unterbau  der  Grabbezirke  des  Eridanosfriedhofes')  vertritt  —  werden  die  Leichen 

'')  Brückner  a.  a.   O.  48;    Pagenstecher,   Unteritalische  Grabdenkmäler  118  ff. 
Sauciuc,  Andros.  3 


17:   Grabrelief. 


i8 


bestattet  worden  sein.  Ebenda 
fand  sich  ein  weiteres  Relief- 
fragment (o'6o5'"  hoch,  o'235"' 
breit,  o-i6'"  dick,  links  Rand 
und  eine  0-07 5 '"breite Leiste). 
Erhalten  ist  darauf  nur  ein 
Teil  einer  linken  Hand,  die 
einen  unkenntlichen  Gegen- 
stand hält. 

Innerhalb  des  Stadtge- 
bietes sind  wir  im  wesentli- 
chen auf  bloße  Mutmaßungen 
angewie.sen,  doch  läßt  hier 
die  Formation  des  Geländes 
einige  Schlüsse  zu.  Das  Stadt- 
gebiet erstreckt  sich  großen- 
teils über  die  steilen  Ab- 
hänge der  Kuwära  und  nur 
durch  die  Erbauung  von  Ter- 
rassenmauern war  es  mög- 
lich, ebene,  zur  Bewohnung 
geeignete  Plätze  zu  schaffen. 
Über  den  ganzen  Abhang  zer- 
streut finden  sich  noch  zahl- 
reiche Reste  von  solchen,  die 
von  den  Einheimischen  eben- 
so wie  die  Grundstücke,  auf 
denen  sie  liegen,  als  xö  'EXXrj- 
vt)t6  bezeichnet  werden.  Hier 
mögen  gleich  die  Reste  von 
Terrassenmauern,  die  an  dem  von  der  Akropolis  an  dem  Friedhof  vorbeiführenden 
Wege  sowohl  ein  wenig  ober-  als  auch  unterhalb  des  Friedhofes  liegen,  Er- 
wähnung finden,  ebenso  die  rechts  vom  Wege  auf  den  Grundstücken  des  A.  Stylia- 
nos  und  D.  Zervos  befindlichen  langen,  bis  3"5o™  hohen  Mauern. 

Im   ganzen   Stadtgebiet   findet   sich   nur  in   der  Niederung  gegen  das  Meer 
zu   eine    größere,    annähernd   ebene    Fläche.     Hier    haben    wir    den     natürlichen 


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18:   Die   „Porta" 


19 

Mittelpunkt  der  Stadt  zu  suchen  und  in  der  Tat  gfeben  die  g"erade  hier  und  an 
den  Abhängen  nächst  der  Niederung  besonders  zahlreich  auftretenden  Architektur- 
und  Skulpturreste  hiefür  eine  Bestätigung.  Leider  sind  die  ersteren  samt  und 
sonders  so  wenig  bezeichnend,  daß  sie  keine  näheren  Schlüsse  zulassen,  und  es 
sollen  daher  nur  die  wichtigsten  unter  ihnen  Erwähnung  finden,  ebenso  wie 
auch  die  Beschreibung  von  Skulpturresten  nur  das  einigermaßen  Bezeichnende 
geben  will.  Der  einzige  noch  aufrecht  über  der  Erde  stehende  Rest  des  Ober- 
baues eines  Gebäudes  ist  die  zwischen  den  Häusern  des  A.  Manalis  und  D.  Zervos 
liegende  sogenannte  „Porta"  (Fig.  i8),  ein  2' 13™  breites  Tor,  das  aus  zwei  3"i5™ 
hohen,  o"33"'  breiten  und  0-84"'  dicken  Türpfosten  aus  Glimmerschiefer  und  aus 
dem  Türsturz  gebildet  ist.  Letzterer  besteht  aus  einem  ganz  von  Epheu  um- 
wachsenen Block.  Als  Schwelle  dient  ein  einziger  4'io™  langer,  i'48'"  breiter, 
0-47 "'  dicker  Glimmerschieferblock  und  o'2o'"  tiefer  liegt  ein  zweiter  Block,  der 
330™  lang,  I '"  breit  und  o-4o'"  dick  ist.  Auf  dem  südlichen  Pfeiler  der  Porta  sitzt 
o'2i"'  vom  unteren  Ende  eine  Werkbosse,  oiö"  lang,  o'i4'"  breit,  004™  hoch. 
Ob  diese  Porta  zu  einem  Tempel  gehört,  wie  dies  Miliarakis,  T7to[xvfj(j,ata  1 1 1  be- 
hauptet, läßt  sich  ohne  eine  Grabung  nicht  erweisen*).  Rechts  von  dem  durch  die 
Porta  gehenden  Wege  sieht  man  neben  dem  xvq[xix  des  Andreas  Manalis  eine 
hohe  Felswand  und  in  einiger  Höhe  auf  gewachsenem  geglätteten  Fels  zwei 
Grenzmarken  OP  und  0  (IG  XII  5,  735).  Welchen  Bezirk  sie  begrenzten,  muß 
dahingestellt  bleiben. 

Unterhalb  der  Porta  liegt  auf  dem  Grundstücke  des  D.  Zervos  die  größte 
und  besterhaltene  Terrassenmauer  von  Andros  (Fig.  19).  In  einer  Strecke  von 
etwa  40'"  sieht  man  eine  aus  6 — 8  Reihen  von  Marmaropetrablöcken  ^)  zusammen- 
gesetzte Mauer,  die  oberhalb  des  Rom.  Mitt.  XXV  19 10  S.  263  ff.  veröffent- 
lichten Mithrasdenkmales  3 ■30"  hoch  ist.  Die  Blöcke  dieser  Mauer  sind  sehr 
ungleichmäßig  gearbeitet,  liegen,  bald  vorspringend,  bald  zurücktretend,  besonders 
im  westlichen  Teil  nicht  gehörig  auf-  und  nebeneinander.  Für  die  zeitliche  Be- 
stimmung dieser  Mauer  ist  die  auf  Septimius  Severus  und  seine  beiden  Söhne 
bezügliche  Mithras-Inschrift  maßgebend,  die  auf  einem  in  der  untersten  noch 
sichtbaren  Reihe   befindlichen   Block   eingehauen   ist;    denn   dieser  Block  ist  hier 

ä)   Die  verhältnismäßig  gute  Erhaltung  der  Porta  ^)  So  bezeichnet  man  Blöcke,  bei  denen  zwischen 

hängt  mit  einem  Aberglauben  zusammen,  der  sich  .nn  den  einzelnen  Glimmerschieferschichten  dicke  Marraor- 

die   beiden   Pfeiler    knüpft:    In    einem   stecke   Gold,  schichten  gelagert  sind.  Sie  werden  bei  Kalo  Phello 

im   andern  seien  Schlangen.  Aus  Furclit  vor  den  letz-  gebrochen    sein,    wo    alte    Marmorbrüche    vorhanden 

teren  hat  man  sich  an  keinen  der  Pfeiler  gewagt  (Dra-  sind, 
gatsis,  üapvaaaij  V   1881   S.  797J. 


20 

sicher  nicht  in  seiner  ursprüng'lichen  Lage  und  Verwendung",  weshalb  die  Mauer 
erst  nach  202  errichtet  sein  wird.  Sonst  hebt  sich  diese  Mauer  deutlich  durch  das 
Material  und  die  Größe  der  dabei  verwendeten  Steine  sowie  durch  ihre  Länge 
von  den  übrigen  ab.     Die  Vermutung  liegt  nahe,  daß  wir   hier  in  der  Nähe    den 


ly:   Terras.seDmauer. 

Mittelpunkt  der  Stadt  mit  ihren  wichtigsten  Gebäuden  zu  suchen  haben,  um  so 
mehr,  als  hier,  wie  ich  in  Paläopolis  erfahren  habe,  eine  Reihe  von  Inschriften 
gefunden  worden  ist.  Freilich  konnten  die  Leute  nicht  bestimmen,  für  welche 
von  den  Inschriften  diese  Angabe  gilt.  Daß  auf  dieser  Terrassenmauer  der 
Apollotempel  anzusetzen  sei,  wie  das  Weil  (Ath.  Mitt.  I  1876,  S.  235)  behauptet, 
wird  man  wohl  nicht  mehr  annehmen  dürfen'*").  Eine  ähnliche  Mauer  findet 
sich  dann  17'"  unterhalb  der  eben  beschriebenen  gegen  das  Rhevma  zu.  Hier 
beim  Rhevma  liegt  auf  dem  Grundstücke  des  D.  Zervos  ein  dorisches  Kapitell 
(Durchmesser  0-505 '",  mit  dem  Abakos  0-550"'  hoch),  das  in  seinen  schönen 
archaischen  Formen  an  das  Kapitell  des  Tempels  in  Aegina  erinnert.  Es  hat 
vier    Riemen    oberhalb    des   unkannellierten,    o-io'"    hohen    Hypotrachehons.    Der 

1")  Wahrscheinlich  denkt  Brandis  a.a.O.  308  ff.        von  Tempeln  auf  der   5.  und  6.  Terrasse   vom   Meere 
an  diese  Terrassenraauer,  wenn  er  von  Substruktionen        aus  gerechnet  spricht. 


21 

Echinus  ragt  ein  wenig  über  den  o-i6™  hohen,  o'gSs"  breiten  Abakos  (Fig.  20). 
Am  Rlievma  fand  ich  auch  die  Topos-Inschriften,  die  im  epigraphischen  Anhang 
unter  n.  1 1  und  1 2  veröffentlicht  sind.  Da  diese  uns  das  Vorhandensein  eines 
Gymnasions  bezeugen  und  für  letzteres  die  Nähe  eines  Flusses  oder  einer  Quelle 
bevorzugt  wurde  (Öhler  bei  Pauly-Wi.ssowa  RE  VII  201 1),  werden  wir  das  Gym- 
nasien längs  des  Rhevma  zu  suchen  haben. 

Jenseits  des  Rhevma  stellte  ich  auf  dem  Grundstück  des  J.  Valmas,  genannt 
„Tendes",  eine  noch  bis  zu  2'5'"  aufrecht  stehende,  zweimal  abbiegende  Mauer  fest, 
die,  meist  aus  dem  gleichen  Material  wie  die  große  D.  Zervos-Mauer  bestehend, 
wohl  ebenfalls  als  Terrassenmauer  aufzufassen  ist.  Die  auf  den  yxp£[xvot  xoO  Mocp-q 
sichtbaren  Glimmerschieferblöcke,  sowie  eine  19'"  lange,  bis  5'5"'  hohe  Mauer  auf 
dem  geg-en  das  Meer  zu  liegenden  Grundstück  „Xydhi"  gehören  ihrer  flüchtigen 
Arbeit  und  dem  ver.schiedenen  Material  nach  wohl 
einer  ganz  späten  Zeit  an.  In  alte  Zeit  führt  uns 
hingegen  eine  Mauer,  die  auf  der  am  Eingang 
der  Niederung  am  Meere  befindlichen,  „Turlo" 
genannten  Erhöhung  gleich  der  Akropolisbefesti- 
gung  aus  Glimmerschieferblöcken  erbaut  und 
am  Nordwestende   des  Hügels    auf   eine  Länge 

,,,  ,     .  .  TT-1  m       ■    1  .1  20:   Dorisches  Kapitell. 

von  31""  und    m    emer  Hohe  von  yy^   sichtbar 

ist.  Auf  der  Südostseite  des  Hügels  geht  in  der  Richtung  NO-SW  eine  44™  lange 
bis  4"  hohe  Mauer  von  gleichem  Material  und  gleicher  Technik  wie  die  D.  Zervos- 
Mauer  ab.  Hinter  derselben  ist  eine  muldenförmige,  von  den  Einheimischen  Lakoma 
genannte  Einsenkung  sichtbar,  in  der  vielleicht  das  Theater  anzusetzen  sein  wird. 
Südlich  davon  befindet  sich  auf  einer  höheren  Terrasse  das  Haus  des  G.  Kuluris, 
in  dessen  Mauern  eine  Menge  von  Gebälkstücken  mit  Klammern  und  Bleiverguß 
eingemauert  sind.  Das  Haus  ist  anscheinend  auf  dem  Fundament  eines  alten  Baues 
errichtet,  von  dem  vor  der  Eingangstür  auf  eine  Strecke  von  4"5'"  einige  in  situ 
befindliche,  mit  U-förmigen  Klammern  verbundene  Quadern  sichtbar  sind.  Daneben 
befindet  sich  auch  der  Rest  eines  späteren,  mit  Mörtel  g'emauerten  Gebäudes. 
Gegen  das  Nordende  der  Strandniederung  zu  befindet  sich  auf  dem  Grund- 
stück des  D.  Philippidis  die  Stelle,  wo  neben  einem  Grabe  im  Jahre  1833  die 
bekannte  Statue  des  Hermes  sowie  eine  Frauenfigur  gefunden  worden  sind'').  Unweit 
davon  liegen  auf  der  Ostseite  der  kleinen  Niederung  am  Meere  viele  Architektur- 
stücke, die  Ross  II  20  dem  Tempel  der  Athena  Tauropolos,  die  nach  der  Legende 

'')  In    der    Nähe    ist    ein    05"^    hohes    Fragment  einer  männlichen    Gewandstatue   zu   sehen. 


22 


Dorisches   Kapitell. 


c 


b 


bei  Suidas  nahe  am  Meere  ihr  in  sehr  alte  Zeit  hinaufreichendes  Heiligtum  gehabt 
haben  soll,  zuweisen  möchte.  An  dem  Kamara  genannten  Grundstücke  des 
D.  Lukrezis,  wo  aus  antiken  Steinen  (IG  XII  5,  758  ist  auch  dabei)  eine  Kelter 
zusammengesetzt   ist,    konnte  ich  von  den  Architekturstücken   mit  Inschriften  nur 

einen  Block  sehen.  Es  ist  ein  Architravstück,  seitlich 
durch  Anathyrose  auf  Anschluß  zugerichtet,  oben  mit 
einer  095™  breiten  Leiste,  die  den  kursiven  Buchstaben 
€  trägt  (IG  XII  5,  747  b),  versehen.  Unweit  sah  Pernice, 
Ath.  Mitt.  XVIII  1893  S.  90  auch  den  Block  mit  der 
Inschrift  747  a.  Beide  Steine  werden  den  Architrav 
eines  den  Buchstabenformen  nach  aus  der  Kaiserzeit  stammenden  großen  Monu- 
mentes gebildet  haben.  Dann  sind  dort  noch  drei  monolithe  Säulen  aus  bläulichem 
Marmor  vorhanden  (der  untere  Durchmesser  Q'^b"^,  der  obere  0-47 ™,  ihre  Höhe 
3'82"",  379'"  und  3"79'"))  unten  mit   einem  runden   Dübelloch   versehen,  die  einem 

Baue  der  römischen  Zeit  angehören.  Eine  kleinere  Säule 
von  2'69'"  Höhe  mit  am  oberen  und  unteren  Ende  gleich 
großem  Durchmesser  (0-3  2"')  liegt  daneben.  Dann  liegt 
hier  ein  dorisches  Kapitell  aus  weißem  Marmor  (Fig.  21). 
Über  dem  unkannelierten,  0-09™  hohen  Hypotrachelion 
sind  3  Riemen  angegeben.  Ferner  ist  hier  eingemauert 
ein  Epistylblock  mit  2  Faszien,  dann  ein  o"20™  langes, 
o'ii"'  breites,  0'i4"'  hohes  ionisches  Geisonstück,  rechts  auf  Anschluß  gearbeitet. 
In  einer  Feldmauer  bei  demselben  Grundstück  steckt  ein  Marmorblock  mit  den  im 
epigr.  Anhang  n.  14  angeführten  Buchstaben.  In  dem  Häuschen  neben  dem 
Grundstücke  des  D.  Lukrezis  sind  mehrere  antike  Reste  eingemauert:   ein  Stück 

aus  weißem  Marmor  mit  dem  Buchstaben 
Alpha  (siehe  epigr.  Anhang  n.  18);  eine 
ionische  Basis  mit  Plinthe  aus  einem  Stück 
weißlichgrauen  Marmors  (Fig.  22);  daneben 
ein  Stück  einer  profilierten  Basis  aus  weißem 
Marmor,  ferner  der  obere  Teil  einer  unkan- 
nelierten Säule  aus  weißem  Marmor,  deren  o'i6"  hohes  Hypotrachelion  sich  durch 
einen  Rundstab  abhebt  und  einen  Anthemienschmuck  von  später  Arbeit  trägt. 
Neben  dem  Grundstücke  des  D.  Lukrezis  ist  in  einem  .Stall  (Kamara)  ein  Epistyl- 
block (Fig.  23)  mit  dreireihigem  entarteten  Eierstab  eingemauert;  Motiv  und 
Arbeit  weisen  uns  in  die  byzantinische  Zeit.  Ebenda  befindet  sich  auch  ein  Marmor- 


22.   Ionische  Basis. 


mwswäsm»mm%9%m»mk 


33333 


23:   Byzantinischer  Epistylblocl;. 


23 


stück  mit  einem  geschwungenen  Profil,  das,  seitlich  mit  Anathyrose  versehen, 
Fuß  oder  Deckplatte  eines  Sockels  gebildet  haben  mag  (Fig.  24),  ferner  zwei 
o"34™  hohe,  o'igs™  dicke,  0485'°  breite  Bankfüi3e  von  der  üblichen  Form  (Fig.  25), 


24:    Profilierle  Platte. 


Bankfuß. 


mit  einer  Einarbeitung  von  o'04'"  für  die  Sitzplatte.    Mit  der  verlorenen  rückwär- 
tigen Verbindungsplatte    waren   beide    Füße    durch    doppeltauförmige    Klammern 
verbunden.    In   der  Nähe  des  Grundstückes  des  D.  Lu- 
krezis  ist  neben  der  Inschrift  IG  XII  5,  756  noch  ein 
stark    bestoßenes,    korinthi-sches  Dreiviertelkapitell   zu 
nennen,    das  an  den  Seiten  je  eine  menschliche  Figur 
mit  Flügeln  und  Schlangenleib  in  flachem  Relief  zeigt. 
Von     wichtigeren     Architekturstücken,     die     im 
nördlichen    und    oberen  Teil  von  Paläopolis    zu  sehen 
sind,  seien  noch  folgende  angeführt.     Bei  der  Eleusa- 
kirche,  die  außerhalb  der  antiken  Ummauerung  liegt,  wo  IG  XII  5,  781,  782,  785 
sich    befinden,    ist    über    der    Eingangstür    ein  2'"    langer,    0-33™    dicker    Türsturz 


;6:  Gesimsplatte. 


0,2G0 


«       0,172      > 


ö 


M 


27  a:  Triglyphengebälk. 


27  t:  Triglyphengebälk. 


angebracht,  der  an  der  Seite  Profilierung  und  an  der  Unterseite  im  Abstände 
von  0-045'"  zueinander  im  rechten  Winkel  stehende,  0-02 '"  tiefe  Dübellöcher  zeigt. 
Er  wird  in  römischer  Zeit  als  Basis  gedient  haben. 

Im  Hause  des  Konstantinos  Lukrezis  dient  ein  weißer  Marmorblock  (Fig.  26) 
mit    angearbeitetem    seitlichen   Wulst  (Fußgesims    einer  Wand?)   als   Stufe.     Bei 


24 


28 :   Grabsirene. 


demselben  Lukrezis  sind  eine  stark  beschädigte  Kapitellvolute  sowie  eingemauerte 
Teile  eines  dorischen  Gebälks  (Fig.  z-j  ab)  aus  grobkörnigem  Inselmarmor  zu  sehen, 

das  eine  bestehend  aus  Architrav,  Triglyph  und 
Metope,  auf  letzterer  in  flachem  Relief  ein  Dreifuß, 
auf  dessen  Henkel  ein  runder  Reif  aufliegt'^).  Das 
zweite  Stück  zeigt  nebst  Architrav  eine  Metope, 
umgeben  links  von  einem  halben  und  rechts  von 
einem  ganzen  Triglyph.  K\ii  der  Metope  ist  ein  Bu- 
kranion dargestellt.  Die  Stücke  zeig'en  an  den  beiden 
Seiten  Stoöflächen.  Der  kleine  Bau,  von  dem  sie  stammen,  könnte  ein  Altar, 
etwa  des  auf  Andros  besonders  verehrten  Dionysos  gewesen  sein'^);  die  gute 
Arbeit  erlaubt  bis  ins  vierte  Jahrhundert  v.  Chr.  hinauf- 
zugehen. Einige  .Schritte  unterhalb  des  Hauses  des 
K.  Lukrezis  liegt  in  der  Umfassungsmauer  neben  dem 
Hause  des  M.  Mydrinos  der  den  Bezirk  des  Zeus  Meilichios 
abgrenzende  Stein  mit  der  Inschrift  IG  XII  5,  727  (S.  116). 

Von  den  zahlreichen 
von  mir  im  Stadtgebie- 
te notierten  und  bisher 
noch  nicht  erwähnten, 
mehr  oder  minder  übel 
zugerichteten  Skulptur- 
resten sollen  hier  nur 
einige  der  besser  er- 
haltenen Erwähnung 
finden:  auf  dem  Grund- 
stücke des  D.  Zervos  der 
stark  fragmentierte  Tor- 
so einer  aus  weißem  Mar- 
mor gefertigten  Grab- 
sirene (Fig.  28,  0-76 '"  breit,  1-052™  hoch)'*);  auf  dem  Acker  der  I.  Baru  Hegt  das 
o-8o'"  hohe  Fragment  eines  bekleideten  weiblichen  Oberkörpers,  auf  dem  Grund- 


2g:   Unterteil  einer  weiblichen 
Gewandstatue. 


30:   Unterteil  einer   wl-iIj 
liehen   Gewandstatue. 


'-)  Über  die  Form  der  Dreifüße  s.  Reisch,  Griech. 
Weihgeschenke  (Abh.  arch.-epigr.  Sem.  Wien  VIII) 
67  ff. 

*^)  Pagenstecher,  Unteritalische  Grabdenkmäler 
104.  Vgl.  dazu  den  neuen  Altar  von  Garitsa,  ein 
ähnliches  Gebälkstück  in  Elis,  auf  das  mich  O.  "Walter 


aufmerksam  macht,  sowie  den  Fries  vom  Theater  in 
Delos  ebenfalls  mit  Bukranien  und  Dreifiilen  (Fritsch, 
Delos  44  Abb.  13). 

'*)  Vgl.  Collignon,  Les  statues  funeraires  dans 
l'art  gr.  76  ff.  214  ff. ;  Pervanoglu,  Die  Grabsteine  der 
alten  Griechen  79  ff.;  Versakis, 'Apx-'E:fifi(i.  igil.S.  ig2. 


25 


3 1 :   Triglyphon. 


stück    des    I.  Valmas    der    untere    Teil    einer    weiblichen    Gewandstatue    (Fig.    29, 

0-65"'  hoch,  0-30'"  breit)  ^*),  auf  dem  desD.  Philippidis  ein  0-50'"  hohes  Fragment  einer 

männlichen  Gewandstatue;   im  Hause  des  A.  Zervos  ist  der  ^^^, 

untere  Teil  einer  weiblichen  Gewandstatue  aus  Inselmarmor 

eingemauert    (Fig.  30).     Diese  bereits    von  Weil,  Ath.  Mitt. 

I   1876,  S.  241  erwähnte  Statue  ist  von  den    Hüften   abwärts 

erhalten,  mißt  zus3,mmen  mit  der  o-oö"^  hohen  Plinthe  i-i3'" 

und   ist   in  bis  auf  den  Boden    herabreichenden  Chiton  und 

auf    der    linken    Seite     herabhängenden    Mantel    gekleidet. 

R.  Stand-,    1.  Spielbein.     In  demselben   Hause    ist    über   der 

Türe  über    einem    späten    korinthischen   Kapitell   ein   o'i8'" 

hohe.s,  von  den  Knien   bis    zur   Hüfte  reichendes  Fragment 

der  Statuette  eines  nackten  Knaben  eingemauert.  Ebendort 

befindet  sich   auch  ein  rechts  abgebrochenes  Stück  eines  Triglyphons  aus  weißem 

Marmor  (Fig.  31).    In   der  Nähe    des  erwähnten   Hauses    liegt   hart  am   Meere   ein 

085'"  hoher,  männlicher  Torso 

-rSv-T'-,.        ^,^^  guter  Arbeit  (Fig.  32  ab)\ 

Kopf,  Hals,  Arme  und  Beine 

von  den  Hüften  an  fehlen.  Die 

,;      muskulöse   Gestalt    ist    nackt 

/'       bis    auf  ein    Mäntelchen    auf 
,#  / 

■'  '         der  linken  Schulter;  die  linke 

Schulter  scheint  niedriger  zu 

stehen  als  die  rechte.    Dieser 

Umstand    sowie    die    eigenar- 

'\  tige  Wölbung  des   gut   gear- 

^  /         beiteten    Rückens     sprechen 

'^  dafür,  daß  die  Figur  auf  dem 

->^^  linken  Beine  ruhte.  Der  Kopf 

2,2  ab:  Wännlicher  Torso.  scheint    nach    links     gesenkt 


'^)  In  derselben  Gegend  soll  nach  der  Angabe 
meines  Begleiters,  des  Paredros  K.  Lukrezis  vor 
Jahren  der  Kopf  einer  Frauenstatue  gefunden  und 
um  500  Dr.  verkauft  worden  sein.  Wohin  der  Kopf 
kam,  konnte  mir  der  Genannte  nicht  angeben.  Ob 
es  sich  um  den  jetzt  in  den  Uönigl.  Museen  zu  Berlin 
(Beschr.  der  antiken  Skulpturen  752)  befindlichen, 
Sauciuc,  Andres. 


0"3!;™  hohen  Kopf  aus  grobkörnigem  Marmor  handelt, 
der  bei  Furtwängler.  .Sammlung  Sabouroff  XL  ab- 
gebildet ist,  läßt  sich  nicht  ermitteln.  Daß  letzterer 
nicht,  wie  Furtwängler  vermutet  hat,  zu  der  mit  dem 
sogenannten  Hermes  von  Andres  zusammen  gefun- 
denen kopflosen  Frauenstatue  des  Athener  National- 
museums gehört,   hat  sich  auf  Grund  eines    mir  von 


26 


gewesen  zu  sein.  Der  Torso  dürfte  wohl  der 
hellenistischen  Zeit  angehören;  die  Statue  des 
C.  Offelius  Perus  (BCH  1881  T.  XII;  Fritsch,  Delos 
56  f.)  scheint  ihm  stilistisch  nahezustehen. 

Im  Hause  des  N.  Kassidonis  ist  rechts  von 
der  Inschrift  IG  XII  5,  738  ein  Stück  eines  Re- 
liefs eingemauert  (rechts  und  links  abgebrochen, 
0-927'"  hoch,  0-47 "'  breit,  Fig.  a):  Eros,  nackt 
l)is  auf  den  zu  beiden  Seiten  der  linken  Schulter 
frei  herabhängenden  Mantel '''),  in  einem  Typus, 
wie  er  durch  die  hellenistische  Kunst  geschaffen 
wurde  und  sich  in  der  griechischen  und  römischen 
Zeit  sehr  oft  findet.  Der  Eros  schreitet  nach 
rechts;  der  Kopf  mit  dem  langen,  lockigen  Haar 
ist  ebenfalls  nach  rechts  gewendet  und  der  Blick 
emporgerichtet;  erhoben  ist  auch  die  linke  Hand, 
während  die  Rechte  eine  nach  unten  gesenkte 
Fackel,  ein  beliebtes  Symbol  des  verlöschenden 
Lebens  und  ein  Hauptattribut  des  späteren  Eros- 
Thanatos,  hält.  Das  Bruchstück  wird  wohl  einem 
Sarkophag  angehören,  wie  wir  sie  in  der  römi- 
schen Kaiserzeit  häufig  finden '").  Man  erinnere 
sich  nur  an  den  Sarkophag  im  Athener  National- 
museum Nr.  1187,  bei  dem  die  Eroten  der  beiden 
Schmalseiten,  auch  in  den  Maßen,  mit  denen  des  andrischen  Bruchstückes  über- 
einstimmen. 

Im  Hause  des  K.  Lukrezis  ist  neben  dem  sehr  verstoßenen  Rest  einer 
Pfeilerfigur  (Lockenkopf  vor  viereckigem  Pfeiler)  ein  Rest  einer  bekleideten  weib- 
lichen   Figur  (0-54'"  hoch,  0-24"  breit  auf  0-04'"  hoher  Plinthe)  zu  verzeichnen. 


jf 


33:  Sarkophagbruchstück 


Herrn  Direktor  Winnefeld  gütigst  zur  Verfügung  ge- 
stellten Abgusses  der  Bruchfläche  ergeben.  Der  Kopf 
gehört  nach  CoUignon,  Les  statues  funeraires  l8o  zu 
einer  Grabstatue. 

")    Erwähnt     schon     bei    Miliarakis,    Hypomn. 
112  und   113. 


'^)  Furtwängler,  Roschers  Lexikon  der  Mytho- 
logie I  I,  1366  ff.;  Altmann,  Architektur  und  Or- 
namentik der  antiken  Sarkophage  5qff.;  Strong,  Journal 
of  Hellenic  Studies  XXVIII  igo8,  27  ff.;  Kleine 
-Schriften  von  Adolf  Furtwängler  hg.  von  Sieveking- 
Curtius  I  41,  45  f.,  49. 


2^ 


34 :  Der  Hafen  von  Gaurion. 

Sonstige  Funde  und  Reste  antiker  Niederlassungen. 

Als  der  eigentliche  Hafen  von  Andros  galt  im  Altertum  die  sackähnliche, 
weit  in  die  Insel  eindringende  Bucht  von  Gaurion')  (Fig.  34),  die  im  nördlichen 
Teil  der  Westküste  der  Insel  gelegen  von  der  antiken  Stadt  Andros,  dem 
heutigen  Paläopolis,  80  Stadien  entfernt^)  ist  Die  Lage  der  Stadt  Gaurion  ist 
eine  sehr  günstige.  Sie  hat  einen  ausgezeichneten  Hafen  und  liegt  an  der  Mündung 


')  Xen.  Hell.  I4,  22;  bei  Diodor  XIII  69  haben 
alle  Handschriften  Käxpiov.  Bei  Livius  XXXI  45 
wird  der  Hafen  Gaureleon  genannt.  Skylax  meint  im 
Periplus  mit  'AvSpoj  xai  Xip.TjV  (S.  46  bei  C.  Müller, 
Geogr.  gr.  min.  I)  wohl  den  Hafen  von  Gaurion. 
Dieser  ist  auch  im  Stadiasmus  maris  magni  §  283 
(C.  Müller,  Geogr.  gr.  min.  I  500)  unter  dem  ÄiliVjV  zu 
verstehen.  Sicher  bedeutet  Xi|ivjv  den  Hafen  von 
Gaurion  bei  Dionysios,  Sohn  des  Kalliphon,  Descriptio 
Graeciae  v.  143  (bei  C.  Müller  243),  bei  dem  wir 
'AvSpos  TS  ■rfiQoc,  v.aX  xaxi  repataxov  Xtiirjv  lesen. 


^)  Stadiasmus  maris  magni  §  238  (C.  Müller  500): 
"ÄTiö  "Avdpou  sJ;  Xi|ieva  Faupfou  axadfous  71'.  Müllers 
Erklärung  „ab  Andro  extrema"  kann  nicht  richtig 
sein.  Daß  der  Verfasser  der  obengenannten  Schrift,  von 
-Syros  kommend,  die  Entfernung  vom  nördlichen 
Ende  von  Andros  nach  Gaurion  angegeben  hätte, 
ist  recht  auffallend;  denn  an  das  südliche  Ende  der 
Insel  bei  dem  Ausdrucke  äTtö  "Aväpou  zu  denken, 
läßt  die  geringe,  der  Wirklichkeit  widersprechende 
Angabe  der  Entfernung  von  80  Stadien  nicht  zu. 
Vgl.    dann     die    Angabe    über    die    Entfernung    von 

4* 


28 


Gauriun. 


eines  kleinen,  aber  sehr  fruchtbaren  Tales.  Im  heutigen  Gaurion,  das  im  nördlichen 
Winkel  des  Hafens  liegt  (siehe  Fig.  35),  sind  von  der  antiken  Ansiedelung  fast 
gar  keine  Reste  zu  sehen.  Die  von  den  früheren  Besuchern  gemachten  Angaben 
stützen  sich  lediglich  auf  die  ganz  unbestimmten  und  unverläßlichen  Angaben 
der  Einheimischen.  Auch  sind  die  geringen  Reste,  die  sie  sahen,  im  Laufe  der 
Jahre  verschleppt  worden,  so  daß  von  dem  antiken  Hafenorte  nur  ganz  geringe 
Spuren  erhalten  sind. 

An  die  antike  Niederlassung  in  Gaurion  erinnert  die  Bezeichnung  für  die 
fruchtbaren  und  wohlbebauten  Grundstücke,  die  die  Einheimischen  wie  in  Paläo- 
polis  jedesmal  xb  'EXXrjVtxö')  nennen.  Auch  liegen  hier  viele  Bruchstücke  von 
Marmor  und  Ziegeln  umher.  Am  Meere  sah  ich  in  dem  Hause  des  Aleko  Psomas 
Petri  rechts  vom  Eingang  den  schon  von  Dragatsis  (Ilapvaaijos  V  791)  erwähnten, 
gut  erhaltenen  Unterteil  einer  weiblichen  Gewandstatue  in  der  für  die  helleni- 
stische Zeit  charakteristischen  Form*),  mit  der  Plinthe  0-97"'  hoch  (Fig.  36). 
Einige  hundert  Schritte  nördlich  vom  heutigen  Gaurion  sah  schon  Ross  am  Ufer 
des  Hafens   das   sogenannte  alte   Bad    {notlxCov   XüiiTf/6v),    eine   unterirdisch    herbei- 


Gaurion  nach  dem  nördlichen  Vorgebirge  der  Insel 
im  Stadiasmus  §  283,  wo  der  unsichere  Name 
üaitüviov  füi  die  Entfernung  nicht  ins  Gewicht  fällt, 
ebenso  die  P'ntfernung  von  demselben  Vorgebirge 
von  Andros  nach  dem  Aulon  im  Diaphragma  (bei 
C.  Müller  a.  a.  O.  I  95).  Wenn  er  nicht  die  Stadt 
Andros,  sondern  das  nördliche  Ende  der  Insel  Andros 
im  Auge  gehabt  hütte,  hätte  er  sich  wahrscheinlich 
auch  einer  andern  Ausdrucksweise  beflissen.  Für 
die  Entfernung  von   Paläopolis  nach   dem  Hafen   von 


Gaurion  würde  die  Angabe  im  Stadiasmus  a.  a.  O. 
annähernd  stimmen.  Nach  Ross  II  16  sind  es  nicht 
über  6 — 7  Meilen  zur  See.  Zu  Lande  erreicht  man 
Gaurion  von  Paläopolis  aus  nach  einem  recht  müh- 
samen Weg  über  die  Ausläufer  der  Kuwara  in 
annähernd  4  Stunden. 

')  Vgl.  Miliarakis,  Hypomn.  115,  der  sie  'ElXt]'/:- 
xciSaj  nennt. 

')  Vgl.  die  Frauenstatuen  aus  Thasos,  Jahrbuch 
XXVII    1912,  S.    II  «■.,   Abb.  1—4. 


29 


geleitete  Quelle,  mit  einer  gewölbten  Decke  überbaut,  von  der  noch  ein  Teil  er- 
halten war.  In  dem  darangebauten  Brunnen  waren  ein  dorisches  und  ein  christliches 
Kapitell  eingemauert.  Nach  Miliarakis  (115)  sollen  hier  auch  ein  Mosaikfußboden 
und  Münzen  gefunden  worden  sein.  Nähert  man  sich  von  dem  modernen  Fahrweg 
dem  TiaXawv  Xoutpov,  so  sieht  man  an  der  Nord-  und  Ostseite  Reste  einer  bis  etwa 
i"  hohen  und  rs™  dicken,  mittels  Mörtel  errichteten  Wand  (Fig.  37),  die  innen 
stellenweise  Stucküberzug  zeigt.  Daran  schließt  sich  nach 
Osten  ein  anderer  Raum,  dessen  östliche  Wand  nach  3'" 
durch  eine  0-65™  breite,  0-38"  vorspringende  Mauer  eines 
Halbrundes  von  r88™  Durchmesser  unterbrochen  wird.  Die 
südliche  Seite  ist  zerstört.  Wichtig  für  die  Geschichte  dieses 
antiken  Bades  ist  eine  Inschrift,  die  sich  bis  vor  kurzem 
im  Demarcheion  befand  und  jetzt  ins  Schulgebäude  ge- 
bracht wurde  (Epigr.  Anhang  n.  21).  Sie  wurde,  wie  mir 
Dr.  Nik.  Katsiotis  in  Gaurion  mitzuteilen  die  Freundlichkeit 
hatte,  bei  jenem  Lutron  gefunden  und  besagt,  daß  ein  Dio- 
genes das  alte  Bad  völlig  neu  herstellte.  Wann  der  römische 
Neubau,  dessen  Reste  wir  vorhin  anführten,  stattgefunden 
hat,  läßt  sich  nicht  genau  ermitteln.  Die  Schrift  gibt  keine 
sicheren  Anhaltspunkte.  Auf  Grund  der  Orthographie  des 
lateinischen  Textes,    die  allzu    oft    den   mit    der   lateinischen 

Sprache  wenig  vertrauten  Griechen  verrät,  möchte  ich  die  Inschrift  und  damit 
auch  den  römischen  Umbau  in  den  Anfang  der  römischen  Herrschaft  auf  Andros 
setzen.  Auf  dem  Grundstücke  des  riavvouXt'orjS  sah  Miliarakis  (Hypomn.  1 1 5)  neben 
der  Kirche  Hagios  Petros  ein  dorisches  Kapitell.  Zu  beiden  Seiten  der  Kirche 
liegen  zwei  riy"'  hohe  Granitsäulen  und  hinter  derselben  eine  i"74'"  lange, 
0-31"'  breite,  o' 20"  dicke  Marmorbasis,  die  eine  aus  mehreren  Trochili  und  Tori 
bestehende  Profilierung  zeigt. 

Dreiviertel  Stunden  vom  Orte  Gaurion  steht  bei  Hagios  Petros  ein  großer, 
runder,  ungefähr  20'"  hoher,  aus  Quadern  erbauter  Turm  (Fig.  38),  der  sich 
nach  oben  verjüngt  und  an  der  Basis  einen  inneren  Durchmesser  von  6™  hat^). 
Auf  der  Südseite  glaube  ich  Spuren  einer  zum  Turm  führenden  Rampe  zu  er- 
kennen. Dagegen  konnte  ich  von  den  Mauern  des  Burghofes,  von  denen  Ross   14 


36:  Unterteil  einer  weib- 
lichen Gewandstatue. 


^)  Ross  II  12;  Chipiez  bei  Daremberg-Saglio,  Voyage  224  ff.;  Fiedler,  Reisen  durch  Griechenland 
Dictionnaire  des  antiquites  II  1034;  Miliarakis,  II  235  f.  T  IV;  Chr.  Dragatsis,  Parnasses  V  1881, 
Hypomn.    116  ff.;   Beut,   The  Cyclade.s  301;    Ruchon,        793  und  864  iT. 


30 


»'*  *• 


37 :   IlaXaiöv  Äouxfdv  in  Gaurion. 


geringe  Reste  gesehen  hat,  zu  der  Zeit,  wo  das  Getreide  auf  den  Äckern  stand, 
nichts  bemerken.  Die  Rampe  führt  zu  einer  r25™  hohen,  ri6'"  breiten  Öffnung 
(Fig.  39),  die,  für  eine  gewöhnliche  Tür  zu  niedrig,  umrahmt  ist  von  zwei 
2' 18°' breiten  Pfeilern,  dem  Türsturze,  der  aus  zwei  2'85'"  langen  und  o'S 5™  dicken 
Steinen  gebildet  ist,  und  der  jetzt  sehr  abgetretenen  Türschwelle.  Zu  beiden  Seiten 
der  Tür  sieht  man  an  der  Außenwand  je  einen  0'25'"  breiten,  o'o8'"  tiefen  Streifen 
eingehauen,  der  nicht  ganz  bis  an  die  Oberkante  der  Turmmauer  hinaufreicht,  und 
diesen  entsprechend,  auf  der  gegenüberliegenden  Seite  in  der  ganzen  Höhe  des 
Turmes  zwei  schmälere  (ot6™  breite  und  0-05 ™  tiefe)  streifenförmige  Einarbeitungen, 
in  denen  nach  Miliarakis  122  (vgl.  Dragatsis  880)  zur  Stütze  der  Zinnen  und 
anderer  Verteidigungsmittel  Balken  gestanden  haben  sollen,  was  nicht  sehr  wahr- 
scheinlich ist. 

Im  Innern  ist  die  Wand  mit  kleineren  Steinen  verkleidet.  In  der  Höhe  von 
3'6o'"  bilden  die  ein  wenig  überragenden  Steine  eine  Art  Gewölbe,  das  oben 
durch    höchstens  6  große  Platten,    die   jetzt    durchgebrochen    sind,    abgeschlossen 


31 


war.  In  der  Mitte  dieses  Gewölbes  nimmt 
Dragatsis  876  eine  Öffnung  an,  durch 
die  das  Liclit  in  den  darunter  befind- 
lichen Raum  eingetreten  wäre.  Hier  wird 
auch  die  Verbindung  des  unteren  Teiles 
mit  dem  oberen  Teil  gewesen  sein  und 
zwar  nicht  durch  eine  Öffnung  über  dem 
oben  beschriebenen  untersten  Eingang, 
durch  die  sich  mit  Mühe  ein  Mann  durch- 
zwängen kann").  Diese  wird  nach  Dra- 
gatsis 878  nur  zum  Aufziehen  und  Her- 
unterlassen der  Tür  gedient  haben.  1-48™ 
über  der  Tür  sind  zu  beiden  Seiten  der- 
selben zwei  1-26"'  große  Öffnungen,  die 
sich  auf  der  Innenseite  erweitern,  nach 
außen  aber  nach  Art  der  Schießscharten 
sich  verschmälern.  Ein  Meter  unterhalb 
dieser  Schießscharten  befinden  sich  im 
Innern  des  Turmes  vier  o'4i'"  hohe,  o'i6'" 
breite    und  o"4i'"    tiefe  Einarbeitungen, 

die  in  einem  Abstände  von  ro2"'  voneinander  stehen.  Ihnen  entsprechen  an  dem 
gegenüberliegenden  Teil  der  Wand  vier  gleiche  Einarbeitungen,  die  nur  für  die 
Aufnahme  von  Balkenenden  gedient  haben  können.  In  der  Höhe  des  Gewölbes 
setzt  an  der  Innenwand  eine  Treppe  an  (Eig.  40),  die  den  Turm  hinaufführt  und 
von  der  noch  bedeutende  Reste  erhalten  sind.  Deutlich  erkennen  konnte  ich  über 
dem  Gewölbe  noch  vier  Stockwerke  (Ross  13  gibt  5,  Dragatsis  878  sogar 
sieben  Stockwerke  an  und  Droysen  a.  a.  O.  4  Geschosse  und  ein  offenes  Stock- 
werk) mit  größeren  und  kleineren  Öffnungen,  die  meist  nach  der  Südseite  gerichtet 
sind  und  die  bald  wie  eine  Tür,  bald  wie  ein  größeres  Fenster,  bald  wie  Schieß- 
scharten aussehen.  Oberhalb  der  Tür  des  Erdgeschosses  sieht  man  in  ent- 
sprechenden Abständen  noch  drei  Öffnungen,  von  denen  zwei  türähnlich  sind. 
An     der    Stelle,     wo     man     die     Tür-    und     Fensteröffnung    des     vierten     Stock- 


38:   Der  Turm   von  Hagios  Petros. 


')  Hier  nimmt  Droysen  (Heerwesen  und  Krieg-  dem    ersten  Stockwerke  an,    während    nach  ihm  für 

fiihrung     der    Griechen,     Hermanns     Lehrbuch     der  den  Zugang  von  außen   nach   dem    ersten  Stockwerk 

griech.   Antiquitäten   II.    Bd.   II.  Abt.   257  Anm.   1)  eine  Leiter  diente, 
den  Zugang  aus  dem  Innern   des  Erdgeschosses  nach 


32 


Werkes  erwarten  würde,  sind  die 
Steine  des  Turmes  herabg-e- 
stürzt  —  besonders  viel  Schaden 
bat  der  Sturm  an  der  Ostseite 
des  Turmes  angerichtet  — ,  doch 
sieht  man  noch  links  davon  eine 
Art  Tür.  An  einige  Öffnungen 
waren  aui3en  einst  horizontale 
oder  vertikale  Platten  angebracht 
und  jetzt  noch  sind  an  zweien 
geringe  Reste  der  horizontalen,  an 
einer  auch  eine  vertikale  Platte 
sichtbar').  Sie  sehen  wie  Reste 
von  „balkonartigen  Vorsprüngen" 
(Ross  1 3)  aus  und  Droysen  be- 
trachtet sie  als  eine  Seitenstütze 
für  eine  kleine  Galerie,  welche 
durch  zur  Tür  herausgelegte 
Balken  gebildet  wurde.  Auf  der 
nördlichen  Seite,  auf  der  in  einer 
Höhe  von  5*°  nur  eine  schieß- 
schartenähnliche Öffnung  wie  auf 
der  nordwestlichen  zu  sehen  ist,  ragen  noch  zwei  horizontale  Platten  hervor,  ohne 
daß  hier  eine  größere  Öffnung  sichtbar  wäre.  Die  Schießscharten  erscheinen  links 
über  den  größeren  Öffnungen,  während  rechts  nur  eine  zwischen  dem  zweiten  und 
dritten  Fenster  angebracht  ist.  Wie  der  obere  Abschluß  des  Turmes,  von  dem  infolge 
der  heftigen  Winde  immer  mehr  einstürzt,  aussah,  entzieht  sich  vollkommen  jeder 
Vermutung^).  Die  Schieferquadern  sind  im  unteren  Teil  des  Turmes  sehr  mächtig 
(bis  2™  lang  und  o-8o'"  dick)  und  werden  nach  der  Höhe  zu  immer  kleiner;  die 
Quadern  des  untersten  Teiles  (bis  zur  Höhe  des  Gewölbes)  sind  zwar  ziemlich 
regelmäßig  gefugt,  an  der  Außenseite  aber  fast  unbehauen.  Auf  der  Meeresseite 
ist  der  dunkelgraue  Glimmerschiefer,  aus  dem  der  ganze  Turm  besteht,  unter 
dem  Einfluß  der  Seeluft  ziemlich  stark  zerfressen. 


39:   Tür  des  Turmes  von  Hagios  Petros. 


')  Siehe    auch    die    Abbildung    bei    Chipiez    in        de  la  Grece  Tafel  2  nimmt  oben  einen  Zinnenabschluß 
Daremberg-Saglio's  Dict.  des  antiq.  II   1034.  an,    während  Droysen    eher   eine   offene   Galerie   an- 

')  Le  Bas,  Voyages  en  Gr^ce,  Architecture,  lies       setzen  möchte. 


33 


Der  Turm  liegt  auf  einer 
Höhe,  von  der  aus  man  einen 
guten  Ausblick  auf  das  Meer 
hat,  während  nach  den  übrigen 
Seiten  die  Aussicht  durch  die 
Anhöhen  gehindert  ist.  Auch 
der  Fahrweg  geht  hier  in  größe- 
rer Höhe  vorbei.  Über  die  Zeit, 
aus  der  dieser  Turm  stammt, 
ist  man  zu  ganz  verschiedenen 
Resultaten  gelangt,  doch  läßt 
sich  kaum  daran  zweifeln,  daß 
er  dem  Altertum  angehört  und 
Chipiez  geht  wohl  nicht  weit 
felil,  wenn  er  ihn  in  die  zweite 
Hälfte  des  vierten  Jhs.  v.  Chr. 
datiert. 

Leider  sind  uns  auf  Andros 
zu  wenig  Reste  von  guten 
griechischen  Bauten  erhalten, 
um  sie  zum  Vergleiche  für  den 
Bau  des  HagiosPetros -Turmes 
heranziehen  zu  können,  doch 
kennen  wir  auf  der  Nachbar- 
insel Tenos  neben  der  Johanneskirche  in  Smovolon  einen  runden  Turm,  der  im 
oberen  Teil  modern  ist,  in  seinem  gewaltigen  Unterbau  aber  dem  andrischen 
ganz  nahesteht^).  In  einer  höheren  Schichte  findet  sicli  im  unteren  Teil  des  teni- 
schen  Turmes  ein  Block  mit  der  Inschrift  Auat{)-£[os]  'AptaxoXoxou  xat£cjx£ijx[a£v] '"), 
nach  deren  Buchstabenformen  der  Bau  in  hellenistischer  Zeit,  etwa  am  Ende  des 
dritten  Jahrhunderts  v.  Chr.  errichtet  sein  wird.  Dieselbe  Zeit,  wenn  nicht  eine  etwas 
frühere,  können  wir  für  den  Hagios  Petros-Turm  auf  Andros  annehmen.  Verschieden 
sind  auch  die  Meinungen  über  die  ein.stige  Bestimmung  des  Turmes.  Fiedler, 
Reisen    durch  Griechenland  II  233  fand    in    seiner  Nähe    große  Schlackenhaufen, 

^)  Allgebildet    Bull.    Corr.    Hell.     XXVII    1903        beh.iuen,    isl    bei    dem    Turme    von    Tenos    zur    An- 
S.  259.   Audi   die  auf  Andros  übliche  Art,  die  seit-       Wendung  gelangt, 
liehen    Anschlußfl.ichen    scliief   und    rechtwinklig    zu  '")  IG   XII    5,    2,  955. 

Sauciuc,  Andros.  5 


^o:   Inneres  des  Turmes  von  Hagios  Petros. 


34 

die  von  einem  alten  Bergbau  stammen  sollen  und  die  auf  der  Karte  Mamais  und 
Stavlos  (Kdpvqc,  xfjs  VTjaou  'A.v5pou,  Andres  1894,  i  :  52.000)  verzeichnet  sind,  und 
Bursian  (Geogfi'aphie  von  Griechenland  II  444)  glaubt  infolgedessen,  daß  der  Turm 
diese  alten  Brauneisenerz-Bergwerke  zu  schützen  hatte'').  Philippson,  der  keine 
Spuren  der  erwähnten  Schlacken  auffinden  konnte,  betont  auf  S.  50  ganz  richtig, 
daß  die  Stellen,  an  denen  der  Turm  von  Gaurion  und  die  ähnlichen  Türme  von 
Kea  errichtet  sind,  nicht  so  günstig  gelegen  sind,  daß  sie  eine  weite  Umschau  ermög- 
lichen würden,  um  das  Herannahen  von  Feinden  zu  beobachten.  Sie  liegen  aber  in 
der  Mitte  eines  fruchtbaren  Tales,  das  von  der  Stadt  nicht  zu  übersehen  ist,  ferner 
an  einer  wichtigen  Verkehrsstraße,  mittwegs  zwischen  zwei  Städten.  Es  ergeben  sich 
also  zwei  Möglichkeiten:  „entweder  es  waren  Rückzugsplätze  für  die  Landleute, 
die  hier  abseits  des  Gesichtskreises  der  Stadt  ihren  Arbeiten  nachgingen,  viel- 
leicht auch  dort  Hütten  bewohnten  und  bei  plötzlichen  Einfällen  der  Piraten 
leicht  von  der  Stadt  abgeschnitten  werden  konnten,  oder  aber  es  waren  Grenz- 
türme, errichtet  zur  Verteidigung  der  beiden  Stadtgebiete  gegen  gegenseitige 
freundnachbarliche  Überraschungen."  Die  zweite  von  Philippson  aufgestellte  Mög- 
lichkeit fallt  für  die  Insel  x\ndros  fort,  da  diese,  wie  uns  durch  Plinius  N.  h.  IV  65 
ausdrücklich  bezeugt  ist,  nur  eine  einzige  Stadt  besaß.  Der  Turm  liegt  zwischen 
zwei  Tälern  und  konnte  nur  der  von  Philippson  zuerst  erwogenen  Möglichkeit 
dienen:  die  beiden  Täler  und  deren  Bewohner  gegen  die  in  liellenistischer  Zeit 
häufige  Seeräuberplage'-)  zu  schützen.  Für  einen  Zufluchtsturm  hält  ihn  auch 
Weil,  Athen.  Mitt.  I  1870  S.  243  und  II   1877  S.  62  f 

Die  Besiedlung  von  Andros  hat  sich  natürlich  nicht  allein  auf  die  Hauptstadt 
mit  ihrem  Hafenorte  beschränkt;  Ansiedelungen  wird  es  auch  an  anderen  Stellen 
von  Andros  gegeben  haben,  worauf  uns  gelegentliche  Funde,  meist  Tonscherben 
aus  guter  griechischer  Zeit,  die  von  früheren  Besuchern  an  einigen  Orten  ver- 
zeichnet worden  sind,  hinweisen. 

Nordwestlich  von  Gaurion  findet  man  in  Kato-P hello  antike  Marmor- 
brüche (Fig.  42):  sichtbar  ist  eine  bis  7-5™  hohe  und  10™  breite  behauene  Wand, 
vor  der  eine  größere  Anzahl  bis- 5""  langer  und  i '"  breiter,  viereckiger  Pfeiler 
und  halbfertiger  Säulen  liegen.  Der  schieferige  Marmor  konnte  von  dem  nahen  und 
guten  Hafen  von  Phello  leicht  ausgeführt  werden  und  wir  finden  auch  in  Paläopolis 
einige  Baureste,  die  diesen  Marmor  aufweisen.  Eine  Stunde  von  Gaurion  entfernt 

")Vgl.Neumann-Partsch,Phys.Geogr.Griecli.233.        Zum  Schutz  gegen  die  Pir.ilen  diente  auch  der  Turm 
'-)  Weil,  Ath.  Mitt.  II  1877  S.  62  f.;  Pridik  a.  a.O,       bei  Atjvo  auf  Myl;onos,  abgebildet  bei  Svoronos,  BCH 
48ff.:Hiller  vonGaertringen,Ath.Mitt.XX  1S95S.395.        XVII   1893  S.  491. 


35 

liegt  südlich  vom  Orte  Phello'^)  am  oberen  Wege,  der  über  den  Berg  Kumäri''*) 
von  Gaurion  nach  Kalliwari  führt,  i^  IleXexrjTi^,  ein  schon  von  Fiedler  II  218  er- 
wähnter i'')  antiker  Marmorbruch  (siehe  Fig.  41),  in  dem  noch  drei  gröf3ere  Werk- 
stücke und  ein  unfertig-er  Sarkophag  vorhanden  sind.    D?r  ins  Bläuliche    gehende 


41 :   Marmorbruch   „vj  IIsXextjtt)" 


Marmor,  der  hier  gebrochen  wurde,  ist,  wie  Philippson  15  bemerkt,  als  Bau- 
material gut  verwendbar  und  wurde  hier  viel  gebraucht'^).  Südlich  von  Gaurion 
sollen,  wie  Philippson  von  seinem  Führer  erfahren  hat,  noch  andere  antike  Brüche 


")  Dragatsis  791  schreibt  nicht  Phello,  sondern 
Thelö. 

")  Den  Namen  hat  der  Berg  nach  dem  Dorfe, 
das  auf  seiner  Südseite  liegt.  Er  heißt  auch  Stavros, 
nach  der  Kirche,  die  auf  dem  Berge  liegt. 

'^)  Siehe    auch  Miliarakis    115;    Dragatsis  791. 

'^)  Der  auf  Andros  verwendete  Marmor  ist 
meist  der  grobkörnige  einheimische,  der  in  ver- 
schiedenen   Nuancen    von  Weiß    über  Grau    bis    ins 


Bläuliche  erscheint.  Den  weißen  Marmor  linden  wir 
in  den  Baugliedern  der  guten^griechischen  Zeit;  in 
hellenistischer  Zeit  treffen  wir  eine  Marmorart,  die 
viel  Quarz  eingesprengt  enthält  und  deren  Verwen- 
dungszeit aus  der  Inschrift  Epigr.  Anhang  Nr.  5  er- 
schlossen werden  kann.  In  römischer  und  späterer 
Zeit  finden  wir  vorherrschend  bläulichen  Marmor,  der 
dem  hymettischen  ähnlich  sieht. 


36 

vorhanden  sein.  Südöstlich  von  Phello  sind  bei  Hagios  Mathäos  nach  Miliarakis, 
Hypomn.  115  Gräber  und  tönerne  Vasen  gefunden  worden.  An  der  Nordwestküste 
der  Insel,  Euboea  gegenüber,  soll,  wie  Ross  15  ausführt,  auf  einer  Klippe  hart 
an  der  Küste  ein  alter  Turm  liegen  und  in  derselben  Gegend  soll  auch  ein  helle- 
nischer Wartturm  stehen^').  Es  kann  sich,  wie  Weil,  Ath.  Mitt.  I  1876  S.  242  ausführt, 

nur  um  das  drei  Stunden 
nördlich  von  Gaurion  an 
der  schmälsten  Stelle  des 
Canale  d'Oro  dem  Ochage- 
birge  gegenüberliegende 
Kap  Pyrgos  handeln,  das 
zum  Orte  Psoriariza  gehört 
und  auf  einer  Felsklippe 
ein  Venezianer  -  Kastell 
trägt'**).  Weil  hat  im  Nord- 
ost der  Insel  im  heutigen 
Varydhi*^"),  2  V2  Stunden  von 
Gaurion,  auf  einem  „Pyr- 
gos" genannten  Hügel  hin- 
ter der  Kirche  Koinrpic,  tfj; 
©eotoxou,  genannt  Panagia 
Kumulos,  mächtige  Blöcke 
von  Glimmerschiefer  gefunden,  die  er  einem  Zufluchtsturm  zuweist.  Doch  sind 
die  erhaltenen  Reste  so^gering,  daß  man  nicht  mit  Sicherheit  auf  einen  Turm, 
noch  viel  weniger  auf  dessen  Gestalt  schließen  kann.  Ebensowenig  sind  die  Reste 
der  Mauer,  die  sich  östlich  von  der  Kirche  verfolgen  lassen  und  zb  'EÄAr;vtxö  ge- 
nannt werden,  klar. 

Auf  der  Strecke  zwischen  Gaurion  und  dem  heutigen  Paläopolis  sind  von 
Miliarakis,  Hypomn.  115  Spuren  von  antiken  Anlagen  gesehen  worden.  Westlich 
von  dem  Kloster  Zwooöy^oz  ur^yi^  (oder  gewöhnlich  Ayta  genannt),  in  dessen  Hof  Milia- 
rakis 1 1 6  die  Quelle  annehmen  möchte,  die  an  dem  Feste  des  Dionysos  Wein  statt 
Wasser  gab  —  hier  sah  ich  neben  der  Inschrift  IG  XII  5,  733  nur  eine  ionische 


42:   Marmorbrüche  von    Kato-Phello. 


'')  Bondelmonle,  Lib.  Insull.  p.  86;  Boschini  40;  '')  Hier  befindet  sich    auch  über   der    Tür    der 

Pasch  van  Krienen,  Descriz.  dell'  Arcipelago  99.  Kirche  KoCp,Tjaij  x-^j  Bs.oz6v.VJ  die  Inschrift  IG  XII 

")   Nordöstlich    davon    steht    heute  das  Phanari  5,  730:  Ni|i£ai{    xal   'A5pdoT3'.a. 
(Phasa)  von  Andres. 


37 

Säule  (Dragatsis  791)  — ,  hat  Ross  14  an  der  Bucht  Tarsanas^")  (40  Minuten  von 
Batsi)  geringe  antike  Ruinen  bemerkt:  einen  kleinen  Rest  von  Gemäuer  aus 
Schieferplatten,  eine  große  marmorne  Türschwelle  und  in  einer  Kapelle  mehrere 
marmorne  Pilasterchen.  Andere  Marmorblöcke  blickten  aus  dem  Boden  hervor, 
die  nach  Ross  zu  Grabmälern  gehören  konnten,  und  vom  Ufer  erstreckte  sich  in 
das  Meer  eine  Mauer  aus  Breccia,  die  nach  Ross  künstlichen  Ursprungs,  vielleicht 
das  Paviment  eines  Gebäudes  (Badeanstalt?)  gewesen  ist,  aber  wohl  dem  Mittel- 
alter angehört. 

In  der  dort  befindlichen  Kirche  des  heiligen  Kyprianos  ist  außer  verschiedenen 
anderen  wiederverwendeten  antiken  Bauresten  ein  spätes  Marmorstück  mit  dem 
Relief  einer  Lilie  und  ein  byzantinisches  Kapitell  zu  erwähnen. 

Auf  dem  Grundstücke  TtayvouA«  unterhalb  des  Klosters  Hagia  g-egen  das 
Meer  zu  erwähnt  Miliarakis  114  eine  pelasgische  Mauer,  die  ich  jedoch  ebenso- 
wenig ausfindig  machen  konnte  (Buchen  224)  wie  die  von  Miliarakis  als  Tyvrj 
ap)(af(j)v  aE[xaatiöv  ■Jj  cjtTjpt'yjiaxa  65oO  erklärten  Reste  einer  Mauer,  die  an  dem  Wege 
zwischen  Gaurion  und  Batsi  an  der  Stelle,  die  Xylokarydha  heißt,  liegen  sollen 
(vgl.  Dragatsis  793). 

In  Bat.si  war  bis  vor  einigen  Jahren  in  einem  Hause  am  Strande  der  Tt)rso 
einer  archaischen  weiblichen  Gewandstatue  eingemauert,  die  sich  jetzt  in  der 
Glyptothek  Ny  Carlsberg  in  Kopenhagen  befindet^').  In  Aprobatos  sah  ich  in  der 
Kirche    des  heiligen  Antonios  Stücke    von  Geison  und  Giebel. 

Eine  antike  Ansiedlung  nimmt  Miliai^akis  1 14  in  Zagora  an,  da  er  hier  schwarz 
gefirnißte  Scherben  und  Marmorstücke  vorfand;  Reste  von  alten  Mauern  sah  er 
auf  dem  Rücken  der  Landzunge  von  Zagora  und  auf  einem  östlich  gelegenen 
Hügel;  leider  konnte  ich  diesen  Ort  nicht  aufsuchen. 

Von  Kortliiou  kam  aus  der  Kirche  des  heiligen  Nikolaos  die  Inschrift  XII 
5;  737  (bei  Miliarakis  124)  ins  Museum;  auch  antike  Vasen,  Lampen  und  Münzen 
sollen  da  auf  einem  200  Schritt  vom  Meer  entfernten  Grundstücke  beim  Graben 
eines  Brunnens  zum  Vorschein  gekommen  sein.  Bei  Korthion  sind,  wie  mir  mit- 
geteilt wurde,  von  einem  Hörer  der  athenischen  Universität  eine  prähistorische 
Lanzenspitze  aus  Pyritesstein  und  Scherben  gefunden  worden. 

-")  Den  Namen  Tarsanas  („das  Arsenal")  hat,  Zeiten  hier  Metalle  gewonnen  worden  seien. 
wie  mir  Leonardos  Tundas,  ein  Einheinaischer,  sagte,  -')  Fortegnelseover  deantilce  Kunstvaerker,  Carl 
die  Bucht  deswegen,  weil  einst  hier  Fahrzeuge  ver-  Jakobsen  1907  S.  12  n.  21;  Ny  Carlsbcrg,  Glypto- 
fertigt  wurden.  Oberhalb  der  Bucht  sollen  Gräber  tele,  Billedtavler  til  Katalo^et  over  antike  Kunst- 
gefunden worden  sein.  Hinter  Tarsanas  liegt  die  vaerker  1907  PI.  II  21;  Rcinach,  Rep.  stat.  IV 
Bucht  Phurno,  die  so  benannt  sein  soll,  weil  in  alten  401    n.  8. 


38 


In  Mesathuri  in  der  Nähe  des  jetzigen  Hauptortes  von  Andres  hat  Pernice 
(Ath.  Mitt.  XVIII  1893  S.  12)  am  Hause  des  Dimitrios  Vardaris  einen  Teil  eines 
Tischfußes  mit  leidlich  gearbeitetem  Pantherkopf  (Höhe  o-ao"")  gesehen  (vgl.  Dra- 
gatsis  786).  In  dem  südöstlich  von  der  jetzigen  Stadt  Andros  gelegenen  Dorfs 
Menites  fließt  unterhalb  der  Kirche  Koo'iirjats  xf^;  ©eoxoxou  (genannt  Kumulo)  eine 
sehr  starke  Quelle,  was  jedoch  in  keiner  Weise  für 
die  Annahme  spricht,  daß  hier  der  Tempel  des  Dio- 
nysos gestanden  habe^^). 

In  der  Gegend  Luria  bei  der  heutigen  Hauptstadt 
Andros    soll   in   der   Kirche   des    heiligen   Eustathios 

nach  Alfred  Schiff,  IG  XII  5, 
764  eine  alte  unterirdische 
Kammer  (Grab?)  vorhanden 
sein. 

Der  jetzige  Hauptort  der 
Insel,  das  moderne  Andros, 
bietet  nichts  von  antiken  An- 
lagen, und  was  hier  gefunden 
wurde,  ist  sicher  aus  Paläopo- 
lis  verschleppt  worden. 

Eine  größere  Anzahl  von 
Fundstücken  birgt  das  Mu- 
seum von  Andros,  welches  in 
dem  von  dem  „weisen"  Theophilos  Kairis^^)  gegründeten,  jetzt  als  Schulgebäude 
benutzten  Orphanotrophion  untergebracht  ist.  Sie  sind  zum  Teil  bei  Miliarakis 
a.  a.  O.,  Dragatsis  a.  a.  O.,  Hiller  von  Gaertringen  und  Schiff,  Jahreshefte  VI  1903, 
Beiblatt  95  und  96  mit  den  Figuren  17  —  ig,  und  Bojatzidis,  'Apy.  'Ecp.  igi  i  S.  (9  ff.  vei-- 
öffentlicht  und  stammen  offenbar  aus  Paläopolis,  doch  fehlen  nähere  Fundnotizen. 
Zu  erwähnen  sind  vor  allem  Grabsteine,  meist  von  schlechter  später 
Dutzendarbeit,  die  auf  Andros  selbst  gearbeitet  sein  werden.  Der  in  Fig.  43 
dargestellte  Grabstein  aus  weißem  Marmor,  0-48'"  hoch,  0-21'^  breit  und  oo6'" 
dick,  mit  einem  giebelförmigen  Abschluß,  zeigt  im  vertieften,  rechteckigen 
Relieffelde  eine  sitzende  Frauengestalt,  vor  der  ein  junger  Mann  steht.  Auf  einer 
anderen  Grabstele    aus  weißem  Marmor,  0-69"  hoch.   0-32™   breit    und   0-09'"    dick 


34:   Grabstein. 


44:    Grabstein. 


-')  Brandis  a.  a.   O.  305    bezeichnet  sie  als  die 
Kirche  des  heiligen   Dionysios. 


^')  Siehe  Hiller  v.  Gaertringen  und  Schiff,  Jahres- 
hefte VI   Iq03   Beiblatt   95. 


39 


(Fig".  44),  mit  Giebel  und  einem  Mittelakroter,  sieht  man  in  dem  vertieften,  oben 
bogenförmig  abgeschlossenen  Reliefgrunde  einen  verhüllten  Mann  und  zu  seiner 
Rechten  auf  einem  Postament  eine  Figur,  die  stark  beschädigt  und  daher  nicht 
sicher  zu  erkennen  ist;  man  wird  an  eine  Herme  denken  dürfen.  Vgl.  Pfuhl,  Jahr- 
buch XX    1905  S.  7 6  ff. 

Fig-  45  gibt  ein  Grabrelief  (?)  aus  weißem  grobkörnigen  Marmor  wieder, 
o"44°'  hoch,  o"42™  breit  und  o"O05'"  dick,  oben  und  unten  gebrochen,  das  aus  zwei 
Bruchstücken  besteht  und  rechts  und  links  eine  0-025'"  breite,  an  einigen  Stellen  fast 
völlig  abgeriebene  Leiste  hat.  Von  der  darauf  befindlichen  Darstellung  ist  nur 
der  Oberkörper  eines  Jünglings  bis  zum  Nabel 
erhalten.  Der  Kopf  ist  größtenteils  abgesplittert, 
von  den  frei  herabhängenden  Armen  fehlt  der 
untere  Teil. 

Zu  einem  Grabrelief  wird  auch  ein  an- 
deres o'235™  hohe.s,  o'i4"  breites  und  o-oy" 
dickes  Fragment  eines  Reliefs  gehört  haben. 
Es  ist  auf  allen  Seiten  abgebrochen  und  hat 
nur  auf  der  linken  Seite  eine  o'03  ™  breite 
Leiste.  In  dem  vertieften  Relieffelde  sieht 
man  eine  verhüllte  männliche  Figur,  der 
Kopf  und  die  linke  Seite  fehlen.  Die  rechte 
Hand  hängt  frei  herab,  während  die  Linke 
unter   dem  Gewand   an  die  Brust   gepreßt  ist. 

Eine  0-92""  hohe,  0-38 "  breite  und  o-i2"'  dicke  Grabstele  aus  weißem  Marmor 
mit  giebelförmigem  Abschluß  und  drei  Akroterien  zeigt  auf  dem  vertieften  Grunde 
die  stark  bestoßenen  Reste  zweier  Frauen  und  eines  kleinen  Kindes.  Die  Frau 
legt  beide  Hände  auf  die  rechte  Schulter  der  anderen  und  steht  in  ungezwungener 
Haltung  da,  indem  sie  den  linken  Fuß  über  ihren  rechten  stellt.  Neben  der 
rechten  Figur  steht  ein  kleines  Kind. 

Auf  einer  0-93™  hohen,  0-37"  breiten  und  0-15 ""  dicken  Grabstele  aus 
weißem  Marmor  ist  ein  junger  Mann  dargestellt,  der  mit  einem  kurzen,  bis  zu 
den  Knien  reichenden  Gewände  bekleidet  ist.  Der  linke  Fuß  ist  nach  rück- 
wärts gestellt  und  berührt  mit  den  Fußspitzen  flüchtig  den  Boden.  Seine  linke 
Hand  legt  er  auf  eine  links  von  ihm  stehende  Gestalt,  von  der  nur  ein  Stück 
Gewand  und  die  Füße  sichtbar  sind.  In  der  Rechten  hält  er  einen  unkenntlichen 
Gegenstand. 


45  :  Brachstück  eines  Grribsleines. 


40 


Aut  einer  o'Sg'"  hohen,  o-68™  breiten  und  c/iis"  dicken  Grabstele  aus 
weißem  Marmor  sehen  wir  eine  weibliche  Gestalt  in  nachdenklicher  Stellung,  den 
Kopf  auf  die  rechte  Hand  gestützt.  Links  sitzt  auf  einem  mit  Greifen  verzierten 
Sessel  eine  männliche  Gestalt,  die  in  der  Rechten  eine  geöffnete  Rolle  (ein  Hin- 
weis auf  die  Beschäftigung  des  Mannes)  hält.  In  der  Mitte  sieht  man  ein  kleines 
Kind,   wohl  ein  Mädchen,  das  sich  zum  Vater  wendet. 

Etwas  andere  Anordnung  zeigt  eine  Grabstele  mit  Giebel  und  Akro- 
terien,  die  rii'"  hoch,  0-45'"  breit  und  o-i4"'  dick  ist.  Auf  dem  Mittelakroter 
ist  später  ein  Adler  mit  Doppelkopf  eingehauen  worden.  Seitlich  je  eine  Säule  mit 

gewundenen  Kanneluren.     Im  vertieften  Relieffelde    steht 
ein    verhüllter    Mann    (Kopf    fehlt). 

Endlich  ist  noch  ein  Stück  einer  Stele  (?)  mit  ge- 
rundetem oberen  Abschlu(3 
zu  nennen,  die  im  Rund- 
Cfiebel  zwei  bärtige  Männer 
mit  fischähnlichem  Unterleib 
zeigt.  In  dem  Relieffelde 
ist  nichts  mehr  zu  erkennen. 
Hier  mögen  noch  die 
Abbildungen  (Fig".  46  u.  47) 
zweier  bereits  in  IG  XII  5 
unter  769  und  775  mitge- 
teilter Grabreliefs  folgen. 
Erwähnung  müssen  hier  auch  finden  die  von  Hiller  von  Gaertringen  und  Schiff 
(Jahresh.  VI  1903  Beiblatt  95)  veröffentlichten  drei  Grabreliefs,  insbesondere  das  in 
Fig.  48  wiederholte  Relief  (IG  XII  5,  790),  das  so  sehr  an  die  Hegeso.stele  erinnert 
und  in  der  Ausführung  alle  übrigen  andrischen  Grabsteine  weit  hinter  sich  läßt. 
Ebenso  ist  auch  das  schöne  Nymphenrelief  bereits  von  Bulle  (Arndt-Amelung, 
Photograph  Einzelaufnahmen  antiker  Skulpturen  1329)  besprochen  und  als  solches 
erkannt  worden  ^^). 

Das  kleine,  in  Fig.  49  abgebildete  Reliefbruchstück  ist  kürzlich  von  Bojatzidis 
('ApX-  '^'-PW-  191 ''  73  "•  12)  behandelt  und  wohl  mit  Unreclit  als  Weihung  an 
Poseidon  aufgefaßt  worden.    Es  ist  ein  links  und  oben  abgebrochenes  Fragment 


46:   Grabstein. 


47 :   Grabstein. 


2<)  Vgl.  K.  \Verind;e  bei  Röscher,  Mytho-  1447,  '448  T.  LXXII,  1. XXIII  und  LXXIV, 
Ibgiscbes  Lexikon  1423;  Svoronos,  Athener  Na-  und  Röscher,  Mythologisches  LexiUon  III  i,  535. 
tionalmuseum    442  ff.,    n.    1443,    1444,     1445.     144''. 


41 


mit  den  Resten  eines  umrahmenden  Naiskos.  Auf  dem  oberen  Gesims  sitzt  der 
Rest  eines  Stirnzieg^els.  Auf  dem  Reliefgrunde  sehen  wir  den  Oberkörper  eines 
bärtigen  Mannes  mit  langem,  lockigem  Haar,  der  wohl  auf  einer  Kline  liegend 
dargestellt  war.  Auf  der  linken  Schulter  trägt  er  ein  Mäntelchen,  an  der  rechten 
Relief  leiste  ist  anscheinend  ein  Rest  der 
linken  Hand  mit  undeutlichem  Attribut 
vorhanden.  Bojatzidis  ist  zu  seiner  An- 
sicht wohl  durch  die  auf  der  oberen 
Leiste  stehende,  in  Buchstaben  des  vier- 
ten Jahrhunderts  geschriebene  Inschrift 
Swatvews  gelangt.  Wenn  uns  nun  auch 
iSwat'vsui;  durch  eine  Inschrift  aus  Panti- 
kapaion^*)  als  Beiname  des  Poseidon 
tatsächlich  bezeugt  ist,  so  wäre  für 
eine  Weihinschrift  an  einen  Gott  der 
Nominativ  doch  ungewöhnlich.  Da  an- 
derseits der  Name  auch  als  Personen- 
name vorkommt  (IG  I  add.  373,  212  als 
Vatersname)  und  da  das  Relief  in  seinem 
Typus  ganz  mit  attischen  „Totenmahl- 
reliefs"  übereinstimmt^^),  so  werden  wir 
nicht  umhin  können,  auch  unser  Fragment 
als  Bruchstück  eines  solchen  Reliefs  auf- 
zufassen. Daß  auf  solchen  der  gelagerte 
Mann  in  der  Gesichtsbildung  an  Hades- 
typen angenähert  wurde,  ist  eine  be- 
kannte Tatsache  (Denecken  bei  Röscher 
I  2588).  Ebenso  ist  bei  diesen  Reliefs,  die 
vielfach  kaum  von  wirklichen  Grabsteinen  zu  trennen  sind,  manchmal  der  Name 
des  Toten  im  Nominativ  zu  finden,  wie  z.  B.  auf  dem  Relief  bei  Kastriotis, 
rXuTtT«  xoO  eS-vtxoö  Mouaetou  n.  1522^'). 

Zu   der   Längsseite   eines  Sarkophags   gehört  vermutlich   das   in  Fig.  50   ab- 
gebildete Fragment.    Auf  einer  oben  profilierten  Platte  von  weißem  Marmor,  die 


48:   Grabstein. 


-^)  Latyschew,  Inscr.  or.  sept.  pont.  Eux.  II  25;  Mythologie    104g  Anra.    i;    vgl.  Svoronos,  Ath.  Na- 

Gruppe,  Griech.  Myth.   1144*  u.    1158^.  tionalmuseum  S.  546  f.;   200  n.  1510,  T.  86. 

^^)    Literatur    über    diese    bei    Gruppe,    Griech.  ")  Denecken  bei  Röscher  Myth.  Lex.  Bd.  I,  2589. 

Sauciuc,  Andres.  ^ 


42 


49 :   Reliefbruchstück. 


50:  Sarkophagfragment. 


links  und  im  unteren  Teile  abgebrochen  ist,  rechts  aber  Rand  zeigt  und 
0-38'"  hoch,  0-40"'  breit,  015°'  dick  ist,  sieht  man  den  Kopf  eines  Eros,  der  die 
Rechte  über  den  Kopf  gelegt  hat.    In  der  herabhängenden  Linken  hält  der  Eros 

einen  Stab,  der  gegen  das  obere, 
allein  sichtbare  Ende  eine  Ver- 
dickung zeigt,  das  Pedum.  Ganz 
übereinstimmend  ist  ein  Erote  auf 
der  Längsseite  der  Sarkophage  Nr. 
1 18328)  und  Nr.  iiSs"--')  im  Athener 
Nationalmuseum. 

Von  den  Rundskulpturen  nenne 
ich  zunächst  einen  o'82 "'  hohen 
männlichen  Torso  (Fig.  51  ab)  aus  weißem  grobkörnigen  Marmor,  der  in  die  Reihe 
der  sogenannten  „Apollines"  gehört.  Kopf  und  Beine,  die  oberhalb  der  Knie 
abgebrochen  sind,  fehlen,  ebenso  das  Glied.  Die  Schulterbreite  beträgt  0-35"'.  Von 
den  Armen  sind  nur  die 
Stümpfe  erhalten.  Die  Hän- 
de lagen  nur  sehr  leicht  an 
den  Oberschenkeln  an,  wo 
Spuren  von  ihnen  stehen 
geblieben  sind.  Der  Torso 
zeigt  einen  überaus  schlan- 
ken Körper  mit  langer  und 
stark  eingezogener  Taille. 
Die  Hüften  heben  sich 
deutlich  ab.  Von  den  Hüf- 
ten ab  erscheint  der  Körper 
massiger,  der  Unterkörper 
tritt  vor  und  die  Ober- 
schenkel sind  stark,  ohne 
daß  es  der  Künstler  ver- 
standen hätte,  die  Muskel- 
kraft   in    der    Weise    zum 

Ausdrucke  zu  bringen,  wie  11  ab:  Männlicher  Torso. 


-')     Journal     of    Hell.    Studies     XXVIII    Ic 
T.  XIX. 


-')  Abgebildet  bei  Stais,  Marbres  et  bronces   du 
Mus(^e  National,  Nr.    1185   S.  190. 


43 


52:  Bruchstück  einer  Statue. 


z.  B.  bei  der  männlichen  Figur  der  Akro- 
polis  Nr.  665  (Schrader,  Arclaaische  Marmor- 
skulpturen im  Akropolismuseum  zu  Athen 
S.  53  ff.).  Auch  diesmal  i.st  das  linke  Bein  vor- 
gesetzt. Wenn  auch  die  Einzelheiten  nicht 
gut  durchgebildet  sind,  so  merkt  man  doch 
das  Bestreben  des  Künstlers,  ihnen  gerecht 
zu  werden.  Das  Schlüsselbein  ist  sanft  ge- 
rundet angegeben.  Die  Teilung  des  Brust- 
korbes in  eine  rechte  und  linke  Hälfte  ist 
durch  eine  vertikale  Linie  angedeutet,  die 
Brust  abgeplattet.     Der   Nabel  liegt  tief  und 

ist    von    einem    Kreise    umschrieben.     Dieser    schlanke    Typus    kommt    auf    dem 
Festlande    und    auf    den    Inseln    häufig    vor^"). 

Dann  verdient  das  o'^z'"  hohe,  o'45'"  breite  und  028'"  dicke  Stück  eines  männ- 
lichen Oberkörpers  genannt  zu 
werden,  das  vielleicht  noch  der 
ersten  Hälfte  des  fünften  Jahr- 
hunderts angehören  mag.  Man 
sieht  von  dem  athletisch  gebau- 
ten Manne  nur  den  unteren  Teil 
des  Halses,  den  oberen  Teil  der 
linken  Brusthälfte  und  des  lin- 
ken Oberarmes  (Fig.  52). 

Erwähnenswert  sind  ferner 
zwei  Statuetten.  Die  eine,  eine 
bekleidete,  o'2  7'"  hohe  weibliche 

Statuette  aus  grobkörnigem 
wei(3en  Marmor  (Fig.  53),  zu  der 
ein  sehr  stark  beschädigtes  Köpf- 
chen aus  demselben  Marmor  ge- 
hört, stellt  Aphrodite  dar  in  dem 
Typus  der  sogenannten  Venus 
Genetrix.  Von  dem  erhobenen 
rechten    Oberarm    ist    nur    ein 

ApoUons    archaiques",    Gent    igog. 

6* 


53: 
Statuette  der  Aphrodite. 

'")     -Siehe    W.    Deonna,    Les 


54: 
Statuette  der  Aphrodite 


44 

Teil  erhalten.  Die  zweite  Statuette  (Fig.  54),  0-32'"  hoch,  auf  0-015"'  dicker 
Plinthe,  stellt  ebenfalls  Aphrodite  dar.  An  der  rechten  Hüfte  erkennt  man  die 
Spuren  der  jetzt  unten  abgebrochenen  rechten  Hand.  Mit  dem  linken  Unterarme 
stützt  sie  sich  auf  eine,  auf  einem  runden,  006 '"  hohen  Sockel  stehende,  o'z  i "" 
hohe  bekleidete  Figur,  die  auf  dem  Kopfe  einen  polosförmigen  Aufsatz  trägt. 
Wahrscheinlich  ist  es  das  altertümliche  Bildnis  der  Aphrodite  (vgl.  im  Berliner 
Museum  Nr.  586  und  die  Aphroditestatuette  im  Museum  auf  Korfu).  Die  Figur 
hat  einen  Mantel,    der    nur   den  unteren  Teil    des   Körpers    bedeckt    und  um  den 


55  ab:  Torso  einer  Arlemisstatuclte. 

linken  Unterarm  hängt.  Ihr  linker  Fuß  tritt  auf  einen  0-04'"  großen  rundlichen 
Gegenstand,  wahrscheinlich  eine  Schildkröte.  Ebenda  befindet  sich  das  0-065 "' 
hohe,  0-075™  breite  und  0-04™  dicke  Fragment  eines  nackten  weiblichen  Ober- 
körpers aus  feinem  Marmor  (Inv.-Nr.  122).  Vor  den  Brüsten  eine  linke  Hand.  Zu 
diesem  Oberkörper  wird  das  0034"  hohe,  0-035'"  breite  Köpfchen  (Inv.-Nr.  87) 
aus  demselben  feinen  Marmor  gehören.  Die  Haare  desselben  sind  mit  einer 
schmalen  Binde  umbunden  und  rückwärts  in  einen  Knoten  zusammengefaßt^^).  Für 
die  so  zusammengesetzte  Statuette  hätten  wir  neben  anderen  eine  besonders  nahe 
Analogie  in  der  Aphrodite  der  königlichen  Museen  zu  Berlin  Nr.  20. 

Von  Interesse  ist  der  Torso  einer  Artemisstatuette   (0-03""  hoch,  Fig.  55  ab). 
Kopf,  Arme,  deren  Richtung  gegeben  ist,  und  Beine  fehlen.  Die  Göttin  ist  weit 

31)  Vgl.  das  marmorne  Aphroditeköpfchen  (?)  mit  Farbspuren  in  der  Antikensammlung  zu  Dresden  (Z.  V.478). 


45 


ausschreitend  mit  vorgesetztem  rechten  Fuße  dargestellt,  trägt  einen  kurzen  Chiton 
mit  langem  Überschlag,  über  den  unter  den  Brüsten  der  in  eine  Doppelschleife 
gebundene  Gürtel  läuft.  Auf  dem  Rücken  hat  sie  den  Köcher,  dessen  Band  von 
rechts  nach  links  über  die  Brust  geht.  Der  linke  (3berarni  ist  mit  dem  Mantel, 
einer  für  den  Amazonentypus  in 
hellenistischer  Zeit  beliebten  Zutat, 
behängt.  Infolge  des  lebhaften  Vor- 
stürmens  ist  das  Gewand  an  den 
Körper  gedrückt,  dessen  Fonnen 
unter  dem  wie  naß  erscheinenden 
Gewände  fast  wie  nackt  hervortreten. 
Der  Chiton  bauscht  sich  rückwärts 
fächerförmig  auf,  so  daß  seine  beiden 
Enden  zu  beiden  Seiten  der  Sta- 
tuette erscheinen.  Die  ganze  iVrbeit 
unserer  Statuette  ist  recht  hart,  die 
Falten  des  Gewandes  sind  sehr  mani- 
riert  und  wenig  fein  ausgearbeitet.  Be- 
sonders nachlässig  ist  die  Rückseite 
ausgeführt,  das  Faltenmotiv  nur  ganz 
roh  und  merkwürdig  schematisch.  Der 
Typus  unserer  Statuette  entspricht 
fast  ganz  genau  einer  in  Rom  im 
Palazzo  Rospigliosi  befindlichen  Ar- 
temisfigur (Fig.  56)^^).  Bis  auf  den 
bei  der  römischen  Statuette  fehlen- 
den Mantel  ist  die  Übereinstimmung 
vollständig.    Im  Motiv  verwandt  ist 

auch  eine  in  Wien  in  der  kaiserlichen  Sammlung  Nr.   356   befindliche  Terrakotta- 
statuette,   die  ebenfalls  den  Mantel  aufweist. 

Dann  sind  zwei  thronende,  o"i2™  hohe,  weibliche  Gestalten  zu  erwähnen.  Die 
eine,  die  besser  erhalten  ist  und  sorgfältigere  Arbeit  zeigt,  trägt  einen  gegürteten 
Chiton  und  Mantel,  der  in  Falten  von  der  linken  Schulter  herabhängt.  Fig.  57 
zeigt   uns   ein   o'3i™  hohes,  0-48 "  breites   und  q-iö""  dickes  Fragment  vom  Ober- 


56:   Statuette  der  Artemis  im   Palazzo  Rospigliosi. 


'-) Arndt- Amelung, Einzelverkauf 1 12;  Matz-Duhn, 
Antike  Bildwerke  in   Rom  707;  Reinach,  Repertoire 


II  310  n.  6;  Klein,  Praxiteles  S.  136  A;    vgl.  auch 
den  Torso  im  Museum  von  Megalopolis. 


46 

körper  einer  Frau  in  faltenreichem  Chiton  und  Mantel.  Die  rechte  Hand  hält  den 
Mantel  und  ist  teilweise  von  ihm  bedeckt.  Ferner  ist  ein  kleiner  nackter,  weib- 
licher Torso  (Inv.-Nr.  40,  0-095 '"  hoch)  und  eine  o-66'"  lange,  o-33"'  breite  und 
o'og'"  hohe  Plinthe,  die   o'iS™  lange,  01 1'"  breite,  mit  Sandalen   bekleidete  Füße 

trägt,  zu  nennen.  Sie  gehören  zu  einer  vStatue  der  rö- 
-  mischen  Zeit.  Unter  den  wenigen  Bronzestücken  ist  nur 

),'    eine  0025'"  hohe   Maske  (Inv.-Nr.  88)    bemerkenswert. 
Von    keramischen    Gegenständen    wären    einige 
sehr     kümmerlich     erhaltene     archaische    Terrakotta- 
figuren'^)  zu  nennen,  teils  stehende  weibliche  Figuren 
auf  quadratischem   Sockel,   im   üblichen    Untergewand 
--:  siatuenfraoment.  ^^^  Mantel,  mit  polosartigem  Kopfschmuck  oder  Ste- 

phane, teils  sitzende  Figuren  entwickelteren  Stiles  mit 
einem  Kopfschmuck,  ferner  ein  012™  hoher  archaischer,  weiblicher  Terrakottakopf 
mit  zierlicher  Frisur  und  Diadem^*).  Dann  verdienen  Beachtung  eine  Anzahl  von 
Gefäßen  geometrischen  Stiles,  und  zwar  vor  allem  fünf  Näpfe:  ein  o'o83'"  hoher 
Napf  mit  Fuß  und  o'2o"'  weitem  Durchmesser  der  Mündung  (Inv.-Nr.  146),  innen 
gefirnißt,  der  außer  den  Randreifen  vier  Gruppen  von  je  1 1  konzentrischen  Kreisen 
zeigt  (Fig.  58  n.  2).  Bei  einem  andern  Napf  von  gleichen  Dimensionen  (Inv.-Nr.  152) 
sieht  man  außerdem  in  dem  zwischen  den  zwei  Henkeln  befindlichen  Felde  zwischen 
zwei  Gruppen  konzentrischer  Kreise  noch  ein  netzartiges  Ornament,  das  rechts 
und  links  durch  zwei  parallele  vertikale  Linien  begrenzt  wird.  Ein  dritter  Napf 
(Inv.-Nr.  45),  0-162™  hoch,  Durchmesser  der  Mündung  o-i83"',  an  der  Mündung 
und  am  Fuß  ein  wenig  beschädigt,  zeigt  in  den  beiden  Feldern  an  den  Seiten 
der  beiden  Henkel  je  drei  Gruppen  von  konzentrischen  Kreisen  (Fig.  58  n.  i). 
Um  den  unteren  Teil  laufen  dunkle  Streifen ^^).  Ein  01 95'"  hoher  Napf  mit  ge- 
ripptem Fuß,  Durchmesser  der  Mündung  o'2i'°  (Inv.-Nr.  151,  Fig.  59  n.  2),  zeigt 
drei  Randreifen  und  in  einem  ausgesparten  Felde  zwischen  den  beiden  Henkeln  vier 
Zickzackreihen,  darunter  von  je  drei  parallelen  Linien  umfaßt  eine  Punktreihe.  Ein 

'')  Vgl.  zu  diesen  andrischen  Terrakotten  Winter,  Akropolis  zu  Athen  Nr.  311    und  in  einer  kretischen 

Arch.  Jahrb.  VIII  1893,  141  f.  u.  143;  derselbe,  Typen  Vase  aus  Prinia,  abgebildet  bei  Wide,    Ath.   Mittei- 

figürl.   Terrakotten   I  62   n.  4;    51    n.  7 — 9.  lungen  XXII  1897,  244   Fij;.  14    u.    140.   Siehe  auch 

■")  Winter  a.  a.  O.  III   I   u.  2,   198  ff.  u.    174!  Baumeister,    Denkmäler    III    1942.    Für  die   bei  den 

^^)    Die  Vasen   finden    ihre  Analogien    in    einem  Ausgrabungen     des    deutschen    Arch.    Institutes     in 

Gefäß    im     athenischen     Nationalmuseum,    das     von  Tiryns  aufgedeckten  Vasen  mit  Iconzentrischen,  zirkel- 

Wide,  Jahrbuch  des  Institutes  XV  54  Fig.   115   für  geschlagenen     Kreisen     erscheint     die     Argolis     als 

böotisch  gehalten   wird,  in  einem  Fragment  von  der  Ausgangspunkt    geeignet.     MüUer-Öhlmann,     Tiryns 

Aliropolis  zu  Athen  bei  Graf,  Die  antilven  Vasen  der  I   153  ff- 


47 

o"  192  "hoher  Napf  mit  geriffeltem  Fuß  aus  weniger  fein  geglättetem  Ton,  Durchmesser 
der  Mündung  o'iö^'"  (Inv.-Nr.  46,  Fig.  59  n.  i),  hat  eine  Art  von  Doppelhenkeln, 
indem  vom  Rande  des  Gefäi3es  zu  den  horizontalen  Henkeln  ein  vertikaler  geht. 


58:   Tongefäße  im   Museum  von   Andres. 

Als  Verzierung  des  Feldes  zwischen  den  Henkeln  dient  ein  schraffiertes  Mäander- 
muster. Zu  beiden  Seiten  der  Henkel  sind  je  ein  Stern  und  eine  mit  horizontalen 
und    vertikalen    Linien    gefüllte    Raute,    im    unteren    Teil    umlaufende    Streifen. 


59:  Tongefaße  im  Museum   von  Andres. 

Eine  andere  Gefäßform  ist  durch  zwei  ebenfalls  dem  geometrischen  Stile  an- 
gehörende Peliken  vertreten.  Bei  der  einen,  die  o'34™  hoch  ist  und  einen  0-145'" 
weiten  Durchmesser  der  Mündung  aufweist  (Inv.-Nr.  150,  Fig.  58  n.  3),  dienen 
als  Verzierung  auf  der  Schulter  konzentrische  Halbkreise  mit  einander  zugekehrten 
Dreiecken  im  innersten  Halbkreise.    Um  den  Bauch  der  Pelike  laufen  horizontale 


48 

Streifen.  Dunkler  Firnis.  Die  zweite  Pelike,  0-149™  hoch,  Durchmesser  der  Mündung- 
o-ioi™,  zeigt  parallele  vertikale  und  schräge,  in  einem  Winkel  zusammenlaufende 
Striche.    Dunkler  Firnis  (Fig.  58  n.  5). 

An  diese  Gruppe  schließen  sich  zwei  schön  geformte  Oinochoen  mit  Klee- 
blattmündung; vorne  am  Halse  zeigt  die  eine,  die  0-331"  hoch  ist,  ein  Zickzack- 
muster in  fünf  Reihen;  die  andere,  0-325™  hoch,  hat  fünf  Reihen  Zickzackmuster 
und  darunter  nebeneinander  gesetzte  Haken  in  einem  ausgesparten,  rechteckigen 
Felde.  Um  den  Bauch  laufen  dunkle  Streifen.  Der  Firnis  ist  schmierig  schwarz 
(Fig.  59  n.  3  u.  4).  Von  einer  dritten  Oinochoe  ist  bloß  ein  Teil  des  Halses  mit 
der  Mündung  erhalten. 

Von  den  späteren  Gefäßen  ist  ein  glockenförmiger  Krater  (Fig.  58  n.  4) 
anzuführen,  0-195™  hoch,  Durchmesser  der  Mündung  0-203™  (Inv.-Nr.  72);  er  hat 
horizontale  Henkel,  die  in  der  Mitte  eine  ösenartige  Ausbiegung  zeigen  und  an 
die  Gefäßwand  angedrückt  sind.  Der  Bauch  des  Gefäßes  ist  mit  einer  Ranke 
geziert,  deren  Blätter  mit  weißer  Farbe  auf  glänzend  schwarzem  Firnis  gemalt 
sind.  Die  Blattstiele  sind  zuerst  eingeritzt,  dann  mit  weißer  Farbe  nachgezogen; 
vgl.  Watzinger,  Ath.  Mitt.  XXVI   1901   S.   71. 


4g 


6l:  Paläopolis. 


II.  Geschichte  von  Andros. 

Von  den  ältesten  Zeiten  bis  zu  den  Perserkriegen. 

Während  auf  manchen  anderen  Kykladen  die  Ergebnisse  der  Ausgrabungen 
uns  wenigstens  die  Umrisse  der  allerältesten  Entwicklung  und  Kultur  dieser 
Inseln  erkennen  und  einigermaßen  deuten  gelehrt  haben,  ist  auf  Andros  noch 
kein  Versuch  gemacht  worden,  die  Kulturreste  systematisch  aufzudecken,  die 
die  ältesten  Epochen  der  geschichtlichen  Erforschung  erschließen  könnten.  Die 
auf  den  Inseln  des  ägäischen  Meeres  und  vor  allem  auf  den  Kykladen  gemachten 
Funde  veranschaulichen  uns  eine  kulturelle  Einheit  dieser  Zeit  auf  den  Inseln  und 
an  den  Küsten  dieses  Meeres i).    Auf  Andros  haben  wir  bisher  leider  nur  wenige 


')  Über  die  älteste  Kultur  der  Kykladen  siehe: 
Le  Bas,  Voyage  archeol.  ill  ff.;  Koehler,  Ath.  Mitt. 

Sauciuc.  Andros 


IX  S.  i;6ff. ;  Dümmler,  ibid.  XI  S.  15  ff.;  Beut,  Journ. 
Hell.  Stud.  V   lS84p.  42ff.;    derselbe,   The  Cycl.ides 

7 


g-elegentliche  F"unde,  die  kaum  irg'end  welche  Folgerungen  gestatten-).  Für  die 
Träger  der  Kykladenkultur  geben  uns  die  antiken  Historiker  nur  ganz  unzu- 
reichende Nachrichten.  Nach  Herodot  I  171  bestand  die  Bevölkerung  der  Kykla- 
den  zur  Zeit  des  Königs  Minos  von  Kreta  aus  Karern,  die  dem  Minos  ge- 
horchten, ohne  ihm  Tribut  zu  zahlen,  und  ehemals  Leleger  hießen.  Sie  stellten  ihm 
Schiffe  und  waren  das  bedeutendste  Volk  der  damaligen  Zeit.  Dasselbe  berichtet 
auch  Strabo  XIV  661.  Thukydides  I  8  nennt  die  ältesten  Inselbewohner  Karer 
und  Phöniker  und  erzählt  I  4,  daß  Minos  über  die  Kykladen  geboten  habe, 
nachdem  er  die  Karer  von  dort  vertrieben  und  seine  Söhne  zu  Herrschern  ein- 
gesetzt habe.  Von  den  beiden  bedeutendsten  Historikern  der  Alten  werden  somit 
übereinstimmend  die  Karer  beziehungsweise  Leleger  als  die  ältesten  Bewohner 
der  Inseln  bezeichnet^)  und  übereinstimmend  wird  auch  erzählt,  daß  diese  Bewohner 
schon  frühzeitig  mit  der  Bevölkerung  von  Kreta  in  Berührung  gekommen  seien, 
die  unter  dem  sagenhaften  König  Minos  das  Meer  beherrschte  und  deren  hochent- 
wickelte Kultur  uns  die  Ausgrabungen  auf  Kreta  gezeigt  haben.  Die  Beziehungen 
zwischen  Kreta  und  Andres  finden  auch  ihren  Ausdruck  in  der  bei  Diodor  V  79 
erhaltenen  Sage,  wonach  Rhadamanthys,  der  Bruder  des  Minos,  die  Insel  Andros 
nach  der  Besetzung  der  Inseln  des  ägäischen  Meeres  und  der  asiatischen  Meeres- 
küste und  nach  Verdrängung  der  Seeräuber  und  Übeltäter  aus  dieser  Gegend  einem 
seiner  Unterfeldherren  namens  Andreus  übergibt,  nach  welchem  auch  die  Insel 
i\ndros  den  Namen  führen  soll*).  Dagegen  erzählt  Diodor  V  84,  daß  vor  der  Ein- 
nahme von  Troja  die  Kreter  das  Meer  beherrscht  und  die  Inseln  besiedelt,  nachher 
aber  die  Karer  die  Herrschaft  über  die  Kykladen  an  sich  gerissen  und  teils  die 
Kreter  von    den  Inseln  vertrieben,   teils    die  Herrschaft    mit  ihnen  geteilt  hätten. 

1885;   Wolters,   Ath.  Mitt.  XVI  S.  46  ff.;  zusammen-  1911,     und     derselbe,     Die    Einflüsse   der    ägiiischen 

fassend    bei  BlinUenberg,    Antiquites  premyceniennes  Kultur  auf  Ägypten  und  Palästina,  Mitteilungen  der 

(Memoires  de  la  societ^  des  antiquaires  du  Nord  1896)  vorderasiatischen  Gesellschaft  191 1,  2,   16.  Jahrg. 

1 — 69;   Bosanquet,  Annual  Brit.  School.  III  1836/97,  -)   Die  oben  S.  37  angeführte  Lanzenspitze  geht, 

52  ff.;  Tsundas,  'E9.  äpx.  1898,   137  fF.;   1899,  73  ff.;  wie    mir  Herr  Professor   Chr.  Tsundas   mitteilt,    mit 

Clon     Stephanos,    Les    torabeaux     premycteiens     de  den  von   ihm  in  Sesklo  gefundenen  zusammen.  Siehe 

Naxos  (Congres  Internat,  d'archeol.  2,  Session  Athe-  Taouvxas,    AI    Tipotaxop'.xai   äxpOTioXeig   di(ir;v£uu    xal 

nes  1905),   p.  216  ff.;  Milani,  Studi  e  materiali  di  ar-  Ssay.XoO    S.    325   ff. 

cheologia   e    numisraatica    I   261    ff.;    Karo,    Archiv  ^}  Siehe    auch    Aristot.    Pol.    II    8,    76;    Schol. 

für    Religionswissenschaft    XII  357    ff.    u.    361    ff.;  Verg.  Aen.  III   725;    Brunck,  Schol.  ex  cod.   Paris. 

Fimmen,   Zeit   und   Dauer  der    kretisch-mykenischen  in   Apoll.  Rhod.  Arg.  II  5 16   und  Schol.  in   Apoll. 

Kultur,   23  ff.;   Eduard  Meyer,  Geschichte  des  Alter-  Rhod.  Arg.  II  516  ex  rec.  H.  Keil, 

tums    I  2    (2.  Aufl.),    677  ff.;     Dussaud,   Les    civili-  •*)  Die  Diodorstelle  stammt  nach  Bethe,  Hermes 

sations     pr6helleniques     dans    le  bassin     de    la    mer  XXIV    1889    S.  414    aus    ApoUodoros'    Kommentar 

Eg^e,  etudes  de  protohistoire  Orient.   1910;  R.  Frei-  zum  Schiffskatalog.  Über  Rhadamanthys   vgl.  Jessen, 

lierr  von    Lichtenberg,   Die  ägäische  Kultur,  Leipzig  Roschers  myth.  Lexikon  IV  77  ff. 


51 

Auch  Isokrates,  Panath.  43  sagt,  daß  die  Ivykladen,  auf  denen  unter  der  Herrschaft 
des  Kreters  Minos  viele  Ereignisse  zu  verzeichnen  wären,  zuletzt  von  den  Karern 
beherrscht  worden  seien.  In  welcher  Reihenfolge  und  in  welcher  Art  auch  immer 
sich  die  kretisch-karische  Herrschaft  auf  den  Kykladen  abgelöst  hat,  sicher  ist  es, 
daß  diese  ältesten  Bewohner  der  Kykladen  nach  Osten,  nach  Kleinasien,  hinweisen. 
Die  ethnographischen  Fragen,  die  sie  betreffen  und  bei  denen  die  Meinungen  der 
Gelehrten  auseinandergehen,  harren  noch  einer  definitiven  Lösung^).  Eine  dunkle 
Kunde  von  einer  in  die  ältesten  Zeiten  reichenden  Völkerbewegung  speziell  auf 
Andros  bringen  uns  einige  Schriftstellernotizen.  Konon  (vgl.  S.  3  ff.)  gibt  in  seiner 
die  Pelasgeransiedlungen  behandelnden  41.  Erzählung  zwei  Etymologien  von 
Antandros'').  Indem  er  die  zweite  Etymologie  mit  den  Worten  ot  Ss  cpaaov  evcsOÖ-ev 
&t-/.y;aao  IleAaayous  'Avtavopov  einleitet,  erzählt  er  ausholend,  daß  Anios'  Sohn  Andros 
infolge  eines  Aufstandes  von  Andros  fliehen  mußte  und  am  Fuße  des  troischen 
Ida  Antandros  gründete,  das  ihm  seine  Heimat  Andros  ersetzen  sollte.  Mit 
den  Worten  trjv  Si  'AvSpov  £pr;|xov  oöaav  Xocbc,  XleXacjYöjv  iai^/Iaono  schließt  Konon 
die  Geschichte  der  Pelasger  auf  Antandros  ab.  Der  für  die  Interpretation  schwie- 
rigen Stelle')  ist  mit  Sicherheit  nur  so  viel  zu  entnehmen,  daß  Konon  von  einer 


^)  Ed.  Meyer,  Gesch.  der  Alt.-  I  2,  623  ff.,  679, 
682.  Hier  ist  auch  die  entsprechende  Literatur  zu- 
sammengestellt. 

'')  Konon  41  bei  Bekker,  Photii  bibl.  S.  139« 
Z.  17  ff.;  Ulrich  Hoefer,  Konon,  Text  und  Quellen- 
Untersuchung,  Greifswald  1890  S.  22  f.  Für  die  Er- 
klärung des  Namens  Antandros  führt  Konon  keine 
bestimmten  Gewährsmänner  an,  sondern  bezeichnet 
sie  als  (üj  |j.lv  sviot  tpaatv  in  Z.  12  f.  und  o£  Si  cfaatv 
in  Z.  17.  Daß  Konon  41  in  dem  Teil  über  die 
Kyzikos-Pelasger  sowie  auch  in  jenem  über  die 
Antandros-Pelasger  .auf  Ephoros  zurückgeht,  zeigt 
Knaack,  De  fabulis  nonnullis  Cyzicenis  (Comment. 
phil,  in  hon.  Sodalitii  phil.  Gryph.)  33  ff.;  vgl.  auch 
Hoefer  a.  a.  O.  70  f.  u.  114  zu  70;  Myres,  Journ. 
Hell.  Stud.  XXVn  1907  p.  170  ff.;  Bethe,  Wochen- 
schrift  f.    kl.   Phil.    1888   Sp.  29g  f. 

')  'Evte09-sv  ist  hier  im  übertragenen  Sinne  auf- 
zufassen und  durch  „daher,  aus  diesem,  folgenden 
Grunde"  wiederzugeben,  indem  es  auf  die  zweite 
folgende  Ausführung  hinweist.  In  der  lokalen  Auf- 
fassung von  svreOy'SV  „von  Antandros  am  Ida  aus" 
kann  ich  Tümpel,  Pauly-Wissowa  RE  I  2171,  5 
nicht  beistimmen.  Um  ivxs'jS-ev  in  diesem  Sinne  zu 
verstehen,   nimmt  Tümpel   im  Konontext  .Änderungen 


vor.  In  Z.  18  mußte  Antandros  in  Andros  geändert 
oder  wenigstens  auf  Andros  gedeutet  werden,  etwa 
mit  Berufung  auf  Myrsilos  Erg.  15  bei  Plin.  n.  h. 
IV.  65,  EKG  IV  1460  (Andrura  .  .  .  Myrsilus 
Antandrum  cngnominatam  tradit).  Gegen  diese  Er- 
klärung hat  Tümpel  selbst  Bedenken,  da  auf  Andros 
sonst  keine  Pelasger  bekannt  waren.  Dieser  Grund 
fällt  meiner  Ansicht  nach  weniger  ins  Gewicht.  Die 
Schwierigkeit  liegt  vielmehr  darin,  daß  die  einleitenden 
Worte  der  41.  Erzählung  ausdrücklich  von  der  Be- 
siedlung von  Antandros  durch  die  Pelasger  zu  handeln 
versprechen,  für  die  die  Gewährsmänner  durch  (bj 
|i£V  £Vio£  cpaotv  in  Z.  12  f  und  oE  3e  cpaatv  in  Z.  17 
angeführt  werden.  Daher  ist  die  Änderung  von 
Antandros  in  Andros  unstatthaft.  Auch  ist  der 
Wortlaut  nicht  derart,  daß  man  hier  EvxeüOsv  von 
Antandros  am  Ida  aus  verstehen  könnte.  Tümpel 
vervollständigt  in  Z.  24  Andros  zu  Antandros  und 
versteht  =vx£59-ev  zeitlich  =  hernach  d.  i.  nach 
Andros'  Ableben.  Dieser  Vorschlag  ist  ebensowenig 
haltbar,  da  von  Andros  vorher  gar  nicht  die  Rede 
war,  sondern  Andros  erst  einige  Zeilen  später  der 
Gründer  von  Antandros  genannt  wird.  Da  Konon 
von  einem  Aufstande  auf  Andros  und  von  der  Aus- 
wanderung des  Andros  von  der  gleichnamigen  Inse 

7'- 


52 

pelasgischen  Bevölkerung'  auf  Andros  berichtet*).  Daß  hier  Pelasger  auf  Andros 
g-enannt  werden,  besagt  im  Grunde  nicht  viel,  da  man  in  der  Zeit  nach  Homer 
und  Herodot  von  Pelasgern  sprach,  ohne  diesen  Begriff  mit  einem  bestimmten 
Volke  zu  verbinden'').  Dieselben  Erklärungen  für  den  Namen  Antandros  wie 
bei  Konon  finden  wir  auch  bei  dem  Geographen  Pomponius  Mela  I  92,  2.  Was 
die  zweite  Erklärung  betrifft,  so  lesen  wir  hier,  daß  Antandros  von  Leuten  ge- 
gründet worden  w^äre,  ,,quos  ex  Andre  insula  vis  et  seditio  exegerat;  hi  Antandrum 

quasi   pro   Andro accipi   voluerunt''.    Ein  Hinweis  auf  eine  in  den  ältesten 

Zeiten  stattgefundene  Völkerverschiebung  auf  Andros  ist  sicher  auch  in  der  oben 
(S.  I  f.)  besprochenen  Angabe  des  Myrsilos  enthalten,  wonach  Andros  zuerst 
Kauros,  hernach  Antandros  geheißen  habe. 

Wegen  der  Verbreitung  des  Dionysoskultes  auf  Andros  hat  man  thrakische 
Abstammung  der  Bevölkerung  angenommen^'').  Wenn  auch  die  Bedeutung  der 
indogermanischen  Thraker  für  die  Kultur  im  ägäischen  Meere  in  den  ältesten 
Zeiten  nicht  zu  leugnen  ist,  so  bleibt  diese  Annahme  immer  nur  eine  unsichere 
Hypothese,  solange  nicht  eine  größere  Anzahl  einigermaßen  datierbarer  Funde 
Andros  als  eine  Station  dieser  von  Mitteleuropa  nach  den  Küsten  des  ägäischen 
Meeres  und  den  Inseln  und  noch  weiter  nach  dem  Süden  sich  ergießenden 
Kulturströmung,  wie  sie  in  letzter  Zeit  vielfach  angenommen  wird  ^^),  er- 
scheinen läßt. 

Thukydides  I  8  kennt  auf  den  Inseln  neben  den  Karern  auch  die  Phöniker, 
deren  Stellung  und  Bedeutung  im  ägäischen  Meere  bekanntlich  verschieden  be- 
urteilt wurde '^).  Für  ihre  Beziehung  zu  Andros  haben  wir  sonst  keinerlei  Anhalts- 
punkte.   Ebensowenig  läßt  sich  ermitteln,  inwieweit  Diodors  I  55   Nachricht  über 

gesprochen  hatte,    glaubte  er  hinzufügen  zu  müssen,  Buch  von  Jakob  Thomopulos,    üsÄai-fixä   f^TOi   ~spi 

welches  Volk  in  der   Folge    das    verlassene   Andros  -•^j  'f/Moar,^  xröv  IIsÄaa-,'wv,  Athen   1912. 
besiedelte.     Dadurch,     daß    er    letzteres    wieder    als  '")  Hirschfeld,  Pauly-Wjssowa  RE  I2170;  vgl. 

Pelasger  bezeichnet,  ein  Begriff,    über    den    er  keine  Hubert  .Schmidt,  Zeitschrift  für  Ethnologie  XXXVI 

hlare  Vorstellung  hatte  und  über  den    er    sich    auch  1904  .S.  608  ff.,   646  ff.  Auf  den  Dionysoskult  komme 

aus  seiner  Vorlage  nicht  klar  werden  konnte,  ist  die  ich  ausführlicher  unten   zu  sprechen. 
Konfusion  entstanden.  ")  Hubert  Schmidt  a.  a.  O.  u.  Zeitschr.  f.  Ethno- 

*)  Vgl.  Herod.   VII  95   u.   Menekrates  aus  Elea  logie   XXXVII   1905   .S.  91   ff. 
bei  Strabo  XIII  621 ;   Maurophrydis,  Ilepi  -rf;;  äpx^i;  '")  In   der  Mitte  zwischen   Duncker,    Gesch.    d. 

xai    SiaaTiopä;    -sS     'EÄXrjVixoü,     iv    <I".X{"op'.     to|i.  Alt.  V  38  ff.  und  Beloch,  Gr.  Gesch.  I  74  ff.  steht 

A'  asX.   5   ff.;   Rivola  a.  a.  O.    13.  Busolt,    Gr.   Gesch.  bis    zur  Schlacht  bei  Chaironeia 

5)    Myres,     Journ.     Hell.     Stud.    XXVII     1907  I   iio  ff.   u.   263  ff.    und  Ed.  Meyer,    Gesch.  d.  Alt. 

p.  170  ff,;  Berliner  phil.  Wochenschrift  XXV   1908  I  2,  391  ff.  (2.  Aufl.);    siehe   auch  die   unbegründete 

n.  30/31  Sp.  851   f ;  Ed.  Meyer  a.  a.  O.  6S5   ff.  Zur  Annahme  des  Moschonisios  a.  a.  O.  5   bezüglich  der 

Pelasgerfrage  verzeichne  ich    auch    das  umfangreiche  Phöniker  auf  Andros. 


53 

die  ägyptische  Seeherrschaft  unter  Sesoosis  und  dessen  Einfluß  auf  den  Kykladen 
auch  Andros  betrifft  i^). 

In  historischer  Zeit  finden  wir  auf  Andros  Griechen,  und  zwar  lonier  vor.  Wenn 
diese  unter  der  Fülirung  des  Kynaithos  und  Eurylochos  von  Athen  gekommen 
sein  sollen'*),  so  werden  für  diese  Überlieferung  die  engen  Beziehungen,  in  denen 
Andros  in  historischer  Zeit  zu  Athen  gestanden,  und  der  nachhaltige  EinfluiB,  den 
Athen  auf  Andros  ausgeübt  hat,  maßgebend  gewesen  sein.  Die  beiden  Namen 
Kynaithos  und  Eurylochos  weisen  auf  die  griechischen  Elemente  hin,  die  bei 
der  Besiedlung  von  Andros  hauptsächlich  beteiligt  waren,  ohne  daß  sie  uns  diese 
mit  Sicherheit  aufzudecken  helfen  "^^j.  Wann  die  Besiedlung  von  Andros  durch  die 
Griechen  begonnen  hat,  läßt  sich  nicht  bestimmen*^).  Die  Nähe  der  langgestreckten, 
mit  günstigen  Häfen  und  kleinen  fruchtbaren  Tälern  versehenen  Insel  wird  früh- 
zeitig die  Züge  der  griechischen  Auswanderer  zu  bleibenden  Niederlassungen 
veranlaßt  haben. 

Für  die  geschichtliche  Erforschung-  dieser  ältesten  Zeiten,  für  die  uns  keine 
Denkmäler  erhalten  sind,  können  wir  die  Sagen  heranziehen,  die  auf  Andros 
Bezug  nehmen  und  einen  Niederschlag  geschichtliclier  Vorgänge  enthalten. 

Unter  den  Argonauten  wird  beiHygin.  fab.  XIV  Thersanon,  Soliset  Leukothoes 
filius  ex  Andro*'),  genannt.  Bei  Ovid,  Metam.  IV  208  ff.  ist  Leukothoe  die  Tochter  des 
Orchamus,  des  Herrschers  über  achämenidische  Städte  und  des  siebenten  aus 
dem  Geschlechte  des  Belos  und  der  Eurynome.  Der  Name  Orchamus  (Orchomenos, 
Gruppe,  Griech.  Mythol.  und  Relig.  2,  1809  u.  234)  spielt  eine  wichtige  Rolle 
in   der  Vorgeschichte  Böotiens.  Es  wird   wohl  kein  Zufall  sein,  daß  in  den  Sagen 

^')  Ganz  unwissenschaftlich  sind  die  Ausführungen  II  246 — 292)  zusammenhängt  oder  nicht  bloß  ver- 
über die  ältesten  Bewohner  von  Andros  bei  D.  Pistis,  schrieben  ist  statt  des  bei  Steph.  v.  Byz.  s.  v.  'Äviog 
U£pi"fpa<(iVj  ifjz  vi^aou  "JivSpou  (herausgegeben  von  bezeugten  Eurymachos,  Vater  des  Andros?  Letzterer 
Homer  D.  Malios)   13   ff.  Name    wiese    nach    Thessalien,    bezw.    Böotien    hin 

")  Schol.  Dion.  Perieg.  525  (Müller,  Geogr.  gr.  (Pherek.  Schol.  Od.   XI    264,   262;    Schol.    II.  XIII 

min.  IT.  451);    vgl.  Thuk.  I   12,  4;    Herod.    VII    95  302;    Eustath.    II.    933,   14),    wo    der  Phlegyerkönig 

und  Thuk.  "VII  57;   Isokr.,  Panath.  43;   Vell.  Paterc.  dieses  Namens  die  Stadt  Theben  zerstörte. 
I  4,   3.  "^)    Über    die     Zeit    der    ionischen   Wanderung 

'■")  Der  Name   Kynaithos    begegnet  uns  für  den  Strabo  XIII  582;  Busolt  I  277  ff.;  Über  die  ionische 

Epiker  aus  Chios.    Dann    gilt  er  für  den  Eponymen  Wanderung    und    ihr  Verhältnis    zu  Athen  v.  Wila- 

von  Kynaitha  in  Arkadien.    Kynaithos    ist  dort  der  mowitz-MöUendorff,  Sitz.-Ber.   königl.   preuß.    Akad. 

Sohn  des  Lykaon,    des    Stammvaters    von  Arkadien.  190b  S.  69  ff.;   siehe  auch  Pridik  a.  a.  O.   14  ff". 
Steph.  V.   Byz.  s.  v.  KuvatO-a;  vgl.  den  durch  Plinius  '")  Der  Name  Thersanon  ist  verderbt.  Die  Schol. 

bezeugten  Namen  Nonagria  und    das   ark.  Nonakris.  haben  dafür  aus  Hygin.  S.  15  Z.  7  (Ausg.  M.  .Schmidt) 

Eine  Stadt  Kuvaiü-a  bezeugt  Steph.  auch  für  Thrakien.  Philammon   (ApoUons  Sohn),    ex   Leukonoe  Luciferi 

Der  Name  Eurylochos  begegnet  uns  sehr  häufig.  Ob  lilia    eingesetzt.     Der    Name    des   Argonautenhelden 

Eurylochos    mit    dem    Stammvater   des    berühmtesten  lason    begegnet   uns    auf  Andros    als   Eigenname    in 

thessal.  Geschlechtes  der  Aleuaden  (Buttmann,  Myth.  'ApX-  'EcpTJ|i.  I9II    S.  75  n.  7   und   n.   27. 


54 

der  böotischen  Minyer  der  Name  Andreus  wiederkehrt,  indem  bei  Pausanias  IX  34, 
6  und  9  Andreus,  Sohn  des  Peneios,  ein  Thessaler,  Eponymos  und  Gründer  von 
Adreis  ist.  Auch  wenn  in  der  Genealogie  kein  greifbarer  Zusammenhang  mit 
Andros  herzustellen  ist,  so  kann  eine  Berührung  und  Beeinflussung  durch  die 
thessalisch-böotische  Kultur,  die  auf  Euboia  sich  deutlich  zeigt,  in  alter  Zeit  auf 
Andros  nicht  ohneweiters  in  Abrede  gestellt  werden. 

Ovid,  Met.  III  640  ff.  Iäl3t  Anchises  über  Antandros  und  die  limina  Thracum 
nach  Delos  zu  Anios  kommen  und  da  klagt  Anios,  wie  verlassen  er  sei:  „Quod 
enim  mihi  filius  absens  |  auxilium,  quem  dicta  suo  de  nomine  tellus  |  Andros  habet 
pro  patre'*)  locumque  et  regna  tenentem?  |  Delius  augurium  dedit  huic  etc.''  So- 
dann läßt  Ovid  den  Anios  erzählen,  wie  seine  Töchter,  die  von  Dionysos  die 
Gabe  erhalten  hatten,  alles,  was  sie  berührten,  in  Korn,  Wein  und  Ol  zu  ver- 
wandeln und  daher  Oinotropoi  hießen,  gezwungen  worden  seien,  ihn  zu  verlassen: 
Als  nämlich  das  Heer  des  Atriden,  das  Troja  belagerte,  Not  an  Lebensmitteln 
litt,  befahl  der  Atride,  der  von  seinem  Vater  die  Herrschaft  über  viele  Inseln 
geerbt  hatte^^),  die  Töchter  des  Anios  zu  holen,  damit  sie  dem  Heere  die  nötigen 
Lebensmittel  beschafften.  Da  diese  sich  dies  zu  tun  weigerten,  flüchteten  zwei  nach 
Euboia  und  ebenso  viele  suchten  auf  Andros  ihre  Zuflucht.  Der  Atride  erscheint 
vor  Andros  und  droht  mit  Krieg,  wenn  Anios'  Töchter  nicht  ausgeliefert  würden;  in 
dieser  Bedrängnis  wenden  sich  die  Oinotropoi  an  Dionysos,  der  sie  in  Tauben  ver- 
wandelt^^j.  Auf  eine  freundschaftliche  Auseinandersetzung  zwischen  dem  Atriden 
und  Anios  weist  Suidas'  Erzählung^*!  hin,  daß  Anios  dem  Atriden  günstige  Fahrt 
nach  Troja  verheißen  habe,  wenn  sie  einen  Stier,  den  er  ihnen  geschenkt  hatte, 
zu  Schiff  mitnähmen  und  dort,  wo  dieser  ans  Land  spränge,  ein  Heiligtum  der 
Athena  Taurobolos  gründeten ^^).  Und  dies  wäre  auf  Andros  geschehen.  Anios,  der 
„Förderer",    „der  zur  Reife  Bringende",  der  Sohn  des  Apollon  und  der  Rhoio^^), 

")  Siehe    auch  Konon  41.     Bei  Steph.  v.  Byz.  ist    die    Pflege    dieses    Geflügels    auf  Andros  uralt." 

s.  V.    Aväpoj  hei'Jt  es:  X~ö  "Aväpou  toO  Eüpuiiay^ou  ^  Über  die  beiden  anderen  Versionen  von  der  Begegnung 

ToO  Aviou    ääEX-^oG   xoö   liaipö;   löjv  OivoTp6;:(ov  und  der  Oinotropoi  mit  den  Griechen,  die  Troja  belagerten, 

weiter  heißt  es:   -uive?   5e    cpaatv  ^vSptsa  toütov    y.ai  Wentzel,  Pauly-Wissowa  RE  I  2214. 

'A\io\}  Ttaiäa.  Berkel  hat^vSpäa,  ebenso  auch  Jleineke  -'■)  S.  v.  TaupoTidXov  aus  Xenomedes  von  Chics 

in  seiner  Ausgabe.  Für  die  Gewährsmänner  des  Steph.  durch  Vermittlung  von   ApoUodor  Tispl  9-Eröv;  Schol. 

V.  Byz.    s.  Niese,    De    .Stephan!   Byzantii    auctoribus.  Aristoph.  Lysistr.  447. 

commentatio  prima  5  ff.;   Hoefer,  Pauly-Wissowa  RK  --)  Über  das  Heiligtum  der  Athena  T.  weiter  unten. 

VI   1333  n.  9.  23j  Konon  41,  dem  es  dar.tuf  ankam,    zwischen 

'■*)    Homer,     Ilias     II     loS.     Im     .Schiffskatalog  Antandros  und  Andros  eine  Verbindung  herzustellen, 

kommt  die  Insel  nicht  vor.  stellt  verwandtschaftliche  Beziehungen   zwischen  den 

'")  Lykophron,  Alexandra  569  ff.;  mit  Rücksicht  Heroen    von    Andros    und    Antandros     her,     indem 

auf  diese  Stellen  meint  Ross,  Reisen  II  23:  „Vielleicht  statt  Rhoio  hier  Kreusa,  die  Gemahlin  des  Aineias 


55 

welch  letztere  ihi-  Geschlecht  auf  Dionysos  zurückführt,  der  Vater  der  Oinotropoi 
und  des  Andros,  des  Begründers  von  Andros,  weist  auf  die  Verquickung  der 
beiden  Hauptkulte  von  Andros,  des  Dionysos  und  ApoUon^''),  hin  und  in  der 
Genealogie  des  Heros  von  Andros ^5)  kommen  besonders  die  nahen  kultlichen 
Beziehungen,  die  zwischen  Andros  und  dem  griechischen  Festlande  einerseits  und 
den  Inseln  des  ägäischen  Meeres  besonders  Euboia  und  Dolos  anderseits  be- 
standen haben,  zum  Ausdruck.  Mit  den  letztgenannten  Inseln  stand  Andros,  wie  wir 
weiter  unten  sehen  werden,    in  historischer  Zeit  in  besonders  enger  Verbindung. 

Die  Erzählungen  bei  Ovid  und  Suidas  sind  nicht  die  einzigen  Anknüpfungen 
an  die  troische  Sage.  ApoUodor^^j  berichtet,  daß  nach  der  Einnahme  von  Troja 
sich  die  Griechen  auf  ihrer  Rückfahrt  zerstreut  hätten:  (Pdo'.imoz  |.i£Ta  Ttov  Kwtov 
ev  "Avopw  xax(;)zr;a£V.  Pheidippos,  der  auch  den  kurzen  Namen  Pheidon  führt^'),  steht 
als  Herakles'  Enkel  auf  Kos  unter  dem  Einflüsse  des  Tyrannen  Pheidon,  an 
den  sich  in  der  Überlieferung  der  Höhepunkt  der  argivischen  Hegemonie  knüpft"*). 
Für  Ägina,  über  das  Pheidon  gebot,  ließ  er  Silbermünzen  prägen  und  der  ägi- 
netische  Münzfuß  war  weit  verbreitet^').  Vielleicht  ist  die  bei  Apollodor  vorge- 
brachte Erzählung  ein  Nachklang  der  auf  den  Argiver  Pheidon  zurückgehenden 
Neuerung,  der  sich,  wie  wir  weiter  unten  sehen  werden,  auch  die  Insel  Andros 
anschloß.  Auch  wird  bei  Ovid  Met.  VII  469  ff.  Andros  unter  den  Inseln  genannt, 
die  den  Zug  des  Minos  von  Knossos  gegen   Agina  nicht  unterstützten. 

Die  Griechen,  die  der  auf  Andros  angetroffenen  Bevölkerung  wohl  numerisch 
überlegen  gewesen  sein  werden,  sogen  die  fremden  Elemente  auf.  Ihre  Über- 
legenheit mußte  sich  durch  die  Beschäftigung  mit  Weinbau,  Fischfang  und 
Schiffahrt,  der  sie  sich  infolge  der  für  den  Ackerbau  ungünstigen  Bodenverhält- 
nisse zuwendeten,  steigern  und  ihre  Gemeinde,  für  deren  Anfänge  wir  dieselbe 
Entwicklung  wie  in  den  übrigen  ionischen  Städten  werden  voraussetzen  dürfen, 
konnte  festere  Formen  annehmen.  Seit  der  Mitte  des  achten  Jahrhunderts  hatten 
sich  in  der  griechischen  Welt  die  Machtverhältnisse  verschoben.  Die  Bedeutung 
des  Handels  wuchs  und  die  Ackergemeinde  begann  gegenüber  der  Handelsstadt 

genannt  wird,  deren  Sohn  Askanios  nach  dem  Falle  Apollon  überwog,  zum  Sohne  dieses  Gottes  wurde, 
von  Troja  über  die  am  Fuße  des  Berges  Ida  gelegene  -')  Wentzel,  Pauly-Wissowa  RK  I  2213  ff.;  siehe 

Stadt  Antandros  die  Herrschaft  gewann.  Vgl.  ApoUod.  auch  Svoronos,  BCH  XVII   1893   S.  475  f. 
3,   12,   5   und  Hygin.  fab.  90.  -^)  Epitom.  Vaüc.  6,   15. 

^')    Über    Beziehungen    zwischen  Apollon    und  -")   Gruppe  a.  a.  O.   265. 

Dionysos  vgl.   Preller,  Gr.  Mythol.  4.  Aufl.  I  278  ff.  ^')  Kos  gilt  bei  Tac.  Ann.  12,  61  als  argivische 

Usener,   Sintflutsagen  98  folgert  aus   Anios'  Stamm-  Gründung. 

bäum  und    seinen  Töchtern,  daß  er  ein  dionysischer  ^')  IG  XII  5,  444;  Marmor  Parium  XXX;  Babe- 

Heros     war    und     erst    nachträglich,     als     in    Delos  Ion,   Traite   des    monnaies   gr.    et.  rom.  II   I,    642   f. 


56 

zurückzutreten.  Die  Gründung  von  Kolonien  war  die  Folge  dieses  Wandels. 
Auch  die  Gemeinde  der  Andrier  war  bald  so  sehr  gekräftigt,  daß  sie  sich 
an  der  Kolonisation  beteiligen  konnte.  Lebhaften  Anteil  nahm  sie  an  der 
des  Nordens.  Auf  der  sieben  Stadien  breiten  Landzunge  Akte  zwischen  dem 
strj^monischen  und  dem  singitischen  Meerbusen  gründeten  die  Andrier  im 
Jahre  655/4  die  Stadt  Akanthos^").  Da  nur  Plutarch'^)  angibt,  daß  die  Chal- 
kidier  im  Verein  mit  den  Andriern  Sane  und  Akanthos  eingenommen  und 
besiedelt  hätten,  ist  man  geneigt  anzunehmen,  daß  die  Andrier  bei  der  Grün- 
dung dieser  Städte  in  der  Mehrzahl  gewesen  sind'^).  In  der  von  ihm  erzählten 
Gründungsgeschichte  der  andrischen  Pflanzstadt  Akanthos  haben  zwar  die  Einzel- 
heiten keinen  historischen  Wert,  doch  wird  es  nicht  angehen,  an  dem  Kern  der 
Erzählung  von  einem  Streite  zwischen  Andros  und  Chalkis  und  einem  darauf- 
folgenden Schiedsgericht  zu  zweifeln,  wie  es  Geyer  a.  a.  O.  42  Anm.  2  tut. 
Für  Andros  sind  die  Münzlegenden  von  Akanthos  dadurch  von  Wert,  daß  sie 
durch  das  0  statt  0  der  Endung  erkennen  lassen,  welcher  Alphabetgruppe  Andros, 
von  dem  wir  —  abgesehen  von  dem  unsicheren  IG  XII.  5.  2,  1107  —  kaum  dem 
vierten  Jahrhundert  v.  Chr.  zuzuweisende  Schriftdenkmäler  besitzen,  angehört  hat^^). 
Weitere  Pflanzstädte  der  Andrier  sind  das  früher  genannte  Sane  auf  der  Halb- 
insel Akte^*)  und  Stagiros^^),  das  als  Geburtsort  des  Aristoteles  berühmt  geworden 
ist.  Eine  andere  Gründung  der  Andrier  ist  Argilus,  eine  Stadt  in  der  Bisaltia 
genannten  Gegend  Thrakiens,  am  Gestade  des  strymonischen  Meerbusens'").  Ihren 
Namen,  der  thrakisch  die  Alaus  bezeichnet,  soll  sie  von  Thrakern  deshalb  erhalten 
haben,  weil  sie  an  einer  Stelle  gegründet  wurde,  an  der  sich  eine  durch  das  Orakel 
angekündigte  Maus  gezeigt  hatte  ä'). 

'")  Thukyd.  IV  84;  vgl.  Slrabo  VII  330  fr.  31;  Klio   Vni    1908,    524    u.  526.     Wenn    Anphis    aus 

Diod.    XII    68.;    Plut.    Aet.    Gr.  30    (mor.  p.  298';  Andros    in    einem    uns   bei  Athen.  1  p.  30  E  über- 

Gründungsjahr   nach   Euseb.  Vers.  Arm.   u.  Hieron.  lieferten  Dialoge  einen  Mann  auf  die  an  ihn  gestellte 

Abr.   13621=655/4  V.  Chr.  S.  auch  Busolt,  Griech.  Frage  nach  der  Herkunft  aus  Akanthos  stammen  läßt, 

Geschichte  I  2,  458;  Hirschfeld,  Pauly-Wissowa  RE  so  scheint  die  Wahl  des  Namens  Akanthos  keine  zu- 

I    1147   n.   I;     Murray's   Handbook   Greece  II    573;  fällige  zu  sein. 
Geyer,  Topographie  u.  Geschichte   der  Insel  Euboia  ^')  Thuk.  IV   109.   Vgl.  Herod.  VII,  22. 

I.  25,  42,  64;  Le  Bas,  Inscr.  gr.  et  lat.  V  74  setzt  ^5)  Thukyd.  IV  88.  Vgl.  Herod.  VII,  115;  Strabo 
die  Gründung  der  Stadt  um  700  v.  Chr.,  Sonne,  De  VII  330,  fr.  33. 

arbitris  externis,  quos  etc.,  9  um  650  v.  Chr.  '')  Thuk.  IV,  103.  Vgl.  Herodot  VII,  1 15  ;  Strabo 

")  Aet.    Gr.  30   (mor.  p.  298);    Gruppe,  Griech.  VII    330    fr.    33;    Hirschfeld,    Pauly-Wissowa    RE 

Myth.  und  Relig.  i,  222.  II  718. 

^')   Geyer  a.  a.  O.  42.  ^")  Phavorinos  sv  -avcoSocTiai;  bei  Steph.  v.  Byz. 

'')  Vgl.  Babelon,  Traite  de  monnaies  gr.  et  rom.  s.  v.  Argilos;   Herakleides   Pont.   fr.  42    bei    Müller 

II.  I,    1165   ff.,   116S;     Kirchhoff,    Studien    zur  Ge-  F.  H.   Gr.  II  224.  Das  am  Athos  gelegene  Thyssos 
schichte    des    griech.   Alphabetes'   78;    Wiedemann,  ist   nicht   eine  Gründung    der  Andrier,    ebensowenig 


57 


Münze  von   Ardros. 


Daß  sich  Andros  an  der  Kolonisation  so  lebhaft  beteiligen  konnte,  verdankt 
es  vor  allem  dem  Umstände,  daß  es  nahe  bei  Euboea  lag,  dessen  zwei  Städte 
Eretria  und  Chalkis  den  Hauptanteil  an  der  Kolonisation  des  Küstenstriches 
zwischen  den  Mündungen  des  Axios  und  Strymon  hatten.  An  diesen  wird  Andros 
hierin  ein  gutes  Vorbild  gehabt  haben  und  der  euböische  Einfluß  macht  sich,  wie 
wir  gesehen  haben,  auch  in  der  Sagengeschichte  bemerkbar.  Wenn  Strabo  X  448 
von  einer  HeiTSchaft  der  Eretrier  über  Keos,  Tenos,  Andros  und  andere  Inseln 
spricht^*),  die  auch  Kolonisten  von  Elis  erhalten  haben 
sollen,  so  kann  diese  nur  für  die  Zeit  gelten,  als  Ere- 
tria während  und  kurz  nach  der  rührigen  Kolonisation 
zu  Ende  des  achten  und  Anfang  des  siebenten  Jahrhun- 
derts auf  dem  Höhepunkte  seiner  Macht  stand^").  Denn 
die  Bedeutung  Eretrias  hat  bald  darauf  infolge  der 
Rivalität  mit  Chalkis  und  der  daraus  entstandenen  Verwicklungen  stark  g'elitten. 
Der  langwierige  Krieg  um  das  lelantische  Feld  fiel  zu  Ungunsten  Eretrias  aus 
und  als  letzteres  dadurch  seine  maritime  Bedeutung  verlor,  mußte  sich  auch  das 
Abhängigkeitsverhältnis  von  Andros  zu  Eretria  lockern*").  Daß  die  euböische 
Herrschaft  nicht  von  längerer  Dauer  gewesen  ist,  beweist  der  Umstand,  daß  die 
ältesten  Silbermünzen  von  Andros  (Stater,  Drachme,  Triobolon,  Obolos  und  Tri- 
temorion)  den  äginetischen  (nicht  den  euböischen)  Münzfuß  haben  und  von  der  Mitte 
oder  vom  Ende  des  siebenten  Jahrhunderts  bis  in  die  Zeit  der  Perserkriege  beibehalten. 
Diese  Münzen  (Fig.  62),  für  die  uns  die  ausführliche  Arbeit  von  Paschalis,  Journ. 
Int.  d'Arch.  Numism.  I  1898  p.  29g  ff.  vorliegt,  zeigen  auf  der  Vorderseite  eine  Am- 
phora, auf  der  Rückseite  ein  vertieftes  Viereck,  das  durch  Diagonalen  in  acht 
ungleichmäßig  vertiefte  dreieckige  Felder  geteilt  wird,  und  haben  keine  Legenden*'). 


gibt  es  bezeugte  andrische  Kolonien  in  Kleinasien. 
Vgl.  Paschalis  a.  a.  O.  346.  Über  die  Lage  der 
andrischen  Kolonien  s.  Kiepert,  Lehrb.  d.  alten 
Geographie  316  ). 

^')  Daß  die  Namen  der  Andrier,  Tenier  und 
Keer  auf  der  Stele  gestanden  haben,  auf  der  nach 
Strabo  von  der  Pompe  die  Rede  war  und  die  im 
Heiligtume  der  amarynthischen  Artemis  aufgestellt 
war,  ist  kaum  anzunehmen.  Über  die  Inschrift  aus 
Koresia  auf  Keos  sagt  Pridik,  De  Cei  insulae  rebus 
23:  Dominationis  Eretriensis  fortasse  exstat  vestigium, 
si   quidem    titulus    Coresiorum   revera    est    i-jy^ihf.oz- 

'')  Vgl.  Miliarakis,  Kykl.  119;  Bury,  A  history 
of  Greece  to  the  death  of  Alexander   the  Great  93 ; 

Sauciuc,  Andros. 


Ed.  Meyer  II  435  u.  465;  Busolt  I  2,  458  u.  455 
u.   Anm.  4;   Geyer  a.   a.   O.   25,   42. 

*")  Über  diesen  Krieg  ausführlicher  bei  Geyer, 
Top.  u.  Gesch.  d.  J.  Euboia  24  fF. ;  Busolt  a.  a.  O. 
I  2,  458  u.  455  u.  Anm.  4;  Hiller  v.  Gaertringen, 
IG  XII  5,  Praefatio  p.  XII  n.  1218.  Die  früher  an- 
geführte Erzählung  vom  Streit  zwischen  Chalkis  und 
Andros  könnte  als  ein  Nachklang  jener  langwierigen 
Feindschaft  und  des  wechselvollen  Krieges  zwischen 
Chalkis  und  Eretria  gelten. 

■")  Paschalis,  308  IT.  345;  Babelon  a.  a.  O. 
1275  ff.;  Head,  Historia  numorum  1911,  482.  Die 
Amphora  findet  sich  auch  an  anderen  Orten.  Vgl. 
Mionnet,  Descr.   de   med.   Suppl.    IX,    243. 

8 


58 

Für  die  unmittelbar  auf  die  Kolonisation  folg-ende  Zeit  fehlen  Nachrichten 
über  Andros.  Dugit  (De  insula  Naxo  79)  behauptet,  daß  Faros  um  655  v.  Chr. 
unter  die  Herrschaft  von  Naxos  gelangte  und  daß  bald  nachher  dasselbe  Los  Andros 
getroffen  habe,  dessen  Holz  die  Naxier  für  die  Erbauung  von  Schiffen  benö- 
tigten^-). Von  einem  Kriege  zwischen  Faros  und  Naxos  wissen  Plutarch*^)  und 
Eusebius''*)  zu  berichten.  Doch  dafür,  daß  die  Naxier  um  jene  Zeit  auch  Andros 
unterworfen  hätten,  fehlt  uns  jede  Nachricht.  Dagegen  haben  wir  mehr  als  hundert 
Jahre  später  eine  die  Inseln  Andros  und  Naxos  betreffende  Bemerkung  bei  Hero- 
dot  (V  31)  in  der  Unterredung  des  Aristagoras  von  Milet  mit  Artaphernes.  Arista- 
goras  sucht  Artaphernes  um  jeden  Preis  zum  Kriege  gegen  Naxos  zu  bewegen. 
Er  lenkt  dessen  Aufmerksamkeit  auf  die  Vorteile,  die  ihm  durch  die  Eroberung 
der  Insel  erwüchsen.  ToOto  ok,  läßt  Herodot  den  Aristagoras  zu  Artaphernes  sagen, 
vrjCO'jg  ßaciXsr  -poaxTTjCJEa'.  a'jiTjv  -£  Xa^ov  xat  xä;  sx  xaü-r);  rjpxr^iisvaj  IIxpov  xai  'AvSpov 
Y.od  aXXae  xä;  Ku/.Aaoa;  xaXoujievag.  Wenn  Herodots  Worte,  die  Faros,  Andros  und 
die  anderen  Kykladen  gleichsam  als  Anhängsel  von  Naxos  bezeichnen,  auf  ein  tat- 
sächliches Abhängigkeitsverhältnis  hinweisen*'^),  so  halte  ich  dcch  Dugits  und  Bur- 
sians  Ansatz  für  verfrüht.  Erst  zu  der  Zeit,  als  Lygdamis  mit  Hilfe  des  Peisistratos 
Tyrann  von  Naxos  geworden  war  und  diese  Insel  die  höchste  Stufe  der  Macht 
und  des  Reichtums  erreicht  hatte**^),  konnte  auch  Andros  in  ein  Abhängigkeits- 
verhältnis zu  Naxos  getreten  sein,  das  sicherlich  bald  nach  dem  Tode  des  Lyg- 
damis und  in  der  Zeit  der  inneren  Wirren  auf  Naxos   sich  aufgelöst  hat. 

Wenn  Paschalis  a.  a.  O.  345  Andros  im  Jahre  507  den  Eretriern  Untertan 
werden  läßt  und  auf  diese  Weise  das  Verschwinden  des  äginetischen  Münzfußes 
auf  Andros  erklären  möchte,  so  entbehrt  diese  Annahme  jeder  Grundlage*'). 

Von  den  Perserkriegen  bis  zur  Schlacht  von  Chaironeia. 

Bald  nach  dem  mißglückten  Zuge  des  Artaphernes  gegen  Naxos  folgte  der 
Beginn  des  ionischen  Aufstandes.  Um  die  Athener  und  Eretrier  für  die  den 
loniern  geleistete  Hilfe  zu  bestrafen,  verlangte  der  Ferserkönig  Dareios  von  den 
Griechen    des   Mutterlandes    und    von    den  Inselgriechen    als    Zeichen    der  Unter- 

^-)  Ebenso    auch    Bursian,    Geogr.  v.  Griechen-  zeigt  zur  Genüge  der  Ausgang  des  Feldzuges  gegen 

land  II  441.  Naxos  und  Aristagoras'  Ende  (Herod.  V  32  iT.).    Um 

")  De  sera  numinis  vindicta   17.  Artaphernes     für     seinen    Plan     zu     gewinnen,     lag 

**)  Praepar.    evang.    V  33.    Vgl.  Ed.   Meyer   II  Aristagoras  daran,    die  Folgen  der  Erwerbung  einer 

584  fF.;  Beloch  I  256  ff.  so   wichtigen  Insel    wie   Naxos    als    ganz    bedeutend 

^^)  Die  Worte,  die  von  Herodot  dem  Aristagoras  hinzustellen, 
in  den  Mund  gelegt  werden,  sind  nur  mit  Vorsicht  zu  ^'^)  Dugit,  De  insula  Naxo,  83  ff.;  Bursian  II  492. 

verwerten.  Daß  sie  nicht  der  Wirklichkeit  entsprachen,  ^")  Vgl.  Babelon  3.  n.   O.    1271  f.  und   1277. 


59 

werfung  Wasser  und  Erde.  Andros  wird  diese  Forderung-  erfüllt  haben.  Denn 
Herodot  VI  49  erzählt,  daß  alle  Inseln,  zu  denen  die  Boten  des  Königs  kamen, 
sich  unterwarfen,  und  bei  Aischylos,  der  in  den  Persern  v.  874  ff.  von  der  weiten 
Ausdehnung,  die  das  Perserreich  unter  Dareios  hatte,  spricht,  wird  unter  den 
Untertanenstädten  auch  Tr^vw  ts  aDVarcTOua'  'AvSpo;  genannt.  Als  die  Gesandten  des 
Perserkönigs  in  Athen  und  Sparta  auf  Widerstand  stießen,  zogen  Datis  und  Arta- 
phernes  gegen  Griechenland.  Das  persische  Heer  nahm  seinen  Weg'  über  die 
Inseln  des  ägäischen  Meeres  und  erhielt  von  diesen  Hilfstruppen  (Herodot  VI 
95  f-  u.  99). 

Nach  der  Schlacht  bei  Marathon  g-aben  die  Perser  die  Hoffnung,  die  Herr- 
schaft über  ganz  Griechenland  zu  gewinnen,  nicht  auf  und  Dareios'  Nachfolger 
Xerxes  erbte  von  seinem  Vater  den  in  Vorbereitung-  befindlichen  Feldzug  gegen 
Griechenland.  Auch  Xerxes  schickte  Gesandte  nach  Griechenland,  um  die  Zeichen 
der  Unterwerfung  zu  verlangen.  Von  den  Inselbewohnern  wiesen  nur  Seriphos, 
Siphnos  und  Melos  diese  Forderung  zurück  (Herodot  VIII 46).  Sobald  die  Rüstungen 
beendet  waren,  brach  Xerxes  gegen  Griechenland  auf  und  zog  die  Küste  ent- 
lang. Die  Verluste,  die  die  Perser  auf  der  Fahrt  hatten,  ersetzten  bei  der  See- 
macht die  Karystier,  Andrier  und  Tenier  und  die  anderen  Inselvölker  (Herodot 
VIII  66).  Daß  sich  die  Andrier  den  Persern  anschlössen,  ist  ganz  begreiflich. 
Lagen  sie  doch  den  Persern  auf  dem  Wege*)  und  mußten,  ob  sie  nun  wollten 
oder  nicht,  sich  deren  Übermacht  fügen.  Die  Schlacht  bei  Salamis  befreite 
Andros  von  der  persischen  Herrschaft.  Als  die  Griechen  von  der  fliichtähnlichen 
Rückkehr  der  persischen  Schiffe  erfuhren^),  setzten  sie  ihnen  nach  und  ver- 
folgten sie  bis  Andros.  Hier  hielten  die  Griechen  Rat  und  beschlossen,  von 
der  Verfolgung  abzustehen;  sie  umlagerten  nun  Andros  und  wollten  es  erobern. 
„Denn  die  Andrier",  sagt  Herodot  VIII  in,  „waren  das  erste  Inselvolk,  von 
dem  Themistokles  Geld  verlangte  und  das  nichts  hergab".  Themistokles  hatte 
von  den  Inseln  Geld  einzutreiben  begonnen,  um  die  Perser  tatkräftiger  verfolgen  zu 
können,  und  sich  auch  an  Andros  gewandt.  Er  sagte,  wie  wir  aus  Herodot  a.  a.  O. 
erfahren,  die  Athener  kämen  im  Gefolge  zweier  Göttinnen:  Peitho  und  Ananke 
(bei  Plutarch,  Themist.  21  Bia  statt  Ananke).  Sie  hätten  durchaus  Geld  nötig. 
Doch  die  Andrier  antworteten  ebenso  schlagfertig  wie  entschieden:  Athen  sei 
freilich  groß  und  gesegnet  und  erfreue  sich  guter  Götter,  sie  selbst  aber  seien  arm 

')  Über   die  Wege   zwischen   Griechenl.ind   und  ^)  Siehe  darüber  Prasek,  Geschichte  der  Meder 

Kleinasien   vgl.   Büchsenschütz,    Besitz   und    Erwerb       und  Perser  II   153. 
im   gr.  Altert.  430  ff. 

8* 


6o 

und  hätten  zwei  schlimme  Gottheiten:  Penia  und  Amechania  (bei  Pkitarch,  Them. 
2  1  Aporia  statt  Amechania),  die  sich  ihre  Insel  zum  Lieblingsaufenthalt  erkoren 
hätten.  Deswegen  seien  sie  nicht  imstande,  die  Forderung  zu  erfüllen;  denn  nie- 
mals würde  ihre  Ohnmacht  von  der  Macht  der  Athener  überwogen  werden.  Nach 
dieser  Antwort  schritt  Themistokles  an  die  Belagerung,  da  man  im  Griechenheer 
annahm,  Andres  stehe  auf  selten  der  Perser  (Herodot  VIII  112).  Die  Griechen 
konnten  jedoch  die  wohlbefestigte  Stadt  Andros  nicht  erobern  (Herodot  VIII  121) 
und  Themistokles  wandte  sich  mit  mehr  Glück  an  Karystos,  Paros  und  andere  Inseln 
(Herodot  VIII  112)^).  Wenn  die  Andrier  Themistokles'  Forderung  zurückwiesen, 
so  hatte  dies  seinen  Grund  darin,  daß  Andros  von  Xerxes,  wie  sicher  auch  schon 
von  Dareios,  gezwungen  worden  war,  für  die  persische  Flotte  Hilfstruppen  zu 
stellen,  dadurch  in  eine  traurige  finanzielle  Lage  gekommen  war  und  die  von 
Themistokles  geforderte  Summe  nicht  bezahlen  konnte**).  Dazu  kommt  noch,  daß 
Themistokles,  wie  Herodot  VIII  112  bemerkt,  ohne  Wissen  der  übrigen  Feldherren 
von  den  Inselvölkern  Geld  eintrieb;  es  konnte  auch  noch  ein  gewisses  Mißtrauen 
die  Andrier  veranlaßt  haben,  es  auf  eine  Belagerung  ankommen  zu  lassen^). 

Wann  Andros  Mitglied  des  ersten  athenischen  Seebundes")  geworden  ist, 
läßt  sich  nicht  genau  angeben.  Daß  es  451/50  dem  Bunde  angehört  hat,  lehren 
uns  die  Listen  der  von  den  (fopoi  als  anapj^at  der  Athena  verrechneten  Sechzigstel'). 
Von  Andros  sind  uns  die  Quoten  für  einige  Jahre  erhalten*).  Im  Jahre  451/50  zahlte 

')  Vgl.  über  diese  Herodotstelle  A.  Bauer,  The-  angegebenen    Literatur    noch:    Kirchhoff,    Abhandl. 

raistokles,   Studien   u.  Beiträge   zur   griech    Hislorio-  Berl.  Akad.  1873,  27  ff.;  Löschcke,  De  titulis  aliquot 

graphie  und  Quellenkunde,  23  f}.;   RivoU  a.  a.  O.  35.  Alticis,  Bonn  1876;  Beloch,  Rhein.  Museum  XXXIX 

*)  In  dieser  Zeit  hören   die  Münzen  von  Andros  1884  S. 34fr.,  43;  ebenda  XLIII  1888  S.  104  flf.;  Uberto 

für  eine  längere  Weile  auf.  Pedroli,  I  tributi  degli  alleati  d'Atene  (Studi  di  storia 

^)  Über   das    schlechte   Renommee    des    Themi-  antica  pubbl.   da  G.  Beloch  I   1891)   lS2f.   192,   201 

stokles  in   Geldsachen   siehe  Bauer  a.  a.  0.   13  f.  u.  Tafel   V;   R.  Dahms,   De  Atheniensium  sociorura 

^)  Über  die  Organis.ition   des  von  Aristides  ge-  triljutis  quaestiones  Septem,  Berlin  1904  p.  118  f.;  Ad. 

schaffenen  athenischen  Bundes  und  das  Reich,  das  sich  Wilhelm,  Anzeiger  d.  phil.  hist.  Kl   d.  kaiserl.  Akad. 

daraus  entwickelt  hat,  s.  Abbott,  Early  of  the  Delian  d.  Wissenschaften  Wien  n.  X  v.  28.  April  1 909  S. 41  ff.; 

league,  Class.  Rev.  III  387  ff.;  H.  Nöthe,  Programm  dazu  Woodward,  Ann.  Brit.  Seh.  XV  1908/9  S.  229; 

des    Domgymnasiums    Magdeburg    1889    und    1890;  Bruno   Keil    bei    Gercke-Norden,    Einleitung    in    die 

Beloch,    Rhein.    Museum  N.  F.  43,    104;    Francotte,  Altertumswissenschaft  III  373. 

Mus6e     Beige  XI   1907    p.  173  ff.;     Busolt,    Griech.  *)  Pedroli  Uberto  a.  a.   O.   führt   ihrer  acht  an; 

Gesch.  III   I.   37  f.,  72  ff.,   192  fr.  IG   I,   229  (Kol.  I  Z  7  b),  230  (IV  16  b),   231  (V  7), 

'j  Busolt   a.  a.  O.  74    und  Anm.   I;     Beloch  I,  232   (II  17  b),  237  (V  19  ^väptot  ergänzt),  239  (I  75), 

496    setzt   die    Einteilung   in   fünf  Bezirke   ins   Jahr  Suppl.  I   Seite  72,  P.  109  u.  239,    240  (I  85,  hier  ist 

442;     vgl.   Weil,    Das    Münzrecht    der    O'j|i|iaxot    im  "^vSpiot   ebenfalls    ergänzt);    Köhler,  Hermes  XXXI 

I.  attischen  Seebund,  Zeitschr.  f.  Numismatik  XXVIII  1896  S.  142,  n.  2  (Z  8);  IG  I  244  (I  73).  Hill,  Sources 

351  ff.;   Über  die  Tributlisten  der   athenischen    Ver-  for  Greek    history    between    the    Persian    and    Pelo- 

bündeten    außer    der    zur   Organisation    des    Bundes  ])oniiesian  wars,  47,  50,  53,   36;   64,  68;   71,  72;   78« 


6i 

Andros  an  den  Vorort  den  Tribut  von  12  Talenten,  welcher  Ansatz  durch  seine 
Höhe  die  finanzielle  Leistungsfähigkeit  und  die  Bedeutung,  die  Andros  um  diese 
Zeit  hatte ^),  beweist. 

In  dem  auf  451/50  folgenden  Jahre  finden  wir  den  Phoros  von  12  auf  sechs 
Talente  herabgesetzt  und  diese  Summe  entrichten  die  Andrier  bis  zum  Jahre  425/4. 
Welche  Bewandtnis  hatte  es  mit  der  Herabsetzung  des  Phoros?  Einige  Jahre  vor  der 
Mitte  des  fünften  Jahrhunderts  waren  die  Bündner  von  den  Athenern,  die  der  Krieg 
nach  vielen  Seiten  in  Anspruch  genommen  hatte,  zu  weiter  gehenden  Verpflich- 
tungen genötigt  worden.  Die  Phorossteigerung  und  die  im  Jahre  454  erfolgte 
Verlegung  der  Bundeskasse  von  Delos  nach  Athen  sowie  die  langen,  verlustreichen 
Kriege  hatten  unter  den  Bündnern  vielfach  Unzufriedenheit  wachgerufen.  Einzelne 
Bundesstädte  hatten  sich  zeitweilig  oder  dauernd  von  der  athenischen  Herrschaft 
losgesagt  und  Athen  sah  sich  veranlaf3t,  im  Jahre  450  einigen  Bündnern  den 
Phoros  herabzusetzen  (Busolt  HI  i,  410,  416  Anm.  5).  Die  Herabsetzung  des 
Phoros  der  Andrier  läßt  sich  vielleicht  auch  mit  einer  Maßregel  in  Verbindung 
bringen,  von  der  uns  Plutarch  erzählt.  Er  führt  (Perikles  11)  unter  den  Ver- 
diensten, durch  die  sich  Perikles  die  Anhänglichkeit  des  Volkes  der  Athener 
erworben  hatte,  auch  die  Entsendung  von  Kleruchien  an:  1000  Kolonisten  ent- 
sendete er  nach  der  Cherrones,  500  nach  Naxos,  die  Hälfte  davon  nach  Andros, 
1000  nach  Thrakien  zu  den  Bisalten,  andere  nach  Italien,  wo  Sybaris  besiedelt 
und  Thurioi  genannt  wurde.  Damit  erreichte  Perikles,  wie  Plutarch  bemerkt,  einen 
doppelten  Zweck:  Er  befreite  einerseits  die  Stadt  von  den  Proletariern,  andererseits 

')  Die  cpopot  wurden  in  attischer  Währung  aus-  siecle,  Paris  1908  p.  179  ff.).  Daß  nach  Übertragung 

geschrieben,    doch    erfolgte    die    Zahlung  von    selten  der   Bundeskasse    von    Delos    nach    Athen,    als    die 

der  Bündner   meist  in  der  heimischen  Währung,   so  athenische  £u|i|iax(a  bereits  eine  ausgesprochene  äpx'j 

daß    der  von    den  Bündnern    eingezahlte  Betrag   von  bedeutete,    in  Andros  der  attisch-euböische  Münzful? 

den  Hellenotamien  umgerechnet  werden  mußte.    Die  allein  galt,  ist  unzweifelhaft.  Vgl.  den  auf  den  Antrag 

meisten  Inseln   des   ägäischen  Meeres  halten  zur  Zeit  des  Klearchos   gefaßten  Beschluß    von   Siphnos    (IG 

des    ersten    attischen  Seebundes   bis   zu    dessen  Um-  XII  5,  480),  ferner  das  später  zu  nennende  Verzeichnis 

Wandlung    in   eine  Herrschaft   der  Athener   den   ägi-  der  Spenden  für  das  delische  Heiligtum  BCH  XXVII 

netischen  Münzfuß   (siehe  Weil,  Zeitschr.   f.   Numis-  299  u.   325,    in  dem  die  Beiträge    der  Andrier  stets 

matik  XXVIII  354  f.).  In  welcher  Währung  Andros  den  Zusatz  der  attischen  Währung  (ä-TixoO)  führen, 

in    der   Zeit   des  delisch-attischen    Bundes    die    cfipst  und  das  andrische  Ehrendekret  XII  5,  714  aus  dem 

zahlte,  läßt  sich  nicht  mit  Sicherheit  angeben,  da  um  vierten  Jahrhundert  v.  Chr.,    wo  der  Preis  des  dem 

480  die  Reihe  der  Münzen  von  Andros,  die  bis  dahin  Antidotes    zuerkannten     goldenen    Kranzes    genannt 

äginetischen  Fuß  hatten,  abbricht.  Der  euböische,  be-  wird  und  die  attische  Münzwährung  durch  die  sichere 

ziehungsweise  attisch-euböische  Münzfuß  beschränkte  Ergänzung  [arto  |  ä-ttjxöjv  äpa^lK«"'  bezeugt   ist.    Die 

sich  wesentlich  auf  Euboea  und  die  Kolonien  in   der  attische  Drachme  besteht  dann  in  den  römischen  Pro- 

Chalkidike.  (Böckh,  Staatshaush.    d.   Athener'   I  25,  vinzen  fort  bis  in  die  späte  Kaiserzeit;   vgl.  Keil  und 

II  4*  Anm.   27;   Babelon   a.  a.  O.  666    und   1271  f.;  v.    Premerstein,   Bericht   über   eine  zweite   Reise    in 

E.  Cavaignac,  Etudes  zur  l'histoire  d'Athcnes  au  Vme  Lydien  II,  44. 


62 

sicherte  er  auf  diese  Weise  am  besten  die  Herrschaft  der  Athener.  Zu  dieser 
Plutarchstelle  kommt  eine  andere  Schriftstellernotiz,  die  zwar  Andros  nicht  nennt, 
wohl  aber  für  die  anderen  Kleruchien  bestimmtere  Angaben  macht.  Zum  Jahre 
des  athenischen  Archon  Lysikrates  (453)  und  der  römischen  Konsuln  G.  Nautius 
Rutilius  und  Lucius  Minucius  Carutianus  führt  Diodor  (XI  88,  i  ff.)  den  Feldzug- 
des  Perikles  gegen  Sikyon  und  Akarnanien  an  und  berichtet,  daß  [isxx  os  xaDta 
Perikles  1000  Hopliten  in  der  Cherrones  Land  anwies  und  daß  gleichzeitig  unter 
Tolmides  looo  Bürger  nach  Euboea  gingen.  Dann  wird  nach  einer  Lücke,  die 
Wesseling  in  seiner  Ausgabe  durch  Tauxr^v  /.a(  ausfüllt,  die  Ackerverteilung  auf 
Naxos  erwähnt'")  und  die  Vorgänge  in  Sizilien  und  die  Zustände  in  Sybaris  und 
Kroton  weitläufig  ausgeführt").  Auf  Grund  dieser  Stelle  setzt  Busolt  III  i,  417 
Anm.  I  die  Entsendung  der  Kleruchie  nach  Andros  und  nach  dem  Bisalterland 
frühestens  gegen  Frühjahr  445,  unmittelbar  vor  der  Einschiffung-  der  Kolonisten 
nach  Thurioi,  an  und  meint  (III  i,  416  Anm.  5)  betreffs  der  Herabsetzung  des 
Phoros  der  Andrier  im  Jahre  450,  daß  diese  nicht  mit  der  Kleruchie  in  Verbin- 
dung zu  stehen  brauche,  da  die  Andrier  für  die  Kleruchie  irg-end  eine  andere 
Entschädigung  erhalten  oder  für  eine  Beteiligung  an  dem  Aufstande  der  Euboier 
durch  diese  bestraft  worden  sein  konnten.  Diese  Möglichkeiten  vermögen  die  im 
Jahre  450  erfolgte  Herabsetzung  des  Phoros  auf  die  Hälfte  des  früheren  Betrages 
nicht  ganz  bedenkenfrei  zu  erklären.  Es  scheint  mir  durch  Plutarch  keineswegs 
das  Jahr  448  als  der  früheste  Termin  für  die  Begründung  der  Kleruchien  gegeben. 
Letzterer  erzählt  wohl  unmittelbar  nach  dem  Tode  Kimons  den  Parteikampf 
zwischen  Perikles  und  Thukydides;  das  hindert  ihn  aber  nicht,  in  der  Begründung 
des  Gegensatzes  zwischen  der  aristokratischen  und  demokratischen  Richtung,  die 
schon  vor  Kimons  Tod  gegeben  war  und  nach  dessen  Tod  zum  vollen  Durch- 
bruch kam,  Ereignisse  anzuführen,  die  dem  Todesjahr  des  Kimon  vorausgingen. 
Und  die  Beobachtung  Sauppes^^),  Plutarch  scheine  die  Kolonien  in  chronologischer 
Folge  ihrer  Begründung  aufgezählt  zu  haben,  spricht  nicht  dagegen,  daß  wir  die 

'"}  Es  kann  sich  hier  nicht  um   eine  Stadt  Naxos  später   Hopf  a.    a.    O.    Busolt   (III    I,    412    Anm.   l) 

auf  Euboea  handeln.  Dies  geht  aus  Paus.  I  27,  5  hervor.  meint,  daß  iistx  de  xaOxa  eine  Zwischenzeit  von  meh- 

'')  DieExpedition  nach derCherrones, Euboea  und  reren  Jahren  bedeuten  kann,  und  setzt  die  cherro- 
Naxos  wird  hier  durch  [isxä  äe  Taüxa  an  die  sikyonisch-  nesische  Expedition  in  die  Zeit  des  Parteikampfes 
akarnanische  angeschlossen.  U.  v.  Wilamowitz  (Arist.  zwischenPerikles  und  Thukydides,  in  die  erste  Sommer- 
und  Athen  II  302)  setzt  sie  in  die  zweite  Hälfte  hälfte  447,  ebenso  dieKleruchie  auf  Euboea  und  Naxos, 
des  Sommers  453,  bemerkt  jedoch  (Anm.  21):  „Dies  wobei  für  letzteres  Datum  447  der  durch  die  Tribut- 
beruht nur  auf  Diodor  XI  88,  läßt  also  einigen  listen  gegebene  Phorosnachlaß  ausschlaggebend  ist. 
Spielraum."  In  dieses  Jahr  setzt  die  Kolonie  auf  '-)  Abbandl.  Gott.  Gesellschaft  d.  Wissenschaften 
Euboea  auch   Geyer  a.  a.  O.  30  und   105;    ein   Jahr  XIII   1867   S.  25. 


63 

Kolonisierung"  von  Andros  durch  athenische  Kleruchen  unmittelbar  vor  450  an- 
setzen'^). Die  Plutarchstelle '^j  zeigt,  wie  man  in  Athen  über  Andros  dachte.  Letz- 
teres erscheint  zusammen  mit  Orten  genannt,  die  fester  an  Athen  geknüpft 
werden  sollten.  Thrakien  und  der  Cherrones  hatten  die  Athener  sofort  zu  Beginn 
des  attisclien  Seebundes  ihre  Hauptaufmerksamkeit  zug-ewendet,  da  sie  die  Perser, 
die  dort  zahlreiche  Kastelle  hatten,  gänzlich  vertreiben  wollten'^).  Naxos  war  als 
eine  der  ersten  Inseln  dem  Bunde  beigetreten,  sie  war  aber  auch  die  erste,  die 
merkte,  daß  sie  nicht  ein  Bundesgenosse,  sondern  ein  Untertan  Athens  sei,  und 
sie  ist  auch  die  erste  Bundesstadt  gewesen,  die  von  den  Athenern  gegen  die 
bestehende  Bundesordnung  unterworfen  wurde"").  Die  Sybariten  lagen  in  fort- 
währendem Streite  mit  Kroton  und  hatten  sicli  wiederholt  an  Athen  gewendet 
(Busolt  III  I,  522).  Der  Widerstand,  den  Andros  nach  der  Schlacht  bei  Salamis 
dem  Griechenheere  geleistet  hatte,  erklärt  die  Entsendung  einer  Kleruchie  dahin 
und  wir  haben  allen  Grund  anzunehmen,  daß  der  Beitritt  zum  attischen  Bunde 
seitens  der  Andrier  nicht  gleich  bei  der  Begründung  desselben  erfolgt  ist.  Gegen 
die  Annahme,  daß  sich  Andros  längere  Zeit  vom  Bunde  ferngehalten  habe,  spricht 
die  um  diese  Zeit  sehr  gesteigerte  Macht  Athens. 

In  der  Zeit,  als  die  Athener  für  den  ersten  peloponnesisch-attischen  Krieg 
und  die  ägyptische  Expedition  (s.  darüber  Busolt  III  i,  296  ff.)  nach  vielen  Seiten 
Streitkräfte  benötigten,  werden  die  Andrier  den  Phoros  gezahlt  haben  und  auch 
zum  Dienste  auf  den  Flotten  oder  zu  Lande  herangezogen  worden  sein,  wie  sie  dann 
während  des  peloponnesischen  Krieges  als  Bundesgenossen  (aij[^i|xa/ot)  der  Athener 
unter  der  Führung  des  Nikias  (Nikeratos'  Sohn)  und  zweier  anderer  athenischer 
Feldherren,  denen  80  Schiffe,  2000  Hopliten  und  200  Reiter  auf  Pferdetransport- 
schiffen zur  Verfügung  standen,  nach  der  korinthischen  Küste  zu  Felde  zogen''). 

Aus  den  Tributlisten  geht  hervor,  daß  die  Andrier  im  Jahre  425  dem  atheni- 
schen Bunde  nicht  sechs,  sondern  15  Talente  entrichteten,  die  g-egenüber  den  bis 

")  Vgl.  Herrn. Sauppe,  Ausgewählte  Schriften  34;  1^)    Thukyd.  I  98;    Busolt  III    i,    130   Anm.  4; 

Miliarakis  3.  a.  O.  176;  Kircbhoff,  Abh.  Berl.  Akad.  142     und      Anm.     2;      v.      Wilamowitz  -  MöUendorf 

1873,    29;    Meyer,  IV  396;    Cavaignac,    Ktudes   sur  a.  a.  O.  I,   180. 
l'hist.  financiere  d'Athenes  au  Ve  si6cle  63  f.  '")  Thuk.  IV  42;  Unter  den  aüii|J.axoi  erscheinen 

")  Über  die  Quelle  zu  dieser  Stelle  s.  Sauppe,  hier    neben    den   Andriern    auch    die    Milesier    und 

Abh.  Gott.  Ges.  XIII   1867,   25.  Karystier.  Diese  Expedition  erfolgte  gleich  nach  der 

'^)  Busolt  III  I,  100  und  Foucart,  Les  Athiniens  Einbringung  der  Gefangenen  von  Sphakteria   in  der 

danslaChersonese  deThrace  auIVmesiecle(Memoires  ersten  Hälfte  des  September  425   (Busolt  III  2,   1113 

de  l'Academie  des  Inscr.  et  Beiles  Lettres  XXXVIII,  u.   Anm.  I)    und    bezweckte    die  Einnahme    des    auf 

2  Paris   1909);  besonders  seine  Bemerkungen  zu  IG  der    Höhe    des    Hügels   Solygeios    gelegenen   Dorfes 
II  5,   14c   aus    dem   Jahre   des    Archon   Mystiehides  '    Solygeia. 
(386/5). 


64 

45i/o  gezahlten  12  Talenten  eine  Erhöhung-  im  Verhältnis  4:5  bedeuten,  eine  Er- 
höhung, die  man  auch  an  anderen  Orten  findet  (Böckh,  Staatsh.^  II  38g).  Der  Grund 
für  die  Forderung  einer  so  hohen  Summe  ist  in  diesem  Teile  des  peloponnesischen 
Krieges  einleuchtend.  Es  war,  wie  Busoltlll  2,  11 17  bemerkt,  noch  der  frische  Ein- 
druck des  Erfolges  von  Sphakteria,  der  Athens  Autorität  unter  den  Bündnern  erheb- 
lich steigerte.  Allerdings  muß  man  auch  bedenken,  daß  um  diese  Zeit  sich  der 
Geldwert  bedeutend  vermindert  hatte,  so  daß  die  Höhe  der  den  Andriern  im 
Jahre  425  auferlegten  Tribute  nicht  ganz  mit  demselben  Maßstabe  beurteilt  werden 
darf  wie  einige  Jahrzehnte  vorher'*). 

Unter  den  Teilnehmern  der  sizilischen  Expedition  nennt  Thukydides  VII 
57,  I  ff .  unter  den  utitjXooi  xal  cpöpou  uTiozeXsiz^^),  das  ist  den  Staaten,  die  als  Mitglieder 
des  unter  der  Hegemonie  Athens  stehenden  Bundes  dem  Vororte  den  Phoros  ent- 
richteten, von  den  Inselbewohnern  neben  den  Keiern  und  Teniern  auch  die  Andrier. 
Wenn  ferner  Thukydides  (VI  96,  3  und  97,  3  ff.)  zu  berichten  weiß,  daß  Diomilos, 
ein  (puyä?  e?  'Avopou,  während  der  sizilischen  Expedition  an  der  Spitze  von  600 
auserlesenen  Hopliten  das  Plateau  von  Epipole  gegen  die  Athener  zu  bewachen 
hatte  und  daß  er  mit  300  seiner  Soldaten  bei  der  Erstürmung  dieses  Punktes 
durch  die  Athener  seinen  Tod  fand  (s.  auch  Diod.  XIII  7,  3  und  Plut.  Nik.  17), 
so  stehen  wir  vor  der  Frage,  ob  Diomilos  aus  den  Reihen  der  Athener  zu  den 
Syrakusanern  überging  oder  ob  Diomilos  schon  vor  der  sizilischen  Expedition 
als  Flüchtling  von  Andros  nach  .Syrakus  gekommen  war  und  durch  seine  tapfere 
Haltung  es  so  weit  gebracht  hatte,  daß  ihn  die  Syrakusaner  zum  Kommandanten 
einer  Abteilung  Hopliten  ernennen  konnten.  Für  die  erstere  Möglichkeit  würde 
eine  Thukydidesstelle  (VIT  82)  sprechen,  wonach  allenfalls  schon  gegen  Ende  der 
sizilischen  Expedition  Gylippus,  die  Syrakusaner  und  deren  Verbündeten  sich 
zuerst  an  die  Inselbewohner  wandten  und  diesen  für  den  Fall,  als  sie  auf  ihre 
Seite  träten,  die  Freiheit  verhießen,  eine  Stelle,  die  bezeichnend  ist  für  die  Stel- 
lung der  Inselbewohner  zu  Athen  in  der  Zeit  dieses  Krieges  und  für  die  Taktik 
des  Gylippus  und  der  Syrakusaner. 

Nach  der  sizilischen  Katastrophe  war  die  finanzielle  und  wirtschaftliche  Lage 
von  Athen  eine  trostlose.  Die  Bündner,  deren  Kräfte  man  für  die  sizilische  Expe- 
dition stark  herangezogen  hatte,  waren  gegen  das  athenische  Regiment  erbittert. 
Über  die  Stellung  von  Andros   in  dieser  Zeit   berichtet   uns  Xenophon  Hell.  I  4, 

'')  Über   das    gewaltige  Sinken  des    Geldwertes       LXVII   1912   S.  4o6. 
bis  zur  Zeit  Alexanders  des  Großen  vgl.  Ed.  Meyer,  '^)  xai  tföpou  üno-eXsXi  wird  hier  von  Popo-Stahl 

Kleine     Schriften      IIO;      Stahl,     Rhein.      Museum       nicht  in  den  Text  aufgenommen. 


8 — 2  1.  Er  erzählt  von  der  Rückkehr  des  Alkibiades  nach  Athen-"),  von  dessen 
Wahl  zum  Oberbefehlshaber  mit  unumschränkter  Vollmacht,  von  dem  Festzug 
der  eleusinischen  Mysterienfeier  und  fährt  I  4,  21  fort:  Mezx  ok  xaöTa  xoczzAi^ocxo 
atpaxiäv,  ötiäJt«;  [isv  TrsvtaxoaJo'j;  xa;  yOJ.oui,  iTi-sr;  ok  TtcVTr^xov-x  xai  iy.axov,  vxö; 
o'exaxov.  Ka;  |i£X3c  xöv  -/.xxaixXouv  xptxw  jir^vi  äy-q/ß-ri  zk  "AvofiO'i  ä.'-^ZQvrpi.uim  xtov  'A D-r^vaiwv 
%al  |i£x'  aCixsö  'Apiaxoxpaxrj;  xal  ASet'i-iavxog  6  AeuxoXocpESou  auv£7rl[_icp{)'rjcjav  f^pV]|-i£voi  xaxä 
Y^v  axpaxvjYOt.  Hier  wird  ausdrücklich  gesagt,  daß  Alkibiades  gegen  Andros  zog, 
da  es  von  den  Athenern  abgefallen  war.  Es  fragt  sich  nun,  wann  der  Abfall  der 
Insel  Andros  von  den  Athenern  erfolgt  ist  und  wann  der  Angriff  des  Alkibiades 
auf  Andros  stattfand. 

Infolge  der  Mißerfolge  hatte  sich  in  Athen  die  Strömung  gegen  die  Demo- 
kratie gesteigert  und  führte  411  mit  der  oligarchischen  Umwälzung  die  Herrschaft 
der  Vierhundert  herbei^').  Dem  Beispiel  Athens  sollten  auch  die  Untertanen 
Städte  folgen  und  Oligarchien  auch  hier  eingerichtet  werden.  Peisandros  und 
seine  Kollegen  beseitigten  auf  ihrer  Fahrt  durch  das  ägäische  Meer  die  Demo- 
kratien in  den  Städten^'-*)  und  bei  dieser  Gelegenheit  werden  auch  die  Andrier 
die  Demokratie  mit  der  Oligarchie  vertauscht  haben.  Wir  finden  unter  den  Ho- 
pliten,  die  Peisandros  mit  sich  nach  Athen  zur  Unterstützung  der  Oligarchen  ge- 
bracht hatte  und  die  nach  der  Auflösung  der  Volksversammlung  und  vor  dem 
Einzug  der  Vierhundert  in  das  Rathaus  die  Weisung  erhalten  hatten,  jeden  Ver- 
such zum  Widerstände  zu  hintertreiben,  neben  den  Teniern,  300  Karystiern 
und  Kolonisten  aus  Agina  auch  die  Andrier^').  Daß  Peisandros  Andrier  zur 
Unterstützung  der  Oligarchie  mit  sich  nach  Athen  genommen  hat,  spricht  dafür, 
daß  die  Andrier  für  die  oligarchische  Verfassung  gewonnen  worden  waren.  Die 
athenischen  Oligarchen  konnten  sich  bald  überzeugen,  daß  diese  Maßregel  die 
Andrier  den  Spartanern  annähern  und  sie  eher  in  deren  Hände  spielen  mußte. 
Der  durch  die  Niederlage  der  Athener  bei  Eretria  herbeigeführte  Abfall  der 
Insel  Euboea  und  der  unmittelbar  darauffolgende  Sturz  der  Vierhundert  in  Athen 2*), 

^")  Am  Haupttage  der  Plynterien,  am  25.  Thar-  causes,  Genf  1893;   U.  Köhler,  Sitzungsber.   d.  Berl. 

gelion  (etwa  am   16.  Juni).   Über  die  Zeit  der  Plyn-  Akad.   1895,    45 1  ff.;    Beloch,  Griech.  Geschichte  II 

terien  s.  Mommsen,  Heortologie  427;   derselbe,  Feste  36  fF.;  Busolt  III  2,  1456  fF.;  Felix  Kuberka,  Klio  VII 

der    Stadt  Athen,    493  ff.;     Kahrstedt,    Forschungen  1907  S.  356;  Judeich,  Untersuchungen  zur  athen.  Ver- 

zur  Geschichte  des  ausgehenden  fünften  und  vierten  fassungsgeschichte     303  ff.;    Ledl,    Wiener    Studien 

Jahrhunderts,  Berlin  igio  S.  176  hält  den  25.  Thar-  XXXII    igio  S.  38  ff.;    Kahrstedt  a.  a.  O.   237  ff. 

gelion  etwa  für  den   I.  Juni.  '''^)  Thukyd.  VIII  65,   I. 

'')  Siehe    darüber  Rohrmoser,    Wiener  Studien  '^^)  Thukyd.  VIII  6g,    I  ff.;   Busolt  III  2,    1475 

XIV  1892  S.  323  ff.;  V.  Wilamowitz,  Aristoteles  und  u.   1485. 

Athen  I  99  ff.;  II  113  ff.,  356  ff.;    Micheli,   La  revo-  ^*)  Erste  Hälfte  des  September  411   nach   Busolt 

lution  oligarchique   des  quatrecents  ä  Athenes  et  ses  III  2,  1508  u.   Anm.   3. 

Sauciuc,  Andros.  9 


66 

mußte  auch  für  Andros  seine  Folgen  haben.  In  der  Zeit,  als  die  Peloponnesier 
ganz  Euboea  zum  Abfall  brachten,  werden  sie  auch  mit  der  Oligarchie  des  nahen 
Andros  in  Verbindung  getreten  sein  und  diese  Insel  den  Athenern  entzogen 
haben.  Zum  Schutze  von  Andros  ließen  die  Spartaner  hier  Truppen  zurück^'). 
Xenophon  erzählt,  wie  oben  erwähnt,  daß  Alkibiades  im  dritten  Monate  nach 
seiner  Rückkehr  nach  Athen  mit  Aristokrates  und  Adeimantos  gegen  Andros 
zog^*),  das  Heer  bei  Gaurion  ans  Land  setzte,  die  Andrier,  die  aus  der  Stadt  zu 
Hilfe  gekommen  waren^'),  in  die  Flucht  schlug  und  sie  in  die  Stadt  einschloß. 
Dabei  fielen  einige  wenige  Andrier  und  alle  Lakedaimonier,  die  sich  auf  der 
Insel  befanden.  Nach  diesem  Treffen  errichtete  Alkibiades  ein  Siegeszeichen  und 
nachdem  er  sich  hier  einige  Tage  aufgehalten  hatte,  segelte  er  nach  Samos  ab, 
das  ihm  als  Basis  für  seine  kriegerischen  Unternehmungen  in  Kleinasien  diente. 
Diodor^*)  oder  vielmehr  sein  Gewährsmann  Ephoros  berichtet,  daß  Alkibiades 
Gaurion  besetzte  und  hier  eine  befestigte  Stellung  einnahm-').  Als  die  Andrier  in 
Masse  mit  den  Feloponnesiern,  die  die  Stadt  bewachten,  erschienen,  entspann 
sich  eine  Schlacht,  in  der  die  Athener  Sieger  blieben.  Viele  Andrier  wurden  ge- 
tötet; von  den  Übriggebliebenen  zerstreuten  sich  die  einen  auf  dem  Lande,  die 
anderen  liefen  in  die  Stadt  zusammen.  Alkibiades  selbst  machte  Angriffe  auf  die 
Stadt  und  ließ  in  dem  befestigten  Platze  eine  entsprechende  Besatzung  unter  der 
Führung-  des  Thrasybulos  zurück.  Er  selbst  segelte  mit  seiner  Heeresmacht  fort. 
Plutarch,  Alk.  XXXV  erzählt  kurz,  daß  Alkibiades  die  Andrier  und  die  auf  x\ndros 
befindlichen  Lakedaimonier  besiegte,  die  Stadt  selbst  aber  nicht  einnahm,  und  daß 
dies  einer  der  ersten  gegen  Alkibiades  gerichteten  Anklagepunkte  gewesen  sei. 
Aus  allen  drei  Stellen  geht  hervor,  daß  Alkibiades  zwar  gesiegt  hat,  aber  die  Stadt 
nicht  einnehmen  konnte.  Diodor  spricht  von  TipoaßoXac,  die  Busolt  III  2,  725 
Anm.  2  und   1566  f.   Anm.  3    zu    den    „schematischen  Zusätzen"'    rechnet,    die    bei 

-')  Xenophon    a.    a.    O.;    Diodor    XIII    6g,    4;  Andros  lag,  gekämpft  worden  sein.  Die  kleine  Ebene, 

Plut.  Alk.  XXXV.  die  sich  von  Gaurion,  wo  Alkibiades  seine  befestigte 

^^)  Bei    Diodor   a.    a.  O.    und  Cornelius  Nepos,  Stellung  hatte,  gegen  Andros  zu  erstreckt,  bietet  einen 

Ale.  7  erscheint  Thrasybulos  statt  des  Aristokrates.  geeigneten  Kampfplatz.  Keineswegs  ist  der  Platz  der 

Über  die  Verwechslung  des  Aristokrates  u.  Thrasybul  Schlacht   über  Batsi    hinaus  in    der  Richtung  gegen 

s.  Busolt,  III   2,   15(31  f.  und  Anm.  5   und  743.  Die  das  heutige  Paläopolis  zu  suchen,  da  hier  die  schwer 

beiden   Feldherren    sind    nach    Diodor,    Nepos    und  zugängliche  Bergwand  der  Kuwara   ansteigt  und  die 

Plutarch  a.  a.  O.  dem  Alkibiades  auf  dessen  beson-  Möglichkeit  eines  Treffens  ausschließt, 
deren  Wunsch    für   die  Landoperationen   mitgegeben  2^)  XIII  69,  4. 

worden.  20)  überliefert  ist  Kccxpiov,   nicht  Gaurion,  doch 

2')  Da  Xenophon  angibt,  daß  die  Andrier   dem  hat  schon  Laurentius  Rhodomanus  in  seiner  Ausgabe 

Alkibiades  entgegenmarschiert  waren,  wird  an  einem  vom  Jahre  1604  Faüpiov  richtiggestellt.  Nach  Roß II 15, 

Punkte,   der   zwischen    Gaurjon   und    der  alten  Stadt  Anm.  23    befestigte  AUcibiades  den   Ort  Gaurion. 


Ö7 

Diodor  nichts  zu  bedeuten  hätten.  Doch  wenn  wir  auch  von  der  Nachricht  bei 
Plutarch,  wonach  der  Zug  nach  Andros  einer  der  ersten  Anklagepunkte  war,  die 
die  Feinde  des  Alkibiades  gegen  ihn  erhoben,  absehen,  so  scheinen  doch  die 
wenigen  Tage,  die,  wie  wir  aus  Xenophon  hören,  Alkibiades  nach  der  den  Andriern 
beigebrachten  Niederlage  auf  Andros  verblieb,  auf  Belagerungsversuche  hinzu- 
weisen. Daß  sich  Alkibiades  mit  seiner  ganzen  Heeresmacht  in  einer  befestigten 
Stellung  in  der  kleinen  Ebene  von  Gaurion,  wenn  auch  nur  wenige  Tage,  auf- 
gehalten hätte,  ohne  auch  nur  einen  Versuch  zu  machen,  seinen  Sieg  auszunützen 
und  sich  in  den  Besitz  der  nahen  .Stadt  Andros  zu  setzen,  scheint  mir  wenig 
wahrscheinlich.  Vielmehr  glaube  ich,  daß  Alkibiades'  Versuche,  sich  mit  Gewalt 
in  Besitz  der  Stadt  Andros  zu  setzen,  an  der  guten  Lage  und  starken  Befestigung 
von  Andros  scheiterten.  Da  wichtigere  Interessen  Alkibiades'  Anwesenheit  in 
Kleinasien  erforderten,  konnte  er  sich  nicht  auf  eine  längere  Belagerung  einlassen, 
sondern  segelte  von  Andros  fort. 

Nach  der  ausführlichen  Darlegung  Busolts'")  ist  408  als  das  Jahr  der  Rück- 
kehr des  Alkibiades  von  Sizilien  nach  Athen  gesichert.  Xenophon  gibt  an,  daß 
Alkibiades  im  dritten  Monat  nach  seiner  nach  Athen  erfolg'ten  Rückkehr  gegen 
Andros  zog.  Der  dritte  Monat  wäre  der  Hekatombaion,  was  jedoch  mit  der 
Nachricht  Xenophons  von  der  Beteiligung  des  Alkibiades  an  der  Prozession  nach 
Eleusis,  die  am  20.  Boedromion  (Ende  September)  stattfand,  nicht  vereinbar  ist. 
Alkibiades  konnte  erst  nach  Beendigung  der  Mysterienfeier,  somit  frühestens 
Ende  Boedromion  in  See  stechen.  Statt  xptxw  [irjvt  würde  man  bei  Xenophon  xeTapito 
[ATjVt  erwarten^^).  Wenn  Busolt  (III  2,  1566  Anm.  2)  bemerkt,  daß  Alkibiades  erst 
nach  dem  Mysterienfeste  Truppen  aushob,  somit  frühestens  in  der  zweiten  Hälfte 
des  Oktober,  Anfang  Pyanepsion,  in  See  gegangen  sein  kann,  so  glaube  ich,  daß 
man  nicht  so  viel  Wert  darauf  zu  legen  hat,  daß  Xenophon  den  Alkibiades  erst 
nach  der  Mysterienfeier  die  Truppen  ausheben  läßt,  sondern  man  muß  auch 
Plutarchs  Worte  heranziehen,  wonach  die  100  Trieren,  mit  denen  Alkibiades  ab- 
segeln sollte,  schon  vor   der  Mysterienfeier  bereit  standen,  daß  Alkibiades  schon 

^"j  in   2,    152g   Anm.   I   u.   1562;  hier  ist  auch  liegen,    findet   aber   diese   Ausdrucksweise    ganz   un- 

die  ganze,    die  Chronologie   dieser  Jahre  des    pelop.  richtig  und  schlägt  xsTäpitp  [iT^vi   vor.    Den   gleichen 

Krieges  betreffende  Literatur  übersichtlich  geordnet.  Vorschlag  macht  auch  Kahrstedt  a.  a.  O.  177,  jedoch 

Dazu    noch  Kahrstedt  a.  a.  O.    162  ff.;    vgl.  Beloch,  läßt  er  Alkibiades  frühestens  Mitte  Oktober  nach  Klein- 

n  79  Anm.   I   und  92.  asien  abgehen.  U.  v.  Wilamowitz  bei  Börner  (De  re- 

")  Clinton  (Fasti  Hellenici  II  80  zum  Jahre  408)  bus  a  Graecis   inde    ab   anno   410   usque   ad    annum 

erklärt  die  Worte  TptTcp  |Jir,vi   bei  Xenophon    derart,  403    a.   Chr.    n.   gestis,  quaestiones   historicae,    Diss. 

daß   drei   volle  Monate   zwischen  Alkibiades'  Rück-  Göttingen  1894,  17)  erklärt  die  Zahl  Tphw  bei  Xeno- 

kehr  nach  Athen  und  dessen  Feldzug  gegen  Andros  phon  aus  Ixto)  verschrieben. 

,.* 


68 

vor  der  Feier  abzusegeln  gedachte  und  daß  nur  cpcXoTti^u'a  i:;  O'jx  ä:(ZTn^q  Kpo'j-.i- 
aoOaa  ihn  bis  zur  Feier  der  eleusinischen  Mysterien  zurückhielt^^).  Auch  ist  schon 
während  der  Mysterienfeier,  wie  wir  aus  Xenophon  selbst  erfahren,  das  ganze 
kampfbereite  Heer  zum  Schutze  der  Prozession  gegen  einen  eventuellen  Angriff 
der  Peloponnesier  herausgeführt  worden '').  Für  wirkliche,  neue  Truppenaushebungen 
wäre  die  Zeit  von  den  Mysterien  bis  Anfang  Pyanepsion  nicht  ausreichend  ge- 
wesen, so  daß  man  den  Aufbruch  des  Alkibiades  unmittelbar  nach  der  Mysterien- 
feier, somit  noch  im   Boedromion  ansetzen  kann. 

Nun  fragt  es  sich,  wie  es  denn  komme,  daß  die  Athener  erst  im  Jahre  408 
nach  der  Mysterienfeier  gegen  Andros  zogen,  das  einen  für  die  Kriegführung 
im  Osten  wichtigen  Stützpunkt  bedeutete  und  das  doch  schon  Ende  4 1 1  abge- 
fallen war.  Die  Gründe  sind  naheliegend:  Die  Athener  mußten  zuerst  in  ihrem 
eigenen  Haushalt  Ordnung  schaffen.  Die  doppelte  Staatsumwälzung  hinderte  sie 
an  den  regelmäßigen  Truppenaushebungen  und  die  Truppen,  die  ausgehoben 
wurden,  mußten  an  Orte  abgehen,  deren  Erhaltung  dem  attischen  Reiche  drin- 
gender schien.  Die  Kriegführung  in  lonien  und  der  Abfall  von  Euboea  beschäf- 
tigte die  athenischen  Staatsmänner  zu  sehr,  als  daß  sie  an  einen  eigenen  Feldzug 
gegen  Andros  hätten  denken  können'-*).  Mit  dem  Verluste  dieser  Insel,  die  auf 
dem  Wege  nach  Athen  lag  und  gleichsam  als  Schlüssel  zum  attischen  Küsten- 
lande diente  und  als  Stützpunkt  der  Gegner  selbst  die  Stadt  Athen  ernstlich 
gefährden  konnte,  durften  sie  sich  aber  nicht  abfinden.  Und  die  Gelegenheit, 
Andros  zu  erobern  und  für  den  Abfall  zu  strafen,  schien  ihnen  gekommen,  als 
Alkibiades  mit  1500  Hopliten,  150  Reitern  und  100  Schiffen  in  See  stach,  um 
die  Operationen  in  lonien  wieder  aufzunehmen. 

Über  die  Tätigkeit  des  auf  Andros  mit  20  Schiffen  zurückgebliebenen  Konon  '^) 
haben  wir  keinerlei  Nachricht.  Die  Zeit,  die  Konon  auf  Andros  zubrachte,  war  für 
kriegerische  Unternehmungen  wenig  geeignet  und  zu  kurz,  als  daß  wir  bei  den 
schwierigen  Bodenverhältnissen  in  dieser  Jahreszeit  eine  erfolgreiche  Belagerung  der 

^^)  Alkibiades  XXXIV.  darauf,  von  den  verbündeten  Städten  Geld  einzutreiben 

'■')  I  4,  20:  ega-fa-fOJV  TO'Jj  oxpatitoia;  äjiavTa;.  (Diod.  XIII  47,   6  f.  u.  49;   Xenophon  I  I,  12). 

'*)  DieExpedition,  mit  derXlieramenes  4lov.Chr.  '*)  Xenoplion  I  5,   lo;   daß   Diodor  XIII  69,   5 

an    der    Spitze    von    30    Schiffen    beauftragt    wurde,  irrtümlicherweise  Thrasybul    statt  Konon   nennt,    ist 

spricht  nicht  gegen  die  von  mir  behauptete  Ohnmacht  begreiflich,    wenn  man  bedenkt,  daß  Thrasybul,   ein 

der  Athener,    einen   eigenen    Feldzug    gegen  Andros  Freund     des    Alkibiades,     mit     diesem    und    Konon 

zu    unternehmen;     denn     der    Zweck    jener     Unter-  (Xenophon  I  4,   10)  im  April  408   durch  eine  außer- 

nehmungen    war   gegen  Euboea    gerichtet     und    nach  ordentliche  Wahl  zum  Oberfeldherrn  gewählt  wurde, 

dem  Scheitern  des  Versuches,  die  Chalkidier  am  Bau  Vgl.    auch    die   früher   angeführte  Verwechslung   bei 

des  Dammes  zu  hindern,  beschränkte  sich  Theramenes  Diodor  XIII  69,  5. 


Ö9 

Stadt  Andros  durch  Konon  annehmen  könnten.  Schon  im  März  407  mußte  dieser^") 
mit  seinen  Schiffen  nach  der  Niederlage  der  Athener  bei  Notion,  dem  Beschlüsse 
der  Athener  zufolge  das  Kommando  über  die  Flotte  auf  Samos  übernehmen^'). 
An  seine  Stelle  sandten  die  Athener  Phanosthenes,  der  nicht  unter  den  im  März 
407  gewählten  Strategen  erscheint  und  auch  schwerlich  zu  denen  des  Jahres  408/7 
gehört  (Gilbert,  Beiträge  zur  inneren  Geschichte  Athens  365).  Ed.  Mayer  IV  638 
hat  auf  den  Phanosthenes  bei  Plato,  Ion  514  D  hingewiesen'*),  der  ein  Andrier 
war,  wegen  seiner  Verdienste  um  Athen  das  athenische  Bürgerrecht  erhielt  und 
zum  Strategen  ernannt  wurde.  Denselben  Phanosthenes  scheint  auch  Andokides 
im  Auge  zu  haben,  wenn  er  jiepi  iwaTy^pfcüv  i,  149  den  Athenern  vorwirft,  daß  sie 
Thessalern  und  Andriern  das  Bürgerrecht  verleihen,  die  eigenen  Bürger  aber 
verurteilen  und  verbannen.  Als  geborener  Andrier  schien  Phanosthenes  den 
Athenern  der  geeignete  Mann  für  die  Fortsetzung  des  Krieges  auf  Andros.  Von 
einem  Erfolg-e  des  Phanosthenes  erfahren  wir  aus  Xenophon  I  5,  ig.  Mit  vier 
Trieren  stieß  er  auf  zwei  Trieren  aus  Thurioi  und  nahm  diese  samt  der  Beman- 
nung gefangen.  Alle  Gefangenen  wurden  gefesselt,  nur  ihren  Kommandanten, 
den  Rhodier  Uorieus^''),  ließ  er  aus  Mitleid  ohne  Lösegeld  frei.  Daß  Phanosthenes 
mit  seinen  vier  Schiffen  an  die  Belagerung  von  Andros  geschritten  wäre  und 
weitere  Erfolge  erzielt  hätte,  ist  sehr  unwahrscheinlich.  Doch  sicherten  die 
Athener  durch  diese  Station  auf  Andros,  wie  schon  G.  Friedrich,  Jahrb.  f  Phil. 
153,  i8q6  S.  727  bemerkt,  einigermaßen  die  Getreidezufuhr  aus  dem  Pontus,  auf  die 
die  Athener  zumal  nach  dem  Abfalle  von  Euboea  angewiesen  waren  und  die  von 
Andros  aus,  wie  uns  Xenophon  Hell.  V  4,  61  lehrt,  leicht  beherrscht  werden 
konnte  •*"). 

Wie  lange  sich  Phanosthenes  gehalten  hat,  hören  wir  nicht.  Jedenfalls 
glaube  ich  annehmen  zu  dürfen,  daß  diese  Station  unmittelbar  vor  der  Schlacht 
bei  Aigospotamoi^')  noch  bestanden  hat.  Dafür  spricht  der  Umstand,  daß  ein 
Schiff,  das  die  Andrier  unmittelbar  vor  der  Schlacht  bei  Aigospotamoi  den  Pelo- 
ponnesiern  zu  Hilfe  schickten,  in  die  Hände  der  Athener  geriet  (Xenophon 
II  I,  31).  Philokles,  einer  der  nach  der  Schlacht  bei  den  Arginusen  gewählten 
Strategen,    ließ,    einem    terrori.stischen    Beschluß    der   Athener    gemäß,    sämtliche 

"^)   Xenophon   I  5,   16 — 10;  Diod.    XIII  74,   1;  '^)  Mehr  über  Dorieus  bei  .Swoboda,  Pauly-Wis- 

Juslin  V  4;    Busolt  III  2,   1580  ff.  u.  Anm.  3;    vgl.  sowa  RE  V  1560  ff.  s.  v.  Dorieus  4;   s.  auch  Jüthner 

Meyer  IV  Ö35;   Beloch   II  96  u.  Anra   I.  bei  Pauly-Wissowa  RE  VII  2050. 

")  Friedrich,  Jahrb.  für  Phil.  153,   1896  S.  728.  ■"')  Siehe  auch  Busolt  III  2,   1581   und  Anm.   I. 

^^j  Auf  Plato  geht  Aelian,  Varia  historia  14,  5  ^')  Nach  Busolt  III  2,  1620  etwa  September  405. 
zurück. 


70 

Gefangene  des  andrischen  Schiffes  von  einem  Felsen  herabstürzen*-).  Nach  der 
Schlacht  bei  Aigospotamoi  rächte  Lysander  die  an  der  Mannschaft  der  andrischen 
ebenso  wie  an  der  einer  korinthischen  Triere  verübte  Grausamkeit,  indem  er  Philo- 
kles  hinrichten  ließ*^). 

Nach  dem  Sturze  der  athenischen  Herrschaft  verblieb  Andres  bei  den 
Spartanern.  Trotz  der  Zusicherungen  der  Autonomie  blieb  alles  beim  alten,  ja, 
das  Regiment  der  Spartaner  schien  noch  härter*').  Die  Stimmung  der  in  ihren 
Hoffnungen  getäuschten  Bundesgenossen  mußte  in  kürzester  Zeit  umschlagen. 
Als  die  Spartaner  dem  mit  den  Persern  unter  Pharnabazos  vereinten  Konon  in 
der  Seeschlacht  bei  Knidos  im  Sommer  394*''')  unterlagen,  war  es  mit  ihrer  See- 
herrschaft, die  sie  durch  die  Besiegung  Athens  gewonnen  hatten,  zu  Ende.  Konon 
und  Pharnabazos  geboten  nun  im  ägäischen  Meere.  Als  sie  erklärten,  die  Städte 
sollten  nunmehr  frei  sein  und  keine  Besatzungen  mehr  haben,  fielen  eine  Reihe 
von  Inseln  und  Städten  von  den  Spartanern  ab  und  schlössen  sich  ihnen  an.  Wenn 
Andros  nicht  unmittelbar  nach  der  Schlacht  bei  Knidos  von  der  spartanischen 
Herrschaft  befreit  wurde,  dann  geschah  dies  mit  groi3er  Wahrscheinlichkeit  im 
Frühjahr  393,  zu  der  Zeit,  als  Konon  und  Pharnabazos  an  der  Spitze  einer  starken 
Flotte  gegen  die  Kykladen  zogen  und  die  Spartaner  verjagten*'^).  Daß  Konon 
und  Pharnabazos  auf  dem  Zuge  nach  Athen  diejenige  von  den  Kykladen,  die  als 
zweitgrößte  dem  attischen  Küstenlande  in  unmittelbarer  Nähe  vorgelagert  war, 
weiter  in  den  Händen  der  Spartaner  gelassen  hätten,  ist  kaum  anzunehmen. 

In  der  Folgezeit  sclileppte  sich  der  Krieg  zwischen  Athen  und  Sparta  „in 
elenden  Scharmützeln  und  schmachvollen  Erpressungen"*')  hin,  bis  in  Susa  der 
sogenannte  König'sfriede  und  als  Reaktion  gegen  diesen  Frieden,  der  die  griechischen 
Einzelstaaten  den  Spartanern  ausgeliefert  hatte,  der  zweite  attische  Seebund  zu- 
stande kam**).  In  IG  II  i,   17,  der  Haupturkunde  des  zweiten  athenischen  Bundes, 

")  Vgl.  Xen.  II    I,   31;   Theophr.  bei  Plut.  L\  s.        Lips.  1865;    Busolt,   Fl.  Jahrb.  VII  Suppl.  Bd.  1874; 

9,   13;  Busolt  III   2,    1617  und  Anm.    I.  Fabricius,  Rlieinisches  Museum,  N.  F.  XLVI,  598  ff.; 

")  Xen.  II  I,  32;  vgl.  Plut.  Lys.  il  u.  All;.  37.       J-  Zingerle,  Eranos  Vindobonensis,    1893  S.  359  ff-; 

Swoboda,  Rhein.  Museum  XLIX  S.  339  ff.;  Lipsius, 

Ber.  Sachs.   Ges.  I8g8    S.  146  ff.;    Meyer  V  380  ff.; 

Dittenberger    Syll.^   80;    Hicks-Hill,    A    Manual    of 

»)  Meyer  a.   a.  O.   238  ff.  ^^^^^     Historical    Inscriptions,      lOl     (81);     F.     H. 

*^)  Xen.    Hell.    IV  8,    7;    Diodor    XIV    84,    4;        Marshall,  The    second   Athenian    confederacy,   Cam- 

s.  Isokr.  or.   19  §   18  ff.;   Meyer  V  239  ff.  bridge,    Historicals  Essays  XIII,     1905.     Über    den 

*')  Meyer  V  267.  Unterschied  zwischen  cföpoi  und  auvxagsi;  s.  Panske, 

^^)  Über  die  Geschichte  des  zweiten  athenischen       De     contiibutionihus     soeietatis      alterius     maritimae 

Bundes  s.  Arnold  Schäfer,   De    sociis  Atheniensium        etc.     (Griechische     Studien,     Festschrift     f.     Lipsius, 

Chabriae,  Timothei  aetate  in  tabula  publica  inscriptis,       Leipzig  1894). 


^')  Vg''  Demosthenes  XVIII  96;  s.  ausführlicher 
bei  Ed.  Meyer,  Geschichte   d.  Altertums  V  8  ff. 


71 

finden  wir  nach  den  Satzungen  des  Bundes,  die  eventuellen  athenischen  Über- 
griffen starke  Riegel  setzen  sollten,  auch  die  Teilnehmer  desselben  angeführt, 
in  der  Reihenfolge,  in  welcher  sie  sich  im  Laufe  der  Zeit  der  Symmachie  ange- 
schlossen hatten.  Der  Name  der  Andrier  findet  sich  in  Z  15  der  linken  Schmal- 
seite. Das  Jahr  375,  das  Fabricius  für  die  Aufnahme  von  Andros  in  den  zweiten 
athenischen  Bund  aus  dem  Schriftcharakter  erschlossen  hat,  steht  im  Einklang  mit 
den  uns  überkommenen  Nachrichten  dieses  und  des  vorhergehenden  Jahres. 
Andros  war  nicht  gleich  bei  der  Begründung  des  zweiten  athenischen  Bundes 
diesem  beigetreten,  sondern  hatte  bis  zum  Herbst  376  noch  zu  Sparta  gehalten. 
Dies  geht  aus  Xenophon  Hell.  V  4,  66  hervor.  Hier  erfahren  wir,  daß  sich  im 
Sommer  376  der  spartanische  Nauarch  Pollis  mit  60  Trieren'*")  vor  dem  Ausgang 
des  saronischen  Golfs  festsetzte,  um  Athen  die  Zufuhr  abzuschneiden  und  es  aus- 
zuhungern und  das  Meer  von  dem  Athen  feindlich  gesinnten  Ägina  bis  Keos 
und  Andres'")  besetzt  hielt,  so  daß  die  athenischen  Getreideschiffe  nicht  über 
Geraistos  im  südlichen  Euboea  hinauskommen  konnten.  Athens  Lage  war  ge- 
fährdet. Es  sah  sich  gezwungen,  im  Herbst  376  eine  Flotte  von  83  Trieren  unter 
der  Führung  des  Chabrias  in  See  zu  schicken,  um  sich  aus  diesem  Belagerungs- 
zustande und  von  der  Hungersnot  zu  befreien.  Chabrias  geleitete  den  Getreide- 
transport von  Geraistos  in  den  Peiraieus,  griff  Naxos  an  und  schlug  Pollis,  der 
zum  Entsätze  herbeieilte,  am  16.  Boedromion  (9.  September)  376  in  einer  großen 
Seeschlacht*').  Erst  nach  dieser  konnte  sich  die  athenische  Flotte  freier  im 
ägäischen  Meere  bewegen  und  die  Kykladen  zum  Anschluß  an  den  Bund  bringen. 
Im  Frühjahr  des  Jahres  375  gingen  denn  auch  zwei  athenische  Flotten  aus,  um 
den  attischen  Machtbereich  zu  erweitern,  die  eine  unter  Konons  Sohn  Timotheos, 
die  andere  unter  Chabrias,  der  den  Beitritt  der  bisher  dem  Bunde  fernge- 
bliebenen Kykladen  erwirkte.  In  diesem  Jahre  wurden  die  Athener  Herren  im 
ägäischen  Meere,  nachdem  sie  schon  vorher,  wahrscheinlich  gleich  nach  der  Be- 
gründung des  zweiten  attischen  Bundes,  auch  die  Leitung  über  die  in  Delos  befind- 
liche Amphiktj'onie  gewonnen  hatten.  Bei  dieser  Gelegenheit,  vielleicht  schon  in 
der  ersten  Hälfte  von  375,  trat  auch  die  Insel  Andros  dem  Bunde  bei^^).  Nach  den 

*')  Nach  Diodor  XV  34,  5  hatte  Pollis  65  Trieren.  ^')  Außer  Xenophon  V  4,  61  noch  die  genauere 

Meyer  V  393.  Erzählung  bei  Diodor  XV   34  f.     Für   den  Tag    der 

*")  Die  Angabe  bei  Xenophon  V  4,  6l :  ToO  vau-  Schlacht  bei  Na.'ios  s.  Plutarch  Phokion  6;  Cam.  19; 

Tixoü   ävxos    to5  Aaxs5ai|iovtcov   Kspi  xb  Al-ftvav    otai  Meyer  V  393  ff.  und  Schäfer,  Demosthenes  und  seine 

Keu)    xal   "^vSpov    ist    recht    ungenau.     Bei    Andros  Zeit-  I  40  ff. 

würde  man  an  den  Hafen  von  Gaurion  (im  nördlichen  ^'^)  Vgl.  Diodor  XV  47,  2;  Xen.  Hell.  VI  2,  12; 

Teil  der  Insel)  denken,   von  wo  aus  der  Durchgang  Schäfer,  De  soc.  16  u.  17;  derselbe,  Demosthenes  und 

durch  denCavo  d'Oro  sehr  gut  beherrscht  werden  kann.  seine  Zeit^  I  58  f.;  Beloch  II  240  Anm.  I  u.241  Anm.2. 


72 

Bestimmungen  des  zweiten  attischen  Bundes  sollten  die  Andrier  frei  und  autonom 
sein  und  unter  der  ihnen  g^enehmen  Verfassung  leben,  weder  eine  Besatzung 
noch  einen  Archon  erhalten,  auch  keinen  Phoros  zahlen.  Weder  Haus-  noch  Grund- 
besitz sollten  die  Athener  in  ihrem  Gebiete  haben,  und  etwaige  für  die  Bündner 
ungünstige  Verträge  mit  Athen  sollten  von  der  Bule  getilgt  werden.  Im  Falle 
eines  Krieges  sollte  Athen  zu  Hilfe  kommen.  Der  dawiderhandelnde  Archon 
oder  Privatmann  sollte  eine  durch  Beschluß  festgesetzte  Strafe  erhalten.  Daß  sich 
die  Athener  später  nicht  an  diese  Satzungen  hielten,  wird  uns  eine  weiter  unten 
zu  besprechende  Inschrift  zeigen. 

Wichtig  für  die  Geschichte  von  Andros  ist  das  Marmor  Sandvicense  (IG 
II  814  a,  A,  b,  a  B),  da  es  uns  zeigt,  welche  Rolle  Andros  unmittelbar  nach  seinem 
Eintritt  in  den  Bund  gespielt  hat.  Die  Inschrift  enthält  einen  Rechenschaftsbericht 
über  eine  vierjährige  Tätigkeit  der  unter  Athens  Oberleitung  stehenden  Behörde 
der  Amphiktyonen,  der  Beisitzer  im  Bundesrate,  dem  die  Verwaltung  der  Heiligtümer 
des  Apollo  von  Delos  oblag-.  In  der  Inschrift  IG  II  814  b,  Z.  22,  die  die  Rechnung 
des  vierten  Jahres  enthält,  finden  wir  fünf  Andrier  unter  den  Amphiktyonen.  In 
Zeile  34  f.  wird  die  für  die  Amphiktyonen  der  Andrier  ausgegebene  Summe  ge- 
nannt: A[icptx't:[ü]oacv  'AvS[pfojv  eig  TÄTtCXT^Setl«  XXH].  Ihre  Höhe  ist  wohl  mit  Sicher- 
heit nach  den  Ausgaben  für  die  athenischen  Amphiktyonen  Z.  33  und  34  ergänzt. 

Die  Amphiktyonie  auf  Delos  wurde  nach  einem  Stillstand,  höchstwahrschein- 
lich gleichzeitig  mit  der  Gründung  des  zweiten  attischen  Seebundes,  wieder  ins 
Leben  gerufen  und  Athen  übernahm  in  diesem  Jahre  mit  der  Herrschaft  über  das 
Heiligtum  des  delischen  Apollo  auch  die  Verwaltung  und  den  Schutz  der  Amphi- 
ktyonie^^). Wie  Schoeffer^'')  bemerkt  hat,  gab  es  in  den  Jahren  des  Kalleas  (377/6), 
Charisandros  (376/5)  und  Hippodamas  (375/4)  nur  athenische  Amphiktyonen,  und 
zwar  4,  für  das  Jahr  374/3  dagegen  werden  vom  Skirophorion  des  Archon  Hippo- 
damas bis  zum  Jahre  des  Sokratides  fünf  athenische  und  fünf  andrische  Amphi- 
ktj-onen  genannt ^^^     HomoUe  (BCH  VIII   1884  p.  291   und  XIV  1890  p.  434  f.)  hat 

^')  Nach  IG  I  283  bestand  die  Amphil;tyonie  Leiter,  und  zwar  sind  es  vier  an  der  Zahl,  die  all- 
schon unter  Krates  im  Jahre  434  3.  Auch  während  jährlich  wechseln  (HomoUe,  Bull.  Corr.  Hell.  VIH 
des  pelopon.  Krieges  dauerte  sie  fort,  wie  aus  BCH  1884  p.  287). 

Vni  1884  p.  283  n.  1  (Z- 8  iid  TXa.o-x.imzo(\i)  'ÄST^vvjat  ^')  Val.    de    Schoeffer,    De    Deli    insulae    rebus 

äpxov-oj  416  V.  Chr.)  hervorgeht.  Während  in  IG  I  (Berl.  Stud.  f.  klass.  Phil.  u.  Arch.  IX.  Bd.  I.  Heft, 

283   die  Bezeichnung  'Ajicfix-ij^vs;   fehlt  —  man  hat  1889)  p.  54  ff. 

bei  der  Ergänzung  geschwankt  zwischen  äjj.cf  txxuove;,  ^^)  Kurz  ist  Hillers  v.  Gaertringen  Angabe  in  IG 

iTitjisXrjTat,     iT.'.Q-izM    —    sind    namentlich    genannt  XII 5,   p.  IX:  Amphictyoniae  Atheniensium  (et  An- 

'AO-Y)va£(uv  äp:fi-/.T'Jovs;  in   BCH  VIII  283,  n.  I,  Z.  2  driorum!)  res  iam  inde  ab  a.  377/6  ordinatas  marmor 

u.  3.  Hier  erscheinen  die  Athener  als  die  alleinigen  docet  Sandvicense. 


73 

darauf  hingewiesen,  daß  die  Wahl  der  Andrier  als  die  Folge  einer  Empörung 
der  Delier  gegen  die  athenische  Amphiktyonie  aufzufassen  sei^^).  Daß  gerade 
Andrier  in  den  Rat  aufg"enommen  wurden,  werden  wir  uns  am  ehesten  durch 
die  Bedeutung,  die  Andros  unter  den  Kykladen  hatte,  zu  erklären  haben.  Auch 
läßt  sich  denken,  daß  die  Andrier  gelegentlich  der  Empörung  der  Delier  gegen 
die  athenischen  Amphiktyonen  diesen  gute  Dienste  erwiesen  und  daher  aus- 
gezeichnet wurden.  Wie  lange  die  Andrier  im  Rate  saßen,  wissen  wir  nicht. 
Eine  von  Homolle,  BCH  VIII  1884  p.  317  n.  19  veröffentlichte  Inschrift  enthält 
einen  stark  verstümmelten  Rechenschaftsbericht  der  Amphiktyonen  und  hier  lesen 
wir  Z.  6:  ['Afxipixxtitov?]  6  'Avopt'wv^').  Das  Fragment  ist  nicht  datiert,  doch  scheint 
es  nach  Homolle  (ebenda  291)  nahe  an  377/4  zu  stehen.  Im  Jahre  341/40  finden  wir 
die  Andrier  jedenfalls  nicht  mehr  im  Rate,  denn  in  BCH  VIII  1884  p.  294  n.  7  heißt  es 
nur:  ol  'A|xcptXTijov£g  y.od  b  Ypo![x|_i,ax£Üj,  ol  iiv.  Nt"/.o|xax°"^  dpyovxoc.  dvid-eam  und  unmittel- 
bar darauf  folgen  nur  die  Namen  der  fünf  athenischen  Amphiktyonen  und  des 
Ypa[i,fAaT£us.  Daß  sie  weiter  im  Rate  gesessen  hätten,  ohne  daß  sie  in  den  Urkunden 
genannt  wären,  da  sie,  wie  Dittenberger  Syll.-  86  Anm.  i  vermutet,  eine  unter- 
geordnete Rolle  (re  vera  ministri  potius  quam  collegae)  gespielt  hätten,  ist  für 
derartige  offizielle  Aufzeichnungen  kaum  wahrscheinlich.  Daß  die  Andrier  als 
Beisitzer  im  Rate  nicht  die  gleichen  Rechte  hatten  wie  die  Athener,  läßt  sich 
nicht  behaupten,  wenn  auch  zuzugeben  ist,  daß  die  Athener  die  Seele  des  Rates 
sein  mußten.  Wie  die  athenischen  Amphiktyonen,  so  erhielten  auch  die  andrischen 
eine  bestimmte  Summe  eic,  ziKiirptix,  und  zwar  erhielten  die  Andrier  2 1 00  Drachmen, 
somit  420  für  den  Einzelnen.  Für  die  Auslagen  der  athenischen  Amphiktyonen 
scheint  die  Summe  nicht  höher  bemessen  zu  sein,  da  ein  Teil  der  für  diese 
angegebenen  2685  Drachmen,  wahrscheinlich  558  Drachmen,  auf  den  ypa|.i[iaT£6{ 
und  den  ü;ioypai.i(iax£'JS  entfallen.  Da  uns  die  erhaltenen  Rechnungen  der  itponoioi^"^) 

■""j  Vgl.  IG  II  S14  frag,  a  B,  Z.  24 — 30.  Die  Erklä-  Apollo  begann,  wie  in  Athen   die  Scliatzmeister  der 

rung  HomoUes  scheint   mir  wahrscheinlicher  als  die  Athena   nach    den  Panathenäen    mit   dem  28.  Heka- 

Ansicht,  die  v.  Schoeffer  56  f.  vertritt.  Letzterer  schloß  tombaion  ihr  Amt  antraten.  Es  kann  darin  vielleicht 

aus    der    Neuerung,    die    sich   374/3   in    der  Araphi-  eine  Konzession  an  die  Delier  erblickt  werden.  Doch 

ktyonie  ergab,  daß  für  die  drei  ersten  Jahre  nur  eine  ist  diese  Annahme  nicht  notwendig,  vielmehr  glaube 

außerordentliche  Behörde  bestand    und   daß   erst  im  ich,    daß    die   außergewöhnlichen   Zustände,    die    die 

vierten  Jahre  die  ordentliche  Wahl   der  fünf  atheni-  Einführung  der  andrischen  Beisitzer  veranlaßt  haben, 

sehen   und   fünf   andrischen    Amphiktyonen    stattge-  auch  diesen  vom  athenischen  Amtsjahr  abweichenden 

funden  habe.  Dagegen  spricht  aber  der  Umstand,  daß  Zeitpunkt  für  Amtsantritt  und  Rechenschaftsabgaben 

die  Andrier  in  späteren  Urkunden   nicht   mehr   vor-  begründen. 

kommen.  Daß  sie  im  Monate  Skirophorion  antraten,  ^')  K]al  ö  \vopto)V  "Ä[|icfiKx6o)v?]  bei  Dürrbach, 

erklärt  Schoeffer  57  damit,  daß  für  den  neuen  Bundes-  BCH  XXXV   191 1   p.   lO;   s.  auch  p.  7. 
rat    das    Amtsjahr    nach    dem    Feste    des    delischen  ^*')  Schoeffer  a.  a.  O.    171 ;    weiter   unten  mehr. 

Sauciuc,  Andros.  10 


74 

von  einem  01x05  xtov  'AvSptcov  auf  Delos  melden,  dessen  Errichtung  höher  hinauf- 
reichen wird  als  in  den  Anfang  des  dritten  Jahrhunderts,  wohin  uns  die  Rechnungen 
der  Hieropoioi  führen,  so  könnte  man  für  den  Bau  an  diese  Zeit  denken,  in  der 
fünf  Andrier  mit  im  Rate  der  Amphiktyonen  saßen. 

In  IG  II  814  a  B.  Z.  6 — 10  sind  die  Zinsrückstände  der  .Städte,  welche  durch 
vier  Jahre  nichts  bezahlt  hatten,  angeführt.  Unter  den  Städten,  die  in  der  Zeit, 
als  zu  Athen  Kalleas,  Charisandros,  Hippodamas  und  Sokratides,  in  Delos  Epi- 
genes,  Palaios,  Hippias  und  Pyrrhaithos  Archonten  waren,  den  Zins  nicht  bezahlten, 
erscheinen  auch  die  Andrier.  Die  Schuld  der  Andrier  betrug  2  Talente,  eine 
Summe,  die  auf  eine  hohe  Anleihe  schließen  läßt'''-').  Den  Andriern  gegenüber 
erscheint  Naxos,  die  größte  der  Kykladen,  nur  mit  i  Talent  3600  Drachmen 
belastet''").  Wozu  die  Andrier  um  diese  Zeit  beträchtliche  Geldsummen  benötigten, 
wird  uns  klar,  wenn  wir  uns  die  vorerwähnten  Ereignisse,  deren  Schauplatz  der 
westliche  Teil  des  ägäischen  Meeres  war  und  die  die  Insel  Andros  nicht  un- 
beteiligt lassen  konnten,  ins  Gedächtnis  zurückrufen.  Dazu  kommt  noch,  daß  die 
Feldherren  der  Athener,  wie  Timotheos  im  Jahre  373,  die  Flotte  aus  den  Bei- 
steuern der  Bundesgenossen  unterhielten*^'),  und  da  wird  auch  Andros  beizutragen 
veranlaßt  worden  sein''^). 

Als  vor  der  Mitte  des  vierten  Jahrhunderts  v.  Chr.  sich  die  ganze  Griechen- 
welt von  Phaseiis  bis  Selinunt  und  von  der  Cherrones  bis  Naukratis  an  der  Kol- 
lekte für  die  Wiederherstellung  des  delischen  Heiligtums  beteiligte,  durften  die 
Andrier  nicht  fehlen.  In  BCH  XXVII  1903  p.  29  G,  Z.  15  ff.  und  32  J,  Z.  i  ff. 
sind  uns  zum  Jahre  des  Archon  Aischylos  (361/60)  die  Namen  und  Namensreste 
der  Andrier  erhalten,  die  ganz  bescheidene  Beträge  von  je  einer  attischen  Drachme 
eingeschickt  hatten*''^). 

5")  Daß  diese  beträchtliche  Summe,   die  die  An-  Paul  Herre,  78)  38.    Für  die  Darlehensgeschäfte  der 

drier  an  Zinsen  schuldeten,  durch  einen  allzu  hohen  Tempel    im    hellenistischen    Ägypten    Walter    Otto, 

Zinsfuß,    zumal  der  Zins   hei  den  Griechen  kein  ge-  Priester    und    Tempel    im     hellenistischen     Ägypten 

setzlich    bestimmtes  Maß   hatte,    entstanden    sei,    ist  I   318   ff. 

bei  Tempelgeldern  nicht  anzunehmen.  Diese  werden  ^'')  Vgl.   Zingerle,     Eranos  Vindobonensis    1893 

wahrscheinlichzu  jenem  IconstantenZinsfußausgeliehen  S.  371. 

worden    sein,    der    unter   Freunden    meistens    üblich  ''')  In    der  Rede   ApoUodors    gegen  Timotheos 

war,   fünf  Obolen    des    Monats   für   eine    Mine,    oder  aus    dem  Jahre  362,    Deraosth.    or.  49  S.    1199   sind 

zehn  Prozent.  Böckh,  Die  Staatshaushaltung  der  Athe-  genauere  Angaben  über  Timotheos'  Feldzug  erhalten, 

ner'  II  92  Anm.  I;   vgl.  ebenda  91  f.;    s.  auch  Bille-  Ed.  Meyer  V  399  ff. 

ter,  Geschichte  des  Zinsfußes  im  griech.-röm.  Alter-  ^-)  Unter  Privatleuten  erscheint  IG  II  814  a  B, 

tum   bis  auf  Justinian,  Leipzig     l8g8,    g  ff.;    Bauer,  Z.  10  SxuXXias 'AvSpio;  mit  200  Drachmen  im  Rück- 

Vom    Griechentum    zum    Christentum    (Wissenschaft  stände. 

und  Bildung,  Einzeld.irstellungen  aus  allen   Gebieten  ^')   Vgl.  Hiller  v.   Gaertringen   IG   XII   5,  Prae- 

des  Wissens,    herausgegelien    von    Privatdozent    Dr.  fatio  p.   XV  n.   1279. 


75 

In  den  darauffolgenden  Jahren  steht  Andres  auf  Seite  Athens  und  nimmt 
mit  Athen  zusammen  mehr  oder  weniger  Anteil  an  allen  wichtigeren  Begeben- 
heiten. Nach  dem  allgemeinen  Friedenskongreß  in  Sparta^*)  folgten  die  Ver- 
wicklungen mit  Theben  und  die  erste  Berührung  mit  Philipp  von  Makedonien. 
Die  Unternehmungen  der  Athener  arteten  in  Raubzüge  aus,  von  denen  weder 
Freunde  noch  Feinde  verschont  blieben.  Die  Bundesgenossen  Athens  sahen  ein, 
daß  der  eigentliche  Zweck  des  Bundes,  der  Schutz  gegen  Spartas  Übergriffe, 
nicht  mehr  aktuell  war  und  daß  die  Athener  die  Gelder  in  ihrem  Interesse  ver- 
wendeten. Die  Unzufriedenheit  der  Bündner  mußte  sich  steigern,  als  Alexander 
von  Pherae  mit  seinen  Raubschiffen  im  Sommer  362  gegen  die  Kykladen  vor- 
ging und  sie  brandschatzte.  Kein  Wunder,  daß  einige  Bundesgenossen  offen 
gegen  Athen  auftraten ^^).  Aus  der  Zeit  dieses  sogenannten  Bundesgenossenkrieges 
ist  uns  ein  athenischer  Beschluß  erhalten,  der  uns  zeigt,  wie  die  Athener,  be- 
ängstigt durch  die  unter  den  Bündnern  entstandene  Bewegung,  das  Athen  nahe 
gelegene  und  für  Athens  kriegerische  Operationen  wichtige  Andros  ihrem  Reiche 
zu  erhalten  sich  bemühen  und  sich  dabei  nicht  scheuen,  die  in  IG  II  i,  17  ent- 
haltenen Bestimmungen  des  zweiten  athenischen  Seebundes  zu  mißachten.  In 
IG  II  I,  62"")  besitzen  wir  einen  Beschluß  des  Rates  und  des  Volkes  der  Athener, 
der  vom  Mai  des  Jahres  356  v.  Chr.  datiert  ist  und  in  dem,  entgegen  den  Satzungen 
des  zweiten  athenischen  Seebundes,  unter  dem  Archon  Agathokles  auf  den  An- 
trag des  Hegesandros"')  beschlossen  wird,  einen  von  den  erwählten  Feldherren 
damit  zu  beauftragen,  für  die  auf  Andros  weilende  Besatzung  (ot  (ppoupot  Z.  10, 
■fj  cpuXaxi^  Z.  13)  zu  sorgen.  Der  Zweck  dieser  Anordnung  wird  Z.  7 — 13  angegeben: 
Sttws  [av]  'AvS[po;]  £[1]  a[ä]'''*)  xCm  ori[X(M  zOn  'A^^rj[va]öo)v  [xa!]  z&i  Sig|X(j)t  xwi  l-VvSptw[v] 
xaE  e;([wa]tv  o[t]  (ppoupol  ot  iv  ''A[v5po)]t  |itc[3-öv]  i/.  xwv  auVTä^ewv  •/.[a.za.  xa]  56[yjAax]a 
x[ö)]v  au|.i|Jia)((DV  xaE  [xy]  xa[x]aX[ijrjx]aL  t^  cpuXaxT^.  Auch  wird  in  diesem  Beschlüsse 
angeordnet,  daß  Archedemos  die  den  auf  Andros  befindlichen  Soldaten  geschuldete 

^')  Xenophon  VI  3;  Diodor  XV  50;  Dion.  Hai.,  spielte    (Dem.  XX    146).     Das  Nähere  über  ihn  bei 

De  Lys.   12;  Plut.   Ages.  28.  Schäfer,  Demosth.-  II  330  ff. 

"5)  Diod.  XVI  7,   3  ff.  u.   21,   22:  Nep.  Tim.   3.  6"*)  Daß  DiUenbergers  Ergänzung  E[t]  a[ä]  (Syll.- 

Ausführlich    bei  Beloch  II  314  ff.  u.  319;    E.  Meyer  11 1   Anm.  4)    richtig   ist,    hat    eine    von    mir   vorge- 

V  490  ff.  u.   494.  nommene  Nachprüfung  des  Steines  gezeigt.  Denselben 

'^^)    Rangabs,     Ant.     Hell.     393;     Dittenberger,  Wortlaut    finden   wir   auch    in   IG   II    5,    135  f.  Vgl. 

Syll.^    III;    Michel,    Recueil    600;     HicUs-Hill    130  dazu   die  zutreffenden  Bemerkungen  Hillers  v.  Gaert- 

(103).  ringen  in  IG  XII   ;,   Praefatio  XV  n.   1278.   Zu  aä 

•'")  Der  Name  ist  richtig  ergänzt.    Es    ist  Hege-  siehe    noch    Ehrlich,    Rhein.  Museum    LXIII    190S, 

sandros    aus    Sunion,    der    Bruder    des    Hegesippos  120    ff.    und    K.    2.    Kovxos,     ^S-rjvä    XXIII     igil» 

(Dittenberger,  Syll.^  lloAnm. I ;  Schäfer,  Demosth.^  II  1/2  ff. 
330  ff.),    der   damals    eine    wichtige    politische   Rolle 

10* 


76 

Summe  von  den  Inselbewohnern  eintreiben"')  und  sie  dem  auf  Andres  weilenden 
Befehlshaber'")  übergeben  solle,  damit  die  Soldaten  ihren  Sold  erhielten.  Aus  dem 
Wortlaut  des  Beschlusses  geht  hervor,  daß  sich  auf  Andres  im  Mai  356  eine 
Besatzung  (nach  Schäfer,  Dem.^  I  165  Anm.  i  als  „Schutzwacht"  während  des 
Bundesgenossenkrieges  xatä  xi  ooyiiaia  twv  a'j}^i|.iX7_wv)  und  ein  Archon  befand"). 
Durch  diesen  Archon  soll  der  Besatzung  der  Sold  ix  twv  cjviicswv  v.atä  xa  ooY|i.»~a 
-iöv  tjufjiiiaywv  ausbezahlt  werden.  Da  dafür  gesorgt  wird,  daß  die  Soldaten  auf 
Andros  aus  den  Bundesbeiträgen  gemäß  den  Satzungen  der  Bundesgenossen  be- 
soldet werden,  wird  die  Besatzung  auf  Andros  mit  Zustimmung  des  Synedrions 
dort  aufgestellt  worden  sein'^);  ob  im  Jahre  556  oder  schon  ein  wenig  früher, 
läßt  sich  nicht  angeben.  Jedenfalls  hängt  sie  mit  der  gegen  Athen  gerichteten 
Bewegung  unter  den  Bundesgenossen  und  dem  darauffolgenden  Kriege  zusammen. 
Um  diese  Zeit  finden  wir  als  Beamten  auf  Andros  einen  Timarchos,  des 
Arizelos  Sohn,  von  Sphettos'^),  gegen  den  Aischines  die  Klage  wegen  der  Trug- 
gesandtschaft eingegeben  und  eine  Untersuchung  wegen  schandbaren  Lebens- 
wandels eingeleitet  hatte.  Aus  der  bei  dieser  Gelegenheit  gehaltenen  Rede  des 
Aischines'^)  erfahren  wir,  daß  Timarchos  attischer  Beamter  auf  Andros  war,  ohne 
daß  sich  die  Zeit  genauer  bestimmen  ließe.  Keineswegs  wurde  jedoch  Andros, 
wie  ]\Iiliarakis,  K3'kl.  251,  behauptet,  in  der  ganzen  Zeit  von  355 — 335  von  Ti- 
marchos verwaltet.  Denn  die  richterliche  Erkenntnis,  die  dem  Timarchos  auf 
Grund  der  Gesetze  über  Hurerei  und  Vergeudung  des  väterlichen  Erbteiles  das 
Recht,  in  der  Volksversammlung  oder  vor  Gericht  zu  sprechen,  entzog,  fiel  ins 
Jahr  345  —  nicht  vor  Mitte  desselben  (Schäfer,  Dem.^  11  336)  — ,  so  daß  Timarchos 
seither  politisch  tot  war  und  auch  kein  Amt  mehr  bekleiden  durfte.  Aischines, 
xata  T!i[i.äpyo\)  106  ff.  zählt  die  Amter  auf,  die  Timarchos  erschlichen  und  untreu  ver- 
waltet hatte.  Zuletzt  bringt  er  n  3  ff.  vor,  daß  Timarchos  der  Kommission  an- 
gehörte, welche  bestellt  war,  über  die  Vollzähligkeit  der  eretrischen  Soldtruppen 
im  euböischen  Kriege'-'')  Kontrolle  zu  fuhren  und  daß  sich  Timarchos  ebenso  wie 

*^)  Vgl.  Plut.  Phokion   7;    ApoUod.  gegen  Tim.  hatte   (vgl.  IG  11  ö2,  Z.  7  ff.). 

49,  S.    1199;    Isokr.  über  den  Vermögenstauscli   13;  '^)    Böckh,  Stli.^   II  99,    677;    Paulus    Panske, 

Ditt.,  Syll.-   101;  Aisch.  2,  71   S.  37.  Griech.  Studien,  Hermann  Lipsius  zum  60.  Geburts- 

'")  T(ö[t  äpxov-t  -zur.]  §v]  'AvSpcoi  in  Z.  19  ist  nur  tag   1894  S.  5  ff. 

ergänzt.  '^]  Über  Timarchos  s.  Schäfer,  Dem.  -  II  334  ff. 

'')  Vgl.  Harpocr.  s.  v.  iraoy.oiiO'..   Der  Vergleich  '*)  Kaii  Tijiäpxou  I  107  f. 

eines  Archon  auf  Andros  mit  dem  spartanischen  Har-  '*)  Schäfer,  Dem.-  II  79  setzt  den  Aufbruch  zum 

mosten  bei  Böckh,    Staatshaushaltung-' I  480    stimmt  Feldzuge  vor  das  Kannenfest  (12.  Anthesterion),  Ende 

nicht   ganz,    da  ersterer,  in  kriegerischen  Zeiten  ein-  Februar  350  auf  Grund  von  Demosth.   <:pij  Bo'.m'O'/ 

gesetzt,  die  Insel  gegen  äußere  Angriffe  zu  schützen  ;:.  0.   16  f.  S.   999,  6j   s.  auch  Beloch  II  502  ff. 


77 

die  anderen  Mitglieder  der  Kommission  bestechen  ließen.  Danach  fällt  seine 
Tätigkeit  als  Amtmann  auf  Andros  vor  350,  wenn  diese  KontroUbehörde,  wie 
anzunehmen  ist,  g'leich  zu  Beginn  des  Feldzuges  ihre  Tätigkeit  begonnen  hat. 
Daß  der  in  IG  II  62  Z.  19  genannte  Archon,  welchem  Archedemos  die  den  Soldaten 
geschuldete  Summe  übergeben  sollte,  mit  Timarchos  zu  identifizieren  sei  —  denn 
^p^ev  (Aischin.  I  106)  weist  auf  die  Machtbefugnis  eines  Archon  — ,  läßt  sich 
vermuten^"),  aber  nicht  entscheiden. 

Daß  zwischen  Athen  und  Andros  trotz  der  Bundessteuer  und  Besatzung 
freundliche  Beziehungen  herrschten,  muß  man  aus  IG  II  2,  700  schließen.  Wir 
erfahren  aus  dieser  Inschrift,  die  einen  Teil  einer  Übergabsurkunde  der  Schatz- 
meister der  Athena  bildet  und  die  Z.  5  den  Namen  des  Archon  Theophilos  (348/7) 
und  Z.  4  den  wahrscheinlich  richtig  ergänzten  Namen  des  Archon  Themistokles 
(347/6)  enthält,  von  einem  Kranz,  mit  dem  die  Andrier  das  Volk  der  Athener 
geehrt  haben.  Den  Grund  der  Kranzverleihung  kennen  wir  allerdings  nicht. 

Die  athenische  Besatzung  blieb  auf  Andros  auch  nach  dem  Ende  des  Bundes- 
genossenkrieges liegen.  Dies  geht  aus  der  zuletzt  von  mir  in  den  Athen.  Mitt. 
XXXVI   191 1   S.  I  ff.  behandelten  Inschrift  aus  Andros  IG  XII  5,   714  hervor. 

Aus  dem  vierten  Jahrhundert  besitzen  wir  die  schönsten  Münzen  von  Andros") 
(Abb.  S.  96),  deren  kunstvolle  Ausführung  auf  gute  ökonomische  Verhältnisse  schließen 
läßt.  Ihre  Stempel  gehen  zum  Teil,  wie  Paschalis  wohl  mit  Recht  aus  dem  auf 
einigen  vorhandenen  $  geschlossen  hat,  auf  den  Münzschneider  Philistion  zurück, 
der  uns  in  den  Städten  Großgriechenlands  häufig  begegnet  und  in  dem  Paschalis 
einen  gebürtigen  Andrier  sehen  möchte. 

Andros  in  hellenistischer  Zeit. 

Daß  Andros  den  Athenern  in  dem  Kampfe  mit  Philipp  von  Mazedonien  Hilfe 
geleistet  hat,  ist  aus  Lykurg,  xata  Aswxpaxoug  42  zu  entnehmen').  Hier  hält  Lykurg 
den  Athenern  vor,  daß  der  Staat,  den  einst  die  Spartaner,  Peloponnesier  und  die 
Griechen  Kleinasiens  zu  Hilfe  gerufen,  im  Kampfe  gegen  Philipp  Orte  wie 
Andros,  Keos,  Trozen  und  Epidauros  um  Hilfe  angegangen  habe.  In  das  Jahr  des 
Archon  Chairondas  (338/7)  gehört  ein  Dekret  zu  Ehren  der  Andrier  Drakontides, 
Sohnes  des  Amphoteros,  undHegesias,  Sohnes  des  Stesagoras-)-  Diese  werden  belobt 

'•')  Böckh,  Sth.  '  II  99*,   677.  ')  Christ-Schmid,    Gesch.    d.   griech.   Litt. »  572. 

")  Paschalis  a.  a.  O.  348;  vgl.  Macdonald,  Cata-  Einen  ausführlichen  Kommentar  zu  dieser  Rede  gibt 

logue  of  Greek  coins  in  the  Hunterian  Collection  202,  Roehl  in  seiner  Ausgabe, 
der  sie  nach  308  setzt,    ebenso  auch  Head,  Historia  ^)  Wilhelm,  Jahreshefte  X  32  ft". 

numorum'  S.  482. 


und  ausgfezeichnet  äv5pa[yai)-!a5|  e'vjexx  xai  süvoca?  ifj;  Tispi  •uö[v|  Srjfiov  tov  lAÖTjVai'wv 
(Z.  3  ff.  des  größeren  Bruchstückes  bei  Wilhelm,  Jahreshefte  X  33).  Vielleicht  wurden 
die  genannten  Andrier  für  ihre  tapfere  Haltung  und  die  im  Kriege  gegen  Philipp 
geleistete  Hilfe  von  den  Athenern  ausgezeichnet''),  wie  auch  die  Akarnanen 
Phormion  und  Karphinas  aus  eben  diesem  Grunde  geehrt  worden  sind*). 

Als  nach  der  Schlacht  bei  Chaironeia  von  Philipp  der  hellenische  Land- 
friedensbund zu  Korinth  gegründet  wurde,  der  die  Freiheit  und  Selbständigkeit 
der  griechischen  Staaten  bestimmte^),  haben  die  Inselgriechen  im  allgemeinen 
sich  der  korinthischen  Föderation  angeschlossen  (Kaerst,  Rhein.  Mus.  LH  543). 
Daß  durch  die  Bestimmungen  des  korinthischen  Bundes  Andros  von  der  athenischen 
Besatzung  befreit  wurde,  bedarf  keiner  ausdrücklichen  Erwähnung''). 

In  Aristoteles'  Politik  (II  g,  1270  b,  Z.  7  ff.),  deren  Abfassungszeit  in  die 
Jahre  336 — 332  fällt,  finden  wir  eine  Anspielung  auf  Vorgänge,  die  die  Stadt  Andros 
betreffen.  Aristoteles  spricht  über  die  Unzulänglichkeit  der  Institution  der  Ephoren 
in  Sparta  und  sagt,  daß  es  ein  Unheil  für  den  Staat  bedeute,  wenn  die  Besitzlosen 
(tovtjte;)  die  Regierungsgewalt  an  sich  reißen  {E\in'iKxziv  dz  xb  a.pytlo^).  Infolge  ihrer 
Armut  seien  sie  Bestechungen  leicht  zugänglich:  lorjXwaav  oz  ■kqWö.v.ic,  |iiv  xac 
Tzpoxepov  xa:  vOv  oe  iv  xolc,  Avopöotj.  Siacpö'ocpevcet  yäp  äpyuptw  Ttve;  6aov  iv  lauxot?  SXtjv 
-crjV  TioXtv  dnwXeaav.  Diese  Bemerkung  des  ArLstoteles  zeigt,  daß  die  Stadt  Andros 
um  jene  Zeit  durch  die  Bestechung  der  Ephoren  ihre  Interessen  zum  Schaden 
des  -spartanischen  Staates  durchzusetzen  wußte.  Leider  sind  wir  darüber  nicht 
genauer  unterrichtet. 

Noch  dürftiger  sind  die  Nachrichten,  die  uns  die  folgenden  Jahre  über 
Andros  bringen.  Während  Alexander  in  Kleinasien  von  Sieg  zu  Sieg  ging,  wurden 
die  Inseln  des  ägäischen  Meeres  von  dem  persischen  Geschwader  beunruhigt. 
Datames,  der  mit  zehn  Schiffen  nach  den  Kykladen  gesandt  worden  war,  schob 
sich  bis  nach  Siphnos  vor,  wo  er  von  Proteas  im  Auftrag  des  Reichsverwesers 
Antipater  überfallen  wurde  und  nur  mit  zwei  Schiffen  davonkam  (Arrian.  II  2, 
2 — 4).   Doch  zog  bald  Pharnabazos,   der  Befehlshaber   der    persischen  Flotte,    von 

^)  Vgl.  Athen.  Mitt.  XXXVI   191 1   S.  17.  Attische  Urkunden  I.   Teil.     Urkunden    des  korinth. 

')  IG  II   I,   121    aus    demselben   Jahre  (338/7).  Bundes    der   Hellenen,    Sitzungsberichte   der   kaiserl. 

.Siehe    Velsen,    Act.    menstr.   Acad.    Berol.    a.    1856,  Akademie    der  Wissenschaften   in  Wien,    phil.  hist. 

115  ff.  Kl.   165.  Bd.;   6.  Abh.   1911. 

')  (Demosth.)XVIl7;  J.  Kaerst,  Rhein.  Museum  ^)  Wilhelm  a.  .a.  O.  31   nimmt  an,    daß   an   die 

NF    LII     519  ff.     und     derselbe,      Geschichte     des  Vereinigung,     die     die    Inselgemeinden    in    Philipps 

hellenistischen    Zeitalters,    I   201  ff.     Für    die    Aus-  hellenischem  Bunde    erfahren   haben,   das  Koivov  imv 

dehnung    des    korinthischen    Bundes    und    die   Ver-  vy;aiü)TÜ)V  anknüpfte, 
tretung  seiner  Mitglieder  im  Bundesrate  s.  Wilhelm, 


79 

Milet  mit  loo  Schiffen  aus,  legte  eine  Besatzung  nach  Chios  und  griff  Andres 
und  Siphnos  an.  Auch  Andres  erhielt  eine  Besatzung  und  zahlte  eine  Geldstrafe 
(Curtius  Rufus  IV  i,  6),  wurde  jedoch  von  dieser  Besatzung  bald  befreit.  Denn 
die  Befehlshaber  Alexanders,  Amphoteros  und  Hegelochos,  brachten  mit  einer 
Flotte  von  i6o  Schiffen,  wohl  erst  332,  die  Inseln  zwischen  Griechenland  und 
Kleinasien  in  die  Gewalt  Alexanders  (Curtius  Rufus  IV  5,  14).  Dal3  Andres  dabei 
eine  Besatzung  erhalten  habe,  erfahren  wir  nicht. 

Dunkel  ist,  was  die  wichtigen  Ereignisse  der  darauffolgenden  Jahre  für 
Andres  brachten.  Selbst  die  Münzen,  die  sonst  reichlich  vorhanden  sind,  fehlen 
uns  für  diese  Jahre.  Erst  zum  Jahre  des  Archen  Charines  (Kairimes)')  308/7  be- 
richtet uns  Diedor  XX  37,  i,  daß  die  ägyptische  Flotte  unter  Ptolemaies  die 
Station  von  Myndos  verließ  und  auf  der  Durchfahrt  durch  die  Inseln  des  ägäischen 
Meeres  an  Andres  vorbeikam,  diese  Insel  befreite  und  die  Besatzung  vertrieb.  Hiller 
v.  Gaertringen  IG  XII  5,  714  bezeichnet  die  ven  Ptolemaios  vertriebene  Besatzung 
als  makedonisch.  Wenn  auf  Andres  eine  Be.satzung  war,  der  Ptolemaios  feindlich 
gegenüberstand,  so  kann  es  sich  nur  um  eine  handeln,  die  es  mit  seinem  Gegner 
Antigenes  und  mit  dessen  Sehn  Demetries  Polierketes  hielt.  Denn  gegen  diese  war 
damals  der  allgemeine  Krieg  gerichtet*).  Wann  die  Besatzung  ven  Antigenos  nach 
Andres  gelegt  worden  ist,  wird  nirgends  gesagt;  doch  wird  dies  wahrscheinlich  nach 
seinem  Siege  am  Hellespent,  nach  318  geschehen  sein,  als  seine  und  Kassanders 
Flotte  das  ägäische  Meer  beherrschten').  Um  diese  Zeit  hatte  sich  unter  Antigenos 
auch  das  Kotvöv  xwv  vr^aiuTöjv  gebildet,  auf  das  in  der  Folgezeit  sowohl  die  Anti- 
goniden  als  auch  die  Ptelemäer  ihr  Augenmerk  richteten*").  Für  die  Beziehungen 
ven  Andres  zu  dem  Keinen  haben  wir  außer  Dittenberger  Syll.  ^  202  keine  Nach- 
richten. Andres  war  durch  seine  Lage  zu  sehr  ausgesetzt,  als  daß  es  sich  dem  Keinen 
hätte  anschließen  und  der  in  ihm  gewährleisteten,  völligen  staatlichen  Autonomie 

'')  Wilhelm,  Athen.  Mitt.  XXII  1897  S.  209.  SyU.-  202;  Delamarre,  Rev.  de  Phil.  XXVI  291  ff.; 

')  Diodor  XX   19,    3;     Niese,    Gesch.  d.   gr.  u.  v.  Schoeffer,  De  Deli  insulae  rebus  93  ff. ;  Pridik  a.  a.  O. 

maked.    Staaten  I   308  f.    und    meine   Ausführungen,  46;   ferner  Beloch  III  I,  150  Anm.  2  u.  III  2,  28 1  ff.; 

Athen.  Mitt.  XXXVI   18  Anm.  3;  vgl.  Beloch,  Gr.  HomoUe,  BCH  IV  320  ff.;  Dürrbach,  BCH  X  119  f.; 

Gesch.  III   I,   149  f.;  Dürrbach,  BCH  XXXI  2l8ff.  Garofolo,  Rend.  della  R.  Acad.  dei  Lincei  XI  164  ff.; 

9)  Diodor  XVIII  72,    3  ff.;     Polyaen.  IV  6,    8;  Deraoulin,  BCH  XXVII  250  u.  derselbe,  Musee  Beige 

Niese  I  246  ff.  u.  309  ff.  Im  Jahre  315  wird  Diosku-  VIII  99;  Holleaux,  BCH  XXXI  looff.  u.  Anm.  2  u. 

rides,  der  Nauarch    des  Antigonos,   mit   einer  Flotte  340  ff. ;   richtig  angesetzt  von  Dürrbach,  BCH  XXXI 

ausgeschickt,  um  die  Inseln  auf  die  Seite  des  Antigonos  208  ff",    und   König,    Der    Bund    der  Nesioten,   I3ff. ; 

zu   bringen    (Diodor    XIX  02,    9).    Vgl.    Miliarakis,  Ferguson,  Jourii.  of  Hell.  Stud.  XXX  192,  208;  Wil- 

Kyklad.   265;  Hiller  v.  Gaertringen,  IG  XII  5,  Prae-  heim,  Sitzungsb.  d.   Wiener  Akademie,   165.   Bd.,    6. 

fatio  IX.  Abh.  191 1,  31;  Weil,  Berl.  phil.  Wochenschrift  1911, 

'»)  Vgl.    das    Nesiotendekret    bei    Dittenberger,  Sp.  1408;   Roussel,  BCH  XXXV  S.  441  ff. 


8o 

hätte  erfreuen  können.  Es  machte  sich  in  Andres  mehr  als  an  einem  andern  Orte 
des  ägäischen  Meeres  der  Einfluß  des  jeweiligen  Machthabers  geltend,  wodurch  eine 
freie  Bewegung  unmöglich  war.  Ptolemaios,  der  die  Insel  im  Jahre  308/7  von  der 
Besatzung  befreite,  wird  selbst  keine  dort  zurückgelassen  haben,  denn  eine  solche 
ließe  sich  schwer  in  Einklang  bringen  mit  seinen  so  stolz  angekündigten  Be- 
freiungen, die  die  Griechenwelt  so  sehnsüchtig  erwartete'').  Ob  Ptolemaios  die 
Oberherrschaft  auch  in  den  folgenden  Jahren  behielt  oder  ob  er  sie  in  der  Zeit, 
als  Antigonos'  Sohn  Demetrios  die  Stadt  Athen  durch  Überfall  einnahm'-)  oder 
später  in  der  Zeit  nach  der  Niederlage,  die  Antigonos  dem  Ptolemaios  bei  Salamis 
auf  Kypern  beibrachte'^),  verlor,  erfahren  wir  nicht'"*).  Aus  der  Zeit  der  Ober- 
herrschaft Ägyptens  über  Andres  haben  wir  außer  Dittenberger  Syll.  ^  Z.  62  keine 
direkten  Zeugnisse.  Wohl  aber  kann  der  hier  nachweisliche  Kult  der  Isis  (siehe 
unten)  auf  jene  Epoche  zurückgeführt  werden^').  Für  die  politische  Konfiguration 
der  folgenden  Zeit  sind  nicht  unwichtig  die  Übergabsurkunden  der  delischen 
Hieropoioi,  die  uns  die  in  dem  Schatzhause  der  Andrier  befindlichen  Gegenstände 
angeben  Aus  dem  Inventar  des  Archen  Sosisthenes  aus  dem  Jahre  250"')  sehen 
wir,  daß  seit  dem  Jahre  283 — 250  durch  die  Deliades")  alljährlich  eine  Phiale  des 
Königs  Ptolemaios  und  seines  ergebenen  Nesiarchen  Hermias'*)  im  Schatzhause  der 
Andrier  aufgestellt  wird.  Seit  252  erscheint  auch  eine  Phiale  der  vStratonike ^'')  und 
des  Antigonos.  Daß  bis  252  nur  der  Ägypter  das  Schatzhaus  der  Andrier  beschickte, 
weist  auf  das  ptolemäische  Übergewicht  hin.  Wenn  seit  jenem  Jahre  auch  Weih- 
gaben der  Makedonier  erscheinen,  so  kann  dies  nicht  auf  Zufall  beruhen,  sondern 
muß  in  einer  Verschiebung  der  Machtverhältnisse,  einem  Wechsel  in  der  Ober- 
herrschaft über  Andres  begründet  sein-''). 

")  Diodor  XIX  3;  Niese  I  308  f.;  Beloch  III  i,  Z.  88  ff.   Für  die  delische  Chronologie  Homolle,  Les 

150;     Droysen,    Gesch.  d.  Hellenismus  II  2,    85  ff.;  archives  XLIX  102  ff.;  Schulhof,  BCH  XXXI  97  ff.; 

vgl.  .luch  die  Bemerkungen  v.  Schubart,    Klio   1910  Tarn,  Journ.  of  Hell.  Stud.  XXIX  S.  274;  vgl.  Beloch, 

66    über    Befreiungen     im    Reiche    Alexanders     des  Gercke-Norden,  Einleitung  in  die  Altertumswissensch. 

Großen  und  seiner  Nachfolger.  III   147;  Roussel,  BCH  XXXV  1911,  423  ff. 

'2)  Juni    307.     Beloch  III    i,     155  ff.;    Droysen,  '')  Über  sie  Homolle,  BCH  VI   144  f.,   148. 

II  2,   118  ff.;   Niese  I  312.  ")  Tarn,  Journ.  of  Hell.    Stud.  XXXI  S.   251. 

")  Mitte  306.  Beloch  a.  a.  O.  159;  Niese  a.  a.  O.  ^^)  Homolle,  BCH  IV   21 1;   XII  420  f. 

318  f.;   Droysen  a.  a.  O.   124  ff.  -")  Unter   den  Stiftern    sind  außer   den   Trittyen 

'*)  Vgl.  Homolle,  BCH  VI  1882   S.  I59ff.  der  Thyestadai  und  Okyneidai  von  Delos  noch  Pai- 

'")  Alleinstehend  und  nicht  begründet  ist  Heads  risades,  der  König  von  Bosporus,  Philetairos,  Stesi- 

(Hist.  num.2  482)  Annahme,  daß  nach  308  auf  Andros  leos,  Kestimos,  Sohn  des  Kres  und  Nikolaos,  Deios' 

Münzen  von  ptolemäischem  oder  rhodischem  Fufi  ge-  Sohn  aus  Atollen  genannt.  Auch  die  letzteren  Namen 

prägt  worden  seien.  besagen    etwas    für    die    Beziehungen    von    Andros. 

'^)  Homolle,  Les  archives  de  l'intendance  sacree  Auch    das    unveröffentlichte   Inventar    des    Skylakos 

a  Delos   130,  App.  II  n.  XLVII;  BCH  XXVII  95,  oder    Menethales    aus    dem    Jahre    230     bezw.    229 


8i 


Unter  den  dürftigen  Nachrichten,  die  die  folgende  Periode  des  Widerstreites 
makedonischer  und  ägyptischer  Interessen  beleuchten,  soll  eine  Plutarchstelle^^) 
hier  erwähnt  werden.  Sie  erzählt  von  einer  Reise  des  Aratos  zu  Ptolemaios  von 
Ägypten,  die  den  Zweck  hatte,  für  seine  Vaterstadt  Sikyon  Geld  zu  beschaffen 
und  ihn,  wie  es  scheint,  auch  nach  Andros  führte'-^).  Dort  entging  er  nur  durch 
eine  falsche  Aussage  seiner  Diener  den  Nachstellungen  des  makedonischen  Phrur- 
archen  und  gelangte  auf  einem  römischen,  nach  Syrien  bestimmten  Schiffe  nach 
Karlen  und  von  da  später  nach  Ägypten.  Aus  dieser  Plutarchstelle  geht  deutlich 
hervor,  daß  unmittelbar  nach  der  Befreiung  von  Sikyon,  als  Aratos  seine  abenteuer- 
liche Reise  unternahm-'),  auf  Andros  eine  makedonische  Besatzung  stand.  Wann 
diese  hier  aufgestellt  wurde,  erfahren  wir  nicht.  Doch  ist  es  wahrscheinlich,  daß 
ein  Sieg  des  Antigonos  Gonatas  über  die  ägyptische  Flotte  im  ägäischen  Meere 
ihn  auch  in  den  Besitz  der  Insel  Andros  gebracht  hat^*).  Daß  im  Andrier-Schatz- 
haus  auf  Delos  eine  Zeitlang  Ptolemaios'  und  Antigonos'  Gaben  gleichzeitig  nieder- 


(Horaolle,  BCH  VI  100  und  Les  archives  133  n.  LVI) 
und  das  des  Arclion  Sosistratos  aus  dem  Jahre  201 
(Homolle,  Les  archives  139  n.  LXXVII)  befaßt  sich 
mit  dem  Schatzhaus  der  Andrier.  Ihre  Publilcation 
steht  bevor.  Vgl.  dann  auch  die  von  Dürrbach,  BCH 
XXIX  499  f.  n.  166  B  veröffentlichte  Rechnungs- 
legung der  Hieropoioi  aus  dem  Schatzhause  der 
Andrier  um  das  Jahr  229,  ebenda  n.  167  S.  510  Bb, 
Z.  164 — 167  nach  dem  Jahre  234,  sowie  das  delische 
Inventar  des  Demares  bei  Homolle,  Les  archives 
141  f.,  n.LXXXVI;  BCH  VI46,  155.  Dieses  Inventar 
ist  fast  identisch  mit  dem  noch  unpublizierten  des 
Telesarchides  II  aus  dem  Jahre  182  bei  Homolle, 
Les  archives   141   n.  LXXXV. 

^')  Aratos   12. 

^^)  Überliefert  ist  das  hier  ganz  unverständliche 
'ASpiaj,  wofür  schon  Palmerius  üvSpfas  vermutet  hat. 
[Siehe  hierzu  oben  S.  2.]  Diese  Vermutung  ist 
einleuchtend,  da  die  Insel  Andros  der  Insel  Euboea 
zunächst  liegt,  wohin  sich  Aratos  nach  der  falschen 
Aussage  der  Diener,  die  Aratos  vor  den  Nachstel- 
lungen des  makedonischen  Phrurarchen  retten  wollten, 
geflüchtet  hätte.  Das  Bedenken  von  Niese  II  246 
Anm.  2,  warum  denn  das  römische  Schiff  auf  der 
Fahrt  nach  Syrien  Andros  berührte,  wiegt  nicht 
allzuschwer.  Nach  de  Sanctis,  Klio  IX  1909  S.  6 
Anm.  2,  ist  die  Form  'AvSpia;  aus  "AvSpou  verderbt, 
infolge  des  Auslautes  des  darauffolgenden  noXE|i£a; 
entstanden,  dann  aber  sinnlos  in  das  geläufigere 
'Aäpfas  verwandelt.   Sintenis,   Philol.   I    393    zweifelt 

Sauciuc,  Andros. 


an  AvSptaj  und  Droysen,  Philol.  II  293  nahm  das 
von  Thirlwall  VIII  113  und  Bergk,  Zeitschrift  f. 
Altert.  1846,  669  vermutete  'rSpia;  an.  Siehe  Droysen 

III  242  Anm.  I.  Diese  sowie  andere  Vermutungen 
wie  "Apfsta;  und  'AxTtas  auf  Euboea  treffen  nicht 
das   Richtige.   Vgl.  Hirschfeld,   Pauly-Wissowa   RE 

I  2138  s.  v.  Andria  n.   1. 

")  Über  die  Zeit  der  Reise  Droysen  III  2,  344 
u.  Anm.   2  und  ebenda  III  2,   242  Anm.  I;     Niese, 

II  131  Anm.  4;  Delamarre,  Rev.  de  Philol.  XXVI 
319  und  320  und  Anm.  I;  Beloch  III  I,  638 
Anm.  5,  639  Anm.  2;  III  2,  433;  de  Sanctis,  Klio 
IX   t  ff. 

-')  W.an  wird  an  den  Sieg  von  LeukoUa  bei 
Kos  denken.  Für  die  Datierung  dieser  Schlacht  siehe 
Plut.,  De  se  ipsum  citra  invidiam  laud.  15;  vgl.  Reg. 
et  imper.  apophth.  183   D;  Athen.  209  e;  Diog.  Laert. 

IV  3g;  besonders  zu  nennen  ist  Beloch,  Beitr.  zur 
alt.  Gesch.  I  289  ff.  und  Gr.  Gesch.  III  2  §  174; 
derselbe  bei  Gercke-Norden,  Eink  in  d.  Altert.  III 
126;  Garofolo,  Rendic.  della  R.  Accad.  dei  Lincei 
XI  1902,  146  ff.;  Delamarre,  Rev.  de  Philol.  XXVI 
1902,  321;  Levi,  Atti  della  R.  Accad.  delle  scienze 
XXXIX  1903/4  p.  629  ff.;  Lehmann-  Haupt,  Klio  V 
1905  S.390;Homolle,Archives64  ff.;  Gaetano  deSanc- 
tis,  Rivista  intern,  di  scienze  sociali  fasc.  XIII — XIV, 
p.  II  und  Klio  IX  1909,  8;  Ferguson,  Hell.  Athens, 
190;  Pozzi,  R.  Accad.  d.  scienze  di  Torino  1911/12 
s.II  Tom.  LXIII,  336  ff.;  vgl.auch  Droysen  III  I,  405; 
Miliarakis,  Kykl.  267;  Tarn,  JHS  XXIX  1909,  280. 

II 


82 

gelegt  wurden,  kann  nicht  dagegen  angeführt  werden.  Bestanden  doch  auch  in 
Delos  die  von  dem  ersten  Ptolemaier  und  Antigoniden  gestifteten  Feste  während 
des  dritten  Jahrhunderts  fort,  unberührt  durch  die  Einbuße  an  Macht,  die  das 
eine  oder  das  andere  Reich  erlitten  hatte^^). 

Ebenso  wichtig  wie  diese  Episode  ist  die  bei  Plutarch  Pelopidas  2-*')  und 
Trogus  Pompeius,  Prolog  27-')  erhaltene  Nachricht  von  einer  Seeschlacht  bei 
Andres.  Die  Frage  nach  dieser  Schlacht  ist  oft  und  ausführlich,  vor  kurzem  von 
W.  Tarn  Journ.  of  hell.  stud.  XXIX  S.  264  ff.  und  fast  gleichzeitig  von  V.  Costanzi, 
Rivista  di  Filologia  XXXVII  S.  516  ff.  behandelt  wordenes)  Während  Costanzi 
hauptsächlich  Trogfus  heranzieht  und  im  Anschlüsse  an  Beloch,  Beitr.  zur  alten 
Geschichte  I  289  ff.  und  Griech.  Geschichte  III  2  §  174  die  Schlacht  bei  Andres 
mit  der  karischen  Expedition  des  Antigonos  Doson  verbindet,  indem  er  den 
Sieg  bei  Andres  für  Doson  den  Weg  zur  Erwerbung  Kariens  eröffnen  läßt, 
hat  Tarn  für  die  Schlacht  bei  Andros  auch  die  von  HoUeaux  in  der  Nord- 
halle auf  Deles  auf  einem  Architrav  gefundene  Inschrift  C.  R.  Acad.  inscr. 
1907.  335  ff-  und  das  von  Schulhof,  BCH  XXXII  97  ff.,  2.  Teil  von  n.  21  ver- 
öffentlichte delische  Inventar  des  Archen  Stesileos  herangezogen  und  auf  Grund 
dieser  Zeugnisse  es  wahrscheinlich  gemacht,  daß  die  Schlacht  bei  Andros  für 
Antigenes  Gonatas  einen  Sieg  bedeutete,  der  ins  Jahr  246  zu  setzen  ist.  Andres 
verblieb  weiter  im  Besitze  der  makedonischen  Könige  und  die  Inschrift  von  Adulis, 
welche   nach  dem  Tode    des  Ptolemaies  Philadelphos  von  dessen  Sohn  Euergetes 

Z.  7  f.:  -apaXapwv  izxpx  zoü  :taTp6;  xrjV  ßaatXstav tiov  K'jxÄäowv  verkündet,  kann, 

wie  zuerst  Dürrbach  BCH  XXVIII  S.  107  f.  gezeigt  hat,  nicht  als  Gegenbeweis 
angeführt  werden^").  Dafür,  daß  auf  Andres  die  makedonische  Besatzung  und  Herr- 

")  Dürrbach,  BCH  XXXIII   190O  p.  227.  bach,  BCH  X  120;   MahafFy,  The  empire  of  the  Pto- 

^^)  Wir   lesen  itvti-fovo;  6  fipiuv,  öte  vauiiaxstv  lemies   201  f.;  derselbe,  Greek  life  and  thought  382; 

Tispl  'AvSpou  E|i£l?.£v,  sItovto;  uvös  6)5  noXi)  TiXstou;  Kaerst,   Pauly-Wissowa    RE   I  2415;    Dittenberger, 

aE  z&w  itoXEjiiiov  vijsj  slsv  S(is  Ss   aü-6v,   icpr],   7;pö;  Syll,^  224  Anm.  2;  Hiller  v.  Gaertringen,  IG  XII  5, 

nooag  ävTioxijasis;  vgl.  Plutarch,  De  Alexandri  Magni  Praefatio  X.  Zu  Tams  obengenanntem  Aufsatz  s.  Fer- 

fortuna  aut  virtute  orat.  I  9;   derselbe,  De  se  ipsum  guson,  Journ.  of  hell.  stud.  XXX   Igo  ff.;    derselbe, 

citra    invidiam   laudando   15    und  Regum    et    imper.  Hellenistic   Athens   191 1,    198;    als  Entgegnung  auf 

apophthegmata   183  D.  Fergusons  Aufsatz,  Tarn  a.  a.  O.  223  ff.;  s.  auch  209  ff. 

"')  Diese  Stelle  ist  korrupt  und  ist  von  den  ein-  Tarn,  dessen  soeben  in  Oxford  erscheinendes  Buch  über 

zelnen    Erklärern    verschieden    geändert   worden,    je  Antigonos  Gonatas  ich  nicht  mehr  einsehen  konnte, 

nachdem  ein  Sieg  oder  eine  Niederlage  des  Antigonos  folgt  nun  auch  Swoboda,  Hermanns  Staatsaltertümer 

angenommen  werden  sollte.  III'>  .S.  419  f.,  während  Pozzi  a.  a.  O.  352  ff.  für  den 

-*)  Von  der  früheren  Literatur  ist  noch  zu  nen-  Seesieg  des  Antigonos  Gonatas  über  die  ägypt.  Flotte 

nen:  Niebuhr,  Kleine  bist.  u.  philol.  Schriften  I  297;  bei  Andros  Anfang  245   (statt  246)  vorschlägt. 
vgL   dessen  Vorträge  über    alte    Geschichte   III  401 ;  -^)  Vgl.  Dittenberger,  OGIS   54:   HomoUe,    Les 

Miliarakis,  Kykl.  270;   HomoUe,  BCH  VI  16 1 ;  Dürr-  archives  65  f.;  Niese  II   141  ff.;     Dittenberger,  Syll.- 


83 

Schaft,  die  wir  vor  der  Mitte  des  dritten  Jahrhunderts  dort  angetroffen  haben,  bis 
zur  Eroberung  der  Insel  durch  die  mit  den  Römern  verbündeten  Pergamener  nicht 
zu  bestehen  aufgehört  hat,  spricht  deutlich  der  Umstand,  daß  es  Attalos  nach  der 
Einnahme  von  Andros  im  Jahre  200,  wie  wir  weiter  unten  sehen  werden,  gelang, 
fast  alle  Makedonier  zu  bewegen,  in  Andros  zu  bleiben.  Diese  mußten  eine  geraume 
Zeit  dort  verbracht  haben,  wenn  sie  sich  zu  bleiben  entschlossen^"). 

Wie  sich  die  Andrier  zu  den  Rhodiern  stellten,  die  seit  dem  letzten  Viertel 
des  dritten  Jahrhunderts  eine  wichtige  Rolle  im  ägäischen  Meere  spielten,  läßt 
sich  schwer  sagen,  da  uns  keine  Nachrichten  vorliegen.  Wenn  auch  Rhodos  in 
der  Zeit  230 — 170  als  Schirmherr  von  Delos  und  als  Haupt  des  Kotvöv  tiöv  vr;5twxwv 
einen  großen  Einfluß  auf  die  Inseln  des  ägäischen  Meeres  gewann,  eine  Herrschaft, 
äpyj;,  übte  es  über  sie  nie  aus^').  Auf  das  makedonische  Andros  konnte  sich  ihr 
Einfluß  bis  zu  einem  gewissen  Grade  zu  der  Zeit  erstrecken,  als  die  Rhodier  zu 
Makedonien  freundschaftliche  Beziehungen  unterhielten,  wie  sie  uns  für  die  Zeit 
des  Antigonos  Doson  bezeugt  sind^^).  Von  einer  Oberherrschaft  der  Rhodier  über 
Andros  kann  aber  nicht  die  Rede  sein^^). 

Außer  der  Nachricht  über  die  Beteiligung  an  dem  Feste  der  Artemis  Leuko- 
phryene  in  Magnesia  (Kern  n.  50)  haben  wir  über  Andros  erst  wieder  um  die 
Wende  des  dritten  Jahrhunderts  v.  Chr.  Kunde,  als  Philipp  V.  von  Makedonien  sich 
nach  dem  Tode  des  Ptolemaios  IV.  Philopator  mit  Antiochos  III.  von  Syrien  zur 
Teilung  Ägyptens  verband'*).  Da  Philipp  V.  im  Jahre  202  seinen  Feldherrn  Dikaiarchos 
aussandte,  um  die  Kykladen  und  die  Städte  am  Hellespont  zum  Abfalle  zu  bringen ^^j, 

223  Anm.  2  und  224  Anm.  2;  Hiller  v.  Gaertringen,  1907,  109  f.;  ebenda  Roussel  360. 
Theral  i64f.;  Delaraarre,  Rev.  de  phil.  XXVI318;  ^3)  ygl.  Demoulin,  Musee  Beige  VIII  1904 
Beloch  III  2,  282;  Max  Nicolaus,  Zwei  Beiträge  zur  p.  99  f.;  Delamarre,  Rev.  d.  Phil.  XXVI  1902 
Geschichte  König  Philipps  V.  von  Makedonien,  p.  322;  Max  Nicolaus,  a.  a.  O.  84  ff.  Sehr  richtig  be- 
Dissertation Berlin  1909  S.  88  Anm.  71;  Costanzi,  merkt  Costanzi,  Klio  XI  1911  S.  280,  daß  man  in 
Klio  XI  277  fF.;  s.  noch  König,  Der  Bund  der  Ne-  dieser  Zeit  nicht  eine  Hegemonie  der  Rhodier  anzu- 
sioten,   18  ff.;   86  ff.;  90  ff.  nehmen  hat,    sondern  daß  sich    die  Rhodier  nur  im 

™)  Vgl.    Polyb.  XVIII  37,   8;    HoUeaux,    BCH  Interesse    ihrer    Handelsbeziehungen     auch     der    be- 

XXXI1907  p.  106  Anm.  I;  Droysen  III 2,328 f.;Milia-  drohten  Inseln  annahmen.  Die  Verhältnisse  lagen  in 

rakis,  Kykl.  270;  Niese  II  131  u.  Anm.  4,  169;  Beloch  jener  Zeit  derart,  daß  Ägypten  zu  schwach  war,  sich 

III  2,   2S2,  433;  Delamarre  a.  a.  O.  320  u.  Anm.  I;  seiner  Inseln  anzunehmen,    Makedonien    aber  ander- 

Dürrbach,  BCH  XXVIII  I904  p.  108  Anm.  I;  Hiller  wärtig    zu  beschäftigt   war,    um    seine   Aufmerksam- 

V.  Gaertringen,   IG  XII    5,    Praefatio  X;    Ferguson,  keit    den  Inseln  des    ägäischen  Meeres  zuwenden  zu 

Hell.  Athens   192  f.  können. 

^')  Über  die  Geschichte  der  Rhodier  siehe  van  ")  Polyb.  III  2,  8.   Nach  Strack,   Die  Dynastie 

Gelder,  Gesch.  d.  Rhodier,  III  ff.  u.  Demoulin,  BCH  der  Ptolemäer,  182  stirbt  Ptol.  IV.  nach  13. /X.  205, 

XXVII   1903   p.  247  ff.  vor   13. /X.  204;   Costanzi,  Klio  XI   191 1    S.   281. 

")  Garofolo,  Rend.  della  R.  Accad.  dei  Lincei  ^^)  Polyb.  XVIII  37,  8  ff.;  Diodor  28,  I;  Niese 

XI   1902  p.  164  u.  Anm.  4;   Holleaux,  BCH  XXXI,  II  581;  Max  Nicolaus  a.  a.  O.  77. 

II* 


84 

wandten  sich  Rhodos  und  Pergamon  an  die  Römer.  Die  Forderungen  der  letzteren 
wurden  von  PhiUpp  zurückgewiesen  und  bald  nach  der  Kriegserklärung  wurde 
F.  Sulpicius  Galba  die  Kriegsführung  in  Makedonien  übertragen.  Sobald  in  Gegen- 
wart des  Attalos  von  Pergamon  und  der  Rhodier  der  Krieg  in  Athen  beschlossen 
worden  war,  begab  sich  Attalos  zurück  nach  Aegina,  die  Rhodier  dagegen  zogen 
von  Aegina  nach  Chios  und  von  da  zwischen  den  Inseln  hindurch  nach  Rhodos 
und  nahmen  sie  alle  in  ihren  Bund  auf,  außer  Andros,  Paros  und  Kythnos,  die 
makedonische  Besatzungen  hatten  (Livius  XXXI,  15).  Noch  in  demselben 
Jahre  200  vereinigten  sich  die  Römer  unter  dem  Legaten  L.  Apustius  mit  Attalos 
bei  Skyllaeum  im  Gebiete  von  Hermione.  Von  hier  segelten  sie  nach  dem  Piraeus, 
wo  sie  einige  Tage  verweilten.  Von  den  Athenern  als  Bundesgenossen  mit  Ehren- 
beschlüssen überhäuft,  schifften  sie  vom  Piraeus  nach  Andros.  Als  sie,  wie  wir 
weiter  aus  Livius  {=:  Polybius)  XXXI,  45,  i — 9  erfahren,  in  dem  Hafen  Gaurion 
(überliefert  ist  das  unverständliche  Gaureleon)  Anker  geworfen  hatten,  ließen  sie 
die  Stimmung-  der  Einwohner  erkunden,  um  zu  erfahren,  ob  diese  die  Stadt 
gutwillig  übergeben  oder  es  auf  Gewalt  ankommen  lassen  würden.  Als  die 
Andrier  aber  antworteten,  daß  in  der  Burg  eine  königliche  Besatzung  liege  und 
sie  nicht  freie  Hände  hätten,  schifften  der  König  und  der  römische  Legat  ihre 
Mannschaft  und  alle  ihre  Belagerungswerkzeuge  aus.  Von  verschiedenen  Seiten 
rückten  sie  vor  die  Stadt.  Am  meisten  erschraken  die  Andrier  vor  den 
römischen  Soldaten  und  Rüstungen,  die  sie  zum  erstenmal  erblickten,  und  vor 
dem  Mute  der  Krieger,  welche  so  entschlossen  sich  den  Mauern  näherten.  Darum 
floh  alles  sogleich  in  die  Burg.  Die  Feinde  bemächtigten  sich  der  Stadt  und  nach- 
dem die  Einwohner  in  der  Burg  zwei  Tage  lang  mehr  im  Vertrauen  auf  den 
Platz  als  auf  ihre  Waffen  sich  gehalten  hatten,  bedangen  sie  am  dritten  Tage 
für  sich  und  die  Besatzung  aus,  daß  jeder  von  ihnen  mit  seinem  Gewände 
(cum  singulis  vestimentis)  nach  Delium  in  Böotien  gebracht  werden  sollte.  Die 
Insel  überließen  die  Römer  dem  Könige  Attalos,  die  Beute  und  Kunstschätze 
der  Stadt  aber  führten  sie  selbst  weg.  Attalos  überredete,  um  keine  entvölkerte 
Insel  zu  besitzen,  fast  alle  Makedonier  und  mehrere  Andrier,  auf  der  Insel  zu 
bleiben.  Nachher  ließen  sich  auch  diejenigen,  welche  dem  Vertrage  gemäß  nach 
Delium  gebracht  worden  waren,  durch  die  Versprechungen  des  Königs,  „denen 
die  Sehnsucht  nach  dem  Vaterlande  leichten  Glauben  verschaffte",  zur  Rückkehr 
bewegen'^). 

^"j  Unrichtig  ist  die  Behauptung  Demoulins  (BCH       phalai    habe    die    Makedonen    gezwungen,    die    Be- 
XXVII  1903  p.  248),  erst  die  Niederlage  bei  Kynoske-       Satzung  von  Andros  zurückzuziehen. 


85 

Andros  war  für  die  Pergamener  eine  nicht  unwichtige  Erwerbung.  Schon 
im  Jahre  198  benutzten  diese  die  Insel,  um  hier  ihre  Schiffe  (24  Fünfruderer) 
unter  Attalos  mit  den  rhodischen  Schiffen  (20  an  der  Zahl)  unter  dem  Nauarchen 
Akesimbrotos  zu  vereinigen  und  von  da  nach  Euboea  zu  ziehen  und  die  Äcker 
der  Einwohner  von  Chalkis  zu  verwüsten  (Livius  XXXII  16,  7;  Zonar.  IX  16). 
Andros  verblieb  im  Besitze  der  Attaliden  auch  nach  dem  Frieden,  der  nach  der 
Schlacht  bei  Kynoskephalai  mit  Philipp  abgeschlossen  wurde,  und  nach  den 
Isthmien  des  Jahres  ig6,  bei  denen  der  Konsul  Titus  Quinctius  die  Freiheit 
der  Hellenen  verkünden  ließ  (Polyb.  XVIII  46;  Livius  XXXIII  32  f.;  Appian, 
Maked.  9,  4),  ebenso  auch  nach  dem  zweiten  makedonischen  Kriege,  so  daß  wir 
es  nicht  unter  den  freien  Städten  finden  ^^). 

Mit  der  Einnahme  von  Andros  durch  die  Römer  ist  dessen  Blüte  vorbei, 
da  die  Andrier  nach  ihrer  Rückkehr  in  armseligen  Verhältnissen  lebten.  Von  ihrer 
Armut  können  wir  uns  ein  Bild  nach  Himerios,  Or.  VIII  7  machen,  dessen  Erzählung, 
die  Andrier  wären  so  arm  gewesen,  daß  sie  dem  Apollo  kein  Räucherwerk  dar- 
bringen konnten,  sondern  nur  die  Scheiterhaufen  anzündeten,  wohl  nur  auf  diese  Zeit 
sich  beziehen  kann;  und  vielleicht  ist  der  Tempel,  den  Memmius  Rufus  o  y.x:  'latScopo; 
auf  eigene  Kosten  wieder  herstellen  ließ,  dessen  Teile  als  ix  uoXk&'j  uavxa  xatr;- 
pei\x[Livx  xaE  YjpYj[xco|x£va  ypöviäw  bezeichnet  werden^*),  während  ihres  Aufenthaltes 
in  Delium  verfallen  und  erst  im  zweiten  Jahrhundert  n.  Chr.  wieder  bezogen 
worden.  Unter  der  Herrschaft  der  klugen  Attaliden  werden  die  Andrier  bald 
wieder  zu  Wohlstand  gekommen  sein.  Wenn  ihnen  auch  die  Autonomie  und 
Freiheit  gesichert  ward,  so  mußten  sie  doch  für  Abgaben  aufkommen,  die  ihnen 
durch  die  königliche  Gewalt  auferlegt  wurden  ^^).  Auch  militärische  Kontingente 
werden  sie  gestellt  haben.  Dafür  scheint  die  im  epigraphischen  Anhang  n.  3  ver- 
öffentlichte In.schrift  aus  Andros  zu  sprechen.  Sie  handelt  von  kriegerischen  Ereig- 
nissen. In  Z.  7  hören  wir  von  Asien  und  Truppenaushebungen  des  Königs.  Auch 
werden  die  Namen  der  Lykier  und  Thymbrier'"')  hier  genannt.  Sachliche,  sprach- 
liche und  paläographische  Momente  weisen  in  die  Zeit  nach  200  v.  Chr.  In 
der  Zeit,  als  nach  dem  Tode  Attalos'  I.  {197)  Eumenes  auf  den  Thron  von  Per- 
gamon    kam    und   Antiochos    mit    den   Lykiern,    die    ihm    treue    Bundesgenossen 

■")  Vgl.   Polybius  XXII  7;    Henze,    De    civitat.  Utrecht   1893;    Pedroli,  II  regno  di   Pergamo,   Turin 

liberis,  quae  fueiunt  in  provinciis  populi  Romani  37  ff.  1896;     Meischke,    Sj'mbolae    ad  Eum.  II  Perg.   reg. 

'')  IG  XII  5,  738  aus  dem  zweiten  Jahrhundert  hist.  45  ff.    und    G.  Cardinali,    II  regno  di  Pergamo 

n.  Chr.  (Studi  di  storia  antica  pubbl.  da  G.  ßeloch  fasc.  IV). 

^')  Über    die    Verwaltung    des    pergamenischen  ■"')  Der  Name  öujißpiO'.  ist  in  Z.  8,   II,   16  wohl 

Reiches    siehe    Brinkgreve,     De     regno    Pergameno,  sicher  ergänzt. 


86 

waren  (Niese  II  729),  in  das  pergamenische  Gebiet  einfiel  und  die  Eumenes  Unter- 
tanen und  mit  ihm  befreundeten  Städte  angriff,  werden  auch  die  Thymbrier, 
die  Einwohner  von  Thymbra,  einer  Stadt  am  Thymbris  in  der  Troas  (heute 
Thymbrek-Köi,  Prokesch,  Denkwürdigkeiten  und  Erinnerungen  aus  dem  Orient 
I  145)  in  Mitleidenschaft  gezogen  worden  sein.  Wie  sich  die  Stadt  Thymbra  in 
diesem  Krieg  gestellt  hat,  ist  nach  dem  andrischen  Ehrendekret,  das  in  rühmlicher 
Weise  des  Demos,  wohl  der  Thymbrier,  gedenkt,  nicht  fraglich^').  Andros  erwies  den 
Römern  auch  im  Kriege  gegen  Antiochos  von  Asien  gute  Dienste.  Um  die  Zeit  der 
Schlacht  bei  den  Thermopylen,  als  die  römische  Flotte  die  Verbindung  zwischen 
Griechenland  und  Kleinasien  zu  unterbrechen  hatte,  wurde  in  der  Meerenge  bei 
Andros  ein  starker  asiatischer  Transport  von  A.  Atilius,  dem  Befehlshaber  der 
römischen  Flotte  aufgegriffen-*^).  Der  nach  dem  dritten  syrischen  Kriege  ge- 
schlossene Friede  änderte  nichts  an  der  Lage.  Der  Friede  bestimmte,  daß  von  den 
hellenischen  Städten  diejenigen  dem  Eumenes  Tribut  zahlen  sollten,  die  auch  dem 
Attalos  einen  solchen  gezahlt  hatten ''^),  und  Andros  blieb  weiter  unter  den  nominell 
unfreien  Städten*^),  da  das  Recht  der  Ekklesie  und  Bule,  wie  aus  Beschlüssen  dieser 
Zeit  hervorgeht,  und  somit  die  Autonomie  unberührt  war.  Daß  sich  die  Andrier 
nach  dem  Unglücke  des  Jahres  200  unter  der  pergamenischen  Herrschaft  bald  auf- 
richteten und  ein  ausgedehntes  politisches  Leben  entfalten  konnten,  dafür  sprechen 
eine  Reihe  von  Inschriften,  wie  die  in  Chalkis  von  Cyriacus  abgeschriebene *5)j  aus 
der  wir  erfahren,  daß  die  Andrier  zu  Schiedsrichtern  bestimmt  waren.  Die  Inschrift, 
deren  Zeit  nicht  sicher  zu  datieren  ist,  ist  unvollständig,  so  daß  wir  nichts  Genaueres 
über  den  Streitfall  wissen.  Die  von  Hiller  v.  Gaertringen  Athen.  Mitt.  XXXIV 
185  f.  und  dann  von  Bojatzidis,  'Apy,.  'E'fr;|i.  191  i  S.  70  f.  n.  2  und  3  behandelten 
Inschriftfragmente,  auf  denen  meist  durch  die  Feier  von  Agonen  veranlaßte  Ehren- 
beschlüsse gestanden  haben  und  in  denen  auch  des  Königs  Eumenes  gedacht 
wird,  sind   leider    nur    sehr    unvollkommen    erhalten    und    geben    uns    keine    be- 

■")  Ausführlicher  über  diese  Inschrift  siehe  den  Kolonates  (I.  Beiheft   zum  Archiv   für  P.ipyrus-For- 

epigraphischen  Anhang  n.  3.  schung)  243  ff. 

*'-)  Livius  XXXVI  20;  Mommsen,  Rom.  Gesch.  ")  W.  Henze,  De  civitatibus  liberis,  quae  fuerunt 
9.  Aufl.  I  734;  Edwin  Robert  Bevan,  The  house  of  in  provinciis  populi  Romani  37  ff. 
Seleucus,  London  1901,  II  86.  Unter  fretura  ist  bei  «^p.xXXVI  n.238;  dannMur.at.T.IIp.DXCIV; 
Livius  die  Enge  zwischen  Euboea  und  Andros  zu  CIG  2147  (Le  Bas,  Voyage  arch.  II  1586).  Man 
verstehen.  Vgl.  Nomina  urbium  mutata  bei  August  schwankt,  ob  man  nach  der  Form  des  II  das  zweite 
Burclihardt,  Hieroclis  Synecdemus  App.  I  42:  Eüpota  oder  driUe  vorchristliche  Jahrhundert  für  diese  In- 
fi EüptTto;.  Schrift  annehmen    soll   (Sonne,    De   arbitris   externis, 

")  Siehe  Polyb.  XXI  24;  Liv.  XXXVII  55,  6;  55).   Nach    196   setzt   sie    Hiller   v.    Gaertringen,    IG 

cf.  App.  Syr.  44;     Cardinali,    II   regne  di  Pergamo,  XII   5,  Praef.   XIX  n.   1350. 
73  ff.;   Rostowzew,  Studien  zur  Geschichte  des  röm. 


8? 

stimmten  Anhaltspunkte    für  die   Beziehungen   v^on  Andros  zu  dem  Königshause 
von  Pergamon  und  zu  anderen  Städten. 

Für  die  Beziehungen  zu  Kreta  und  anderen  Orten  spricht  die  Inschrift  IG 
XII  5,  723,  in  der,  wie  Hiller  v.  Gaertringen  Athen.  Mitt.  XXVIII  463  f.  richtig 
erkannt  hat,  einem  bedeutenden  Heiligtum  von  Andros,  sei  es  dem  des  Apollon 
oder  des  Dionysos  oder  einer  andern  Gottheit  die  Asylie  zugestanden  wird.  Die 
Beziehungen  zu  Kreta  beweist  ferner  die  Politieverleihung  IG  XII  5,  jiS*^).  Die 
Knossier  erscheinen  in  'Apy. 'Ecpr;[Ji.  igii  S.  72  n.  8  Z.  5,  wo  ich  in  Z.  3  Tioj-iTcJäg  y.xl 
i)'u[c;ta;  ergänze.  Dadurch  ist  der  Inhalt  des  Beschlusses  einigermaßen  gegeben. 
Es  wird  sich  wahrscheinlich  um  einen  Agon  handeln*').  Aus  dem  zweiten  Jahr- 
hundert haben  wir  Proxeniedekrete,  die  auf  die  guten  Beziehungen  von  Andros 
auch  zu  anderen  Staaten  hinweisen:  Auf  der  Nachbarinsel  Tenos  werden  die 
Andrier  Aphobetos,  Sohn  des  Timokrates''^),  und  Dionysios,  Sohn  des  Orthon ■'^), 
geehrt.  Dem  Anfang  des  zweiten  Jahrhunderts,  der  Zeit  vor  168,  gehört  das 
Bruchstück  eines  Proxeniedekretes  aus  Delos  an,  das  dem  Andrier  Pausanias  gilt^"). 
Die  ersteren  zwei  Andrier  werden  wahrscheinlich  wegen  ihrer  Teilnahme  an 
dem  Feste  des  Poseidon  und  der  Amphitrite  in  Tenos,  der  dritte  wegen  seiner 
Beteiligung  am  ApoUonfeste  in  Delos  geehrt  worden  sein.  In  Andros  wird 
Dromon,  Sohn  des  Phanosthenes,  aus  Babylonien,  Proxenos  und  Euergetes  und 
erhält  noch  andere  Vorrechte'"').  In  diesem  Zusammenhange  verdient  das  Dekret 
zu  Ehren  eines  Gymnasiarchen -''-)  Erwähnung,  das  im  epigraphischen  Anhang  n.  4 
behandelt  ist.  Durch  diese  Inschrift  ist  uns  ein  Gymnasien  ■:wv  vewv  auf  Andros 
bezeugt.  Öfter  erscheint  hier  ein  Basileus,  einmal  ist  von  dessen  Vater  und 
von  Königinnen  die  Rede.  Es  kann  sich  nur  um  das  Königshaus  der  Attaliden 
handeln,  denen  Andros  gehörte  und  die  für  das  Schulwesen  ein  reges  Interesse 
zeigten.  Eine  ganz  besonders  loyale  Gesinnung  bekunden  die  Andrier  in  dieser 
Inschrift,  indem  sie  den  Geburtstag  eines  Königs,    den  wir   nicht   mit   Sicherheit 

"*)  Für  KpC'^Jxa  in  Z.  5   setzt  Sonne,   De  arbitr.  ")  Vgl.  A.  J.  Reinach,  Rev.  etud.  grecq.  XXIV 

68  Anm.  4  xp£[vav]|-a  (=  iudicem).  Daß  diese  Lesung  191 1   p.  323. 

nicht  zutrifft  und  diese  Inschrift  nicht   in  die  Reihe  ■")  IG  XII   5,   825. 

der   von    ihm    behandelten    gehört,    lehren    uns  Be-  *^)  IG    XII  5,    826.  Es  ist  derselbe,   der  in  IG 

Schlüsse  von  Magnesia  a./M.  bei  Kern  n.  15a,  65a,  b,  XII  5,  718  als  Antragsteller  erscheint.  Vgl.  Demoulin 

90,   101,  104  u.  Priene  bei  Hiller  v.  Gaertringen  n.  8,  a.  a.  O.   76  f.  u.  99  f. 

49.  50.  53i   54>  61,  63,  71,  73,  76,  in  denen  Richter  '";   BCH  XXVIII  I904,   280,  7;  Hiller  v.  Gaer- 

belobt  werden.  Der  Heimatsort  des  Geehrten  kommt  tringen,  IG  XII  5,  Praefatio  XXXIII  n.  1510. 

im     Bündnisvertrage     des     Eumenes     mit     30     kre-  ^')  IG  XII   5,  715. 

tischen  Städten    aus    dem    Jahre   195    ebenfalls   vor.  '-)  Öhler,  Pauly-Wissowa  RE  VII  I   970  nennt 

Zu    dieser  Inschrift  s.   auch   Demoulin,  Musee  Beige  irrtümlicherweise  einen  Gymnasiarchen  in  IG  XII  5, 

VIII   1904  p.  76.  720,   17. 


88 

bestimmen  können,  durch  Opfer  festlich  begehen.  Offenbar  ein  Ausländer  war 
der  Arzt  Artemidoros,  Wenodotos'  Sohn,  dem  um  diese  Zeit  in  Anerkennung  seiner 
eifrigen  Fürsorge  um  die  gehörig-e  Pflege  und  Heilung  der  Kranken  vom  Rate 
und  Volke  der  Andrier  der  goldene  Kranz  verliehen  wurde*^).  Wie  wir  aus 
diesen  Zeugnissen  schließen  können,  waren  die  Beziehungen  von  Andros  in  der 
Zeit  der  pergamenischen  Herrschaft  sehr  ausgedehnte.  Besonders  intim  waren  sie 
zu  Pergamon.  Im  Jahre  1818  soll  in  Pergamon  beim  Bau  einer  Kirche  die 
Inschrift  6  ofi\ioz  Iltpji\iO\i  axscfovor  töv  ofi\iO'/  'Avopou  gefunden  worden  sein,  die 
wie  Pistis^*)  schreibt,  von  Kairis  in  seinem  Museum  aufgestellt  worden  sein  soll, 
ohne   allerdings  dort  jetzt  auffindbar  zu  sein. 

Andros  unter  den  Römern. 

Sobald  der  Aufstand  des  Kronprätendenten  Aristonikos  bewältigt  worden 
war*),  traten  die  Römer  ihr  Erbe  nach  den  Attaliden^)  an.  Das  Königreich  der 
Attaliden  wurde  eine  römische  Provinz,  der  auch  Andros  angegliedert  war,  und 
bekam  den  Namen  Asia^).  Die  Verwaltung  der  Provinz  wurde  organisiert  und 
einem  Prätor  anvertraut,  den  schon  vor  Sulla  öfters  ein  Proprätor  vertrat,  bis  die 
Statthalterschaft  Asien  von  Augustus  ein  für  allemal  den  Konsuln  als  Folgeamt 
überwiesen  wurde.  In  Andros  ehrt  das  Volk  den  Publius  Vinicius  töv  avS-ÜTcaiov  xöv 
Tia-cpiova  xai  sOspye-rjV.  denselben  Vinicius,  der  im  Jahre  2  n.  Chr.  Konsul  war*).  Als 
Grundlage  der  Rechtsordnung  und  Verwaltung  wurden  in  Andros  die  Satzungen, 
die  die  Römer  dort  antrafen,  geltend  belassen^).   Die  Wiederherstellung  der  Tzdipioi 

^')  IG  XII  5,719;  Pohl, DeGraecorum  medicis  pu-  letzten  Attaliden  betreffende  Literatur  angegeben.  Vor 
blicis  21  n.28,52f.;  Öhler,  Janus,Archives  intern,  pour  kurzem  derselbe,  La  motte  di  Attalo  e  la  rivolta  di 
l'liistoire  de  la  midicine  et  la  geographie  medicale,  Aristonico,  Saggi  di  storia  antica  e  di  archeologia  a 
13.  Jahrg.  1908  S.  17  (des  Sep.);  Weil,  Athen.  Mitt.  Giulio  Beloch,  Roma  1910,  p.  269 — 320. 
I  239  u.  Anm.  I  hält  den  Artemidoros  für  ein  ')  Strabo  XIV  646;  Marquardt,  Rom.  Staats- 
Mitglied  der  aus  Inschriften  der  maUed.-röm.  Periode  Verwaltung,  I  2.  Aufl.  333  ff.;  Brandis,  Pauly-Wis- 
mehrfach  bekannten  Künstlerfamilie  aus  Tyros;  vgl.  sowa  RE  II,   1 538  ff. 

Loewy,  Inschriften  gr.  Bildh.  308  u.  Bojatzidis'  Ver-  ^)  IG  XII  5,  756;   Waddington,  Fastes  des  pro- 

rautung  ('A9-y)vä  XXII  110  Anm.  3),  im  Hinblick  auf  vinces  asiatiques  de  l'empire  romain  662,  6gi;  Pro- 

Vollgraff,   BCH  XXV  234  ff.  u.  Keramopulos,  'Apx-  sopogr.  imp.  Rom.  II  446;  Liebenam.  Fasti  consulares 

'Ecpviji.  I908  S.  159  ff.  Über  diese  bei  Ärzten  wieder-  imperii  Romani  S. 

kehrenden  Namen  Vollgraff  a.  a.  O.   238  f.  ^)  Für   die  Rechtsprechung  und  Verwaltung   in 

^*)  K.    Dionysios   Pistis,    nsprfpayi)    'fjg    715001)  der   Provinz   Asien    und   in    den   anderen   Provinzen 

'AvSpou   16.  des  röra.  Reiches   s.  Mommsen,  Rom.   Geschichte  II 

')  Über  die  Zeit  siehe  B.  Niese,    Geschichte  d.  8.  Aufl.    53  ff.;     Marquardt,    Rom.  Staatsverwaltung 

gr.  und  maked.  Staaten  III  370  ff.  2.  Aufl.  I  500  ff. ;  Mommsen,  Rom.  Staatsrecht,  3.  Aufl. 

^)  Bei    Cardinali,     II    regno     di     Pergamo    294  II  I,  239  ff.;  III  I,  717  ff.;  Mitteis,  Reichsrecht  und 

.Anm.    I    und    2    ist    die   ganze,    das    Testament    des  Volksrecht  in   den   üstl.   Provinzen  des  röm.  Kaiser- 


89 

ori[ioY.pmla  wird  in  der  von  Hiller  v.  Gaertringen,  Ath.  Mitt.  XXXIV  S.  187  und 
Bojatzidis,  'Apy.  'Ecpr^ii.  igii  S.  72  n.  7  publizierten  Inschrift  aus  der  Zeit  nach  dem 
Ende  der  Attalidenherrschaft  erwähnt").  Auch  nach  dem  Jahre  133  waren  der 
Staatsrat  {^ouX-fi,  deren  Mitglieder  [^ooleuxcc'.)  und  die  Volksgemeinde  (sxxXrjot'a)  die 
wichtigsten  Falitoren  in  der  Verwaltung,  die  öfters  und  ausdrücklich  unter  Antoninus 
Pius  IG  XII  5,  724  genannt  werden.  Sie  hatten  somit  die  Autonomie,  wenn  auch 
eine  entwertete,  in  die  sie  sich  übrigens  schon  unter  der  athenischen  Herrschaft 
einigermaßen  gefunden  hatten. 

Wie  die  Rechtsprechung  in  der  Provinz  Asien  nicht  lange  nach  dem  Be- 
ginn der  römischen  Herrschaft  geübt  wurde,  zeigt  uns  die  Inschrift  IG  XII  5, 
722,  die  ausdrücklich  von  der  Zugehörigkeit  der  Insel  Andros  zur  Provinz 
Asien  zeugt.  Timokritos,  Sohn  des  Sokles,  wurde  vom  Volke  der  Andrier  zusam- 
men mit  dem  Schreiber  Iphikrates,  Sohn  des  Isochrysos,  nach  Adramytteion  ge- 
schickt, um  mit  anderen  oiv.x'jzot.i  änb  W;j  ?£Vtj^  in  Rechtsfällen,  deren  Entscheidung 
ihnen  nach  den  einheimischen  Gesetzen  zustand,  und  in  anderen  Fällen,  die  ihnen 
vom  Propraetor  Gn.  Aufidius  zugewiesen  wurden,  zu  richten.  Für  ihr  korrektes 
Vorgehen  werden  die  genannten  Andrier  ausgezeichnet').  Im  allgemeinen  war, 
wie  überall,  so  auch  auf  Andros,  die  Rechtsprechung  den  einheimischen  Gerichten 
überlassen,  nur  in  wichtigen  Fällen  wird  man  die  Kompetenz  des  Statthalters  in 
Anspruch  genommen  haben.  Als  in  der  Kaiserzeit  die  conventus  iuridici  ein- 
geführt wurden,  werden  auch  die  Andrier  ihre  wichtigeren  Prozesse  vor  die 
römische  Instanz,  wahrscheinlich  nach   Adramytteion,  g'ebracht  haben**). 

Ob  Andros  gleich  im  Beginne  der  römischen  Herrschaft  Tribut  gezahlt  hat, 
läßt  sich  nicht  mit  Sicherheit  entscheiden'').  Für  die  spätere  Zeit  können  wir  es  auf 
Grund  der  in  IG  XII  5,  724  genannten  Kommission  der  Dekaproten  behaupten. 
Auch  wird  der  Tribut  nicht  niedrig  bemessen  gewesen  sein.  Zu  dieser  Annahme 
berechtig-t  uns  die  Erzählung  bei  Strabo  X  p.  485,    wonach  die  unwirtliche,    nur 

reiches  83  ü'.,  91  ff.,   Ilöft'.,   130  ft'.;   Chapot,  La  Pro-  man  auch  xaTaaTaO-sJor);  setzen.  Vgl.  die  Inschriften 

vince    romaine   proconsolaire   d'Asie,  20,    39  ff.,    83,  von    Pergamon    I  n.    250;    Dittenberger,    OGIS  337; 

103  ff.,    125  ff.;     Otto  Hirschfeld,    Die    kaiserl.  Ver-  vgl.  auch   die  bei  Gercke-Norden,  Einl.  in  d.  Altert, 

waltungsbeamten  bis  auf  Diokletian  71  ff. ;  Detlefsen,  338  angeführten  Beispiele. 

Quellen     u.    Forschungen     zur     alten    Geschichte    u.  ')  Näheres  über  diese  Inschrift  siehe  bei  J.  Boja- 

Geographie    von    Sieglin,    Heft  XIV  67;     Cardinali,  tzidis,    ^A^i'/S.  XXII    S.    97  ff.    und    Vasis,     ebenda 

Studi  storici  per  l'antichitä  classica  III,    fasc.  I  1910  S.  345  ff.   und  meine  Bemerkungen  im  epigraphischen 

p.  31  ff.;  Ed.  Meyer,    Kleine   Schriften,    143;   Kling-  Anhang  auf  Seite  147  ff. 

müUer,  Philologus  LXIX  (NF  XXIII)  91  ff.  ^}    Über  die  conventus  iur.  s.  Schulten,  De  con- 

")  In   Z.  3   sind  die  Ergänzungen   unsicher.  Vor  venlibus    civium  Romanorum    etc.  Gott.  Diss.   1892; 

ou  sielit  man  noch  eine  vertikale  Hasta.  Statt  des  von  Kornemann  bei  Pauly-Wissowa  RE  IV   1 173  ff. 
Hiller   v.    Gaertringen    gesetzten    äTloSofl-stov);   könnte  ")  Vgl.  Cardinali  a.  a.  O.   175  ff. 

Sauciuc,  Antlros.  12 


90 

von  Fischern  bewohnte  Insel  (Tvaros  150  Drachmen  zahlte  und  um  Erleichterung' 
der  Steuer  bei  Cäsar  (Augustus)  in  Korinth  vorsprechen  wollte '").  Wieviel  mehr 
mu(3  Andres  gezahlt  haben,  das  Strabo  X  p.  487  neben  Xaxos  und  Faros  als 
ä^cöXoyos  bezeichnet. 

Für  die  Stellung  von  Andres  in  dieser  Zeit  haben  wir  nur  ganz  wenige 
Nachrichten.  Erst  in  den  Jahren  nach  der  Ermordung  Cäsars  taucht  der  Name 
Andros  wieder  auf:  Als  nach  der  Schlacht  bei  Philippi  Antonius  die  einzelnen 
Länder  bereiste  und  einige  Städte  entschädigte,  belohnte  er  die  Rhodier  für 
ihre  Treue,  indem  er  ihnen  die  Inseln  Andros,  Tenos  und  Naxos  und  die  Stadt 
Myndos  schenkte,  welche  ihnen  aber  nicht  lange  nachher  wieder  abgenommen 
wurden,  weil  sie  eine  zu  strenge  Herrschaft  ausübten").  Daß  die  Herrschaft  der 
Rhodier  auf  Andros  nur  vier  Jahre  gedauert  hat,  hat  man  aus  der  naxischen  In- 
schrift IG  XII  5,  38  (etwa  40  v.  Chr.)  geschlossen,  da  hier  die  orjfiioupyo;',  die 
eponymen  Beamten  von  Rhodos,  nur  für  vier  Jahre  genannt  sind,  obgleich  für 
weitere  Aufzeichnungen  auf  dem  Steine  noch  Platz  wäre  '^).  Doch  ist  es  wahr- 
scheinlicher, daß  auf  Naxos  und  ebenso  auf  Andros  und  Tenos  die  rhodische 
Herrschaft  erst  nach  der  Schlacht  bei  Actium  aufgehört  hat*^). 

Daß  das  römische  Element  in  der  Kaiserzeit  auf  Andros  feste  Wurzel  gefaßt 
hat,  zeigen  uns  die  erhaltenen  Inschriften  sowohl  zu  Ehren  der  Kaiser,  die  meist  den 
Titel  AOtoxpxxwp  Kaiaap,  auch  v.üp'.oi  in  IG  XII  5,  724  führen,  als  auch  zu  Ehren  von 
Mitgliedern  der  kaiserlichen  Familie  und  anderer  angesehener  Römer,  sowie  die 
zahlreichen  römischen  Namen  auf  den  andrischen  Inschriften.  In  der  Ehreninschrift 
IG  XII  5,  740  finden  wir  als  Wohltäterin  der  Andrier  Julia,  Tochter  des  Augustus 
und  seit  2 1  v.  Chr.  Gattin  des  Marcus  Agrippa,  dessen  tribunicia  potestas  genannt 
wird.  Diese  hat  er,  wie  wir  wissen,  17  — 12  v.  Chr.  zweimal  erhalten.  Da  er  in 
der  Zeit  von  16 — 12  zusammen  mit  seiner  Gattin  Julia  im  Oriente  weilte,  ist  es  nicht 
ausgeschlossen,  daß  sie  bei  dieser  Gelegenheit  auch  Andros  besucht  haben"). 

Gleichfalls  als  Wohltäter  von  Andros  begegnet  uns  der  Konsul  des  Jahres 
2  n.  Chr.,  P.  Vinicius,  der  in  IG  XII  5,  756  Prokonsul  genannt  wird,  somit  Prokonsul 
von  Asien  gewesen  ist. 

'")  Siehe  überGyarosBürchner-Plnlippson,P.iuly-  ")   Mili.irakis,  Kyklad.  302  ff.  u.  Hertzberg  I  475 

Wissowa  RE  VII   1954  f.  Anm.    15;    van    Gelder,    Geschichte    der   alten    Rho- 

^')  Appian,    'P«)|i.    i|i^yXi«)v    V   7;    Seneca,     De  dier  173.   Unbegründet  ist,  was  Dugit  1.  c.  111    über 

benef.  V   16,  6.  Andros    sagt,     da    dieses    um    jene    Zeit    nicht    den 

'-')  Dugit,    De    insula  Naxo   iii    Anm.  2,    123;  Athenern  gehört  hat. 
Lafaye,    Hist.    des    cult.    d'Alex.  218    und  Ziebarth,  "j  Vgl.  BCH  II   1878    p.  390  n.  7    und    Prosop. 

Das  griech.  Vereinswesen,    65,    23;     Vgl.  Holleaux,  irap.  Rom.  III  441. 
BCH   XVIII  1S94  p.  405  ff. 


91 

Daß  wir  auf  Andros  wie  auf  den  anderen  Inseln  öfters  Römer  bekannten 
Namens  finden,  hängt  damit  zusammen,  daß  die  Kaiser  die  Inseln  als  Verbannungs- 
plätze für  Männer,  die  sich  in  irgend  einer  Weise,  meist  politisch,  kompromittiert 
hatten,  benutzten i'').  So  wurde  unter  Caligula  gegen  Ende  des  Jahres  38  der 
Statthalter  von  Ägypten,  der  bekannte  Avillius  Flaccus,  der  dem  neuen  Kaiser 
als  früherer  Gegner  der  älteren  Agrippina,  Caligulas  ]V[utter,  verhaßt  war,  nach 
der  Insel  Andros  verbannt,  hier  aber  bald  nachher  auf  Befehl  des  Kaisers  durch 
dessen  Schergen  ermordet'").  Auch  der  von  Nero  verbannte  Publius  Glitius  Gallus 
ließ  sich  auf  Andros  nieder  (Tacit.  XV  56,  71;  Prosop.  imp.  Rom.  II  iiO),  wohin 
ihm  seine  Frau  Egnatia  Maximilla  folgte,  und  beide  betätigten  in  ihrem  Exil 
ihren  wohltätigen  Sinn.  Wie  uns  IG  XII  5,  757  zeigt,  ehrte  der  Demos  die  Egnatia 
Maximilla  als  Wohltäterin,  den  P.  Glitius  Gallus  als  Tcaipwv  und  sOspyexTj;.  Ebenso 
danken  die  Andrier  einem  Marcus  Publius  ...{?)  als  Patron  durch  eine  Ehren- 
inschrift (im  epigraphischen  Anhang  n.    10). 

Daß  die  Andrier  sich  durch  die  Beziehungen  zu  Rom  auch  veranlaßt  sahen, 
ihre  Heimat  zu  verlassen,  kann  man  aus  Juvenal  I  3,  70  entnehmen,  wo  unter 
den  griechischen  Orten,  aus  denen  der  Fremdenzuzug  nach  Rom  kommt,  auch 
Andros   erscheint"). 

Daß  unter  Nero  auch  Andros  die  ihm  nach  dem  Jahre  200  v.  Chr.  noch 
übrig  gebliebenen  und  seither  erworbenen  Kunstwerke  an  den  von  Nero  nach 
Asien  und  Achaia  ausgeschickten  Sendboten  Akratos  abgeben  mußte,  geht  aus 
Dio  Chrysostomos  I  262,  Z.  21  (v.  Arnim)  hervor.  Aus  der  Inschrift  IG  XII  5, 
755,  die  dem  ersten  Jahrhundert  n.  Chr.  angehört,  erfahren  wir,  daß  die  Andrier 
unter  der  Leitung  des  Aphthonetos,  Sohn  des  Juliades,  einen  Zubau  beim  Buleu- 
terion  herstellen  ließen. 

Aus  der  folgenden  Kaiserzeit  haben  wir  auf  Andros  Münzen,  die  den 
Namen  und  das  Brustbild  Traians"')  tragen,  dann  solche  mit  dem  Bilde  seiner 
Schwester  Markiane  Sebaste'-'),   wohl  Traians  dynastischer  Eitelkeit  zu  Liebe  ge- 

'^)    Siehe     nur     Philostratos'    Apoll,    v.    Tyiinu  .S.  185  und  dann   Bojatzidis,  'Apj^.  'Ecpyjji.  191 1  S.  78 

VIII  5;  Svoronos,  BCH   XVII   1893   p.  486.  n.  37;  Philostratos,  Bioi  009.  II  lOI  (Kayser  p.  261). 

'^)  Philnn.  Jud.  opp.  Lib.  in  Flaccum  c.  18 — 21;  •'')  Paschalis,  Jour.  Intern.Nuraism.1 1 898. S. 31  gflT. 
Prosop.  imp.  Rom.  I  190  n.  1175;  Hertzberg,  Gesch.  n.  52,  56,  58,  wo  Trajanskopf  und  Name  später  auf- 
Griechenlands unter  der  Herrschaft  der  Römer  11  23  geprägt  ist.  Irrtümlicherweise  nennt  Pasch.alis  a.  a.  O. 
und   Anm.   30a;   Miliaralns,   Kykl.   314.  353   auf  Andros   Ehreninschrillen   von   Traian. 

")  Vgl.  IG  XII  5,  764: 'Pt6(iifjs  :^5' 'Aotijs  §mßäS  '")  Ebenda  n.   59;    auf   röm.   Münzen    heißt    sie 

6ia  Tipaf  naxa  noXXä..  Hier  ist  'Pmurjg,  wie  ich  mich  Marciana  Aug.  Soror  Imp.  Traiani  oder  Diva  Augusta 

an  Ort   und   Stelle  überzeugen    konnte,   unzweifelhaft  Marciana;  Cohen,  Description  des  raonnaies  II  100  f. 

sicher.  Vgl.  Hiller  V.  Gaertringen,  Ath.  Mitt.  XXXIV  Vgl.   U.   Kahrstedt,   Klio   X    1910   S.  3041. 

12* 


92 

schlagen,  ferner  von  Hadrian-"),  Antoninus  Pius-'),  M.  Aurel  und  L.  Verus-),  der 
jüngeren  Faustina^^),  Commodus^*),  Septimius  Severus'''')  und  Geta '-'').  Ihre  Prägung 
bleibt  in  der  Kaiserzeit  eine  lokale  und  durchwegs  auf  Kupfer  beschränkt. 

Enger  waren  die  Beziehungen  der  Andrier  zu  Kaiser  Hadrian.  Auf  Andros 
sind  sechs  Altäre  dem  Swx^pt  xal  xxia-crjc  r^j  oi-/.o'j|j.£vr;;,  AötoxpxTop".  'Aopixvö}'.  'Üäujitcü)'. 
geweiht-').  Von  einer  siebenten  Weihung  sind  nur  sehr  unsichere  Reste  vor- 
handen-^). Da  der  Kaiser  Hadrian  hier  den  Beinamen  Olympios  führt,  der  mit 
der  Erbauung  des  Tempels  für  Zeus  Olympios  in  Athen  in  Verbindung  steht, 
mit  dem  er  cj'jvvao^  und  a\j[ip(ü[ioq  ist,  fallen  die  Dedikationen  zwischen  128/9  und 
1302").  Dürr  (Die  Reisen  des  Kaisers  Hadrian  in  den  Abh.  d.  arch.-epigr.  Seminars 
Wien  11  1881  S.  55)  nimmt  auf  Grund  von  CIG  2349  m,  add.  und  Le  Bas  II  n. 
iSii  f.  (bei  Dürr  Anh.  n.  98  und  99)  an,  daß  Hadrian  eine  öffentliche  Deputation 
aus  Andros  während  seines  Aufenthaltes  in  Athen  nach  Ende  August  oder  An- 
fang September  125  empfangen  habe,  und  Weber  146  bezeichnet  den  Besuch 
des  Kaisers  Hadrian  auf  Andros  als  „sehr  unsicher",  indem  er  meint,  daß  die 
Inschrift  Le  Bas  II  181 2  (=  Dürr  Anhang  99  =  Ath.  Mitt.  XVIII  10  n.  5)  sechs 
Jahre  nach  123/4  gesetzt  sei.  Derlei  Annahmen  sind,  wie  ich  glaube,  nicht 
zwingend.  Die  Errichtung  dieser  sechs  Altäre  für  Hadrian  scheint  mir  vielmehr  für 
einen  Aufenthalt  Hadrians  auf  Andros  beweisend  zu  sein.  Die  Gelegenheit, 
Andros  zu  besuchen,  das  ihm  auf  seinen  Fahrten  zwischen  Europa  und  Asien^") 
gleichsam  im  Wege  lag^i),  wird  sich  ihm  öfter  ergeben  haben.  Da  der  Beiname 
Olympios  zuerst  128/9  erscheint,  wenn  auch  die  Einweihung  des  Zeustempels  in 
Athen  erst  13 1/2  stattfand'-),  so  kann  der  Besuch  von  Andros  entweder  nach 
seinem    zweiten    Aufenthalte    in    Athen,     als    er    von    Athen    nach    Ephesos    im 

20\  Ebenda  60.  ^'')  T)ie  vita  Hadriani  13,   I   sagt  nur:  Post  haec 

^')  Ebenda  61,   62.  (nach  Anfang  123)  per  Asiam  et  insulas  ad  Achaiam 

22)  Ebenda  63,  64,  ö;.  navigavit;   s.  Weber  a.  3.  O.  123  ff.,   142  ff.,   14G  und 

2=)  Ebenda,  Rückseite  von  n.  O5.  Anm.   532,  211  f. 

2<)  N.  66  Bei  n.  60  ist  Commodus'' Brustbild  und  ")  Vgl.  .•Xgatliemeros,  Sohn   des  Ortlion  (Geogr. 

Name,  in  63  u.  64    dessen  Kopf  später  hinzugefügt.  gr.  min.  II  472),    der   Andros    eine  Station  auf  dem 

25\  Ebenda  67.  kürzesten  Wege   zwischen  Asien  und  Europa   nennt: 

26)  Ebenda  68.  'Aoia    äs    (sc.  £x;.v;9-T|)    ä-.ö  Toü  aaasv  sTvai   -roTs   äii 

2^)  XII  5,  741—746.  Gleiche  oder  ähnliche  In-  EüfWJir];   äraoüat  xal  Jisjf;   xai  vjjaois  ov.xrfib'/  xsi- 

schriften    finden    sich    auch    an   anderen   Orten.     Zu-  [isvai;,   u)v  Eüßota,   'Äväpo;,  T^vo;,  Müy.ovo;.  'Ixapta, 

sammengestellt  sind  sie  bei  Weber,  Untersuchungen  Säiiü;,  tduy.a.X-q    und    auch    im  Diaphragma  (A'.i  tt,; 

zur  Geschichte   des  Kaisers  Hadrianus    1907  S.  271  ^mXd-xr^g,  [ä;i6]  tt/;  EOpcoiLY);  =£;  -y,-/  'AaCav  Ir.tsixü); 

Anm.  990.  SÜ3-J  xax'  Gp9-6v)  bei  C.  Müller  I  95  wird  Andros  als 

2ä)  XII  5,  747.  eine   solche  angeführt. 

2S)  Siehe  Weber  a.  a.  O.  129,  149  Anm.  546.  269;  ^-)  Weber  a.  a.  O.  208  f.;   vgl.  Otto  Th.   Schulz, 

Keil  und   v.  Premerstein,  Ber.  II   S.  10  zu  n.  31.  Leben  des  Kaisers  Hadrian,  7;  f. 


93 

März  129  abging^^),  stattgefunden  haben,  oder  er  konnte  Andros  auf  seinem  Wege 
von  Trapezunt  nach  Athen,  wohin  er  zwecks  der  Einweihung-  des  Olympieions 
(Herbst  131  oder  Anfang  132)  sicli  beg'ab,  berührt  haben.  Letztere  Möghchkeit 
würde  ich  für  die  wahrscheinlichere  haken  und  die  Altäi^e  mit  dem  Beinamen 
Olympios  würden  auf  die  unmittelbar  bevorstehende  Einweihung  des  Tempels  in 
Athen  hinweisen ^^). 

Der  Name  des  Antoninus  Pius  begegnet  uns  in  IG  XII  5,  724.  Die  Worte 
£V  xolc,  £i)xu}(£!jTaxot5  xatpor^  xoO  x'jpöou  %uT)v  besagen  nicht  vieP'').  Wertvoller  ist  die 
Angabe  in  dieser  Inschrift,  dal3  im  Rate  und  in  der  Volksversammlung  über 
das  Gesuch  verhandelt  wurde,  den  Buleuten,  Dekaproten  und  allen  übrigen 
Bürgern  (?)  die  Atelie  toO  iiiixecpaÄtou  zu  gewähren.  Für  die  Entscheidung 
selbst  läßt  lins  das  Inschriftfrag-ment  im  Stiche.  In  den  letzten  Worten  ist  vom 
Verkauf  und  von  der  Verpachtung-  von  Grundstücken  die  Rede.  Daß  die  Römer 
den  Einwohnern  der  unterworfenen  Bevölkerung  die  Kopfsteuer  auferlegten,  ist 
bekannt^").  Daß  auf  Andros  Epikephalion  auch  eine  Abgabe  vom  Grundeigentum 
bedeutete,  möchte  man  aus  den  letzten,  uns  erhaltenen  Worten  des  Beschlusses  IG 
XII  5,  724  annehmen^').  Aus  Modestinus'  lib.  IL  excus.  ist  das  Gesetz  des  Antoninus 
Pius  für  das  Koivöv  r^j  'Aaca;  in  die  Justiniani  digesta  (de  excus.  XXVII  i,  61,  I  S. 
783  [rec.  Mommsen])  aufgenommen,  wonach  einer  bestimmten  Anzahl  im  Dienste  der 
Stadt  stehender  Beamten  als  iy.xpoi,  aocttaxat,  ypa|.i|xa-:xo[  die  Freiheit  von  Abgaben 
zugesichert  wurde.  Dabei  war  ausdrücklich  gesagt,  daß  diese  bestimmte  Zahl 
weder  durch  Ratsbeschluß  noch  auf  irgend  eine  andere  Weise  überschritten  werden 
dürfe.  Vielleicht  steht  724  im  Zusammenhange  mit  der  kaiserlichen  Verordnung 
und  stellt  einen  Versuch  dar,  die  Atelie  auf  einen  weiteren  Beamtenkreis  auszudehnen. 

^■')  Weber   l6o;   Dürr   55.  raittelte  Steuer  —  eben   die  Kopfsteuer  —  seit  Au- 

^*)  In  der  Zeit  zwischen  März  und   23.  Juni  130  gustus  besteht,  siehe  Wilcken,  Gr.  Ostralia  I  238  ff. 

soll  n.Tcli  Graindor,  Musee  Beige  igio,  25  der  Kaiser  Cicero   ad.    Att.    V    16    schreil)t    auf   seinem    Wege 

Hadrian    auf    dem    Wege    nach     Antiocheia     Tenos  von    Synnade   nach    Phelomelion:    Audivimus    nihil 

besucht  haben.  Vgl.  Hertzberg,  Gesch.  Griech.  II  30S  aliud    nisi   imperata   sraxecfaXia   (solvere  non   posse). 

u.  Dürr  a.  a.  O.  60  ff.  Vgl.    auch    TertuUian    Apolog.     13.    Aus    einer    In- 

^■')  Vgl.  Lacour-Gayet,  Antonin  le  Pieux   215  ff.;  schrift  des  ersten  oder  zweiten  Jahrhunderts  v.  Chr. 

vgl.  iv  ToTg  EÖTUXSoxäxoij  xatpoTj,    das  sich  auf  Ha-  von    Tenos  IG    XH    5,    0+6    erfahren  wir,    daß  Epi- 

drian  bezieht,  in   der  Inschrift  von  Magnesia  n.  116;  kephalion     die    Kopfsteuer     bedeutete,     welche     die 

Weber,    Die  Reisen  des  Kaisers  Hadrianus  87.  freien  Männer,  Frauen  und  Kinder  zahlten.  Beloch, 

^^)  Hesych   s.  v.  sTity.icfccXov  =  imv.Sfd.Xioy.    In  Die  Bevcill;.  der  gr.-röm.  Welt  182  verwertet  die  An- 

Ps.-Aristot.    Oilion.  I    1346a    gehört   Epikephalaion  gaben  über  die  Spenden  und  die  Kopfsteuer  in  dieser 

zu  den  Einnahmen  der  Satrapenwirtschaft.  Über  Kopf-  Inschrift  zur  Bestimmung  der  Bürgerzahl  von  Tenos. 

Steuer  in  der  Römerzeit  s.  Mitteis-Wilcken,  Grundzüge  ■'')  Siehe  Pseud.  Arist.  Oikon.  II,  1347  a,  23  und 

und    ehrest,    der    Papyruskunde   I    1711.     189.    Für  1351  a,  6;  Appian,  Lybic.  135;  vgl.  Böckh,  Staatsh.' 

Ägypten,  wo  Laographia,  die  durch   den   Census    er-  I  371 ;    Max  Weber,    Rilm.    Agrargeschichte    195  ff. 


94 

Aus  der  Zeit  des  L.  .Septimius  Severus  und  seiner  beiden  Söhne,  des 
M.  Aurelius  Antoninus  (genannt  Caracalla)  und  P.  Septimius  Geta,  besitzen  wir 
die  von  mir  in  den  Rom.  Mitt.  XXV  S.  263  ff.  behandelte  Inschrift.  Während  ich 
in  dem  oben  genannten  Aufsatze  die  Weihung  des  Mithraeums  nur  mit  einem 
vorübergehenden  Aufenthalte  der  Prätorianer  auf  Andros  nach  Beendigung  des 
Feldzuges  und  der  Reisen  des  L.  Sept.  Severus  und  dessen  Söhne  im  An- 
fange 202  in  Verbindung  zu  bringen  geneigt  war  und  dann  im  Nachtrag  die 
Prätorianer  als  detachierten  Posten  zur  Überwachung  des  Hafens  auffassen  wollte, 
würde  ich  jetzt  lieber  denken,  daß  Sept.  Severus  bei  seiner  Rückkehr  vom 
Orient ^^)  sich  in  Andros  aufgehalten  hat  und  daß  bei  dieser  Gelegenheit  die 
Prätorianer^^),  um  sich  dadurch  die  besondere  Gunst  des  Kaisers  zuzuwenden, 
für  das  Heil  der  Herrscher  dem  Mithras  das  speleum  errichteten*").  Unter  Cara- 
calla werden  auch  die  Andrier  im  Jahre  2 1 2  das  römische  Bürgerrecht  er- 
halten haben. 

In  IG  XII  5,  748  ehrt  die  Stadt  der  Andrier  Aur.  Severina  Augusta,  die  als 
STitiyavsaxaTT;  xupca  bezeichnet  wird,  die  Gemahlin  des  Kaisers  Aurelinn,  die  hier 
irrtümlicherweise  Aurelia  statt  Ulpia  genannt  wird*'). 

Durch  die  von  Diokletian  g'eschaffene  Einteilung  kam  Andros  zur  Diözese  des 
Ostens,  Asiana,  und  zwar  zur  Provinz  Insulae,  und  erscheint  als  die  zehnte,  nament- 
lich als  zur  'ETiapx'ss  ^tip^'^i  öjiö  r^yej^iov«  gehörig  vor  dem  Jahre  535  (Hierocles, 
.Synecd.  p.  68u;  Notitia  dignitatum  rec.  Böcking  i  S.  145,  cf.  Krumbacher,  Ge- 
schichte der  byzantinischen  Literatur,  2.  Auflage  417).  Es  paßte  sich  der  von  ihm 
geschaffenen  Ordnung  in  der  Zivilverwaltung  an*'-). 

^')  Für  die  Zeit    der  Rüclikelir  auch  Borm.inn,  nachfolgenden   Worte  s-  und    hakenförniige  Zeichen. 

Der  röm.  Limes  in  Österreich  XI   1910  Sp.  133  f.  Was  den  Ort  Bize  betrifft,    so  liegt  auf  dem  Wege 

2')  Über    die  Herkunft    der  Soldaten    im    rora.  nach  Hadrianopolis  in  Thrakien  Bizya  (Byzie  ^  Bize), 

Reiche   H.    Dessau,  Die  Herkunft  der  Offiziere  und  die  nach  Traian  Ulpia  heißt.     Hier    ist  ein  .Stadttor 

Beamten  des  röm.  Kaiserreiches  während   der  ersten  nach    Hadrian   benannt    (Kalopothakes,   De  Thracia 

zwei  Jahrhunderte    seines   Bestehens,   Hermes  XLV  provinciaRomana,  Berl.Dissert.  1893  S.3;  Frotingham, 

I  ff.  und  615  ff.  Araer.  Journ.  ol  Arch.  1904  p.  24;  Cohen  400,  Weber 

■"')  Bei  dieser  Gelegenheit  möchte  ich  einiges,  das  150)    und    die   .Stadt    beginnt    unter   Hadrian    eigene 

ich  in  den  Druckproben  des  Artikels  (Röm.  Mitt.  XXV  Münzen  zu  prägen  (Cat.  Brit.  Mus.  Thrac.  88;  Head, 

263  ff.)  nicht  mehr  zu  ändern  in  der  Lage  war,  nach-  Hist.  num.  244). 

tragen  und  richtigstellen.  Die  Buchstabenhöhe  der  ersten  *")   Siehe   Leon   Homo,    Essai    sur    le   regne    de 

vier  Zeilen  der  Inschrift  ist  O'OJ'",  die  der  fünften  und  de  l'empereur  Aurelien    270 — 775,    Bibl.    des    ecoles 

sechsten  Zeile  0*04"'.  Am  Anfang  der  Zeile  befindet  fr.  d'Athenes  et  de   Rorae  fasc.  89  p.  141. 
sich    bloß   in    Z.  2    und  4  ein  Blattornanient,  in  Z.  4  ■*-)  Über  diese  Verfassung  siehe  Hertzberg,  Gesch. 

zwei  übereinandergewachsene  Blätter.  Die  Blätter  sind  Griech.  III  206  ff.  u.  Schiller,    Geschichte    der    röm. 

alle  nach  rechts  gewendet.  Am  Ende  der  letzten  Zeile  Kaiserzeit  II  43  ff.;  Kuhlenbeck,  Entwicklung  d.  röm. 

finden    wir    nach    CLARINO    und    jedem    einzelnen  Rechts  I   336  ff. 


95 

Was  die  Folgezeit  über  Andros  brachte,  entzieht  sich  ganz  unserer  Kennt- 
nis*^). Wir  wissen  nicht,  wann  die  antike  Stadt  verlassen  worden  ist**).  Aus  dem 
fünften  Jahrhundert  (bis  485)  n.  Chr.  haben  wir  eine  ungenaue  Nachricht  bei 
Marinos  Neapolites,  der  in  der  Biographie  des  Neuplatonikers  Proklos  aus 
Xanthos  in  Lykien  von  Wohltaten  spricht,  die  Proklos  den  Andriern  erwies*^). 
Die  antike  Stadt  Andros  scheint  Athen  nicht  lange  überdauert  zu  haben.  Als 
nach  dem  gänzlichen  Verfalle  Athens  die  Beziehungen  zum  Osten  die  zum 
Westen  überwogen,  war  es  natürlich,  daß  die  antike  Stadt  Andros  noch  ver- 
lassener wurde  und  schließlich  zu  einem  ganz  unbedeutenden  Dörfchen  herabsank, 
in  welchem  nur  die  Reste  des  alten  Mauerwerks  und  die  überall  zerstreut  herum- 
liegenden Marmorstücke  von  verschwundenem  Glänze  zeugen. 

Anhangsweise  mögen  hier  noch  die  wenigen  Schriftstellernachrichten  zusam- 
mengestellt werden,  welche  von  Andriern,  die  sich  in  musischen  und  gymnischen 
Künsten  hervorgetan,  berichten.  In  erster  Linie  dürfen  wir  hier  wohl  den  Dichter 
Anphis  anführen.  Aus  dem  Jahre  des  Archon  Niketes  332/1  v.  Ch.  ist  ein  Bruch- 
stück eines  attischen  Psephisma  vorhanden,  das  St.  A.  Kumanudis,  Athenaion  II 
131  f.  veröffentlicht  hat  und  das  durch  ein  anderes  Fragment  von  Wilhelm,  Ath. 
Mitt.  XV  S.  219  f  =  10115,  175b  vervollständigt  worden  ist.  In  diesem  Proxeniedekret 

wird  Z.  1 1  f.  und    16  ff  'AvcpLj  \i 'Avopooc;  belobt  und  mit  einem  Efeukranze 

bekränzt.  Da  dieses  Dekret  in  der  iy.-A.Xrpia.  ev  Awvuaou  zustande  gekommen  ist  und 
darin  der  Efeukranz,  der  Kranz  des  dramatischen  Dichters*^),  erwähnt  wird,  hat 
Wilhelm  a.  a.  O.  sehr  wahrscheinlich  gemacht,  daß  das  genannte  Dekret  Anphis, 
dem  bekannten  Dichter  der  mittleren  Komödie,  gelte.  Danach  ist  in  Kaibels 
Artikel,  Pauly-Wissowa  RE  I   i953f,  die  Heimat  richtigzustellen*'). 

Aus  der  ersten  Hälfte  des  dritten  Jahrhunderts  v.  Chr.  ist  uns  ein  delisches 
Dekret  zu  Ehren  eines  Demoteles,  Aischylos'  Sohn,  aus  Andros  erhalten**).  Er 
wird  mit  einem  Lorbeerkranz  ausgezeichnet,  weil  er  Ttotrjtrj;  wv  7i£7tpay[[.ia]x£U£tao 
Tzepi  t£  TÖ  Upöv  xal  vqw  tiöX'.'/  ttjv  Ar;>.[wv  y.xl  xo'j;  [-fjö-ou;  xoü?  imyMpiooc,  ysypacpev.  Wie 
Homolle  betont  hat,  wird  Demoteles  aus  Andros  gelegentlich  einer  Festgesandt- 

*■*)  Vgl.  Hopf  a.  a.  O.  u.  Pascbalis  a.  a.  O.  354  ff.  die   Zeit   des    Proklos    s.    Paul    Friedländer,    Hermes 

■■*)  Der  Umstand,  daß  die  Kirche  des  Taxiarchis  XLVII  52;  vgl.  Christ,  Gesch.  d.  griech.  LiU. '  863  ff. 

in   der  Messaria    schon   II 57    gegründet  wurde,    gibt  *"")   Müller,  Bühnenaltertümer  346  und  Wilhelm 

keinen   hinreichenden  Anhaltspunkt;    vgl.  Miliarakis,  a.  a.  O.   221  f. 

Hypom.   110.   Bischöfen    von  Andros    begegnet    man  *')  SieheChrist-Schmid, Gesch.  d.  griech.  Litt.  420. 

schon  im    sechsten    Jahrhundert;    Hertzberg   HI  445  **)  HoraoUe,  BCH  IV  1880  p.  347;  nach  Ditlen- 

Anm.  64.  berger,  Syll.-  492  älter  als   167,  aber  nicht  vor  dem 

*')  Maptvou   NsaTtoXtxou   npiy.Xoj   y;   nepl    £Ü5a'.-  dritten  Jahrhundert  v.  Chr.;  ebenso  Hiller  v.  Gaertrin- 

liovtaj    (.Scr.   gr.  Bibl.  ed.  Firmin-Didot),    c.  15;    für  gen,  IG  XII  5,  Praef.  p.  XXXIII  n.   1508. 


96 

Schaft  nach  Delos  gekommen  sein  und  bei  dem  Feste  des  Apollo  diesen  Gott 
besungen  haben. 

Von  einem  Dionysios  aus  Andros  ist  uns  in  der  Anthol.  Pal.  VII  533 
ein  Epigramm  überliefert,  welches  auf  das  Epigramm  des  Leonidasvon  Tarent  eben- 
dort  VII  660  zu  antworten  scheint*').  Es  ist  unsicher,  in  welcher  Zeit  dieser 
Dionj^sios  gelebt  hat.  Hiller  von  Gaertringen  IG  XII  5,  Praef.  p.  XXXIII 
n.    150g  nimmt  das  zweite  oder  dritte  Jahrhundert  v.  Chr.  (?)  an. 

Von  einem  andrischen  Sophisten,  namens  Onomarchos  erzählt  uns  Philostrat, 
pio:  aocptoTwv  II  S.  loi,  18  (Kayser). 

Auch  die  Zahl  der  uns  bekannt  gewordenen  gymnischen  Sieger  von  Andros 
ist  nur  sehr  klein.  Hieronjnnos'  aus  Andros  Wettkampf  in  Olympia  mit  Tisamenos 
aus  Elis  ist  viel  besprochen  worden,  wie  wir  aus  den  Erzählungen  bei  Herodot 
(IX  33)  und  Paus.  (III  1 1.  6  und  VI  14,  3)  sehen ^'').  Über  den  Verlauf  dieses  Kampfes 
vgl.  den  ausführlichen  Kommentar  bei  Jüthner,  Philostratos  über  Gymnastik  270 
zu  140,  22.  Hieronymos  erhielt  in  Olympia  ein  Standbild  von  der  Hand  des 
Stomios,  dessen  Vaterland  unbekannt  ist-'*').  Neben  Hieronymos  stand  die  Statue 
des  Prokies,  Sohnes  des  Lykastides,  eines  Ringerknaben  aus  Andros  (Paus.  VI 
14,   13),  die  ein  sonst  unbekannter  Somis  verfertigt  hat. 

In  die  Zeit  zwischen  der  Einnahme  von  Oropos  durch  die  Thebaner  (366) 
und  der  Rückgabe  dieser  Stadt  an  die  Athener  (338)  hat  Tzaioa;  7iä)-r;v  sc  ä-ävxwv 
'Ap:arat/jxo5  aus  Andros  bei  den  'AiistapäVa  -]ä  jisyä/.a  in  Oropos  gesiegt  (IG  VII 
414,  Z.  18  und  19).  Endlich  hat  laut  der  Inschrift  'Ap^.  'E'.frj|i.  191 1  S.  75  n.  25  (dazu 
epigraph.  Anhang  S.  löi)  ein  Dämon,  Sohn  des  Philadelphos,  bei  den  isthmischen 
Spielen  im  Stadion  gesiegt  und  seine  Vaterstadt  mit  einer  Statue  geschmückt. 
Ein  äya/^iaxo-o'-o;  Praxiteles  aus  Andros  wird  Anth.  Pal.  VII  355  genannt. 

' ')    Reitzenstein,     Pauly-\Visso\va    RE    V    928  Sieger     bis    zum  Ende   des    vierten  Jahrhunderts   v. 

n.   103.  Chr.,  Bericht   d.  Gymn.    zu  Zwickau    1S90  91    S.   13. 

^'')  Über  die  Zeit,  in  der  Hieronymos  gelebt,  s.  ''')  Paus.  VI    14,    13;    Brunn,  Gesch.    d.  griech. 

Rütgers,  Sexti  Julii  Africani  "OXu]i7:ti3ü)v  äva-fpacfV,,  Künstler  I  1 17  f.:  E.  Loewy,  Unters,  z.  gr.  Künstlerg. 

Leydcn  1862  S.  35,  4  und  G.  H.  Förster,   Die  olymp.  Abh.  d.  arch.-epigr.  Sem.  Wien  IV   18S3  S.  100. 


III.  Staatliche  und  religiöse  Einrichtungen  der  Insel. 

Verfassung  und  Verwaltung. 

Das  Material,  das  uns  über  Verfassung-  und  Verwaltung  Aufschluß  gibt,  ist 
ungemein  dürftig  und  geht  kaum  über  die  Mitte  des  vierten  Jahrhunderts  v.  Chr. 
zurück.  Wir  sind  meist  auf  die  wenigen  Inschriften  der  hellenistischen  und  römischen 
Zeit  angewiesen  und  im  übrigen  hilft  uns  die  Analogie  Athens  etwas  weiter,  dessen 
maßgebender  Einfluß  sich  an  Orten  mit  demokratischer  Verfassung  ja  oft  be- 
merkbar macht.  Doch  muß  man  sich  hüten,  überall  von  Athen  aus  zu  verall- 
gemeinern und  daher  soll  hier  nur  dasjenige  angeführt  werden,  was  für  Andros 
meist  nur  aus  den  verschiedenen  Zeiten  angehörenden  Inschriften  zu  erschließen  ist. 

Das  staatliche  Gebilde,  das  sich  nach  der  Einwanderung  der  Griechen  auf 
Andros  entwickelte,  hat  zur  Voraussetzung  die  Anordnung  gewisser  Volks- 
abteilungen, als  Phylen,  Phratrien,  Geschlechter,  ohne  daß  uns  hierbei  eine  An- 
deutung über  das  Verhältnis  der  Einwanderer  zu  der  Urbevölkerung  vorläge. 
Diese  Vereinigungen  hatten  jede  für  sich  ursprünglich  ihren  Mittelpunkt  in  der 
Verehrung  eines  gemeinsamen  Stammvaters  und  dienten  hauptsächlich  kultlichen 
Zwecken.  Darauf  weisen  die  gentilizischen  Namen  hin,  die  sich  von  Gottheiten 
ableiten.  Einen  ausgesprochenen  Geschlechtsnamen  finden  wir  nur  in  IG  XII  5, 
764  aus  dem  zweiten  Jahrhundert  n.  Chr.,  wo  sich  Abaskantos  als  Aiakide  be- 
zeichnet, sein  Geschlecht  also  auf  den  Heros  Aiakos  zurückführt').  Für  den 
kultgenossenschaftlichen  Charakter  von  Phylen  und  Phratrien  legt  ein  deutliches 
Zeugnis  der  Beiname  Patroos  ab,  der  uns  in  IG  XII  5,  732  und  'Ap)^.  'Ecpr^^i.  igi  i  S.  70, 
n.  2.  III  Z.  6  (vgl.  Hiller  v.  Gaertringen,  iVth.  Mitt.  XXXIV  S.  186)  für  Apollo  bezeugt 
ist.  Der  kultliche  Zweck  wird  allmählich  in  den  Hintergrund  gedrängt  worden  sein 
und  man  wird  das  Bestehen  der  Phylen  und  Phratrien  in  späterer  Zeit,  wie  sie  durch 
IG  XII  5,  716,  717,  720  und  epig-raph.  Anhang  n.  2  (vgl.  'Ap^.  'Ecp.  191 1  S.  71, 
n.   3  IV   Z.  7)  bezeugt  sind,  politischen  Momenten  zuzuschreiben  haben.  In  diesen 

')   Vgl.  ,iuch   äa-d;  im   epigrapli.  Anhang   n.    8,   dem  eine  gentilizische  Bedeulungsnu.ince  anliaftet. 
Sauciuc,  Andros.  Ij 


98 

Inschriften,  die  Politieverleihungen  enthalten,  wird  den  neuaufgenommenen  Bürgern 
als  Privilegium  freigestellt,  einer  beliebigen  Phyle  oder  Phratrie  beizutreten-). 
Welcher  Art  die  Einteilung  in  Phylen  und  Phratrien  auf  Andros  war,  können  wir 
nicht  angeben,  da  uns  nicht  ein  einziger  Xame  derselben  erhalten  ist;  doch  wird 
Andros  sich  nicht  wesentlich  von  den  übrigen  ionischen  Städten  unterschieden 
haben.    Über  eine  Einteilung  in  Demen  haben  wir  auf  Andros  keine  Angabe. 

Andros  hat  mit  Ausnahme  der  wenigen  Jahre,  während  welcher  die  Athener 
hier  die  Oligarchie  eingeführt  hatten,  eine  demokratische  Verfassung  gehabt,  die  uns 
als  or^no/.paxia  ausdrücklich  bezeugt  ist  bei  Hiller  v.  Gaertringen,  Ath.  Mitt.  XXXIV 
S.  iSy^Bojatzidis,  'Ap'/.  'E-fr^fi.  igi  i,  72  n.  7.  Bei  der  unendlichen  Zahl  von  demokrati- 
schen Formen  und  Nuancen  können  wir  für  Andros  nur  ein  skizzenhaftes  Bild  ent- 
werfen. Die  demokratische  Verfassung  findet  ihren  Ausdruck  darin,  daß  der  Demos 
das  xpscTo;  im  Staate  hat,  daß  alle  Angelegenheiten,  sofern  sie  Gegenstand  eines 
Beschlusses  bilden  sollen,  von  einem  vorberatenden  Ausschuß  dem  souveränen 
Demos,  der  in  der  Ekklesia  (IG  XII  5,  724)  zusammentritt,  zur  letzten  Ent- 
scheidung vorgelegt  werden.  Der  Demos  in  der  Ekklesia  ist  der  Vertreter  der 
Souveränität  des  Staates  und  erscheint  als  die  oberste  Instanz  nach  außen  und 
im  Innern.  Dies  geht  besonders  aus  IG  XII  722,  Z.  2j  und  aus  den  Ehren- 
beschlüssen hervor,  in  denen  der  Demos  die  Verdienste  Einzelner  zu  würdigen 
weiß,  so  IG  XII  5,  714,  719,  721,  762;  'Apy."Ezr,[i.  igii,  70  n.  2,  3;  72  n.  9;  73  n.  11; 
74  n.  21;  75  n.  25;  epigraph.  Anhang  n.  3,  4,  6.  In  den  Ehreninschriften  IG  XII  5, 
740,  751,  754,  756,  757,  die  alle  der  römischen  Zeit  angehören,  erteilt  der  Demos 
denjenigen,  die  sich  um  ihn  verdient  gemacht,  die  gebührende  Auszeichnung 
und  setzt  heroisierten  Toten  auch  ein  Grabmal").  Diese  Staatsform  konnte  in 
Andros,    dessen    Bevölkerung    auf  das    iSIeer   angewiesen   war    und    ausschließlich 

^)  DaszutfpaTpiasgehörigeZeitwortist  in  IG  XII 5,  Man  wird  mit  Prof.  Willielm  an  ;:fo-c!-sia(üv:ai  denken 

7I7Z.8deutlich  zu  lesen  :  H^ANnPOXn6IZ.n.NTAI;  müssen.  Daraus  ginge  hervor,  daT  vor  der  Aufnahme 

so  auch  Bojatzidis,  'Xpy_.'E-^r,\i.  I91 1  S.  76  n.  30;  vgl.  in    eine    Phratrie    eine    jriv5i7     dargebracht    wurde. 

Weil,  Ath.  Mitt.  I  S.  236;  Michel,  Rec.  397;  Szanto,  Wenn    man    bedenkt,    daß    vor    der    Aufnahme    der 

Griech.  Burgerrecht  54;    Wilhelm,    Gott.   Gel.  Anz.  Kinder  und  Erwachsenen   in  eine  Phratrie  in  Athen 

189SS.  231 ;  Hiller  v.  Gaertringen  a.a.O.  Auf  Grund  am    dritten  Tage  des  Apaturien  festes  ein  Opfer  dar- 

dieser  Inschrift  und  der  von   den  bisherigen  Heraus-  gebracht  werden  mußte  (Gilbert,  Handb.  d.  Staatsalt. 

gebern  gelesenen   Buchstabenreste  haben  wir  sowohl  II   207;    Busolt,    Griech.  Staats-  u.  Rechtsaltertümer 

IG  XII  5,   716  Z.   9   als  auch  720  Z.  5   zu  ergänzen  209;    Schömann-Lipsius,  Gr.  Alt.  I  384  ff.;    Saniter, 

versucht  und  vor  dem  Stein  die  Lesung  best.ätigt  gefun-  Familienfeste  der  Griechen  und  Römer  70  fif.),  so  wird 

den.  Dazu  'Apx.  'S,r-  191 1   S.  71    n    3  IV  Z.  8.  Wir  auch  bei  der  Aufnahme  eines  neuen  Bürgers  in  die 

haben  somit  an  drei  Stellen  ein  bisher  nicht  bezeugtes  Phratrie  eine  kultliche  Handlung  vorausgegangen  sein, 

zusammengesetztes    Zeitwort.     Ein    Kompositum   von  ^)  Wie    in  IG  XII  5,  787,  würde  ich    auch    in 

^iciü-eaä-a:  anzunehmen,  verbietet  das  anstößigeMedium.  788  ö  ä'^fio;  allein  ergänzen. 


99 

Handel  und  Gewerbe  trieb,  allein  von  Dauer  sein.  Dem  Volke  zur  Seite  steht  ein 
vorbereitender  Ausschuß,  die  Bule,  welche  als  die  erste  politische  Behörde  in  der 
Polis  aus  der  Mitte  des  Volkes  hervorgeht  und  von  diesem  für  ein  Jahr  gewählt 
wird.  Die  Zahl  der  Mitglieder  ist  nicht  bekannt.  Wir  finden  Rat  und  Volk  als 
Träger  der  Staatsgewalt  im  Sanktionsantrag  der  Beschlüsse  IG  XII  5,  715 — 719,  724; 
ferner  \px-  'Ecpr^i.  iqii,  70  n.  2,  3,  21;  epigraph.  Anhang  n.  2,  3,  5,  7  und  in  den 
Ehreninschriften  IG  XII  5,  749,  750,  752,  755,  758,  759*),   epigraph.  Anhang  n.  10. 

Die  Angelegenheiten,  die  dem  Volke  vorgebracht  werden,  hat  der  Rat  vor- 
zuberaten.  Vgl.  Arist.,  Athen.  Pol.  45,  4.  Diese  wichtige  politische  Körperschaft 
teilte  sich  in  der  Leitung  der  Stadtgeschäfte  und  auch  auf  Andros  hießen,  wie 
in  Athen,  die  mit  der  Leitung  der  (jeschäfte  betrauten  Ratsherren  TTpuiavs'.?,  wie 
wir  aus  IG  XII  5,  715  und  716  entnehmen  und  durch  die  Nennung  der  unten  anzu- 
führenden Ypttj-iiiaier;  xtöv  Tipuxavswv  bestätigt  finden.  Wir  haben  keine  sicheren 
Andeutungen,  ob  dieser  Ratsausschuß  aus  allen  Phj'len  für  ein  ganzes  Jahr  ge- 
wählt wurde  oder  ob  dessen  Mitglieder  in  einem  bestimmten  Turnus  abwechselten 
und  das  Amtsjahr  nach  der  Befristung  jedes  einzelnen  Ausschusses  in  mehrere  Ab- 
schnitte zerlegt  wurde.  Der  Ratsausschuß  hatte,  wie  aus  IG  XII  5,  715  und  716 
hervorgeht^),  für  seine  Sitzungen  aus  seiner  Mitte  einen  Vorsitzenden  zu  wählen, 
der  nicht  nur  die  Ratssitzungen  in  dem  714  und  755  genannten  Buleuterion, 
sondern   auch   die  Volksversammlung  geleitet  haben  wird. 

In  der  Inschrift  römischer  Zeit  IG  XII  5,  721  erfahren  wir  von  einer  Rats- 
sitzung, in  der  über  das  Einkommen  eines  Priesters  und  über  eine  Misthosis 
verhandelt  wurde.  Dieser  Gegenstand  war  dem  Rate  zur  Entscheidung  überlassen 
worden  und  dieser  entschied  iTirt-ceXerait-at  x«  [|-i£V  äXXoc  Timzot.  xatä  z'i^v  \  ysJyevrKievrjV 
Tipoaavacpopxv  buh  xwi  ctpat[rf('iT)V. 

Die  Bule  hatte  die  Gegenstände,  über  die  sie  vorher  beraten  hatte,  der 
Volksversammlung  vorzulegen.  Die  Tagesordnung  in  der  Ekklesia  hatte  ein 
Normalschema,  dessen  erster  Punkt  tä  tspa  waren.  Die  Wertung  der  Tagesordnung 
geht  aus  IG  XII  5,  715  und  720  hervor,  wo  den  Privilegierten  die  Verhandlung 
über  ihr  Anliegen  tz^üzo'.c,  \\.zx7.  xa.  Espa  zugestanden  wird. 

Das  Recht,  Anträge  zu  stellen,  blieb  auf  Andros  nicht  allein  den  Buleuten, 
Beamten    oder    Beamtenkollegien    vorbehalten.    Im    Gegensatze    zu    Athen    (siehe 

')  Eine  Überprüfung  ergab,    daß   in  IG  XII   5,  Mitl.  XXXIV    185    u.  Bojatzidis   'k^x-  'Et')!!-   "JI' 

759,    durch    einen    O'ogj"    großen    Raum    getrennt,  S.   78  n.  38. 

nach  Bule  die  Köpfe  der  Buchstaben  von  6  5'^]i  ...  ^)   Vgl.  die  Proedroi    dei  nicht  die  Prytanie  füh- 

deutlich  zu  lesen  sind.   Hiller  von  Gaertringen,  Ath.  renden    Ph)len    mit    ihrem   Vorsitzenden    in   Athen. 

13* 


lOO 

Swoboda,  Griech.  Volksbeschlüsse  102)  sehen  wir  aus  IG  XII  5,  715  und  716, 
daß  in  Andros  einfache  Bürger  des  Gemeinwesens  mit  der  Angabe  des  Vater- 
namens als  Antragsteller  charakterisiert  sind,  von  denen  die  in  Rede  stehenden 
Beschlüsse  ausgehen.  Einfache  Bürger  sind  auch  diejenigen,  die  in  IG  XII  5,  715 
bis  718  für  die  Auszeichnung  (Bürgerrechts-  oder  Proxenieverleihung)  ihres 
Schützlings  bei  dem  Rate  sich  verwenden.  Es  ist  aber  doch  auch  für  Andros 
festzustellen,  daß,  wie  Swoboda  109  betont  hat,  das  Recht  zu  Anträgen  oder  An- 
regungen zwar  jeder  Private  hatte,  daß  der  Antrag  aber  im  Rate  formuliert  wurde  und 
der  Rat  allein  der  entscheidende  Faktor  für  eine  günstige  Erledigung  der  Sache 
in  der  Volksversammlung  war.  In  der  späteren  Zeit  trat  auch  hier  ein  Wandel 
ein.  Die  demokratische  V^erfassung  konnte  in  der  römischen  Zeit  nicht  ganz  rein 
bleiben.  In  der  Volksversammlung  bringen,  wie  wir  aus  IG  XII  5,  724  sehen, 
nicht  gewöhnliche  Bürger  Anträge  ein,  sondern  der  Stratege,  denn  wir  lesen 
dort:   zic,rjY[ou[iho'j  Ho.  M£[  —   —  —  —  —  —  —  —  .  .  t]oO    TcpwxäpxovxOi;    atfpatrjyoö. 

Öfters  finden  wir  in  den  Inschriften  den  Ausdruck  nöXtj,  den  wir  am  besten 
durch  das  Wort  Stadtgemeinde  übersetzen.  Dadurch  wird  das  geographisch 
abgegrenzte  Rechtsgebiet  angegeben,  welches  Bürger,  Beisassen  und  Unfreie 
umschließt,  wobei  aber  nur  die  Bürger  vollwertig  sind.  Neben  diesem  staatsrecht- 
lichen Begriff  schimmert  auch  der  völkerrechtliche  durch  und  letzterer  kommt  zur 
Geltung,  wenn  in  den  Ehreninschriften  für  Römer,  wie  IG  XII  5,  748  und  758, 
die  einen  Beschluß  des  Rates  und  Volkes  voraussetzen,  einfach  fj  (bezw.  Xx\i- 
Tipoxaxrj?)  'AvSpt'wv  TtoX'.g  genannt  wird"). 

Neben  dem  Begriff  (j;W^^[^*  treffen  wir  in  den  Inschriften  öfters  auch  den  Be- 
griff yöiioi;,  so  IG  XII  5,  716  —  718.  Es  fragt  sich,  wodurch  sich  die  beiden  unter- 
scheiden. In  lulis  auf  Keos  besteht  hierin  nach  Swoboda,  Gr.  Volksb.  23g  kein 
Unterschied  undSchultheß,  Pauly-WissowaRE  VII  172g  hat  darauf  hingewiesen,  daß 
im  allgemeinen  keine  strenge  Scheidung  durchgeführt  ist,  da  die  Nomoi  auf  die 
Psephismata  zurückgehen  oder  doch  erst  durch  .solche  Gesetzeskraft  erlangen.  Das 
Richtige  scheint  Cardinali,  II  reg'no  di  Pergamo  266  ff.  getroffen  zu  haben,  den 
ich  hier  zu  Worte  kommen  lasse:  „E  appurata  dunque  tra  i^Y^l'j\i.a.zx  e  v6|ioc  una 
differenza  di  valore  giuridico,  una  differenza  cioe  nell'  assicurazione  di  durata." 
Und  die  Frage,  ob  ein  Unterschied  in  der  Formulierung  vorliegt,  entscheidet  er 
274  mit  Rücksicht  auf  Pergamon  folgendermaßen:  „Le  leggi  anche  in  Pergamon 
dovevano  generalmente  essere  formulate  un  po'  diversamente  che  i  decreti,  ma 
in  qualche  caso  questo  poteva  forse  anche  non  avvenire,   e    le  diversitä  dovevano 

^)   Über  Polis  s.   Bruno   Keil,  bei  Gercke-Norden,   Einl.  in   die  Altert.  III  304  fl'. 


essere  ad  ogni  modo  assai  lievi')."   Daß  die  Psephismata  zu  Ehren  von  Vertretern 
einer  fremden  Stadt  mit  einem  Staatssiegel  versehen  und   diesen  in  ihre  Heimat 
geschickt    zu   werden   pflegten,    wird   man   aus   Bojatzidis,    'Apy.  'E^r^it.  191 1,    S.  71 
n.  3  II  Z.  12,  dazu  Hiller  v.  Gaertringen,  Ath.  Mitt.  XXXIV  S.  186  schließen  dürfen. 
Hier  noch  einige  Worte  über  das  Formular  der  andrischen  Rats-  und  Volks- 
beschlüsse.   Von  den  zwei  Beschlüssen   des  vierten  Jahrhunderts  v.  Chr.  .sind  uns 
die  Präskripte  leider  nicht  erhalten:  In  der  Inschrift  epigraph.  Anhang  n.  i  i.st  nur 
der  Inhalt  des  Beschlusses  bis  zu  Ende  sicher  zu  ergänzen.  In  IG  XII  5,  714  folgt 
auf  die  von  Larfeld.  Handb.  d.  gr.  Ep.  II  763,  816  als  Hortati\'  charakterisierte  Formel 
unmittelbar  der  Inhalt  des  Beschlusses  im  Infinitiv,  ohne  daß  wir  hier  vor  dem  In- 
halt des  Beschlusses   die  Sanktionsformel   fänden.     Diese   wird   vielleicht  vor    der 
Begründung  in  dem  uns  nicht  erhaltenen  Präskripte  gestanden  haben*).  In  der  In- 
schrift epigraph.  Anhang  n.  2  erscheinen  Rat    und  Volk   als  Träger   der  Staats- 
gewalt in  dem  Sanktionsantrag,  der  unmittelbar  nach  der  Begründung  folgt.  Das 
Präskript,  das  vorangegangen  war,  ist  nicht  erhalten.  An  der  Spitze  der  Inschrift 
'Apx- 'Ecpyj[-i.  ig II  S.  70  f.  n.  3  II  lesen  wir  nach  der  Überschrift  den  Sanktionsantrag 
zoo'zv^  xh  po'jAei  y.[al  usw.,  darauf  die  Begründung  und  nach  dem  sogenannten  Hor- 
tativ   noch  einmal  Z.   7   SejSoySat  ti'.  [jOuÄii  xai  [zön  5r;|iwi;    vgl.  ebendort  n.  21  Z.  4. 
In  'Ap/_.  'Ecpr^fA.  191 1,  70,  n.  2  II  Z.  i  ist  die  Sanktionsformel  eSo^sv  xei  ßouXä  [x«t  usw. 
ebenfalls  an  der  Spitze  zu  lesen,  ebenso  ebenda  III  Z.  i.    In  Apx-  'Ecprjfi.  191 1  S.  75 
n.  25  (=  epigraph.  Anhang  S.  161)  treffen  wir  5r;][iwt  vor  os.OQyd-y.i  zii  fjoukh  vmI  als 
Überschrift  den  Namen  des  Geehrten.  In  IG  XII  5,  724  steht  die  Wunschformel  an 
der  Spitze,  im  epigraph.  Anhang  n.  2  u.  5  nach  der  Begründung  vor  dem  Sanktions- 
antrag   (vgl.  'Ap7_.   'E^rjj^i.   ig II    S.   72   n.  g    und   epigraph.  Anhang  S.   160),   ebenso 
wie  in  IG  XII  5,  71g.  In  letzterer  findet  sich  noch  das  Subskript  -fj  ßouXr)  xocl  b  57;|(,og. 
Das  Präskript  ist  bei   den  Beschlüssen  IG  XII  5,  715  —  717   erhalten.    Diese    unter- 
richten uns  über  das  legale  Zustandekommen  und  die  Form  der  Beschlußfassung. 
Hier  finden  wir    an    der   Spitze   des   Präskriptes   den   Namen   des  Archon    zur  Be- 
zeichnung des  Jahres,  ferner  das  Monatsdatum,  sodann  den  Namen  des  Vorsitzenden 
der  Prytanen  und  des  Schreibers  und   zuletzt  den  Namen  des  Antragstellers  mit 
dessen  Vatersnamen.  In  IG  XII  5,  716  geht  das  Tagdatum  dem  Namen  des  Antrag- 

')   Der    andrische    Grabstein  789    gehört    einem  II   388,    I  26;    II   2q,    III   8;    Wiegand,    Ath.  Mitt. 

ÄiXiou   AT/jioaS-ivou;    voii'.xoO,    ohne    daß    wir     etwas  XXXVI  S.  294  n.  ib.  Über  die  Bedeutung  der  Nomoi 

über    sein  Verhältnis    zu    den  Nomoi   wüßten.     Vgl.  und  Psephismata  in  der  ptolemäischen  Verwaltung  in 

Lacour  Gayet,  Antonin    le    pieux  223,     der    vo[uxös  Ägypten  s.  Schubart,  Klio  X   1910    S.  44  ff.;    siehe 

durch  conseiller  en  droit  übersetzt;  Griech.  Urkunden  auch  Bruno  Keil  a.  a.  O.   351  ff. 
in  Berlin  I    n.  326,     II    Z.   22    n.   361,     III    Z.   15;  8)  Vgh  Larfeld  II  6C0. 


102 

stellers  voraus'').  Nach  der  in  allen  drei  oben  genannten  Beschlüssen  und  auch  in 
IG  XII  5,  718  gleichlautenden  Referatsformel  üizip  wv  xryv  TtpoaoSov  6  oder  CjI  osiva 
iiLO'.-ipy.yxQ,  welche  den  Namen  einer  oder  mehrerer  Privatpersonen  anführt,  auf 
deren  Angaben  der  Antragsteller  seinen  Antrag  stützt,  folgt  die  Sanktionsformel. 
In  718  ist  zwischen  die  Referatsformeln  und  den  Sanktionsantrag  noch  die  Be- 
gründung eingeschoben.  Wir  finden  somit  in  diesen  Präskripten  fast  dasselbe 
Formular  verwendet,  das  in  Athen  seit  375  v.  Chr.  in  Gebrauch  kam  und  im 
Jahre  319  seinen  endgültig  feststehenden  Typus  erhielt^"). 

In  IG  XII  5,  721  wird  die  Fürsorg-e  des  Geehrten  für  die  5rj[xöaia  Yp5CiJ,[iaxa 
hervorgehoben.  Für  diese  kommt  noch  IG  XII  5,  762  mit  den  Ergänzungen  'Ap^. 
'Ecpr;|x.  igii  S.  72  f.  n.  10  in  Betracht,  wo  ich  nur  in  Z.  7  O'jJSsv  e[XXs'.TZw/  richtigstellen 
möchte.  Wer  der  in  762  Geehrte  war,  sagen  uns  die  erhaltenen  Buchstaben 
nicht.  Sicher  i,st,  daß  es  ein  Beamter  war''),  nicht  unwahrscheinlich,  daß  er  sowie 
der  in  721  Geehrte  auch  Schreiber  war  und  daß  hier  aus  diesem  Grunde  seine  Für- 
sorg'e  um  die  omiaiat.  Ypxi.ijiata  erwähnt  wird. 

Was  diese  letzteren  betrifft,  so  sind  darunter,  wie  Wilhelm,  Basler  Philologen- 
versammlung 1907,  Verhandlungen  11 1  und  Beiträge  228  ff.,  257  ff.,  323  ff., 
gelegentlich  der  Besprechung-  der  Anagraphe  an  einer  Anzahl  von  Beschlüssen 
aus  Amorgos  und  besonders  an  IG  XII  7,  30  gezeigt  hat,  öffentliche  Listen  zu  ver- 
stehen, die  in  Staatsgebäuden  zur  Aufstellung  gelangten^-).  In  diese  wurden  beson- 
ders die  Proxenie-  und  Politie-Verleihungen  eingetragen  und  öffentlich  aufgestellt. 

In  den  andrischen  Ehrendekreten  IG  XII  5,  714,  716,  717,  'Apx-  'Eiyr/ii.  191 1 
S.  72  n.  9  (epigraph.  Anhang  S.  160),  ep.  Anhang  n.  i  finden  wir  die  Anagraphe  £[? 
axrjXr^v  liTi-cn^y  oder  einfach  zlc,  aTfjÄr;v  angeordnet.  In  diesen  Beschlüssen  wird  ihre 
Verewigung  auf  Stein  und  ihre  Aufstellung  auf  der  Agora,  beziehungsweise  im 
Tempel  des  Apollo  verlangt.  Daß  eine  Niederschrift  des  Beschlusses  zur  Nieder- 
legung im  Archiv  erfolgen  mußte,  leuchtet  ein.  Wenn  wir  in  IG  XII  ^s,  715  Siitüg  ■fi 
Tcpo^svta  i^oe  dvaypacper  eic.  zb  Sepöv  xoO  'AuoXXwvo;  und  in  epigraph.  Anhang  n.  2  die  wahr- 
scheinliche Ergänzung  StxWs  ri  TzoXixzix  rpz  dvaypacpsr  B'.q  10  tepöv  xoO]  Atxoääwvo;  (vgl. 
Ap/.  'Ecpr;|i.  191 1  S.  71  n.  3,  IV  13)  lesen,  so  muß  hier  mit  der  Anagraphe  die  Ver- 
öffentlichung durch  Eintragung  in  eine  öffentlich  im  Apollotempel  aufgestellte  Liste 
gemeint  sein.  Die  Kosten  sollten,  wie  bei  der  Veröffentlichung  auf  Stein,  die  xoi,\dxi 
är.b  xfyS  y.oivfjs  oioixrpzoiz  bestreiten'-'').   Ebenso  wie  das  Proxeniedekret  IG  XII  5,  715 

')  Über  die  Stellung  des  Tag-  u.  Monatsdatums  "'i   Vgl.  SdiuUhess,Pauly-Wisso\vaRK  VII I732. 

in  attischen  Dekreten  s.  Larfeld  II  649  u.  654.  ")  Vgl.  BCH  XXXI  1907  p.  421,  wo  auch  nicht 

'")  Larfeld  II  649.  ein  bloßes   „zu  den  AUten  nehmen"  zu  verstehen  ist, 

";  Vgl.  Willielui,  Beiträge   272.  und   Schulthcss,  Pauly-Wissowa  RK   VII    1763. 


I03 

sollte  auch  die  Auszeichnung  durch  den  goldenen  I'Cranz  für  den  Arzt  Artemidoros 
IG  XII  5,  71g  im  Apollotempel  aufgestellt  werden.  Wenn  wir  hier  xvxypatjjs'--  5s 
xöoE  TO  <\irffia\.i7.  '/.od  dg  xb  Sspov  xoO  'A-ÖA?.a)vo;  lesen,  so  fällt  uns  das  Wörtchen 
xcii,  durch  welches  eine  Steigerung  erzielt  wird,  auf  Ich  möchte  daraus  schließen, 
daß  die  Anagraphe  einer  solchen  Auszeichnung  nicht  selbstverständlich  öffentlich 
in  den  Listen  des  Apollotempels  erfolgen  mußte.  Hier  ist  auch  nicht  der  Kosten 
für  die  Aufzeichnung  gedacht.  Somit  erweisen  sich  die  Feststellungen  Wilhelms 
auch  für  Andres  als  richtig,  da  es  auch  hier  öffentliche  Listen  gab,  die  im 
Apollotempel  aufgestellt  waren.  In  diese  wurden  die  Proxenie-  und  Politie-Ver- 
leihung-en  eingetragen,  wenn  nicht  eine  Verewigung  in  Steinschrift  auf  Kosten  der 
Staatskasse  angeordnet  war.  Daß  auch  die  Verleihung  anderer  Auszeichnungen 
mit  in  diese  Listen  hineinkam,  zeigt  uns  IG  XII  5,  71g  und  deutlich  sag't  721, 
daß  von  geschlossenen  Verträgen  eine  Anagraphe  für  das  Demosion  erfolgte.  Die 
Kosten  derselben  werden  gewöhnlich  von  den  Parteien  bestritten  worden  sein. 
Ob  diese  Urkunden  im  Apollotempel,  auf  der  Agora  oder  anderswo  zur  Aufstel- 
lung gelangten,  wissen  wir  nicht'*). 

Für  die  Beamten  des  andrischen  Staates  haben  wir,  nach  dem  Strategen  in  IG 
XII  5,  719  Z.  22  (dazu  'Ap}(.  'E'frjix.  igi  i  S.  72  n.  9  und  epigraph.  Anhang  S.  160),  nach 
dem  Archon,  Grammateus  und  dem  Priester  in  IG  XII  5,  721  Z.  15  und  20  und  dem 
Gymnasiarchen  in  epigraph.  Anhang  n.  4  zu  schließen,  eine  einjährige  Amtsdauer 
anzunehmen;  wir  erfahren  auch,  daß  der  letztgenannte  vom  Volke  gewählt  worden 
ist.  Über  das  für  die  Ämterkarriere  erforderliche  Alter  haben  wir  keine  Nachricht; 
nach  Ablauf  des  Amtsjahres  werden  auch  auf  Andros  die  Beamten  Rechenschaft 
abgelegt  haben  und  für  eine  verdienstvolle  Amtsführung,  wie  aus  IG  XII  5,  721 
733>  734  und  epigraph.  Anhang  n.  4,  8  hervorgeht,  vom  Rat  und  Volk  der  Andrier 
geehrt  worden   sein. 

Unter  den  Beamten  finden  wir  in  erster  Linie  den  eponymen  Archon  in  dem 
Präskripte  von  IG  XII  5,  715,  716,  717,  721,  am  Anfange  der  Strategeninschrift 
733,  epigraph.  Anhang  n.  4  und  Ap-/.  'E'^r^ii.  191 1  S.  71,  n.  3  III  Z.  i  und  5. 
Daß  Archon  hier  nicht  einfach  auf  den  Inhaber  einer  äp/Tj  hinweist,  geht  aus 
den  oben  genannten  Inschriften  hervor,  wo  durch  die  Nennung  des  Archonten 
die  Datierung  der  Urkunde  bezweckt  wird.  Über  seine  Tätigkeit  haben  wir 
keine  Angaben  ^■'). 

")  Für  die  Anagraphe    der   auiißdXata  vgl.    das       de  legislation  francaise  et  etraiigere  1870/71,   262  ff. 
Fragment  n.  XXII  aus  Theophrast's  TiEfi  vö|-UOv  bei       und  Ferguson,  Klio  XI   191 1    .S.  267,  270  ft'. 
Dareste,    Le    traite    des    lois   de  Theophraste,    Revue  '^)  Vgl.  Gilbert,  Handb.   d.  gr.  Staatsalt.  II  207. 


I04 

In  der  Inschrift  IG  XII  5,  721  (aus  römischer  Zeit)  haben  wir  das  Beamten- 
liollegium  der  Strategen  in  der  Ratsitzung  mit  entscheiden  gesehen  1*).  Die  Stra- 
tegen, denen  wir  hier  begegnen,  hatten  einen  großen  Wirlcungskreis.  Die  Geltung 
ihres  Amtes  ist  in  der  hellenistischen  Zeit  eigentlicli  überall  dieselbe:  sie  hatten 
den  Herrscher  zu  vertreten.  Auf  iVndros  werden  sie  sechs  an  der  Zahl,  wie  aus 
IG  XII  5,  733  und  734  hervorgeht,  und  zwar  für  ein  Jahr  gewählt.  Letzteres 
ergibt  sich  aus  IG  XII  5,  719  und  der  wahrscheinlichen  Ergänzung  in  epigraph. 
Anhang  S.  147.  Der  erste  Stratege  ist  in  IG  XII  5,  724  als  -pioTcxpyiov  bezeichnet. 
Daß  eine  Wiederwahl  möglich  war,  läßt  sich  aus  der  lückenhaften  Inschrift 
IG  XII  5,  734  Z.  3  kaum  schließen.  Doch  ist  auffallend,  daß  in  733  und  734  der 
Stratege  Demetrios,  Sohn  des  Aineias,  wiederkehrt.  In  IG  XII  5,  71g  werden 
die  Strategen  beauftragt,  die  Kranzverleihung  bei  den  Agonen  der  Stadt  zu  ver- 
künden; dasselbe  ist  wahrscheinlich  zu  ei^gänzen  in  Apy.  'E-^r^ii.  iqii  S.  72  n.  9; 
in  IG  XII  5,  720  ist  [xcig  apyouaiv?]  die  Fürsorge  um  die  Anagraphe  übertragen. 
Diese  Ergänzung  scheint  mir  nicht  sicher  und  mit  Rücksicht  auf  719  und  die 
oben  angeführte  wahrscheinliche  Ergänzung  in  'Apy.  'Eqirj|-i.  1911  S.  72  n.  g.  würde 
ich  xot;  a-^avriyolq  vorschlagen.  Aus  den  eben  angeführten  Inschriften  geht  her- 
vor, daß  die  Strategen  auf  Andres  einen  ausgedehnten  bürgerlichen  Amtskreis 
hatten,  indem  sich  ihr  Einfluß  auch  in  den  nicht  ihr  eigentliches  Ressort  be- 
treffenden Fragen  geltend  machte.  Dies  darf  uns  nicht  befremden,  denn  in  Athen 
waren  die  Strategen  fast  die  einzige  Behörde,  welche  im  Rate  Anträge  stellen 
und  diese  Vorschläge  in  ihrem  Namen  und  im  Namen  der  Bule  in  der  Volks- 
versammlung vorbringen  konnte '').  Die  politische  Macht,  welche  die  Strategen  in 
Pergamon  vor  der  Herrschaft  der  Attaliden,  unter  diesen  und  nach  dem  Ableben 
des  letzten  Attaliden  hatten,  zeigen  uns  deutlich  die  Volksbeschlüsse  von  Per- 
gamon. In  den  Präskripten  der  Königszeit  pflegt  fast  nirgends  die  Formel  yvw[ir^ 
aipaxTjywv  zu  fehlen.  Dem  Herrscher  war  durch  die  fünf  Strategen  der  Einfluß 
auf  die  Ekklesie  gesichert,  diese  hatten  die  Beschlüsse  herbeizuführen  und  standen 
daher  dem  Volke  vor"^").  Daß  auf  Andros  in  der  Zeit,  als  diese  Insel  im  Besitze 
der  Attaliden    war,    die  Behörde    der  Strategen    an  Einfluß  gewinnen  mußte,    um 

'')  Vgl.  zu  -psaavacfopa  das  zugehörige  Zeitwort  I  20  ff.;   Ergelmisse  der  Ausgrabungen  zu  Pergatnon, 

bei  Dittenberger,  Syll.-  334,  30.  dritter   vorläufiger  Bericht   1883 — 1886,  III,    die  In- 

'')  Hauvette  Besnaull,  Les    strateges  Atheniens  Schriften  S.  53;  Swoboda,  Gr.  VoUisbeschlüssc  125  ff., 

1885,     123  ff.;     Swoboda,    Rhein.     Museum    XLIV  158  ff,   174  ff-  und  derselbe,  Rhein.  Museum  XLVI 

28S  ft'. :    V.    Wilamowitz-Moellendorf,    Aristoteles   u.  S.  497  ff.;   Chapot,  La  provincc  roninine  proc.  d'Asie 

Athen  II  108,   231  ff.  194  f-;   Cardinali,    II  regno  di    Pergamo    243;    Plau- 

"1   M.  Fränliel,    J;ihrbuch    der   königlich  preuß.  mann,    Ptolemais    in    Oberägypten    27  ff.;    Schubart, 

Kunstsammlungen  9,  380;   Inschriften  von  Pergamon  Klio  X   nyio  S.  bS  ff. 


105 

dann  in  späterer  Zeit  wie  in  Pergamon  die  ganze  Stadtverwaltung  zu  leiten, 
wird  uns  nicht  wundernehmen  können.  In  ganz  später  Zeit  finden  wir  den  Stra- 
tegen in  IG  XII  5,  758  als  eponymen  Beamten  neben  dem  Logisten. 

Wichtige  Fuiil<tionen  liommen  im  Staate  den  Schreibern  zu'^).  In  der  noch  aus 
der  ersten  Hälfte  des  vierten  Jahrhunderts  v.  Chr.  stammenden  Inschrift  ejjigraph. 
Anhang  n.  i  und  in  der  aus  der  zweiten  Hälfte  des  vierten  Jahrhunderts  v.  Chr. 
stammenden  Inschrift  IG  XII  5,  7 14  finden  wir  den  ypa|.i|j.a-u£i)S  Tfjs  poulfiQ  genannt.  Im 
ersten  Fall  ist  er  mit  der  Aufzeichnung  und  Aufstellung  des  Proxeniedekretes 
betraut,  im  zweiten  Fall  ist  derselbe  Schreiber  nur  mit  der  öffentlichen  Verkün- 
digung der  Verleihung  des  goldenen  Kranzes  an  den  tragischen  Agonen  der  Diony- 
sien  beauftragt,  während  die  Aufzeichnung  und  Aufstellung-  des  Beschlusses  der 
Ypa[.i[.ia-c£ui;  xwv  Ttpuxavewv  zu  besorgen  hat.  In  IG  XII  5,  715  hat  der  letztere  die 
Aufzeichnung  auszuführen.  In  IG  XII  5,  716  Z.  10,  717  Z.  9^")  und  epigraph. 
Anhang  n.  2.  übernimmt  der  Ypa[i[ia-c£Ü;  xwv  axpaxTjywv,  mit  dem  der  ypa[i[iax£ij;  in 
IG  XII  5,  733  identisch  sein  wird  und  der,  soweit  ich  das  inschriftliche  Material 
übersehen  kann,  nur  für  Athen  durch  IG  II  225  (cf.  'AO^jV.  nol.  XXXI,  2)  und  für 
Andres  bezeugt  ist-^),  die  Aufzeichnung  und  Aufstellung  des  Beschlusses.  In 
IG  XII   5,    721  ist    der  Priester  gleichzeitig  Schreiber  bei  Rat  und  Volk. 

Die  Bezeichnung  ypaixi-iaTsijs  '^'fji  ßouA^?  finden  wir  auch  in  Athen ^^),  wo  sie 
aber  seit  318/17  nicht  mehr  belegbar  ist.  Zuletzt  erscheint  sie  in  IG  II  Suppl. 
231  b,  in  dem  Beschlüsse  zugunsten  des  Euphron  aus  Sikyon  aus  den  ersten 
Jahren  nach  dem  Sturze  der  Oligarchie  und  der  Wiederherstellung  der  demokra- 
tischen Regierung  in  Athen  (Schulthess,  Pauly-Wissowa  RE  VII  1722;  Larfeld, 
Handb.  d.  griech.  Epigraphik  11  699,  701,  706).  Sie  bedeutet  nach  Schulthess  die 
Abkürzung  des  offiziellen  Titels  des  Ratsschreibers,  der  mit  vollem  Titel  ypaiijxaxsuj 
5  xaxa  Txpuxavst'av  xfjs  ßouXfjS  hieß  und  der  ursprüngdich  aus  den  Ratsherren  je  einer 
Phyle  während  der  Zeit  ihrer  Prytanie  gewählt  wurde,  und  zwar  aus  den  übrigen 
Mitgliedern  des  Rates,  die  nicht  die  Prytanie  führten.  Als  zwischen  368  und  363 
V.  Chr.  das  Amt  des  Ratsschreibers  in  ein  Jahresamt  umgewandelt  wurde,   wurde 

^'■')  Die  Frage  der  Rats-,  bezw.  Staatsschreiber  ist  nach  Schauberts  Psephisraa  ^  IG  XII   5,  716   Z.  9 

kürzlich  von  Schulthess,  Pauly-Wissowa  RE  1710  ff.  u.  10;  Weil,  Ath.  Mitt.  I  S.  237;  Pernice,  Ath.  Mitt. 

behandelt    worden;     dann    Brillant,    Les    secretaires  XVIII  S.   15;  Michel,  Rec.  397. 
atheniens,  Paris   191 1.  ^')  Bei  Schulthess    a.  a.  O.    i/ölff.    in    der  Be- 

^"j  Wo,  wie  ich  Ath.  Mitt.  XXXVI  S.   11  fest-  sprechung  der 'fpa[ji,|j,axets  ist  dieser  übersehen  worden, 
gestellt  habe  und  wie  kürzlich  Bojatzidis,  'ApX-  'EcpTlIJi.  ^")  Über   die    Funktion    der   Rats-   oder   Staats- 

191 1    S.   76    n.  30  noch  bemerkt   hat,    unzweifelhaft  Schreiber   in  Athen  Schulthess,    Pauly-Wissowa  RE 

"fpa|i|jiaTeu;  xwv  axpatv)-cmv,  wii  in  716,  zu  lesen  ist;  VII  1731  ff.;    Bruno  Keil   bei    Gercke-Norden,  Einl. 

siehe   auch    Wilhelm,    Gött^   Gel.  Anz.    1898  S.  231  i.  d.  Alt.  III  355. 

Saiiciuc.  Andros.  ^4 


io6 

der  Titel  6  ypo^m'La.zzbg  y.a.xx  r^pDxmeioi'/  üblich.  Dieser  wurde  nun  öfters  gewählt  und 
ein  besonderer  Schreiber  ausschließlich  mit  der  Aufzeichnung  der  Urkunden  be- 
auftragt. Der  letztere  hieß  Ypa[i[iaT£'J?  Tyj;  ßou).^5  und  sein  Amt  wäre  nach  Schulthess' 
nicht  ganz  befriedigender  Lösung  als  eine  Neuschöpfung  des  vierten  Jahrhunderts 
anzusehen.  Da  er  nur  mit  der  Publikation  beauftragt  war,  soll  er  ein  minderwichtiges 
Amt  bekleidet  haben.  Nicht  dasselbe  läßt  sich  für  Andros  feststellen.  In  dem  Beschluß 
epigraph.  Anhang  i  ist  das  Amt  des  Ypm[ioLXZuc,  -cfjj  ßouXf;?  ein  besonders  wichtiges.  Dies 
geht  aus  IG  XII  5,  714  hervor,  wo  derselbe  Schreiber  mit  der  öffentlichen  Verkündi- 
gung des  goldenen  Kranzes  beauftragt  ist,  eine  Aufgabe,  für  die  auf  Andros  ein 
andermal,  in  IG  XII  5,  71g,  wie  wir  sahen,  die  Behörde  der  Strategen  zu  sorgen 
hatte,  während  mit  der  Aufzeichnung  und  Aufstellung  in  demselben  Beschluß  714 
der  ypa|X(j.aT£Ü;  twv  Tipuxavswv  beauftragt  ist.  Daß  auf  Andros  der  ypa[j.[xax£u;  x-^;  ßouXf)? 
vom  Ypa|.i[^iat£tj;  twv  7ipi)t«V£(i)V  auseinanderzuhalten  ist,  indem  ersterer  als  der 
ältere  eine  wichtigere  Rolle  spielt,  geht  aus  dieser  Inschrift  klar  hervor.  Aus 
dem  Vergleich  mit  epigraph.  Anhang  i  wird  auch  klar,  wie  das  Amt  des  ypa(^i,|j,ax£us 
TWV  TipuuävEwv  aus  dem  des  yp«|.t[iaT£us  zffi  [üouAfjs  ausschied,  um  unmittelbar  dar- 
auf den  Ypa^i-ixTEÜs  t^s  [iouAvj^  ganz  zu  ersetzen  und  dann  später  in  dem  Machtbereich 
der  Strategen  aufzugehen.  Daß  Andros  zu  einer  Zeit,  wo  es  ganz  im  Fahrwasser 
der  athenischen  Pohtik  war,  in  dieser  Hinsicht  von  den  dortigen  Einrichtungen 
abgewichen  wäre,  wäre  sonderbar  und  man  kann  sich  der  gegen  Schulthess'  Aus- 
führungen über  die  beiden  Schreiber  in  Athen  auftauchenden  Bedenken  auch 
aus  diesem  Grunde  nicht  erwehren-^).  Der  ypa[ji[iaT:£Ü;  xwv  7ipuxav£wv  von  Andros 
kann  ohneweiters  dem  Ypajiiiax£'j;  ö  xazx  rcpuxavEfav  der  attischen  Beschlüsse  gleich- 
gesetzt werden.  Die  Aufgabe  der  Aufzeichnung  und  Aufstellung  erfüllt  der 
Ypa[.i|^ixx£us  xG)V  7:puxäv£wv,  wie  in  Athen,  auch  in  IG  XII  5,  714  und  715.  Mit  der 
Macht  der  .Strategen  gewann  auch  ihr  Schreiber  an  Bedeutung,  den  wir  in  IG 
XII  5,  716  und  717  die  Pflichten  des  '(p!X[i.\iix.ztbi  xwv  7ipuxav£(i)v  ausführen  sahen. 
In  römischer  Zeit  erscheint  der  jpociiyt.azBbc,  ßouX^?  xat  Stj|j,oi)  (IG  XII  5,  721),  dem 
die  Sorge  für  die  5/j]xoata  Ypd\i.\>.!Xxoc  obliegt.  Er  entspricht  dem  Schreiber,  von  dem 
Aristoteles,  'Ad-riv.  tioX.  LIV  5  sagt:  x^ip^i^ovsr  51  y.od  6  ofj|.io^  yp^l'-l''''''^^'''  ■^^'''  ä.vo'.y^(iia6\>.B'JO^ 

-')  Die  vor  kurzem  erschienene  Abhandlung  von  Ttpuxavstav  in  einer  und  derselben  Inschrift  IG  II  61 

Maurice  Brillant,  Les  secretairesAtheniens, Paris  Iqll,  (358—356  oder  354— 352)  recht  auffallend.  Beide  Be- 

S.  17fr.,  39ff.,  46ft.,  löst  die  den  -fpaii|iax£'J5  x^s  pouX^;  nennungen   auf  denselben  Schreiber  zu  beziehen,  hat 

und  den  fp.  6  -/.axi  TtpuxavEtav  in  Athen   bezügliche  weniger  Wahrscheinlichkeit  für  sich,    als  sie  in  ähn- 

Frage  in  der  Art,  daß  sie  den  -fp.  6  xaxi  Tip uxavsiav  auf  lieber   Weise    wie  auf  Andros   durch    die  Annahme 

den    fp.  T'^s  ßouX^j  folgen  läßt.  Doch  ist  die  gleich-  einer  Art  von  Übergangsstadium  mit  zwei  Schreibern 

zeitige  Nennung    des  fp.  xrjg  pouX^;   und    des   xaxx  zu  erklären. 


107 

aOxq)  xat  jjouXtj  xxi  o'jto;  oüoevo;  £c;t:  -/.üpioj  äX>.a  toO  ävayvöjva'.  (vgl.  dazu  Brillant 
a.  a.  O.  1 1 4  ff.,  1 1 9  ff).  Letztere  Inschrift  lehrt  uns  auch,  daß  das  Amt  dieses  Schreibers 
unbesoldet,  also  ein  reines  Ehrenamt  war  und  Leiturgiai  erforderte. 

In  den  drei  Dekreten  aus  Adramy tteion  (IG  XII  5,72  2),  welche  Auszeichnungen 
zu  Ehren  des  zur  Entscheidung  inländischer  Streitigkeiten  nach  Adramytteion  be- 
rufenen Richters  aus  Andros,  Timokritos,  Sohnes  des  Sokles,  enthalten,  erscheint 
mit  dem  letzteren  auch  'Iiytxpaxrji;  'laoxpuaou  6  Ypan[-iaxe6?.  Dieser  Grammateus  ge- 
hört, wie  uns  die  Worte  in  Z.  50  zeigen,  zum  Hilfspersonal  des  genannten  Richters. 
Während  uns  die  Funktionen  des  attischen  Gerichtschreibers  einigermaßen  be- 
kannt sind  (siehe  Schulthess,  Pauly-Wissowa  RE  VII  i74of),  bringen  die  oben  ge- 
nannten Ehrendekrete  sowie  auch  die  übrigen  zu  Ehren  auswärtiger  Richter, 
abgesehen  von  stereotypen  Wendungen  zur  Begründung  der  Auszeichnung  und 
einer  ausführlichen  Aufzählung  der  beschlossenen  Ehren  nichts,  was  uns  über 
die  Funktionen  dieses  Schreibers  aufklären  könnte. 

Aus  den  Inschriften  IG  XII  5,71 4 — 7 1 7  (vgl.  auch  die  Ergänzungen  in  'Ap-/.  'Eq;rj|i. 
191 1  S.  70 f.  n.  3  II  Z.  10;  IV  Z.  5;  V  Z.  18;  epigraph.  Anhang  n.  i,  2)  lernen  wir 
die  Finanzbehörde  kennen,  welche  angewiesen  wird,  die  Kosten  für  die  Veröffent- 
lichung der  Beschlüsse  zu  bestreiten.  Die  Finanzverwaltung  ist  in  714  nicht  in 
der  Hand  eines  einzelnen  zentralisiert.  Hier  wird  angeordnet:  ooOvao  touc,  xx[iixz  xnb 
x&v  TTpoaöowv  xö)V  T^s  nöXetßc,.  Dasselbe  ist  wohl  mit  Sicherheit  in  epigraph.  Anhang 
n.  I  zu  ergänzen.  Die  Kassenbeamten  bestreiten  die  Kosten  aus  den  laufenden  Staats- 
einkünften, über  die  wir  sonst  nichts  hören  und  die  wir  uns  etwa  in  derselben 
Weise  wie  in  Athen  und  an  anderen  Orten  geregelt  denken  müssen;  in  den 
anderen  oben  genannten  Beschlüssen  einer  späteren  Zeit  finden  wir  die  Wendung 
Soövat  xous  -ca(iia;  dviö  t^?  y.oiYqc,  Stocxr^aEü)?,  wobei  die  xotVYj  Siot>tr;ats  keine  andere 
Kasse  als  die  der  TüpoaoSot  od  Tvji;  nöXeiac,  bedeuten  kann.  Während  uns  in  den  so- 
eben genannten  Inschriften  eine  aus  mehreren  Kassenbeamten  zusammengesetzte 
Finanzbehörde  entgegentritt,  finden  wir  in  IG  XII  5,  720  nur  einen  Tamias  und 
der  Auftrag,  die  Kosten  zu  bestreiten,  wird  statt  des  von  der  Sanktionsformel  ab- 
hängigen Infinitivs  durch  den  Imperativ  56xü)  ausgedrückt.  Wohl  der  gleiche 
Tamias  ist  nach  den  erhaltenen  Resten  in  'Ap-/.  'E-^pr^^i.  1911  S.  70  f  n.  3  I  Z.  10  und 
72  n.  9,  Z.  9  (dazu  ep.  Anhang  S.  160)  zu  ergänzen.  Ein  zx\iixg  |[-C7js  ^ooXfn  X7.l  xoü 
5f;[.i?]oi)  wird  mit  Namen  in  der  Inschrift  genannt,  die  der  Wiederherstellung  der 
Demokratie  durch  die  Römer  gedenkt.  Wenn  man  erwägt,  daß  der  Tamias  in 
IG  XII  5,  733  ein  Beamter  des  Strategenkollegiums  ist  und  in  'Ap/.  'Ecpr^i-i.  a.  a.  O 
n.  9,  wo  auch  die  Strategen  eine  Aufgabe  erhalten,  der  zu  ergänzende  Tamias  die 

14- 


io8 

Kosten  für  die  Anagraphe  auszufolgen  hat,  so  möchte  ich  denken,  daß  mit  der 
Machtsteigerung  der  Strategen  dieser  Tamias  die  Tamiai  in  den  Hintergrund 
drängte,  nachdem  er  zuerst  abwechselnd  mit  diesen  aufgetreten  war  (vgl.  Vipy. 
'Ecprj(i.  191 1  S.  70,  n.  3  I  Z.  IG  und  V  Z.  18),  so  daß  mit  Beg'inn  der  Römerherrschaft 
nunmehr  Jason  sich  als  Tamias  (des  Rates  und  Volkes?)  bezeichnen  konnte.  Die  für 
die  Aufzeichnung  des  Beschlusses  bewilligte  Summe  übergeben  die  Tamiai,  be- 
ziehungsweise der  Tamias,  dem  Ratsschreiber.  Aus  der  Zeit  des  Antoninus  Pius 
werden  uns  in  IG  XII  5,  724  für  die  Geldgebarung  die  Dekaproten,  ein  Kollegium 
von  zehn  Mann  genannt.  Diese  römische  Institution,  die  man  im  ganzen  Osten  des 
römischen  Reiches  findet,  war  mit  der  Eintreibung  und  Einnahme  der  Tribute 
betraut  und  hatte  in  den  das  Steuerwesen  der  Stadt  betreffenden  Fragen  mit- 
zusprechen. Daß  sie  keineswegs  Ratsherren  sein  mußten,  zeigt  deutlich  die 
andrische  Inschrift-*). 

Tn  IG  XII  5,  758,  einer  andrischen  Inschrift  des  dritten  Jahrhunderts  n.  Chr., 
erscheint  ein  Logistes-^)  als  eponymer  oder  geschäftsführender  Beamter,  ein  kaiser- 
licher Kommissar,  der  die  Finanzverwaltung  in  der  Provinz  zu  überwachen  hatte. 
Ob  der  hier  Genannte  nur  für  Andres  bestimmt  war  oder  oVj  ihm  Andros  zusammen 
mit  mehreren  anderen  Städten  unterstand,  läßt  sich  nicht  angeben--). 

Zu  den  Beamten  gehört  auf  Andros  auch  der  Gymnasiarch,  für  den  ich  auf  die 
Bemerkungen  im  epigraph.  Anhang  n.  4  verweise. 

Der  in  'Apy.  'Ecprjjx.  igi  i  S.  70  f  n.  3  III  Z.  2  genannte  ypai-iiJiaTOScSfaaxaXos  ist  wohl 
statt  des  sonst  v'orkommenden  ypajinaiicrxrjs  (Gudeman,  Pauly-Wissowa  RE  VII 
1808)  gesetzt"). 

Hier  darf  schließlich  auch  der  in  IG  XII  5,  71g  geehrte  Arzt  Artemidoros, 
Sohn  des  Menodotos,  angeführt  werden.  Wie  auch  immer  Z.  2  zu  ergänzen  ist, 
so  geht  aus  dieser  Inschrift,  wie  Pohl,  De  Graecorum  medicis  publicis  vS.  52,  her- 
vorgehoben hat,  deutlich  hervor,  daß  Artemidoros  eine  Zeitlang,  vielleicht  ein 
Jahr,    als    Arzt    auf   Andros    tätig    war.    Als   er    dann   für    das    folgende   Jahr   zu 

^*)  Branclis,   Pauly-Wissowa  RE    IV    2,    2417;  Hertzberg  II   148  Anm.  65a;    Keil   und   v.  Premer- 

Seeck,  Decemprimat  und  Decaprotie,  Beiträge  zur  alt.  stein,    Bericht   11    22    zu    n.  3g;     Keil,    Jahreshefte 

Geschichte    I    147  ff.;    Rostowzew,  Studien   zur  Ge-  XIV  1911,  Beibl.  56  n.   7  und  die  dort  angegebene 

schichte  des  röm.  Kolonates   157.  Literatur. 

^^)  Der  Name  des  kaiserlichen  Beamten  ist  nicht  ^')  Eine  äfX'i    ^^^   ^^"^  fP'''W'^°5tSaaxaXo;  auf 

zu   entziffern.     Nach   dem  Gene:iv  XofiaTSÜovTOj   ist  Teos  bei  Dittenberger,  Sylloge^  523,  Z.  8/9,    wo  er 

von  dem  folgenden  Namen  bloß  T  erhalten  und  am  hinter  dem  -fuiivaatapxos  und  7iai5ovö|ios  steht,  inne. 

Anfang  der  folgenden  Zeile  ist  eine  Rasur  zu  sehen,  Von  dem  Epitedeuma  des  andrischen  fpafiiia-oätSoca- 

wobei  das   Wort  Xo-^ia'st)  noch  zu  erkennen  ist.  y.aXo;  war    in    dem    verlorenen  Teile    der    oben  ge- 

-^)  Moramsen, Römisches  Staatsrecht' 112,857  ff.;  nannten  Inschrift  die   Rede. 


log 

bleiben  sich  entschloß,  wurde  er  vom  Rate  und  Volke  der  Andrier  mit  einem 
g'oldenen  Kranze  ausgezeichnet,  für  dessen  Verkündigung'  an  allen  Agonen  der 
Stadt  die  Strategen  zu  sorgen  hatten.  Auch  wenn  er  nur  als  latros  bezeichnet 
wird,  so  ist  es  wahrscheinlich,  daß  er  vom  Staate  für  eine  bestimmte  Zeit  mit 
einem  bestimmten  Gehalt  bestellt,  somit  Sr^iioaio;  oder  Srjjxoateijwv  ixzpoi;  war'-^). 

Bisher  hatten  wir  die  bürgerliche  Klasse  der  Bevölkerung  vor  Augen.  Da- 
neben hatte,  wie  jede  griechische  Stadt,  so  auch  Andros  eine  Fremdenbevölkerung. 
Je  nachdem  die  Fremden  sich  bleibend  oder  nur  vorübergehend  in  Andros  auf- 
hielten, werden  sie  als  Tzäpoixoi  oder  ^evoc  Tzapenibri^ioüvzez  bezeichnet.  Sie  nehmen 
gleich  den  Bürg-ern,  wie  aus  IG  XII  5,  721  hervorgeht,  an  dem  Opfer  und 
an  der  Volksbewirtung  teil.  Über  ihre  Lage  bieten  uns  die  Inschriften  sonst 
gar  keine  Angaben.  Wir  werden  für  sie  im  allgemeinen  dieselben  Bedingungen 
wie  in  Athen  gelten  lassen  dürfen.  Daß  die  Andrier  wohlverdienten  Männern 
anderer  Staaten  das  Bürgerrecht  zuerkannten,  lehren  uns  die  Inschriften  IG  XII  5, 
716 — 718,  720,  epigraph.  Anhang  n.  i,  2.  Die  Bürgerrechtsverleihung  lag  in  der  Kom- 
petenz der  Volksversammlung.  In  den  vier  ersten  oben  genannten  Dekreten  werden 
die  Geehrten  Bürger  und  bekommen  die  Zug-ehörigkeit  zu  demselben  Rechts- 
gebiete wie  die  übrigen  Bürger  von  Andros.  Dies  ergibt  sich  aus  der  Zuteilung 
zu  einer  Phyle  und  Phratrie,  von  der  in  716,  717  und  720  die  Rede  ist.  In  718 
werden  auch  die  lep«  xac  daia.  erwähnt,  zu  denen  der  neue  Bürger  Zutritt  be- 
kommt und  deren  Gemeinsamkeit  auch  ein  Merkmal  der  Bürger  eines  und  des- 
selben Staates  ist.  In  720  finden  wir  das  Recht  zu  Haus-  und  Grundbesitz,  Zutritt 
zum  Rate  und  Volke  unmittelbar  nach  Erledigung  der  kultlichen  Angelegenheiten, 
ein  Privileg,  das  so  häufig  in  attischen  Beschlüssen  vorkommt^^).  Auch  die  Nach- 
kommen der  so  Geehrten  werden  derselben  Privilegien,  als  Isotelie,  des  Rechtes 
zum  Erwerb  von  Haus-  und  Grundbesitz,  der  Asylie  und  des  Vorrechtes  beschleu- 
nigten Rechtsverfahrens  teilhaftig^").  Im  epigraph.  Anhang"  i  wird  den  Geehrten 
und   ihren  Nachkommen  die  Politie   zuteil  zugleich   mit  dem  Titel  eines  Proxenos 

^^)  Mehr  über  die  Ärzte  siehe  Pohl  a.  a.   0.  u.  haltung  d.  Ath.  I  176  ff.,  626  ff.;  Busolt,  Griechische 

Keramopulos,'E(j)V)H.'Apx.  1908  S.  I74ff.;  Öhler,  Janus,  Staats-   u.    Rechtsaltertümer^   53  ff-    Über   die   Kom- 

Arch.  intern,  pour  l'liistoire  de  la  mid.  et  la  geogr.  bination    von    Proxenie   und   Politie   auf  den  Inseln: 

med.  XIII.  Jahrgang   igo8  S.  17  (des  Sep.).  Szanto,  Das  griechische  Bürgerrecht  19  ff.;  Monceaux, 

^')  Larfeld,  Handb.  d.  griech.  Epigr.  II  791.  Les  prox^nies  grecques;    Sal.  Reinach,  Traite    d'^pi- 

'")  Über  Proxenia  und  die  Vorrechte  wie  Politeia,  graphie  45  ff.  (Newton);  Wilhelm,  Reisen  in  Kilikien, 

Isoteleia,  '^fjc,  EfKxrjats  y.al  oJxtag,  ia  auXat;  äoulia,  Denkschriften    der  Wiener  Akademie   1896    S.  115; 

Stxr;  TCpdätxo;    s.   Hermann-Thumser,    Griech.  Staats-  BCH    XVI    139    ff.;    Francotte,    Musfe    Beige    VII 

altertümer    427;      Gilbert,     Griechische    Staatsalter-  S.  350  ff.  u.  344  ff. ;  über  ätxTj  Ttpoätxoj  s.  H.  F.  Hitzig, 

türaer  1^  301,    II  383;  Boeckh-Fränkel,   Staatshaus-  Altgriechische  Staatsverträge  über  Rechtshilfe,  Zürich 


I  lO 

und  Euergetes.  Im  Proxeniedekret  IG  XII  5,  715  gab  Volk  und  Rat  der  Andrier 
dem  Geehrten  nur  den  Titel  eines  Proxenos  und  Euergetes  und  damit  Zutritt 
zu  Rat  und  Volk  als  erstem  nach  dem  Priester,  oi'xa;  npoolxouq  und  die  Zusicherung 
der  Asylie.  Zu  bemerken  ist,  daß  wir  in  dem  ältesten  Dekret  von  Andres  epigraph. 
Anhang  n.  i  die  Formel  yrjg  gyxxYjcjt?  v.(xl  oMacg  finden,  die  in  den  attischen  Dekreten 
nach  350  nur  noch  einmal  in  IG  II  282  aus  dem  Jahr  287/86  vorkommt,  für 
welche  letztere  Formel  dann  später  in  Athen  eyy.xryac;  y^?  y.xl  olyJ.s.c,  oder  -/ai  yf,5 
%od  oixixg  eyxtYjacs  tritt^'). 

Schließlich  gab  es  in  Andros  auch  Unfreie,  die  Klasse  der  Leibeigenen,  die 
die  Freiheit  erlangen  konnten  und  dann  aTisXsüO-epoc,  d.  h.  Freigelassene  hießen. 
Wie  wir  aus  IG  XII  5,  721  ersehen,  nahmen  die  letzteren  an  dem  Opfer  und 
an  der  Volksbewirtung  teil.  Sonst  haben  wir  weder  über  diese  noch  über  die 
Zahl  und  Lage  der  .Sklaven  irgend  eine  xlndeutung.  Für  die  Bestimmung  der 
letzteren  hat  man  in  Andros  in  der  Namengebung  nur  einen  sehr  unsicheren 
Faktor;  doch  scheint  die  Zahl  der  Unfreien  nicht  gering  gewesen  zu  sein. 

Die  religiösen  Einrichtungen. 

Besondere  Verehrung  genoß  auf  Andros  der  Gott  Dionysos.  Er  hatte  ein  Heilig- 
tum, aus  dem  nach  Pausanias  VI  26,  2  -napa.  eioj,  was  wohl  „alljährlich"  bedeutet^), 
an  seinem  Feste  Wein  floß.  Dem  Liber  Pater  zu  Ehren  fand,  wie  uns  Mucianus  ter 
consul^)  bei  PliniusN.  h.  II  231  (Detlefsen)  berichtet,  alljährlich  am  5.  Januar  das  Fest 
statt,  an  dem,  wie  uns  Mucianus  weiter  bei  Plinius  XXXI  13  erzählt,  durch  7  Tage 
hindurch  Wein  statt  Wasser  floß  oder  letzteres  doch  einen  Weingeschmack  annahm, 
den  es  aber  verlor,  sobald  man  sich  aus  dem  Tempel  entfernte^).  Der  Name  dieses 

1907  S.  51  und  dann  Revue  des  etudes  grecques  XXI  Gymnasium  zu  Eisenach,    Ostern   1875  — 1876)  3   ff.; 

1908  p. I59ff.;  Dareste-Hausoullier-ReinLich,  Inscr.  jur.  Frazer,  Paus.  Descr.  of  Greece  vol.  IV  108;  Hitzig- 
grecq.I  189  und  A.  Wilhelm,  Jahresh.  XIV  S.  205  f.;  Blümner,  Paus.  Graec.  descr.  II  2,  673  zu  525, 
dagegen  meint  A.  Maiuri,  Rendiconti  della  reale  Acca-  12;  Gruppe,  Griech.  Mythologie  und  Religions- 
demia  dei  Lincei,  serie  quinta  vol.  XIX  1910  p.  41  geschichte,  2,  293,  320,  1410  ff.;  Nilsson,  Griech. 
Anm.  I,  daß  Stxai  5tpi3f/.C/:  nicht  5iy.at  Tipö  xöjv  äXXtov,  Feste  von  religiöser  Bedeutung  mit  Ausschluß  der 
sondern    Sixai    8;ä    T(öv    ■nfioiiv.un    bedeute    (s.  auch  attischen  293. 

45,  Nota  a.  p.  41    sul  valore  di  zpiSty.o;;    vgl.  auch  -)  D.  i.  72  n.  Chr.;  Liebenam,  Fasti  consulares  15. 

Atene   e   Roma  XIV    n.    145—146,  p    32  ff.),    eine  ^)    Über    die    sakrale    Bedeutung    des    Weines, 

Meinung,  die  ich  nicht  teilen  kann.  Gruppe,  Griech.  Mythologie  2,  756;  Nilsson,  Griech. 

'')  Larfeld  II  794.  Feste   260  f.,  278;    Kircher,    Religionsgeschichtliche 

')  Über  diese  Bedeutung  von  Tiapa  s.   Kühner-  Versuche  und  Vorarbeiten  IX  2.  Heft,  87;   vgl.  Die 

Gerth,    Griechische    Grammatik'    II    I,    513;    Head,  Automatentheater  Herons  v.  Alexandria  I  393,  XIII 

Historia  numorum  482;    Bougot,    Philostrat  l'ancien,  (Schmidt);    Roß,   Inselreisen   II   23;    de  Jong,  Über 

une  Galerie  antique  324;  anders  Weniger,  Kollegium  das    antike  Mysterienwesen   in    relig.-gesch.,    ethnol., 

der  Thyiaden  (Jahresbericht  über  d.  Karl-Friedrichs-  psych.  Beleuchtung   167  ff 


III 

Festtages  schwankt,  da  die  Handschriften  bei  Plinius  variieren.  Die  Mehrzahl  unter 
ihnen  bietet  das  geläufigere  0£oSoaia^).  Der  Name  0co5acc'.a  ist  von  Welcker  ad 
Philostratum  p.  355  eingesetzt  worden.  Er  ist,  wie  Nilsson  (Griechische  Feste  von 
religiöser  Bedeutung  mit  Ausschluß  der  attischen  279)  annimmt,  daraus  zu  erklären, 
daß  dem  Gotte  bei  seiner  Epiphanie  ein  Mahl  bereitet  wurde.  Indem  jedoch  der 
Gott  selbst  Wein  fließen  läßt,  ist  er  gleichzeitig  auch  der  Bewirtende  und  erwidert 
durch  die  Weinverteilung  den  ihm  seitens  der  Gemeinde  gemachten  festlichen 
Empfang.  Der  Ursprung  des  bei  dieser  Weinquelle  geübten  Rituals,  das  nicht 
allein  auf  Andros,  sondern  auch  in  Astakos,  Naxos  und  Teos  vorkommt,  in  welch 
letzteren  Orten  es  auf  Böotien  zurückgeht  =),  scheint  in  sehr  alte  Zeit  hinauf- 
zureichen. Der  Name  des  Festes  scheint  schon  zur  Zeit  des  Plinius  und  später, 
als  die  Weinverteilung,  nicht  das  Mahl  die  Hauptsache  war,  nicht  mehr  ver- 
standen worden  zu  sein  und  zugunsten  eines  anderen  Namens,  der  den  Andriern 
die  Weinquelle  als  eine  Gabe  ihres  Gottes  bezeichnete,  seine  Popularität  ein- 
gebüßt zu  haben.  Eine  ausführliche  Schilderung  des  Treibens  der  Andrier  an 
diesem  Feste  des  Dionysos  finden  wir  bei  Philostratos,  Imagines  I  329  (Kayser) 
in  seiner  25.,  „Andrier"  betitelten  Bildbeschreibung").  Die  Nachrichten  von  dieser 
Quelle  und  von  diesem  Feste  kann  man  wegen  der  Zeitlage  auf  die  Lenäen 
beziehen'). 

In  Menites,  einem  kleinen,  etwas  über  eine  Stunde  von  der  heutigen  Haupt- 
stadt gelegenen  Dörfchen  am  Ende  des  Messaria  liegt  auf  einer  kleinen  Erhebung 
die  Kirche  Koi\).rpii  XTfi  0£ox6xou,  auch  einfach  Ivumulo  genannt,  unter  der  an  mehreren 
Stellen  eine  starke  Wasserader  hervortritt  **).  Das  Volk  hält  sie  für  den  Tempel  des 
Dionysos  und  den  Ort  selbst  für  den  Lieblingsaufenthalt  der  Mänaden^).  Ebenso 
unbegründet  wie  dieser  Glaube,  der  dem  Volke  durch  einen  gelehrten  Reisenden 

*)  Plin.  II    103    (ed.  Jahn-Mayhoff):    Theodosia  Rh.  M.    1882  S.  403  f. 

AdEp  H;  tedo  v;    tecno-B;    Theodosie  R;    tbeodesia  ')  Usener,     Acta    S.    Timothei,    Programm    der 

(thaeo-F'-',   h.aeo-F')   r;  s.   auch  Meister,  Griechische  Universität  Bonn  1877,  24  f.;  Nilsson  a.  a.  O.  277  ff.; 

Dialekte  I  98;  zur  Quellenliritik  der  Naturgeschichte  vgl.    Ludwig    Preller,    Ausgewählte    Aufsätze    295  f. 

des  Plinius  s.  Seilers,    The    eider   Pliny's    chapilres  Beiläufig  sei  erwähnt,  daß  auch  die  in  der  Inschrift 

on  the  history  of  art  LXXXV  ff.;  Münzer,  Beiträge  bei  Michel,    Recueil    1017    genannten    Dionysien    in 

392  ff.;  Kalkmann,  Die  Quellen  der  Kunstgeschichte  Ptolemais,   am    II.  Peiitios,    im    ersten   Monat  nach 

des  Plinius.  der    Wintersonnenwende,     also    im    Januar    gefeiert 

')  Gruppe  a.  a.  O.   293,   320,   1410  ff.;    Nilsson,  wurden, 

a.  a.  O.  293.  ')  Das   Volk    gebraucht    dabei    den    Ausdruck: 

^)  Vgl.  K.  Friederichs,  Die  philoslr.  Bilder  l8öo  -fix^i  cpouädva. 

und  H.  Brunn,    Die    philostr.    Gemälde    1861,    286:  "■')  Ross,  Inselreisen  II  22;  vgl.  Curtius,  Rhein. 

Bougota.  a.  O.  S.  323  ff.  XXIV;  Matz,  De  Philostrati  Museum  II  1843  S.  98;  Bucbon,  Voyage  217,  Murrays 

in    describcndis    imaginibus    fidc  70  ff.;     Kalkmann,  Hand-Book  Greece  II   574. 


112 

beigebracht  worden  sein  dürfte,  ist  Miliarakis'  Annahme  (Hj'pomn.  ii6),  die  von  den 
alten  Schriftstellern  genannte  Quelle  habe  in  dem  Hofe  des  Klosters  Hagia  gelegen. 

Theodaisia  ist  nicht  der  einzige  uns  erhaltene  Name  eines  Dionysosfestes 
auf  Andros.  Tä  Aiovücta  sind  uns  durch  IG  XII  5,  714  bezeugt,  dazu  'Ap^-  'E^7j|i. 
191 1  S.  70  ff.  n.  3  IV  Z.  6,  wo  man  xä  A:o]yiic5ta  zu  ergänzen  geneigt  ist.  An  diesen 
Dionysien  wurden  mannigfache  Wettspiele  veranstaltet  und  an  den  tragischen 
Agonen  wurden,  wie  wir  aus  714  erfahren,  die  Auszeichnungen  hochverdienter 
Männer  öffentlich  verkündet.  Über  den  Zeitpunkt  dieses  Festes  haben  wir  keine 
Kunde,  die  Frage  kann  auch  nicht  von  Andros  allein  aus,  sondern  nur  durch 
eine  au.sführliche  Erörterung  aller  Dionysosfeste  gelöst  werden.  Daß  auf  Andros 
an  dem  Dionysosfeste  auch  musische  und  gymnische  Agone  gefeiert  wurden, 
haben  wir,  auch  ohne  Überlieferung,  allen  Grund  anzunehmen.  Über  den  Ort  der 
Aufführungen  wissen  wir  nichts  zu  sagen,  da  von  einem  Theater  in  Paläopolis 
bisher  keine  Reste  zutage  getreten  sind. 

Den  Kult  des  Dionysos  finden  wir  aul3erdem  noch  durch  zwei  Inschriften  be- 
zeugt: <l>>.aßta  IIat5£p(j)it[s  weiht  in  IG  XII  5,  725  dem  Großen  Dionysos  einem 
Gelübde  gemäß  einen  Altari").  In  der  Inschrift  IG  XII  5,  726,  die  auf  einem 
Epistyl  steht  und  dem  Beginn  der  Kaiserzeit  angehören  dürfte,  wird  eine  Eepr;a 
xoö  Ato[v6aou  genannt,  deren  Patronymikon  zu  AtovJ'jaEou  ergänzt  wird  und  die  aus 
eigenen  Mitteln  einen  Bau,  wahrscheinlich  dem  Dionysos  aufführte.  Möglicherweise 
ist  es  dieselbe  Priesterin,   die  in  IG  XII  5,  753  erscheint'^). 

Besonders  häufig  findet  man  Dionysos  auf  den  Münzen  von  Andros  ab- 
gebildet, für  die  die  früher  genannte  Arbeit  Paschalis'  vorliegt ''2).  Hier  er- 
scheint seit  393  V.  Chr.  das  efeubekränzte  Haupt  des  bärtigen,  häufiger  des  bart- 
losen Dionysos,  dem  die  Binden  auf  Hals  und  Nacken  fallen,  manchmal  dann  auch 
die  ganze  Figur  (vgl.  die  Fig.  63  S.  96)  in  Chiton  und  Mantel,  in  der  Rechten  den 
Kantharos,    die   Linke   auf  einen  langen,    öfters  mit  Binden  behangenen   Thyrsos 

'")  Wenn  wir  hier   bei   Dionysos  den  Beinamen  nysios,    der  in  IG  XII    5,    752    einfach  als   Priester 

Me-fccXcot   finden,    so    wird    dies    mit   dem    Kulte    der  bezeichnet   und   vom    Rate   und   Volke   der    Andrier 

MsTccXot  QeoL   zusammenhängen,     bei    dem    Dionysos  seiner  Verdienste   um    die  Stadt  wegen   geehrt  wird, 

eine  nicht  unwichtige  Rolle  spielte.  Nach  römischen  Priester    des    Dionysos    und     zu    derselben    Familie 

Quellen  gilt  er  als  Sohn  des  Kabiren  und  als  Herr-  gehörig,   wie  die  in  der  Inschrift  IG  XII,   726  bezw. 

scher  von  Asien,  wobei  unter  Asien  nur  die  römische  753   geehrte  Frau. 

Provinz    gemeint   sein  kann.  Cicero,  De  nat.   deorum  '-)  No[«a|J,aTtxr)    xfjc,    äpxaias    'AvSpou,    Journal 

III58;  Ampel.  9;  Lyd.  de  mens.  4,38;  Bloch,  Röscher,  International   d'Archeologie    Numismatique    I    1898, 

Myth.  Lexikon   II   2527.    Daß  diese  Vorstellung  von  310  fr.  Tafel  XII— XVII;     hier   ist   auch   die  ältere, 

hier  aus  auch  auf  Andros  in  der  römischen  Zeit  Ein-  die  Insel  Andros  betreflende  numismatische  Literatur 

gang  fand,  ist  begreiflich.  berücksichtigt;     vgl.   FrL-dländer-Weil,    Repertorium 

")  Vii-Ueicht  war  auch  Attalos,   Sohn  des  Dio-  zur  antilcen  Numismatik   220. 


i'3 

g-estützt'*).  Auf  der  Rückseite  ist  außer  der  Legende  meist  ein  Attribut  des 
Dionysos,  wie  Kantharos,  Traube,  Panther,  Thyrsos  mit  Binden  und  Quasten  be- 
hängt, öfters  daneben  eine  Traube  zu  sehen,  einigemal  Apollo  mit  der  Leier 
oder  der  Dreifuß  '*),  was  auf  die  nahen  Beziehungen  der  beiden  Gottheiten  auf 
Andros  hinweist. 

Auf  den  Münzen  der  Kaiserzeit  ist  auf  der  einen  Seite  des  Kaisers  Brust- 
bild, auf  der  andern  meist  Dionysos  im  lang-en  Chiton  mit  Kantharos  und  Thyrsos, 
daneben  auch  der  Panther  abgebildet'^).  Ob  die  beiden  S.  24  angeführten  Metopen 
und  Triglyphen  mit  dem  Dreifuß  und  dem  Bukranion  zu  einem  Altar  des  Dio- 
nysos gehören,  muß  dahingestellt  bleiben^"). 

Der  Kult  einer  Gottheit  findet  einen  Niederschlag  auch  in  der  Namengebung, 
die  innerhalb  gewisser  Grenzen  beim  griechischen  Volk  durch  den  häuslichen  und 
staatlichen  Kultus  bestimmt  wird'').  Der  Wichtigkeit  des  Dionysoskultus  entspricht 
auch  die  Berücksichtigung  dieses  Gottes  bei  der  Namengebung.  Die  Namen,  die  uns 
auf  Andros  auf  Diony.sos  hinweisen,  sind:  Dionysios,  Dionysodoros  und  Bakchios'*). 


'^)  Aus  der  Zeit  393  bis  365  zeigen  Paschalis 
n.  7 — 19  den  bärtigen,  n.  21 — 26  den  bartlosen  Dio- 
nysos. In  der  Folgezeit  ist  Dionysos,  wenn  wir  die 
von  Pasclialis  a.  a.  O.  323  ff.  als  falsch  oder  ver- 
dächtig bezeichneten  Münzen  unbeiücksicbtigt  lassen, 
stets  bartlos.  Dieser  Wechsel  in  dem  Aussehen  des 
DionysosUopfes  mag  mit  einem  Wechsel  des  Kultbildes 
zusammenhängen.  Auf  den  Münzen  von  Mykonos  steht 
es  mit  dem  Dionysosbild  nicht  anders  (Svoronos, 
BCH  XVII 1 893  p.  462 ;  vgl.  Kern,  Pauly- Wissowa  RE 
V  I,  1044  b).  Für  das  obengenannte  Bild  des  Diony- 
sos siehe  Paschalis  n.  20,  53 — 56.  Zweimal  hält  er, 
mit  langem  Chiton  bekleidet,  den  Kantharos  über  eine 
danebenslehende  Hirschkuh  (n.  57  u.  58),  die  einmal 
auch  auf  seine  Wange  (n.  55)  geprägt  ist.  Einmal 
trägt  Dionysos  einen  kurzen  Chiton  (n.  32),  darüber 
ein  Fell,  die  Rechte  hält  er  über  den  Dreifui?,  in 
der  Linken  den   Thyrsos. 

'*)  N.  20,  50 — 52;  Wroth,  Catalogue  of  the 
Greek  coins  88  n.  20 — 22.  Ein  Exemplar  ist  1908/09 
auf  Delos  gefunden  worden:  Athen,  numismat.  Mu- 
seums-Katalog, y.scf.  30,   i;   n.  23. 

'')  Paschalis  n.  59,  60,  63,  64,  66,  67;  in  n.  61 
ist  der  Gegenst.ind,  über  den  Dionysos  den  Kan- 
tharos hält,  vielleicht  wie  bei  32  ein  Dreifuß  oder 
eher  ein  Altar,  weniger  wahrscheinlich  ist  hier  die 
Annahme  eines  Silenskopfes. 

"'i  Über  die  Stellung,    welche  die  Dreifüße   im 

Sauciiic,  Andros. 


Kulte  des  Dionysos  einnehmen,  Reiscb,  Die  griech. 
Weihgeschenke  (Abh.  d.  arch.  ep.  Seminars  Wien 
VIII)  7;  über  die  Beziehungen  des  Dionysos  zum 
Stiere  Nilsson  a.  a.  O.  261  f.  In  den  königl.  Museen 
zu  Berlin,  Beschreibung  ant.  Skulpt.  n.  124,  befindet 
sich,  aus  der  .Sammlung  Sabouroff,  das  abgesplitterte 
Gesicht  eines  jugendlichen  Dionysoskopfes  aus  pen- 
telischem  Marmor,  das  ,ius  Andros  stammt.  In 
dem  zierlich  gescheitelten  und  gewellten  Haar  ist 
ein  Efeukranz,  die  Arbeit  ist  gut  und  wahrscheinlich 
noch  dem  vierten  Jahrhundert  angehörig.  Vgl.  Furt- 
wängler.  Die  Sammlung  Sabouroff  XXXVIII  2.  In 
den  Kreis  des  Dionysos  gehört  auch  eine  0'074™ 
hohe  Terrakottafigur  im  Museum  von  Andros,  die 
wahrscheinlich  den  Silen  in  der  Art  des  Bes  (Fr. 
Winter,  Die  antiken  Terrakotten  III  I,  215  n.  4 — 8; 
216  n.  I,  3;  III  2,  392  n.  5;  393  n.  2,  4,  5;  vgk 
den  0"50°'  hohen  Bes  aus  Marmor  aus  der  Sammlung 
Barraco  II  68)  darstellt.  Ein  Silenskopf  ist  nach- 
träglich auch  auf  andrischen  Münzen  hinzugefügt, 
bei  Paschalis   n.  46,  57,   58. 

'^lUsener,  Götternamen  350  ff.;  J.Schöne,  Griech. 
Personennamen  als  religionsgescb.  Quelle,  Progr. Düs- 
seldorf 1906;  Bechtel,  Griech.  Frauennamen;  Sittig, 
De  Graecorum  nominibus  theophoris,  Diss.  Halle  1911 ; 
Fröhner,  Arch.  f.  Religionswiss.  XV,  Igi2  S.  380  ff. 

1^)  IG  XII  5,  718,  726,  728,  752;  IG  II  2788; 
"Apx-  'EiTja.   191 1,  70  n.  2,  I   Z.  4;   IG  XII  5,  724- 

15 


114 

Lehrreich  ist  der  Name  Atovöatoj  "Op9uvo?  in  IG  XII  5,  718,  da  er  uns  den  Kult  des 
Dionysos  in  einer  Familie  bezeugt:  Vater  und  Sohn  knüpfen  mit  zwei  verschie- 
denen Namen  an  Dionysos'-')  an. 

Dem  Dionysoskulte  kam  an  Bedeutung  der  des  Apollo  gleich.  Daß  diese 
beiden  Kulte  in  den  Sagen  sich  berührt  haben,  hat  uns  die  Genealogie  des  Heros 
von  Andros  gezeigt.  Dasselbe  lehren  auch  die  oben  genannten  Münzen  von  Andros. 
Der  Kult  des  Apollo  war  uns  schon  durch  die  oben  angeführte  Nachricht  bei 
Himerios  Or.  VIII  7  bezeugt;  aus  den  Inschriften  von  Andros  erfahren  wir,  daß  dort 
ein  Tempel  des  Apollo  stand  und  daß  in  ihm  die  Beschlüsse  der  Andrier  zur 
Aufstellung  gelangten-"). 

Apollo  erscheint  häufig  auf  Münzen  von  Andros.  Eine  Silbermünze  aus  der 
Zeit  393 — 363  bei  Paschalis  a.  a.  O.  312  n.  20  zeigt  das  lorbeergeschmückte  Haupt 
des  Gottes;  auf  einer  andern  aus  den  Jahren  133  und  88  bei  Paschalis  n.  49  ist 
vielleicht  auch  ein  Apollokopf  zu  sehen.  Auf  drei  Münzen  der  späteren  Zeit, 
aus  den  Jahren  67—49  bei  Paschalis  319  n.  50 — 52  sieht  man  Apollo  in 
langem  Gewände.  Sein  Kopf  ist  nach  seiner  rechten  Seite  gewendet,  in 
der  Linken  hält  er  die  Lyra,  in  der  Rechten  das  Plektron.  Den  Einfluß  des 
Apollokultes  zeigen  in  der  Namengebung"  besonders  die  Namen  ApoUonios  und 
Apollonides"'). 

Für  den  Apollokult  auf  Andros  und  sein  unsprüngliches  Verhältnis  zu  den 
beiden  Hauptorten  apollinischer  Verehrung,  zu  Delplii  und  Delos,  ist  die  von 
Herodot  IV  :3i^  ff.  erzählte  .Sage  über  den  Weg,  den  die  von  den  Hyperboreern 
in  Weizenbündeln  ins  Abendland  kommenden  heiligen  Gaben  nehmen,  von  Be- 
deutung. Wir  können  aus  Herodot  entnehmen,  daß  Andros  den  Apollokult  nicht 
bei  diesem  Anlasse  bekommen  hat,  da  die  heiligen  Bündel  Andros  nicht  berühren 
und  dieses  außerhalb  der  Kultgemeinschaft  anderer  dort  genannter  Oite  wie  vor 
allem  Karystos  und  Tenos  erscheint ^^j.  Auf  Andros  überwog  ofi^enbar  der  Kult 
des  Dionysos.  Der  Gott,  den  die  Griechen  —  nach  der  durch  v.  Wilamowitz 
vertretenen  Auffassung  —  in  ihren  Kämpfen  in  Kleinasien  zunächst  als  einen  feind- 
lichen Gott  kennen  gelernt  und  unter  seinem  ungriechischen  Namen  rezipiert  hatten, 
hat  wohl,  nachdem  er  in  Delphi  in  jahrhundertelanger  Entwicklung  zum  grie- 
chischen Gotte  fortgebildet   und   hier   mit   Dionysos   in  Verbindung  getreten  war, 

'')  Über    Dionysos    Orthos    s.    Useuer,    Götter-  des  gewöhnlichen  £'.5  xö  ispöv   To5  'ÄTioW-iovog. 
namen  355.  =')  IG  XII  5,  717,  729,  754,  777,  778,  779,  epi- 

-0}  IG  XII  5,  715—717,  719,  720;  "Apx-  'EfW-  grapli-  Anh.ing   12b;   IG  XII  5,  729,   777. 
Igll  S.  70f.  n.  3,  IV  13;  epigraph.  Anhang  n.  2;  im  --)  Vgl.   v.  Wil.imowitz-Moellendorf,    Antigonos 

epigraph.  Anhang  n.  I   lesen  wir  b'.-  -ii  1163-iov  statt  von   Karystos   136. 


115 

erst  von  hier  aus  auf  Andros  Eingang  gefunden,  um  dann  auch  hier  dem  Dio- 
nysos den  ersten  Rang  streitig  zu  machen'^').  Daß  er  von  Delphi  aus  nach  Andros 
kam,  beweist  der  Umstand,  daß  das  Heiligtum  des  Apollo  in  epigraph.  Anhang  i 
(aus  der  ersten  Hälfte  des  vierten  Jahrhunderts  v.  Chr.)  als  Pythion  bezeichnet 
wird.  Für  diese  Beziehungen  zum  delphischen  Heiligtum  ist  eine  Nachricht  bei 
Pausanias  X  13,  4  von  Bedeutung:  in  Delphi  stand  gerade  gegenüber  dem  vom 
Päonierkönig  Dropion  gestifteten  Bronzeschädel  eines  wilden  Wisents  eine  mit 
Panzer  und  Chlamys  bekleidete  Statue,  die  nach  der  Aussage  der  Delphier  den 
Begründer  des  andrischen  Reiches  und  ein  Weihgeschenk  der  Andrier  darstellte. 
Leider  haben    wir  für  die  Zeit  der  Aufstellung  keine  Angabe. 

Was  den  Kult  des  delisch en  Apollo  auf  Andros  betrifft,  so  wurde  er  durch 
die  politischen  Verhältnisse  des  fünften  und  vierten  Jahrhunderts  begünstigt  und 
wir  sahen  im  Laufe  der  geschichtlichen  Ausführungen,  daß  die  Andrier  zu  dem 
Apolloheiligtum  auf  Delos  recht  enge  Beziehungen  unterhielten.  Hier  sei  noch 
einiges  über  das  andrische  Schatzhaus  in  Delos  gesagt.  Es  wird  als  Oikos  bezeichnet 
und  wir  werden  uns  dasselbe  in  der  Art  vorzustellen  haben,  wie  es  ihrer  so  viele  an 
den  religiösen  Zentren  Griechenlands  gab.  Das  Schatzhaus  war  dem  Apollo  geweiht 
(BCH  XXVn  p.  95  Z.  87)  und  sollte  die  diesem  Gotte  geweihten  Gaben  aufnehmen. 
Wie  lange  es  bestanden  hat,  läßt  sich  nicht  bestimmen-^).  In  der  Übergabeurkunde 
des  Archon  Charilas  I  aus  dem  Jahre  ibq'^'')  finden  wir  es  als  Depot  für  allerlei 
Baumaterialien  und  Werkzeuge  verwendet,  unter  denen  eine  ä\LO(.t,x  -cw  dyäXiiKx'. 
TOö  Aiovüaou  bemerkenswert  ist.  Auch  in  dem  Liventar  des  Sosisthenes"")  sind  in 
dem  Andrierschatzhaus  zuletzt  Materialien  genannt.  Wir  sehen  jedoch  aus  diesen  und 
den  anderen  oben  genannten  Urkunden,  daß  es  auch  seinen  eig'entlichen  Zweck 
erfüllte  und  eine  Menge  von  Weihgeschenken  aller  Art  barg.  Über  diese  hat 
ausführlich  Homolle  gelegentlich  der  Besprechung  des  Demares-Inventars  BCH 
VI    1882,   loSff.  gehandelt. 

Die  Bedeutung  des  Apollokultes  auf  Andros  spricht  für  die  Ergänzung  in 
IG  XII  5,  732  und  lA.px.  'E^r^ii.  ig  11  S.  70  n.  2  III  Z.  6  (vgl.  Hiller  v.  Gaertringen, 
Ath.  Mitt.  XXXIV  S.  i88),  in  der  Apollo  als  Patroos,  d.  h.  als  der  Ursprung  der 

^^)   U.      V.     Wilamowitz  -  Moellendorf,      Hermes  schritt  igio  n.   II  .S.  332  tT. 
XXXVIII  1903  S.  575  ff.;   derselbe,  Greek  historiral  -'j  tjber   dessen  Lage   siehe    O.  Fritsch,  Delos, 

writing    nnd  Apollo.     Two  lectures  delivered  before  die    Insel   des    Apollon  (Gymn.    Bibl.    47.   Heft)   15, 

the  university  of  Oxford  I908  p.  31  f.;   derselbe,  Staat  28,  81. 

und  Gesellschaft  der  Griechen  (Kultur  der  Gegenwart  -■')  Homolle,  BCH  VI   1S82,   135,  Z.  93 — 98. 

II,   IV  1)  33;  Rohde,    Psyche    52  ff.;    W.  Aly,   Der  -O)  BCH   XXVII   1903,   loi   Z.   145  ff. 

kretische    ApoUonUult;   Malten,  Berl.  phil.  Wochen- 


ii6 

andrischen  Geschlechter  und  zugleich  Begründer  der  Niederlassung  und  des  Staates 
gefeiert  und  seine  Gnade  für  den  Demos  erfleht  wird.  Daß  Patroos  in  diesem  Sinne 
aufzufassen  ist,  beweist  hier  auch  die  Verbindung  mit  Bulaia  Hestia-'). 

Für  den  Kult  des  Zeus  haben  wir  ein  sicheres  Zeugnis  in  der  Namengebung^*). 
Von  dem  Kult  des  Atö;  ^hXr/Jo  (statt  des  üblichen  Mt'.Xiylo'j)--')  erfahren  wir  aus  der 
Inschrift  IG  XII  5,  727.  Da  der  Glimmerschieferblock,  auf  dem  die  Inschrift  steht, 
sehr  schwer  ist  und  von  der  unteren  PaläopoHs  nicht  leicht  verschleppt  werden 
konnte,  haben  Pernice  (Ath.  Mitt.  XVIII  S.  g)  und  Paschalis  (Jour.  Int.  d'Arch.  Num.  i 
1898  p.  337)  mit  Recht  angenommen,  daß  der  Bezirk  des  Zeus  Meilichios,  zu  welchem 
der  Stein  als  Grenzstein  gehörte,  in  unmittelbarer  Nähe  des  Steines  gelegen  hat. 

In  IG  XII  5,  728  passen  die  vor  OlTIOr  in  gewöhnlichem  Abstände  befind- 
lichen Zeichen  nicht  zu  dem  von  Hiller  v.  Gaertringen  ergänzten  MO^.  Nach  den 
von  mir  gelesenen  Buchstabenresten  wird  man  am  ehesten  an  die  Ergänzung 
AIIJATOrPIOr  denken,  ein  Name,  der  auf  das  altionische  Geschlechterfest  der 
Apaturien  zurückgeht  und  der  inschriftlich  für  das  ionische  Gebiet  besonders 
häufig  belegt  ist.  Siehe  Sittig  29  ff;  Töpffer,  Pauly-Wissowa  RE  I,  2672.  Die  erste 
Zeile  in  728,  die  sich  durch  die  Größe  der  Buchstaben  von  den  übrigen  abhebt, 
ist  durch  einen  größeren  Abstand  von  den  anderen  Zeilen  getrennt.  Da  in  den 
letzteren  die  Namen  von  Epheben  und  deren  Vatersnamen  gestanden  haben'"), 
wird  in  der  ersten  Zeile  wie  in  IG  XII  5,  729  der  Name  des  Gymnasiarchen  mit 
dem  von  uns  ermittelten  Vatersnamen  zu  suchen  sein.  Die  Annahme  eines  Zeus 
Urios  ist  also  durch  die  neue  Lesung  gegenstandslos  geworden. 

Der  mit  der  Festlegende  der  Apaturien  so  eng  verflochtene  Melanthos,  der 
Eponymos  des  attischen  Demos  Melainai,  hatte  auf  Andros  seinen  Kult.  Dies 
geht  aus  IG  XII  5,  765  hervor,  wo  Bojatzidis 'Apy^. 'Ecpr^ji.  191 1  S.  77  n.  32  APIZTOAIKH 

2')  Vgl.Macr.  Sat.  I  17,  42;  Gruppe  a.  a.  O.  1233;  Atli.  Mitt.  XX  S.  432',  aus  der  die  Inschrift  stammt. 

Gilbert,    Hdb.    d.    Staatsalt.   I   143;    Busolt,    Griech.  Vgl.  auch  Larfeld  II  5  13  ff.  Die  Namensform  Melichios 

Staats-    und  Rechtsaltertümer   I,   206  f^'.;    Schömann-  ist    auch    anderweitig   bezeugt;     vgl.   das    arkadische 

Lipsius,  Gr.  Alt.  I  386  fr.  Ad  MsXixioji    bei    Les  Bas  337;    Hoffmann,    Griech. 

^')  In    den  Kreis   des  Zeus  weist   uns    auch   das  Dialekte  I  33  n.  49;  Bechtel  zu  SGDI  1222,  8,  3482; 

Geschlecht    der    Aiakiden    in    Andros,    welches    den  über   Meilichios    und   die  Vokalisierung    mit  langem 

mit   dem   Kulte    des  Zeus    verbundenen  Aiakos  zum  i  s.   Keil   a.  a.  O.   430  ff.;    dazu  Wilhelm,    Beiträge 

Heros     hat.     Vgl.     Töpffer,    Pauly-Wissowa    RE     I  213,  Absatz   igi;   über  den  Kult  des  Meilichios  vgl. 

920  ff.  noch   Gruppe   a.   3.   O.  go9    und    Anm.   i;    Wilhelm 

^')  Nach  ü  sieht  man  am  Ende  von  Zeile  2   ein  a.  a.  O.   135  f.;     O.   Walter,  Jahreshefle  XIII  1910, 

Zeichen,  das  auf  den  ersten  Blick  wie  die  obere  Hälfte  Beiblatt  S.  233  ff.;  S.  Rcinach,  Cultes,  Mythes  et  Reli- 

eines  r  aussieht.  Hiller  v.  Gaertringen  hält  es  mit  Recht  yions  III   104  f. 
für  einen  Riß.  Hier  eine  ungewöhnliche  Ligatur  anzu- 
nehmen,    verbietet    uns    „die    gute  Zeit"    (Br.  Keil, 


117 

MEAAN0QI  richtiggestellt  hat.  Wir  werden  daher  kaum  fehlgehen,  wenn  wir 
Apaturienfeste  auch  auf  Andres  annehmen^'). 

Für  den  Kult  der  Bulaia  Hestia  zeugt  die  Inschrift  IG  XII  5,  732,  in  der 
ihr  Xame  wohl  mit  Sicherheit  ergänzt  ist.  Hestia,  die  Beschützerin  der  Familie, 
wird  hier  als  Ratgeberin  verehrt.  Sie  personifiziert  den  Dienst  am  Staatsaltar 
und  ist  als  Vertreterin  und  Beschirmerin  der  im  Staatsinteresse  um  den  Altar 
versammelten  Genossenschaften  zu  erblicken.  Diese  ihre  Bedeutung  erhellt  auch 
aus  der  Verbindung  mit  Apollo  Patroos,  wie  in  der  Weihinschrift  von  Milet 
(Ergebnisse  der  Ausgrabungen  II  1908,  100)  Hestia  Bulaia  mit  dem  Apollo  Didy- 
meus  verbunden  ist.  Im  Prytaneion  werden  wir,  wie  in  Athen,  einen  Altar  dieser 
Göttin  anzunehmen  haben  ^^);  dort  schworen  die  Buleuten  ihre  Eide'^).  Ihr  Kult  ist 
möglicherweise  aus  Kleinasien  (Pergamon?)  nach  Andros  gekommen^*]. 

Der  Kult  der  Demeter  und  Köre  wird  durch  die  von  Hiller  v.  Gaertringen, 
Ath.  Mitt.  XXXIV  S.  186  und  Bojatzidis,  'Apx-  'E-.pr^ii.  1911  S.  69  f  n.  i  Fig.  i  ver- 
öffentlichte Weihung  erwiesen,  die  ich  der  ersten  Hälfte  des  vierten  Jahrhunderts 
zuweisen   möchte '"). 

Für  den  Kult  der  Athena  auf  Andros  hat  man  keine  Belege,  so  sicher 
er  auch  auf  Andros  bestanden  hat^").  Schon  mit  dem  Zuge  gegen  Troja  wird 
die  Gründung  eines  Tempels  der  Athena  Tauropolos  auf  Andros  in  Verbindung 
gebracht.    Das    unter    der  Führung   des   Atriden  stehende  Griechenheer  hat  von 

'')  Dieses  Fest  wird  von  Herodot  I  147  als  Merk-  '^)  FürdieWeihungen  an  Demeter,  der  durch  den 

mal  des  reinen  lonertums  hezeichnet.  Mehr  über  die  Einfluß  der  eleusinischen  Legende  Köre  zur  Seite  trat, 

Apaturien  bei  Töpffer,  Pauly-Wissowa  RE  I  2673  ff.;  siehe  die  Weihinschrift  aus  Eleusis  (Dittb.  Sylloge^ 

Samter,  Familienfeste  der  Griechen  und  Römer  70  ff.  1Ö5),  aus  Delos  BCH  II    1878  p.   10  n.   10  und  die 

Ta  "ATiaxo'Jpia  heißt  heute  ein  Dorf  auf  Andros,  doch  mehrerer    Söhne   aus  Halikarnaß   bei   Newton,  Hist. 

sind  dort  keine  Spuren    einer  antiken  Niederlassung  of  discov.    at  Halikarnassus,  Cnidus  and   Branchidae 

zu  sehen.  Miliarakis,  Hypomn.76;  Dragatsis,  Parnassos  I  Tafel  86,  5  ;  Hepding,  Ath.  Mitt.  XXXV  S.  439  ff. 

V  790.  u.    24;    442   n.   25    und    448    n.  28;    Arvanitopulos, 

^-)  Vgl.  Hirschfeld,  Pauly-Wissowa  RE  I   2170;  'Ap/.  "EtprjiJ.    1910  S.  377  n.  24,  wo  zu  Demeter  und 

Jessen,    ebenda    III    1019;    Wachsmuth    III    1038;  Köre  noch  Despotes,  d.  h.  Pluton,  hinzukommt.  Cha- 

Paschalis  a.  a.  O.  337;  IG  XII  5,  722   Z.  13  betrifft  varia,  'AfX-  'EcfT;n.  1911   S.  68  n.  70;  Gruppe,  Griech. 

Adramyttion.  Rel.  u.  Myth.  2,   11 83.    Als  Weihgaben  an  Demeter 

33)  Vgl.  auch  den  kürzlich  von  Ziebarth,  Charites,  sind  vielleicht  drei  im  Museum    von  Andros  befind- 

Friedrich  Leo  zum  60.   Geburtstag   191 1,  404  ff.  be-  liehe  tönerne  Schweinchen  anzusehen.  Birt,  Röscher, 

handelten   Eid   vom  Kloster   Lorsch,    in   der   Hestia  Myth.  Le.\.  I  I,  SO3 ;  Kern,  Pauly-Wissowa  RE  IV 

Bulaia  Z.  3   unter  den  Schwurgöttern  erscheint.  Dazu  275  i ;  vgl.  Frickenhaus,  Wochenschrift  f.  klass.  Phil. 

Dittenberger,   Or.  Gr.  Inscr.  Sei.  332  Anm.   53    und  1911   n.   19  S.  530. 

den  milesischen  Staatseid,    auf  den  Ziebarth  a.  a.  O.  ^O)  Vgl.  Bulle,  Arndt-Amelung,  Einzelaufn.  1329, 

hingewiesen  hat.  gegen    Roß  II  20 ;     Michaelis,    Ann.    d.   Inst.   1863 

3')  Über  Hestia  Bulaia  s.  Preuner,  Hesti;.-Vesta ;  S.  314  und  Conze,  Areh.  Zeitung  1880,  5;  über  die 

Farneil,  The  cults  of  the  greekstates  V345  ff'.;  Gruppe  Münze  mit  dem  Alhenakopf  siehe  Paschalis  a.  a.  O. 

a.  a.  O.   1404  ff.  i2i  n.  4. 


ii8 

Anios  einen  Stier  mitbekommen  und  an  der  Stelle,  wo  dieser  auf  Andros  ans 
Land  springt,  wird  von  ihnen  ein  Tempel  gegründet,  der,  nach  dieser  von  Suidas^') 
vorgebrachten  Erzählung'  zu  schließen,  hart  am  Strande  gelegen  haben  muß. 
Auf  Grund  dieser  Suidasstelle  wird  der  Tempel  der  Athena  Tauropolos  all- 
gemein unweit  des  Meeres  angesetzt^**)  und  Ross  a.  a.  O.  ist  geneigt,  die 
Säulen,  die  etwa  50  Schritte  unterhalb  des  Grabes  liegen,  bei  dem  der  sogenannte 
Hermes  von  Andros  gefunden  wurde,  dem  Athena-Tauropolos-Tempel  zuzuweisen, 
eine  Annahme,  die  durch  die  römischen  Säulentrommeln  und  Kapitelle  nicht 
ausreichend  erwiesen  scheint.  In  der  oben  angeführten  Stelle  bei  Suidas  kommt 
sowohl  der  Name  Tauropolos  als  auch  Taurobolos  vor.  Hier  scheint  nicht,  wie 
Gruppe  a.  a.  O.  1553  Anm.  5  vermutet  hat,  der  Name  vom  Stiersprung  abgeleitet 
zu  sein,  sondern  der  mitgegebene  Stier  soll  auf  das  darauffolgende  Opfer  hin- 
deuten. Die  Suidaserzählung  soll  wohl  mit  Anlehnung  an  Agamemnons  Heeres- 
zug einen  dort  üblichen  alten  Opferbrauch  aitiologisch  erklären^'-'). 

Für  den  Kult  der  Artemis  fehlen  direkte  Nachrichten.  Nicht  Artemis,  wie 
Head  meint,  sondern  der  unbärtige  Dionysos  ist  auf  einer  Münze  (bei  Paschalis 
a.  a.  O.  31(3  n.  ^2)  dargestellt.  Ob  auf  der  Basis  bei  Bojatzidis,  "Apy.  'E-^fr^j-u  191 1 
S.  74  n.  20  (dazu  epigrajDh.  Anhang  S.  161)  bei  den  0'03™  hohen  Buchstaben  'Apxe 
der  Name  der  Göttin  oder  der  eines  Andriers  zu  ergänzen  ist,  ist  unsicher.  Recht 
häufig  begegnet  man  jedoch  in  Andros  Namen,  die  auf  Artemis  Bezug  nehmen: 
Artemeis  IG  XII  5,  77g,  Artemon  734  und  Artemidora  lApy.  'E'.pr;|i.  191 1  S.  75  n.  24 
und  epigraph.  Anhang  161,  Artemidoros  IG  XII  5,  719,  72g,  779.  Zu  letzterem  Namen 
vgl.  Vollgraff,  BCH  1901  p.  238.  Von  Artemis  hat  auch  der  Monat  Aftemision 
seineu  Namen,  der  als  einziger  von  den  andrischen  Monatsnamen  uns  in  IG  XII 
5,  715  erhalten  ist.  Der  Monatsname  'A[px£]u]ccwvo;  ist  auch  in  der  andrischen  In- 
schrift 717  Z.  I  zu  lesen,  wobei  ich  vom  i]  die  untere  Hälfte  gesehen  habe  (s.  Bo- 
jatzidis 'Apx.  'EcfTj[i.  191 1  S.  76  n.  30).  Diese  ionische  Form  des  Monates  kommt  auf 
Delos  und  auf  den  Kykladen  häufig  vor'"). 

^')  S.  V. TauponiÄov;  cf.  Phot.  Patr.,  Aissmv  auva-  Paschalis    a.    a.    O.    324    11.    12    und    336   klargelegt 

f(ufi5  und  Michael  Apostol.  Byz.,  Suvaf  (O^yj  iiapoi[icü)v  worden.   Über  Taurobolien  siehe  Schröder,  Ath.  MiU. 

16,  22;  Hirschfeld,  Pauly-Wissowa  RE  I  2170.  XXIX    1904  .S.  155;    Gruppe  a.  a.  O.;    vgl.  Zippe), 

ä')  Roß    n    20;    Hirschfeld    a.    a.    O.;     Weil,  Festschrift  zum  jOjährigen  Doktorjubiläum  für  Lud- 

Ath.  Mitt.  I   1876  S.  240.  wig  Friedländer  1895,   498  fF.;    Hepding,  Attis,  seine 

^'■')  Goltz,    Graec.    Numisra.    Ins.    PI.    XVII    5,  Mythen  u.  sein  Kult  177  ff.;    Showerman,  The  great 

p.  257  bezog   auf  die  von  Suidas    erzählte  Begeben-  raother  of  the  gods  2S0  f. 

heit  und  das  darauf  der  Athena  dargebrachte  Stier-  ■"")  Kubitschek,  Pauly-Wissowa  RE  II  1492;  Ho- 

opfer  die  Darstellung  auf  einer  goldenen  Münze  von  moUe,  BCH  V  26  ff. ;  VI  107  ff. ;  XIV  493;  Lehmann- 

Andros.    Doch   ist  die  Unechtheit  dieser  Münze  von  Haupt  hei  Gercke-Norden,  Einl.  in  die  Altert.  III  bq. 


119 

Auf  einer  andrischen  Münze,  die  auf  einer  Seite  das  Bild  des  Geta  träg-f*'), 
erscheint  auf  der  andern  Seite  die  ephesische  Artemis,  die  von  Ephesos  aus,  dem 
Sitze  des  römischen  Prokonsuls  in  der  römischen  Kaiserzeit,  leicht  auf  den  Inseln 
Eingang  finden  konnte. 

Auf  den  Inschriften  von  Andros  XII  5,  729  und  epigraph.  Anhang  4  erscheint 
Hermes  mit  Herakles  als  Beschützer  der  Gymnastik  und  Agonistik*-).  In  der 
ersteren  Inschrift  haben  wir  eine  Ephebenliste  vor  uns,  an  deren  Spitze  der 
Gymnasiarch  gestanden  hat.  Es  ist  eine  Weihung  an  Hermes,  dessen  Name  hier 
mit  Sicherheit  zu  ergänzen  ist,  und  an  Herakles.  In  der  zweiten,  die  eio  Dekret  zu 
Ehren  eines  Gj'mnasiarchen  enthält,  wird  von  dem  Opfer  gesprochen,  das  der 
Gymnasiarch  den  beiden  dargebracht  hat. 

Als  bildliche  Darstellung  des  Hermes  muß  neben  einer  von  Rivola  a.  a.  O. 
60  erwähnten,  nun  verschollenen  Statue  der  sogenannte  Hermes  von  Andros 
im  Nationalmuseum  von  Athen  genannt  werden.  Die  Statue  ist  laut  Fundbericht 
des  Trikupis  (Bulletino  1833  S.  90)  von  Demeter  Coracesi  im  Jahre  1833  in  Paläo- 
polis  bei  der  Bearbeitung  seines  Grundstückes  in  der  Nähe  eines  Grabes  zusammen 
mit  einer  i"72"'  hohen  weiblichen  Figur  in  langem  Himation  (n.  21g  des  Katalogs 
des  Nationalmuseums  in  Athen,  bei  Sybel  Katalog  der  Skulpturen  zu  Athen  n.  265; 
Collignon,  Les  statues  funeraires  dans  l'art  grec  168 ff.),  deren  Kopf  uns  nicht 
erhalten  ist,  gefunden  worden*^). 

Die  Frage,  ob  diese  Statue,  von  der  eine  Reihe  von  Repliken  sich  erhalten 
hat")   und   die  wie  allgemein  angenommen  wird,  ein  Werk  der  Schule  des  Praxi- 

*')  Paschalis  a.  a.  O.  323  n.  68  v.    Sybcl,    Katalog    der   Skulpturen    zu    Athen    264; 

*')  Jüthner,  Pauly-Wissowa  RE  VII  2071  f.  Friedrichs-Wolters,    Gipsabgüsse    antilser    Bildwerlce" 

*^)  Rolj,  Reisen  auf  den  griech.  Inseln  II  16  ff.;  1220;  Lepsius,  Griech.  Marraorstudien   1890  n.  286; 

derselbe,  Wanderungen  in  Griechenland   im  Gefolge  Rrunn-Bruckmann,  Denl;m.  griech.  u.  röm.   Skulptur 

des    Königs   Otto    und    der   Königin  Amalie  II    28;  n.   18;   Amelung,  Die  Basis  des  Praxiteles  aus  Man- 

Fiedler,    Reise    durch    alle   Teile    des   Königreiches  tinea  28;   Furtwängler,  Meisterwerke  der  gr.  Plastik 

Griechenland  II  222:  Buchen,  Voyage  221  f.;  Pittakis,  571   Anra.  4;     Collignon,    Histoire    de    la    sculpture 

'E'.fr/|i.  "Apx*   1844  S.  544  n.  915;    Stephani,   Parerga  grecque383;  Kavvadias,  F^UTixa  toO  iS-ziKoO  [lOuaEiou 

archaeologica  n.  11  (Melanges  greco-romains  I  Taf.  I  (1890 — 1892)  n.  218;   Kastriotis,  rXuTixa  xoü  43-vtxot5 

296);   Saulcy,  Rev.  arch.  1845  P-  263;   Les  Bas,  ebd.  |iou3££ou  1908,  46  n.  218;   W.  Klein,  Praxiteles  1898, 

1846,  281   Taf.   53,    2;     Rivola  a.  a.  O.   59;     Arch.  390  Anm.  i  n.  I ;  394;  Farnell,  The  cults  of  the  greek 

Anzeiger  XVIII  1860  S.  22;    Pervanoglu,  Die  Grab-  states  V  37  ff. ;    Amelung,    Skulpturen    des  vatikani- 

steine  der  alten  Griechen,  Leipzig  1863  S.  27;  Conze,  sehen  Museums,  Corlile  del  Belvedere  II  n.53  S.  135  f.; 

Sitzungsber.  d.  königl.  preuß,  Akademie  d.  Wissen-  Stais,  Marbres  et  bronces  du  musee  national  1 910  S.  49 

schalten  1884S. 622;  ebenders.,  Arch.  Anz.  1867.S.  106  n.   218  und   219;    Collignon,    Les    statues    funeraires 

u.  Reise  auf  den  Inseln  des  Thrak.  Meeres  1860,  19;  dans    l'art    grec  316  ff.  Abb.  200    u.  201 ;    Lippold, 

Kekule,   Die  ant.  Bildw.  im  Thes.  zu  Athen  n.  368;  Jahrbuch  d.  deutschen  arch.  Inst.  XXVI  191 1  S.279ff. 

Newton,  Antiq.  at  Athens   23;  Körte,  Ath.  Mitt.  III  '*)  So  der  Torso  im  Palazzo  Vecchio  in  Florenz 

S.  looff.;  Dütschke,  ant.  Bildw.  in  Oberitalien  IV  34  bei    Arndt- .'\melung,  Finzelauf.   341 ;    der   Torso   im 


I20 


teles  ist,  Hermes  Enagonios,  Chthonios  oder  Ps^^chopompos  darstellt  oder  ob  wir 
den  Toten  in  Gestalt  des  Hermes  verklärt  vor  uns  haben,  kann  nach  den  Fund- 
umständen zu  Gunsten  der  letzteren  Ansicht  entschieden  werden. 

Für  den  Kult  des  Herakles  auf  Andros  sprechen  vor  allem  die  beiden  oben 
erwähnten  Inschriften,  in  denen  Herakles  neben  Hermes  als  Gott  der  Ag-onistik 
und  Gymnastik  erscheint  und  dann  das  bekannte,  aus  Andros  stammende,  jetzt 
im  Museum  von  Neapel  befindliche  Relief*"").  Ein  Gegenstück  dazu  befindet  sich 
in  Athen  im  Magazin  des  Akropolismuseums  unter  n.  2586*'').  Für  die  Deutung  des 
Baues,  an  dem  Herakles  ruht,  ist  der  vor  kurzem  erschienene  Aufsatz  von  Fricken- 
haus,  Ath.  Mitt.  XXXVI  S.  1 1 3  ff.  zu  vergleichen  ").  Wenn  Frickenhaus'  Beobach- 
tungen wirklich  zutreffen,  dann  sind  wir  berechtigt,  auf  Grund  des  Reliefs  unter 
den  Bauten,  die  einst  auf  Andros  bestanden  und  noch  einer  Aufdeckung  harren, 
auch  ein  Herakleion  anzunehmen'**). 

Für  einen  Kult  der  Nymphen  spricht  das  Seite  40  erwähnte,  im  Museum 
von  Andros    befindliche  Nymphenrelief*^).    Ebenso  wird   der   Nymphen    auch    auf 


Athen.  Nalionalmuseum  aus  Melos  bei  Arndt-Amelung 
715  und  das  Fragment  in  der  Sammlung  Nclidow, 
Arndt-Amelung  III  S.  30;  eine  Replik  des  Kopfes  des 
Hermes  von  Andros  ist  der  Jünglingskopf  aus  Florenz, 
Uffizien  (Arndt-Amelung  Sgjg),  der  auf  der  Statue 
Duhn  76  aufsitzt;  sodann  der  Kopf  in  der  Münchner 
Glyptothek  5201,  der  Gipskopf  in  der  Kunstakademie 
in  München,  Arndt-Amelung  877/78,  dessen  Original 
verschollen  ist;  ein  Kopf  im  Braccio  nuovo  des  vati- 
kanischen Mus.  bei  Amelung,  .Skulpturen  d.  vat. 
Mus.  I  n.  132;  die  weiteren  s.  bei  Lippold,  Jahrb.  d. 
deutschen  arch.  Institutes  XXVI  1911  S.  279  Anm.  I. 

*')  Abgab.  Kekule,  Hebe  44  Taf.  IV  I;  Arndt- 
Amelung,  Einzelverkauf  n.  527;  Literatur:  P'riedrichs- 
AVolters  n.  1203;  Guida  del  Museo  di  Napoli 
n.   140;    Frickenhaus,  Ath.  Mitt.  XXXVI  S.  123  fr. 

*^}  Friedrichs- Wolters   n.   1204. 

*')  Die  Inschrift  IG  XII  5,  2,  1107,  die  auf  den 
zwei  Stufen  des  Neapler  Reliefs  zu  lesen  ist,  konnte 
ich  im  Neapler  Museum  überprüfen,  vermag  aber 
keine  sichere  Deutung  der  wenig  sorgfältigen  Buch- 
staben zu  geben.  Auf  der  oberen  Stufe  steht  KPA- 
TE2IEP0;  nach  0  können  noch  drei  Buchstaben  Platz 
haben:  man  glaubt  zuerst  eher  T  .als  E  zu  lesen, 
hernach  sind  noch  drei  vertikale  Hasten  sichtbar. 
Ob  hier  der  Name  des  Weihenden  mit  dem  Vaters- 
namen oder  zwei  Stifternamen  gestanden  haben,  ver- 
mag ich  nicht  sicher  zu  entscheiden.  Den  zweiten 
Namen    möchte   ich    am    ehesten    zu    IEPO[rEX    er- 


gänzen. Auf  der  unteren  Stufe  liest  man  0-ION,  was 
uns  an  die  Worte  äsiov  äty.atov  erinnert,  die  in  einer 
thessalischen  Inschrift  des  vierten  oder  dritten  Jahr- 
hunderts V.  Chr.  zum  erstenmal  (bei  Arvanitopulos, 
Revue  de  Philologie  XXXV  191 1  p.  294  n.  43)  vor- 
kommen. Die  Formel  bezieht  sich  in  letzterer  In- 
schrift auf  den,  „qui  a  fait  dresser  la  stele  sur  la 
tombe,  se  conforraani,  aux  devoirs  divins  (östo);) 
et  humains  (Sixaimg),  devoirs  envers  les  enfers, 
devoirs  exiges  par  les  lois  humaines".  Auf  dem 
andrischen  Relief  liest  man  nur  ccov,  woraus  man 
schließen  kann,  daß  das  Relief  ein  Weihrelief  ist. 
Es  kann  sich  bei  diesem  nur  um  eine  Verpflichtung 
der  Gottheit  gegenüber  handeln.  Ein  Sixa'.ov  wäre 
bei  einem  Weihrelief  gar  nicht  zu  verstehen.  Hier 
sei  noch  nachgetragen,  daß  man  vor  dem  Gesichte 
des  Jünglings  ein  mehr  eingekratztes  als  eingemeißeltes, 
0'028"' hohes  E  und  daneben  ein  tauförmiges  Zeichen 
(ein  um  90"  nach  rechts  gewendetes  E  (?))  sieht;  dar- 
unter erkennt  man  ein  von  rechts  nach  links  geschrie- 
benes N   und  hernach  die  Buchstaben  KAA. 

■")  Für  die  ionischen  Heraklcskulte  vgl.  Paul 
Friedländer,  Heraklessagen.  Geschichtliche  Unter- 
suchungen (19.  Heft  der  philolog.  Untersuchungen 
V.  Kießling  u.  v.  Wilamowilz)   156  ff. 

*")  .Siehe  auch  Svoronos,  Das  Athener  National- 
museum 442  ff.  n.  1443,  1444,  1445,  144G,  1447, 
1448,  Tafel  LXXII,  LXXIII  und  LXXIV  und 
Röscher,  Myth.  Lexikon  III   I,   535. 


121 

einer  in  einer  Mauer  von  Paläopolis  gefundenen  Inschrift  IG  XII  5,  731  Er- 
wähnung getan. 

Nach  Paschalis,  Journ.  Int.  d'Arch.  Num.  I  1898  p.  336  sollen  unter  anderem 
auch  Denkmäler  des  Hekatekultes  vorhanden  sein  und  Rivola  a.  a.  O.  60  erwähnt 
ein  gut  erhaltenes  Bild  der  Hekate  Epipyrgidia  auf  einer  viereckigen  Basis,  das 
auf  der  Insel  gefunden  worden  sein  soll. 

Die  Inschrift  IG  XII  5,  730,  welche  in  Varidhi  zu  Tage  kam  und  die 
Namen  Nqisati;  y.al  'Aopaatsta  trägt,  bezeugt  uns  den  Kult  dieser  beiden  Schick- 
salsgottheiten auf  Andros'''').  Sie  sind  auf  den  Inseln  wohl  vom  kleinasiatischen 
Festland  übernommen  worden,  wo  ihr  Kult  wahrscheinlich  in  Smyrna  zuhause  war^'). 

Auf  der  Inschrift  ^PX-  'Ecpr;|i.  1 9 1 1  S.  7 1  n.  4  liest  man  in  Buchstaben  der 
Kaiserzeit  nach  dem  Namen  Atjont^ou?  noch  xorc;  »/a-ca  —  — ,  das  ich  zu  xaT:a[)(8-o- 
Vt'ot;  ^£or?  ergänzen  möchte. 

Von  dem  Herrscherkult,  der  für  die  Reiche  der  hellenistischen  Zeit  be- 
zeichnend ist  und  auf  x\lexander  den  Großen  zurückgeht  ^^),  finden  wir  auch  auf 
Andres  Spuren :  In  der  Inschrift  epigraph.  Anhang  n.  4  ist  ausdrücklich  vom  Geburts- 
tag des  Königs  und  von  damit  verbundenem  Opfer  und  einer  Festlichkeit  die  Rede. 
Auch  werden,  wenn  die  Ergänzungen  zutreffen,  die  den  verstorbenen  Mitgliedern  des 
königlichen  Hauses  erwiesenen  Saca  genannt.  Wenn  wir  auch  nicht  mit  Sicherheit 
bestimmen  können,  um  welchen  König  aus  dem  Reiche  der  Attaliden  es  sich 
handelt,  so  ist  die  Inschrift  wichtig,  da  sie  uns  den  Bestand  des  Kultes  der  Atta- 
liden, den  Cardinali  in  seiner  ausführlichen  Abhandlung  II  regno  di  Pergamo 
143  ff.  und  156  als  einen  offiziellen  bezeichnet,  auch  auf  Andros  beweist.  Zur 
Zeit  der  römischen  Herrschaft  auf  Andros  ist  uns,  wie  oben  S.  92  f.  erwähnt,  für 
Hadrian  der  Zeus  Olympios-Kult  durch  einige  Altäre  bezeugtes),  die  ihm  als  Soter, 

^'')  Über  Adrasteia  und  Nemesis  siehe  Röscher,  ^')  Vgl.  Gruppe,   Die  mythol.  Literatur  aus  den 

Mythol.  Lexikon  I   I,    77  f.,    III   i,    117  f.;     Preller,  Jahren   1898— 1905,  385   und  565. 

Griech.  Mythologie  (4.  Aufl.)  I  535,   538   u.  Anni.  i;  *^)  Über  die  Ursprünge  der  göttlichen  Verehrung 

II  487  flf. ;  Famell  II  49g,  500.  Adrasteia  u.  Nemesis  der  Herrscher  siehe  Karst,  Studien  zur  Entwicklung  u. 

sind    aus    Kos    durch    die    Sakralinschrift   Inscr.    of  theoretischen  Begründung   der   Monarchie    im  Alter- 

Kos  29  bekannt.  Eine  zweite  Sakralinschrift  aus  dem  tum  43  ff.;   derselbe,  Geschichte  des  hellen.  Zeitalters 

Heiligtum  der  Adrasteia  und  Nemesis  auf  Kos  ver-  I    386  ff.;   II    374  ff.  und  besonders  Beilage   II,  Der 

öffenüicht  Herzog,  Ath.Mitt. XXIII  S.  451  ff.;  derselbe,  hellen.  Herrscherkult;  Kornemann,  Beiträge  zur  alten 

Kölsche  Forschungen  u.  Funde  46;  vgl.  zuletzt  auch  Geschichte   I  51   ff.,  85   ff.,   143;    Prott,    Athenische 

Vasile  Pärvan,    Contributii  epigrafice  la  istoria  eres-  Mitteilungen    XXVI    S.   173  ff.;    CardinaU,  II  regno 

tinismului  Daco-Roraan,  Bucuresti  191 1  p.  121  ff.;  Per-  di  Pergamo   143  ff.;   Beloch,    Griechische  Geschichte 

drizet    BCH  XXXVI    248  ff.  und  Catalogue    de    la  III  I,  49;  A.Bauer,  Vom  Griechentum  zum  Christen- 

CoUecüon  Fouquet  S.  38;  Kubitschek,  Jahrb.  f.  Alter-  tum   53  ff. 

tumsk.  IV  147;   VI  5  ff.;  v.  Bissing,  Jahresh.  XV  78.  ")  IG  XII  740—746;  vgl.  747. 

Sauciuc,  Andros.  lo 


als  Erlöser  und  Befreier  aus  der  wirtschaftlichen  und  geistigen  Not'*),  als  ■/.■ui'axrj; 
Tf;;  o'.y.w[i.irrfi,  dem  eigentlichen  Begründer  der  Weltherrschaft'''')  und  als  Olympios 
(ein  Beiname,  der  Zeus  gleichwertig  ist  und  seit  128/9  immer  wiederkehrt) 5^)  ge- 
weiht sind. 

In  Andros  fanden  auch  fremde  Kulte  Aufnahme  und  eifrige  Pflege: 

Für  den  Kult  der  asiatischen  Göttermutter  auf  Andros  ist  auf  den  in  IG  XII 
5>  7  77  öfters  wiederkehrenden  Namen  Metrodoros  hinzuweisen.  Vgl.  Vollgraff, 
BCH  XXV  igoi  p.  239.  Dann  sind  hier  zu  erwähnen  zwei  einst  im  Museum 
von  Andros  befindliche,  jetzt  verschwundene  kleine,  o'2o"'  hohe  Reliefs  mit  giebel- 
förmigem  Abschluß.  Im  vertieften  Relieffelde  ist  die  thronende  Kybele  im  zwei- 
fachen Chiton  und  Mantel  darge.stellt,  mit  dem  Modius  auf  dem  Kopfe,  in  der 
Rechten  hält  sie  die  Phiale,  in  der  Linken  das  Tympanon.  Zu  beiden  .Seiten  der 
Göttermutter  stehen  an  dem  rechten  und  linken  Pfeiler  die  flachen  Reliefs  zweier 
männlicher  Gestalten  (wohl  Diener)  aus  dem  Gefolge  der  Göttin'''). 

Auf  den  aus  Phrygien  stammenden  Gott  Men  weisen  Namen  hin  wie 
Menogenes  in  'Apy.  'Ecprj[i.  191 1  .S.  75  n.  24,  Menodotos  IG  XII  5,  71g  und  734, 
Menophilos  in  729;  zu  einem  mit  Men  zusammengesetzten  Namen  ist  vielleicht 
auch  'Apy.  'E'fTj|i.  a.  a.  O.  n.  8  Z.   9  zu  ergänzen'''*). 

Für  den  Kult  der  ägytischen  Isis  haben  wir  den  großen  Hymnos  von 
Andros,  der  nicht  nur  ein  wichtiges  Zeugnis  für  den  Dienst  dieser  Gottheit  auf 
Andros  darstellt,  sondern  für  den  Isiskult  überhaupt  von  Bedeutung  ist.  Nach 
der  gründlichen  Überprüfung  dieser  Inschrift  durch  Alfred  Schiff  vermag  ich 
nichts  wesentliches  Neues  zu  dem  Texte  der  Inschrift  vorzubringen,  die  ober- 
halb der  Tür  des  dem  Konstantinos   J.   Lukrezis   gehörigen   Hauses    als   Türsturz 

^*)  Über  Soter,  das  deutsche  „Heiland",  vgl.  Kürst  Justinien,    Paris   189I;    über  Hadrian   38;    vgl.  auch 

Gesch.  d.  hellenist.  Zeitalters  II  379  Anm.  2;  P.Wend-  Fritz  Blumenthal,  Der  ägypt.  Kaiserkult,  Archiv  für 

land,  Zeitschrift  f.  d.  neutestam.  WissenschaftV  1904,  Papyrusforschung    und  Verwandtes  V   3171!.;     über 

335  ff. ;  Deißmann,  Licht  vom  Osten  265;  Reitzenstein,  Kaiserfeste  336  f  ;  über   Gedenktage  der  königl.  Fa- 

Die  hellenist.  Mysterienrel.  26;   213;  Dölger,  'Ixi^'J;,  milie  vgl.  Schürer,  Zeitschrift  für  neutestam.  Wissen- 

Das  Fischsymbol  in   frühchristl.  Zeit  413  ff.;  458  ff.  schaft  1901  S.  48ff.;   Keinen,  Zur  Begründung  d.  rüm. 

=')  Über  den  Ehrentitel  xxiaxYjj  s.  Fried r.  Pfister,  Kaiserkultes,  Klio  XI  1911,  129  ff. 

Der    Reliquienkult     im     Altertum    I     1909,     296  ff.  '•''')  Für  die  Kybele-Darstellungen  siehe  Svoronos, 

(Religionsgesch.  Vers,   und  Vorarb.   Bd.  V);    Scher-  Das  Athener   Nationalrauseum   Tafel  LXVI— CXX. 

mann,  Griech.  Zauberpapyri  und  das  Gemeinde-  und  ^')  Über  die  Bedeutung  und  Verbreitung  dieses 

Dankgebet  im  I.  Klemensbriefe  31  f.;   Plauraann,  Pto-  Gottes  bei  den  Griechen  siehe  die  Ausführungen  von 

lemais  in  Oberägypten,   Diss.  Leipzig   1910,   88  ff.  Perdrizet,  BCH  XX  1896  p.  55  ff.  und  Sittig  153  ff.; 

^^)  ÜberOlympiosraeineBemerkungen  auf  S.92f.;  Oikonoraos,  "Apx-E^vjii.  Igli  S. 240.  Vgl. auch  Useners 

für  den  Herrscherkult  im  römischen  Reiche  s.  Bauer  Götternamen   174  ff.  und  Perdrizets  Bemerkungen  zu 

a.  a.  0.74  ff. ;  l'Abbe  Beurlier,  Le    cult  imperial,  son  dem   Beinamen    Sozon    a.  a.  O.  98,    der   auf  Andros 

histoire,    son    Organisation    depuis    Auguste    jusqu'a  (IG  XII  5,  782  c)   auf  Menschen   übertragen  wurde. 


123 

eingemauert  ist  und  hier  beständig  unter  den  Einflüssen  der  Witterung  zu  leiden 
hat^'').  Betreifs  der  Abfassungszeit  dieses  Hymnus  kann  ich  nur  Hiller  v.  Gaertringen 
beistimmen,  der  in  IG  XII  5,  739  die  gesamte  bezügliche  Literatur  angibt^"). 
Daf3  dieser  Isishymnus  mit  dem  Isisdienste  auf  Andros  unmittelbar  zusammen- 
hängt, darauf  hat  schon  Bergk  (Zeitschrift  für  die  Altertumswissenschaft  1843 
S.  41)  hingewiesen  und  es  ist  nicht  unwahrscheinlich,  daß  der  Stein  an  einem 
der  Isis  geweihten  Orte  auf  Andros  aufgestellt  war. 

Der  Name  Isidoros,  den  wir  IG  XII  5,  730  lesen  und  den  Memmius 
Rufus  führt,  setzt  ebenfalls  den  Isiskult  voraus '"^).  Bergk  weist  auch  noch  auf  eine 
Inschrift  bei  Böckh  (CIG  II  2348  =  IG  XII  5,  797)  hin,  wo  man  „supra  iuvenem 
Isiacum'-  die  Buchstaben  AßPOOEOI]  j  TO  gelesen  hat.  Doch  waren  die  Be- 
mühungen, diesen  „iuvenem  Isiacum"  ausfindig'  zu  machen,  erfolglos;  ebenso  blieb 
eine  „statua  Isiaca",  die  Rivola  a.  a.  O.  57  nennt,  verschollen.  Die  nähere  Be- 
kanntschaft mit  dem  Isiskult  machten  die  Griechen  auf  Andros  wahrscheinlich 
zu  der  Zeit,  als  die  nach  dem  Tode  Alexanders  des  Großen  erfolgten  Verwicklungen 
die  griechische  Welt  in  engere  Berührung  mit  Ägypten  brachten''^).  Die  im  Jahre 
308  V.  Chr.  erfolgte  Befreiung  der  Insel  Andros  von  der  makedonischen  Besatzung 
durch  Ptolemaios  und  die  darauffolgende  Oberherrschaft  der  Ägypter  auf  Andros 
und  im  ägäischen  Meere  wird  den  Grundstein  für  den  Isiskult  gelegt  haben. 
Der  Umstand,  daß  die  Politik  der  Ptolemäer  auf  den  religiösen  Ausgleich  gerichtet 
und  in  der  hellenistischen  Zeit  die  ägyptische  Flotte  unaufhörlich  in  dem  ägäischen 
Meere  beschäftigt  war,  wird  die  Aufnahme  der  Isis  auf  Andros  begünstigt  haben^^). 

'')  Vgl.  Fr.  Hiller  v.  Gaertringen  und  A.  Scliiff,  Dictionnaire  des  anliquites  grecques  et  roniaines  III  I, 

Jahreshefte  VI  Beiblatt  96  IT.  577  ff-;    Gruppe,    Griech.    Myth.    15631!.;     de    Jong, 

^'j  Dazu   Deißmann,    Licht    vom    Osten    91    und  Das    antike    Mysterienwesen    34  ff.;     vgl.  Hertzberg, 

94ff. ;  Rusch,  De  Tside  et  Serapide  in  Graecia  cultis.  Gesch.  Griechenlands  unter  der  Herrschaft  der  Römer 

Berlin.  Diss.  1906  p.  58.  Wie  ich  Cumont,  Die  Orient.  II  267;    für   die   Isis    bei    den  Römern  s.   Wissowa, 

Religion    im    röni.  Heidentum   (deutsche  Ausgabe  v.  Rel.  u.  Kultus  d.  Römer  '•'  351  ff.    und  Friedländer, 

Gehrich)  1910  S.  26  Anm.  6  entnehme,  setzt  v.  Wila-  Darstellungen  aus  der  Sittengeschichte  Roms  8.  Aufl. 

raowitz-Möllendorf  diesen  Hymnus  nicht  später  als  in  IV    144,  213  ff.;  Dieterich,  Mutter  Erde,  ein  Versuch 

die  Zeit  Ciceros  und  wahrscheinlich  Sullas  Zeit,  ebenso  über    Volksreligion,     Leipzig -Berlin     1905,     83  ff.; 

Christ-Schmid,  Gesch.  d.  gr.  Litt.  2,   24g.  Usener,    Götternaraen    340  ff  ;     Drexler,    Der   Kultus 

^')  Vgl.    Carol.    Keil,    Specimen    onomatologiae  der  ägypt.  Gotth.  i.  d.  Donauländern  passim;  Weiß- 

graecae    1840,     5  f.     und     Ed.   Meyer    bei     Röscher  häupl,  Jahreshefte  XII  1910,   170  ff.;  Vasile  Pärvan, 

II   I,    372;     zur   Doppelnamigkeit   in  Ägypten    siehe  Contributii  epigrafice   la  istoria   cre^tinismului  Daco- 

Dr.  M.  Lambertz,    .Sonderabdruck    aus    dem  Jahres-  Roman,  Bucuresti,  Socec   191 1   passim. 
bericht  des  Elisabeth-Gymnasiums,  Wien  191 1  S.  I  ff.;  ''')  Über    das    Bemühen    der   hellen.    Herrscher 

vgl.  derselbe,   Glotta   IV  78  ff.  und   135  ff.  Ägyptens,  hier  einen  religiösen  Synkretismus  herbei- 

^^)  Ed.  Meyer  bei  Röscher,  Myth.  Lexikon  II  I,  zuführen  vgl.  M.  Lambertz,  Sonderabdruck  aus  dem 

36off.;   Ed.  Drexler  ebendaselbst  373  ff  ;  G.  Lafaye,  Jahresbericht  des  Elisabeth-Gymnasiums,  Wien  1911, 

16* 


124 

Als  ein  Zeugnis  für  die  Verbreitung  der  ägyptischen  Götterkulte  durch  die  Vor- 
herrschaft der  Ptolemäer  in  dem  Gebiete  des  ägäischen  Meeres  kann  auch  die 
unlängst  veröffentlichte  Inschrift  aus  Barbylia  aus  dem  dritten  Jahrhundert  v.  Chr."*) 
gelten.  Die  weiteren  Phasen  ihrer  Verbreitung  auf  Andres  lassen  sich  nicht  verfolgen. 

Auf  den  ägyptischen  Ammon  weist  uns  der  Widmungsname  Ammonios 
in  IG  XII  5,  779")- 

Den  Kult  des  Mithras  auf  Andros  bezeugt  uns  die  Rom.  Mitt.  XXV  263  ff. 
veröffentlichte  Inschrift  aus  Paläopolis.  Mithras  wird  hier  nicht  mit  Namen  ge- 
nannt, sondern  erscheint  als  Deus  Sanctus  Invictus'"'').  Die  Inschrift  ist  wichtig, 
weil  sie  und  eine  Inschrift  im  Piräus  (bei  Cumont,  Textes  et  monuments  figures 
relatifs  aux  mysteres  de  Mitra,  Supplem.  46g  n.  220)  die  einzigen  Denkmäler  des 
Mithraskultes  im  Gebiete  des  ägäischen  Meeres  sind^'). 

Welche  Gottheit  es  ist,  deren  Agalma  in  IG  XII  5,  737  genannt  wird  und  für 
welche  Gottheit  Memmius  Rufus  in  738  den  vao;,  das  upov«lbv,  den  ^(Ojis;  und  das 
ayaX|ia  herstellen  ließ,  muß  dahingestellt  bleiben"*). 

Was  den  Kultbetrieb  auf  Andros  betrifft,  so  hören  wir  in  der  guten 
griechischen  und  in  der  hellenistischen  Zeit  wenig  davon.'  In  der  Bürgerrechtsver- 
leihung IG  XII  5,  718  erfahren  wir  von  tepa  xxi  oaix,  zu  denen  der  neue  Bürger 
Zutritt  bekommt  und  die  wir  am  ehesten  durch  das  lateinische  sacra  et  profana 
wiedergeben  werden.  In  715  und  720  gilt  als  Privileg  der  Zutritt  zu  Rat  und  Volk 
unmittelbar  p.£xä  x«  tepa,  wodurch  die  kultliche  Gebundenheit  deutlich  zum  Vorschein 

5,    12;    Ernst   Schmidt,    Kultübertragungen,    Gießen  Avezon    u.    Picard,    Rev.    de    l'hist.    des   relig.    LIV 

(Religionsgesch.    Vers,    und    Vorarb.    VIII'2)     1909  ijgff.;   Phythian-Adams  Journ.  of  rom.  stud.  II  53  ff.; 

S.  78  ff. ;  WalterOtto,  Priester  und  Tempel  im  hellen.  J.  Toutain,   Les    cults    paiens  II   121  ff.;     A.  Kluge, 

Ägypten  II  261  ff.;   Bouche-Leclerq,  Histoire  des  La-  Der    Mithnikult,     seine     Anfange,     EntwicUlungsge- 

gides  I   103  ff.  schichte    und    seine   Denkmäler,    Leipzig    191 1    (be- 

«*)   Keil,   Jahreshefte  XIV    191 1,    Beiblatt    5/1.  sprochen  Rev.  n.   18—21,   191 II;    von    Cumont,    Die 

5')  Über  Aramon  außerhalb  Ägyptens  und  Nord-  Mysterien  des  Mithra,    ist   1911   die   zweite   Auflage 

afrikas  s.  Drexler,    Der    Kult    der   ägypt.   Gottheiten  erschienen;  vgl.  A.  Jakobi,  Die   antiken    Mysterien- 

in    den    Donauländern    134  ff.;    Toutain,    Les    cultes  religionen  und  das  Christentum;  de  Jong,  Das  antike 

paiens  dans  l'emp.  rom.  II  7.  Mysterienwesen;  über  die  Stellen,  an  denen  Sanctus 

*8)  Die  Literatur  über  Mithras  s.  Rom.  Mitt.  XXV  für  Mithras  nachweisbar  ist,  siehe  Höfer  bei  Röscher 

268  Anm.2;  dazu  noch  Usener,  Rhein.  Mus.LX465ff.;  a.  a.  O.  60.  Lieferung  1909,  319  f.  und  Sauciuc,  Rom. 

Domaszewski,  Westdeutsche  Zeitschrift  für  Geschichte  Mitt.  XXV  269  Anm.  2;    Link,   De  vocis   „Sanctus" 

und  Kunst  XIV   189S,  58,    59  und   Anm.   252,    66;  usu  pagano.   Diss.  Königsberg   1910. 

Dieterich,    Eine  Mithrasliturgie    2.  Aufl.   I910;    Miß  ^')  Cumont  bei  Röscher,  Mythol.   Lexikon  II  2, 

Weeden  Cooke,    The  cult  of  Mithras  in  Rome,    im  3032;  vgl.  Preller,  Rom.  Mythol.^  II  411. 

Journal   of  the  British  and  American  Archaeological  ^')  Daß  es  nicht  der  Tempel  der  Athene  Tauro- 

Society  ot  Rome,  volume  IV  1907/8  161  ff'.;   Salomon  polos  sein  kann,  den  Suidas  erwähnt  und  der  unweit 

Reinach,    Cultes,    Mythes    et    Religions    II    220  ff.;  des  Strandes    gelegen    haben   muß,    hat  Ross  II   20 

C.  Fossey,  Journal  asiatique  Mai,  Juni  1910  p.  523;  behauptet. 


125 

kommt.  Die  Ergänzung  im  epigTaph.  Anhang  n.  4  Z.  5  ol  Sexa  iepa ...  ist  unsicher,  so 
daß  ich  nicht  zu  entscheiden  wage,  ob  es  sich  um  eine  ordentliche  Priesterbehörde 
oder  bloß  um  eine  Festkommission  handelt.  Mit  dem  Kult  hängt  eng  zusammen 
die  Veranstaltung  oder  Betätigung  an  Agonen  und  Panegyreis,  deren  es  auf  Andres, 
wie  aus  IG  XII  5,  719  und  'Ap)r.  'Ecprjft.  191 1  S.  72  n.  9  Z.  5  hervorgeht,  eine  größere 
Anzahl  gab.  Von  dem  IG  XII  5,  714  genannten  tragischen  Agon  war  früher 
die  Rede.  Ebenso  werden  Apx-  'Eqjvjix.  191 1  S.  70  f.  n.  2  und  3  Panegyreis  und  Agone 
erwähnt.  Von  äywvox^exerv  ist  'Apj^.  'Ecpr;^!.  191 1  S.  70  n.  2  II  Z.  2  die  Rede  und  von 
6-e[wpot  ebenda  I  Z.  i.  Vgl.  auch  epigraph.  Anhang  6. 

Für  die  römische  Zeit  ist  die  Inschrift  IG  XII  5,  721  aus  dem  ersten  Jahrhundert 
V.  Chr.  von  Wichtigkeit.  Der  recht  kümmerlich  erhaltene  obere  Teil  Z.  4 — 9  läßt 
auf  einen  durch  die  Bule  und  die  Strategen  geregelten  Kauf  und  Verkauf  des 
Priestertums  schließen"^).  Am  Anfang  der  Inschrift  ist  von  einer  ä\i.(foooq  Ini 
Xc[ji£v:  die  Rede,  d.  i.  von  einem  Häuserkomplex  oder  Stadtviertel  am  Hafen'"). 
Bekanntlich  besaßen  einzelne  griechische  Tempel  Grundstücke  und  Häuser,  welche 
verpachtet  wurden'^);  so  könnte  auch  ■^  dtjxcpoSo?  etiI  Xt|j,£VL  Eigentum  des  in  Rede 
stehenden  Heiligtums  sein.  Tä  stxoatä  xac  nmxa.  usw.  in  Z.  23  f.  können  nur  mit 
dem  Eigentum  des  Tempels  in  Verbindung  gebracht  werden.  Diese  Worte  be- 
sagen vielleicht,  daß  die  Tempelverwaltung  für  die  Verpachtung  von  Haus  und 
Boden  analog  der  bei  Verkäufen  üblichen  exocxoozri  in  Athen'-)  und  der  er/ioati^  im 
ptolemäischen  Ägypten'^)  eine  Abgabe  von  s^/o  und  für  die  Anagraphe  des  Miet- 
oder Pachtvertrages  eine  bestimmte  Summe  an  den  Staat  zu  entrichten  hatte,  deren 
Bezahlung  in  freigebiger  Weise  der  Priester,  der  an  dem  Geschäfte  mitbeteiligt 
war,  auf  sich  genommen  hatte.  Wir  erfahren  aus  derselben  Inschrift,  daß  neben 
anderen  Einkünften  des  Priesters  das  Fleisch,  ein  Teil  von  den  blutigen  Opfern, 
dem  opfernden  Priester  zufiel  und  eine  besondere  Rolle  spielte.  Die  Verdienste 
des  in  721  geehrten  Priesters  bestehen  auch  darin,  daß  er  für  das  Wohl  der  Be- 
völkerung geopfert  und  dabei  alle  Bürger,  Beisassen,  Freigelassenen  und  die  vor- 
übergehend dort  weilenden  Fremden  sowie  die  freien  Knaben  geladen  hat.  Auch 
hatte  er  eine  Demothoinia  veranstaltet  und  die  Bürger,  Beisassen  und  die  sich  in 

'")  Bischoff,  Rhein.  Museum  LIV  9 ;   Keil,  Jahrb.  züge  u.  Chrestom.   d.  Papyruskunde  I  40  fT. 
f.   Philol.    Suppl.    IV   (1861  — 1867)   619;    Swoboda,  "')   Busolt,  Griech.  Staats-  und  Rechtsaltertiimer^ 

Griech.  Volksbeschlüsse  244;  Stengel,  Griech.  Kultus-  372  fl'. 

altertümer^  42;  W.  Otto,  Tempel  und  Priester  im  hell.  "-)  Busolt  a.  a.  O.  295  f.;  vgl.  sizcaTr,  Thuk.  VI 

Ägypten  I   234  fl'.;    W.  Otto,    Hermes   XLIV  594  ff.  54,   5;   dazu  Arist.  ■koX.  'AS-t)-/.  16,4;  Boerner,  Pauly- 

'")  Über   ä|icfo5a  vgl.   Philon    Byz.  Mech.  V  92  Wissowa  RE  V  2.   2100  f. 
u.   93;    Dittenberger,    Syll.^    5^8;   auch    Glotz,    Rev.  '')  Rostowzew,    Studien    zur    Gesch.    des     röm. 

arch.  XVIII  191 1  p.  259  und  Mitteis-AVilcken,  Grund-  Kolonates  17  u.  Anm.   1. 


126 

der  Stadt  auflialtenden  Fremden  mit  Fleisch,  Brot  und  Wein  bewirtet  und  die 
freien  Knaben  ird  cj7c[upioa  eingeladen.  Das  Opfer,  das  er  verrichtete,  und  die 
Volksbewirtung-,  von  der  hier  die  Rede  ist,  erinnern  uns  an  das  Amt  eines 
Archon  Stephanephoros,  wie  er  uns  in  der  römischen  Kaiserzeit  besonders  auf 
Syros    entgegentritt''^). 

Über  die  günstige  wirtschaftliche  Lage  der  Priester  orientiert  die  Inschrift 
IG  XII  5,  721").  In  der  lückenhaften  Inschrift  IG  XII  5,  726  finden  wir  eine 
Priesterin  des  Dionysos  (von  der  nur  der  Vatersname  Dionysios  erkennbar  ist), 
woraus  wir  entnehmen,  daß  auch  auf  Andros  Frauen  das  Priesteramt  bekleiden 
konnten'").  Titiane"),  Dionysios'  Tochter,  wird  einfach  als  Priesterin  bezeichnet  in 
dem  Bruchstück  IG  XII  5,  753;  ob  sie  identisch  ist  mit  der  in  726  genannten 
Priesterin?  In  IG  XII  5,  749  wird  Menekrates,  Simons  Sohn,  Priester  genannt 
und  führt  den  Titel  Tcp&zoc,  y.at  apia-o;  sc.  xf^;  r^bXswi.  Der  Priester  Attalos,  Dionysios 
Sohn,  führt  in  IG  XII  5,  752  nur  den  Titel  dfx\i-bz  xod  Tipw-o?"*');  vielleicht  war  er 
ebenfalls  Dionysospriester.  Da  das  Priesteramt  öfters  erblich  ist,  möchte  man  ihn 
derselben  Familie  wie  die  in   726  und  753   geehrten  Priesterinnen  zuweisen. 

In  IG  XII  5,  754  ist  ein  äpyizpeüi  genannt,  der  diesen  Titel  als  Präsident 
eines  Priesterkollegiums  oder  auch  als  Vorsteher  eines  bestehenden  Kultes 
führen  konnte'-').  Um  seiner  Verdienste  willen  wird  seine  Tochter  geehrt*").  In 
der  späteren  Kaiserzeit  erscheint  auch  das  Amt  eines  Stephanephoros,  den  Diony- 
sios v.  Halikarnaß  II  64,  2  dem  Flamen  curialis  der  Römer  gleichsetzt.  Der 
Stephanephoros  Bakchios,  Bakchios  Sohn,  erscheint  sogar  als  eponymer  Beamte 
unter  Antoninus  Pius  in  IG  XII  5,  724.  Markus  Aurelius  Skymnos,  Skymnos' 
Sohn,  war  viermal  Stephanephoros  gewesen  (IG  XII  5,  759).  Vielleicht  ist  in 
IG  XII  5,  737  und  738  xö  tpi'-ov  a[Te--pavrffOpoyv-c;  zu  schreiben?  Aus  letzterer  In- 
schrift würde  dann  hervorgehen,  daß  auch  Isidoros'  Frau  dieses  Amt  bekleidet  hat. 

'*)  Siehe   meinen   Aufsalz,    Ath.  Mitt.  XXXVI  Vgl.  Ath.Mitt.XX  S.21 1;  da  bei  Keil  u.v.Premerstein, 

.S.    160   ff.;     über    äY,[io9-oiv£a     v.     Schöffer,     Pauly-  Bericht  II  n.  252   Z.  I  auf  den  Anfangsbuchstaben  T 

Wissowa    RE    V    193;    Kircher,    Die    sakrale    Be-  eine  senkrechte  Hasta  zu  folgen  scheint  und  Titiane 

deutung    des    Weines    im    Altertum   49    (Religions-  aus  Andros  bekannt  ist,  dürfen  wir  diesen  Namen  wohl 

geschichtliche    Versuche    und    Vorarbeiten   IX.   Bd.  auch  dort  ergänzen. 

2.  Heft).  "^)  Vgl.  zum  Titel  Tipmxo;  in  den  kleinasiatischen 

''")  Über  die  Einkünfte  der  Priester  im  hellenist.  Inschriften  Keil  und  v.  Premerstein,  Bericht  11  n.  231 

Ägypten  "Walter  Otto  a.  a.  O.  II   23  ff.,   168  ff.  S.   126  und  n.  74  S.  42. 

'^)  Vgl.  Otto  Braunstein,  Die  polit.  "Wirksamkeit  ''•')  Stengel,  Griech.  Kultusaltertümer-  43. 

der  griech.  Frau,  Diss.  Leipzig   1911.  ^"j  Über   solche  Ehrungen  Gerlach,  Griechische 

"")  Häufiger  als  Ttxiavös  und  Ttxiavr)  kommt    in  Ehreninschriften    37    f.     und     Hepding,     Ath.     Mitt. 

kleinasiatischen  Inschriften   Taxtavi;  u.  Ta-'.avr,   vor.  XXXV  S.   472   n.  58. 


Epigraphischer  Anhang. 


I.  Auf  dem  Grundstücke  Mari  des  Leonidas  Vlamis  in  Paläopolis  gefunden.  Bruchstück 
einer  nach  unten  sich  verbreiternden  Stele  aus  weißem  Marmor,  oben  und  unten  abgebrochen, 
an  den  beiden  Kanten  bestoßen,  0'29"  hoch,  o'335™  breit,  in  der  Mitte  o'078'"  dick.  Die 
Buchslaben  sehr  sorgfältig  eingehauen,  0"0l"'  hoch,  in  verhältnismäßig  großen  Abständen 
(o'oi — o'oiS"')  voneinander  stehend  in  tadelloser  Stoichedonanordnung.  In  Z.  3  und  7  beträgt 
die  Buchstabenzahl  statt  l8  nur  17.  Daher  steht  hier  der  erste  Buchstabe  der  Zeilen  jedesmal 
unterhalb  des  zweiten  Buchstabens  der  vorhergehenden  Zeile.  Dagegen  sind  in  Z.  13  ig  Buch- 
staben vorhanden.  Der  Schriftcharakter  weist  wohl  noch  auf  die  erste  Hälfte  des  vierten  Jahr- 
hunderts V.  Chr.   hin'),    wofür   auch   sprachliche   und   sachliche   Momente   sprechen.   (Fig.  Ü4). 

[Name   des   Geehrten Ti] 

p]6££v[ov  xai  eiiepyetrj- 

v]  £j[v]at  [ifjj  TcoÄEu;  Tqc 

'Av5ptwv  aiitöv  '/.xl  z[y.- 

yövouc,  ■  slvxi  ok  noXa- 
5  sjfav  TJzrÄg  xa;  lanxe- 

AJEtav  y.od  -(fii  Iv/.trjai- 

V  xod  oiY-ioic,  y.od  iyL  no- 

li\iw.  sfpr^vrjv  xcli  ej  a- 

'jXat;  äauXiav  v.xl  St'x- 
10  ag  TcpoSo'xoug-  xöv  5s  yp- 

a|-i[.iaT£a  t^j  [jOuay^j  a[v- 

xypd'hxi  xüxGr.  ty^v  [npo- 

cevtav  £tatrjX7]v  [xac  at- 

fjQxi  zig  zb  n'j8-c[ov  •  to'j- 
15  s  Ss  ix\>.ixc,  TÖ  [mx)M[ix 

SoOvat  elg  [tJjv  ävaypa- 

[cpVjV  xub  Twv  TCpoaoStov  x- 

[ö3v  xfiq  TtoXsto?. 

Ein  Proxeniedekret;  von  dem  Präskripte  und  von  der  Motivierung  ist  gar  nichts  er- 
halten und  auch  vom  eigentlichen  Beschluß  fehlt  der  Teil  mit  dem  Namen  des  Geehrten. 
Daß   die  Verdienste   dieses  von  den  Andriern   geehrten  Fremden   nicht  unbedeutend  gewesen 


64:  Inschrift  n.  i. 


')  Siehe  Ath.   Mitt.   XXXVI   Iqli   S.  8. 


12« 

sind,  darauf  lassen  die  ihm  und  seinen  Nachkommen  zugleich  mit  der  Proxenie  verliehenen 
Ehren  und  Privilegien  schließen,  die  alle  namentlich  angeführt  werden,  ohne  daß  wir  hier  wie 
in  anderen  Proxeniedekreten  nach  der  Nennung  eines  oder  zweier  Vorrechte  Worte  wie  xal 
-oc  ösXXa  Tcävxa  Bacmsp  y.xl  xoiq  «XXot?  Ttpo^evoig  xaE  eCispYETais  finden.  Die  Vermutung,  daß 
dem  hier  Geehrten  mit  der  Proxenie  auch  der  Ehrentitel  sCiSpystr]?  zuerkannt  wurde,  ist 
nach   der  großen   Anzahl  ähnlicher  Dekrete  sehr  wahrscheinlich*). 

In  sprachlicher  Hinsicht  ist   zu   bemerken: 

Z.  6  svxir^at  v  für  syxxr/aL  v.  Es  erscheint  die  lautgesetzliche  Form  durch  die  etymo- 
logische Schreibung  verdrängt").  Die  Formel  yf;5  lyv.vfpii  xal  or/ia;  findet  sich  in  attischen 
Dekreten  nach  350  v.  Chr.  nur  noch  einmal  in  IG  11  282  Z.  10  aus  dem  Jahre  287/6. 
Statt  dessen  finden  wir  seit  350  iyxxrjats  yfjg  xa;  cixta?  oder  xal  yf)?  v.xl  ofxi'a;  lyxtrjai; 
(Larfeld,   Handb.   der  griech.  Epigraphik  II   794 1. 

Z.  7  und  8  ist  £V  einmal  zu  k\i,  das  anderemal  zu  io  an  den  folgenden  Laut  assi- 
miliert, was  bei  eng  zusammengehörigen  Wörtern  in  älteren  Inschriften  häufig  vorkommt*). 
iq  au/.atg  steht  für  das  sonst  gewöhnliche  eg  aÜAO'.c,. 

Z.  10  und  II  ist  der  ypa|ijiat£'j;  zffi  (jOuXtj;  genannt  und  mit  der  Aufstellung  des 
Dekretes  beauftragt.  Seine  Nennung  ist  wichtig  für  die  zeitliche  Bestimmung  der  vor- 
liegenden Inschrift.  Siehe  über  ihn  Ath.  Mitt.  XXXVI    191 1    S.   8  ff.   und   oben    105  f. 

Z.  13  ist  eiatrp.rjV  haplographisch  wie  IG  XII  5,  7  i  7,  Z.  10  und  oft  vor  anlautendem  ,.ax" 
syntaktisch   engverbundener  \^'örter°). 

Z.  14  wird  das  Pythion  genannt,  in  welchem  das  Dekret  zur  Aufstellung  gelangen 
soll.  Die  Beschlüsse  werden  auf  Andros  meist  im  Heiligtum  des  Apollon  aufgestellt.  Genannt 
finden  wir  das  tepöv  XOö  'A-oÄXwvo?  in  IG  XII  5,  715,  716,  717,  719,  720,  während  der 
Beschluß  714  und  eine  weiter  unten  behandelte  Inschrift  auf  der  äyopa  zur  Aufstellung  ge- 
langten, wahrscheinlich  um  ihnen  besonderen  Nachdruck  zu  verleihen.  Dies  leuchtet  bei 
einem   so   wichtigen   Beschluß   wie    714   ein  (siehe   Ath.  Mitt.   XXXVI    191 1    S.   l  ff.|. 

2.  In  dem  Hause  des  Aristides  Kuluris  eingemauert,  0-183™  hoch  und  o-l6ü"  breit, 
weißer  Marmor,  nur  rechts  oben  ein  Stück  Rand.  Die  Buchstabenformen  (.Höhe  o'oog*", 
letzte  Zeile  0-017")  w'eisen  auf  das  dritte  Jahrhundert  v.  Chr.  (eher  erste  Hälfte)  (Fig.  65). 
Dekret  zu  Ehren  eines  Fremden,  der  Bürger  von  Andros  wird.  Das  Präskript  mit  dem  Namen 
des  Geehrten  ist  nicht  erhalten  und  auch  von  der  Begründung  des  zum  Beschluß  erhobenen 
Antrages  haben  sich  nur  die  Reste  von  formelhaften  Wendungen  gerettet.  In  dem  Namen 
'Apt'axou,  den  man  in  der  letzten  Zeile  liest,  ist  der  Vatersname  zu  erblicken.  Der  Name 
des  Geehrten  war  am  Ende  des  Dekretes  genannt,  eine  Art  Adresse,  wie  wir  sie  häufig  zu 
Anfang  und  zu  Ende  von  Dekreten  finden.  Vgl.  z.  B.  IG  XII   5,  722. 

2)  Busolt,    Die  griech.  Staats-   und  Rechtsalter-  XII   5,   799,  Z.   19. 
tümer    53;     Daremberg-Saglio,     Dict.     d.    ant.    737;  *)  Meisterhans  a.  a.  O.    1 10;   Atli.  Mitt.  XXIII 

Monceaux,  Proxenies  grecques.  Über  die  anderen  in  1898  S.  470  ff.;  Mayser,  Grammatik  der  griech.  Papyri 

der    vorliegenden     Inschrift    angeführten    Vorrechte  229  ff. 
siehe  oben   109  f.  °)  Meisterhans  a.  a.  O.  90;  Geyer,  Observ.-\tiones 

^)   Meisterhans,     Grammatik     der    attischen    In-  epigraphicae   de   praepositionum    forma  et  usu.  Diss. 

Schriften'  112;  ebenso  auf  der  Nachbarinsel  Tenos  IG  Leipzig  1880;   G.  Schulze,  Hermes  XXVIII  S.  22  ft. 


129 

Die   Inschrift    hat    ihre   Analogien    in    einer   Gruppe    von   Dekreten,  die   auf  Andres  er- 
halten  sind''),   und    folgende   Ergänzung   gestatten: 


65;   Inschrift  n.  2. 


AI      — 

AEI////EM/////Y(1)HI/// 

—  —  — .  —  —  —  —  —  —  —  —  —  —  ■ — •   —  —  —     V  ino'.rpixlxo]'  'AY[a- 

^stTu^ei']  SsSöx'D'at  xlt  ßouXet  xal  xwi  Sr;|jiw'.  xöv  Setva  7LoX]i-cr;v  etvat  x[i^s  no- 

5  Xews  xfic,  'AvSpiwv  •/.axx  zobg  voj-tou;  aOiöv  xat  sxydvou;  xal]  [iexervat  aOT[ors 
TiävTWV  Sawv  xaE  'AvSpioig  |-i£T£ai:,  s^sivat  5'  aötot?  -/.ai  cpüXrj;  yJsveaO-ai  f;?  [Äv 
ßoüXtovxai  v.xl  cppaxpfa;  -/jg  TCpoaTcsiawvraf  xöv  Se  Ypaji,j,iax£a]  xwv  axpaxrj[y(I)V 
sntjjisÄEÖ'^vat  STtw;  f;  TioXtxst'a  rjSs  ävaypacpst  £?;  xö  tspöv  xoO]  'AnoX/'.wvo?  •  [xö 
Oi  sfg  XYjV  ävaypacpr^v  avaJ.tojia  ooOva'.  xoüj  xa[.ifa;  inb  xfjg  xo'.v^]?  Stoiy-rjasü)?. 

lo  —  —  'ApJaxou. 

6)  Siehe  IG  XII   5,  715—720.         '■''' 
Sauciuc,  Andros.  ^7 


130 


3.  Im  Museum  von  Andros,  aus  Paläopolis  stammend,  o"422'"  hoch,  0"448"  breit, 
0"383'°  dick,  aus  schlechtem  geäderten,  weißen  Marmor.  Nur  an  der  oberen  Fläche  sowie 
an  der  rechten  Nebenfläche  nachlässig  geglätteter  Rand.  Drei  größere  Adern  durch, 
ziehen  den  Block  der  Breite 
nach.  Buchstabenhühe  der 
neun  ersten  Zeilen  O'oog"' 
bis  o'oi  "",  die  der  weiteren 
0-0I5™.  Auch  die  Schrift- 
fläche ist  sehr  ungenügend 
geglättet  und  rissig  und 
stellenweise  ist  keine  Spur 
von  Buchstaben  mehr  zu 
bemerken  (Fig.  66).  Schon 
die  Größe  dieses  Blockes 
läßt  auf  die  Wichtigkeit 
des  Denkmales  schließen. 
Dies  bestätigen  denn  auch 
die  leider  kümmerlichen 
Reste  der  Inschrift.  Im  fol- 
genden kennzeichne  ich 
stark  verriebene  oder  teil- 
weise verbrochene  Buch- 
staben durch  darunterge- 
setzte   Punkte.  6C:  Inschrift  n.  3. 


AH? 

—  —  —  —  —  —  —  —    7i:ep]ta7i(.0|i£[v 

—  —  —  —   y.a;   [twv   xaXüv  äzl   dJpEyoiASV 

5  —  —  ßJaatXsüaag  [toüs  ok  XotjTioug  ol  Sex«  tepa  .  . 

—  —  To]i)s  Auxtous  au[  .  .  .  ejispa  ts  nkBiovx  np  .  . 

—  —  —  —  cptiXa^ÄS"   STci   Se  zrfi  TioXtv  Siepov  «ti 

—  —  —  sie,  TYjV  'Aat'av    v.od  iniXe^x\iivou  xoO   ßaat 

—  —  —  wate   xaE   srcatvou   iw/sX'/   xov    Sf;jxov    0U|i 

10  vis;   y.M    7l£pi  7l[äv]'C(l)V  (TWV)  7ipO£Cpr;|J,£V(OV  UTiO 

—  —  aüv]  Tot;  T£  äTcoy.pc'[T]o[tg]  Ei'xoatv  EXa[^oaav  aO 
ol  ©üjiJ^ptOL  iXäßoaav  av[ to]0  ßaCTtXeti)? 

—  —  —  —  —  —      xT^aa;   vmXki   toO[xo]   Y£vö|i,£ 

—  —  —  —  —  —    zfßq,  TcaxpöSog  aTc[acjr)sr']  äcptxo 
15  —  —  —  —  —  —  —  £5o[a]av   two   Sr^iiwt  xaE   aii 

—  —  —  —  —  —  —  ä[cj]3c  [xots  ayajö-or;  xwv  av 

—  —  —  —  —  —  —  —    atEV    oE    06[xßpt[ot  .  .  . 


131 

—  —  —  —  —  —  —  —  iJ-JaXXoö    OTScpävwt    (Jp 

—  —  —  —  —  —  —  —  <I't>.a]S£>.cp[£t']av  Tiavrjyu 

=o  —  —  —  —  —  —  —  —  —  1^  ßouXrj  x]cd  6  Svji-iog 

—  —  —  —  —  —  —  —  —  —       ayojpäi   -cf/s  tz 

—  —  —  —  —  —  —  —  —  —  —  —     ajuixcpep 

>5SX 

llllllllllllllilll!l!!lllllllllllllllllllllllllllll!llllllllllll!llllllllil!llll-IIIH^ 

/I////////I/////////////////////////////////////////I/////////////////AHZ/I///I////////I/////I///I/I!/ 

IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIHIIIIIIIIIIIIIIIIillllllllllllllllin  XrntA  BHIIIIIIIIIIIIIIIII 

///////////////I////////////KAI  1////////////////////////////////////P  E  r  o  A^  E  HHiillillllllll 

milllllllA  S  I AEY  X  A  X//////!//////////l/////-nOYXO\ABKAiePA/l///m  5 

//////////////////YSAYKIOYS:  A  Y/////////TEPA  TETTAEIONAn  1////////// 

////////////////////<})  YA  AKASEniAETHNnOAINETEPON  A  T ////// 

////r/I/rTHN  ASIANK  AI  E'FIAE-=-  A/AENOYTOY  ß  A  S  1///// 

//////////nSTEKAI  EHAINOYTYXEIN  TON   AHMON   OY/A////// 

/////////////ITES  KAlFEPin//////TnN  p-poEIPHMENnNYTT  O/////  10 

HIIIIIIIIIIIITO I  2:  T  E  A  n  O  K/'I/I/l/0/////E  IKOSINEAABOSANA  Y/// 

/////////////////bPlOl   E  A  A  BO  S  A  N  A  N//I //////////////// Y  BAZ  I  AEn  2/// 

//"HS  AS  /E/N  T  E  A  E  ST  O  Y//////////////r  E  N  O  A\  E///// 

S  TT  ATP  I  AO  S  A  TT  A///////////////A4)/I/K/0//// 

C/A/0////A  NTni  AHA\ni  KAI  A  Y//////  15 

O/////////////A//////////////////////-//A//0//O  IS   TnN  A  N///// 

////-A  I  E  N    O  I  O  Y  /A  b//i//i///////////////// 

///////A  AAOY  STE4)ANmAP 

/////////////////////////VA  E  A  <J)//////I/////A  N  n  A  N  H  r  Y/ 

IIIIIIIIIIIIIHIIIM  O  AH  M  O  S/  20 

////////////////lAlTHSTT/ 
llllllllllllllllllllllllllY/A^Bfl 
llllllllllllllllllllllllllllllll  "  ^  "/ 

Von  Z.  I  sind  noch  einige  unkenntliche  Buchstabenenden  zu  sehen.  Z.  2:  Ob  Svj? 
zu  einem  gentilizischen  Namen  gehört  oder  etwa  £Ti£:]Sr]  a  zu  ergänzen  ist?  Die  darauf 
folgenden  Punkte  geben  die  ungefähre  Zahl  der  fehlenden  Buchstaben  an.  Zu  7l£p'.a;iW(X£V 
vgl.  Dittenberger  Syll.  ^  246  Z.  8.  Die  Ergänzung  in  Z.  4  ist  recht  unsicher.  In  Z.  5  haben 
wir  die  Wahl  zwischen  ßaatXeüs  äa  und  ßaatX£uaa$.  Letzteres  würde  auf  den  Antritt  der 
Herrschaft  hinweisen.  Unsicher  ist,  ob  Ol  Sexa  tEpa  —  —  ordentliche  Jahresbeamte  oder  bloß 
Mitglieder  einer  Festkommission  waren,  ob  E£pa[T£uovx£;,  t£p«[T£Üaavx£S  oder  !epa[aa[i£voi 
zu  schreiben  ist.  Ob  für  letzteres  die  Möglichkeit  der  Silbentrennung  spricht?  In  Z.  6  ist  von 
dem  letzten  P  nur  die  vertikale  Hasta  deutlich  zu  sehen.  In  Z.  7  sind  vor  cpüXaxa;  die  Buch- 
staben unkenntlich  verrieben.  Am  Ende  von  Z.  8  ist  von  I  bloß  der  untere  Ansatz  zu  bemerken. 
In  Z.  9  folgte  nach  xiv  OTjjiOV  0U[J,  kein  Buchstabe.    In  Z.  10  ist    vor  X£?  eine  vertikale  Hasta 


132 

zu  sehen,  die  zu  einem  N  gehören  könnte.  Am  Anfange  von  Z.  12  erkennt  man  die  untere 
Hälfte  eines  B,  sodann  recht  nahe  bei  einander  zwei  parallele  vertikale  Striche;  fast  die 
gleichen  Reste  sieht  man  in  Z.  i  7  unmittelbar  nach  öu[x,  das  wir  schon  am  Ende  von  Z.  g 
angetroffen  haben.  Wir  werden  nicht  fehlgreifen,  wenn  wir  in  dem  zum  Verbum  £Aaj503XV 
gehörigen  Subjekt  in  Z.  1  2  den  Namen  des  Demos  vermuten,  welchem  Z.  9  zufolge  Belobung 
zuteil  wurde.  Der  Name  0ü[ißpL(ii  bezeichnet  die  Bewohner  der  Stadt  'Ihymbra,  die  am 
Thymbris,  am  Nebenflusse  des  Skamandros  in  der  Troas,  50  Stadien  von  Ilion  liegt.')  In  Z.  12 
folgt  nach  iXajBoaav  auf  AN  eine  vertikale  Hasta.  Z.  13:  vom  x  ist  die  obere  Hälfte  erhalten. 
Z.  14  sind  die  auf  äu  folgenden  Buchstaben  nicht  mit  Sicherheit  zu  bestimmen.  Der  erste 
scheint  A  zu  sein.  Z.  ig  vor  AEACJ)  ist  ein  Teil  einer  schrägen  Haste  zu  sehen.  Z.  20  ist 
von  A  bloß  der  reciite  schräge  Strich  teilweise  zu  sehen.  Z.  21  ist  nahe  vor  A  eine 
vertikale  Hasta;  am  Ende  der  Zeile  steht  'P.  Z.  23  sind  von  allen  drei  Buchstaben  bloß  die 
Köpfe   erhalten. 

In  sprachlicher  Hinsicht  ist  zu  beachten:  In  Z.  9  vermißt  man  vor  OYM  den 
Artikel,  ebenso  Z.  10  nach  TiXVtOJV.  Über  die  .Analogiebildung  eXäijoaav  (Z.  11  und  12) 
vgl.  G.  Meyer,  Gr.  Gramm.'  54Ö  ff.,  Kühner-Gerth,  Ausf.  Gr.  I  2,  103  ff.  Anm.  4  und 
Mayser,  a.  a.  O.  368  ff.:  Dieterich,  Zur  Gesch.  d.  griech.  Spr.  242;  'I'humb,  Die  griech. 
Sprache  im  Zeitalter  d.  Hellenismus  198;  Schweizer,  Gramm,  d.  pergam.  Inschr.  166; 
Robertson-Stocks,    Gramm,  des   neutest.   Griech.  60. 

Aus  den  mitgeteilten  Resten  geht  mit  Deutlichkeit  hervor,  daß  wir  ein  Ehrendekret 
vor  uns  haben.  Ungewiß  bleibt,  ob  für  eine  oder  mehrere  Personen  oder  für  den  Demos 
von  Thymbra.  Öfters  finden  wir  Anspielungen  auf  kriegerische  Ereignisse,  an  denen  die  Lykier 
(Z.  ö)  und  die  'l'hymbrier  (Z.  9,  12,  17)  beteiligt  waren.  Auf  Krieg  deuten  besonders  Z.  8, 
II,  12  hin.  In  Z.  5,  8  luid  12  erscheint  der  Königstitel.  Das  Land  dieses  Königs  ist  nicht 
genannt,  doch  werden  wir  Z.  6  und  8  nach  Kleinasien  verwiesen*).  Die  Erwähnung  der 
Einwohner  von  Thymbra  in  Z.  q,  12,  17  würde  das  Gesagte  bekräftigen.  Die  Ver- 
dienste, die  den  Beschluß  begründeten,  scheinen  bis  Z.  1 5  zu  reichen  und  von  da  ab 
der  zum  Beschluß  erhobene  .Antrag  zu  folgen.  Die  Verdienste  des  Geehrten  gehen  auf  die 
Zeit  zurück,  da  der  König  die  Herrschaft  angetreten  hatte.  Wenn  die  Ergänzung  in  Z.  19 
zutrifft,  so  weist  uns  der  Name  der  Stadt  Philadelpheia,  welche  in  Lydien  am  Fuße 
des  Tmolos  von  Attalos  II  von  Pergamon  zum  Andenken  an  seinen  Bruder  Eumenes  II 
gegründet  wurde,  in  die  Zeit  nach  dem  Jahre  159  v.  Chr.  Auch  ein  Fest  Philadelpheia  wurde 
von  Attalus  11  eingerichtet^).  In  welchem  Zusammenhang  hier  die  Panegyris  in  Philadelphia  zu 
den  Geehrten,  beziehungsweise  zum  Demos  von  Thymbra  steht,  vermag  ich  nicht  zu  entscheiden. 

Buchstabenformen  und  Sprache  der  Inschrift  weisen  auf  die  Zeit  von  250 — 100  v.  Chr. 
Vielleicht   kommen   wir  mit   anderen   Erwägungen   weiter.      Wenn   in   diesem   andrischen   Be- 

')  Slrabo    13,    598;    vgl.  auch  Hom.   II.  X  430;  ^)   Über  'Aat«  =  Kleinasien    s.    Pauly-Wissowa 

Steph.    Byz.  s.    v.    Thymbra;     Ph'n.  V    33,    3;     das  RE  II   2,   1538. 

Örtchen  Thymbra,  heute  noch  ThymbreU-Köi,   liegt  ')  G.  Cardinali,    II  regno  di  Pergamo,    .Studi   di 

fast  an  die  Berge  gelehnt,  die  sich  stufenweise  zum  storia    antica    pubbl.    da    G.  Beloch    fasc.    V    142  u. 

Ida    erheben.    Prokesch,    Denkwürdigkeiten    und  Er-  Anm.  3;  Keil  und  v.  Premerstein,  Bericht  II    116  zu 

innerungen   aus  dem  Orient  I   145.  n.   223. 


133 

Schluß  von  Asien  und  einem  König  die  Rede  ist,  so  kann  es  sich  nur  um  das  Königshaus 
der  Attaliden  handeln,  dem  Andros  seit  200  v.  Chr.  Untertan  war.  Im  Frühjahr  196  v.  Chr. 
brach  im  Kriege  gegen  Rom  und  das  diesem  verbündete  Pergamon  Antiochos  von  Ephesos 
nach  Norden  auf,  um  nach  Europa  hinüberzusetzen,  und  griff  die  Städte  Smyrna,  Lampsakos 
sowie  viele  der  dazwischenliegenden  Städte  in  der  Äolis  und  Troas  an,  die  alle  in  freund- 
schaftlichen Beziehungen  zu  Pergamon  standen,  großenteils  sogar  tributpflichtig  waren*"). 
Bundesgenossen  des  Antiochus  waren  auch  die  Lykier").  Dieses  Vorgehen  und  vielleicht 
auch  andere  Übergriffe'^)  veranlaßten  Eumenes  II,  Vorkehrungen  für  einen  offenen  Krieg 
gegen  Antiochos  zu  treffen,  der  im  Jahre  igo  tatsächlich  ausbrach  und  auch  die  Haupt- 
stadt Pergamon  in  Gefahr  brachte'^).  Die  Entscheidung  führte  die  Schlacht  bei  Magnesia 
am  Sipylos  (wahrscheinlich  November  190)  herbei  und  der  darauffolgende  Friede  brachte 
Eumenes  II  den  gewünschten  Erfolg.  In  diesem  Zusammenhang  ließen  sich  die  wenigen 
Anspielungen,  die  im  oberen  Teile  der  Inschrift  deutlich  hervortreten  und  die  zur  Be- 
gründung des  Beschlusses  hier  angeführt  werden  mußten,  einreihen:  ßaatXeiiaa?  in  Z.  5 
würde  auf  den  Regierungsantritt  des  Eumenes  II  im  Jahre  197  hinweisen.  Von  Kriegs- 
zügen in  Asien  weiß  der  erste  Teil  unserer  Inschrift  öfters  zu  erzählen.  Daß  in  diesem 
Kriege,  in  welchem  .Antiochos,  unterstützt  von  Lykiern,  die  auch  in  unserer  Inschrift  genannt 
werden,  die  teils  mit  Eumenes  befreundeten,  teils  ihm  Untertanen  Städte  angriff,  auch  Thymbra 
irgendwie  hervortreten  konnte,  ist  sehr  leicht  möglich.  Wie  die  Stadt  Thymbra,  welcher  im 
andrischen  Dekret  in  so  rühmlicher  Weise  gedacht  wird,  sich  in  dem  Kriege  gestellt  hat, 
ist  nicht  fraglich.  Leider  können  wir  die  Beziehungen  der  Ehrung  zu  Andros  nicht  angeben. 
In  dem  Kriege,  den  die  Inschrift  erwähnt,  ließ  der  König  die  Werbetrommel  schlagen.  Daß 
auch  Andrier,  die  im  Rufe  standen,  tüchtige  Krieger  zu  sein,  in  den  Dienst  des  Königs  ge- 
treten  sein   konnten,  haben   wir  allen   Grund  anzunehmen. 

4.  An  der  Eingangswand  der  Kirche  Hagia  Marina  in  Paläopolis,  links  \on  der 
Eingangstür  als  Eckstein  eingemauert,  aus  weißem  Marmor,  links  oben  ein  Stück  Rand, 
o'3l'"  hoch,  o"925  breit,  0'34™  dick.  Buchstabenhöhe  O'oi  l".  Die  Form  der  stark  ver- 
wischten Buchstaben  weist  uns  in  die  Zeit  um  die  Mitte  des  zweiten  Jahrhunderts  v.  Chr. 
Im  folgenden  gebe  ich  die  Umschrift  der  teilweise  gereinigten  Inschrift.  Die  Ergänzungen 
sollen  bestenfalls  den  Sinn  treffen,  um  so  mehr,  als  sich  infolge  des  Bruches  die  Länge  der 
Zeilen  nur  annähernd  ermitteln  läßt.  Wenn  es  gelingen  sollte,  auch  diesen  Stein  ins  Museum 
zu  bringen  und  gründlich  von  dem  anhaftenden  Mörtelbewurf  zu  reinigen,  dann  wird  es 
wohl  auch  möglich  sein,  die  vorgeschlagenen  Ergänzungen  durch  sichere  Lesungen  zu 
ersetzen. 

1»)  Liv.    XXXIII   38;    vgl.    XXXV    I;    Polyb.  ")  Cardinali  a.  a.  O.  63  ff.  und  dagegen  Pedroli, 

XVIII  49,    1;    XXI  22fl'. ;    App.  Syr.   2  ff. ;    Ditten-  II   regno    di  Pergarao;    siehe   auch    MeischUe,    Sym- 

berger,  Syll.^  276;   siebe  auch  G.  Cardin.ili  a.  a.  O.  bolae  ad  Eumen.  II  Perg.  reg.  bistor. 
59  ff.;    Niese,    Gescbicbte   der    griecb.    und    maked.  '^)  Liv.  XXVII   19— 21;   Polyb.  XXI  9;    App. 

Staaten  11  392  u.  Anm.   3;    639  ff.,  668  ff".  Syr.   26;  Ditlenberger,  Syll.-  286;    Moramsen,   Rom. 

")  Niese  a.  a.  O.  II  729  u.  640.  Geschiebte  I  732  ff.;  Niese  II  725  ff. 

Sauciuc,  Andros.  ^7 


'34 


: 


.lllllllllllllhllllllllllllllllllllllllii  -  l'IIIIIIIIIIIIIIHIIIIIIINII, 

IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIXIlllllllBIIIIIIIII^  E  no I  H 

llllillllllllllllHIIIIIIIIIIIIIIIII^IHIIIIIIIIIIIIIIIIIlHIIIIIII^  HNKAAnSKAIENAOE 
llllllllllllllllilllllllllll^  ISTONETAPTE/A  I  AnPO  YA  PXONTOS  E  N  I  AY  T 
5  llilllllllllllllllllllllllllliO  4>HNnEnOIHTA  I//,////0//h//0/,\//N  nOIOY/AENOZ 
IIIIIIIIIIHTnH  THSTriNNEnNEYKOSAMAST  POS  K  A  PTEPriN  A  I  / 
IllllllllllllllllllllllllllllllllriX  TO  TY /ANASION  KEKOZ  A\  HKEN  KATATKEYA 
ll///////ll//////Af^A/ll/l///////////YXHB//IXBHTH\rEHEOA]n\rOY6AXlAEn^ 

IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIHIIIIIIillllllllllllllllllllllllllllllTO'^  B  AS  1  AEn  s  s  YA\;;o;////7,;; 

-  llllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllly^OtAEIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIl  A  XIIIIIIIIIIIB  \AX-\ 

////iii/mi//ii//i/iiii//i//m/i/i//ii////i//m//i^ 

////////////////////////////////////////AI  KAI  EP/AEI  KAI  HPAKAEIKAIKAAAIEPH  Z  A 
///////////////////////////////////////NI ANSTTOYAH  ZK  A  I  (j)  I AOT  I  /A  1  A  ZOYA  E  N  E  y 
//////////////////////////////////////TH/////S  EYEPFETH  /A  ATAT  AEION  ATA  /A 

isllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllinill^l/ll/ll/ll/ll/l/m^^^^^ 


xat  r^t  T^[i,£X£pac  -öXec  xä  A'j]a[i-]£[X^]  Tce^iotV^xai  ev  zo~.[z  i 
Xos  äv£atpä]iy[r]  vjxzx  ttjv  äpjyjj''  y.aXws  xat  ivSo^w;  xa:  [is 
lauToO]   £?;   XGV   e-ü'  ApT£[it5a)pO'j  oipyoYioc  ev'.auxöv  £V  -£  xc 

5  dvaatpJo^y-jV  TtEnoirjtat  7ip]6vo[ta]v  7:owu|ji£VCs  iräv-wv  xöv  z 
axa]xG)v  xf;;  x(ov  vewv  zöxoa\>.i(xq  •Ä;poaxapx£p(I)V  5tä  Txavxö;  ; 
:f[Xo5ö^]ti)S  xö  yoiivaatov  x£x6a(iyjX£V  xaxaaxEuxcj«;  7iu[X]{[5]: 
WS  ayaJXfi«  [xax£X]ü/V£[u]a£v  x^i  y£V£9-Xi(i):  xoO  ,jaatA£W:  [• 
7cX£taxrjV   ixp6vo:av   £7xoifjc;axo]  xoO   ßxadEUj   au[i[7iO(jtou    y.xl 

lo  —  —  —  —  —  —     7x«p£]xö|J.£[voc:  [.1£X'  £XX£V]fa;  [-7.Z  xp] 

—  —   —   —   —  —   —  —    auxwv  £V  [T^avxi]  xwi  [xatpjwt 

/,£ü);    »•Eoig   xat   tot']«-,   xal  'Epi-ifs  xal  'HpaxXsi   xa:   xaAXisp- 
TjVEyxaxG   Exxijviav  otuguStj;   xal   cptAoxtjiJa;    oOSev   £XÄ£i7;(i)v 
voi'x;  xa;  £'J£pY£]xYj[aa]s   £uepY£XT^jJ.axa  tiXei'ovx-  xä   [.isv   ll:x 

15  vog  etc.] 


135 


.  I E  N  T  o  \rilllllllllllllllllllllllllllll!llllllllllllllll!lllllllllllllllll!illlllllllllH^ 
SKAIMErAAO/AEPnSANE  o/////////l//////lf//!//////!/i'l//////il////////l/l///!l///!/ 

lENTETOlSKATA  TH  H  APXH  HA//\///////////////ll/l////l//////////l/m////////// 
ANTnNTnNElSTOrYMNASlONTAPAriNOMENnNM//////////////////////// 
TANTOSKAIEN  TOIS  KATATHNXOPHriAN  A\  E//A  A //////////////////// 

vi:nY///7i////A  A100YAEYKOYKAIEHEAPANANAOE/////KAITOYBA2://///// 

///EPAlSYNTEAOY/AENHS-FO/ATTHSKAIOYSIASYrrOTOYAH/A/////// 

/.//NIAI0Y//////////////////n/////0//////5:EAin  APA/'7//H  /A  A  TA  Tto ///////////////////// 
lIBASIAEI  KAITninATPIAYTOYOZlATT  P///////////////////// 
K/A/S:  TAISBASIAISSAISOYZASAEKAITO  I /////// '//////////////////// 
TEPTETHXTOYBASlAEnSYriElASKAlSriTHPIA  XIIIIIIIIIIIHI 
EinnNAnOAElElNrrOIOYMENOSTHSTPOZITONBASlAEA////////// 

[lAiAAYSETEAHrAPA  r/i///////!/nHr///////////l/!/AA///il//l/m///j///////l// 
'//////////lllllllllllillll/illllllllVIllllllllllll/lllllllllllllllllllllllllllllllll/ll/IIIIIIIIIIIIIIIIH 


poa&£v  xatpoöi;   xa;   aip£\)'£cs  yu[A,vaatap- 
loi-iepös  av£S-[yj)te  tö   eXatov  acp-ö-ovwxaxov  nap'- 
xaxa  XTjV  apyrjv  xn[ixaiv  [xsx'  suasßet'ag  xyjv 
lö   yujiväaoov   Tiapaytvojxevtov  [^[aiJ'yjxcov  xat  ixpo- 
£V   xot;   y.axä   xijv   )(oprjYtav  |-is[Y]äA[oL;  äv3;Xw|xaaiv 
[9-ou  XsuxoO  y.ai  s^sopav  ava9'£[is]  v.od  xoO  [jaa[cX£- 
£paf    auvx£Äou|.i£vrj(;   ttojatt^?  xx!  fl'uaca;  ötiö  xoü  Syj[a[c/U 
m]vt5t&u    [xat   E]T:[£]ö'[u]a£  Ämapä  [dX]rj|j.axa  7io[).Xä    —  — 
c  xtöt  ßai3tX£r  xat  xwi  Tcaxp!  aöxoü  ocjta  7xp[axxwv  .  .  . 
•  sxaaxacs  ßaatXtaaat?'   il'uaa?  Se  xaö  xot[g  xfj?  to- 
c;  ÜTiEp  x£  tf;^  xo'j  [jaatX£Wi;  öytsia?  xat  awxr/pöa?  [Kpo;- 
loOEt^iV  t;oiou[j.£V05   xf;g  Tipö;  xöv  ^aatXia  [eO- 
iatX£Af;  yäp   a7i[ävx]ü)V   x[(I)v]  aA[>,(i)v  £Xäaaova  xL\)'£(.i£- 


136 

Z.  I  sind  nur  kümmerliche  Reste  erhalten,  es  dürfte  hier  das  Präskript  gestanden 
haben.  Zu  Xu]a[lt]£[?.fJ  in  Z.  2,  das  in  Z.  14  deutlich  zu  lesen  ist,  vgl.  Straub,  Philologus 
IQI  I  S.  157  ff.;  XkuiteXec  bedeutet  „ein  Geschäft,  wenn  man  damit  auf  seine  Kosten  kommt". 
Zur  Redensart  eS;  TÖV  £7i'  Apxej^ltSwpo'j  ap/ovio^  eviauTÖV  in  Z.  4  vgl.  Keil  und  v.  Premer- 
stein,  Bericht  II  n.  I.  In  Z.  5  ist  das  zweimal  aufeinanderfolgende  Zeitwort  notersil-a'.  zu 
beachten.  Vgl.  das  in  Z.  3  ergänzte  av£axpa'.frj  mit  ävaaxpOCpTjV,  welches  wir  bald  darauf 
in  Z.  5  lesen.  Zu  beachten  ist  auch  die  fast  lästige  Wiederholung  der  Ergebenheit  des 
Geehrten  dem  Herrscher  gegenüber  in  Z.  10  und  13  f.  Für  die  Ergänzung  [laO'TjXWV  siehe 
die  von  Ohler,  Pauly-Wissowa  RE  VII  201 5  angeführten  Belege.  In  Z.  7  ist  TluXlSa  den 
Raumverhältnissen  entsprechender  als  TTueXtSa  oder  TlusiAtSa,  woran  man  auch  denken  könnte. 
Für  letzteres  vgl.  Keil  und  v.  Premerstein,  Bericht  I  58  n.  120;  II  n.  84  und  97.  In  Z.  lo 
ist  äcyxAjlss  so  gut  wie  sicher. '■*)  Vgl.  auch  Keil  und  v.  Premerstein,  Bericht  II  19  n.  31  Z.  lo; 
Hock,  Griech.  \\'eihebräuche  47  ff.  In  Z.  8  füllt  xaX£Xu)(V£ua£V  am  ehesten  die  Lücke  vor 
und  nach  —  u^V£  — .  Danach  wäre  hier  eine  festliche  Beleuchtung  eines  ayaX[.ia  durch  X'jyvoc 
gegeben.  Vgl.  Schmidt,  Geburtstag  im  Altertum  26  und  58.  In  Z.  9  ist  zwischen  Xi~x^x 
und  -T^fJiaxa  nur  für  einen  Buchstaben  Platz.  Da  hier  von  einem  £7itO'Ü£lV  die  Rede  ist,  kann 
man  nur  an  Opfermehl  =  Schrot  denken,  wofür  uns  die  Worte  «Arjjia,  &uaXr^[xa  und  daraus 
durch  anormale  Zusammenziehung  ö'U/.rjJia  bekannt  sind.  Über  diese  und  ähnliche  Ausdrücke 
vgl.  die  ausführlichen  Bemerkungen  von  \\  ilamowitz-Mtillendorff  zufn  Statut  der  milesischen 
Sängergilde,  Sitzungsber.  Berl.  Akad.  1904,  6ig,  Z.  38  und  633  ff.;  Stengel,  Opferbräuche 
der  Griechen  1910,  7  ff.  Da  an  unserer  Stelle  vor  r^iiaxa  nur  ein  Buchstabe  zu  ergänzen 
ist,  wird  man  nur  an  äXrj|aaxa  zu  denken  und  einen  Ausfall  des  a  von  X'.uixpdc  anzunehmen 
haben.  Xmap«  äÄ'/j[.iaxa  würde  fettiges,  d.  h.  mit  Öl  bestrichenes  Opfermehl  bezeichnen. 
Daß  es  Brauch  war,  Opferschrot  mit  Öl,  Wein  und  auch  Honig  zu  befeuchten,  das  zeigen 
die  bei  von  Wilamowitz-Möllendorff  a.  a.  O.  angeführten  Grammatikerstellen,  daiu  Stengel 
a.  a.  O.  7.  Dieses  £ä:9"j£0V  geschah  zu  Ehren  des  Herrschers.  Zu  diesem  Worte  s.  von 
Wilamowitz  a.  a.  O.  Über  den  Unterschied  von  9-U£LV  und  fl-ÜEGÖ-at  siehe  Stengel  a.  a.  O.  12. 
In  Z.  13  ist  in  dem  Worte  £XX£Viav  der  Buchstabe  l  statt  £t  zu  verzeichnen.  Danach  wurde  auch 
in  Z.  10  EXXEVia;  ergänzt.  Zu  ÄTloOEC^tv  TZO'.tlsd-Xl  vgl.  Keil  und  v.  Premerstein,  Bericht  II  n.  248. 
Für  die  Ergänzung  in  der  zweiten  Hälfte  in  Z.   14  vgl.  Fouilles  de  Delphes  III  n.  228  Z.  g  f. 

Wir  haben  ein  Dekret  zu  Ehren  eines  Gymnasiarchen  vor  uns,  der,  wie  aus  Z.  6 
zu  schließen  ist,  einem  YU[iväaiOV  XWV  V£(i)V  vorstand.  Der  Name  des  Gymnasiarchen  ist 
nicht  bekannt,  doch  geht  aus  Z.  3 — 6  hervor,  daß  er  unter  dem  andrischen  Archon 
Arteraidoros,  dessen  Jahr  wir  nicht  bestimmen  können,  im  Amte  war.  Zu  seiner  Arche  ge- 
hörte vor  allem  die  Ölspende,  die  wir  in  fast  allen  derartigen  Beschlüssen  antreffen  und 
die  ich  auch  hier  in  Z.  3  ergänzt  habe ''^X  sodann  die  Veranstaltung  und  Leitung  von  Agonen 
und  die  Sorge  für  die  Erziehung  der  Besucher  der  Anstalt,  besonders  für  die  £'jxoa|i!a 
der  V£Oi.  Dazu  kommen  noch  andere  choregische  Leistungen  (yopr^yta  Z.  6),  so  die  Aus- 
schmückung des  Gymnasiums.   Er  errichtete  eine  Pylis,  eine  kleine  Tür,  aus  weißem  Marmor 

'*)  Vgl,  Dittenberger    lOG    I  332,     wo   wir    Et-       hier   auch    sonstige  Literatur   über   Ölspenden;    dazu 

x6va Iiil  oxuXiäo;  iiapiiapivT);  lesen.  Jüthner,  Pauly-Wissowa  RE  VII  20yyff.  und  Öhler 

")  Vgl.  Keil  und  v.  Premerstein,  Bericht  II,  S.  3,       ebendort   1975,   1982  ff. 


'37 


und  weihte  eine  Exedra.  Für  die  Ausschmückung  der  Gymnasien  vgl.  ühler,  Pauly-Wissowa 
RE  VII  20igff.  In  Z.  7  begegnet  uns  der  Titel  König  und  in  Z.  8  ist  von  dem  Geburts- 
tag des  Königs  die  Rede.  Dieser  wird  festlich  begangen,  es  ist  von  einer  feierlichen 
Beleuchtung  der  Königsstatue  beziehungsweise  der  Nische,  in  der  diese  gestanden  haben 
wird,  die  Rede,  \^■ir  erfahren,  daß  an  dem  Geburtstag  des  Königs  eine  Pompe  abgehalten, 
ein  Opfer  vom  Volke  dargebracht  wurde  und  daß  sich  daran  ein  Symposion  und  Deipnidion 
des  Königs,  wahrscheinlich  in  den  Räumlichkeiten  des  Gymnasiums  anschloß,  ein  Festessen, 
wie  solche  noch  heute  an  des  Herrschers  Geburts-  und  Namenstagen  veranstaltet  werden  ^^). 
Dabei  betätigte  sich  der  Gymnasiarch  wahrscheinlich  als  Festordner  und  opferte  auch  seiner- 
seits und  es  geschah  hier  des  Königs  und  dessen  Vaters  (Z.  lo)  und  jeder  von  den  Königinnen 
(Z.  I  l)  Erwähnung.  Letztere  gehören,  wie  man  aus  Sota  in  Z.  lo  schließen  kann,  zu  den 
dahingeschiedenen   Mitgliedern   der   Königsfamilie"). 

Geopfert  wird  ferner  besonders  den  Göttern,  unter  deren  Schutz  die  Gymnasien 
der  Griechen  standen,  dem  Hermes  und  Herakles^*)  und  für  die  Gesundheit  und  das  Wohl 
des  Königs  wird  noch  ein  Opfer  verrichtet.  In  Z.  13  wird  noch  ausdrücklich  die  Er- 
gebenheit des  Geehrten  für  den  König  betont.  Die  Inschrift  ist  wichtig,  weil  sie  uns  das 
Vorhandensein  eines  Gymnasiums  in  Andres,  über  das  uns  bisher  nur  einige  Topos- 
inschriften  und  Ephebennamen  belehren  konnten,  ausdrücklich  bezeugt.  Es  ist  ein  Gymnasium 
tiijv  vewv;  für  die  Lage  desselben  siehe  oben  S.  21.  Die  Nennung  der  königlichen  Familie 
hilft  uns  die  Zeit  dieser  Inschrift,  die  man  dem  Schriftcharakter  nach  um  150  v.  Chr. 
anzusetzen  geneigt  wäre,  annähernd  zu  bestimmen.  Es  kann  nur  das  Königshaus  der  Attaliden 
sein,  das  hier  genannt  wird.  Da  in  Z.  10  die  dem  Vater  des  Königs  dargebrachten  Sota 
genannt  werden,  so  kann  unter  Basileus  ebensowohl  Eumenes  II,  der  Sohn  Attalos'  I,  wie 
Eumenes'  Bruder  Attalos  11'^)  und  Attalos  III,  der  Sohn  Eumenes'  II  und  der  Stratonike ^'') 
gemeint  sein.  W  enn  wir  die  Dekrete  zu  Ehren  von  Gymnasiarchen  überblicken^'),  so  finden 
wir,  daß  die  Herrscher  von  Pergamon  sich  sehr  rege  für  das  Schulwesen  interessierten  und 
so  auch  Andros,  wie  man  aus  der  vorliegenden  Inschrift  schließen  kann,  ihre  Fürsorge 
zuwandten.  Der  Gymnasiarch  beziehungsweise  die  Andrier  bekunden  ihrerseits  in  dieser 
Inschrift  eine   ganz   besonders  loyale  Gesinnung. 


'^)  Über  Geburtstagsfeier  der  hellen.  Herrscher, 
Schürer,  Zeitschr.  f.  neutestatn.  Wissenschaft  II  igül, 
48;  Cardinali,  II  regno  di  Pergamo  139  ff. ;  Wilhelm 
Schmidt,  Geburtstag  im  Altert.  1908,  53  ff.,  56  ff.; 
Poland,  Geschichte  des  gr.  Vereinswesens  230  ff., 
250  ff. 

")  Das  auf  Sota  Tip  (es  ist  dies  ein  für  Totenopfer 
üblicher  Ausdruck  bei  Plat.  Phaed.  p.  108  A;  Plut. 
n.  12,  vgl.  auch  IG  XII  5,  718  Upa.  xai  äata)  Fol- 
gende ist  nicht  zu  entziffern. 

'8)  Jüthner,  Pauly-Wissowa  RE  VII  2071  1. 

'')  Gegen  die  Brüder  Eumenes  II  und  Attalos  II 
macht  sich  ein  Bedenken  geltend:  wäre  einer  von 
ihnen  der  König,  so  würde  man  in  den  uns  er- 
haltenen   Buchstabenresten,     wenn     nicht     in     erster 

Sauciuc,  Andros. 


Linie,  so  doch  nach  dem  Vater,  den  Namen  des 
Bruders  erwarten.  Zu  Eumenes  stand  Attalos  II,  wie 
uns  der  Name  Philadelphos  zur  Genüge  zeigt,  in 
sehr  gutem  Verhältnisse.  Vgl.  nur  CIG  II  3067, 
Z.   13  ff,   31  ff. 

-0)  Cardinali  a.  a.  O.   138. 

^')  Diese  sind  zusammengestellt  bei  Erich  Zie- 
barth.  Aus  dem  griech.  Schulwesen.  Euderaos  von 
Milet  und  Verwandtes;  für  Pergamon  siehe  hier 
39ft'. ;  derselbe,  Jahresh.  XIII 1910  S.  lo8ff.;  Brückner, 
Jahresh.  XIII  Beibl.  S.  5 8 ;  Hepding,  Ath.  Mitt.  XXXV 
19 IG  S.  402  n.  2,  410;  auch  Musee  Beige  III  189g, 
264  f.  Ebenda  XI  1907,  n.  26;  Handel,  Das  griech. 
Schulwesen  im  Lichte  neuer  Dokumente,  Eos  XVI 
I38ff.  Keil  und  V.  Premerstein.  Bericht  II  n.  I  u.  58. 

l8 


138 

5«  Im  Hause  des  Nikolai  Kassidonis,  auf  dem  Grundstücke  des  Genannten  in  der  Nahe 
der  Verklärung- C^hristi-Kirche  gefunden;  Marmor,  O'oyg'"  hoch,  O'zqq"^  breit,  0'2l6"  dick; 
nur  auf  der  unteren  Fläche  ein  offenbar  später  zugerichteter  Rand.   Buchstaben   ungefähr  des 


'^s/'^'' 


67:   Inschrift   n.  5. 

zweiten  Jahrhunderts  v.  Chr.,  O'Oil™  hoch  (Fig.  67).  Die  Inschrift  enthält  ein  Dekret  zu 
Ehren  eines  Phanylos,  dessen  Gerechtigkeitssinn  hervorgehoben  wird.  Der  Name  Phanylos 
begegnet  auf  Andres  auch  in  IG  XII  5,  787.  Z.  l  sieht  n-ian  oberhalb  otxxioaijvrjl  die  Buch- 
stabenreste:   V  vkiNIUN.    Z.   5   unterhalb   <t>iwlry/:    A//->-// \//o//'-//-t-//"//'. 

y.xl  zx  dXXoc  saitv  ävYjp  ay«- 

%-b;,  OavuAo?]  6  $avLiXöu  oi-/.x:oa'jvr^[t  v.y.l  y-psz-qi  vq'.  sSj  xobc,  'Avoptoug  ■fjv 
ly^wv  o'.aTsXsJt'  vacat  0-029'"  'Ayaö-^t  xuyjj'.'  Si[Sö)(&at  zff.  [SouX-^t  xat  xwt  Si^- 
|j,(OL  l7ia'.v£o]at  S'avuXov  $avuXo[u  —  —  — 
5 a]petfjt  —  —  — 

6   rt  /'.   Zwei   aneinander    passende    Bruchstücke    aus   weißem   Marmor,  auf  dem   Tripa 
genannten   Grundstücke   des   Nikolai   Leonardu  Mustaka   gefunden,  jetzt   bei  Andreas  Manalis 


-■^^t^-: 


68:  Inschrift   n.  t>  a  L\ 


in  Paläopolis.  0  =  O'042™    hoch,    o-ll5™  breit,    0-0153™   dick;   &  =  0-058"  hoch,  0-185'° 
breit    und    gleichfalls    0-0153"°    dick.    Links    ein    Stück    Rand;    Buchstabenhühe  bei   beiden 


139 

O'ooS";  Formen  wohl  der  zweiten  Hälfte  des  zweiten  Jahrhunderts  v.  Chr.  (Fig.  68). 
Aus  den  wenigen  Resten,  die  uns  auf  diesen  zwei  Steinen  erhalten  sind,  könnte  man  vielleicht 
schließen,  daß  es  sich  um  ein  Dekret  zu  Ehren  mehrerer  Personen  handelt,  welche  im  Auftrage 
des  Volkes  der  Andrier  als  Festgesandte  nach  einem  Orte  abi;'esandt  wurden,  dort  ein 
Opfer  darbrachten,  darüber  dem  Volke  Bericht  erstatteten  und  anläßlich  der  guten  Ver- 
richtung ihrer  Mission  ausgezeichnet  worden  sind.  Zu  £[prj|i£  in  Zeile  l  vgl.  Meisterhans- 
Schwyzer,  Grammatik  der  attischen  Inschriften  171  und  A.  1428  und  A.^y.  'E:frj|_i.  igil 
S.  70  u.  2  Z.  4.  Über  xl'Stopös  vgl.  Boesch,  0£wp6;  Untersuchungen  zur  Epangelie 
griechischer  Feste.  Berlin  1908.  Doch  kann  Z.  7  auch  {)-£ü)p[oOVT£;  tr^V  zo'j  5rj[xou  £iJX*" 
ptatl'av  oder  ähnlich  ergänzt  werden.  Z.  Q  sind  deutlich  die  Köpfe  der  unten  angeführten 
Buchstaben    zu    lesen. 

VÖIJ,    —   —   —   —   —   —   —   —    —    —  — 

£tpY)[l£[v   

aav  O'rtö  xo[ö  Srj|i,ou  —   —  —   —     xal   hzoi- 

i^aavj-co  Soxa[ta  —  —  —  —  —  —     ixäa- 

5  x«[t]  aÜTWv  £V  7iäa[tv    —  —  —  —  —  — 

abxoXc,  tä?  7tapaTrj[pfja£[s     —  —  —  —  — 

Iva  xat  ol  Xonzol  ^Ewp  —  —  —  —  —  — 

—  —  —  «Jt^o-ö-uo  —  —  —  —  —  —  — 

7.   Gleiche   Form    und    Grüße    der    Buchstaben    zeigt    ein    Inschriftfragment    im    Hause 
des  Achilles   Mustaka    in    Paläopolis,    an    der    Türumrahmung    auf   der    rechten   Seite    einge- 


69;   Inschrift  n. 


mauert,  \^'eißer  Marmor,  o*i2'"  hoch  und  o"2u8'"  breit.  Der  rechtsseitige  Rand  ist  wohl  nicht 
ursprünglich   (Fig.  Ö9).   Im   folgenden   gebe   ich   die   Umschrift   der   erhaltenen   Buchstaben. 

18* 


140 


—  —  —  xr;;   ävtaa7i:a'ji[[.i£v]os   [t;o]ü;    .  .  . 

—  —    Tov  apiaxov  xpt'vavteg  ehmi  6v  .... 

—  OLETTjJpTjaav   euyepGx;   tyjV    £y/£tpt(j9-£r[aav 

—  —    aiiTor;  Tzhziv  '  Siö  TtapaxaXo   .... 

5  —     xrjv  ßoJuXrjV  xac  xov  Sf;[iov  ;i£7coi7jX£[v  . 

—  —     Tä  oöxata  -CYjt  nöXzi  ^zvio^on    .  .  . 
xd?  T^s  ßoJuATjg  y.ai  xoö  Srj|iou  x^i-ia;  .  .  . 

Die  Bule  und  der  Demos  werden  zweimal  genannt.  Ob  man  aus  Z.  2  und  6  auf  eine 
richterliche  Funktion  schließen  konnte,  bleibt  dahingestellt.  Zu  Z.  3  f.  vgl.  nur  Ditten- 
berger  Sylloge^   II   521    Z.   72. 

8.  Im  Museum  von  Andres,  auf  der  linken  Nebenseite  der  von  Bojatzidis,  'Ecp.  Ap^. 
191  I  S.  73  n.  II  veröffentlichten  Inschrift.  Die  Buchstaben  sind  0-012'"  hoch  und  sehr  ver- 
wischt; wohl  noch  dem  zweiten  Jahrhunderte  v.  Chr.  angehorig.  Oben  ist  der  Stein  wohl 
für  eine  spätere  Verwendung  gerade  abgeschnitten  worden.  Rechts  und  links  ist  Rand 
erhalten  (Fig.  70). 

§£56x]0'at  £7xatv[£aa;  xov  oelva 
&m\iiXeim]  7iotou[X£Vtov  x^s  ma.-(o- 
pE'jGEWg  xwv  xax'  £vtauxöv  xaö-t- 
a]xa[.i£Vü)v  cjxpaxr^ywv  ■  i^zivce.'. 
5  5£  aüxwc  xal  [äjäv  [ßoJüXrjxai  d%ö- 
va  y^ixXvJtiv  a.'iai.(szfpa.i  aOxoO 
£V  x-fi<.  dcyopät  [xtj?  7i6X£(i)g-    xo  Si]  av[a- 
[Xwj.ia  etc. 


70:   Inschrift  n.  8. 


Der  Geehrte  war  dadurch  besonders  ausgezeichnet  worden,  daß  ihm  erlaubt  wurde, 
ein  ehernes  Standbild  auf  dem  Stadtmarkte  aufzustellen.  Man  vergleiche  auch  die  andrische 
Inschrift  IG  XII  5,   714. 

Zu  der  Inschrift  der  Vorderseite  will  ich  nur  bemerken,  daß  sich  die  ursprüngliche 
Breite   derselben   nach   Z.    2  ff.   auf  O'sSö™   berechnen   läßt: 

Se  ßouX6[-i£Vot  —  —   —  —  —  —  — 

xd  x/jV  dyopdv  [xat  xd  äWoi.  s-yhavco  d'v- 
Spsg  xaXol  xod  [dyad-ol  y.od  zwo'.cc^  e- 
5(ovx£S  Stax£[Xoöacv  •  Iva  oöv  xa:  6  Stj- 
5  (io?  £U)(dpiaxo?  [ü)V  cpaivTjxat  etc. 

Am  Ende  von  Z.  l  ist  deutlich  noch  ein  O  zu  sehen.  In  Z.  2  ist  der  auf  ayopav  folgende 
Buchstabe  nicht  zu  erkennen.  Vielleicht  war  es  ein  K,  doch  sicher  kein  O.  Es  werden  hier 
mehrere  Personen  geehrt,  die  sich  um  die  ayop«  verdient  gemacht  haben.  Ob  dies  den 
Marktplatz  bedeutet,  der  etwa  geschmückt  wurde,  oder  den  Marktpreis,  muß  unentschieden 
bleiben,    solange   nicht   ein    gelegentlicher   Fund    das    fehlende   Stück   zutage    fördert. 


141 

Q.  Platte  aus  weißem  Marmor,  als  Pflaster  vor  der  Evangeüsmoskirche  in  Paläopolis, 
O'oyi'"  hoch,  0'427"  breit,  O'io"  dick,  unten  und  rechts  im  unteren  Teil  abgebrochen. 
0'05'"  vom   unteren  Ende  drei  Zeilen  mit  O'oi"  hohen,   sorgfältig  eingemeißelten,  apizierten 

Buchstaben,   die   auf  der   linken   Seite   ganz   abgetreten  sind  (Fig.  71). 


71  :   Inschrift  n.  9. 

—  —    —    —    XXO    — 

—  uov  TcapaXstTiwv  xr; 

—  £  xa:  Ta'jTrj[t]  imzw/o 

In  Z.  I  ist  von  O  nur  die  linke  Hälfte  und  darauf  unten  nur  ein  Apex  sichtbar.  In 
Z.  2  sind  die  Buchstaben  links  stark  verwischt,  daher  ist  TT  unsicher,  davor  ist  unten  ein 
Apex  sichtbar.  Von  der  dritten  Zeile  sind  infolge  des  Bruches  nur  die  Buchstabenköpfe 
erhalten.  Der  erste  Buchstabenrest  kann  zu  einem  E  oder  auch  f  gehören.  Zwischen  H 
und  E  kann  wohl  ein  I,  nicht  aber  ein  N  oder  Z  stehen.  Das  letzte  Zeichen  ist  ein  O-Laut. 
Auf  der  oberen  Fläche  des  Steines  sind  spätere  Buchslaben  eingemeißelt,  die  auf  den  Besitzer 
des  anliegenden  Grundstückes   Nik.  Mustaka   hinweisen. 

10.  Bei  Leonidas  Stylianos,  o-2o"^  hoch,  0*30™  breit,  o'io™  dick,  weißer  Marmor, 
überall   verbrochen;  0'025'"   hohe   Buchstaben   der  römischen   Kaiserzeit   (Fig.  72). 


[1^  ßouXr;  y.al  0  5f;[io; 

Mäpzo[v 

n67i)ao[v 
x]öv   :iatp(j)v[a   xxl   E'jspyETTjV  fj-/oc(iia- 

T(a[j  £'v£X£V   oder  X^P'^''- 


72:   Inschrift  n.   10. 

Marcus  Publius  mit  unbekanntem  Kognomen  wird  in  dieser  Inschrift  als  Patron  und 
Euergetes  des  Volkes  und  Rates  der  Andrier  bezeichnet.  Für  die  Ergänzung  in  Z.  3  und  4 
siehe    das    Bruchstück    der   Inschrift    von   Tenos   IG   Xll    5,   931:    Eduard    Loch,    Festschrift 


142 

für  Friedländer   1895,  287;  Uittenberger  OGI   643;   Keil  und  v.  Premerstein,  Bericht  II  n.  242 
und   Dittenberger  a.  a.   O.   562,   587,   632:,  Ath.  Mitt.   XX    1895   S.  243. 

Zu  den  andrischen  Toposinschriften  IG  XII  5,  781  —  784  treten  noch  zwei  hinzu, 
die  ich  in  Paläopolis  am  Rheuma  in  dem  Steinhaufen,  der  beim  Grimdstück.  des  Nikolai 
Kassidonis   liegt,  aufgenommen   habe. 

II.  Weißer  Marmor,  O'OllS'"  hoch,  0-26'"  breit,  0-298"'  dick,  oben  und  links  abge- 
brochen, rechts  ein  roh  zugehauener  Rand.  Besser  behauen  ist  die  untere  Schmalfläche.  O'oiö™ 
hohe   Buchstaben.   Man  liest   zuerst 

fl) S 

6    XOTiOg 

Z.  I  kann  das  Z,  von  dem  bloß  der  untere  Teil  zu  sehen  ist,  in  dieser  Verbindung 
nur  zu  einem  im  Genetiv  stehenden  Eigennamen  gehören.  Darunter  sehen  wir  auf  dem- 
selben Stein  in  einer  anderen   unvollständig  erhaltenen   Tabula  ansata   die  Buchstaben: 

b)  —   —   OVXO5 

Z.    1    üer  Eigenname,   zu   dem   die   Genitivendung    -OVZOQ  gehört,   bleibt   unbekannt. 

12  n  b.  Die  zweite  Toposinschrift  aus  weißem  Marmor  liegt  in  der  Nähe  des  Grundstückes 
der  Aspasia  M.  Kodostavlos;  0'o6™  hoch,  0'47°^  breit,  o'32"  dick.  Buchstabenhöhe  0'oi4™, 
0  =  0'0ll'".  Auf  allen  Seiten  abgebrochen,  nur  die  obere  Schmalfläche  roh  behauen.  Auf 
dem  Steine  zwei  tabulae  ansatae,  an  beiden  Enden  unvollständig;  unterhalb  der  linken  Tafel 
der  Griff  einer  dritten  Platzmarke.  Die  erste  Tafel  hat  nur  die  Buchstaben  a)  —  tWj|XOVCig,  wir 
werden  wahrscheinlich  [5  totco;  |  $]tXTj|.iOVOS  zu  ergänzen  haben.  Die  andere  Tafel  trägt  die 
Inschrift:  b)  'Atco^Xcoviou  |  6  tÖTTOg.  Den  Namen  ApoUonios  finden  wir  öfters  auf  den  Inschriften 
von  Andres.  Die  Gestalt  dieser  Inschriften,  deren  Huchstabenformen  uns  auf  die  Zeit 
um  100  V.  Chr.  weisen,  ist,  wie  schon  Hiller  v.  Gaertringen  IG  XII  5,  2,  Add.  et  Corr. 
zu  781  —  783  hingewiesen  hat,  die  gleiche  wie  die  der  Inschriften,  die  im  oberen  Gym- 
nasium, besonders  zahlreich  aber  im  unteren  Gymnasium  von  Priene  gefunden  wurden^-). 
Es  sind  Namen,  darunter  auch  Spitznamen  der  einstigen  Schüler^').  Ähnlich  wird  es  mit  den 
Toposinschriften  von  Andres  sein,  ohne  daß  wir  mit  Sicherheit  die  Lage  des  Gymnasiums 
bestimmen   könnten. 

'^)   Hiller  v.  Gaertringen,  Inschriften  von  Priene  Begleitwort    zur    Rekonstruktion    von    A.   Zippelius, 

n.    147  f.  aus  dem  oberen  Gymnasium.    Unter  n.  313  Neue    Jahrbücher   f.    d.    klass.    Alt.  XXV     1910   u. 

sind   732    Toposinschriften    aus    dem    unteren    Gym-  XXVI,     8.     Heft,     546  ff.     u.     562;     Öhler,     Pauly- 

nasium     angeführt,     dazu     noch     316b,     324 — 333;  Wissowa,   RE   VII   2018. 

Theodor  Wiegand  und  Hans  Schradcr,    Priene,    Er-  2')  Über  Schülerinschriften  in  den  Zimmern   der 

gebnisse   und    Untersuchungen    in    den    Jaliren    1895  antiken    Gymnasien:    Ziebarth,    Griech.    .Schulwesen 

bis   1898,    1904,    265;     Th.    Wiegand,    Priene,    Ein  84  ff.   Vgl.  Keil   und  v.  Premerstein,  Bericht  II   3. 


143 

13-  Auf  dem  früher  genannten  Grundstück  des  Nikolai  Kassidonis  gefunden  und 
jetzt  ebenfalls  bei  Andreas  Manalis.  WeiiBer  Marmor  0'l6™  hoch,  0"ll™  breit,  o"247™  dick; 
Oben  ein  Stück  Rand,  sonst  überall  abgebrochen.  Die  Buchstaben  zeigen  Apices  und  sind 
0-027'"  hoch.  Wir  lesen  in  Z.  l  vr^qj,  in  Z.  2  '.o\l,  in  Z.  3  eVTj  oder  £Vt  oder  £VV.  Wenn 
wir  eine  Namenliste  vor  uns  haben,  ließen  sich  die  Buchstaben  in  Z.  l  zu  Nephos,  Nephon 
oder  Nephalion  ergänzen.  Der  letzte  Buchstabe  in  Z.  2  ist  nach  dem  Winkel,  den  die 
vertikale  Hasta  mit  der  schrägen  bildet,  zu  schließen, 
eher  ein  M  als  N.  In  Z.  3  ist  nach  N  der  Ansatz 
eines  vertikalen  Striches  zu  sehen,  so  daß  nur  die 
oben  genannten  Buchstaben  in  Betracht  kommen 
können. 

14.  In  der  Feldmauer  auf  dem  Grundstücke 
des  Dimitrios  Lukrezis  in  der  Niederung  am  Meere, 
einige  Schritte  höher  als  die  jetzt  außer  Gebrauch 
stehende  Weinkelter,  in  der  die  Inschrift  IG  XII  5, 
757  eingemauert  ist,  liegt  ein  o'So™  hoher,  0'57" 
breiter,  0*2 1  ™  dicker  Marmorblock,  der  am  oberen 
Rande  eine  o'll™  lange  und  o'io™  tiefe  Abarbei- 
tung zeigt,  sonst  aber  rauhen  Rand  hat.  Auf  der 
linken  Seite  ist  der  Stein  offenbar  für  eine  spätere 
Verwendung  abgeschnitten  worden  und  von  den 
Namen  (?),  die  hier  gestanden  haben,  sind  nur  sehr 
kümmerliche  Reste  erhalten  (Fig.  73).  Über  die  Be- 
deutung und  Verwendung  dieses  Steines,  der  0'023'" 
hohe  der  Kaiserzeit  angehörige,  sorgfältige  Buch- 
staben   zeigt,    läßt    sich    nichts    Bestimmtes    sagen. 


Inschrift  n.  14. 


15.  Auf  dem  Grundstücke  Tripa  des  Nikolai  Mustaka  gefunden,  jetzt  bei  Nikolai 
Vlamis,  0-077™  hoch,  0-252™  breit,  0-28™  dick;  weißer  Marmor,  auf  allen  Seiten  abgebrochen; 
die  Buchstaben  Q-oiS™  hoch,  nachlässig  eingehauen;  spärliche  Reste  einer  (metrischen?) 
Grabschrift,   wohl   dem   Anfang   der  Kaiserzeit  angehörend. 

«Tiat;  vacat  0-05'"  tgSe    [|xv^|,ia 
xwjc  ö[A]ocpupo[[i£vwt. 


In  Z.  I  ist  nur  ein  horizontaler,  mit  Apices  an  beiden  Enden  versehener  Strich  zu 
bemerken,  der  nur  zu  einem  =  gehören  kann.  Von  der  vierten  Zeile  sind  sehr  kümmer- 
liche  obere   Reste   erhalten. 

16.  Im  Museum  von  Andros,  Stele,  0-482™  hoch,  0-085™  dick,  oben  0-21  l™,  unten 
0'24"'   breit;   weißer  Marmor,  oben    und   unten   profiliert,   oben   als    Abschluß    ein    mit   einem 


144 

Mittel-  und  zwei  Eckakroteiien  versehener  Giebel,  der  an  den  Enden  abgesj.Uttert  ist;  Grund- 
fläche und  Rückseite  roh,  besser  behauen  die  beiden  Nebenseiten.  o"o82"  von  der  oberen 
Profilierung  finden  sich  Spuren  von  roh  zerstörten  Buchstaben.  Es  scheuen  vier  Zeilen 
vorhanden  gewesen  zu  sein.  In  der  letzten  Zeile  sind  noch  die  O'ia"  hohen  Buchstaben 
von  yotZ^Z  zu  lesen.  In  der  vorangehenden  Zeile  sieht  man  ein  wahrscheinlich  zu  yi^-r^oxi, 
oder  yorpvi]  gehöriges  X.  Vielleicht  ist  dieser  Stein,  dessen  Schrift  bisher  unbeachtet  ge- 
blieben  ist,  mit   IG   XII    5,    771    identisch. 

17.  Stele  aus  grobkörnigem,  sehr  weichem,  weißen  Marmor  bei  Aristides  Joannis 
Kuluris  in  Paläopolis,  o'243'"  hoch,  in  der  Mitte  0*24 1"'  breit,  o"li2™  dick.  Sie  erweitert 
sich  fast  unmerklich  nach  unten;  überall  Rand,  die  Rückseite  roh  behauen.  Die  Buchstaben 
zeigen  nachlässige  Formen,  besonders  auffallend  in  Z.  4  und  5,  und  sind  in  den  einzelnen 
Zeilen  verschieden  groß.  In  Z.  i  ^  o-Ol6";  Z.  2  =  o-oig™  {©  =  0-024™),  Z.  3  ist  die  Buch- 
stabenhöhe besonders  unregelmäßig  und  schwankt  zwischen  o-oig™  —  0'024'";  Z.  4  ^  o"025"S 
Z.  5  =  0-02™— 0-024™. 

Man  liest  deutlich: 


IIOTOS    'A[ ]t? 

Der  Stein  ist  mehreremale  verwendet  worden.  Oberhalb  des  Namens  Cn.  Cornelios 
sind  die  Reste  von  Buchstaben  YZT  erkennbar.  Auch  ist  noch  der  Rest  einer  zweiten,  fast 
vollständig  getilgten  Zeile  oberhalb  dieses  Namens  wahrnehmbar,  von  der,  da  der  Stein 
oben  abgeschnitten  ist,  nur  der  untere  Teil  mit  unkenntlichen  Buchstabenresten  erhalten 
ist.  Auch  zwischen  Z.  5  und  6  sieht  man  Reste  getilgter  Buchstaben,  so  ist  oberhalb  des 
zweiten  O  von  IIotc;  ein  T  in  der  Größe  der  Ruchstaben  der  dritten  Zeile  zu  sehen.  Die 
ganze  achte  Zeile  liegt  sichtlich  auf  tiefcrem  Grunde  und  scheint  auf  einer  getilgten  Zeile 
eingemeißelt  zu  sein.  Oberhalb  der  ligierten  Buchstaben  PN  findet  sich  ein  horizontaler 
Abkürzungssirich.  0-057 ™  unterhalb  Z.  5  lesen  wir  IIoxos  'A  ....  CS  und  weiter  unten  jprp-ri 
yaipeis.  Von  dem  letzten  E  ist  nur  eine  vertikale  Hasta  zu  sehen.  XP^)'''''''^  X'"'p^''^^  verstehen 
wir  nur  dann,  wenn  in  der  vorangehenden  Zeile  zwei  Namen,  und  zwar  ein  Frauen-  und 
ein  Mannesnamen  gestanden  haben.  Fotos  ist  als  Eigenname  bezeugt^*)  und  kennzeichnet  sich 
durch  die  Endung  OZ  als  Mannesname.  Der  andere  Name,  der  mit  A  beginnt  und  auf  IZ 
auslautet,  kennzeichnet  sich  durch  die  Endung  als  Frauenname.   Solche  syntaktische  Unregel- 

^*)  Pape-Benscler,    Wörterbuch    der    gr.   Eigen-       der  N.ime  Pothos  vor.    Daß  hier  Fotos  statt  Pothos 
naraen  (Inscr.   2,  2903   d.   Add.).     Viel  öfter  kommt       verschrieben   ist,  ist  unwahrscheinlich. 


«45 

mäßigkeiten   begegnen    in    späteren    Inschriften    recht    häufig    und    sind    durch    spätere    Ein- 
tragungen bedingt.  Welcher  Name  hinzukam,  verrät   das  ypr^aTTj   /ai'pexs. 

18.  In  dem  Feldhäuschen  neben  dem  Grundstück  des  Dimitrins  Lukrezis  in  der 
Niederung  am  Meere  ist  ein  o-4o'"  langes,  O-oS""  breites  Stück  weißen  Marmors  eingemauert, 
links   abgebrochen;   darauf  ein  0'05"   hohes   A. 

19.  Auf  der  linken  Seite  der  Inschrift  'Apx.  'E^Tjji.  igii  S.  74  n.  17  sieht  manO'Oiö™ 
vom  oberen  Rande  in  zwei  Zeilen  die  Buchstaben  des  Alphabetes.  Sie  sind  sehr  nach- 
lässig eingeritzt,  tragen  Apices  und  haben  eine  Höhe  von  0'0I3'".  Auch  wenn  nicht  alle 
Buchstaben  zu  lesen  sind,  so  lassen  doch  die  Zwischenräume  erkennen,  daß  wir  hier  das 
gewöhnliche  ionisch-attische  Alphabet  vor  uns  haben.  Fast  ganz  verrieben  und  sehr  un- 
deutlich zu  erkennen  sind  die  Buchstaben  ABNZTY(|)XD..  Für  die  .A.bc-Denkmäler  siehe 
die  zuletzt  bei  Keil  und  v.  Premerstein,  Bericht  II   n.  190  S.  97  angegebene  Literaturübersicht. 

20.  .^uf  dem  Wege  von  Peleketi  nach  Gaui  ion  in  einer  Grenzmauer,  einige  hundert 
Schritte  vor  dem  alten  Bad,  lag  das  0-04™  hohe,  0-21™  breite,  Q-lSj™  dicke  Fragment 
eines  runden  Gefäßes  aus  weißem  Marmor  von  O'SOÖ" 
Durchmesser,  jetzt  bei  K.  Lukrezis  in  Paläopolis.  Die 
Buchstaben,  die  oben  auf  dem  Rande  des  Gefäßes  ein- 
gemeißelt sind,  zeigen  späte  Kursivschrift  und  sind  bis 
0-025™  hoch.  Siehe  das  Faksimile  der  Inschrift  (Fig.  74).  74:  Inschrift  n.  20. 

21.  In  der  Schule  von  Gaurion,  beim  lioXx'.m  Xouxpöv  gefunden;  ein  o-zb""  hoher, 
076"  breiter,  0-165™  dicker  rechteckiger  Pfeiler  aus  Marmor,  der  am  unteren  Teil  der 
Schriftfläche  0-025™  breit,  O'ooi "'  tief  bearbeitet  ist.  Man  liest  hier  in  0-04™ — 0-045™ 
hohen   Buchstaben 

DIOCENHS    PISCINAM 

BETEREM    NOBAM 

FJHCIT-   TOTAN   vacat  o-2  l  ™ 

Zu  beachten  ist,  daß  der  lange  E-Laut  einfach  durch  das  griechische  H  wiedergegeben 
wird.  Das  lateinische  V  wird  Z.  2  durch  B  ausgedrückt.  Das  „v"  des  griechischen  Akkusativs 
entschlüpft  dem  mit  dem  Lateinisclien  wenig  vertrauten  Schreiber  in  Z.  3.  Auf  Grund  der 
Orthographie  möchte  ich  diese  Inschrift  dem  Anfang  der  römischen  Herrschaft  auf  Andres 
zuweisen. 

In  weiterem  gebe  ich  einige  Bemerkungen  zu  bereits  veröffentlichten  Inschriften  von 
Andros. 

IG  XII  5,  715:  Am  Ende  von  Z.  2  habe  ich  nach  ©soxi^io?  die  Buchstaben  <t)PAZ  gelesen. 
Vgl.  Paschalis  a.  a.  O.  und  Pernice,  Ath.  Mitt.  XXIV  1899  S.  351  und  352.  Danach  ist  ein 
Name  herzustellen,  dessen  erster  Bestandteil  $paat  war.  Bechtel  und  Fick,  Die  griech. 
Personennamen^  281  f.  Nicht  ganz  sicher  ist  <I>paa[tXÄ£OUS  bei  Bojatzidis,  'Ap^.  'E'frjli.  191  i 
S.  76   n.  2g. 

Sauciuc,  Andros,  *9 


146 

IG  XII  5,  716:  Z.  I  ist  nach  TT  noch  ein  Y  zu  lesen,  so  daß  TTY  zu  dem 
wahrscheinlich  mit  nu&-  zusammengesetzten  Namen  des  andrischen  eponymen  Archcm 
gehört. 

Z.  3  bietet  der  Stein  nicht  Bauy.Ä  sondern  Kauxä.  Vgl.  Pape-Benseler,  Wörterb.  der 
griech.  Eigenn.  s.  v.  Kauzag,  Kaüxa  und  Kauxä  (Genetiv).  Über  den  dorischen  Genetiv  auf  a 
siehe  Kühner-Blass,  Ausführliche  Grammatik  der  griechischen  Sprache  I  386,  g  und  Meisterhans- 
Schwyzer,  Gramm,  der  att.  Inschr.  120,  7;  Mayser,  Gramm,  griech.  Pap.  250  ff.  Die  Buch- 
staben B  und  K  haben  hier  ähnliche  Formen,  so  daß  leicht  ein  B  statt  eines  K  gelesen  werden 
konnte.  Vgl.  die  Majuskelumschrift  in  Z.  3;  'Ap'.atoßÄYJg  statt  ÄptaiOxXfj?.  In  Z.  5  ist 'AttoÄXovw 
zu  lesen.  Vgl.  Koepp,  Arch.  Anz.  V  1890  S.  141  Anm.  55  XII  i;  Mayser  a.  a.  O.  118  Anm.  i 
und  Meister,  Die  griech.  Dial.  II  2 1 7  ff.  Nach  Koepp  a.  a.  O.  scheint  diese  Inschrift  noch 
dem  fünften  Jahrhundert  anzugehören;  zu  dieser  Datierung  scheint  Kopp  durch  Formen  wie 
'Ap/ectpä-co  in  Z.  2,  xbi  v6[jiou5  in  Z.  6  (vgl.  Koepp  und  z'^^ö'/ouc,  Z.  7),  ib  'AtioXXwvo? 
Z.  II  (vgl.  Hiller  v.  Gaertringen)  und  log  xa(t)^cag  Z.  12  veranlaßt  worden  zu  sein.  Vgl. 
Meisterhans-Schwyzer  a.  a.  O.  63;  Meyser  Il6  ff.;  Meister,  Griech.  Dial.  11  107.  Die  Inschrift 
steht  der  Inschrift  IG  XII  5,  717  sprachlich  und  paläographisch  zu  nahe,  als  daß  wir  sie  auf 
Grund  der  früher  angeführten  Formen  so  sehr  auseinanderdrücken  sollten.  Daß  diese  Formen 
nicht  dem  Steinmetz  zuzuschreiben  sind,  hat  Hiller  von  Gaertringen  betont.  Für  sie  scheint  die 
Redaktion  der  Inschrift  verantwortlich  zu  sein.  Vielleicht  sind  sie  mit  der  Person  des  Geehrten, 
der  von  Salamis  auf  Kypern  stammt,  in  Zusammenhang  zu  bringen.  Vgl.  die  Fehler  des 
magnetischen  Schreibers,  der  des  arkadischen  Dialektes  unkundig  ist,  in  dem  Beschlüsse 
von  Megalopolis  (Otto  Kern,  Inschr.  von  Magnesia  a.  M.  n.  38).  Siehe  ebendort  n.  07; 
vgl.  BGH  XII  p.  232  und  Dittenberger,  Sylloge^  439-  t)ie  beiden  Inschriften  werden  wir 
noch  dem  dritten  Jahrhundert  v.  Chr.  zuweisen  können;  siehe  auch  Collitz,  Griech.  Dialekt- 
inschr.  n.   5385.   Zu    Z.  g   siehe   oben   S.  98    Anm.   2. 

IG  XII  5,  717:  o-2o6"  hoch,  0-503'"  breit,  o'2o'"  dick.  Ungefähr  in  der  Mitte,  o'os™ 
vom  oberen  Rand  eine  0'035'"  große,  0*04 '"  lange,  o'03'"  breite  Vertiefung.  Die  Buchstaben 
sind  Z.  I,  7 — 9:  o"o8™  hoch,  in  den  übrigen  Zeilen,  die  auch  weniger  eng  geschrieben 
sind,   O'oi",   O   ist   durchwegs  O'ooo™   hoch. 

Z.  I  sieht  man  vor  lir;v6g,  wie  auch  Bojatzidis',  ApX-  '-^9-  191  i  S.  76  n.  30  bemerkt, 
die  Buchstaben  OZNIKOY.  Wenn  auch,  wie  Bojatzidis  schreibt,  der  Name  Nikos  nicht 
vorkommt,  so  ist  die  Lesung  Ntxou  doch  festzuhalten,  da  uns  die  Nominativform  Nikes, 
als  Sohn  eines  Nikon  auf  Kos  bei  Paton  and  Hicks,  The  Inscriptions  of  Cos  n.  10  c.  21  be- 
zeugt ist.  Nach 'Aptci-HaiöJvo;  (s.S.  118)  erscheint  0"02  2™  unbeschriebene,  0036'"  abgesplitterte 
Fläche,  sodann  sind  die  Buchstaben  THT  zu  lesen.  In  Z.  2  ist  vor  EiJCSV  ein  Y  zu  lesen,  somit 
wird  hier  der  V^atersname  des  Antragstellers  gestanden  haben  und  die  Buchstaben  THT 
von  Z.  I  werden  zum  Namen  des  Antragstellers  gehören,  für  den  nur  die  Namen  Epiktetos, 
Theaitetos  und  Polykietos  in  Betracht  kommen.  In  Z.  8  f.  erscheint  Ypajijiaxea  mit  ein- 
fachem |ji,  da  am  Ende  von  Z.  8  nach  ypa  unbeschriebene  Fläche,  am  Anfang  von  Z.  g 
nur  [.latea  zu  lesen  ist.  Über  die  Vereinfachung  geminierter  Konsonanten,  die  sich  seit  dem 
dritten  Jahrhundert  v.  Chr.  zeigt,  Meisterhans  a.  a.  O.  95  ff.;  Mayser  a.  a.  O.  2 1  i  ff.  und 
Anm.   I,  213  f.     Zu  Z.  8  siehe  oben  S.   g8  Anm.   2.     In  Z.  g   ist   Töiv   axpair/ywv  zu   lesen, 


147 


worauf  ich  schon  Ath.  Mitt.  XXXVI  igil  S.  g  und  S.  105  Anm.  20  hingewiesen  habe,  dann 
ist  1^  TloXlxt'.x  und  Z.  10  ataS-st  zu  schreiben.  In  derselben  Zeile  liest  man  ANrPA<t)EII  und 
nach  0-013'"  unbeschriebener  Hache  IIAEIZ  ZTHAHN;  vgl.  Weil,  Ath.  Mitt.  I  1876  S.  236  ff. 
n.  I  und  Hiller  v.  Gaertringen.  Die  Form  ävyp.  könnte  Apokope  ohne  Angleichung  oder 
wahrscheinlicher  ein  Versehen  des  Steinmetzen  sein.  Vgl.  die  Apokopebeispiele  bei  R.  Meister, 
Griech.  Dial.  I  283,  II  117  und  Kiihner-Blass,  Ausf.  Gramm.^  I  i,  176  ff.,  die  sich  noch  ver- 
mehren ließen.  Die  Lücke  zwischen  I  und  Z  in  avypa'y£r(t)-aa  wird  durch  eine  V(im  Steinmetz 
beabsichtigte  Parataxe  von  ävaYpä'.p£'.v  und  oaxavai  entstanden  sein.  Die  überflüssige  vertikale 
Hasta  wird  wohl  für  den  ersten  Buchstaben  von  YMi  bestimmt  gewesen  sein.  In  EIZ  ZTHAHN 
ist  das  erste  Sigma  nachträglich  eingehauen  und  vor  dem  zweiten  Z  kaum  sichtbar.  Vgl. 
Meisterhans  a.  a.  O.  90  ff.    13   c. 

IG  XII  5,  719:  Diese  Inschrift  (siehe  Fig.  75)  befindet  sich  jetzt  im  Museum  und 
hat,  seitdem  sie  Weil,  Ath.  Mitt.  I  1876  S.  237  ff.  n.  2  zuerst  herausgegeben,  besonders  im 
oberen  Teil  gelitten.  Das  strittige  Wort  in  Z.  2  ist  nicht 
mehr  mit  Sicherheit  zu  ergänzen,  da  hier  die  Buchstaben 
bis  zum  Worte  evtauTWt  abgesplittert  sind.  Zu  verzeichnen 
ist  hier,  daß  Pohl,  De  Graecorum  medicis  publicis,  Berlin 
1905  p.  52  statt  execov  oder  irfizoc,  das  Wort  ETtLOVC'.  ver- 
mutet hat.  Ebenso  abgesplittert  sind  in  Z.  3  die  Buch- 
staben Q  axoXo'jö'o;  y^^^-  ^"  2-  4  '^t  Y£y£vr;|j.£vyjo  deutlich  zu 
lesen.  Darauf  folgt  0'0I5"'  unbeschriebene  Fläche.  Ebenso 
ist  am  Ende  von  Z.  5  das  l  sichtbar.  Von  den  bei  71g  an- 
geführten Lesungen  des  Dragatsis  a.  a.  O.  792  bestätigt 
sich  die  zu  Z.  9  insoferne,  als  SjtaxE&EVta;  zu  schreiben  ist. 
In  Z.  IG  ist  l'va  zu  schreiben.  Das  Wörtchen  xat  der  Sub- 
skription ist  von  einem  in  einem  vertieften  quadratischen 
Felde  befindlichen  schönen  Lorbeerkranz  in  Relief  um- 
schlossen. 

Zu  Z.  4  f.  von  IG  XII  5,  7  20  siehe  S.  g8  Anm.  2  und  S.  104. 

IG  XII  5,  722:  Über  diese  Inschrift,  die  drei  in  ver- 
schiedenen Versammlungen  gefaßte  Beschlüsse  enthält,  deren  jeder  an  der  Spitze  eine 
Überschrift^^)^  einen  Auszug  aus  dem  Protokolle,  trägt,  hat  vor  kurzem  ausführlich  Joh. 
K.  Bojatzidis  in  einem  Ta  xpta  £V  "AvSpojt  'A5pa|.iutr;va^^)  '\)i]'-fla\xa.-za.  betitelten  Aufsatze 
in  der  'Ad-rivS.  XXII  ZZOyoz  l  x.  2,  asl.  97  — 112  und  Ut'va?  B  und  dann  im  3.  und  4. 
Heft  desselben  Bandes  S.  Baar;;,  'E-L:Ypoi.'-fiy.d,  IlapaTVjprjaets  de,  xö  £V  "Avopwt  ixTioxti^is-fow 
'ASpajiuXTjVÖV  i])rffia\i,a    345 — 347   (Abb.  nach  Seite  490)  gehandelt. 


75:  Inschrift  IG  XII  5,  719. 


^^)  Zu  Überschriften  vgl.  Herzog,  Koische  For- 
schungen und  Funde  19  Anm.  2;  Wilhelm,  Beiträge 
zur  griech.  Insclir.  (Sonderschr.  d.  österr.  arch.  Inst. 
VII)  280 ff.;  Hermann-Mütschmann,  Hermes  XLVI 
93  ff.  Für  diese  Inschrift  siehe  Bojatzidis'  weiter 
unten   angeführten    Aufsatz  S.   106.    Zur  Überschrift 


dcTioxptjia  vgl.  Fouilles  de  Delphes  III  fasc.  I  n.  228 
p.   148. 

-'')  Über  die  verschiedenen  Schreibarten  des 
Namens  siehe  Hirschfeld,  Pauly-Wissowa,  RE  I  I, 
404  und  H.  V.  Fritze,  Nomisma,  Untersuchungen  auf 
dem  Gebiete  der  antiken  Münzkunde  V   1910,    10. 

Ig- 


148 

Zu  dieser  Insclirift  habe  ich  auf  Grund  einer  neuerlichen  Überjjrüfung  noch  einige 
Lesungen   und   Bemerkungen  hinzuzufügen. 

Z.  5  ist  auvea"rjx£tag  gegenüber  awsaiYpajiixc,  zu  lesen.  Ober  diese  der  Koine  ent- 
stammende  Form   siehe   v.  Premerstein   Ath.  Mitt.   XXXV    191 1    S.  84   und   Anm.   3. 

Z.  8  hat  Bojatzidis  dTloSJoxf;;-'),  das  wir  auch  Z.  38  antreffen,  richtig  gestellt.  Da- 
gegen finden  wir  sySo/r^v  in  Z.  14. 

Z.  1 2  hat  Bojatzidis  richtig  bemerkt,  daß  die  Ergänzung  ev  ^[ai];  £v[v6[i0is  r/y.Xr;- 
aioin;  nicht  haltbar  ist,  wenn  sie  auch  den  Sinn  trifft.  Der  Grund  liegt  nur  darin,  daß  wir 
nach  der  wahrscheinlichen  Ergänzung  von  £v[v6jlO[S^*)  auf  der  zwischen  der  runden  und 
rechteckigen  Vertiefung  erhaltenen  Schriftfläche  die  Zeichen  Of*,  die  Bojatzidis  zu  ON  oder 
ON1  ergänzt,  finden.  Bojatzidis  denkt  an  die  Ergänzung  £V  "[aC];  £v[v6[J.0LS  (jJT^cp]oi[s  —  so 
und  nicht  £V  T[oii]c,  £Vv[6[iOc;  '])fffoC\oi[c,  — ,  bezeichnet  aber  auch  diese  Ergänzung  als  un- 
sicher infolge  der  erhaltenen  Zeichen  Oh"'').  Ich  bemerke  in  derselben  Zeile  nach  Iv  x  eine 
Rundung,  die  mich  veranlaßt  §V  xg[l]c,  £V[v6(iOti;  zu  schreiben,  zumal  ich  in  Z.  42,  wo  der- 
selbe Wortlaut  vorliegt,  £V  TOtJ  £VVÖ(io[t;  gelesen  habe.  Gegen  (J^^cpo;  würde  überdies  noch 
der  Umstand  sprechen,  daß  nach  0^,  wie  Bojatzidis  selbst  angibt,  noch  vier  Buchstaben  Platz 
hätten.  Die  wahrscheinliche  Ergänzung  £V  XOl^  ivvoiiot?  [)^p]6v[o:s  hat  Leonardos  bei  Bojatzidis, 
'Ap/.  'Ecp.  191 1  S.  69  Anm.  l  gegeben^").  Vgl.  Wilhelm,  Wiener  Studien  1907  S.  7: 
IG   XII   8,   269. 

Z.  31  lese  ich  xou];  5:a  und  ergänze  xou?  5ia[cf£po|X£VOu;]  £?;  c[\.övoi[m  äyjsiv.  Für 
Sl(X(fZpO[dwuc,  spricht  der  gleiche  Wortlaut  in  anderen  Beschlüssen  ähnlichen  Inhaltes'M.  Ein 
Grund,  hier  ä^£tvä^)  statt   ay£tv  zu   schreiben,  liegt   nicht  vor. 

Gegen  Ende  dieser  Zeile  sehe  ich  nicht  oteXucjsv'^)  r(T)[v,  was  Bojatzidis  gibt,  sondern 
ich    finde    nach    T    nur    eine    gerade    Haste,    die    ich    zu    E    ergänzen    möchte,    wie    es    auch 

^")   Für    den     Wandel    in    der    Bedeutung    von  Vorschlag  ausgefüllt  würde.   Es  wäre  dann  hier  auch 

äitoSEXsaS-at  bei  den  Alten  siehe  Paul  Viereck,  Sermo  zu  beachten  der  Wechsel  der  Ausdrücke:   npovorj9-^vai 

Graecus  73;    vgl.  Jahresh.  I   1898,    181    Z.  33   idazu  iv  toT;  svv&iiots  XPO'''=''S  '"  Z.  12  u.  42,  Ssäiy.ä'at  t^i 

S.  180).  ßouX'^i  xal  TÖH  Svinwt  in  Z.  8  u.  39  und  5sä6x*ai  x-^i 

-^)   Der   auf  Iv   folgende   Buchstabe    kann   nach  Eepäi  ivtxXrjatai  in  Z.  53. 
den  erhahenen  Resten  nur  ein  N  oder  M  sein,  nicht  ^')  Siehe  den  Beschluß  der  Magneten  a.  M.   für 

auch  ein  H,  wie  Bojatzidis  behauptet.  Richter    aus   Priene   bei  Hiller   v.    Gaertringen,    In- 

2')  l'fjcfos   trifft  den    Sinn    ebenso   wie    das    von  Schriften    von    Priene    n.  61    Z.   10  u.   II,    und    den 

Hiller  v.  Gaertringen,  vorgeschlagene  §xxXv)ata.  »F-^cpos  Wortlaut  auf  dem  Steine,  als  dessen  Heimat  Smyrna 

kommt  in  der  Bedeutung  „Abstimmung"  bei  Aischines  angegeben   wird,    aber    sicher   Kolophon   oder   Kla- 

und  Demosthenes  vor;  vgl.  auch  Plut.  Cato  min.   50:  zoraenai  zu  betrachten  ist,  bei  Wilhelm,  Beiträge  zur 

EV  tats  maziYMi-  (Jjrjcpot;.  W'^cfo;  (abgegebene  Stimme)  griech.  Inschriftenkunde  (Sonderschr.  des  österr.  arch. 

Ivvoiio;  kommt  in  den  Inschriften  von  Delphi  häufig  Inst.  VII)   173   Z.  7  ff. 
vor:    Fouilles    de    Delphes    III.    Epigraphie   fnsc.    2  '')  Bojatzidis  a.  a.  O. 

igog  n.   55   u.  fasc.   I,   loio  n.   151,   153,   154.  ^')    Für  STceXuasv    siehe    Dittenberger,     Orientis 

'")  Ich  dachte  zuerst  an  die  Erg.inzung  ev  To[ts]  Gr.     Inscriptiones   Selectae     n.     335,      wo     wir     die 

§v[vö[iois  ouXX]d[-foij,  das  uns  in  gleicher  Bedeutung  Grenzstreitigkeiten    zwischen    Mytilene    und    Pitane 

auch  in  einer  Inschrift  von  Magnesia  a.  M.  bei  Kern  betreffend  die  Worte  auf-fsvix(ö;  STitXOaai  Ta  vs£x[r)] 

n.   I   (auXXifsu  xuptou  -f£vo|i6VO'j)  begegnet,  wodurch  in  Z.  98  lesen;    siehe   auch  Z.  4  derselben   Inschrift 

die  Lücke  vor  xXijS-^vat  besser  als  durch  Bojatzidis'  und  Anm.   35. 


149 

Hiller  von  Gaertriiigen  tut  und  wie  auch  Bojatzidis,  'Ap)(.  "E'-p.  IQI  I  S.  69  Anm.  I  es  nunmehr 
richtigstellt. 

In  Z.  32  konnte  ich  gegen  Ende  a^ta  xGJV  xt  äva~£  lesen,  wodurch  die  von  Bojatzidis 
vorgeschlagenen  Ergänzungen  hinfällig  werden.  Dieser  Teil  der  Inschrift  ist  sehr  lücken- 
haft  erhalten   und   eine   sichere  Ergänzung  schwer   zu   erzielen. 

Wenn  wir  den  Gedankengang  im  ersten  Psephisma  mit  dem  des  zweiten  bis  Z.  31 
vergleichen,  so  kann  man  die  Vermutung  nicht  von  der  Hand  weisen,  daß  die  auf  ZTzeXöaiv 
t[£]  folgenden  \\'orte  die  in  Z.  6  genannten  avaiCcjicpO-svca  xp'.irjpix  bnb  Tvcciox)  Aucptotou 
Fvatou  uloi)  Tou  avxcatpaTTjyo'J  erklären  sollten.  Die  Nennung  des  xjoü  ä.vv.^Tp%xrffO\)  in 
Z.  j^   macht   dies   wahrscheinlich^*). 

Ich  glaube,  daß  nach  eTieXucisv  t[£]  Worte  gestanden  haben,  durch  die  die  Verdienste 
des  Timokritos  um  xa  ii.vxnz[ifd-ivxo(.  xpiTi^pia  uizb  Fvatou  AucptSiou  Tvaiou  uIoQ  ToO  ävxi- 
OXpxTriyou  hervorgehoben  wurden.  Ich  füge  die  Ergänzungen  der  Z.  ^2 — 35  bei,  die  besten- 
falls  den   Sinn   zu   treffen   beanspruchen: 

ETieXucsv  t[£] 
[xä  £V£c;xr|XÖxa  VEtxr;*^)  auyyEVtxws^''')  v.od  xa-Jätta^')  xwv  x£  äva7i£[ii]- 
[cp{)-£Vxojv  xptxrjptwv  bnb  Fvatou  AöcptSfou  x]oö  avx(.axpaxr;yo[u 
[xcd  xf^s  tcoXew;  ztji;  E^aTioaxEtXaarj?  ä*)  xv.l  7r]poci^V£yxaxo  [£/.äa]- 
[xotj  'fj^i.Gyv  Ttäaav  (ftXoxt|u'av  usw. 

In  Z.  38  erwartet  man  äuoooyfic,  d^toOaö'at  £V  oder  nxpx  xotj  äXkoK^,  was  ich  am 
Steine  ebensowenig  wie  7l]£[pt.-'  X0Ü5]  konstatieren  konnte.  Die  erhaltenen  Reste  weisen 
vielmehr  auf  sfg  [xoüg].  Bojatzidis  hat  Z.  41  richtig  ergänzt,  doch  lassen  sich  auch  die 
folgenden   Zeilen   mit  einiger  Sicherheit   herstellen. 

'*)  Dafür  sprechen  auch  die  Worte  x]y)ptö7  TOÖj  vo5j  xal  cftXou.  Daß  in  Adramytteion  Richter  aus 
[vö|iouj  xai  xa]  '\irj'fiG\ia.ia.  in  Z.  30.  Wären  die  Andros  erscheinen,  ist  durch  die  Stammverwandt- 
xpiTi^pia  nicht  in  Z.  33  genannt  und  in  dem  von  schaft  begründet.  Für  die  Beziehungen  zwischen 
uns  vorgeschlagenen,  weiter  unten  erläuterten  Sinne  Andros  und  Adramytteion  siehe  Con,  41;  Pomp, 
aufzufassen,  dann  wäre  die  Nennung  der  y.ptxrjptK  Mela  17;  Myrsilos  bei  Plin.  N.  h.  IV  65  (Frg.  H. 
unmittelbar  nach  v6[ious  oder  wenigstens  nach  ijjvjcpfa-  Gr.  IV  460  fr.  15);  Schol.  Dion.  Perieg.  525;  Strabo 
(laxa  in  Z.  30  erfolgt.  Ich  erinnere  nur  an  die  In-  XIII  606  ;  Velleius  Pa(.  I  4;  dann  Le  Bas  70  Anm.  14; 
Schrift  von  Pergamon  bei  Fränkel  n.  163,  95  Kol.  III  Boeclch  CIG  II  234g  b;  vgl.  auch  Kretschmer,  F.inl. 
Z.  6  ff.,  wo  von  dem  Eide  der  Richter  die  Rede  ist:  in  die  Gesch.  der  griech.  Sprache  390. 
An  der  Spitze  stehen  die  vojiGi,  dann  folgen  die  ^^)  xaxa£ia  ist  hier  adverbiell  gebraucht  wie 
Bestimmungen  der  Könige  und  zuletzt  die  Beschlüsse  Anth.  Pal.  II  14.  Ged.,  Z.  3:  der  Würde,  Wichtig- 
des  Volkes.  Vgl.  darüber  auch  Chapot,  La  province  keit  entsprechend.  Der  Richter  beseitigte  viele  Un- 
Romaine proconsulaire  d'Asie   194.  einigkeiten  und  die  Einzelentscheidungen  standen  im 

3^)  Für  diese  Ergänzung  siehe  das  Anm.  33  Ge-  vollen  Einklänge  mit  der  Wichtigkeit   der  Prozesse, 

sagte.  Auch  TioÄXaj  Stacfopa;  ist  denkbar.  Vgl.  äta[9S-  die  ihnen  vom   Prätor   zur  Entscheidung    überwiesen 

po|ievous  in  derselben  Inschr.  Z.  31;   siehe  dann  auch  wurden   und  der  Würde  seiner  Vaterstadt. 
BCH    XXIX    1905   p.   204  n.   67  Z.    6  f.  und   dazu  ^*J    Vgk    v.   Wilamowitz-Moellendorff,   Nordion. 

Wilhelm    ebenda   577;   IG   IX   2,  1106;   vgl.    dazu  Steine  S.  56  n.  13;     y.pivdvxcuv  xa;  xp£a£ij  xai  äsiooj 

Arvanitopulos,  ^PX-  "Ef1|J-   1910  S.  338.  x^j    XE    Ttaxpiäog    x^s    änoaxEiXdaTj;   aüxo'jg  xal   xoü 

'')  Vgl.  Z.  26  derselben  Inschrift:  xo5  är,iJ.ou  xo'j  är;|io'j   xoO   |isxa7is(i'|JK(iivou   und  auch  sonst   überaus 

(nicht  X(öv  wie  in  der  Umschrift)  ii.väpiu)v  ävxs;  crpfs-  häufig. 


150 

In  Z.  42  lese  ich  nur:  xa;  £V  lOtj  evvojio  und  ergänze  mit  Rücksicht  auf  Z.  19: 
(Xp'/ovjxaj  ev  -zolc,  £vv6iio[is  y^powiz  xal  £7i'4i£Ä£'.a]v  7t[o:]yja[ac79-at]  j  xoiJc  xpymzx^  [ojüco; 
ävaTiEixcp-ö-^!.  usw. 

In  Z.  58  und  59  lesen  wir  Stcw;  toütwv  auvt£A£a8ivT(0V  y.yJXw;  xal  upErtovuoig  r/r/, 
xwi  5r][i(i)i  xx;  «^tag  aTTOVqiuv  •/jipixy.[gY^).  Das  grammatisch  Richtige  ist  Stcwc  ^  y.a/.wc 
xac  TtpSTiovxw;  E/j^t  xwt  Sfjixioi  —  a7kOV£|i£0V,  was  Hiller  v.  Gaertringen,  der  auf  dem  Stein 
ärtOV£|Xü)V  gelesen  hat,  in  die  Umschrift  gesetzt  hat,  oder  OT^IO;  —  -/.aÄto;  -/.cd  7ip£TOVXü); 
iyy^l  6  5vj[j,0S  —  ä7iOV£].iwv.  Auf  dem  SStein  liegt  ein  Versehen  vor,  hervorgerufen  durch 
die  unpersönliche  Konstruktion  von  E/w,  wie  wir  sie  in  Z.  7  und  52  derselben  Inschrift 
haben,    und   durch   die   persönliche    Konstruktion   des   Verbums   £/(j)   mit   dem   Partizip'*^"). 

Schließlich  hätte  ich  in  der  Umschrift  Z.  60  Xü)V  zig  äauxiv  eÖEpyEaiwv  richtigzu- 
stellen. 

In  der  Inschrift  handelt  es  sich  um  die  Belobung  und  Auszeichnung  des  andrischen 
Richters  Timokritos,  der  im  Verein  mit  anderen  Richtern  in  Adramytteion  Recht  gesprochen 
hatte,  und  seines  Schreibers  Iphikrates.  Die  Zeit  der  Inschrift  ist  einigermaßen  gegeben 
durch  den  Gn.  Aufidius,  des  Gn.  Sohn,  der  als  Propraetor  hier  erscheint  und  als  solcher 
um  108  V.  Chr.,  als  Attalos'  Reich  schon  im  Besitze  der  Römer  war,  die  Provinz  Asien 
verwaltet  haben   konnte*'). 

Die  Streitfälle,  in  denen  auch  die  Andrier  in  der  Person  des  Timokritos  Recht  sprechen 
sollten,  werden  nicht  unbedeutender  Natur  gewesen  sein:  Die  Entscheidung  derselben  überließ 
man  nicht  einheimischen  Richtern,  sondern  wählte  otxaaxat  ÄTlo  x^S  $£Vrj5,  die  ein  Aus- 
nahmegericht bedeuten  und  in  gewissem  Sinne  als  Appellationsgericht  zu   betrachten  sind*^). 

")  Bojatzidis  a.  a.  O.  103  bezeiclinet  diese  Aus-  prozeR  im  Lichte  der  neueren  Inschriftenkunde, 
drucksweise  als  „ägia  t^;  TiccpaTr/pviaeü);".  In  Z.  7  Zeitschr.  der  Savignystiftung  XXVIII  Rom.  Abt. 
derselben  Inschrift  finden  wir  den  absoluten  Accu-  1907  S.  236  ff.  Für  die  hellenistische  Zeit  s.  Kaerst, 
sativ  zx°v  mit  dem  folgenden  Infinitiv.  Das  Partizip  Gesch.  des  hellenist.  Zeitalt.  II  I,  360  u.  Anm.  3; 
e^ov  steht  ohne  bestimmtes  Subjekt;  das  grammati-  vgl.  auch  v.  Premerstein,  Ath.  Mitt.  XXXIV  1909 
sehe  Subjekt  ist  .illerdings  der  Infinitiv.  Das  Zeit-  S.  245  ff  ;  B.  Keil,  Gercke-Norden,  Einl.  in  die  Alt. 
wort  £X">  is'  '™  vorliegenden  Falle  unpersönlich  ge-  III  365.  Die  oLxaaxal  äTtö  -if;;  5^V7);  sind  gleich- 
braucht. In  Z.  52  finden  wir  statt  des  Acc.  den  bedeutend  dem  gsvixöv  SlxaaxVjptov,  das  öfter  in  Grund- 
Genet.  absol.  y.a)A>c,  Ixovxo;  töji  5r|]ia)t  mit  folgendem  besitzfragen  (auch  sonst,  Hitzig,  Altgriech.  Staatsvert. 
Infinitiv;  siehe  darüber  Kühner-Gerth,  Ausf.Grammat.  46  f.)  entscheidet  und  als  eine  Appellationsinstanz 
der  griech.  Sprache  II  §  486  Anm.  2  u.  §  287,  anzusehen  ist:  die  Inschrift  von  Ephesos  bei  Ditten- 
I   u.  2  fr.  berger,  Syll.  2.  Aufl.  n.  510,  Z.  48  if.,  85  if.,  94  ff.  und 

*")  Kühner-Gerth  a.  a.  O.  II   §  482,   II.    Aller-  Thalheim  a.  a.  O.  II  I,  161  ff.;  dann  derselbe  a.a.O. 

dings    kommt   das  Verbum   exu>   in   Verbindung   mit  167  Anm.  zu  Z.  97.  Zucker,  Philologus  Suppl.  XII  35. 

dem  Partizip.  Praes.  sehr  selten  vor.  Vgl.  auch    Gilbert,    griech.    Staatsaltert.   II  340    und 

")  Siehe  mehr  in  den  Bemerkungen   zu  IG  XII  Dareste-Haussoulier-Reinach,    Rec.  des  inscr.  juridi- 

5,   722;  dazu  vgl.  noch  Preuner,  Hestia-Vesta  99.  ques  grecques  I  518   s.  v.  äixaaxijptov  Jsvixöv.  Siehe 

*-)  Über  den  alten  Brauch,  Gerichtshöfe  aus  den  femer   die   Inschrift   von    Mylasa   im  BCH  V   102  ff. 

Angehörigen   eines    oder   mehrerer    fremden    .Staaten  Vgl.  dazu  auch  die  metrische  Inschrift  von  Paros  im 

heranzuziehen,   vgl.  Thalheim,    Hermanns    Lehrb.    d.  BCH  VI  1882  p.  245  ff.  Siehe  auch  die  Inschrift  aus 

griech.   Ant.  II  I,    114  ff.  u.   II5  Anm.  I;   166   Anm.  Arkesine  auf  Amorgos  im  BCH  XII  1888  p.  232  und 

zu  Z.  97;  ferner  V.  Berard,  De  arbitrio  inter  liberas  bei    Dittenberger,    Syll".    n.    51 1    S.     129    Anm.   7. 

Graecorumcivitates,  1894;  Hitzig,  Dergriech.  Fremden-  Über   das  är/.aaT:r,ptov  gsvf/.iv  haben  wir  Nachrichten 


151 

So  oft  wir  von  der  Tätigkeit  der  Richter  in  unserer  Inschrift  hören,  finden  wir  die 
Verba  0:v.£^L'i  in  Z.  2  f.,  OtaSty.äi^ü)  in  Z.  2g,  wie  Bojatzidis  richtig  bemerkt  hat,  und  XTjV 
otaStxaatav  TZO'.slad-oci  in  Z.  58.  Es  scheint  oixoMoo^a)  (und  StaSr/.aaoa)  hier  nicht  St>(.a^(i) 
gleich  zu  sein,  sondern  eine  prägnantere  Bedeutung  zu  haben*^)  und  auf  Eigentumsstreitig- 
keiten hinzuweisen.  Diese  näher  zu  bestimmen,  müssen  wir  uns  versagen:  Zu  unklar  sind 
die  Worte  in  Z.  5  f.  Hier  lesen  wir,  daß  die  dixocazod  äto  iffi  teVTj?  in  Adramytteion  über 
TOS  TS  xaTO  xof)S  v6[iou?  auvtaxrfAeiacc,  Sixag  v.ad  xä  avaTtSjJi'f  ö-svxa  xptxrjpoa  G;t6  Fvatou 
AöcptSc'ou  FvatOU  u!oO  XoO  ivxtaxpaxrjyou  gerichtet  hätten.  Hier  finden  wir  X£  nach  xäj, 
welch  letzteres  mit  3'JVr;aXTjX£ta5  Sixa^  einen  Begriff  bildet.  Das  diesem  X£  entsprechende 
xat  stellt  xig  xs  y.axoc  xoijj  v6|xouc:  Gi»v£axr;X£ta;  5txx;  den  ccva-six'^ö-s'vxa  xpiXYjpoa  gleich  und 
verbindet  sie  zu  einer  Einheit**).  Somit  ist  xa  ävaJlEixcpS-evxa  xpoxTjpoa  ein  direktes  Akkusativ- 
objekt des  Verbums  SeSixaxoxwv  ebenso  wie  xag  xaxa  x.  v4|.i.  cuv.  St'xa;  und  eine  unregel- 
mäßige Stellung  von  X£,  die  man  öfter  in  der  Dichtersprache,  allerdings  manchmal  auch  in 
der  Prosa  antrifft*^),  muß  man  sich  hüten  anzunehmen,  bevor  alle  möglichen  Erklärungs- 
versuche mit  dem  überlieferten  Text  sich  als  unhaltbar  erwiesen  haben.  An  dieser  Stelle 
sind   wir  um  so  weniger  berechtigt,  eine  unregelmäßige  Stellung  von  X£ — xxi  anzunehmen*^), 


auch  bei  den  alten  Schriftstellern,  so  bei  Paus.  VII 
9,  5  (Hitzig-Blümner),  wo  es  in  Kapitalprozessen 
der  Lakedämonier  zu  entscheiden  hat.  Darüber  Curt 
Wachsrauth,  Leipziger  Studien  X  1887S.  2  86u.  Anm.  I; 
vgl.  Paus.  VII  12,  4  ff .  Das  Jevixov  Stxaaxrjptov  wird 
als  Appellationsgericht  gegenüber  den  Stxaaxat,  die 
das  äaxixov  Sr/.xaxr/ptov  bilden,  genannt  bei  PoUux 
VIII  62  s.  V.  eq:£a'.j;  vgl.  auch  Thalheim  a.  a.  O,  16b 
Anm.   zu  Z.   97. 

*^)  Für  Zeleia  in  Kleinasien  ist  uns  das  Wesen 
der  Diadikasie  angedeutet  durch  die  Worte:  f)v  Se  xi; 
ä(i(fiaßax'^i.  cfa;  (xö  X'Up'^v)  7ip[aa3-ai  r;  XaßsTv  xuptu); 
x'^S  Ti6Xei(u))s,  StaSty.aoirjv  aüxwt  etvat  xal  siav  cfav^t 
(IT)  6p3-ä);  ixxYj(isvos  xy)v  xt(iYjv  aCixov  exiivstv  ■fjiuo- 
X£y;v.  Dittenberger,  Syll.^  n.  154  Z.  19  fF.  Siehe 
auch  Dittenberger  a.  a.  O.  929  und  A.  v.  Premer- 
stein,  Ath.  Mitt.  XXXIV  237!!. ;  vgl.  Dittenberger,  Or. 
Gr.  Inscr.  Sei.  n.  437  Z.  78  ff.  und  Dittenberger, 
.Syll.-  n.  43g,  Z.  13  Anm.  II  u.  13,  Z.  15  ff.  Siehe 
auch  den  Hermiasprozeß  Pap.  Taur.  I  p.  3  1.  24  ff. 
und  einen  ägypt. Papyrus  aus  dem  Fayum  in  griech. Ur- 
kunden aus  den  königl.  Museen  zu  Berlin  I  n.  288 
Z.  5.  Vgl.  auch  Dareste-Haussoulier-Reinach  a.  a.  O. 
II  209,  210  u.  Anm.  I.  Über  die  SiadtXKoia  in 
Athen  siehe  E.  Caillemer,  Daremberg-Saglio,  Dict. 
d.  ant.  II  I,  121  ff.;  Thalheim,  Pauly-Wissowa  RE 
V  305  ff.  Dazu  noch  Gilbert  a.  a.  O.  II  343;  Mitteis, 
Reichsrecht  und  Volksrecht  in  den  östl.  Provinzen 
des  röm.  K.aiserreiches   501. 

**)  Über  die  Bedeutung  und  Stellung  von  xs — xai 


siehe  Kühner-Gerth  a.  a.  O.  II  2,  243  u.  249  ff.; 
245   Anm.   5. 

■'^)  Kühner-Gerth  a.  a.  O.  II  2,   254  Anm.   5. 

*^)  Die  Mehrzahl  der  bisherigen  Erklärer  haben 
eine  solche  angenommen  und  dabei  vor  den  härte- 
sten Umstellungen  nicht  gescheut:  Boeckh  (CIG  II 
Add.  2349  b)  liest  2ö"f|iaxa  statt  xpixrjpia  und  muß 
daher  xaxa  vor  xä  äv.  xp.  ergänzen  und  eine  un- 
regelmäßige .Stellung  von  xe  annehmen.  H.  E.  Meier 
(Die  Privatschiedsrichter  und  die  öffentlichen  Diai- 
teten  Athens)  versieht  die  vorliegende  Stelle  so,  als 
ob  stände  xa;  auvsax.  Sixag  xaxd  xe  xo'j;  voji.  xal  xa 
äv.  xp.,  bezeichnet  aber  diese  Umstellung  als  „aller- 
dings hart".  Sonne,  De  arbitris  externis,  quos  Graeci 
adhibuerunt  ad  lites  intestinas  et  peregrinas  com- 
ponendas,  quaestiones  epigraphicae  Diss.  1888,  Ex- 
cursus  V  121  erklärt  sich  nicht  einverstanden  mit 
den  gegebenen  Erklärungen  und  schlägt  vor:  SsStxaxö- 
Tü)v  XE  xaj  xaxa  x.  vip..  auvEOT.  S.  xaxa  xa  äv.  xp.  und 
dem  TS  soll  xal  Tipoxspov  ävsaxpap.(iEvcuv  xSv  ävSpfiv 
usw.  entsprechen.  Daß  diese  Annahme,  abgesehen 
von  der  unzulässigen  Umstellung,  auch  durch  die 
sichere  Lesung  von  xalwj  Ij^ov  äv£axpa|i]iivo)v  aus- 
geschlossen ist,  darauf  hat  schon  Bojatzidis  a.  a.  O. 
104  hingewiesen.  Bojatzidis  105  selbst  erklärt  die 
Stelle  folgendermaßen:  SsSixaxöxtuv  xot^  xs  xaxa  x. 
v6|Ji.  auvEoxyjx.  Slv.ai  xal  (xäj  xaxa)  xä  äv.  xp.  Diese 
Umstellungen  und  Ergänzungen  nahmen  die  ge- 
nannten Erklärer  an,  weil  sie  xptxy'ptov  in  seiner  ur- 
sprünglichen Bedeutung  faßten. 


152 

als  wir  es,  abgesehen  von  Z.  5  und  der  unsicheren  Ergänzung  in  Z.  31  f.,  achtmal  in  ganz 
regelmäßiger  Stellung  antreffen. 

Wenn  wir  xa?  TS  xa-cä  xouc,  vojiou;  auveaxyjXEtaj  Stxa;  lesen,  so  werden  wir  unter 
voaot  in  Adramytteion,  einer  den  Römern  untertänigen  Gemeinde*'),  die  Tiaxftot  VÖfJlOt  oder 
v6u,0t  ISlOl  zu  verstehen  haben,  d.  h.  die  Satzungen,  die  die  Römer  nach  dem  Tode  des 
letzten  Attaliden  dort  antrafen  und  die  sie  auch  nach  der  Einrichtung  und  Angliederung 
der  Provinz  Asien  als  Grundlage  der  Rechtsordnung  und  Verwaltung  gelten  ließen''*)  und 
unter  xä^  X£  xaxä  xoij;  vojiou;  auveaxvjxet'as  Scxag  jene  Prozesse,  bei  denen  sich  die  Richter 
in  den   Bahnen   des  einheimischen   Rechts  zu  bewegen  hatten*''). 

Was  bedeuten  aber  xä  ävaTTEixcpö-EVxa  xpix/jp:«^")  ünb  Fvatou  Aocpiot'ou  Tyot,'.ou  uloO  xoO 
avxtaxpaXTjyou?  Durch  das  Suffix  xrjptov  wird  in  der  Regel  ein  Ort  für  etwas,  ein  Werkzeug 
oder  Mittel  ausgedrückt •''^).  Mit  Rücksicht  darauf  sind  die  früher  genannten  Umstellungen  und 
Erklärungen  gemacht  worden'^'^).  Doch  konnte  sich  der  Begriff  xpcXTjptov  mehr  nach  der  Seite 
von  „Prozeß"  verschoben  haben ■''^).  Das  scheint  auch  Vasis  im  Sinne  zu  haben,  der  Bojatzidis'  Er- 
klärungen in  einigen  Punkten  berichtigt  und  xa  äv.  xpixr;pta  als  ein  von  SsStxaxoxwv  abhängiges 
Akkusativobjekt  betrachtet.  Doch  sind  seine  Bemerkungen  zu  dieser  Stelle  nicht  ganz  klar^*). 


*")  Adramytteion  gehört  zu  den  Untertanengemein- 
den. Walter  Henzen,De  civitatibus  liberis,  quae  fuerint 
in  provinciis  populi Roman i  3/  ff. ;  Chapot  a.a.O.  1 13  ff. 

*^)  Für  die  Verhältnisse  in  der  Rechtsprechung 
und  Verwaltung  in  den  griech.  Städten  Kleinasiens 
zur  Zeit  der  Römerherrschaft  siehe  die  oben  88 
Anm.  5  angegebene  Literatur.  Die  v6|i5i  erscheinen 
neben  <\l^l]■fil\s.a,zo(,  in  Z.  30  unserer  Inschrift.  Für 
die  oben  angegebene  Bedeutung  von  v6|j,ot  vgl.  die 
oben  erwähnte,  im  Museum  von  Andros  befindliche 
Inschrift  und  den  Ehrenbeschuß  aus  dem  Jahre 
76  V.  Chr.  für  die  drei  SchiffsUapitäne  aus  den 
Untertanengemeinden  Klazomenai,  Karystos  und 
Milet  bei  Bruns,  Fontes  iuris  Romani  n.  39,  170 
Z.  18  f.;  Bericht  über  die  Ausgrab,  in  Pergaraon 
I  76  Z.  5  ;  Fränkel,  Inschriften  v.  Pergamon  n.  250 
Z.  5;  vgl.  auch  Cicero,  de  oft'.  I  10;  ad  Attic.  VI 
I,    15   u.  VI  24;   Dio  XXXVII  20. 

*")  Vgl.  dazu  IG  IX  2,  1106:  Sty.aaxai  trJ.  xa; 
xaTÖt  xö  au|iß6Xaiov  Stacfopag  xäg  ■je-^s^irni.ivoi.c,  Ilsjppai- 
ßoi;.  Dazu  Wilhelm,  IG  IX  2,  p.  XVI,  1106.  Dann 
Arvanitopulos  nach  dem  von  ihm  'Ap/.  'EcpT/|i.  1910 
S.  332  ff.  n.  I  Z.  21  ff.  veröffentlichten  Dekrete  zu 
Ehren  des  Aristokles  aus  Larisa:  ä'.xaaial  STii  xäg 
xata  TÖ  au|i[PsXov  ätxa;  zic,  xeS-staaj  IIsJppatpCiT;. 

'")  Le  Bas  (Inscr.  grecq.  et  lat.  V  n.  175),  der 
erste  Herausgeber  dieser  Inschrift,  liest  Kp{|j.ax[a  und 
erklärt  p.  85:  „il  s'agit  de  deux  sortes  d'affaires".  Er 
verweist  für  xp£(iaxa  auf  Hesych.  In  Le  Bas,  Voyage 
archeol.  II    1802    dagegen    lesen  wir  schon  v.ptxijpta. 


")  Kühner-Blass,  Ausführl.  Gramm,  der  griech. 
Sprache'  I  2  §  330,  5;  vgl.  auch  §  329,  27;  so- 
mit bedeutet  xpiTVJptov:  Werkzeug  oder  Mittel  zum 
Richten,  Richtschnur  oder  Gerichtshof — Gerichts- 
platz; vgl.  auch  Ernst  Fränkel,  Geschichte  der  griech. 
nomina  agentis  auf  -xrjp,  -xoip,  -xt);  (-x-)  I  (Unter- 
suchungen zur  idg.  Sprach-  u.  Kulturwissenschaft 
herausgeg.  v.  K.  Brugmann  u.  A.  Thumb  I)  Straß- 
burg  Igio  S.  I  f. 

^^)  In  dem  vor  kurzem  gedruckten  Aufsatze  gibt 
Bojatzidis  a.  a.  O.  104  das  Wort  viptxvjpta  durch 
das  lateinische  „formulae"  wieder  „aij  äxoXo'jS-oOvxE; 
oi  5tKaaxal  sv  \dpa(iux£(p  £|isXXt;v  va  IxScoacüotv  xdc; 
(XTtocfdasij  xö)v".  Der  formula  gibt  Bojatzidis  nicht 
die  Bedeutung,  die  sie  durch  die  lex  Aebutia  hatte, 
sondern  er  foßt  sie  in  dem  Sinne  von  Cicero,  De  off. 
III  4  auf  und  der  Gerichtshof,  der  vom  Proprätor 
eingesetzt  erscheint,  hatte  somit  in  zwei  Arten  von 
Prozessen  zu  richten:  Die  äixat  y.axa  vojisug  (die 
Richter  selbst  kommen  den  recuperatores  gleich)  und 
die  Stxai,  „xa  xa9-'  äxaaxa  xöiv  änoiiüv  6  ävxtaxpaxrjios 
axv)pt5ö|ievos  etg  x6  edictum  aüxoiJ  slx^  Btaxajsi  xal 
äTioaxeiXst  iv  formulis  eIj  'A5pa|i.uxtov." 

=')  Siehe  Kern,  Die  Inschriften  von  Magnesia 
a.  M.  n.  93  Z.  47  f.;  Dittenberger,  Syli.'-  n.  371 
Z.  q;  CIL  I  n.  203  Z.  20  ff.;  "ApX-  'Ecp.  T910,  n.  I 
334,  Z.  17.  Vgl.  auch  Corpus  Glossariorum  latinorum 
(von  G.  Goetz)  VI  60g  s.  v.  indicium  und  VII  565 
S.  V.   xpixTJpiov. 

'-')  A.  a.  O.  345  f. 


153 

Es  stand  unzweifelhaft  dem  Statthalter  zu,  für  jede  Stadt  einen  Gerichtshof  zu  be- 
stellen^^) und  diesem  die  „Normen"  zu  überschicken,  nach  denen  sich  letzterer  zu  halten 
hatte.  Die  Statthalter  enthielten  sich  meist  (xaiä  xavöva)  einer  derartigen  Rechtsprechung 
und  überließen  sie  den  einheimischen  Gerichten  auch  ohne  jedesmalige  ausdrückliche  An- 
weisung. 'A?.X'  svtoTS,  fährt  Vasis  fort,  (I);  zl%bc,  Si'  Svc'.vx  crfnozc  Aoyov  5  rjysixwv  olovel 
ava[JLL|jt,vr;ax6|xevo;  ttjC,  iauroO  oixatoooxtxrji;  i^oursixc,  ■Kxd-iavri  «ütö;  tö  St'xr^v  Ttvx  ocxäaov 
StxaatTjpiov  5  a'jvrjfrwL:  iÄaiijBavsv  sx  twv  sv  ifj  zwx.pyla.  «vexaiS-sv  un'  äpyivtwv  oixaairjptwv 
oTTsp  eÄEyeto  äva7i:l[.i~£:v  stj  tovx  toXcv  tq  otxaarigptov.  TotaOxa  fjaxv  xxt  xä  loig  'Aopa[.iutrj- 
voig  (^va7:ei.n:p{)'£Vüa  xptxi^pia  ütiö  toO  dvxiaxpaifjyou^^j. 

Ich  glaube  daß  ävaTX£|in£!.V  xä  xptXTjpta  nicht  ganz  zutreffend  erklärt  ist,  da  dadurch 
die  Präposition  ava  nicht  recht  zur  Geltung  kommt.  Die  äva7X£[lcp^£VXa  xp'.xrjpta  möchte 
ich  für  diejenigen  Rechtsfälle  halten,  die  durch  den  Propraetor  von  den  zuständigen  Ge- 
richten dem  in  Adramytteion  tagenden  Ausnahmegericht  der  Stxaaxai  inb  X'^j  ^^vrij  über- 
wiesen wurden^').  In  diesem  Sinne  kommt  dva7X£[X7r£iV  in  ptolemäischer  und  in  römischer 
Zeit  häufig  vor,  s.  Zucker  Philologus  Suppl.  XII  io6.  —  Der  Propraetor  Gn.  Aufidius  hat, 
wie  ich  aus  dieser  Stelle  schließe,  den  oixocaxai  XTzb  xf^g  pvrjs,  die  in  Adramytteion  zusammen- 
gekommen waren,  um  über  die  xaxä  xoü?  Vö[iOus  auv£ax.  oiv.cci  zu  entscheiden,  auch 
andere  Prozesse  der  Adramyttener  überwiesen-^*),  die  als  xä  äva7:£jj,cp ö-EVXa  xptXTjpta  er- 
scheinen^^). 

Da  die  Stxaaxat  dnb  tqc,  pvrjs  zum  Wohle  der  Stadt  Adramytteion  entschieden,  wurden 
der  Andrier  Timokritos  mit  seinem  Schreiber  Iphikrates  sowie  die  übrigen  Richter  beson- 
ders ausgezeichnet.  Sie  erscheinen  als  'U'ohltäter  des  Demos'''')  und  erhielten  auch  pvta  X« 
£X    XoO  vöjiOl) '''^).  Sie   hatten   die   streitenden  Parteien   zu   versöhnen  verstanden ^^). 

IG  XII  5,  723  (Fig.  76):  In  Kolumne  I,  Z.  3  sieht  man  beim  Namen  Aax*tO[  nach 
dem  X  noch  die  Ansätze  eines  zweiten  X,  wodurch  AaxxtOC  statt  des  richtigen  AaXLOt  sicher- 
gestellt ist.  Vgl.  Svoronos,  Numismatique  de  la  Crete  ancienne  I  217  ff.;  Bosanquet,  Ath.  Mitt. 
XXIX  1904   S.  III.   Die  Doppelkonsonanz   dürfte   durch   den  vorhergehenden   Namen  Lyttioi 

^^)  Ich    erinnere   nur    an     die   oben    angeführte  Conventus    und    5io£xr|ats    siehe    bei     Schulten,    De 

Stelle  bei  Paus.  VII   9,   5;   siehe  auch   die  Inschrift,  conventibus  civium  Romanorum  12  Anm.  2  u.  122  ff. 

in     der    der    Streit    zwischen     den   Messeniern     und  Add.  zu  p.   6. 

Spartanern  von  einem  aus  600  Milesiern   bestehenden  ^o^  Über  die  Sucht   der  Griechen,  alles  vor  den 

Gerichtshof     im     Auftrage     des    römischen    Senates  Statthalter  zu  bringen  und  sich  der  römischen  Instanz 

erledigt  wird,  bei  Dittenberger,  Syll.^  n.  314;  vgl.  die  zu  fügen,  erfahren  wir  bei  Plut.  rei  publ.  ger.  praec. 

Inschrift  von  Mylasa  im  BCH  V   102.  c.   19,   der  darüber   klagt,    daß   die  Griechen  sich  in 

^^)  Siehe  ebenda  auch  Anm.  2.  allen     Angelegenheiten     direkt    an     den     Statthalter 

'•')  Für  ävaiteiiTtsiv   in  diesem  Sinne  vgl.  Ditten-  wenden,    wodurch   das   Ansehen    der    einheimischen 

berger,    Syll.^    n.   177    Z.  51,    108;    Or.    Gr.  n.   325  Behörden  und  Gerichte  geschwächt  werde. 

Z.   51    f.;     n.     194    Z.    22   f.;    siehe    auch    Paus.     VII  •>")  Z.   56  u.   60. 

9,    6    u.    VII    II,    I.      Eine    lokale    Auffassung    von  ^^)   Vgl.  ^sviov  zb  äv.  zoü  v6(iOU  IG    XII  5,  9  u. 

&vaJC6(rasiv=  „landeinwärts  schicken"  kommt  bei  der  BCH    XXVII   399;    über  Jsvta  Berard,    De    arbitrio 

KüstenstadtAdramytteionnaturgemäßnichtinBetracht.  loi   u.  Boesch,  Oetopd;  76. 

'''')   Über  Adramytteion   als    Sitz  des    conventus  ''-)  Zu  Dank  verpflichtet  bin  ich  Herrn  Professor 

iuridicus  in  der  Kaiserzeit  siehe  Koraemann,  Pauly-  A.    v.    Premerstein,    mit    dem    ich    die    schwierigen 

Wissowa  RE  IV  1178;  Chapot  a.  a.  O.   335.    Über  Stellen  dieser  Inschrift  durchsprechen  konnte. 

Sauciuc,  Andros.  20 


154 

veranlaßt  worden  sein.  Auf  \dz(i:)lO'.  konnte  nichts  melir  folgen,  ila  unterhalb  dieses  Namens 
eine  erhöhte  Leiste  sichtbar  ist  (siehe  untenstehende  Abbildung),  bi  Kolumne  2,  Z.  2  kann 
ich  das  von  Bojatzidis  'Ap/.  'Ecp»][X.  IQII  S.  78  n.  35  gelesene  ZulipY;T'.o:  nicht  bestätigen. 
Z.  3  hat  Hiller  v.  Gaertringen,  Ath.  Mitt.  XXXII  1907  S.  462  ff.  Auiltot  ol  ä'Vü)  gelesen  und 
scheidet  diese  von  den  AüxxiOl  npbc,  d-aXiaarj,  wobei  er  auf  die  Inschrift  von  Magnesia 
a.  M.  n.  53   Z.  75  ff.  (Kern)  verweist^^). 

Die  von  Hiller  v.  Gaertringen  gemachte  Scheidung  ist  uns  schon  aus  der  kretischen 
Insclirift  bei  HaussouUier,  BCH  1885,  15  bekannt,  die  einen  Beschluß  von  Dreros  zu  Ehren 
eines  Schiedsrichters  aus  dem  benachbarten  Knossos  und  zu  Ehren  zweier  Richter  aus  Lyttos 


76:   Inschrift  IG  XII  5,  723. 

enthält.  Hier  lesen  wir  Z.  8  ff:  äix'lwv  atT;rjca|.i£vwv  |  Oixaaiä?  ats  xcöv  Au-tcü)[v]  |  töjv  X£ 
täv  dtVtO  noAlV  ofxtOVXWV  V.Ol.1  TCOV  im  inl  •9'aXäaaai.  Auffallend  wäre  es  nun,  daß  in  723  die 
Aüxzioi  ol  avü)  nicht  in  derselben  Kolumne  l  wie  die  Lyttioi  TCpög  i)-ct,\iaay]l  genannt 
werden,  sondern  erst  in  Kolumne  2.  Die  Revision  des  Steines  ergab  .luch  in  der  Tat,  daß 
hier  nicht  AutL'.Ot  oE  ä'Vü),  sondern  deutlich  AaÜTtOt  Ol  aVü)  zu  lesen  ist,  was  man  aus  der 
Abbildung  entnehmen  kann  und  was  auch  Bojatzidis  a.  a.  O.  bietet.  Vgl.  Pernice, 
Ath.  Mitt.  XVIII  II,  der  Aauptot  gelesen  hat.  Während  wir  über  die  Verhältnisse  bei  den 
AiSxTtOt  hinlänglich  unterrichtet  sind"*),  würde  uns  der  Name  Aauxiot  hier  zum  erstenmal  be- 
gegnen. Sollten  wir  es  hier  mit  einem  Steinmetzfehler  zu  tun  haben  oder  lernen  wir  den  Namen 
einer  neuen  Stadt  von  Kreta  kennen,  welches  ja  go  Städte  gehabt  haben  soll .-'  Im 
letzteren,  wenig  wahrscheinlichen  Falle  wüßten  wir  freilich  nichts  mehr  über  diese,  als 
ihren   Namen. 

In  der  0'I3'"  großen  Lücke  zwischen  Aannät(o>ot  und  'EcpE[a]wu  von  letzterem  Worte 
durch  eine  0'oi5'"  große,  unbeschriebene  Fläche  getrennt,  hat  ein  auf  -vsioi  auslautender 
Name  gestanden,  wobei  vom  v  nur  die  Ansätze  der  beiden  parallelen  vertikalen  Striche  zu 
sehen  sind.  Durch  diesen  Namen  erscheint  die  Anordnung  in  Kolumnen  nicht  durchbrochen, 
da  der  Name  auf  -vstoi  durch  die  Lücke  vor  'Ecpsatot  als  zur  2.  Kolumne  gehörig  betrachtet 
wird.  In  dem  Bündnisvertrage,  den  Eumenes  II  von  Pergamon  mit  30  Städten  von  Kreta 
im  Jahre    185  v.  Chr.   (Michel,   Recueil   n.  26;   Svoronos   a.  a.   O.    229;    Revue   archeol.    190g 


'*')  Siehe  dazu  auch  Wilhelm,  Beiträge   172  ff. 

''*)  Über  Lyltos,  Lytos  oder  Lyktos  siehe  Svoronos 
a.  a.  O.  I  61  ff.,  209  u.  225  ff.  und  Beloch,  Klio 
191 1  S.  435.  Über  die  Vorgeschichte  der  Lyttier  aus- 
führlich bei  Scrinzi,  Atti  del  K.  Inst.  Veneto  di 
scienze  IX  serie  VII,  1897 — 1898  p.  1 509  ff.  Über  die 
Lage  von   Lyttos  gibt  Aufschluß  HaussouUier,  BCH 


IX  16;  dann  Bosanquet,  Ath.  Mitt.  XXIX  1904 
S.  III;  siehe  auch  die  berechtigten  Zweifel  über 
Bosanquets  Angabe  bei  G.  Cardinali,  Rivisla  di 
storia  antica  NS  IX  fasc.  I  1904  p.  72  Anra.  4, 
der  öfters  (82,  86,  gl  ff.)  auf  Lyttos  und  dessen  Krieg 
zu   sprechen   kommt. 


155 

]).  372  ff-)  schloß,  erscheinen  die  Sybritioi  und  Lappaioi  unmittelbar  hintereinander  und  un- 
mittelbar davor  sind  die  IlciXup^rjvtot  genannt.  Ob  wir  nicht  in  -vstot  die  Endung  des  Namens 
noXupfrjVerot  statt  IToXup^Tjvtot  zu  erblicken  haben?  Auffallend  ist  beim  Namen  'EiXiid-ioi 
der  0'0I5"  große  Abstand  zwischen  Z  und  K.  Mehr  ließ  sich  dem  Steine  nicht  ab- 
gewinnen. 

Zu  IG  XII   5,   727  und  728  Z.  i    und  5   vgl.  das  oben  S.  116  Gesagte. 

Zu  IG  XII   5,    737  und   738  siehe   S.    126. 

IG  XII  5,  750:  Jetzt  im  Museum  von  Andros,  0'335"  hoch,  o'39'"  breit,  O'ogi"'  dick,  die 
rechte  Seite  ist  abgebrochen,  ebenso  die  obere  linke  Ecke  bis  über  die  Mitte  der  Vorder- 
fläche. Die  obere  schmale  Fläche  wie  die  Rückseite  sind  roh  behauen.  Buchstabenhöhe 
0'025 0"02Q";    O  =  0"002". 

In  Z.  6  bemerkt  man  nach  AI  einen  Ape.x,  der  zu  einem  Buchstaben  mit  schräg  auf- 
steigender Haste,  also  zu  A  oder  A  gehört,  so  daß  die  von  Hiller  v.  Gaertringen  vor- 
geschlagene Ergänzung  ^[aTrctvrjv]  unhaltbar  wird.  Siehe  auch  Bojatzidis, 'Apy.  'Ecprj[JL.  1911 
S.  78  n.  39.  Am  ehesten  konnte  man  an  die  Ergänzung  Ota9-T|xr^v  denken,  das  gut  in  den 
Zusammenhang  passen  würde.  Die  Worte  in  Z,  5  f.  würden  besagen,  daß  der  Mann,  dessen 
Name  wir  nicht  kennen,  irgend  eine  Stiftung  gemacht  hat  und  ihr  auch  das  für  die  Instand- 
haltung erforderliche  Geld  angewiesen  hat.  In  diesem  Sinne  wären  die  Worte  zu  erklären. 
Vgl.  was  P.  Bonfante,  Rivista  di  storia  antica  NS  XIII  fasc.  2,  Padova  19 10  p.  208  über 
die  Bedeutung  von  OtaS'l^xr;  bei  den  Griechen  sagt.  Vgl.  auch  Fränkel,  Inschriften  von 
Pergamon  II  n.  260.  Häufig  finden  wir  y.aia  X'JjV  Staö-l^xrjV  bei  Ehrenstatuen,  Kern,  Inschriften 
von  Magnesia  a.  M.  n.  126,  128,  vgl.  312;  Hiller  v.  Gaertringen,  Inschriften  von  Priene 
266 — 273;  Bojatzidis  a.  a.  O.  n.  14  Z.  3.  Über  die  Frage,  ob  solche  Inschriften  als  Grab- 
oder Ehreninschriften   anzusehen    sind,  siehe  Gerlach,   Ehreninschriften    1908    S.  3. 

IG  XII  5,  758:  In  Z.  I,  welche  abgemeißelt  ist,  sieht  man  noch  die  Buchstaben  NA.  Am 
Ende  von  Z.  2  ist  HfEMONA  zu  lesen.  Zu  Z.  6  siehe  oben  S.  108  Anm.  25.  In  Z.  7  ist 
am  Anfang  0"i5™  abgemeißelt,  doch  derart,  daß  man  hier  ein  Versehen  des  Steinmetzen 
feststellen  möchte,  der  XojiaXBO,  das  W'ort  der  vorhergehenden  Zeile,  abermals  geschrieben 
hätte.  Zwischen  Z.  9  und  10  ist  eine  095 '"  große  Fläche,  in  der  zwei  Zeilen  gestanden 
haben,  radiert,   ohne   daß   man   deren   Inhalt   feststellen   könnte. 

Zu  IG  XII  5,  759  untl  762  (:^ 'ApX-  'Ecprj|i.  1911  S.  72  f.  n.  10)  siehe  oben  S.  99 
Anm.  4  und   102. 

IG  XII  5,  7Ö4:  In  dem  aus  der  römischen  Kaiserzeit  stammenden  Grabgedicht  rühmt 
sich  der  .^iakide  Abaskantos  aus  Andros,  er  wäre  vieler  Angelegenheiten  halber  in 
Rom  (siehe  oben  S.  91  Anm.  17)  und  Asien  gewesen  und  hätte  in  allen  Kämpfen 
den  Sieg  davongetragen.  Nun  aber  liege  er,  ein  Kind  starker  Eltern,  zusammen  mit 
seinem  Kinde  in  diesem  Grabe.  Vers  5  und  6:  Qu^  WG  nrp.stSr,;  cpiXlpo:;,  äXX'  w;  [isyac 
"Apirjj,  I  [xocptStOts  Xrj[icpi)'£ts,  oü'/_  öatatj  [Sotävat?,  sind  bisher  nicht  erklärt  woriien  und 
Hiller  von  Gaertringen  bemerkt:  „Quae  fabula  lateat,  etiam  nunc  dubium  est."  Vorerst 
sei  bemerkt,  daß  eine  Überprüfung  des  Steines  im  Museum  von  Andros  an  der  für  die 
Interpretation  schwierigen  Stelle  nichts  zu  ändern  gab.  Ich  glaube,  daß  in  Z.  5  oüy^  (I)? 
UrjXrjtSrfi   CptXrpOlJ   eine   Anspielung   auf  das   durch   die   Ale.\;indriner  (Welcker,    Die   griechi- 

20* 


156 

sehen  Tragödien  III,  1144  f.)  eingeführte  Liebesverhältnis  des  Achilles  zu  Polyxena  ist, 
und  zwar  käme  hier  die  Version  zur  Geltung,  wonach  die  Liebe  der  Grund  von  Achilles' 
Fall  war"").  Nicht  wie  Achilles  durch  Liebeszauber  will  Abaskantos  gefallen  sein,  sondern 
er  hielt  sich  wacker  wie  ein  gewaltiger  Ares,  womit  der  höchste  Grad  der  Tapferkeit  be- 
zeichnet werden  soll.  Die  Tapferkeit  des  Achilles  ist  ihm  zu  gering.  Abaskantos  starb 
eines  wackeren  Todes,  der  ihm  vom  Schicksal  bestimmt  war  und  der  nicht  durch  gott- 
gefälliges Kräuterwerk  der  Geliebten  herbeigeführt  war.  Ich  glaube,  daß  man  durch 
diese  Interpunktion  und  durch  diese,  wenn  auch  vielleicht  ein  wenig  geschraubt  er- 
scheinende Erklärung  am  ehesten  dem  Wortlaut  gerecht  wird.  Der  Gedanke  an  Achilles 
lag  nahe:  Gehörte  doch  Abaskantos  dem  Geschlechte  des  Aiakos  an.  (Vgl.  IG  XII  3,  86g, 
wo  Afaxiorjg  Achilles  ist,  und  Töpffer  bei  Pauly-Wissowa  RE  I  923  f.)  In  dem  Gedichte 
werden  bei  Achilles  die  (flXzpx  hervorgekehrt,  während  Abaskantos'  Fall  der  Moira  zuge- 
schrieben wird.  S.  Schulze,  Sitz.-Ber.  Rerl.  Ak.  igi2  S.  685  ff.  Zu  verzeihen  ist,  wenn 
hoch  gegriffen  und  Abaskantos  mit  Ares  verglichen  wird.  Der  Schluß  des  Gedichtes  ist 
nicht  unversehrt  erhalten,  scheint  aber  darauf  hinzuweisen,  welchen  Kummer  Abaskantos 
durch  seinen  frühen  Tod  seinem  Vater  und  seiner  Mutter  bereitet  habe.  Die  Ergänzung,  die 
ich  im  folgenden  für  Vers  7  gebe,  beansprucht  nur  den  Sinn  zu  treffen,  für  Vers  8  aber 
kann  sie  als  sicher  gelten:  'AXX«  Tzxxpb^  \ib/  Ejxsio  Xuypwj  [vl-avaiw:  d-sXrj'f 9-r)V  oder 
aTisXsJcpS-r^v],  jxr^iryp  TiEVihaXerj  [o']lax[£vxxvja£  yoo'.g^'''). 

IG  XII  5,  773:  Auf  diesem  aus  Gaurion  stammenden  Grabsteine  kann  in  Z.  i  vor  IZ 
nur  ein  N,  von  dem  eine  vertikale  Haste  und  der  Ansatz  der  schrägen  zu  sehen  ist,  gestanden 
haben.  In  Z.  2  ist  i\.VT[cdj(OU  statt  des  bisherigen  'A[a]t  und  des  kürzlich  von  Bojatzidis  a.  a.  O. 
n.  28  ergänzten  'AaT:[u6)(0U ?  zu  lesen.  Die  Ergänzung  Tpucpepa  in  Z.  2  (vgl.  IG  XII  2,  77g) 
ist  sehr  naheliegend.   Auch   scheint   Z.  l    später   hinzugekommen  zu  sein. 

IG  XII  5,  774:  Die  O'OÖB"^  dicke  Stele  mit  o-oi6 — o-OlS""  großen  Buchstaben  befindet 
sich  jetzt  im  Hause  des  K.  Lukrezis.  In  Z.  i  sieht  man  vor  N  noch  die  Reste  eines  E;  am 
Ende  dieser  Zeile  ist  nach  H  noch  Z,  in  Z.  2  vor  H  ein  A  zu  erkennen.  Vgl.  die  Namen 
auf  I^eX[i,:;  und  t^£X|iO;  hei  Kieseritzky  und  Watzinger,  Griechische  Grabreliefs  in  Südrußland 
n.  337:  A'jÄUi^£X[i'.5  AaÄa^sXj-iO'j  und  n.  572   AOACi'j!^£X|it;  AaÄa^£Ä|iou. 

IG  Xll  5  780:  Die  Inschrift  (eine  Platte  aus  bläulichem  Marmor,  die  nur  an  der 
oberen  Fläche  ein  Stück  Rand  zeigt)  liegt  jetzt  im  Museum  und  der  früher  vermauerte, 
nunmehr  freigelegte  untere  Teil  ist  vor  kurzem  von  Bojatzidis  Apy.  'Ecpr^i-l.  191 1  S.  77  n.  31 
veröffentlicht  worden.  Doch  ist  hier  noch  einiges  richtigzustellen.  Auf  Z.  7  folgen  jetzt 
noch  drei  andere  Zeilen,  wobei  die  Buchstaben  von  Z.  8  und  10  nicht  nur  kleiner,  sondern 
auch  gedrängter  geschrieben  sind  als  die  übrigen.  In  Z.  8  lese  ich  abweichend  von 
Bojatzidis  ''E(y[[xo]Y£Vou  y[iiV1^;  in  Z.  9  ist  oioxri  Kptiwvo;  zu  lesen.  Von  A  ist  die  rechte 
Seite  erhalten.  Man  wird  daher  'iLchirj  statt  Apt'axr;  zu  ergänzen  haben,  ein  Name,  der 
in   Attika    und   auch   sonst    als   Frauenname    sich    häufig    findet.     Wenn    wir    von    den  unver- 

''')  Vgl.  Fleischer  bei  Röscher,  Myth.  Lex.  I   I,  wertes    ia-cvay_r]a£    die    obere    Hälfte   erhalten.     Für 

48 ff.  und  Gruppe,  Griech.Mythol.  und  Religionsgesch.  die  Ergänzung    in    Z.  7    vgl.  Kaibel,    Epigr.   Graeca 

I  694  Anm.  2.  n.  6g;  für  die  zweite  Hälfte  von  Z.  8   ebenda  n.  208 

^)  In  V.  8  ist  vom  vierten  Buchstaben  des  Zeit-  Z.  20. 


157 

ständlichen  Resten   in   Z.   7,   in  denen   keine  griechischen  Namen   enthalten  zu  sein  scheinen, 
absehen,  so   ergibt  sich   für   die  Namen  dieses  Grabsteines   folgendes   Stemma: 

Olympiades 
Dorokles  Ag-athokles 


Olympiades  Lamiska  Metikles  Kriton 


Agathokles  Hediste 

I 
Kriton 

Vielleicht  war  Hedistes  Mutter  die  Tochter  des  Hermogenes  und  der  in  Z.  7  ge- 
nannten  Frau. 

IG  XII  5,  785:  Höhe  der  anscheinend  absichtlich  getilgten  Buchstaben  0'0I2'"  bis 
0-014'".  Ich  lese  folgendes:  zXwcpavTOg  KXtT;[(ü]v|os  TipoacptXrjg  {)-p£|7i:-ös  \\fiiGz[o]^oüXrfi  j 
Xprjaxe  x^P^- 

ripoacpiXrjS  sowie  TZpoa^tXrjS  X'^^P^  kehrt  regelmäßig  wieder  in  den  Inschriften  von 
Tliasos  IG  XII  8,  Indices  IX,  verba  potiora;  siehe  auch  Loch,  Festschrift  zum  50.  Doktor- 
jubiläum Ludwig  Friedländers  281.  Zwischen  Z.  4  und  5  ist  ein  Abstand  von  0*02 "'.  In 
Z.  5  und  6  glaubt  man  die  Buchstaben  K  A  H  A  1  O  M  n.  N  I YO  Yl  O  ZI  zu  lesen.  Zu  Beginn 
der  Z.  5  sind  höchstens  drei  Buchstaben  getilgt  worden.  Man  glaubt  noch  YO  zu  erkennen, 
gedacht  war  vielleicht  YOY.  Nach  OZI  ist  unbehauene  Fläche.  Den  Sinn  von  Z.  5  und  6 
vermag   ich   nicht  anzugeben. 

Zu   IG   XII   5,   788   siehe   oben   S.  98,  Anm.   3. 

IG  XII  5,  796:  Diesem  Steine,  der  ganz  mit  Mörtel  bedeckt  ist,  konnte  ich  mit 
Hilfe  einer  Durchreibung  mehr  Buchstaben  abgewinnen;  Buchstabenhohe  O'oi'";  vielleicht 
noch  aus  dem  vierten  Jahrhundert  v.  Chr.  Aus  Z.  5  und  6  scheint  hervorzugehen,  daß  es 
sich  um  eine  Weihung  an  einen  Heros  Thelpon  handelt.  Zu  Thelpon  vgl.  Thelpusa  bei 
Pape-Benseler,  Wörteib.  d.  griech.  Eigenn.  und  Gruppe,  Griech.  Myth.  u.  Religionsgesch. 
II.   744   Anm.    19,   I    120,   200.    In   Z.    2   ist    der  Name  Agionike   zu   lesen. 

TAO  AIOZOEA[n]ja[N] 
KAIATAnNIKH 
A...Z  .  AI.K..IA 
.  ATA.  AK...'aIA.  O 
5       vacat  HPni         vacat 
vacat     OEAnriNI 

Zu   IG   XII   5,   2,    1107    siehe   oben   S.    120,   Anm.   47. 

'Apx-  'Etp.  191  I  S.  70  ff.  n.  2  und  3.  Die  beiden  Steine  gehören,  wie  Hiller  v.  Gaertringen 
Ath.  Mitt.    XXXIV    1909   S.  186   bemerkt,    zu    einem    vierseitig   beschriebenen  Pfeiler. 


'58 


Da  uns   Bojatzidis    die   Reste   dieser   9   Beschlüsse    nur   in  Abbildungen   vorführt, 
es  angezeigt  sein,   eine   Umschrift  derselben  zu   geben.   jf^pX-  'Ecprj(Jl.    191  l    S.  70  f.   n. 


II 


?    Ö'£ 

....  ycu3tv 
.  apä  xoü  ßaaiA 
£:pe&r)aav  Atovuat 

5  eSoEsv  il:  ßouXIt 
aywvoö'STüJVTO 
8-£oO  [^lavTSia?  5t 
xal  Travrjyupiv  ays 
epYsatöjv  £%  toö  x 

10  vMi  £v  xatpotg  £va 

xrjat.  xai  to'j;  !A.vS 


*r;; 


jxaxa-cojv"'') 


ni 


ßac'vei  7w£pty£V£ 
15  uatwvto-j  TÖV  §£ 
xat  xaxayyeöAa 
xa?  xoö  Si^|jiou 
xa;  xoi;  vtxtoa 
pwuvxa 

Sptwv  I 

§£  aüxoö 
cjuvxeXo 

E'J[i£V£l 

25  og  llaxpü) 
£u5at|jioy 
Eü|-i£vrj 

|Jl£X3:   xwv 

i)K    aOxwv 


'Apx-  'E^/j]!.   191 1,  S.  70  f.  n.  3: 

I     I  Xouj^i 

xoü   x«E  ß 

x£t  7:pö;  xö 
pov  Sf;]j,ov  £'jvoiai  pL) 
5  xag  x£  Sta  aTCoS£t'^£      ; 
vwv  ö'Ewpou;  '4px£ix 


IV 


35 


60 


TTtOU 

Srj[jiü)t 

tvou  xpric. 

c   Otiö 

Sa  XY/v 

Xr^v  £7it 

SaX 

at  xaXa 

zoäq  xa 

£C    T^av 

oXX'^c 

UX/jV    TCO 

Vü)V  xa 

ajißavo 

OU    TipO 

tSa  vai) 

7C0;0U|X£ 

y  EÖvot'ag 

xtüv  xit 

O'jv  xa;  ö 

xal  Eux« 

xöv  eü 

xov  Se 

ETiatV 

a  [laX 
ü)vxa 

Stat  711 

xaE  au 

y  äyo 


£i  BKO-rpm-0' 
Iva  §£  ö 

xoiaöxa   7ipo8'ü[.tw;  0 
10  Ss  xö   dir/cpta|j.a  dvaypa 
Xa)|-ia  £?;  xaöxa  oöxw 
X£xay[i£vov  £v  y 


")  Am  Ende  dieser  Zeile  ist  eine  vertilc.ile  Hasta   zu  sehen. 


159 


II 


III 


IV 


sSo^ev  xli  ßouÄii  x 
15  XI  xatpwt  ■Kod  ä^toj  x 

tSi'ai  Se   xwv   koXlzCüv 
ova  ouv  ■nod  Sawv  'AvSp 

20  xii  [iouXli  xod 

[-livoic,  y.xl  ScOÖCTä-at  x 
Xoii  Ttpo^evot?  ysy 
vov  ava}.w|ix  ooOvao 
EOsXS-övta  Tcap'  yj|itv 

25  ^a  Tipög  aÜTCiug  acp 

"^pxovxoi;   SoXuvoj 
XWV05  YpajifiaxoStS 
xoü   eTctxr;5£Üj.iaxo5 
vr;?  iiep:  aOxov  xax 
30  uious  e7t '  äpyovxo 
7ipo8"j[itag  xaE  cptX 
e  xat  xoü?  ey 
ou; 

XJ     Xiv 

35  otvorg   5e 

i^EVOy 

aCixöv  X 

XOtS    TCO^.l    5 

wa'.a  OS  aü 
40  •ö'ai,  f;c   av   [jOÜ 


TtpoaTiet 

pwxots    aCi^a    m 
us  y.od  xöv 
45    oTiwg  «v  Tcay 

Eepöv  xoö  'A 
ö  ävaXa)[jia 

S  5'.oixr,a£W?   15 

eXou  xal 

50  Kapoaxtov 

vo;  Apx£|jn 
i[i05  AtioXX 
5  ÖTxtcxav    5 

OV"*)    K6VOWO5 

55     Awowpou   Ar] 
[[xocpaVYjg  'E 
t  Kapüaxtot  xc 
)(ou(j:v  xwv  j-i£   10 
cav  Tcavxwv 
60    Tzoooiji;  v.od  tpt 
ÄnoSsi^iv 
aj-  Iva  9'jv  xx 
;  xoawv  xa   15 
y  x^tounsy 
65       xüxolc,  xa  71: 
xobg  XX  .  . 
y  £?a  .  . 
a  ,  .  .    20 


\\'enn  auch  eine  Zusammensetzung'  und  vollständige  Ergänzung  nicht  möglich  ist,  so 
können  wir  doch  annähernd  die  Maße  des  Pfeilers  angeben.  Aus  den  Resten  von  formel- 
haften Wendungen  kann  man  die  Länge  wenigstens  einzelner  Zeilen  mit  einiger  Sicherheit 
bestimmen  und  auf  diese  Weise  die  Breite,  beziehungsweise  Dicke  des  Pfeilers  erschließen. 
Die  Ergänzungen  in  'Apy.  'Ecpr;[^i.  a.  a.  O.  n.  3  11  Z.  4  a7ioi)]|o'^s  xxi  :p:Xox'.\xixc,  o'j[oiv 
sXAEtTTWV  xat  y^pzixi  Tzxpeiytxo  xet  noXei  fj|J.G)v  und  ebenda  Z.  10  xö  ok  yevöixsjjvov  äväX(j)[.ia 
Soövxt  [xoü{  xa|iixi;  xtcö  rfjj  y.O'.vfj;^  oioixi^asws  xa!  dvaypatj;«!  zeigen  uns,  daß  in  einer  Zeile 
der  Langseite  höchstens  sechzig  Buchstaben  gestanden  haben,  die  an  den  angegebenen  Stellen 
eine  o'öo""  breite  Fläche  einnelimen.  Da  die  Buchstaben  links  O'oi'"  von  der  0"05"'  breiten 
Leiste  abstehen,  die  man  auch  rechts  anzunehmen  berechtigt  ist,  wird  sich  die  Breite  der 
Langseite  des  Pfeilers  auf  o'72°'  belaufen.  Auch  die  Zeilenbreite  der  auf  der  linken  Schmalseite 
desselben  Steines  befindlichen  Inschrift  läßt  sich   aus  IV  Z.   14  f.:    A![7töXX(i)V05'  5oOvat  OS  sie, 

^^)  Der  Buchstabe  vor  ov  kann  i  oder  t  sein. 


i6o 

taOxa  x]6  äväÄCDfioc  |  zobQ  ixiiixi*  inö  xf;{  xo'.Jv:^;  Stoixr^acü)?  auf  ungefähr  0-33™  und  die 
Dicke  des  Pfeilers  auf  etwa  o"35™  angeben.  Von  jedem  Beschlüsse  der  beiden  Steine  ist  so 
viel  erhalten,  daß  man  den  Inhalt  derselben  ungefähr  bestimmen  kann.  Eine  sichere  Er- 
gänzung der  auf  den  Nebenseiten  befindlichen,  durch  die  Feier  von  Agonen  veranlaßten 
Ehrenbeschlüsse   wird   ohne   einen   weiteren   Fund   kaum   zu   erzielen  sein. 

Zu  'Ap)(.  'E^rjfJ..    IQII    S.  71   n.  4   siehe   oben   S.    121. 

'Apy.  'Etpr^i^i.  1911  S.  yin.  5:  Üas  A  der  ersten  Zeile  konnte  ich  weder  vor  dem  Steine 
noch  auf  dem  Abklatsch  lesen.  In  Z.  2  lese  ich  ]ptou  'AxtVVCOU,  wobei  vor  dem  P  noch  etwa 
4  Buchstaben  Platz  hätten.  In  Z.  3  und  4  lese  ich  ]r^at'[JiO'j  d'uyax[rjp  |  FpaTiTTj,  wobei  vor  H 
noch  zwei  Buchstaben  gestanden  haben,  vor  rpaTlxr^  0-05 "  freier  Raum  ist.  Der  Name  in  Z.  2  f. 
scheint  Tißsjpi'ou  Axivvt'ou  |  'Ov]i'jat[j,ou  zu  sein.  Der  Schreibung  des  Namens  Atinios  mit  vv 
steht  'Axt'vtoc  in  dem  Beschluß  von  Panamara,  BCH  1887  p.  227  gegenüber.  Für  den  Namen 
rpaTXnrj  siehe  Keil   und   v.   Premerstein,   Bericht   II   45   n.  84. 

'ApX-  'E:pr;ix.  191  i  S.  71  f.  n.  6:  In  Z.  i  liest  man  'ÄlIßlAS,  was  ich  zu  [X]'.[x]:3e; 
ergänzen  möchte.  Unsicher  ist  Bojatzidis'  AxXaj  in  Z.  3,  wo  nur  die  Buchstabenköpfe  von 
AZ  erhalten  sind.  Zum  Namen  Tharsagoras  dieser  Inschrift  vgl.  Bechtel,  Genethliakon 
Karl   Robert  zum     10.   März    IQIO,   69   und   79. 

Zu  Apx-  Ecp.    191 1   S.   72   n.  7   s.  S.  89   A.  6. 

ApX-  'E^TjfJL.  191 1  S.  72  n.  8:  Ich  gebe  hier  die  Umschrift  der  von  Bojatzidis  nur  ab- 
gebildeten Inschrift: 

v:a  I  ovxt  |  ac  xai  d-u  \  dpip/oc^  \  5  Kvwat'wv  |  XP^t^^  I  ''^'^  ^^  1  ^-^^  !  t^^"^  I  '°  S*'^  I 
t  Srjji  !  pwx  I  X  I 

ApX-  'Ecprjjl.   191 1    S.  72    n.  9:   Ich   lese   und   ergänze   die   Inschrift   folgendermaßen: 

Iva]  o'jv  xat  6  ofj\).oz  cp[atvr;xac  xtiitov  xa8-rj/.o6aais  XLfiais 
Tojfjs  actous  Ttov  dvSp[wv  Aya&Tji  z\)yrf.-  xr;V  jSouXyjv 
xad  xo]v  5y;i.iov  ETraiveaai  [xöv  Ssiva  äpsxfy?  evexev  xal 
£üvoia]s  xa:  ax£9avw<i)aa:  [aüxöv  xpwawi  axscpavwt  xx:  äv- 
5  a^Y^-^'*]'  ^^  ■^^^S  aywaiv  Tiäa[LV  xövSe  xöv  axscpavov  xr;v 
£7xt|.t£X]£tav  7io'.ou|.i£VWV  xö)[v  xax'  EV'.Ä'jxov  axpxxrjywv 
vqi  TO>.£(i)s-  ä]vxYpx'|ia:  Si  xal  [ei;  axTjXr^v  J.tö'tvriv  xaüxr^v 
xrjv  (ivSpayaS-fjav  xal  ax^aat  ev  [x^t  ayopät  xfjs  jxöXew?-  xö 
§£  ävaÄ(i)[j.a  36[xü)  £fs  toSe  x[ö  tpYftaixa  5  xaciAia?  änö  xiöv  Tipo;- 
10  öStüv  xwv  xfjs  7i6a]£w[s. 
Z.   8.    Vom   ersten   a  ist   der   größere  Teil   der   rechten   Hälfte   erhalten. 
'ApX'  'Ecprjji.  191 1   S.  74  n.   15:   Ich  möchte  zu  dieser  Inschrift  bemerken,  daß  in  der  von 
Bojatzidis  gegebenen   Abbildung   des   Steines   der   linke  Teil  mit  den  Anfangsbuchstaben  der 
drei  Zeilen  anscheinend  durch   ein  Versehen   abgeschnitten   worden   ist,    da  der  Stein  rechts 
und  links  Rand  zeigt.   Das  Alter  der  Buchstaben  läßt  sich  hier  nicht  mit  Sicherheit  bemessen, 
da  wir  mit  dem  weichen  Glimmerschiefer,   in  den  sich  gezierte  Buchstaben  schlecht  einhauen 
lassen,  zu  rechnen  haben.  Ich  glaube,  daß  mit  dem  fünften  Jahrhundert  v.  Chr.   zu  hoch  ge- 
griffen ist.   Am  Anfange  von  Z.  2  halte  ich  das  N-förmige  Zeichen  für  einen  zufälligen  Riß,  wie 
auch  am  Ende  von  Z.  3  den  schrägen  Strich.  Zum  Vatersnamen  der  auf  .Andros  verstorbenen 


i6i 

Naxierin  Minne  vgl.  auch  'Ep^etVj  oder  'Ep^lVjS  bei  Herodot  VI  98.  Zu  Doppelkonsonanz  in 
Na^^tTj  vgl.  Wilhelm,  Beiträge   170  n.  147;  Jakobsohn,  Hermes  XXXXV  67  ff.,   löl  ff.,   ig8  ff. 

'ApX-  'Ecprjti.  191  I  S.  74  n.  16:  OY  ist  in  Z.  l  nicht  zu  lesen.  Die  Ergänzungen  Niko- 
m[edes   und   Üek[i()S   sind   nicht   die   einzig   möglichen. 

'ApX.  'Ecpr;j-l.  191 1  S.  74  n.  20:  In  Z.  I  liest  man  APH,  in  Z.  2  lANA.  Vor  I  sind  noch 
die  Reste  eines  A  oder  A  zu  sehen.  In  Z.  3  sind  nur  die  Buchstabenköpfe  von  lOY  deutlich 
zu  erkennen.  Vor  O  ist  ein  T  unmöglich.  Der  Buchstabe  nach  Y  kann  M  oder  N  sein, 
nachher  sind  mit  Wahrscheinlichkeit  die  Reste  eines  E,  sicher  nicht  die  eines  O  zu  lesen. 
Die  Buchstabengröße  0'03™  gilt  für  das  Wort  APTE,  welches  von  den  anderen  0"0I5"  hohen 
Buchstaben  durch   einen  0*05 '"   freien  Raum   getrennt   ist. 

'Ap)(.  'EcprjjJl.  191 1  S.  74  f.  n.  21:  In  Z.  7  kann  nur  ZTH  gestanden  haben,  da  hernach 
unbeschriebene  Fläche   vorhanden   ist. 

'Apx-  'Ecprjti.  191 1  S.  75  n.  23:  Der  letzte  Buchstabe  ist  nicht  als  H  gesichert.  Von  ihm 
ist  bloß  eine  vertikale  Hasta  zu  sehen  und  in  einiger  Entfernung  ist  deutlich  ein  Punkt  zu 
erkennen.  Vgl.  "Hpwa  TtpocpüXaxa  in  Pergamon  bei  Hepding,  .'Vth.  Mitt.  XXXV  1910  S.  472 
n.   58   und    1907    S.  326    n.   57. 

Ap)'.'EcpT;[.i.  191 1  S.  75n.  24:InZ.  iund2  lese  ich 'Ap]t£[it5[wpx]JIr;Voy£VO'j| Mr/vojysvou. 

'Ap/.  'EcprjtA.    191 1    S.  75   n.  25:  Ich  lese  wie  folgt: 

Aa(j,oDvos  «l'iXaJSeX^ou. 
LzZby^a.1  igt  [iouXst  xaJ  xwt  STj]tiwc-  STtstor]  Aä|xoJv  $t- 
Xa5£X'.poi)  dvTjp  xa^öc;  xaö]  ayaÖ'ö?  wv  eiivouj  ijrtäp[)(£t 
Torg  Avoptots  xaE  löjv  'laO'j-iJt'wv  vcxr^aa?  töv  dywva 
5  —  —  —  —  —  —  —  —  —  aJidStov   £aT£cpdvtox£v 

TTjV  TfjfiE'clpav  TioXiv  xat  i6]y  Sfjuov  £tx6vt  xaXxet 
ÄTiö  r^s  vt'xTjs  x]^;  iwv  'laS-iit'wv  —  - —  — 

Der  Vatersname  <I>daO£)vCpou  scheint  in  Z.  1  sichergestellt:  Vor  den  Buchstaben 
AEA())OY,  von  denen  der  größere  untere  Teil  erhalten  ist,  befindet  sich  in  gewöhnlichem 
Abstand   ein  Zierhäckchen   mit   einem   Stück   einer  schräg  ansteigenden  Haste. 

In  Z.  4  ist  der  erste  erhaltene  Buchstabe  kein  T,  sondern  C.  Am  Ende  von  Z.  5  ist 
die  Fläche  0'04™  bis  zum  Rand  unbeschrieben,  in  Z.  6  ist  0'02'°  radierte,  dann  o"03'" 
unbeschriebene  Fläche.  In  Z.  7  ist  der  größere  obere  Teil  der  Buchstaben  erhalten.  Bei 
TÖV  ist  noch  ein  Ape.x  des  Cl  zu  erkennen.  Da  oben  von  einem  Sieg  in  einem  Agon  und  vom 
Stadion  die  Rede  war,  ist  es  näherliegend,  an  einen  Sieg  bei  den  isthmischen  Spielen  als  an 
das  unmögliche  TÖV  ta^(.itov  (müßte  doch  wohl  xo  foil-jAWV  oder  TÖv  taö-jidv  heißen)  zu  denken. 

Ap/.  'E^rjti.  191 1  S.  75  n.  26:  Oberhalb  des  Namens  KXaüSiO?  'AvTtyovo;  sind  noch 
Buchstabenenden  zu  sehen,  die  gut  zum  Namen  Ttßr;pto?  passen.  Tiberios  Klaudios  Antigonos 
wird  wegen  seiner  Verdienste  um  die  Römer  das  römische  Bürgerrecht  erhalten  und  zum 
Danke  dafür  vielleicht  dem  Kaiser  ein  Standbild  errichtet  haben.  Vgl.  die  Basis  des  Tiberios 
Klaudios,  Sohn   des   Menandros,   bei   Keil,  Jahreshefte   XIV    191  l    Beiblatt   55    n.  6. 

Zu  Rom.  Mitt.  XXV    1910  S.   263  ff.  siehe  S.  94. 


Sauciuc,  Andros, 


Namen-  und  Sachregister 


Abasltantos,  Andrier  97,  155  f. 
Adeimantos,  atheii.  Feldherr  66 
AdramylteioTi  2  Anm.  I,  89,  107, 

'47  ff- 
Adrasteia,  Gottheit   121 
Adulis,  Inschrift  von  82 
Aegina    55,    65,    71,   84,    ägineti- 

scher  Münzfuß  auf  Andros   57 
Aegypten,  Einfluß  der  ägyptischen 

Seeherrsehaft  über  die  Kykla- 

den     53,     Oberherrschaft    der 

Ägypter  über  Andros   123 
Agathokles,  athen.  Arehon  75 
Agone  auf  Andros   125 
ä-fMvoS-STaiv  125 
Agora,  Aufstellung  einer  Inschrift 

auf  der   128 
M.  Vipsanius  Agrippa  90 
Agrippina,  die  ältere  91 
Aiakides  97,   155   f- 
Aigospotamoi,  Schlacht  von  69 
Akanthos,  Kolonie  von  Andros  56 
Akesimbrotos,     rhodischer    Nan- 

arch  85 
Akratos,  Sendbote  Neros  91 
Akropolis  von   Andros   10  ff. 
Akroterion,    Löwe    als   —    eines 

Grabbezirkes   16 
Alexander  der  Große  78 
Alexander  von  Pherae   75 
Alkibiades'  Rückkehr  nach  Athen 

65,  Abfahrt  gegen  Andros  67  f. 
Aktium,  Schlacht  bei  90 
äXijiia-a   136 
Alphabetgruppe    von   Andros   56, 

—  Inschrift   145 
Aloe  8 


Alt-Andros  8   flf. 

Altar  24 

Amechania   60 

Ammon   124 

Amphiaraia   in   Oropos   96 

Amphiktyonie  von  Delos  71  ff. 

äiicpoSo;  :^  125 

Amphoren  auf  Münzen  von  An- 
dros  57 

Amphoteros,  Befehlshaber  Ale- 
xanders des  Großen   79 

Ananke  59 

Andeira,  Stadt  in  der  Troas 
2  Anm.   I 

Andreus,  Gründer  des  andrischen 
Reiches   i   Anm.  i,   jo 

Andreus,  Thessaler  54 

Andria,  Ort  in  Elis  2  Anm.  1, 
in  Makedonien  2  Anm.  I,  in 
Phrygien   2   Anm.  I 

Andrias,    Mannsname    2    Anm.   1 

Andrieus,  Herrscher  von  Andros 
I   Anm.  I 

Andros,  Name  der  Insel  I,  See- 
schlacht bei  —  82 

Andros  (Heros)  i    Anm.  I,   3,   55 

Anios,  Sohn  des  .  Andros  3, 
54  f. 

Anphis,    Koraödiendichter   8,    95 

Antandros   2  f.,   54 

Anthos,  Gn.  Kornelios   144 

Antigonos  von  Makedonien   79 

Antigonos   Gonatas   82 

Antigonos  Doson   82 

Antiochos  III.  von  Syrien  83,  85, 
132 

M.   Aurelius  Antoninus  92 


M.  Aurelius  Antoninus  (Caracalla) 

94 
T.    Aelius   Hadrianus    Antoninus 

Pins  92  f. 
M.  Antonius  90 
Antrag,  Recht  zu  Anträgen  in  der 

Volksversammlung   100 
Apaturien    116 
Apaturios   116 
ä7:sX£'J8-Epot   IIO 
Aphobetos,  Timokrates'  Sohn,  aus 

Andros  87 
Aphrodite,  Statuetten   der  43  f. 
Aphthonetos,    Sohn  des  Juliades, 

Andrier  91 
Apollo,  Kult  des  55,   113,  114  ß. 

—  Patroos  97,    115,   117 

—  Tempeides  20,  102 f.,  114,  128 
Apollines,    Statue   im  Typus   der 

sogenannten  42 
L.  Apustius,  röm.  Legat.  84 
Aratos  81 

Archedemos,    athen.   Beamter    75 
(xpXiEpsöj   126 
Architekturreste   19  ff. 
Architrav  22,   24 
Archonten   auf  Andros   103 
Argilus,  Kolonie  der  Andrier  56 
Argonautensage  53 
Aristaichmos,andrischer. Sieger  bei 

den  Amphiaraia  in  Oropos  96 
Aristagoras,  Tyrann  v.  Milet  58 
Aristokiates,  athen.  Feldherr  66 
'Aptaxos  126,  128 
Artaphernes,  persischer  Satrap  58 
Artemidoros,     Menodotos'    .Sohn, 

Arzt  88,    108 


i63 


Artemidoros,    aiidrischer   Archon 

136 
Artemis,  Statue  der  44  f. 

—  Kult  der  118;   ephesische  lig 
Artemision,     andrischer    Monats- 
name  118 

Asia,  Provinz   88 
Asiana,  Diözese  94 
Astakos   III 
Asylie,  Recht  der   log 
Athena,  Kult  der  117 

—  Tauropolos   21,   54>    •'/ 

A.  Atilius,  Befehlshaber  der  röm. 

Flotte  86 
Attaliden  83ff.;    104,   121,   132  f., 

137 
Gn.  Aufidius,  Propraetor  in  Asien 

89,   150 
Aufstellung    der   Volksbeschlüsse 

102 
Aufzeichnung  der  Volksbeschlüsse 

102  f. 
Augustus  90 

L.  Domitius  Aurelianus  94 
M.  Aurelius  Skymnos,    andr.  Ste- 

phanephor   126 
Avillius  Flaccus,    Statthalter   von 

Ägypten  91 


Bacchios,  eponyraer  Stephanephor 

auf  Andros   126 
Badeanlage  in  Gaurion  28  f. 
—  an    der    Bucht    Tarsanas     auf 

Andros  27 
Basis   22,  23,  29 
Beamten  von  Andros   103   IT. 
Beisassen  100,  109 
Bewohner,  die  ältesten   50  ff. 
Bevölkerung  8 
Böotien,  Beziehungen  von  Andros 

zu  53   f. 
Bronzemaske   46 
Bukranion  24,   113 
Bulaia  Hestia,   Kult  der   117 
Bule  89,  99 
Buleuten  93 
Buleuterion  91 
Bundesgenossenkrieg  75   f. 
Gaius  Caesar  Caligula  91 


Caesar  90 

Caesar  (Augustus)  90 
Chabrias,  athen.  Feldherr  71 
Chairondas,  athen.  Arch.  77 
Chalkis,    Streit    zwischen   —  und 
Andros  56  f.,  Verwüstung  der 
Acker  von  —  durch  die  Per- 
gamener  85 
Charinos,  athen.  Archon   79 
Cherrones  63 
Chios  79 
Commodus,  röm.  Kaiser  92 


Dämon,  Sohn  des  Philadelphos, 
aus  Andros,  Sieger  bei  den 
Isthmien  96 

5si7tviäiov  x6  137 

Dekaproten   89,  93,    108 

Delion  84  f. 

Delos  6,  54,  96,   114  f. 

Delphi   114 

Demeter,  Kult  der   117 

Demetrios  Poliorkeles  79 

57)|noup-foi,  eponyme  Beamte  von 
Rhodos  90 

Demokratie  89,  98 

Demos  98 

Demoteles,  Aischylos'  Sohn,  Dich- 
ter aus  Andros  95   f. 

Demothoinia   125   f. 

5'.a8iKdCi(0   1 5  I 

äia9-v)XYj  :^   155 

Dikaiarchos,  Feldherr  Philipps  V. 
von  Makedonien  83 

äinai  TtpöStxot   109  f. 

äixaaxal  änb  x^j  5=vrj;  89,    150  ff. 

StoixYjoi;,  f)  xoivv)   107 

Diogenes,  Stifter  der  Badeanstalt 
in  Gaurion    145 

Diokletian  94 

Diomilos,  Flüchtling  aus  Andros  64 

AiQvüaia  xa   112 

Dionysios,  Sohn  des  Orthon,  aus 
Andros  87 

Dionysios,  F.pigramnidicliter  aus 
Andros  96 

Dionysos,  Kult  des   55,   iio  fi'. 

—  Altar  des   1 13 

—  Kopf  aus  Marmor  1 13  Anm.  16 


Dionysos,  Quelle  des  36 
—  Tempel  des   lio  ff. 
Dorieus,  Rhodier  69 
Drakonlides,     Amphoteros    Sohn, 

aus  Andros  77 
Dreifuß  auf  Metope  24,   113,    auf 

Münzen   113 
Dromon,   Sohn   des  Phanoslhenes 

aus  Babylonien   87 


Egnatia  Maximilla  91 
Ehrendekrete  auf  Andros  102,  128 
Ehreninschriften  98,   100 
Eixooxa  xa   125 
Ekklesia  89,  98  f. 
iXaßoaav   132 
'EXX7)VLX0  xö  18,  28,  36 
Epagris,  Name  von  Andros  4 
Epidauros  77 
STJtxscpaXcov  xö  93 
Epistylblock  22 
Eretria  57  f.,  65 
F.ros-Thanatos   26,  42 
Euboea,  Beziehungen  von  Andros 

zu  5,  57.  65 
Eurylochos   53 
Exedra   135   ff. 


Falzartige  Abarbeitung   13 
Faustina,  die  jüngere  92 
Finanzbehörde  auf  Andros   107  f. 
Festgesandte    125,    139 
T.    Quinctius     Flamininus,      röm. 

Feldherr  85 
Flora  von   Andros  7  f. 
Frauengestalten,  thronende  45 
Fremdenbevölkerung   109 
Füllmauer   13 
Fuß  einer  Bank  23 
FuRgegiras  einer  "Wand   23 


P.    Sulpicius    Galbn,    röm.    Feld- 
herr 84 

P.  Glitius  Gallus  91 

Gaurion,    Haf'-^n    von    Andros    6, 
27  ff.,  66  f.,  84 

Gebälkstücke  21,  24 

21* 


164 


Geburtstag  des  Herrschers  87,  137 

Geisonstiicke  22,  37 

üeldwährung,  Zahlung  des  Phoros 
in  einlieimischer  bezw.  att.  eub. 
61   Anm.  9 

Geldwert  64 

Geraistos,  Kap  auf  Euboea  5 

Geschlechter,  Anordnung  der  Be- 
völkerung nach  — n  97 

P.  Septimius  Geta  92,  94,   119 

Giebelstücke  37 

Grabanlage   15  ff.,  38 

Grabmal,  aedikulaförmiges   16 

Grabreliefe   17,   38  ff. 

Grabschrift,  metrische   143,  155  f. 

Grabsirene  24 

Grabsteine   15,   38  ff. 

-f(>a|ji|iaxa,  Svuiöata  102,   106 

-(•pa[i|ia-s'j;  -c^s  PouXf/;  105  f. 

—  ßouÄ^;  xai  5r/|isu   106 

—  ö  xaxi  TcpuxavEiav  105  f. 

—  XB)v  Ttpuxavsiav  105 

—  xüv  axpaxrjfräv  105 
"[•pap.(j.axoSiäaaxaXc(S  108 
Grenzmarken   19 
Größe  der  Insel  6 
Grundbesitz,  Recht  auf  109,   128 
Gyaros,  Insel  6,  90 
Gymnasiarchos  87,   108,   133  ff. 
Gymnasion    auf    Andres    21,  87, 

133   ff 


Hadrian  92  1.,   122 

Hafendamm  von  Andros   10 

Hausbesitz,    Recht   auf   109,   128 

Hegelochos,  Befehlshaber  Alexan- 
ders des   Großen  79 

Hegesandros,  Athener  75 

Hegesias,  Sohn  des  Stesagoras, 
Andrier  77 

Hekate,  Kult  der   121 

Herakles,  Kult  des  120,  Opfer 
an   —   137 

Hermes,  Statue  des  21,  119  f., 
Opfer  an    137 

Hermias,  Nesiarch  des  Ptolemaios 
Philadelphos  80 

Herrscherkult   121 

Hestia,  Kult  der  117 


Hieronymos,      Wettkämpfer     aus 

Andros  96 
Hieropoioi  in  Delos  80 
Hydrusa,  Name  von  Andros  4 


iaxpog  6    109 

tEpa  xd,  erster  Punkt  der  Tages- 
ordnung in  der  Volksversamm- 
lung auf  Andros  99 

Insulae,  Provinz  94 

lonier  auf  Andros   53 

Iphikrates,  Sohn  des  Isochrysos, 
andrischer   Schreiber    89,    107 

Isis,  Kult  der  80,   122  ff. 

—  Hymnos   122  ff'. 

Isthmien  96,    159. 

Julia,    Tochter   des  Augustus    90 


Kantharos  auf  Münzen    112 
Karer  auf  den  Kykladen   50  f. 
Kallimachos  3 
Kaphereus  6  Anm.  3 
Kapitell,   dorisches  20,   22,  29 

—  korinthisches   25 

—  korinthisches     Drei%iertel-    23 
— ■  christliches  29,  37 

—  Volute  eines  ionischen  — s  24 
Karystier  5g,  63  Anm.  17,  65 
Kassander  von   Makedonien  79 
xaxaXuxvEÜM  136 

xaxaxo(iij  14  ff. 
Kaüxag  146 

Kaunos,  Stadt  in  Karlen   2  f. 
Kauros,  Name  der  Insel  Andros  2 
Keos  4,  6,   64,  71,  77 
Keramik  von  Andros  46  ft'. 
Klammern   21,   23 
Kleruchen  auf  Andros  61   f. 
Knidos,  Schlacht  bei  70 
xoivov,  TÖ  —  xtöv  vi)ai(üxä)v  79  f.,  83 
Kolonisation,  von  Andros  ausge- 
hende  56  f. 
Königsfriede,  der  70 
Konon,  athen.  Feldherr  68  f. 
Köre,  Kult  der   1 17 
Korinth  90 

Korinthische  Föderalion  78 
Kreta  59,  87 


xpLxvip'.a  xa   151   ff. 
Kroton  62   f. 

xxtaxYi;  x'^;  ciy.ounevrj;   122 
Kultbetrieb    auf    Andros     124  ff. 
Kultliche  Beziehungen   54 
Kybele,    Kult   der    122,    Darstel- 
lungen der  —   122 
Kykladenkultur  49   f. 
Kynaithos  53 

Kynoskephalai,    Schlacht    bei  85 
Kythnos  84 


Lampen   37 

Lanzenspitze  37,   50  Anm.  2 

Lasia,  Name  von  Andros  3 

Aäxioi  ol   153 

Leibeigene   lio 

Leleger  50 

Lenaeen   III 

LeukoUa,   Schlacht  bei   81    A.  24 

Leukothoe  Mutter  des  Thersanon 

Lilie  in  spätem  Relief  37 

Logistes   108 

Löwe  von  Grabbezirk   16 

Lykier  85,    132  f. 

Lysander,  der  Spartaner  70 

XuaixöXyjs  136 

Aüxxioi  Ol  154 


Makedonischer  Krieg,  Zweiler  85 
Markiane  Sebaste  91 
Marcus Publius  von  Androsgi,  14T 
Marmorbruch,    antiker   19,    25  ff., 

28,  35 

Marmorgefäß   mit  Inschrift    14; 

|ia9-7)xa£  oE   136 

Melanthos,  Kult  des   116  f. 

Men,  Kult  des   122 

Menekrates,  Simons  Sohn,  andri- 
scher Priester   126 

Met.alle  auf  Andros  8 

Meter,  Kult  der  122 

Metopen,  Triglyphenfries  eines 
Altars  24,   113 

Milesier  63  Anm.  17 

Minos  von  Kreta  50  f.,   5;; 

[iCo^'toais  ^  99 

Mithras,  Kult  des   19,  94,    1^4 


i65 


Mosaikfußboden   29 

Münzen  von  Andres    29,  37,  77, 

79.    91   f->   "2,   114 
Münzlegende  56 
Myndos  79,  90 
Myrsilos   I,   4,  52 
Mysterienfeier,  eleusinische  68 


Naislios,  Grabmal  mit  17 
Name  der  Insel  Andres  i 
Namengebung     113  f.,    n6,    118, 

122,   124 
Naxos   58,  63,   71,  74,   90,  III 
Nemesis,  Kult  der   121 
Nero  gl 

Nikes,  andriseber  Archon   146 
vo|J.iy.ös   10 1   Anm.  7 
v6|J.ot   100  f. 

Nonagria,    Name    von    Andres    4 
Nympben,   Kult  der  40,    120 


Oinolropoi  54 

Oligarchie  in  Andros  65   f.,  98 

Olympios,    Beiname  Hadrians  93, 

122 
Onomarchos,  Sophist  aus  Andros 

96 
Opfer    126 
Orchamos,   Vater   der   LeuUolboe 

53 
'OpS-mv,   Andrier   113 


Panegyreis  auf  Andros   125 
Pantherkopf,  marmorner  38 
Panther  auf  Münzen   113 
Faros   84,  90 
Pausanias,  Andrier  87 
Paviment,  Gebäude  —   37 
Peisandros,     der   alhen.    Oligarch 

65 
Peitho   59 
Pelasger     auf     Andros      3,     37, 

51  f- 
Pelike  47 
Penia  60 
Pergamon  84,  88 


Perser  58  flt. 

Pfeilerfigur  26 

Phanosthenes,  athen.  Feldherr  69 

Phanylos,  Phanylos'  Sohn   138 

Pharnabazos,  Perser  70,  78 

Pheidippos  55 

Pheidon  aus  Argos  55 

Philadelpheia   132 

Philipp  V.  von  Makedonien  83 

Philippi,  Schlacht  bei  90 

Philistion,  andr.  Künstler  77 

Philokles,    athen.  Feldherr    69  f. 

Pholegandros   2  Anm.  I 

Phöniker  50,   52 

Phoros  61 

Phratrien  97  f. 

Phylen  97   f. 

Piraieus   84 

Piraten   34 

Plinthe  mit  Fußresten   46 

■KoXi^    fl     100 

Politieverleihurgen   97,   100,   103, 

109 
PoUis,  laked.  Nauarch   71 
Polyrrhenioi   155 
Pompe   135 
Porta    1 9 
Poseidon  40,  87 
nöTOj   144 
Praeskript   loi   f. 
Praetor  88 

Praetorianer  auf  Andros  94 
Praxiteles,     äf  aXp.aT07toi6j     aus 

Andros  96 
Priester  99,   105,   125   f.,   13 1 
Prokies,     Sohn     des     Lykastides, 

Ringerknabe    aus    Andros  96 
Prokonsul  88 
Propraetor  88 
Tipoa'^oXai  al  66. 
TipöaoSoi  at  zfji  tioXsm;   107 
Kpöaoäo;  Tipo;  xy]v  PouXtjv  xai  tov 

8:^|iov  109 
7ipoaq;arjs  157 
Proxenieverleihungen     100,     103, 

127 
TipröTo;   126 
Prytaneion    II7 
Prytaneis  99 
Psephisma   100 


Ptolemaier  79,   83,   123 

TiaXic,  fj  136 

Pyrgos,  Turm    10  ff.,  36 

Pythion   115 

Rhadamanthys  50 
Rhodos  83  f,  90 
Röhren,  tönerne   14 
Rom  84,  88   iT. 


S.alamis,  .Schlacht  bei   5g 
Salamis  auf  Kypern  80 
Sane    von  Andriern    besiedelt   56 
Sanktionsformel  in  andr.  Dekreten 

loi 
Sarkophag,  Granit-   15;   Fragment 

26,  41 
Säule  22,  2g,  36 
Schatzhaus  der  Andrier  auf  Delos 

74,   80,   81,    115 
Seebund,    I.  athen.  60   f.;    —   II. 

athen.  70  ff. 
Septimius  Severus    19,  92,  94 
Sikyon  81 

Silen,  Kult  des  1 13  Anm.  15  u.  16 
Siphnos  79 

Sizilische  Expedition  64 
Sklaven   IIO 

Skulpturreste  19  ff.,  24  ff. 
Skyllias,  Andrier  74  Anm.  62 
Skyllaeum  84 
Sol,  Kult  des   53 
Somis,  Künstler  96 
Sosineos  41 

Sosisthenes,  delischer  Archon  80 
Soter,  Beiname  Hadrians    122 
Sparta  66,  78 
Staatssiegel   10 1 

Stagiros  von  Andriern  besiedelt  56 
Statuenfragmente,   21,  24,   25,  28, 

37.  42  f;  45   f- 
Statuetten  25,   26 
Stephanephoros   126 
Stesileos,  delischer  Arclion   82 
Stomios,  Bildhauer  96 
Stratege  100,  103  ff.,  108,  125,  140 
Stratonike  80 
axpoü9-iov  TÖ  8 
Sybaris  62   f. 


i66 


aujiTcoatov 
Syros  6 


-i   135.   '37 


za.[üaz  6,  oi  107  f. 

Tenos    4  f.,    6,   59,   64  f.,    87,  90 

Teos   111 

Terrassenmauern   18   f. 

Terrakottafiguren  46,  113  Anm. 
16,  117  Anm.  35 

Theater  auf  Andros  21,   112 

Thelpon  Heros    157 

Themistokles,    der  Athener  59  f. 

—  athen.  Archon   77 

Theodaisia   Ulf. 

Theodosia  1 1 1 

8-Eoi  xaxax.3'6''toi  121 

Theophilos,  athen.  Archon  77 

Thermopylen,  Schlacht  bei  den  86 

Thersanon  aus  Andros,  Teilneh- 
mer am  Argonautenzug  53 

Thraker  auf  Andros  52 


Thrakien  63 
Thymbra  85  f.,   132  ff. 
Thyrsos  auf  Münzen   113 
Timarchos,  Amtmann  auf  Andros 
Timokritos,  Sohn  des  Soldes,  an- 

drischer  Richter  89,   107 
Thimotbeos,  athen.Feldherr7i,  74 
Tisamenos,  Wettkämpfer  aus  Elis 

96 
Toposin  Schriften   21,    142 
Totenmahlrelief  41 
Traian  gl 
Traube  auf  Münzen    von  Andros 

113 
Tribut  der  Andrier  61,  63  ff.,  89 
Triglyphon   24  f.,   113 
Troia  54  f. 
Trozen  77 
Turm,  antiker  29  ff.,  36 

Ulpia  Severina  Augusta  94 


Vasen  37 

Verbannungsort,    Andros    als    90 

L.  Verus  92 

Verfassung  von  Andros  97  ff. 

Verwaltung  97  ff. 

Publius    Vinicius,    Proconsul   von 

Asien  88,  90 
Volkbeschlüsse  gg,   101 


Wasserreichtum  der  Insel  der  An- 
drier 8 
Weinkultur  auf  Andros  7 
Weinquelle  HO  f. 


Zeus,  Kult  des   1 16 

Zeus  Meillchios,  Inschrift  des  24, 

116 
Zinsfuß  74 
Zinsrückstände    der    Andrier    74. 


Abbildungen. 


Seite 

I:  Neu-Andros*      I 

2:  Neu-Andros* 5 

3:  ÜbersichtsUarte  von   Andros 7 

4:   Kap   Katergo       9 

5:   Kap  Dliialiophti 10 

6:  Plan   des   Gebietes   der  alten   Stadt      ...  II 

7:  Befestigungsturm  auf  der  Akropolis    ...  12 

8:  Die  Akropolis  von  Andros       12 

9:  Stadtmauer  von  Andros 13 

10:  Falzartige  Bearbeitung  der  Mauerecken       .  13 

II:  Stadtmauer  von  Andros 14 

12:  Granitsarkophag 14 

13:  Giebelstück  einer  Grabstele 14 

14:  Terrassenmauer 15 

15:  Torso  eines  Löwen 16 

16:  Basis  eines  Grabdenkmals 16 

17:   Grabrelief 17 

18:   Die  Porta 18 

19:   Terrassenmauer 20 

20:   Dorisches  Kapitell 21 

21:   Dorisches  Kapitell 22 

22:  Ionische  Basis 22 

23:  Byzantinischer  Epistylblock      22 

24  :  Profilierte  Platte 23 

25:  Bankfuß 23 

26:   Gesimsplatte 23 

27(16:  Triglyphengebälk      23 

28:   Grabsirene 24 

29:   Unterteil  einer  weiblichen   Gewandstatue    .  24 

30:  Unterteil  einer  weiblichen  Gewandstatue    .  24 

31:  Triglyphon       25 

32  ab:    Männlicher  Torso 25 


Seite 

33:   Sarkophagbruchstück 26 

34:   Der  Hafen   von   Gaurion 27 

35:  Gaurion* 28 

36:  Unterteil  einer  weiblichen  Gewandstatue    .  29 

37:  HaXa'.öv  XouTpov  in  Gaurion 30 

38:  Der  Turm  von   Hagios  Petros* 31 

39:   Tür  des  Turmes  von  Hagios  Petros*     .    .  32 

40:  Inneres  des  Turmes  von  Hagios  Petros*   .  33 

41:  Marmorbruch   „'H  nsXsxrjTr," 35 

42:  Marmorbrüche  von  Kato-Phello 36 

43:  Gmbstein 38 

44:   Grabstein 38 

45:  Bruchstück  eines  Grabsteines 39 

46:  Grabstein         40 

47:   Grabstein 40 

48:   Grabstein 41 

4g:   Reliefbruchstück 42 

50:  Sarkophagfragment 42 

^l  ab:  Männlicher  Torso 42 

52:  Bruchstück  einer  Statue 43 

53:  Statuette  der  Aphrodite 43 

54:  Statuette  der  Aphrodite 43 

55  ab:  Torso  einer  Artemisstatuette 44 

56:  Statuette  der  Artemis  im  Palazzo  Rospigliosi  45 

57:  Statuenfragment       46 

58:  Tongefäße  im  Museum  von  Andros    ...  47 

59:  Tongefäße  im  Museum  von   Andros    ...  47 

60:  Münze  von   Andros 48 

61:  Paläopolis* 49 

62:  Münze  von   Andros 57 

63:   Münze  von  Andros 96 

64:  Inschrift  des  epigraphischeu  Anhanges  n.  I  127 


*  Die  mit   einem  Sternchen  versehenen  Abbildungen    sind    nach  Photographien    des    kais.   deutschen 
archäol.  Institutes  in  Athen  angefertigt. 


i68 


Seite  ' 

65  :  Inschrift  n.  2       129  I  71 

66:  Inschrift  n.  3       130  1  72 

67:  Inschrift  n.  5 138  '  73 

68:  Inschrift  n.6ab 138  '  74 

6g:  Inschrift  n.  7      13g  75 

70:  Inschrift  n.  8      140  |  76 


Seite 

Inschrift  n.  g 141 

Inschrift  n.  10 141 

Inschrift  n.  14 143 

Inschrift  n.  20 145 

Inschrift  IG  XII  5,  719 147 

Inschrift  IG  XII  5,  723 154 


Inhalt. 


Seite 
Vorwort I 

I.  Geographische  und    topographische  Ver- 
hältnisse der  Insel i — 48 

Name  der  Insel I —  4 

Die  geographischen  Verhältnisse  der  Insel     5 —   8 
Überreste  der  antiken  Hauptstadt  Andros     8 — 26 
Sonstige  Funde  undReste  antiker  Nieder- 
lassungen      27 — 48 

IT.   Geschichte  von  Andros 49 — 96 

Von     den    ältesten    Zeiten    bis    zu    den 

Perserkriegen 49 — 58    , 


Seite 
Von  den  Perserkriegen  bis  zur  Schlacht 

bei  Chaironeia 58 —  77 

Andros  in  hellenistischer  Zeit     .    .    .     77 —  88 
Andros  unter  den  Römern 88 —   96 

III.  Staatliche  und  religiöse  Einrichtungen 

der  Insel 97 — 126 

Verfassung  und  Verwaltung     ....     g7 — iio 
Die  religiösen  Einrichtungen   ....  iio — 126 

IV.  Epigraphischer  Anhang 127 — 161 


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DF     Sauciuc,  Theophil 
261      Andres 
A5S3S