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Full text of "Annalen der Physik und Chemie. Ergänzungsband"

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ANNALEN 


DER 


PHYSIK  und  CHEMIE. 


BAND    CX. 


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VIERTE   REIHE. 


HERAUSGEGEBEN     ZU     BERLIN 


VON 


J.  C.  POGGENDORFF. 


ZWANZIGSTER    BAND. 


HEBST    DREI    KUPFKRTAFELN  UND  FÜNF   STEINDHUCKTAFBLK. 


LEIPZIG,  1860. 


VERLAG  von  JOHANN  AMBROSIÜS  BARTH. 


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THE  NEW  YORK 

P1BLIC  LIBRARY 


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des  Bandes  CX  der  Aimalen  der  Physik  und  Chemie. 


Erstes  Stück. 

Sehe 

I.  Vorschlag   eines    reproducirbaren    VViderstandsmaafses;    von    W. 
Siemens I 

II.  Ueber  Legirungen;  von  A.  Mathiefsen 21 

HI.     Ueber  eine  neoe  Art  elektrischer  Strome;  von  G.  Quincke  38 

IV.  Zur  Theorie  des  Sehens;  von  F.  v.  Recklinghaosen    ...       65 

V.  Kryslallographische  Beilrage;  von  G.  vom  Rath 93 

VI.  Chemisch -anal  frische  Beitrage;  von  11.  Rose 120 

Ueber  die  Bestimmung  der  Mengen  von  Metall  in  Schwefel- 
verbindungen S.  120. 

VII.  Mittheilongen  aus  dem  Laboratorium  von  R.  Schneider    .  142 

IV.  Ueber  das  Quecksilberfluorftr;  von  R.  Finkener  S.  142. 
—  V.  Ueber  Wismuth-  und  Antimon  -Jodosulfaret;  von 
R.  Schneider  S.  147.  —  Berichtigung  «ir  Not»  von  P. 
Schellbach  S.  152. 


VI 

Seil« 
Vi II.     Ueber  ein  einfache«  Verfahren,  mit  Anwendung  von  Eisensal- 
ien  unmittelbar  kräftige   positive  Photographien  tu  erzeugen;   von 
F.  Zöllner        153 

(Qe$cklo$$en  am  2.  Juni  1860.) 


Zweites  Stock. 

I.  Chemische  Analyse  durch  Spectralbeobachtungen ;  von  G.  Kirch- 
hoff und  R.  Bunsen 161 

II.  Ucber  die  elektrische  Leitungstätigkeit  der  Legirungen;  von  A. 
Matthiefsen 19t 

II  f.  Ueber  die  elektrische  Leitungsfähigkeit  des  reinen  Kupfers  und 
deren  Verminderung  durch  Metalloide  und  Metalle;  von  Mat- 
thiefsen und  HolzroiDD 228 

IV.  Zur  Theorie  der  Strömungen  des  Meeres  nnd  der  Atmosphäre; 

von  B.  Ohlert 234 

V.  Das  Dtchrooskop;  von  H.  W.  Dove 288 

VI.  Ueber  die  Absorption  des  Lichts  in  doppelt -brechenden  Körpern;      .  i» 
von  Demselben 276 

VII.  Optische  Notixen;  von  Demselben 281 

VIII.  Eine  Bemerkung  über  die  Flüssigkeiten,  welche  die  Polarisa-       i/ 
tionsebene  des  Lichtet  drehen;  von  Demselben        .     .     .     •     •     286 

IX.  Chemisch -analytische  Beitrage;  von  H.  Rose 

X.  Ueber  die  Ringbildong  der  Flüssigkeiten;  von  E.  Reusch     •     • 
XL     Verallgemeinerung  des  Begriffes  Pendel;  von  H.  Emsmaon  316 

XI L     Ueber  den  Braunstein  von  Olpe;  von  K.  Lifst 921 

XIII.     Ueber  ein  ans  braunsteuihaltigen  Erzen  erblasenes  Roheisen; 

von  Demselben 328 


VII 

Seile 

XIV.  Lieber  den  Einflufs  de«  Nordlichts  auf  den  elektrischen  Zustand 

der  Atmosphäre;  von  F.  Dellmann        332 

XV.  Ueber  ein  Elektrometeor;  von  J.  Schneider 335 

(Geschlttit*  am  16.  Juni  1860.) 


Drittes  Stück. 

I.  Ueber  Membrandiflusion;  von  W.  Schumacher      .....     337 

II.  Beiträge  zur  Theorie  der  Dampfe;  von  G.  Zcnner       •     .     .     .     371 

III.  Ueber  die  Temperatur  der  Dampfe,  welche  aus  siedenden  Salz- 
lösungen aufsteigen;  von  A.  Wfillner 387 

IV.  Das  magnetische  Verhalten  der  verschiedenen  Glimmer  und  seine 
Beziehung  tum  optischen  Verhalten  derselben;  von  Plucker       •     397 

V«     Chemisch  analytische  Beiträge;  von  H.  Rose 411 

VI.  Beschreibung  eines  neuen  Optometers  und  Ophthalmodiastometcrs; 

von  G.  Landsberg .     435 

VII.  Ueber  die  Bestimmung  des   galvanischen  Leitungswiderstaodes 

von  H.  W.  Schröder  van  der  Kolk 452 

VIII.  Ueber  die  Maxima  des  gebeugten  Lichts  und  Functionen  der 

sinx 
Form  ;  von  E.  Bacaloglo  477 

IX.  Ueber  Stereoskopie;  von  H.  W.  Dove 494 

X.  Ueber  die  Nicht-  Identität  der  Grobe  der  durch  Prägen  und  Gnfs 
in  derselben  Form  von  verschiedenen  Metallen*  erhaltenen  Me- 
daillen; von  H.  W.  Dove 498 

XL  Ueber  eine  neue  Art  von  Pseudoskopie  und  ihre  Beziehungen 
au  den  von  Plateau  und  Oppel  beschriebenen  Bewegungs- Er- 
scheinungen; von  F.  Zöllner 500 

XII.     Geifsler's  nachleuchtende  Röhren;  von  P.  Riefs     .     .     .     .     523 


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Nachweis  zu  den  Kupfertafeln. 


Ta£I.  —  Siemens,  Fig.l,  8.  3;  Fig.2,  S.6;  Fig.  3,  S.  9;  Fig. 4,  S.15; 
—  Ohlert,  Fig.  5,  S.  236;  Fig. 6  o.  7,  S.  242.  —  Keusch,  Fig  8, 
S.  309;  Fig.  9,  S.  310;  Fig.  10,  S.  313.  —  Schuhmacher,  Fig.  11, 
S.  341;  Fig  12,  S.  349. 

Taf.  II.  —  v.  Recklinghausen,  Fig.  1,  S.  70;  Fig.  2,  S.  72;  Fig.  3, 
S.  74;  Fig.  4,  S.  75;  Fig.  5,  S.  78;  Fig.  6,  S.  80;  Fig.  7,  S.  81;  Fig.  8 
u.  9,  S.  91.  —  Schröder  van  der  Kolk.  Fig.  10,  S.  456;  Fig.  II, 
S.457;  Fig.  12,  S.459;  Fig.  13,  S.462.  —  Emsmann,  Fig.  14,  S.318 

Taf.  III.  —  G.  vom  Rath,  Fig.  1,  S.  96  u.  98;  Fig.  2,  S.  98;  Fig.  3,  4, 
5  u.  6,  S.  99;  Fig.  7  u.  8,  S.  100;  Fig.  9,  10  u.  11,  S.  101;  Fig.  12, 
13  u.  14,  S.  107;  Fig.  15,  16  u.  17,  S.  109;  Fig.  18  u.  19,  S.  112; 
Fig.  20,  21  u.  22,  S.  114;  Fig.  23,  S.  115,  Fig.  24  bis  28,  S.  116. 

Taf.  IV.  —  (Di'eOctavtafel,  die  irrthömlich  als  Taf.  111  bezeichnet  ist).  — 
Dove,  Fig.  1.  S.  265;  Fig.  2  bis  5,  S.  270. 

Taf.  V.    ^.Qumen  n.  Kirchhoff.  —  S.  161. 

Taf.  VI.  Bunsen  u.  Kirchhoff,  Fig.  1,  S.  162.  —  Matthiefsen 
u.  Holzmann,  Fig.  2.  u.  3,  S.  225.  —  Landsberg,  Fig.  4  u.  5, 
S.  441;  Fig.  6  u.  7,  S.  451.  —  Matthiefsen,  Fig.  8,  S.  194. 

Taf.  VII.  —  Matthiefsen,  Fig.  1,  2  u.  3,  S.  193.  —  Knorr,  Fig.  4, 
kommt  im  nächsten  Hefte  vor.  —  Nordenskjöld,  Fig.  5  bis  8  kom- 
men im  nächsten  Hefte  vor. 

Taf.  VIII.  —  Bacaloglo,  Fig.  1,  S.  484;  Fig.  2  o.  3,  S.  489.  —  Zöll- 
ner, Fig.  4,  S.  501.  —  August,  Fig.  5,  S.  590;  Fig.  6,  S.  591.  — 
Nordenskjöld,  Fig.  7,  S.  643;  Fig.  8,  S.  646.  —  Dahlander, 
Fig.  10,  S.  648;  Fig.  11,  S.  649. 


Berichtigungen. 

Zum  Aufsatz  von  Matthiefsen  in  diesem  Bande. 

S.  204  Z.  18  v.  o.  statt:   Atomvolumina  lies:   Volumina 
S.  221  Tafel  V.     statt:   Pb  und  0,10  Pd  lies:  Pb  und   10  Proc.  Pd 

statt:  Sn   und  0,10  Pd    lies:  Sn  und   10  Proc.  Pd 
statt:  Pb  und  0,10  Pt    lies:  Sb  und  10  Proc.  Pt 
statt:  Sn  und  0,10  Pt    lies:  Sn  und  10  Proc.  Pt 
statt:  Sn  und  0,25  Fe   lies:  Sn  und  25  Proc.  Fe 
statt:  So  und  0,10  AI    lies:  Sn  und  10  Proc.  AI 
S.  232  Z.  19  v.  o.  statt:  Wasserstoffgas  lies:  Kohlensaoregas 


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1860.  A  N  N  A  L  E  N  JTo.  5. 

DER  PHYSIK  UND  CHEMIE. 

BAND  CX. 


I.     Vorschlag  eines  reproducirbaren  Widerstands- 
maafses;  von  Werner  Siemens. 


JLrer  Mangel  eines  allgemein  angenommenen  Widerstands- 
maafses  und  die  daraus  namentlich  für  die  technische  Phy- 
sik entspringenden  wesentlichen  Uebelstände,  veranlassten 
mich  schon  vor  einigen.  Jahren  zur  Anstellung  der  nachfol- 
gend beschriebenen  Versuche. 

Meine  ursprüngliche  Absicht  war  dem  Jacoii' sehen 
Widerstandsmaafse  allgemeineren  Eingang  in  dlüT  Technik 
zu  verschaffen.  Ich  fand  jedoch  bald,  dafs  dieses  nicht 
ohne  Nachtheil  ausführbar  war.  Einmal  djfferirten  mehrere 
Jacobi'sche  Widerstands -Etalons,  die  ich  mir  verschaffte, 
so  wesentlich  von  einander  und  waren  in  so  geringer  Ue- 
bercinstimmung  mit  den  über  ihren  Widerstand  gemachten 
Angaben,  dafs  ich  nothwendig  auf  das  Jacobi'sche  Nor- 
malmaafs  hätte  zurückgehen  müssen,  was  mir  jedoch  nicht 
zu  Gebote  stand.  Aber  auch  abgesehen  hiervon  über- 
zeugte ich  mich,  dafs  ein  Widerstandsmaafs  nur  dann  zur 
allgemeinen  Annahme  sich  eignet,  wenn  es  reproducirbar 
ist.  Ob  der  Widerstand  eines  Metalldrahtes  sich  mit  der 
Zeit,  durch  die  Erschütterungen  des  Transportes,  durch  die 
ihn  durchlaufenden  Ströme  und  andere  Einflüsse,  verändert, 
ist  noch  immer  nicht  vollständig  entschieden.  Es  ist  aber 
sehr  wahrscheinlich,  dafs  eine  solche  Aenderung  stattfindet 
und  daher  durchaus  nicht  zulässig  den  Widerstand  eines 
bestimmten  Drahtes  als  Urmaafs  des  Widerstandes  anzu- 
nehmen. %  Ferner  werden  durch  das  häufige  Copiren  eines 
Widerstandsmaafses  nach  anderen  Copien  —  wie  es  doch 
bei  allgemeiner  Annahme  desselben  unvermeidlich  wäre  — 

Poggendorft's  Anoal    Bd.  CX.  1 


die  Abweichungen  vom  Normalmaafs  stets  grofser.  Für 
Untersuchungen,  die  mit  verbesserten  Instrumenten  und  in 
gröfserer  Schärfe  ausgeführt  werden  sollen,  sind  aber  Go- 
pten unbrauchbar,  die  mit  geringerer  Schärfe  bestimmt 
sind.  Endlich  ist  es  sehr  wünschenswerth  und  bequem  ei- 
nen bestimmten  geometrischen  Begriff  mit  dem  Widerstands- 
maafs  verbinden  zu  können,  was  bei  einem  Metalldraht  nie 
der  Fall  seyn  kann,  da  der  Widerstand  der  festen  Körper 
von  der  Molecularbeschaffenheit  derselben,  so  wie  von  nicht 
leicht  zu  vermeidenden  Verunreinigungen  des  Metalls  in 
hohem  Grade  abhängig  ist. 

Ebenso  wenig  geeignet  zur  allgemeinen  Einführung  schien 
mir  das  absolute  Widcrstandsinaafs.  Man  kann  es  nur  mit. 
tclst  sehr  vollkommener  Instrumente,  in  besonders  dazu 
eingerichteten  Localen  und  bei  grofser  experimenteller  Ge- 
wandtheit darstellen  und  es  fehlt  ihm  ebenfalls  die  in  Praxi 
so  wichtige  körperliche  Vorstellung.  Endlich  sind  seine 
Zahlen  durch  ihre  Gröfse  höchst  unbequem. 

Der  einzig  brauchbare  Weg  zur  Aufstellung  eines  allen 
Anforderungen  genügenden,  namentlich  von  Jedermann  mit 
Leichtigkeit  und  in  der  nöthigen  Genauigkeit  darstellbaren, 
Widerstandsmaafses,  schien  mir  der  zu  seyn,  den  Wider- 
stand des  Quecksilbers  als  Einheit  zu  benutzen.  Quecksilber 
ist  mit  grofser  Leichtigkeit  in  ausreichender,  fast  vollkomm- 
ner  Reinheit  zu  beziehen  oder  herzustellen.  Es  hat,  so  lange 
es  flüssig  ist,  keine  verschiedene,  seiue  Leitungsfähigkeit 
modificirende  Molecularbeschaffenheit;  sein  Widerstand  ist 
weniger  als  der  der  anderen  einfachen  Metalle,  von  Tem- 
peraturänderungen abhängig,  endlich  ist  sein  speeifischeg 
Widerstand  sehr  bedeutend,  die  Vergleichungszahlen  wer- 
den daher  klein  und  bequem. 

Ich  entschlofs  mich  also  zu  versuchen,  ob  es  möglich 
sey,  mittelst  gewöhnlicher,  im  Handel  vorkommender  Glas- 
röhren und  gereinigten  Quecksilbers,  durch  eine  geeignete 
Methode,  bestimmte  Widerstandsmaafse  mit  ausreichender 
Genauigkeit  herzustellen.     Die  gröfste  Schwierigkeit  schien 


darin  zu  liegen,  dafo  es  nicht  möglich  ist,  sich  genau  cy- 
lindriscbe  Glasröhren  zu  verschaffen.  Die  käuflichen  Glas- 
röhren haben  in  der  Kegel  eine  gröfsere  nebst  einigen  klei- 
neren Ausbauchungen.  Es  ist  aber  leicht  sich  durch  Kali- 
brirung  mittelst  eines  kurzen  Quecksilberfadens  aus  einer 
gröfseren  Anzahl  von  Glasröhren  einige  Stücke  von  1  Meter 
Länge  herauszusuchen,  bei  welchen  der  Querschnitt  sich 
ziemlich  gleichmäfsig  verändert.  Man  kann  alsdann  das 
Rohr  als  abgestumpften  Kegel  betrachten  und  den  Wider- 
stand dieses  Kegels  in  Rechnung  bringen.  Das  Volumen 
des  mit  Quecksilber  angefüllten  Kegels  kann  man  durch 
Wägung  des  Metalls  leicht  und  mit  grofser  Schärfe  be- 
stimmen. 

Es  8ey  AB  CD  Fig.  1  Taf.  I  ein  solcher  abgestumpfter 
Kegel,  dessen  parallele  Begränzungskreise  die  Radien  R 
und  r  haben  und  dessen  Länge  l  ist.  In  der  Entfernung  x 
von  der  Ebene  AB  sey  ein  mit  ihr  paralleler  Schnitt  MN 
vom  Radius  *  und  der  Dicke  dx  durch  den  Kegel  gelegt. 
Ist  W  der  Widerstand  des  Kegels  in  der  Richtung  seiner 
Axe,  dW  der  Widerstand  des  Schnittes  MN  nach  dersel- 
ben Richtung,  so  ist: 


Es  ist  aber 


dW=4± 


*  = } +  r. 


Diesen  Werth  von  z  nach  x  differentiirt,  giebt: 

dx H—r 

dx  / 

fo  Iglich 

dx  =  -= — .  d*. 
R—r 

Durch   Einsetzung   dieses  Werthes   von  dx  in   die   erste 
Gleichung  erhält  man: 

/  dx 


•     •»  • 


1* 


Durch  Integration  dieser  Gleichung  nach  *  entsteht: 

w—f—L—   dx—      l       (L  —  L\ 

~J(R-r)n  *  **  —  (R—r)n  '  V  r  R> 

r 

oder 

Es  sey  ferner  F  das  Volumen  des  abgestumpften  Kegels, 
G  das  Gewicht  des  darin  enthaltenen  Quecksilbers  und  <r 
das  specifische  Gewicht  desselben.    Es  ist 

F=(fia+Br+r')| 
Dividirt  man  diese  Gleichung  durch  Ar,  so  ergiebt  sich: 

V_         /R    .   ,    .     r\ln 
Rr 


=  (*+l  +  I-yjL 
\r  ^L^  R)  3 


und  setzt  man 


so  folgt: 


und  hieraus: 


;j  =  », 


i-^+ti'i 


Rr  =  r.  ^ 


VT 


oder  für  F  den  Werth  —  gesetzt 


Diesen  Werth  von  Ar  in  die  Gl.  1  eingesetzt  giebt: 

1  +  1^+* 
2)       ^-"O-- 3 • 

Der  auf  diese  Weise  gefundene  Werth  von  W  ist  selbst- 
verständlich für  jede  pyramidale  Form  des  Leiters  gültig, 
wenn  nur  a  das  Verhältnifs  des  gröfsten  zum  kleinsten 
Querschnitt  ausdrückt.  Er  ist  ferner  noch  richtig,  wenn  man 


für  einen  abgestumpften  Kegel  von  der  Länge  l  eine  be- 
liebige Anzahl  n  solcher  Kegel  substituirt,  die  gleich  lang 
sind  und  deren  Gesammtlänge  gleich  l  ist,  wenn«  nur  bei 
jedem  das  Verhältnifs  des  gröfsten  zum  kleinsten  Quer- 
schnitt oder  der  reeiproke  Werth  dieses  Verhältnisses 
gleich  a  ist. 

Es  ist  nämlich  in  diesem  Falle,  wenn 

l  =  nl 
ist,  wo  A  die  Länge  eines  Kegels  bedeutet: 


oder 


oder 


W: 

IL 

n 

» 

3 

+ä- 

W  = 

O 

1  +  I/7+ 

3 

i 

V7 

W- 

o 

1+1/7+ 

l 

Vä 

TV      « 

3 

Da  nun  ferner  der  Gorrectionscoefficient  für  die  coni- 
sche Form  des  Leiters: 

Va_ r       R 

3  —  3 

bei  geringer  Verschiedenheit  der  Durchmesser  R  und  r  nur 
sehr  wenig  von  1  verschieden  ist,  so  kann  man  ohne  merk- 
lichen Fehler  jede  nicht  völlig  cylindrische  Röhre  ab  einen 
abgestumpften  Kegel  betrachten  und  die  Verhältnifszahl  a 
durch  den  Quotienten  der  gröfsten  und  kleinsten  Länge 
4es  zur  Kalibrirung  benutzten  Quecksilberfadens  bilden. 

Durch  eine  Reihe  von  Versuchen  ermittelte  ich  nun,  ob 
die  für  verschiedene  Röhren  von  sehr  abweichenden  mitt- 
leren Querschnitten  berechneten  Werthe  ihrer  Widerstände, 
mit  den  gemessenen  hinreichend  genau  übereinstimmten. 
Meine  Methode  war  folgende: 

Es  wurden  käufliche  Glasröhren  von  etwa  £  bis  2""" 


6 

iunerem  Durchmesser  auf  einen  langen  Maafostab  befestigt, 
darauf  in  jedes  Rohr  ein  Quecksilbertropfen  gebracht  und 
die  Länge  des  durch  ihn  gebildeten  Fadens  gemessen.   Durch 
Neigung  des  Rohres  konnte  man  diesen  Quecksilberfaden 
nach  und  nach  das  ganze  Rohr  durchlaufen  lassen  und  somit 
dasjenige  Stück  des  Rohrs  von   etwa   lm  Länge  ausfindig 
machen,  welches  sich  am  meisten  cylindrisch  oder  gleich- 
förmig conisch  erwies.   Diese  Stücke  wurden  aus  den  Röh- 
ren ausgeschnitten  und  die  Enden  durch  eine  kleine,  von 
Halske  zu  diesem  Zwecke  construirte  Vorrichtung  so  ab- 
geschliffen, dafs  die  Röhren  genau   1   Meter  lang  waren. 
Die  so  vorbereiteten  Röhren  wurden  sorgfältig  gereinigt* 
Diefs  liefs  sich  am  leichtesten  so  bewirken,  dafs  man  zwei 
mit  Seide  übersponnene  dünne  Neusilber-  oder  Stahldrähte 
zusammendrehte,  sie  darauf  durch  das  Rohr  schob  und  dann 
mit  dem  hervorragenden  einen  Ende  der  Drähte  ein  Bäusch- 
chen  reiner  Baumwolle   zusammendrehte,    welches    darauf 
langsam    und    vorsichtig   durch    das  Rohr  gezogen  wurde. 
Diese  Operation  erfordert  allerdings  einige  Sorgfalt  um  das 
Zerbrechen   des  Rohrs   zu    verhüten.     Darauf   wurde   das 
Rohr  mit  gereinigtem  Quecksilber  gefüllt   und   der  Inhalt 
gewogen.     Diese  Operation   wurde   wie    folgt    ausgeführt: 
Das  eine  Ende  des  Glasrohrs  wurde  mittelst  eines  Verbin- 
dungsstückes von  vulkauisirtem  Kautschuk  so  in  der  einen 
Oeffnung  eiuer  kleinen  Retorten -Vorlage,  wie  sie  in. che- 
mischen Laboratorien  gebräuchlich  sind,  befestigt,  dafs  das 
Ende  des  Rohres  in  die  Vorlage  hineinragte.    Um  das  an« 
derc  Ende  des  Rohrs  ward  eine  eiserne  Klemmvorrichtung, 
wie  sie  Fig.  2  Taf,  I  zeigt,  angebracht,  mittelst  welcher  sich 
ein  plangeschliffenes  Eisenplättchen  gegen  die  Mündung  des 
Rohrs  schrauben  liefs.    Nachdem  nun  die  passend  befestigte 
Vorlage  mit  reinem  Quecksilber  augefüllt  war,  liefs  man  das- 
selbe durch  die  etwas  geneigte  Glasröhre  in  eine  unterge- 
stellte Schaale  laufen.    Wenn  der  Augenschein  nach  einiger 
Zeit  lehrte,  dafs  alle  anfänglich  sich  bisweilen  zeigenden  Luft- 
bläseben vom  durchströmenden  Quecksilber  entfernt  waren, 
so  wurde  die  AusÜufsöffnung  durch  Anziehen  der  das  Eisen- 


plättchen  bewegenden  Schraube  dicht  geschlossen,  das  Rohr 
alsdann  aufgerichtet  und  das  andere  Ende  aus  dem  Kaot- 
schukschlauch  gezogen.  Geschah  dieses  mit  Vorsicht,  so 
war  das  nun  senkrecht  aufgerichtete  Bohr  vollständig  ange- 
füllt und  die  Quecksilbersäule  endete  in  einer  kleinen  her- 
vorragenden Halbkugel.  Durch  Aufdrücken  eines  eben  ge- 
schliffenen Glasplättchens  wurde  nuu  auch  die  obere  Oeff- 
nung  gesch'osscn  und  das  überflüssige  Quecksilber  beseitigt. 
Nachdem  endlich  mit  einem  Piusel  alle  kleinen  am  Rohre 
haftenden  Quecksilberkügelchen  beseitigt  waren,  wurde  der 
Inhalt  der  Röhre  in  ein  kleines  Glasgefäfs  entleert  und  auf 
einer  genauen  chemischen  Waage  gewogen.  Wenn  man 
die  Vorsicht  braucht  das  Quecksilber  sehr  langsam  ausflie- 
fsen  zu  lassen,  indem  man  das  Rohr  nur  sehr  wenig  neigt 
und  das  Eisenplättchen  am  anderen  Ende  nur  sehr  allmäh- 
lich lüftet,  so  bleiben  keine  Quecksilberkügelchen  im  Rohre 
zurück,  wie  es  ohne  diese  Maafsregel  gewöhnlich  der  Fall 
ist.  Erwärmung  des  gefüllten  Rohrs  durch  Berühruug  mit 
blofsen  Händen  wurde  natürlich  vermieden.  Die  Tempe- 
ratur während  der  Füllung  der  Röhren  ward  beobachtet  und 
das  gefundene  Gewicht  auf  Füllung  beim  Nullpunkt  der 
Temperatur  reducirt.  Von  den  nächstfolgenden  Tabellen 
giebt  Tabelle  1  die  verschiedenen  Längen  der  Quecksilber- 
faden bei  der  Kalibrirung  der  benutzten  Röhrenstücke  und 
die  daraus  gefundene  Verhältnifszahl  a  des  gröfsten  zum 
kleinsten  Querschuitt.  Tabelle  II  giebt  die  durch  Wägung 
gefundenen  und  auf  Füllung  bei  0°  reducirten  Gewichte 
des  Quecksilbers. 


■• 

° 

3. 

4. 

5. 

6. 

125,0 

101,2 

48,2 

143,0 

115 

111 

116,4 

08,4 

47,5 

145,0 

116 

10B 

UM 

»6,9 

45,0 

146,0 

119 

107 

114,0 

94,5 

45,0 

145,0 

121 

105 

112,0 

94,0 

44,8 

143,5 

121 

105 

110,2 

93,3 

44,2 

142,5 

122 

103 

108,2 

94,5 

43,9 

142,5 

121 

101 

107,0 

95,7 

43,7 

140,0 

120 

100 

107,0 

97,5 

42,5 

139,0 

119 

101 

106,0 

99,4 

41,0 

102 

100,1 

40,1 

146 

100 

12» 

101,2 

48,2 

122 

111 

106 

83,3 

40,1 

139 

115 

100 

und  mithin  die  respectiren  Correctionscoefficicnten 

I       3.      1       4.  5.      I       6. 


1,00225    1,00055    1,00282    1,000201  1,000289  1,600906 


1. 

2. 

3 

4. 

, 

6. 

13,208 

27,1915 

24,3825 

62.368 

69,802 

11,767 

13,210 

27,1900 

24,3830 

62,366 

69,796 

11,768 

13,209 

27,19(5 

24,3840 

62,357 

69,803 

11,767 

13,209 

27,1920 

24,3833 

bei 

bei 

bei 

bei 

Lei 

bei 

13\5  R. 

14*  R. 

13»,5R. 

18'  R 

14*,7  R. 

15',2R. 

61,395 

69,795 

11)778 

62,398 

69,795 

11,777 

63,393 

69,794 

11,774 
11,774 

bei 

bei 

bei 

14',5R. 

18*  R, 

14",7  R. 

Gewicht  in  Grammen  bei  0". 
13,2491 1  27,277    I  24,457    j    62,774  |   70,054  I    11,808 

Subgtituirt  man  in  die  oben  gefundene  Formel  2)  für 
den  Widerstand 


rr  —  G  . 


^+Tä 


aus  den  Tabellen  I  und  II  die  Werthe  für  G  (in  Milligram- 
men) und  des  Correctionscoefficienten ,  nimmt  man  ferner 
für  das  speeifische  Gewicht  des  Quecksilbers  bei  0°  den 
Werth 

a  =  13,557 
und  für  die  gemeinschaftliche  Lauge  aller  Röhren 

1=1000™, 
so  erhält  man  den  Widerstand  der  Röhren  in   Einheiten 
des  Widerstandes  eines  Quecksilberwürfels  von    lmm  Sei- 
tenlänge ausgedrückt.     Tabelle  III  giebt  diese  berechneten 
Werthe: 

Tabelle   IIL 


1. 

2. 

3. 

4. 

5. 

6. 

1025,54 

497,28 

555,87 

216,01 

193,56 

1148,9 

Es  wurden  nun  die  Widerstände  dieser  mit  Quecksilber 
von  0°  gefüllten  Röhren  mit  der  Copie  eines  Jacobi' sehen 
Etalons  (B)  verglichen  und  zwar  geschah  dieses  mittelst  einer 
Wheatstone'schen  Rrücke.  Da  die  von  mir  benutzte 
Brücke  in  der  von  Halske  und  mir  ihr  gegebenen  Form 
zu  sehr  genauen  Widerstandsmessungen  geeignet  ist,  so  wird 
ihre  nähere  Beschreibung  nicht  ohne  Interesse  seyn. 

Fig.  3  Taf.  I  stellt  die  Brücke  in  ihrer  perspectivischen 
Ansicht  dar.  AA  ist  ein  Rahmen  von  Messing,  auf  welchem 
sich  der  Schlitten  BB  verschiebt.  Der  drehbare  Knopf  C 
auf  dem  Schlitten  ist  mit  einem  Zahnrade  verschen,  welches 
in  eine  am  Rahmen  befestigte  Zahnstange  S  eingreift.  Der 
Schlitten  ist  daher  sowohl  direct  als  durch  Drehung  des 
Knopfes  verschiebbar.  Am  Rahmen  sind  ferner  die  isolir- 
ten  Stücke  EE  und  der  mit  Millimetertheilung  versehene 
Maafsstab  mm  befestigt.  Zwischen  den  isolirten  Metall- 
stücken EE,  deren  innere  Flächen  normal  auf  dem  Maafs- 
stab  stehen  und  genau  I000min  von   einander  entfernt  sind, 


10     . 

ist  ein  etwa  0,1 6mm  dicker  Platindraht  ausgespannt  Dieser 
Draht,  dessen  Anfangs-  und  Endpunkt  genau  mit  den  Theil- 
strichen  0  und  1000  übereinstimmen,  wird  von  2  kleinen 
Platinrollen  umfafet,  deren  Axen  am  Schlitten  B  vermittelst 
der  Federn  G  befestigt  sind.  Die  zu  vergleichenden  Wi- 
derstände werden  zwischen  der  Metallschiene  JST,  welche 
durch  den  Contacthebel  /  mit  dem  einen  Pole  der  Kette 
in  Verbindung  zu  setzen  ist,  und  zwei  in  den  Klemmenla- 
gern  KK  verschiebbaren  dicken  Kupferstangen  LL  einge- 
schaltet. Der  andere  Pol  der  Kette,  zu  welcher  gewöhnlich 
ein  Daniell'sches  Element  benutzt  wurde,  ist  in  leitender 
Verbindung  mit  dem  Schlitten  B  und  den  Platinrollen. 
Die  Klemmenlager  KK  und  die  als  Befestigungspunkle  des 
Platindrahtes  dienenden  isolirten  Metallstücke  EE  sind  durch 
dicke  Kupferstangen  mit  den  4  Lamellen  des  Stöpselnm- 
schalters  S  in  gut  leitende  Verbindung  gesetzt.  Es  lassen 
sich  mithin  durch  Versetzung  der  beiden  Stöpsel  die  zu 
vergleichenden  Widerstände  vertauschen.  Zu  den  Metall-* 
stücken  EE  siud  ferner  die  Enden  des  Multiplicatordrahtes 
des  zu  benutzenden  Galvanometers  geführt.  Ich  benutzte 
zu  den  vorliegenden  Messungen  ein  Spiegelgalvanometer  mit 
rundem  Stahlspiegel  von  32mm  Durchmesser  und  36000  Win- 
dungen von  0,15min  dickem  Kupferdraht.  Der  Abstand  der 
mit  Millimeter- Theilung  versehenen  Scale  vom  Spiegel  be- 
trägt 6^  Meter. 

Die  mit  dem  beschriebenen  Widerstandsmefsapparat  an- 
gestellten und  in  nachfolgenden  Tabellen  zusammengestell- 
ten Messungen  wurden  gröfstentheils  vom  Hrn.  Dr.  Essel- 
bach ausgeführt.  Die  hierbei  befolgte  Methode  war  fol- 
gende : 

Jedes  Ende  des  zu  prüfenden  Glasrohres  wurde  mittelst 
eines  Kautschuk  verschlusses  in  das  Innere  einer  Retorten - 
Vorlage  geführt.  Diese  Vorlage  wurde  so  gedreht,  dais 
der  unbenutzte  weitere  Hals  nach  oben  gerichtet  war  und 
so  mit  dem  sie  verbindenden  Rohre  in  eine  Rinne  gelegt, 
die  mit  Eisstücken  augefüllt  war.  Darauf  wurde  die  eine 
Vorlage  mit  gereinigtem  und  trocknem  Quecksilber  gefüllt 


Das  Quecksilber  füllte  nun  das  Rohr  und  lief  durch  dasselbe 
in  die  leere  Vorlage.  War  das  Niveau  des  Quecksilbers 
in  beiden  Gcfäfsen  gleich,  so  war  in  der  Hegel  auch  dag 
Rohr  ganz  blasenfrei  mit  Quecksilber  gefüllt.  Es  wurden 
nun  dicke  amalgamirle  Kupferdrähte  durch  die  beiden  auf- 
gerichteten Hülsen  der  Vorlagen  in  das  Quecksilber  geführt 
uud  alsdann  der  Widerstand  des  Rohres  mittelst  der  oben 
beschriebenen  Krücke  mit  dein  eines  Jaeobi'scheu  Wi- 
dcrstandsetalon  verglichen  '). 

Der  Widerstand  der  Zuleitungsdrühle  wurde  dadurch 
bestimmt,  dals  beide  amalgamirte  Kupfercylinder  in  ein  ge- 
meinschaftliches mit  Quecksilber  gefülltes  Gefäfs  getaucht 
wurden.  Derselbe  erwies  sich  jedoch  als  verschwindend 
klein  im  Vergleich  mit  dem  Widerstände  der  Röhren. 

Die  in  der  nachstehenden  Tabelle  zusammengestellten 
Versuche  worden  so  angestellt,  dafs  erst  bei  der  einen  Stel- 
lung des  Commutalors  der  Schieber  BB  so  lange  verscho- 
ben wurde,  bis  das  Galvanometer  beim  Niederdrücken  des 
Contacthebels  /  keine  dauernde  Ablenkung  zeigte.  Darauf 
wurden  durch  den  Commutator  die  zu  vergleichenden  Wi- 
derstände vertauscht  und  abermals  der  Schieber  richtig  ein- 
gestellt. Diese  beiden  Ablenkungen  sind  in  den  mit  a  und  6 
bezeichneten  Columncu  angegeben.  Waren  die  Beobach- 
tungen fehlerfrei,  so  mufste  die  Summe  beider  =  1 1  KU  * 
sevn,  was  in  der  Mehrheit  der  Fälle,  wenigstens  sehr  nahe 
der  Fall  war.  Es  ist  hierbei  noch  zu  bemerken,  dafs  nach 
Herstellung  des  Stromgleicligewichts,  beim  Schliefsen  der 
Kelle  stets  ein  kleiner  Ausschlag  von  einigen  Scalentheilcn 
bemerkt  ward    im  Sinne  eines  grosseren   Widerslandes    des 


Anfänglich    bcnuli 

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Kupftrdr 

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«.-»reiben. 

12 

aus  nebeneinanderliegenden  Drahtspiralen  gebildeten  Jaco- 
bi 'sehen  Etalons.  Da  bei  der  Oeffnung  der  Kette  ein  ent- 
gegengesetzter Ausschlag  von  gleicher  tiröfse  erfolgte,  so 
war  dieses  offenbar  dem  Extracurent  in  den  Drahtspiralen 
des  Ja co biJ sehen  Etalons  zuzuschreiben.  Ferner  stellte 
sich  heraus,  dafs  schon  eine  Erwärmung  des  Quecksilben 
bei  längerer  Dauer  des  Stromes  eintrat,  obgleich  nur  eine* 
Daniell'sche  Zelle  benutzt  wurde.  Bei  der  langsamen 
Schwingung  und  der  grofsen  Dämpfung  der  Elongationen 
meines  Spiegels  Kefs  sich  der  hieraus  entspringende  Fehler " 
leicht  dadurch  eüminiren,  dafs  man  nur  kurze  Strömungen 
durch  das  Instrument  'gehen  liefs.  Der  Schlitten  wurde 
immer  so  eingestellt,  dafs  beim  Schliefsen  ein  schwacher 
Ausschlag  nach  links  eintrat,  der  bei  längerer  Dauer  des 
Stromes,  in  Folge  der  Erwärmung,  in  eine  Ablenkung  nach 
rechts  überging.  Man  konnte  nun  durch  geringe  weitere 
Verschiebung  des  Schlittens  den  Ausschlag  nach  links  ver- 
schwindend klein  machen  und  dadurch  den  Einflufs  der  Er- 
wärmung gänzlich  beseitigen. 


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• 

611 

-• 

- 

£-£- 

• 

Jj-3 

- 

sf 

■ 

S 

i 

1     -•     | 

|      -     C 

tf 

- 

SsIS 

■ 

»III 

- 

- 

35 

• 

SrS- 

- 

- 

i 

■ 

i 

J 

2 

14 

Die  mit  W  bezeichnete  Spalte  ist  durch  Mulliplication 
der  vorhergehenden  mit  der  Zahl  661,8  gebildet,  welche 
Zahl  durch  Vergleichung  des  berechneten  Widerstandes  des 
Rohres  Nr.  2  mit  dem  Widerstände  des  benutzten  Jaco- 
bi 'sehen  Etalons  ermittelt  ist.  Die  Zahlen  dieser  Spalte 
muteten  mitbin  mit  den  in  Tabelle  III  berechneten  Wider- 

ständen  der  Röhren  übereinstimmen.    Die  in  der  mit  =- 

bezeichnete  Spalte  befindlichen  Quotienten  der  berechneten 
durch  die  beobachteten  Widerstände  zeigen,  dafs  die  Dif- 
ferenzen nicht  gröfser  sind,  wie  zu  erwarten  war.  Die 
wesentlichsten  Abweichungen  sind  bei  unseren  Messungen 
dadurch  entstanden,  dafs  weder  die  Temperaturen  des  Queck- 
silbers noch  die  des  zur  Vergleichung  bestimmten  Kupfer- 
etalons  völlig  constant  waren.  Die  Temperatur  des  Eis- 
wassers schwankte  zwischen  0  und  2°  und  die  des  Etalons 
zwischen  19  und  22°  C.  Da  aber  die  Leitungsfähigkeit  des 
Kupfers  durch  Erwärmung  um  1  °  C.  um  etwa  0,4  Proc 
vermindert  wird,  so  erklären  sich  hieraus  die  1  Proc  nicht 
erreichenden  Abweichungen  vollkommen  und  es  kann  nicht 
zweifelhaft  seyn,  dafs  die  benutzte  Methode  geeignet  ist, 
Widerstandsetaions  bis  zu  jedem  Grade  von  Genauigkeit 
zu  reproduciren. 

Die  beobachteten  Widerstände  der  Tabelle  IV  hätten 
eigentlich  noch  um  die  Gröfse  des  Ausbreitungswiderstandes 
des  Stromes  im  Quecksilber  der  Glasgefäfse  oder  des  Ueber- 
gangswiderstnndes  vom  Querschnitt  des  Rohrs  zu  den  amal- 
gamirten  Zuleitungsdrähten  vermindert  werden  müssen.  Man 
kann  diesen  Widerstand  ohne  grofsen  Fehler  als  den  Wi- 
derstand einer  Halbkugelschaale  definiren,  deren  innerer 
Radius  gleich  r  dem  inneren  Radius  des  Rohres  und  deren 
äufserer  Radius  gegen  r  sehr  grofs  und  daher  in  die  Rech- 
nung als  unendlich  grofs  einzuführen  ist.  Der  Widerstand 
einer  halben  Kugelschaale  von  der  Dicke  dx  und  dem  Ra- 
dius x,  wird  ausgedrückt  durch 


J   i..'n    ~  irrr  ir'rr 


Der  Widerstand  der  Ausbreitung  in  beiden  Quecksil- 
bermasscn  ist  also  gleich  dem  Widerstände  einer  Verlän- 
gerung des  Rohrs  um  die  Hälfte  seines  Durchmessers.  Wenn 
nun  auch  dadurch,  dafs  die  Endflächen  des  Rohrinhaltcs 
ebetl  und  nicht,  wie  in  der  Rechnung  angenommen,  halb„ 
kugelförmig  sind,  noch  eine  geringe  Vergrößerung  des  Aus- 
breilungswiderslaudcs  herbeigeführt  wird,  so  ist  die  Ge- 
sammlgrüfse  desselben  doch  so  gering,  dafs  er  füglich  ver- 
nachlässigt werden   konnte. 

Die  zu  den  bisherigen  Versuchen  benutzten  geraden 
(■lasrühren  sind  ziemlich  unbequem  als  Etalons  zu  verwen- 
den. Ich  liefs  mir  daher  von  lim.  Geifsler  in  Berlin 
Ähnliche  Röhren  in  Spiralform  aufwinden  und  die  aufwärts 
gebogenen  geraden  Enden  mit  kleinen  Glasgcfäfsen  zur  Auf- 
nahme der  Zulehungsdrähtc  versehen.  Diese  Glasspiralen 
wurden,  wie  Fig.  4  TaF.  I  zeigt,  am  Holzdeckcl  eines  wei 
leren  mit  Wasser  gefüllten  Gcfäfses  befestigt.  Die  Tem- 
peratur des  Wassers  ward  durch  ein  Thermometer,  welches 
durch  eine  Oeffnwng  im  Holzdeckel  eingeführt  werden  konnte, 
beobachtet.  Die  blasen  freie  Füllung  der  Glasspiralen  mit 
Quecksilber  liefs  sich  leicht  dadurch  herstellen,  dafs  man 
mittelst  eines  geeigneten  Propfeus  die  Mündung  des  Rohres 
in  einem  der  Glasgefäfse  verstopfte,  darauf  das  andere  Gc- 
l.il>  mit  Quecksilber  füllte  und  dann  deu  Pfropfen  vorsich- 
tig lüftete  um!  erst  dann  ganz  entfernte,  wenn  das  Queck- 
silber langsam  sämmtlichc  Windungen  des  Rohres  durch- 
laufen hatte. 

Da  das  Quecksilber  in  der  Reihe  von  Metallen  fehlt, 
für  welche  Arndtsen  ')  die  Veränderung  des  speeifischen 
Widerslandes  mit  der  Temperatur  bestimmt  hat,  so  mufste 
diese  Lücke  erst  ausgefüllt  werden.  Diefs  geschah  durch 
Hrn.  Dr.  Esselbach  mit  Hülfe  der  beschriebenen  Vorrich- 
1)  Di»c  Ann.  Bd.  103.  S.   I. 


16 

tung.  Es  wurde  der  Widerstand  einer  der  spiralförmig 
aufgewundenen  Röhren  mit  dem  der  geraden  Röhren  Nr.  2 
zuerst  bei  der  Temperatur  des  Eiswassers  und  darauf  bei 
höheren  Temperaturen  des  gewundenen  Rohres  verglichen. 
Bezeichnet  w  den  Widerstand  des  Rohres  Nr.  2,  nach  Ta- 
belle III  gleich  498,7,  ferner  to(  den  Widerstand  des  ge- 
wundenen Rohres  und  berücksichtigt  man,  dafs  die  Wider- 
stände der  Zuleitungsdrähte  zur  Röhre  2  und  zur  Spirale 
gleich  gemacht  wurden  und  den  Widerstand  von  1 1  Queck- 
silbcrwürfeln  von  lmm  Seitenlänge  hatten,  so  ergiebt  sich 


w 


11 


a 


w.H-ll  b 

wenn  a  und  6  die  Längen  der  Stücke  des  Platindrahtes 
der  Brücke  bezeichnen,  bei  welchen  kein  Strom  durch  den 
Galvanometerzweig  ging.     Diefs  war  der  Fall  wenn 

a^  _  31 1£ 

b  —  688,7 
war,  woraus  sich 

to,  =  219,1 
ergab. 

Es  wurde  nun  die  Temperatur  des  geraden  Rohrs  durch 
schmelzendes  Eis  fortwährend  auf  der  Temperatur  0  erhal- 
ten, während  das  die  Glasspirale  umgebende  Wasser  er- 
wärmt wurde.  In  der  folgenden  Tabelle  bezeichnet  t  die 
Temperatur  des  geraden  Rohres,  f,  die  des  gewundenen, 
a  und  b  die  im  Zustande  des  Stromglcichgewichts  abgele- 
senen Drahtlängen,  y  den  gesuchten  Coefficientcn,  berech- 
net nach  der  von  Arndtsen  aufgestellten  Formel 

ir/1 4-yQ-J-U  __    a^ 
w(\-hyt)-1-ll  b 

Tabelle  V. 


t 

f. 

a 

b 

y 

0§ 

0 

0 

47§  C. 

34,5 

16,5 

320,4 
318,0 
314,6 

679,5 
682,0 
685,4 

0,000964 
0,000960 
0,000981 

Im  Mittel  0,000968 


I 


17 

Hiernach  ist  Quecksilber  unter  allen  einfachen  Metallen 
dasjenige,  dessen  Widersland  sich  bei  zunehmender  Tem- 
peratur am  Wenigsteu  vergröfsert. 

Mit  Hülfe  dieses  CoeTfici  enten  ward  nun  auch  der  Wi- 
derstand der  beiden  anderen  Glasspiralen  A  und  B  bestimmt, 
welche  später  als  Normalmaafse  zur  Herstellung  von  Wi- 
derstaiidscopicti  in  Neusilberdraht  benutzt  wurden.  Her 
Widerstand  der  Spirale  A  war  bei  0"  Temperatur  gleich 
514,45  und  der  Spirale  B  =  673,0. 

Neusilberdraht  eignet  sich  ganz  besonders  zur  Anferti- 
gung von  Widerstandsclaloiis,  weil  seine  Leitungsfähigkeit 
sehr  gering  ist  und  sich  bei  Temperatiirveräuderungcn  nur 
sehr  weuig,  nach  Arndtscn  um  etwa  0,0004  Proc.  pro 
Grad  Celsius,  verändert. 

Bisher  wurde  in  der  vorliegenden  Untersuchung  stets 
der  Widerstand  eines  Quecksilberwürfels  von  I"""  Seiten- 
lange als  Einheit  des  Widerstandes  angenommen.  Für  kleine 
Widerstände  und  überhaupt  für  Widerslnndsbereciinuugen 
hat  diese  Einheit  manche  Vorzüge.  Es  erscheint  aber  doch 
als  zweck mäfsiger  das  Widerstandsmaafs  in  völlige  Ueber- 
einsliinmung  mit  dem  Metcnnaafs  zu  bringen.  Ich  schlage 
daher  vor  als  Einheit  des  Widerslandes  anzunehmen: 

Den  Widerstand  eines  Quecksilberprismas  von  1  Meter 
Länge  und  1   QnadratmiUim.   Querschnitt  bei  0°. 

Sollte  dieser  Vorschlag  allgemeineren  Eingang  finden, 
so  würden  sich  alle  Widerst andsangabeii  ohne  weitere  Um- 
schreibung auf  Angaben  der  Länge  in  Metermaafs  reduci- 
ren.  Es  würde  dann  jeder  Physiker  im  Staude  bctii  sich 
sein  WidcrsfandsmaaTs  selbst  so  genau  wie  seine  Instru- 
mente es  gestalten  und  erfordern,  darzustellen  und  die  et- 
waige Veränderung  des  Widerstandes  der  im  Gebrauch  be- 
quemeren Elalous  aus  Mctalldrählen  zu  conlrolliren.  Selbst- 
redend müfste  jedoch  dabei  als  Einheit  der  Leituugsfitliig- 
fähigkeil  der  Körper  nicht,  wie  bisher,  die  des  Kupfers  oder 
Silbers,  sondern  die  des  Quecksilbers  angenommen  werden. 
Leider  liegen  nur  wenige  Vergleiche  der  Leitungsfähigkeit 
des  Quecksilbers  mit  der  der  festen  Metalle  vor,  aus  denen 
Poggsndu.fr»  AniuL  Bd.  CX.  1 


18 


«ich  eine  solche  Tabelle  beredinen  liefee  und  es  fehlt  auch 
bei  den  meisten  Vcrgleichungen  der  Leitungsfähigkeit  der 
festen  Metalle  unter  sich  die  Angabe,  ob  hart  gezogene  oder 
ausgeglühte  Drähte  benutzt  wurden.  Aus  der  nachstehen- 
den Tabelle  ergiebt  sich  aber,  dafs  die  Leitungsfähigkeit 
ausgeglühter  Dräthe  beträchtlich  gröfser  ist  wie  die  der 
nicht  geglühten. 


Art  des  Drahtes. 


2. 

LSnge  in 

Millime- 
ter d. 


3. 


4. 


Gewicht  j   Specifi- 
in  Milll-  >  «che*  Ge- 
gram men.       wicht. 


5. 

Wider- 
stand bei 
0§  Tem- 
peratur. 


LettQDgs- 
ßliigkeit 
Hg  — 1. 


1)  Silberdraht,  hart 

do.    ausgeglüht 

2)  do.  hart 

ausgeglüht 

3)  Kupfer,  hart 

4)  do.      hart 

ausgeglüht 

5)  do.      hart 

ausgeglüht 

6)  do.      hart 

«»«geglüht 

7)  Platin,  hart 

8)  do.       hart 

9)  Messing,  hart 

do.  geglüht 


4014,4 
4014,4 
4014,4 
4014,4 
•4014,4 
4014,4 
4014,4 
2007,2 
2007,2 
2007,2 
2007,2 
436,4 
436,4 
1003,6 
1003,6 


4884,9 

10,479 

4889,1 

10,492 

3233,1 

10,502 

3009,6 

10,5132 

3099,5 

8,925 

4409,1 

8,916 

4355,2 

8,903 

1260,4 

8,916 

1252,7 

8.894 

1263,2 

8,916 

1241,5 

8,894 

544,1 

21,452 

550,1 

21,452 

1406.1 

8,473 

1397,8 

8,464 

614,55 

537,2 

896,1 

889,08 

890,5 

622,7 

599,05 

545,8 

517 

545,6 

520,8 

910,6 

897,7 

530,6 

451,7 


56,252 

64,38 

58,20 

63^1 
52,109 
52,382 
52,013 
52,217 
55,419 
52,121 
55,338 
8,244 
8.27 
11,430 
13,502 


Es  ist  hiernach  die  speeifische  Leitungsfähigkeit  des  aus- 
geglühten Silberdrahtes  um  10  Proc,  die  des  ausgeglühten 
Kupferdrahtes  durchschnittlich  um  6  Proc  gröfser  wie  die 
des  nicht  ausgeglühten  Silbers,  resp.  Kupfers.  Besonders 
auffallend  ist  diese  Znnahme  beim  Messing.  Da  die  Härte 
gezogener  Drähte  von  der  Gröfse  der  Ausdehnung  nach  dem 
letzten  Ausglühen  abhängt,  so  mufs  sie  und  ebenso  die  Lei. 
tungsfähigkeit  stets  verschieden  ausfallen,  wenn  auch  das 
Metall  völlig  gleichartig  ist.  Ebenso  ist  die  Höhe  der  Tem- 
peratur, bei  welcher  die  Drähte  ausgeglüht  wurden,  die 
Dauer  des  Glühens  und  die  Geschwindigkeit  der  Abkühlung 
nicht  ohne  Einflufs  auf  die  Gröfse  der  speeifischen  Leitungs- 
fähigkeit. Die  Columne  5  der  obigen  Tabelle  ist  nach  der 
früher  entwickelten  Formel 


die    Conicität, 


ist  bei  Metalldrähten  fast  immer  anfser  Be- 
tracht zu  lassen,  du  er  nicht  merklich  von  I  verschieden 
ist.  Wie  ersichtlich  ist  diese  Methode  weit  scharfer  i 
die  bisher  gebräuchliche,  bei  welcher  der  mittlere  Durch- 
messer der  Drähte  durch  directe  Messungen  zu  ermitteln 
war.  Dieser  ungenaue  Werlh  ging  im  Quadrat  in  die 
Rechnung  ein,  wodurch  die  Ungenauigkcit  der  Methode 
noch  wesentlich  erhöht  wurde.  Bei  der  von  mir  benutz- 
ten Methode  sind  dagegen  sämmtliche  Data  mit  grofster 
Schärfe  zu  bestimmen,  namentlich  die  Länge,  welche  hier 
im  Quadrat  auftritt. 

Vergleicht  man  die  obige  Tabelle  mit  der  von  Arndt- 
sen aufgestellten,  so  ergiebt  sich,  dafs  der  gefundene  mitt- 
lere Wertli  der  Leitungsfahigkeit  des  ungcglühteu  Piatina- 
drahtes, nämlich  8,257  und  der  geringste  gefundene  Werth 
für  ungeglühtes  Silber,  56,252,  genau  in  dem  von  Arndt- 
sen angegebenen  Verhältnisse  stehen,  während  der  Wi- 
derstand des  Kupfers  der  Arndtsen' sehen  Tabelle  dem  des 
ausgeglühten  Kupferdrahtes  der  meinigen  ziemlich  genau 
entspricht.  Da  das  von  mir  benutzte  Silber  und  Pialina 
chemisch  rein  war  und  auch  Arndtsen  diese  Metalle  in 
vülliger  Reinheit  benutzte,  so  habe  ich  bei  der  Berechnung 
der  nachfolgenden  Tabellen  den  Widerstand  des  Platina's 
und  harten  Silbers  zu  Grunde  gelegt.  Die  aus  der  Arndt- 
scn'sclien  Tabelle  entnommenen  Werthc  sind  mit  (A),  die 
selbst  beobachteten  mit  (S)  bezeichnet. 


6u. 


Tabelle    VI. 
Leitungsfähigkcit  der  Mclallc  bei  der  Temperatur  (, 
icheu  mit  der  des  Quecksilbers  bei  0". 

Quccksiller  n-unoo».  (S) 


20 


Blei 
Platin 
Eisen 
Neusilber 


5,1554 


1  +0,00376 1 

8,257 
14-0,00376* 

8,3401 


(A,S) 


1  +0,004131+0,000005271* 
10,532 


1  +0,000387 1 — 0,000000557 1% 


(Ä) 
(Ä) 


do.       geglüht 

Messing,  hart 
do.       geglüht 

do.  » 

Aluminium 

Kupfer 
do.     hart 
do.     geglüht 

Silber,  hart 


4,137        (S) 

11,439 

13,502 
14,249 


1 +0,00166/ — 8,00000203  f1 
31,726 


(ß) 

(S) 


1 +0,003638 1 
55,513 


(4) 

(4) 


1+0,00368/ 
52,207        (S) 

55,253        (S) 


56,252 


1+0,003414/ 


(A,S) 


do.      geglüht  64,38         (8) 

Der  Uebersichtlichkeit  wegen  habeich  die  von  Arn  dt  sen 
beobachteten  Werthe  mit  den  von  ihm  angegebenen  Correc- 
tionscoefficienten  für  erhöhte  Temperaturen  versehen.  Ob 
dieselben  bei  geglühten  und  ungeglühten  Drähten  dieselben 
bleiben,  habe  ich  nicht  untersuchen  können.  Das  von  mir 
untersuchte  Messing  enthielt,  wie  die  in  meinem  Laboratorio 
ausgeführte  Analyse  ergab,  29,8  Proc.  Zink  und  70,2  Proc. 
Kupfer. 

Schliefslich  bemerke  ich  noch  für  Diejenigen,  welche  sich 
Etalons  in  der  beschriebenen  Weise  darstellen  wollen,  dafs 
es  nothwendig  ist,  das  Quecksilber  vor  dem  Gebrauch  un- 
ter einer  Decke  von  concentrirter  Schwefelsäure  mit  eini- 
gen Tropfen  Salpetersäure  etliche  Stunden  zu  erwärmen, 
damit  alle  metallischen  Verunreinigungen,  so  wie  der  ab« 
sorbirte  Sauerstoff,  welche  seine  Leitungsfähigkeit  sehr  we- 
sentlich vergrößern,  vollständig  beseitigt  werden. 


21 
II.     lieber  Legirungen;  von  Dr.  A.  Matthiefsen. 

1.     l'i'ber  das  »pecifisclie  Gewicht  von  Legirungen. 

V  or  dem  Beginn  einer  V  a  t  ersuch  im  g  über  die  Gesetze 
der  elektrische»  Leitungsfähigkeil  von  Legirungen  hielt  ich 
es  für  nötbig,  die  specitischen  Gewichte  derselben  ztt  be- 
stimmen, um  darüber  Gcwifsheit  zu  erlangen,  ob  eine  solche 
Ausdehnung  oder  Zusammenziehung  stattfinden  würde,  wel- 
che man  bei  Differenzen  in  Betracht  ziehen  könnte,  die  in 
den  Leitungsfähigkeiten  gefunden  werden  möchten. 

Es  wurden  die  Metalle  zu  Legirungen  benutzt,  welche 
verhültnifsinafsig  leicht  in  reinem  Zustande  und  in  grofseu 
Quantitäten  erhalten  werden  könnten.  Die  Art  und  Weise 
der  Reinigung  war  folgende: 

1)  Antimon,  nach  der  Liebi  g'schcn  Methode. 

2)  Zinn,  käufliches  Metall  mit  Salpetersäure  behandelt, 
das  Zinnoxyd  mit  Holzkohle  reducirt. 

3)  Cadmium,  käufliches  Metall  in  Salzsäure  gelöst  und 
mit  Schwefelwasserstoff  niedergeschlagen,  das  Schwefel- 
nietall  in  Salzsäure  gelöst  und  mit  reinein  kohlensau- 
ren Natron  gefällt,  dafs  kohlensaure  Salz  erhitzt  und 
thdls  mit  Wasserstoff  reducirt,  theils  mit  Holzkohle 
destillirt. 

4)  Wismuth,  käufliches  Metall  in  Salpetersäure  gelöst, 
lillinl,  mit  Wasser  gefallt  und  durch  Holzkohle  re- 
ducirt. 

5)  Silber  und  6)  Gold,  gereinigt  von  Johueon,  Mat- 
they, Million  Garden,  Londou. 

7)  Blei,  käufliches  essigsaures  Salz  dreimal  uinkrystallisirt 
und  durch  Glühen 'reducirt. 

8)  Quecksilber,  käufliches  Metall  mit  Salpetersäure  be- 
handelt, die  ganze  Masse  etwa  einen  Mouat  stehen 
gelassen  und  von  Zeit  zu  Zeit  stark  geschüttelt. 

Die  Menge  jeder  Legiiuug  betrug  2(1  Grni.;    die  beiden 


22 

Metalle  wurden  in  den  gehörigen  Verhältnissen  genau  aus- 
gewogen und  in. einem  Porcellanticgel  zusammengeschmol- 
zen, während  ein  Gasstrom  von  oben  herab  in  den  Tiegel 
geleitet  wurde,  um  die  Oxydation  der  Metalle  zu  vermeiden. 
Die  Legirungen  wurden  in  eine  hölzerne  Form  gegossen, 
der  eine  Porcellanplatte  als  Unterlage  diente,  welche  zuvor 
berufst  war,  um  das  Anhaften  des  Metalles  zu  verhüten. 
Sie  waren  stets  wenigstens  dreimal  umgeschmolzed  uüd  um- 
gegossen, bevor  die  erste  Bestimmung  gemacht  wurde,  dann 
vor  der  zweiten  Bestimmung  wieder  umgeschmolzen  und 
ebenso  vor  der  dritten;  öfters  wurdeu  sie  sechs*  bis  sie- 
benmal umgeschmolzen,  weil  das  Ausgicfacn  nicht  immer 
gelang.  Um  so  viel  wie  möglich  der  Bildung  von  inneren 
Höhlungen  (von  Krystallisation  herrührend)  vorzubeugen, 
wurden  die  Legirungen  sehr  schnell  abgekühlt  und  so  gego»» 
sen,  dafs  die  Dicke  des  Metalls  immer  nur  etwa  3  bis  4™ 
betrug. 

Die  zur  Bestimmung  des  speeifischen  Gewichts  ange- 
wandte Methode  war  die,  dafs  die  Legirungen  an  einem  sehr 
feinen  Platindraht  in  destillirtes  Wasser  gehängt  wurden, 
das  zuvor  ausgekocht  und  in  luftleerem  Räume  abgekühlt 
war,  um  es  von  absorbirter  Luft  völlig  zu  befreien.  Diese 
Methode  gab  bessere  Resultate  als  jene  mit  den  so  genann- 
ten Dichtigkeitsfläschchen,  wegen  der  Schwierigkeit,  das  mit 
Wasser  gefüllte  Fläschchen  vollkommen  trocknen  zu  kön- 
nen, und  zweimal  hintereinander  das  gleiche  Gewicht  zu 
erhalten.  Die  Amalgame,  welche  flüssig  oder  nicht  genügend 
hart  waren,  um  sie  an  einem  Platindraht  aufhängen  zu  kön- 
nen, v.urdcn  in  einer  Glasröhre  gewogen,  an  welche  ein 
Platindraht  angeschmolzen  war.  Das  Gewicht  der  Röhre 
in  Luft  und  Wasser  war  bei  der  Temperatur  bestimmt,  bei 
der  die  Versuche  angestellt  wurden,  und  es  brauchten  da- 
her bei  der  Ausrechnung  des  speS.  Gewichts  jene  Werthe 
nur  von  den  gefundenen  abgezogen  zu  werden.  Die  be- 
nutzte Waage  war  eine  Lieb  rieh 'sehe,  welche  bei  einer 
Belastung  von  100  Grm.  in  jeder  Schale,  noch  0,1  Mgr. 
anzeigte,  und  beim  Wägen  der  Legirung  iu  Wasser  noch 


23 

für  0,2  Mgr.  einen  Ausschlag  gab.  Die  beim  Wägen  in 
Wasser  anhängenden  Luftblasen  wurden  durch  einen  sehr 
weichen  Pinsel  entfernt;  die  Legirung  wurde  so  lange  damit 
gebürstet,  bis  das  Gewicht  constant  blieb. 

Bei  Ausrechnung  der  spec  Gewichte  wurde  das  Gewicht 
des  verdrängten  Wassers  für  die  beobachtete  Temperatur 
corrigirt;  so  data  die  Einheit  in  allen  Fällen  destillirtcs 
Wasser  von  0°  C.  ist.  Ein  ähnliche  Correction  für  die 
Temperatur  konnte  bei  den  Legirungen  selbst  nicht  ange- 
bracht werden,  da  die  Ausdehnungscoefficientcn  derselben 
nicht  bekannt  sind.  Alle  Wägungen  wurden  auf  den  luft- 
leeren Baum  reducirt  und  eine  Correction  ward  angebracht 
für  den  Tbeil  des  Platindrahtes,  der  in  das  Wasser  tauchte. 
Die  Länge  des  eintauchenden  Drahtes  betrug  etwa  60  Millim., 
welche  8  Mgr.  schwer  waren,  und  im  Wasser  demnach 
etwa  0,35  Mgr.  an  Gewicht  verlieren  würden.  Vorausge- 
setzt nun,  wie  es  in  Wirklichkeit  auch  der  Fall  war,  dafs 
zuweilen  10  Millim.  mehr  oder  weniger  in  das  Wasser  ein- 
tauchten, so  würde,  wenn  diese  nicht  in  Berechnung  ge- 
zogen würden,  der  Fehler  etwa  0,06  Millim.  betragen;  da 
aber  0,3  Mgr.  in  den  meisten  Fällen  nur  etwa  einen  Fehler 
von  0,001  Proc.  des  gefundenen  spec.  Gewichts  ausmachen, 
so  kann  der  auf  die  angeführte  Weise  begangene  Fehler 
vernachlässigt  werden.  Die  bei  Anrechnung  der  zu  den 
Legirungen  nöthigen  Mengen  von  Metall  angewandten  Acqui- 
valente  waren: 

Antimon  122,3  (Dextcr,  Pogg.  Ann.  Bd.  100,  S.  563), 
Zinn  58,  Cadmium  56,  Wisinuth  208,  Silber  108,  Blei  103,7 
Quecksilber  100,  Gold.  1<J7. 

Tabelle  I  giebt  die  spec  Gewichte  der  angewandten  rei- 
nen Metalle,  mit  den  Temperaturen  in  Centigraden. 

Tabelle  II  giebt  die  spec.  Gewichte  der  Legirungen  mit 
den  beobachteten  Temperaturen  '),  sowie  die  theoretischen 
spec  Gewichte  berechnet  nach  folgenden  Formeln: 

1 )  Bei  einigen  Legirungen  sind  die  einzelnen  Bestimmungen  nicht  angege- 
ben, da  die  Werllif  von  drei  aufeinander  folgenden  Bestimmungen  in 
Folge  alUusurker  Kristallisation  nicht  bis  auf  0,1  Proc.  des  spec.  Ge- 


24 

3)  S  =  ^±£l; 

worin  S  =  dem  spec  Gewicht  der  Legirung,.  c  and  f>t  die 
Volumina  der  angewandten  Metalle  9  n  und  ni  die  Anzahl 
der  Aequivalente  von  den  Metallen,  A  und  At  die  Ge- 
wichte der  einzelnen  Metalle,  «  und  «t  die  spec  Gewichte 
der  betreffenden  Metalle  bedeuten. 

Das  spec.  Gewicht  einer  jeden  Legirung  ist  nach  obigen 
Formeln  berechnet  unter  der  Voraussetzung,  dafs- die  spec 
Gewichte  der  resp.  Metalle  an  dem  der  Legirung  Theil  neh- 
men in  dem  Verhältnifs  1)  ihrer  Volumina,  2)  ihrer  Aequi- 
valente oder  3)  ihrer  Gewichte.  Von  diesen  Formeln  ist 
in  allen  Fällen  nur  die  erste  die  richtige,  vorausgesetzt,  dafc 
weder  Expansion  noch  Contraction  stattfand;  die  zweite 
ist  nur  dann  richtig,  wenn  die  Volumina  und  Aequivalente 
der  angewandten  Metalle  in  gleichem  Verhältnifs  zu  einan- 
der stehen  (wie  z.  B.  bei  Silber  und  Gold);  die  dritte  For- 
mel endlich  ist  nur  dann  anwendbar,  wenn  die  spec.  Ge- 
wichte der  beiden  Metalle  gleich  sind.  Die  beiden  letzten 
Berechnungen  wurden  nur  hinzugefügt,  weil  einige  Beob- 
achter mit  denselben  ihre  Resultate  verglichen  haben. 

Aus  den  Differenzen  zwischen  den  berechneten  nnd 
gefundenen  speeifischen  Gewichten  geht  hervor,  dafs  die 
Antimonlegirungen  im  Allgemeinen  ein  grösseres  Volumen 
einnehmen,  als  das  Aggregat  der  darin  enthaltenen  Metalle, 
dafs  sie  sich  ausdehnen,  während  gewöhnlich  die  von  Wia- 
uiuth,  Silber,  Quecksilber  und  Gold  ein  kleineres  Volumen 

wicht*  übereinstimmten.    Es  ist  daher  nur  das  Mittel  von  sechs  bis  sehn  ! 
Versuchen  angeführt.     Die  mit  einem  *  versehenen  Legi  rangen   wurde« 
zweimal  bereitet,  weil  es  schien,  als  ob  beim  AuswSgen  der  Metalle  ein 
Irrthnm  stattgefunden  hStte,   da   die  Werthe  nicht  mit  den  berechneten  . 
übereinstimmten,  oder  doch  eine  außergewöhnliche  Abweichung  seiften. 
Die  bei  beiden  Legirungen  gefundenen  Zahlen  waren  jedoch  dieselben. 


25 


besitzen,  sich  zusammenziehen.  Die  Gold-Zinn-  und  Gold - 
Blei-Legirungen  sind  alle  aufserordentlich  hart  und  spröde, 
mit  Ausnahme  derer,  die  einen  sehr  hohen  Zinn-  oder  Blei- 
Gehalt  besitzen.  Sn  Au  .  bis  Sn  ,  Au  sind  nicht  kristallinisch 
und  zeigen  einen  glasigen  Bruch.  Sn4  Au  beginnt  krvstal- 
linische  Structur  zu  zeigen  und  hat  einen  körnigen  Bruch. 
Die  uLrigen  Gold-Zinn-Legirungen  sind  überaus  kryslalli- 
niscb,  und  Sn.  Au  bis  Sn,,  Au  zeigen  im  Bruch  vollkom- 
men ausgebildete  Spaltungsflächen  der  Krystallc. 

Die  Gold-Blei-Legiruugen  erscheinen  nur  au  der  Ober- 
llächc  sehr  kristallinisch,  während  ihr  Bruch  glasig  ist.  Die 
folgenden  Legirungcn  ziehen  sich  beim  Abkühlen  sehr  stark 
zusammen,  und  zwar  in  dem  Grade,  dafs  das  noch  im  lu- 
nern  flüssige  Metall  durch  die  äufsere  erstarrte  Kruste  hiu- 
durchbricht,  grofsere  oder  kleinere  Kugeln  bildend;  näm- 
lich: alle  angeführten  Wismuth- Antimon-,  Wismuth-Gold- 
und  Wisinuth-Silbcr-Legiruiigen;  die  von  Wjsmuth-Zinti 
nur  zum  Theil,  nämlich  von  ISi._. ,, ,_,  Sn  bis  Bi,Sn,  die  übri- 
gen dieser  Reihe  nur  sehr  gering;  von  dem  Wismuth-Blei 
nur  die  von  Bi,I'b  bis  Bi4Pb  (Bi,Pb  sehr  gering)  der 
Rest  gar  nicht.  Aus  der  Wismutb-Cadmium-Beihe  zeigeu 
nur  ßiCds  und  BiCd4  eine  sehr  geringe  Zusammenziehung. 

Schliefslich  will  ich  hier  noch  meinen  besten  Dank  den 
Uli.  Ch.  Long,  M.  Carty  und  Dr.  M.  Holzmann  aus- 
sprechen für  ihre  Hülfe  bei  Ausführung  der  nachfolgend 
gegebenen  Bestimmungen. 


SSSeaees 


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27 


Tabelle  IL 


Lcgirnng. 


Gefun- 
denes 
•pec. 
Gew. 


Terop. 


Mittel 


Terop. 


Spec.  Gewicht  berechnet  nach 


dem 
Volu- 
men. 


Diffe- 
renz. 


dem 
Aeqai- 
valeot. 


dem 
Ge- 
wicht. 


Antimon -Zinn  Reihe  (bestimmt  von  Hrn.  Ch.  Long). 


Sb.Sn 

Sb4$D 

$b,Sn 

SbSn 

SbSn, 

SbSn4 

SbSn« 

SbSn)9 

SbSn,» 

SbSn«»* 
SbSn109 

Sb  5n«oo 


6,739 
6,739 
6,739 

16°,1 
16  ,3 
16  ,2 

6,739 

16°,2 

6,752 

—0,013 

6,796 

6,748 
6,747 
6,747 

13  ,0 
12  ,5 

14  ,8 

6,747 

13  ,4 

6,770 

-0,023 

6,829 

6,781 
6,780 
6,782 

13  ,2 

13  ,2 

14  ,0 

6,781 

13  ,5 

6,817 

—0,036 

6,906 

6,845 
6345 
6,843 

12  ,7 
14  ,0 

14  ,7 

6,844 

13,8 

6,889 

-0,045 

7,003 

6,927 
6,930 
6,931 

15  ,6 

15  ,6 

16  ,2 

6,929 

15  ,8 

6,984 

-^0,055 

7,100 

7,025 
7,024 
7,021 

15  ,9 

15  ,4 

16  ,0 

7,023 

15  ,8 

7,082 

—0,059 

7,178 

7,101 
7,098 
7,100 

10  ,0 

10  ,8 

11  ,0 

7,100 

10  ,6 

7,133 

-0,033 

7,211 

7,140 

19  ,0 

7,186 

—0,046 

7,241 

7,212 
7,204 

7,208 

18  ,3 
18  ,4 
18  ,7 

7,208 

18  ,5 

7,234 

-0,026 

7,266 

7,277 
7,278 
7,275 

19  ,2 
19  ,4 
19  ,6 

7,276 

19,4 

7,262 

+0,014 

7,280 

7,280 
7,274 
7,283 

20  ,0 
20  ,0 
20  ,0 

7,279 

20,0 

7,281 

-0,002 

7,288 

7,288 
7,284 
7,281 

20  ,0 
20  ,3 

20  ,4 

7,284 

20  ,2 

7,287 

—0,003 

7,291 

6,755 

6,775 

6,824 

6,900 

6,996 

7,094 

7,143 
7,193 
7,237 

7,265 

7,282 


7,288 


Antimon- Wiimuth  Reihe  (bestimmt  von  Dr.  M.  Holsmenn). 


Sb,Bi 


7,863 
7,866 

7,864 


80,2 

9  ,6 

10  ,4 


7,864 


9»,7 


7,856 


-H),008 


7,750 


8,142 


GefdB- 

Spec. 

Gowiciil  berechnet  um* 

Legirong. 

»p.c. 

G<- 

wicbL 

Tenp. 

MiUel. 

T»p. 

a»4B 

Volu- 

Difle- 

Jp. 

dem 
G«w 

men. 

«Itat. 

wicht. 

5b  Bi 

8,391 
8,393 
8382 

10',7 
11  ,0 
"  3 

8392 

11*,0 

8,9» 

■+OJ0V7 

8^68 

8,671 

SbBI, 

8,883 
8386 

8,889 

13  ,7 
14/) 

14  ,2 

8^86 

14  ,0 

B£88 

—0,002 

8,786 

9,118 

SbBi( 

9,278 
8,374 
9,277 

11  ,7 

12  ,1 
12  ,6 

9,277 

12  ,1 

9,272 

+0,003 

9,201 

9,424 

SbBI, 

9,436 
9,43» 
9,434 

9,0 
»3 
»3 

8,43» 

9  ,4 

9,433 

+0,00» 

9379 

9345 

8,204 
8.199 
8,200 
8,992 
8,9H7 
8,967 
9,808 
9,816 
9,810 
10,146 
10,141 
10,144 
10,588 
10,590 
10,580 
10,929 


,194 
11,196 
11,193 


Blei  Reihe  (bcttimi 

14*3 

15  ,6  8,201 

11  3 

10  ,4 

12  ,0 

12  ,8 

13  ,8 

14  ,2 

15  ,0 
15  ,2 
15  ,5 
15  ,5 
19  ,0 
19  ,0 
19  ,8 
19  ,8 

19  ,8 

20  ,0 
20  3 


i  A.  Mitthl.ri.n). 


10,211 
10,599 
10,952 
11,196 


-0367 
-0,056 
—0,01 1 
—0,067 
-0,013 
-0,022 
—0,002 


9,044 
9,822 
10,443 
10,710 
10,952 
11,154 
11,284 


9,646 
10,314 
10,610 
10,884 
11,116 
11,268 


inn-Cadmiuis  Reibe  (b 

alimn» 

•OD     A. 

Miuhiefieu). 

7,436 

11*3 

7,432 

12  ,6 

7,434 

12»  ,7 

7,456 

-0,022 

7,488 

7,433 

13  ,6 

7,191 

14  ,9 

7,488 

15  ,2 

7,489 

1»  ,0 

7324 

—0,035 

7,566 

7,487 

15  ,0 

29 

e«4a-| 

Sp*c.   Gewi ctit  ticrerluiel  Darli 

L*g;runB. 

ip«.            r 
Grw. 

Mittel. 

T-ip. 

dem 
Voln- 

Dirr*- 

d.o, 

dem 
Gr- 
widu. 

Sn.Cd 

7.691 

7,689 

I3°,0 

12  ,0 

13  ,8 

7,690 

12»,9 

7,687 

+0.O03 

7,748 

7,737 

So  Cd 

7,900 

7,90» 
7,906 

12  ,0 

13  ,2 

14  ,4 

7,904 

13  ,2 

7,905 

+o,ooi 

7,974 

7,962 

Sa  Cd, 

8,136 

8,139 
8,141 

14  ,8 

8  ,8 

9  ,8 

.8,139 

U  ,1 

8,137 

+0.002 

8,201 

8,191 

S„  Cd, 

8,336 
8.337 
8.336 

14  ,3 
14  ,4 

14  ,8 

8,336 

14  ,5 

8,335 

+0,001 

8,383 

8,375 

Sa  Cd, 

8,432 
8,43-3 
8,431 

14  ,4 

15  ,2 
15  ,3 

8,432 

13  ,0 

8,424 

+0.008 

8,461 

6,456 

Zinn-Wismutl.  Bub«  (b«l!raml  von  Hrn.   M.  Cirlj). 

SD|lBi 

7,433    20* ,0  ■ 
7,440    20  ,0  '  7,438 
7,400     19  ,8! 

19«,9 

7,438 

0,000 

7,350 

7,484 

S^Bi 

7,947    20  ,0 
7,940,  20  ,0    7,913 
7,943  1  20  ,0 

20  ,0 

7,925 

+0,018 

7,575 

8,077 

So4Bi 

8,112     13  ,8  1 

8.111  14  ,2  1  8,112 

8.112  14  ,6' 

14  ,2 

8,071 

+0,041 

7,655 

8,240 

Sn.Bi 

8,341  '   16  ,2  1 
8,337  ,   12  ,0     8,339 
8,340     13  ,4  | 

13  ,9 

8,305 

+0,034 

7,800 

8,490 

So.Bl 

8,775  1  12  .0  i 
8,771  '  12  ,6  |  8,772 
8,771  j  13  ,2, 

12  ,6 

8,738 

+0,034 

8,137 

8,918 

SoBi 

9,179     15  ,5  . 
9,179     15  ,8    9,178 
9,177'  16  ,5 

15  ,9 

9,132 

+0,046 

8,558 

9,272 

SoBI, 

9.435  14,5 
9.134     15  ,0l  9,435 

9.436  1   15  ,5 

15  ,0 

9,423 

+0,012 

8,980 

9,513 

SnBi, 

9,612  '   12  .2 
9,618,  12  .8    9,614 
9,612,   13  ,0, 

12  ,7 

9,606 

+0,006 

9,317 

9,658 

Hb«, 

9.675     15  .0 

9,671  !   15  ,0     9,675 

9,678  ,  15  ,5  , 

15  ,2 

9,674 

+0,001 

9,462 

9,711 

Legirnng. 

Scfaa- 

E 

T»P. 

MiifcJ. 

Trap. 

Spec. 
Voln- 

Gewicht  1 

Dilfe- 

5- 

nach 
dm 

Gw- 

SaBi,, 

9,735 

9,739 
9,737 

WM 

19  ,8 
19  ,7 

9,737 

HM 

9,731 

-1-0,006 

9,593 

9,764 

SnK,.* 

9,775 
9,769 
0,778 

22  ,9 

23  ,0 
23  ,0 

9,774 

23  ,0 

9,792 

-0,018 

9,741 

9^60 

SnBiH 

9,803 
0,803 
9,804 

22  ,9 
22  ,7 
22  ,7 

9,803 

22  fi 

»301 

-0,002 

9,767 

9307 

SnBitt 

9,813 
9,808 
9,812 

19  ,0 
19  ,0 
19  ,0 

9,811 

19  ,0 

9^07 

+0,004 

9,781 

9311 

Sdb;„ 

9,811 
9,815 
9,816 

19  ,4 

19  ,7 
19  ,4 

9,811 

19,5 

»312 

+0,002 

9,795 

9,81» 

SnBi„, 

9,814 
9,816 

9.814 

.18  ,3 
18  ,0 
18  ,0 

9,815 

18  ,1 

9,818 

-0,003 

9,810 

9,81» 

Z 

on    Silber  Rci 

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7,592 
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10,590 

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10,814 
10,816 
10,814 

16  ,0 
16  ,2 
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10,373 
10,370 

10,365 

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14  ,2 
14  ,5 

10,369 

14  ,2 

10,313 

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10,433 

11,459 

11,453 
11,456 

8  ,8 
10  ,0 
15  ,0 

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11  ,3 

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11,480 

Zinn-Gold  Reibe  (beiti 

Tirnt  von  Dr.   M.  Hohm 

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23  ,0 

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22»,9 

7,446 

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7,797 
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7,802 

22  ,8 
22  ,8 
22  ,6 

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12,786 

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10,793 
10,793 
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10,794 

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10,885 

-0,091 

10,287 

13,651 

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13,279 

16,542 

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16^70 

16.362 
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16,367 

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13  ,0 

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9,355 
9,350 
9,753 
9,754 
9,758 
10,249 
10,243 
10,246 
10,654 
10,657 
10,656 
10,948 
10.949 
10,952 
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11,048 
11,045 


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10,066 

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10,145 

10,043 

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10,191 
10.197 

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14  ,0 
13  ,1 

10,197 

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15  ,0 
15  ,1) 

15  ,3 

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15  ,1 

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10,339 

10,266 

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9,843 
9,843 
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9,840 

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21  ,5 
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21  ,6 

9,850 

-0,005 

9,885 

Bi„Pl> 

9,850 
9.854 
9347 

21  ,2 

21  ,2 
21  ,4 

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21  .3 

9,856 

-0,006 

9.B97 

Bi„Pb* 

9,893 

9,885 
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20  ,8 
20  ,1 
20  3 

9,867 

20  3 

9,877 

+0.010 

9,942 

Bi„Pb 

9,893 

19  .5 

9,687 

+0,006 

9,964 

Bi.Pb 

9.932 
9,936 
9.935 

21  .0 
21  .0 
21  ,3 

9,934 

21  ,1 

0,902 

+0,032 

9.9% 

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9,974 
9,974 
9,972 

15  ,0 
15  .0 
15  ,0 

9,973 

15  ,0 

0,927 

+0,046 

10,045 

9,848 

9,855 

9.861 

9,885 
9,897 
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10,231 
10,239 
10,334 

11  ,9 

12  ,5 

13  ,0 

10,235  1  12  ,5 

10,098 

+0,137 

10,341 

10,133 

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10,537 
10,537 

10,539 

13  ,1 
13  ,0 
15  ,0 

10,536 

14  ,0 

10,290 

+0,248 

10,599 

10,340 

BiPb, 

10,954 

I0.H5K 
10,955 

1b  ,0 
14  ,8 
14  ,8 

10,956 

14  ,9 

10,541 

+0,41» 

10,858 

10,598 

BiPb, 

11,144 

11,140 
11,138 

12  ,1 

12  ,8 

13  ,2 

11,141 

12  ,' 

10,805 

+0,336 

11,005 

10,857 

BiPb, 

11,157 

11,164 

11,165 

14  ,6 
14,8 
14  ,9 

11,161 

14  ,8 

10,842 

+0,219 

11,154 

10,987 

BiPb, 

11,188 

20  ,8 

11,026 

+0,162 

11,203 

11,065 

BiPb,, 

11,196 

20  ,2 

11,083 

+0,113 

11,235 

11,116 

B,'Pb3, 

11,283 

11,273 
11,285 

22  ,2 
22  ,5 
22  ,8 

11,280 

22  ,5 

11,238 

+0,042 

11,314 

11,256 

Bi  Pb„. 

11,329 
11,333 
11,330 

23  ,0 
23  ,0 
23  ,0 

11,331 

23  ,0 

11,340 

-0,009 

11,361 

11,344 

•rouih    Gold   Reihe  (be 

limnu 

o»  Dr. 

M.  Holt 

m.Dn). 

9,817.  20',ö 
9,859  r  20  ,8 
9,875     21  ,6 

9,872 

2I',0 

9,873 

—0,001 

9,927 

9,941 

9,942 
9,942 

21  ,0 
21  ,1 
21   ,4 

9,942 

21  ,2 

9,935 

+0,007 

10,053 

10.080 
10,074 
10,073 

18  ,6 
18  ,6 

18  ,8 

10,076 

18  ,7 

10,046 

+0,030 

10.273 

10,452 
10,451 
10,453 

21  ,0 
21  ,4 
21  fi 

10,452 

21  ,4 

10360 

+0,092 

10,972 

11,025 

23  ,0 

10,840 

+0,185 

11,711 

9,921 
10,041 
10,250 


Lcfinrnf. 

Gefun- 
dene! 

c 

*-'■ 

taiiui. 

- 

Volu- 

Gewicht  bcraduwt  sich 
DifTe-     J5  1   {£ 

Bi.Au 

12,067 

16*.0 

11,659 

+0,408 

19,970  il1£»? 

BiAu 

13.407 

13,401 
13,401 

I6»,3 
16  A 
16  ,7 

13,403  ]  16  ,5 

12,898 

+0,5« 

14,544 

14,416 

BiAu, 

14,844 

16  ,0 

14,462 

+0,382 

16,118 

16,003 

Ag.Pb 

AgPli 

AgPb, 

AgPb. 
AgPb, 
AgPb,, 


Ag,  Au 
Ag,A„ 
A|,Au 

AgAu 
AgAu, 


Silber- Blei  Reihe  (beul 
10,795    I5«,B 

10,8(12     12  ,0  10,800     13",5 

10,802     13  ,0 

10,927 

111,0-22 

10,926 


11,049 
11,055 
11,057 
11,150 
11,146 
11,138 


11,339 
11,333 
11,330 


12  ,0 

12  ,0  11,054 

13  ,4: 


22   ,0  ! 

22  ,o  11,285 
22  ,7 


>D  A.  MauhiefianX 
10,746 


10,894 

11,048 

11,175 
11,263 
1 1,327 

11,355 


Silber-Gold   Reihe  (benimm!  * 


11,761 
11.757 
11,763 
12,252 
12.260 
12,260 
13,436 
13,429 
13,430 
(4,662 
14,876 
14,871 
16.349 
16,360 
16,364 


[1,760 


13*,1   I 


14  ,7 


;  H  .3  I 


12,257 
13,432  | 
14,870  |  13  ,0  1 
16,354     13  ,0  I 


+0,054 
+0,031 

+0,000 

-0,031 
-0,067 
—0,042 

-0,021 
Luhief; 
+0,045 

+0,042 
+0,049 
+0,023 
+0,039 


10,771 
10,922 
11,073 

11,194 

11,275 
11,333 

11,358 

11,726 
12,227 
13,400 
14,866 


10,761 

10,913    | 

I 

11,065 

11,190 

11,271 
11,331 

11,368 

12,519 
13,223 
14,644 
16,150 
17,372 


I 


ßrfim- 

SP« 

Gewicht  berechne 

flieh 

I.«gr,U,,g, 

r' 

W 

Mittel 

„             dem 

1""P'l  vur„- 

...„       |    dem    |    dem 
rcnl        »1cm.  .  wicht. 

AgA.i. 

1 7  .S-  t(i 

17,540 
17,541 

tl',0 

12  ,H 

13  ,2 

17.340 

12' ,3 

17,493 

+0,047  17,506 

18,205 

AgW 

18,(116 

18.036 
18.0i'2 

11.0 
11   ,8 

16  ,4 

(8,041 

13  ,1 

17,998 

+0,043  II8.00S 

18,528 

Pb,Hg 
PJ'Hg 
PbHg, 


ei-QuecblÜber  Reibe  (benimm 

ran  A 

11,976     I5*,4 
11,982     16  ,2 
11,978'  16  ,2 

11,979 

I5»,9 

12,008 

12,482!  15  ,5 
12,483  1  16  ,0 
12,488     15  ,5 

12,184 

15  ,7 

12,358 

12,815     14  ,8 
12,81«  !  15  ,5 
12,814  !   16  ,3 

12,815 

15  ,5 

12,734 

Pb.Au 

Pb.An 
PbAu 
PbA», 


Blei-Gold  Reihe  (benimm) 

11,847 

11.837 

11,839 

12,279 

13,273 

12,269 

12,442 

12,449 

12,443 

12,741 

12,733 

12,737 

13,302 

13,308 

I3,30S 


A.  Miuliief.en). 
12,108 

1,126  12,475 

+0,081   12,841 

i  A.  HaltbUr.en). 


14,4 


17,006 

17,017 
17,015 


12,274  J  19  ,4 
12,445    21  ,6 
12,737 
13,306 


14,46«     14  ,3 


1 1,794 

+0,047 

1 1,752 

12,171 

+0,103 

12,093 

12,316 

■(■■0,099 

12,263 

12,618 

+0,119 

12,503 

13,103 

+0,203 

li.951 

14,210 

+0,256 

14,006 

15,510 

+0,057 

16,320 

16,832 

+0,181 

16,635 

12,091 
12,455 
12,823 

12,060 

12,635 

I   12,890 

I  13,273 

1  13,916 

i  15,219 
I  10,514 
i  17,621 


38 


III.     Veber  eine  neue  Art  elektrischer  Ströme; 

von   G.  Quincke. 


Zweite  Abhandlung. 

Im  107.  Baude  dieser  Annalen  habe  ich  die  elektrischen 
Ströme  beschrieben,  welche  entstehen,  wenn  Flüssigkeiten 
durch  irgend  welche  poröse  Körper  strömen.  Es  ergab 
sich  dabei,  dafs  besonders  destillirtes  Wasser  diese  elek- 
trischen Ströme  sehr  deutlich  zeigte  und  dafs  bei  Anwen- 
dung dieser  Flüssigkeit  und  Platten  aus  gebranntem  Thon 
die  elektromotorische  Kraft  proportional  dem  Drucke  war, 
der  das  Wasser  durch  die  Thonwand  hindurchtrieb.  Die 
Gröfse  und  Dicke  der  angewandten  Thonwand,  so  wie  die 
durchgeflossene  Wassermenge  wurden  ohne  Einfljifs  auf  die 
Gröfse  der  elektromotorischen  Kraft  gefunden. 

Ich  werde  im  Folgenden  die  Resultate  der  weitereu 
Untersuchung  mittheilen,  durch  welche  ich  besonders  den 
Einflufs  der  Substanz  des  Diaphragma^  auf  die  Gröfse  der 
elektromotorischen  Kraft  festzustellen  gesucht  habe.  Die 
eingeklammerten  Zahlen  beziehen  sich  auf  die  Paragraphen 
der  ersten  Abhandlung  und  die  Figuren  auf  die  Taf.  I  des 
107.  Bandes  dieser  Annalen. 


25.  Bei  den  früheren  Versuchen  war  Piatinschwamin 
zwischen  Seidenplatten  als  Diaphragma  angewandt  worden, 
und  es  konnten  daher  möglicher  Weise  die  beobachtetet) 
Ströme  von  der  Seide  und  nicht  von  dem  Platin  herrüh- 
ren. Um  diesen  Einwand  zu  beseitigen  wurden  mit  einer 
feinen  Nähnadel  Löcher  so  nahe  aneinander  wie  möglich 
in  dünnes  Platinblcch  gebohrt,  und  später  auf  einem  po- 
lirten  Ambofs  mit  einem  platten  Hammer  wieder  zuge- 
klopft, so  dafs  kreisförmige  Siebe  aus  Platinblech  von  etwa 
Hmm  Durchmesser  mit  äufserst  feinen  Löchern  entstanden« 
An   diese  Siebe  wurden  Platindräbte  genietet,  die  so  ent- 


slandeneu  Elektroden  auf  die  gewöhnliche  Weise  mit  coq- 
centrirler  Schwefelsäure  und  deslilhrteiti  Wasser  gereinigt, 
und  mittelst  Siegellack  au  die  Enden  einer  Glasröhre  von 
».H"""  Durchmesser  und  25"*  Länge  gekittet,  in  welche  frisch 
bereiteter  Platinschwamm  so  fest  wie  möglich  eingedrückt 
worden  war.  An  das  so  gebildete  Diaphragma  wurden  dann 
Glasröhren  von  demselben  Durchmesser  angekittet,  in  welche 
Platindrähte  mit  angenieteten  l'latinblecheu  eingeschmolzen 
waren,  und  es  konnten  also  entweder  diese  Elektroden  oder 
die  Plalinsiebe  mit  dem  Multiplicator  in  Verbindung  ge- 
setzt werden.  Der  so  vorgerichtete  Apparat  wurde  dann 
in  der  gewöhnlichen  Weise  vor  den  Wa  scrwindkessel  des 
Druckapparales  (C  Fig.  5)  geschraubt. 

Bei  2000""°  Druck  und  2\i  .1  C.  flössen  in  der  Minute 
etwa  *2'2*r  destillirtes  Wasser  durch  den  Apparat.  Es  zeigte 
sich,  wie  immer,  ein  elektrischer  Strom  im  Sinne  der  Flüs- 
»igkcilsslrömung  und  zwar  betrug  die  Ablenkung  am  Spie- 
gel Multiplicator  (§.9)  U2.S  oder  24,6  Scaleulheile,  je 
nachdem  die  sieb  für  migen  oder  die  äufsercu  Platine!. -Um 
den  mit  demselben  verbunden  waren. 

Versucht  man  aber  diesen  elektrischen  Strom  durch  den 
Äwcigstrnin  eines  gewöhnlichen  hydroelektrischen  Stromes, 
etwa  einer  DanieH'schcn  Kette  zu  compensiren,  um  nach 
der  Poggendorff'schen  Methode  (§.  15)  die  elektromo- 
torische Kraft  des  Diaphragmaapparates  zu  bestimmen,  so 
findet  man  schon  bei  geringen  Stromintcnsitätcu  des  Haupt- 
stromes eine  bedeutende  Ablenkung  am  Multiplicator,  in- 
dem der  Zweigstrom  der  Da  ui  eH'scheu  Kette  statt  zur 
Compensatio!!  des  elektrischen  Stromes  im  destillirten  Was- 
ser verwandt  zu  werden,  direet  durch  die  Substanz  des 
Diaphragmas,  den  Plalinschwarain,  {liefst,  und  wegeil  des 
v erhält oitsmafsig  geringen  Widerstandes  des  Stromzweiges 
eine  bedeutende  Intensität  besitzt,  Dieser  Umstand  wird 
um  so  deutlicher  hervortreten,  wenn  mau  die  inneren  Elek- 
troden, die  Platinsiebe,  zur  Ableitung  nach  dein  Multipli- 
cator benutzt,  wenn  also  der  Zweigstrom  gar  keinen 
schlechten  Leiter,   wie   destillirtes  Wasser  zu   durchfliefsen 


40 

hat,  und  es  wird  dadurch  jede  Messung  der  elektromotori- 
schen Kraft  an  einem  solchen  Apparate  vereitelt«  Man  kann 
auch  nicht  einmal  die  Vertheilung  der  Ströme  in  dem  Platin. 
diäphragma  berechnen  und  so  durch  Rechnung  zur  Bestim- 
mung der  elektromotorischen  Kraft  gelangen,  weil  der  Pla- 
tinschwamm durch  das  strömende  Wasser  zusammenge- 
drückt wird,  und  seinen  Widerstand  Ändert 

Aus  diesem  Grunde  war  ich  bei  der  Bestimmung  der 
elektromotorischen  Kräfte  in  der  Wahl  der  Substanz,  des 
Diaphragmas  leider  auf  solche  Stoffe  beschränkt«  die  an 
und  für  sich  schlechte  Leiter  der  Elektricität  sind. 

26.  Aber  selbst  in  den  Fällen,  wo  die  Substanz  des 
Diaphragmas  ein  pchlechter  Leiter  der  Elektricität  war, 
zeigten  sich  die  früher  angewandten  Apparate  nicht  immer 
ausreichend,  geuaue  Werthe  der  elektromotorischen  Kraft 
zu  geben,  indem  die  erhaltenen  Zahlen  immer  zu  kleine 
Werthe  haben,  besonders  merklich  in  den  .Fällen,  wo  die 
Poren  des  Diaphragmas,  wie  z.  B.  bei  Seide,  weit  sind  und 
der  Widerstand,  den  der  elektrische  Strom  im  Diaphragma 
selbst  zu  überwinden  hat,  im  Verhältnifs  zu  dem  der  gan- 
zen Leitung  gering  ist. 

Ein  Beispiel  wird  diefs  deutlicher  machen.  Es  wurden 
von  sogenannter  Seidewand,  einem  sehr  dichten  Gewebe 
aus  reiner  ungefärbter  Seide,  die  mehrfach  mit  heifsem  de- 
stillirten  Wasser  ausgewaschen  und  getrocknet  worden  war, 
15  bis  20  Lagen  auf  einander  gelegt  und  mit  reiner  eben- 
falls in  destillirtem  Wasser  gewaschener  Nähseide  am  Rande 
zusammengenäht,  so  dafs  Päckchen  von  etwa  3™"  Dicke 
und  30mm  Durchmesser  gebildet  wurden.  Mehrere  solcher 
Päckchen  wurden  dann  mit  feinem  Siegellack  am  Rande 
untereinander  verkittet  und  noch  warm  mittelst  eines  Schraub- 
stockes zusammen  geprefst,  so  dafs  die  Lagen  sehr  nahe' an 
einander  sich  befanden.  Das  so  erhaltene  Diaphragma  wurde 
dann  zwischen  2  Glasröhren  gekittet,  wie  ich  sie  früher 
(§.  I.  Fig.  1)  beschrieben  habe,  wo  die  Platinplatten  A 
uud  B  möglichst  nahe  am  Diaphragma  sich  befinden,  um 
diesseits  und  jenseits,  oder  wie  ich  in  der  Folge  sagen  will, 


41 

auf  der.  Berg-  und  Thalseite  des  Diaphragmas  den  elektri- 
schen Strom  zum  Multiplicator  abzuleiten. 

An  einem  selchen  Apparate,  wo  das  Diaphragma  aus 
62  Lagen  Seidewand  bestand,  bestimmte  ich  dann  nach 
der  Poggcndorff  sehen  Methode  in  der- früher  (§.  15) 
angegebenen  Weise  die  elektromotorische  Kraft,  während 
der  Widerstand  des  den  Multiplicator  enthaltenden  Zwei- 
ges 3  (Fig.  7)  bedeutend  geändert  wurde.  In  der  folgen- 
den Tabelle  sind  diese  Widerstände,  welche  aufser  dem 
Diaphragmaapparatc  selbst  in  den  Multiplica torkreis,  und 
zwar  in  den  Zweig  3  eingeschaltet  wurden,  mit  W  und 
W"  in  der  mit   W  bezeichneten  Columne  angegeben. 

W  ist  der  Widerstand  eines  weiten  mit  destillirtein 
Wasser  gefüllten  Diaphragmaapparates,  von  der  in  Fig.  2 
§.  1  dargestellten  Form,  in  welchen  eine  Thonplatte  von  4mm 
Dicke  eingekittet  war;  W"  der  Widerstand  eines  ebenfalls 
mit  destillirtein  Wasser  gefüllten  Glasröhrchens  von  2mn,,7 
Durchmesser  und  85mn>  Lauge,  welches  zwei  mit  destillir- 
tein Wasser  gefüllte  Röhren  eines  Diaphragmaapparates  von 
der  Form  (Fig.  2)  verband.  Eine  directe  Messung  dieses 
Widerstandes  Wn  ergab  ihn  10,26  Mal  gröfser  als  den  ur- 
sprünglichen Widerstand  des  Multiplicatorkreises. 

Die  erste  Columne  der  folgenden  Tabelle  giebt  die  No. 
der  Beobachtung,  die  zweite  die  Zeit  der  Ablesung  in  Stun- 
den vom  Füllen  des  Apparates  an  gerechnet,  die  dritte  mit 
*  fiberschriebenc  Columne  die  Ablenkung  der  Tangenten- 
bussole, bei  welcher  keine  Ablenkung  am  Multiplicator  zu 
bemerken  war.  Diesem  Werthe  von  s  ist  die  elektromo- 
torische Kraft  ' )  des  Diaphragmaapparales  proportional. 
Unter  <r  steht  die  Ablenkung  des  Spiegtolmultiplicators,  wenn 

1)  Der  Widerstand  der  Silberspiralen  ($.  16),  von  deren  Ende  der  Zweig- 
Strom  abgeleitet  wurde,  war  derselbe  wie  früber,  doeb  war  die  Tan- 
geotenbassole  etwa«  anders  aufgestellt  worden,  so  dafs  jetzt  die  gesuchte 
elektromotorische  Kraft  e  (J.  22)  bei  allen  folgenden  Versuchen 

«=0,00387929«,  D 
ist,  wo  $  dir.  an  der  Taogeoienbussolc  abgelesenen  Scalentheile   und  D 
die  elektromotorische  Kraft  einer  Daniell*schen  Kette  beiAVcKwtA. 


42 


der  Diaphragmaaparat  allein  wirksam  war,  und  der  elek- 
trische Strom,  nur  die  Zweige  3  und  2  (Fig.  7)  durchflog 
so  dafs  sich  aus  *  und  a  auf  den  Widerstand  des  Multi- 
plicatorkreises  schliefsen  läfst.  p  giebt  den  Druck  in  Mil- 
limetern Quecksilber,  der  das  Wasser  durch  das  Seiden* 
diaphragma  hiudurchprefste,  m  die  in  der  Minute  hindurch- 
geflossene  Wassermenge.  In  der  siebenten  Columne  ist 
die  Temperatur  angegeben  und  unter  tr  die  für  Atmosphä- 
rendruck  (TöO0""  Quecksilber  bei  0"  C.)  berechneten  Werthe 
von  s,  unter  der  Voraussetzung,  dafs  die  elektromotorische 
Kraft  proportional  dem  Drucke  wächst. 


No  1 

u  ! 

•       1 

a 

P 

m 

Temp. 

w 

i 

h 

mm 

*' 

• 

I 

0,25 

171,1 

67,9 

1026 

162,5 

16.60 

126,4 

2 

44,25 

1215 

47,8 

1011 

101,7 

14,87 

90,3 

3 

124,0 

22,8 

1030 

w 

91,5 

4 

46 

145,9 

46,1 

1030 

15,28 

107,6 

5 

41,6 

17.7 

1030 

100 

15,79 

W" 

30.7 

6 

132,7 

42,4 

1030 

97,9 

2  ff  ss  24 mm     d  =  9mm. 

Man  siebt  aus  diesen  Messungen,  dafs  die  Werthe  von  $ 
bei  sehr  grofsen  Widerständen  viel  zu  klein  ausfallen,  wäh- 
rend bei  mäfsigen  Widerständen,  wie  in  No.  3  dieselben 
Zahlen  für  die  elektromotorische  Kraft  erhalten  werden. 

Es  erklärt  sich  diefs  nur  dadurch,  dafs  die  Flüssigkeit 
im  Diaphragma  selbst  eine  Nebenschliefsung  bildet,  so  dafs 
nicht  alle  Elektricität  durch  den  Multiplicator  strömt,  und 
zwar  wird  um  so  weniger  durch  denselben  fliefsen,  je  weni- 
ger Widerstand  der  elektrische  Strom  im  Diaphragma  selbst 
im  Verhältnifs  zu  dem  Gesammtwiderstande  zu  überwinden 
hat.  Man  wird  deshalb  den  Widerstand  des  Diaphragmas 
selbst  sehr  grofs,  die  Poren  also  so  eng  wie  möglich  zu 
machen  habeu.  Aufserdem  müssen  der  Widerstand  des  Mul- 
tiplicatorkreises  möglichst  klein  gemacht,  und  die  Platinelek- 
troden  möglichst  nahe  an  das  Diaphragma  gelegt  werden, 
da  hauptsächlich  der  Widerstand  des  destillirten  Wassers 
in  Betracht  kommt,  gegen  welchen  der  Widerstand  des 
Multiplicatordrahtes  selbst  verschwindet. 


27.  Es  wurde  deshalb  das  Diaphragma,  wenn  die  all- 
gewandte  Substanz  es  erlaubte,  aus  so  feinem  Pulver  ge- 
stopft, dafs  die  einzelnen  Theilchen  von  dem  angewandten 
Seidenzeuge,  noch  gerade  zurückgehalten  wurden,  uud  statt 
der  Plaiitiblechc  wurden  Netze,  die  aus  sehr  feinem  Platiu- 
draht  gehäkelt  waren,  angewendet.  Diese  Netze  wurden 
auf  die  gewöhnliche  Weise  mit  concentrirter  Schwefelsäure 
und  deslillirtem  Wasser  gereinigt,  in  einer  reinen  Alkohol- 
llammc  geglüht,  und  dann  zwischen  das  Diaphragma  und 
Glasröhren  von  der  Form  Fig.  I  gekittet,  so  dafs  ein  Ende 
des  Platindrahtes  aus  der  Siegcllackkillung  hervorragte  und 
mit  dem  Multiplicator  verbunden  werden  konnte.  In  den 
Glasröhren  fehlten  dann  dir  eingeschmolzenen  Platindrühte. 
Die  netzförmigen  Plafütelektrodeu  befanden  sich  dicht  an 
den  Enden  des  Diaphragmas,  und  gestatteten  dein  Wasser 
mit  Bequemlichkeit  den  Durchgang,  Die  folgenden  Mes- 
sungen sind,  wo  es  nicht  anders  angegeben  ist,  alle  mit  die- 
sen netzförmigen  Plalinclrktroden  angestellt,  und.  da  die 
ngewandle   Flüssigkeit   destithrtes   Wasser  war,  so   wurden 

i   durch   das  Bespülen   keine   die  Messung  störenden  I.  n  - 
Gleichartigkeiten   hervorgerufen. 

Es  gelingt  selten  die  Stromstärke  des  Hauplstromes 
und  i!en  Werth  von  s  so  zu  treffen,  dafs  am  Multiplicator 
wirklich  keine  Ablenkung  erfolgt,  sobald  man  den  Multi- 
plicalorkreis  schliefst,  indem  bald  die  gesuchte  elektromoto- 
rische Kraft  des  Di aphragmaappa ratet,  bald  der  Zweigstrom 
das  [JebergtMvichl  haben  wird.  Es  läfsl  sich  jedoch  leicht 
eine  Correclion  an  dem  beobachteten  Werlhe  von  s  an- 
bringen, wenn  man  die  Ablenkung  ;•  am  Multiplicator  beob- 
achtet, die  positiv  oder  negativ  gerechnet  wird,  je  nachdem 
die  Ablenkung  im  Sinuc  der  gesuchten  elektromotorischen 
Kraft  e,   oder  im   Sinne  des  Zweigstromes  ist. 

Bezeichnet  <s  die  Ablenkung  am  Multiplicator,  wenn  nur 
tromolorische  Kraft  e  wirkt  und  durch  den  Stroro- 
(Fig.  7)  kein  Strom  fliefst,  die  Kette  K  also  geöff- 
net ist,  so  ist 


44 

wenn  A  eine  von  der  Einrichtung  des  Multiplicatora  ab- 
hängige Constante  und  w}  und  tr,  den  Widerstand  der 
Zweige  2  und  3  (Fig.  7)  bezeichnet.  Wird  jetzt  die  Kette  K 
geschlossen,  so  geben  die  Kirch  hoff  sehen  Sätze  die  fro- 
her (§.  15)  mit  (5)  bezeichneten  Gleichungen 

if  •+«•.=•) 

Es  ist  nuu 

**=A'r (*) 

und  da  dieser  Werth  immer  sehr  klein  ist,  so  wird  ohne 
merklichen  Fehler 

i9=zilssA$ (c) 

gesetzt  werden  können,  wo  *  die  an  der  Tangentenbussole 
abgelesenen  Scalentheile  und  A  eine  vou  der  Einrichtung  der 
Tangentenbussole  abhängige  Constante  ist. 

In  der  Gleichung  a  läfst  sich  ferner  der  Werth  von  w7 
gegen  den  vou  w3  vernachlässigen,  so  dafs  man  erhält 


e 


und  diesen  Werth,  so  wie  den  von  iA  und  i,  in  die  .Glei- 
chung 5a  eingesetzt,  giebt 

Asw*  +  —  e  =  e 
oder 


'        c 


a 


e  —  Au>.,  s (d). 

A  w.:    ist  aber    die  Constante    (in    dieser  Abhandlung 
0,003879291);  mit  der  s  zu  uiultipliciren  ist,  um  e  iu  Ein 
heiten    der    elektromotorischen   Kraft    der  Daniel  lachen 
Kette  ausgedrückt  zu  erhalten,  und  die  iu  der  früher  (§.  22) 
angegebenen   Weise  bestimmt  werden  kann,   so   dafs  der 

beobachtete  Werth  von  *  nur  mit     °-  zu  multipliciren  ist. 

o-y 

Die  folgenden  Tabellen  enthalten  schon  die  corrigirteu 
Werthe  von  *,  da  der  Correctionsfactor  wegen  der  kleinen 
Werthe  von  y  immer  sehr  nahe  =  I  war. 

In  vielen  Fällen  genügte  natürlich  nicht  ein  Daniell'- 
sches  Element  als  Kette  K  in  dem  Slroinzweig  1,  und  es  wur- 


45 

den  daher  sehr  oft  mehrere  Grove'sche  Elemente  angewandt, 
die,  sobald  man  sehr  starke  Salpetersäure  anwandte  und  die 
Flüssigkeiten  in  denselben  täglich  erneuerte,  einen  sehr 
constanten  Strom  gaben. 

29.  Die  folgende  Tafel  giebt  die  Beobachtungen  an 
einem  Diaphragma  aus  120  Lagen  Seidewand,  das  ki  der- 
selben Weise  wie  das  in  §.  26  beschriebene  erhalten  wor- 
den war.  Die  Bezeichnungen  der  Columnen  sind  dieselben 
wie  dort. 


No. 

Zeit 

1 

1 
* 

a 

P 

m 

Temp. 

$r 

h 

mm 

** 

0 

1 

0 

272,1 

338 

1056 

100 

7,92 

195,8 

2 

0,4 

415,5 

314,2 

1061 

123 

7,75 

297,6 

3 

22,4 

319,0 

267,2 

1048 

124,7 

9,67 

231,4 

4 

22,65 

316,3 

213,4 

1044 

125,3 

9,63 

230,2 

5 

23 

318,0 

216,1 

1053 

121,4 

9,53 

229,5 

6 

23,5 

317,3 

231,7 

1040 

115,3 

10,01 

231,9 

7 

71,25 

293,6 

223,9 

1054 

120 

12,24 

211,6 

8 

71,50 

301,3 

216,7 

1055 

115,3 

12,08 

217,0 

Die  Seide  wurde,  obwohl  die  Temperatur  nicht  hoch 
war,  von  dem  Wasser. angegriffen,  denn  das  durchgeflossene 
Wasser  zeigte  einen  eigentümlichen  alkalischen  Geschmack. 
Eis  ist  also  möglich,  dafs  die  Abnahme  der  elektromotori- 
schen Kraft  in  der  Zersetzung  der  Seide  ihren  Grund  hat 
Man  sieht  aber,  welchen  Einflufs  die  Gestalt  des  Apparates 
auf  die  Bestimmung  von  $,  hat,  indem  jetzt  viel  gröl'sere 
Werthe  als  in  §.  26  erhalten  wurden.  Möglich  ist  es  frei- 
lich, dafs  bei  einem  Diaphragma  aus  dichterem  Seidenzeuge 
als  dasjenige  war,  welches  mir  zu  Gebote  stand,  noch  grö 
fsere  Werthe  erhalten  werden  können. 

30.  Man  könnte  nun  meinen,  wenn  bei  dem  Seidendia- 
phragma die  Werthe  der  elektromotorischen  Kraft  so  von  der 
Einrichtung  des  Diaphragmaapparates  afficirt  werden,  dafs  auch 
bei  den  Platten  aus  gebranntem  Thon  mit  Apparaten  aus  Pla- 
tinnetzwerk gröfsere  Werthe  von  *  erhalten  werden  würden. 
Bedenkt  man  aber,  dafs  die  Poren  eines  solchen  Thondia- 
phragmas  äufserst  eng  sind  und  die  Hauptwiderstände  aus- 
machen, und  dafs  sich  aus  §.  13  kein  Unterschied  bei  An- 


46 


wenrdung  von  Apparaten  verschiedener  Einrichtung  ergeben 
hatte,  so  wird  man  das  Unwahrscheinliche  dieser  Ansicht 
einseheu,  was  denn  auch  durch  die  folgenden  Versuche  be- 
stätigt worden  ist. 

Es  wurden  aus  derselben  gröfseren  Thonplatte  2  klei 
nere  Scheiben  von  4"m  Dicke  geschnitten,  und  diese  in 
2  Apparate  gekittet,  von  denen  der  erste  netzförmige  Pla- 
tinelektroden, der  zweite  die  Form  (Fig.  1)  hatte.  Der 
Durchmesser  des  ersten  Apparates  war  2\fimm,  der  des  zwei- 
ten 23B,m,4.  Die  folgende  Tafel  giebt  die  Beobachtungen 
an  diesen  beiden  Apparaten,  auf  welche  sich  die  unteren 
Indices  der  Buchstaben  beziehen. 

Bei  den  mit  einem  *  bezeichneten  Versuchen  Nr.  1,  4, 
6,  8,  9  wurde  nur  das  Verhältnifs  der  elektromotorischen 
Kraft  beider  Apparate  bestimmt,  nach  der  im  §.  II  angege- 
benen Methode,  und  es  bedeuten  die  unter  cx  und  tt,  bei 
diesen  Versuchen  angegebenen  Zahlen  die  in  jenem  Para- 
graphen mit  st  und  stt  bezeichneten  am  Spiegelmultiplicator 
abgelesenen  Ablenkungen.  Die  letzte  Columne  enthält  dann 
das  aus  diesen  Werthen  nach  der  Gleichung  4  (§.  11)  be- 
rechnete Verhältnifs   der  elektromotorischen  Kräfte  beider 

Apparate  -=-'.     Bei  den  Bestimmungen    nach   der  Poggen- 

dor  ff  'sehen  Methode  ist  diefs  Verhältnifs  direct  durch  das 


Verhältnifs  *± 

«2 

gegeben. 

No 

i 

Zeit    !     f|     |     s2         Oi 

1             !             I 

*J 

V 

171, 

JTtg 

T       i    « 

Tera^|    E% 

h 

i 

i 

mm        gr       |   gr               0        ' 

1* 

0,5 

i 

85,4 

11,1    1063    0,447,0,426    14,75 1  1,299* 

2 

0,75    91,2 !  91,2 

105,0 

75,1 

1059    0,475            1   14,75,1 

3 

19 

92,9  |  86,3 

88,4 

74,4 

1070   0,452 

0,412    12,80    1,076 

4* 

19,5 

81,3 

0,8    1070   0,474  0,430    13,65 !  1,020* 

5 

25,5 

121,5 

123,7 

100,4 

61,3    1069 

12,64  ;  0,982 

6* 

25,75 

73,4 

—  1,7    1069 

0,416 

0,396 

12,64  , 0,977* 

7 

48 

131,4 

126,9 

137,9 

60,3    1071 

13,05    1,039 

8* 

48,5 

1*22,6 

—  1,4    1073 

0,377 

0,376 

12,60 

0,977* 

9* 

240,5 

60,5 

-   5,0    1067 

* 

9,78 

0,847* 

10 

240,75 

85,4 

79,1 

52,5 

74,6 

1067 

0,348 

0,370 

9,78 

1,079 

Vor  den  Versuchen  Nr.  3,  5  und  7  war  3h,  3b  und  6* 
defltillirte8  Wasser  durch  die  Diaphragmen  getrieben  worden, 


ohne  dafs  die  Elektroden  der  Apparate  mit  einander  in 
tallischer  Verbindung   blanden. 

Mau  siehl  daraus,  dal«  die  elektromotorischen  Kräfte 
beider  Apparate  nicht  mehr  von  einander  abweichen ,  als 
die  Bestimmungen  au  Apparaten  von  genau  derselben  Con- 

Istruclion.     Die   folgende  Tafel   giebt   zugleich   die   auf  Al- 
mosphäreu druck   reducirlen    Werlhe  von  «,    und  *,. 


No. 

, 

■» 

*■ 

* 

w 

1 

05,44 

«5,44 

ms.o 

75,1 

14.75 

3 

65.98 

61,30 

88,4 

74,4 

12,8» 

5 

86..16 

H7.94 

HHI.I 

61.3 

12,64 

7 

m,n 

90.115 

137.9 

6H.3 

13,05 

II) 

60,82 

56,3t 

5'2,5 

74,6 

9,78 

elek- 
Nr.  5 


Dafs  bei   dem  A|>paral  I  das  giofsere  Maximum  di 
lutorisrhen  Kraft  gefunden  wurde,  ist  Zufall,  dem 
iebt  I.   B.  einen  grüfseien   Werlli  für  den  Apparat  2,  und 
es  ist   leicht  möglich,  dafs  der  letzlere  Apparat  zu  einer  an- 
dern Zeit  ein  noch  grüfscres  Maximum  als  B&M  gehabt  hat. 

31.  Um  zu  sehen,  ob  verschiedene  Sorten  von  gebrann- 
tem Thon  verschiedene  Werthe  geben,  wurden  anch  einige 
Beobachtungen  an  Platten  aus  Berliner  Porcellanmasse  ge- 
macht, von  denen  die  einen  nur  ganz  schwach  verglüht. 
die  anderen  einer  sehr  hohen  Temperatur  ausgesetzt  gewe 
sen  waren,  so  dafs  sie  aber  noch  dein  Wasser  den  Durch- 
gang verstanden.  Als  Elektroden  wurden  Platinuclze  an- 
gewandt. 

Bei  schwach  verglühter  PorceUanmaite  erhielt  ich  fol- 
gende Zahlen: 


2  r  =  21»»,  5     d  =  3-™,740. 

Bei   der    stark  verglühten    Porceltanmasse    dagegen    an 
r  etwas  dünneren   Platte 


48 


2r  =  21--,5    rf=3""»,104. 


No. 


Zeit 

$ 

* 

1 

'        i 

m 

Temp. 

h 

mm 

S* 

• 

0 

26,8 

1037 

0,676 

11 

23,75- 

71,2 

50,0 

1057 

0,669 

11,59 

28,75 

71,6 

54.6 

1071 

0,523 

9,40 

43,5 

65,8 

63,2 

1075 

0,433 

10,66    | 

1 

2 
3 
4 


»1,91 

50,81 
46,54 


Man  sieht  wie  die  letztere  Platte  sich  schwerer  verstopft 
als  die  erstere,  und  auch  langsamer  ihre  elektromotorische 
Kraft  sinkt  Die  Beobachtungen  an  der  schwach  geglühten 
Platte  zeigen  zu  gleicher  Zeit,  dafs  das  destillirte  Wasser 
etwas  von  der  Thouplatte  aufgelöst  haben  mufs,  wodurch 
die  Leitungsfähigkeit  erhöht  wurde,  indem  die  Werthe  von  b 
in  beiden  Beobachtungen  fast  denselben  Werth  haben,  wäh- 
rend doch  in  Nr.  2  die  elektromotorische  Kraft  weit  klei- 
ner ist. 

Diefs  tritt  auch  bei  den  Beobachtungen  3  und  4  an 
der  anderen  Platte  recht  deutlich  hervor,  wo  der  kleineren 
elektromotorischen  Kraft  sogar  die  gröfsere  Ableukung  am 
Multiplicator  entspricht. 

Man  kann  dann  die  elektromotorische  Kraft  wieder  da- 
durch erhöhen,  dafs  man  längere  Zeit  Wasser  durch  den 
Apparat  strömen  läfst,  welches  die  Salzlösung  verdrängt,  und 
das  Diaphragma  auswäscht. 

32.  Ich  habe  diese  Erscheinungen  besonders  bei  einem 
Diaphragma  aus  Asbest  verfolgt,  einer  Substanz  von  sehr 
geringer  Löslichkeit,  bei  der  aufserdem  wegen  der  weiteren 
Poren  des  Diaphragmas  das  durchströmende  Wasser  leichter 
die  Salzlösung  entfernte.  Der  angewandte  Asbest  war  mehr- 
fach mit  destillirtem  Wasser  ausgekocht  und  ausgewaschen 
worden,  um  alle  löslichen  Theile  zu  entfernen.  Die  feste- 
ren Theile,  bei  denen  die  Fasern  noch  aneinander  hafteten, 
wurden  herausgesucht  und  in  einem  reinen  Platintiegel  über 
einer  Spirituslampe  mit  doppeltem  Luftzüge  geglüht.  Nach 
dem  Erkalten  wurden  sie  mit  starker  weifser  Nähseide  zu 
einem  conischen  Bündel  von  etwa  12wm  Länge  und  17"" 
Durchmesser  zusammengeschnürt,  welches  mit  Siegellack  in 


eine  weitere  Glasröhre  nnd  dann  zwischen  2  Diaphragroa- 
röbren  von  der  Form  (Fig.  2)  gekittet  wurde.  Das  Wasser 
trat  an  der  breiteren  Baue  in  das  Asbestbündel  ein,  drückte 
es  also  noch  fester  in  die  Siegellack kittung  und  verengerte 
so  allmählich  die  Poren.  Die  folgende  Tafel  giebt  einen 
Theil  der  Beobachtungen  an  diesem  Diaphragma. 


Mo. 

Zeit 

- 

■ 

P 

, 

Tcr.p. 

.. 

1 

0 

116.2 

49,9') 

2028 

13,13 

20,58 

43,70 

9 

15.25 

126 

57,2') 

203  t 

14,13 

21.70 

47.31 

3 

47,5 

124 

297.1 

2027 

13,24 

23,41 

46,68 

4 

4a 

124,6 

265,8 

2029 

13,57 

23,65 

46,86 

& 

107,5 

119,3 

350.0 

2031 

12,69 

25,72 

44,92 

6 

108,25 

119,9 

242,8 

2023 

12,52 

25,66 

45.24 

7 

152,25 

117,5 

222.1 

2025 

12,62 

24,00 

44,27 

s 

153.50 

126,3 

195,7 

2023 

12,19 

23,95 

47,64 

9 

im.:  5 

134,4 

197,7 

2040 

11,52 

24,10 

50,27 

10 

175 

132,8 

225,1 

2031 

10,83 

21,10 

49,69 

11 

176 

152,2 

179,9 

2024 

10,54 

21,12 

57,15 

13 

1090 

64,2 

121 

1069 

3,19 

15,48 

38,53 

Man  sieht  daraus  deutlich,  wie  immer  durch  längeres 
Stehen  die  Leitungsfähigkeit  der  Flüssigkeit  zu-  und  die 
elektromotorische  Kraft  des  Apparates  abnimmt,  und  wie' 
die  letztere  durch  das  Durchströmen  des  destitlirten  Wassers 
sofort  erhöbt  wird.  Als  der  Apparat  über  einen  Monat  un- 
benutzt gestanden  hatte  (zwischen  Beobachtung  11  und  12) 
konnte  jedoch  die  elektromotorische  Kraft  nicht  wieder  durch 
Auswaschen  des  Diaphragmas  auf  ihren  früheren  Werth 
gebracht  werden. 

33.  Die  elektrischen  Ströme  welche  auftreten,  wenn  de 
stiUirtes  Wasser  dnreh  thierische  Membranen  geprefst  wirdf 
sind  aufaerord entlieh  schwach  und  können  nur  mit  sehr  em- 
pfindlichen Multiplicatoren  beobachtet  werden.  Die  fol- 
gende Tabelle  giebt  die  Beobachtungen  an  einem  Stücke 
frischer  Harnblase  vom  Schwein,  die  zwischen  zwei  Bohren 
von  der  Form  (Fig.  I)  gekittet  worden  war. 

1)  Bei  dicseii  beiden  Beobachtungen   balle   der  MuLiplicaior    eine  Neben 


Pofgeodorffi  AuimI.   Bd.  CX. 


50 


No. 

Zeit 

2r 

t 

—  2|— 

a 

d  = 

P 

=  2,5- 

m 

Terop. 

fr 

1 

2 
3 

h 

0,5 
33 
53 

10,5 
10,1 

8,4 

12,7 
36,4 
38,3 

mm 

20.38 
2027 
2008 

!     2,018 

:    0,959 
1,922 

23°,75 

23,7 

21,7 

3,931 
3,802 
3,190 

Bei  dem  Versuche  Nr.  3  war  schon  durch  den  Geruch 
die  beginnende  Fäulnifs  der  Membran  zu  erkennen. 

34.  Von  derselben  Ordnung,  wie  bei  thierischen  Mem- 
branen, ist  die  elektromotorische  Kraft  bei  Diaphragmen 
aus  Elfenbein,  wenn  auch  hier  wegen  des  geringeren  Lei- 
tungswiderstandes die  elektrischen  Ströme  leichter  zu  beob- 
achten sind.  Eine  genaue  Bestimmung  derselben  war  aber 
deshalb  nicht  ausführbar,  weil  das  destillirte  Wasser  das 
Elfenbein,  welches  in  Form  von  Sägespänen  in  ein  an 
den  Enden  mit  Seidenplatten  verschlossenes  Glasrohr  fest 
eingedrückt  war,  angriff  und  auflöste.  In  der  durchgeflos- 
senen Flüssigkeit,  die  eine  bräunliche  Färbung  und  einen 
süfslichen  Geruch  und  Geschmack  zeigte,  liefsen  sich  Kalk- 
salze nachweisen,  so  dafs  vielleicht  auch  diesem  Umstände 
die  geringe  elektromotorische  Kraft  zugeschrieben  werden 
mufs.  Das  Diaphragma  von  23mn>  Durchmesser  und  34"" 
Länge  wurde  zwischen  2  Glasröhren  von  der  Form  Fig.  2 
gekittet,  und  wenn  auch  die  Platinelektrodeu  nicht  direct 
von  der  Flüssigkeit  bespült  wurden,  so  traten  doch  stets 
so  grofse  Ungleichartigkciten  auf,  dafs  die  Zahlen  der  fol- 
genden Tafel  nur  als  Annäherungen  zu  betrachten  sind. 


No. 

Zeit 

t 

a 

V 

vi 

i     1  emp. 

fr 

t 

1 
2 

h 
0 
0,25  . 

10,94 
11,04 

48,5 
41,5 

mm 

1050 
1049 

66,4 
62 

0 

16,7 
16,56 

7,92 
8,00 

Ich  bemerke  hierbei,  dafs  diese  Messungen  im  Sommer 
angestellt  wurden,  wo  das  feuchte  Sägemehl  des  Elfenbeins 
leicht  in  Fäulnifs  übergeht.  Ein  halbes  Jahr  früher  hatte 
ich  mit  Diaphragmen  von  frischem  Sägemehl  viel  bedeuten- 
dere Ablenkungen  am  Multiplicator  erhalten.  Auch  aus 
Faraday's   Untersuchungen    scheint   hervorzugehen,    dafs 


51 

sich  nicht  alles  Elfenbein  gleich  verhält,  indem  eine  Elfen- 
beinröhre  durch  längeren  Gebrauch  die  Eigenschaft  er- 
langte, den  durch  sie  vom'  Dampf  hindurchgetriebenen 
Wassertheilchen  die  Fähigkeit  zu  nehmen,  feste  Körper  zu 
elektrisiren,  welche  in  den  Dampfstrahl  gehalten  wur- 
den ')• 

35.  Während  diese  organischen  Stoffe  nur  schwache  , 
elektromotorische  Kraft  zeigen,  ist  dieselbe  bei  Schellack 
so  grofs,  dafs  die  Tangen tenbussole  nicht  mehr  ausreichte, 
um  die  zur  Compeusation  erforderlichen  Stromintensitäten 
beobachten  zu  können.  Ich  brachte  deshalb  an  derselben 
eine  Nebenschliefsung  aus  dickem  mit  Seide  besponnenen 
Kupferdraht  an.  Eine  Bestimmung  mit  der  Wheatstone'- 
schen  Brücke  ergab  den  Widerstand  der  Tangentenbussole 
nebst  Zuleitungsdrähten  6,574  Mal  gröfser  als  den  der  Ne- 
benschliefsung, so  dafs  die  zur  Compensation  der  elektromo- 
torischen Kraft  des  Diaphragmaapparates  verwandten  Ströme 
7,574 Mal  gröfser  waren  als  die  Ablesung  an  der  Tangen- 
tenbussole ergab. 

Die  Columne  s  der  folgenden  Tabelle  giebt  die  abge- 
lesenen Scalentheile;  unter  sr  stehen  dann  die  mit  7,574 
multiplicirten  und  auf  Atmosphärendruck  reducirten  Werthe 
von  8. 

.Das  Diaphragma  wurde  in  der  Weise  hergestellt,  dafs 
Schellack  der  besten  Sorte,  wie  er  im  Handel  vorkommt, 
in  einem  neuen  Porcellanmörser  gepulvert,  und  durch  sei- 
dene Möllergaze  gebeutelt  wurde,  so  dafs  ein  höchst  feines 
Pulver  entstand,  welches  in  eine  Glasröhre  von  22,5mni  Durch- 
messer und  34,8"™  Länge  möglichst  fest  eingepreßt  wurde. 
Zwei  über  die  Enden  dieser  Glasröhre  gespannte  Stücken 
Seidewand  verhinderten  das  Fortführen  des  Schellackpulvers. 
Das  ganze  Diaphragma  wurde  dann  in  der  früher  §.  27  be- 
schriebenen Weise  zwischen  zwei  Glasröhren  mit  netzförmi- 
gen Elektroden  eingekittet. 

1)  Faraday,  exper.  researchy  T.  ll>  §.  2144. 

4* 


52 


No.  1 

Zeit 

f 

i 

P 

M 

Terop. 

•  r 

h 

i 

mm 

*r 

• 

1 

0 

56,8 

102,6 

1060 

31,77 

11,93 

308,4 

2 

0,5 

119,1 

94,3 

1046 

31,33 

11,89 

655,4 

3 

0,75 

112,6 

93,6 

1051 

30 

11,83 

616,7 

4 

1 

120 

93,1 

1049 

29,2 

11,83 

658,2 

5 

25 

128.6 

90,8 

1055 

27,83 

11,26 

701,6 

6 

70 

146,4 

144,3 

1051 

21,87 

11,03 

801,8 

7 

71 

150,8 

145,3 

1063 

21,56 

10,64 

816,6 

8 

74 

157,1 

131,0 

1063 

14,69 

10,24 

850,7 

9 

122 

70,3 

150,8 

1069 

15,63 

.      9.78 

378,5 

10 

123 

141,3 

113,8 

1044 

15,08 

8,98 

779,1 

11 

167 

130,3 

97,5 

994 

i     13,26 

9,57 

754,6 

12 

168 

140,9 

99,5 

1081 

!     12,61 

9,00 

750,3 

Vor  der  Beobachtung  Nr.  6  war  6h  laug  destiüirtes 
Wasser  durch  den  Apparat  geflossen,  ohue  dafs  die  Platin- 
netze in  metallischer  Verbindung  standen;  ebenso  vor  den 
Beobachtungen  No.  2,  8,  11,  jedoch  hier  kürzere  Zeit. 

Durch  längeres  Stehen  scheint  auch  hier  das  Schellack- 
pulver vom  destillirten  Wasser  angegriffen  zu  werden,  da 
mit  der  Wasserströmung  kleine  Luftblasen  aus  dein  Dia- 
phragma hervordrangen.  Im  allgemeinen  giebt  jedoch  ein 
Diaphragma  aus  dieser  Substanz  die  constantesten  Zahlen 
für  die  Grüfse  der  elektromotorischen  Kraft. 

36.  In  derselben  Weise  wie  Schellackpulver  wurde 
gewöhnlicher  Quarzsand  zwischen  Seidenplatten  in  einer 
Glasröhre  von  23,8n,B1  Durchmesser  und  38,3mm  Länge  als 
Diaphragma  benutzt.  Es  war  gewöhnlicher  Sand,  wie  er 
in  den  Haushaltungen  benutzt  wird,  der,  um  alle  löslichen 
Stoffe  und  besonders  darin  enthaltenes  Eisen  zu  entfernen, 
6  Wochen  lang  mit  heifsem  Königswasser  behandelt  und 
dann  sorgfältig  mit  destillirtcin  Wasser  ausgewaschen  wor- 
den war.  Das  Eisen  war  jedoch  nicht  ganz  entfernt  wor- 
den, denn  es  waren  in  der  Masse  noch  zahlreiche  schwarze 
Pünktchen  vorhanden,  die  auch  nicht  verschwanden,  wenn 
der  Sand  in  einem  Platintiegel  über  einer  Spirituslampe 
mit  doppeltem  Luftzuge  längere  Zeit  heftig  geglüht  wurde, 
um  die  letzten  Spuren  Säure  zu  verjagen. 

Die  folgende  Tafel  giebt  die  Beobachtungen,  wobei  die 


53 


Tangentenbussole  wieder  mit  der  Nebenschliefsung  verse- 
hen war. 


No. 

Zeit 

t 

a 

V 

m 

Terop. 

•  r 

1 

h 
24 

257,1 

171,6 

mm 

1036 

284,5 

10°36 

1428,9 

2 

24,5 

269,9 

183,0 

1037 

1     275 

11,05 

1498,8 

3 

25,25 

262,0 

182,8 

1038 

273,6 

10,74 

1452,9 

4 

25,75 

261,0 

185,6 

1029 

270,1 

11 

1460,3 

5 

26 

270,5 

195,6 

*  1033 

273,5 

11,48 

1507,9 

6 

48,5 

283 

180,2 

1022 

256 

10,91 

1577,6 

4 

49,5 

287,7 

181,7 

1035 

250 

10,26 

1599,5 

8 

50,25 

276,2 

190,3 

1033 

290,9 

10,89 

1539,6 

9 

50,5 

286,8 

H6.2 

1038 

236 

10,76 

1590,5 

•  10 

408,5 

202,0 

153,1 

1047 

210,2 

10,44 

1110,6 

11 

409 

199,1 

157,0 

1046 

201,8 

10,44 

1095,6 

37.  Die  gröfsten  elektromotorischen  Kräfte  geben  je- 
doch Diaphragmen,  welche  in  derselben  Weise  wie  die  aus 
Schellack,  aas  pulvterisirtcm  Schwefel  bereitet  werden.  Ich 
habe  mehrfach,  aber  vergeblich,  versucht  mit  solchen  Dia- 
phragmen constante  Resultate  zu  erhalten,  und  besonder 
scheint  es  unmöglich  bei  Anwendung  von  Schwefelblumen 
die  letzten  Spuren  Schwefelsäure  zu  entfernen,  die  immer 
in  denselben  enthalten  sind.  Ja  es  scheint  sogar,  als  ob 
bei  Anwendung  von  gewöhnlichem  pulverisirten  Schwefel 
derselbe  oxydirt  wurde,  entweder  durch  den  Sauerstoff  der 
vom  Wasser  absorbirten  Luft  oder  den  durch  die  elektro- 
chemische Zersetzung  freigewordenen  Sauerstoff,  da  ja  immer 
ein  Theil  des  elektrischen  Stromes  sich  schon  im  Diaphragma 
selbst  ausgleicht.  Möglich  ist  es  freilich  auch,  dafs  die  ver- 
-  schiedenen  allotropischen  Zustände  des  Schwefels  verschie- 
dene Werthe  geben,  da  in  den  Schwefelblumeu  nach  We- 
ber ')  die  in  Schwefelkohlenstoff  unlösliche  Modification 
des  Schwefels  enthalten  ist. 

Es  wurde  daher  gewöhnlicher  Stangenschwefel  mehrere 
Tage  hindurch  einer  Temperatur  von  über  100°  ausgesetzt, 
um  sicher  zu  seyn,  dafs  aller  Schwefel  in  Schwefelkohlen- 
stoff löslich  war.  Der  im  Porcellanmörser  gepulverte  Schwe- 
fel wurde  dann  durch  die  feinste  seidene  Müllergaze  gebeu- 

1)  Pogg,  Ann.  Bd.  C,  S.  130. 


54 

teli  und  auf  die  gewöhnliche  Weise  in  eine  Glasröhre 
sehen  Seide  gebracht.  , 

Die  folgende  Tafel  giebt  die  Beobachtungen  an  einem 
solchen  Diaphragma  von  21M  Durchmesser  und  36,3""  Dicke 
und  netzförmigen  Platinelektroden.  Man  mufs  jedoch  die 
Vorsicht  gebrauchen,  dafe  das  Schwefelpulver  beim  Einkit- 
ten nicht  schmilzt,  was  nicht  leicht  zu  erreichen  ist»  wenn 
der  Apparat  doch  den  starken  Druck  ertragen  soll,  weil 
sich  sonst  schweflige  Säure  und  Schwefelsäure  bilden,  wo- 
durch die  elektromotorische  Kraft  bedeutend  verringert  wird 
Die  letzten  Spuren  Säure  können  auch  nicht  entfernt  wer- 
den, wenn  man  noch  so  lange  destillirtes  Wasser  durdf 
den  Apparat  hindurchprefst. 

Vor  der  Beobachtung  5  war  lh  lang  Wasser  durch  den 
ungeschlossenen  Apparat  geflossen. 


No. 

Zeit 

t 

a 

P 

m 

Temp. 

fr 

h 

mm 

&«• 

0 

1 

0 

195,1 

188,1 

1062 

25,89 

11,26 

1057,5 

2 

0,5 

335 

188,2 

1060 

23,20 

11,38 

1819,2 

3 

0,75 

282,6 

206,7 

1060 

23,20 

11,38 

1534,7 

4 

1,25 

316,2 

200,7 

1061 

23,00 

11,65 

1715,5 

5 

3,25 

466,0 

193,0 

1065 

24,29 

11,42 

2518,7 

6 

22,25 

399,9 

182,9 

1038 

20,21 

9.36 

2217,5 

7 

24,25 

408,7 

187,0 

1046 

19,41 

11,46 

2249,1 

Die  folgenden  Beobachtungen  an  demselben  Diaphragma- 
apparate wurden  in.  der  Weise  angestellt,  dafs  die  elek- 
tromotorische Kraft  £,  mit  einer  Hydrokette  aus  7  (oder  in 
Beobachtung  No.  11  aus  6)  Grove' sehen  Elementen  nach 
der  §.  11  angegebenen  Methode  verglichen  wurde.  Unter 
st  und  su  stehen  die  an  jener  Stelle  mit  diesen  Buchstaben 
bezeichneten  Ablenkungen  des  Spiegelinultiplicators,  unter  G 
die  darnach  berechneten  elektromotorischen  Kräfte  des  Dia- 
phragmaapparates in  Einheiten  der  elektromotorischen  Kraft 
G  eines  Grove'schen  Bechers.  Die  letzte  Columne  sr  giebt 
die  Werthe  der  elektromotorischen  Kraft  berechnet  in  Scalen- 
theilen  der  Tangentenbussole  für  Atmosphärendruck,  wenn 
man,  wie  mehrere  directe  Bestimmungen  ergaben,  6=405,23 
Scalenthcilen  an  der  Tangentenbussole  ohne  Nebenschlie- 


fstmg  letzt,   so  dafs   also  die  Werlhe  von  s,    im    allen  Ta- 
bellen vergleichbar  sind. 


No. 

Z«i 

; 

■- 

• 

.#- 

■ 

T«* 

G 

, 

i 

■illi.TS 

314 

314,75 

2S2.7 
3<)6,7 
321,2 
243,8 

—  e,2 
— 106,3 

—  IIS.4 

—  38,0 

138,3 

110,9 

1  i].iö 
1051t 
IUG'2 

11)69 

10.90 

14.29 
12,50 

I0°3 

11,73 

11,48 

6,517 
8,426 

3.22IS 

4,373 

1906 

llllll 

836 

tau 

Zwischen  der  Beobachtung  8  und  9  war  der  Wasser- 
wnulkcssel  des  Druckappnrales  mit  fii?rliem  deslilliilen  Was- 
ser gefüllt  worden,  während  in  der  Stube  Dämpfe  von  sal- 
petriger Säure  (von  der  <>  r o  v c ' sehen  Ketle  herrührend) 
verbreitet  waren.  Das  desfillirtc  Wasser  war  etwa  10  Mi- 
nuten mit  dieser  Atmosphäre  in  einem  offenen  Becherglase 
in  Berührung  gewesen,  und  halte  in  dieser  Zeit  doch  soviel 
Säure  aufgenommen,  dafs  dadurch  die  cleklrouiotorische 
Kraft  des  Diaphragmaapparates  fast  bis  auf  die  Hälfte  ge- 
BBUkea  war.  Das  Schwefelpulver  halt  dann  dre  Säure  mit 
solcher  Kraft  zurück,  dafs  auch  durch  tagelanges  Durchströ- 
men von  destiliirtem  Wasser  dieselbe  nicht  entfernt  werden 
kann  und  die  elektromotorische  Kraft  nicht  mehr  ihre  frü- 
bero  Grölse  erreicht.  Wegen  dieser  ungeheuren  bjnpiind- 
lichkeil  der  Apparate,  die  die  ganze  Untersuchung  sehr  er- 
schwert, ist  es'  auch  bei  der  gröfsten  Sorgfalt  und  Reinlich- 
keit nicht  möglich,  jede  Möglichkeit  einer  Verunreinigung 
attszuschliefscn,  und  es  schien  sogar  das  deslillirte  Wasser 
in  verschiedenen  Ballons  derselben  Fabrik  verschieden« 
Werl  he  zu  geben,  obwohl  sich  nicht  die  geringste  Spur 
eines  Rückstandes  beim  Verdampfen  einer  gröfscren  Was- 
sennenge  in  einer  Plalinschaale  zeigte. 

Die  Beobachtungen  an  Schwefelblumen  ergaben  im  Ge- 
gensatz zu  allen  anderen  Substanzen  sofort  nach  dem  Füllen 
des  Apparates  mit  destiliirtem  Wasser  die  höchsten  Werfte 
für  *,.  welche  zuerst  schnell,  dann  langsam  abnahmen,  so 
1  dafs  sich  Wochen  hindurch  diese  Abnahme  verfolgen  läl'sl. 
So  fiel  bei  einem  Apparate  in  einer  halben  Stunde  der 
Werlh  von  s,  von  1291  auf  1090,  belru^  nacU  ^4  Svotäk» 


56 


850,  und  war  nach  3  Tagen  auf  739  gefallen,  während  sich 
die  in  der  Minute  bei  1000mm  Druck  durchgeflossene  Waa- 
sennenge  von  220*r  um  die  Hälfte  vermindert  hatte. 

38.  Stellt  man  die  bei  destillirtem  Wasser  und  den  ver- 
schiedenen Substanzen  als  Diaphragma  erhaltenen  gröfeten 
Werthe  von  5  zusammen  und  vergleicht  sie  mit  der  elek- 
tromotorischen Kraft  eines  Dani eil' sehen  Elementes,  so 
ergiebt  sich  folgendes  Resultat. 


No. 

Namen 

tr 

D 

1 

Schwefel 

2518,7 

977,07 

2 

Quarzsand 

1599,5 

620,49 

3 

Schellack 

850,7 

330,01 

4 

Seide 

297,5 

115,45 

5 

Daniell'ache  Elena. 

257,8 

100,00 

6 

Gebrannter  Thon 

93,2 

36,15 

7 

Asbejt 

57,1 

22,15 

8 

Porcellanmasse 

51,1 

19,86 

9 

Elfenbein 

8,0 

3,10 

10 

Thierische  Blase 

3,9 

1,51 

Die  letzte  Columne  unter  D  enthält  die  elektromotori- 
sche Kraft  der  verschiedenen  Apparate  bei  Atmosphären- 
druck, wenn  die  einer  Daniell'schen  Kette  =  100  gesetzt 
wird. 

Wenn  nun  auch  die  Zahlen  von  der  Construction  der 
Apparate  abhängen,  und  nicht  auf  grofse  Genauigkeit  An- 
spruch machen  können,  so  ist  doch  immerhin  die  Ordnung 
der  verschiedenen  Substanzen  daraus  zu  ersehen,  so  wie  die 
aufserordentlich  grofsen  elektromotorischen  Kräfte,  die  bei 
Atmosphärendruck  in  demselben  auftreten,  so  dafs  es  nur 
dem  grofsen  Widerstände  des  destillirten  Wassers  zuge- 
schrieben werden  kann,  dafs  die  auftretenden  Ströme  so 
schwache  Intensität  haben.  Auffallend  erscheint  besonders 
die  hohe  Stellung  des  Quarzes,  wo  noch  dazu  wegen  der 
Grobkömigkeit  des  angewandten  Sandes  die  erhaltenen  Zah- 
len klein  ausgefallen  sind. 

Dabei  möchte  ich  auch  noch  darauf  aufmerksam  machen, 
dafs  von  chemischen  Verschiedenheiten  der  Flüssigkeit  inner- 
halb und  aufserhalb  des  Diaphragmas  die  auftretenden  elek- 


57 

frischen  Ströme  nicht  wohl  herrühren  können,  da  durch 
einfachen  Contact  niemals  elektromotorische. Kräfte,  die  das 
Zehnfache  einer  D  an  iell' sehen  Kette  übersteigen,  erzengt 
werden  können. 

39.  Beweist  schon  die  Polarisation  der  Platinelektroden, 
dafs  die  elektrischen  Ströme  der  Diaphragmaapparate  che- 
mische Zersetzungen  hervorbringen,  so  habe  ich  doch  auch 
Jodkalium  zu  zersetzen  versucht  Es  gelingt  diefs  leicht, 
indem  man  2  Platinspitzen  in  bekannter  Weise  auf  befeuch- 
tetes Jodkalium papier  setzt;  nach  kurzer  Zeit  erscheint  dann 
unter  der  mit  der  Thalplatte  des  Diaphragmaapparates  in 
Verbindung  stehenden  Spitze  ein  brauner  Jodfleck.  Bei 
Umkehr  des  Stromes  verschwindet  er  und  erscheint  unter 
der  anderen  Platinspitze.  Ich  habe  als  Diaphragma  hierbei 
Schwefel  und  Quarz  angewendet. 

40.  Bei  der  grofsen  elektromotorischen  Kraft  der  ver-. 
schiedenen  Apparate  läfst  sich  nun  auch  mit  Leichtigkeit 
freie  Elektricität  nachweisen,  entweder  an  einem  Säulen- 
elektroskope  oder  an  einem  gewöhnlichen  Goldblattelektro- 
skope  mit  Hülfe  des  Condensators.  Die  Thalelcktrode  des 
Diaphfagmaapparate8  zeigte  immer  freie  positive,  die  Berg- 
elektrode freie  negative  Elektricität.  Ich  habe  diese  freie 
Elektricität  bei  destillirlem  Wasser  und  Diaphragmen  aus 
Schwefel,  Quarz,  Schellack,  Seide  und  Asbest  mit  Sicherheit 
nachweisen  können. 

Die  eine  Elektrode  des  Diaphragmaapparates  wurde  da- 
bei zur  Erde  abgeleitet,  oder  es  wurde  mit  der  einen  Elek- 
trode die  obere,  mit  der  anderen  die  untere  Condensator- 
platte  verbunden. 

Der  Ausschlag  der  Goldblättchen  war  derselbe,  mochte« 
die  Berührung  momentan  gewesen  seyn,  oder  längere  Zeit 
gedauert  haben.  Die  Spannung  der  freien  Elektricität  bei 
einem  Apparate  mit  Schwefeldiaphragma,  der  bei  einem 
Drucke  von  lOöO"1111  eine  elektromotorische  Kraft  von  7  Gro- 
ve'schen  Elemente  hatte,  wurde  mittelst  desselben  Conden- 
sators mit  derjenigen  der  freien  Elektricität  der  Pole  dieser 
Grove'schen  Säule  verglichen,  und  gleich  dieser  gefunden. 


58. 

41.  Ich  habe  ferner  vielfach  versacht  die  elektromoto- 
rische Kraft  bei  anderen  Flüssigkeiten,  als  bei  destilürtem 
Wasser  zu  bestimmen,  ohne  jedoch  dabei  zu  constanteo 
Resultaten  gekommen  zu  seyn. 

Im  Allgemeinen  läfst  sich  nur  sagen,  dafe  Zusatz  von 
Alkohol  zum  destillirten  Wasser  die  elektromotorische  Kraft 
erhöht,  Zusatz  von  Säuren  oder  Salzlösungen  dieselbe 
schwächt  Dabei  dürfte  es  schwer  zu  entscheiden  seyn,  ob 
dabei  die  erhaltenen  Werthe  durch  die  geringere  oder  grö- 
fsere  Leitungsfähigkeit  der  Flüssigkeit  für  Elektricität  be- 
dingt werden,  indem  im  enteren  Falle  ein  kleinerer,  im 
letzteren  ein  gröberer  Theil  des  elektrischen  Stromes  sich 
im  Diaphragma  selbst  durch  Nebenschliebung  ausgleichen 
wird,  worauf  ich  schon  im  Anfange  dieses  Aufsatzes  auf- 
merksam gemacht  habe. 

Die  Concentration  der  Flüssigkeit  ist  dabei  innerhalb 
des  Diaphragmas  eine  ganz  andere  als  aufserhalb,  die  Lei- 
tungsfähigkeit derselben  für  Elektricität  ist  dadurch  unbe- 
kannt, und  es  ergaben  daher  die  Versuche  auch  durchaus 
keine  Gesetzmässigkeit. 

Einige  Zahlenangaben  mögen  diefs  erläutern. 

Es  wurde  durch  einen  Apparat  mit  Diaphragma  aus  stark 
verglühter  Porcellanmasse  und  netzförmigen  Platinelektroden 
destillirtes  Wasser  geprefst,  und  dann  Lösungen  von  Koch- 
salz, die  in  der  folgenden  Tafel  mit  ABC  bezeichnet  sind 
und  beziehlich 

0,00025**,  0,0005*%  0,005«* 
NaCl  in  l*r  Flüssigkeit  enthielten.   Die  Beobachtungen  er- 
gaben,  wenn   die  elektromotorische  Kraft  nach   der  Pog- 
gcndorff'schen  Methode  bestimmt  wurde: 


59 


No.        Zeit 


rf  =  3»m,19      2r=r21"» 


tu 


Terop. 


Destillirtes  Wasser. 


1  |     56,5    |     95,3    |     76,7 


mm  gr  9 

1052     |    0,505    |     10,32   |    68,85 


NaCI  =  Lösung  A. 
2  |     81,5    |      15,6    |       9,2    |    1077     |    0,573   |     10,60   |    11,01 

Na  Cl  =  Losung  B. 
3|     83,5    |     10,8    |       6,7    |     1074    |    0,560    |     10,85    |     7,64 


Na  Cl  =  Lösung  C. 
5,7     |       4,0    |     1067    |    0,561    |     11,18   |     4,06 


4  |     85,5 

Schon  bei  der  Lösung  C  wurden  jedoch  die  Elektroden 
so  ungleichartig,  dafs  es  nicht  möglich  war,  Lösungen  von 
gröfserer  Concentration  anzuwenden. 

Andere  Versuche  mit  Kochsalzlösungen  ergaben  ganz 
ähnliche  Zahlenwerthc. 

42.     Wurde  durch  einen  Apparat  von  derselben  Cou-% 
struetion  wie  der  eben  erwähnte   destillirtes  Wasser  und 
dann  ein  Gemisch  von  Alkohol  und  Wasser  geprefst,  so 
ergaben  die  Beobachtungen: 

d  es  3™,40      2  r  =  21»«,5. 


No.  1 

Zeit 

s 

o* 

P 

fit 

lerop. 

•r 

Destillir 

tes  Wasser. 

11 

h 

21        | 

71,7    | 

59,9    | 

mm                gr                     0 

1074     |    0,423    |       7,6     | 

50,72 

Alkohol  - 

Wasser. 

Spec.  Gew.  =0,9694. 

2 
3 
4 

23 

23,5 

24 

76,5 
78,3 
74,3 

67,5    | 
65,3 
64,5     | 

1051 
1076 
1061 

0,206 
0,249 
0,237 

7,6 
7,6 

55,30 
55,29 
53,25 

Alkohol - 

Wasser. 

Spec  Gew.  =0,9497. 

5 
6 

7 

25,25 
25,75 
26,25 

78,7 
78,2 
78,7 

77,0 
67,5 
78,6 

1072 
1054 
1071 

0,214 
0,210 

9,25 
9,32 

55,8 
56,36 

60 

Versuche  nach  der  Fechn  er' sehen  Methode  (§.  11),  wo 
die  elektromotorischen  Kräfte  zweier  Apparate  mit  Thondia- 
phragma  verglichen  wurden,  deren  einer  destillirtes  Wasser, 
deren  anderer  ein  Gemisch  von  Wasser  und  Alkohol  ent- 
hielt, ergaben  ebenfalls,  dafs  die  elektromotorische  Kraft 
durch  Zusatz  von  Alkohol  zum  Wasser  vergröfsert  wurde. 

43.  Während  durch  Zusatz  von  NaCl  zum  destillirten 
Wasser  die  Menge  der  durch  die  Thonwand  gegangenen 
Flüssigkeit  vergröfsert  zu  werden  scheint,  wird  sie  durch 
Zusatz  von  Alkohol  entschieden  verringert,  und  zwar,  wie 
die  Zahlen  der  vorstehenden  Tabelle  zeigen,  bedeutend  ver- 
ringert. Dabei  tritt  der  merkwürdige  Umstand  ein,  dafo 
die  durchgegangene  Flüssigkeit  eine  andere  Concentration 
als  die  ursprüngliche  hat,  und  mehr  Alkohol  enthält 

Es  mag  hier  eine  Beobachtungsreihe  folgen,  wo  die 
spec.  Gewichte  mittelst  eines  Alexander'schen  Hydrome- 
ters (Po gg.  Ann.  Bd.  LXX,  S.  137)  bestimmt  wurden.  Mit 
destillirtem  Wasser  verdünnter  Alkohol  wurde  in  einen 
neuen  mit  destillirtem  Wasser  befeuchteten  Cylinder  aus 
gebranntem  Thon  gefüllt,  in  welchen  eine  Glasglocke  ge- 
kittet war.  Die  Luft  in  der  Glasglocke  wurde  mittelst  einer 
Druckpumpe  comprimirt,  die  an  den  Wänden  des  Cylinders 
ablaufende  Flüssigkeit  in  einem  Becherglas  aufgefangen  und 
das  spec.  Gewicht  sofort  bestimmt. 

Der  angewandte  Alkohol  hatte  ein  spec.  Gew.  =  0,96604, 
die  durchgegangenen  Flüssigkeitsportionen  der  Reihe  nach 


1. 

0,97205 

2. 

0,96695 

3. 

0,96505 

4. 

0,96500 

5. 

0,96518 

6. 

0,91421 

während  die  im  Thoncylinder  zurückgebliebene  Flüssigkeit 
das  spec.  Gew.  0,96988  zeigte. 

Diese  Beobachtungen  stimmen  ganz  mit  denen  von  Wa- 
genmann '),  der  fand,  dafs  wenn  man  mit  Wasser  ver- 

1)  Pogg.  Ann.  Bd.  XXIV,  S.  600. 


lief 


dünnten  Kartuffclbranntwciu  durch  Ouarzsand  fillrirl.  zuerst 
reines  Wasser  abiliefst,  dann  Wasser  mit  Weingeisl,  seines 
Fuselöls  beraubt,  und  schlicfslich  das  unveränderte  Gemisch. 
Ebenso  ist  nach  demselben  Beobachter  die  durchgelaufene 
Flüssigkeit  fast  alfer  Saure  beraubt,  wenn  man  Essig  durcli 
Quarzsand   filtrirt. 

Indem  also  die  porösen  Körper  die  einzelucn  SHurc- 
oder  Salzllicilclien  zurückhallen,  wird  die  Flüssigkeit  in  den 
Poren  derselben  eine  ganz  andere  Conccntration  und  Zu- 
sammensetzung haben,  als  außerhalb;  die  Wände  der  Poren 
werden  mit  einer  dünnen  Schicht  einer  concentrirten  Lo- 
sung bekleidet  seyu,  und  die  Flüssigkeit  wird  nicht  mehr 
durch  Rühren  von  der  Substanz  des  angewandten  Körpers, 
sondern  von  der  Natur  ihrer  eigeneu  Bestandteile  fließen. 
Dabei  wird,  wenn  das  Wasser  auch  nur  wenig  SalzthciU 
i-ln'ii  enthalt,  diese  Aeuderung  der  Wandung  doch  sehr 
merklich  werden,  sobald  die  Flüssigkeil  lange  genug  durch 
dn~ Diaphragma  hindurchströml.  Möglich  ist  es  also  auch, 
dafs  hierin  der  Grund  der  Abnahme  der  elektrornolorischcn 
Kraft  der  Diaphragmaapparate  liegt,  sowie  die  Verschieden- 
heit der  durchgegangenen  Flüssigkeitsmengen,  indem  sich  die 
Reibung  an  den  Wanden  der  capillaren  Rühren  des  Dia- 
phragmas ändert. 

Der  Thon   scheint    ebenfalls    auf  Wasser   eine    gröfserc 
Anziehungskraft  auszuüben  wie  auf  den  Alkohol,  indem  er 
das  Wasser  aus  der  durchströmenden  Flüssigkeit  mit  grofscr 
gierde   aufsaugt,   und    eine  coucentrirterc  Alkohollösung 
wogt. 

Der  ganze  Vorgang  wird  aber  durch  diese  Verhältnisse 
so  complicirt,  dafs  mau  eigentlich  in  vollkommener  l.'nkenul- 
nils  über  die  Bedingungen  bleibt,  unter  denen  die  Flüssig- 
keiten durch  die  poröse  Wand  hindurchgehen,  und  eine 
weitere  Verfolgung  dieses  Gegenstandes  zunächst  ganz  an- 
dere Dinge  festzustellen  hat,  als  die  Grüfse  der  dabei  auf- 
tretenden  elektromotorischen   Kräfte. 

Ich  übergehe  deshalb  auch  hier  die  anderen  Beob- 

tungeu  über  deu  Einilufs,  den  der  Zusatz  fremder  Stoffe 


62 

zum  destillirten  Wasser  auf  die  Gröfse  der  elektrotnotori- 
sehen  Kraft  ausübt,  und  will  nur  noch  eine  Beobachtung** 
reihe  anführen,  wo  die  Platte  aus  stark  verglühter  Porcel- 
ktnmasse  mit  Terpenthinöl  getränkt  war,  ehe  destillirtes 
Wasser  durch  dieselbe  hindurchgeprefist  wurde.  Es  scheint 
diefs  in  sofern  von  Interesse  zu  seyn,  als  Faraday  (vergl. 
§.  24)  gefunden  hat,  dafs  bei  Reibung  von  WassertBeilchen, 
die  Terpenthin  enthalten,  gegen  feste  Körper,  diese  letzteren 
positiv  elektrisch  werden,  also  die  entgegengesetzte  Elektri- 
cität  annehmen,  als  wenn  man  reines  Wasser  anwendet. 
Die  folgende  Tafel  giebt  die  Beobachtungen 


rf= 

=  3,172— 

2r  = 

21™. 

No. 

Zeit 

t 

a 

* 

V 

m 

"Temp. 

«r 

h 

nun 

.  &' 

* 

• 

1 

0,5 

25,2 

46,4 

1078 

0,244 

11,05 

17,8 

2 

0,6 

40,7 

34,8 

1078 

28,7 

3 

1 

39,9 

39,9 

1070 

0,262 

10,83 

28,3 

4 

3 

46,3 

43,8 

1080 

0,229 

9,9 

32,6 

5 

5 

40,6 

47,5 

1073 

0.256 

10,03 

28,8 

6 

21,5 

50,12 

51,6 

1065 

0,220 

7,94 

35,8 

21 

71,7 

59,9 

1074 

0,423 

7,6 

50,72 

Die  letzte  Zeile  enthält  der  Vergleichung  wegen  die 
Beobachtungen  an  einem  ganz  ähnlichen  Apparate  aus  No.  1 
der  Tabelle  in  §.  42,  wo  das  Diaphragma  aus  Porcellan- 
masse  nicht  mit  Terpenthinöl  getränkt  worden  war,  eben- 
falls 21h  nach  Füllung  des  Apparates. 

Wegen  der  Verstopfung  der  Poren  des  Diaphragmas 
mit  Terpenthinöl  ist  die  durchgegangene  Flüssigkeitsmenge 
geringer,  die  elektromotorische  Kraft  ist  jedoch  kleiner  aber 
von  derselben  Richtung  wie  bei  destillirtem  Wasser.  Der 
Widerstand  des  Apparates  ist  nichtsvdesto  weniger  kleiner, 
als  der  des  Apparates  in  §.  42,  wie  eine  Vergleichung  der 
Werthe  von  er,  sowie  der  elektromotorischen  Kräfte  ergiebt, 
und  es  wäre  daher  wohl  möglich,  dafs  ein  geringer  Gehalt 
an  Ameisensäure  der  Grund  dieser  Verringerung  der  elek- 
tromotorischen Kraft  durch  Zusatz  von  Terpenthinöl  ist, 
indem  das  letztere  fast  immer  Spuren  dieser  Säure  enthält '), 

1)  Low  ig,  Chemie  der  organischen  Verbindungen,  Bd.  II,  S.  993. 


tiäi 


und  schon  sehr  geringe  Mengen  Säure  hinreichen  die  elek- 
tromotorische Kraft  zu  verkleinern.  Ist  diese  Erklärung 
richtig,  so  würde  das  Terpenthinöl  eich  so  gut  wie  indiffe- 
rent gegen  die  Elektricitätserregung  bei  dem  Durchströmen 
des  destillirtcu  Wassers  verhallen 

45.  Es  würde  aus  diesen  Erscheinungen  folgen,  wie 
ich  schon  an  einem  anderen  Orte  ')  bemerkt  habe,  dnfs 
ein  galvanischer  Strom,  der  Flüssigkeit  durch  eine  poröse 
Thonwand  hindurchführt,  sich  verstärken  mufs. 

Ich  habe  diesen  Schlufs  bei  Thon  und  dcstilürlem  Was- 
ser durch  Verstiche  zu  prüfen  gesucht.  Der  Strom  eines 
Grove'schen  Elementes  wurde  durch  einen  Apparat  von 
der  Fig.  I,  angegebenen  Form,  und  den  Spicgelmulliplicator 
geleitet:  die  Empfindlichkeit  des  letzteren  wurde  durch  eine 
Nebenschliefsung  so  rcguürt,  dafs  die  Ablenkuug  etwa  4DU 
Scalcntheilc  betrug.  Mittelst  eiues  Korkes  oder  eines  Ven- 
tils (Fig.  9  Taf.  I)  konnte  das  Durchströmen  verhindert 
werden.  Ich  beobachtete  dann  eine  Zunahme  oder  Ab- 
nahme der  Slromintcnsität  von  0,5  bis  1  Scaleutheil,  wenn 
die  Flüssigkeilsslrömung  begann  oder  aufhörte,  doch  halte 
ich  diese  Versuche  nicht  für  vollständig  beweisend,  da  die 
Polarisation  der  Platin  elektiodeu  eiu  fortwährendes  Schwan- 
ken der  Stromintensität  bedingt,  welches  durch  zufällige 
Erschütterungen  noch  erhöht  wird.  Es  möchte  aus  diesem 
Grunde  unmöglich  seyn,  diese  Frage  durch  den  Versuch 
mit  Sicherheit  zu  entscheiden. 

40.  Ich  habe  schließlich  noch  versucht  mit  Benutzung 
er  hiesigen  Wasserleitung  einen  elektrischen  Strom  herzu 
■Neu.  da  die  grofseu  elektromotorischen  Kräfte  hoffen  lie- 
fsen,  Ströme  von  praktischer  Anwendbarkeit  zu  erhalten. 
Umstehende  Figur  stellt  den  benutzten  Apparat  im  Sechstel 
der  natürlichen  Gröfse  dar. 

Ein  King  R  von  100"""  lichtem  Durchmesser,  4ümm  Höhe 
und  20n,n'  Wanddicke  aus  unglasirter,  jedoch  gaar  gebrann- 
ter Porcellanmasse  ist  oben  durch  2  Platten  P  und  l"  aus 
demselben  Stoffe  verschlossen,  welche  durch  2  wursl  form  ige 

1)   HaoMiUrübe  der  Btrl.   Aoduuie,    -'S.   Ori.    1858. 


Kautschuckringe  r  von 
dem  Porccllanringe  R  ge- 
trennt sind.  Die  Kaut- 
schuckringe r  liegen  in 
2  halbkreisförmig  in  den 
Porcellanring  R  einge- 
drehten Ausschnitten.  Die 
Platten  P  und  P1  werden 
durch3  eiserne  Schrauben 
t  und  messingne  Schrau- 
benmuttern mit  unterge- 
legten Lederplatten  zu- 
sammen geprefst.  '       Die 

Platte  F  ist  siebförmig  durchlöchert,  während  P  nur  in  der 
Mitte  eine  gröbere  Oeffnung  hat,  in  welche  ein  Messingrohr 
eingekittet  ist.  Der  Ring  R  wird  mit  Sehwefclblumen  gefüllt, 
während  2  Stücke  Seidewand,  die  die  Kauüschuck  ringe  von 
den  Platten  P  und  P  trennen ,  das  Fortführen  der  porösen 
Substanz  verhindern,  und  zu  gleicher  Zeit  dieselbe  von  aus 
Piatindraht  gehäkelten  Elektroden  trennen.  Zwei  dünne  Pla- 
tindrähte p  und  p'  gehen  zwischen  den  Porccllanplatten  und 
den  Kautschuckringen  von  diesen  Elektroden  nach  aufsen 
und  leiten  den  elektrischen  Strom  zum  Multiplicator. 

An  dem  Messingrobre  der  oberen  Platte  befindet  sich  ein 
Schlauch  K  aus  Kautscbuck  nnd  Hanf,  der  vor  den  Hahn  der 
Wasserleitung  geschraubt  werden  kann,  durch  welchen  das 
Wasser  in  das  Messingrohr  gelangt,  und  durch  die  Poren  der 
Bergelektrode  in  das  Schwefeidiaphragma  eintritt,  um  durch 
die  Löcher  der  Thalelektrode  und  der  Platte  P  abzufliefsen. 

Hr.  W.  Siemeng  gestattete  mir  gütigst  die  Versuche 
in  seiner  Fabrik  auszuführen,  wo  zugleich  der  Druck,  unter 
dem  das  Wasser  bei  dem  Eintritt  in  den  Apparat  stand,  und 
die  durchgeflossene  Wassermenge  bestimmt  werden  konnten. 

Es  zeigten  sich  nun  bei  einem  Drucke  von  etwa  2J  At- 
mosphären und  einem  stündlichen  Verbrauche  von  6  Cu- 
bikfufs  Wasser  nur  schwache  elektrische  Ströme,  so  dafs 
an  eine  praktische  Anwendung  derselben  gar  nicht  zu  den- 


65 


ken  ist.  Der  Grund  liegt  wohl  in  «lein  Salzgehalt  des  "Was- 
sers der  hiesigen  Wasserleitung  und  darin,  dafs  es  immer 
etwas  Eisenrost  aus  der  Röhrenlcilung  enthält.  Möglich 
bleibt  es  also  immerhin,  dafs  reineres  Wasser,  wie  es  z.  B. 
in  Berggegenden  vorkommt,  günstigere  Resultate  giebl. 

Die  Polarisation  brachte  dabei  die  Ablenkung  sehr  bald 
auf  0",  und  wird  sich  auch  wohl  durch  Vermehrung  der 
durchgeflossenen  Wassennengcn  nicht  vermindern  lassen. 
Die  Stromstärke  war  nicht  merklich  geändert,  nachdem  das 
Wasser  i  Tage  lang  durch  den  Apparat  geflossen  war,  theil- 
weisc  ohne  dafs  die  Platinelektroden  in  metallischer  Ver- 
bindung gewesen  waren. 

Ein  Apparat,  der  statt  Schwcfclblumen  Quarzsaud  ent- 
hielt, gab  nuch  schwächere  Ströme   und  im  übrigen  diesel- 

i  Resultate. 
Berlin,  den  18.  April   1861). 


IV.     Zur  Theorie  des  Sehens1); 
fon  Dr.  F.  e,  Recklinghausen. 


)cr  Act  des  Sehens  besieht  nicht  blofs  darin,  dafs  die 
Veränderungen  der  Licht  percipireiiden  Netzhautclemente 
(der  Stäbchen)  zum  flewufstseyn  _kommen,  sondern  dafs 
gleichzeitig  Ursachen  dieser  Veränderungen  nach  ganz  be- 
stimmten Richtungslinien  in  der  Aufsenwelt  aufgesucht 
werden.     Beide  Theile  des  Sehactes  sind  so  innig  mit  cin- 

I  ander  verschmolzen,  dafs  sogar  Gesichtswahrnehmungen, 
welche  nicht  durch  optische  Erscheinungen  vcranlafst  wer- 
den, elektrische,  subjeetive  etc.,  ohne  eine  solche  Lokair- 
saüou   nicht   existiren ,   dafs    also   eine   Trennung    letzterer 

t)  Die  njeufolfienden  Zeilen  lind"  im  Wejenltlenrn  ein  Auiiug  am  einem 
tönilKrterCll  \ofMii  in  »,  Gräfe'i  Archi»  Tür  Oplhslmologi«  Bd.  V, 
S.  127. 
Pofycmfer/Ti   Anotl.   Bd.  CK. 


66 

von  dem  Bewnfrtwerden  ab  durchaus  unstatthaft  tu  be- 
zeichnen  ist  » Ob  diese  innige  Verknüpfung  durch  unsere 
Organisation  gegeben  ist,  oder  erst  durch  die  Erfahrung 
gewonnen  wird,  soll  hier  nicht  erörtert  werden,  wir  wol- 
len uns  vielmehr  nur  mit  dem  Modus  jener  Lokalisatiou 
beschäftigen. 

Bekanntlich  hat  Volk  mann  den  Satz  aufgestellt,  dafe 
sich  die  geraden  Richtungslinien ,  auf  welchen  die  gesehe- 
nen Körper  aufgesucht  werden,  im  Auge  annähernd  sämmt- 
lich  in  einem  Punkte,  dem  sogenannten  Kreuzungspunkt 
der  Richtungsstrahlen,  schneiden,  jede  derselben  also  be- 
stimmt ist  durch' den  afficirten  Punkt  der  Retina  und  die- 
sen Kreuzungspunkt.  Letzterer  ist  gelegen  zwischen  den 
beiden  Helmholtz' sehen  Knotenpunkten  des  Auges,  also 
etwa  7"m  hinter  der  Hornhaut.  Die  Richtungslinien  dieser 
Lokalisation  fielen  somit  annähernd  zusammen  mit  den  Rich- 
tungsstrahlen der  von  unserem  Auge  aufgefangenen  Licht- 
kegel, aber  natürlich  nur  dann,  wenn  letztere  ungebro- 
chene, gerade  Linien  bilden.  Für  gewöhnlich  würde  also 
jede  Richtungslinie  der  Lokalisation  den  Licht  gebenden 
Punkt  im  Räume  treffen,* und  hieraus  sich  eine  volle  Iden- 
tität der  reellen  Form  und  Lage  eines  Objectes  mit  unse- 
rer Vorstellung  von  demselben  ergeben.  Eine  Abweichung 
würde  erst  eintreten  in  Fällen,  wo  die  optischen  Medien 
unseres  Auges  eine  Dislokation  der  Richtungsstrahlen  der 
Lichtkegel,  also  eine  Verzerrung  der  Bilder  veranlassen. 
Jene  Abweichung  müfste  aber  alsdann  mit  dieser  construir- 
baren  Verzerrung  übereinstimmen,  wenn  die  Richtungsli- 
nien der  Lokalisation  wirklich  die  angeführten  Eigenschaf- 
ten besäfsen.  Ich  habe  daher  die  beobachteten  Verzerrun- 
gen mit  den  berechneten  verglichen  und  bin  zu  folgenden 
Resultaten  gekommen. 


Die  Verbindungsgerade  der  Kreuzungspunkte  beider  Au- 
gen, die  Grundlinie  (2rf)  hat  «regen  der  geringen  Entfer- 
nung jener  von  den  Drehpunkten  bei  den  verschiedenen 
Augenstellungen  einen  nahezu  constanten  Werth  (bei  mir 


=  64"*).  Die  Ebene,  welche  durch  den  Fixationspuukl 
und  diese  Grundlinie  bestimmt  ist,  heifst  die  Visirebene, 
in  ihr  die  Verbindungslinie  des  Fi-\alinnspunkles  mit  dem 
Millelpnnkt  der  Grundlinie  die  Medianlinie  (f),  die  in  die- 
ser Linie  auf  der  Vjsircbeue  senkrechte  Ebene  die  Median- 
ebene und  endlich  der  Winkel  zwischen  der  Medianlinie 
und  der  Gcsiclitsbnie  eines  Auges  der  Concergenstcinkel  (<f\ 
Betrachtet  man  nun  mit  einem  Auge  ein  rechtwinkliges 
Kreuz  unter  scharfer  Fixation  seines  Mittelpunktes  in  den 
verschiedensten  Lagen  zur  Gesicbtslinie  aus  kleiner  Eutfer- 
nnng,  so  sieht  man  dasselbe  fast  in  keiner  Stellung  recht- 
winklig, sondern  neben  einer  schwachen  Krümmung  der 
Kreuzschenkel  in  ihren  excentrischen  Theilen  eine  ziemlich 
beträchtliche  Winkelverzichung.  Letztere  ist  der  Art,  dafs 
dem  rechten  Auge  allein,  wenn  die  Medianlinie  auf  der 
Ebene  des  Kreuzes  senkrecht  siebt,  der  Winkel  des  nach 
rechts  und  oben  gelegenen  Quadranten  grofser  als  9(1°  er- 
scheint; bei  dieser  Lage  des  Kreuzes  treten  rechte  Win- 
kel erst  auf,  wenn  man  es  um  seinen  Mittelpunkt  in  sei- 
ner Ebene  um  30 — 45"  dreht. 

Diese  Wiukclverzichung  würde  sich  nun  erklären  las-, 
i  aus  der  von  Helinhol(z')  nachgewieseneu  uiangel- 
aflen  Centrirung  des  Auges.  Eine  geradlinige  optische 
\o  wie  bei  optischen  Instrumenten  existirt  nicht.  Das 
.nalogon  derselben,  die  Gesichtslinie,  d.  h.  derjenige  Strahl 
im  Punkte  des  directen  Sehens  vereinigten  Strahlen- 
liischcls,  welcher  die  geringste  Abweichung  von  einer 
Geraden  zeigt,  trifft  die  Hornhaut  nicht  in  ihrem  Scheitel, 
sondern  in  einem  mehr  nach  der  Nase  gelegenen  Punkte. 
Da  nun  die  Hornhaut  nahezu  einem  Elüpsoid,  welches 
durch  Umdrehung  einer  Ellipse  um  die  grofse  Axe  erzeugt  ist, 
entspricht,  diese  Axe  aber  die  Linsenaxe  so  schneidet,  dafs 
der  KrUnimungsmiltelpunkt  des  Hornhautscheitels  auf  der  Na 
senseite  der  Linscnaxe  liegt,  so  kann  auch  der  Krümmungs- 
radius des  Eintrittspunktes  der  Gesichtslinic  nicht  mit  der 
Linsenaxc  zusammenfallen.  Hieraus  folgt  alsdann,  dafs  die 
1 )  Archi.  für  Optuh.lmologie  11.1.  1,  S.  2 


68 


Gesichtslinie  eine  Lage  zwischen  beiden  haben,  also  an  ih- 
rer Durchtrittstelle  auf  der  Hornhaut,  resp.  auf  der  Tan- 
gentialebene an  diesen  Punkt  nicht  senkrecht  stehen,  son- 
dern hier  eine  Brechung  erleiden  mufs.  Diese  Verhält- 
nisse werden  eine  Verziehung  der  obigen  Kreuzwinkel  in 
derselben  Weise  herbeiführen,  wie  eine  zur  Kreuzebene  ge- 
neigte planparallele  oder  prismatische  Glasplatte.  Berechnen 
wir  daher  die  Gröfse  der  Neigung,  welche  eine  zwischen 
Luft  und  Hornhautsubstanz  gelegene  Ebene  gegen  das  Kreuz, 
resp.  die  Gesichtslinie  haben  müfste,  um  jene  Verziehung 
darauf  allein  zurückzuführen,  so  wird  die  Constanz  der 
Werthe  für  verschiedene  Stellungen  des  Kreuzes  die  Rieh-' 
tigkeit  dieser  Rückführung  beweisen. 

Die  Gröfse  der  Verziehung  habe  ich  nuu  gemessen  mit- 
tels eines  Apparates,  an  dem  zwei'  100nun  hohe  Pappcyliü- 
der  über  einander  geschoben  sind,  von  denen  jeder  auf 
dem  Rande  einen  feinen  weifsen  Faden  genau  diametral 
eingespannt  trägt,  so  dafs  sich  durch  Gleiten  des  einen 
Cylindcrs  auf  dem  andern  ein  Kreuz  mit  beliebigen  Win« 
kein,  aber  constantem  Mittelpunkt  durch  die  Fäden  her- 
stellen läfst.  An  diesem  Kreuz  wird  nun  diejenige  Win- 
kelgröfse  beobachtet,  welche  erforderlich  ist,  um  rechte 
Winkel  wahrzunehmen.  Die  Messung  der  erforderlichen 
Abweichung  (ß)  von  90°  und  die  darnach  berechnete 
(s.  Note  1)  Gröfse  der  Schiefstellung  der  Ebene  (y)  ergab 
folgende  Werthe: 


/= 

80— 

90 

100 

110 

120 

130 

140 

150 

R 

3°  16' 
3°59' 
9°  21' 

2°  36' 
3°  5' 

8°  33' 

2°  8' 
2°  27' 
6°  57' 

1°50' 
2°  13' 
6°  29' 

1°  37' 
1°50' 
6°  13' 

1°  20' 
1°24' 
6°  40' 

1°  12' 

1°  ir 

6°  30' 

0«  58' 
0«  57' 
6«  40' 

Die  Rückführung  der  obigen  Verziehungen  auf  die 
Schiefstellung  der  Hornhaut  mufs  somit  als  sehr  berechtigt 
erscheinen  '). 

1)  Eine  Vergleichung  der  Werthe  von  y  mit  objeetiven  MeMungsreuiItft- 
ten  an  meinen  Augen  hoffe  ick  «pfter  liefern  su  können.     Die  Yerglet- 


Weiter  ergiebt  nun  noch  die  obige  Betrachtungsweise 
des  Kreuzes  eine  schwache  Verkrümmung  der  einzelnen 
Schenkel  und  zwar  kehrt  der  verticale  die  Couravität  nach 
atifscn,  der  horizontale  nach  oben.  Diese  Erscheinung  ent- 
sprich! der  angerührten  Thalsache,  dafs  die  Gesielilslinie 
die  Hornhaut  nicht  in  ihrem  Scheitelpunkt,  sondern  in 
einem  Punkt  durchbohrt,  welcher  naher  der  Nase  und  et- 
was nach  unten  zu  gelegen  ist.  Auch  die  Betrachtung  ei- 
nes Kreises  sowohl  bei  Fixation  seines  Centrums,  als  eines 
Peripheriepunktes  giebt  eine  der  Lage  des  Scheitelpunktes 
der  Kornea  entsprechende  Verzerrung. 

Mit  Hülfe  von  Prismen  und  Linsen  kann  man  durch 
■  entsprechende  Stellung  zu  den  angeführten  Figuren 
ganz  dieselben  Verziehungen  objeetiv  zur  Anschauung 
bringen. 

Wir  kommen  jetzt  zur  Feststellung  der  ßichtungslinicu 
der  Lokalisation   für   Netzhaulpunkle,    welche   nicht   in  so 
inmittelbarcr  Nähe   des  hinteren  Endpunktes  der  Gesichts- 
nie,   des  sogenannten  Punktes    des    directen   Sehens,  Bon- 
ern mehr  exceutrisch   liegen.     Leider   kann   man   hier  nur 
reuig  excenirische  Punkte  wählen,    da    die    aufseist  rasche 
nähme  der  Schärfe  der  Wahrnehmung  messende  Beob- 
itungcu   unmüglich   macht.      Ferner   ist    die   Berechnung 
on   Verzerrungen    durch    optische    Systeme    bei   Figuren, 
reiche  aufserhalb  der  optischen  Axe  derselben  gelegen  sind, 
zu  schwierig,   um   direct   diese  Verzerrung   mit   den  beob- 
achteten Objectcn    vergleichen    zu    können.     Es  uiufste  da- 
her der  Umweg  eingeschlagen  werden,  den  Theil  der  beob- 
achteten Verzerrung,    welcher   durch    die    Protection    allein 
veranlafst  wird,   zu  igoliren   und   diesen  mit   der  leicht  zu 
berechnenden  zu  vergleichen. 

Fixirt    man    mit    beiden   Augen    den   Mittelpunkt   eines 


i 


thang   .l.r.M-U,,,!   mit   d«   11  •■  1  mh  <>  1 1 

gegebenen  Gruden  <ler  W!n- 

kcl   iwudnn   Guiehlilimi   und   Borok.HU 

a,   wie   icli   IM   in   memei'  fru- 

bereu    Arbeit   ingffilbrl   habe,    beruht    mf 

tinem   Mifj'criliindnifi.    wel- 

che« eiuigc   liniiclwldigung  darin   finilcu   u 

lig,    data   mit  der   Aufjati   vun 

Heimholt  t   oirlil   iui   Disposition   itand, 

70 

rechtwinkligen  Kreuzes,  dessen  verticaler  Schenkel  in  der 
Medianebene  des  Körpers  sich  befindet,  und  verschiebt  auf 
letzterem  eine  Gerade  parallel  dem  horizontalen  Schenkel, 
so  kommt  man  bei  einigermaßen  geringer  Entfernung  der 
Kreuzebene  von  den  Augen  sehr  bald  zu  Stellungen,  wo 
stark  gekreuzte  Doppelbilder  jener  Geraden  auftreten,  zu- 
gleich bemerkt  man  eine  zunehmende  Krümmung  dersel- 
ben, mit  der  Concavität  nach  dem  fixirten  Punkt  gerichtet 
In  Fig.  I  Taf.  II  gehört  ED  dem  rechten,  FC  dem  lin- 
ken Auge  an.  Sperrt  man  nun  die  inneren  Netzhauthllften 
ab  (durch  Vorschieben  undurchsichtiger  Scheiben  von  au- 
fsen  her),  so  fallen  die  entsprechenden  Hälften  der  Geraden 
(BD  und  BF)  fort,  es  bleibt  der  Winkel  EBC;  bei  Ab- 
sperrung der  Bufseren  Netzhau thftlften  dagegen  (durch  Auf- 
setzen einer  undurchsichtigen  Scheidewand  auf  die  Nase) 
bleibt  ein  nach  oben  schauender  Winkel  FBD.  Bewegt 
mau  nun  die  Hälften  der  Geraden  um  den  Punkt  B  in  ei- 
ner Richtung,  welche  der  jedesmaligen  Dislocation  entge- 
gengesetzt ist,  so  kommt  man  tu  einer  Stellung {  wo  sie 
parallel  dem  horizontalen  Kreuzschcnkel  erscheinen.  Die 
hiernach  beobachteten  Winkel  a  und  ß  sind  das  Resultat 
1)  der  Protection,  herbeigeführt  durch  die  Neigung  der 
Kreuzebene  gegen  die  Tangentialebene  der  Netzhaut  im 
Punkt -des  directen  Sehens,  also  abhängig  vqxxl  L(p\  2)  der 
Verzerrung  durch  die  optischen  Begränzungsflächen  unseres 
Auges.  Beide  Momente  wirken  für  den  Winkel  FBD  in 
gleicher,  für  EBC  in  entgegengesetzter  Richtung,  den  Pro- 

jectionseffect  allein  bekomme  ich  also  als  a—^.   Die  Wir- 

kung  des  zweiten  Moments,  a~~-,  kann  ich  alsdann  noch 

kontrolliren  durch  Beobachtungen  bei   einer  Stellung,   wo 
qp  =  0°,  d.  h.  die  Protection  unwirksam  ist. 

Die  nach  diesen  Methoden  erhaltenen  Resultate  erga- 
ben, dafs  für  das  Bereich  des  deutlichen  Sehens  (d.  h.  für 
die  Punkte  eines  auf  der  Netzhaut  um  den  Fufspunkt  der 
Gesichtslinie  mit  einem  Radius,  vou    höchstens    2,5*"    ge- 


schlage  neu  Kreises)  die  Annahme  eines  einzigen  Kreuzungs- 
punliles  der  Richtung  slinien  zuzulassen  ist.  Für  die  noch  mehr 
eicentriscli  gelegenen  Punkte  ergaben   sich  Abweichungen; 

loch  bin  ich  auiser  Staude  anzugeben,  wie  weit  sie  auf 
der  sich  liier  ergebenden  Uugenauigkeit  der  Hcobachtun- 
oder  auf  der  Unregelmäßigkeit  der  Hornhautlläche  be- 

uIm.'h,  ob  sie  daherzu  der  Annahme  mehrerer  Kreuzungs- 

miikte  berechtigen. 


Weiter  stellt  sich  nun  die  Frage:  In  welchen  Puukl 
■  Riclilungslinieu  verlegen  wir  einen  Gesichlseindruck? 
Hier  mufs  ich  einige  einleitende  Bemerkungen  voraus- 
schicken. 

Bekanntlich  ordnet  man  sich  die  Netzhaut  punkte  in  Me- 
ridiane (Trenn ungsliuien  Rütc's),  indem  man  den  Punkt 
des  direclen  Sehens  als  Pol  auffaßt,  Jeder  Punkt  in  einem 
Auge  hat  einen  sogenannten  identischen  Punkt  im  anderen. 
.).  li.  einen  Punkt,  dessen  Erregung  in  unserem  BcwufsL 
»eyn  mit  der  des  anderen  zu  einem  einzigen  Eindruck  ver- 
schmolzen wird.  Hinsichtlich  der  Lagerung  derselben  ist 
bekannt,  dafs  im  Allgemeinen  die  rechte  Hälfte  der  einen 
Netzhaut  der  rechten  der  andern,  die  linke  der  linken  ent- 
spricht. Ferner  exisliren  identische  Meridiane,  welche  bei 
einer  gewissen  Augeustellun'g,  den  Primärstellungen  (d.  h. 
beim  Blick  mit  parallelen  Gcsichtslinien)  im  Baume  parallel 
stehen,  bei  den  Sekundärstellungen  (d.  h.  bei  einer  Nei- 
gung der  Visirebene  um  35"  unter  der  Horizontalebene 
des  Kopfes  und  beliebiger  Convcrgenz  der  Gesichtslinien ) 
so  gelagert  sind,  dal's  die  horizontalen  Meridiane  sich  uoeb 
in  der  Visirebene  befinden;  bei  allen  übrigen  Stellungen 
»ber,  deu  sogenannten  Tertidrsleltungen,  welche  mit  einer 
Baddrehuug  des  Auges  um  die  Gesichlslinie  als  Aue  ver- 
bunden sind,  treten  die  horizontalen  Meridiane  iu  entgegen- 
setzter Richtung  aus  der  Visirebene  und  zwar  bei  Fixa- 
.011    eines    Punktes    der  Mcdiaiiebene  oberhalb   —  35u   mit 


72 

ihren  inneren  Extremitäten  nach  oben,  unterhalb  —35°  nach 
unten  aus  (Meifsner)  '). 

Diese  identischen  Meridiane  geben  uns  nur  einen  Ort 
für  die  Lage  der  identischen  Punkte,  die  Auffindung  eines 
zweiten  wird  sie  vollständig  bestimmen.  Untersuchen  wir" 
nun  >  ob  nicht  den  '  zweiten  Ort  der  identischen  Punkte 
Kreise  bilden ,  welche  mit  gleichen  Radien  um  die  Punkte 
des  directen  Sehens  geschlagen  sind.  Die  Richtungsstrahlen 
je  eines  solchen  Kreises  würden  den  Mantel  eines  geraden^ 
Doppelkegels  bilden  und  auf  einer  Ebene,  welche  im  Fi- 
xationspunkt  auf  der  Medianlinie  des  Körpers  senkrecht, 
also  zur  Axe  des  Kegels,  zur  Gesichtslinie,  geneigt  ist,  eine 
Ellipse  abschneiden;  die  beiden  Ellipsen  aber,  welche  durch 
die  Richtungskegel  zweier  identischen  Kreise  hergestellt 
werden,  mfifsten  sich  nicht  einander  decken,  sondern  in 
der  Richtung  der  grofsen  Axe  so  über  einander  geschoben 
seyn ,  dafs  in  Fig.  2  Taf.  II  die  Ellipse  mit  der  grofsen  Axe 
BC  dem  rechten,  die  mit  DE  dem  linken  Auge  angehören 
und  die  im  Fixationspunkt  A  errichtete  Senkrechte  FG  jede 
in  zwei  Theile  theilen  würde,  von  denen  der  kleinere  je 
der  inneren,  der  gröfsere  je  der  äufseren  Netzhauthälfte 
entspräche.  Ist  diese  Lagerungsweise  der  identischen  Punkte 
wirklich  vorhanden,  so  mufs  ein  reeller  Kreis  mit  dem 
Durchmesser  FG,  welcher  in  einer  Stellung  senkrecht  auf 
der  Medianlinie  mit  seinem  Mittelpunkt  beobachtet  wird, 
zwei  jenen  Ellipsen  ähnliche,  aber  in  entgegengesetzter  Rich- 
tung über  einander  geschobene  Doppelbilder  darbieten; 
ferner  müssen  zwei  gleiche  Kreise,  von  denen  jeder  auf 
der  Gesichtslinie  annähernd  senkrecht  steht,  zu  einem  Kreise 
verschmolzen  werden,  da  bei  dieser  Stellung  die  Ursache 
jener  Verziehung,  die  Protection,  aufgehoben  wird.  Das 
Erstere  ist  ziemlich  leicht  zu  constatiren,  das  Zweite  aber 
einer  genauen  Experimentation  nicht  zugänglich,  da  die 
unwillkührliehe  Verrückung  des  Fixationspunktes,  wie  wir 
sie  weiter  unten  noch  kennen  lernen  werden,  eine  scharfe 
Beobachtung  von  Doppelbildern  und  derogemäfs  eine  scharfe 

1 )  Beil  rage  zur  Physiologie  de«  Sehorgans. 


Messung  der  erforderlicheu  Stellung  der  gleichen  Kreise  ver- 
hindert. Ein  kleiner  Umweg  führt  hier  zum  Ziele.  Da 
wir  Langendiineusionen  iu  allen  Meridianen  schätzen  nach 
der  Gröfse  der  von  den  Bildern  bedeckten  Netzhautstrecke, 
also  A F  gleich  AB  gleich  AC,  so  mufs  bei  Absperrung 
der  inneren  Nclzhauthälften  (der  Tbeilc  AD  und  AC)  der 
reelle  Kreis  AF  in  horizontaler  Richtung  bedeutend  zusam- 
mengeschoben, bei  Absperrung  der  äufsereu  Netzliautliälf- 
Un  (AB  und  .1  £,'",,  wenn  die  Verschiebung  der  Ellipsen 
hiurcichend  grofs,  horizontal  verlängert  erscheinen.  Dieses 
ündet  wirklich  statt,  zugleich  nimmt  man  wahr,  dafs  die  F 
und  G  zunächst  gelegenen  Theile  des  Kreises  nicht  eine 
continuirlichc  Curve,  sondern  einen  Winkel  bilden,  wie 
es  die  Figur  leicht  begreifen  lüfst.  Weiter  mufs  der  Kreis 
bei  einer  Knickung  seiner  Ebene  in  der  Linie  FG  als  eiu 
Kreis  erscheinen,  sobald  jede  Hälfte  auf  der  Gesichtsliuie 
im  Fixalionspunkl  senkrecht  steht;  die  hierzu  erforderlichen 
Flächcnwiukel  müssen  bei  Absperrung  der  SuCscren  Netz- 
haulhälften  die  Convexität,  bei  Absperrung  der  inneren 
die  Concavität  dem  Beobachter  zukehren,  stets  aber  2ep 
zu  180"  suppliren.  Die  Identität  der  bei  beiden  Modi  für 
dasselbe  tf  erforderlichen  Winkel  ergiebt  alsdann  einen 
Scblufs  auf  die  Lagerung  der  identischen  Punkte. 

i 


/= 

70 

80 

n 

100 

120 

150 

las 

200 

=     Hälften 

130" 

137« 

Hl" 

145° 

147" 

151« 

161* 

167" 

Ti.  ;.ur»r.. 

<      BiftttB 

J29° 

137* 

140° 

m* 

148' 

ISO*  -2.f 

131* 

136° 

141° 

146« 

150« 

156» 

159- 

102° 

Hiernach  ist  folgender  Satz  erwiesen:  die  identischen 
Nelzktiul punkte  sind  bestimmt  1)  durch  die  identischen  (in 
den  Sekundarskllungeu  um  gleiche  Winkel  gegen  die  Vi- 
nrebene  geneigten)  Meridiane  und  2)  durch  die  identischen 
(um   die   beiden  Punkte   des  directen  Sehens   mit   gleichen 


74 

Radien  geschlagenen)  Kreise.    Beide  Netzhäute  sind  con- 
gruent,  nicht  symmetrisch« 

Es  wird  uns  nun  leicht  seyn,  die  Punkte  des  Raumes 
aufzusuchen,  deren  Richtungsstrahlen  bei  einer  bestimmten 
Fixation  identische  Punkte  treffen,  also  nur  einen  einzigen 
Eindruck,  d.  i.  keine  Doppelbilder  veranlassen.  In  einem 
solchen  Punkte  müfcten  sich  die  Richtungsliuien  zweier 
identischen  Punkte  schneiden,  hierzu  also  beide  Linien  in 
einer  Ebene  liegen*  Da  nun  bei  einer  Sekundärstellung 
beide  horizontalen  Meridiane  in  der  Visirebene  gelegen 
sind,  so  giebt  es  für  sämmtliche  identischen  Punkte  dersel- 
ben Durchschnittspunkte  ihrer  Richtungslinien,  und  zwar  ge- 
legen auf  einer  durch  den  Fixationspunkt  und  die  beiden 
Kreuzungspunkte  der  Richtungslinien  bestimmten  Kreislinie. 
J.  Müller.  Zur  Feststellung  der  Möglichkeit  solcher  Durch- 
schnittspunkte für  die  übrigen  Meridiane  stelle  Fig.  3  Taf.  II 
eine  Sekundärstellung  dar,  wo  K  und  K1  die  Kreuzungs- 
punkte, Z  und  X  die  Punkte  des  directen  Sehens,  S  T  und 
QR  die  in  der  Visirebene  AKK'  befindlichen  horizontalen 
Meridiane,  OP  und  MN  zwei  beliebige  identische,  also  um 
gleiche  Winkel  a  gegen  die  Visirebene  geneigte  Meridiane 
bezeichnen.  Sind  nun  MK  und  OK1  Richtungsstrahlen 
eines  und  desselben  Raumpunktes,  liegen  sie  also  mit  KK' 
in  einer  und  derselben  Ebene,  so  ergiebt  sich  das  Vcr- 
hältnifs  ihrer  Winkel  (£  und  £*)  mit  den  Gesichtslinien 
KZ  und  üTZ'  nach  der  Formel  (s.  Note  II): 

cotg  £'=  cotg  §  + 2tg<jp  cosa. 
Da  nun  nach  unserer  Feststellung  für  identische  Punkte 
£  =  £'  seyn  mufs,  so  kann  diese  Formel  nur  erfüllt  wer- 
den, wenn  (f  =  i)  oder  a==90°,  d.  h.  Durchschnittspuukte 
der  Richtungslinien  identischer  Netzhautpunkte  im  Räume 
existiren  für  alle  Netzhautpunkte  in  der  Primärstellung,  in 
den  Sekundärstellungen  nur  für  die  verticalen  und  hori- 
zontalen, endlich  in  den  Tertiärstellungen  nur  für  die  ver- 
ticalen Meridiane.    ,  • 

Der  Inbegriff  sämmtlicher  Punkte  des  Raumes,  welche 
ihre  Richtungsstrahlcn    in   identische    Netzhautpunkte   sich 


einsenken  lassen,  der  Horrapter,  bildet  daher  bei  einer 
Primärst  clluug  eine  Ebene,  bei  einer  Sekundärste! In ng  gicbt 
es  nur  eiue  senkrechte  gerade,  und  horizontale  k reis f Ur- 
in ige  Horopterlinie,  in  einer  Tertiärstellung  bleibt  nur  er- 
stere  übrig.  Eine  physiologische  Bedeutung  dieses  Horop- 
ters ist  nicht  bekannt. 

Wir  wollen  nun  nach  dieser  Feststellung  der  Lage  der 
identischen  Puuktc  Ebenen,  bestimmt  durch  die  Gesichts- 
linic  und  je  einen  Meridian,  Richtung sebenen  und  solche 
einander  zugehörige  in  beiden  Augen  identische  Bichtungs- 
ebeuen  nennen.  Bei  der  Fixation  irgend  eines  Punktes 
werden  sich  stets  je  zwei  identische  Bichtungscbenen  schnei- 
den, die  säuimtlicheii  geraden  Durchschnittslinien  derselben 
eine  nach  der  Augenstclluug  verschiedene,  aber  leicht  be- 
stimmbare Lage  zu  einander  haben.  Jeder  Punkt  dieser 
Durchschnittslhiien  timfs  sciue  Bilder  in  beiden  Augen  auf 
identische  Meridiane  werfen,  aber  nicht  auf  identische  Punkte, 
die  Dislocation  beider  Bilder  im  gemeinschaftlichen  Ge- 
sichtsfeld kann  somit  nur  in  der  Richtung  der  Durchschnitts- 
Ihnen  selbst  statt  finden.     Die  Doppelbilder  einer  geraden 

»Linie,  welche  in  dieser  Durchschnitt slinie  gelegen  ist,  müs- 
sen also  genau  über  einander  geschoben  erscheinen  und 
sieh  zum  Theil  decken,  ohne  dafs  eine  seitliche  Disloca- 
tion im  Geringsten  vorhanden  ist.  Die  sich  nicht  decken- 
den 'flink'  werden  nur  schwierig  zur  Wahrnehmung  kom- 
men können,  da  sie  einerseits  executrischen  Thcilen  der 
»Netzhaut  entsprechen,  andererseits  von  einem  nud  demsel- 
ben Object  herrühren.  Somit  wird  es  wahrscheinlich,  dafs 
wir  gerade  Linien,  welche  sich  in  der  erwähnten  Lage  be- 
finden, als  einfach  gesehene  auffassen  und  diese  Lage  von 
allen  übrigen  im  Baume  unterscheiden.  Da  wir  es  ferner 
hei  der  Betrachtung  von  Gegenständen  sehr  selten  mit 
Punkten,  dagegen  fast  stets  inil  geraden  Linien  zu  thun 
haben,  so  müssen  dcingemäfs  die  Durcbschnittslinicn  iden- 
tischer Bichtungscbenen  für  eine  solche  Betrachtung  einen 
gewissen  Werth  besitzen. 

Bezeichnen  in  Fig.  4   Taf.  II   K  und  K'   die  Kreuzuugs- 


76 

punkte  beider  Augen,  welche  in  einer  Tertiäretellmg  nach 
oben  einen  Punkt  (diesseits  der  Ebene  der  Zeichnung)  in 
der  Medianlinie  der  Art  firiren  mögen,  dafg  diese  auf  der 
Ebene  der  Zeichnung  in  M  senkrecht  steht,  so  werden  die 
(identischen)  verticalen  Richtungsebenen  letztere  in  KC 
und  K'  C  schneiden  und  diese  Durchschnittslinien  mit  ein- 
ander einen  Winkel  =2£,  gleich  dem  doppelten  Winkel 
der  Raddrehung  eines  jeden  Auges,  bilden.  Die  Richtungs- 
ebenen zweier  anderer  identischer  Meridiane,  welche  gegen 
die  verticalen  je  um  den  beliebigen  Winkel  a  geneigt  sind, 
werden  durch  die  Ebene  der  Zeichnung  in  Geraden  durch- 
treten, welche  annähernd  mit  KC  und  K'C  gleiche  Win- 
kel a  bilden;  KD  und  K'D  müssen  aber  alsdann,  da  noch 
LK'EC=KED,  ebenfalls  einen  Winkel  =2£  einschlie- 
fsen.  Die  Durchschnittspunkte  säinmtlicher  Durchschnitts- 
linien identischer  Richtungsebenen  mit  der  Ebene  KCK* 
liegen  also  auf  einer  Kreislinie,  bestimmt  durch  die  Grund- 
linie KK1  als  Sehne  und  den  Peripheriewinkel  2|.  Diese 
Kreislinie  ist  nun  offenbar  ein  Ort  der  Durchschnittslinien 
von  je  zwei  identischen  Richtungsebenen  im  Räume,  den 
zweiten  Ort  bildet  der  Fixationspunkt,  jene  Durchschnitts- 
linien bilden  somit  den  Mantel  eines  schiefen  kreisförmigen 
Doppelkegels,  dessen  Spitze  im  Fixationspunkt  gelegen ,  des- 
sen Höhe  gleich  der  Länge  der  Medianlinie  (f)  und  dessen 
Basis  durch  den  eben  bezeichneten  Kreis  gegeben  ist 

Lassen  wir  an  tinserm  Doppelkegelmantel  aus  später 
anzuführenden  Gründen  die  dem  Bogen  KC'K'  entsprechen- 
den Theile  unberücksichtigt,  so  bleiben  zwei  gekrümmte 
Flächen  übrig,  von  denen  bei  einer  Tertiärstellung  nach 
oben  die  oberhalb  der  Visirebene  gelegene  sich  jenseits 
einer  im  Fixationspunkt  auf  der  Visirebene  Seukrecfiten  er- 
strecken und  dem  Beobachter  ihre  Convexität  zukehren, 
während  die  unterhalb  der  Visirebene  befindliche,  diesseits 
jener  Senkrechten  gelegen,  mit  ihrer  Concavität  nach  dem 
Beobachter  schauen  wird.  Für  eine  Tertiärstellung  nach 
unten  mufs  das  Entgegengesetzte  stattfinden;  die  oberhalb 
der  Visirebene  gelegene  Fläche  mufs  diesseits  jener  Senk- 


77 


I rechten  ihre  Concavität,  die  unterhalb  jenseits  der  Senk- 
rechten ihre  Convexität  dem  Beobachter  zuwenden.  Da 
der  Winkel  der  Raddrchung  abnimmt,  je  mehr  mau  sich 
der  Sekundärstellung  nähert,  so  uiufs  hiermit  auch  die 
Stärke  der  Krümmung,  wie  die  Abweichung  von  der  Ver- 
tieakn  abnehmen;  endlich  in  der  Sekundär  Stellung  selbst 
die  Fläche  der  DurchsehnUtslinien  eine  Ebene  seyn ,  welche 
auf  der  Medianlinie  im  Fixationspunkt  senkrecht  steht. 

Betrachtet  man  nun  einen  Stern,  dessen  Strahlen  in 
einer  Ebene  liegen,  mit  scharfer  Fixation  seines  Mittelpunk- 
tes in  einer  Tertiärstellung  nach  oben,  so  scheinen  die 
»oberhalb  der  Horizontalen  gelegenen  Halbstrahlen  eine  con- 
cave,  die  unterhalb  gelegenen  eine  convexe  Fläche  zu  bil- 
den; führt  man  den  Stern  in  eine  Sekundärstejlung,  so  er- 
scheint er  eben;  führt  man  ihn  hierauf  in  eine  Tertiärstel- 
lung  nach  unten,  so  bilden  die  Halbstrahlen  Über  der  Ho- 
rizontalen eine  convexe,  die  unterhalb  gelegeneu  eine  cou- 
cave  Fläche.  Steht  hierbei  die  Medianlinie  auf  der  Ebene 
des  Sterns  senkrecht,  so  erscheint  der  verticale  obere  Haub- 
strahl bei  einer  TertiärstcIIung  nach  oben  dem  Beobachter 
tzu-,  bei  einer  Tertiärstellung  nach  unleu  von  dem  Beob- 
achter abgeneigt  Neigt  man  den  Stern  gegen  die  Visir- 
ebenc  um  die  horizontalen  Halbstrahlcn,  so  bleiben  die 
Verkrümmungen  in  gleicher  Weise  fortbestehen.  Biegt 
man  dagegen  die  Halbstrahlcn  im  Mittelpunkt  zu  dieser 
Dislokation  in  entgegengesetzter  Richtung,  so  kann  man  eine 
scheinbare  Ebene  herbeiführen  und  zwar  bei  einer  Ter- 
tiärste! lung  nach  oben  durch  Producirung  einer  oberliatb 
der  Horizontalen  convexen,  unterhalb  derselben  coneaveu 
Flüche;  umgekehrt  für  eine  Tertiärste! long  nach  unten. 
Wir  sehen  also  einen  Stern  eben,  wenn  wir  die  Strahlen 
eine  jener  Fläche  der  Durehschnitlslinien  ähnliche  Fläche 
einnehmen  lassen,  ferner  einen  ebenen  Stern  eine  Disloca- 
tion  in  entgegengesetzter  Richtung  darbieten. 

Befestigt   man   auf  einem   geraden,   dünnen  Stab 
anderen  senkrecht  und  dreht  erstefen  um  letzteren  als  Axe 
während   einer   Fixation   des  Fufspunkles  in  einer  *t«rt5äx- 


■* 


78 

Stellung,  so  -beobachtet  man  eine  3er  obigen  Verziehung 
des  ebenen  Sternes  entsprechende  Dislocation  des  gedreh- 
ten Stabes,  besonders  dann,  wenn  die  Axe  sich  in  der 
Verlängerung  der  Medianlinie  befindet 

Dieses  Experiment  führt  zur  Nachweisung  der  Identität 
der  construirten  und  der  beobachteten  Flächen.  Ein  star- 
ker Holzständer  AB  (Fig.  5  Taf.  II),  senkrecht  auf  dem 
viereckigen  Fufsbrett,  trägt  eine  senkrechte  Durchbohrung, 
in  welcher  sich  die  starke  Eisenstange  D  C  mit  Angabe  ih- 
rer Drehung  an  einer  in  D  angebrachten  Kreistheilung  dre- 
hen läfst,  die  dünne  Drahtstange  EF  ist  in  C  mittelst  eines 
Charniergelenks,  also  nur  beweglich  in  der  Ebene  DEF, 
angebracht,  schwarz  angestrichen  und  auf  ihr  ein  feiner 
weifeer  Faden  der  Länge  nach  ausgespannt  Der  ganze 
Apparat  wird  durch  Neigung  des  Fulsbrettes  gegen  den  Ho- 
rizont in  eine  solche  Lage  gebracht,  dafs  ich  C  in  einer 
starken  Tertiärstcllung  nach  oben  bequem  fixiren  kann  und 
der  Neigungswinkel  des  Apparates  genau  mit  der  Erhe- 
bung meiner  Visirebene  über  die  Horizontalebene  des  Kop- 
fes tibereinstimmt;  hierzu  müssen  sich  D C  genau  in  der  Ver- 
längerungslinie der  Medianlinie,  ihre  Doppelbilder  in  der 
Visirebene  befinden.  Der  Stab  EF  wird  in  eine  solche 
Lage  gebracht,  dafs  er  senkrecht  auf  der  Medianlinie  er- 
scheint, die  Messung  des  Winkels  ECD(fi)  bei  verschie- 
denen Drehungswinkeln  um  die  Axe  CD  (v)  ergiebt  die 
gesuchte  Abweichung  von  der  auf  der  Medianlinie  senk- 
rechten Ebene.    (S.  d.  Note  III). 


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73*  44' 
73*  37' 

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«SS 

1 

©<g  So  Sg 
1+1+   0  + 

S.      'S      's 

80 

Die  Za8ammen8tellangen  der  Berechnungen  für  Ellipse 
und  Kreis  eirgicbt,  dafs  die  Annahme  einer  kreisförmigen 
Basis,  also  eine  sehr  einfache  Rechnung,  unseren  Anforde- 
rungen vollkommen  genügt  Was  nun  die  Beobachtungen 
betrifft,  so  können  die  Werthe,  wenn  v  70°  überschreitet, 
wegen  der  starken  Dislocation  und  der  Schwierigkeit  der 
Beobachtung  nicht  in  Betracht  kommen.  Die  übrigen  Un- 
terschiede zwischen  Beobachtung  und  Berechnung,  selbst 
die  von  6°  sind  zu  gering,  um  Zweifel  an  einer  fast  voll- 
ständigen Uebereinstimmung  der  berechneten  und  beobach- 
teten Flächen  zuzulassen. 

Hiernach  sind  also  folgende  Sätze  bewiesen :  Wir  sehen 
gerade  Linien  mit  beiden  Augen  nur  dann  senkrecht  auf 
der  Medianebene  unseres  Körpers,  wenn  sie  liegen  in  der 
Fläche  der  Durchschnittslinien  identischer  Richtungsebenen. 

Auf  diese  fläche,  für  welche  ich  den  Namen  Normal- 
fläche vorgeschlagen  habe,  beziehen  wir  nun  zufolge  des 
obigen  Experimentes  die  im  Raum  aufserhalb  derselben 
gelegenen  Punkte  mittelst  unserer  Hfllfsmittel  zur  Beurthei- 
lung  der  Tiefendistance.  Setzen  wir  letztere  nicht  in  Thätig- 
keit  oder  bieten  die  Objecte  uns  keine  Anhaltspunkte,  so  ver- 
legen wir  diese  einfach  in  die  Normalfläche.  Beobachtet  man 
vor  einem  dunklen  Hintergründe  drei  verschieden  farbige 
kleine  Objecte  A,  B,  C  in  der  Stellung  Fig.  6  Taf.  II  bei 
scharfer  Fixation  von  B,  so  nimmt  man  bei  Verrückung 
von  A  oder  C  eine  seitliche  lineare  Fortbewegung  ihrer 
Doppelbilder  wahr.  Eine  genaue  Betrachtung  ergiebt  aber 
ein  Fortrücken  derselben  auf  einer  und  derselben  Linie  ED; 
bei  einem  bestimmten  Gröfsenverhältnifs  von  AB,  BC  und 
f  deckt  sich  je  ein  Doppelbild  von  A  und  C,  sie  fallen 
sogar  vollkommen  in  einander.  Dieses  findet  statt,  wenn 
die  Bilder  von  A  und  C  möglichst  auf  identische  Netzhaut- 
punkte fallen.  Die  Beobachtung  der  hierzu  erforderlichen 
Gröfsen  von  AB,  BC  und  f  würde  sogar  zu  einer  Bestim- 
mung der  Normalflächen  führen,  wenn  man  nicht  zu  grofse 
Objecte  A  und  C  und  zu  wenig  excentrische  Netzhaut- 
punkte wählen  mtifste,  um  das  Decken  der  Doppelbilder 


unehmen.  Doch  ergaben  sich  bei  gleichbleibendes 
Gröfsen  von  AB  und  A C  in  Sekundär-  und  Terriärstel- 
lungen  Differenzen  von  f,  welche  mehrere  Centimcter  be- 
tragen. 

Die  oben  aufgeworfene  Frage  beantwortet  sich  also 
folgendennafsen :  Wir  lokalisiren  einen  Gesichlseindruch 
beim  Sehen  mit  zwei  Augen  auf  den  Richtung slinien  in  die 
Durchschnitts  punkte  derselben  mit  der  jeweiligen  Normair 
fläche,  wenn  Mittel  ;wr  Bearthetlung  der  Tiefe  fehlen:  im 
entgegengesetzten  Falle  in  Punkte  diesseits  oder  jenseits  der 
Normalfläche,  entsprechend  der  Gröfse  dieser  Mittel.  Beim 
Sehen  mit  einem  Auge  dient  wahrscheinlich  die  durch  die 
Erfahrung  bekannte*  NonnalÜäche  ebenfalls  zur  Norm. 


fenil 
rieh 


Betrachtung  führt  zu  der  weiteren  Frage:  Wel- 
ches sind  unsere  Mittel,  um  die  Objecfe  auf  die  Norinal- 
(lachen  zu  beziehen,  um  also  die  Tiefe  zu  beuriheilen? 

Bekanntlich  hat  Brücke1)  für  den  körperlichen  Ef- 
fect des  Stereoskops  die  Erklärung  gegeben,  dafe  er  be- 
ruhe auf  eiuer  Reihe  von  Veränderungen  des  Convergeuz- 
wmkcls  unserer  Gcsichtslinieu,  mittelst  dereu  wir  vorher 
existirende  Doppelbilder  zu  einfachen  machen  und  den  Oh- 
jeeten  dann  in  Bezug'  auf  früher  einfach  gesehene  eine  an- 
dere Tiefendislanz  im  Räume  anweisen.  Wir  würden  also 
bei  den  beiden  stereoskopischen  Bildern  Fig.  7  Taf.  II  in 
dem  gemeinschaftlichen  Bilde  zwischen  den  einander  cor- 
respoudirenden  Mittelpunkten  A  und  A'  und  zwei  anderen 
correspoiidirendcu  Punkten  B  und  B'  nur  dauu  eine  Tie- 
fendifferenz wahrnehmen,  wenn  BB'  ^.  AÄ.  Danu  müssen 
aber  folgende  Erscheinungen  einstellen: 

1)  Der  entgegengesetzte  körperliche  Effect  uiufs  eintre- 
wenu  wir  die  Zeichnungen  mit  einander  vertauschen. 
War  früher  BB ;>  AÄ ,  so  wird  es  jetzt  <  A Ä,  der  ent- 
sprechende Punkt  im  gemeinschaftlichen  Bilde  liegt  jetzt 
somit   diesseits   des  Mittelpunktes,   wenn   er  früher  jenseits 

I)   Maller'l   Arcln»   1841. 

■fr.  Ann.L  Bd.  CX. 


82 

lag.  Die  einfachen  stereoskopischen  Zeichnungen  lassen 
diesen  pseodoskopischen  Effect  leicht  hervortreten.  Dove1). 
Bei  den  complicirteren  treten  noch  die  übrigen  Mittel  zum 
körperlichen  Sehen  (besonders  Perspective  und  Beleuch- 
tung) mit  in  Thätigkeit  und  wirken  dieser  Pseudoskopie 
entgegen;  doch  lassen  freie  Gegenstände, « bei  denen  die 
Wirkung  letzterer  Mittel  fehlt  (auf  Zeichnungen  einer  Strafte 
z.  B.  eine  frei  hängende  Laterne)  nach  dem  Umtausch  der 
Bilder  ebenfalls  diese  Differenz  des  Effectes  wahrnehmen. 

2)  Verringern  oder  vermehren  wir  in  unseren  Zeich- 
nungen während  der  Beobachtung  die  relative  Differenz 
von  AÄ  und  BB\  so  werden  wir  successive  andere  Tie- 
fendistanzen, also  Bewegungserscheindngen  in  der  Tiefe 
bekommen.  Hiernach  erklären  sich  die  von  Dove*)  und 
Halske")  gemachten  Experimente.  Nimmt  man  zum  §te- 
reoskopircn  zwei  Kreise  mit  radiär  gestellten  Pfeilen  und 
dreht  dieselben  um  ihre  fixirten  Mittelpunkte  in  entgegen- 
gesetzter Richtung,  so  scheint  das  gemeinschaftliche  Bild  des 
Pfeiles  in  der  Medianebene  unseres  Körpers  zu  schwingen. 

3)  Die  gewöhnlichen  stereoskopischen  Zeichnungen  wer- 
den für  eine  Convergenzstellung  unserer  Augen  auf  einem 
fernen  Punkt  aufgenommen,  so  dafs  einer  Entfernung  cor- 
respondirender  Punkte  BB\  gröfcer  als  AA\  eine  Verklei- 
nerung des  Convergenzwinkels  entspricht,  also  dem  Punkte 
B  eine  gröfsere  Entfernung  als  A  zugemessen  wird,  wenn 
wir  das  gemeinschaftliche  Bild  durch  eine  Convergenzstel- 
lung auf  einen  Punkt  jenseits  der  Ebene  der  Zeichnungen 
produciren.  Rufen  wir  dagegen  durch  Einstellung  unserer 
Gesichtslinien  auf  einen  Punkt  diesseits  dieser  Ebene  ein 
gemeinschaftliches  Bild  hervor,  so  wird  dieselbe  Distanz 
BB  eine  Vergrößerung  des  Convergenzwinkels  im  Gegen- 
satz zu  AÄ  verlangen,  der  Punkt  B  also  näher  als  A  er- 
scheinen. Es  begreift  sich  daher,  dafs  wir  nach  dieser  zwei- 
ten Methode  einep  pseudoskopischen  Effect  wie  in  1 )  be- 

1 )  Po  gg.  Add.  Bd.  83,  S.  185. 

2)  I.  c.  and  106,  S.  655. 

3)  Po  gg.  Ann.  Bd.  100,  S.  657. 


83 

ieii,   den  richtigen    Eifert   aber  dann,    wenn   wir  die 

r  vertauschen. 

)  Stellen  wir  die  Bilder  auf  den  Kopf,  so  kann  in 
den  betrachteten  Verhältnissen  keine  Aeuderung  eintreten. 
Drehen  wir  dagegen  jedes  der  beiden  um  90"  nach  der- 
selben Richtung  um  seinen  Mittelpunkt,  so  mufs  der  ma- 
gische Effect  ganz  schwinden:  die  einander  zugehörigen 
Punkte  werden  jetzt  die  Lage  B„  B,  (Fig.  7  Taf.  II),  also 
noch  eine  verticale  Verschiebung  eingenommen  haben;  da 
wir  nun  nicht  die  Fähigkeit  besitzen,  verticale  Doppelbil- 
der zu  vereinigen,  so  fehlt  uns  das  früher  angewandte  Mit- 
tel zur  Iteurtheilung  der  Tiefe.  Auch  diefs  bestätigen  am 
besten  einfache  stereoskopischc  Zeichnungen  z.  II.  jeue 
Kreise  mit  radiär  gestellten  Pfeilen.  Aber  auch  die  kom- 
plicirtesten  Zeichnungen  zeigen  bei  einer  solchen  Drehung 
um  90°  das  vollkommene  Schwinden  des  magischen  Ef- 
fectes des  Stereoskops,  trotzdem  man  auch  hier  scheinbare 
Einfachheit  im  gemeinschaftlichen  Bilde  ohne  störende  Dop- 
pelbilder vor  sich  zu, haben  glaubt;  letzteres  erscheint  wie 
eine  gewöhnliche  Zeichnung,  wie  jedes  einzelne  stereosko- 
pische Bild  für  sich.  Drehen  wir  die  Bilder  um  fernere  90u 
in  derselben  Richtung,  so  tritt  der  körperliche  Effect  wie- 
der hervor,  aber  pseudoskopiscb,  da  BjB,>AÄ. 

5)  Endlich  mufs  ein  stereoskopischer  Effect  bei  Zeich- 
nungen, in  deren  gemeinschaftlichem  Bilde  gerade  Linien 
sich  genau  über  einander  schieben,  erzielt  werden  dadurch, 
dafs  ich  auf  die  doppelt  gesehenen  Endpunkte  derselben 
beide  Gesichtslinicn  einrichte,  sie  dadurch  zur  deutlichen 
Wahrnehmung  bringe  und  vereinige.  Bringt  man  zwei  un- 
gleich lange  horizontal  gestellte  Gerade  auf  einer  Ebene 
zu  einem  gemeinschaftlichen  Bilde  zur  Vereinigung,  so  er 
scheint  dasselbe  schräg;  durch  die  Ebene  hindurchgesteckt. 
Nimmt  man  zwei  Gerade  von  gleicher  Länge,  so  sollte  al- 
lerdings durch  Vereinigung  der  symmetrisch  gelegeneu  End- 
punkte eine  Stereoskop ische  Anschauung;  ebenfalls  erzielt 
werden;  bis  jetzt  aber  kann  ich  die  Neigung,  die  identisch 


84 

gelegenen  Endpunkte  zu  combiniren,  nicht  hinreichend  fiber- 
winden. 

Die  Existenz  von  Gröfsendifferenzen  in  den  stereosko- 
piscben  Zeichnungen  nach  Art  des  Unterschiedes  zwischen 
BB  und  AÄ  kann  man  durch  directe  Messung  leicht  nach- 
weisen. 

Diese  zahlreichen  Thatsachen  beweisen  ganz  evident  die 
Richtigkeit  der  obigen  Theorie  von  Brücke.  In  Bezug 
auf  das  am  häufigsten ,  auch  noch  in  neuester  Zeit  von 
Panum1)  dagegen  geltend  gemachte. Experiment  von  Dove, 
welcher  selbst  bei  der  eminent  kurzen  Beleuchtung  durch 
den  elektrischen  Funken  einen  stereoskopischen  Effect  beob- 
achtete, ist  zu  bemerken,  dafs  vorläufig  die  Beweiskräftig- 
keit noch  zu  demonstrireu  ist.  Complicirte  Zeichnungent 
wie  sie  wahrscheinlich  genommen  wurden,  können  natür- 
lich nichts  beweisen,  da  hier  noch  die  unten  anzuführen- 
den Momente  zur  Wahrnehmung  des  Körperlichen  mit  in 
Wirksamkeit  treten. 

Nachdem  uns  somit  die  grofse,  bereits  früher  bekannte 
Wichtigkeit  der  Veränderungen  der  Convergenzwinkel  für 
die  körperliche  Anschauung  entgegengetreten,  will  ich  noch 
hinzufügen,  daüs  diese  Veränderungen  für  sich  allein  zur 
Producirung  eines  körperlichen  Effectes  nicht  genügen;  es 
gehört  dazu  gleichzeitig  noch  die  Existenz  von  wahrnehm- 
baren Doppelbildern  und  die  Möglichkeit,  sie  zu  einfacheu 
zu  vereinigen.  Wie  wichtig  zunächst  jene  sind,  beweist 
folgendes  Experiment.  Spannt  man  vor  einem  weifsen  Hin- 
tergrunde drei  hinreichend  lange  schwarze  Fäden  parallel 
so  auf,  dafs  der  mittlere  sich  5  bis  8"*  hinter  oder  vor 
der  Ebene  der  beiden  äufsereu,  etwa  um  10mm  von  einan- 
der entfernten  befindet,  und  betrachtet  sie  in  einer  solchen 
Lage,  dafs  sie  parallel  der  Medianebene  des  Körpers  stehen, 
so  nimmt  man  eine  bedeutende  Tiefendistanz  wahr;  diese 
verschwindet  indefs  gänzlich  oder  fast  gänzlich,  wenn  man 
die  Fäden  um  90°  dreht „  also  senkrecht  auf  die  Median- 
ebene stellt.    Mag  man   bei  der  letzteren  Stellung  irgend 

I  )  Physiol.  Untersuch,  über  dat  Sehen  mit  zwei  Augen. 


s 


eichen  Faden  luiren,  immer  erscheinen  die  Doppelbilder 
eines  der  beiden  anderen  über  einander  geschoben,  ihre 
Wahrnehmung  ist  also  unmöglich;  in  der  ersten  Stellung 
zeigen  sie  dagegen  einen  bedeutenden  seitlichen  Abstand- 
Die  Richtigkeit  dieser  Erklärung  erweist  sich  dadurch,  dafs 
der  angegebene  Unterschied  zwischen  den  beiden  Stellun- 
gen verschwindet,  wenn  man  auf  den  Fäden  einzelne  Punkte 
markirl  (etwa  durch  Aufkleben  kleiner  Papicrstückcheu); 
die  Doppelbilder  der  letzteren  gelangen  natürlich  iu  allen 
Stellungen  leicht  zur  Wahrnehmung.  —  Da  uns  die  Möglich- 
keit  fehlt,  unseren  Gesichtslinien  eine  verticale  Divergenz 
zu  geben,  die  eine  nach  oben,  tue  andere  nach  uuten  aus 
der  Visirebene  zu  entfernen,  so  künuen  wir  vertical  ver- 
schobene Doppelbilder  nicht  zur  Vereinigung  bringen,  son- 
dern nur  solche  mit  horizontaler  Verschiebung.  Diese  zweite 
Anforderung  an  die  Doppelbilder  ergiebt  sich  schon  aus 
den  Experimenten  unter  4);  mau  überzeugt  sich  am  leich- 
testen davon  bei  der  stereoskopischen  Betrachtung  einfa- 
cher Zeichnungen,  so  der  obigen  Kreise  mit  radiär  ge- 
stellten Pfeilen  oder  auch  nicht  schatlirter,  stereoskopischer 
Zeichnungen  eines  Cjlinders. 

Ein  anderes  bis  jetzt  in  der  Physiologie  des  körperli- 
chen Sehens  fast  gar  nicht  berücksichtigtes  und  dennoch 
äufserst  wichtiges  Mittel  ist  die  Perspective;  die  einfache 
Betrachtung  einer  stereometrischen  Figur  beweist  die  Wich- 
tigkeit derselben.  Wir  gehen  bei  der  perspectivischen  Be- 
trachtung der  Körper  von  der  Erfahrung  aus,  dafs  an  ih- 
dic  geraden  Linien  factisch  meist  rechte  Wiukel,  die 
uimcn  Linien  Kreise  bilden.  Nehmen  wir  daher  an  ih- 
Bildcru  auf  unserer  Netzhaut  andere  Wiukel  oder  au. 
■  Curven  wahr,  so  verlegen  wir  die  betreffenden  Linien 
weit  diesseits  oder  jenseits  unserer  Nor  mal  ebene,  als  die 
Abweichung  von  jenen  einfachen  Formen  vcrlaugl,  d.  h, 
in  eine  solche  Lage,  von  weicher  aus  die  senkrechte  Pro- 
jektion eines  rechten  Winkels  oder  Kreises  auf  unsere 
Netzhaut  dieselbe  Abweichung  ergeben  würde.  Offenbar 
entsprechen  nun  je  einer  bestimmten  Abweichung  hinsicUL- 


66 

Ikh  der  Protection  auf  unsere  Netzbaut  zwei  reelle  Lagen 
eines  rechten  Winkele  (resp.  Kreises )7  eine  diesseits,  die 
andere  jenseits  der  Normalebene.  Demgemäfs  müssen  wir 
auch  bei  blofser  Anwendung  der  Perspective  eine  Verle- 
gung in  beide  Lagen  möglich  machen,  ja  ohne  Hinzuzie- 
hung neuer  Mittel  zwischen  beiden  nicht  entscheiden  kön- 
nen. Um  dieses  zu  bestätigen,  brauche  ich  nur  an  die 
bekannte  Erfahrung  zu  erinnern,  dafs  wir  rein  stereome- 
trische Zeichnungen  stets  in  einer  doppelten  Weise  körper- 
lich sehen  können.  Ein  Würfel  z.  B.  erscheint  uns  bald 
aus  der  Ebene  der  Zeichnung  hervorzuragen,  bald  sich  hin- 
ter dieselbe  zu  erstrecken.  Ziehen  wir  eine  Lage  vor,  so 
sind  noch  andere  Momente  zur-Beurtheilung  des  Körper- 
lichen mit  in  Wirksamkeit.  Am  deutlichsten  beobachtet 
man  begreiflicherweise  die  Doppelsinnigkeit  bei  der  Aus- 
schliefsung  eiües  Auges.  Hierbei  kann  man  auch  am  be- 
quemsten Bewegungserscheinungen  in  der  Tiefe  mittelst  der 
Perspective  beobachten,  so  z.  B.  durch  successive  Verän- 
derungen der  Winkel  in  den  Zeichnungen. 

•  Ein  drittes  wichtiges  Moment  bildet  die  Beleuchtung  oder 
die  Vertbeilung  und  Intensität  von  Licht  und  Schatten,  und 
mufs  ich  hier  der  Behauptung  Ludwig' s  ')  entgegentreten, 
dafs  »sie  keinenfalls  einen  Einflufs  gewinnt  innerhalb  der 
deutlichen  Sehweite.«  Mir  ist  es  möglich  zu  pseudoskopi- 
ren  durch  blofse  Veränderung  der  Beleuchtung.  Verschaffe 
ich  mir  ein  gemeinschaftliches  Bild  von  zwei  neben  einan- 
der gelegenen,  gleichgeformten  Uhrsch  aalen,  schneide  durch 
eine  Scheidewand  die  directe  Beleuchtung  von  einer  mir 
gegenüber  befindlichen  Lichtquelle  ab,  beleuchte  aber  beide 
durch  einen  vor  meine  Brust  gehaltenen  Spiegel,  so  er- 
scheint mir  das  gemeinschaftliche  Bild  convex,  wenn  mir 
die  Schaalen  ihre  Concavität,  concav,  wenn  ihre  Convexität 
zukehren. 

Fernere  Mittel  zur  Beurtheilung  der  Tiefe  sind  alsdann 
die  Accomodation  (Czermak)  und  die  relative  GröCse 
des  Netzhautbildes;  weiter  kommen  noch  manche  andere 

I )  Lebrbach  der  Physiologie  2.  Auflage, 


Momente  von  geringerer  Wirksam  Lei  t  hinzu,   so   z.  It.  das 
Verdeck  (werden    eines   Gegenstandes    durch    den    anderen 

II.    8.    W. 

Sainmtliche  angeführten  Mittel  können  nun  in  den  ver- 
schiedensten Coinbiuationen  einander  unterstützend  oder 
einander  hemmend  ihre  Wirkung  äufsern,  Unser  Unheil 
wird  sich  dann  nach  der  Stärke  der  einzelnen,  andererseits 
nach  unserer  Aufmerksamkeit  auf  dieselben  bestimmen  lassen. 
Einen  Widerstreit  unter  ihnen  führt  vielleicht  am  passend- 
sten folgendes  Experiment  vor  Augen.  Befestigt  man  auf 
einer  Drahtstange  concentrisch  gestellte  Kreise,  und  fixirt 
den  gemeinschaftlichen  Mittelpunkt  mit  beiden  Augen  aus 
geringer  Entfernung  in  einer  Sekundärstellung,  so  erscheint 
die  Figur  wegen  der  S.  72  angedeuteten  Abplattung  der 
Kreise  in  verlicaler  Richtung  mittels  der  Perspective  ab 
flacher  Kegelmantel;  diese  Krümmung  tritt  aber  weit  starker 
hervor  in  einer  Tertiarstellung,  ja  es  erscheint  jetzt  die  ge- 
rade Drahtstange  durch  diesen  Kegel  schief  hin  durchgesteckt 
uild  zwar  bei  einer  Tertiärstellung  nach  oben  mit  seiner 
oberu  Hälfte  diesseits,  bei  einer  Tertiarstellung  nach  unten 
jenseits  der  Fläche  des  Kegelmantels.  Achtet  man  jetzt 
scharf  auf  die  Durchschnittspunkte,  so  beobachtet  man  nach 
einiger  Zeit  eine  Knickung  der  Kreise  an  diesen  Stellen 
(um  der  unmittelbaren  Deckung  au  diesen  Punkten  Rech- 
nung zu  tragen). 

Eine  einfache  Betrachtung  der  Verhältnisse  lehrt  aber, 
dafs  bei  der  oben  besprochenen  Verziehung  eines  ebenen 
Sternes  in  einer  Tertiarstellung  nur  ein  körperliches  Mo- 
ment zur  Wirksamkeit  kommt,  nämlich  die  Veränderung 
der  Convergenzwinkel  und  Vereinigung  von  Doppelbildern. 
Sämmtliche  Sternslrahlen  geben  bei  scharfer  Fixation  des 
Mittelpunktes  Doppelbilder  und  zwar  kreuzen  sich  je  zwei 
Doppclbilder  gerade  in  dem  Mittelpunkte.  Verrücke  ich 
nun  meinen  Fixatiouspunkt  auf  der  Meridianlinie,  so  wer- 

Si  die  Kreuzungspunkte  der  Doppelbilder  nicht  mehr  in 
in  einzigen  zusammenfallen,  sondern  sich  je  auf  ihrem 
eborigen  Sternstrabi  verschieben,  und  zwar  für  eine  Tw- 


88 

tiärstellung  nach  oben  bei  Fixation  eines  Punktes  diesseits 
des  Sternmittelputtktes  oberhalb,  im  entgegengesetzten  Falle 
unterhalb  der  Horizontalen.  Diese  Kreuzungspunkte  stellen 
dar  die  Durchschnittspunkte  eines  jeden  Sternstrahles  mit 
den  successiv  hn  Räume  producirten  Normalflächen.  Nach 
S.  33  verlege  ich  nun  die  zu  einer  bestimmten  Normalfläche 
gehörigen  Durchschnittspunkte  in  eine  Ebene,  die  sämmt- 
lichen  successiv  gewonnenen  Durchschnittspunkte  werde  ich 
also  versetzen  auf  eine  Flache,  welche  eine  ungefähr  gleiche, 
aber  entgegengesetzte  Krümmung  besitzt  wie  eine  der  pro- 
ducirten Normalflächen.  Ist  diese  Erklärungsweise  richtig, 
so  ergeben  sich  folgende  Consequenzen:  1 )  kann  bei  irgend 
welcher  Drehung  des  Sternes  um  seine  Horizontale  nie  eine 
wesentlich  abweichende  Dislokation  eintreten,  da  die  suc- 
cessiven  Kreuzungspunkte  der  Doppelbilder  ihre  relative 
Lage  zu  einander  in  derselben  Weise  beibehalten;  2)  knicke 
ich  den  ebenen  Stern  in  dem  verticalen  Strahl,  so  werden 
jetzt  zwei  Sternstrahlen  vollkommen  in  der  ersten  Normal- 
iläche  liegen,  also  im  Fixationspunkt  senkrecht  erscheinen, 
die  übrigen  Strahlen  müssen  dann  zu  beiden  Seiten  jener 
beiden  wiederum  eine  der  Krümmung  der  Norwalflächen 
entgegengesetzte  Dislokation  darbieten. 

Ferner  begreift  sich  jetzt  leicht,  dafs  eine  Verziehung 
in  den  horizontalen  Sterntheilen  nur  mit  grofaer  Schwierig- 
keit erlangt  werdeu  kann,  da  die  starke  Krümmung  der  ho- 
rizontalen Theile  der  Normalflächen  eine  starke  Verrückung 
des  Fixationspunktes  verlangen  würde,  um  -neue  Durch- 
schnittspunkte mit  neuen  Normalflächen  zu  produciren;  wei- 
ter erklärt  es  sich,  dafs  die  KCK  (Fig.  4  Taf.  II)  entspre- 
chenden Theile  unseres  Doppelkegelmantels  ganz  aufser  Be- 
tracht fallen  müssen,  da  auf  diesen  Theilen  gelegene  Punkte 
ihre  Bilder  auf  symmetrischen,  nicht  identischen  Nctzhaut- 
theilen  entwerfen. 

Bei  der  Betrachtung  von  Körpern  mufs  die  Verrückung 
des  Fixationspunktes  auf  der  Medianlinie  denselben  grofsen 
Effect,  dieselbe  Wirkungsweise  haben.  Hierbei  werden  wir 
allerdings  das  Zusammenfallen  der  Doppelbilder  nicht  beob- 


89 

achten  durch  die  Punkte  des  directen  Sehens,  sondern  durch 
excentrisch  gelegene  Netzhautpunkte.  Da  aber  das  Zusam- 
menfallen von  Doppelbildern  ziemlich  scharf  beobachtet 
werden  mu£s,  um  solche  präcisirte  Raumvorstellungen  zu 
veranlassen,  so  werden  nur  Netzhautpunkte  mit  geringer 
Excentricität  in  Betracht  kommen  können.  Doch  wird  man 
begreifen,  dafs  durch  Beurtheilung  der  dem  Fixationspunkt 
zunächst  gelegenen  Punkte  eines  Körpers  eine  scharfe  räum- 
liche Vorstellung  auch  für  die  entfernteren  gewonnen  wer- 
den kann,  wenn  wir  über  die  Beziehungen  dieser  zu  jenen 
auf  sonstige  Weise  schon  im  Klaren  sind;  liegen  sie  z.  B. 
mit  jenen  in  geraden  Linien,  so  ist  die  scharfe  körperliche 
Auffassung  vollkommen  gegeben.  Mittelst  einer  geringen 
Ausdehnung  des  Bereiches  der  scharfen  Wahrnehmung  auf 
unseren  Netzhäuten  siud  wir  also  frn  Stande,  gro£se  Effecte 
für  die  körperliche  Anschauung  zu  erzielen. 

Nach  allen  diesen  Betrachtungen  mufs  man  wohl  die 
Richtigkeit  der  oben  (S.  81;  aufgestellten  Principien  zur 
Feststellung  der  Punkte  auf  den  Richtungslinien,  in  welche 
wir  die  Gesichtseindrücke  lokalisiren,  zugeben.  —  Was  noch 
den  innigen  Zusammenhang,  um  nicht  zu  sagen,  die  Identi- 
tät der  Richtungsstrahlen  der  Lichtkegel  und  der  Richtungs- 
linien der  Lokalisation  anbelangt,  so  sey  hier  noch  gestattet, 
die  Verrouthung  auszusprechen,  dafs  wahrscheinlich  die  Licht 
percipirenden  Elemente  der  Netzhaut,  die  Stäbchen,  säinmt- 
lich  ihre  Längsaxe  gerichtet  haben  nach  dem  Kreuzungspunkt. 


Zum  Schlüsse  möge  es  noch  erlaubt  seyu,  einen  Ueber- 
blick  über  die  Gröfse  der  oben  erwähnten  Raddrehungen 
(|)  in  den  Terüärstelluugen  bei  Fixation  eines  Punktes  in 
der  Medianebene  zu  geben. 


90 


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tNotc  I.  Statt)  in  Fig.  6  Tal.  II  A  den  Kreuzraittelpunki,  AC  de»  ho- 
totalen  Krcuuel.enkel,  ACD  die  Krcuaebene,  BGF  die  brechende  Eben« 
r  Hornhaut,  I»  die  Ge.iehtilinie  dar,  <•>  soll  die  Ebene  ¥ B AC  senk- 
recht auf  ADV,  die  Ebene  GBAD  senkrecht  tatBGF  stehu,  .1.»...  bil- 
det also  GBAD  die  Brechungiebene,  innerhalb  welcher  die  Linie  .(  B 
dem   Einfällst),   um   die  Differenz   y  —  7   .....  I,    S  f  /    »»gelenkt   wird.     Be- 

P ichneu  wir  nun  des  Winkel,  welchen  beide  Ebenen  auf  der  Kreuzebene 
lebneiden,  mit  .«  und  LB  AC  mit  R  —  .,- ,  to  e.giebt  du  reclil winklige 
■»liehe  Dreieck  CDE  (mit /_C=90e):   tgE=^;fert 


>  Dreieck 


GFE  (mit  Z.G=90°):    ltGF=tgEüoGE,  endlich  das  Dreieck  CFH 
(mu  LG  =  B0*): 

IgH-  Ig«  -  ^gp-—    -^ß^" 

Da  nun  eE=90"-x' und  CH=90'-|-/(dcrBreclmng>cocr.cien,  der 

„=  1,336),  io  folgt 


*f 


.  ig«   l/l  —  it'iin,)- 


>'  bezeichnet   den   Winkel,    um   welchen   ,!. 
rehen  iil,  damit  der  horizontale  Schenkel  in  dl 


e  WinkelTeniehung  verschwindet,  bei 


i  die  Brcchungsebene  fällt, 
45°,   et  in  alsdann  =  45* 


(D- 


i!l    in   ;■   eu   berechnen. 
Nole  II.     Stellt  (Fig.  3   Taf.   II)   MKfCO   eine  Ebene    dar,    io   ist   in 
sphärischen   Dreiecken   DCE  und   GFHLH=LE.     Da    nun   LEC 
=90"  + v   und  LHF=90°  —  9,  ferner   LC—LF—m,  so 
colg£  coj^i  =  cotg  E  sin«  —  sin  .;  cusa 
cotgf'co»9  =  totgiY  stna  +  sinpcos« 
Iglich 

colg£'  =  colgE-|-2l(o'co.o (2). 

Note  HI.  Um  die  Berechnung  des  Kegelmantels  genau  zu  machen,  mufi 
ich  die  Schiefstellung  der  Hornhäute  einerseit.  und  die  Neigung  der  Tan- 
gentialebene der  Netzhäute  gegen  eine  auf  der  Medianlinie  senkrechte  Ebene 
andererseits  berücksichtigen.  Suche  ich  also  in  einer  solchen  Ebene  die 
Durchschnlitslinicn  der  Richtungicbcncn  nach  ihrem  Amtritt  aus  ,i.m 
Auge,  n  lege  ich  am  einfachsten  jene  Ebene  wieder  durch  die  heideti  Kreu- 
,ung.p°nk<c  K,  K  (Fig.  9  Taf  II),  und  in  derselben  durch  den  Mittelpunkt 
.|.  r  Grundlinie  M  ein  ConrdinalenjYjtem.  Dann  ergeben  sieb  für  die  beide» 
Dnrchlritulinien  {DKaud  DK')  identischer  Bichlungsebenen  die  Formeln: 


In   einer  Tertiärstellung   zeigen  nun  (nach  S.  16) 
nicht   dieselbe   Neigung   gegen   die   Visi 


92 


gleich  a'-M,  die  »oder«  a — £;  die»«  Flichenwinkel  werden  nach  dem 
Austritt  aas  den  Ange  io  der  auf  der  Medianlinie  senkrechten  Ebene  Win- 
kel abschneiden,  deren  Grölse  sich  ans  Formel  (1)  bestimmt;  somit  beben 
die  Richtuogscoostaaten  die  Werthe: 


n  ss  ig  (a*  —  |)  cos  o) 


wi  =  ts;(a,-f-0COÄ9 


1/    .-»in»? 
f    1— j»*«n*y 

1/    I-»inV 
f    1-n'sinV 


Setzen  wir: 


cos 


l/   1-sinV 


*, 


so    bekoiomen    wir   ans   (3)  als    Ort   der   Durchschnittspunkte   von   DK 
und  DK': 

*•*•— 2s?X4fctg25^-y*«d,      .......    (4). 

Die  gesuchte  Curve  ist  also  eine  Ellipse,  deren  Mittelpunkt  am  — ^* 


von  M  absteht,  deren  kleine  Axe  b 


d  d 

.   0tr»  deren  grofse  Axe  a=-    .      ■. 
sin  2  5  °  Asin2£ 


Um  nun  mit  Hülfe  dieser  Ellipse  den  Winkel  ft  zq  bestimmen,  nehme 
ich  noch  den  Mittelpunkt  der  Grundlinie  als  Scheitel  der  Ellipse  (die  wahre 
Entfei  nuug  »wischen  beiden  beträgt  höchstens  3mm  bei  einer  grofsen  Axe  6 
von  250mm);  ich  habe  alsdann  mittels  der  Scbeitelgleichuug,  wenn  ich  noch 
y  =  x  lg  t?  setze : 

<ry=&"(2<i*-**)=:<iVt>*' 

2ao* 


a'tg'tf-M 


f 


Da  nun  MD=* — — ,  so  ist  tg/4= — — —  ss  -     —  m  berechnen. 

cost>  /  /cos  17 


Für  den  Kreis  ergieht  Fig.  4  Taf.  II: 


MC=  —  ,  MD=MCco*ct 

,  deosv 


V-      Krystallograpfiische  Beiträge; 
von  Dr.  G.  com  Math  in  Bonn. 


.  (ir  den  Krystallographen  sind  gleich  nichtig  die  beiden 
Klassen  der  unorganischen  Eiuzclküiper  —  die  Mineralien 
und  die  EJroducle  chemischer  Laboratorien.  Die  genaue 
Formkennlnifs  dieser  letztem  dient  nicht  allein  dein  Che- 
miker zur  Erkennung  seiner  Verbindungen,  sondern  ist  eine 
unentbehrliche  Grundlage  für  die  Untersuchungen  des  Phy- 
sikers. In  der  Krystallform  treten  die  Eigenschaften  der 
Materie  in  die  Erscheinung.  Der  Zusammenhang  ist  klar 
für  die  physikalischen  Eigenschaften;  unzweifelhaft  aber  un- 
erforscht ist  er  in  Hinsicht  der  chemischen  Zusammensetzung. 
Hier  herrschen  die  beiden  groben  Thatsachen,  die  lsomor- 
phie  und  die  Heteromorphic.  Welches  aber  die  Grämen 
ihrer  gegenseitigen  Herrschaft  seyeu,  wie  sie  ihre  Gebiete 
durchdringen,  ist  unbekannt.  Auf  der  Lösung  dieser  Fra- 
gen beruht  die  Erkenntnifs  des  Zusammenhanges  vun  der 
Form  und  Mischung1. 

Den  grüTsten  Theil  der  untersuchten  Krvslalle  übergab 
mir  Professor  Baumert,  ■welchem  ich  für  diese  freund- 
schaftliche Unterstützung  aufrichtigen  Dank  sage.  Die  Mes- 
sungen wurden  mittelst  eines  einfachen  Oci  tlingschcn  Ue- 
Üections- Goniometer  ausgeführt. 

1.  Pnribnniäure  C„  ll2  V.  0,  - 
Die  folgenden  Messungen  beziehen  sich  auf  eine  Para- 
bansaure,  die  nicht  nach  dein  gewohnlichen  Verfahren  durch 
Einwirkung  von  Salpetersäure  auf  Harnsäure,  sondern  durch 
freiwillige  Umsetzung  des  Alloxans  erhalten  wurde.  Prof. 
Baumert  (heilte  mir  über  die  Entstehung  und  das  che- 
mische Verhalten  der  von  ihm  dargestellten  Parabansänrc- 
Krystallc  Folgendes  mit:  ■  Das  Alloxan  ist  bekanntlich  durch 
verschiedene  Einwirkungen  sehr  leicht  zersetzbar.  Schon 
Gregory  beobachtete,  dafs  das  wasserhaltige  Alloxan  beim 


94 

langem  Aufbewahren  sich  theilweise  in  eine  Flüssigkeit  und 
KrystaUe,  die  nicht  mehr  AUoxan  waren ,  verwandelt  hatte 
(Vergl.  Annalen  der  Chemie  und  Pharmade  Bd.  87,  S.  126)» 
» Als  ich  sie,  so  sagt  er,  untersuchte,  fand  ich  kein  AUoxan 
mehr,  sondern  eine  Menge  des  reinsten  Alloxantins,  sodann 
einen  schön  krystallisirten  Körper  (B),  der  weder  AUoxan 
noch  Alloxantin  ist  und  eine  grofee  Menge  eines  dritten 
noch  löslichen  Körpers  (C),  welcher  stark  sauer  res  gilt«. 
Die  chemische  Natur  der  Körper  B  und  C  hat  Gregory, 
so  weit  mir  bekannt,  nicht  näher  ermittelt 

»Meine  Aufmerksamkeit  wurde  cum  ersten  Male  vor  etwa 
fünf  Jahren  auf  diesen  Gegenstand  gelenkt,  als  mir  Prof. 
DufIo8  eine  Ähnliche  von  ihm  gemachte  Beobachtung  mit- 
theilte. Die  freiwillige  Umsetzung  des  Alloxans  war  aber 
in  diesem  Falle  von  einer  vollständigen  Zertrümmerung  der 
fest  verschlossenen  Flasche  begleitet  gewesen,  so  dafs  nur 
geringe  Mengen  der  neu  gebildeten  Producte  gesammelt 
werden  konnten.  Unter  diesen  liefs  sich  Alloxantin  mit 
Leichtigkeit  nachweisen. « 

»Im  vorigen  Sommer  hatte  ich  Gelegenheit  diese  Um- 
wandlung an  einem  AUoxan -Präparate  sich  wiederholen  zu 
sehen,  das  erst  seit  einigen  Wochen  dargestellt  tind  aus  der 
warm  gesättigten,  noch  etwas  Salpetersäure  enthaltenden 
Lösung  in  sehr  grofsen  Krystallen  angeschossen  war.  Die 
Zersetzung  war  auch  diefsmal  mit  explosionsartiger  Gewalt 
erfolgt,  denn  ich  fand  nicht  nur  die  Flasche,  welche  zum 
Aufbewahren  des  AUoxans  gedient  hatte,  bis  auf  das  untere 
Dritttheil  zu  kleinen  Splittern  zerschmettert,  sondern  noch 
andere  in  der  Mähe  befindliche  Präparatengläser  arg  be- 
schädigt. Der  Ueberrest  der  Flasche  enthielt  eine  roth 
gefärbte,  stark  sauer  reagirende  Flüssigkeit,  untermischt  mit 
undeutlichen  gelblichen  Krystallen,  die  nach  ihrer  Reinigung 
die  charakteristischen  Reactionen  des  Alloxantins  zeigten. 
Als  die  saure  Flüssigkeit  einige  Tage  unter  einer  Glocke 
über  Aetzkalk  gestanden  hatte,  schieden  sich  KrystaUe  aus. 
Sie  wurden  durch  zweimaliges  Umkrystallisiren  rein  erhal- 
ten.    Ihre  chemische  Untersuchung,  deren  wesentliche  Er- 


95 

gebnisse  ich  hier  mittheile,  läfet  keinen  Zweifel,  dafe  sie  Pa- 
rabansäure  sind.« 

»Sie  reagiren  stark  sauer,  lösen  sich  leicht  in  Wasser, 
schmelzen  beim  Erhitzen  unter  Ausstoßen  eines  stechenden 
nach  Blausäure  riechenden  Dampfes,  und  hinterlassen  eine 
schwer  verbrennliche  Kohle«  In  verdünnter  wässeriger  Lö- 
sung mit  Ammoniak,  neutralisirt,  geben  sie  mit  Kalksalzen 
sogleich  keine  Fällung;  letztere  tritt  aber  nach  einiger  Zeit, 
schneller  beim  Erwärmen  ein.  Der  gebildete  Niederschlag 
löst  sich  leicht  in  Salzsäure,  schwieriger  in  Essigsäure.  In 
concentrirter  wässeriger  Lösung  scheiden  sich  bei  Zusatz 
von  Ammoniak  nadeiförmige  Krystalle  von  ozalursaurem 
Ammoniak  aus.  Ich  habe  aus  dem  oxalursauren  Ammoniak 
die  entsprechende  Silberverbindung  dargestellt  und  diese 
analysirt:  0,3085  Grm.  Substanz  hinterließen  nach  dem  Ver- 
brennen 0,1395  Grm.  Silber  =  45,21  Proc  Die  Theorie 
▼erlangt  45,19  Proc  Silber.« 

«Ein  anderer  Theil  der  Säure  wurde  in  Wasser  gelöst 
und  mit  kohlensaurem  Baryt  bis  zur  erfolgten  Neutralisa- 
tion erwärmt.  Nach  dem  Erkalten  des  Filtrats  schied  sich 
ein  krystallinischer  Körper  ab,  der  wie  die  mikroskopische 
Untersuchung  zeigte,  aus  rhombischen  Tafeln  bestand.  Die- 
ses Barytsalz  ist  in  kaltem  Wasser  schwer  löslich  und  ent- 
hält kein  Krystallwasser. « 

0,475  Grm.  bei  100°  getrocknete  Substanz  gaben  0,276 
Grm.  BaOSOa. 

0,397  Grm.  bei  100°  getrocknete  Substanz  gaben  0,2225 
Grm.  Kohlensäure  und  0,064  Grm.  Wasser. 

Rechnet  man  zu  der  direct  gefundenen  Kohlensäure  die 
dem  Baryt  zurückgebliebene  (0,0437  Grm.),  so  erhält 
folgendes  Resultat  der  Analyse: 


Berechnet 

Gefunden. 

C,  -36 

18,0 

18,2 

H,  -    3 

1,5 

1,7 

N,  —28 

— 

— 

Ba   —  68,5 

34,3 

34,1 

O,  -64 

— 

— 

199,5  100  \00 


06 

Diefs  entspricht  der  Zusammensetzung  des  oxaluroaftren 
Baryts.  Berücksichtigt  man  die  die  freiwillige  Umsetzung 
des  Alloxans  begleitende  Explosion,  so  labt  sich  die  gleich- 
zeitige Bildung  von  Kohlensaure  mit  grofser  Wahrschein- 
lichkeit voraussetzen.  Der  Zersetzungsprocefe  kann  unter  die- 
ser Annahme  durch  folgende  Gleichung  dargestellt  werden: 

Alloxan  Alloxantin 

3  (C,  N,  Ht  O.)  =  C16  H«  N4  Ol4  + 

Parabansiure  Kohlensaure 

+  C6  H8  Nt  06  +  Ct  04. 

Es  würde  diefs  die  schon  von  Fehling  (VergL  chemi- 
sches Handwörterbuch  2.  Auflage,  Artikel  Alloxan)  ausge- 
sprochene Vermuthung  bestätigen. 

Kry$tall$y$tem,  zwei-  und  eingliedrig  f  (monoklinisch); 
S.  Fig.  1  bis  8  Taf.  HL  Ausgezeichnet  durch  die  nahe  sym- 
metrische Ausbildung  der  vorderen  und  hinteren  Seite  des 
Krystalls. 

Axen  -  Verhältnifs : 

a:  6:  c=  1,301318:  l  : 0,616326  '). 

Die  Axe  a  neigt  sich  nach  vorne  abwärts,  so  dafe  der 
Winkel  der  Axen  a  und  c  vorne  oben  beträgt  92°  54'? 
Die  Axcnfläche  beträgt  demnach  2°  54'£. 

Folgendes  sind  die  von  mir  beobachteten  Flächen  nach 
der  Bezeichnung  von  Weifs  und  derjenigen  von  Nau- 
mann: 

1.  Flächenpaare  und  Einzelflächen  mit  den  Zeichen  (od  c) 
rhombisches  Prisma  i  =  (a :  6 :  od  c)  =qoP 
rhombisches  Prisma  m=(a :  2  b :  od  c)  =  od  P2 

Querfläche  a  =  (a :  ao  b :  <x>  c)  —  <x>P  (x> 

Längsfläche  6  =  (6:aDa:cz)c)  =  xPao 

2.  Eiuzelflächen   der  Endigung  mit  dem  Zeichen  (od  6) 

vordere  schiefe  Endfläche  P  =  (a :  c :  od  6)  =  —  P  od 

hintere  Gegenfläche  x  =  (a' :  c :  ao  6)  =  P  od 
sehr  steile  hintere  Schiefendfläche  3  =  (7'Ta':c:  od  ft)  *) 

=  2lP<x> 

1 )  Axe  a  läuft  auf  den  Beschauer  eu,  b  an  ihm  vorbei,  c  sieht  senkrecht. 

2)  Ich  verhehle   mir  nicht,    dafs  diese  Flachenformel  auffallend   und   der 


3.     Flächen  aus  Diagonalzone  von  /'  und  x, 

vorderes  Augit  arligcs  Flächenpaar  0=(a:fi:c)  = —  P 
hinteres  Augit- artiges  Flächenpaar  0'=(<x ':b:c)=P 
Das  Verhälmifs  der  Axen  und  die  Axeuscbiefe  wurden 
berechnet  ans  den  gemessenen  Neigungen: 

der  Flachen   des   rhombischen   Prismas   m:ro=113°58' 

vorne,  (Mittel  aus  10  Messungen), 
der  vordem  Schiefen  d  IIa  che  P  zur  Quertläche  a=117°42' 

(Mittel  aus  32  Messungen), 
der  hintern  Gegenllä'che  x  zur  Querfläche  u=  112°  57' 
(6  Messungen). 
Ich  selze  neben  einander  die  aus  den  angegebenen  Ele- 
menten   berechneten   Winkel  wert  he    und    die   gemessenen. 
Die  in  Klammern  sichende  Zahl  hinter  den  gemessenen  Nei- 
gungen  bedeutet  die   Anzahl   der  meist    an    verschiedenen 
Krystallen   ausgeführten    und    zum   Mittel    hinzugezogenen 
Messungen: 


m 

m 

=     66°    2' 



m 

a 

=   HG    59 

147°    6'  (6) 

m 

b 

=  123      1 

— 

l 

l  (über 

a) 

=     75      9 

— 

l 

l  (über 

fi) 

=  104    51 

— 

l 

a 

=  127    34| 

127    34    (9) 

l 

b 

=  142    25} 

142    27    (28) 

m 

l 

=  160   -35| 

160    30    (2) 

o 

0 

=r  122    45} 

122    14    (4) 

0 

P 

=  151    22$ 

151    10    (17) 

o' 

o' 

X 

=  120    504 

120    51    (15) 

o' 

=  150    25} 

150    26    (7) 

o 

0 

p 

=  136      5J 

136      4}  (10) 

o' 

=  123    28 

123   32    (9) 

0 

a 

=  114      5 

114      5    (6) 

Sprung  iwijcheo 

i,-., 

feefOcuoHn  der  beiden  1 

ntem  Endflächen  (I  :  ,'T) 

on.erromelt   in. 

Dil 

Flache  X    IHr    eine    b!„l 

e    Störung    oder    tu l, II !..-., 

Bretlmng    fo    Q 

.:i  1!  ,,  In-    tu    halten  .     -erbiete 

in    9    Krjtlsllen    ange- 

•teilte.  üLereimtir 

HM 

de   Me,...ngen. 

orW,  Add>1.   Bd.   CX. 

T 

98 


B^Htflülwi^ft- 

BcobaditM. 

o  :b 

=  118°  374' 

118"  41'  (6) 

o  :  m 

=  127  6 

— 

0   :  l 

ss  128  65 

— 

o' :  a 

=  109  49 

— 

o':b 

ss  110  344 

119  26  (8) 

c!  :  m 

=  123  354 

123  -64  (1) 

o'x  l 

=  126  43| 

126  47  (2) 

P:  l 

=  106  28 

106  33  (9) 

P:m 

•=  112  56 

P  :  x  (in  Axe  c) 

)  —   129  21 

129  26  (3) 

P:«  (über 

X) 

s:  68  4 

67  50  (2) 

x  :  a 

=  118  43 

118  20  (1) 

*  :  a 

ss  174  144 

.174  17  (9) 

Die  Kiystalle  der  Parabansäure  (s.  Fig.  1  Taf.  III)  sind 
stets  tafelförmig  ausgedehnt,  indem  die  Querfläche  a  vor- 
herrscht. Die  Längsfläche  b  fehlt  niemals.  Die  beiden 
verticalen  rhombischen  Prismen  erscheinen  nur  mit  schmalen, 
oft  nur  linsenförmigen  Flächen.  I  ist  häufiger  und  meist 
mehr  ausgedehnt  als  m.  Zuweilen  fehlt  aber  auch  jede  Spur 
von  beiden. 

In  der  Endigung  der  Krystalle  (s.  Fig.  2  Taf.  III)  sind 
höchst  selten  die  vordere  Schiefendfläche  P  und  die  hintere 
Gegenfläche  x  gleichmäfsig  ausgebildet.  Niemals  vermifst 
man  P,  nicht  selten  x,  welches  zuweilen  auf  eine  linienför- 
mige  Kanten -Abstumpfung  reducirt  ist  Immer  ist  P  aus- 
gedehnter als  x.  Umgekehrt  verhalten  sich  in  ihrer  Aus- 
bildung die  beiden  augitartigen  Flächenpaare.  Das  hintere  o' 
fehlt  nicht  leicht,  herrscht  oft  allein  auf  der  hinteren  Seite 
des  Krystallendes.  Das  vordere  o  bildet  oft  nur  schmale 
Abstumpfungen  der  Combinationskanten  zwischen  P  und 
der  Längsfläche  6,  fällt  auch  wohl  einmal  ganz  fort.  Die 
sehr  steile  hintere  Schiefendfläche  *  ist  nicht  immer  vor- 
handen, doch  ist  sie  auch  nicht  selten.  Sie  erscheint  theils 
mit  x  und  dem  Paare  o\  theils  mit  ersterem  oder  letzterem 
aHein,  theils  ausschliefslich  die  hintere  Seite  des  Krystall- 
endes  bildend. 


Die  Querflache  a  zeichnet  sich  vor  allen  anderen  Flä- 
chen durch  ihre  matte  Beschaffenheil  aus.  Sie  bietet  bei 
Weitem  nicht  den  glänzenden  und  vollkommnen  Spiegel 
der  übrigen  Flächen.  Legt  man  einen  Krystall  mit  seiner 
Tafelfläche  a  auf  einen  dunkleu  Grund  uud  betrachtet  ihn 
genau,  so  bemerkt  mau  ein  Andreas-Kreuz,  dessen  Anne 
nach  den  4  Ecken  der  Krystalltafel  sich  erstrecken.  Das 
Kreuz  ist  dunkel,  da  seine  durchsichtige  Beschaffenheit  die 
Unterlage  durchscheinen  läfst;  der  übrige  Theil  der  Fläche 
ist  weifs  und  undurchsichtig.  Diese  eigenthiiiuliche  Erschei- 
nung, von  welcher  Fig.  3  Taf.  III  eine  Andeutung*  geben 
soll,  wird  bei  keinem  der  Kristalle  vermifst.  Zuweilen  zeigt 
die  Querfläche  a  eine  buchst  feine,  verlicale  Streifung.  Die 
Längsfläche  b  ist  an  einer  besondern  Eigenlhümlichkeit  meist 
sogleich  kenntlich.  Sie  wird  nämlich  in  ihrer  Mitte  ge- 
wöhnlich von  einer  tiefen,  verticaleu  Rinne  zerschniLtcn. 
Dieser  Schnitt  durchsetzt  zuweilen  die  Fläche  von  oben 
bis  unten,  und  dringt  parallel  zur  Querlläche  bis  nahe  zur 
Mitte  ein,  so  dafs  alsdann  der  Krvstall  wie  aus  zwei  La- 
mellen gebildet  erscheint,  welche  nur  in  der  Mittellinie  par- 
allel der  Axe  c  verwachsen  sind.  Sic  bilden  indefs  nur 
einen  einzigen  Kryatall.  Die  inneren  Seiten  der  Rinne  wer- 
den durch  KrystallMächen  gebildet,  den  verschiedenen  Flä- 
chen der  horizontalen  Zone.  Fig.  4  Taf.  III  stellt  den  Quer- 
schnitt durch  einen  wie  beschrieben  zertheiltcn  Kryslall  dar. 
Beide  Erscheinungen,  diejenige  auf  a  und  die  auf  b  hängen 
wohl  unzweifelhaft  mit  einander  zusammen,  und  haben  ihren 
gemeinsamen  Grund  in  den  Gesetzen  des  Fortwachsens  der 
Krystalle. 

Die  vordere  Schiefendfläche  P  besitzt,  wie  mir  scheint, 
den  stärksten  Glanz.  Zuweilen  findeu  sich  auf  ihr  kasten- 
förmige Verliefungen.  Einmal  fand  ich  auf  derselben  einen 
einspringenden  Winkel  (=  178"  58),  dessen  Kaule  horizon- 
tal lag.  Die  steile  hinlere  Endfläche  s  Iritt  nicht  immer 
allein  zwischen  x  und  a  auf,  sondern  unierbricht  zuweilen 
mehrere  Male  den  oberen  Verlauf  der  Fläche  a.  Die  Fig.  5 
u.  6  Taf.  III  stellen  naturgetreue  sehr  vergröfserte  Sctttüttfe 


100 

durch  zwei  Krystalle  parallel  der  Axenebene  ac  dar  und 
werden  das  Gesagte  veranschaulichen.  An  solchen  Kry- 
stallen  spiegelt  die  Längsfläche  b  in  ihrer  ganzen  Länge 
genau  ein.  Die  sehmalen  Prismenflächen  erscheinen  indefs 
an  denselben  Stellen  wie  die  Querfläche  gebrochen.  Eine 
deutliche  Spaltbarkeit  geht  parallel  der  Längsfläche,  eine 
weniger  dentliche  parallel  der  Querfläche. 

Die  von  mir  untersachten  Krystalle  der  Parabansäure 
erreichen  die  Gröfse  von  2  bis  2\  Linie  in  der  Richtung 
der  Axe  e9  von  1  bis  1|  Linie  in  der  Richtung  der  Axe  6, 
und  i  Linie  nach  Axe  a.  Fig.  7  Taf.  III  stellt  die  Linear  - 
Projection  eines  Parabansäure -Krystalls  dar  auf  die  Axen- 
Ebene  ab,  ausgeführt  nach*  der  zuerst  von  Quenstedt  pu- 
blicirten  Methode.  9 

Die  Krystallform  der  Parabansäure  unter  Aufstellung 
derselben  chemischen  Formel  wie  oben  wurde  bereits  durch 
J.  Schabus  in  seiner  gekrönten  Preisschrift:  Ueber  die 
Bestimmung  der  Krystallgestalten  u.  s.  w.  S.  163  ]),  unter, 
sucht.  Die  Schabus 'sehen  Krystalle  zeigen  eine  analoge 
Flächen- Combination  wie  die  meinigen,  was  sogleich  ins 
Auge  springt,  wenn  man  jene  so  wendet,  dafs  die  basische 
Endfläche  zur  Querfläche  wird.  Fig.  8  Taf.  III  ist  eine 
Copie  der  Schabus 'sehen  Zeichnung,  r'  wird  zur  vor- 
dem Schiefendfläche.  In  der  Täuschung,  dafs  unsere  bei- 
derseitigen Untersuchungen  zu  gleichen  Resultaten  geführt, 
werden  wir  noch  dadurch  bestärkt,  dafs  Schabus  die  Nei- 
gung r':c  genau  so  angiebt,  wie  ich  sie  von  Pia  gefunden 
(117°  42').  Auch  stimmt  die  Kante,  in  welcher  das  hintere 
Augit-Paar  sich  schneidet,  tibercin:  0:0  =  120°  52'  ent- 
sprechend in  meiner  Zeichnung  o':c!  =  120°  50'.  Weiter 
geht  die  Uebereinstimmung  nicht.  Sowohl  die  Kante  des 
vorderen  Augit- Paares  (o':o'  Schabus)  als  auch  die  Nei- 
gung der  hintern  Schiefendfläche  zur  Querfläche  (r:c)  wei- 
chen durchaus  ab  von  den  oben  angeführten  Winkelwer- 
then.   Bei  den  von  Schabus  gemessenen  Krystallen  müfste 

1)  S.  Raromelsberg,  die  neuesten  Forschungen   in   der  krjstallographi- 
schen  Chemie.     Berlin  1857,  S.  178. 


die  Axe  a  sich  nach  hinten  und  zwar  bedeutend  hinabuci- 
gcu.  Vergebens  versucht  man  die  von  SchabuG  gemesse- 
nen Flächen  auf  meine  Axcn  -  Elemente  zurückzuführen. 
Auf  diese  bezogen  würde  Schabus  Flache  r  die  Axe  o' 
iu  der  Entfernung  0,5153  schneiden.  Au  den  von  mir  be- 
schriebenen Kryst  allen  kann  sie  demnach  unmöglich  auftre- 
ten. Wie  diefs  Räthsel  zu  lösen,  inufs  ich  dahingestellt 
seyu  lassen. 

2.     Zweifucti  mrihMrniviun:.-,  Ammoniak.     AnO,  2MoO,-r-aq. 

Dargestellt  durch  Auflösen  von  M ol yb da n säure  in  Am- 
moniak und  Eindampfen. 

Kristallsystem,  zwei-  und  eingliedrig,  (inonoklinisch) 
s.  Fig.  9  bis  II  Taf.  Hl.     Das  Ansehen  der  Krystalle  bald 

F"  [förmig  bald  prismatisch;   iu  der  Zuspitzung  zwei  augit- 
liche  Flächcupaarc.     Es  verhalten  sich  die  Axenlängen 
a:b:c=  0,62967  :  1  : 0,29359. 
Axe  a  neigt  sich   nach  vorne  abwärts,   so   dafs  sie  mit 
der  Axe  c  vorne   oben   den  Winkel  91"  I2'4   bildet.     Die 
Axenschicfc  beträgt  demnach 

Wie  die  Fig.  9  u.  10  Taf.  III  es  veranschaulicht,  finden 
ch  iu  der  horizontalen  Zone  zwei  rhombische  Prismen  l 
und  s,  dazu  die  Längslläche  b  und  zuweilen  die  Queriläche  a. 
Die  Endigung  wird  durch  ein  vorderes  Augil-Paar  o  und 
ein  hinteres  »  gebildet.  Den  Zonenzusammcnbang  dieser 
Flüchen  lehren  folgende  Beobachtungen: 

Die  Fläche  /  bildet  oben  und  unleu  parallele  Gomuina- 
liunskanlen  mit  o  und  n,  welche  Flächen  fast  gerade  auf  / 
aufgesetzt  sind.  Die  Fläche  n  bildet  parallele  Combinalions- 
kanten  mit  o  und  s;  hat  man  überdiefs  durch  eine  unge- 
fähre Messung  ermittelt,  dafs  s  das  dreifach  stärker  gescho- 
bene Prisma  ist  wie  I,  d.  li,  dafs  die  langen  Diagonalen  der 
Querschnitte  jener  Prismen  sich  verhalten  wie  3:1, 
die  kurzen  Diagonalen  gleich  sind,  so  erhält  man  die  Li 
uear-Projectiou,  Fig.   II   Taf.  III   uud  folgende  Zeichen. 


102 

1.  Für  Flachenpaare  and  Einzelflächen  mit  dem  Zei- 
chen ae  c 

rhombisches  Prisma  /  =  (a  :&:<*>  c)  =  <r>P 
»  »       *  =  (<»:36:<x>c)  =  gdP3 

QuerflSche  a  =  (s  :cob:ccc)  =  <x>PcD 

Längsfläche  6  =  (6 :  od  a :  or  c)  =  od  P  od. 

2.  Für  die  Augit- ähnlichen  Flächenpaare 
vorderes  o  =  (a :  b :  c)  =  —  P 
hinteres  n  =  (±a' :  *6 :  c)  =  +  2P. 

Die  Axen  -  Elemente  wurden  berechnet  aas  folgenden 
drei  Kantenwinkeln 
des  vorderen  Augit -Paares  0:0  =  150°  26'  (Mittel  von 

25  Messungen) 
des  rhombischen  Prismas  / :  /  an  Axe  a  =  115°  87'  (8) 
desjenigen  unter  welchen  die  vordere  Augit- Fläche  auf  die 
rhombische  Prismenfläche,  aufgesetzt  ist 

0:/  =  119°38'  (14). 
Sogleich  ergiebt  sich,  dafs  0  (wie  auch  n)  nicht  vollkom- 
men gerade  auf  l  aufgesetzt  ist,  da  der  ebene  Winkel  auf  J, 
welcher  beiträgt  zur  Bildung  des  körperlichen  Ecks  (0*0 
90°  38' j  mifst. 

Wollte  man  annehmen,  jener  ebene  Winkel  sey  ein 

Rechter,  so  findet  sich  rückwärts  Kante  ~  =  118°  37',  wäh- 
rend der  untere  Gränzwerth  jener  14  Messungen,  deren 
Mittel  angegeben,  nur  bis  zu  118°  55'  hinabgeht. 

Aus  den  mitgetheilten  Elementen  ergeben  sich  nun  unter 
Vergleichung  der  durch  Messung  gefundenen  folgende  Kan- 
tenwinkel: 


Berechnet 

Gemessen 

/  : 

/  (an  Axe  6)        =    64°  23' 

64°  28'  (5) 

/  : 

b                            ^122    12 

122      6    (20) 

/  : 

b  nicht  anliegend  =    57    48 

57    32    (11) 

s  : 

*  (an  Axe  a)        =  1 56    17-J 

156      2    (7) 

S  : 

b  über  /                =  101    51^ 

102      4    (10) 

S  : 

b  über  s  und  /    =    78      8£ 

78      2   (7) 

S  : 

/                             =159    39£ 

159    39   (24) 

103 


Berechnet 

G«M**en 

s  :  l  über  s 

=  135°  56f 

135  •  49'  (1) 

l  :a 

=  147   48 

147    55   (1) 

n  :  n  . 

=  133     4 

133     3  (4) 

n  :  o    . 

=  115   23 

115   37   (14) 

n  :  o  über  / 

=   76   58* 

76   59   (2) 

o  :  6 

=  104   47 

104   48  (16) 

o  :  6  Über  o 

=   75   13 

75     3   (4) 

n  :  6 

=  113  28 

113   32   (9) 

ff  :  6  über  n 

=   66  32 

66  22   (8) 

n:l 

=  137   20i 

137     0  (6) 

0  :  S 

=  117   50J 

n  :  s 

=  133   23  j 

133  36  (4) 

Neigung  der  Kante  —  zur  Axe  o  =  64°    1' 

2-    «      »       =47  37' 

n 

Die  Krystalle  gewinnen  eine  tafelähnliche  Ausbildung 
dadurch,  dafs  die  Flächeu  des  sehr  stark  geschobenen  rhom- 
bischen Prismas  s  meist  breiter  sind  als  diejenigen  des  Pris- 
mas I.  Die  Längsfläche  6  ist  meist  schmal,  zuweilen  fehlt 
sie  auch.  Nur  ein  einziges  Mal  habe  ich  eine  glatte  glän- 
zende Querfläche  a  gefunden.  In  der  Endigung  herrscht 
gewöhnlich  das  vordere  Flächenpaar  o,  welches  niemals  fehlt. 
Das  hintere  Flächenpaar  n  bildet  meist  nur  schmale  Ab- 
stumpfungen der  scharfen  Kanten  — ,  so  dafs  sich  nn  bei 

Anwesenheit  der  Querfläche  a  nicht  in  einer  Kante  schnei- 
den. Die  Flächen  n  fehlen  auch  wohl  ganz.  Sehr  selten 
sieht  mau  das  vordere  und  hintere  Flächenpaar  im  Gleich- 
gewichte ausgedehnt  Die  Flächen  n  sind  durchaus  glänzend 
und  glatt,  geben  einfache  klare  Spiegelbilder.  Auch  die 
Flächen  o  obgleich  sie  eine  sehr  feine  Streifung  parallel 
ihrer  vordem  schiefen  Kante  tragen  und  nicht  so  glänzen 
wie  das  hintere  Flächenpaar,  geben  gute  einfache  Bilder. 
Die  Längsfläche  b  ist  perlmutter-  und  seidenglänzend.  Ist 
sie  matt,  so  braucht  man  nur  die  ihm  parallel  stehende 
Spaltungsfläche  darzustellen,  um  einen  vollkommenen  Spie- 


104 


gel  xu  erhalten.  Viele  Mfihe  habe  ich  anwenden  müs- 
sen, am  genügend  übereinstimmende  Winkelwerthe  der  rhom- 
bischen Prismen  za  erhalten,  besonders  in  Bezog  aaf  *,  das 
dreifach  starker  geschobene.  Eine  verticale  Streifong  bringt 
oft  verwaschene  Bilder  hervor.  Auch  mufs  ich  mit  Be- 
stimmtheit schliefsen,  dato  hier  Unregelmfifsigkeiten  in  den 
Neigungen  sich  finden.    Auffallender  Weise  gab  bei  der 

Messung  die  Combinationskante  y  weit  übereinstimmendere 

Resultate  als  irgend  ein  anderer  Winkel  in  der  horizonta- 
len Zone  ').    Die  Neigung  o:l  liefe  sich  mit  befriedigender 

1)  Es  erscheint  nicht  unwichtig  für  den  oben  bezeichneten  Fall,  der  ja 
bei  zwei-  nnd  zweigliedrigen  (rhombischen)  und  zwei-  und  eingliedri- 
gen (roonokhniscbeii)  Systemen  hlnfif  vorkommen  kann,  zu  dedociren 
wie  aus  der  gemessenen  Combinationskante  zweier  rhombischen  Prismen 
die  Winkelwerthe  dieser  beiden  letztern  sofort  gefunden  werden.  Bei 
dieser  Deduction  erfreute  ich  mich  des  Ratbes  von  Dr.  R.  Lipschits. 

In  nebenstehender  Fi- 

^ *  D  "      gur  sey:    LAOB=*q>, 

gleich  dem  halben  vorde- 
ren Kantenwinkel  des  ei- 
nen   Prismas.      L.  AOC 
=  1//,  gleich  dem  halben 
vorderen    Kanten winkel    des    anderen    Prismas.      ED  =}=  OB.     Daher 
Z-O.EZ)  =  J2,  gleich  der  gemessenen  Combinationskante  beider  Prismen. 
AO=**,  AB=b,  AC=fcb.     Nun  folgt, 

y— 9=>=1800  —  Sl. 

Da  nun 

tSf"=r*»f* 
so  ergiebt  sich 

*\V      <Pß       H-^tgy.tg^)' 
Dieser  Ausdruck  fuhrt  su  einer  quadratischen  Gleichung;  geordnet  auf- 
gelöst giebt  sie 


tg*9  — 


—  1 


^Y^ 


H  tg  (y—  q>) 


(y  —  9K      f* 


Es  sey  bemerkt,  dafs  der  Wertb   von  fi,  d.  h.  das  Tangenten -Ver- 
hälinifs  der  halben  vordem  Kantenwinkel  der  beiden  Prismen,  gemÜs 


Genauigkeit  ermitteln,  da  die  quer  gegen  die  Vertical-Strei- 
fung  auf  /  relleclirten  Bilder  recht  scharr  sind. 

Die  Krystalle  des  zweifach  molybdänsaureu  Ammoniaks 
besitzen  eine  vollkomuiuc  Spaltbarkeit  parallel  der  Längs- 
fläche  b.  In  dieser  Richtung  springt  wie  bei  dein  Euklas 
ein  Lichtschein  aus  dein  Innern  des  Kryslalls  hervor. 

Unter  der  grofsen  Zahl  der  mir  zur  Verfügung  stehen- 
den Kryslalle  eind  auch  mehrere  von  laf eiförmiger  Gestalt, 
welche  nur  uingranzt  zu  seyn  scheinen  von  der  Querlläcbe, 
der  Längsfläche,  einer  vorderen  Schiefendfläche,  welche  die 
Kante  —  und  einer  hintern,  welche  die  Kante  —  abstumpfen 
würde.  Die  Querilachc  ist  stark  verlical,  die  Schiefcudflä- 
chen  parallel  ihrer  schiefen  Diagonalen  gestreift.  Bei  ge- 
nauerer Bestrahlung  überzeugt  man  sich,  dafs  bei  diesen 
Krystallen  weder  die  QuerÜache,  noch  die  beiden  Schicf- 
cndllächeu  wahre  Flächen  sind,  sondern  nur  den  Schein  von 


den   krpwtliigrap  bischen  G< 


i,  ilufrti  twei  ungrfährc  Messungen  so- 
Ausdruck  für  die  laug  .;  ist  irreideutig 
er  twel  sinnvolle  Wertl.e  Beieicl.nen  wir  mit  Ig  ,p, 
lgT,  den  indem  Werlb,  in  «eben  beide  in  dem  Ver- 


bähniC,  uafs 

Igcfl  •  tga>,= 
Den  beiden  WertheD  für  Ig ./    entspreche] 

'gfi  =f*->g,Pi 
igV>  =  f  -'SV' 

1 

'Sfl 


=  cotgu>. 


p.tg?, 

<g  V»  =  f  ■  fl  9>  —  colI  ?■• 

Wclehen  vnn  beiden  Werllien   für  lg<j>  oder  Ig  f  man   ;.u   wählen  babe, 
darüber  entscheidet  sofort  eine  jener  ungefähren  Messungen. 

Stapitl.    ß  =  IS9°39'.    u-  —  y=20»21'.    ,,=3. 

Wählt  nun   im    Ausdruck  für  ig  o>    den  positiven  Wurielwcrth,   10  er- 
gebt sich 

T,  =  57M7i',    u>,=78D8J'. 

Aul  dem  uegiliien  Wunelwerlhe  folgt 

Vl=ll*Sli',      f,  =  32e12i'. 


keinen   Augenblick  iweifelhaft  sejn. 


106 

solchen  haben,  dadurch,  dafs  unzählige  Male  die  Prismen« 
flächen  *  und  die  Flächenpaare  o  und  n  sich  wiederholen. 

AoCser  den  bisher  geschilderten  regelmäfsigen  Krystalleri 
fand  ich  in  dem  mir  übergebenen  Glase  noch  eigenthüm- 
liche  Krystaügruppen,  welche  yermuthlich  von  einer  beson- 
dern Abdampfung  herrührten.  Sie  bilden  knglige  Aggre- 
gate von  zahlreichen  parallel  der  Längsfläche  tafelförmig 
gewordenen  Krystallen,  welche  mit  ihrer  Tafelfläche  so  an- 
einander liegen,  dafs  ihre  pheripherischen  Theile  sich  schnel- 
ler von  der  Medianebene  (Axenebene  ac)  der  KrjstalL- 
gruppe  entfernen,  als  die  centralen  der  Axe  6  näher  liegen- 
den Theile.  So  entstehen  auf  den  Längsflächen  dieser  Kry- 
stallgruppen  flach -trichterförmige  Vertiefungen. 

Während  die  regelmäbigen  Einielkrystalle  keine  Spar 
von  anderen  Flächen  ab  die  oben  bestimmten  zeigen,  bie- 
ten die  Kryslallgruppen  noch  eine  interessante  Fläche  dar, 
welche  leicht  durch  Zonenbeobachtung  zu  bestimmen  ist 
Sie  gehört  einem  vorderen  Augitpaare  an  und  stumpft  einer- 
seits die  Kanten  ~  ab,  fällt  also  in  die  Diagonalzone  der- 
selben Schiefendfläche,  zu  der  auch  o  gehört.  Andrerseits 
bildet  sie  parallele  Combinationskanten  mit  s  und  n.  Die 
punklirtc  Linie  in  der  Projectionsfigur  Fig.  11  Taf.  III  stellt 
diese  Fläche  dar,  der  das  Zeichen 

*    u=  (a:$b:c)  =  —  3P3 

zukommt.    Diefs  Flächenpaar  würde  in  seiner  schiefen  Kante 
den  Winkel  103°  16'  messen. 

Nachdem  ich  Messung  und  Berechnung  des  zweifach 
molvbdänsauren  Ammoniaks  vollendet,  erfuhr  ich,  dafs  von 
demselben  Salz  bereits  Messungen  von  Haidinger  und 
Mariguac  vorhanden.  Ihre  Resultate  liegen  mir  nur  in 
Rauimelsberg's  Supplement  vor  S.  98.  Haidinger's 
und  Marignac's  Untersuchungen  stimmen  in  wenig  be- 
friedigender Weise  mit  einander  überein.  Schwerlich  be- 
ziehen sie  sich  auf  dieselbe  Substanz.  Auch  scheint  die 
Vergleichuug  der  beiderlei  Winkel  nicht  ganz  richtig  zu 
seyn.     Der  von   Marignac  gemessene   Winkel   115°  59' 


107 

besieht  sich  auch  wohl  nicht  auf  die  seitliche  Endkante  des 
zwei-  und  ein-gliedrigen  Octaedere  o*,  o'*,  sondern  auf  die 
Combinationskante  der  beiden  Augitpaare  o  und  0'*.  Dann 
stimmen  Marignac's  Messungen  auch  wohl  mit  den  mei- 
pigen  überein;  Marignac  fand: 

0:0=  150°  24',  n:o es  115»  bff,  J:6  =  122°  —  123°, 
n:  6  =  113°  45',  n:/=  137°  lff,  0 :  6  =  104°  48'. 


3.    Benauid  C"  H*  °|  J  N. 


Das  mir  zur  Untersuchung  übergebene,  durch  Schmel- 
zung erhaltene  Benzamid  stellte  einA  schwach  honiggelb  ge- 
färbte, krystalbnisch -blättrige  Masse  dar.  Auf  dieser  Masse 
sitzen,  hineinragend  in  die  innere  durch  Abgiefsen  der  noch 
nicht  erstarrten  Substanz  entstandene  Höhlung,  sehr  kleine 
wohlausgebildete  Krjrstalle.  Ihre  Gestalt  ist  tafelförmig, 
kaum  bis  T'ir  Linie  dick.  Die  Tafel  gewöhnlich  oblong, 
nicht  in  der  einen  Richtung  2  bis  3,  in  der  andern  1  Linie. 
Zuweilen  erscheint  die  Tafel  zu  einer  Nadel  ausgedehnt, 
selten  quadratisch.  Sowohl  die  lange  als  auch  die  schmale 
Seite  der  Tafel  trägt  Zuschärfungsflächen  (Fig.  12  Taf.  III, 
bei  welcher  um  die  zuschärfenden  Flächenpaare  deutlicher 
zu  zeigen,  die  Dicke  der  Tafel  verhältnifamäfsig  bedeuten- 
der ist,  als  ich  es  in  der  Natur  gefunden). 

Das  Krystallst/Mtem  »wei-  und  zweigliedrig  (rhombisch). 
s.  Fig.  12  —  15.    Es  verhalten  sich  die  Längen  der  Axen 

a:b:c  =  0,9838  :  1  :  0,2277. 

Das  zur  Grundform  gewählte  Rhomben  -Octaeder  0  = 
(a :  6 :  c)  =  P  Fig.  13  Taf.  III  uiifst  in  der 

vordem  oder  hintern  Endkante    .155°    ö' 
seitlichen  Endkante  154   34 

Seitenkante  35   59. 

Die  Basis  dieses  Octaedere  weicht  nicht  allzusehr  von  einem 
Quadrate  ab,  indem  ihre  an  der  Axe  a  liegenden  Winkel 
90°  56',  die  an  der  Axe  6  liegenden  89°  4'  messen.  In 
der  Protection  Fig.  14  Taf.  III  ist  die  Grundform  durch  ge- 
strichelte Linien  (0)  bezeichnet. 


106 

Weder  die  Grundform  noch  andere  Octaeder  habe  ich 
an  den  Krjstallen  gefunden,  wohl  aber  folgende  Flächen: 
erstes  (zur  Grundform)  zugehöriges  Flächenpaar  —  verli- 
cales  rhombisches  Prisma 

m  =  (a:6:aDc)  =  <z>P 
ein  anderes  verticales  Prisma ,  dessen  Querschnitt  bei  glei- 
cher Diagonale  a  mit  n>  nur  eine  halb  so  grofse  Diagonale 
b  besitzt  als  n, 

I  =(a:  46:qdc)  =od  JP2 

Querfläche  a  =  (a :  od  6 :  od  c)=  od  P od 

Längsfläche  6  =  (6 :  x>  a :  od  c)  =  ao  P  od 
zweites  zugehöriges  Flächenpaar,  Querprisma, 

i  =(a:CQD&)  =  ooP2 

Weder  das  dritte  zugehörige  Paar,  Längsprisma ,  noch  die 
Geradenfläche  habe  ich  beobachtet. 

Die  Axen  wurden  aus  folgenden  zwei  Winkeln  berech- 
net: der  Combinationskante  des  Querprismas  und  der  Quer- 
fläche 

i:a  =  103°  2'  (Mittel  aus  10  Messungen), 

der  Combinationskante  des  ersten  verticalen  Prismas  zur 
Querfläche 

m:a=  135°  28'  (11). 
Es  betragen  die  Neigungen: 

Bcrecli 

m  :  m  (vorne)  =   90° 

l  :  l  (vorne)  =    53 

t  :  a  (über  *)  =   76 
t  :  t  (an  Axe  c)  =  153 

i  :  m  =99 

l  :  a  (überm)  =116 

l  im  =161 

l  :  b  =  153 

i  .  l  =95 

Eine  gröfeere  Uebereinstimmung  der  Winkel  liefs  sich 
bei  der  geringeren  Zahl  der  zum  Messen   geeigneten  Kry- 


oet. 

Gemessen. 

56' 

— 

52 

— 

58 

77°  5'  (7) 

56 

154  17  (3) 

15 

98  38  (1) 

56 

116  35  (1) 

28 

161  29  (1) 

4 

153  24  (1) 

52 

_ 

stalle  und  ihrer  Kleinheit  nicht  erreichen.  Tafclflächc  ist 
stets  die  Qucrtlächc  a.  In  dieser  Ebene  sind  die  Krystall- 
tafcln  entweder  in  der  Richtung  der  Axe  b  oder  der  Aue  C 
ausgedehnt.  Das  eine  zeigt  die  schiefe  Projeclion  Fig.  12 
Taf.  III,  das  andere  die  gerade  Projeclion  auf  die  Querfläche 
Fig.  15.  Mit  einer  ihrer  schmalen  Seiten  sind  die  Tafeln 
stets  aufgewachsen,  daher  an  einein  Ende  stets  abgebrochen. 
Zuweilen  dehnen  sich  die  Krystalle  zu  Nadeln  aus.  Die 
Liiiigs Wiche  b  ist  immer  äufserst  schmal,  fehlt  aber  gewöhn- 
lich nicht.  Un regelmässig  gebogene  Tafeln,  an  die  Biegun- 
gen der  Gyps-Krystalle  erinnernd,  kommen  auch  vor.  Die 
Kryslalle  sind  vollkommen  spaltbar  parallel  der  Querflüche  a, 
auf  welcher  Newton'sche  Farbenringe  erscheinen. 


•  O, 


Wie  Baumert  und  Landolt  (Ann.  d.  Chemie  und 
Pharmacie  Bd.  CXI,  S.  5  u.  6)  gefunden  haben,  bilden  sich 
beim  Eintragen  von  mit  Aether  befeuchtetem  Kaliuinanml 
in  eine  Auflosung  von  Chlorbcnzoyl  in  Aether  farblose 
Kryslalle  von  Benzamid  und  Dibenzauiid,  welche  gereinigt 
und  durch  kaltes  Wasser,  worin  das  Dibenzamid  fast  un-, 
löslich  ist,  getrennt  wurden.  Die  Kryslalle  dieses  letzteren 
entstanden  durch  freiwillige  Verdunstung  der  wässerigen 
Lösung.  Wenn  auch  im  chemischen  Verhalten  beide  Kör- 
per die  grölste  Aehnlichkeit  zeigen,  so  sind  sie  doch  kei- 
neswegs isomorph.  Das  Kryslallsyslem  zwei-  und  zwei-glie- 
drig  (rhombisch)  a.  Fig.  16  u.  17  Taf.  III.  Die  Kryslalle 
sind  Combinationeu  eines  Rhomben  od  aeders  mit  einein  ver- 
licalen  Prisma,  auf  dessen  Seitenflächen  die  Oclae'der-Flä- 
chen  nicht  gerade  aufgesetzt  sind.  Andere  Flächen  kommen 
nicht  vor. 

Axen-Verhältnifs  a-.b:  c  =  0,9305  :!:  1,0690. 
Beobachtete  Flächen  sind:  des 

Hauptoclaeders  0  —  (a;b:c)  =  P 

vcrlicalcn  rhombischen  Prismas  (=:(fl:J6:irc)  =  icPl 


iio 

Aus  der  Neigung  der  Octaederfläcben  in  seinen  schär- 
feren seitlichen  Endkanten  —  103°  45'  —  and  aas  dem  Kan- 
tenwinkel des  rhombischen  Prismas  l  an  der  Aze  b  123°  30*» 
welcher  der  schärfern  Endkante  des  Octaeders  anliegt,  wur- 
den die  Axenlängen  berechnet. 

Berechne!  Gernetten 

Vordere  Endkante  des  Octaeders  o  — 109°  59V       109°  5^ 
Seitenkante  des  Octaeders  o=114   59  — 

o:l  =s  142   58  143     3 

Querflgehe  zur  anliegenden 

Octaederfläche  128     7£        128    12 

Querfläche  zur  nicht  anliegenden 

Octaederfläche  *  51    52£  51    55 

An  dem  Octaeder  o  beträgt  die  Neigung  der 

scharfen   Endkanten  zur  Axe  c  —  43°  5* 

stumpfen  »  »       »        —  41   2£ 

Seitenkanten  zur  Axe  a  —  47   3£ 

Die  Krjstalle  erscheinen  stets  säulenförmig  ausgebildet  pa- 
rallel der  Axe  c. 

Die  Querfläche  erscheint  nicht  als  Krystallfläche,  ob- 
gleich man  sie  bei  ihrem  häufigen  Auftreten  leicht  für  eine 
solche  halten  könnte  (s.  d.  cit.  Auff.  S.  6).  Eine  sehr  voll- 
kommene Spaltbarkeit,  wenigstens  so  vollkommen  wie  der 
erste  Gjpsbruch,  stumpft  parallel  der  Querfläche  die  vor- 
dere scharfe  Kante  des  verticalen  Prismas  ab.  Kaum  ver- 
mag man  einen  anderen  Bruch  wahrzunehmen.  Die  Spal- 
tungsflSche  zeigte  Perlmutterglanz.  Die  Krjstalle  sind  zum 
Theil  vollkommen  durchsichtig,  farblos,  bis  sechs  Linien 
lang,  bis  1  Linie  dick,  äufserst  zerbrechlich. 

5.    KaUnmplatinsesquicyanür,  2  (KaCy)  +  Pta  Cy,  +  5  aq. 

Diefs  Salz  war  nach  der  von  Knop  angegebenen  Me- 
thode durch  Einwirkung  von  Chlor  auf  Kaliumplatincjanür 
dargestellt  worden. 

Krystallisirt  im  viergliedrigen  -  quadratischen  Systeme. 
Die  Krjstalle  sind  nadeiförmig,  eine  bis  drei  Linien  lang, 
äufserst  dünn,  und  spiegeln,  wenn  man  sie  um  die  ausge- 


zeichnete  Axc  dreht,  stets  acht  Mal.  Jeder  dieser  Spiegel 
bildet  mit  dem  benachbarten  den  gleichen  "Winkel  von  135°, 
je  zwei  abwechselnde  neigen  sich  unter  °(>",  Es  folgt  daraus, 
dafs  die  Nadel  durch  eine  Combiuation  des  ersten  und 
zweiten  quadratischen  Prismas  gebildet  wird.  Eines  dersel- 
ben zeicliuet  sich  gewöhnlich  vor  dem  andern  durch  grö- 
feere  Ausdehnung  seiner  Flächen  aus.  Das  eine  Ende  fand 
ich  stets  abgebrochen,  das  andere  durch  die  gerade  End- 
fläche begrünst.  Oclaeder  oder  andere  Zuspitzungs-Flachen 
fehlen,  so  dafs  das  Axen-Verhältnifs  nicht  zu  bestimmen  ist. 

Eine  besondere  Aufmerksamkeit  verdient  das  Kalium- 
platinsesquicjanür  durch  seine  Farbenerscheinungen.  In  die- 
ser Hinsicht  würde  dasselbe  zu  den  schönsten  Körpern  der 
Natur  geboren,  wenn  es  möglich  wäre,  gröfsere  Kristalle 
darzustellen.  Die  Substanz  ist  durchscheinend,  was  indefs 
bei  der  Kleinheit  der  Krystallc  und  ihrem  vollkoimnnen 
Metallglanz  nicht  ganz  leicht  wahrnehmbar  ist.  Beim  Hin- 
durebseben  ist  die  Farbe  pistaziengrün,  wie  die  des  durch- 
sichtigen PJstazits  aus  der  Dauphine.  Beim  Darangehen  im 
retleclirten  Lichte  haben  die  Krystallc  eine  schwer  zu  be- 
schreibende Farbe.  Sie  kommt  mit  keiner  der  bekannten 
metallischen  Farben  Überein  —  ist  noch  viel  rölher  als 
Kupferroth. 

Betrachtet  man  eine  Krjslallnadel  im  reflectirten  Tages- 
lichte, indem  man  sie  allmählich  um  ihre  Hauplaxc  hori- 
zontal dreht,  so  dafs  die  Drehung  oben  sich  vom  Be- 
schauer entfernt,  so  sieht  man  die  Flächen  zuerst  beim 
Emporsteigen  mit  blutrolhcui  Lichte  erglänzen.  Je  weiter 
man  dreht,  um  so  mehr  Gelb  mischt  sich  in  das  Both,  so 
dafs  die  Fläche  endlich  in  rein  gelbem  Lichte  strahlt.  In 
dem  Augenblicke,  in  welchem  für  das  Auge  die  Fläche  sich 
zu  einer  Linie  verkürzt,  blitzt  sie  nochmals  mit  grünem 
Lichte  auf.  Betrachtet  man  nun  dieselbe  Fläche,  indem 
man  sie  nm  eine  Axe  dreht  parallel  der  Combinationskante 
jener  Fläche  und  der  Endfläche,  so  zeigt  der  rothe  Glanz 
sich  stetig,  keinerlei  Veränderung  unterworfen.  Diese  Er- 
scheinungen bieten    gleichermafscn   alle  acht  Prismenllächen 


112 

dar.  Von  denselben  unterscheidet  rieh  wesentlich  die  End- 
fläche. Sie  hat  den  stärksten  Glanz,  so  daCs  ich  sie  noch 
recht  gut  messen  konnte,  ob  sfe  gleich  mit  dem  blofeen 
Auge  nur  selten  wahrzunehmen  war.  Ihr  Glanz  ist  indefo 
rein  weiCs. 

6.    Nlfrophenyloxjrtf-phosphoraaiires  Kali  CiiH^N^q|pOi -hM- 

Eine  neue  Verbindung  von  Prot  Baumert  dargestellt 
durch  Sättigen  der  Säure  mit  kohlensaurem  Kali  aus  wäß- 
riger Lösung. 

Krystallsystem  «toet-  und  zweigliedrig  (rhombisch)  Fig. 
18  u.  19  Tai  III. 

Axenverhältnife:  a:b:c  =  0,7194 : 1 : 0,5462 

Die  feinen  nadeiförmigen  Kiystalle  lassen  folgende  Flä- 
chen beobachten: 

Rhombisches  Prisma  l  =  (a :  |  b :  ao  c)  =  od  P2 

Querfläche  a  =  (a :  od  6 :  od.c)  =  od  P od 

Längsfläche  6  =  (6 :  od  a :  od  c)  =  od  P  od 

Querprisma  A  =  (a :  7  c :  od  6)  =  £  P  od 

Rhombenoctaeder       o  =  (a :  b  :  c)  =     P 

Die  Axen-  Elemente  wurden  aus  folgenden  zwei  Win- 
keln abgeleitet: 

Seitliche  stumpfe  Kante  des  rhomb.  Prismas 

/ :  /  (an  Axe  6)  =  110°  24'  (M.  aus  11  M.) 
Combinationskante  h:  l  =  101    42  (17  Mess.) 

Aus  dem  Axcn-Verhältnifs  findet  man  am  Octaeder  o  die 

vordere  Eudkante  =  132°  58' 
seitliche        »  =112    39 

Seitenkante  =   86     9 

Es  betragen  die  Winkel  nach  der 

Berechnung  Messung 

/  :  /  (an  der  Axe  d)  =    69°  36'  69°  3tf  (2) 

h  :  l  (über  h)           =    78    18  78    17  (9) 

h  :  h  (an  Axe  c)        =  138    25|  138   34  (4) 

h:  a                           =110    47^  — 


113 


Bit«  Im  un  g  Mwung 

A:  A*ec  =69"  12|'  — 

o.l  =130     5  129"  25'  (4) 

o.h  =151    37  152      9   (2) 

Die  Krvstal  In  adeln  sind  ausgedehnt  in  der  Richtung  der 
Axe  c,  und  werden  vorherrschend  durch  die  Flachen  des 
rhombischen  Prismas  /  umgräuzt.  Die  Quer-  und  Längs 
fläche  erscheinen  nur  als  äufserst  schmale  Abstumpfungen 
der  zweierlei  PriunenkanteD,  so  schmal,  dafs  sie  Dur  bei 
Lampenlicht  einen  höchst  schwachen  Reflex  geben. 

An  dem  einen  Ende  waren  die  Nadeln  stets  zerbrochen. 
Die  Zuschärfungsllächeii,  welche  das  andere  Ende  bilden, 
trclcn  auffallend  un  regelmässig  auf.  Oft  findet  sich  in  der 
Zuspitzung  nur  die  eine  Flache  des  Querprismas  h;  ist  auch 
die  andere  vorhanden,  so  ist  meist  die  eine  ausgedehnter 
als  die  andere,  Nicht  weniger  unregelmäßig  treten  die 
Octaederllachen  auf.  Bald  zeigt  sich  nur  eine  einzige,  bald 
zwei  nach  der  Weise  der  Tetraederllächcn  sich  gegenüber- 
liegende, bald  zwei  anliegende.  Vollflächig  sah  ich  das 
Octaeder  nicht  auftreten.  Diese  auffallende  Unregelmäfsig- 
keit  im  Auftreten  der  Flächen  h  und  o  liefs  mich  anfangs 
glauben,  dafs  das  System  zwei-  und  eingliedrig  sey.  Doch 
ist  diel's  nicht  der  Fall,  wie  ich  mich  überzeugt  habe;  eine 
Ucberzeugung,  welche  bei  der  Kleinheit  der  zu  messenden 
Flachen  —  der  Querdurchincsser  der  Krystalluadelu  betrug 
kaum  -J  Linie  —  nur  durch  deren  starken  Glanz  zu  gewin- 
nen war.     Es  ist  Dia 


lantglanz.  Die  Farbe  steht  zwischen 
Honiggelb  und  Pommerauzcngelb,  sie  entspricht  vollkommen 
derjenigen  des  Grecnockits. 


Nitrojihctij-Ioxydpliosphorsnurer  Baryt. 
C,,H,(l*Ot)0  jp 


Dargestellt  von  Baumert  durch  Sättigen  der  Säure  mit 
kohlensaurem  Baryt,  krystallisirt  aus  heifser  Lösung. 

Die  Krystallform   ist    ein-    und  eingliedrig,    triklüiisch, 

uud    es    zeigen   die  äufserst  kleinen    mir    übergebenen  Kry- 

i1üfgc,j.u„rr.  AhuI.  Bd.  ex.  % 


114 

stalle  das  Ansehen  der  Fig.  20  o.  21  Taf.  III.  Ihre  Farbe  ist 
goldgelb. 

8.    Pikrinsäure  (triBltrophensaure)  Strontianerde. 

8r°+ snS:  1  o+5ho 

erhalten  durch  Sättigen  der  freien  Säure  mit  kohlensaurer 
Strontianerde.  Krystallsystem  ein-  und  ein-gliedrig,  trikli- 
nisch,  s.  Fig.  22  Taf.  III. 

Die  pikrinsaure  Strontianerde  erscheint  in  feinen,  etwas 
breiten  Krystallnadeln  von  rein  citronengelber  Farbe  wie  Au- 
ripigmcnt  und  von  Deuiantglanz.  Parallel  der  breitern  Fläche 
spalten  sich  die  Kryställchen  leicht,  so  dab  sie  sich  meist 
als  äufserst  dünne  Flitterchen  darstellen.  Jene  breite  Fläche 
giebt  einen  sehr  deutlichen  Spiegel.  Dreht  man  den  Krj- 
stall  um  die  Säulenaxe,  so  glänzt  er  noch  zwei  Mal,  bevor 
man  wieder  den  Hauptspiegel  erhält.  Bei  der  Dünnheit 
der  Krystalle  ist  es  nur  selten  möglich,  die  beiden  Flächen 
zu  sehen,  welche  jenen  Glanz  erzeugen.  Doch  macht  das 
ausgezeichnete  Reflections-  Vermögen  der  Substanz  es  mög- 
lich, die  Neigungen  jener  schmalen  Flächen  zu  messen.  Die 
Figur  stellt  einen  Querschnitt  durch  den  Krjstall  senkrecht 
gegen  die  Säulenaxe  dar. 

Es  beträgt  die  Neigung: 

Gemessen 

m  (Tafelfläche)  :  I  =  147°    6r 

1:/  =131    51 
tri  :  /  =   81      4 
ni  :  t  =    98   55  1). 
In  der  Säulenzone  finden  sich  also  keine  Flächenpaare, 

1  )  Es  verhält  sich  demnach  tangZ.--  (32°  54')  zu  tang^y-  (81°4')  nahezu 

wie  1:10.  Beziehen  wir  daher  jene  drei  Flächen  der  horizontalen  Zone 
auf  zwei  «ich  rechtwinklig  schneidende  Linien  a  und  o,  von  denen  er- 
sten? auf  in  senkrecht  steht,  so  werden  ihre  Ausdrucke: 

m^a :  od 6 


sondern  nur  Einzelflächcu.  So  gehören  die  Kryslallc  dem 
1 -I- 1  gliedrigen  Systeme  an,  wenn  nicht  etwa  wie  beim 
Epidot  und  der  Oxalsäure  die  SchirTcndllächen  zur  Säule 
ausgedehnt  sind.  In  diesem  Falle  mufsten  sich  unter  den 
Zuspitzungsllächcn  keine  Einzelllächen,  sondern  nur  Flächen  - 
paare  finden.  Die  Klriuheit  der  Krystallnadeln  erlaubte 
leider  nicht,  etwas  Bestimmt«!  über  ihre  Endigung  zu  ermit- 
teln, Die  Flächen  der  horizontalen  Zone  werfen  einen  bläu- 
lichen Lichtschein  zunick,  besonders  die  schmalen  Flächen. 

9.  Jodsiibmetbyliiim  (i:.H,),sln-J, 
erhielt  Hr.  Prof.  Landolt  »durch  Einwirkung  von  Jodme- 
thyl C5H5J  auf  Slibmelhyl  (C,H3),Sb.  Diese  beiden 
Flüssigkeiten  vereinigen  sich  in  einer  weifsen  Masse,  wel- 
che durch  Umkryslallisiren  aus  Wasser  gereinigt  wird-. 
S.  Annalen  der  Chemie  und  Pharmacie  Bd.  84,  S.  44. 

Krystallsystem  secksgHedrig,  hexagonal,  s. Fig. 23  Taf.III. 
Beobachtete  Flächen  sind: 

Dihexaeder  x  —(a:a:  x  fl :  c)  =:  /* 

erstes  sechsseitiges  Prisina  o=(a.a;xa:»c)  =  ccP 

Gra  den  d  (lache  c  =  (c:«ffl:=ßffl:aDffl)=oP 

Es  verhält  sich  die  Länge  der  Nebenaxe  zu  derjenigen 

der  Hauptaxe  =  0,7(13  :  1   oder  =  1  :  1,422,  welches  Vcr- 

hällnifs  abgeleitet  wurde  aus  der  Neigung  der  Dihexaeder  - 

zur  Prismenfläche  =  148°  40'. 

Kcrcclinei       'Dcobarhiei 

Eudkantcn  -Winkel  des  Dihexaeders  =  129°  26'  129°-130" 
Seitenkanten-Winkel-  -  =117    20  — 

x:c  =121    20     121       17 

Neigung  der  Dihexaeder- Endkante  zur  Axe  c  =  35°  6i' 
Neigung  der  Dihexaeder -Fläche  zur  Axe  =31    20. 

Die  Krystalle  stellen  sich  als  niedrige  sechsseitige  Pris- 
men dar  mit  herrschender  Gradendilächc  c.  Nicht  immer 
tritt  das  Dihexaeder  x  auf,  niemals  vorherrschend. 

Das  Jodstibmcthylium,  welches  mir  nur  in  geringer 
Menge  zur  Verfügung  stand,  bildet  eigentümliche  Kry stall 
Gruppirungen,   indem  um   ein  mittleres  hervorragendes  in- 


116 


dividuum  Kränze  von  andern  Individuen  in  paralleler  Stel- 
lung sich  anlegen,  die  lofseren  Kränze  stufenweise  tiefer 
liegend  als  die  innern.  So  entstehen  terrassenförmige  Ge- 
stalten. 

10.    Dreifach  Jodsckwefel  8Ja 

bildet  sieh  nach  den  Untersuchungen  des  Prof.  Landolt 
»immer  wenn  Jod  und  Schwefel  in  beliebigen  Verhältnissen 
in  Schwefelkohlenstoff  aufgelöst  und  die  Flüssigkeit  lang- 
sam verdunstet  wird.  Nimmt  man  mehr  Jod  als  dem  obi- 
geu  Atomen  -Verbältnils  entspricht,  so  krystallisirt  zuerst 
ein  Theil  desselben  als  solches  heraus,  nachher  scheidet  sich 
dreifach  Jodschwefel  ab.  Ist  umgekehrt  der  Schwefel  im 
Ueberschufs,  so  erhält  man  erst  Krystalle  von  Jodscbwefel 
und  dann  eine  braune  Blasse  von  jodhaltigem  Schwefel.« 

KrystalUystem  zwei-  und  *u>ei-gliedrig,  rhombisch,  (s. 
Fig.  24  bis  28,  Taf.  III). 

Die  mir  zuerst  übergebenen  Krystalle  von  Jodschwefcl 
zeigten  die  Gestalt  Fig.  24,  25  Taf.  III,  stellten  also  die 
Coinbination  eines  rhombischen  Octaeders  mit  der  Längs* 
fläche  dar,  welche  letztere  stets  als  Tafelfläche  ausgebildet 
ist    Tafelförmige  Krystalle  (I). 

Später  erhielt  ich  in  grofser  Menge  Krystalle  von  einem 
sehr  abweichenden  Ansehen,  Fig.  26,  27,  28  Taf.  III.  Theils 
waren  es  Rhombcnoctaeder,  theils  Combinatiouen  desselben 
mit  einem  rhombischen  Prisma.  Octaedrische  und  prisma- 
tische Krystalle  (II).  Beide  letztere  Formen  sind  durch 
Zwischengestalten  mit  einander  verbunden,  und  kommen 
zahlreich  aus  derselben  Flüssigkeit  gebildet  vor. 

Die  Krystalle  (I)  und  (II)  wurden  nicht  gleichzeitig  aus 
derselben  Flüssigkeit  erhalten,  doch  soll  die  Darstellungs- 
weise stets  völlig  gleich  gewesen  seyn,  wenigstens  war  man 
sich  keiner  Abweichung  bewufst. 

An  den  Formen  (I)  mafs  ich  folgende  zwei  Winkel: 
Combinationskante  des  Octaeders  o  =  (a :  6 :  c)  =  P  und  der 

Längsfläche  b  =  (6  :  x  a :  od  c)  =  od  JP  od  121°  4'  (Mittel  aus 
9  Messungen,  gröfste  Differenz  45'). 


■ 


Seilenkautc  des  Octaeders  —  =  136"  8'  (3  Messungen, 
Differenz  15'). 

Daraus  finde!  man  das  Axeii-  Verhältnis 
0:6:0  =  0,668:1:  1,382. 


i ;.-.,],  ...■!,!,■! 
79"  30' 
117    50 


Seitliche  Eudkante  des  Octaeders       79"    8' 
Vordere  Eudkante    ■  ••  117    52 

Bei  Messung  der  Kryslalle  mufstc  ich  mich  als  Spiegel- 
bilder der  Flamme  einer  Lampe  bedienen,    da   die  Flächen 
nicht  sehr   glänzend   waren.     Zusehends   werden  dieselben 
trüber,  indem  Jod  entweicht,  und  sg  die  Krystalle  allmäh- 
lich   zerstört.     Die   Kristalle  (I)    haben    also   offenbar   die 
Form    des  Jods  und    zwar   dessen    einfachste   Combination. 
Die  Abweichungen,  wenn  sie  wirklich  existiren,  sind  nicht 
gröfser,    als  sie  bei  allen  isomorphen  Korpern  vorkommen, 
Mitscherlich,  Monatsberichte  der  Acnd.  d.  Wissenschaft, 
iu  Merlin  1855,  S.  416,  fand  die  drei  Kantcnwinkel  des  Oc 
taeders    135"  52',    78"  58',    118°  18;   das   Axeii-  Verhältiufs 
;Ä:C  =  0,6644:l:l,3ti53. 
All  den  oetaedrischen  Kristallen  (II)  Fig.  26  fand  ich  die: 
seitliche  Endkantc  =   57ü20' 
Seitenkante  =128  30 

woraus  das  Axeii- Verhältnis  o :  6 :  c  =  0,2318 :  1 : 0,(682 
oder  =0,6954:3:  1,4046 

■ich   ergiebt.     Vernachlässigt  man   den  Unterschied   iu  den 
Axeu  a  und  c  von  denselben  Axcn  bei  den  Kristallen  (I), 
so  erhält  das  Oclaedcr  e  das  Zeichen  («:&:  c),  =^Pj. 
Winkel  des  Octaeders  e  bercebnet  nach  den  Axen 

rJtt  kr j stjlk  (1)       Hiucbarlicli'i 
iu  der  seitlichen  Endkanle  =    "iti"    1'  56°  16' 

»     «     vorderen  Endkante  =  157    20  157    28 

■■     ■     Scileukantc  =129    30  129    12. 

Mit  dem  Octaeder  e  trilt  gewöhnlich  in  Combination 
ein  Querprisma,  desseu  Combiualionskautcu  mit  dein  Octae- 
der gegen  die  Eindecke  (an  der  Axc  c)  divergircu,  dessen 
I  lachen  also   einen  gtütscren  Winkel   mit  c  bildcu  als  die 


118 

vordere  Endkante  des  Octaedere.  Zuweilen  ist  diefe  Quer- 
prisina  so  wenig  ausgedehnt,  dafs  seine  Flächen  an  der 
Axe  a  sich  nur  berühren,  ohne  «ich  in  Kanten  zu  schnei- 
den. Häufiger  indefs  siud  die  Krystalle  in  der  Richtung 
der  Axe  6  aufserordentlich  ausgedehnt,  und  erscheinen  in 
spiefsigen  Formen,  einen  Zoll  lang,  kaum  eine  Linie  dick.  Ihre 
Spitze  ist  bald  ganz  scharf,  bald  schwach  abgestumpft  durch 
die  Längsfläche  6,  welche  als  Tafelfläche  an  den  Krystallen 
(()  erscheint  Zu  genauen  Messungen  sind  die  Flächen  des 
Querprismas  durchaus  ungeeignet  Ich  fand  die  stumpfe 
an  der  Axe  a  liegende  Kante  in  mehreren  Messungen  schwan- 
kend zwischen  116°  2ff  und  118°  30\    Der  wahrscheinlich 

richtige  Werth  ist 

117°  45', 

derselbe  entspricht  auf  die  Axen  der  Krystalle  (I)  bezogen 

der  Formel 

A  =  (|a:  c:oc6),  =  4P». 

Anch  für  die  Krystalle  (II)  ist  also  die  Isomorphie  mit 
dem  Jod  nachgewiesen,  so  genau  wie  es  nur  die  Flächen - 
.Beschaffenheit  erlaubt;  wenn  auch  beim  Jod  das  Octaeder  e 
als  aussen  liefslich  herrschende  Form  nicht  bekannt  ist,  und 
das  Querprisma  h  hier  gar  nicht  vorkommt  Wenn  aber 
der  Jodschwefel  in  der  Form  des  Jods  krystallisirt,  so  folgt 
mit  Nothwendigkeit,  dafs  auch  der  Schwefel  für  sich  die 
Form  des  Jods  unter  geeigneten  Umständen  annehmen  könne; 
dafs  derselbe  also  trimorph  sey,  indem  er  im  zwei-  und 
cin-gliedrigcn,  und  mit  zwei  nicht  auf  einander  zurückzu- 
führenden Axen -Elementen  im  zwei-  und  zwei-gliedrigen 
Systeme  krystallisire. 

Ich  verhehle  mir  nicht,  dafs  man  diese  Folgerung  nur 
mit  Widerstreben  kann  gelten  lassen.  Denn  dem  Gesetze 
der  Isomorphie  sollten  nur  chemisch  ähnliche  oder  ähnlich 
constituirte  Köfper  gehorchen.  Jod  und  Schwefel  sind 
aber  äufserst  verschiedene  Stoffe. 

Dem  könnte  man  Folgendes  entgegenstellen: 
1 )  Es  siud  mehrere  Beispiele  bekannt  von  unähnlich  zu- 
sammengesetzten und  doch  isomorphen  Körpern.    Die 


110 


* 


kohlensaure  Kalkcrde   iso dimorph   mit  salpetersaurem 
Kali  und  salpetersaurem  Natron,  die  rhomboedrischeti 
Metalle    isomorph    mit    den    Oxyden    des  Aluminiums 
Eisens  und  Chroms. 
*i)  Die  Beispiele   der  Isomotphie   einfacher  Körper  sind 
so  wenig  zahlreich,  dafs  wohl  ein  Zweifel  berechtigt 
ist,  ob  diese  Klasse  von  Körpern  in  ihrer  Form  durch- 
aus demselben  Gesetze  gehorchen. 
Wenn  aber  diese  Erwägungen  noch  nicht  genügen,  die 
Isomorphic  von  Jod  und  Schwefel  glaublich  zu  machen,  so 
bleibt  nur  folgende  Ansicht  Übrig.    Steht  vielleicht  der  Jod- 
schwefel  an   der  üufsersten   Gräuze   einer    chemischen   Mi- 
schling,  zwischen   einer  solchen   und   einchi  Gemenge?   Ist 
er  als  Schwefel  haltiges  Jod  anzusehen? 

In  diesem  Falle  hätte  es  nichts  Ucberrascheudes,  dafs 
die  4,03  Proc.  Schwefel  des  SJa  die  95,97  Proc  Jod  nicht 
hindern  können,  die  Jod-Formen  anzunehmen.  So  zwingt 
ja  in  dein  kryslallisirleu  Sandstein  von  Fontaincbleau,  den 
Landes  von  Bayonue,  von  Bergerac,  die  geringe  Menge 
kohlensauren  Kalkes  die  überwiegende  Masse  von  Quarz- 
sand in  die  Kalkspalh-Fonn  hinein. 

Dieser  Ansicht  steht  indefs  der  Umstand  entgegen,  dal's 
die  im  Laboratorium  des  Prof.  Landolt  angestellten  Ana- 
lysen in  den  tafelförmigen  Krystallen  (I)  stets  ein  Atom 
Schwefel  auf  drei  Atome  Jod  ergaben.  In  Betreff  der  Kry- 
slalle  (II)  will  Landolt  dasselbe  noch  nicht  mit  Bestimmt- 
heit behaupten,  doch  sind  sie  jedenfalls  Jodschwefel.  Seiner 
Zeit  wird  er  das  Besultat  der  betreffenden  Analysen  ver- 
öffentlichen. 

Der  iitinospuärischcu  Luft  ausgesetzt,  zersetzt  sich  der 
Jodschwefel  schnell,  indem  er  Jod  aushaucht.  Die  beiden 
Formen  (I)  und  (II)  verhalten  sich  in  dieser  Hinsicht  etwas 
verschieden.  Die  tafelförmigen  Kryslalle  haben  nach  einigen 
Tagen  alles  Jod  verloren,  der  gelbe  Schwefel  bleibt  zurück 
als  eitl  feines  Gewebe  und  wahrt  ganz  wohl  Kanten  und 
Ecken  der  Tafeln,  während  die  Flächen  stark  aufgelockert 
sich  zeigen.     Obgleich  5*  der  Subslauz  verloren  gegangen, 


120 

t 

ist  die  Form  erhalten.  Vor  ungern  Augen  entstehen  Pseu- 
domorpbo8eu  von  Schwefel .  nach  Jodschwefel  resp.  nach 
Jod.  Die  octaedrischen  und  prismatischen  Krystalle  behal- 
ten bei  der  Zersetzung  ihre  Form  nicht.  In  24  Stunden 
sah  ich  einen  etwa  drei  Linien  groben  octaedrischen  Kry- 
stall  verschwinden,  an  seiner  Stelle  blieben  einige  kleine 
Schwefelkörner  zurück. 


VI.     Chemisch -analytische  Beiträge; 
von  Heinr.  Rose. 


Ueber  die  Bestimmung  der  Mengen  von  Metall  In 

Schwefel  Verbindungen. 

JL/ie  meisten  Metalle  werden  bei  analytischen  Untersuchun- 
gen gewöhnlich  theils  durch  Schwefelammonium,  theils  durch 
Schwcfclwasserstoffgas  als  Schwefelmetalle  abgeschieden» 
aber  selten  nur  bestimmt  man  wegen  der  leichten  Zersetz- 
barkeit  der  auf  nassem  Wege  erhaltenen  Schwefehnetalle 
die  Menge  des  Metalls  aus  dem  Gewichte  der  erhaltenen 
Schwefelverbindung.  Gewöhnlich  zersetzt  man  das  erhal- 
tene Schwefelmetall  durch  Chlorwasserstoffsäure,  durch 
Salpetersäure,  durch  Königswasser  oder  durch  chlorsaures 
Kali  mjt  einem  Zusätze  von  Chlorwasserstoffsäure,  und 
fällt  aus  der  erhaltenen  Lösung  das  Oxyd  des  Metalls,  aus 
dessen  Gewicht  man  das  des  Metalls  berechnet. 

Hierdurch  wird  die  Untersuchung  indessen  erschwert 
und  zeitraubend.  Man  kann  indessen  in  den  meisten  Fäl- 
len die  Menge  des  Schwefelmetalls  mit  solcher  Genauigkeit 
und  in  möglichst  kurzer  Zeit  bestimmen,  dafs  man  die  des 
Metalls  daraus  mit  grofser  Sicherheit  berechnen  kann. 

Rivot  hatte  zuerst  vorgeschlagen,  das  durch  Schwefel- 
wasserstoffgas gefällte  Schwefelkupfer  nach  dem  Trockneu, 


wobei  es  sich  mehr  oder  weniger  oitydirt,  in  einem  be- 
deckten Porcellantiegcl  stark  zu  glühen,  nachdem  man  vor 
dem  Glühen  etwas  SchwefeJpulver  hinzugefügt  hat.  Mau 
erhält  auf  diese  Weise  nur  annähernd  das  Schwefelkupfer 
<-n 'S,  aus  welchem  mau  die  Menge  deä  Kupferoxyds  oder 
des  Kupfers  berechneu  kaun,  und  zwei  Glühuiigen  und 
Wägungen,  nachdem  man  vor  dem  Glühen  etwas  Schwe- 
felpulver hinzugefügt  hat,  differiren  gewöhnlich  nur  um  ein 
oder  zwei  Milligramme.  Die  Menge  des  erhaltenen  Schwe- 
fclkupfers  ist  aber  um  etwas  zu  grofs. 

Man  kann  aber  mit  grofser  Genauigkeit  die  richtige 
Menge  des  Schwcfelkupfcrs,  so  wie  die  eehr  vieler  auf  nas- 
sem Wege  dargestellter  Schwefelinetalle  erhalten,  wenn 
man  das  Glühen  in  einer  Atmosphäre  von  Wasserstoffgas 
bewerkstelligt.  Man  kann  dazu  zwar  einen  gewöhnlichen 
Entbindungsapparat  von  Wasserstoffgas  anwenden,  weit 
lieberer,  bequemer  und  vorthcilhafler  ist  es  aber,  beson- 
ders da  das  Glühen  in  einer  Atmosphäre  von  Wasserstoff- 
gas (so  wie  von  Schwefel  wasserstoffgas  und  Kohlcusäure- 
gas)  bei  chemischen  Untersuchungen  und  namentlich  bei 
analytischen  Arbeiten  häutiger  als  bis  jetzt  vorkommen  wird, 
sich  eines  besonderen  Eutbindungsapparales  zu  bedienen, 
in  welchem  das  Zuströmen  des  Gases  weit  sicherer  gere- 
gelt werden  kaun,  als  durch  Nachgiefsen  von  Säure  in  ei- 
ner gewöhnlichen  Entbinduugstlasche.  Das  Wassers  toffgas, 
das  aus  solchem  Apparate  entwickelt  wird,  ist  zugleich  frei 
von  atmosphärischer  Luft,  so  dafs  keine  Zeit  damit  verlo- 
ren gehl,  beim  Anfange  des  Versuchs  die  Luft  aus  dem 
Apparate  auszutreiben.  Man  leitet  das  Wasserstoffgas,  um 
es  zu  trocknen,  erst  durch  concentrirte  Schwefelsäure,  dann 
über  Chlorcalcium  und  darauf  in  ei  neu  Porcellantiegcl 
(oder  auch  in  einen  Plalintiegcl),  in  welchem  mau  die  zu 
untersuchende  Substanz  nach  dem  Glühen  wägen  kann. 
Her  Tiegel  ist  mit  einem  Platindeckel  bedeckt,  der  in  der 
Mille  ein  Loch  hat,  durch  welches  eine  dünne  Porcellan- 
röhre  (oder  auch  eine  Röhre  von  Platin;  eine  Glasrühre 
eignet  sich  weniger  zu  diesem  Zwecke)  auf  die  Weise  hin- 


«2 

eingebracht  wird,  dafs  die  Mündung  der  Röhre  bis  so.  eini- 
ger Entfernung  vom- Boden  des  Tiegels  reicht.  Dag  Gante 
ist  so  eingerichtet,  wie  es  in  beistehender  Figur  abgebildet 


ist.  Wird  der  Deckel  fest  auf  den  Tiegel  gesetzt,  so  ent- 
weicht das  Gas  zwischen  Deckel  und  Tiegel.  Man  setzt 
dann,  nachdem  der  ganze  Apparat  mit  Wasserstoffgas  an- 
gefüllt ist,  den  Tiegel  einer  starken  Rothgltihhitze  aus,  wah- 
rend ein  nicht  zu  rascher  Strom  von  Wasserst  off ga6  in 
denselben  geleitet  wird.  Das  Ganze  mufs  iu  der  Wasser- 
stoffattnosphare  vollständig  erkalten. 

Die  verschiedenen  auf  nassem  Wege  erhaltenen  Schwe- 
fclmetalle  verhalten  sich  beim  Glühen  in  einer  Atmosphäre 
von  Wasserst  off  gas  verschieden. 


Oft  wird  bei  Analysen  das  Manganoxydul  durch  Schwe- 
felammonium als  Schwefelmangan  gefällt,  obgleich  diese 
Art  der  Abscheidung  nicht  sehr  zu  empfehlen  ist,  da  das 
Schwefelmaugan   nicht  ganz   unlöslich  in   inancheu  Losun- 


gen  ist,  besonders  in  solchen,  welche  eine  bedeutende  Menge 
von  ammoniakalischeu  Salzen  enthalten;  es  scheidet  sich 
wenigstens  daraus  sehr  langsam  aus.  Die  Bestimmung 
des  Mangauoxyduls  aus  dem  Scbwefclwangan,  das  beim  Zu- 
tritt der  Luft  so  leicht  sich  zersetzt,  geschah  bistier  allge- 
mein entweder  auf  die  Weise,  dafs  mau  es  in  Chlorwas- 
serstoff säure  löste,  und  aus  der  Lösung  das  Oxydul  durch 
kohlensaures  Natron  fällte,  oder  dafs  man  zur  Losung  ver- 
dünnte Schwefelsäure  anwandte,  und  schwefelsaures  Mau- 
ganoxjdul  durch  Abdampfen  der  Lösung  zu  erhalten  suchte. 
Weil  schneller  und  genauer  ist  es,  das  Schwefelmangan 
auf  dein  Fillrum  zu  trocknen  und  es  dann  in  einem  kleinen 
Porcellanticgel  dem  Wasscrsloffstrome  bei  Rothglühhitzc  aus- 
zusetzen, nachdem  man  es  mit  etwas  Schwefelpulver  be- 
streut hat.  Das  Fillrum  verbrennt  man  besonders,  uud 
fügt  die  Asche  zu  dem  getrockneten  Sclnvefelmaugan  im 
Porcellantiegel.  Es  ist  hierbei  ganz  gleichgültig,  ob  der 
Niederschlag  des  Schwcfclmangans  durch  längeres  Stehen 
all  der  Luft  durch  Oxydation  ganz  braun  geworden  ist. 
Aus  der  Menge  des  erhaltenen  Schwefelmangans  von  der 
Zusammensetzung  MnS  berechnet  man  die  Menge  des  Me- 
talls oder  des  Oxyduls.  Man  kann  das  Glühen,  nachdem 
man  eine  neue  Menge  von  Schwefelpulver  in  deii  Porccl- 
lantiegel  gebracht,  im  Wasserst offstroinc  wiederholen,  um 
zu  sehen,  ob  das  Gewicht  des  Tiegels  dasselbe  bleibt,  was 
immer  der  Fall  seyn  wird,  wenn  kein  Fehler  vorgefallen 
ist.  Das  erhaltene  Schwefelmangan  ist  von  hellgrüner  Farbe, 
wenn  es  bei  nicht  zu  starker  Rolbglübbilze  bereitet  wor- 
den ist.  Wendet  man  aber  bei  der  Darstellung  eine  stär- 
kere Itothglühhitze  au,  so  wird  es  dunkelgrün,  und  durch 
noch  stärkeres  Glühen  wird  es  schwarz,  erscheint  aber  gerie- 
ben grün.  Es  verhält  sich  dann  also  wie  das  in  der  Natur 
vorkommende  Schwefelmangau,  der  Manganglanz  von  Nagyag 
in  Siebenbürgen,  der  auch  grünlich -schwarz  ist,  aber  ein 
licht -grünes  Pulver  giebl.  Weder  das  auf  diese  Weise 
erhaltene  grüne  noch  das  schwarze  Schwefclmangan  zieht 
schnell  Sauerstoff  oder  Wasser  aus   der  Luft  an,   uud   es 


124 

kami  daher  mit  Genauigkeit  gewogen  werden.    In  Chlor- 
wasserstoffs&ure  bildet  es  eine  vollkommen  klare  Lösung. 
Hr.  O  e  s  t  e  n  fällte  aus  1,690  Grm.  krystallisirtem  schwe- 

»        •  •  •  • 

feisauren  Manganoxydul  (MnS  +  5H)  das  Schwefelmangan 
▼ermittelst  frisch  bereiteten  Schwefelammoniums;  der  Nie- 
derschlag wurde  erst  nach  3  Tagen  filtrirt,  und  nach  dem 
Trocknen  im  Wasserstoffstrome  unter  Zusatz  von  etwas 
Schwefelpulver  geglüht.  Es  wurden  0,607  Grm:  Schwefel* 
mangan  erhalten.  Das,  nach  dem  von  Schneider  bestimm- 
ten Atomgewicht  des  Mangans  (337,5,  O  =  100  oder  27» 
H  =  l),  berechnete  Aequivalent  des  angewandten  schwe* 
feisauren  Manganoxyduls  an  Schwefelmangan  ist  0,606  Grm. 

2,055  Grm.  desselben  schwefelsauren  Manganoxyduls 
wurden  ebenfalls  mit  Schwefelammonium  gefällt,  der  Nie- 
derschlag aber  schon  nach  4  Stunden  filtrirt,  und  auf  die 
angeführte  Weise  in  Schwefelmangan  verwandelt  Es  wur- 
den nur  0,699  Grm.  davon  erhalten;  die  berechnete  Menge 
beträgt  indessen  0,736  Grm.  Aber  aus  der  vom  Schwefcl- 
mangan  abfiltrirten  Flüssigkeit  setzte  sich  durch  die  Länge 
der  Zeit  noch  Schwefelmangan  ab. 

Man  sieht  aus  diesen  Versuchen,  dafs  man  genaue  Re- 
sultate erhalten  kann,  wenn  man  das  Mangan  durch  Schwe- 
felammonium aus  seinen  Lösungen  fällt;  es  ist  indessen  uö- 
thig,  dafs  der  Niederschlag  lange  steht,  ehe  man  ihn  fil- 
trirt. Besonders  aber  ist  diefs  nöthig,  wenn  in  der  Lö- 
sung bedeutende  Mengen  von  ammoniakalischen  Salzen  vor- 
handen sind. 

Auf  die  beschriebene  Weise  kann  man  viele  Mangan- 
Verbindungen  nach  einem  Zusätze  von  Schwefelpulver  durchs 
Glühen  in  einem  Wassersloffstrome  mit  grofser  Leichtig- 
keit in  Schwefelmangan  verwandeln,  und  aus  dem  Ge- 
wichte desselben  den  Mangangehalt  in  der  Verbindung  be- 
rechnen. 

Man  pflegt  oft  das  Mangan  als  wasserfreies  schwefel- 
saures Maugauoxydul  zu  bestimmen..  Diese  Bestimmung  des 
Mangaus  ist  aber  eiue  unsichere;  es  ist  sehr  schwer,  die 
richtige  Temperatur  zu   treffen,  so  dafs  nach  der  Verja- 


m 

:: 

sie 


gung  des  Wassers  nicht  auch  etwas  Säure  entweicht.  Wenn 
man  das  erhitzte  schwefelsaure  Mangan oxy du I  indessen  mit 
etwas  Schwefel  pul  ver  im  Wasserst  offstroinc  glüht,  so  wird 
es  in  Schwefelmangan  verwandelt,  aus  dessen  Menge  man 
mit  Genauigkeit  die  des  Mangans  in  der  Verbindung  be- 
rechnen kann. 

Hr.  Oesten  erhielt  aus  1,659  Gnn.  des  schwefelsauren 
Manganoxvduls  (MnS  +  511)  durch  gelindes  Erhitzen  1,013 
Grm.  wasserfreies  schwefelsaures  Manganoxydul,  durch  slär- 
cres  Erhitzen  1,023  Grm;  die  berechnete  Menge  ist 
1,037  Grm. 

Beim  stärkereu  Erhitzen  war  das  Salz  indessen  au  eini- 
■it  Stellen  etwas  braun  geworden: 

Durch  Glühen  mit  etwas  Schwefelpulver  im  Wasser- 
sloffgasstrome  wurden  erhalten  0,597  Gnn.  Schwcfelinangan. 
Die  berechnete  Menge  ist  0,595  Grm. 

Aus  1,481  Gnn.  des  kryslallisirten  schwefelsauren  Mau- 
gauoxyduls  wurden  an  wasserfreiem  Salze  erhalten: 
durch  gelindes  Erhitzen  0,931  Grm. 

durch  schwaches  Rothglühen       0,905     » 
durch  starkes  Rolhglühen  0,725     - 

die  berechnete  Menge  ist  0,926     », 

1,430  Gnn.  krystallisirlcs  schwefelsaures  Mauganoxvdul 
gaben  durch  schwaches  Rolhglühen  0,880  Gnn.  wasserfreies 
Salz:  die  berechnete  Menge  ist  0,893  Grm.  Mit  Schwefel 
im  Wasserstoffstrome  geglüht,  wurden  erhalten  0,5119  Grm. 
Schwi'felmangan ;  das  berechnete  Acquivalent  ist  0,512  Gnn. 

Auch  in  allen  hühcreu  Oxydationsstufeu  des  Mangans 
kanu  die  Menge  des  Maugans  leicht  bestimmt  werden,  wenn 
eine  gewogene  Menge  davon  im  gepulverten  Zustande  mit 
Schwefelpulver  gemengt  und  im  Wasserstoffs! rome  der  Kolli- 
-liitiliüze  ausgesetzt  wird.  Es  ist  zweckmäßig,  so  stark  zu 
glühen,  bis  das  Schwefelmangan  schwarz  geworden  ist.  Es 
wird  hierbei  vorausgesetzt,  dafs  in  der  Manganverbindung 
kein  anderes  Metall  enthalten  eey,  und  keine  feuerbestän- 
dige Säure,  die  durch  fSchandlutig  mit  Schwefel  nicht  oder 
nicht    leicht    verändert    und    verflüchtigt    wird.      Die   Ver- 


. 


Wandlung  des  höheren  Oxyds  des  Mangans  in  Schwefel- 
niangan  erfolgt  auf  diese  Weise  weit  schneller  und  leich- 
ter, als  die  Verwandlung  derselben  in  Oxyd-Oxydul  durch 
blofses  Glühen. 

Hr.  Oesten  erhielt  aus  2,546  Grin.  Mauganoxyd-oxy- 
ilnl  (Mn  +  Mn)  durch  starkes  Glühen  mit  Schwefel  im 
Wasserstoffgasstrome  2,901  Grto.  schwarzes  Schwefclmaii- 
gaii.     Die  berechnete  Menge  ist  2,906  Grin. 

2,443  (Irin,  des  Manganoxyd -Oxyduls  gaben  in  einem  an- 
deren Versuche  2,784  Grin.  Schwefelmangan;  das  Aequivalent 
des  angewandten  Oxyds  an  Schwefelmangan  ist  2,7 S9  Grin. 

Bei  dem  Versuche  wurde  das  Manganoxyd-oxydul  mit 
Schwefel  gemengt,  zuerst  ohne  Anwendung  eines  Wasscr- 
slofl'gasstromes  im  bedeckten  Porcellanticgcl  geglüht,  und 
dann  schnell  erkaltet.  Es  wurden  2,990  Gnu.,  bei  Wie- 
derholung 2,948  Gm.  Schwefclmangau  erhalten,  also  be- 
trächtlich mehr  als  dem  Schwcfelmaugan  MuS  entspricht. 
Man  sieht,  dafs  das  Schwefelmangan  bei  einer  erhöhten 
Temperatur  Schwefel  mit  einer  gewissen  Verwandtschaft 
fest  hallen  kauD;  eine  Neigung,  die  offenbar  davon  her- 
rührt, dafs  es  eine  höhere  Schwefelungsstufe,  MnSs,  bil- 
den kann,  eine  Verbindung,  welche  in  der  Natur  als  Haue- 
rit  vorkommt. 

Werden  grofse  Krystalle  von  Manganit  mit  Schwefel- 
pulver bestreut,  und  im  Wasserstoffstrome  einer  nicht  zu 
starken  Kolhglübhitze  ausgesetzt,  so  verwandeln  sie  sich 
durch  die  ganze  Masse,  ohne  die  Form  zu  andern,  in  dich- 
tes grünes  Schwefelmangan,  das  das  Aussehen  eines  ur- 
sprünglichen Minerals  und  nicht  das  einer  Pseudomor- 
phose  hat. 


Wenn  man  aus  einer  Lösung  das  Eisen  vermittelst  des 
Schwefelammoniuins  als  Schwefeleisen  gefällt  hat,  so  kann 
man  dasselbe  genau  so  behandeln,  wie  das  Schwefclmaiigau, 
um  es  in  das  Schwefeleisen  FeS  zu  verwandeln,  aus  dessen 
Gewicht  mau  mit  grofser  Genauigkeit  darauf  das  des  Eisens 


bestimmen  kann.  Man  inufs  hierbei  nicht  eine  zu  schwache 
Rothglübbilze  atmenden,  da  von  dem  Sehn efeleisen  FcS 
Schwefel  bei  höherer  Temperatur  inil  ziemlich  starker  Ver- 
wandtschaft festgehalten  wird.  Es  ist  bei  diesen  Versuchen 
für  das  Resultat  durchaus  nicht  nachlhcilig,  wenn  das  Schwe- 

f  feieisen  sich  an  der  Oberfläche  uder  auch  durch  die  ganze 
Masse  oxydirt  und  rolh  gefärbt  hat.  Die  Asche  des  Filirums 
fügt  mau  gemeinschaftlich  mit  Schwefelpulver  zu  dem  Schwe- 
feleisen. Das  erhaltene  Schwefeleiseu  giebt  mit  Chlorwas- 
serstoffsäure  eine  klare  Lösung.  Dafs  es  nicht  auf  die 
Magnetnadel  wirkt,  habe  ich  schon  vor  sehr  langer  Zeit 
bemerkt  '). 

Auf  dieselbe  Weise  kann  schwefelsaures  Eisenoxydul 
und  Eisenoxyd  in  Schwefeleiseu  verwandelt  werden;  nach- 
dem sie  vorher  im  Porcellaiiliegcl  geglüht  worden  und  ihren 
Wassergehalt  verloren  haben.  Auch  im  reinen  Oxyd  und  im 
Oxyd -Oxydul,  so  wie  in  einer  Menge  auderer  Verbin- 
dungen des  Eisens  kauu  der  Eisengehalt  durch  Verwand- 
lung des  Eisens  iu  Schwefeleiseu  mit  Genauigkeit  bestimmt 
werden. 

0,506  Grui,  schwefelsaures  Eiseuoxydul,  aus  seiner  con- 
centrirten  Lösung  durch  Alkohol  gefallt,  uud  durch  sehr 
gelindes  Erwärmen  getrocknet,  gaben  im  Wassersloffgas- 
strome  mit  Schwefel  geglüht  0,211  Grm.  und  0,212  Gi in- 
Schwefeleisen. 

Von  demselben  Salze  wurden  0,880  Grm.  in  Wasser 
gelöst  und  durch  Schwefelammonium  gefällt.  Nach  dem 
Trocknen  wurde  das  Schwefeleiseu  mit  etwas  Schwefel  im 
Wasserstoffgasstrome  geglüht  Es  wurden  0,36°Grin.Schwe- 
felcisen  erhalten. 

In  beiden  Fällen  wurden  genau  41,9 Proc.  Scbwefclciscn 
vom  angewandten  Salze  erhalten.  Dasselbe  enthielt  daher 
etwas  mehr  als  3  Atome  Wasser. 

1,916  Grm.  Eisenoxyd   mit  Schwefel  gemengt   iin  Was- 
serstoffgasstrome   geglüht   gaben   2,10-1  Grm.   Schwereleiscn 
FcS;  die  berechnete  Menge  ist  2,108  Grm. 
1)  P-.es.  Ann.  Bd.  5,  S,  53*. 


128 

Zink. 

Wenn  man  Zinkozyd  ans  einer  Lösung  durch  Schwe- 
felammonium geteilt  hht,  so  kann  man  es  in  das  Schwefel- 
zink ZnS  verwandeln,  wenn  man  es  nach  dem  Trocknen 
mit  etwas  Schwefelpulver  in  einem  Wasserstoffstrome  bei 
starker  Rothglühhitze  behandelt  Man  entgeht  dadurch  dem 
langweiligen  Auflösen  des  Schwefelzinks  und  dem  Fällen 
des  Zinkoxyds.  Man  verfehlt  genau  so  wie  beim  Glühen 
des  Schwefelmangans  und  des  Schwefeleisens.  Aus  dem 
Gewichte  des  Schwefelzinks  kann  man  mit  grofser  Sicherheit 
die  Menge  des  Zinks  und  des  Zinkoxyds  berechnen. 

Auf  dieselbe  Weise  kann  auch  das  schwefelsaure  Zink- 
oxyd, und  das  Zinkoxyd,  wenn  es  mit  Kohlensäure  ver- 
bunden ist,  so  wie  auch  das  reine  Zinkoxyd  in  Schwefel- 
ziuk  verwandelt  werden. 

Nach  Hrn.  Oesten    gaben    1,035  Grm.    krystallisirtes 

•       •  •  •  • 

schwefelsaures  Zinkoxyd  (ZnS-f-7H)  mit  Schwefel  im  Was- 
serstoffgasstrome geglüht  0,345  Gnu.  Schwefelzink.  Das 
Aeqirivalent  des  angewandten  schwefelsauren  Zinkoxyds  an 
Schwefelzink  ist  0,344  Grm. 

In  einem  anderen  Versuche  gaben  0,362  Grm.  Zinkoxyd 
0,435  Grm.  Schwefelzink;  das  berechnete  Aequivalent  ist 
0,433  Grui.  Schwefelzink. 

Es  ist  jedoch  hierbei  eine  Vorsichtsmafsregel  nicht  zu 
übersehen.  Man  umis  sich  hüten  das  Zinkoxyd  im  Was- 
serstoffstrome stark  zu  glühen,  ohne  dasselbe  mit  der  ge- 
hörigen Menge  von  Schwefelpulver,  das  heifst  mit  einem 
Ueberscbufs  desselben  gemengt  zu  haben.  Das  Schwefel- 
zink ist  nämlich  im  Wasserstoffstrome  bei  Rothglühhitze 
feuerbeständig,  nicht  aber  das  Zinkoxyd,  das  zwar  sich  nicht 
dem  äufsern  Ansehn  nach  verändert,  aber  bei  Rothglühhitze 
beständig  an  Gewicht  abnimmt,  indem  kleine  Mengen  durch 
Wasserstoff  zu  Metall  reducirt  und  verflüchtigt  werden  ' ). 

1)  1,012  Grm.  Zinkoxyd  im  Wasserstoffstrome  eine  halbe  Stunde  hindurch 
bei  starker  Rothglühhitie  behandelt,  verloren  0,013  Grm.  an  Gewicht. 
Noch  einmal  bei  derselben  Hitie  teho  Minuten  hindurch  geglüht,  verlo- 
ren sie  0,004  Grm. 


Hai  man  daher  Zinkoxyd,  kohlensaures  Ziukoxyd  und  selbst 
auch  schwefelsaures  Zinkoxyd  mit  zu  wenig  Schwefel  ge- 
mengt, so  kann  ein  kleiner  Verlust  entstehen.  Will  mau 
schwefelsaures  Zinkoxyd  auf  die  beschriebene  Weise  iu 
Sclmcfelzhik  verwandeln,  um  aus  demselben  die  .Menge 
des  Zinks  zu  bestimmen,  so  iiuit's  es  erst  beim  Zutritt  der 
Luft   geglüht   werden;   darauf  wird   es   mit  Schwefelpulver 

engt  und  im  Wnsserstoffstrome  geglüht. 

Es  ist  bemerk eos wert h,  wie  leicht  Zinkoxyd  durchs 
Glüheu  mit  Schwefel  sich  in  Schwefelzink  verwandelt,  wäh- 
rend die  Bildung  desselben  aus  metallischem  Zink  und 
Schwefel  so  schwer  und  erst  bei  einer  sehr  starken  Hitze 
zu  bewerkstelligen  ist. 


Lufl 
gern 

1 


Wenn  das  Kobaltoxyd  aus  seineu  Losungen  durch  Schwe- 
felammoniuin  als  Schwefelkobalt  gefällt  worden  ist,  so  kann 
aus  dem  Gewichte  des  erhaltenen  Schwefelkobalts  nicht 
tntt  Genauigkeit  das  des  Kobalts  bestimmt  werden.  Aber 
vielfältige  Versuche  haben  auch  gezeigt,  dafs  es  nicht  mög- 
lich ist,  durch  Glühen  des  Schwefelkobalts  iu  einer  At- 
mosphäre von  Wassersloffgas  mit  oder  ohne  Zusatz  von 
etwas  Schwefelpulvcr  eine  bestimmte  Schwefln ngsslufe  des 
Kobalts  zu  erhalten,  aus  welcher  mau  mit  Sicherheit  die 
Menge  des  Kobalts  berechnen  kann.  Man  erhält  je  nach 
der  Temperatur  des  Glühens  die  Schwcfelungsstufen  CoS*, 
Co'S',  CoS  und  bei  Weifsglühhitze  selbst  CVS  und 
Mengungen  dieser  untereinander.  Das  Resultat  wird  kein 
günstigeres,  wenn  mau  statt  in  einer  Atmosphäre  von  Was- 
serstoffgas in  Seh  wc  fei  wasserstoffgas  oder  in  Kohlensaure 
gas  das  Schwefelkobalt  glüht,  uud  erkalfeu  läfst. 

Ale  Hr.  Oesten  0,972  Grm.  von  schön  krystallisirtem 
schwefelsaurem  Koballoxyd  (CoS  +  7H)  in  Wasser  löste, 
die  Lösung  durch  Schwefelammonium  fällte,  und  das  er- 
haltene Schwefelkobalt  mit  Schwefel  im  Wasserstoffgas- 
slrome  bei  schwacher  Rothglühhitze  glühte,  erhielt  er  0,319 
Grm;  0,313  Grm.  u.  0,3l0Grm.  Schwefelkobalt.  Das  Aequi- 

Po(1cniJuriri  Auu.l.  Bd    CX.  U 


130 

raleot  das  angewandten  schwefelsauren  Kobahoxyds  an  ein- 
fach Schwefelkobalt,  CoS,  ist  0,314  Grm. 

Ab  0,619  Grm.  desselben  schwefelsauren  Kobaltoxyds 
mit  Schwefel  gemengt  im  Wasserstoffstrome  bei  einer  Ahn» 
liehen  Hitze  geglüht  wurden,  wurden  erhalten: 

bei  dunkler  Rothglübhitze       0,194  Grm.  Schwefelkobalt 

unter  dunkler  Rothglühhitze    0,202    » 

bei  starker  Rothglühhitze         0,191     » 

unter  starker  Rothglübhitze     0,200    »  » 

Bei  jedem  erneutem  Glühen  wurde  zum  Schwefelkobalt 
etwas  Schwefel  hinzugefügt 

Das  Aequivalent  an  Schwefelkobalt  CoS  ist  0,200 Gnp. 
Als  darauf  0,905  Grm.  desselben  schwefelsauren  Kobah- 
oxydes  mit  Schwefel  gemengt  im  Wasserstoffgasstrome  ver- 
mittelst eines  kleinen  Gebisses  bei  Weifsglühhitze  behandelt 
wurden,  wurden  0,272  Grm.  und  0,269  Grm.  Schwefelko- 
balt erhalten.  Das  Aequivalent  des  angewandten  schwefel- 
sauren Kobaltoxyds  an  Schwefelkobalt  von  der  Zusammen- 
setzung CoS  ist  0,291  Grm.  und  an  Schwefelkobalt  von 
der  Zusammensetzung  Co9  S  0,240  Grm. 

Es  wurde  ferner  eine  nicht  bestimmte  Menge  von  schwe- 
felsaurem Kobaltoxyd  mit  Schwefel  gemengt  im  Wasser- 
stoffgasstrome  bei  verschiedenen  Temperaturen  behandelt; 
es  konnten  aber  keine  constanten  Gewichte  erhalten  werden. 
Bei  einer  Temperatur  von  der  dunkelsten  Rothglühhitze  bis 
zur  Weifsglühhitze  schwankte  das  Gewicht  bei  24  Behand- 
lungen zwischen  0,762  Grm.  und  0,642.  Grm.  Bei  dunkler 
Rothglühhitze  bildet  sich  ein  schwarzes  Pulver,  das  wesentlich 
aus  CoS  besteht  Bei  starker  Rothglühhitze  sintert  das- 
selbe etwas  zusammen,  und  Ahnelt  gepulvertem  Schwefelkies; 
bei  Weifsglühhitze  schmilzt  es  leicht  zu  einer  gelben  Kugel 
zusammen,  die  stark  auf  die  Magnetnadel  wirkt. 

Da  man  also  nicht  auf  eine  so  leichte  Weise,  wie  beim 
Schwefelmangan,  beim  Schwefeleisen  und  beim  Schwefel- 
zink aus  dem  Schwefelkobalt  durchs  Glühen  in  Wasserstoff- 
gas eine  bestimmte  Schweflungsstufe  erhalteu  kann,  so  ist 
man  gezwungen,  in  dem  durch  Schwefelammonium  gefällten 


Schwefelkobalt  nach  der  allen  Methode  das  Kobalt  zu  !••• 
stimmen.  Man  oxydirt  es  durch  Salpetersäure  oder  durch 
Königswasser,  und  fällt  das  Kobaltoxyd  durch  Kaühydrat. 
Die  Fällung  keines  Oxyds  aber  durch  Kalihydrat  kann  ein 
so  fehlerhaftes  Resultat  geben,  wie  die  des  Kobaltoxyds, 
da  es  durch  Auswaschen  nicht  gänzlich  von  einem  Kalige- 
halte befreit  werden  kanD,  den  man  erst  aus  demselben  aus- 
ziehen kann,  wenn  das  Oxyd  durch  Wasserstoffgas  zu  Metall 
reducirt,  und  dann  mit  Wasser  behandelt  worden  ist. 


Wird  das  durch  Scliivctelaininoniu.il]  gefällte  Schwefel- 
nickel nach  Verbrennung  des  Filtrums  mit  Schwefelpulvcr 
in  einem  Wasserstoffstrome  der  starken  Rothglühhitze  aus- 
gesetzt, so  erhält  man  Schwefelnickel,  aber  von  nicht  so 
constanter  Zusammensetzung,  wie  beim  Schwefelmangan,  beim 
Schwcfcleisen  und  beim  Schwefelzink.  Gewöhnlich  bildet 
steh  ein  geschmolzenes  Schwefelnickel  von  der  Zusammen- 
setzung Ni'  S,  von  dichtein  Bruch,  blafsgelbcr  Farbe  und 
metallischem  Glänze.  Es  wirkt  stark  auf  die  Magnetnadel. 
Es  ist  diefs  eine  Schwefel ungsstufe  des  Nickels,  die  schon 
früher  von  Arfvedson  dargestellt  worden  ist,  als  er  Was- 
serstoffgas über  glühendes  schwefelsaures  Nickeloxyd  lei- 
tete '). 

Dasselbe  Schwefelnickel  erhält  man  aueb,  wenn  schwe- 
felsaures Nickeloxyd,  nachdem  man  aus  demselben  das  Kry- 
stallwasser  verjagt,  mit  Schwefel  gemengt  im  Wasserstoff- 
gassfrome  erhitzt.  Aus  dein  krystallisirten  schwefelsauren 
Nickeloxyd  kann  man  leichter  das  Krystallwasser  durch  ge- 
linde Hilze  verjagen,  ohne  dafs  dabei  Säure  entweicht,  als 
diefs  beim  krystallisirten  schwefelsauren  Manganoxydul  der 
Fall  ist. 

Durch  gelinde  Erhitzung  erhielt  Hr.  Oesten  aus  0,752 
Grm.  des  (viergliedrig)  krystallisirten  schwefelsauren  Nickel- 
oxyds (NiS  +  6  H)   0,4-13  Grm.  wasserfreies  Salz;  die  be- 
rechnete Menge  ist  0,442  Grm. 
1)  Po«.  Ami.  Bd.  1,  S.  65. 


132 

1,061  Gnu.  desselben  schwefelsauren  Nickeloxydes .  bei 
starker  Rothglühhitze  mit  Schwefel  im  Wasserstoffgasstrome 
erhitzt,  gaben  0,307  Grm.,  0,306  Giro,  und  0,306  Grm.  Sehwe- 
felnickeL  Das  Aequivalent  des  angewandten  schwefelsauren 
Salzes  an  Schwefelnickel  von  der  Zusammensetzung  Ni*S 
ist  0,300  Grm. 

2387  Grm«  des  schwefelsauren  Nickeloxydes  wurden 
in  einem  offenen  Porcellantiegel  vermittelst  eines  Gebläses 
geglüht.  Eis  wurde  hierdurch  die. Schwefelsäure  vollständig 
ausgetrieben,  und  0,815  Grm.  Nickeloxyd  erhalten,  was  ge- 
nau mit  der  berechneten  Menge  übereinstimmt,  wenn  man 
die  Bestimmung  des  Atomgewichts  von  Schneider  zu 
Grunde  legt ')  (29,  H=l,  362£,  O=100).  Man  muh  hier- 
bei sorgfältig  den  Zutritt  der  reducirenden  Gasarteu  verhin- 
dern,, wodurch  etwas  Nickeloxyd  reducirt  wird.  In  eiuem 
Strome  von  Wasserstoffgas  geglüht  wurden  0,638  Grm.  me- 
tallinisches  Nickel  erhalten,  während  die  Berechnung  0,639 
Grm.  giebt  Diese  wurden  mit  Schwefel  gemengt  zwei  Stun- 
den hindurch  im  Wasserstoffgasstrome  der  Rothglübhitze 
ausgesetzt  Es  wurden  0,916  Grm.  Schwefelnickel  erhalten, 
welches  der  Zusammensetzung  Ni4  S'  entspricht,  also  eine  hö- 
here Schwefelungsstufe  des  Nickels  als  Ni2  S  ist,*  und  welche 
sich  der  des  gewöhnlichen  Schwefelnickels  Ni  S  nähert 
Wurde  aber  mit  dem  Glühen  im  Wasserstoffgasstrome  nach 
Zusetzen  von  Schwefel  noch  einmal  2  Stunden  hindurch 
fortgefahren,  so  wurden  0,847,  und  nach  wiederum  2  Stunden 
0,849  Grm.  Schwefelnickel  erhalten.  Aber  dieses  Schwefel- 
nickel entspricht  noch  nicht  der  Zusaminnnsetzung  Ni*S, 
nach  welcher  0,815  Grm.  hätten  erhallen  werden  müssen, 
oder  ebenso  viel  an  Gewicht  wie  das  angewandte  Nickel- 
oxyd, mit  welchem  das  Schwefelnickel  Ni'S  dasselbe  Atom- 
gewicht theilt 

3,509  Grm.  des  schwefelsauren  Nickeloxyds  wurden  dar- 
auf erst  ohne  Zusatz  von  Schwefel  stark  geglüht,  und  so- 
dann mit  Schwefel  gemengt  und  ohne  Hülfe  des  Wasser- 
stoffstromes einer  sehr  starken  Rothglühhitze  ausgesetzt 
Dadurch  wurden    0,994  Grm.  an  Schwefelnickel   erhalten» 

1)  Po||.  Ann.  Bd.  S.  107,  S.  616. 


2 

Sei 
Hei 


ziemlich  genau  von  der  Zusammensetzung  Ni*S,  nach  wel- 
cher 0,931  *  irm.  hallen  erzeugt  werden  müssen.  Als  die- 
selben bei  starker  Rothglühhitzc  einem  Strome  von  Wasser- 
offgas  ausgesetzt  wurden,  verminderte  sich  das  Gewicht  des 
rhwefclnickcls  bis  auf  0,967  Grm.  und  darauf  mit  Hülfe 
les  Gebläses  bis  auf  0,950  Grm.  Als  nun  dag  Schwefel- 
nickel unter  Zusetzen  von  Schwefel,  ohne  Hülfe  von  Was- 
serstoffgas geglüht  wurde,  vermehrte  sich  das  Gewicht  bis 
auf  0,978  Grin.  und  0,979  Grm. 

Bei  einem  fernem  Versuche  gaben  1,026  Grm.  Nickel- 
oxyd (durchs  Glühen  dos  schwefelsauren  Nickeloxydes  ver- 
mittelst des  Gebläses  erhallen)  mit  Schwefel  in  einem  Was- 
serstoffgasBtrome  geglüht  1,(183  Grm.  Schwefelnicke!. 

Es  wurde  endlich  schwefelsaures  Nickeloxyd,  nachdem 
aus  ihm  das  Wasser  verjagt  worden  war,  mit  Schwefel  ge- 
mengt in  einem  Strome  von  Schwefel  Wasserstoff  gas  einer 
Rolhgliihhifze  ausgesetzt.  1,591  Grm.  des  schwefelsauren 
Nickeloxyds  gaben  auf  diese  Weise  nach  wiederhollein  Zu- 
setzen von  Schwefel  0,557  Grm.,  0,562  Grm.,  0,574  Grm., 
0,569  Grm.,  0,574  Grm.  und  0,567  Grm.  Schwefelnickel. 

Aus  diesen  Versuchen  ergiebt  sich,  dafs  es  nicht  möglich 
ist,  durch«  Glühen  in  einem  Wasscrsloffgasstrome  ein  Schwe- 
felnickel von  einer  bestimmten  Zusammensetzung  zu  erhal- 
len. Man  isl  daher  gezwungen,  in  dem  durch  Schwefelam- 
inonium  gefällten  Schwofeini  ekel  bei  quantitativen  Analysen 
das  Nickel  nach  der  alten  Methode  zu  bestimmen;  das  heifst, 
es  mit  Salpetersäure,  mit  Königswasser  oder  mit  Chlorwas- 
sersloffsäure  mit  einem  Zusätze  von  eblorsaurem  Kali  zu 
behandeln,  und  aus  der  erhaltenen  Lösung  das  Nickeloxyd 

:b  Kalihydrat  zu  fällen. 


s 


C*d  n 


Es  geht  nicht  an,  das  auf  nassem  Wege  erzeugte  und  ge- 
trocknete Schwefelcadinium  in  einem  Wasserstoffs trome  zu 
erhitzen,  um  wie  bei  anderen  Metallen  aus  dem  Gewichte  des 
auf  diese  Weise  erhaltenen  Schwefelmelalls  das  des  Metalls 
zu  bestimmen.    Das  Schwefelcadmium  ist  für  diese  Beat.«».- 


134 

mung '  zu  flüchtig,  und  wenn  bei  diesem  Versuche  selbst  eine 
geringe  Hitze  angewandt  worden  ist,  so  verflüchtigt  sich  eine 
nicht  unbedeutende  Menge. 

■  lei. 

Wenn  man  das  Bleioxyd  durch  Schwefelwasserstoffes 
aus  seinen  Lösungen  ab  Schwe/elbiei  geteilt  hat,  so  pflegt 
man  es  auf  einem  gewogenen  Filtrum  bei  100°  zu  trock- 
nen und  aus  dem  Gewichte  desselben  das  des  Bleioxyds 
oder  des  Bleis  zu  berechnen.  Ich  habe  indessen  schon 
früher  bemerkt,  dafs  durch  dieses  Verfahren  unrichtige  Re- 
sultate erhalten  werden  ').  Je  länger  das  gefällte  Schwe- 
felblei einer  Temperatur  von  100°  ausgesetzt  wird,  desto 
mehr  nimmt  es  durch  Oxydation  an  der  Luft  an  Gewicht 
zu,  und  diese  Gewichtszunahme  kann  mehrere  Procente  be- 
tragen, wenn  das  Trocknen  längere  Zeit  fortgesetzt  wor- 
den ist.  Diese  Oxydation  des  Schwefelbleis  an  der  Luft 
wird  auch  nicht  verhindert,  wenn  man  nach  dem  Auswa- 
schen dasselbe  mit  starkem  Alkohol  auf  dem  Filtrum  über- 
gössen hat. 

Häufig  wird  das  auf  nassem  Wege  erhaltene  Schwefel-' 
blei,  besonders  wenn  man  vermuthet,  dafs  es  eingemeng- 
ten Schwefel  enthält,  durch  starke  Salpetersäure  zu  schwe- 
felsaurem Bleioxyd  oxydirt;  bisweilen  auch  verwandelt  man 
es  durch  Chlorwasserstoffsäure  in  Chlorblei.  Aber  diese 
Umänderungen  des  Schwefelbleis  sind  langwierig  und  kön- 
nen mit  Verlusten  verbunden  seyn,  wenn  sie  nicht  mit 
Sorgfalt  ausgeführt  werden. 

Man  hat  sie  indessen  nicht  nöthig;  man  kann  das  Schwe- 
felblei als  solches  bestimmen,  wenn  man  es  nach  dem 
Trocknen  und  nach  Verbrennung  des  Filtrums  mit  etwas 
Schwefelpulver  in  einem  Strome  von  Wasserstoffgas  bei 
ziemlich  starker  Rothglühhitze  glüht.  Wenn  zwei  Behand- 
lungen der  Art  dasselbe  Gewicht  zeigen,  so  hat  man  die 
richtige  Menge  des  Schwefelbleis  erhalten,  aus  welchem 
man  die  des  Bleioxyds  mit  grober   Sicherheit  berechnen 

1)  Pogg.  Ann.  Bd.  91,  S.  HO. 


kann.  Es  verflüchtigt  sich  bei  iler  RotliglUbbitzc  in  der 
Wasserst  offgas  •  Atmosphäre  kein  Schwefel  blei,  Weadet 
man  eine  schwache  Rothglühhitze  an,  so  enthält  das  Schwe- 
felblei mehr  Schwefel,  als  der  Zusammensetzung  PbS  ent- 
spricht. Das  erhaltene  Schwefelblei  mufs  ganz  kristallinisch 
■eyn. 

Aus  0,890  Grin.  schwefelsaurem  Bleioxyd  erhielt  Hr. 
Oesten  bei  der  Behandlung  mit  Schwefel  und  Wasser- 
stoffgas in  starker  Rothglühhitze  0,703  Grm.  Schwcfelblei 
PbS.  Die  berechnete  Menge  ist  0,702  Grm.  Bei  schwa- 
cher Bothglühhitze  bleibt  ziemlich  viel  schwefelsaures  Blei- 
oxyd  uuzcrsetzl,  und  hat  seine  weifsc  Farbe  behalten. 

Wliniilli, 

Das  durch  Schwefel  wasserstoffgas  aus  den  Losungen  de» 
Wisinulhoxyds  gefällte  Schwefelwismuth  gebort  zu  den  we- 
nigen auf  nassem  Wege  erzeugten  Schwefelmetalleu,  die 
sich  beim  Trocknen  und  bei  einer  Erhitzung  bis  zu  100g 
nicht  verändern  und  ozydiren.  Es  scheint  indessen  etwas 
Wasser  zu  enthalten,  wie  das  analog  zusammengesetzte 
und  auf  nassem  Wege  erzeugte  Schwefelantimou,  aber  nicht 
mehr  als  0,5  bis  0,60  Fror,.,  welches  erst  bei  200"  ent- 
weicht. Indessen  wohl  nur  in  seltenen  Fällen  kann  mau 
von  der  Reinheit  des  gefällten  Schwefehvismulhs  überzeugt 
seyn,  fast  immer  enthalt  es  weniger  Wisinuth  und  mehr 
Schwefel,  als  es  enthalten  sollte,  besonders  da  mau  es  bei 
analytischen  Untersuchungen  aus  ziemlich  stark  sauren  Lo- 
sungen, namentlich  aus  Lösungen  in  Salpetersäure  zu  fällen 
pflegt,  und  die  Salpetersäure  das  Schwefelwismuth  leicht 
angreift,  und  zwar  schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur. 
Das  Schwefelwismuth  ist  von  den  Schwefelmetalleu,  welche 
aus  sauren  Lösuugcu  durch  Schwefel  Wasserstoff  gas  gefällt 
werden  können,  eins  vou  denen,  welche  am  leichtesten 
durch  oxydireude  Sauren  zersetzt  werden  können.  Man  darf 
daher  das  gefüllte  Schwefelwismuth  nur  dann  filtrircn,  wenn 

Flüssigkeit  stark  nach  Schwefelwasserstoff  riecht.  Es 
•reiguet  sich   sehr  oft,   dafs   durchs  Stehen  nach    nicht  gar 


136 

zu  langer  Zeit  eine  solche  Flüssigkeit  den  Geruch  nach 
Schwefelwasserstoff  ganz  verliert,  und  die  Salpetersäure 
zersetzend  auf  das  Schwefelwismuth  einwirkt.  Man  mufs 
dann  zu  der  Flüssigkeit  mehr  Wasser  hinzufügen,  von 
Neuem  Schwefelwasserstoffgas  durch  dieselbe  leiten,  und 
besonders  darauf  sehen,  dafs  während  des  Filtrirens/dfe 
Flüssigkeit  nach  Schwefelwasserstoff  riecht. 

Es  ist  daher  nothwendig,  in  dem  Schwefelwismuth  den 
Gehalt  von  Wismuth  zu  bestimmen.  Es  kann  diefs  zwar 
geschehen,  wenn  man  das  Schwefelwismuth  wie  andere 
Schwefelmetalle  in  einem  Strome  von  Wasserstoffgas  glüht. 
Da  das  Schwefelwismuth  schon  durch  blofse  Einwirkung 
einer  erhöhten  Temperatur  sich  langsam,. wie  Schneider 
gezeigt  hat,  in  metallisches  Wismuth  verwandelt,  so  ge- 
schieht diefs  leichter  in  einer  Atmosphäre  von  Wasserstoff- 
gas. Aber  auch  in  dieser  wird  die  vollständige  Umwand- 
lung des  Schwefelwismuths  zu  langsam  bewirkt,  so  dafs  es 
nicht  zweckmäßig  wäre,  diese  Methode  zur  Bestimmung  des 
Metalls  in  der  Scbwefelverbindung  benutzen  zu  wollen. 

Man  mufs  also,  um  die  Menge  des  Wismuths  im  Schwe- 
felwismuth zu  bestimmen,  die  alte  gewöhnliche  Methode 
anwenden,  das  Schwefelwismuth  durch  Salpetersäure  zer- 
setzen, und  in  der  salpetersauren  Lösung  das  Wismuth- 
oxyd  bestimmen. 

Man  kanu  indessen  den  Wismuthgehalt  im  Schwefel- 
wismuth durchs  Schmelzen  mit  Cyankalium  abscheiden,  eine 
Methode,  welche  ich  schon  vor  längerer  Zeit  vorgeschlagen 
habe2).  Man  schmelzt  das  Schwefelwismuth  mit  ungefähr 
der  fünffachen  Menge  von  käuflichem  Cyankaliuin  in  einem 
kleinen  bedeckten  Porcellantiegel  zusammen;  es  wird  da- 
durch das  Schwefelwimuth  vollständig  reducirt.  Das  Schwe- 
felwismuth erfordert  zur  Reduction  ein  längeres  Schmelzen 
bei  gröfserer  Hitze,  als  die  oxydirten  Verbindungen  des 
Wismuths  und  die  Bleiverbindungen.  Schmelzt  man  zu 
kurze  Zeit  bei  schwächerer  Hitze,  so  erhält  man  einen  Me- 
tallregulus   und   ein  schwarzes  Pulver,   das   eine  Mengung 

1)  Po  gg.  Ann.  Bd.  91,  S.  104. 


vnii  metallischem  Wismuth  und 


bei  längerem  Schmelzen  aber  vereinigt  sich  gewöhnlich  Al- 
les zu  einem  grofsen  metallischen  Korne.  Die  geschmol- 
zene Masse  wird  mit  Wasser  Übergossen,  wodurch  sie  bi> 
auf  das  reducirte  Wismut h  aufgelöst  wird.  Man  giefsl  die 
Lösung  sobald  wie  möglich  von  dem  metallischen  Wismuth 
ab,  und  wäscht  dieses  erst  mit  Wasser,  dann  mit  verdünn- 
tem und  endlich  mit  etwas  concentrirtem  Alkohol  ab,  wor- 
auf man  nach  dem  Trocknen  sein  Gewicht  bestimmt.  Hat 
man  nach  der  Behandlung  der  geschmolzenen  Masse  mit 
Wasser  neben  einem  grofsen  Regnlus  von  Wismuth  schwar- 
zes Pulver  erhallen,  so  mufs  letzteres-  noch  einmal  mit  Cy- 
aukalium  geschmolzen  werden.  Beim  Schmelzen  des  Schwe- 
felwismulhs  mit  Cyankalium  findet  ein  Sprülzcn  statt.  Ge- 
schieht das  Schmelzen  in  einem  zu  kleineu  Porccllauliegcl, 
so  wird  etwas  von  der  schmelzenden  Masse  gegen  die  Un- 
terseite des  Deckels  gesprützt,  und  dadurch  kann  etwas 
vom  Schwefel  wismuth  sich  der  Einwirkung  des  schmelzen- 
den Cyankaliums  entziehen.  Das  Schmelzen  mufs  daher  in 
einem  nicht  zu  kleinen  Porcellanlicgel  stattfinden. 

Bei  diesen  Reductionen  verraitlelsl  des  Cyankaliums  wird 
man  oft  dadurch  in  Verlegenheit  gesetzt,  dafs  beim  Schmel- 
zen mit  Cyankalium  die  Glasur  des  angewandten  Porcel- 
laiiticgcls  leicht  ziemlich  stark  angegriffen  wird.  Früher  gab 
es  in  der  hiesigen  königlichen  Porcellanfnbrik  kleine  Por- 
ccllautiegel,  welche  der  Eiuwirkung  des  schmelzenden  Cyan- 
kaliums widerstanden.  Bei  Anwendung  aber  von  gewöhn- 
lichen Pu  reell  an  li  cgel  i)  lösen  sich  kleine  Stückchen  der  Tie- 
gelmassc  ab,  die  mau  oft  nicht  gut  vollkommen  von  dem 
metallischen  Wismuth  trennen  kann,  wenn  dieses  nicht  in 
einem  Korne  erhalten  worden  ist.  In  diesem  Falle  erhält 
man  iudessen  immer  noch  ein  gutes  Resultat,  wenn  man 
auf  folgende  Weise  verfährt:  Der  anzuwendende  kleine 
Porcellantiegel  wird  vor  dem  Versuche  gewogen.  Nachdem 
in  ihm  die  Reduction  mit  Cyankalium  vorgenommen  wor- 
den ist,  und  man  die  erkaltete  geschmolzene  Masse  mit 
Wasser   behandelt    hat,    giefst    man    die    Lösung   durch    ein. 


138 

kleines  gewogenes  Filtrum,  taf  welchem  man  auch  die  grö- 
Cseren  Wismuthkugeln  mit  den  vom  Tiegel  abgelösten 
TheUchen  der  Tiegelmasse  sammelt  und  auswischt.  Das 
Filtrum  mit  dem  Inhalte  wird  darauf  in  den  gereinigten  Tie- 
gel gelegt,  getrocknet  und  mit  demselben  gewogen. 

Kupfer. 

Das  durch  Schwefelwasserstoffgas  gefällte  Schwefelku- 
pfer wird  durch  Glühen  in  einem  Porcellantiegel  in  einer 
Atmosphäre  von  Wasserstoffgas  unter  Zusetzen  ron  etwas 
'  Scbwefelpulver  vollständig  in  das  Schwefelkupfer  Cu*  S 
verwandelt  Man  erhält  Resultate,  welche  vollkommen  zu- 
verlässig sind. 

Ebenso  werden 'andere  Verbindungen  des  Kupfers,  na- 
mentlich Kupferoxyd  und  ftupferoxydul,  schwefelsaures 
Kupferoxyd  und  andere  Kupferoxydsalze  unter  Zusetzen 
von  Schwefelpulver  in  einem  Strome  von  Wasserstoffgas 
vollständig  in  das  Schwefelkupfer  Cu9S  verwandelt. 

Als  Hr.  O es ten  1,380  Grm.  krystallisirtes  schwefelsau- 

•        •  •  •  • 

res  Kupferoxyd,  CuS+5H,  nach  Verjagung  des  Wassers 
mit  Schwefel  ohne  Hülfe  von  Wasserstoffgas  in  einem  be- 
deckten Tiegel  erhitzte,  erhielt  er  0,440  Grm.  Schwefelku- 
pfcr  Cu9  S,  und  bei  einer  Wiederholung  0,441  Grm.  Mit 
Schwefel  im  Wasserstoffgasstrome  erhitzt,  wurden  0,437 
Grm.  Schwefelkupfer  bei  wiederholten  Versuchen  erhalten. 
Das  Aequivalent  des  angewandten  schwefelsauren  Kupfer- 
oxyds an  Schwefelkupfer  Cu3S  ist  0,438  Grm. 

Diese  leichte  Bestimmung  des  Kupfers  macht  die  viel 
Zeit  raubende  gewöhnliche  Behandlung  des  durch  Schwe- 
felwasserstoffgas erhaltenen  Schwefelkupfers,  dasselbe  durch 
Salpetersäure  oder  durch  Königswasser  zu  oxydiren,  und 
aus  der  Lösung  das  Kupferoxyd  durch  Kalihydrat  zu  fällen, 
ganz  überflüssig. 

Durch  die  genaue  Bestimmung  des  Kupfers  als  das 
Schwefelkupfer  Cu'S  ist  es  bei  weitem  zweckmässiger,  un- 
ter fast  allen  Verhältnissen  das  Kupferoxyd  aus  seinen  Lö- 
sungen,  dieselben  mögen   neutral  oder  sauer  seyn,  durch 


Schwefelwasserstoffgas  zu  fällen.  Es  ist  diese  Methode  der 
Abscheidung  des  Kupfers  der  Fällung  des  Oxyds  vermit- 
telst Kalihydrats  weit  vorzuziehen.  Denn  das  gefällte  Schwe- 
fclkupfer  läfst  sich  sehr  leicht  auswaschen,  wenn  man  als 
Waschwasser  ein  Wasser  anwendet,  zu  welchem  man 
Schwcfelwasserstoffwasser  hinzugefügt  hat,  während  das 
durch  Kaliliydrat  ausgeschiedene  Kupferoxyd  schwer  und 
nur  durch  langes  Waschen  von  einem  Kaligehalte  zu  be- 
freien ist. 

■ 

Silber. 

Es  ist  bisweilen  zweckmässig,  das  Silber  aus  seinen  Lö- 
sungen durch  Schwefelwasserstoffgas  als  Schwefelsilber  zu 
fällen.  Wenn  mau  dasselbe  nicht  unmittelbar  nach  der 
Fällung  Qllrirt,  sondern  erst  nachdem  es  sieb  vollständig 
abgesetzt  hat,  so  läfst  es  sich  gut  filtrireu  und  sehr  leicht 
auswaschen. 

Das  auf  nassem  Wege  erhaltene  Schwefelsilber  gehört 
zu  den  Schwefelmetallen,  die,  durch  Schwefelwasserstoff  gas 
erzeugt,  beim  Zutritt  der  Luft  auf  einein  gewogenen  Fillrum 
bei  100"  getrocknet  werden  können,  ohne  sich  zu  ver- 
ändern, Alan  kann  daher  mit  Genauigkeit  aus  dein  Ge- 
wichte des  getrockneten  Schwefelsilbers  das  des  Silbers  be- 
rechnen. 

Man  kann  indessen  auch  sehr  leicht  in  dem  Schwefel- 
silber den  Gehalt  an  Silber  unmittelbar  bestimmen,  wenn 
man  dasselbe  nach  dem  Trocknen  im  Porcelloniicgel  in 
einem  Strome  von  Wasserstorfgas  der  Rolhglübhilze  aussetzt. 
Es  verwandelt  sich  dadurch  sehr  leicht  in  metallisches  Silber. 
Man  umgeht  dadurch  die  Behandlung  des  Schwefelsilbers 
mit  Salpetersäure,  und  die  Fällung  als  Chlorsilber.  Diese 
Reduclion,  welche  immer  geschehen  mtifs,  wenn  mau  im 
Schwefelsilber  eingemengten  Schwefel  vermulhet,  ist  so 
leicht  auszuführen,  dafs  man  sich  ihrer  statt  der  Wägung 
des  Schwefelsilbers  bedienen  kann,  zumal,  da  man  in  diesem 
Falle  nicht  ein  gewogenes  Fillrum  anzuwenden  braucht. 

Aus  einer  Losung  von   1,635  Grm.  Salpetersäuren  Silber- 


140 

oxyds  erhielt  Hr.  O est eh  darch  Schwefelwasserstoffgas 
1,191  Grm.  bei  100°  getrockneten  Schwefelsjlbers;  die  be- 
rechnete Menge  ist  1,192  Grm.  Nach  Verbrennung  des 
Filtrums  im  Wasserstoffstrome  geglüht,  wurden  0,976  Grm. 
metallisches  Silber  erhalten;  der  Berechnung  nach  sind  0,97" 
Grm.  darin  enthalten. 


Quecksilber. 

Wenn  man  vermittelst  des  Schwefelwasserstoffgases  aus 
einer  Lösung  des  Quecksilberoxyds  oder  des  Chlorids  Schwe- 
felquecksilber gefällt  hat,  so  kann  dasselbe  wie  das  Schwe- 
felsilber auf  einem  gewogenen  Filtrum  bei  100°  an  der 
Luft  getrocknet  werden,  ohne  sich  in  seiner  Zusammen« 
setzung  zu  verändern,  so  dafs  man  durch  WSguug  der  ge- 
trockneten Schwefelverbindung  sehr  genau  die  Menge  des 
Metalls  bestimmen  kann. 

Ist  man  indessen  nicht  vollkommen  von  der  Reinheit 
des  Schwefelquecksilbers  überzeugt,  und  will  man  die  Menge 
des  Quecksilbers  in  demselben  bestimmen,  so  ist  eine  der 
besten  Methoden,  dasselbe  aufzulösen,  folgende:  Man  sam- 
melt das  Schwefelquecksilber  auf  einem  kleinen  Filtrum 
von  nicht  zu  dickem  Papier,  und  nachdem  es  ausgewaschen 
ist,  bringt  man  es  noch  feucht  mit  dem  Filtrum  in  ein 
Becherglas,  und  übergiefst  es  in  demselben  mit  einer  ver- 
dünnten Lösung  von  Kalihydrat:  Man  leitet  darauf  durch 
das  Ganze  einen  Strom  von  Chlorgas,  während  man  von 
Zeit  zu  Zeit  umrührt.  Wenn  man  das  Becherglas  auch  nur 
inäfsig  während  der  Operation  erwärmt,  so  ist  nach  kurzer 
Zeit  das  Schwefelquecksilber  aufgelöst  worden.  Man  mufs 
hierbei  einen  Ueberschufs  von  Kalihydrat  vermeiden,  so 
dafs  die  Lösung  schnell  sauer  werden  kann.  Ist  diefs  ge- 
schehen, so  ist  auch  die  Lösung  des  Schwefelquecksilbers 
erfolgt.  Durch  die  erste  Einwirkung  des  Chlorgases  wird 
vor  der  Lösung  das  Schwefelquecksilber  zuerst  roth,  dann 
heller  und  weifs,  indem  sich  die  weifse  Verbindung  von 
Schwefelquecksilber  mit  Quecksilberchlorid  bildet.     In  der 


' 


141 


" 


Lösung  bestimmt  man  darauf  das  Quecksilber  ain  besleu 
nach  Methoden,  von  denen  später  die  Kede  seyu  wird. 

Auf  diese  Weise  wird  nicht  nur  das  schwarze  Sehwe- 
felquecksilber aufgelöst,  sundern  auch  der  Zinnober,  nach- 
dem er  pulverisirt  worden  ist. 

Man  konnte  auch  das  Sehwefelquecksilber  in  verdünnter 
Chlorwassersloffsaure  suspeudiren,  und  durch  das  Gemenge 
Chlorgas  leiten,  oder  chlorsaures  Kali  hinzufügen  und  er. 
hitzen,  aber  dadurch  erfolgt  die  Lösung  des  Schwefelqueck- 
silbers  bei  weitem  später,  als  durch  Kalihydr.it  und  Clilorgas. 

Aus  neutralen  oder  aimnoniakalischen  Lüsungen  kann 
man  das  Quecksilber  als  Sehwefelquecksilber  vollkommen 
durch  Schwefelammonimn  füllen,  ohne  dafs  ein  UcbersrhuTs 
desselben  Sehwefelquecksilber  auflost.  Dieses  Sehwefel- 
quecksilber kann  mit  reinem  Wasser  ausgewaschen  werden. 
Es  ist  sicherer,  es  auf  die  angeführte  Weise  aufzulösen,  und 
in  der  Losung  das  Quecksilber  zu  bestimmen,  als  es  nach 
dem  Trocknen  seinem  Gewichte  nach  zu  bestimmen.  —  Um 
das  Quecksilber  vollständig  durch  Scliwefelammoniuw  als 
Sehwefelquecksilber  fällen  zu  können ,  darf  iu  der  Lüsuug 
nicht  freies  Kali-  oder  Natronhydrat,  oder  auch  nicht  koh- 
lensaures Alkali  zugegen  seyu.  Solche  Lösungen  können 
namentlich  cnlstebeu,  wenn  Quecksilberchlorid  mit  einer 
bedeutenden  Menge  vou  einem  alkalischen  Chlonnetall  ver- 
bunden ist;  zu  einer  solchen  Lösung  kann  mau  Knhhydrat 
setzen,  ohne  dafs  eine  Ausscheidung  von  Quecksilberoxyd 
erfolgt.  Durch  Scriwcfclamuiouium  (so  wie  durch  Schwc- 
felkaliumj  erfolgt  in  einer  solchen  Lösung  kein  Niederschlag 
vou  Sehwefelquecksilber.  Man  mufs  iu  diesem  Falle  die 
Lüsuug  durch  Chlorwassersloffsaure  übersättigen,  und  kann 
dann  durch  Sc  hwc-fel  wasserst  offgas  das  Quecksilber  als 
Schwefel  Verbindung  niederschlagen. 


Uranoxydul  (durch  Rcduclion  des  Urauoxyds  vermittelst 
Wasserstoffgas  erhallen)  verändert  sich  nicht  im  Mindesleu, 
wenn   es  inil  Schwefel   gemengt   in  einer  Atmosphäre  vou 


142 

Waeserstoffgas  gemüht  wird.  Man  erhält  das  ursprüngliche 
Gewicht  des  Uranoxyduls  wieder.  — '  Uranoxyd  wird  auf 
diese  Weise,  wie  durch  reines  Wasserstoffgas,  in  Oxydul 
▼erwandelt 


VII.    Mütheilungen  aus  dem  Laboratorium* 

von  IL  Schneider* 


IV.    Ueber  das  Queoksllberfltiorflr;  tob  B.  ffisfceier. 

JLSerzelius  ')  hat  in  Bezug  auf  das  QuecksilberfiuorQr 
Folgendes  angegeben:  Es  konnte  noch  nicht  mit  Sicherheit 
hervorgebracht  werden.  Wird  ein  Gemisch  von  Calomel 
und  Fluornatrium  in  einem  Glaskolben  erhitzt,  so  erhält 
man  ein  weifses  Sublimat,  welches  sowohl  Fluor  als  Chlor 
enthalt.  Fluorwasserstoffsäure  trübt  nicht  salpetersaures 
Quecksilberoxydul;  bei  dem  Abdampfen  entweicht  die  Was- 
serstoffsäure und  das  salpetersaure  Salz  schiebt  unverän- 
dert an. 

Das  Quecksilberfluorür  war  also  bis  jetzt  unbekannt  Ich 
habe  gefunden,  dafs  diese  Verbindung  auf  verschiedene 
Weise  erhalten  werden  kann. 

Wird  in  eine  Auflösung  von  Fluorsilber,  erhalten  durch 
Zusatz  von  kohlensaurem  Silberoxyd  zu  Fluorwasserstoff- 
säure, frisch  gefälltes  Quecksilberchlorid  im  Ueberschufs 
eingetragen,  so  nimmt  dasselbe  sofort,  indem  es  sich  zum 
Theil  in  Quecksilberfluorür  verwandelt,  eine  gelbe  Farbe 
an;  allmählich  wird  sämmtliches  Silber  als  Chlorsilber  ge- 
fällt und  Quecksilberfluorür  tritt  in  Lösung.  Beim  Ab- 
dampfen dieser  Lösung  im  Wasserbade  erhält  man  kleine 
gelbe  (kubische?)  Krystalle,  die  aus  reinem  Quecksilber- 
fluorür bestehen. 

1 )  Lehrbuch  Bd.  III,  S.  807. 


Noch  leichter  und  bequemer  wird  diese  Verbindung 


hallen  durch  Eintragen  von  frisch  gelalltem  kohleusauren 
Quecksilberoxydul  in  Fluorwasserstoffsäure  ').  Dabei  fin- 
det unter  Entweichen  der  Kohlensäure  sofort  die  Bildung 
von  Quccksilberfluoriir  statt.  Anfangs  bleibt  Alles  gelöst; 
bei  weiterem  Eintragen  des  kohlensauren  Salzes,  womit 
solange  fortgefahren  wird,  als  die  Zersetzung  energisch  statt- 
findet, scheidet  sich  ein  schweres,  hellgelbes,  kristallinisches 
Pulver  ab.  Dieses  ist  Quecksilberfiunrür.  Durch  Waschen 
mit  wenig  Wasser,  Abpressen  zwischen  Fliefspapier  und 
Trocknen  über  Schwefelsäure  und  Kalk  wird  es  leicht  rein 
erhalleu. 

Behufs  der  Analyse  wurde  die  feingeriebene  Substanz 
in  ciuem  geräumigen  Platinliegcl  in  stark  verdünnter  Salpe- 
tersäure aufgelost,  mit  Salzsäure  versetz!,  das  gefällte  Queck- 
silberchlorid auf  ein  gewogenes  Filiruin  gebracht  und  nach 
dein  Trocknen  bei  70  bis  80°  C  gewogen.  Ans  dem  Fil- 
tral  wurde  das  Flunr  nach  der  von  H.  Rose  °)  angegebe- 
neu Methode  als  Fluorcalcium  bestimmt.  Zur  Controlle 
wurde  diefs  durch  Schwefelsäure  in  schwefelsaure  Kalkcrde 
verwandelt  und  diese  gleichfalls  gewogen. 

In  einem  anderen  Falle  wurde  die  stark  verdünnte  salpe- 
tersaure Auflösung  des  Quccksilbcrlluorürs  in  eiueu  Ueber- 
schufs  einer  mit  Schwefelwasscrstoffwasser  versetzten  Auf- 
lösung von  kohlensaurem  Natron  eingetragen,  das  gefällte 
Schwefelnuecksilber  nach  dem  Auswaschen  mit  Salzsäure 
und  chlorsaurem  Kali  behandelt,  aus  der  filtrirten,  von  Chlor 
befreiten  Flüssigkeit  durch  Schwefelwasserstoff  das  Queck- 
silber gefällt  und  als  Schwefelquecksilber  gewogen.  Das 
Fluor  wurde  auf  dieselbe  Weise  wie  bei  der  ersten  Analyse 
bestimmt. 

Die  erhaltenen  Resultate  waren  folgende: 
1)  1,107  Grm.   angewandter  Substanz  gaben   1,185  Gnu. 
Quecksilberchlorid  und  0,189  Grm.  Fluorcalcium.   Aus 

1 )  Friid.    .ui.-r.i1li,-.    raun  Queckillbcroijdul   sthtmt   von  PImtwuMM 

»iure  fast  gar  nickt  angrgiilltn  M  wwittn. 
1)   Hindbticl.  d«  intl.   Cl.cuiie  Bd.  II.  S.  5»2. 


144 

0,189  Gnn.  Fluorcakfam  wurden  Of327  Grm. 
schwefelsaure  Kalkerde  erhalten,  denen  0,188  Grm. 
Fluorcalcium  entsprechen. 
2)  1,037  Grm.  Substanz  gaben  1,097  Grm.  Schwefelqueck- 
silber und  0,178  Grm.  Fluorcalcium,  resp.  0,312  Grm. 
schwefelsaure  Kalkerde,  denen  0,179  Grm.  Fluorcal- 
cium entsprechen. 
Der  Formel  des  Quecksüberfluorürs  (Hgt  Fl)  entsprechen 
folgende  Zahlen: 


Gefunden. 

Berechnet. 

"  L    '"~~ 

"      IL       ■" 

Mitte!. 

Hg«  =  200 

91,32  Proc 

90,91 

91,19 

91,01 

Fl     es    19 

9,68    » 

8,32 

8,36 

8,34 

219 

100,00 

99,23 

99,55 

99,39 

Aus  einer  fluorwasserstoffsauren  Auflösung  von  Queck- 
silberfluorür ,  wie  man  sie  durch  Eintragen  von  kohlensau- 
rem Quecksilberoxydnl  in  stark  verdünnte  Fluorwasserstoff- 
säure  erholt,  scheiden  sich  beim  Verdampfen  im  Wasserbade 
kleine  gelbe,  mit  einander  verwachsene  Kry stalle  aus.  Wird 
die  Lösung  bei  gewöhnlicher  Temperatur  (über  Schwefel- 
säure und  Kalk)  verdunstet,  so  sind  die  ausgeschiedenen 
Krystalle  gröfser,  aber  auch  so  innig  mit  einander  verwach« 
gen,  dafs  ihre  Form  nicht  mit  Sicherheit  erkannt  werden 
kann.     Es  scheinen  Würfel  zu  seyn. 

Die  Analyse  dieser  Krystalle,  gleichviel  ob  dieselben 
bei  gewöhnlicher  oder  bei  höherer  Temperatur  angeschos- 
sen waren,  führte  ebenfalls  zu  der  Formel  Hg9  Fl,  wie  sich 
aus  folgenden  Zahlen  ergiebt: 

1 )  0,987  Grm.  (bei  50  bis  60°  krystallisirt)  gaben  1,052 
Grm.  Quecksilberchlorür  und  0,170  Grm.  Fluorcalcium, 
resp.  0,298  Grm.  schwefelsaure  Kalkerde  (entsprechend 
0,171  Grm.  Ca  Fl). 

2)  0,923  Grm.  (bei  gewöhnlicher  Temperatur  angeschos- 
sen) gaben  0,986  Grm.  Quecksilberchlorür  und  0,158 
Grm.  Fluorcalcium,  resp.  0,274  Grm.  schwefelsaure 
Kalkerde  (entsprechend  0,157  Grm.  Ca  Fl). 


91,32  Prc-. 
_8,68_  •■ 
100. 


9(1,7 1  911,92 
8,39  8,31 

99,11).  99£6\ 

wird    von  Wasser 


Das  Quecksilbcrfluonir  wird  von  Wasser  iheilweise 
zersetzt;  es  bildet  sieb  Quecksilberoxydul  und  Fluorwasser- 
stoffsäure, in  welcher  sich  ein  Theil  des  unzersclzten  FIuo- 
rürs  auflöst.  Diese  Zersetzung  scheint  schou  durch  den 
Wassergebalt  der  Luft  bewirkt  zu  werden,  da  die  Verblö- 
dung sieb  beim  Liegen  an  der  Luft  (besonders  bei  Zutritt 
des  Lichts)  leicht  schwärzt.  In  Irockncr  Luft  läfst  sich 
das  Quecksilberiluorür  bis  ungefähr  2611"  C.  erhitzen,  ohne 
zersetzt  zu  werden;  bei  höherer  Temperatur  subliuiirt  Queck- 
silber, während  gleichzeitig  das  Glas,  in  dein  das  Erhitzen 
stattfindet,  stark  angegriffen  wird. 

Kali  scheidet  aus  einer  iluorwassersloffsauren  Auflösung 
von  Quecksilberiluorür  Quecksilberoxydul  aus. 

Aetzammouiaklliissigkeit  bringt  in  derselben  einen  schwar- 
zen Niederschlag  hervor,  der  jedoch  gleich  nach  seiner  Ent- 
stehung die  schwarze  Farbe  verliert  und  wehr  oder  weni- 
ger grau  wird.  Filtrirt  mau  die  schwach  alkalische  Flüssig- 
keit sogleich  ab,  so  enthält  dieselbe  eine  erhebliche  Menge 
Quecksilberoxyd  aufgelöst  und  setzt  nach  kurzer  Zeit  eiue 
weifse  Masse  ab,  die  sich  in  ziemlich  conccutrirler  Salz. 
saun;  löst  und  die  Quecksilber,  Ammoniak  und  Fluor  als 
wesentliche  Bestandteile  enthält.  Auf  diese  Substanz  werde 
ich  bei  einer  späteren  Gelegenheit  ausführlich  zurück, 
kommen. 

Wird  der  schwarze  Niederschlag  mit  verdünnter  Salpe- 
tersäure übergosseu,  so  bildet  sich  uuter  Stickstoffoxyd- 
Entwjckelung  salpetersaures  Quecksilberoxydul,  das  in  Lö- 
sung tritt,  während  eine  weifsc  Quecksilbcroxyd-haltige 
Masse  zurückbleibt.  liekanntlich  verhält  sich  das  Salpeter- 
säure Quceksilberoxydul  unter  gewissen  Umstanden  auf 
ähnliche  Weise:  in  conccntrirterLösuug  wird  es  durch  e 
grofsen  Ueberscbufs   von  Ammoniak   tbeilweise   in  Queck- 

PoggindorlTj   Anna].  Bd.  CK, 


146 

silber  und  eine  Queclwilberoxyd- Verbindung  zersetzt.  Bei 
dem  Quecksilberfluorür  scheint  diese  Zersetzung  immer  vor 
sich  zu  gehen.  Selbst  wenn  man  zu  einer  wenig  freie  Fluor- 
wasserstoffsäure enthaltenden,  stark  verdünnten  Auflösung 
von  Quecksilberfluorür  eine  kleine  Menge  verdünnter  Am- 
moniakflüssigkeit setzt,  so  dafs  noch  eine  saure  Reaction 
stattfindet,  enthalt  die  sogleich  filtrirte  Flüssigkeit  eine  er- 
hebliche Menge  Quecksilberoxyd  und  der  Niederschlag, 
auch  wenn  er  bei  gewöhnlicher  Temperatur  und  unter  Ab- 
haltung des  Lichts  getrocknet  wurde,  metallisches  Queck- 
silber. 

Vollständig  ist  die  Zersetzung,  wenn  man  trocknes 
Quecksilberfluorür  einige  Zeit  unter  häufigem  Umrühren 
mit  Ammoniakflüssigkeit  behandelt.  Verdünnte  Salpeter- 
säure zieht  dann  aus  dem  Rückstande,  bei  längerer  Berüh- 
rung mit  demselben,  eine  Menge  Quecksilber  aus,  die  von 
dem  Quecksilbergehalte  des  angewandten  Fluorürs  sehr 
nahe  die  Hälfte  beträgt.  1,993  Giro.  Fluorür  (mit  91,32 
Proc.  Hg)  auf  diese  Weise  behandelt,  gaben  bei  der  Fäl- 
lung des  salpetersauren  Auszuges  mit  Salzsäure  1,053  Grm. 
Quecksilbcrchlorür,  entsprechend  44,87  Proc.  Quecksilber. 

Von  trocknem  Amuioniakgas  wird  das  Quecksilberfluo- 
rür geschwärzt.  Um  die  Menge  des  hierbei  absorbirten 
Ammoniaks  zu  bestimmen,  wurde  die  feingeriebene  Sub- 
stanz in  eine  Kugelröhre  gebracht  und  diese  zwischen  zwei 
ungefähr  2  Fufs  lange,  mit  frisch  geglühten  Kalkstücken 
gefüllte  Glasröhren  eingeschaltet,  von  denen  die  eine  mit 
der  zur  Ammoniak- Entwickelung  dienenden  Retorte,  die 
andere  mit  einer  rechtwinklich  gebogenen,  unter  Quecksil- 
ber mündenden  engen  Glasröhre  verbunden  war.  In  die- 
sem Apparate  wurde  das  nach  der  oben  beschriebenen  Me- 
thode dargestellte  Quecksilberfluorür  längere  Zeit  der  Ein- 
wirkung des  Ammoniaks  bei  gewöhnlicher  Temperatur  aus- 
gesetzt. Dabei  zeigte  sich,  dafs  nur  eine  äuferst  langsame 
Absorption  stattfand;  dieselbe  war  selbst  nach  mehrtägigem 
Darüberleiten  des  Gases  noch  nicht  beendigt. 

Etwas  schneller  verlief  die  Absorption   bei  Anwendung 


Quecksilberfluorüi 


Zustande   sehr   feiner   Verthei- 


(ung-,  wie  es  durch  Zusatz  von  Fluorkai ium  zu  eiuer  Auf- 
lösung von  krystallisirtetn  Quecksilbertluorür  in  verdünnter 
Fluorwasserstoffsäure  erhallen  wird  ').  In  diesem  Falle 
war  die  Absorption  nach  zwei-  bis  dreitägiger  Behandlung 
des  Fluorlirs  mit  Ammoniak  beendigt;  es  fand  keine  fer- 
nere Gewichtszunahme  mehr  statt.  Die  erhaltenen  Resul- 
tate waren  folgende: 

1)  1,389  Grm.  Hg' Fl  absorbirten  0,108  Gnn.  Ammoniak 

2)  1,522  Grm.  Hg'Fl  absorbirten  0,114  Grm.  Ammoniak. 
Diese  Zahlen    drücken    sehr    nahe    das  Verhältnifs   glei- 
cher Aequivalenle  aus,   führen  also  zu  der  Formel  Hg,  Fl, 
NH„. 


HgäFI  =  219 
NH,    =    17 


92,80  Proc. 
7,20     - 


7,21       6,97       7,09 


236  100,00. 
In  trockener  Luft  scheint  das  Quecksilbertluorur- Am- 
niak  beständig  zu  seyn.  Auch  wenn  es  in  einem  trock- 
nen Luftstrome  bis  100*  C  erwärmt  wird,  giebt  es  nur 
sehr  wenig  Ammoniak  (0,2  Proc.)  ab;  zugleich  wird  eine 
:hr  kleine  Menge  von  metallischem  Quecksilber  ausge- 
schieden. Durch  Wasser  scheint  es  in  Quecksilber  und 
eine  Quecksilberoxyd- Verbindung  zerlegt  zu  werden. 

V.    Ueber  Wismnth-  und  Anlimonjodosulfurcl; 
von   11.   Schneider. 

Schon  gelegentlich  meiner  früheren  Mitlheiluugen  ')  über 
die  Darstellung  des  Jodwismuths  aus  Jod  und  Schwefel- 
.visimuli  habe    ich  angegeben,    dafs    nach    beendigter  Subli- 

1)  Da.  auf  die»  Welit  dargc.iellie  QuecUlberfli.oriJr.  cm  hellgelbe»,  .ehr 
lockerei  Pulter,  halt  beim  Ao.wa.ehcn  licmlirh  ha,  »■:;.  k!g  eine  kleine 
Menge  von   f!i.,>r-.v^-,r-.    tK.,r,r.  .r.  FluorkaKnm  zurück,  .l..s    ;„.!,[.   ,!„,,  I, 

fnrlgeictitei  Waschen  volhländlg  entfernt  werden  kann.  In  100  Theilen 
die».  FluorSr»  «nln  91,08  Proc.  Queck.ilbrr  und  8,33  Proc,  Fluor 
gefunden,  —  Zahlen  al.n,  die  der  Formet  Hga  Fl  fall  genau  enlipreclien. 

2)  Dieae  Ann.I.  Bd.  99,  S.  470 


148 

mationam  Boden  des  Kolbens  ein  spröder,  krystallinisch - 
strahliger  Rückstand  bleibt,  der  Wismuth,  Jod  und  Schwefel 
enthalt 

Bei  näherer  Untersuchung  hat  sich  gezeigt,  dafe  dieser 
Rückstand  aus  etwas  unverändertem  Jodwismuth,  zum  gröfc- 
ten  Theil  aber  aus  einer  Verbindung  besteht,  deren  Zu- 
sammensetzung in  der  Formel  BiJS*  ihren  einfachsten  Aus- 
druck findet.  Diese  Verbindung  ist  in  Form  kleiner  glän- 
zender stahlgrauer  Krystallnadeln  in  die  Masse  des  Jod- 
wismuths  eingelagert  und  kann  daraus  durch  Behandeln  mit 
verdünnter  Salzsäure,  worin  nur  das  Jodwismuth  sich  löst, 
leicht  ausgesondert  werden. 

Dieselbe  Verbindung  wird  stets  und  am  Leichtesten  er- 
halten, wenn  man  in  schmelzendem  bis  zum  Sieden  erhitzten 
Jodwismuth  soviel  pulverisirtes  Schwefelwismuth  aufgelöst, 
als  jenes  aufzunehmen  vermag.  Beim  Erkalten  erfüllt  sich 
die  Masse  mit  zahlreichen  Krystallen  der  neuen  Verbindung, 
die  von  dem  Jodwismuth,  in  das  sie  eingelagert  sind,  durch 
verdünnte  Salzsäure  vollständig  befreit  werden  können.  Das 
Behandeln  mit  Salzsäure  mufs  indefe  so  oft  wiederholt  und 
so  lange  fortgesetzt  werden,  bis  reines  Wasser  auch  bei 
längerer  Berührung  mit  den  Krystallen  nicht  mehr  milchicht 
getrübt  wird. 

Endlich  kann  die  Verbindung,  wie  Hr.  Linau  gefunden 
hat,  auch  durch  Sublimation  erhalten  werden  und  zwar  in 
schönen  glänzenden,  bisweilen  zolllangen  Nadeln.  Man  ver- 
fährt dabei  am  Besten  so,  dafs  man  in  einem  geräumigen 
Thontiegel  Jod,  Schwefel  und  Schwefelwismuth  übereinan- 
der schichtet  und  den  Tiegel  bei  aufgelegtem  Deckel  län- 
gere Zeit  einer  höheren  Temperatur  aussetzt.  Der  Rück- 
stand im  Tiegel  findet  sich  dann  oberflächlich  mit  Krystal- 
len der  neuen  Verbindung  bekleidet 

Die  Analyse  dieser  Verbindung  wurde  nach  bekannten 
Methoden  ausgeführt.  Behufs  der  Bestimmung  des  Wismuths 
und  des  Schwefels  wurde  die  Substanz  mit  Salpeter  und 
Soda  geschmolzen,  das  Wismuth  als  Oxyd,  der  Schwefel 
als  schwefelsaure  Baryterde  gewogen.   Für  den  Zweck  der 


Jodbestiininung  wurde  die  f  re ige  rieben  e  Substanz  anhaltend 
mit  mäfsig  conceiitrirler  Knlilö'suiig  digetirt  und  311s  der  au- 
gesäuerten  Lösung  des  Jod  als  Jodsilber  gefällt.  Die  Re- 
sultate waren  folgende: 

1)  0,914  Grra.  gaben  0,580  Gnu.  schwefelsaure  Baryterde 
und  0,580  Gnn.  Wisinulhoxjd. 

2)  1,138  Gnn.  gaben  0,724  Grm,  Jodsilber. 
Diese  Data  führen  zu  der  Formel   BiJS,. 


Bi  =  208 

J    =  127 

S,  =^32 

367 


56.6  Proc. 

34.7  > 
8,7     • 

lOO.Ö; 


Diese  Verbindung  kann  hiernach  aufgefafst  werden  als 
Wismutbjodosulfurel  (BUS,);  d.  h.  als  Schwefelwismuth, 
1  dem  4  des  Schwefels  durch  Jod  vertreten  ist;  sie  lafst 
aber  auch   betrachten   als  aus    1  Aeijuiv.   Jodwisinulh 

I  2  Aequiv.  Schwcfelwismuth  zusammengesetzt  =  BiJa, 
BiSj.  Das  chemische  Verhallen  derselben  spricht  mehr 
für  die  erste  als  für  die  letztere  Formel. 

Aeufscrlich  hat  das  Wismulhjodosulfurct  viel  Aehnlich- 
keit  mit  dem  Wismuthglanz  und  scheint,  soweit  steh  bei 
der  mikroskopischen  Betrachtung;  erkennen  läfst,  mit  diesem 
dieselbe  Gestalt  zu  habeo.  Die  Kryslalle  sind  stalilgrau 
und  zeigen  lebhaften  Metallglauz. 

Weder  von  kallem  noch  von  siedendem  Wasser  wird 
diese  Verbindung  angegriffen.  Auch  verdünnte  Miucralsäu- 
ren  sind  ohne  Wirkung.  Coucentriitc  siedende  Salzsäure 
dagegen  bewirkt  unter  Schwefelwasserstoff -Fiilwickelung 
vollständige  Zersetzung;  ebenso  concentrirte  Salpetersaure 
unter  Ausscheidung  von  Jod  und  Schwefel.  Durch  er- 
wärmte Kalilosung  wird  der  Verbindung  das  Jod  vollstän- 
dig entzogen;  im  Rückstände  bleibt  ein  Wismulhojvsulfuret. 
Aehnlich  aber  weit  träger  wirkt  Aclzammoniakllüssigkeit. 
Auch  durch  Kochen  mit  Wasser  und  Zinkoxvd  wird  dem 
Wismuthjodosulfuret  allmählich  Jod  entzogen,  das  als  Jod- 


150 

zink  in  Lösung  tritt;  doch  findet  diese  Zersetzung  nur  sehr 
langsam  und  unvollständig  statt. 

Beim  Erhitzen  unter  Luftabschlub  schmilzt  die  Verbin- 
dung und  verliert  Jodwismuth;  ein  Theil  des  Jods  bleibt 
indefs  beim  Rückstände  und  kann  auch  durch  anhaltendes 
Erhitzen  desselben  nicht  ausgetrieben  werden. 

Unter  ganz  ähnlichen  Verhältnissen  wie  bei  der  Dar- 
stellung des  Jodwismuths  das  Wismuthjodosulfuret,  wird 
bei  der  Darstellung  des  Jodantimons  (aus  Jod  und  Schwe- 
felantimon) die  entsprechende  Antimon  -  Verbindung,  das 
Antimonjodosulfuret  erhalten.  Weit  leichter  indefs  läfst  sich 
diese  Substanz  darstellen  durch  Auflösen  von  pulverisirtem 
Schwefelantimon  in  schmelzendem  Jodantimon  und  Behan- 
deln der  langsam  erstarrten  Masse  mit  verdünnter  Salzsäure. 
Darin  löst  sich  nur  der  Ueberschufa  des  Jodantimons  auf 
und  das  Antimonjodosulfuret,  das  in  jenes  eingelagert  war, 
bleibt  im  reinen  Zustande  übrig. 

Behufs  der  Analyse  wurde  die  Verbindung  durch  ko- 
chende Sodalösung  zersetzt,  darauf  Essigsäure  bis  zur  sauren 
Reaction  zugesetzt,  die  Flüssigkeit  mit  Schwefelwasserstoff- 
gas übersättigt,  das  Schwefelantimon  abfiltrirt  und  aus  dem 
von  Schwefelwasserstoff  befreiten  Filtrate  das  Jod  durch 
Silberlösung  gefällt.  In  dem  Schwefelantimon  wurde  der 
Gehalt  an  Antimon  bestimmt.  Eine  andere  Menge  der 
Substanz  wurde  mit  Salzsäure  und  chlorsaurem  Kali  bis 
zur  völligen  Lösung  behandelt  und  aus  der  mit  Weinstein- 
säure versetzten,  stark  verdünnten  Flüssigkeit  die  Schwefel- 
säure als  schwefelsaure  Baryterde  gefällt. 

Die  erhaltene  Resultate  waren  folgende: 

1)  1,003  Grm.  gaben  0,856  Grm.  BaO,  SO,  und  0,438 
Grm.  Antimon. 

2)  1,890  Grm.  gaben  1,568  Grm.  Jodsilber. 
Diesen  Werthen  entspricht  die  Formel  Sb  J  S2 : 


Sb  =  12lt,3  43,07  Proc. 

J    =127  45,48     « 

S,  =    32  11,45    - 

'2"y,;i  i«o,öo. 

Die  Krystalle  des  Anlimoiijodosulfurets  zeigen,  wenn  sie 
unverletzt  sind,  lebhaften  Meudlglanz,  sind  von  dunkelrotb- 
brauner  Farbe,  unter  dein  Mikroskop  mit  rubiurother  Farbe 
durchscheinend  und  geben  ein  duukclkirschrothes  Pulver. 
Sic  haben  äufserlich  eine  unverkennbare  Achnlichkcit  mit 
dem  Rollispiefsglauzerz,  zu  dein  sie  auch  durch  ihre  Zusam- 
mensetzung in  eine  sehr  nahe  Beziehung  gestellt  sind.  Sie 
können  nämlich  als  solches  betrachtet  werden,  in  dem  der 
Sauerstoff  durch  eine  aenuivalenle  Menge  von  Jod  vertre- 
ten ist.  Der  einfachste  formul arische  Ausdruck  für  ihre  Zu- 
sammensetzung ist,  wie  gesagt,  SbJS,;  doch  lassen  sie  sich 
auch  betrachten  als  eine  Verbindung  von  1  Aequiv.  Jod-, 
antimon  mit  2  Aequiv.  Schwefelantimon  —  Sb  J„,  2SbSs. 

Gegen  Wasser  und  Sauren  verhüll  sich  das  Antimon- 
jodosulfurct  ähnlich  wie  die  entsprechende  Wismulh Verbin- 
dung. Aetzendc  und  kohlensaure  Alkalien  dagegen  entzie- 
hen der  Verbindung  nicht  nur  das  Jod,  sondern  es  tritt 
auch  ein  Theil  des  Schwefels  und  des  Antimons  (als  Schwe- 
felsalz) in  Lösung,  beim  Erkalten  zum  Theil  als  Kermes 
sich  ausscheidend. 

Wird  feingepulvertes  Antimonjodosulfuret  mit  einein 
Ucberschufs  von  Zinkoxyd  und  Wasser  gekocht,  so  wird 
ihm  allmählich  der  ganze  Jodgehalt  entzogen.  Im  Rückstaude 
befindet  sich  neben  dem  überschüssigen  Zinkoxyd  eine  Sub- 
stanz, die  annähernd  nach  der  Formel  Sb  O  SM  also  dem 
Rothspicfsglnnzciz  entsprechend  zusammengesetzt  ist.  Die- 
selbe bleibt  bei  der  Behandlung  jenes  Rückstandes,  mit  stark 
verdünnter  Salzsaure,  worin  das  Zinkoxyd  sich  füst,  als  ein 
rolhbraunes  Pulver  zurück,  dem  indefs  bei  längerer  Berüh- 
rung mit  schwacher  Salzsäure  leicht  etwas  Antimon  als  Oxyd 
entzogen  wird. 


Die  M&tode,  nach  der  die  hier  beschriebenen  Verbin- 
dangen  erhalten  wurden,  bietet  defshalb  einiges  Interesse« 
weil  sie  zeigt,  dafe  die  schmelzenden  Chlor-,  Brom*  and 
Jodmetalle  vortreffliche  Lösungsmittel  für  die  entsprechen- 
den Schwefelverbindungen  sind.  Diese  letzteren  scheiden 
sich  aus  solchen  Lösungen  entweder  unverändert  und  dann 
bisweilen  sehr  schön  krystaltisht  fz.  B.  das  Einfach -Schwe- 
felzinn •)]  wieder  ab  oder  sie  bilden,  und  dieCs  ist  der  häu- 
figere Fall,  ktjstallisirte  Verbindungen  nach  Art  der  oben 
beschriebenen.  So  krjstallirirt,  wie  ich  früher*)  gezeigt 
habe,  aus  einer  Auflösung-  von  Zinnober  in  schmelzendem 
Quecksilberchlorid  die  Verbindung  Hg8  ClSt,  aas  einer 
Auflösung  von  Scbwefelwismuth  in  schmelzendem  Chlor- 
wismuth  die  Verbindung  BiCIS,  u.  s.  w. 

Berichtigung. 

In  No.  I  dieser  Mittheilungen  (Aprilheft)  ist  über  die 
Einwirkung  von  StibBthvl  auf  Senföl  eine  Angabe  gemacht 
worden,  die  einer  Berichtigung  bedarf. 

Hr.  Schellbach  hatte  sich  nämlich  bei  seinen  ersten 
Versuchen,  bei  denen  die  früher  erwähnte  krvstallisirte 
Substanz  erhalten  wurde,  eines  Stibäthyls  bedient,  das, 
wie  sich  erst  später  herausstellte,  Jodäthvl  enthielt  Da 
dieses  Stibäthjl  nicht  in  meinem  Laboratorium  dargestellt 
und  da  mir  der  Gehalt  desselben  an  Jodäthyl  unbekannt 
war,  so  konnte  ich  in  den  damit  erhaltenen  Krystallen  un- 
möglich Jod  voraussetzen;  dagegen  war  ich  um  so  geneig- 
ter, dieselben  für  das  früher  bezeichnete  complicirte  Dia- 
min  (für  dessen  Bildung  ohnehin  vielfache  Analogien  spra- 
chen) zu  halten,  als  bei  der  Prüfung  derselben  wenn 
auch  nicht  starke,  so  doch  deutliche  Reactionen  auf  Stick- 
stoff und  Schwefel  erhalten  wurden.  Es  verdient  Berück- 
sichtigung, dafs  bei  dieser  ersten  Prüfung  nur  über  sehr 
kleine  Mengen  der  betreffenden  Substanz  verfügt  werden 
konnte. 

Als  Hr.  Schellbach  bei  späteren  Versuchen  (die  übri- 

1)  Diese  Ann.  Bd.  95,  S.  169. 

2)  Die«  Ann.  Bd.  95,  S.  167  a.  Bd.  93,  S.  464. 


gens  nicht  in  meinem  Laboratorium  angestellt  wurden)  ein 
jodfreics  Stibätbyl  auf  Seuföl  einwirken  liefs,  erhielt  er, 
selbst  nach  längerem  Erwärmen  des  Gemisches  in  zuge- 
schmolzeneu  Röhren,  keine  Krystallc;  solche  bildeten  sich 
erst,  als  dem  Gemisch  von  Stibüthyl  und  Senfül  Jodälhyl 
hinzugefügt  wurde.  Es  war  damit  angedeutet,  dafs  Tür  die 
Bildung  jener  Kristalle  die  Gegenwart  von  Jodäthyl  we- 
sentliche Bedingung  sey  und  dafs  Jod  einen  Bcstaudtheil 
derselben  ausmache.  Hr.  Schellbach  hat  nun  in  der  That 
gefunden,  dafs  diese  Krystallc  durch  wiederholtes  Umkry- 
stallisiren  aus  Weingeist  oder  Wasser  von  den  Bestand- 
teilen des  Senfüls  frei  erhalten  werden  und  dafs  sie  die 
Zusammensetzung  des  Slibälliyliumjodiirs  besitzen.  Der  Um- 
stand, dafs  dieser  Verbindung  etwas  Senföl  hartnackig  an- 
haftet, macht  es  erklärlich,  dafs  in  dem  früher  erhaltenen 
Präparate,  das  nur  einmal  aus  Weingeist  umkrystallisirt 
war,  Stickstoff  und  Schwefel  nachgewiesen  werden  konnten. 
Berlin,  den  29.  Mai  1860.  R.  Schneider. 


VIII.      Veber  ein  einfaches  Verfahren,  mit  Anwen- 
dung ton  Eisensalzen   unmittelbar  kräftige,  po- 
sitive  Photographien  zu  erzeugen; 
ton  F.  Zöllner. 


In  neuerer  Zeit  hat  Hr.  iSicpcc  de  8ai  n  t-Victor  ein 
Verfahren  bekannt  gemacht  '),  durch  welches  man  mit  An- 
wendung des  salpetersauren  Uranoxydes  Lichtbilder  erhalten 
kann,  die  durch  Behandlung  mit  salpctersaurcm  Silberoxyd 
zum  Vorschein  kommeu.  Man  tränkt  zu  diesem  Zwecke 
ein  Blatt  Papier  mit  einer  Lösung  von  salpetersaurem  Uran- 
oxyd, bedeckt  dasselbe,  nachdem  es  getrocknet  ist,  mit  dem 
zu  copirendeu  negativen  Bilde  und  setzt  es  ungefähr  eine 
Viertelstunde  dem  directen  Sonnenlichte  aus.  Legt  man 
alsdann  das  exponirte  Papier  in  eine  Lösung  von  salneler- 

1)   Compltt  rend.    T.  XLVl,  p.  täfl.  4S9. 


m 

saurem  Silberoxyd,  «o  erscheint  ein  positives  Bijd  4a  braun- 
rother  Farbe»  das  pich  durch  Schlrfe  und  Deutlichkeit  aus- 
zeichnet Einige  Zeit  später  tbeilte  Hr.  Magnus  in  der 
Gesammtsitznog  der  Berliner  Academie  am  29.  April  1868 
einige  Verbesserungen  mit,  welche  Hr.  O.  Hagen  in  dem 
so  eben  mitgetheilten  Verfahren  gefunden  hat.  Diese  Ver- 
besserungen bestehen  in  Folgendem* 

1)  Es  mufs  angeleimtes  Papier  angewandt  werden  oder 
das  geleimte  durch  Kochen  mit  Wasser  vom  Leim 
befreit  werden.     „ 

2)  Das  angewandte  Uransais  darf  keine  freie  Salpeter- 
säure .  enthalten  und  nicht  durch  die  Beimengungen 
des  käuflichen  Uransalzes  wie  Kupfer  und  Arsenik 
verunreinigt  seyn. 

3)  Die  wässerige  Silbersalzlösung  erh&lt  einen  Zusatz  von 
Alkohol  oder  Aether. 

Mit  Beobachtung  dieser  Vorschriften  ist  es  Hrn.  Hagen 
gelungen,  Bilder  in  grauschwarzem  Tone  zu  erhalten,  wel- 
che 30  höchstens  60  Sekunden,  auf  Löschpapier  sogar  nur 
15  Sekunden  Expositjonszeit  erfordern. 

Auf  die  augeführten  Punkte  Bezug  nehmend  giebt  Hr. 
Hagen  eine  Theorie  des  hierbei  stattfindenden  chemischen 
Processes  und  bringt  denselben  mit  der  Eigentümlichkeit 
der  alkoholigen  Lösungen  des  salpetersauren  Uranoxydes 
in  Verbindung,  welche  dem  Sonnenlichte  exponirt,  sich  zu 
Oxydul  reduciren.  Zur  genaueren  Feststellung  dieser  theo- 
retischen Ansicht  unternahm  ich  eiue  hierauf  bezügliche  Un- 
tersuchung, durch  welche  ich  zu  Resultaten  geführt  worden 
bin,  welche  abgesehen  von  ihrem  wissenschaftlichen  Interesse, 
wie  ich  glaube  auch  für  die  practische  Photographie  und 
ihre  allgemeinere  Verbreitung  nicht  ohne  Bedeutung  sind. 

Es  kam  mir  zunächst  darauf  an,  den  im  Lichte  stattfin- 
denden Reductionsprocefs  des  salpetersauren  Uranoxydes 
sichtbar  zu  machen  und  zu  diesem  Zwecke  den  frei  wer- 
denden Sauerstoff  an  einen  Körper  zu  binden,  durch  dessen 
Oxydation  eine  deutlich  hervortretende  Färbung  an  denje- 
nigen Stellen  des  Papieres  entsteht,  an  welchen  das  Licht 


seine  reducirende  Wirkung  geltend  macht.  Eiii  solcher 
Körper  bot  sich  mir  in  dem  Jodkaliumslärkcklcistcr  dar; 
ich  legte  daher  das  mit  salpetersaurcin  Uranoxyd  getränkte 
und  dann  getrocknete  Papier  auf  eine  verdünnte  Stärke- 
kleisterlüsung,  in  welcher  geringe  Mengen  von  Jodkalium 
aufgelöst  waren  uud  setzte  das  so  präparirte  Papier  getrock- 
net dein  direclen  Sonnenlichte  aus.  Schon  nach  Verlauf 
von  wenigen  Sekunden  fing  das  Papier  an  sich  merklich 
zu  bläuen  uud  nach  10  Minuten  halte  dasselbe  eine  tief 
blaugraue,  etwas  ins  Violette  spielende  Farbe  angenommen, 
so  dafs  ich  schou  bei  der  ersten  Wiederholung  dieses  Ver- 
suches, wobei  das  Papier  mit  einer  undurchsichtigen  Schrift 
auf  transparentem  Papier  bedeckt  war,  die  getreuen  und 
scharfen  Züge  dieser  Schrift  in  weifser  Farbe  auf  blauem 
Grunde  erhielt.  Die  Empfindlichkeit  wurde,  wie  es  schien, 
noch  etwas  erhöht,  wenn  mau  die  salpetersaure  Uranoxyd- 
Lösung  mit  reinem  Stärkekleister  versetzte.  Zur  Fiiiruug 
des  Hildes  ist  es  nur  erforderlich  dasselbe  gehörig  mit  de- 
Büllirlem  Wasser  abzuspülen,  wobei  die  Farbe  noch  weit 
deutlicher  hervortritt  und  zugleich  eiuen  mehr  blauen  Ton 
annimmt. 

Weun  nun  aus  dem  hier  beschriebenen  Versuch  her- 
vorgeht, dafs  durch  die  Einwirkung  des  Lichtes  auf  das 
erwähnte  Uranpapier  in  der  Thal  eine  Sa uerstoffeut Wicke- 
lung stattfindet  und  somit  die  von  Hrn.  Hagen  aufgestellte 
Ansicht  bestätigt  wird,  so  müssen  nun  auch  alle  die  obeu 
angeführten  Umstände,  welche  die  Empfindlichkeit  des  Pa- 
piers bei  dem  Niepcc'scheu  Verfahren  vermehren,  bei 
der  Behandlung  des  Uranpapiers  mit  Jodkaliiimstärkcklcisler 
vermindern,  da  es  hier  gerade  darauf  ankommt,  allen  dispo- 
niblen Sauerstoff  ungelheilt  auf  die  Zersetzung  des  Jodka- 
liums zu  verwenden.  In  der  That  gelangen  mir  auch  die 
Bilder  auf  Löschpapier  nur  äufserst  unvollkommen  und 
erwies  sich  die  Gegcuwart  geringer  Mengen  von  freier 
Säure  ohne  merklichen  Ei  u  flu  ('s  auf  die  Empfindlichkeit  des 
Papieres. 

lu  der  Absicht,  meine  Untersuchungen  in  derselben  Weise 


IM 

an  Eisensalzen  fortwnetxen,  deren  Zerfegbarkeit  durch  Licht 
schon  anderweitig  bekannt  war  J ) ,  behandelte  ich  ein  mit 
Eisenchlorid  prftparirtes  Papier  mit  Jodkaliumlösung  und 
beobachtete  an  allen  mit  dieser  Lösung  in  Berührung  gewe- 
senen Stellen  durch  Ausscheidung  von  Jod  eine  tief  schwarz- 
blaue Färbung  des  Papiers.  Wurde  hingegen  das  mit  Eisen- 
chlorid Aberzogene  Papier  hinreichend  lange  dem  Lichte 
ausgesetzt,  so  verlor  es  die  Eigenschaft,  sich  in  Berührung 
mit  Jodkaliumlösung  zu  schwarzen.  Ganz  dasselbe  Verhal- 
ten zeigte  ein  mit  Eisenrhodanid  priparirtes  Papier  und  es 
war  somit  hierdurch  die  Möglichkeit  gegeben,  mit  Anwen- 
dung gewisser  Eisensalze  und  Jodkaliumlösung  immittelbar 
positive  Photographien  zu  erzeugen. 

Von  der  soeben  Angegebenen  Reaction  machten  alle 
von  mir  untersuchten  Verbindungen  des  Elisenoxydes  mit 
organischen  Sauren  eine  Ausnahme.  Vermischt  man  aber 
eine  gewisse  Menge  einer  Lösung  von  oxalsaurem  Eisenoxyd 
npt  Eisenchloridlösung,  so  erhält  mau  ein  Gemenge,  dessen 
Empfindlichkeit  um  sehr  viel  gröfser  ist,  als  Eisebchlorid 
allein.  Während  ein  mit  letzterem  getränktes  Papier  sich 
in  der  Sonne  erst  in  15  bis  20  Minuten  entfärbt,  thut  diefs 
ein  mit  der  erwähnten  Mischung  präparirtes  Papier  schon 
in  2  Minuten.  Diese  Eigenschaft,  die  Empfindlichkeit  der 
Eisenchloridlösung  so  bedeutend  zu  steigern,  kommt  jedoch 
von  den  von  mir  untersuchten  organischen  Eisenverbindun- 
gen dem  Oxalsäuren  Eisenoxyd  allein  zu. 

Es  sey  mir  nun  gestattet,  im  Folgenden  kurz  das  Ver- 
fahren mitzutheilen,  wie  sich  dasselbe  nach  vielen  Versuchen 
zur  Herstellung  photographischer  Copien  nach  den  oben 
angedeuteten  Principien  als  dqfi  beste  und  einfachste  be- 
währt hat. 

Man  bereitet  ein  Gemisch  aus  1  Vol.  conceutrirter  Eisen- 
chloridlösung, 6  Vol.  mit  einer  concentrirten  Lösung  von  oxal- 
saurem Eisenoxyd 9)  und  14  Vol.  destillirten  Wassers.   Auf 

1)  Gmelin,   Handbuch   der   Chemie   1843,    S.   164.      Draper,   Phil. 
Mag.  SepL  1857. 

2)  Das  oxalsaore  Eisenoiyd  wurde  dargestellt,  indem  man  das  aus  einer 


157 


" 


[diesem  Gemisch  lälVl  mau  au  einem  dunklen  Orte  ein  mil 
Stärke  geleimtes  Papier  *)  30  bis  60  Sekunden  schwimmen 
und  hängt  dasselbe  zum  Trocknen  auf.  Das  vollkommen 
getrocknete  Papier,  welches  eine  schwach  gelbe  Farbe  hat, 
wird  nun  mit  dein  zu  copirenden  Gegenstande  auf  der  prä- 
parirten  Seite  bedeckt  und  unter  einem  photograpliischen 
Copirrahmen  dem  Lichte  ausgesetzt.  In  weniger  als  3  Mi- 
nuten findet  im  Sonnenlichte  eine  vollkommene  Entfärbung 
aller  nicht  bedeckten  Stellen  Blatt  und  die  Copie  ist  vol- 
lendet. Um  die  nicht  vom  Lichte  getroffenen  Stellen  so- 
gleich kräftig  hervortreten  zu  lassen,  bestreicht  man  das 
Papier  mit  einer  Losung  von  Jodkalium  in  Albumin  (2  bis 
•i  Ann.  Jodkaliinn  auf  das  Weifse  von  3  Eiern),  spült  als- 
dann das  ganze  Bild  auf  beiden  Seiten  gehörig  mit  gewöhn- 
lichem Wasser  ab  und  trocknet  dasselbe  zwischen  Lösch- 
papier. Die  Anwendung  des  Albumins  zur  Lösung  des 
Jodkaliums  ist  sehr  wesentlich,  indem  an  allen  dunklen 
Stellen  des  Bildes  durch  Ausscheidung  von  Jod  das  Eivteifs 
wahrscheinlich  in  seine  unlösliche  IWodificalion  übergeführt 
und  hierdurch  das  Verwaschen  der  Conloren  beim  Behan- 
deln mit  Wasser  vermieden  wird.  Daher  der  Glanz  an 
allen  dunklen  Sielleu.  Beim  Abwaschen  der  Bilder  beob- 
achtet man  eine  Veränderung  des  Farbentoues  von  Brauu- 
»  schwarz  in  Blauschwarz. 
Zur  Anwendung  dieses  Papiercs  in  der  Camera  obscura 
habe  ich  mich  bis  jetzt  vergeblich  bemüht,  die  Empfindlich- 
keit desselben  zu  steigern.  Indessen  ist  es  mir  gelungen 
auf  Papier,  welches  mit  einer  couceutrirlen  Lösung  von 
zweifach  chromsauren  Kali  getränkt  worden  ist  '),  in  ver- 
hältnifsmälsig  kurzer  Zeit  negative  Bilder  in  der  Camera 
obscura  zu  erzeugen,  die  jedoch  bis  jetzt  zu  wenig  intensiv 

EiienrhloriillG.nng  m|i  Ammoniak  gtBlll«  und  gehörig  lu.gcwuchcne 
EiienoijiJhydrat  An  einem  dunklen  Orle  in  einer  conrcnlrirlen  I.Öiung 
von  öiiUton  inUösle.  Durch  «im  freie  Sinn  wird  die  Empfind  lich- 
te«  trhöt.1. 

1 )  Am   heilen  du  im  Handel  unter  dem  Namen  "neg.iiiiei  photographisen« 
PV«4   vorkommende  mil  dem  WumtuicdM:  De  Can.on  Frcrej. 

2)  Cosmo,  Vol.  fl/I,  p.  7-  II.     Bull.  Je  /*  M«.  ,/'.»<■.   Oel.  1857, 


158 

sind,  um  hiervon  positive  Copieu  anzufertigen.  Sichtbar 
werden  diese  Bilder  ebenfalls  durch  Jodkaliumlüsuug  ge- 
macht, zu  der  eiue  Spur  von  verdünnter  Schwefelsäure  ge- 
setzt ist.  Die  Empfindlichkeit  dieses,  mit  zweifach  chrom- 
saurem Kali  präparirten  Papiers  ist  übrigens  so  aufseror- 
denllich  grofs,  dafs  ein  theilweis  bedeckter  Streifen  dessel- 
ben bei  2  Zoll  Entfernung  von  der  Flamme  einer  Argand'- 
schen  Lampe  schon  nach  2  Minuten  eine  deutliche  Einwir- 
kung des  Lichtes  an  den  nicht  bedeckt  gewesenen  Stellen 
zeigt. 

Abgesehen  von  der  grofsen  Einfachheit  und  Wohlfcil- 
hcil  des  beschriebenen  Verfahrens  verdienen  noch  folgende 
Umstände  hervorgehoben  zu  werden, 

1)  Soweit  bis  jetzt  die  Erfahrung  reicht,  kann  das  prä- 
parirte  Papier  bequem  8  bis  14  Tage  vor  dem  Ge- 
brauche präparirt  und  im  Dunkeln  aufbewahrt  wer- 
den, ohne  irgend  wie  seine  Brauchbarkeit  zu  verlieren. 
In  Betreff  der  Eisenlösung  bemerke  ich,  dafs  eine  vor 
3  Monaten  bereitete  Mischung,  die  an  einein  dunklen 
Orte  aufbewahrt  wurde,  noch  vollkommen  brauchbar 
ist  ')- 

2)  Das  Sichtbarmachen  des  Bildes  kann  bis  12  Stunden 
nach  der  Exposition  verschoben  werden,  ohne  dadurch 
die  Deutlichkeit  des  Bildes  zu  beeinträchtigen.  Bei 
einer  längeren  Zwischenzeit  findet  allmählich  wieder 
eine  Oxydation  der  im  Lichte  desoxy  dir  teil  Stellen 
statt. 

3)  Die  über  die  Dauerhaftigkeit  dieser  Photographien  an- 
gestellten Versuche  sind  bis  jetzt  durchaus  zu  Gun- 
sten des  milgelheillen  Verfahrens  ausgefallen.  Ich 
cxponirle  oiuigc  derselben  ununterbrochen  mehrere 
Wochen  lang;  dem  Tages-  und  Sonnenlichte  und  be- 
merkte nach  fünfstündiger  Bestrahlung;  durch  diiccles 
Sonuenlicht  nur  eine  Aenderung*  des  Farbenlones  von 
Blauschwarz  in  Braunschwarz,  ohne  dafs  die  Bilder 
hierdurch  merklich  an  Intensität  verloren  hatten.  End- 
gültig kann  über  diesen  Punkt  natürlich  nur  erst  die 
Zeil  entscheiden. 

Die  zahlreichen  Copien  von  getrockneten  Pllanzen,  Ku- 
pferstichen und  einigen  Handschriften,  welche  ich  nach  der 
hier  mitgeteilten  Methode  augefertigt  habe,  zeichnen  sich 
alle  durch  Schärfe  und  intensive  Färbung  aus. 

1)   V«gl.  Draper,   Vhil.  Mag,  Sept.   1S57. 


159 

Die  ziemlich  umfangreiche  Litlcralur  über  Photographien 
ohne  Anwendung  von  Silbcrsalzcn  ist  von  mir  bis  zu  Ende 
des  vorigen  Jahres  berück  sich  ligt  worden.  Abgesehen  von 
einigen  Bemerkungen  des  Hrn.  Niepce  de  Saint-Victor, 
über  die  Reaction  einer  concenlrirlen  Jodkaliumlüsnng  auf 
dem  Sonnenlichte  ausgesetztes  Papier  '),  isl  liier  nur  eine 
Arbeit  von  Hrn.  Rotissieu  b cm erkens wert h  "),  welche  in 
gewisser  Beziehung  dein  oben  angegebenen  Verfahren  ahn- 
lich ist.  Das  Verfahren  des  Hrn.  Koussieu  besteht  in 
Folgendem. 

Tränkt  man  ein  Stück  Papierrnit  Bleizuckerlösung  und 
bringt  dasselbe  getrocknet  in  Jodkaliumlüsuug,  so  schlägt 
sich  auf  seiner  Oberfläche  gelbes  Jodblei  nieder.  Diefs 
hat  die  Eigenschaft  in  Gegenwart  von  Stärke  durch  das 
Licht  sehr  schnell  eine  olivengrüne  Färbung  anzunehmen, 
welche  nach  Hrn.  Rotissieu  aus  dem  Violett  der  Jodstärke 
und  dein  Gelb  des  unverändert  gebliebenen  Jodbleis  ent- 
steht. Der  Verfasser  benutzte  dieses  Verhalten  des  Jod- 
bleis, indem  er  Papier  mit  einem  Gemisch  aus  Jodblei  mit 
Slärkeklcister  überzog,  zu  photographischen  Abdrücken  von 
Spitzen,  Federn,  Blättern  etc.  Wie  man  siehl,  können  durch 
dieses  Verfahren  nur  negative  Bilder  erhallen  werden  und 
da  dieselben  sowohl  nach  der  ausdrücklichen  Bemerkung 
des  Hrn.  Ronssicu  als  auch  nach  meinen  hierüber  ange- 
stellten Versuchen  nur  sehr  wenig  intensiv  siud,  so  mtifs 
man  auf  die  Herstellung  von  positiven  Abdrücken  bei  die- 
sem Verfahren  verzichten. 
Schönweide,  im  März  1860. 


Nachtrag. 
Die  oben  angedeuteten  Versuche  über  die  Dauerhaftig- 
keit der  beschriebenen  Photographien  sind  in  den  Winter- 
inonalen,  also  in  einer  für  diesen  Zweck  sehr  ungünstigen 
Jahreszeit  angestellt  worden.  Bei  Wiederholung  derselben 
in  den  letzten  Wochen  des  Mai  hat  sich  gezeigt,  dafs  der- 
gleichen photographische  Abdrücke  unter  einem  CopiiTah- 
m tu  andauernd  den  dircclen,  möglichst  senkrecht  auffallen- 
den Sonnenstrahlen  ausgesetzt,  nicht  nur,  wie  oben  be- 
merkt, ihre  Farbe  verändern,  sondern  hierbei  auch  an  In- 
tensität verlieren.     Diese  Veränderung  isl  jedoch,   wie   es 

1)  Cumptei  ,.■„.!„■<   Na,:  185B,  N„.  22. 

2)  Ann.  de  thim.  T.  XLFIt,  p.  154  -  163, 


scheint,  weniger  der  Einwirkung  des  Lichtes  als  viclmehr 
der  durch  die  Insolation  unter  einem  Copirrahmen  erzeug- 
ten, sehr  bedeutenden  Temperaturerhöhung;  zuzuschreiben, 
indem  solche  n holographischen  Abdrücke  einfach  im  Son- 
nenschein aufgehängt  eine  weit  geringere  Veränderlichkeit 
zeigten.  Werden  aber  dergleichen  Abdrücke  bis  zum  Ver- 
sengen des  Papiers  erhitzt,  so  verschwindet  kurz  vor  dem 
Eintritt  der  Zerstörung  des  Papiers  die  darauf  befindliche 
Copic.  Dasselbe  findet  bei  Behandlung  der  Copie'n  mit 
Alkalien  statt.  —  Obgleich  also  die  Umstände,  unter  denen 
die  beschriebenen  Photographie'*!  vernichtet  werden,  im 
Allgemeinen  nur  abnormer  Natur  sind,  so  ist  es  dessenun- 
geachtet für  die  Haltbarkeit  derselben  von  höchstem  Inter- 
esse, dafs  es  Payen')  durch  eine  einfache  Behandlung 
der  Stärke  mit  Kupferoxyd-  Ammoniak  gelungen  ist,  die 
Farbe  der  Jodslarkc  gegen  die  Einwirkungen  des  Lichtes 
und  der  Wärme  zu  schützen. 

Im  Uebrigcn  ist  zu  bemerken,  dafs  sowohl  in  der  Halt- 
barkeit gegen  die  angeführten  Agentien  als  auch  in  dem 
Ausfall  des  Farbenlones  sich  bei  den  einzelnen  Copien 
nicht  unbedeutende  Variationen  zeigen,  ohne  dafs  es  mir 
bis  jetzt  gelungen  wäre,  die  Bedingungen,  unter  denen 
diese  Erscheinungen  am  vorteilhaftesten  auftreten,  mit  der 
wünschenswerlhcn  Pjäcision  festzustellen.  Indessen  hat  die 
allmähliche  Vervollkommnung  der  gesammlen  Photographie 
bis  zu  ihrer  heuligen,  hohen  Ausbildung  gelehrt,  dafs  der- 
gleichen Bedingungen,  bei  dem  vollkommnen  Mangel  au 
eigentlich  theoretischer  Basis  über  die  hierbei  stattfindenden, 
niolecularcn  Vorgänge,  lediglich  durch  eine  möglichst  viel- 
fache und  allseitige  Wiederholung  der  Proceduren  auf  rein 
empirischem  Wege  ermittelt  werden  können,  und  daher  zu- 
nächst auch  nur  auf  diesem  Wege  eine  Verbesserung  des 
initgetheilteu  Verfahrens  zu  erwarten  steht. 
Schöuweidc,  im  Mai    1861). 


I  )   Com, 


:ndus  T.  48,  (1859)  /. 


1860  ANNALEN  .Vo.  6. 

DER  PHYSIK  UND  CHEMIE. 

BAND  CX. 


I.  Chemische  Analyse  durch  Spectralbeobachtungen; 
von  G.  Kirchhof/  und  R.  Bunsen. 


JQjs  ist  bekannt,  dafs  manche  Substanzen  die  Eigenschaft 
haben,  wenn  sie  in  eine  Flamme  gebracht  werden,  in  dem 
Spectrum  derselben  gewisse  helle  Linien  hervortreten  zu  las- 
sen. Man  kann  auf  diese  Linien  eine  Methode  der  qualitativen 
Analyse  gründen,  welche  das  Gebiet  der  chemischen  Reac- 
tionen  •erheblich  erweitert  und  zur  Lösung  bisher  unzugäng 
lieber  Probleme  führt.  Wir  beschränken  uns  hier  zunächst 
nur  darauf,  diese  Methode  für  die  Metalle  der  Alkalien  und 
alkalischen  Erden  zu  entwickeln  und  ihren  Weith  an  einer 
Reihe  von  Beispielen  zu  erläutern. 

Die  erwähnten  Linien  zeigen  sich  um  so  deutlicher,  je  höher 
die  Temperatur  und  je  geringer  die  eigene  Leuchtkraft  der 
Flamme  ist.  Die  von  Einem  von  uns  augegebene  Gaslampe1) 
liefert  eine  Flamme  von  sehr  hoher  Temperatur  und  sehr 
kleiner  Leuchtkraft;  dieselbe  ist  daher  vorzugsweise  geeig- 
net zu  Versuchen  Über  die  jenen  Substanzen  eigentümli- 
chen hellen  Linien. 

Auf  Taf.  V7  sind  die  Spectreu  dargestellt,  welche  die 
genannte  Flamme  giebt,  wenn  die  so  rein  als  möglich  dar- 
gestellten Chlorverbindungen  von  Kalium,  Natrium,  Lithium, 
Strontium,  Calcium,  Baryiim  in  ihr  verflüchtigt  werden.  Das 
Sonnenspectrum  ist,  um  die  Orientirung  zu  erleichtern,  bei- 
gefügt. 

Die  zu  den  Versuchen  benutzte  Kaliumverbindung  wurde 
durch  Glühen  von  chlorsaurem  Kali,  welches  zuvor  sechs 
bis  achtmal  uinkrystallisirt  war,  dargestellt. 

1)  Diese  Anoal.  Bd.  100,  S.  Hb. 
Pog geodorfPt  Anna).  Bd.  CX.  VV 


162 

Das  Chlornatrium  setzten  wir  aus  reinem  kohlensaurem 
Natron  und  Salzsäure  zusammen,  uud  reinigten  dasselbe 
gleichfalls  durch  öfters  wiederholtes  Umkrystallisiren. 

Das  Lithiousalz  war  durch  vierzehnmalige  Fällung  mit 
kohlensaurem  Ammoniak  gereinigt. 

Zur  Darstellung  der  Calciumverbindung  diente  ein  mög- 
lichst reiner,  in  Salzsäure  gelöster  Marmor.  Aus  der  Lösung 
desselben  wurde  durch  fractionirte  Fällung  mit  kohlensau- 
rem Ammoniak  kohlensaurer  Kalk  in  zwei  Portionen  nie 
dergeschlagen ,  von  welchen  nur  die  zuletzt  niederfallende 
in  salpetersauren  Kalk  verwandelt  wurde.  Das  so  erhal- 
tene Kalksalz  lösten  wir  zu  wiederholten  Malen  in  absolu- 
tem Alkohol  auf  und  verwandelten  es  endlich  nach  Ver- 
flüchtigung des  Alkohols  und  Fällung  mit  kohlensaurem  Am- 
moniak durch  Salzsäure  in  die  Chlorverbindung. 

Um  das  Chlorbar vum  rein  zu  erhalten,  extrahirten  wir 
die  käufliche  Verbindung  zu  wiederholten  Malen  durch  Zu  - 
sammenreiben  und  Kochen  mit  nicht  ganz  absolutem  Alko 
hol.  Der  so  extrahirte,  von  Alkohol  befreite,  in  Wasser 
gelöste  Rückstand  ward  fractionirt  in  zwei  Portionen  ge- 
fällt, nur  die  zweite  in  Salzsäure  gelöst  und  das  erhaltene 
Chlorbaryum  noch  weiter  durch  wiederholtes  Umkrystalli 
siren  gereinigt. 

Um  das  Chlorstrontium  möglichst  rein  zu  gewinnen,  wurde 
die  käufliche  Verbindung  wiederholt  aus  Alkohol  umkry- 
stallisirt,  fractionirt  iu  zwei  Portionen  mit  kohlensaurem 
Ammoniak  gefällt,  die  zweite  Füllung  in  Salpetersäure  ge- 
löst und  das  salpetersaure  Salz  durch  Zusammenreiben  und 
Auskochen  mit  Alkohol  von  den  letzten  Spuren  Kalk  be 
freit.  Aus  dem  so  gereinigten  Producte  wurde  endlich  durch 
Fällen  mit  kohlensaurem  Ammoniak  und  Auflösen  des  Nie- 
derschlags in  Salzsäure  das  Chlorstrontium  erhalten.  Alle 
diese  Reinigungen  geschahen,  soweit  es  ausführbar  war,  in 
Platingefäfsen. 

In  Fig.  1  Taf.  VI  ist  der  Apparat  abgebildet,  dessen  wir 
uns  meistens  zur  Beobachtung  der  Spcctren  bedient  haben. 
A   ist   ein   innen   geschwärzter  Kasten,   dessen   Boden    die 


i 


163 

Gestalt  eines  Trapez  hat  und  der  auf  drei  Füfsen  ruht;  die 
beiden  schiefen  Seitenwände  desselben,  die  einen  Winkel 
von  etwa  58°  mit  einander  bilden,  tragen  die  beiden  klei- 
nen Fernrohre  B  und  C.  Die  Ocularlinsen  des  ersteren 
sind  entfernt  und  ersetzt  durch  eine  Platte,  in  der  ein  aus 
zwei  Messingschneiden  gebildeter  Spalt  ßich  befindet,  der 
in  den  Brennpunkt  der  Objectivlinse  gestellt  ist.  Vor  dem 
Spalt  steht  die  Lampe  D  so,  dafs  der  Sauin  ihrer  Flamme 
von  der  Axe  des  Rohres  B  getroffen  wird. '  Etwas  unter 
halb  der  Stelle,  wo  die  Axe  den  Saum  trifft,  läuft  in  den- 
selben das  zu  einem  kleinen  Oehr  gebogene  Ende  eines 
sehr  feinen  Platindrahtes,  der  von  dem* Träger  E  gehalten 
wird;  diesem  Oehr  ist  eine  Perle  der  zu  untersuchenden, 
vorher  entwässerten  Chlorverbindung  angeschmolzen.  Zwi 
sehen  den  Objectiven  der  Fernröhre  B  und  C  steht  ein 
Hohlprisma  F  von  60°  brechendem  Winkel,  das  mit  Schwe- 
felkohlenstoff angefüllt  ist.  Das  Prisma  ruht  auf  einer  Mes- 
singplatte, die  um  eine  verticale  Axe  drehbar  ist.  Diese 
Axe  trägt  an  ihrem  unteren  Ende  den  Spiegel  G  und  dar- 
über den  Arm  ff,  der  als  Handhabe  dient,  um  das  Prisma 
und  den  Spiegel  zu  drehen.  Gegen  den  Spiegel  ist  ein 
kleines  Fernrohr  gerichtet,  welches  dem  hindurchblickenden 
Auge  das  Spiegelbild  einer  in  geringer  Entfernung  aufge- 
stellten horizontalen  Skale  zeigt.  Durch  Drehung  des  Prisma's 
kann  man  das  ganze  Spectrum  der  Flamme  bei  dem  Verti- 
calfaden  des  Fernrohrs  C  vorbeiführen  und  jede  Stelle  des 
Spectrums  mit  diesem  Faden  zur  Deckung  bringen.  Einer 
jeden  Stelle  des*  Spectrums  entspricht  eine  an  der  Skale 
zu  machende  Ablesung.  Ist  das  Spectrum  sehr  lichtschwach, 
so  wird  der  Faden  des  Fernrohrs  C  beleuchtet  mit  Hülfe 
einer  Linse,  die  einen  Theil  der  von  einer  Lampe  ausgehen- 
den Strahlen  durch  eine  kleine  Oeffnung  wirft,  die  in  der 
Ocularröhre  des  Fernrohrs  C  seitlich  angebracht  ist. 

Die  Taf.  V  dargestellten,  mit  Hülfe  der  oben  erwähnten 
reinen  Chlorverbindungen  erzeugten  Spectren  haben  wir  mit 
denjenigen  verglichen,  welche  man  erhält,  wenn  man  die 
Bromide,  lodide,  Oxydhydrate,  die  schwefelsauren  and  kak- 


164 

lensauren  Salze   der  entsprechenden   Metalle   in   folgende 

Flammen  bringt: 

in  die  Flamme  des  Schwefels, 
»    »         »  »    Schwefelkohlenstoffs, 

»    •         »  »    wasserhaltigen  Alkohols, 

»    -    nicht  leuchtende  Flamme  des  Leuchtgases, 
»    »    Flamme  des  Kohlenoxydgases, 
-    •         •  »    Wasserstoffs  und 

•    •    Knallgasflamme. 

Bei  dieser  umfassenden  und  zeitraubenden  Untersuchung, 
deren  Einzelnheiteu  wir  fibergehen  zu  dürfen  glauben,  hat 
sich  herausgestellt,  dafs  die  Verschiedenheit  der  Verbindun- 
gen, iu  denen  die  Metalle  angewandt  wurden,  die  Mannig- 
faltigkeit der  chemischen  Procepse  in  den  einzelnen  Flammen 
und  der  ungeheure  Temperaturunterschied  dieser  letzteren 
keinen  Einßufs  auf  die  Lage  der  den  einzelnen  Metallen  ent- 
sprechenden Spectrallinien  ausübt. 

Wie  bedeutend  die  erwähnten  Temperaturunterschiede 
sind,  ergiebt  sich  aus  der  folgenden  Betrachtung. 

Man  gelangt  zu  einer  Schätzung  der  Temperatur  einer 
Flamme  mit  Hülfe  der  Gleichung 

in  der  t  die  fragliche  Temperatur  der  Flamme,  g  das  Ge- 
wicht eines  der  mit  Sauerstoff  verbrennenden  Stoffe,  w  die 
Verbrennungswärine  desselben,  p  das  Gewicht  und  s  die 
specifische  Wärine  eines  der  Verbrennungsproducte  bedeutet. 
Nimmt  man  die  Verbrenn ungs wärme 

des  Schwefels    ...    zu  2240°  C. 
»  ^Schwefelkohlenstoffs  »    3400 
»     Wasserstoffs     .     .     »  31462 


»  Grubengases 

»  Elayls      .     . 

»  Ditctryls  .     . 

»  Kohlenoxyds 


»  13063 

n  11640 

»  11529 

»  2403 


an  und  setzt  nach  Regnault  die  specifische  Wärme  bei 
constantem  Druck 


165 

für  schweflige  Säure  =  0,1553 
»     Kohlensäure  =  0,2164 

*     Stickstoff  =.  0,2410 

»     Wasserdampf        =  0,1750, 
so  findet  man  hiernach  die  Temperatur 

der  Schwefelflamine     ....     1820°  C. 

-  Schwefelkohlenstoffflamme       2195 

-  Leuchtgasflamme1)  .  .  ,  2350 
»  Kohlenoxydflamme ')  .  .  3042 
»     Wassersfoffflamine  in  Luft H)    3259 

-  Knallgasflamme4)       .     .     .     8061 

Es  zeigte  sich,  dafs  dieselbe  Metallverbindung  in  einer 
dieser  Flammen  ein  um  so  intensiveres  Spectrum  giebt,  je 
höher  die  Temperatur  derselben  ist.  Von  den  Verbindun- 
gen desselben  Metalls  lieferte  in  einer  Flamme  diejenige  die 
gröfsere  Lichtstärke,  der  eine  gröfsere  Flüchtigkeit  zukommt. 

Um  noch  einen  weiteren  Beleg  dafür  zu  erhalten,  dafs 
jedes  der  mehrfach  genannten  Metalle  immer  dieselben  hel- 
len Linien  in  dem  Spectrum  hervortreten  läfst,  haben  wir 
die  gezeichneten  Spectren  mit  denjenigen  verglichen,  welche 
ein  elektrischer  Funke  gewährt,  der  zwischen  Elektroden, 
die  aus  jenen  Metallen  bestehen,  überspringt. 

Kleine  Stücke  von  Kalium,  Natrium,  Lithium,  Strontium 
und  Calcium  wurden  an  feine  Platindrähte  gebunden  und 
in  Glasröhren  paarweise  so  eingeschmolzen,  dafs  sie  durch 
einen  Zwischenraum  von  1  bis  2mm  von  einander  getrennt 
waren  und  die  Drähte  die  Glaswand  durchdrangen.  Jede 
dieser  Röhren  wurde  vor  dem  Spalt  des  Spectralinstrumen- 
tes  aufgestellt:  mit  Hülfe  eines  Ruhmkorff'schen  Inductions- 
apparates  liefsen  wir  zwischen  den  genannten  Metallstücken 
elektrische  Funken  überspringen  und  verglichen  das  Spectrum 
derselben  mit  dem  Spectruui  einer  Gasflamme,  in  welche 
die  Chlorverbindung  des  entsprechenden  Metalls  gebracht 

1)  Liebig1«  Anu  ,  Bd.  CXI,  S  258. 

2)  Geometrische  Methode  von  K.  Booten,  S.  254. 

3)  Ebendaselbst. 

4)  Ebendaselbst. 


166 

war.  Die  Flamme  befand  sich  hinter  der  Glasröhre.  Indem 
der  RuhmkorfFsche  Apparat  abwechselnd  in  und  aufser 
Thätigkeit  gesetzt  wurde,  war  es  leicht,  ohne  Messung  sich 
mit  Schärfe  davon  zu  überzeugen,  dafs  in  dem  glänzenden 
Spectrum  des  Funkens  die  hellen  Linien  des  Flamnienspec- 
trums  un verrückt  vorhanden  waren.  Aufser  diesen  traten 
iu  dem  Funkenspectrum  noch  andere  helle  Linien  auf,  von 
denen  ein  Theil  der  Anwesenheit  von  fremden  Metallen  in 
den  Elektroden,  ein  anderer  dem  Stickstoff,  der  die  Röhren 
erfüllte,  nachdem  der  Sauerstoff  einen  Theil  der  Elektroden 
oxydirt  hatte,  zugeschrieben  werden  mufs  '). 

Es  erscheint  hiernach  unzweifelhaft,  dafs  die  hellen  Li- 
nien der  gezeichneten  Speciren  als  sichere  Kennzeichen  der 
Anwesenheit  der  betreffenden  Metalle  betrachtet  werden 
dürfen.  Sie  können  als  Reactionsmittel  dienen,  durch  welche 
diese  Stoffe  schärfer,  schneller  und  in  geringeren  Mengen 
sich  nachweisen  lassen,  als  durch  irgend  ein  anderes  analy- 
tisches Hülfsmittel. 

Die  abgebildeten  Spectreu  beziehen  sich  auf  den  Fall, 
dafs  der  Spalt  so  weit  ist,  dafs  von  den  dunkeln  Linien 
des  Sonnenspectrums  nur  die  deutlichsten  wahrnehmbar  sind, 
dafs  die  Vergröfsernng  des  Beobachtung  Fernrohres  eine 
geringe  (etwa  viermalige)  und  die  Lichtstärke  eine  mäfsige 
ist.  Diese  Bedingungen  scheinen  uns  die  vorteilhaftesten, 
wenn  es  sich  darum  handelt,  eine  chemische  Analyse  durch 
Spectralbeobachtungen  auszuführen.  Der  Anblick  der  Spec- 
tren  kann  unter  anderen  Bedingungen  ein  wesentlich  anderer 
sein.  Wird  die  Reinheit  des  Spictrums  vermehrt,  so  zer- 
fallen viele  von  den  als  einfach  gezeichneten  Linien  in  nieh 

I)  Als  wir  bei  einem  Versuche  mit  Slrontiumelcktrnden  ein  mit  Wasser- 
stoff statt  mit  Stickstoff  gefülltes  Röhrt  hen  anwandten,  verwandelte  sich 
der  Fuokenstrorn  »ehr  bald  in  einen  Lichtbogen,  wahrend  die  Wäude 
de*  Röhrchen*  sich  mit  einem  grauen  Beschläge  bedeckten.  Reim  Oeff- 
nen  des  Rohrchens  unter  Strinöl  reigte  et  sich,  dafs  das  Wasserstoffes 
verschwunden  und  ein  luftleerer  Raum  entstanden  war.  Das  Gas  scheint 
daher  bei  den  ungeheuren  Temperaturen  des  elektrischen  Funkens  das 
Strontiumoxyd,  welches  nicht  völlig  von  der  Oberfläche  des  Metalls  ent- 
fernt  worden    war,  reducirt  zu   haben. 


16? 

rere,  die  Natriuinlioie  z.  B.  in  zwei;  wird  die  Lichtstärke 
vermehrt,  so  zeigen  sich  in  mehreren  der  gezeichneten 
Spectren  neue  Linien,  und  die  Verhältnisse  der  Helligkeiten 
der  allen  werden  audere.  Im  Allgemeinen  wächst  bei  Ver- 
mehrung der  Lichtstärke  die  Helligkeit  einer  dunklereu 
Linie  schueller  als  die  einer  helleren,  doch  so,  dafs  jene 
nicht  diese  überholt.  Ein  deutliches  Beispiel  hierfür  bieten 
die  beiden  Lithiumlinien.  Nur  eine  Ausnahme  haben  wir 
von  dieser  Regel  beobachtet,  und  zwar  bei  der  Linie  Ba  ?], 
welche  bei  geringer  Lichtstärke  gar  uicht  wahrnehmbar  ist, 
.,  während  Ba  y  sehr  deutlich  erscheint  und  bei  grofser  Licht- 
stärke sehr  viel  heller  als  diese  ist.  Diese  Thatsache  scheint 
uns  von  Wichtigkeit  und  wir  werden  dieselbe  einer  wei- 
teren Untersuchung  unterwerfen. 

Eis  sollen  jetzt  die  Eigentümlichkeiten  der  einzelnen 
Spectren,  deren  Kenntnifs  in  praktischer  Hinsicht  von  Wich- 
tigkeit ist,  näher  besprochen,  und  die  Vortheile,  welche  die 
auf  nie  gegründete  chemisch-analytische  Methode  bietet,  her- 
vorgehoben werden. 


Natrium. 

Von  allen  Spectralreactionen  ist  die  des  Natriums  am 
empfindlichsten.  Die  gelbe  Linie  Na  a,  die  einzige,  welche 
das  Natriumspectrum  aufzuweisen  hat,  fällt  mit  der  Fraun- 
hofer'schen  Linie  D  zusammen  und  zeichnet  sich  durch  ihre 
besonders  scharfe  Begrenzung  und  ihre  ausserordentliche 
Helligkeit  aus.  Ist  die  Flammentemperatur  sehr  hoch  und 
die  Menge  der  angewandten  Substanz  sehr  grofs,  so  zeigen 
sich  in  den  nächsten  Umgebungen  der  Linie  Spuren  eines 
continuirlicben  Speclrums.  Schon  an  sich  sehr  schwache, 
in  ihre  Nähe  fallende  Linien  anderer  Stoffe  erscheinen  dann 
noch  mehr  geschwächt  und  werden  daher  nicht  selten  erst 
sichtbar,  wenn  die  Natriumreaction  zu  erlöscheu  beginnt. 

An  der  Sauerstoff ,  Chlor-,  Iod  und  Brom-Verbindung, 
an  dem  schwefelsauren  und  kohlensauren  Salze  zeigt  sich 
die  Reaction  am  deutlichsten.     Allein  selbst  bei  den  kiesel- 


v 


168 

sauren,  borsauren,  phosphorsauren  und  anderen  feuerbestän- 
digen Salzen  fehlt  sie  uicht.  . 

Schon  Swan1)  hat  auf  die  Kleinheit  der  Kochsalzmengen 
aufmerksam  gemacht,  welche  die  Natriumlinie  noch  deut- 
lich hervorbringen  können. 

Folgender  Versuch  zeigt,  dafs  die  Chemie  keine  einzige 
Reaction  aufzuweisen  hat,  welche  sich  auch  nur  im  Entfern- 
testen mit  dieser  spectralanaly tischen  Bestimmung  des  Na- 
triums an  Empfindlichkeit  vergleichen  liefse.  Wir  verpuff- 
ten in  einer  vom  Standorte  unseres  Apparates  möglichst 
entlegenen  Ecke  des  Beobachtungszimmers,  welches  unge- 
fähr 60  Kubikmeter  Luft  fafst,  3  Milligramm  chlorsaures 
Natron  mit  Milchzucker,  während  die  nicht  leuchtende 
Lampe  vor  dem  Spalt  beobachtet  wurde.  Schon  nach  we- 
nigen Minuten  gab  die  allmählig  sich  fahlgelblich  färbende 
Flamme  eine  starke  Natriumlinie,  welche  erst  nach  10  Mi 
nuten  wieder  völlig  verschwunden  war.  Aus  dem  Gewichte 
des  verpufften  Natronsalzes  und  der  im  Zimmer  enthaltenen 
Luft  läfst  sich  leicht  berechnen,  dafs  in  einem  Gewichtstheile 
der  letzteren  nicht  einmal  -tOüJ0uOu  Gewichtstheil  Natron 
rauch  suspendirt  sein  konnte.  Da  sich  die  Reaction  in  der 
Zeit  einer  Secunde  mit  aller  Bequemlichkeit  beobachten 
läfst,  in  dieser  Zeit  aber  nach  dem  Zuflufs  und  der  Zusam- 
mensetzung der  Flammengase  nur  ungefähr  50  CC.  oder 
0,Ot>47  Gnn.  Luft,  welche  weniger  als  .2 0- o ,-.o o u o  des  ^a~ 
tronsalzes  enthalten,  in  der  Flamme  zum  Glühen  gelangen, 
so  ergiebt  sich,  dafs  das  Auge  noch -weniger  als  7o0iooo 
Milligramm  des  Natronsalzes  mit  (!er  gröfsten  Deutlichkeit 
zu  erkennen  vermag.  Bei  einer  solchen  Empfindlichkeit  der 
Reaction  wird  es  begreiflich,  dafs  nur  selten  in  glühender 
atmosphärischer  Luft  eine  deutliche  Natronreaction  fehlt.  Die 
Erde  ist  auf  mehr  als  zwei  Drittel  ihrer  Oberfläche  mit  einer 
Kochsalzlösung  bedeckt,  v.  eiche  von  den  zu  Schaumfällen 
sich  überstürzenden  Meereswogen  unaufhörlich  in  Wasser- 
staub verwandelt  wird.     Die  Meerwassertröpfchen,  welche 

I)  Diese  Ann.   Bd.  C.   S.  311. 


169 

auf  diese  Art  in  die  Atmosphäre  gelangen,  verdunsten  und 
hinterlassen  kochsalzhaltige  Sonnenstäubchen,  die  zwar  einen 
der  Gröfse  nach  wechselnden,  aber  wie  es  scheint  nur  selten 
fehlenden  Gemengtheil  der  Atmosphäre  ausmachen,  und  die 
vielleicht  dazu  bestimmt  sind,  den  kleinen  Organismen  die 
Salze  zuzuführen,  welche  die  gröfseren  Pflanzen  und  Thiere 
dem  Boden  entnehmen.  Dieser  durch  Spectralanalyse  leicht 
erweisliche  Kochsalzgehalt  der  Luft  verdient  noch  in  einer 
andern  Hinsicht  Beachtung.  Wenn  es  nämlich,  wie  man 
jetzt  wohl  kaum  mehr  bezweifeln  kann,  kataly tische  Ein- 
flösse sind,  welche  die  miasmatische  Verbreitung  der  Krank- 
heiten vermitteln,  so  möchte  eine  antiseptisch  wirkende  Sub- 
stanz, wie  das  Kochsalz,  selbst  in  verschwindend  kleiner 
Menge  wohl  kaum  ohne  wesentlichen  Einflufs  auf  solche 
Vorgänge  in  der  Luft  seyn  können.  Aus  täglichen,  längere 
Zeit  fortgesetzten  Spectralbeobachtnngen  wird  sich  leicht 
erkennen  lassen,  ob  die  Intensitätsänderungen  der  durch  die 
atmosphärischen  Natriumverbindungen  erzeugten  Spectral- 
linie  Naa  mit  dem  Erscheinen  und  mit  der  Verbreitungs- 
richtung endemischer  Krankheiten  in  irgend  einem  Znsam- 
menhange steht. 

In  der  unerhörten  Empfindlichkeit  dieser  Natronreaction 
ist  zugleich  der  Grund  zu  suchen,  dafs  alle  der  Luft  aus- 
gesetzten Gegenstände  nach  einiger  Zeit  bei  dem  Erhitzen 
in  der  Flamme  die  Natriumlinie  zeigen,  und  dafs  es  nur  bei 
wenigen  Verbindungen  gelingt,  selbst  wenn  man  sie  zehn- 
und  mehrraal  aus  Wasser,  das  nur  mit  Platingefäfseu  in  Be- 
rührung kam,  umkrystallisirt,  die  letzte  Spur  der  Linie  Naa  zu 
beseitigen.  Ein  haarförmiger  Platindraht,  den  man  durch  Aus- 
glühen von  jeder  Spur  Natron  befreit  hat,  zeigt  dieReaction  auf 
das  Deutlichste  wieder,  wenn  man  ihn  einige  Stunden  der 
Luft  ausgesetzt  hat.  Nicht  minder  zeigt  sie  der  Staub,  wel- 
cher sich  in  Zimmern  aus  der  Luft  absetzt,  so  dafe  z.  B. 
das-  Abklopfen  eines  bestäubten  Buches  schon  genügt,  um 
in  einer  Entfernung  von  mehreren  Schritten  das  heftigste 
Aufblitzen  der  Naa- Linie  zu  bewirken. 


170 

Lithium. 

Der  glüheud  leuchtende  Dampf  der  Lithiumverbindungen 
giebt  zwei  scharf  begrenzte  Linien,  eine  gelbe  sehr  schwache 
hiß  und  eine  rothe,  glänzende  Linie  Li  ct.  An  Sicherheit 
und  Empfindlichkeit  übertrifft  auch  diese  Beaction  alle  in 
der  analytischen  Chemie  bisher  bekannten.  Der  Natriuin- 
reactio'n  steht  sie  indessen  an  Empfindlichkeit  etwas  nach 
vielleicht  nur  weil  das  Auge  für  gelbe  Strahlen  empfindli 
eher  ist  als  für  rothe.  Durch  Verpuffen  von  9  Milligr.  koh- 
lensaurem Lithium  mit  einem  grofsen  Ueberschufe  von  Milch- 
zucker und  chlorsaurem  Kali  in  der  ungefähr  60  Cubikmeter 
fassenden  Luft  des  Zimmers  war  die  Linie  schon  deutlich 
sichtbar.  Das  Auge  kann  daher  auf  diese  Weise,  wie  eine 
der  oben  angeführten  ähnliche  Rechnung  zeigt,  noch  weni- 
ger als  TtnnrüüTT  eines  Milligramms  kohIensaures#Lithiom  mit 
der  gröfslen  Schärfe  erkennen.  0,05  Grm.  desselben  Salzes 
auf  die  erwähnte  Art  verpufft,  ertheille  der  Luft  desselben 
Zimmers  die  Fähigkeit,  länger  als  eine  Stunde  andauernd 
die  Li a -Linie  hervorzubringen. 

Die  Sauerstoff-,  Chlor  ,  Iod-  und  Bromverbinduug  ist 
am  geeignetsten  zur  Erkennung  des  Lithiums.  Aber  auch 
das  kohlensaure,  schwefelsaure  und  selbst  das  phosphorsaure 
Salz  eignen  sich  fast  eben  so  gut  zu  diesem  Zwecke.  Li 
thionhaltige  Fossilien,  wie  Triphyllin,  Triphan,  Petalit,  Le 
pidolith  brauchen  nur  in  die  Flamme  gehalten  zu  werden, 
um  ohue  weiteres  die  Linie  Lia  im  intensivsten  Glänze  zu 
geben.  Auf  diese  Weise  läfst  sich  Lithion  in  manchen  Feld 
späthen ,  z.  B.  in  Orthoklas  von  Baveno  unmittelbar  nach- 
weisen. Die  Linie  zeigt  sich  dann  nur  einige  Augenblicke 
lang  gleich  nach  dem  Einbringen  der  Probe  in  die  Flamme. 
So  zeigten  sich  als  lithionhaltig  die  Glimmer  von  Altenberg 
und  Penig,  als  frei  von  Lithium  dagegen  Glimmer  von  Miask, 
Aschaffenburg,  Modum,  Bengalen,  Pensylvauien  etc.  Wo  in 
natürlich  vorkommenden  Silicaten  nur  ein  verschwindend 
kleiner  Lilhiongchall  auftritt,  entzieht  sich  derselbe  der  un- 
mittelbaren Beobachtung.  Die  Prüfung  geschieht  dann  in 
solchen  Fällen  am  besten  auf  folgende  Weise:  man  digerirt 


171 

und  verdampft  eine  kleine  Menge  der  zu  prüfenden  Sub- 
stanz mit  Flufcsäure  oder  Fluoraimnonium,  dampft  etwas 
Schwefelsäure  über  dem  Rückstand  ab  und  zieht  die  trockne 
Masse  mit  absolutem  Alkohol  aus.  Die  zur  Trockenheit 
abgedampfte  alkoholische  Lösung  wird  dann  noch  einmal 
mit  Alkohol  extrahirt  und  die  so  erhaltene  Flüssigkeit  auf 
einer  möglichst  flachen  Glasschale  verdunstet.  Der  Anflug, 
welcher  dabei  zurückbleibt,  läfst  sich  leicht  mittelst  eines 
Radirtnessers  zusammenschaben  und  am  Platindrähtchen  in 
die  Flamme  bringen.  T'0  Milligr.  davon  reicht  gewöhnlich 
für  den  Versuch  vollkommen  aus.  Andere  Verbindungen, 
als  kieselsaure,  in  denen  man  noch  die  letzten  Spuren  Li- 
thion  entdecken  will,  werden  nur  durch  Eindampfen  mit 
Schwefelsäure  oder  auf  irgend  einem  anderen  Wege  in 
schwefelsaure  Salze  verwandelt  und  dann  ebenso  behandelt. 
Mit  Hülfe  dieses  Verfahrens  läfst  sich  leicht  die  uner- 
wartete Thatsacbe  aufser  Zweifel  setzen,  dafs  das  Lithion 
zu  den  am  allgemeinsten  in.  der  Natur  verbreiteten  Stoffen 
gehört.  Dasselbe  liefs  sich  mit  der  gröfsten  Leichtigkeit 
schon  in  40  Cubikmeter  Meerwasser  nachweisen,  welches 
unter  39°  14'  westl.  Länge  und  41°  41'  nördl.  Breite  im  at- 
lantischen Ocean  geschöpft  war.  Asche  von  Fucoideen  (Kelp), 
welche  vom  Golfstrom  an  die  Schottischen  Küsten  getrieben 
werden,  enthielt  erbebliche  Spuren  davon.  Sämmtliche  Or- 
thoklase und  Quarze  aus  dem  Granit  des  Odenwaldes,  die 
wir  geprüft  haben,  zeigteu  sich  lithionhaltig.  Ein  sehr  reines 
Trinkwasser  aus  einer  Quelle  am  granitischen  westlichen 
Abhänge  des  Neckarthales  in  Schlierbach  bei  Heidelberg 
enthielt  Lithion,  während  die  im  bunten  Sandstein  entsprin- 
gende Quelle,  welche  die  Wasserleitung  des  hiesigen  che- 
mischen Laboratoriums  speist,  frei  davon  war.  Mineral- 
wasser, bei  welchen  Lithium  kaum  uoch  in  1  Litre  nach 
dem  gewöhnlichen  analytischen  Verfahren  nachgewiesen  wer- 
den kann,  zeigen  die  Li a  Linie  oft  schon,  wenn  man  nur 
einen  Tropfen  davon  an  einem  Platindraht  in  die  Flamme 
bringt ' ).     Alle  von  uns  untersuchten   odenwälder  Aschen 

I)  Wenn  es  sich  daran»  handelt,  eine  Klüssjgkeit  in  die  FUrarae  nn  bringen ^ 


172 

aus  Hölzern,  welche  auf  Granilboden  wachsen ,  sowie  Rus- 
sische und  andere  käufliche  Pottaschen  enthalten  Lithion. 
Selbst  in  den  Aschen  des  Tabaks,  der  Weinblätter,  des 
Rebholzes  und  der  Weinbeeren  ' ;,  sowie  in  der  Asche  der 
Feldflüchte,  welche  in  der  Rheinebene  bei  Waghäusel,  Dei- 
desheim  und  Heidelberg  auf  nicht  granitischem  Boden  ge- 
zogen werden,  fehlt  das  Lithion  eben  so  wenig,  als  in  der 
Milch  der  Thiere,  welche  mit  jenen  Feldfrüchten  genährt 
werden '). 

Es  braucht  kaum  bemerkt  zu  werden,  dafs  ein  Gemenge 
von  flüchtigen  Natron-  und  Lithionsalzen  neben  der  Reaction 
des  Natriums  die  des  Lithiums  mit  einer  kaum  merklich 
verminderten  Schärfe  und  Deutlichkeit  zeigt.  Die  rothc 
Linie  des  letzteren  erscheint  durch  eine  kleine  in  die  Flamme 
gebrachte  Perle  noch  deutlich  sichtbar,  wenn  diese  Perle 
nur  lö'1)0  Lithiumsalz  enthält,  wobei  das  Auge  für  sich  an 
der  Flamme  selbst  nichts  als  das  gelbe  Licht  des  Natriums 
ohne  jede  Andeutung  einer  röthlichen  Färbung  wahrnimmt. 
In  Folge  der  gröfseren  Flüchtigkeit  der  Lithiousalze  hält 
die  Natronreactiou  gewöhnlich  etwas  länger  an.  Wo  es 
sich  daher  um  die  Erkennung  sehr  kleiner  Spuren  von  Li- 
thion neben  Natron  handelt,  inufs  die  Probeperle  in  die 
Flamme  geschoben  weiden,  während  man  schon  durch  das 
Fernrohr  blickt.  Man  gewahrt  dann  die  Lithiumliuie  oft 
nur  auf  wenige  Augenblicke  unter  den  ersten  Verflüchti- 
gungsproducten. 

Wo  es  sich  bei  der  technischen  Gewinnung  der  Lithium- 
Verbindungen   um   die  Auswahl   des   zu   benutzenden  Roh- 

so  birgt  mau  au»  dein  einen  Kode  eines  pferdehaardicken  Platindrahtcs 
einen  kleinen  mit  einem  Dut  chmesser  versehenen  Hing  und  schlägt  den- 
selben platt.  Läfci  man  in  d*s  so  gebildete  Oehr  einen  Flüssigkeitslropfen 
fallm.   so  bleibt  eine   füi  den  Versuch  hinreichende  Menge   darin    hangen. 

1)  In  den    bei   der  fabiikmäfsigen  Weinsänn-ngewinming   fallenden  Mutter- 
laugen  ronrentrirt   sich   das  Lithion   so  »ehr,   dafs  man   aus   denselben   er- 
hebliche   Mengen   davon   darstellen   kann. 

2)  Herr  Di.  r  olwarczny  hat  sogar  in  der  Asche  des  menschlichen  Blutes 
und  Muskelfleisches  durch  die  Linie  Li  a  leicht  Lithiumverbindungen 
nachweisen  können. 


173 

roaterials  und  die  Auffindung  einer  zweckmässigen  DarsteL 
lungsinethode  handelt,  gewährt  die  Spectralanaljse  ein  Hülfs- 
mittel  von  unschätzbarem  Werthe.  So  genügt  es  z.  B.  schon, 
von  verschiedenen  Sooknutterlaugen  nur  einen  Tropfen  in 
der  Flamme  zu  verdampfen  und  durch  das  Fernrohr  zu  be- 
obachten, um  sich  sogleich  zu  überzeugen,  dafs  in  vielen 
dieser  Salinenrückstände  ein  reiches,  bisher  übersehenes  Li- 
thionmaterial  gegeben  ist.  Dabei  kann  man  im  Verlaufe 
der  Darstellung  jeden  Verlust  an  Lithiou  in  den  Neben  pro 
dueten  und  Abfällen  durch  die  Spectralreaction  unmittelbar 
verfolgen  und  so  leicht  zweckmäfsigere  Darstellungsmetho- 
den als  die  bisher  gebräuchlichen  sich  aufsuchen  '). 

Kalium. 

Die  flüchtigen  Kaliumverbindungen  geben  in  der  Flamme 
ein  sehr  ausgedehntes  continuirliches  Spectrum,  welches  nur 
zwei  charakteristische  Linien  zeigt;  die  eiue  Kaa  in  dein 
äufsersten  an  die  ultrarotheu  Strahlen  grenzenden  Roth,  ge- 
nau auf  die  dunkle  Linie  A  des  Sonnenspectrums  fallend, 
die  andere  Ka  ß  weit  in  Violet  nach  dem  anderen  Eude 
des  Spectrums  hin  ebenfalls  einer  Fraunhofer'schen  Linie 
entsprechend.  Eine  sehr  schwache,  mit  der  Fraunhofer- 
sehen  Linie  B  zusammenfallende  Linie,  die  aufserdem  noch, 
aber  nur  bei  der  intensivsten  Flamme,  sichtbar  wird,  ist 
wenig  charakteristisch.  Die  blaue  Linie  ist  ziemlich  schwach, 
eignet  sich  aber  fast  eben  so  gut  wie  die  rothe  Linie  zur 
Erkennung  des  Kaliums.  Die  Lage  beider  Linien  in  der 
Nähe  der  beiden  Grenzen  der  für  das*  Auge  wahrnehmba- 
ren Strahlen  macht  die  Reaction  zu  einer  weniger  empfind- 
lichen. In  der  Luft  unseres  Zimmers  wurde  sie  erst  sicht- 
bar,  ab  wir  gegen    1  Gramm  mit  Milchzucker  gemengtes 

I)  Wir  erhielten  nach  einer  solchen  verbesserten  Methode  aus  zwei  Mi- 
neralwasserk  rügen  (gegen  4  Lilre)  einer  Soolrautlerlauge ,  welche  durch 
Eindampfen  mit  Schwefelsäure  1*,2  Rückstand  gaben,  eine  halbe  Cnte 
kohlensaures  Lithion  von  der  Reinheit  des  käuflichen,  dessen  Haodels- 
werlh  ungefähr  140  fl.  per  Pfund  beträgt.  Eine  grofse  Zahl  anderer 
Soolmutlerlaugen,  die  wir  untersuchten,  zeigten  einen  ähnlichen  Reich- 
thum  an  Lithiumvtrbindungen. 


174 

chlorsaures  Kali  abbrannten.  Man  kann  daher  dem  Auge 
auf  diese  Weise  nur  ungefähr  ,  qVu  Milligr.  chlorsaures  Kali 
noch  sichtbar  machen. 

Kalihydrat  und  sämmtliche  Verbindungen  des  Kalis  mit 
flüchtigen  Säuren  zeigen  die  Roaction  ohne  Ausnahme.  Kali- 
Silicate  und  ähnliche  feuerbeständige  Salze  dagegen  bringeu 
sie  für  sich  allein  nur  bei  sehr  vorwiegendem  Kaligehalt 
hervor.  Bei  geringerem  Kaligehalt  darf  man  die  Probeperle 
nur  mit  etwas  kohlensaurem  Natron  zusammenschmelzen, 
um  die  charakteristischen  Linien  zum  Vorschein  zu  bringen. 
Die  Gegenwart  von  Natronsalzen  \  erhindert  mithin  die  Re 
action  nicht  und  beeinträchtigt  die  Empfindlichkeit  derselben 
nur  wenig.  Orthoklas,  Sanidin  und  Adular  lassen  sich  da 
durch  leicht  von  Albit*  Oligoklas,  Labrador  und  Anorthit 
unterscheiden.  Um  verschwindend  kleine  Kalispuren  noch 
nachzuweisen,  braucht  man  die  Silicate  nur  mit  einem  gro 
fsen  Uebetschufs  von  Fiuoiammonium  auf  einem  Platindeckel 
schwach  zu  glühen  und  den  Rückstand  am  Platindraht  in 
die  Flamme  zu  bringen.  Auf  diese  Weise  findet  man,  dafs 
fast  alle  Silicate  kalihaltig  sind.  Lithionsalze  stören  die  Re- 
action  eben  so  wenig.  So  genügt  es  z.  B.  schon,  den 
Aschenslmnpf  einer  Cigarre  in  die  Flamme  vor  dein  Spalt 
zu  halten,  um  sogleich  die  gelbe  Linie  des  Natriums  und 
die  beiden  rolheu  des  Kaliums  und  Lithiums,  welches  letz- 
tere Metall  in  den  Tabaksaschen  fast  niemals  fehlt,  auf  das 
Deutlichste  hervorzubringen. 

Strontium 

Die  Spectren  der  alkalischen  Erden  stehen  denen"  der 
Alkalien  an  Einfachheit  bedeutend  nach.  Das  des  Strontiums 
ist  besonders  durch  die  Abwesenheit  grüner  Streifen  Charak- 
ter isirt.  Acht  Linien  darki  sind  sehr  ausgezeichnet,  sechs 
rothe  nämlich,  eine  orange  und  eine  blaue.  Die  Orange 
linie  Sra,  welche  dicht  neben  der  Natriumlinie  nach  Roth 
hin  auftritt,  die  beiden  rothen  Linien  Sr  (i  Sry  und  endlich 
die  blaue  Linie  Sr  ö  sind  ihrer  Lage  und  Intensität  nach 
die  wichtigsten.     Um   die  Empfindlichkeit   der  Rcaction  zu 


175 

prüfen,  erhitzten  wir  eine  wässerige  Chlorstrontiumlösung 
von  bekanntem  Salzgehalt  in  einem  Platinschälchen  rasch 
über  einer  grofsen  Flamme,  bis  das  Wasser  verdunstet  war 
und  die  Schale  zu  glühen  anfing.  Hierbei  decrepitirte  das 
Salz  zu  mikroskopischen  Partikelchen,  die  sich  in  Gestall 
eines  weifsen  Rauches  in  die  Atmosphäre  erhoben.  Eine 
Wägung  des  Salzrück  Bland  es  in  der  Schale  ergab,  dafs  auf 
diese  Weise  0,077  Grm.  Chlorstrontium  in  Gestalt  eines 
feinen  Staubes  in  die  77000  Grm.  wiegende  Luft  des  Ziin-  * 
mers  übergegangen  war.  Nachdem  die  Luft  des  Zimmers 
mittelst  eines  aufgespannten,  rasch  in  Bewegung  gesetzten 
Regenschirmes  gleichwäfsig  durcheinander  gemengt  war,  zeig 
ten  sich  die  charakteristischen  Linien  des  Stronliumspectrums 
sehr  schön  ausgebildet.  Man  kann  nach  diesem  Versuche 
die  noch  nachweisbare  Chlorstrontiummenge  zu  Tü06öüü  eines 
Milligramms  anschlagen. 

Die  Chlorverbindung  und  die  übrigen  Halogenverbindun- 
gen des  Strontiums  geben  dieReactiou  am  deutlichsten.  Stron- 
tianerdehydrat  und  kohlensaure  Strontianerde  zeigen  sie 
viel  schwächer:  schwefelsaure  noch  schwächer;  die  Verbin- 
dungen mit  feuerbeständigen  Säuren  am  schwächsten,  oder 
gar  nicht.  Man  bringt  daher  die  Probeperle  zunächst  für 
sich  und  dann  nach  vergängiger  Befeuchtung  mit  Salzsäure 
in  die  Flamme.  Hat  man  Schwefelsäure  in  der  Perle  vor 
auszusetzen,  so  hält  man  sie  vor  dem  Befeuchten  mit  Salz- 
säure einige  Augenblicke  in  den  reducirenden  Theil  der 
Flamme,  um  das  schwefelsaure  Salz  in  die  durch  Chlor- 
wasserstoffsäure  zersetzbare  Schwefel  Verbindung  umzuändern. 
Zur  Erkennung  des  Strontiums  in  Verbindungen  mit  Kiesel- 
säure, Phosphorsäure,  Borsäure  oder  anderen  feuerbeständi- 
gen Säuren  verfährt  man  am  besten  auf  folgende  Weise: 
Zum  Aufschliefscn  der  Probe  mit  kohlensaurem  Natron  dient, 
statt  eines  Platintiegcls,  eine  conische  Spirale  von  Platin- 
draht. Dieselbe  wird  in  der  Flamme  weifsglübend  gemacht 
und  in  entwässertes,  fein  pulverisirtes,  lockeres  kohlensaures 
Natron  getaucht,  welches  wo  möglich  noch  so  viel  Wasser 
enthält,   dafs  die  nftthige  Menge  des  Salzes  schon  ta\  tacb. 


176 

ersten  Eintauchen  daran  hängen  bleibt.  In  dieser  Spirale 
läfst  sich  die  Schmelzung  viel  schneller  als  in  einein  Platin- 
ticgel  bewerkstelligen,  da  die  zu  erhitzende  Masse  des  Pla- 
tins nur  gering  ist  und  das  zu  schmelzende  Salz  mit  der 
Flamme  in  unmittelbare  Berührung  kommt.  Hat  man  die 
aufzusch liefsende  fein  pulverisirte  Substanz-  mittelst  einer 
kleinen  Platinschaufel  in  die  glühend  flüssige  Soda  einge- 
tragen und  einige  Minuten  im  Glühen  erhalten,  so  braucht 
man  die  mit  ihrer  Spitze  nach  oben  gekehrte  Spirale  nur 
auf  den  Rand  des  Lampentellers  aufzuklopfen,  um  den  In- 
halt derselben  in  Gestalt  einer  grofsen  erkaltenden  Kugel 
auf  dem  Teller  zu  erhalten.  Man  bedeckt  die  Kugel  mit 
einem  Blätterten  Schreibpapier  und  zerdrückt  dieselbe  mit 
telst  einer  elastischen  Messerklinge,  die  man  auch  nach  Ent- 
fernung des  Papiers  benützt,  um  die  Masse  weiter  noch  zum 
feinsten  Pulver  zu  zerdrücken.  Dieses  wird  an  den  Rand 
des  etwas  abwärts  geneigten  Tellers  zusammengehäufl,  vor- 
sichtig mit  heifsem  Wasser  übergössen,  das  man  durch  sanf- 
tes Hin  und  Herneigen  des  Tellers  über  der  aufgehäuften 
Substanz  hin  und  her  Hiefsen  läfst,  und  endlich  die  über 
dein  Bodensatz  stehende  Flüssigkeit  abdekantirt.  Es  gelingt 
leicht,  unter  abwechselndem  Erwärmen  des  Tellers  durch 
mehrmalige  Wiederholung  dieser  Operation  die  löslichen 
Salze  auszuziehen,  ohne  den  Bodensatz  aufzurühren  und 
erhebliche  Mengen  davon  zu  verlieren.  Wendet  man  statt 
des  Wassers  eine  Kochsalzlösung  an,  so  gelingt  die  Opera- 
tion noch  leichter  und  sicherer.  Der  Rückstand  enthält  das 
Strontium  als  kohlensaures  Salz,  von  dem  schon  einige  Zehn- 
tel Milligramm  am  Platindiaht  mit  etwas  Salzsäure  befeuch- 
tet die  intensivste  Reaction  geben.  Es  wird  auf  diese  Art 
möglich,  ohne  Platintiegel,  ohne  Reibschale,  ohne  Digerir- 
schale  uud  ohne  Trichter  und  Filter  alle  erforderlichen  Ope- 
rationen des  Aufschliefseus,  Zerkleinerns,  Digcrirens  und 
Auswaschens  in  wenigen  Minuten  auszuführen. 

Die  Reaction  des  Kaliums  und  Natriums  wird  durch  die 
Gegenwart  des  Strontiums  nicht  gestört.  Auch  die  Lithiuin- 
reaction  tritt  neben  den  drei  erwähnten  in  voller  Deutlichkeit 


auf,  «'.■nii  die  Lithiuminenge  gegen  die  des  Strontiums  nicht 

zu  gering  isl.     Die  Lithiumlinic  Li  a  erscheint  dann  als  ein 

■hmnliT,  intensiv  rother,  scharf  begrenzter  Streifen  auf  dem 

wacher  rothen  Grunde  des  breiten  Stronüuinstreifens  Srfi. 


Das  Calciumspectruin  läTst  sich  schou  auf  deu  ersten 
ick  von  deu  vier  bisher  betrachteten  Spectreo  daran  un- 
terscheiden, dafs  es  in  Grüu  eine  höchst  charakteristische 
und  iutensive  Linie,  Ca  ß,  enthält.  Als  zweites  nicht  min- 
der charakteristisches  Kennzeichen  kauu  die  ebenfalls  sehr 
intensive  Orangelinie  Caa  dienen,  welche  erheblich  weiter 
nach  dem  rothen  Ende  des  Spectrums  hin  liegt  als  die  Na- 
tronlinie Na  a  und  die  Orangelinie  des  Strontiums  Sr  a. 
Durch  Abbrennen  eines  Gemenges  von  Chlorcalcium,  chlor- 
saurein  Kali  und  Milchzucker  erhält  man  einen  Rauch,  des- 
sen Reaction  ungefähr  vou  gleicher  Empfindlichkeit  ist  mit 
dem  unter  denselben  Verhältuissen  hervorgebrachten  Chlor- 
strontiumrauch. Aus  einem  auf  diese  Weise  angestellten 
Versuche  ergab  sich,  dafs  -i-ovova  Milligramm  Chlorcalcium 
ich  leicht  und  mit  völliger  Sicherheit  erkannt  werden  Kün- 
Nur  die  in  der  Flamme  flüchtigen  Calciuinverbiudun- 
gen  zeigen  die  Reaction,  und  zwar  mit  um  so  grosserer 
Deutlichkeit,  je  flüchtiger  sie  sind.  Chlorcalcium,  Jodcal- 
ciuin.  Bromcalcium  stehen  in  dieser  Beziehung  oben  an. 
Schwefelsaurer  Kalk  giebt  das  Spcctruin  erst,  nachdem  er 
angefangen  hat  basisch  zu  werden,  dann  aber  sehr  glänzend 
und  lange  andauernd.  Ebenso  entwickelt  sich  die  Reaction 
des  kohlensauren  Kalks  am  deutlichsten,  nachdem  die  Koh- 
lensäure entwichen  ist. 

Verbindungen  des  Calciums  mit  feuerbeständigen  Säuren 
verhalten  sich  in  der  Flamme  indifferent;  werden  sie  durch 
Chlor  wasserstoffsäure  angegriffen,  so  Iäfst  sich  die  Reaction 
einfach  auf  folgende  Weise  erhalten:  Man  bringt  einige 
Milligramme  oder  selbst  nur  einige  Zehntel  Milligramme 
der   fein   pulverisirten  Substanz   an   das   etwas  befeuchtete 

PoHcndorflTi    ,-Un»l.  Bd.  CX.  12 


Ve 
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178 

plattgeschlageae  PktMhr  in  den  wenig  Jieifsen  Theil  der 
Flaume,  bis  das  Pulver  ohne  zu  schmelzen  angefrittet  ist 
Läfet  man. einen  Tropfen  Salzsäure  in  das  Oehr  fallen,  so 
bleibt  derselbe  «im  grObten  Theil  darin  hingen.  Schiebt 
man  diesen  Tropfen  vor  dem  Spalt  des  Spectralapparates 
in  den  heifeesten  Theil  der  Flamme,  so  verdampft  er,  und 
iwar  in  Folge  des  Leidenfrost'schen  Phänomens, 'ohne  ins 
Kochen  zu  gerathen.  Blickt  man;  wahrend  der  Tropfen 
verdampft,  dorch  das  Fernrohr,  so  erscheint  in  dem  Augen- 
blick, wo  die  leisten  Antheile  der  Flüssigkeit  in  Dampf  ver- 
wandelt werden,  «in  glänzendes  Calciamspectrum,  welches 
bei  geringem  Kalkgehah  nnr  einen  Moment  aufblitzt,  bei 
erheblicheren  Kalkmengen  aber  mehr  oder  weniger,  lange 
anhfllt. 

Nur  in  Silicaten,  welche  von  Salzsäure  angegriffen  wer- 
den, l&ftt  sich  der  Kalk  auf  diese  Weise  finden;  in  nicht 
durch  Salzsäure  angreifbaren  Silicaten  gelingt  die  Nachwei- 
sung am  besten  folgendermafsen:  Eitrige  Milligramm  der 
zu  prüfenden,  auf  das  Feinste  pulverisirten  Substanz  wer- 
den auf  einem  flachen  Tiegeldeckel  von  Platin  mit  ungefähr 
einem  Gramm  halb  zerflossenen  Fluorammonium  versetzt 
und  der  Deckel  in  die  Flamme  gehalten,  bis  er  nach  Ver- 
flüchtigung des  Fluorammoniums  glüht.  Man  befeuchtet  den 
auf  dem  Deckel  befindlichen  Salzanflug  mit  1  bis  2  Tropfen 
Schwefelsäure,  und  entfernt  den  Ueberschufs  derselben  durch 
abermaliges  Erhitzen  über  der  Flamme.  Wird  der  jetzt  aus 
schwefelsauren  Salzen  bestehende  Anflug  auf  dem  Deckel 
mit  dem  Fingernagel  oder  einem  Spatelchen  zusammenge- 
schabt und  ungefähr  ein  Milligramm  davon  mittelst  des 
Drahtes  in  die  Flamme  gebracht,  so  erhält  man,  wenn  Ka 
Na  und  Li  vorhanden  sind,  zunächst  die  charakteristischen 
Reactionen  dieser  drei  Körper  neben  oder  nach  einander. 
Ist  noch  Kalk  und  Strontian  vorhanden,  so  erscheinen  deren 
Spectren  gewöhnlich  erst  etwas  später,  nachdem  das  Ka 
Na  und  Li  verflüchtigt  ist.  Bei  sehr  geringem  Calcium  oder 
Strontiumgehalt  bleibt  die  Reaction  dieser  Metalle  aus;  man 
erhält  sie  dann  aber  sogleich,  wenn  man  den  im  Reductions- 


räum  der  Flamme  einige  Augenblicke  behandelten  Draht 
mit  Salzsäure  betropft  und  wieder  in  die  Flamme  bringt 

Alle  diese  Proben,  die  Erhitzung  für  sich  oder  mit  Salz- 
säure, die  Behandlung  mit  Fltioraimnoniuin  für  sich  oder 
mit  Schwefelsaure  und  Salzsäure  geben  dem  Mineralogen 
und  mehr  noch  dem  Geoguosten  eine  Reihe  höchst  einfacher 
Kennzeichen  an  die  Hand,  um  viele  in  der  Natur  auftretende 
Substanzen,  und  namentlich  die  einander  so  ähnlichen  aus 
kalkhaltigen  Doppelsilicatcn  bestehenden  Mineralien  noch  in 
den  kleinsten  Splitlerchen  mit  einer  Sicherheit  zu  bestimmen, 
wie  sie  sonst  kaum  bei  einem  rcichUch  zu  Gebote  stehen- 
den Material  durch  weit  lauf  tige  und  zeitraubende  Analvscn 
erreichbar  ist.  Einige  Beispiele  werden  dies  am  besten 
zeigen. 

1.  Ein  Tropfeu  Mccrwasscr  am  Platindraht  verflüchtigt 
zeigt  eine  starke  Natriumreaction,  und  nach  Verllüchligung 
des  Kochsalzes  eine  schwache  Calciumreaction,  die  durch  Be- 
feuchten des  Drahtes  mit  Salzsäure  auf  Augenblicke  höchst 
intensiv  wird.  Behandelt  man  einige  Deeigraminc  Meer- 
wasserrückstaud    auf  die    beim   Lithium    angegebene  Weise 

»mit  Schwefelsäure  und  Alkohol,  so  erhält  man  leicht  die 
Rcaction  des  Kaliums  und  Lithiums.  Die  Gegenwart  des 
Strontiums  im  Meerwasser  kamt  am  besten  in  den  Kessel- 
steinen der  Seedampfschi ffc  nachgewiesen  werden.  Die  lil- 
trirte  salzsaure  Lösung  desselben  hinlerläfst  nach  dein  Ab- 
dampfen und  Auflösen  in  müglichsL  wenig  Alkohol  eine  von 
basischem  Eisenchlorid  gelblich  gefärbte  Trübung,  die  sich 
nach  einigen  Tagen  absetzt  und  auf  einem  Fillerchen  ge- 
sammelt und  mit  Alkohol  ausgewaschen  werden  kann.  Das 
in  einem  feinen  Plaliudraht  verbrannte  Filter  gicbl  neben 
den  Calciumlinien  ein  vollständiges  und  intensives  Strontium- 
speetrum. 

2.  Soolwasser  zeigen  oft  schon  unmittelbar  die  Kalium-, 
Natrium-,  Lithium-,  Calcium-  und  Strontiumreaction.  Bringt 
man  z.  B.  einen  Tropfen  des  Dürkheimer  oder  Kreuznacher 
Mineralwassers  in  die  Flamme,  so  erhält  man  die  Linien 
Naa,  Li<x,  Caa  und  Caß.    Wendet  man  statt  des  Soul 

VI* 


180 

wassere  einen  Tropfen  serner  Mutterlauge  an,  so  entstehen 
dieselben  Linien  mit  dem  intensivsten  Glänze.  In  dem 
Maafse  als  das  Cbloruntrium  und  Chlorlitbium  verdampft 
und  das  Chlorcalcium  basischer  wird,  entwickeln  eich  all- 
mählich die  charakteristischen  Linien  des  Stronlitimspectrtims, 
welches  sich  nach  und  nach  immer  plauzender  in  seiner  gan- 
zen Vollständigkeit  zeigt.  Man  erhält  hier  also  durch  den 
blofsen  Anblick  eines  einzigen  in  der  Flamme  verflüch- 
tiglen  Tropfens  in  wenigen  Augenblicken  die  vollständige 
Analyse  eines  Gemenges  von  fünf  Stoffen. 

3.  Der  Aschciistumpf  einer  Cigarre  mit  etwas  H  Cl  be- 
feuchtet aai  in  die  Flamme  fehalte*,  giebt  die  Linien  IV»  a, 
Katt,  Lia,  Caa,  Caß.  ■  ■  .  ■'  ).'->Wu- 

4.  Kaliglas  von  einer  Verbrennungsröhre  gab  sowohl 
mit  als  ohne  Salzsäure  Na  a  and  fe  n,  mit  f  tooraannonium 
und  Schwefelsaure  behandelt  noch  Caa,  Caß  und  Spuren 
von  Lia. 

5.  Orthoklas  von  Baveno  giebt  für  sich  oder  mit  Salz- 
saure  nur  Na  a  nebst  Spuren  von  Ka  a  und  Li  a ;  mit  Fluor- 
ammonium  und  Schwefelsaure  die  intensiven  Linien  Naa, 
Ka  a  und  etwas  schwächer  Li  tx,  Nach  Verflüchtigung  der  so 
nachgewiesenen  Bestandtheile,  mit  HCl  in  die  Flamme  ge- 
bracht," giebt  die  Probe  nur  ein  kaum  unterscheidbares  Auf- 
blitzen der  Linien  Ca  a  uud  Ca  ß.  Der  nach  diesen  Prü- 
fungen dem  Platindrahte  angefrirtete  Bückstand  zeigt,  mit 
salpetersaurem  Kobaltoxydul  befeuchtet  und  geglüht,  die. 
für  Thonerde  charakteristische  Färbung.  Nimmt  man  noch 
die  bekannte  Beaction  auf  Kieselerde  hinzu,  so  ergiebt  sich 
aus  diesen  in  wenigen  Minuten  ausführbaren  Prüfungen, 
dafs  der  Orthoklas  von  Baveno,  Kieselerde,  Thonerde,  Kali 
mit  Spuren  von  Natron,  Kalkerde  und  Lilhion  enthalt,  so 
wie  dafs  jede  Spur  von  Baryterde  und  Strontianerde  darin 
fehlt. 

6.  Adular  vom  Gotthard  verhielt  sich  ganz  ähnlich  wie 
der  Orthoklas  von  Baveno,  nur  dafs  die  Lilhiuuireaction 
völlig,  die  Caldnmreaction  fast  völlig  fehlte.         m 

7.  Labradorit  von  St  Paul  giebt  für  sich  nur  die  Na- 


luuuiliuie  IVoo,  nicht  über  das  Calci umspectruui.  Die  mit 
Chlorwasserstoffsäure  befeuchtete  Probe  aber  bringt  die 
Calciumlinicu  Caa  und  Caß  sehr  glänzend  hervor.  Bei 
derProbcmitFluoramuioniiim  erhalt  mau  noch  eine  schwache 
K.iliuuireaclioti   und   kaum   bemerkbare  Spuren  von  Lithium. 

8.  Labradoril  aus  dem  Kugeldiorit  von  Corsika  verhielt 
sich  ebenso,  nur  dais  die  Spuren  der  Lilhiumreaction  fehlten. 

9.  Mosandrit  aus  Brevig  und  Tsclicffkinit  aus  dem  llmen- 
gebirge  gaben  für  sich  nur  die  Natriumrcaction,  bei  der  Be- 
handlung mit  Salzsäure  aber  die  Calciumlinien  Ca  «  und  Caß 

10.  Melinophau  vou  Lamoe  gab  für  sich  nur  Na  «,  mit 
Salzsaure  aber  noch   Caa,   Caß  und  Litt. 

11.  Scheelit  und  Spheu  geben  schon  bei  Behandlung 
mit  Salzsäure  die  Calcium  read  ton  sehr  iutensiv. 

12.  Finden  sich  geringe  Mengeu  Stronlitim  neben  dem 
Calcium,  so  wählt  man  am  zweck wäfsigsleii  die  Linie. Srd 
zur  F.rkcunung  der  ersteren.  Mit  Hülfe  derselben  gelingt 
es  leicht,  in  sehr  vielen  neptuiiisclien  Kalksteinen  einen  ge- 
ringen Stroiitimngehalt  nachzuweisen.  Na  et,  Lia,  Kaa,  be- 
sonders Li  a,  zeigen  sich  schon  unmittelbar  bei  dein  Glühen 
des  Kalksteins  in  der  Flamme.  Durch  Salzsäure  in  Chlor- 
calcium  verwandelt  und  in  dieser  Form  in  die  Flamme  ge- 
bracht, geben  diese  Gesteine  dieselben  Linien  uud  außer- 
dem häutig  noch  deutlich  genug  die  Linie  Srd'.  Dieselbe 
erscheint  aber  nur  auf  kürzere  Zeit,  indem  sie  sich  in  Folge 
der  Verdaiupfnngsprocessc  in  der  Flamme  allmählich  ent- 
wickelt and  kurz  vor  dem  Erblassen  des  Kalkspectrums  am 
deutlichsten  hervorzutreten  pilegt. 

Auf  diesem  Wege  wurden  die  Linien  iVa«,  Li  et,  Kaa, 
Caa,  Caß,  Srd  bei  folgenden  Kalksteinen  gefunden: 
Silnrkalk')  von  Kugelbad  bei  Prag, 
Wellenkalk  (Muschelkalk)  von  Rohrbach  bei  Heidelberg, 
Liaskalk  von  Maisch  in  Baden, 
Kreide  aus  England. 


I)   l>ir  Ull.nn 


r  bri   ditifr  tlrbirgsan    i 


ln-nui'ii,   die   Linie   Sri  dagegen   lehr   il»rk. 


182 

Folgende  Kalksteine  zeigten  nur  die  Linien  Naa,  lAa, 
Kaa,  Caa,  Caß,  ohne  die  blaue  Strontiumlinie. 

Marmor  von  Auerbach  aus  dem  Granit1), 

Devonkalk  von  Gerolstein  in  der  Eifel, 

Kohlenkalk  von  Planitz  in  Sachsen, 

Zechstein  von  Nordhausen  am  Harz, 

Jurakalk  vom  Streitberg  in  Franken. 
Man  sieht  schon  aus  diesen  wenigen  Versuchen,  dafs 
umfassendere  und  sorgfältige  spectralanalytische  Untersu- 
chungen über  den  Lithium-,  Kalium-,  Natrium-  und  Strontium- 
gehalt verschiedener  Kalkbildungen  mit  Beziehung  auf  die 
Altersfolge  und  locale  Verbreitung  derselben  von  grofsein 
geologischen  Interesse  sind,  und  vielleicht  zu  unerwarteten 
Aufschlüssen  über  die  Natur  der  früheren  Oceane  und  Mee- 
resbecken, in  welchen  die  Bildung  jener  Kalkgebirge  er- 
folgte, führen  können. 

Baryum. 

Das  Baryumspectruin  ist  das  verwickeltste  unter  den 
Spectren  der  Metalle  der  Alkalien  und  alkalischen  Erden. 
Von  den  bisher  betrachteten  unterscheidet  es  sich  schon 
auf  den  ersten  Blick  durch  die  grünen  Linien  Ba  a  und  Baß, 
welche  alle  übrigen  an  Intenstität  übertreffen  und  bei  schwa- 
cher Reaction  zuerst  erscheinen  und  zuletzt  wieder  verschwin- 
den. Bay  ist  weniger  empfindlich,  aber  immer  noch  als 
charakteristische  Linie  zu  betrachten.  Die  verhältnifsmäfsig 
ziemlich  grofse  Ausdehnung  des  Spcclrums  ist  Ursache,  dafs 
überhaupt  die  Spectralreaction  der  Baryumverbindungen 
etwas  weniger  empfindlich  ist  als  die  der  bisher  betrachte- 
ten Körper.  0,3  Gnn.  chlorsaurer  Baryt  mit  Milchzucker 
gaben  in  unserem  Zimmer  verbrannt,  nachdem  die  Luft  ver- 
mittelst eines  aufgespannten  Regenschirms  gehörig  durchge- 

I  )  Mittelst  des  oben  beschriebenen  Verfahrens  mit  Alkohol  wurde  aus 
20  Grni.  dieses  Marmors  so  viel  salpelersaurer  Sltontian  erhalten,  dafs 
sieh  damit  ein  vollständiges  intensives  Slrontinmspectruin  hervorbringen 
livl».  Ob  sieh  auch  die  fihrigrn  aufgeführten  Kalksteine,  auf  diese  Art 
behandi'll,   als  slrontiumhaltig   erweisen,   haben   wir   nicht   untersucht. 


mengt  war,  längere  Zeil  auf  in  deutlichste  die  Linie 
Hau  kann  daher  um  einer  der  beim  Natrium  ausgeführten 
ähnlichen  Rechnung  schliefscn,  dafs  durch  die  Reaction  noch 
weniger  als  ungefähr  ,  n'nn  Milligramm  mit  völliger  Deut 
Uchkeit  angezeigt  wird. 

Chlorbaryum,  Biombarvuin,  lodbamuu,  Fluorbaryuni, 
Baryterdehydral,  kohlensaurer  und  schwefelsaurer  Baryt 
zeigen  die  Reacliou  am  ausgezeichnetsten,  und  können  daher 
durch  unmittelbares  Erhitzen  iu  der  Flamme  erkannt  werden. 

Durch  Salzsäure  angreifbare,  Itarylerde  enthaltende  Si- 
licate geben  die  Keactioii,  wenn  sie,  wie  beim  Kalk  ange- 
geben, mit  einem  Tropfen  Salzsäure  in  die  Flamme  gebracht 
werden,  ebenfalls.  So  erzeugt  z.  II.  Rarylharmolom,  aal 
diese  Weise  behandelt,  die  Linie  Ca  a  und  Ca  ß  neben  den 
Linien  Ba  a   und   Baß. 

Verbindungen  der  Baryterde  mit  feuerbeständigen  Sau- 
ten, die  sich  mit  und  ohne  SthaAva  in  der  Flamme  indif- 
ferent verhalten,  schliefst  man  am  besten  auf  die  beim 
Stiuiilium  angegebene  Weise  mit  kohlensaurem  Natron  auf 
und  prüft  den  dadurch  erhaltenen  r  thhrntimtrB  IJaryt.  Koni- 
len  Verbindungen  Ca,  Ha  und  SV  in  sehr  un- 
gleichen Mengen  gemeinschaftlich  vor,  -o  löll  man  die  durch 
Aufschliefsen  erhaltenen  kohleiisauicn  SaJw  in  einem  Tropfe» 
Salpetersäure  und  zieht  aus  dem  abgedampften  Rückstand 
deu  Kalk  durch  Alkohol  aus.  Der  Rückstand  enthält  dann 
noch  Rani  uud  Strontium,  die  sich,  weun  sie  nicht  in  allzu 
ungleicher  Menge  vorkommen,  leicht  neben  einander  erken- 
nen lassen.  Handelt  es  sich  darum,  die  leiten  noch  wahr- 
nehmbaren Spuren  von  SV  oder  Ba  nachzuweisen,  so  ver- 
wandelt man  deu  Rückslaud  durch  Glühen  mit  Salmiak  in 
Chlorveibindiingcn,  aus  denen  sich  das  Qilorslroniium  durch 
Alkohol  in  der  Hat  Erkennung  hinlänglich  couccnirirlcii  Form 
leicht  ausziehen  läisl.  Sind  unter  den  uaclumv  eisenden 
Stoffen  nicht  einzelne  in  verschwindend  kleinen  Mengen 
vorhanden,  so  werden  alle  solche  \orgängige  Scheidungen 
ganz  unuülhig,  wie  folgeuder  Versuch  zeigt:  Eiu  Gemenge 
von  Chlornatriuui,  Ghlorkabum,  Chlorlithiuin,  Uhlorcalciuiu, 


184 

ChlorsfroDtitim  und  Cblorbaryuni,  welches  von  jedem  dieser 
sechs  Stoffe  höchstens  TV  Milligramm  enthielt,  wurde  in 
die  Flamme  gebracht  und  beobachtet.  Zuerst  erschien  die 
intensiv  gelbe  Nalroulinie  Naa  auf  dein  Untergründe  eines 
schwachen  oonÜnmrlldHm  Spectrums,  fei  dam  M»f»,'*W 
dieses  m  tMumm  ht^mt,  «ttriekrft»  «eh.  «>  «durf  be- 
grenzte irteach«  rotte  Ltoic  de* Lithium«  üa  icd  )m»M 
dmelben  «**  weiter  v*n  der  Natriwmliaie  -entfernt «u» 
— UewKriJ— nniaJfa«,  itdsfo  dieBai-yuntönienfi»««»* 
Äa£  in  ihrer  charaktaratfseaM  Lage  «id  iil^WhnndMii« 
Scaurttiraag  sof  das  Deatnohrte  hervortraten.  Indem  ja*, 
denuf  ctteVerbhMloii^iidmKayae^UthJoins  nndlfoiTWB» 
erfaia&Wm  oder  Ttnchwusei 


einigen  Minuten  mos  den  immer  weniger  überlagerten  Uttfctt 
des  Calciums  and  Strontium«,  wie  ans  einem  Nebelbilde, 
die  Linien  Caa,  Caß  and  Ära,  Sr/9,  Sry  und  SrS  mit 
aller  Schürfe  in  ihrer  charakteristischen  Form,  Schattirung 
and  Lage  hervorhoben,  um  dann  erst  nach  sehr  langer  Zeit 
wieder  zo  erblassen  and  ganzb'ch  zu  verschwinden. 

Die  Abwesenheit  irgend  eines  oder  mehrer  dieser  Ge- 
mengtheile  giebt  sich  bei  diesen  Beobachtungen  augenblick- 
lieb dnreb  die  Abwesenheit  der  ihnen  zugehörigen  Linien 
zu  erkennen. 


-  Für  Denjenigen,  welcher  die  einzelnen  Spectren  aus 
wiederholter  Anschauung  kennt,  bedarf  es  einer  genauen 
Messung  der  einzelnen  Linien  nicht;  ihre  Farbe,  ihre  gegen- 
seitige Lage,  ihre  eigentümliche  Gestalt  und  Abschattirung, 
die  Abstufungen  ihres  Glanzes  sind  Kennzeichen,  welche 
selbst  für  den  Ungeübten  zur  sichern  Orientirung  vollkom- 
men hinreichen.  Diese  Kennzeichen  sind  den  Unterschei- 
dungsmerkmalen zu  vergleichen,  welche  wir  bei  den  aU 
Reactionsmittel  benatzten,  ihrem  Sufseren  Ansehen  nach 
höchst  verschiedenartigen  Niederschlagen  antreffen.  Wie 
es  als  Charakter  einer  Fsllung  gilt,  dafs  sie  gelatinös,  pul- 
verförmig,  käsig,  körnig   oder  krystalli  irisch  ist,   so  zeigen 


mich  die  SpeclralÜnien  ihr  eigentümliches  Verhallen,  indem 
die  einen  au  ihren  Rändern  scharf  begrenzt,  die  andern 
entweder  nur  nach  einer  oder  nach  beiden  Seiten  entweder 
gleichartig  oder  ungleichartig  verwaschen,  oder  indem  die 
einen  breiter,  die  anderen  schmäler  erscheinen.  Und  wie 
wir  nur  diejenigen  Niederschläge,  welche  bei  möglichst  gro- 
fscr  Verdiinnung  der  zu  fällenden  Substanz  noch  zum  Vor- 
schein kommen,  als  Erkennungsmitlel  verwenden,  so  benutzt 
man  auch  in  der  Spectralanalyse  zu  diesem  Zwecke  nur 
diejenigen  Linien,  welche  zu  ihrer  Erzeugung  die  geringste 
Menge  Substanz  und  eine  nicht  allzu  hohe  Temperatur  er- 
fordern. In  Beziehung  auf  solche  Kennzeichen  stehen  sich 
daher  beide  Methoden  ziemlich  gleich.  Dagegen  gewährt 
die  Spectralanalyse  rücksichtlich  der  als  Reactionsmittel  be- 
uulztcu  Farbenerscheiuungen  eine  Eigentümlichkeit,  die  ihr 
unbedingt  einen  Vorzug  vor  jeder  andern  analytischen  Me- 
thode sichern  mufs.  Unter  den  Niederschlägen,  die  zur 
Erkennung  von  Stoffen  bestimmt  sind,  erscheinen  die  mei- 
sten weifs  und  nur  einige  gefärbt.  Dabei  ist  die  Färbung 
der  letzteren  nur  wenig  constaut  und  varürt  iu  deu  ver- 
schiedeuslcn  Abstufungen  je  nach  der  dichteren  oder  mehr 
zerlheilten  Form  der  Fälluug.  Oft  reicht  schon  die  kleinste 
Beimengung  eines  fremden  Stoffes  hin,  eine  charakteristische 
Färbung  Ins  zur  Unkenntlichkeit  zu  verwischen.  Feinere 
Farbcuunt erschiede  der  Niederschläge  kommen  daher  als 
chemische  Kennzeichen  gar  nicht  mehr  in  Frage.  Rci  der 
Spectralanalyse  dagegen  erscheinen  die  farbigen  Streifen 
unberührt  von  solchen  fremden  Eintlüssen  und  unverändert 
durch  die  Dazwischenkunft  anderer  Stoffe.  Die  Stellen, 
welche  nfl  im  Spectrum  einnehmen,  bedingen  eine  chemische 
Eigenschaft,  die  so  unwandelbarer  und  fundamentaler  Natur 
wie  das  Atomgewicht  der  Stoffe,  und  lassen  sich  daher 
mit  einer  fast  astronomischen  Genauigkeit  bestimmen.  Was 
;ibiT  der  speclralanahtisciien  Methode  eine  ganz  besondere 
Bedeutung  verleiht,  ist  der  Umstand,  data  sie  die  Schranken, 
bis  zu  welchen  bisher  die  chemischen  Kennzeichen  der  Ma- 
terie reichten,   fast   ins  Unbegrenzte  hinausriickl.     Sie  *«- 


188 

spricht  uns  Ober  die  Verbreitung  und  Anordnung  der  Stoffe 
in  den  geologischen  Formationen  die  wertvollsten  Auf- 
schlüsse. Schon  die  wenigen  Versuche,  welche  diese  Ab- 
handlung enthält,  fahren  zu  dem  unerwarteten  Aufschlösse, 
daCs  nicht  nur  Kalium  und  Natrium,  sondern  .auch  Lithium 
und  Strontium  w  den  zwar  nur  in  geringer  Menge,  aber 
allgemein  verbreiteten  'Stoffen  unseres  Erdkörpers  gezlhlt 
werden  müssen. 

Für  die  Entdeckung  bisher  noch  nicht  aufgefundener 
Elemente  dürfte  die  Spectralanaljse  eine  nicht  minder  wich- 
tige Bedeutung  gewinnen.  Denn  wenn  es  Stoffe  giebt,  die 
so  sparsam  in  der  Natur  verbreitet  sind,  data  uns  die  bis- 
herigen Mittel  der  Analyse  bei  ihrer  Erkennung  und  Ab- 
scheidung im  Stiche  lassen,  so  wird  man  hoffen  dürfen,  viele 
solcher  Stoffe  durch  die  einfache  Betrachtung  ihrer  Flam- 
menspectren  noch  in  Mengen  zu  erkennen  und  zu  bestim- 
men, die  sich  auf  gewöhnlichem  Wege  jeder  chemischen 
Wahrnehmung  entziehen.  Dafs  es  wirklich  solche  bisher 
unbekannte  Elemente  giebt,  davon  haben  wir  uns  bereits 
zu  überzeugen  Gelegenheit  gehabt.  Wir  glaubet),  auf  un- 
zweifelhafte Resultate  der  spectralanalytischen  Methode  ge- 
stützt, mit  völliger  Sicherheit  schon  jetzt  die  Behauptung 
aufstellen  zu  können,  dafs  es  neben  dem  Kalium,  Natrium 
und  Lithium  noch  ein  viertes  der  Alkaliengruppe  angehöri- 
ges Metall  giebt,  welches  ein  eben  so  charakteristisches  und 
einfaches  Spectrum  giebt  wie  das  Lithium  —  ein  Metall, 
das  mit  unserem  Spectralapparate  nur  zwei  Linien  zeigt, 
eine  schwache  blaue,  die  mit  der  Strontiumlinie  Srä  fast 
zusammenfällt,  und  eine  andere  blaue,  die  nur  um  Weniges 
weiter  nach  dem  violetten  Ende  des  Spectrums  hin  liegt 
und  au  Intensität  und  Schärfe  der  Begrenzung  mit  der  Li- 
thiumlinie wetteifert. 

Bietet  einerseits  die  Spectralanaljse,  wie  wir  im  Vor- 
stehenden gezeigt  zu  haben  glauben,  ein  Mittel  von  bewun- 
derungswürdiger Einfachheit  dar,  die  kleinsten  Spuren  ge- 
wisser Elemente  in  irdischen  Körpern  zu  entdecken,  so 
eröffnet  sie  andererseits  der  chemischen  Forschung  ein  bisher 


völlig  verscli  Josse  Des  Gebiet,  das  weit  über  die  Grenzen  der 
Erde,  ja  selbst  unseres  Sonnensystems,  hinausreicht.  Da 
es  bei  der  in  Rede  siebenden  analytischen  Methode  aus- 
reicht, das  glühende  Gas,  um  dessen  Analyse  es  sich  han- 
delt, zu  sehen,  so  liegt  der  Gedanke  nahe,  dafs  dieselbe 
auch  anwendbar  sei  auf  die  Atmosphäre  der  Sonne  und 
;  helleren  Fixsterne.  Sie  bedarf  aber  hier  einer  Modifi- 
kation wegen  des  Lichtes,  welches  die  Kerne  dieser  Welt- 
körper ausstrahlen.  In  seiner  Abhandlung  -über  das  Vcr- 
hällnifs  zwischen  dem  Emissionsvermögen  und  dein  Absorp- 
tionsvermögen der  Körper  für  Wärme  und  Licht»')  hat 
I  Einer  von  uns  durch  theoretische  Betrachtungen  nachgewie- 
sen, dafs  das  Spectram  eines  glühenden  Gases  umgekehrt 
wird,  d.  h.  dafs  die  hellen  Linien  iu  dunkele  sich  verwan- 
deln, wenn  hinter  dasselbe  eine  Lichtquelle  von  hinreichen- 
der Intensität  gebracht  wird,  die  an  sich  ein  eontinuirliches 
Spcctititn  giebt.  Es  läfst  sich  hieraus  schliefsen,  dafs  das 
Sonnenspcclrum  mit  seinen  dunkeln  Linien  nichts  Anderes 
ist,  als  die  Uinkehrung  des  Spectrums,  welches  die  Atmo- 
sphäre der  Sonne  für  sich  zeigen  würde.  Hiernach  erfor- 
dert die  chemische  Analyse  der  Sonueiialmosphärc  nur  die 
Aufsuchung-  derjenigen  Stoffe,  die,  in  eine  Flamme  gebracht, 
helle  Linien  hervortreten  lassen,  die  mit  den  dunkeln  Linien 
des  Sonnenspectrums  eoineidiren 

Au  dem  angeführten  Orle  sind  als  experimentelle  Belege 
r  den  erwähnten  theoretisch  abgeleiteten  Satz  die  folgen- 
den Versuche  augeführt: 

Die  helle  i  mite  Linie  im  Speclruin  einer  Gasflamme,  in 
Jic  eine  Perle  von  Chlorlilhiuui  gebracht  ist,  verwandelt 
ich  in  eine  schwarze,  wenn  mau  volles  Souuenlichl  durch 
die  Flamme  gehen  läfst. 

Erselzl  man  die  Perle  von  Chlorlithium  durch  eine  von 
Ihloruatriuiu,  so  zeigt  sich  im  Sonnenspeclrum  die  dunkle 
DoppelUoic  D  (die  mit  der  hellen  Natriauiliuie  coiucidirt) 
in  ungewöhnlicher  Deutlichkeit. 

In  dem  Speclrum  des  Drmnoiid'scheii  Lichtes  tritt  die 
I)   Kirchhof!,  Pogj.  Add.,  Ba.  CIX,  S.  275. 


188 

dunkle  DoppelUnie  D  au£  wenn  man  seine  Strahlen'  durch 
die  Flamme  von  wässerigem  Alkohol  gehen  lilst,  in  den 
man  Chlornatriwn  gebracht  hat1). 

Es  schien  uns  nicht  ohne  Interesse,  noch  mehr  Bestäti- 
gungen jenes  merkwürdigen  theoretischen  Satzes  tu  erhal- 
ten. Es  ist  uns  diefs  durch  die  Versuche,  die  nun  beschrie- 
ben werden  sollen,  gelungen. 

Wir  machten  einen  dicken  Platindraht  in  einer  Flamme 
glühend  und  brachten  ihn  durch  einen  elektrischen  Strom 
seinem  Schmelzpunkte  nahe.  Der  Draht  gab  ein  glänzendes 
Spectrum  ohne  jede  Spur  von  hellen  oder  dunkeln  Linien. 
Wurde  zwischen  den  Draht  und  den  Spalt  des  Apparates 
eine  Flamme  von  sehr  wässerigem  Alkohol  gebracht,  in  dem 
Kochsalz  aufgelöst  war,  so  zeigte  sich  die  dunkle  Linie  D 
iu  grofser  Deutlichkeit 

In  dem  Spectrum  eines  Platindrahtes,  der  allein  durch 
eine  Flamme  glühend  gemacht  ist,  kann  man  die  dunkle 
Linie  D  hervorrufen,  wenn  man  vor  ihn  ein  Reagenzglas 
hält,  auf  dessen  Boden  man  etwas  Natriumamalgam  gebracht 
hat,  und  dieses  bis  zum  Kochen  erhitzt  Dieser  Versuch 
ist  deshalb  wichtig,  weil  er  zeigt  dafs  weit  uuter  der  Glüh- 
hitze der  Natriumdampf  genau  an  derselben  Stelle  des  Spec- 
trums seine  absorbirende  Wirkung  ausübt,  wie  bei  den 
höchsten  Temperaturen,  welche  wir  hervorzubringen  ver- 
mögen, und  bei  denjenigen,  die  in  der  Sonnenatmosphäre 
stattfinden. 

1)  In  der  Märznumroer  de*  Phil.  Mag,  für  1860  erinnert  Stokes  daran, 
dafs  Poucault  schon  im  Jahre  1849  eine  Beobachtung  gemacht  hat,  die 
der  oben  erwihnten  ihnlich  ist.  Bei  der  Untersuchung  des  elektrischen 
Bogens  zwischen  Kohlenspitren  bemerkte  dieser  {?  Institut  1849  p.  45), 
dafs  in  dem  Spectram  desselben  helle  Linien  am  Orte  der  Doppellinie  D 
des  Sonoenspectrums  vorhanden  sind,  und  dafs  der  Bogen  die  dunkle 
Linie  D  verstärkt  oder  erzeugt,  wenn  man  durch  ihn  die  Strahlen  der 
Sonne  oder  einer  der  glühenden  Kohlenspitren  gehen  lafst  und  dann  zu 
einem  Specirani  auseinander  legt.  Die  im  Texte  erwähnte  Beobachtung 
giebt  die  Erklärung  dieser  interessanten,  schon  vor  11  Jahren  von  Fou- 
rault  bemerkten  Erscheinung  und  zeigt,  dafs  dieselbe  nicht  bedingt  ist 
durch  die  Eigenschaften  des  in  vieler  Hinsicht  noch  so  rithselhaften 
elektrischen  Lichtes,  sondern  herrührt  von  einer  Natriuroverbinduog,  die 
in  der  Kohle  enthalten  war  und  durch  den  Strom  in  glühendes  Gm 
verwandelt  wurde. 


Die  helleren  Linien  der  Spectren  von  A'ß,  Sr,  Ca,  Ba 
umzukehren,  ist  uns  gelungen  bei  Anwendung  von  Sonnen- 
licht und  von  Mischungen  der  chlorsaurcn  Salie  dieser  Me- 
talle mit  Milchzucker.  Vor  dem  Spalte  des  Apparates  war 
eine  kleine  eiserne  Rinne  aufgestellt;  in  diese  wurde  die 
Mischung  gebracht,  volles  Sonnenlicht  längs  der  Kinne  auf 
den  Spalt  geleitet  und  die  Mischung  durch  einen  glühenden 
Draht  seillich  entzündet.  Das  Beobachtungsfern  röhr  war 
mit  dem  Schnittpunkt  seiner  schräg  gestellten  Fiiden  auf 
die  helle  Linie  des  Flammenspectruins,  deren  Umkehrbarkeit 
geprüft  werden  sollte,  eingestellt;  der  Beobachter  conecn- 
trirte  seine  Aufmerksamkeit  darauf,  zu  beurtheilen,  ob  im 
Augenblicke  der  Verpuffuug  eine  dunkle  durch  den  Schnitt- 
punkt des  Fadenkreuzes  gehende  Linie  sich  zeigte.  Auf 
diese  Weise  war  es  bei  richtiger  Mischung  der  abbrennen- 
den Gemenge  sehr  leicht,  die  Umkehrbarkeit  der  Linien 
8a a  und  Baß  und  der  Linie  Ka  ß  zu  constatiren.  Die 
letzte  von  diesen  fällt  mit  einer  der  deutlichsten,  aber  von 
Fraunhofer  nicht  bezeichneten,  dunkeln  Linie  des  Soti- 
nenspccliums  zusammen;  diese  Linie  erscheint  im  Augen- 
blicke der  Verpuffung  des  Kalisalzes  sehr  viel  deutlicher 
als  sonst.  Um  auf  die  beschriebene  Weise  die  Umkehrung 
der  hellen  Linien  des  Stronliumspectrums  zu  sehen,  mufs 
der  chlorsaure  Strontiau  auf  das  Sorgfalt  igst  e  getrocknet 
seyn;  eine  Spur  Feuchtigkeit  bewirkt,  dafs  bei  der  Verpuf- 
fung herumspritzendc  SalztheÜchen  die  Flamme  erfüllen,  die 
Sonnenstrahlen  dämpfen  und  das  positive  Stronliumspectrum 
zum  Vorschein  komineu  lassen. 

Wir  haben  uns  in  dieser  Abhandlung  darauf  beschränkt, 
die  Spectren  der  Metalle  der  Alkalien  und  alkalischen  Erden 
und  diese  auch  nur  in  so  weit  zu  untersuchen,  als  es  für  die 
Analyse  irdischer  Stoffe  nöthig  ist.  Wir  behalten  uns  vor, 
diesen  Untersuchungen  die  weitere  Ausdehnung  zu  geben,  die 
wünschenswert!)  ist  in  Beziehung  auf  die  Analyse  irdischer  Kör- 
per und  auf  die  Analyse  der  Atmosphären  der  Gestirne. 

Heidelberg,  im  April  1860. 


II.      Lieber  die  elektrische  Kcitungsfähigfteil  der   Le- 
girangen;   von  Dr.  A.  Mntthiefsen. 

JLsic  Methode,  welche  zu  den  nach folgenden  Bestimmungen 
der  Leilungsfähigkeit  angewandt  wurde,  ist  näher  beschrie- 
ben iu  diesen  Annalen  Itd.  100,  S.  188.  Es  wurden  dabei 
folgende  Vorsichtsmafsregeln  beobachtet: 

1)  Beinahe  alle  Drähte  lagen  in  SteinoL  desseu  Tempe- 
ratur') beobachtet  wurde. 

2)  Sie  wurden  alle  au  zwei  dicke  Kupferdrähtc  gelö- 
thet,  deren  Widerstände  bekannt  und  in  Rechnung 
gebracht  waren. 

3)  Von  jeder  Legirung  wurden  zwei  besondere  Drähte, 
gewöhnlich  mit  verschiedenem  Durchmesser  geprefst 
oder  gezogen,  und  zwei  Bestimmungen  wurden  mit 
Drähten  gemacht,  die  vom  ersten  nbgesthnillcn  waren, 
während  zur  dritten  Bestimmung  ein  Stück  des  andern 
Drahtes  genommen  wurde.  (Es  war  nämlich  die  Mög- 
lichkeit vorhanden,  dafs  die  geprcfsleu  Drähte  Legi- 
rungen  von  verschiedener  Zusammensetzung  enthalten 
könnten,  da  z.  B.  beim  Pressen  von  Amalgamen  zuerst 
fast  reines  Quecksilber  aus  der  feinen  Oeffnung  her- 
auskommt). 

4)  Da  die  meisten  Wismuthlegi rungen  beim  Erkalten 
der  geschmolzenen  Metallmasse  eine  an  Wismuth  rei- 
chere Legirung  aus  der  erstarrten  Oberlläche  her- 
austreten lassen,  so  wurden  dieselben  in  kleine  Stücke 
gegossen  und  ein  solches  zum  Pressen  verwand!. 

5)  Von  den  an  Wismuth  reichen  Legi  rungen  wurden  sehr 
dünne  Drähte,  etwa  von  0,2"""  Durchmesser,  geprefst, 
um  übereinstimmende  Resultate  zu  erhalten.  (Diese 
Annalen,  Bd.  103,  S.  432.) 

6)  Der  Durchmesser  der  Drähte  wurde,  nach  der  Bestim- 
mung ihres  Widerstandes,  au  jedem  Eudc  und  gewöhn- 

1)  AU*  angegebenen  TeniptrJlarcn   jini]  i"o  Cenligridi 


r 


lieh  auch  in  der'Mitle  bestimmt;  die  betreffenden  Slückc 
waren    so   gebogen,   dafs  sie  im  rechten  Winkel  ge- 
messen werden  konnten.    Die  spröden  Drähte  wurden 
in   kurze  Stücke  gebrochen   und   eine  gröfsere  Anzahl 
derselben  gemessen,  das  Mittel  der  gefundenen  Wcrthe 
wurde  als  richtig  angenommen. 
7)  Es    wurden    Normaldrähte    von    verschiedener    Länge 
benutzt,   um   je  nach   der  Gröfsc    des  'Widerstandes 
Resultate  von   gleicher  Genauigkeit  zu   erhalten. 
Eine  gröfsere  Uebereinstimmung    der  Resultate    als   die, 
welche  erreicht  wurde,    konnte    nicht  erwartet  werden,    in 
Anbetracht    der    Schwierigkeit,     vollkommen    runde    Drähte 
und    von    einer    absolut  homogenen    Zusammensetzung    zu 
pressen  oder  zu  ziehen.      Bestimmungen  mit  geprefsten   und 
gezogenen  Rlcidrähten  gaben  genau  dieselben  Werthe.     (Je 
prefst  wurden  alle  die  Legirungcn,  von  denen  die  spec.  Ge- 
wichte bestimmt  waren;  nur  die  Gold- Silber,   Gold   Kupfer 
und  Silber-Kupfer,    sowie   die   letzte  Wismutn -Silber  und 
die   letzten   zwei  Silber-Blei,  Silber-Zinn    und  Gold-Zinn 
Legiiungcn  wurden  gezogen.     Die  Methode,    nnch  welcher 
diese  dargestellt  waren,  wird  in  der  Abhandlung  "  über  tlicLei- 
liingsfähigkcit  des  Kupfers  etc.1)«  toii  Dr.  M.  Holziuanu 
und  mir  näher  beschrieben  werden.     Die  Menge  des  Goldes 
und  Silbers  wurde  in  diesen  letzteren  Legirungen  analytisch 
bestimmt.     Alle  gezogenen  Drähte  waren  hartgezogen,  und 
die  Bestimmungen  sind   sammtlich  verglichen  mit   einem   hart 
:ogencn  reinen  Silberdraht,   dessen  Leitungsfähigkeit  bei 
C  =  100  gesetzt  ist. 

Die  Metalle   können,   hinsichtlich  ihres  Verhallens  als  Le- 
girungen, in  zwei   Klassen   gel  heilt  werden,  nämlich: 
Klasse  A:  diejenigen  Metalle,  welche,  wenn  mit  einander 
legirt,   die  Elektricilät  in  dein  Verhältnifs  ihrer 
relativen   Volumina  leiten; 
Klasse  B:  diejenigen  Metalle,  welche,  wenn  legirt,  mit  einem 
Metall  der   Klasse  A,  oder    mit    einander,   die 
EIcktricität  nicht  in  dem  Verhältnifs    ihrer  Vo- 
lumina leiten,  sondern  stets  schlechte 

1)  Sitte  dir  «Abt  folgende    Abhandlung. 


192 


Zu  Klane  A  gehören  Blei,  Zinn,  Cadmium  and  Zink. 
Zu  Klasse  B  müssen  Wisnrath,  Quecksilber,  Antimon» 
Platin,  Palladium,  Eisen,  Aluminium,  Natrium,  Gold,  Kopfer, 
Silber  und  sehr  wahrscheinlich  die  ineisten  der  übrigen  Me- 
talle gerechnet  werden. 

Ich  werde  nun  einige  Worte  sagen: 
1.    Aber  die  Leitungsfthigkeit  der  angewandten  Metalle, 
.  2.    Aber  die  Leitungsfthigkeit  der  Legirangen  f  gebildet 
aas  den  Metallen  der  Klasse  A  mit  einander, 

3.  Aber  diejenige  der  Legirongen,  bestehend  aas  Metallen 
der  Klasse  A  und  Klasse  B, 

4.  Aber  die  der  Legirongen,  zusammengesetzt  aas  Metal- 
len der  Klasse  B,  and 

5.  allgemeine  Schlußfolgerungen  machen. 

1.    Heber  die  LeitangsfUügkeit  der  Metalle. 

Die  Leitungsfthigkeit  aller  angewandten  Metalle  wurde 
bestimmt,  die  gefundenen  Werthe  waren  die  nämlichen  als 
die,  welche  ich  in  meiner  Abhandlung  ȟber  die  elektrische 
Leitungsfthigkeit  der  Metalle«  (diese  Annalen  Bd.  103,  S.  428) 
angegeben  habe.  Ausgenommen  sind  nur  das  Gold  (Siehe 
Anhang  zu  dieser  Abhandlung,  S.  205  u.  ff.)  und  das  Kupfer 
(»Über  die  elektrische  Leitungsfthigkeit  des  Kupfers  etc.«). 
Die  Werthe  sind  angeführt  in  Tabelle  I. 

2.    Ueber  die  LeitongsfUiigkeU  der  Legirangen,  gebildet  aas  Metallen 

der  Klasse  A. 

In  Tabelle  II  sind  die  drei  Bestimmungen  und  das  Mittel 
derselben  mit  den  beobachteten  Temperaturen  angegeben 
sowie  ihre  Leitungsftbigkeiten  berechnet  in  der  Voraus- 
setzung, da£s  die  Leitungsfthigkeiten  der  angewandten  Me- 
talle Antheil  nehmen  an  der  der  Legirung  in  dem  Verhältnifs 
ihrer   relativen  Volumina1),  Aequivalente2),  Gewichte3). 


1)    p-*c+*'*,     2)    P-»«+«'*      3)    P-we  +  w*'\ 

*-f-*i  *-H*i  tr-Hir, 

wenn  P  die  LeitnnftfSnigkeit  der  Legirang ,  v  und  r,  die  Atoro-Volo- 


1f)3 

Aus  Gründen,  die  ich  in  meiner  Abhandlung  über  die  spee. 
Gewichte  der  Legirungen  angegeben  habe,  sind  die  beiden 
letzten"  Arien  der  Berechnung  für  diese  Gruppe  von  Legi* 
rungen  mit  ausgeführt. 

Obgleich  die  gefundenen  Zahlen  bei  einigen  Leginiugen 
von  Cadmiuui-Zink  und  ßlei-Cadmium  nicht  genau  mit  der 
berechneten  Leitungsfähigkeit  übereinstimmen,  so  ist  doch 
aus  Fig.  1  Taf.  VII ')  ersichtlich,  dafs  die  Linien  nicht  viel  von 
geraden  Linien  abweichen;  und  wir  werden  weiter  unten  fin- 
den, dafs  sie  keiner  der  andern  Gruppen  angereiht  werden 
können. 

3.     Ueber  die  Leittingsfilhiglteit  von  Leg  innigen,   bestehend   aus  Me- 
tallen der  Klassen    /  und  I! 

Die  gefundenen  Wert  he  für  die  Leginiugen  dieser  Gruppe 
siud  enthalten  in  Tab.  111  S.209,  mit  der  nach  dein  Volumen 
berechneten  Lcilungsfähigkeit.  Hier  linden  wir  merkwür- 
dige Uesullate,  nämlich  dafs  manche  Legirungen  schlechter 
leiten,  als  irgend  eins  der  Metalle,  aus  welchen  sie  zusam- 
mengesetzt sind.  Betrachten  wir  ferner  Fig.  2  u.  3  Taf.  VII, 
in  welchen  die  Curveu  für  die  Leitungsfähigkeit  der  Legi- 
rungeu  aus  dieser  Gruppe  gezeichnet  sind,  so  ist  es  auffällig, 
wie  schnell  die  Leitungsfähigkeit  auf  der  einen  Seite  der 
Curve  mit  geringem  Procentgehalt  des  Metalls  aus  Klasse  1 
abnimmt,  während  wir  beim  Hinübergehen  zur  andern  Seite 
finden,  wie  wenig  die  Leiluitgsfähigkeit  des  Metalls  aus 
Klasse  A  durch  einen  bedeutenden  Procentgehalt  an  Metall 
der  Klasse  B  afficirt  wird.  Auf  diese  Thatsache  werde  ich 
bei  den  allgemeinen  Seh lufsfol gerungen  zurückkommen. 

Die  Legirungen  von  Blei  und  Zinn  mit  grofsen  Mengen 
von  Antimon  konnten  nicht  zu  Draht  geprefst  werden  wegen 
ihrer  aufserordentlichen  Sprödigkeit  und  Härte.     Die  Legi- 

niinn  der  angewandten  Metalle,  n  und  n,  die  AnuLI  der  Aeouiraleole 
der  rinielnen  Melalle,  w  und  IC,  ihre  rein  Gewichte,  und  c  und  c,  die 
Leilung'lahigkeiten  der  beiden  Metalle  bedeuten. 
1)  Die  Punkte  aut  den  Linien  zeigen  den  Pmien  [gehall  und  die  gefundene 
Leitungifähigfcrit  der  n  nl  tri  nebten  Legirungen  an. 
PofirndorlT.  Aaial.  Bd.  CX.  Vi 


194 

ttn%en  tm  Blei  iftil  überwiegendem  Goldgebalt  waren  so 
überaus  hart,  spröde  und  schwer  schmelzbar,  dab  sie  nicht 
geprefat  werden  konnten;  selbst  Gold,  legirt  mit  0,25  Pro*. 
Blei,  waren  wir  nicht  iin  Stande  zu  ziehen,  es  erschien  völlig 
mürbe  und  bröcklig.  Die  meisten  der  angefahrten  Gold- 
Blei-Legimngeil  waren  am  Vieles  spröder  als  Glas;  bei 
einigen  derselben  war  In  der  That  mehr  ab  eine' Stunde 
nötbig,  um  einen  Draht  ton  306"*  Ltoge  tu  pressen.  Das- 
selbe nnrfs  von  den  Gold -Zinn -Legirungen  gesagt  werden, 
welche,  obgleich  schmelzbar  genug,  am  geprebt  werden  zu 
können,  doch  wegen  ihrer  Zerbrechlichkeit  eben  so  lange 
Zeit  erforderten.  Silber  mit  Blei  oder  Zinn  konnte  auch 
nur  bis  zu  gewissen  Grinsen  geprebt  oder  gezogen  werden, 
und  es  ist  daher  der  T&eil  derXlürve,  wo  keine  Dr&hte  zu 
erhalten  waren,  durch  puuktirte  Linien  angedeutet  Fast  zu 
allen  Goldlegirangen,  namentlich  zu  den  an  Gold  reicheren, 
wurde  Gold  verwendet,  welches  durch  Algarothpulver  nie- 
dergeschlagen war  (s.  Anhang).  In  Tab.  V  S.  221  siud  ei- 
nige Versuche  mit  Legirungen  angeführt,  die  aus  einigen 
käuflichen  Metallen  mit  Blei,  Zinn  oder  Zink  bereitet  waren. 
Aus  dem  Mittel  der  bei  zwei  Bestimmungen  gefundenen 
Werthe  geht  hervor,  dafs  die  betreffenden  Metalle  sämuit- 
lich  zur  Klasse  B  gehören,  da  die  Leitungsfähigkeit  bedeu- 
tend niedriger  ist,  als  die  Rechnung  verlangt. 

4.    Üeber  die  Leituogsflhlgkeit  von  Legirungen  ftusammengeseUt 

aus  Metallen  der  Klasse  B. 

Die  für  diese  Gruppe  gefundenen  Zahlen  finden  sich  in 
Tab.IVS.216,  die  Corven  derselben  in  Fig.  8  Taf.  VI.  Von  den 
Wismuth-Gold-Legiruugen  konnten  nur  sehr  wenige  bestimmt 
werden,  da  wir  der  groben  Sprödigkeit  halber  nicht  einmal 
Gold  mit  0,25  ProcWismuth  zu  Draht  zu  ziehen  vermochten. 
Bei  Wisuiuth-Silber  erhielten  wir  bessere  Resultate.  Wis- 
muth- Antimon- Legirungen  wurden  zwar  bestimmt,  da  aber 
keine  übereinstimmenden  Resultate  zu  erzielen  waren,  so 
sind  die  Zahlen  nicht  angefahrt;  die  Curve  schien  jedoch 
den  Habitus  dieser  Gruppe  zn  besitzen.     Bei  näherer  Be- 


Irachtung  der  Gold-Silber-Rcihc  linden  wir,  dafs  von  AuAg 
nach  beiden  Seiten  mit  Zunahme  der  Aequivalente  ein  bei- 
nahe gleichmäßiges  Aufsteigen  in  der  Leituiigsfühigkeit  statt- 
finde!,  liSlllliHi: 

All  A;:  leitet  14,59, 
An,  Ag  und  Au  Ag,  leiten  rcspectivc  16,20  nud  Mi. .'in. 
Au,  Ag  und  Au  Ag4  leiteu  respectivc  20,91  und  20,94, 
Au6  Ag  und  Au  Ag,,  feiten  respcctive  24,99  und  25,29. 
Von  diesen  Funkten  an  wird  die  Differenz  gröfser,  je 
ichr  wir  uns   den  reinen  Metallen  nahern.     Da   nun   das 


Atomvolum  des  Goldes  : 
rnen  des  Silbers  i 


sr^  =  10,226,  das  Aloinvolu- 
=  10,317,  so  können  wir  die  Le- 


"  10,46» 

girung  Au  Ag  aus  einem  Volume  Gold  plus  einem  Volume 
Silber  zusammengesetzt  anselieu,  und  wir  mögen  innerhalb 
der  obigen  Glänzen  zu  der  Legirung  Au  Ag  gleiche  Vo- 
lumtheile  von  Gold  oder  Silber  hinzufügen:  wir  erhalten 
dieselbe  Leitungsfähigkeit.  Es  geht  also  daraus  hervor,  dafs 
Gold  und  Silber,  wenn  sie  in  diesen  Gränzen  mit  einander 
legirt  werden,  eine  gleiche  Leituugsfahigkeit  besitzen.  Die- 
selben Betrachtungen  lassen  sich  mit  eiuigeu  Gold  Kupfcr- 
und  Silber-  Kupfer -Legiruugcu  anstellen.  Die  Curven  dieser 
Gruppe  zeigen  an  beiden  Seiten  ein  schnelles  Hinuntergehen, 
das  ich  bald  nither  besprechen  werde. 


5.     Allgemeine  Sc  hl  ufs  folgern  pgen. 

Vor  Allem  wirft  sich  uns  die  Frage  auf:  was  sind  Le- 
girungen?  Sind  sie  chemische  Verbindungen,' oder  eine  Lö- 
sung des  einen  Metalls  im  andern,  oder  sind  sie  mechanische 
Gemenge?  Dann  entsteht  die  Frage:  was  ist  die  Ursache 
der  reifsend  schnellen  Abnahme  in  der  Leilungsfahigkeit. 
Die  erste  dieser  Fragen  können  wir,  glaube  ich,  damit 
»antworten,  dafs  die  meisten  Legirungen  lediglich  Lösuri 
ines  Metalls  im  andern  sind;  dafs  wir  nur  in  wenigen 
Fällen  chemische  Verbindungen  annehmen  dürfen,  wie  z.  B. 
einigen  der  Gold-Zinn-  und  Guld- lUeM^fuvuv-^vv 
Vi* 


und  dafs  wir  ül-  mechanische  Genietige  einige  der  Silber- 
Kupfer-  uiul  Wismulli-Zink-Legirungen  belrachten  können. 
Die  Gründe  für  diese  Annahme  sind: 

1)  Dafs,  wenn  wir  nur  mit  chemischen  Verbindungen  zu  thuii 
hallen,  wir  nicht  für  die  Lcittingsfähigkeit  der  Legiruugen  die 
Regelmäßigkeit  in  den  Curven  finden  würden,  welche  ohne 
Zweifel  exislirt.  Denn  bei  Betrachtung  der  zu  den  verschiede- 
neu  Gruppen  gehörigen  Curven  sehen  wir  auf  den  ersten  Blick, 
dafs  jede  Gruppe  von  Legiruugen  eine  Curve  von  besonderer, 
deutlich  ausgeprägter  Form  besitzt.  So  haben  wir  für  die 
erste  eine  nahezu  gerade  Linie.  Bei  der  zweiten  zeigt  sich  ein 
aufserordeiitiich  schnelles  Hinabgehen  an  der  Seite  des  Me- 
tnils aus  Klasse  //'.  und  dann  umwendend,  geht  die  Curve 
in  fast  gerader  Linie  zu  dem  Metall  der  Klasse  A  hinüber. 
Für  die  dritte  Gruppe  linden  wir  das  schnelle  Hinabfallen 
au  beiden  Seiten  der  Curve,  und  die  Drehungspunkte  sind 
durch  eine  annähernd  gerade  Linie  vereinigt. 

Prüfen  wir  nun  den  Tlieil  der  Curven  genauer,  iu  dem 
die  schnelle  Abnahme  vor  sich  geht,  so  finden  wir,  dafs 
bei  Legirtingen  von  Blei  oder  Zinn  im  Allgemeinen  noch 
einmal  so  viel  vom  erstem  als  vom  letztern  erforderlich  ist, 
um  ein  Metall  der  Klasse  B  auf  eine  gewisse  Leitungsfähigkeit 
hinabzudriieken;  z.  B.  um  die  Lcituugsfähigkeil  des  Silbers 
auf  67  zu  reduciren,  würden  0  9  Vol.  Proc.  Blei  oder  etwa 
0,5  Vol.  Proc.  Zinn  nöthig  seyn,  —  um  sie  auf  47,6  zu 
bringen,  werden  1,4  Vol.  Proc.  Blei  oder  0,7  Proc.  Zinn 
verlangt1).  Ferner,  um  Wismulh  auf  die  Leitungsfähigkeit 
von  0,261  zu  reduciren,  sind  1,4  Vol.  Proc  Blei,  oder  0,62 
Ziun  erforderlich,  und  um  es  auf  den  niedrigsten  Punkt  in 
der  Curve  zu  bringen,  der  bei  Legirung  mit  Blei  0,255,  bei 
der  Zinn-Legirung  0,254  entspricht,  müssen  1,76  Vol.  Proc. 
Blei  oder  0,85  Vol.  Proc.  Zinn  hinzugefügt  werden. 

2)  Wir  können  nicht  annehmen,  dafs  wir  an  den  Dre- 
hungspunkten  der  Curven  chemische  Verbindungen  vor  uns 
haben;  denn  es  ist  durchaus  nicht  wahrscheinlich,  dafs  es 
solche  geben  könute,  die  nur  0,6  Proc.  Zinn  auf  99,4  Proc. 

])   Hirse   '/.Mm  lind   r»n   den   Gurren   ibgeltien. 


Wismuih,  oder  2  Proc.  Ulei  auf  98  Proc.  Wismuth,  oder 
2,6  Proc  Zinn  auf  97.4   Proc.  Silber  etc.  etc.  enthalten. 

3)  Dafs  die  Legirungeu  an  diesen  Wendepunkten  ihr 
berechnetes  speeifiselics  Gewicht  besitzen. 

Ueberblicken  wir  auf  Taf.  VI  Fig.  8  dieCurven  der  Legt- 
rungen  aus  der  dritten  Gruppe,  so  könnten  wir  eher  geneigt 
seyn  zu  glauben,  dafs  wir  es  mit  chemischen  Verbindungen  zu 
thun  halten.  Aber  wenn  wir  in  Betracht  ziehen  (die  Gold-Sil- 
ber-Cnrvc  als  Typus  genommen),  dafs  die  Leitungsfahigkeil  des 
Silbers  durcli  einen  geringen  Proccntgehalt  eines  andern  Metalls 
so  bedeutend  erniedrigt  wird,  dafs  dasselbe  auch  vom  Gold 
gesagt  werden  inufs,  und  wenn  wir  diese  Abnahme  als  wirk- 
lich stattgefunden  voraussetzen:  so  finden  wir  bei  Vereini- 
gung der  Drehuogspunktc,  bis  zu  denen  die  Leituugsfahig- 
keit  erniedrigt  ist,  fast  genau  die  Gold-Silber- Curve.  Neh- 
men wir  z.  1t,  die  Gold-Zinn  und  Silber  Zinn-Curveu  und 
verbinden  durcli  eine  Linie  die  Drehungspunkte  derselben, 
so  erhalten  wir  dadureb  eine  Curve,  die  derjenigen  der 
Gold-Silber-Reihe  sehr  ähnlich  ist.  Betrachten  wir  weiter 
die  Silber- Wismuih- Curve  und  vergleichen  sie  in  gleicher 
Weise  mit  der  Zinn-Silber-  und  Zinn-Wismulh-Curve,  so 
erhallen  wir  ebenfalls  das  gleiche  Resultat.  Die  Geld 
Wismuih-  und  Silber-Wistnuth-Ciirveu  sind  fast  gleich;  nur 
leiten  die  Legirungeu  von  Gold  und  Wismuih  etwas  schlech- 
ter als  die  von  Wismuih  und  Silber,  wie  auch  erwartet 
werden  konnte,  weil  Silber  ein  besserer  Leiter  als  Gold  ist. 

In  Folge  dieser  Achnlichkejt  der  Curven  von  Legirun- 
gen,  in  denen  wir  annehmen  können,  dafs  sie  Lüftungen 
eines  Metalls  im  andern  sind,  werden  wir  in  den  Stand  ge- 
setzt annähernd  die  Curve  von  Legirungeu  aus  zwei  belie- 
bigen Metallen  zu  ziehen,  sobald  wir  nur  wissen,  zu  welcher 
Klasse  die  Metalle  gehören.  Auf  diese  Weise  haben  wir 
in  der  That,  che  eine  einzige  Kupfer-Gold-Legining  bestimmt 
war,  beinahe  genau  die  Curve  gezeichnet,  welche  nachher 
gefunden  wurde. 

Dafs  einige  Legirungeu  wirklich  chemische  Vcrbindun- 
geu  sind,  können  wir  aus  folgenden  Thatsachen  schliefsen: 


498 

1)  Im  Allgemein«  faden  wir,  dafa  dann,  an  den  Dro- 
hungspunkten der  Carve  die  Legirung  sich  ausdehnt  oder 
zusammenzieht. 

_  2)  Wir  haben  dann  keine  regelmässig«  Form  der  Cur« 
(siehe  GoULZinn,  Gold-Blei  und  Silber-Kupfer),  ao  dafa  wir 
nicht  im  Stande  sind,  dieselbe  a  priori  annähernd  n  ziehen» 

3)  Dia  Legirungen  halten  an  diesen  Punkten  gröbere 
Mengen,  eines  jeden  Metalls. 

4)  Das  lufeere  Ansehen  (kristallinische  Form  etc.)  dieser 
Legirungen  an  den  Drehungspankien  ist  auffollig  verschie- 
den.  Betrachten  wir  hiernach  s.  B.  die  Gold-Zinn-Curve, 
die,  einzige  beinahe  vollständige  dieser  Gruppe,  and  gehen 
wir  von  der  Zinn-Seite  aus,  so  finden  wir  ein  allmähliches 
Sinken  der  Leitnngsfthigkeit  bis  ur  Legirung  Sn,  Au,  von 
da  ein  langsames  Aufsteigen  bis  zuSn*  Au,  und  von  diesem 
Punkte  bis  zu  Sn  Au,  wiederum  eine  allmähliche  Abnahme. 
Ans  den  oben  angefahrten  Gründen  konnten  Jteine  Legi- 
rangen bestimmt  werden  zwischen  Sn  Au,  und  der,  welche 
2,7  Proc.  Zinn  enthält.  Von  dieser  letztern  Legirung  haben 
wir  eine  gerade  Linie  bis  zum  reinen  Gold  schnell  aufstei- 
gend. Gehen  wir  noch  einmal  von  der  Zinn -Seite  der 
Curve  aus,  so  mögen  wir  die  Legirungen  bis  zu  Sns  Au 
betrachten  als  eine  Lösung  einer  chemischen  Verbindung 
in  reinem  Metall,  —  vonSn,  Au  bis  Sn,  Au,  und  von  hier  bis 
SnAu,  als  Lösungen  je  zweier  chemischen  Verbindungen 
in  einander,  weil  alle  diese  Punkte  durch  gerade  Linien  mit 
einander  verbunden  sind,  —  in  dem  nicht  bestimmten  Theile 
von  Sn  Au,  bis  zur  Legirung  mit  2,7  Proc.  Zinn  als  Lösung 
einer  chemischen  Verbindung  in  irgend  einer  beliebigen 
Legirung,  und  von  diesem  letzteren  Punkte  bis  zum  reinen 
Gold  als  eine  Lösung  einer  geringen  Menge  von  Zinn  in 
überschüssigem  Gold. 

Hinsichtlich  ihres  spec  Gewichts  findeu  wir,  dafs,  wäh- 
rend Sn5  Au  nahezu  das  berechnete  spec  Gewicht  besitzt, 
Sn,  Au  eine  gröfeere  Ausdehnung  und  Sn  Aut  eiue  stärkere 
Zu8ainmenziehung  zeigt,  als  irgend  eine  andere  der  unter- 
suchten   Gold  -  Zinn  -  Legirungen.      Ferner    enthalten    nun 


Sus  Au  60  Proc,  Sa,  Au  37  Proc.  und  Sn  Au,  13  l'roc. 
Ziuu;  es  wäre  dies  also  kein  Hindernils,  sie  als  chemische 
Verbindungen  zu  betrachten,  lu  Bezug  auf  ihr  aufseres 
Anschcu  finden  wir,  dafs  Sil  Aua  und  Sn,  Au  nicht  kristal- 
linisch sind  und  einen  körnigen  oder  glasigen  Bruch  zeigen, 
wogegen  Sns  Au  so  überaus  kristallinisch  ist,  dafs  beim  Zer- 
schlagen der  Legiruug  mit  dem  Hammer  vollständig  ausge- 
bildete Spaltuugslläclicu  der  Krystalle  hervortretet).  Hier- 
nach, glaube  ich,  kann  kein  Zweifel  obwalten,  dafs  die  Uu- 
regeluiüfsigeit  der  Gold-Zinn- Curve  durch  chemische  Ver- 
bindungen hervorgerufen  ist,  cbeuso  die  der  Gold  -  Blci- 
Curvc.  Dafs  einige  Legiruugen  mechanische  Gemenge  sind, 
wissen  wir  aus  den  Versuchen  anderer  Beobachter;  so  er- 
hält man  z.  B.  nach  dem  Zusammenschmelzen  von  17,73 
Theileu  Wisuiulh  mit  16,12  Theileu  Zink  zwei  Schichten; 
die  obere  aus  13,40  Theileu  Zink  bestehend,  die  untere 
Wisuiulh,  mit  geringen  Mengen  von  Zink  enthaltend.  (Four- 
nel,  Ann.  de  chim.  etphys.  T.54.  ;».247).  Halten  wir  aber  die 
Metalle  wohl  zu sa m in eu gemischt  und  schnell  abgekühlt,  so 
würden  wir  eine  Legiruug  erhalten  haben,  die  als  mecha- 
nisches Gemenge  halle  betrachtet  werden  müssen.  Feiner, 
wenn  man  nach  Levol  {Jaurn.de Pharm.  7'.  17.  p.  111)  Silber 
und  Kupfer  zusammenschmilzt  und  die  Masse  ruhig  in  ge- 
schmolzenem Zustande  erhall,  so  findet  mau  bei  der  Ana- 
lyse von  verschiedeueu  Theileu  der  Legirung  verschiedene 
proceutische  Zusammensetzung.  Levol  fand  dies  bei  allen 
•giriuigei),  ausgenommen  bei  der,  welche  28,11  l'roc.  Kupfer 
enthält  (entsprechend  Agä  Cu4)  und  er  betrachtet  alle  Sil- 
:r  Kupfer  Legirungcu  als  Gemenge  von  Ag3  Cu4  mit  Silber 
Kupfer.  Wenn  dies  der  Fall  wSre,  so  würdeu  wir 
der  Curvc  von  jenem  Punkte  aus  nach  den  reinen  Me- 
liiti  gerade  Linien  haben;  indessen  bei  Betrachtung 
selben  findeu  wir  (ausgehend  von  der  Kupfer-Seile),  dafs 
■rsl  ein  schnelles  Hinabgehen  Statt  hat,  verursacht  durch 
die  Verunreinigung  des  Kupfers  mit  einer  geriogen  Menge 
von  Silber;  dann  haben  wir  von  derLcgirung  mit  90  Vol. 
Proc.   Kupfer  bis   zu    der   mit   35  Vol.  Proc.   eine  gerade 


200 

Linie,  in  der  wir  ein  Gemenge,  oder  YieUekbt  eine  Lösung 
der  beiden  Legirangen  an  den  Gtlnzptmkten  annehmen 
könnten.  Die  Legirungen  von  35  VoL  Proc.  Kupfer  bis 
xu  der  nrit  28  Proc.  konnten  wir  wiederum  ab  ein  Gemenge 
oder  eine  gegenseitige  LOrang  der  beiden  Endpunktsleginmgea 
betrachten.  Diese  letztere  Leginmg  nun  mit  28  VoL  Proc. 
oder  25,08  Gew.  Proc  Kupfer  bildet  den  niedrigsten  Punkt 
in  der  Curre  und  correapondirt  ziemlich  nahe  mit  der  Le- 
girung  Aga  Cu4.  Von  hier  aus  bis  xum  Silber  könnten  wir 
ein  Gemenge  Ojder  eine  Lösung  der  erwähnten  Legirung  mit 
oder  in  reinem  Metall  annehmen.  Es  dringt  sich  nun  die 
Wahrscheinlichkeit  auf,  da£s  in  der  Nlbe  des.  Punktes,  der 
die  Legirung  mit  35  VoL  Proc.  Kupfer  repräsenttrt,  eben* 
falls  eine  Verbindung  von  eonstanter  Zusammensetzung  ▼or- 
handen  sey,  da  wir  sonst  eine  gerade  Linie  von  der  Legirung 
mit  28  Proc  bis  zu  der  mit  90  Proc  Kupfer  hotten  erwar- 
ten sollen.  Es  ist  natürlich'  kaum  möglich,  aus  dieser  einen 
Curve  irgendwelche  sichere  Schlüsse  zu  ziehen,  zumal  wir 
es  hier  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  mit  mechanischen  Ge- 
mengen und  mit  Gemengen  aus  chemischen  Verbindungen  und 
Lösungen  des  einen  Metalls  im  an3ern  zu  thun  haben ;  aus 
Allem  geht  aber  so  viel  hervor,  dafs  wir  durch  Bestimmung 
der  elektrischen  Leitungsfähigkeiten  in  den  Stand  gesetzt 
.werden  zu  zeigen,  wo  constante  Verbindungen  sind,  indem 
wir  dann  sicher  in  den  Curven  Unregelmäfsigkeiten  finden. 

Dafs  wir  bei  den  Legirungen  der  ersten  Gruppe  nicht 
mechanische  Gemenge,  sondern  Lösungen  des  einen  Metalls 
im  andern  vor  uns  haben,  mag  aus  der  Thatsache  hergeleitet 
werden,  dafs  die  Schmelzpuukte  derselben  im  Allgemeinen 
tiefer  liegen  als  die  berechneten. 

Wir  kommen  jetzt  zur  zweiten  Frage:  was  ist  die  Ur- 
sache der  oft  reifsend  schnellen  Abnahme  in  der  Leitung*» 
flfthigkeit?  Die  einzige  Antwort,  die  ich  gegenwärtig  darauf 
zu  geben  im  Stande  bin,  ist  die:  sind  nicht  beinahe  alle 
physikalischen  Eigenschaften  in  einer  ähnlichen  Weise  ver- 
ändert? 

Betrachten  wir  nämlich  zuerst  die  Legirungen  aus  Me- 


lallen  der  Klasse  A,  mit  theoretischer  Leilungsfähigkeit,  su 
linden  wir,  dflfs  die  meisten  ihrer  übrigen  physikalischen 
Eigenschaften  von  denen  der  Melalle  nicht  abweichen;  wir 
bemerken  z.  B.  keine  Sprödigkcit.  Die  Legi mu gen  scheinen 
in  der  Thal  gleichen  Antlieil  zu  nehmen  an  den  Eigenschaf- 
ten der  beiden  Metalle,  aus  denen  sie  bestehen.  Prüfen 
wir  dagegen  die  Leginingen  der  zweiten  Gruppe,  so  ent- 
decken wir  aufserord  entliehe  Verschiedenheiten.  Man  legirc 
Gold,  das  ductilste  der  Metalle,  mit  nur  kleinen  Mengen 
von  Zinn  oder  Blei:  es  wird  zerbrechlich  wie  Glas;  ferner, 
man  füge  zu  Silber  nur  wenige  Procente  der  obigen  Me- 
talle:  wie  sehr  werden  die  Eigenschaften  desselben  geändert. 
Das  Silber,  in  reinem  Zustande  eins  der  am  leichtesten  zieh- 
baren Melalle,  waren  wir  der  Sprödigkeit  und  verringerten 
Festigkeit  wegen  zu  Draht  zu  ziehen  nieht  im  Stande,  so- 
bald es  mit  mehr  als  3  Proc.  Zinn  oder  2  Proc.  Blei  ver- 
bunden wurde.  Ich  will  nicht  sagen,  dafs  es  durchaus  un- 
möglich wäre,  es  wurde  nur  zu  wiederholten  Malen  erfolglos 
versucht.  Auf  der  andern  Seile  linden  wir  keine  merkliche 
Verschiedenheit  in  der  DuctiliUit,  Harte  etc.  von  Zinn  oder 
Biet,  wenn  legirt  mit  verbällnifsmät'sig  bedeutenden  Mengen 
von  Silber.  Wir  können  zehn,  ja  zwanzig  Procent  Silber 
hinzufügen:  sie  bleiben  duetil  und  lassen  sich  ohne  alle 
Schwierigkeit  zu  Draht  pressen.  Natürlich  bei  Zinn  nud 
Blei  in  Legirung  mit  geringeren  Quantitäten  von  Gold  ist 
die  Sache  etwas  verschieden,  weil  hier  chemische  Verbin- 
dungen ins  Spiel  kommen;  aber  nichtsdestoweniger  können 
wir  ihnen  bis  zu  5  Proc.  Gold  beimischen,  ohuc  ihre  Ducti- 
litüt  etc.  in  einiger  Bedeutung  zu  verändern.  Wjsnmlh  in 
Legirung  mit  Blei  oder  Zinn  wird  spröder  und  verliert  iu 
Draht  form  bedeutend  an  Festigkeit;  aber  Zinn  und  Blei  mit 
einem  verhältnifsmäfsig  gröfsereu  Proeentgehnlt  von  Wisuiuth 
bewahren  immer  einen  bemerkenswerthen  Grad  von  Dehn- 
barkeit etc.  Nehmen  wir  endlich  die  Legiruugen  der  dritten 
Gruppe.  Obgleich  wir  unter  den  Gold -Silber-  und  Gold- 
Kupfer-Legirungeu  keine  spröden  finden,  so  wissen  wir 
doch,   wie  hart  Gold,  Silber  oder  Kupfer  werden,  wn\\\s«\ 


geringen  Mengen  vom  andern  Metall  verbunden,  itfiddaili 
sie  verhlltuiCunlbig  mehr  an  ihrer  Ductilitlt  eto,  verlieren 
durch  Hintuftgung  kleiner  Quantitäten  von  fremdem  Metttt» 
als  durch  grobe,  in  Folge  dieser  Thatsachen  können  wir 
nicht  erstaunt  sejn  Aber  die  schnelle  Abnahme  der  Leitange- 
ftbigkeit  von  Metallen  aus  Klasse  B,  in  Legfarung  mit  irgend 
einem  andern  tyetall;  denn  trenn  wir  die  meisten  der  übri- 
gen physikalischen  Eigenschaften  mehr  oder  weniger  durch 
Spuren  fremder  Metalle  verludert  finden,  warum  sollten 
wir  dasselbe  Resultat  nicht  auch  hier  erwartet  haben.  .  Fin- 
den wir  dagegen  in  den  meisten  physikalischen  Eigenschaf- 
ten von  Legirangen  keine  bemerkenswerte  Aendet  ung  gegen 
die  der  Metalle,  wie  in  der  ersten  Gruppe  und  in  den  iwefe- 
ten  Gruppe  auf  Seite  des  Metalls  ans  Klasse  A9  so  werden 
wir  auch  eine  der  Berechnung  sich  nähernde  Leitungsfähig- 
keit  haben. 

Es  würde  sehr  interessant  seyti,  einige  der  übrigen  phy- 
sikalischen Eigenschaften  von  Legirungen  quantitativ  zu  be- 
stimmen, um  zu  sehen,  ob  diese  Eigenschaften  in  der  glei- 
chen ausgeprägten  Weise  wie  die  elektrische  Leitungsfähig- 
keit sich  ändern,  wenn  ein  Metall  der  Klasse  B  mit  irgend 
einem  andern  Metall  legirt  wird,  und  ob  ähnliche  Curven 
aufzustellen  seyen.  Ich  beabsichtige  daher,  namentlich  vou 
diesem  Gesichtspunkte  aus,  mit  der  Leitungsfähigkeit  für  die 
Wärme  zu  beginnen.  Wir  werden  dadurch  auch  sehen 
können,  ob  die  Classificirung  der  Metalle,  wie  sie  in  dieser 
Abhandlung  aufgestellt  ist,  eine  ausgedehntere  Geltung 
finden  werde. 

Die  spec.  Gewichte  und  Schmelzpunkte  der  Legirungen 
stimmen  mit  der  gegebenen  Gruppirung  nicht  übereiu;  aller 
Wahrscheinlichkeit  nach  werden  es  aber  Härte,  Dehnbarkeit, 
Leitungsfähigkeit  der  Wärme  etc.  etc.  thun. 

Ich  kann  diese  Abhandlung  nicht  schliefsen,  ohne  Dr.  M. 
Holzmann  meinen  Dank  zu  sagen  für  die  ausgezeichnete 
Weise,  in  welcher  er  den  gröfseren  Theil  der  Bestimmun- 
gen ausgeführt  hat. 


203 

Während  ich  das  Obige  niederschrieb,  war  Herr  Calverl 
so  gütig,  mir  die  Abhandlung:  "Ueber  die  relative  Fähigkeit 
der  Metalle  und  Legirungcn  in  Leitung  der  Wärme-,  aus- 
geführt von  ihm  selbst  und  Herrn  Johnson  '),  in  senden, 
und  ich  fühle  mich  verpflichtet,  einige  Bemerkungen  über 
dieselbe  hier  anzuführen.  Es  ist  hier  nicht  der  geeignete 
Platz  die  Verdienste  der  Methode  zu  discutiren,  welche  sie 
anwandten,  sondern  ich  will  nur  auf  einige  Thatsachen  Be- 
zug nehmen. 

1)  Dafs  das  Kupfer,  welches  sie  benutzten,  nicht  rein 
gewesen  seyn  kann,  sonst  würden  sie  nicht  "glücklich  genug 
gewesen  sevn,  Resultate  zu  erhalten,  die  mit  denen  von 
Professor  W.  Thomson  übereinstimmen,  nämlich  dafs  ei- 
nige Metalle  die  Lcituugslahigkeit  des  Kupfers  vermehren, 
andere  dagegen  vermindern"  (p.  35b).  Es  ist  mehr  als 
wahrscheinlich,  wie  wir  au  einer  andern  Stelle  zeigen  wer- 
den, dafs  Professor  Thomson's  Versuche  mit  Suboxyd 
haltendem  Kupfer  angestellt  wurden,  denn  ohne  diese  Vor- 
aussetzung sind  seine  erhaltenen  Resultate  unverständlich, 
da  wir  in  keinem  Falle  gefunden  haben,  dafs  eine  geringe 
Quantität  irgend  eines  Metalls  die  Leitungsfähigkeit  des 
reinen  Kupfers  erhöht. 

2)  H;il.-  das  Antimon,  welches  sie  aus  metanlimonsaurem 
Natron  mit  Holzkohle  reducirten,  aller  Wahrscheinlichkeit 
nach  Natrium  eulhielt,  da  Dexter')  bei  seiner  Arbeit  über 
das  Atomgewicht  des  Antimons,  aus  mctautimonsaurcin  Na- 
tron, selbst  nach  wiederholter  Behandlung  mit  Salpetersäure, 
ein  Antimon  erhielt,  welches  mit  Natrium  verunreinigt  war, 
und  das  er  daher  noch  einmal  mit  Antimonoxyd  umschmcl- 
len  mufsle.  Dieselbe  Vorsicht  wurde  auch  von  Bunten*) 
beobachtet  bei  seiner  Arbeit  Über  Trennung  des  Autimons 
von  Zinn  etc. 

3)  Sie  geben  nicht  an,  nach  welcher  Methode  sie  genau 
ein,  ein  halbes  und  ein  Viertel  Procent  Arsen  mit  Kupfer 

i)  l>h,i.  Trift,    l'.ir/.  II.    1H58. 
t)  rÜMi  Aon.  Bd.  IUI),  S.  563. 
3)  Lieb.   Ann.   Bd    106,  S.  1. 


leglrtcn,  was  sie  jedenfalls  gethan  Intim  sollten,  da  diefs 
bisher  als  eine  sehr  schwere,  ja  fast  unmögliche  Operation 
betrachtet  worden  ist. 

4)  Dinelb«  Eru>kan»  rtigeworfa.  werde»  fc»  •*» 
Htm  LejiDMujeo  vo»Jtnpt»  •*  »»k  «c 


•  etM 

sine.««»  dar  Mefelle.  i  „,:  .       fc.v.lj'  ....„,..-,  d«»*«,. 

0)  In  ihrer  Abhandlung  Maar  die  apee.  Gewicht«,»)» 
LegiruiiwSD,')  b&bts  awibre  HawcknalwjMi  *af  MM,  fldKbe 

V«« »tut  (rojrDjidet,  .iHntrh  d»J.  d.c  »pao.  1>»T»1. 

de*  Metalle  A.theü  n  atmen  a.  de»  dar  Lcgiog  in  A«. 
VethJltniMi  ihrer  nUhaanfinridaw,  aatoll  ibrer  iilillw 
Volumin.  (Siebe,  «wane  *»***■»•*"  <"•«"«•  GoridM- 
von  Legiraacen)  i  denn:  SM  bwecham  nach  der  Fonoalt 


..pec.G».=^^l. 


^  anstatt -s^^," 

wenn  A  und  ^4,;  *  und  ■  ,;  e  und  r,  die  resp.  Mengen, 
spec  Gewichte  und  Alomvolumina  bedeuten.  Berechnet 
man  z.  B.  das  spec.  Gewicht  einer  Legirung,  gemacht  aus 
1  Grm.  Platin  und  1  Grat.  Aluminium,  nach  ihrer  Methode, 
so  würde 

■pec  Gew.  =  LW±^M?=  „,9, 
Heyn,  während  nach  der  richtigen  Weise 

.pec.  Gew.  =5^^,  =  . ,46  ist. 

Ich  habe  dieses  Beispiel  gewühlt,  um  den  Unterschied  zwi- 
schen den  beiden  Berechnangsmethoden  recht  deutlich  zu 
zeigen,  da  die  Berechnung  nach  der  ersten  Formel  nur  dann 
richtig  ist ,  wenn  die  spec  Gewichte  der  beiden  Metalle ' 
gleich  sind.  Denn  da  A  —  t>s  und  A,  =e.  »,,  so  erhalten 
wir  bei  Subslituirung  dieser  Werthe  in  der  Formel,  wenn 
»  =  #,:. 

spec.  Gew.  =  '-■—  =  — -_LJ  1=  ■■■    ■     -'. 


1)  Phil  Mag.     No-br.  1859. 


205 

7  )  Man  kann  auch  hier  fragen,  wie  sie  es  möglich  mach- 
bei  Darstellung  ihrer  Leprungeu  den  Verlust  von 
Quecksilber,  Zink  etc  zu  vermeiden,  z.  B.  bei  den  Legi- 
rungen  Hg  Sn6,  Zu  Cu.  etc.  Bei  ineinen  eigenen  Versuchen 
habe  ich  gefunden,  Hafs  selbst  Hg  Sn,  nicht  ohne  bedeu- 
tenden Quecksilberverltist  um  geschmolzen  werden  kann,  und 
ich  bestimmte  keine  Legirungen  von  Kupfer  mit  Zink  etc. 
da  es  eine  bekannte  Thatsachc  ist,  dafs  Messing  stets  beim 
Schmelzen  merkbare  Mengen  von  Zink  verliert, 

8)  Sic  sagen,  dafs  alle  Amalgame  sich  ausdehnen,  wo- 
gegen nach  den  Versuchen  in  meiner  Arbeit  über  die  spec. 
Gewichte  von  sechs  Amalgamen  sich  fünf  zusammenziehen; 
und  wenn  sie  ihre  Resultate  mit  der  richtigen  Berechnung1 
vergleichen,  so  werden  sie  finden,  dafs  die  Amalgame  im 
Allgemeinen  eine  Contraction  zeigen,  namentlich  wenn  beim 
Schmelzen  kein  Quecksilber  verloren  ging. 


■ 

■ 


■ 

T 

belle    I 

Metall 

Ldh.opW.ig- 

keii 

T,„„ 

Spec.  Gewicht 

As~ 

Silber 

l<ju,oo 

0° 

10,468 

108,0 

Kupr«') 

93,16 

19,4 

N,9S1 

31.7 

Gold 

72,88 

21,3 

19,265 

197,0 

Aluminium 

astffl 

19,6 

Zink3) 

27,39 

17,6 

7.148 

32,6 

Ci.lmii.m 

22,10 

18.» 

8,655 

66,0 

Khan 

11,14 

20,4 

Palladium 

12,64 

17,2 

Zinn 

11,45 

21,0 

7,294 

58,0 

PUrin 

10,53 

20,7 

Anlim.m 

4,29 

18.7 

6,713 

122,3 

Qu*,  k.ilbci 

1,63 

22.8 

13,573 

100,0 

WiMnu.l. 

1,19 

13,8 

9,822 

208,0 

S)  Dm  Ben 


7,150  bri  I4",4   ] 
7,149  b,i  15  ,0 
7,146  b«  15,6  1 


1.»  Rupfen   lieht!  (imcliii    Bd.  III,   5.1 
c.  Gewiclit»  gaben: 

Mtiiel;  7,148  bei  15°,0. 


20« 
Tabelle  IL 


Grfu- 

Vo-       dcM 
Um-\   Lri- 

Mittel 

Berechnete  Leitung*- 
fthifkeit, 

Tcm- 

TW 

dkK                     BM-b      ■■eh 

LcgiruDf. 

P*o-    hwfli- 

p«r*- 

MnLei- 

por». 

dem 

Ditfc- 

dw 

d-a 

cstrt-    Obi'i- 

tor. 

tigkat- 
1*0. 

tnr.  ■ 

Ti- 

Ge- 

kot. 

h». 

<riÄk 

nlat. 

Pb,Sn 
Pb,Sn 
Pb.So 
PbSn 
PbSn, 
PbSo4 
PbSo, 

Sri,  Cd 
So,  Cd 
So,  Cd 
So  Cd 


vooPb 
87,31 

M7 

8,1» 
8,09 

BU 

18»,2 

18,8 
19,0 

-Zinn 
8,18 

tafe. 

18*,« 

8.« 

-4M 

8,29 

81,09 

8,28 
8.» 
8.» 
8*7 
8,71 
8,72 

9,0 
9* 
9  ,* 

8.» 

9,1 

's,« 

-0,15 

8,51 

«o,es 

WA 

18,3 
16  ,4 

VI 

16* 

tm 

-0,18 

8*9 

53,41 

9,37 
9,21 
9,30 

15  ,4 

15  ,6 

16  ,0 

9,29 

15  ,7 

9,4» 

-0,19 

9,61 

36,43 

10,16 
10,07 
10,21 

15  ,8 

15  ,8 

16  ,0 

10,15 

15  ,9 

10,11 

+0,04 

10,22 

22,28 

10,56 
10,64 
10,50 

16  ,0 
16  ,2 
16  ,5 

10,57 

16  ,2 

10,63 

—0,06 

10,71 

16,04 

10,70 
10,85 
10,79 

16  ,2 

18  ,6 

19  ,0 

10,78 

18  ,6 

10,86 

-0,08 

10,92 

ZioD-Cadmiam  l'.cibe, 


88,06 

12,82 
12,63 
12,71 

22»,0 
22  ,1 
22  ,1 

12,72 

22»,1 

12,72 

12,97 

83,10 

13,39 
13,13 

13,17 

22  ,0 
22  ,2 
22  ,6 

13,23 

22  ,3 

13,25 

—0,02 

13,58 

71,08 

14*8 

14,30 
14,45 

20  ,0 
20  ,2 

20  ,4 

14,44 

20  ,2 

14,53 

— 0,09 

15,00 

55,14 

16,1« 

19.14 
16,12 

20,8 
21  ,0 
21  ,0 

16,14 

20  * 

18,23 

—0,09 

16,77 

8,22 
8,61 


10,31 
10,60 

12*4 
13,52 
14*2 
16,68 


LcgiruEg. 

Vo- 
lum- 
Pro- 

Gefun- 
den« 
Lei- 

tUDgl- 

l-z 

Mittel 

neu  Ui- 

tODgrfS- 

hifkei- 

P">" 

Berechne«  Leitung) 

fihigkeir, 

n»ch                  1  nirli      naili 

dem     Diffc-  |  dem      dem 

nuiL 

fMg- 
keir. 

Vo- 
Inm. 

rem.   1   Ge- 

«lein 

SnCd, 

38.06 

18,52 
18,25 
18,31 

19«,« 

19  ,7 

20  ,0 

18,30 

19°,6 

18,05 

+0,31 

18,55 

18,47 

SnCd, 

23,50 

19,72 
19,42 
19,71 

20  ,1 
20  ,3 
20  ,5 

19,62 

20  .3 

19,60 

+0,02 

19,97 

19,91 

SnCd, 

17,00 

20,55 
20,28 

20,44 

20  ,2 
20  ,7 
20  ,6 

20,42 

20  ,5 

20,29 

-H),13 

20,58 

20,53 

Sn.Zn 

i 

Sn.Zr. 
Sn,Zn 
SnZn 
SnZo, 
SnZn, 

Cd.Zo 
Crt.Zo 
Cd,  Zu 


91,28 

12,77 
12,68 
12,63 

21', 2 
21  ,4 
21  ,4 

Ziafc  B 
12,66 

eihe. 
21  »,3 

12,84 

-0,18 

1 
13,72 

87,46 

13,34 
13,35 
13,26 

20  ,0 
20  ,0 
20  ,Q 

13,22 

20  ,0 

13,45 

—0,14 

14.64 

77,71 

15,40 
15,25 
15,20 

20  ,0 
20  ,0 
20  ,0 

16,28 

20  ,0 

15,00 

+0,28 

16,76 

63,56 

17,32 
17,36 
17,36 

19  ,8 

19  ,8 

20  ,2 

17,35 

19  ,9 

17,26 

+0,08 

19,42 

46.58 

19,57 
19,67 
19,67 

21   ,0 
21  ,0 

21  ,4 

19,67 

22  ,1 

19,96 

—0,29 

22,08 

30,36 

22,23 
22,42 
22,18 

20  ,0 
20  ,0 

20  .2 

22,28 

20  ,1 

22,56 

—,017 

24,20 

Cadmiunt-Zink   Reihe. 


89,49 

22,45 
22,50 
22,40 

18",9 
19  ,8 
19  ,6 

22,48 

19*,4 

22,65 

22,77 

86,02 

22,71 
22,98 

22,88 

20' .2 
20  ,3 
20  ,3 

22,86 

20  ,3 

32,90 

23,16 

73.94 

23^8 
23,53 

23,45 

21  ,2 
21  ,8 
21  ,0 

23,45 

21  fi 

23,48 

23,86 

12,81 
13,41 
14,95 
17,18 
19,86 
22,48 

22,57 
22,77 
23,29 


206 

Legi'nmi. 

V.>- 
Joio- 
Pro- 

Grf«. 
im, 

IBDf* 
Öbif- 

Tem- 
pera- 
tur. 

MilMl 

an  Lei- 

»apA- 

pCT»- 

tor. 

B. 

Mch 

Vo- 

rtcbntl. 

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Ldloop- 

dMB    a«> 

Ge-    Acq»- 

widn.  nie«. 

CdZn 

■MB 

«3,114 

m',3 

33  ,0 
33,4 

wn 

MV 

34,39 

34,74 

*4j0S 

CdZa, 

41,» 

34,03 
34,30 
34,07 

33  ,3 
33  ,0 

W.4 

84,13 

33,3 

35,19 

35,63 

34^5 

CdZa« 

36,19 

2VW 
35,94 
35,08 

30  ,3 

30,3 
SO  ,3 

35,15 

30  ,3 

UfiO 

36\33 

Mjbb 

Cd  Zu« 

19,13 

25,91 
35,78 
SftJO 

19  ,6 
30  ,0 
30,4 

«Ml 

20  ,0 

36^8 

36,63 

36,31 

Blti-Cadmiam  UcIJib 


89,43 

6,46 
8,28 
8,41 

22»,0 
22  ,1 
22  ,2 

8,38 

22»,1 

9,29 

-0,91 

9,82 

84,93 

8,99 
9,08 
8,89 

23  ,0 
23  ,6 
22  ,5 

8,99 

23  ,0 

9,93 

-0,94 

10,64 

73,81 

10,26 
10,1» 
10,22 

18  ,0 

18  ,6 

19  ,0 

10,30 

18  ,5 

11,52 

-1,32 

12,55 

58.49 

12,59 
12,75 
12,48 

21  ,5 
21  ,8 
23  ,0 

12,61 

21  ,8 

13,72 

—1,11 

14,93 

41^3 

14,63 
14,66 
14,61 

21  ,2 
21  ,8 

21  ,3 

14,63 

21  ,2 

16,18 

-1,55 

17,32 

36,05 

17.61 
17,97 
17,53 

20  ,0 

20  ,7 

21  ,4 

17,70 

20  ,7 

18,37 

-0,67 

19,23 

19,03 

18,92 
19,00 
19,01 

21  ,6 
21  ,6 
21  ,0 

18,98 

21  ,4 

19,38 

-0,40 

20,05 

12,79 
15,21 

17,57 
18,72 


209 

T 

belle 

III. 

Ufirung. 

Volum - 

Gefundene 

I,«ilungsß- 

bi(ke;.. 

Templ 

Miuef. 

T-p. 

Leitungilf- 
tfabk  be- 

l.m  Vnlum. 

Bi„,Ph 

99,73 

Wim 

0,901 
0,91 1 
0,901 

uth-Blei 

25e,6 

25  ,8 

26  ,0 

Uibfl, 

0,904 

25\8 

1,208 

Biu.Pl> 

99,66 

0,605 
0,606 

23  ,7 
23  ,7 
23  ,9 

0,610 

23  ,8 

1,213 

Bi„„Pb 

99,57 

0,437 
0,422 
0,424 

24  ,6 

24  ,9 

25  ,0 

0,428 

24  ,8 

1,218 

BisiPb 

99,50 

0,307 
0,308 
0,315 

25  ,3 

25  ,7 
25  ,8 

0,310 

25  ,6 

1,223 

Bi„Pb 

99,39 

0,289 
0,291 
0,293 

25  ,0 
25  ,0 
25  ,0 

0,291 

25  ,0 

1,23 

Bi„Pb 

99,11 

0,271 
0.269 
0,270 

21  ,2 
21  ,3 
21  ,4 

0,270 

21  ,3 

1,25 

Bi„Pb 

98,59 

0,264 

.   0,261 

0,259 

22  ,6 

23  ,0 
23  ,2 

0.261 

22  ,9 

1,28 

B;„Pb 

98,24 

0,256 
0,257 
0,258 

24  ,0 
24  ,2 
24  ,1 

0,257 

24  ,1 

1.31 

B;„pb 

97,89 
97,01 

0,275 
0,268 
0,271 
0,289 

0.289 
0,288 

23  ,6 

24  ,0 
24  ,1 
23  ,8 

23  ,8 

24  ,0 

0,271 
0,289 

24  ,0 
23  ,9 

1,33 
1.39 

Bi„Pb 

96,54 

0,303 
0,301 
0,305 

23  ,0 

23  ,5 

24  ,0 

0,303 

23  ,5 

1,42 

B;„Ph 

95,87 

0,316 
0,314 
0,310 

21,0 
21  ,3 
21  ,5 

0,313 

21  ,3 

1.46 

B.'.Pb 

91,89 

.0,357 
0,358 
0,356 

22  ,0 

22  ,9 

23  ,0 

0,357 

22  ,6 

1,53 

Poggend 

.11'»   Ann 

1.  Bd.  CX. 

2fl> 


Legiraag. 

Volam- 
Proemi. 

GciBDdCDC) 

Leitaogtft- 
bigfceit. 

V 

■        ■  1    k  ■ 

Tcmp. 

• 

Mittel. 

Temp. 

i 

■ 

Leitavfsft- 
higkeit  be-r 

fetilBCt  DMSD 

den  Volwrt 

BicPb 

93,31 

0»402 
0,402 
0,412 

MM 

21  ,4 
21  ,8 

0,405 

• 

2l°,5 

1,63 

Bi4M> 

90,28 

0,513 
0,9« 
0,527 

19  fi 
20,0 
10,2 

1 

0,521 

29,0 

1,83  ' 

Bi9Pb 

82,29 

0,856 
0,872 
0,850 

19  ,8 

19  fi 

20  ,0 

0,859 

19,9 

2,35 

BiPb 

09,91 

M4 

IM 
lf38 

19  .2 
19  ,2 
19  ,2 

1,41 

19,* 

«,M 

BiPb, 

53,74 

2,09 
2,12 
2,07 

21  ,6 

22  ,4 
22  ,6 

2,09 

22  ,2 

4,23 

BiPb4 

36,74 

2,83 

2,88 
2,89 

22  ,7 
22  ,8 
22  ,0 

2,87 

22  ,5 

5,35 

BiPbö 

27,91 

3,45 
3,49 
3,47 

20  ,8 

21  ,5 
21  ,6 

3,47 

21  ,3 

5,93 

BiPb8 

22,50 

4,00 
4,05 
4,01 

21  ,6 
21  ,6 
21  ,8 

4,02 

21  ,7 

6,29 

BiPblt 

18,85 

4,32 
4,35 

4,38 

20  ,8 

20  ,8 

21  ,0 

4,35 

20  ,9 

6,53 

BiPbs4 

8,83 

5,51 
5,59 
5,54 

24  ,2 
24  ,5 
24  ,5< 

5,55 

24  ,4 

7,19 

BiPb1M 

2,27 

7,00 

7,11 

6,97 

23  ,9 

24  ,0 

24  ,2    | 

7,03 

24  ,0 

7,62 

Antimon -Blei  Reihe. 


Sb9Pb 


SbPb 


TOD  Sb 

80,00 

2,92 
2,84 
2,83 

24*,0 
24  ,3 
24  ,3 

2,86 

24°,2 

66,67 

3,26 
3,29 
3,37 

26  ,2 
26  ,4 
26  ,3 

3,31 

26  ,3 

i 

4,99 


5,45 


Legini  ng. 

Volnro- 
Procent. 

Gefundene 
Lti'iu»«|Jl- 

w 

MiutL 

T«mp. 

LaitongtlX- 
higkeii  be- 
rechnet' tneti 
d«m  Toi  um. 

SbPb, 

&0,00 

3,99 

3,94 
3,85 

23«,2 
23  ,3 
23  ,7 

3,93 

28*,4 

6,03 

S>  Pb, 

33,33 

4,81 
4,67 

4,67 

24  ,0 
24  ,0 
24  ,2 

4,72 

24  ,1 

6,61 

SbPb, 

1*5,00 

5,48 
5,52 
5,55 

26  ,0 
26  ,1 

26  ,3 

5,52 

26  ,1 

6,90 

SE.PL,, 

16,66 

5,98 
6,05 

6,00 

26  ,2 

25  ,6 

26  ,6 

6,03 

25  ,4 

.  7.1» 

SbPb,«, 

9,09 

6,69 
6,61 
6,63 

26  ,5 
25  ,6 
25  ,5 

6,64 

26  ,6 

7,45 

SbPb,, 

3,86 

7,04 

7,06 
7,16 

23  ,5 
23  ,7 
23,9 

7,09 

23,7 

7,64 

Pb„<\D 

94,96 

5,89 
5,83 
5,81 

24»,0 
26  ,0 
263 

5,84 

26*,4 

Pb„Au 

89,91 

4,36 
4JW 

4,28 

22  ,8 

23  ,0 
23,1 

4,31 

23  ,0 

Pb,A„ 

87,70 

3,79 
3,79 
3,71 

26  ,0 
26  ,0 

26  ,2 

3,76 

26  ,1 

Pb,Ao 

84,26 

2^3 

2,85 
2,81 

19  ,6 

19  ,8 
19  ß 

2,83 

19  ,7 

PI»,  Au 

78,10 

3,02 
3,01 
3,00 

21  ,6 
22,4 

22  ,8 

3411 

22  & 

Pb.An 

64,07 

8,60 

3,58 
3£9 

16  ,0 

17  ,0 

a*w 

16  ,8 

212 


Gefundene 

l.i  iliirifif.i- 


Ülci- Silber  HclUe. 


PbSDAg 

97,69 

7,87 
7,91 
7,95 

25*,2 
25  ,4 
25  ,4 

7,91 

25»,3 

Pb»Ag 

94,64 

8,14 
8,03 
8,01 

24  ,0 

24  ,0 

25  ,0 

8,06 

25  ,3 

Pb.Ag 

87,60 

8,50 
8,49 
8,48 

26  ,4 

26  ,6 
26  ,8 

8,49 

26  ,6 

Pb.Ag 

77,94 

9,02 
9,00 
8,92 

26  ,0 

26  ,2 
26  ,2 

8,98 

26  ,1 

Pb,Ag 

63,86 

10,72 
10,64 
10,67 

14  ,8 
16  ,0 
16  ,0 

10,68 

15  ,6 

PbAg 

46,96 

11,60 
11,81 
11,66 

16  ,0 
16  ,6 
16  ,8 

11,69 

16  ,5 

PbAg, 

30,64 

15,95 
15,45 
15,48 

13  ,6 

13  ,8 

14  ,3 

15,63 

13  ,9 

Pbu.Ag 

1.39 

47,66 
47,81 
47,70 

23  ,5 

24  ,0 
24  ,0 

47,92 

23  ,8 

Pb  u.  Ag 

0^9 

67,36 
66,92 
67,11 

22  ,0 
24  ,0 
24  ,2 

67,13 

23  ,4 

In   den  beiden   lelrteu  LegiruDgcn   wurde  die  Menge  i 
Analjte  oicbgeincMD. 

Wiinmlli-Ziuri  Reibe. 


Lei  langt  Hi - 
h.gkch  be- 
!!■  Iin.-t   n»eh 

dem  Volum. 


12,71 

19,20 

28,11 

41,10 

56,73 

71,74 

98,72 

99,18 
Silbe»  durch 


BhhSd 

99,81 

1,08 

1,08 
1.97 

25", 0 
25  ,2 
25  ,3 

1,08 

25*,2 

Bi^Sn 

89,68 

0,420 
0,414 
0,42t 

27  ,0 
27  ,0 
27  .2 

0,418 

27  ,2 

BiuSa 

99,38 

0,262. 
0,267 
0,262 

26  ,2 
26,4 

26  ,4 

0,264 

26,3 

" 

213 

I<(irung. 

Volum - 

Prownl. 

L.iumg.fä- 
ügkA. 

- 

MTlicI. 

Temp. 

LcilODgtfS-' 

tthntl  nacli 
cm  Volum. 

b;„Sd 

99,15 

0,246 
0,244 
0,244 

26e,7 
26  ,9 
26  ,9 

0,245 

26»  .8 

1,28 

Bi„Sn 

98,76 

0,256 
0,253 
0,256 

23  ,6 

23  ,8 

24  ,8 

0,255 

24  ,1 

1,32 

Bi,„Sn 

96,38 

0,352 
0.357 
0,360 

24  ,4 

24  ,8 
24  ,8 

0,356 

24,  7 

1,56 

Bi«So 

94,11 

0,513 
0,515 
0,510 

29  ,6 
29  ,8 
29  ,7 

0,513 

29  ,7 

1.79 

Bi.Sn 

91.« 

0,630 
0,629 
0,637 

29  ,4 
29  ,6 
29  ,8 

0,632 

29  ,6 

2,07 

Bi,Sn 
BIS» 

84,19 
72,70 

1,03 
1,02 

1,06 
2,22 
2,23 
2,28 

30  ,0 
29  ,9 
29  ,9 
28  ,3 
28  ,5 
28  ,7 

1,04 

29  ,4 

2,81 

2,24 

28  ,5 

3,99 

BiSn, 

57,10 

3,93 
3,97 
3,97 

25  ,6 
25  ,7 
25  ,8 

3,96 

25  ,7 

5,59 

BiS0l 

40,05 

5,84 

5,65 

a,83 

23  fi 

24  ,2 
24  ,4 

5,84 

23  ,9 

7,35 

BiSn, 

30,81 

7,02 
7,12 
6,99 

27  ,8 

28  ,0 
28  ,0 

7,04 

27  ,9 

8,29 

Bi5.i„ 

25,04 

7,79 
7,82 
7,84 

24  fi 

24  ,8 

25  ,0 

7,82 

24  ,9 

8,89 

BiSo„ 

5,73 

10,22 
10,43 
10,57 

24  ,0 
24  ,4 
24  ,3 

111,41 

24  ,2 

10,86 

Sit  Sa« 

VOD  Sl. 

36,42 

An  tili 

6,03 
6,04 
6,lä 

od -Zinn 

20",8 

20  ,7 
20  ,7 

Keil». 
6,07 

20*,7 

8,81 

2)4 


Legirung. 

Volum - 
Procem. 

Gefundene 
Leituug.ß- 

i.;skeit. 

- 

Mittel. 

- 

Lei.nng.fS- 
lilgbeit   be- 
rechnet nach 
dem  Volum. 

ShSa, 

37,63 

6,63 
6,56 
6,60 

20»  ,3 
20  ,3 
20  ,5 

6,56 

20' ,4 

9,47 

SbSo10 

18,64 

7,21 

27  ,0 

10,12 

10,71 

SbSo» 

10,28 

7,66 
7,66 
7,78 

27,4 
27  ,4 
27  ,4 

7,70 

27  ,4 

SbSn„ 

M2 

8,52 

8,48 
8,47 

37  ,0 
27  ,0 

27  fi 

8,49 

27  ,0 

11,06 

SbSö|„0 

2,24 

9,62 
9,64 
9,60 

25  ,2 

25  ,8 

26  ,0 

9,62 

25  ,7 

11,29 

SbSn,00 

1,13 

10,01 
9,91 
10,02 

27  ,7 

27  ,9 

28  ,0 

9,98 

27  ,9 

11,37 

Von  der  I.eglruog  SbSnIB 
den  Verlachen  angegeben,   w 


icbl  übereinjtim 

7,70  !,,,.. 


Zinn-Gold  Reibe, 


98,73 

11,21 
11,05 
11,07 

24",9 
22  ,0 
24  ,0 

11,11 

23',6 

95,89 

9,89 
9,89 
10,12 

23  ,8 
23  ,8 
23  ,8 

9,97 

23  ,8 

93,33 

9,31 
9,11 
9,11 

23  .9 

24  ,0 

24  ,7 

9,18 

24  ,2 

90,32 

7,66 
7,81 

7,81 

19  ,8 

19  ,8 
19  ,8 

7,76 

19  ,8 

86,15 

6,05 
6,19 
6,16 

20  ,2 
20  ,0 
17  ,4 

6,13 

19  ,2 

82,35 

4,97 
4,99 
4,98 

21  ,6 
21  ,6 
21  ,8 

4,98 

21  ,7 

79.54 

4,30 
4,25 
4,30 

21  ,2 

21  ,2 
21  ,5 

« 

21  ,3 

17,40 
19,96 
22,30 


Legironj. 

Volum  - 

Gefunden« 

Uimng.fi- 
higkeir. 

''- 

Millcl. 

t™p. 

higkrlt  1., 
i-urlinrl  ...ich 
de.»  Vcluru. 

Sc.Au 

So  Au 

SdAu 
Sa  Ad 

75,67 
70,00 
60,87 
43,75 
28,00 
2,11 
1,17 

5,IS 
5,10 
5,11 
8,86 
8,80 
8,92 
14,18 
14,08 
14,54 
8,91 
8,85 
8,89 
5,20 
5,15 
5,19 
13,14 
13,10 
13,13 
19,84 
19,43 
19,51 

21°.4 
22  ,8 
22  ,8 

20  ,6 

21  ,0 
21  ,5 

17  ,4 

18  ,2 
18  ,6 
14  ,6 

16  ,0 

17  ,2 
14  ,0 

17  ,0 
14  ,0 

20  ,6 

21  ,6 
20  ,0 

18  ,4 

19  ,n 
19  ,0 

5,12 
8,86 
14,27 
8,88 
5,18 
13,12 
19,59 

22  ,3 
21  ,0 
18,1 
15  ,9 
15  ,0 
21  ,4 
18  ,8 

26,41 
29,90 
35,51 
46,03 
55,72 
71,58 
72,16 

Sni«.Ag 

99,28 

11,29 
11,37 
11,46 

2I°,B 

21  ,8 

22  ,0 

11,37 

21°,9 

5DloA( 

99.47 

11,52 
11,34 
11,51 

SO  ,6 
20  ,0 
20  ,2 

11,46 

20  ,3 

SnMAg 

96,52 

11,41 

11,49 
11,48 

19  ,8 

20  ,4 
20  ,6 

11,46 

20  ,3 

SuMAg 

94,87 

11,65 
11,57 
11,49 

20  ,3 
20  ,3 
20  ,2 

11,57 

20  ,3 

«tt« 

93,28 

11,62 
11,5t 
11,55 

19  ,7 

20  .0 
20  ,6 

11,56 

20  ,1 

Sn„A| 

»0,25 

11,56 
11,58 
11,46 

20  .4 
20  ,5 
19  ,5 

11,53 

20  ,1 

Lcgimng. 

Vulum- 

Gefundene 

l.iiliinc'l.i- 

hi(Kfii. 

t™p. 

Miiul. 

rcitiragiia- 
IMtb  Lc- 
r«Wl  n«k 
du»  Votum. 

Su.Ag 
So.Ag 
Su,Ag 
SnAg 
SuAg 

82,23 
75,51 
60,66 
2,01 
0,93 

12,22 
12,17 
12,28 
12,70 
12,40 
12,65 
14,40 
14,75 
13,91 
23,97 
23,86 
24,01 
35.57 
36,08 
35,47 

23',7 
23  ,3 
23  ,0 
19  ,7 

19  ,8 

20  ,0 
20  ,3 
20  ,8 
20  ,8 
20  ,5 
20  ,5 
20  ,7 
20  ,6 
20  ,8 
20  ,8 

12,23 

12,58 
14,35 
23,95 
35,70 

33»  ,3 

19  ,8 

20  ,6 
20  ,6 
20  ,7 

37,19 
33,14 

46,28 
98,22 
99,17 

In   den  beiden  hl; 


a  Legirungcn  wurde  <U»  Silt 


W«moth-Goln  Reib*. 


b;„Au 

BI.Ao 
Bit  Au 
Bi,Au 
BiAu 


89,47 

1,02 
1,01 
1,00 

24  ,0 
24,4 

1^1 

24«,0 

98,81 

0,993 
0.991) 
1,010 

21  ,5 
21  ,7 
21  ,7 

0,998 

21  ,6 

97,64 

1,08 
1,10 
1,10 

19,7 
20  ,0 
W  ,0 

139 

19  ,9 

94,31 

1.3A 
1,26 

1,25 

21  ,7 
21  ,9 
32  ,6 

1,28 

21  ,9 

89,23 

1,41 

1,43 
1,43 

22  ,6 
22  ,7 
22  ,6 

1,42 

22  ,6 

80,55 

1,80 
1^5 
1,81 

13,4 

13  fi 
14,0 

1,82 

13  ,7 

«7,43 

2,90 
3,98 
2,98 

15^ 
14  ,2 
18  ja 

3,95 

14  3 

2,88 
5,27 
8,92 


217 


Legiruog. 


Volum  - 
Procent, 


Gefundene 

Leitungsft- 

higkeit. 


Temp. 


Mittel. 


Temp. 


Leituogsfa- 
higkeit  be- 
rechnet nach 
dem  Volum. 


von  Bi 

B'woAg 

99,76 

* 

BiMAg 

99,04 

b;ma( 

98,01 

Bi„Ag 

96,10 

Bi.Ag 

92,49 

Bi.Ag 

89,15 

Bi,Ag 

80,42 

BiAg 

67,23 

BiAg, 

50,64 

BiAg4 

33,91 

Bi  u.  Ag 

2,33 

\Vismuth- Silber  Reibe. 


1.11 
1,12 
1,13 

1,08 
1,12 
1,12 

1.U 

1,14 
1,15 

1,34 
1,29 
1,33 

1,64 
1,65 
1,67 

1,78 
1,77 
1,78 

2,48 
2,47 
2,41 

3,33 
3,32 
3,26 

4,60 
4,78. 
4,60 

7,95 
8,11 
8,18 

48,33 
47,34 
47,94 


21  »,5 
21  ,0 
21  ,5 

1,12 

21  »,3 

«,4 
21  ,5 
21  ,2 

Ml 

21  ,4 

21  ,5 
21  ,5 
21  ,3 

1,14 

21  ,4 

18,9 
20  fi 

20  fi 

1,32 

19  ,9 

21  ,5 
21  ,5 
21  ,8 

1,65 

21  ,6 

20,1 
20  ,4 
26,4. 

1,78 

20  ,3 

20  ,0 
20  ,0 
20  ,2 

2,45 

20  ,1 

21  ,0 
21  ,5 
21  ,8 

3,30 

21  ,4 

22,2 
22  ,4 
22  ,5 

4,66 

22  ,4 

19  ,7 

20  ,6 
20  ,5 

8,08 

20  ,3 

22  ,6 
22  ,0 
24  ,2 

47,87 

22  ,9 

1,43 


2,14 


3,16 


5,05 


8,61 


11,92 


20,54 


33,56 


49,95 


66,49 


97,70 


Die  Menge  des  Silben  in  der  leisten  Legiruog  wurde  analytisch  bestimmt 


Au  u.  Gu 


von  Au 


97,72 


Gold -Kopfer  Reibe. 


46,59 
46,64 
46,76 


18%6 
19  ,4 
19  ,4 


46,66 


19»,1 


73,34 


Lcptt.fr 

Volum  - 

Gefundene 
Lciiuogtfi- 

liigleit. 

t™p. 

Miiul. 

liii  mir 

fc,DP-     rechne,  „arh 

Au  ...Co 

95,67 

32,97 
32,94 
33,11 

19*,4 
19  ,4 
19  ,4 

33,01 

19*,4 

73,75 

Auu.Cu 

91,54 

22,23 
22,65 
22,46 

17  ,5 

18  ,2 
18  ,1 

22,46 

17  .9 

71,58 

Au  u.Co 

83,83 

15,22 
15,38 
15,44 

20  ,2 
20  ,3 
20  ,3 

15,35 

20  ,3 

76,16 

Auu  Cu 

73,15 

12,41 
■2.80 
12,77 

19  ,0 

19  ,8 

20  ,0 

12,66 

19  ,6 

78,32 

Aou.Cu 

53,20 

11,31 
11.55 
11,50 

17  ,2 

18  ,0 
18  ,2 

11,45 

17  & 

82,37 

Aon  Cu 

38,05 

12,55 
12.52 
12,40 

20  ,0 
20  ,2 
20  ,1 

12,49 

20  ,1 

85,44 

Auu.Co 

31,07 

13.93 
13,94 
14,14 

17  ,0 
17  ,2 

17  ,2 

14,00 

17  ,1 

86,91 

Auo.Cn 

19,36 

19,79 
19,82 
19,98 

16  ,S 

17  ,0 
17  ,0 

19,86 

16  ,9 

89,23 

Au  u.Cu 

11,43 

28,59 
28,61 
'.19,03 

19  ,4 
19  ,5 
19  ,6 

28,74 

19  ,5 

90,84 

Auo.d 

9,06 

32.97 
13,34 
33,18 

17  ,0 
17  ,0 

17  ,0 

33,16 

17  ,0 

91.32 

Ao  u.Ca 

3.53 

53,20 

53,09 
53,25 

18  ,0 
18  ,2 
18  ,1 

53,18 

IS  ,0 

92,44 

Au  u.Cu 

1,64 

65,10 
65,80 
66,00 

18  ,0 

18  ,2 
18  ,1 

65,36 

18  ,1 

92,82 

Die  Heagc  de*  Golde*  wurde-   in 
durch  die   Amijm  leitgettellt. 


«im  uill  ich  cu   Lecirungen   diuer  Reihe 


LeilungilS 

rochaet  nach 
dem  Volum. 


Au„Ag 

»OB  All 

98,81 

Gol 

59,41 
69,41 
68,46 

■Silber  R 

«•,7 
26  ,0 

26  ,6 

69,09 

25*,1 

Au,,Ag 

98.23 

62,60 
63,23 
5S\90 

26  ,6 
25  ,7 

25  ,8 

63,24 

25  ,7 

Au„Ag 

97,27 

48,86 
48,79 

48,92 

26  ,8 

25  ,8 

26  ,0 

48,86 

25  ,9 

Au,«Ag 

94,07 

37,93 
37,87 

38,67 

26  ,2 
26  ,4 
26  ,5 

38,12 

26  ,4 

...A, 

88,80 

28,47 
28,22 
29,06 

26,6 
26  ,6 
26  fi 

28,58 

26  ,6 

Ao.Aj 

86,61 

25,12 

21,96 
24,90 

21  ,2 

21  ,4 

22  ,0 

24,99 

21  ,5 

*,». 

79,86 

20,86 
20,95 
20,91 

20  ,6 

21  ,0 
21  ,2 

20,91 

20  ,2 

Av»A( 

66,47 

16,29 

16,06 

16,22 

20  ,0 
20  ,2 

20  ,4 

16,20 

21  ,0 

AuAg 

49,79 

14,68 
14,60 
14,60 

22  ,0 
22  ,2 

22  ,5 

14,59 

22  ,2 

A,.Ag, 

33,14 

16,32 
16,25 

lti,3I 

19  ,6 

20  ,0 
20  ,0 

Iß,30 

19  ,9 

A«A„ 

19.86 

21,00 

20,86 
20,80 

21  ,0 
21  ,2 
21,4 

20,91 

21  ,2 

AuAg. 

14,18 

25,36 
26,22 
25,18 

19  ,0 

20  ,2 
20  ,4 

25,29 

19  ,9 

AuAg, 

11,02 

29,93 
29,69 
30,00 

19  ,3 
19  fi 

19^ 

29,87 

19,5 

73,67 
74,54 
75,96 
76,83 
78,38 
82,01 
86,52 
91,03 
94.62 
»6,16 
97,02 


^^BJ 

220 

Lcgirung. 

Volum - 
Pro«Dt. 

Gefunden. 

l.igk«.. 

,„, 

Mine  1. 

w 

Lrlinngt[,i- 

rschael  aacli 
d™  Volum. 

AuAg,, 

5,84 

41,16 

U. IS 

41,24 

20',2 
20  ,6 
20  ,7 

41,19 

20'3 

98,42 

AuAg,, 

■2,68 

56,41 
56,72 
56,49 

23  ,6 

23  ,8 

24  ,0 

56,54 

23  ,8 

99,27 

AuAg,. 

1,74 

61,05 
60,27 
60,56 

21  ,8 

22  ,0 
21  ,9 

60.63 

21  ,9 

99,58 

AllAgg, 

U7 

'  73,95 
73,40 
74,19 

21  ,9 

22  ,2 
22  ,2 

73,85 

22  ,1 

99,68 

.„«  n.. 

K„pf 

r- Silber 

Reihe. 

Cuu.Ag 

98,96 

87,61 
86,65 
86,46 

20  ',6 

20  3 

21  ,0 

8631 

20»,7 

Cu  u.  Ag 

97,94 

80,01 
79,21 

78^3 

19  ,6 
19  3 
19  ,8 

7938 

19  ,7 

Cuu.Ag 

94,84 

76^9 
76,21 

75,62 

19  3 

20  ,0 
20  ,2 

75,64 

20  ,0 

Cu  <i.  Ag 

89,83 

70,52 
69,38 
69,86 

21  ,0 
21  ,2 
21  ,2 

69,92 

21  ,1 

«..* 

78,33 

67,74 
6732 
68,19 

18  ,6 

19  ,0 

18  ,8 

67,82 

18  ,8 

c.„». 

67.45 

6837 
68,00 
67,33 

19  ,0 
19  ,0 
19  ,0 

67,90 

19  ,0 

Cuu.Ag 

63,29 

68,28 
67,88 
68,31 

24  ,0 

22  ,2 
22  ,5 

68,18 

22  ,2 

Cu  u.  Ag 

45,37 

67,12 
6735 

67,61 

18  3 

19  ,0 
19  ,0 

67,43 

19  ,0 

Cn  u.  Ag 

38^7 

65,13 
64,54 

65,15 

19  3 
19  ,6 
19  3 

64,94 

19  ,6 

93,86 
94,64 
95,38 
9537 
95,89 
97,34 


Legirung. 

Volura- 
Procent. 

Gefundt-nc 

Leitungsfa- 

lugkeit. 

Temp. 

Mittel. 

1  cmp. 

Leitungsfn- 
higkeit   be- 
rechnet nach 
dem  Volum. 

Cu  u.  Gu 

28,21 

68,25 
62,55 
62,30 

17°,4 
17  ,2 
17  ,0 

62,71 

17  »,2 

98,07 

Cu  u.  Ag 

17,84 

63,83 
63,48 
63,82 

17  ,0 
17  ,0 
17  ,0 

63,71 

17  ,0 

98,74 

Cu  u.  Ag 

13,15 

67,86 
67.50 
66,96 

17  ,0 

17  ,6 

18  ,0 

67,44 

17  ,5 

99,10 

Cu  u.  Ag 

6,12 

75,19 
74,37 

73,87 

16  ,5 

16  ,8 

17  ,0 

74,48 

16,8 

99,58 

Cu  u.  Ag 

3,23 

78,32 
78,60 
77,78 

17  ,0 
17  ,0 
17  ,2 

78,23 

17  ,1 

• 

95,78 

Cu  u.  Ag 

2,01 

84,69 
83,42 
83,31 

16  ,8 

17  ,0 
17  ,2 

83,80 

17  ,0 

99,86 

In  allen  Legirun| 
bestimmt. 

en  dieser  R 

eibe  wurd 

e  die  Men| 

;e  des  Silbers  analytisch 

T 

abelle 

V. 

HgSn 

3,82 
3,74 

22»,0 
22  ,0 

33,78 

22»,0 

Pb  und 
0,10  Pd 

6,22 
6,22 

24  ,5 
24  ,5 

6,22 

24  ,5 

Sn  und 
0,10  Pd 

9,02 
9,10 

24  ,0 
24  ,5 

9,06 

24  ,2 

Pbund 
0,10  Pt 

5,21 
5,15 

21  ,2 
21  ,5 

5,18 

21  ,4 

Snund 
0,10  Pt 

9,38 
9,37 

21  ,0 

22  ,2 

9,37 

21  ,1 

Sn  und 
0,25  Fe 

9,82 
9,60 

20  ,5 
20  ,5 

9,71 

20  ,5 

Sn  und 
0,10  AI 

23,94 
24,10 

24  ,4 
24  ,5 

24,02 

24  ,5 

London, 

im  Nora 

ober  1859. 

HL  Ueber  die  elektrische  Leitungsfähigkeit  des,  reinen 
Kupfers  und  denn  Verminderung  durch  Metalloide 

-  -  -  und  MetaUet -,  — — -- 

von  A.  Matthie/sen  und  M.  HoUmanfl,  - 


Da  die  elektrische  Leitungsfahigkelt  käuflicher  Knptet. 
sorten  Öfters  so  aaCserordentUch  niedrig  gefanden  witd,  ohne 
dafs  bedeutendere  Mengen  von  Veranreiniguag  darin  ent- 
halten waren,  so  schien  es  vori  Interesse,  den  Einflufe  etwas 
genauer  zu  unterencben,  welchen  nicht  allein  fremde  Me- 
talle, sondern  namentlich  auch  Metalloide  auF  die  Leittmgs- 
fahigkeit  des  reinen  Kapfers  ausüben.  Vor  Allen  hielten 
wir  es  aber  für  nöthig,  die  letztere  selbst  festzustellen,  da 
die  bisherigen  Angaben  verschiedener  Beobachter  sehr  be- 
deutend differiren.  Setzt  man  nämlich  die  Leitungsfähigkeit 
des  reinen  Silbers  gleich  100,  so  ist  die  des  Kupfers  nach: 
Riet«')  Im»')  H.  D.rj')  Chri.tie')  Barrla*) 
67,2  73,4  91,2  66,0  100,0 

Buff)  Ponillet')  Arndleen»). 

95,4  73,0  98,69 

Wir  unternahmen  daher,  das  Kupfer  sowohl  auf  che- 
mischem, als  auf  elektrolytiscbem  Wege  rein  darzustellen, 
und  wir  bestimmten  aufserdem  auch  käufliches  galvanisch 
niedergeschlagenes  Kupfer.  Mit  sämmtlichen  Sorten  erhiel- 
ten wir  Wertbe,  welche  in  die  Feblergränzen  der  Beob- 
achtungen bei  ein-  and  derselben  Sorte  fielen.     Käuflicher 

1 )  Di™  Add.  Bd.  45.  S.  20. 

2)  Die»  Anoil.  Bd.  45,  5.105. 

3)  Gmelio,  Bd.  I,  S.289. 

4)  Baff,  Grundrib  der  Phyiik,  S.  348. 

5)  Müller,  Lehrbuch  der  Phteik,  Bd.  2,  S.  202. 
6  )  Die.«  AddiI.  Bd.  104,  S.  1. 

NB.  Die  Temperaturen  lind  ran  deo  meinen  der  obigen  Beobachter  leider 
Dicht  mit  engefebcDi  aar  die  Zihlen  ron  Lern  und  Arndlsen,  welche 
die  Leitongifahigkeit  bei  rer»ch  jeden  eo  Temperaturen  bcttimmlen,  «nd 
lür  0*  berechnet. 


223 

reiner  Kupfervitriol  wurde  in  Wasser  gelöst,  filtrirt,  nach 
dein  Ansäuern  durch  Schwefelwasserstoff  gefallt,  das  Schwe- 
felkupfer in  Königswasser  gelöst,  die  filtrirte  Flüssigkeit  in 
der  Wärme  mit  einem  groisen  lieberschuls  von  kohlensau- 
rem Natron  niedergeschlagen  und  das  geglühte  Kupferoxyd 
durch  reinen  Wasserstoff  reducirt.  Das  auf  galvanischem 
Wege  erhaltene  Kupfer  war  aus  der  nämlichen  Kupfervi- 
triollösung durch  eine  sehr  schwache  Ihm  seil  'sehe  ftattcrie 
langsam  niedergeschlagen:  als  Kathode  diente  ein  mit  Oel 
überzogenes  Plalinblech,  als  Auode  ein  Plnlindrnht. 

Zur  Bestimmung  der  Lcitungsfahigkeit  wurde  die  Me- 
thode angewandt,  welche  der  eine  von  uns  in  diesen  An- 
nalen  Band  101),  S.  I7S,  naher  beschrieben  hat.  Die  Drähte 
waren  säinmtlieh  hart  gezogen,  besafsen  einen  Durchmesser 
von  0,25—0,5  Millimeter  und  eine  Lange  von  0,5—1,5  Me- 
ter; von  jeder  Kupfersorte  wurden  zwei  oder  drei  Drahte, 
gewöhnlich  mit  verschiedenem  Durchmesser,  bestimmt.  Als 
Leitungsfähigkeit  (verglichen  mit  einem  hart  gezogenen  Sil- 
berdraht sc  100  bei  0°  C)  erhielten  wir  folgende  Zahlen: 

1.  Auf  chemischein  Wege  a)  02,63  bei  I8°,0)        Mittel: 
gereinigtes  Kupfer:        6)93,36   -    19  ,2(93,00  bei  18n,6. 

2.  Galvan.  niedergeschla-  a)  93,81  bei  19°,7)        ...     , 


13,46  bei  20",2, 


Mittel: 
;\93,02  bei  18°, 


genes    Kupfer,     nicht  b)  93,56  < 

geschmolzen:  c)  93,00  ■ 

.  Käufliches  g.ilvauopla-  a)  92,21  bei  IB\0j 

stisches  Kupfer,  nicht  b)  93,01 

geschmolzen:  c)  93,81   ■    18  ,7 T 
Dasselbe  ineinemPor-  ^      ^  ^ 

celanrohrnn  Wasser-  _     ^  ^  ^ 

stoff ström  geschmolz.: 

.  Dasselbe,  „ach  der  „,,-  a)  ^  bei  „.^        „^ 

thode  geschmolzen: 

Das  Mittel  aus  diesen  zwölf  Bestimmungen  giebt  demnach 

für  die  Leilungsfabigkeit  des  Kupfers  die  Zahl: 
93,08  bei  18°,9. 


224 

Da  schon  früher  von  Peltier1)  beobachtet  worden 
ist,  dafs  Kupferdrnht  nach  dein  Glühen  besser  leitet  als 
ungeglülit,  so  wiederholten  wir  diesen  Versuch,  indem  ein 
aus  galvanisch  niedergeschlagenem,  uwgeschmolzenem  Kupfer 
hart  gezogener  Draht  bestimmt,  in  reinem  Wasserst  off  gas 
geglüht,  und  dann  wieder  bestimmt  wurde.  Zwei  Versuche 
bestätigten  die  Angabe  Peltiers  vollkommen: 

a)  hart  gezogen:  95,31  bei   II  ",t). 
nach  dem  Glühen:  97,83    -     11  ,0; 

b)  hart  gezogen:  95,72    »     11  ,0, 
nach  dem  Glühen:  98,02    -     11  ,0. 

Der  Unterschied  zwischen  harten  und  geglühten  Drähten 
beträgt  demnach  beim  Kupfer  etwa  2,5  Proc.  der  Leitungs- 
fähigkeit;  weit  gröfser  ist  derselbe  bei  Silberdrähten,  wie 
aus  nachstehenden  Zahlen  hervorgeht: 

ä)    hart  gezogen:  95,28  bei  14°,0, 

nachdem  Glühen:  103,98    »     14,8; 

6)    hart  gezogen:  95,36    -     14  ,6, 

nachdem  Glühen:  103,33  «  14,6. 
Der  Sauerstoff  wird  vom  Kupfer  (aller  Wahrscheinlich- 
keit nach  als  Kupferoxydul)  hartnäckig  zurückgehalten,  und 
es  gelingt  nicht,  denselben  durch  Schmelzen  mit  Flufsmitteln 
gänzlich  aus  dein  Kupfer  zu  entfernen;  sogar  Wasserstoff, 
wenu  er  Stunden  lang  über  geschmolzenes  Kupfer  geleitet 
wird,  scheint  den  Sauerstoff  nicht  vollständig  hinweg- 
nehmen  zu  können.  Auf  der  andern  Seite  nimmt  das  ge- 
schmolzene Kupfer  an  der  Luft  mit  so  grofser  Energie 
Sauerstoff  auf,  dafs  es  nicht  möglich  ist,  beim  Ausgiefsen 
des  Metalls  in  die  Formen  Oxydation  zu  verhindern.  Nach 
vielen  vergeblichen  Versuchen,  um  diesem  Uebelstande  vor- 
zubeugen, gelaugten  wir  endlich  zu  einer  Methode,  die  eben 
so  einfach  als  zweckentsprechend  ist.  In  einem  gut  ziehen- 
den Ofen  wird  eine  Muffel  eingemauert,  deren  Inneres  nicht 
mit  dem  Feucrraum  des  Ofens  in  Verbindung  steht,  und 
deren  Mündung  durch  die  Thiir  des  Ofens  geschlossen  wird. 
Durch   das   obere   der  in  die  Thür  gebohrten  zwei  Löcher 

1)  Ann.  <1*  Cnim.  tl  Phyi.    T.  56.  />.  371- 


225 

ein  Verbrennungsrohr  etwa  einen  Zoll  weil  in  die 
Muffel  hinein,  und  durch  das  untere  ist  eiue  irdene  Pfeife 
mit  langem  Stiel  bis  au  die  hintere  Wand  der  Muffel  ge- 
hoben. Im  Pfeifenkopfe,  dein  die  Wölbung  der  Muffel 
i  Deckel  dient,  liegt  das  Metall,  während  der  Pfeifenstiel 
i  Wasserstoff-,  das  Verbrennungsrohr  mit  einem 
.ohlensäure- Apparat  verbunden  ist.  Der  Wasserstoff  sl  reicht 
durch  Kali,  salpelersaures  Silber  und  concentrirte  Schwefel- 
säure, die  Kohlensäure  wird  durch  kohlensaures  Kali  und 
concentrirte  Schwefelsäure  geleitet.  Sobald  das  Kupfer') 
geschmolzen  ist,  wirkt  der  Wasserstoff  nicht  allein  auf  die 
Oberfläche  desselben  eiu,  sondern  er  ist  genölhigl,  Blase  für 
Blase  durch  das  Metall  hilldurchzustreichen,  welches  dadurch 
in  fortwährender  Bewegung  erhalten  und  Überall  der  Ein- 
wirkung des  Gases  ausgesetzt  wird.  Ist  die  zur  Operation 
verlangte  Zeit  verstrichen,  so  löst  man  vom  Wasscrsloff- 
Apparat  das  Zuleitungsrohr  ab,  saugt  das  geschmolzene  Me- 
tall vorsichtig  in  deu  Pfeifensliel  hinein  und  zieht  die  Pfeife 
aus  der  Muffel.  Zerschlägt  man  nach  dem  Erkalten  die 
Pfeife,  so  hat  man  das  Metall  schon  in  der  Form  eines 
Drahtes,  der  sich  mit  Leichtigkeit  dünner  ziehen  läfst.  Eiu 
Blick  auf  die  beigegebeue  Zeichnung  wird  die  Art  und 
Weise  der  Schmelzung  deutlich  inachen.  Fig.  2  Taf.  VI 
stellt  die  Operation  in  vollein  Gange  dar,  Fig.  3  zeigt  die 
Form  des  Metalls  nach  beeudigter  Schmelzung.  Zur  Prü- 
fung der  Methode  wurde  das  oben  unter  3.  angeführte 
Kupfer  benutzt;  es  gab,  nachdem  es  etwa  eine  halbe  Stunde 
in  geschmolzenem  Zustande  erhalten  worden  war,  folgende 
Zahlen: 

a)    92,57  bei  17u,8  j 

fi)    93,«    -     17  , 

Wir  haben  auf  diese  WTeise  nicht  allein  das  Kupfer  vor 

Einwirkung  der  atmosphärischen  Luft  geschützt,  sondern  auch 

dem  oxydirten  Kupfer  deu  Sauerstoff  entzogen.    Ueberhaupt 

wurden  alle  Kupfersorten,  die  wir  untersucht  haben,  nach 

I  )  El   winden  tu  jeder  Schmelzung  gewöhnlich  etwa  nein  Gramm  hnjifn 

genommen. 
PnCKndnrlT.  Aiu.l    BJ    CX.  \"^ 


Mittel:  92,99  bei  17°, 


dieser  Methode  gfrchmohwu  nur  bei V-erbfagamgdea  sTnsfail 
not  den  Stoffen,  die  dnrdi  Wumihnf  ■tawMMHHCwMF 
durch  toMWW  -*Mm 


oder  das  Metall  nur   eben  um  Schmelzen  gebneht-  «ivJ 
dann  wiederholt  umgeschmolzen.  '■■  " 

'Wir  haben  nicht  versucht,  die  Menge  dea  Sanetatatt 
durch  Analyse  festzustellen,  da  die  direeten  Bestiansananai 
desselben  keine  hinreichende  Genauigkeit  geliefert  hall— 
wurden1),  and  weil  »ach  die  KapferbetÜmmaDgen  haaner 
noch  not  nt  groben  Fehlerquellen  behaftet  sind,  aladatJ 
man  bei  einer  veihllrrriferoaJirig  ao  geringen  Menge  von  Sana*- 
Stoff  denselben  ana  dar  gefundenen  Qoanttttt  des  Kamfca» 
berechnen  konnte.  Wir  fahren  daher  nur  die  Zahle*  ftr 
die  Leftungsflliigkeit  an,  welche  das  Kopier  durch  staaaa-  ■ 
weise  Entziehung  des  Sauerstoffs  angenommen  hatte.  I)at 
auf  chemUchem  Wege  gereinigte  Knpfer  wurde  mit  etwas 
Borax  und  dann  mit  Kochsalz  geschmolzen  (jedoch  ohne 
dafs  das  Metall  mit  der  Salzmasse  bedeckt  gewesen  wäre) 
and  in  eine  mit  Oel  eingeriebene  Form  von  Messing  aus- 
gegossen. Es  wurde  hierauf  im  Wasserstoffstrom  mehrere 
Stunden  laug  in  einem  Porcellanrobx  geschmolzen,  und  nach- 
dem es  darin  erkaltet  war,  eine  halbe  Stunde  bog  nach  der 
oben  beschriebenen  Methode  behandelt;  es  erhielt  aber  erat 
nach  dreistündigem  Schmelzen  in  dieser  Weise  eine  Lei- 
tongsfabigkeil ,  welche  mit  der  übereinstimmt,  die  wir  für 
das  auf  galvanischem  Wege  dargestellte  Kupfer  gefunden 
hatten.  Folgendes  sind  die  Leitungsfahigkeiteu  der  verschie- 
denen Stufen  der  Schmelzung: 

1.  Mit  Borax  und  Koch-  a)  69,44  bei  24°,2)         „. 

sab,  bei  Zutritt  der  6)  69,38    -   23  •»!  ^  JJTtL,.  . 
Luft  geschmolzen:       o)  69,30    -   24  fl)***1  *"  ■  •* 

1)  A.  Diak,  io  Kineo  Bdiri*ea  iar  Mt  Uli  orgle  du  Kupfen  (Phil.  Mag. 
Juni  1886),  «hielt  bei  Aaweedans  ttnebiedaier  Methoden  kell«  be- 
friedigenden HeMlute.  San«  im  Laboratorium  ron  Profcuor  Percy 
«jugifEhrt«!  Venoche   «ad  namentlich  in  Betreff  du  Stidutoff-  Knpfcrt 


a)  89,32  bei  17°,0) 

)  91,07    *   17  ,8 

'  c)  88,40   -    17  ,4) 


Mittel: 
J.fiO  bei  17°,1 


227 

_',  Dasselbe  im  Porcel- 

laurohr  im  Wasser-  a)  87,20  bei  18ü,8*  Mittel: 

stoffstrom  geschmol-  6)  85,50    »    19  ,0<  86,35  bei   18n,9 
zeo: 

3.  No.2   '.  Stunde  nach 
der    oben    beschrie- 
benen   Methode 
schmolzen : 

4.  No.  2  drei   Stunden  a)  92,63  bei  is  .11,  Mittel: 
lang  geschmolzen:       b)  93,36    ■   19  ,2 i  93,00  bei  18°,li 

Aehnliche  Resultate  gab  galvanisch  niedergeschlagenes 
Kupfer,  das  zuvor  mit  etwas  Kochsalz  bei  Zutritt  der  Luft 
geschmolzen  war,  als  es  successive  auf  die  angegebene 
"Weise  vom  Sauerstoff  wieder  befreit  wurde: 

i    „ -nm-JL  a       t    r.  o)  73>20  b«  *9°-2 

1.  Be,Zurntt  der  Luft     J730g    .    ^ 

geschmolzen:  p)  ^    (    w   g 

2.  Dasselbe  |  Stunde 
nach  der  oben  be- 
schriebenen Methode 
geschmolzen: 

3.  Dito    1  Stunde  ge-  o)  83,14  bei  16n,l 
schmolzen:  0)82,25    »   17  ,0J  82,70  bei  16°,9 

4.  Dito  14  Stunde  ge-  a)  90,36  bei  19",7  Mittel: 
Bchmolzen:                   (<)  91,00    ■    19  ,7J  90.68  bei  19°,7 

5.  Dito  3  Stunden  ge-  a)  91,92  bei  18",5j  Mittel: 
schmolzen:                   6)  92,76    -    18  ,lj  92,34  bei  18°,3 

Es  scheint  hiernach  die  Bestimmung  der  elektrischen 
Leitungsfähigkeit  das  sicherste  Mittel  zu  sein,  um  in  sonst 
reinem  Kupfer  die  Gegenwart  von  Sauerstoff  nachzuweisen; 
ferner  erklärt  es  sich  hieraus  sehr  einfach,  warum  die  bis 
berigen  directen  Bestimmungen  der  Sauerstoffmenge  so  we- 
nig befriedigende  Resultate  gaben. 

Obgleich  der  Kohlenstoff  nach  Karsten  ')  bis  zu  0.2 
Proc  vom  Kupfer  aufgenommen  wird,  so  gelang  es  uns 
doch  nicht,  Drähte  zu  ziehen,  die  mehr  als  0,05  Proc  Koh- 

1)  Schweigt"'*  Journal  für  Chemie  und   Phj.il,   Bd.  RS,  S.  395,, 

V»* 


o)  76,27  bei  17 
'  fc)  75,55  -  17 
!  c)   75,38   ■    17  ,8 


Mittel: 
73,32  bei  19°.5 


Mittel: 
75,73  bei  17",7 


Mittel: 


: 


lenstoff  eat halten  hätten;  aber  schon  diese  geringe  Menge 
genügt,  um  die  Leitungsfähigkeit  des  Kupfers  ziemlich  be- 
deutend herabzudrücken.  Galvanisch  niedergeschlagenes 
Kupfer,  welches  in  kleinen  Stücken  mit  Kohle  geschichtet 
und  wiederholt  damit  unigeschmolzen  wurde,  ergab  bei  der 
Analyse  einen  Gehalt  von  0,05  Proc.  Kohlenstoff:  die  Lei* 
tungsfäbigkeit  war: 

o)    74,2»  bei  18", 1 1  _,.,,  .  . 

»)    75,53    -     |8g5JMUteI:  74,91  b«lfi^ 

Wir  wollen  nicht  mit  Bestimmtheit  behaupten,  dafs  der 
Kohlenstoff  wirklich  im  Kupfer  gelöst  war;  vielleicht  konnte 
derselbe  nur  mechanisch  darin  vertheilt  seyn. 

Der  Phosphor  verändert  die  Eigenschaften  des  Kupfers 
in  hohem  Grade,  auch  wenn  er  nur  in  geringen  Mengen 
demselben  beigemischt  ist:  die  Farbe  ist  gelblich,  die  HSrte 
vergröfsert  sich  a  über  ordentlich,  wahrend  die  Festigkeit  be- 
deutend verringert  wird,  und  die  Leitungsfähigkeil  nimmt 
stärker  ab,  als  bei  irgend  einer  andern  Verunreinigung. 
Das  Phosphorkupfer  war  dargestellt,'  indem  rother  Phosphor 
auf  geschmolzenes  Kupfer  geworfen,  das  Metall  schnell  ab- 
kühlt und  noch  ein-  oder  zweimal  umgeechmolzeo  wurde. 
Die  Menge  des  Phosphors  wurde  als  phosphorsaure  Magnesia 
bestimmt. 

1.  Kupfer  mit  2,50  Pro-  a)     7,37  bei  17°,0j         Mittel: 
cent  Phosphor:  6)     7,11    -   18  ,0(    7,24  bei  17°,5 

2.  Kupfer  mit  0,95-Pro-  o)  23,43  bei  22",3j         Mittel: 
cent  Phosphor:  b)  23,05,  »  22  ,oj  23,24  bei  22", 1 

3.  Kupfer  mit  0,13  Pro-  o)  67,88  bei  20°,0         Mittel: 
cent  Phosphor:  6)  67,46    »  20  ,0  j  67,67  bei  20°,0 
Schwefelkupfer  scheint  sich  nicht  in  Überschussigem  Kupfer 

aufzulösen,  sondern  sich  nur  mechanisch  .darin  zu  vertheilen. 
Obgleich  wir  nämlich  in  einem  Draht  bei  der  Analyse  einen 
Gehalt  von  0,16  Proc,  Schwefel  fanden,  so  war  doch  die 
Leitungafä&igkeit  verhSltnifnnSfsig  so  wenig  vermindert,  dafs 
wir  diese  Erniedrigung  der  Brüchigkeit  der  Drähte  zuschrei- 
ben  muteten.     In  Folge   dessen   wurde   auch  bei  vier  Be- 


Stimmungen    keine    hinreichende    Uebereinstimmung    erzielt, 
das  Mittel  derselben  war  38,58  bei   19  ,1. 

Durch  Selen  oder  Tellur  wird  das  Kupfer  überai 
brüchig,  es  ninitnt  eine  schmutzig  graue  Farbe  und  stark 
kryslallinisches  Gefüge  an:  wir  waren  daher  nicht  im 
Staude  Drahte  von  Kupfer  zu  ziehen,  welches  nachweisbare 
Mengen  der  beiden  Substanzen  enthielt. 

Wirft  mau  Arsen  auf  geschmolzenes  Kupfer,  so  wird  es 
zum  gröfsten  Theil  unter  Zischen  aufgenommen,  der  übrige 
Theil  verbrennt  oder  verdampft.  Schmilzt  mau  diese  Masse 
noch  einmal  um,  so  erhalt  man,  schon  bei  sehr  geringem 
Proceutgehall  von  Arseu,  ein  sehr  hartes,  etwas  sprödes 
Metall  von  schmutzig  grauer  Farbe,  das  jedoch  hinreichende 
Dehnbarkeit  und  Festigkeit  besitzt,  um  sich  zu  Draht  ziehen 
zu  lassen.  Es  gelang  uns,  einen  Kupferdraht  mit  5,4  Proc. 
Arseu  bis  zu  einer  i)icke  von  0,29  Millimeter  im  Durch- 
messer zu  ziehen,  und  wir  würden  ihn  noch  dünner  zu  zie- 
hen im  Staude  gewesen  seyn.  wenn  uns  feinere  Zichplatlen 
zu  (tehote  gestanden  hätten.  Es  steht  diefs  mit  neuerdings 
aufgestellten  Behauptungen  in  Widerspruch«  dafs  es  nämlich 
unmöglich  sey,  dünne  Kupferdrähte  zu  ziehen,  in  denen 
eine  erhebliche  Menge  Arsen  enthalten.  —  Das  Arsen  wurde 
als  arsensaure  Ammoniak-Magnesia  bestimmt,  bei  einer  Probe 
aber  nur  qualitativ  im  Marsh'schen  Apparat  nachgewiesen- 
Die  nachfolgenden  Zahlen  zeigen,  dafs  die  Leituugsfähigkeit 
des  Kupfers  durch  Arsen  in  einer  ebenso  überraschenden 
Weise  als  durch  Phosphor  erniedrigt  wird. 

1.  Kupfer  mit  5,40  Pro-  a)     6,17  bei  16°,7j 

cent  Arsen:  b)     6,19    >    17  ,ii\ 

.  Kupfer  mit  2,80  Pro-  a)  12,97  bei  18",8 

cent  Arsen:  b)  13,38   -   19  ,i\ 

I.  Kupfer  mit  nochgerin-  a)  57,72  bei  19" 


Mittel: 
6,18  bei  I6U, 

Mittel: 

13,14  bei  19", 

Mittel : 


gcrer  Menge  Arsen:    b)  57,89    •   19  ,9}  57,80  bei  19°,7 

Die  mehrfach  .-»(geführten  Beobachtungen  '),  dafs  glühen- 
des oder  geschmolzenes  Kupfer  Ammoniak  gas  unter  Bildung 
,  IM,  3,  S.  411). 


23U 


ml 
fkupfer  zersetze,  welche  indessen  schon  von 
Schröiv_.  bestritten  und  von  Dick  widerlegt  worden 
aiod,  vcraulafsten  uns,  auch  in  dieser  Richtung  eineu  Ver- 
such anzustellen.  Ein  Draht  von  reinem  Kupfer,  dessen 
Leitungsfähigkeit  bestimmt  war,  wurde  eine  Viertelstunde 
lang  in  einem  Verbrennuugsrohr  geglüht,  während  ein  Strom 
trocknen  Ammoniakgases  darüber  geleitet  wurde;  nachdem 
Erkalten  hatte  sich  weder  das  äufsere  Ansehen,  noch  seine 
Ductilität  geändert,  auch  die  Leitungsfähigkeit  war  dieselbe 
geblieben.  Es  scheint  also,  dafs  bei  den  früheren  Versuchen 
entweder  sauerstoffhaltiges  Kupfer,  oder  nicht  vollständig 
reines  Ammoniak  augewandt  worden  war. 

Silicium  und  Bor,  auf  geschmolzenes  Kupfer  geworfen 
und  wiederholt  damit  um  geschmolzen,  vereinigen  sich  uicht 
mit  demselben  und  werden  nicht  davon  aufgelöst. 

Die  Beeinträchtigung;  der  elektrischen  Leitangsfabigkeft 
des  reinen  Kapfers  durch  geringe  Mengen  fremder  Metelle 
ist  nicht  ganz  so  bedeutend,  als  der  Einflufs,  den  die  Me- 
talloide darauf  ausüben;  jedoch  bewirken  namentlich  des 
Eisen  and  Zinn  «ine  sehr  starke  Erniedrigung  der  Leitungs- 
fähigkeit. Die  Metalle  wurden  mit  dem  Kupfer  nach  der 
oben  beschriebenen  Methode  legirt,  welche  hier  besonders 
den  Vortheil  gewahrt,  dafs  durch  die  unaufhörliche  Dewe- 
gnng  des  geschmolzenen  Metalls  eine  möglichst  vollständige 
Mischung  erzielt  wird. 

Die  Mengen  der  mit  dem  Kupfer  legirlen  Metalle  wur- 
den analytisch  bestimmt. 

1.  Kupfer mit3,20Pro-  u)  56,96  bei  1<>°,0|         Mittel: 
cent  Zink:  &)  57,01    ■    10  ,fij  56,98  bei  10°,:) 

2.  Kupfermit  1,60 Pro-  a)  76,25  bei  15°,2  Mittel: 
cent  Zink:                 6)  76,45    -    16  ,4J  76,35  bei  15°,8 

3.  Kupfer  mit  Sparen  a)  85,67  bei  1S°,0{         Mittel: 
Zink:  6)  84,43    -   20  Jü\  83,05  bei  19 °,0 

4.  Kupfermit  I,08Pro-  a)  27,44  bei  14°,2)         Mittel: 
cent  Eisen:  b)  26,46    -   12  M  26,95  bei  13°,1 

5.  Kupfermit0,48Pro-  a)  34,40  bei  1I",0  Mittel: 
cent  Eisen:                6)  34,72   ••   11  ,4(  34,56  bei  11",2 


6.  Kupfern]il4,90Pru-  a)  19,35  bei  14°,8)         Mitlei: 
ceut  Zinn:                  b)  19,611    -    14  .öj  19,47  bei  14°,4 

7.  Kupfermit2,52Pro-  a)  32,49  bei  17°,«)         Mittel: 
cent  Zinn:                 »)  32,79   •    17  ,2)  32,64  bei  17°,l 

8.  Kupfermitl,33Pro-  a)  48,76  bei  16",8j         Mittel: 
ceul  Zian:                 b)  48,28    -    16  ,8)  48,52  bei  16°,8 


9.  Kupfermil2,45Pro 
cent  Silber: 


.  Kupfern»  1 1,22  Pro 
ceut  Silber: 


11.  Kupferinit  3,50  Pro- 
cent  (iold: 


o)  80,01  beil9",6) 
b)  79,21    »    19  ,8, 


c)  78,93 


19  ,8 


Mittel: 
\  79,38  bei  19°,7 


a)  87,61  bei20D,6' 

6)  86,65    »   20  ,6 

c)  86,46    »  21  ,0] 

o)  65,10  bei  I8",0' 

6)  65,80    -   18  ,2 

c)  66,00    -   18  ,1 


Mittel: 
86,91  bei  20",7 


Mittel: 
65,36  bei  18°, 1 


Wir  vermochten  nicht  einen  Draht  von  reinein  Kupfer 
zu  ziehen,  iu  dem  nur  Spuren  von  Blei  enthalten  waren, 
■la  (Jiels  augenscheinlich  das  Kupfer  vollkommen  mürbe  und 
brüchig  macht.  In  Gmelin's  Handbuch  ist  ebenfalls  an- 
gegeben, dafs  Kupfer  mit  nur  0,1  Proc.  Blei  vreder  zu 
feinem  Draht  gezogen,  nuch  iu  dünnes  filech  ausgewalzt 
werden  kann.  Da  nun  aber  in  Kupfcrschrnelzereien  eine 
geringe  Quantität  Blei  dem  Kupfer  zugefügt  wird,  um  es 
dehnbarer  und  zäher  zu  machen,  so  nimmt  mau  au,  dafa 
durch  Ilinzufügung  von  Blei  das  vorhandene  Kupferoxydul 
reducirt  werde.  Indessen  wurde  nach  den  Aualysen  von 
J.  Napier  (Philo*.  Mag.  Vol.  5.  p.  488)  stets  Blei  gefun- 
den, wo  es  hinzugefügt  worden  war,  und  zwar  oft  iu  Men- 
gen gleich  dem  Beirage  des  Hinzugefügten.  Wir  haben  daher 
iu  dieser  Richtung  einige  Versuche  angestellt. 

Es  wurde  zu  Kupfer,  das  bei  Zutritt  von  Luft  geschmol- 
zen war,  0,1  Proe.  Blei  oder  Zinu  hinzugesetzt,  und  die 
Lcgtrung  iu  der  Tabakspfeife  in  einer  Kohlensäurealmosphäre 
geschmolzen.  Die  Bestimmung  dir  elektrischen  Leitungs- 
fähigkeit ergab  folgende  Zahlen: 


232 

1.  Leitfähigkeit  des  bd  ,3  M.||eI: 

="6C"*°d'e"     KU|"  6)  81,15    -    13  ,6   83,91  bei  13»,3 
fers: 

2.  Nach  Zusatz  von  0.1  a)  8»,E>5  bei  12",Oj         Millel: 
Proc  Blei:  6)  89,42    »   13  ,8j  89,49  bei  12°,9 

■■i)  Nach  Zusatz  von  0,1  a)  90,00  bei  U°,0  Mittel: 

Proc  Zinn:  b)  89,80    »    14  ,tlj  89,90  bei  14\(t 

o)  91,27  bei  13",8  Mittel: 

oj  90,96  bei  I3U,9 
Die  beim  Kupfer  zurückbleibende  Menge  des  Blei's  oder 
Zinn's  war  so  gering,  clafs  es  unmöglich  war,  dieselbe  quan- 
titativ zn  besliinmeu.  Die  Versuche  beweisen  indefs,  dafs 
durch  Zusatz  von  Blei  etc,  zu  suboyydhaltigem  Kupfer  ein 
wirklich  reineres  Metall  erhallen  wird;  und  wir  können  ans 
dem  Vorsieh  enden  den  Schlufs  ziehen,  dafs  keine  Kttpfer- 
legirung  existirt,  welche  die  Eleklricilät  besser  leitet,  als 
reines  Kupfer. 

Es  mögen  hier  auch  die  Bestimmungen  eine  Stelle  finden, 
welche  mit  mehreren  Kupfersorten  des  Handels  ausgeführt 
wurden,  und  »war  mit  Drahten,  die  in  Wasserstoffgas  ge- 
.  glüht  waren. 

1.  Spanisches      Kupfer  a)  13,57  bei  U°,7j         Mittel: 
(Rio  Tinto):  o)  13,73    -   14  ,9)  13,65  bei  14°,8 

2.  Russisches  Kupfer      a)  57,34  bei  12",0)         Mittel: 
(Demidofl):  b)  57,92    -    13  ,5)  57,63  bei  12",7 

3.  Englisches  Kupfer      ä)  68,24  bei  I7°,2  Mitfei: 
(Garkupfer)                 6)   68,24    «    17  ,4)  68,24  bei  17-.3 

4.  Dito       (s.  g.   Bright  a)  69,56  bei  15n,0|  Mittel: 

copper)  b)  69,29  -  16  ,4J  69,42  bis  15°,7 

.    _,.,  .  o)  78,41  bei  14 °,0  Mittel: 

5.D.IO     auserlesenes      fc)7?fi0    _    ,4    5|  7810  bei  |4u2 

6.  Australisches  Kupfer  a)  85,20  bei  M",Ol  Mittel: 
(Burra  Burra)             o)  85,96    -    14  ,uj  85,58  bei  14°,0 

7.  Amerikanisches Kup    a)  89,63  bei  I5",0|         Mittel: 

fer  (Lake  Superior)    b)  88,57    -   15  ,0)  89,10  bei  15°,0 

Dm  spanische  Kupfer  No.  1  enthielt  neben  Kupferory- 

dul  und  Spuren  von  Blei,  Eisen,  Nickel  etc.  auch  2  Proc. 


. 


Ohne  Zweifel   ist  der  Gegenwart   dieses 
Körpers  die  geringt;  Leilungsfähigkeit  des  spanischen  Kupfers 
izuschreiben. 

No.  2,  das  russische  Kupfer,  enthielt  Spuren  von  Arsen, 
jsen,  Nickel  und  Kupferoxydul;  auch  liier  kann  das  Arsen 
Hauptursache   der  geringen  Leitungsfähigkeit  betrachtet 
erden. 
In  No.  3  wurden  Spuren  von  Blei,  Eisen,  Nickel,  Anti- 
mon und  Kupferoxydul  gefunden. 

No.  i  enthielt  Spuren  von  Eisen,  Nickel,  Blei  und 
Kupfer  oxydul. 

In  No.  5  waren  Spuren  von  Eisen,  Nickel,  Antimon  und 
upferoxydul  enthalten. 
In  No.  6,  dem  australischen  Kupfer,  konnten  nur  Spuren 
von  Eisen  und  Kupferoxydul  nachgewiesen  werden. 

In  No,  7,  dein  amerikanischen  Kupfer,  wurden  Spuren 
von  Eiseu,  Silber  (0,03  l'roc.)  und  Kupferoxydul  gefunden. 

Als  die  Ursache  der  Verschiedenheil  in  deu  Leituugs- 
lalij-kciten  obiger  Kupfersorten  mui's  natürlich  der  verschie- 
dene Gehalt  au  Verunreinigungen  befrachtet  werden;  da 
aber,  wie  schon  früher  angeführt,  keine  Methode  für  genaue 
ijiiitntitalive  Itcslumnung  des  Kupferoxyduls  bekannt  ist,  und 
da  letzteres  in  allen  Kupfersorten  gefunden  wurde,  so  schien 
es  nutzlos,  die  übrigen  Verunreinigungen  uuanlilaliv  zu  be- 
stimmen, zumal  die  Erniedrigung  der  Lcilungsfähigkcit  durch 
Oxydul,  wie  oben  nachgewiesen,  in  manchen  Füllen  gleich 
28  l'roc.  seyu  kann. 

Schliefslich  möchten  wir  noch  die  Aufmerksamkeit  Derer, 
welche  in  der  gleichen  Richtung   beschäftigt    sind,    auf   fol- 
.eiide  Punkte  richten; 
}  auf  die  Wichtigkeit  der  Angabc,   ob  die  Drähte  hart 
gezogen   oder  in  geglühtem  Zustande  angewandt  wur- 
den, da  es  in  manchen  Fällen  einen  sehr  bedeutenden 
Unterschied  in  den  gefundenen  Werlhen  macht; 
2)  auf  den  Eintlufs  der  Temperatur  auf  die  Leitungsfähig- 
keit.     Da    wir   nur  in  wenigen  Fällen  die  Temperatur 
iiiigegeben  linden,  bei  der  die  Beobachtungen  angestellt 


letzteren 


der  Verhm*  mK  A,  die  Rotitiooegeachwindigkcfr  de*  «Erde 
an  der  betreffenden  Stelle  mit  E.  Sie  ist-  offenbar  von  der 
geographischen  Breite  ß  abhängig  and  wenn  man  die  Ro- 
tationsgeschwindigkeit unterm  Aequator  c  nennt,  =u>.cot/Sl 
Bezeichnet  man  noch  die  wirklich  sich  ergebende  Geschwin- 
digkeit längs  der  Erdoberfläche  mit  Q  and  das  Axtnrath  der 
Richtung,  ans  welcher  der  Wind  kommt,  von  Norden  .Obec 
Osten  etc.  von  0°  bis  360°  geitidt,  mit  a,  das  fisinwih 
der  Richtung,  nach  welcher  der  Wind  hin  weht,  *)a*pit 
180  -Ho,  so  ergeben  sich  offenbar  folgende  Glekhoags»* 
1)  A— c.coa/9=08in(l80+a)  and.         ..     iu 

jr=s0coe(18O+a). 

Daraus       2)  tg(IB0+a)==^4^, 

3)  Q%  =(A—c.co%ß)*+M%. 

Um  nun  hiernach  die  Bewegung  eines  Lufttheilchens  zu  be- 
stimmen, nehme  man  an  (Taf.  I  Fig.  5),  dasselbe  befinde  siclr 
zur  Zeit  t  in  dem  Punkte  der  Erdoberfläche  B.  Es  sei  P 
der  Pol,  AQ  der  Acquator,  PA  der  Nullmeridian.  Der 
Punkt  B  sey  bestimmt  durch  die  Breite  BC  =  ß  und  die 
Länge  A  C  =  X. 

Nach  Verflufs  des  sehr  kleinen  Zeitraums  dt  befinde 
sich  das  Lufttheilchcn  in  D  und  habe  die  Breite  DE=ß+dßf 
die  Länge  AE  =  X  +  dL  Legt  man  noch  durch  B  den 
Bogen  des  Parallelkreises  BF,  so  ist  offenbar 

4)  DF=dß=M.dt  und 

B F  =  CE  .  cos  ß  =  dX .  cos  ß. 
Es  mufs  aber  auch 

BF  =  (A  —  c.  cos/9)  dt  sein,  weil  die  Ge- 
schwindigkeit in  westöstlicher  Richtung  =  A  —  c  .  cos  ß  ist« 
Also  bat  man 

5)  d X .  cos  ß  =  (i4  —  c .  cos  ß)  dt. 
Die  Gleichung  4)  giebt  integrirt: 

6)  Mt  =  ß  —  ßQf  wo  ß0   die  Breite  ist,  unter 
welcher  sich  der  Punkt  zur  Anfangszeit  t0  befand. 

Eliminirt  man  ferner  dt  aus  4)  und  5),  so  erhält  man 
als  Differentialgleichung  der  Bahnlinie: 


237 

7)  M.d?.=——^.dß  =  -±-.dß—c.dß, 

J  eotß  '  cos  ß        '  '  ' 

welche  durch  Integration  ergiebt: 

8)  M(l-lJ  =  A.rA\S&±flß-e.\ß-ßJ. 

(Es  bezeichnet  hierbei  /  den  natürlichen  Logarithmus,  r  den 
Erdradius.  Wo  ß  und  X  als  Bogen  vorkommen,  sind  es 
die  rectificirten  Bogen,  in  demselben  Maafs,  etwa  in  Toisen, 
gemessen,  wie  A,  M,  c,  r.)  • 

Bei  der  Discussion  der  eben  aufgestellten  Formeln  will 
ich  zunächst  nur  die  nördliche  Halbkugel  in  Betracht  ziehen; 
die  theil weise  Umkehrung  der  Resultate  für  die  entgegen- 
gesetzte Halbkugel  ist  in  jedem  Falle  leicht  auszuführen. 

Findet  zunächst  eine  Strömung  vom  Aequator  nach  dem 
Nordpol  statt,  so  ist  Jf  positiv/  mithin  mufs  die  Breite  ß 
wachsen  und  in  jedem  Punkte  der  Bahn  gröfser  seyn  als 
die  Breite  des  Anfangspunktes  ß0. 

Haben  wir  es  nun  mit  einem  Westwind  zu  thun,  für 
welchen  A^>c.  cos ßu  ist,  so  bleibt  der  Ausdruck  A  —  c . cos ß 
positiv  und  wächst  um  so  mehr,  je  längere  Zeit  die  Strö- 
mung dauert;  es  wird  daher  die  Richtung  immer  östlicher, 
(siehe  2.),  die  Geschwindigkeit  immer  gröfser  (siehe  3.)*  Ist 
dagegen  die  Anfangsrichtung  des  Windes  eine  westliche,  so 
ist  A<C.c.cos ß0.  Wenn  aber  mit  der  Zeit  die  Breite  ß 
wächst,  also  c .  cos  ß  kleiner  und  kleiner  wird,  so  wird  end- 
lich einmal  A  gleich  c .  cos  ß  werden.  Dann  wird  tg  (180-1-  a) 
=  0,  die  Richtung  der  Strömung  geht  genau  von  Süden 
nach  Norden,  und  ihre  Geschwindigkeit  0  ist  in  diesem 
Augenblick  =  M.  Von  da  ab  geht  das  Zeichen  der  tg  (180+a) 
in  das  dem  früheren  entgegengesetzte  über,  und  der  Wind 
ist  von  West  nach  Ost  gerichtet  Den  wichtigen  Punkt  der 
Windbahn,  in  welchem  diese  Umkehr  der  Richtung  statt- 
findet, nennt  der  Verfasser  Wendepunkt,  wobei  natürlich 
nicht  an  den  gewöhnlich  von  den  Mathematikern  so  genann- 
ten Curvenpunkt  zu  denken  ist,  in.  welchem  die  Curve  aus 
einer  gegen  die  Tangente  concaven  eine  convexe,  oder  um- 
gekehrt, wird. 


Die  Breite  B  eines  solche»  Wendepunkts  orgiebt  sich 
aus  der  Gleichung: 

9)  cobB  =  ^-. 

Da  sich  indefs  A  Dicht  direct  beobachten  läfst,  sondern  nur 
die  Geschwindigkeit  Q  und  das  Azimuth  der  Richtung  a 
für  irgend  einen  bestimmten  Punkt  der  Erdoberfläche,  so 
ist  es  zweckmäßig,  B  durch  diese  letzteren  Beslimmungs- 
stücke  auszudrücken.  Selten  wir  daher  den  Funkt,  an  wel- 
chem die  Beobachtung  gemacht  wird,  als  Anfangspunkt  au, 
bezeichnen  also  seine  Breite  mit  ß,„  die  zugehörigen  Gröfsen 
mit  ('., ,  ct.,,  so  erhält  man,  da 

A  —  c.coeß0  =  0„sio(l8fH-«0)  ist,  die  Breite 
des  Punktes  der  Bahn,  in  welchem  die  Richtung  des  "Win- 
des sich  wenden  wird,  durch  "tiie  Formel: 

io)  „,»='•-'•■"«•*<■■+->.  ;;'***•' 

(Das  zweite  Glied  des  Zählers  ist  für  einen  nach  Waten 
gerichteten  Wind  negativ,  mithin  dann  cos  B  <z  cor  ßa,  mm 
B  >  ßa,  daher  ist  im  weitem  Verlaufe  der  Bahn  ein  Wende- 
punkt zu  erwarten.  Bei  einem  nach  Osten  gerichteten  Winde 
dagegen  ist  das  zweite  Glied  positiv,  cos  B  >■  cos  ß0 ,  mithin 
B-<.ßu.  Ein  Wendepunkt  hat  also,  wenn  damals  die  Strö- 
mung  schon  herrschte,  in  einer  frühem  Zeit  stattgehindeOt 
kann  aber  in  der  Folge  nicht  mehr  eintreten.) 

Die  Lange  des  Wendepunktes  und  die  Zeit,  zu  weich» 
der  bewegte  Punkt  dahin  gelangt,  werden  erhalten,  neu 
man  den  für  B  gefundenen  Werth  in  die  Gleichungen  fi) 
und  8)  einsetzt.  m  -  .,■ 

In  dem  Tbeile  der  Bahn  bis  zum  Wendepunkt  wird  die 
Richtung  mehr  and  mehr  eine  süd  nördliche  (im  Wende- 
punkt selbst  genau  nach  Norden  weisend),  wobei  die  Ge- 
schwindigkeit mehr  and  mehr  bis  zur  Gröfse  0  —  M  abnimmt 
Von  da  an  ist  der  Verlauf  ganz  wie  bei  dem  vorher  schon 
charakterisirten  Südwestwind. 

In  Bezog  auf  diese  vom  Aequator  nach  dem  Pol  g*erkA- 
teten  Strömungen  hat  der  Verfasser   der   angeführten  Ab-   I 


liandlung  eine  irrthümliche  Ansicht  ausgesprochen,  dafs  näm- 
lich der  bewegte  Punkt  den  Pol  nie  erreichen  könne.  Da 
die  Bewegung  in  der  Richtung  des  Meridians  durch  nichts 
gestört  immer  gleichmäfsi'g  mit  der  Geschwindigkeit  M  erfolgt, 
so  mufs  der  Theorie  nach  der  Pol  allerdings  erreicht  wer- 
den, und  zwar  in  einer  Zeit 


II)    T  = 


M 


Allerdings  wird  der  zur  Breite  <?  =  90"  gehörige  Längen- 
unterschied  i  — 10  unendlich  grofs,  da  (siebe  8)  für  den 
Werlh  ^  =  90°  die  tg  (45°  -+-•,'/?)  und  mithin  auch  der 
Logarithmus  derselben  unendlich  grofs  ist.  Diefs  Lrgebnifs 
der  Formel  mufs  aber  offenbar  so  gedeutet  werden,  dafs 
das  bewegte  Lu  fit  hei  Ich  en,  bis  es  zum  Pol  gelangt,  unend- 
lich oft  denselben  umkreist  haben  mufs,  dafs  also  in  der 
nächsten  Nahe  des  Pols  eiue  Hufserst  schnelle  Wirbelbewe- 
gung stattfindet.  Ob  diefs  sich  wirklich  so  verballe,  wage  ich 
freilich  nicht  zu  behaupten,  da  die  Ergebnisse  der  Theorie 
durch  wichtige  Umstünde,  die  nicht  in  Rechnung  gezogen 
wurden,  vielleicht  beträchtlich  modificirt  werden. 

Ich  wende  mich  nun  zur  Betrachtung  der  Polarströmung, 
für  welche  M  negativ  ist.  In  diesem  Falle  wird  die  Breite  ß 
im  Laufe  der  Zeit  immer  kleiner,  cos  ß  also  immer  grofser. 

Wenn  daher  der  Wind  ein  Ostwind  ist  (A<1  c .  cos  ß„), 
so  bleibt  A  für  jedes  im  Verlauf  der  Bahn  erreichte  ß  klei- 
ner als  c.cosß:  die  Tangente  des  Azimulhs  der  Richtung, 
lg  (18H"  -+-  a),  behalt  also  immer  dasselbe  Vorzeichen  und 
zwar  das  Vorzeichen  +,  da  Zähler  und  Nenner  beide  ne- 
gativ sind.  Der  Wind  bleibt  daher  ein  Ostwind,  und  seine 
Richtung  wird  nach  und  nach  immer  westlicher;  dabei  nimmt 
seine  Geschwindigkeit  immer  mehr  und  mehr  zu. 

Bei    einem   vom   Pol    nach   dem   Aequator   strömenden 

estwind  ist  A  >  c.  cos/?,,.  Da  aber  c.cosß  nach  und 
nach  wächst,  kann  ein  Zeitpunkt  eintreten,  wo  /l  —  r  .  en-  '' 
wird.  Die  Richtung  der  Strömung  wird  dann  eine  südliche, 
und  geht  von  diesem  Wendepunkt  an  in  die  entgegenge- 
setzte Richtung  von  Ost  nach  West  über.     Von  da  an  wl 


240 

der  ganze  Verlauf  gleich  dem  des  früher  geschilderten  Nord- 
ostwindes. 

Die  Breite  des  Wendepunkts  bestimmt  sich  auch  hier 
nach  Formel  10).  Es  kann  aber  der  Fall  eintreten,  cUfs 
der  Werth  für  cos  B  gröfser  als  l  ist,  mithin  die  Bahncurve 
keinen  Wendepunkt  bildet. 

Die  gefundenen  Resultate  lassen  sich,  wobei  immer  nur 
von  der  nördlichen  Halbkugel  die  Rede  ist,  mithin  kurz  so 
zusammenstellen : 

Der  Nordost-  und  der  Südwestwind  behalten  im  Verlauf 
ihrer  Bahn  diese  ihre  Richtung  im  Ganzen  bei,  wobei  beide 
mehr  und  mehr  sich  der  Richtung  der  Parallelkreise  nähern» 
ohne  jemals  ganz  damit  zusammenzufallen,  und  an  Stärke 
zunehmen. 

Der  Südost  und  der  Nordwest  gehen  anfangs  mit  ab- 
nehmender Stärke  mehr  und  mehr  in  die  Richtung  der  Me- 
ridiane über,  werdeu  an  einer  Stelle  ihrer  Bahn,  dem 
Wendepunkt,  reine  Süd-  oder  Nordwinde  und  verfolgen 
von  da  an  den  Verlauf  der  eben  cbaraktcrisirten  Südwest- 
oder Nordostwinde. 

Schon  hieraus  erklärt  sich  also  das  entschiedene  Vor- 
walten der  Südwest-  und  Nordostwinde,  der  gewissermafseu 
normalen  Richtung  der  Aequatorial-  und  der  Polarströmung. 

Wie  diese  Ergebnisse  der  Betrachtung  sich  für  die  ent- 
gegengesetzte Halbkugel  abändern,  ist  leicht  ersichtlich. 

Es  bleibt  nur  noch  übrig,  die  Windbahnen  über  den 
Aequator  hinaus  aus  einer  Halbkugel  in  die  andere  zu  ver- 
folgen: Ein  auf  der  nördlichen  Halbkugel  entstandener 
Nordost  wird,  wenn  er  als  ein  noch  etwas  südlich  gerich- 
teter Ost  bis  zum  Aequator  gelaugt  ist,  ihn  natürlich  durch- 
schneiden und  von  nun  an  dem  Südpol  zustreben.  Aber 
da  von  jetzt  an  die  Breite  wieder  zunimmt,  wird  die  Rich- 
tung sich  nach  und  nach  mehr  der  des  Meridians  nähern. 
Die  Windbahn  wird  also  auf  beiden  Seiten  des  Aequators 
ihm  ihre  convexc  Seite  zukehren,  und  es  findet  daher  an 
der  Stelle,  wo  dieselbe  den  Aequator  schneidet,  ein  wirk- 
licher Wendepunkt,  nach  der  Definition,  die  die  Mathematik 


davou  gicbl,  stau.  Die  Fortsetzung  der  Bahn  auf  der  süd- 
lichen Halbkugel  hat  dann  ganz  den  Verlauf  eines  gewöhn- 
lichen Nordostwindes  der  südlichen  Halbkugel,  entsprechend 
dem  Sudostwind  der  nördlichen  Halbkugel,  wie  er  im  Obi- 
gen geschildert  wurde,  und  wendet  sich  also  später  nach 
Osten  zurück. 

Ganz  analog  ist  die  Bahn  eines  Sil  dost 's  der  südlichen 
.  Halbkugel,  welcher  den  Aequator  schneidet  und  auf  die 
nördliche  Halbkugel  übergeht.  Da  dieser  Fall  eiu  prakti- 
sches Interesse  hat,  hebe  ich  hervor,  dafs  mithin  ein  solcher 
Südost  einige  Grade  nördlich  vom  Aequator  zu  einem  Süd 
oder  gar  einem  Südwest  geworden  seyn  kann. 

Ein  an  einem  gewissen  Punkt  der  nördlichen  Halbkugel 
entstehender  Nordwest  wird,  wie  wir  im  Vorigen  gesehen 
haben,  im  Allgemeinen  auf  dieser  Halbkugel  umbiegen  und 
in  einen  Nordost  übergehen.  Ist  diefs  aber  nicht  der  Fall 
(wenn  A  >  c  ist,  siehe  9),  so  ist  um  so  mehr  nach  dem 
Durchgang  durch  den  Aequator  A  ;>  c  .  cos  ß,  der  Wind 
bleibt  ein  Westwind  und  wird  im  Laufe  der  Zeit  sich  im- 
mer mehr  dem  reinen  Westwind  uähern.  Auch  in  diesem 
Falle  ist  unterm  Aequator  eiu  Wendepunkt  im  mathemati- 
schen Sinne,  auf  beiden  Seiten  vom  Aequator  ist  die  coli- 
cave  der  Seite  der  Curve  ihm  zugekehrt 

Symmetrisch  nach  der  entgegengesetzten  Seite  gerichtet 
tst  die  Bahn  eines  Südwest  der  südlichen  Halbkugel,  der 
als  ein  solcher  den  Aequator  durchschneidet. 

Wenn  wir  übrigens  nur  die  Gestalt  der  Bahncurven 
betrachten,  in  ihrem  ganzen  Verlauf  längs  der  Erdoberfläche, 
ohne  auf  Aufangszeit  und  Anfangspunkt  der  Bewegung  zu 
rücksichligeu,  so  lassen  sich  die  im  einzelnen  erhaltenen 
Resultate  leichl  in  folgender  Art  übersichtlich  zusammen, 
fassen ! 

Die  Gleichungen  1)  2)  3)  ergeben,  dafs  für  gleiche  nörd- 
liche und  südliche  Breite  sowohl  Richtung,  als  Geschwin- 
digkeit des  Windes  einander  gleich  sind,  die  Bahn  liegt  also 
symmetrisch  zu  beiden  Seiten  des  Aequalors.  Am  Aequa- 
P«Ggct>dorfr>  Add»1.  Bd.  ex.  18 


im  selbsl  findet  ein  mathematischer  Wendepunkt  statt.  Wenn 
M  sein  Zeichen  lindert,  bleibt  die  Geschwindigkeit  dieselbe 
und  das  Aziinulh  der  Richtung  verwandelt  sich  in  sein  Sup- 
plement. Die  Bahncurven  sind  ihrer  Gestalt  nach  dieselben, 
den  vorigen  symmetrisch,  so  dafs  rechte  und  linke  Seite 
sich  gegenseitig  vertauschen.  Ich  betrachte  daher  nur  die 
Bahnen  für  ein  positives  M,  wo  also  die  Bewegung  vom 
Aeuuator  nach  dein  Nordpol,  oder,  da  wir  auch  den  fro- 
hem Verlauf  der  Bahn  in  Betracht  ziehen,  vom  Südpol  nach 
dem  Nordpol  gerichtet  ist. 

Dann  ist  die  Gestalt  der  Bahn  nur  wesentlich  verschie- 
den, je  nachdem  A  gröfser  oder  kleiner  als  c  ist.  Ist  nam 
lieh  A  ;>  c,  so  ist  es  auch  ;>  c .  cos  ß,  was  auch  ß  für  einen 
Werth  annehme;  eine  Umkehr  der  Richtung  kann  daher  nie- 
mals stattfinden.  Der  Verlauf  der  Curve  wird  (Fig.  6  Taf.  I) 
Airch  die  Linie  I— I  dargestellt  Ist  aber  A<.c,  so  surf*  ( 
es  irgend  eine  Breite  B  auf  beiden  Seiten  de«  Aeqtnton 
geben,  für  welche  A  =  c .  cos  B  ist.  An  diesen  Stellen  lo- 
dert die  Bahn  ihre  Richtung,  es  sind  die  vom  Verfasser  so- 
genannten Wendepunkte.  Die  ungefähre  Gestalt  der  Bahn 
ist  in  derselben  Figur  von  II  bis  II  verzeichnet.  Die  Wende- 
punkte sind  mit  W  W  bezeichnet.  Bei  beiden  Bahnen  ge- 
ben die  Pfeile  die  Richtung  der  Bewegung  an,  die  starken 
Auszeichnung  der  Linien  soll  die  Zunahme  der  Geschwin- 
digkeit andeuten. 

Der  besondere  Fall,  wo  A  =  c  ist,  unterscheidet  sieh 
nicht  wesentlich  von  dem  ersten  Fall  (Linie  I  —  I);  nur 
schneidet  die  Bahnlinie  den  Aequator  unter  rechtem  Winkel 
Die  symmetrischen  Gestalten  der  Windbabnen,  wenn  die 
Richtung  der  Bewegung  von  Nord  nach  Süd  gebt,  zeigt 
Fig.  7  Taf.  I. 

Inwieweit  die  entwickelten  Formeln  den  wirklichen  Ver- 
lauf der  Erscheinung  darstellen,  Iafst  sich  zur  Zeit  wohl  nicht 
genügend  prüfen,  weil  keine  Angaben  über  den  Lauf  des 
Windes  existiren,  welche  die  notbwendigen  Elemente,  na- 
mentlich die-  Geschwindigkeit,   mit   der  erforderlichen  Ge- 


243 

lauigkeit  angeben.  Trotzdem  wird  eine  ungefähre  Schätzung 
'»  11  u m eri seilen  Resultate  von  Interesse  seyti: 

Wenn  A  =  c  ist,  so  geht  die  Formel  3)  für  Q*  in  fei- 
nde über: 

Q*  =  4c*  sin*  (!,ß)-i-M>, 
Diefs  ergiebl  z.  B.  für  die  Breite  /?  =  60°,  dasin|^  =  { 
ist:  Q*  =^ct+M\  mithin  Q  jedenfalls  gröfser  als  |tt 
Noch  gröfser  wird  Q  offenbar  unter  dieser  Breite,  wenn 
A  >■  c  ist.  Da  nun  c,  die  Rotationsgeschwindigkeit  der 
de  unterm  Aequator  beinahe  1500  Fufs  in  der  Sekunde 
betragt,  so  würde  diefs  für  alle  solche  Winde  (I  —  I  der 
Figur)  eine  Geschwindigkeit  von  über  700  Fufs  in  der  Se 
künde  ergeben,  etwa  viermal  so  grofs  als  die  wirklich  be- 
obachtete Geschwindigkeit  der  a  Herlief  tigsten  Stürme. 

Wahrscheinlich  kommen  also  Wiode,  welche  eine  der- 
artige Bahn  beschreiben,  überhaupt  nicht  vor;  mit  andern 
Worten:  die  hier  gemachte  Annahme,  als  befände  sich  un- 
term Aequator  Luft,  deren  Geschwindigkeit  in  ost-wesUicher 
Richtung  =  o  sey,  oder  die  gar  eine  Bewegung  in  der 
Richtung  von  West  nach  Ost  habe,  scheint  unstatthaft 
«u  seyn. 

Aber  selbst  bei  den  Winden  der  zweiten  Art  (II— Ilj, 
wo  die  Richtung  der  Bewegung  untenn  Aequator  von  Ost 
nach  West  geht,  wo  erst  von  dein  in  einer  gewissen  Breite 
liegenden  Wendepunkt  an  die  Geschwindigkeit  sich  zu  stei- 
gern beginnt,  erreicht  sie  in  den  meisten  Fällen  bald  eine 
öfse,  die  weit  über  die  erfahrungsmäfsige  Starke  des 
Vindes  hinausgeht.  Wenn  z.  B.  der  Wendepunkt  unter 
lern  30slcu  Grad  der  Breite  liegt,  wo  also  A  =  c  .  cos  30" 
,  so  wird  unterm  fiOsten  Grad  der  Breite 

Q*  =  c*  (cos  30"  —  cos  60°)*  +  ffl%  mithin 
Q  >  c(iK3-i) 
Q  >■  c  .  0,366  . . . 
Wir  sehen  hieraus,  dafs  die  Geschwindigkeit  eines  der 
Art  bewegten   Lufltheilchens    durch   verschieden!] i che  Ein 
virkungon  sehr  beträchtlich  verzögert   wird,   wie   sieh   das 
16* 


«ach  der  Natur  der  Sache  aafch  nicht  andere  erwarte»! 
Aber  diese  Einwirkungen  müssen  gani  gleiche?  weise 
auf  die  Componente  der  Bewegung  in  der  Richtung 
Meridians  wirken,  und  wenn  nun  die  Erfahrung  in 
auf  diese  nicht  in  demselben  Maafoe  eine  Verlagerung 
wefet,  wenn  die  Geschwindigkeit  in  der  Richtung  de*  Mo* 
ridians  etwa  gleichmäßig  bleibt,  oder  vielleicht  gar 
so  mufs  man,  wie  mir  acheint,  daraus  den  Schiris  m 
dafe  in  dieser  Richtung  eine  stetig  wirkende  Kraft 
den  sein  mufa,  welche  Jener  Verzögerung  entgegenwkkt 
Ich  werde  auf.  diese  Bemerkung  in  der  Folge  noch  turtelt- 
kommen«  ■■•■■  r 

Endlich  will  ich,  ohne  mich  rorliufig  auf  eine  Erkliwg 
dieses  Verhaltens  einzulassen*  hier  nur  darauf  aufaMtküp 
machen ,  dafs  bei  den  Wirbelstflrmen  das  Centruto  des 
Wirbeb  bei  seinem  Vorrücken  genau  eine  solche  Bahn  ein- 
schlägt, wie  unsere  Formeln  sie  gewissen  bewegten  Luft- 
theilchen  vorschreiben.  Bei  den  Bahnen  der  westindischen 
Wirbelstürme  t.  B.  geschieht  das  Vorrücken  des  Wirbels 
(nicht  die  Bewegung  der  Luft  innerhalb  desselben)  genau 
in  den  Bahnen  eines  Südostwindes  der  nördlichen  Halbku- 
gel. (Ich  verweise  in  dieser  Hinsicht  auf  das  Werk  von 
Dove:  »Ueber  das  Gesetz  der  Stürme.«  Besonderer  Ab- 
druck aus  des  Verfassers  »Klimatologischen  Beiträgen«,  Ber- 
lin bei  Reimer  1857  und  die  beigefügte  Karte  IL) 

Der  Wendepunkt  der  Bahn,  das  schnellere  Fortschrei- 
ten in  der  Richtung  nach  Osten,  nachdem  derselbe  passirt 
ist,  alles  läfst  die  Wege  des  Wirbelcentrums  genau  den 
oben  charakterisirten  Windbahnen  gleich  erscheinen. 

IL 

Wir  haben  gesehen,  wie  die  Drehung  der  Erde  den 
längs  ihrer  Oberfläche  dahingleitenden  Massentheilchen  sehr 
beträchtliche  Bewegungen  in  der  Richtung  der  Parallelkreise, 
▼on  Ost  nach  West  und  umgekehrt  zu  ertheilen  vermag. 
Aber  sie  kann  ihre  Wirksamkeit  nur  äufsern,  wenn  dem 
zu  bewegenden  Körper   ein  Impuls  in  der  Richtung  des 


245 

Meridians,  vom  Aequator  nach  dem  Pol,  oder  vom  Pol  nach 
dem  Aequator  hin  innewohnt,  durch  den  er  zu  andern  Pa- 
rallel kreisen,  wo  eine  andre  Rotaliousgeschwiudigkeit  herrscht, 
gelangen  kann.  Wir  haben  uds  demnach  nunmehr  mit  der 
Frage  zu  beschäftigen,  durch  welche  Ursache  ein  Strömen 
des  Wassers  oder  der  Luft  in  der  Richtung  der  Meridiane 
hervorgebracht  werde. 

Was  nun  die  nach  dem  Aequator  hioslrebcnden  Polar- 
Strömungen  betrifft,  so  ist  man  über  den  Gruud  derselben 
längst  im  Klaren.  Durch  die  starke  Erwärmung  des  Erd- 
gürtels um  den  Aequator  herum  verdunstet  dort  das  Wasser 
in  gröfserer  Menge,  es  mufs  daher  zur  Herstellung  der 
Gleichgewichtsoberlläche  von  beiden  Seiten  her  fortlaufend 
Wasser  hinzuströmen.  In  ähnlicher  Weise  werden  die 
nach  dem  Aequator  hingehenden  Winde  durch  Verdiinuung 
der  Luft,  welche  Über  der  heil'scn  Zone  ruht,  hervorgerufen. 
Dagegen  hat  man,  wie  es  mir  scheint,  keine  befriedigende 
Erklärung  über  den  in  entgegengesetzter  Richtung  vom 
Aequator  nach  dein  Pole  hinziehenden  Aequatorialstrom  an- 
gegeben. Was  man  in  Bezug  auf  ihn  als  Erklärung  auf- 
gestellt hat,  scheint  mir  nicht  unerheblichen  Bedenken  zu 
unterliegen.  —  Ich  werde  aber  die  Strömungen  des  Wassers 
und  der  Luft  gesondert  behandeln  müssen,  da  die  beiden 
obwaltenden  Verhältnisse  nicht  ganz  dieselben  sind,  und 
beginne  mit  der  Betrachtung  der  Strömungen  des  Meeres: 

Die  Aequatorialströmung  des  Atlantischen  Oceans,  die 
vom  Busen  von  Guinea  zunächst  nach  der  Ostspitze  Süd- 
amerika'.* hinlenkt,  worauf  der  gröfstc  Theil  derselben  seinen 
Weg  nach  dem  Karaibischcn  Meer  und  dem  Busen  von 
Mexiko  nimmt,  findet  ihre  genügende  Erklärung  in  den 
Wassennassen ,  die  aus  höhern  Breiten  beider  Halbkugeln 
in  das  tun  den  Aequator  herum  durch  Verdunstung  entste- 
hende WelUnthal  zuströmen.  Da  diese  auf  der  nördlichen 
Halbkugel  von  Nordost  nach  Südwest,  auf  der  südlichen 
von  Südost  nach  Nordwest  gerichtet  sind,  so  resullirt  aus 
dem  Zusammentreffen  beider  Slromrichlungen  jene  von  Ost 
nach   West    ziehende    Strömung.      Aber   wir    müssen    den 


weitem  Verlauf  derselben,  den  Golfatrom,  efaer 
Betrachtung  unteriieben.   Dafc  die  im  Merikanisehcn  M— fr 
bösen  sich  anstauenden  Wassermasseu  wieder  ahfliefsÜB 

■ 

müssen,  ist  natürlich;  ebenso  ist  der  weitere  Verlauf. 
Strömung,  nachdem  sie  am  die  Halbinsel  nm  Florida 
nach  Neiden  gelenkt,  ein  ganz  gesetunäfsiger,  die  alknlfe 
liehe  Ablenkung  der  Bahn  nach  Osten  eine  Folge  der  Dre- 
hung der  Erde.  Dafc  sie  aber  diese  Anfaogarichtung  ein- 
schlagt, mofs  ein  Blick  auf  die  Karte  höchst  aufteilend  er- 
scheinen lassen.  Hltten  wir  es  hier  mit  einem  bloben 
Abströmen  aufgestauter  Wassennassen  nach  Gegenden^  wo 
das  Meer  ein  etwas  niedrigeres  Nireau  hat,  zu  then,  s* 
würde  wohl  einestheils  eine  Rückströmung  imd  in  Folg* 
dessen  eine  Vcrlarigsamnng,  ein  Aufhalten  der  ursprOnglfc 
dien  Strömung  stattfinden,  anderntheils  würde  das  Westes^ 
nachdem  es  durch  den  Kanal  zwischen  Cuba  und  Florida 
einen  Ausweg  gefunden ,  sich  nach  allen  Seiten,  besonders 
aber  in  der  Richtung  von  West  nach  Ost,  welcher  die 
Wände  des  Kanals  ungefähr  folgen,  ausbreiten  müssen.  Das 
Forlströmen  in  einer  ganz  andern  Richtung,  in  einein  An- 
fangs verhaitnifsmäfsig  schmalen,  beinahe  scharf  begränzten 
Bette,  mit  so  beträchtlicher  Geschwindigkeit,  wie  es  in 
Wahrheit  stattfindet,  weist,  wie  mir  scheint,  entschieden 
auf  eine  andere  bestimmende  Ursache  einer  so  auffallenden 
.  Erscheinung  hin. 

Ehe  ich  meine  Ansicht  über  die  hier  und  in  ähnlichen 
Fällen  wirkende  Ursache  ausspreche,  liegt  mir  ob,  die  an- 
derweitig darüber  beigebrachten  Erklärungen  anzuführen 
und  zu  beurtheilen.  Sehr  eingehend  hat  sich  in  neuerer 
Zeit  mit  dem  Golfstrom,  den  merkwürdigen  Erscheinungen, 
die  er  darbietet,  sowie  den  muthmafslichen  Gründen  der- 
selben der  Amerikaner  M.  F.  Maury,  eine  grofse  Autori- 
tät in  nautischen  Angelegenheiten,  beschäftigt.  Ich  verweise 
auf  sein  Werk :  Die  physische  Geographie  des  Meeres.  Deutsch 
bearbeitet  von  Dr.  C.  Böttger,  Leipzig  bei  G.  Mayer  1856. 

Der  Charakter  dieses  Werkes,  dafs  es  neben  einer  Fülle 


der  schätzbarsten  erfahr  ungsmäfsig  festgestellten  Angaben, 
neben  bedeutenden  und  geistreichen  theoretischen  Aus  füll 
rungen  und  Hypothesen  nicht  selten  einen  auffallenden 
Mangel  an  Kritik  zeigt  und  wahrhaft  phantastische  Annah- 
men vorbringt,  zeigt  sich  auch  bei  dieser  Gelegenheit.  Der 
Verfasser  giebt  in  Bezug  auf  den  Golfstrom  zwei  Hypothe- 
sen, die  auf  geradezu  entgegengesetzten  Voraussetzungen 
beruhen,  sich  vollkommen  gegenseitig  ausschlief  seil.  Er  stellt 
sie  aber  ruhig  neben  einander  hin,  ohne  auf  ihren  Gegen- 
satz auch  nur  aufmerksam  zu  machen.  Bei  der  einen,  die 
ich  für  gänzlich  unzulässig  halle,  wie  ich  demnächst  zu  zei- 
gen versuchen  werde,  bleibt  er  schiiefslich  stehen,  und  läfst 
die  andere  fallen.  Gerade  diese  aber  scheint  mir  die  rich- 
tige zu  sein  und  eine  viel  weiter  greifende  Auwcnduug  zu- 
zulassen. 

Die  meiner  Meinung  nach  unrichtige  Hypothese  besteht 
in  Folgendem: 

Auf  die  gemachte  Bemerkung  hin,  dafs  das  Wasser  der 
Karaibischen  See  und  des  Golfs  von  Mexiko  den  Kupfer- 
beschlag der  Schiffe  mehr  angreife  als  das  Wasser  anderer 
Meere,  weshalb  es  wahrscheinlich  salziger  sey  als  anderes 
Meerwasser,  wird  die  Folgeruug  gebaut:  "dafs  die  Gewäs- 
ser des  Golfstroms,  da  sie  in  solcher  Masse  uud  mit  solcher 
Geschwindigkeit  in  das  Wellmeer  hin  ausströmen,  nicht  allein 
iliuen  eigenth jimliche  chemische  Affinitäten  besitzen,  sondern 
wegen  ibres  gröfsern  Salzgehaltes  auch  specifisch  schwerer 
sind  als  das  Meerwasscr,  durch  welches  sie  in  einem  so 
klaren  und  wohl  abgegräiizleu  Kanal  hindurchfliefsen«  (S.  23 
des  angeführten  Werkes).  Dem  gegenüber  wird  auf  den 
geringen  Salzgehalt  der  Ost-  und  Nordsee  aufmerksam  ge- 
macht. "Wir  haben  nun  auf  der  einen  Seite  das  Karaibi- 
sche  Meer  und  den  Golf  von  Mexiko  mit  ihrem  Salzwasser, 
auf  der  andern  die  Ostsee  mit  einem  Brackwasser  von  sehr 
mafsiger  Stärke.  In  der  einen  Gruppe  dieser  Meeresbeckeu 
ist  das  Wasser  schwer,  in  der  andern  leicht.  Zwischen, 
ihnen  liegt  der  Oceaii;  aber  das  Wasser  will  nothwcud 


weise  lein  Niveau  und  Gleichgewicht  suchen  um!  behaupte 
Hier  fördern  wir  «In  Alna  der  den  Golfstrom  Biiaug— aal 
Kräfte  tu  Tage.«  *•«-■ 

Das  Unhaltbare  dieser  Hypothese  liegt  wohl  Uftttaif 
Tage.  Gebaut  tat  sie  auf  die  Annahme,  dab  daa  Waaaar 
des  Mexikanischen  Meerbusens  schwerer  sey  als  da« -dar 
Ostsee,  wofür  entschieden  der  Beweis  nicht  gefohlt  tat,  »ad 
schwerlich  geführt  werden  kann.  Der  Verfasser  selbrt'kebt 
hervor,  dafs  die  grauere  Ansdahnnng  durch  die  Witwe, 
welcher  das  Wasser  im  Mexikanischen  Meerbusen  ansge 
setzt  ist,  in  entgegengesetztem  Sinne  wirken  mnfs.  Weiek» 
Einwirkung  die  überwiegende  sey,  müfste  daher  tot  «Um 
Dingen  und  cwar  durch  bestimmte  quantitative  Ansah— 
entschieden  werden.  Die  daiu  nOthigen  BeobacbtsjBgsji 
wurden  dem  Verfasser  vielleicht  in  Gebote  gestanden  hnbant 
ich  mufs  mich  mit  rein  theoretischen  Erwägungen  begnügen. 
Ich  bin  in  Bezug  auf  das  specifische  Gewicht  des  Wassers 
der  gerade  entgegengesetzten  Ansicht.  Zugegeben,  dafs  am 
den  Aequator  herum  im  Laufe  des  Jahres  eine  beträchtliche 
Quantität  reinen  Wassers  verdunste,  was  darauf  hinwirken 
mufs,  das  Oberfiäcbenwasser  salzhaltiger  zu  machen,  so  wird 
diefs  durch  den  gerade  in  diesen  Gegenden  sehr  massen- 
haften Niederschlag  wieder  ausgeglichen.  Wenn  ferner  die 
der  starken  Verdunstung  ausgesetzte  obere  Schicht  des 
Meeres  dadurch  wirklich  schwerer  werden  sollte,  so  uiüfste 
sie  natürlich  herabsinken  und  durch  anderes  Wasser  ersetzt 
werden.  Da(s  aber  die  Verdunstung  in  dieser  Weise  auf 
die  ganze  Wassermasse,  bis  zum  Meeresgründe  einen  irgend 
merkbaren  Einflulg  ausüben  könne,  wird  man  doch  wohl 
nicht  behaupten  wollen. 

Aber  ferner,  wenn  die  behauptete  Ungleichheit  im  spe- 
eifiseben  Gewicht  des  Golfstrom-  und  des  Ostseewassers 
stattfände:  würde  diefs  Verhalten  eine  Bewegung  der  Ge- 
wässer wie  den  Golfstrom  hervorzubringen  im  Stande  seyn? 
Ganz  gewifs  nicht.  Das  in  so  weiter  Entfernung  vom  Mexi- 
kanischen Meerbusen  belegene,  .nur  in  so  engen  Strafsen 
sich    öffnende    Becken    der    Ostsee    sollte    eine    merkbare 


249 

Wirkung  bis  auf  so  weite  Entfernung  hin  ausüben?  Und 
wenn  diefs  der  Fall  wäre,  intifste  nicht  jedenfalls  die  Strö- 
muug  in  der  Nähe  der  Ostsee  durch  den  Sund  und  die 
Belle  am  stärksten  seyn,  und  würde  in  gröfserer  Entfernung 
sich  nur  mit  abnehmender  Stärke  äufsern?  Der  Golfstrom 
zeigt  aber  in  Wahrheit  gerade  das  entgegengesetzte  Ver- 
halten 

Die  Hypothese  zur  Erklärung  der  dem  Pole  zustreben- 
den Richtung  der  Gewässer  des  Golfstroms,  der  ich  mich 
anschlicfse,  und  dieMaury  gleichfalls  aufstellt,  beruht  auf 
der  Annahme,  dafs  das  durch  den  Aequatorialslrom  dahin- 
gewälztc  Wasser,  welches  sich  seh li eis! ich  im  mexikanischen 
Meerbusen  ansammelt  und  aufstaut,  durch  die  Wärine,  der 
es  ausgesetzt  ist,  sneciliscli  leichler  wird  als  die  Meergewa's- 
ser  in  höheren  lireitcn.  hl  diefs  aber  der  Fall,  so  wird 
es  vermöge  der  Gen Irifugal kraft  vom  Aequator  nach  den 
Polen  hin  abzudienen  streben,  um  durch  anderes  schwere- 
res, das  von  den  Polen  dem  Aequator  zutliefst,  ersetzt  zu 
werden.  Maury  erläutert  diefs  sehr  zweckmäfsig,  indem 
er  sagt,  man  möge  sich  den  Aequator  mit  einer  Schicht  Oel 
statt  von  Wasser  umzogen  denken.  Sowie  die  Erde  ihre 
Rotation  beginnt,  würde  offenbar  die  Oclmassc  nach  den 
Polen  hinfliefsen,  das  schwerere  Wasser,  zum  Theil  unter 
der  Oberfläche  hinllicfsend,  dein  Räume  um  den  Aequator 
zuströmen.  Offenbar  wird  das  speeifisch  leichtere  Wasser 
eich  in  dieser  Hinsicht  ganz  wie  das  Oel  verhalten. 

Aber  diese  Strömung  des  leichteren  Wassers  vom  Aequa- 
tor nach  den  Polen  hin  kann  mir  dann  Platz  greifen,  wenn 
res  bis  zur  Höhe  der  Gleichgewichlsoberlläche  der  Erde  an 
der  betreffenden  Stelle  heranreicht,  oder  durch  Aufstauung 
über  sie  emporgehoben  ist. 
Diefs  der  Grund,  warum  die  warmen  Gewässer  des 
Aequatorialslroms  nicht  früher  schon  nach  den  Polen  ab- 
zusirömen  suchen.  Der  Aequalorialstrom  fand  ja  dadurch 
seine  Entstehung,  dafs  um  den  Aequator  herum  durch  Ver- 
dunstung sich  gewissermafsen  ein  Thal  in  der  Mcercsllächc 
bildete,  das  Wasser  unter  das  ihm  an  dieser  Stelle  zukom- 


910 

mende  Nnre»»  hef*bg#drflckt  ward«.  IjjbtMkfcp^tadM 
Wasser  der  höbern  Braten  vermöge  der  Schwere  fonUr 
den  Seiten  herbeüfiefsen.  Die  Einwirkung  der  Ontrifitph 
kraft  auf  leichteres  Wasser  nm  den  Aeqqator  heran  Um 
offenbar  erst  dann  in  Kraft  traten,  wenn  nicht  die  sMrkere 
Gegenwirkung  der  Schwere  au  tiberwinden  ist,  a|m  eist 
dort,  wo  an  den  Rändern  der  Wasserbecken  durdfc  Arf-  J 
Stauung  das  Niveau  hergestellt  oder  nocb  überstiegen  wfed» 

So  erklären  sich  die  Erscheinungen,  die  der  Golftop 
in  seinem  Verlaufe  zeigt,  vollkommen:  ..,,,*.... ..t 

Im  Golf  von  Mexiko  staut  sich  das  betfse  Warne  des 
Aequatorialstroms  (die  Temperatur  de*  Meerwassers  steigt 
dort  bis  auf  32  °  G,  am  höchsten  auf  der  Erde)  bis  über 
die  Höbe  der  GlekhgewkhtsoberflÄche  der  Erde  auf.  Es 
mufs  daher  als  specifisch  leichter,  sowie  es  dem  umfliafrea* 
den  Becken  entkommen  kann,  direct  dem  Pole  zuströmen. 
Die  spätere  Ablenkung  ist  eine  nothwendige  Folge  der  Ro- 
tation der  Erde. 

Da  der  Einflufs  der  Centrifugalkraft  als  eine  stetig  wir- 
kende Kraft  anzusehen  ist,  erklärt  sich  auch,  wie  der  Golf- 
strom trotz  des  zu  überwindenden  Widerstandes  der  übri- 
gen Meeresgewässer,  der  gewifs  höchst  bedeutend  ist,  trotz- 
dem ferner,  dafe  seine  spätere  Ausbreitung  natürlich  die 
Geschwindigkeit  beträchtlich  vermindert,  noch  weiterhin 
eine  so  grofse  Geschwindigkeit  in  nördlicher  Richtung  be- 
halten kann.  Wenn  nicht  auf  diese  Weise  der  Impuls,  der 
ihn  dem  Pole  zutreibt,  sich  stetig  erneuerte,  würden  die 
bewegten  Wassermassen,  wie  mir  scheint,  viel  früher  zum 
Stillstand  gelangen  müssen. 

Die  verwandten  Erscheinungen  anderer  Meeresströmun- 
gen sind  durchaus  geeignet,  den  angegebenen  Erklärungs- 
versuch zu  unterstützen. 

Der  Abflufs  der  warmen  Aequatorialgewässer  längs  der 
ostasiatischen  Küste,  der  vielfach  mit  dem  Golfstrom  ver- 
glichen worden  ist,  zeigt  ein  ganz  analoges  Verhalten.  Ja 
die  localen  Verhältnisse  sind  der  Art,  dafs  der  Verlauf,  den 


er  nimmt,  noch  cntsclnc  Jener  zu  Guusten  meiner  Hypothese 
spricht.  Maury,  dessen  positiven  Angilben  mau  gcwjfo 
volles  Vertrauen  schenken  kann,  charaklerisirt  diese  Strö- 
mung so: 

■  Eine  andere  dieser  Strömungen  (nämlich  der  wannen 
Gewässer  des  Indische»  Oceans)  entweich!  durch  die  Strafsc 
von  Malacca  und  fliefst,  nachdem  sich  andere  wanne  Strome 
aus  den  Meeren  von  Java  und  China  mit  ihr  vereinig!,  wie 
ein  zweiter  Golfstrom  zwischen  deo  Philippinen  und  den 
Asiatischen  Küsten  hindurch  in  den  stillen  Oceau.  Dana 
Irin  sie  den  grofsen  Kreislauf  nach  den  Aleulischeu  Inseln 
au,  das  Klima  mildernd  und  sich  in  dem  Meere  gegen  die 
Nordwest küsle  Amerikas  hin  verlierend  (S.  128).« 

Nun  betrachte  man  die  Karte!  Wenn  ein  Strom,  nach- 
dem er  die  Slrafse  von  Malacca  in  fast  ganz  südlicher  Rich- 
tung durchflössen  hat,  von  da  au  den  Weg  zwischen  der 
Ktistc  von  Iudieu  und  den  Philippinen  einschlagt,  statt  die- 
selbe Richtung  beibehaltend  zwischen  Sumatra  und  Java 
i  inrr.'iMts,  llornco  andererseits  (laliiuzullieLscii,  so  mufs  wohl 
gewifs  eine  Kraft  exisliren,  die  ihn  jenen  ersten  Weg,  fast 
genau  in  nördlicher  Richtung  zu  nehmen  zwingt  —  und 
«las  kanu  füglich  keine  andere  seyu  als  die  Cetilrifugalkraft. 
Eine  entschiedene  Richtung  nach  dem  Pol  zeigt  diese  Strö- 
mung in  ihrem  Verlauf  noch  ein  zweites  Mal,  da,  wie 
Maury  berichtet,  eine  Oberllfichcnslrüinung  nördlich  durch 
die  Behringsstrafse  ins  Eismeer  llicfst. 

Dergleichen  Strömungen  warmen,  also  specitisch  leich- 
teren Wassers  in  der  Richtung  von  den  Aequatorialgegendcn 
nach  den  Polen  hin  sind  noch  mehrere  erfahruiigsmliiMg 
festgestellt.  Einige  von  ihnen  verfolgen  mehr  oder  weniger 
nur  die  schon  überkommene  Richtung,  soweit  die  entgegen- 
tretenden Coiitineulalmasscn  es  gestalten.  So  die  Brasilia- 
nische Strömung,  der  südliche  Arm  der  durch  das  Cap  Roque 
gespaltenen  Aequalorialslrüinung  des  Atlantischen  Oceans, 
die  iMoz;iinbi(|uc-Strümung  samint  dem  auf  der  andern 

le  von  Madagascar  nach  Süden  ziehenden  Strom  im   In 


gesp; 
und 
Seile 


dischen  Meer.     Wir  finden 

der  OstkOste  der  Continente  angestauten  Wi 

dieser  Richtung  abflieJsen.  *'• 

Dagegen  giebt  es  auch  gewisse  andere  Strömungen  dseaar 
Art,  die  ohne  erweislieh  durch  ein  Hindernifa  Tniünhiftt  an 
seyn,  von  dem  Bette  warmen  Gewässers  um  den  AssetHr 
hemm  sich  loslösen,  um  den  Polen  «oostrebeo.  Und  dien» 
seheinen  mir  für  die  behauptete  Einwirkung  des  Cantrif»*. 
galkrnft  auf  spedfisch  leichteres  Wasser  einen  in  In  whls 
geoden  Beweis  nj  liefern.  Dabin  rechne  ich  ilim  sjQsmsmmsj 
ten  nordwestlichen  Ansflou  der  atlantischen  Aeqaatoriak 
Strömung,  der  etwa  unter  dem  lOten  Grad  westlicher  Uns«: 
(Ferro)  von  dem  Haoptstrom  sich  trennend  gegen  Nordwest 
fliefst,  wlhrend  Jener,  soweit  die  Gestaltung  des  Conrnaents 
von  Südamerika  es  gestattet,  die  westliche  Richtung  beibe1 
halt.  Es  kann  an  dieser  Stelle  sehr  wohl  unter  Einwirkung 
der  Ostspitze  von  Südamerika  eine  Aufstauung  des  Wassers 
erfolgen,  wo  dann  sofort  die  Ceutrifugal  kraft  in  Wirksam- 
keit treten  lnufs. 

Ferner  berichtet  Maury,  dafs  wenigstens  zu  Zeiten  ein 
Strom  warmen  Wassere  im  Indischen  Ocean  nach  Süden 
hin  mitten  zwischen  Australien  und  Afrika  seinen  Weg  fin- 
det, der  also  offenbar  durch  keine  gegenstehenden  Land- 
uiassen  in  diese  Richtung  gezwungen  wird. 

Noch  eine  Strömung  würde  sehr  entschieden  zu  Gunsten 
der  angeführten  Hypothese  sprechen,  wenu  ihr  Daseyn  un- 
zweifelhaft ausgemacht  wäre.  Maury  berichtet  Über  sie: 
«Die  unerwartetste  Entdeckung  aber  ist  die  der  warmen 
Fluthung  längs  der  Westküste  Südafrikas,  ihrer  Vereinigung 
mit  der  Lagullasströmung,  die  höber  hinauf  die  Mozambique- 
etrömung  heifst  und  danach  des  gemeinschaftlichen  Laub 
heider  nach  Süden*  (S.  239).  Diefs  widerspricht  allerdings 
der  früheren  Annahme,  wie  sie  noch  auf  den  Bergbaus' sehen 
Karten  zur  Darstellung  gekommen  ist,  nach  welcher  länge 
der  Westküste  Südafrikas  die  Wässer  gerade  in  entgegen- 
gesetzter Richtung  vom  Cap  nach  dem  Busen  von  Guinea 
strömen  sollen,  was  sich  auch  sehr  gut  dadurch  erklären 


liefse,  dafs  dieselben  das  um  den  Aequator  hemm  durch 
Verdunstung  herabgcdrückle  Niveau  herzustellen  Elreben. 

Sollten  indefs  nicht  vielleicht  beide  Angaben  richtig 
seyu?  Steht  in  der  Nähe  des  Guineabusens  das  Wasser 
unter  dem  dieser  Stelle  der  Erdoberfläche  zukommenden 
Niveau,  so  wird  der  Verlauf  der  Strömung  der  früheren, 
von  Berghaus  adoptirleu  Angabe  geuiäfs  sevn.  Wenn 
dagegen  zu  gewissen  Zeilen  des  Jahres  dort  das  Wasser 
höher  angestaut  wird  und  die  Gleicbgewichtsobcrlliiche  er- 
reicht oder  übersteigl,  so  mufs  vermöge  der  Centrifugalknft 
auch  hier  das  Wasser  nach  dem  Pol  hin  abströmen.  Un- 
terstützt wird  diese  Ansicht  dadurch,  dafs  in  der  Nabe  des 
Golfs  von  Guinea  der  in  diesem  Erdgürtel  sonst  herrschende 
Südoslpassat  zur  Sommerzeit  durch  einen  Südwestwind  {ent- 
elanden durch  die  Einwirkung  der  hohen  Temperatur  Su- 
dans und  der  Sahara)  ersetzt  wird.  Hierdurch  wird  offenbar 
die  zur  Entstehung  der  von  Maury  behaupteten  Südströ- 
muiig  nach  unserer  Hypothese  nolhwendige  Aufstauung  des 
Wassers  hervorgebracht  werden  können. 

Ich  möchte  noch  eine  Erscheinung  hierherziehen,  die 
vielleicht  auf  dieselbe  Kraft  zurückzuführen  ist:  Von  ver- 
schiedenen Polarreisenden  wird  berichtet,  dafs  sie  bisweilen 
gewaltige  Eisberge  angetroffen  haben,  die  dem  Wind  und 
derObertläcbcnstrÖmung  entgegen  mit  bedeutender  Geschwin- 
digkeit in  nördlicher  Richtung  hintrieben.  Damit,  die«  Er- 
scheinnng  unterseeischen  Strömungen  zuzuschreiben,  kann 
ich  mich  nicht  einverstanden  erklären,  weil,  der  aufgestell- 
ten Hypothese  gemäfs,  wie  ich  im  Folgenden  gleich  aus- 
führen werde,  diese  nur  von  den  Polen  nach  dem  Aequator 
hin  gehen  können.  Aber  ist  nicht  das  Eis  gleichfalls  spe- 
zifisch leichter  als  das  umgebende  Wasser,  und  erscheint 
es  daher  nicht  ganz  natürlich,  dafs  dergleichen  Eisberge  ge- 
rade wie  warmes  Wasser  der  Centrifugal kraft  anheimfallend 
dem  Pole  zugetrieben  werden? 

Es  ist  selbstverständlich,  dafs  die  Zentrifugalkraft  das 
schwerere  Wasser  umgekehrt  von  den  Polen  nach  dem 
Aequator   hiutreiben   mufs.     Sie   wird  daher  zunächst  noch. 


beschleunigend  auf  die  Gewisser  der  hohem  1 
ken,  wann  sie  domo  di«  Sehware  gelrieben  wie  aaf  «ortr 
schiefen  Ebene  berabfliefaen,  das  durch  die  stark«  ▼ertön-  - 
irtang  um  den  Aeqnator  entstehende  Thal  auszufüllen.  Dtan 
aber  haben  wir  ihrer  Einwirkung  die  zahlreich*«  unter- 
seeischen Strömungen  kalten  'Wassers,  die  samrnllicfc  vofe 
den  Polen  dem  Aeqnator  «Hieben,  mmchrdben ,-  Jaren 
Vorkommen  auf  keine  andere  "Weise  erklärt  werden,  an 


HL 
Ich  wende  mich  nun  cor  Betrachtung  der  Luflah-dsatn» 
gen  und  «war  vorzugsweise  des  vom  Aeqnator  naca'dha 
Polen  gerichteten  sogenannten  Aeqnatorialttronis.  Den»  In 
der  That  lflfst  die  seit  Halley  feststehende  Erklärung  des 
andern  Theils  des  phBuomens,  der  Polarstromungen  und 
ihrer  Fortsetzung,  der  Passatwinde,  nichts  zu  wünschen  übrig. 
Auch"  die  Erklärung  des  Gürtels  der  Windstillen  um  den 
jeweiligen  W&rmeäquator  herum,  wo  der  durch  die  starke 
Hitze  hervorgebrachte  aufsteigende  Luftstrom  dicht  Ober  der 
Erdoberfläche  im  Allgemeinen  keine  andere  Strömung  auf- 
kommen löfst,  wird  ziemlich  tibereinstimmend  gegeben  und 
scheint  mir  vollkommen  zufriedenstellend  zu  seyn.  Aber 
über  den  Weg,  den  von  nun  an  die  bewegten  Loftmassen 
einschlagen,  über  die  Ursache,  die  sie  vom  Aequator  nach 
den  Polen  treibt,  gehen  die  Meinungen  sehr  auseinander 
oder  scheinen  auch  wohl  etwas  unbestimmt  und  unklar  in 
bleiben.  »Durch  die  Passatwinde  wird  fortwährend  Luft 
dem  Aequator  zugeführt,  so  dafs  sie  sich  dort  anhäuft,  und 
daher  wiederum  nach  den  Polen  abströmen  mufs-,  so  un- 
gefähr spricht  man  sich  in  geographischen  Büchern  Über 
diesen  Gegenstand  aus,  wobei  als  ErlSuteruug  das  Beispiel 
der  warmen  Stube  angeführt  zu  werden  pflegt,  in  welche 
durch  die  geöffnete  Thür  von  unten  her  ein  kalter  Luft- 
ström  eindringt,  wo  dann  ein  Theil  der  warmen  Stubenluft 
in  der  Nühe  der  Decke  abströmt.  Aber  das  Beispiel  scheint 
mir  wenig  zutreffend,  da  bei  dem  hervorgebrachten  Erfolg 


255 

die  bestimmte  Begrenzung  der  Luftmasse  durch  die  Wände 
des  Zimmers  und  die  Decke  offenbar  sehr  wesentlich  mit- 
bestimmende Elemente  sind,  die  bei  der  grofsen  geheizten 
Stube  des  Ae<[ualors  nicht  in  gleicher  Weise  vorhanden 
sind,  und  da  der  bald  sich  wieder  verlierende  dem  obera 
Theil  der  Thüröffnung  entströmende  warme  Luftzug  sich 
schwer  mit  dem  bis  tu  so  hohe  Itreiten  wirksamen  Acqua- 
torialstrom  der  Luft  in  Parallele  stellen  läfst.  Verwandt 
mit  obiger  ist  die  Erklärung,  die  Kämtz  in  seiner  ftfoteo- 
logie  {Band  I  S.  138  ff.)  giebt,  Sie  besteht  im  Wesentlichen 
darin,  dafs,  wenn  die  Über  einer  Stelle  der  Erdoberfläche 
ruhende  Luftsäule  durch  die  Wärine  stärker  ausgedehnt 
wird  und  sich  über  das  Niveau  der  umliegenden  Gegenden 
erhebt,  sie  abströmen  müsse,  um  die  Gleichgewichtsober- 
llSctie  wieder  herzustellen. 

Aber  abgesehen  davon,  dafs  das  Niveau  der  Atmosphäre 
keine  fest  best  in  mite  Oberfläche  ist,  sondern  jedenfalls  durch 
die  Temperatur  mit  bestimmt  wird,  ist  es  wohl  durchaus 
unzulässig,  solche  in  vcrhällnifsmälsig  grofser  Nähe  der  Erd- 
oberfläche vorgehende  Erscheinungen  wie  die  Winde  her- 
zuleiten aus  den  Veränderungen,  welche  die  obersten  Re- 
gionen der  Atmosphäre,  dort  wo  sie  an  den  luftleeren  Raum 
gränzt,  oder  sich  allmählich  verliert,  über  deren  Wesen  und 
Beschaffenheit  wir  gar  nichts  wissen,  betreffen.  Die  Ge- 
wichtigkeit dieses  Einwandes  scheint  mir  um  so  gröfscr,  da 
die  Aufwühluug  der  Luft  sich  schwerlich  mehr  als  einige 
Meilen  hoch  erstrecken  dürfte.  Kämtz  selbst  bemerkt 
(Theil  1  S.  283):  »Nun  sind  aber  die  obersten  Theilc  der 
Atmosphäre  so  dilatirt,  haben  so  wenig  Adhäsion  an  einan- 
der, dafs  die  obersten  Luftschichten  einen  Druck  leiden 
können,  ohne  dafs  dadurch  die  untern  iin  mindesten  niodi- 
licirt  werden.» 

In  neuerer  Zeit  hat  Maurv  eine  ganz  abweichende  Au- 
sicbl  über  die  Circulalion  der  Luft  ausgesprochen,  auf  die 
i  li  hier  etwas  näher  eingehen  tnufs,  da  ich  einigen  Auf- 
stellungen desselben  beipflichte,  andere  als  unbegründet 
zurückweisen  zu  müssen  glaube.     Im  Wesentlichen  bestell 


Mine  Hypothete  in  Folgendem,  wobei  ich  auf  die 

tische  Figur  S.  65  seine«  Werkes  verweise:  .1. 

Ein  Laftatom  steigt  am  Nordpol  in  die  Hohe,  fliefat  von, 
dort  als  oberer  Loftstrom  (der  die  Erdoberfläche  Dicht  be- 
rührt) dem  Aeqoator  zu  bis  in  die  Gegend  des  Wende- 
kreises des  Krebses,  wo'Manry  einen  Gürtel  der  Wind* 
stillen  annimmt  Hier  sinkt  es  herab  and  macht  sich  ran 
Dun  an,  In  der  Nahe  der  Erdoberfläche  hiü wehend,  als  dar 
bekannte  Nordostpassat  bemerklich.  Am  Aeqoator,  oder 
vielmehr  in  der  Gegend  des  aequatorialen  Calmengfirtnln> 
steigt  es  empor,  and  geht,  nachdem  es  den  Calmengttrttl 
überschritten,  nach  der-  andern  Halbkugel  Ober,  bb  sam 
Wendekreis  des  Steinbocks  in  den  oberen  Regionen  blei- 
bend. Dort  aber  senkt  es  sieh  wieder  und  zieht  in  den* 
bekannten  Aequatorialstrom  der  südlichen  Halbkugel  als 
Nordwest  dem  Südpol  zu,  wo  es  emporsteigt,  am  den  ent- 
sprechenden Weg  vom  Sttd-  nach  dem  Nordpol  einziischla- 
.  gen,  den  man  nach  obigen  Angaben  leicht  wird  verfolgen 
können.  Ich  hebe  daraus  nar  hervor,  dafs  nach  Maury's 
Ansicht  mithin  der  Aequatorialstrom  unserer  Breiten  mit  der 
vorherrschenden  Richtung  von  Südwest  nach  Nordost  von 
der  südlichen  Halbkugel  herkommt,  am  Acqualor  in  die  Höhe 
gestiegen  ist,  und  sich  in  der  Gegend  des  nördlichen  Wende- 
kreises zur  Oberfläche  herabgesenkt  hat. 

Was  Maury  ferner  als  Hypothese  über  die  diese  Cir- 
culation  bewirkende  Kraft  vorbringt,  namentlich  in  Betreff 
der  behaupteten  Hebungen,  Senkungen  und  Durchkreuzun- 
gen der  Luflströme,  wobei  er  an  den' Magnetismus  der 
Erde  und  die  magnetischen  Eigenschaften  der  verschiedenen 
Bestandteile  der  Luft  denkt,  ist  so  gänzlich  vag  und  un- 
bestimmt, dafs  man  wohl  vorläufig  der  Mühe  überhoben 
ist,  darauf  naher  einzugehen.  Ich  kann  mir  jede  Berück- 
sichtigung dieser  höchst  hypothetischen  Hypothese  um  so 
mehr  ersparen,  da  ich  nur  einen  Theil  seiner  Aufstellungen 
mir  zu  eigen  mache,  und  dieser  mir  ganz  naturgemäCs  10 
seyn,  keiner  so  unsichern  Annahmen  zu  bedürfen  scheint. 

Mir  scheint  nämlich  die  Annahme  eines  vom  Pol  bis  zu 


257 


dem  zugehörigen  Wcudekrcise  in  oberen  lieg\ 
ziehenden  Luftslroms,  der  eist  liier  sich  zur  Oberfläche  her- 
abseuke,  durch  nichts  erwiesen,  seine  Annahme  in  keiner 
Weise  durch  die  Erscheinungen  gefordert.  Weht  denn  nicht 
in  der  kalten  und  gcmäfsigteii  Zone  der  nördlichen  Halbkugel 
der  polarische  Nordost  oft  genug  an  der  Oberfläche  hin? 
Dafs  er  nicht  fortwährend  der  herrschende  Wind  ist,  wie 
später  in  der  hejfseii  Zoue  als  Nordostpassat,  liegt  einfach 
darin,  dafs  der  aequatoriale  Südwest  so  oft  mit  ihm  im 
Streite  liegt,  oder  Über  ihn  die  Oberhand  behält.  Die  na- 
tnrgemäfse  Vorstellung  über  den  Polarstrom  ist  offenbar 
di«,  dafs  nach  der  stark  verdünnten  Luft  des  heifsesten  Erd- 
gürtels die  kältere  Luft  von  höheren  Breiten  und  vom  Pole 
her  gewiss ennafsen  durch  Saugen  fortwährend  hingezogen 
wird. 

Dafs  dagegen  in  der  Nähe  der  Wendekreise  der  bis 
dahin  nur  in  den  oberen  Regionen  der  Luft  herrschende 
AequatorJalstrom  sich  der  Oberfläche  der  Erde  nähert,  er- 
klärt sich  genugsam  dadurch,  daTs  die  früher  erhitzte,  be- 
trächtlich leichtere  Luft  vom  Acquator  her  beim  Vorrücken 
in  höhere  Breitcu  allmählich  sich  abkühlt  und  daher  schwe- 
rer werden  mufs,  ohne  dafs  man  dabei  den  Magnetismus  zu 
Hülfe  rufen  dürfte. 

Ebenso  wird  man  Maury  beistimmen  müssen,  wenn  er 
eine  Durchkreuzung  der  über  den  Calmcn  emporsteigenden 
Luftströmungen  des  Nordost-  und  Südostpassats  behauptet. 
Eine  derartige  Durchkreuzung  ist,  soviel  mir  bekannt,  in 
Werken,  welche  diefs  Thema  behandeln,  zwar  meistens  nicht 
geradezu  in  Abrede  gestellt:  vorherrschend  war  aber  immer 
die  Vorstellung,  dafs  die  Luftmassen,  nachdem  sie  um  den 
Aequator  in  die  Höhe  gestiegen,  im  Allgemeinen,  auf  der- 
selben Halbkugel  bleibend,  rückwärts  dem  l'olc  wieder  zu- 
strömten. Es  ist  Maury's  Verdienst,  diese  Durchkreuzung 
entschieden  behauptet,  und  in  ihren  Gonsequenzen,  die  er 
freilich  bisweilen  mir  etwas  zu  weil  zu  ziebeo  scheint,  ver- 
folgt zu  haben.  In  der  Thal  kann  die  Geschwindigkeit 
eines  Lufttbeilchens ,    das   vom  Nordostpassat  getrieben  bis 

PüggcnJorfP.  Anul.    Bd.  CX.  VI 


i   dahin- 


258 

an  die  Grunze  des  aequatorialcn  Calmcngiirtcls  gelangt,  in 
dieser  Richtung;  keineswegs  aufhören,  wenn  es  auch  durch 
die  starke  Erhitzung  in  die  Höhe  zu  steigen  gezwungen 
wird,  da  ein  senkrecht  in  die  Höhe  gerichteter  Impuls  die 
horizontalen  Compouenten  der  Bewegung  gar  nicht  ändert. 
Die  Bewegung  von  Nordost  nach  Südwest  wird  daher  dem 
Lufttheiichen  verbleiben  müssen,  auch  wenn  es  in  einem 
aufsteigenden  Luftslrome  in  die  Höhe  getragen  ist,  und  es 
wird  demnach  den  Carmc-DgQrtel  zu  durchschneiden  und  in 
die  andere  Halbkugel  überzugehen  streben.  In  ähnlicher 
Weise  wird  die  vom  Südostpassat  zugefßbrte  Luft  in  hö- 
heren Regionen  durch  den  Calmcngürtel  hindurch  zu  unserer 
Halbkugel  den  Weg;  finden.  Dafs  diese  Richtung  nach  dein 
Uebergang  in  die  andere  Halbkugel  nach  und  nach  in  die 
entgegengesetzte  übergeht,  ist  im  Vorigen  nachgewiesen. 

Zwar  wird  während  des  Aufstcigcns  beider  Luflslröme 
und  durch  ihre  gegenseitige  Einwirkung  auf  einander  die 
ihnen  eingeprägte  Geschwindigkeit  in  der  Richtung  von 
Nord  nach  Süd  und  von  Süd  nach  Nord  sich  vemiiudcrri: 
bisweilen  werden  die  von  beiden  Passaten  bewegten  Luft- 
inassen  sich  gegenseitig  aufhalten,  uft  aber  werden  sie  auch 
einander  vorbeigehen,  oder  sich  durchkreuzen  können,  oder 
die  stärkere  Strömung  wird  die  schwächere  verdrängen. 
Wir  sehen  somit  schon,  wie  eine  Bewegung  in  der  Richtung 
des  Meridians  vom  Aequator  nach  den  Polen  hin  entstehen 
kann,  nämlich  als  Fortsetzung  des  Polarstrums  der  entgegen- 
gesetzten Halbkugel.  Maury  nimmt  diese  Art  der  Luft- 
bewegung als  die  Regel  an,  so  dafs  im  Allgemeinen  die  auf 
der  nördlichen  Halbkugel  vom  Aequator  dem  Pole  zuwe- 
hende Luft  von  der  südlichen  Halbkugel  herkomme,  und 
umgekehrt.  Meiner  Meinung  nach  wird  diefs  zwar  oft  der 
Fall  seyn,  aber  nicht  immer.  Es  kann  auch  vorkommen, 
dafs  die  Luft  unserer  Halbkugel  am  Cahnengflrlel  zurück- 
gehalten, wieder  als  Aeqnntorialwind  nach  höheren  Breiten 
zurückströmt;  durch  welche  Kraft  getrieben,  werden  wir 
später  sehen. 

Wir  wollen  nun  die  Beläge,  die  Maury  für  seine  An- 


259 

sieht  anführt,  dafs  die  den  höheren  Breiten  einer  Halbkugel 
vom  Aefjualor  her  zuströmende  Luft  von  der  entgegenge- 
setzten herkomme,  etwas  »«her  ins  Auge  fassen.  Ich  be- 
merke Übrigens,  dafs  vorzugsweise  für  die  nördliche  Halb- 
kugel die  Beweise  stichhaltig  erscheinen,  nicht  in  gleichem 
Grade  für  die  südliche. 

Bekanntlich  enthält  die  südliche  Halbkugel  sehr  viel  mehr 
Wasser  als  die  nördliche,  Irotzdem  ist  der  Niederschlag 
auf  der  nördlichen  beträchtlich  gröfscr.  Berghaus  giebt 
die  mittlere  Höhe  des  jährlichen  Niederschlags  in  der  nörd- 
lichen gemässigten  Zone  auf  35  Zoll,  in  der  südlichen  ge- 
mäßigten Zone  auf  25  Zoll  an.  Eine  Bestätigung  findet 
diese  Bemerkung  dadurch,  dafs,  wenn  man  den  Amazuncn- 
strom,  der  beiden  Gebieten  augehört,  abrechnet,  mit  Aus- 
nahme des  La  Plata  kein  einziger  bedeutender  Strom  der 
südlichen  Halbkugel  angehört.  Gewils  also  isl  es  eine  auf- 
fallende Erscheinung,  dafs  auf  der  einen  Halbkugel  die 
ausdünstende  Oberfläche,  auf  der  andern  die  Condcnsation 
des  Wasserdunstes  zu  Niederschlagmassen  so  bedeutend 
überwiegt.  Allerdings  wirken  hierauf  zwei  Umstände  ein, 
die  mit  der  hier  entwickelten  Hypothese  über  die  Circula- 
üon  der  Luft  in  keinem  Zusammenhange  stehen:  die  durch- 
schnittlich etwas  höhere  Temperatur  der  nördbehen  Halb- 
kugel, welche  eine  stärkere  Verdunstung  zur  Folge  hat, 
und  die  gröfserc  Masse  des  zum  Thcil  hoch  aus  dem  Was- 
ser emporragenden  Festlandes,  welches  gleichfalls,  indem  es 
die  mit  Wasserdunst  geschwängerten  Wolken  aufhält,  den 
Niederschlag  befördert.  Indefs  erscheint  es  wohl  fraglich, 
ob  man  ein  so  bedeutendes  Resultat  diesen  beiden  Umstän- 
den allein  wird  beimessen  wollen.  Offenbar  würde  der 
Uebergang  von  Lnflmassen  aus  einer  Halbkugel  in  die  an- 
dere nach  derselben  Richtung  hin  sich  wirksam  erweisen. 
Wenn  ich  übrigens  mit  Maury  einen  solchen  Uebergang 
annehme,  so  kann  ich  doch  im  Einzelnen  seinen  Ausfüh- 
rungen keineswegs  beistimmen.  Indem  er  die  mulhmafsliclien 
Wege  der  Wasserdunst  führeudeu  Luftmassen  verfolgt,  lei- 
tet er  fast  immer  den  auf  einer  Halbkugel  fallenden  Nieder- 
\1* 


, 


260 

schlag  aus  der  jenseitigen  Halbkugel  her,  oft  uliue  dafs  diese 
Annahme  im  mindesten  nothwendig  oder  auch  nur  nähr- 
sebeinlich  wäre.  So,  um  deu  starken  Niederschlag  bei  Pa- 
lagouien  und  dem  Gap  Iloorn  zu  erklären,  nimmt  er  an, 
es  müsse  diese  Fülle  von  Wasscrdunst  schon  von  dem 
Nordostpassat  der  nördlichen  Halbkugel  angesammelt  seyn, 
als  wenn  nicht  auf  dein  langen  Wege  vom  Wendekreis 
des  Steinbocks  an  über  ein  weites  Meer  hin  Gelegenheit 
genug  wäre,  mit  Wasserdunst  übersättigt  zu  werden.  Eben 
so  nieint  er,  wie  mir  scheint,  gleicherweise  ohne  zwingenden 
Grund,  die  Hegenmenge  in  Oregon  komme  aus  dem  Gebiet 
des  Südostpassats  der  südlichen  Halbkugel. 

Da,  wenn  eine  solche  Ueberführung  von  Wasscrdunst 
aus  einer  Halbkugel  in  die  andere  stattfindet,  die  Ansamm- 
lung desselben  vorzugsweise  innerhalb  des  Passat  jiiirteU 
stattfinden  mufs,  so  kommt  es  wesentlich  nur  darauf  an,  in 
welchem  Veihülfuils  innerhalb  dieser  Gürtel  die  Wasser- 
fläche zur  Oberfläche  des  Festlandes  steht.  Nun  ist  die 
Wasserfläche  des  südlichen  Passalgürlels  zwar  überwiegend, 
aber  nicht  in  sehr  hohem  Grade;  es  scheint  daher  die  so 
sehr  viel  gröTsere  Menge  des  Niederschlags  auf  der  nörd- 
lichen Halbkugel  darauf  hinzuweisen,  dal«  die  mit  Wasser- 
dunst  überladene  Luft  aus  der  südlichen  Halbkugel  Öfter 
in  die  nördliche   übergebe,  als  umgekehrt. 

Maury  führt  ferner  eine  positive  Thatsachc  an,  die 
wohl  als  beweis  für  die  Ueberführung  der  Luft  aus  der 
südlichen  iu  die  nördliche  Halbkugel  angesehen  werden 
kann.  leb  beziehe  mich  hierbei  auf  den  sogenannten  Pas- 
satstaub, au  welchem  die  Macht  des  Mikroskops  in  den 
Händen  Ehrenbcrg's  sich  in  so  glänzender  Weise  be- 
thäligt  hat,  der,  ausgetrockneten  SchlnniniberkenSüdauierika's 
entstammend,  bis  zu  den  Küsten  von  Nordafrika,  Süd-  nnd 
Mittel -Europa  geführt  wird. 

Ich  verkenne  nicht,  dafs  die  angeführten  Umstünde  kaum 
als  wirkliche  beweise  anzusehen  sind. 

Ihre  Hauptstütze  haben  die  gemachten  Annahmen,  sowie 
die,   welche  ich  im  Folgenden  uoch   aufzustellen   habe,   in 


261 

theoretischen  Erwägungen.  Doch  hielt  ich  es  immerhin  für 
zweckmäfsig,  sie  soweit  als  thimltch  der  Prüfung  thatsäch- 
licher  Erfahi uugen  zu  unterwerfen,  wobei  sich  wenigstens 
herausgestellt  hol,  dafs  dieselben  mit  der  Hypothese  vidi 
kommen  in  Einklang  sind. 

Es  bleibt  uns  noch  die  Einwirkung  der  Zentrifugalkraft 
auf  die  Bewegung  der  Luft  zu  betrachten.  Sie  wird  sich 
im  Wesentlichen  in  derselben  Weise  zeigen,  wie  bei  den 
Strömungen  des  Wassers.  Schwerere  Luftmassen  werden 
dem  Aeijii.ttor  zustreben,  leichtere  vom  Acnualor  nach  den 
Polen  hinströmen.  Dafs  neben  diesen  Impulsen  in  horizon- 
taler Richtung  die  durch  die  Schwere  bedingten  Bewegun- 
gen in  senkrechter  Richtung  sich  geltend  machen,  dafs  die 
schwere  Luft  sich  dicht  über  der  Erdoberfläche  lagert,  die 
leichtere  in  die  Höhe  steigt,  dafs  ferner  alle  aus  der  Aus- 
dehusaiiikeil  der  Luft  hervorgehenden  Bewegungserscheinun- 
gen iu  Kraft  bleiben,  versteht  sich  von  selbst,  und  es  wird 
dadurch  das  Phänomen  ein  viel  coinplicirteres  als  bei  den 
Strömungen  des  Wassers,  Im  Ganzen  aber  wird  es  den 
oben  angegebenen  Charakter  bewahren.  Eine  Masse  spe- 
eifisch  leichter  Luft  wird  natürlich  zunächst  in  die  Hohe 
steigen,  bis  sie  gewissermafsen  das  ihr  zukommende  Niveau 
erreicht  hat.  Zugleich  aber,  wenn  sie  leichter  als  die  iu 
gleicher  Hohe  befindliche  Luft  ist,  wird  sie  der  Centrifugal- 
kraft  folgend  vom  Ac<[uator  nach  den  Poleu  hinwehen.  So- 
mit wird  zunächst  diejenige  Luft,  welche  nach  Durchschuei- 
Jun:  der  Aequatorialcahnen  in  die  jenseitige  Halbkugel 
vorgedrungen  ist,  stetig  neue  Impulse  in  der  Richtung  der 
Meridiane  nach  dem  Pole  zu  erfahren,  und  iu  der  Thal 
scheint  es  schwer  erklärlich,  wie  ohne  eine  solche  Beschleu- 
nigung der  Geschwindigkeit  die  Bewegung  iu  der  Richtung 
des  Meridians  sich  auf  so  weite  Strecken  hin  erhalten  könnte. 
Dann  aber  werden  auch  diejenigen  Luftmassen,  die  im  Gür- 
tel der  Windstillen  des  Aeuualors  sich  ansammeln,  ohn 
ihn  durchschneiden  zu  können,  durch  die  Zentrifugal  krnf 
wieder  zum  Pole  zurückgetrieben  werden.  Wir  haben 
also  auch  iu  diesem  Falle  nicht  mit  einem  blossen  WaVw.W.w 


iür- 
ilme 
NM 
n  es 


262 

der  aufgestauten  Luft  zu  thuii,  wodurch  dieselbe  unmöglich 
ciue  so  bedeutende  Geschwindigkeit  erhallen  könute,  um 
bis  zu  hohen  Breiten  zu  gelangen. 

In  Bezug  hierauf  aber  mim Is  der  Umstand,  dafs  der 
Wärmeäquator  und  im  Zusammenhange  damit  der  Gürtel 
der  Caimen  fast  tiberall  und  zu  allen  Zeiten  des  Jahres  auf 
der  nördlichen  Halbkugel  liegt,  unsere  Aufmerksamkeit  auf 
sich  ziehen.  Was  wird  wohl  die  Folge  hievon  seyn  müs- 
sen? Von  beiden  Seilen  her  slromt  die  Luft  dem  Calmen- 
gürlel  zu  und  steigt  dort  wegen  der  starken  Erhitzung,  der 
sie  ausgesetzt  wird,  in  die  Höhe.  Als  specilisch  leichter 
verfällt  sie  nun  dem  Eintlufs  der  Centrifugalkraft.  Nähme 
nun  der  Caluiengürlcl  gerade  die  Gegend  in  der  Mitte  der 
Erde  genau  um  den  Aequalor  ein,  so  würde  die  Luft  gleich- 
mäfsig  nach  beiden  Polen  hin  abströmen.  Da  er  aber  ganz 
in  der  nördlichen  Halbkugel  liegt,  so  treibt  die  Centrifugal- 
kraft  nach  dein  Nordpol  bin,  beschleunigt  jede  Bewegung 
in  dieser  Richtung,  widerstrebt  dagegen  den  nach  dein  Aequa- 
lor gehenden  Strömungen  und  verhindert  vielleicht  in  man- 
chen Füllen,  dafs  der  Nordostpnssat  der  nördlichen  Halb- 
kugel bis  in  die  südliche  vordringe.  Der  Südoslpassat  da- 
gegen, der,  um  bis  zum  Calmcngürtcl  vorzudringen,  schon 
den  Aequator  passiren  mufste,  wird  dadurch  in  semer  dem 
Nordpol  zugerichteten  Geschwindigkeit  beschleunigt.  Wir 
würden  daher,  worauf  auch  die  Beobachtung,  wie  wir  ge- 
sehen haben,  hinzuweisen  schein!,  häufigere  und  stärkere 
Strömungen  aus  der  südlichen  Halbkugel  in  die  nördliche 
zu  gewärtigen  haben,  als  umgekehrt. 

Endlich  scheint  mir  die  Cenlrifugalkraft  auch  bei  dem 
noch  so  rälhselhaflcn  Phänomen  der  Wirbelstürme  eine 
Bolle  zu  spielen.  Versetzen  wir  uns,  um  die  Vorstellung 
zu  fixiren,  nach  dem  Antillenmeer,  jenem  Hauptschauplatz 
der  furchtbaren  Naturerscheinung.  Bekanntlich  springen  die 
westindischen  Wirbclorkane  in  der  Regel  zwischen  dein 
10*™  bis  aO"""  Grade  nördlicher  Breite,  also  unweit  der 
nördlichen  Gränzc  des  Gürtels  der  Aequalorialcalmeu  auf. 
Diefs  deutet  entschieden  darauf,  dafs  sie  durch  das  Zusam* 


meni  reffen  der  Passalc  beider  Halbkugclu  entstehen.  Und 
wieder  stimmt  der  Umstand,  dafs  sie  iin  Allgemeinen  liier 
nur  in  der  nördlichen  Halbkugel  erscheinen,  uiit  dein  ebeu 
erwähnten  Verhalten  der  Luftstrümungcu  zusammen,  dafs 
nämlich  der  Nordostpassat  wenig  oder  gar  nicht  in  die  süd- 
liche Halbkugel  vordringt. 

Aus  dem,  was  im  ersteu  Abschnitt  über  die  Bahnen 
bewegter  Luftmassen  gesagt  ist,  geht  hervor  —  und  die  Er- 
fahrung bestätigt  das  vollkommen  (S.  Maury  S.  210)  — 
dafs  der  Südostpassat,  wenn  er  an  die  G  ranze  der  Aequa- 
lorialcalmcu  gelaugt,  mit  der  Richtung  der  Parallelkreise 
einen  viel  gröTser»  'Winkel  macht,  als  der  Nordostpassat 
der  nördlichen  Halbkugel.  Noch  entschiedener  nürdlicb 
wird  er  wahrscheinlich  nach  dem  nolhweudigcn  Aufenthalt 
während  des  Emporsteigcns  innerhalb  der  Calmcn.  Trifft 
also  der  Passat  der  südlichen  Halbkugel,  nachdem  er  die 
Calmen  durchschnittet],  mit  dein  der  nördlichen  zusammen, 
60  mufs  die  rcsultirendc  'Bewegung  offenbar  von  Südost 
nach  Nordwest  gerichtet  scyu,  was  in  der  That  regelmässig 
die  Richtung  ist,  welche  das  Wirbelccntrum  beim  Beginne 
des  Laufs  einschlägt.  Da  ferner  beide  Winde  beim  Zu- 
sammentreffen jedenfalls  einen  bei  rächt  liehen  Winkel  mit 
einander  bilden,  so  finden  wir  das  Entstehen  einer  Wirbel- 
bewegung begreiflich,  wogegen  ein  System  von  Kräften, 
die  unter  sehr  spitzen  Winkeln  auf  eine  Linie  treffen,  nicht 
zu  einer  drehenden,  sondern  nur  zu  einer  fortschreitenden 
Bewegung  in  der  Richtung  der  Diagonale  Veranlassung 
geben  würde.  Hierin  mag  auch  der  Grund  liegen,  weshalb 
im  Australocean  au  der  Gränzo  beider  Passate  dergleichen 
Virbelstürme  nicht  so  häutig  stattfinden.  Die  Region  der 
Leimalorialcalmcn  weicht  hier  nicht  so  weit  von  dem  ma- 
thematischen Aequator  ab,  und  beide  Passate  treffen  daher 
in  sehr  spitzem  Winkel  auf  einander.  Es  scheinen  über- 
haupt Wirbelslürme  durch  das  Zusammen  treffen  beinahe 
entgen  gesetzt  er  Winde    zu  entstehen,    nur    dafs    anderwärts 

k nicht  die  Passalc  beider  Halbkugeln,  sondern  die  entgegen- 
gesetzten Monsoonc  dazu  Veranlassung   geben,     Uebrigeus 


im  . 
Wi, 
Aeip 

tlien; 


lasse 
bclbev 
uiaafs; 
der  Wi 
noch  e(' 
Silin,   il.'ii' 

Luflmu 

wird  n 
dann    in    die 

schreitet 

nimmt 
kurricane  l 

Sollle 
vielleicht  in  1 


264 


ich   hier  auf  die  nähere  Betrachtung  der  Wir- 

j,    die   dabei   obwaltenden   Erscheinungen   und 

!en  Verhältnisse  nicht  ein.     Nur  die  Bahn,   die 

in   seinem   Fortschreiten   beschreibt,    soll   uns 

beschäftigen.    Ich  machte  schon  «In rauf  aufmerk- 

ese  Bahn  gerade  so  ist,  nie  die  einer  bewegten 

Ein  Südostwind  auf  der  nördlichen  Halbkugel 

ml  i.     '    i    '      nach  Norden  gerichtet,  wendet 

;  lichtuiig    nach  Osten    und 

)esc        inigter  Geschwindigkeit  fort,  er 

W        den  das  C'eiiiniro  eines   Weslindia 


ichfit  merkwürdige  Ucbereiiistimmung  nicht 
n  eine  naturgemäße  Erklärung  frudeu? 
Bekanntlich  stellt  innerhalb  des  Wirbels  das  Barometer 
immer  auffallend  niedrig,  die  Luft  ist  dort  in  hohem  Grade 
verdünnt,  wahrscheinlich  weil  die  heftige  Drehung  des  Wir- 
bels mittelst  der  Cenlrifugalkraft  die  Luft  nach  aufsen  treibt. 
Die  ganze  vom  Wirbel  umschriebene  Luftmasse  wird  daher 
speeifisch  leichter  seyn,  als  die  umgebende  Luft.  Mithin 
tritt  nunmehr  die  durch  Rotation  der  Erde  hervorgerufene 
Centrifugalkraft  in  Wirksamkeit  und  ertheilt  der  ganzen 
Luftmasse  einen  Impuls  nach  dem  Nordpol  zu.  Aus  der 
Anfangsrichtung  und  diesem  Impulse  erklärt  sich  dann  die 
Bahn  des  Wirbels  vollkommen. 

Den  Gründen,  welche  ich  dafür  angeführt  habe,  dafs 
man  bei  den  Strömungen  des  Wassers  und  der  Luft  der 
Centrifugalkraft  eine  gewisse  Rolle  beizulegen  habe,  fehlt 
allerdings,  um  entscheidend  zu  seyn,  eine  sorgfältige  Prüfung 
an  dein  Maafsstabe  (ha (sächlich er  Erfahrung.  Indefs  wollte 
ich  mit  meiner  Ansicht  nicht  zurückhalten,  damit  eben  die 
Aufmerksamkeit  der  Beobachter  sich  darauf  richte,  und  sie 
um  so  eher  entweder  Bestätigung  oder  Verwerfung  finde. 


V.     Das  Dichrooskop;  von  IL  TV.  Dove. 

/      

Ich  verstehe  darunter  einen  Apparat,  welcher  bestimmt  ist 
folgende  Aufgaben  zu  lösen: 

1 )  Interfereuzerschcinungen   und  Spectra   in    verschieden 
farbigen  Beleuchtungen   getrennt   und  in   ihrer  Coi 
bination  darzustellen. 

2)  Die  Phänomene  des  Dichroismus  nachzubilden,  sowohl 
die,  wenn  die  dichro'itischen  Krystallc  durch 
doppelt  brechende  Vorrichtung  z.  ß.  die  dich  roi tische 
Loupc  von  Haidinger  betrachtet  werden  als  auch 
die,  welche  hervortreten,  wenn  die  dichroitischen 
Krystallc  selbst  als  analysirende  Vorrichtung  in  einen 
Polarisationsapparat  angewendet  werden. 

3)  Elliptisches,  circulares,  geradlinig  polarisirtes  und  uu- 
polarisirtes  Licht  beliebig  mit  einander  zu  combiuiren 
nicht  in  der  Weise,  dafs  das  eine  durch  die  polari- 
sirende,  das  andere  durch  die  analysirende  Vorrich- 
tung für  sich  hervorgerufen  werde,  sondern  so,  dnfs 
es  gleichzeitig  die  donpeltbrcchenden  Körper  durch- 
strahle und  dann  einer  beliebig  analysircndcn  Vor- 
richtung unterworfen  werde. 

Bezeichnet  Fig.  I  Taf,  IV1)  ab  das  dreiseitige  auf  einem 
gewöhnlichen  Fernrohrstativ  mit  horizontaler  und  verticaler 
Bewegung    in    einer   Hülse   bewegliche   messingene   Prisma 

^  meines  (Pogg.  Ann.  Bd.  35,  S.  596  und  Darstellung  der 
Farbenlehre  S.  202)  beschriebenen  Polarisaliousapparales, 
welches  am  Ende  die  Colleclivlinse  mit  dem  darauf  zu  schrau- 
benden Polarisalionsspiegel  cd,  bei  «  den  analysircuden 
Nicol  mit  der  Ocularlinse  trägt,  so  ist  hegf  das  Dichroos- 
kop, welches  in  einen  der  gewöhnlicheren  Schieber,  welche 
die  übrigen  Vorrichtungen  tragen,  eingesetzt  werden  kann, 
wobei  diese  (ibrigen  Vorrichtungen  (der  polarisirendc  Nicol 
und  die  circularpolarisirenden  Glimmerblällchcn)  zur  Seite 
gelegt  werden. 

I)  El  in  die  Octavlaftt,  die  irrllmmlkl,  >U  Tat.  111  bcuicWl  i»l.  (l>  } 


266 

Das  Dicfarooskop  für  eich  ist  ein  Tiereckiger  messingne! 
Kasten,  dessen  hänge  81"°.  dessen  Höhe  75°"",  dessen  Breite 
70°"",  Die  in  der  Figur  biulerc  Seite  des  Kastens  ist  ge- 
schlossen und  in  der  Mille  dieser  Seitenwand  eiu  cylindri- 
scher  Aufsatz,  iu  welchen  ein  Stift  sich  einschiebt,  der  ent- 
weder an  einen  durch  ef  bezeichneten  Glassatz  oder  an 
einer  drehbaren  Glasscheibe  sich  befindet,  die  auf  diese 
Weise  mit  einander  vertauscht  werden  können.  Die  Dre- 
hung des  Glassatzes  oder  der  Scheibe  erfolgt  durch  einen 
an  der  andern  Seite  desselben  befindlichen  aus  dein  Kasten 
hervorragenden  Knopf,  nachdem  das  aus  der  Oeffnung  des 
cvlindrischen  Ansatzes  hervorragende  Ende  des  EiusatzsüT- 
tes,  in  welchen  eine  Schraube  geschnitteu  ist,  durch  eine 
Schraubenmutter  so  weit  befestigt,  dafs  die  Drehung  noch 
erfolgen  kann.  Iu  die  beiden  offenen  Seiten  des  Kastens 
hf  und  fg  können  farbige  Gläser  eingesetzt  werden,  wäh- 
rend he,  wenn  man  nicht  andere  Ständer  anwendet,  zur 
Aufnahme  von  gekühlten  Gläsern  oder  Krystallen  oder  ei- 
nes circular  polarisii enden  drehbaren  grofsen  Glimmerblatts 
dient.  Die  Oeffnungeu  hf  und  gf  können  durch  Schieber 
verschlossen  werden,  während  in  he  ein  Schieber  einge- 
setzt werden  kann,  der  für  prismatische  Versuche  eine  Län- 
genspalte  erhält,  für  Gitterversuche  hingegen  einen  andern 
mit  kreisrunder  Oeffnung.  Zu  dem  Apparat  gehören  aufser- 
dem  zwei  Spiegel  108"  laug  und  60~"  breit,  ein  belegter 
und  ein  schwarzer,  von  denen  entweder  der  eine  oder  der 
andere  bei  g  vermittelst  eines  nach  g  e  hingehenden  Schlit- 
tens unter  dem  Polarisationswinkel  eingesetzt  werden  kann, 
wo  dann  der  gewöhnliche  Polarisationsspiegel  cd  eutfernt 
wird.  Ich  werde  in  der  Folge  die  bei  g  einzusetzenden 
Spiegel  mit  cd  bezeichnen. 

Der  Apparat  ist  bestimmt  für  gewöhnliches  Tageslicht 
oder  directes  unter  dem  Polarisationswinkel  auf  cd  fallen- 
des Sonnenlicht. 

Um  die  Erscheinungen  bei  den  verschiedenen  Combi 
nationen   einfach  zu  bezeichnen,  nehme   ich  an,   dafs    die 


> 


267 

linear  analysirende  Vorrichtung  bo  gestellt  sey,  dafs  auf 
einer  senkrecht  auf  die  Axe  geschliffenen  Kalkspathplattc 
das  Riugsystem  mit  dein  schwarzen  Kreuz  erscheint.  Es 
ist  dabei  vorausgesetzt,  dafs  die  Ocularlinsc  senkrecht  steht. 
Ist  die  Platte  die  eines  Körpers,  dessen  Doppelbrechung 
schwach,  oder  soll  eine  Krystallplattc  mit  grofsein  Axen- 
winkel  betrachtet  werden,  so  wird  als  analysirende  Vorrich- 
tung das  polarisirendc  Mikroskop  angewendet,  welches  ich 
(Farbenlehre  S.  209)  beschrieben  habe.  Es  ist  so  einge- 
richtet, dafs  das  zu  circularcr  oder  elliptischer  Analyse  die- 
nende Glimmerblätlcheu  iu  gleicher  Weise  wie  bei  dem  ge- 
wöhnlichen <  »ciliar  vorgeschlagen  werden  kann.  Betrachtet 
mau  hingegen  gekühlte  oder  geprefste  Gläser  oder  Kry- 
stallplatleu  aus  der  Weite  des  deutlichen  Sebeus,  so  wird 
die  Ocularlinse  umgelegt  und  durch  den  gewöhnlichen  ana- 
lysircuden  Nicol  gesehen. 

Man  erhält  nun  folgende  Coinbinationeu: 
1)  cd  belegter  Spiegel,  ef  die  Glasscheibe.     Es   gelangt 
zur   aualysireiidcn    Vorrichtung,   natürliches  Licht   von 
cd,  linear  polarisirles  von  ef. 
n)  fg  durch  den  Schieber  geschlossen,  weifses  Licht 

linear  polarisirt. 
6)  fg  durch  den  Schieber  geschlossen,  in  hf  ein  far- 
biges Glas,  nach  der  Natur  des  Glases  linear  po- 
larisirles Licht  monochromatisch  oder  mehrfarbig. 

c)  Ohne  Schieber  und  ohne  farbiges  Glas,  weifses 
natürliches  Licht  und  weifses  linear  polarisirtes, 
daher  (heil  weise  polarisirtes,  die  Ringe  kaum  sicht- 
bar. Zieht  man  einen  in  fg  eingesetzten  Schieber, 
nachdem  man  lauge  das  Riugsystem  mit  schwarzein 
Kreuz  betrachtet,  schnell  hiuwcg,  so  sieht  man 
zuerst  subjeetiv  die  coinplemeutarcn  Ringe  mit 
hellem  Kreuz. 

d)  Ohne  Schieber,  das  farbige  Glas  iu  fg,  Verbin- 
dung unpolarisirtcn  farbigen  Lichtes  mit  weifsein 
linear  polarisirlcn.  Das  Kreuz  lebhaft  iu  der  Farbe 


268 

des  Glases  gefärbt,  die  Ringe  in  weifser  Beleucl 
tung  etwas  verändert  durch  die  gleich  förmig  far- 
bige lieleuchlung. 

e)  Ohuc  Schieber  das  farbige  Glas  in  hf,  farbig  li- 
near polarisirtes  Licht  mit  weifsem  uupolarisirten. 
Die  Ringe  fast  verschwindend,  wegen  der  über- 
wiegenden weifsen  Beleuchtung. 

f)  Verschieden  farbige  Glaser  in  hf  und  gf.  Da* 
Ringsyslem  erscheint  fast  so,  als  wenn  die  ann- 
lysirende  Vorrichtung  um  ü0"  gedreht  wäre,  das 
Kreuz  ist  farbig  und  die  Ringe  erscheinen  als  Ab- 
wechselungen aus  den  Farben  beider  Gläser,  in- 
dem die  im  homogenen  Licht  dunklen  Stellen 
durch  die  durch  fg  eintreude  farbige  Beleuchtung 
erhellt  werden. 

g)  Setzt  inau  bei  eh  ein  grofses  drehbares  Glimmer- 
blatt  ein,  so  erhält  man  die  entsprechenden  Cum- 
binalionen  von  cir ciliarem  und  elliptischem  Licht 
mit  uupolarisirteiu. 

2)  Der   belegte    Spiegel    wird   mit    dem    l'olarisationsspie- 
gel  vertauscht.     Es  gelangen   zur  analys ircndcii   Vor- 
richtung zwei  Massen  in  derselben  Ebene  linear  pola- 
risirten    Lichtes,    oder    wenn    in    he    das  GliiinncrblaU 
eingesetzt  ist,  circularen  oder  elliptischen  und  zwar: 
u)  Beide   weil's   oder   beide  farbig,   wenn  in  hf  und 
gf  keine  Gläser  oder  glcichgcfärbte  (wie  in  1  a.b) 
l>)  weifs  uud  farbig,    wenn    in  hf  oder  fg  ciu  farbi- 
ges  Glas,   wobei   das  Weifs  so   überwiegt,    dafs 
die  Wirkung  des  farbigen  fast  verschwindet. 
c)    Verschieden  farbig,  wenu  in  hf  ein  farbiges  Glas, 
in  fg  ein  anders   farbiges,  wobei   streng   genom- 
men, das  I'langlas  nicht  dem  Spiegel  parallel  seyn 
darf,  sondern  jedes  geneigt  unter  dem  der  Farbe 
entsprechenden  Winket  des  lJolarisa(ions-Maximuni. 
Concentrin  man  bei  dem  Polarisationsapparat  ohne  Di- 
chrooskop  das  Licht   einer  weifsen  Flamme  auf  den   pola- 
risirenderj  Nicol,  und  schaltet  vor  dem  Auge  eiu  6"""  dickes 


Koballglas  ein,  so  erhalt  man  die  blauen  und  rolhen  Ring- 
syitcme  im  kohlensauren  lilei  scharf  getrennt  ')  einander 
durchschneidend  und  im  Kalkspat!)  die  prachtvolle  Abwech- 
selung lief  rolher,  blauer  und  violetter  conccnlrischer  Kreise. 
Durch  Hinzufügung  eines  grünen  Glases,  kann  man  die 
blauen  Ringe  isolircn,  durch  die  eines  rothen  IJeberfang- 
glases  die  rothen.  Aber  solche  Koballgliiser,  die  die  Mitte 
des  Spcclrum  vollständig  vertuschen,  sind  anfsert  seilen, 
und  die  Verdunkelung  des  Lichtes  so  grofs,  dafs  in  we- 
iliger lichtstarken  Apparaten  die  Erscheinung  Uufscrt  ver- 
kümmert wird,  bei  der  gewöhnlichen  Tagesbeleuchtuug 
überhaupt  nicht  sichtbar  ist,  da  die  rothen  Ringe  dann  ganz 
verschwinden.  Di  chromatische  Combinationeu  durch  Ueber- 
eiuanderlegen  verschieden  farbiger  Glaser  sind  aber  für 
manche  Farbe  unmöglich,  da  ein  rein  rot  lies  und  rein  grü- 
nes Glas  überhaupt  dann  vollkommen  undurchsichtig  werden. 
Diese  Uebelstünde    beseitigt  vollständig   das   eben    angege- 

1  )   In   diesem  Falle  ebenso,   wie  wenn  in»  Halt  dei  dicken  Kobaltgl.ises  ein 
blau»  und   rolhrs  im  DicbrnosVop  ennibmirl,  kann   es  auffalten,   d>r9   die 
dunkeln   Hinge   im   blauen  l.iebl  viel   mehr    In  der   Richtung  der  Verbin- 
dungslinie der  Mittelpunkte  beider  Systeme  In  die  Länge  gelogen   sind,   als 
die  im  rollten  Lieht,  obgleich  der  Aienwintel  in  rolher  Beleuchtung  .  r ,..,.-, 
als   iu   blauer  Ist.      Der   Grund  der   Erscheinung    leuchtet    aber  durch   die 
prismatische   Analyse  sogleich   ein,   das   Spcclrum   der  durch   das   Koball- 
glas  >cl.einenden   Flamme    erschein!   nämlich   bestehend    an]    iwel    durcl. 
einen   dunklen   Kaum   getrennte»   1  i.  I..n. ......  .    von    denen   die   rollte  ho. 

„  .,.;.■!,,  da  die  Geilalt  der  Spille  scharf  hervortritt,  während  hingegen 
die  blaue  Lirhtmasse  sich  üher  einen  grüTsrrn  Itaum  verbreitet  und  am 
hellblau  in  dunkelblau  Übergeht.  Die  von  dieser  Liclxrmsse  eraeugten 
Ringe  sind  also  nicht  einfach  sondern  verhallen  sich  so,  wie  die  Kreis- 
weiten,  welche  in.  einer  Wauerdarhe  durch  Tropfen  gebildet  werden, 
die  nach  einander  in  einer  geraden  Linie  herabfallen.  So  wie  aus  den 
tusanjincnfallendcn  Uleroeuur  wellin  hier  iwei  geradlinige  etwas  gegen 
einander  geneigte  Weilen  entliehen,  in  bilden  siel,  Um  die  dunklen 
Streifen,  welche  deswegen  an  der  Srilc  geradlinig  erscheinen  und  an 
dem  einen  Kode  durch  eine  (lächere  Curve  begrämt  sind  als  an  dem 
andern.  Diese  Entstehung  wird  anschaulich,  wenn  man  mit  dem  Co 
baltglasc  ein  dunkelgrünes  combiniri.  Bei  prismatischer  Analjse  v 
dann  die  blaue  Llchlraasse.  schmaler,  im  Pulnrisatinnsap parat  die  Hinge 
abgerundeter. 


270 

bcne  Arrangement  c).  Durch  die  Combination  monochro- 
matischer und  dichroitiatischor  Gläser,  welche  in  hf  und  fg 
eingesetzt  werden,  kann  man  jede  beliebige  Vereinigung  der 
Farben  zu  vielfarbigen  Beleuchtungen  erhalten,  die  man 
durch  Verdecken  von  hf  oder  fg  sogleich  in  ihre  Com- 
ponenten  zerlegt,  ja  man  sieht,  wenn  man  ein  rothes  und 
grünes  Glas  verbindet,  die  Newton'schcu  Ringe  in  wei- 
fser  Beleuchtung  gleichsam  unter  seinen  Augen  entstehet!. 

Um  hiervon  eine  nähere  Anschauung  zu  geben,  habe 
ich  in  Fig.  3,  4,  5,  6  Taf.  IV  die  Erscheiuung  zweier  ge- 
kreuzter sehr  (lach  geschliffener  Gypskeilc  in  rother,  gelber, 
grüner  und  blauer  Beleuchtung  gezeichnet,  wo  die  in  der 
Zeichnung  weifsen  Zwischenräume  der  dunklen  Interferenz- 
liuien  in  der  entsprechenden  Farbe  erscheinend  zu  denken 
sind.  Denkt  man  sich  nun  zwei  dieser  Zeichnungen  über- 
einandergelcgt,  so  erhält  man  die  Phänomene  der  coinbinir- 
tea  Beleuchtung.  Da  das  den  beiden  Keilen  gemeinsame 
Quadrat  im  Roth  fünf,  im  Blau  sieben  Interfereuzlinien  zeigt, 
so  ist  die  Abwechselung  rother  und  blauer  Streifen  dann 
unmittelbar  ersichtlich,  da  die  Diagonale  beider  Farben  ge- 
meinsam schwarz  erscheint  Eine  sehr  histruclive  Erschei- 
nung erhalt  man,  wenn  man  fg  durch  den  Schieber  ver- 
deckt, nur  einen  Gypskeil  betrachtet  aber  in  hf  ein  Glas 
einsetzt,  dessen  eine  Hälfte  die  eine  Farbe,  dessen  andere 
die  andere  hin  durch  läfst.  Das  scharfe  Absetzen  der  Inter- 
ferenzstreifen tritt  dann  besonders  klar  hervor.  Will  man 
den  Antheil  anschaulich  machen,  welchen  jede  einzelne  Farbe 
an  der  Erscheinung  im  weifsen  Licht  nimmt,  so  wählt  man 
in  hf  ein  Glas,  dessen  eine  Hälfte  farblos,  die  andere  hin- 
gegen farbig  ist. 

Es  sind  mir  keine  durchsichtigen  Körper  bekannt,  welche 
homogenes  Gelb  durchlassen.  Für  diese  Farbe  wurde  da- 
her eine  andere  Anordnung  getroffen.  Der  Spiegel  cd 
wurde  entfernt,  in  ef  statt  der  Glasplatte  der  polarisirende 
Glassatz  substituirt,  und  bei  b  die  Collectivlinse  aufgesetzt 
Nahe  in  den  Brennpunkt  derselben  wurde  nun  dicht  hin- 
tereinander  eine    durch   Kochsalz    gelbgefärbte   Weingeist- 


271 

flamme  auf  der  der  Linse  zugekehrten  Seile  gestellt  und 
hinter  derselben  eine  weifse  Flamme,  endlich  zwischen  beide 
die  zum  Farben  dieser  Flamme  bestimmte  Glasplatte.  Da 
nun  eine  homogene  Flamme  durch  andersfarbiges  Licht  durch- 
strahlt wird,  so  erhält  man  auf  diese  Weise  die  verlangte 
Combination. 

In  Ermangelung  gut  geschliffener  Gypskcile  kann  man 
sich  gut  gekühlter  Gläser  oder  Bcrgkrvstall-Compcnsatorcn 
bedienen. 

Um  das  fiir  die  Interferenzen,  wo  gleiche  Wege  mit 
ungleicher  Geschwindigkeit  durchlaufen  werden,  gefundene 
auszudehnen  auf  Interferenzen,  wo  ungleiche  Wege  mit 
gleicher  Geschwindigkeit  durchlaufen  werden,  kann  man  sich 
dioplrischcr  Gitter  bedienen. 

Ich  habe  Pogg.  Ann.  Bd.  26,  S.  310  gezeigt,  dafs  wenn 
man  durch  zwei  gekreuzte  dicht  vor  das  Auge  gehaltene 
Glasgitter  nach  einer  hell  beleuchteten  Oeffnung  oder  einer 
Lichttlauime  blickt,  man  die  prachtvolle  Erscheinung  der  in 
den  Quadranten  verzogenen  Speclra  in  grofser  Ausdehnung 
sieht,  welche  Fraunhofer  auf  der  sechsten  Tafel  seiner 
Gilterversuche  abgebildet  hat.  Die  Zurückfiihrung  der  schief 
verzogeneu  Speclra  auf  die  von  der  Wellenlänge  abhängige 
scheinbare  Ablenkung  des  Lichtes  erhält  man  sehr  schön 
durch  Einschalten  eines  monochromatischen,  dichromatischen 
oder  dreifarbigen  Glases,  in  welchem  Falle  mau  die  un- 
veränderten Bilder  der  Oeffnung  in  regelmäßigen  Abstän- 
den, Systeme  von  Quadraten  mit  gemeinschaftlichen  Ecken 
bilden  sieht,  und  zwar  im  ersten  Falle  eins,  im  zweiten 
zwei  u.  s.  f.,  oder  durch  Betrachtung  monochromatischer 
Flammen.  Bei  Anwendung  des  Dicbrooskops  befindet  sich 
die  kreisförmige  Oeffnung  in  einem  in  he  eingesetzten  Schie- 
ber. Sie  wird  durch  die  auf  einander  drehbaren  Gitter  aus 
der  Weite  des  deutlichen  Selicus  betrachtet.  Das  abwech- 
selnde Verdecken  von  /i/'nml  ijf  giebt  die  Componenten. 

Für  alle  bisherigen  Inlerferenzversuche  ist  es  natürlich 
wülischcnswerth  die  bei  der  Zusammenwirkung  der  Gläser 
sich  geltend  machenden  homogenen  Farben  zu  kennen.    Mau 


272 

erhält  cliefs,  wenn  man  die  kreisrunde  OcffnuDg  mit  ciuer 
engen  Spalte  verlauscht  und  stall  des  gekreuzten  oder  ein- 
fachen Gitters  ein  stark  brechendes  Flintglasprisma  anwen- 
de!. Man  erhält  iu  gleicher  Weise  wie  vorher  die  zusam- 
mensetzenden Spectra  und  das  Ergcbnifs  ihrer  Verbindung. 

3)  Zwischen  dein  belebten  Spiegel  cd  und  dem  I'lauglase 
ef  wird  das  drehbare  Gliiumerblalt  eingeschallet. 

Man  erhält  hierdurch  Combinalioncn  von  durch  ef  linear 
polarisirtem  Lichte  mit  circularen]  oder  elliptischem,  welches 
aus  ff  zum  Auge  gelang!. 

a)  Ist  ohne  Farbengläser  das  Liebt  durch  gf  rechts 
circular,  das  durch  hf  einfallende  linear,  so  zeigt 
das  verschobene  Kreuz  in  der  Kai  kspath  platte, 
dafs  das  atistretende  Licht  rcctils  elliptisch. 
6)  Ist  ohne  Farbenglüser  das  Licht  durch  gf  links 
circular,  so  giebt  diefs  mit  dein  durch  hf  einfal- 
lenden linearen  links  elliptisches. 

c)  Ist  durch  Drehen  des  Glimm erhlat! es  da«  Licht 
durch  gf  rechte  oder  links  elliptisch,  so  bleibt  es 
durch  Combiuation  mit  dem  linearen  rechts  and 
links  elliptisch,  nähert  sich  aber  mehr  dem  linearen, 
welches  es  erreicht,  wenn  das  Azimuth  des  Haupt- 
schnittes 0°  wird, 

d)  Setzt  man  ein  farbiges.  Glas  ein,  um  entweder  das 
lineare  oder  das  circulare  (elliptische)  Licht  zu 
färben,  so  Überwiegt  die  weifse  Beleuchtung  so, 
dafs  man  entweder  die  Figur  des  circularen  (ellip- 
tischen) oder  die  des  linearen  in  weifser  Beleuch- 
tung zu  sehen  glaubt. 

e)  Setzt  man  hingegen  zwei  farbige  Gläser  ein,  so 
erscheint  die  Farbenfolge  in  den  Ringen  der  ge- 
raden Quadranten  verschieden  von  denen  in  den 
ungeraden  und  abgesetzt,  während  das  Kreuz  sich 
verzieht  und  gefärbt  erscheint,  in  der  Farbe  des 
circularen  (elliptischen)  Lichtes. 

4)  Das  Parallelglas  wird  mit  dem  polarisirenden  Glassatz 
vertauscht  uud  in  g  der  belegte  Spiegel  eingesetzt. 


^1 


273 

)  Der  Glassalz  wird  so  gestellt,  dafs  das  bei  fg  ein- 
tretende  dann  durch  Refraction   polarisirtc  Licht 
eine  Intensität   hat   gleich   der   des   hei  hf  eintre- 
tenden dann  durch  Reflexion  senkrecht  darauf  po- 
larisirten.    Auf  der  Kalkspathplatle  entsteht  keine 
Figur,  das  Lichl  ist  unpolarisirt. 
)  Bei  gf  wird  der  Schieber  allmählich  vorgeschoben 
und    bei    der    immer    steigenden    Verschiedenheit 
der  aufeinander  senkrecht  polarisirten  Lichtinasscu 
geht  das  unpolarisirte  Licht   durch  die  Mittelstufe 
der  theilweisen  Polarisation   in  vollständig  polari- 
sirtes  über.     Man  sieht  die  Erscheinung,  als  wenn 
zwei  flache  Prismen  von  Turmalin,  deren  Kanten 
der  Axe  des  Krystalls  parallel  sind,  allmählich  zu 
einer  immer  dicker  werdenden  Platte  übereinander 
geschoben  werden. 
)  Bei  hf  wird  der  Schieber  allmählich  vorgeschoben, 
nachdem  der  bei  gf  entfernt.    Man  erhält  die  Er- 
scheinung, als  wenn  zwei  Prismen  von  Rauchtopas 
(Rauchquarz)   der  Kante  der  Axe  parallel,   über 
einandergeschoben  werden. 
)  Man   setzt  in  hf  und  fg   farbige  Gläser   ein   und 
erhält   dann  die  Erscheinungen   der  dichroitischen 
Krystalle,  und  zwar: 
et)  Man  entfernt  die  Kalkspathplatle  und  verlauscht 
den  Nicol  mit  einein  doppellbrechcndeu  achro- 
matischen Prisma.     Man   erhält   nun,   wenn  bei 
he  eine  runde  Oeffnung  eingesetzt,  zwei  Bilder 
derselben  in  verschiedener  Farbe,    die   bei    der 
Drehung  des  analysirenden  Prismas  in  einander 
Übergehen.     Diefs    ist    die    dichroi tische  Lupe. 
Bei  Anwendung  des  Nicola  sieht  man   ein  Bild 
seine  Farbe  ändern.     Setzt  man  bei  hf  und  gf 
gleichfarbige  Gläser  ein,  und  stellt  den  Glassalz 
so,   dafs   die  Brechung   und  Spiegelung   polari- 
sirten  Lichtinengen   ungleiche   Intensität  habca, 
so  erhält  man   zwei  Bilder   gleicher  ¥ai\i&  wxA 
forfft  .1 »«.,/.  Bd.  CX.  Vft 


274 

ungleicher  Intensität,  das  austretende  Liebt  ist 
th  eil  weise  polarisirt.  Dicfs  repräsentirt  die  Kri- 
stalle, welche  nur  un eigentlich  dicbroi  tisch  ge- 
nannt werden,  aber  au  dieselben  eich  dadurch 
auschltefsen,  dafe  sie  als  analysirende  Vorrich- 
tung angewendet,  die  Erscbeinuugen  des  Ti.ii- 
malins  in  schwächerem  Grade  hervorbringen. 
Ist  hingegen  die  Intensität  und  Farbe  gleich,  so 
stellt  die  Vorrichtung  die  Platte  eines  doppelt- 
brechendeu  Krystalls  dar,  der  keine  dichro'iti- 
sehen  Eigenschaften  hat. 
ß)  Mau  setzt  die  Kalkspathplatte  ein  und  erhSlt 
nuu  die  Erscheinungen,  welche  d ich ro'i tische 
Krystalle  entwickeln,  wenn  jene  als  n  na  ly  sirende 
Vorrichtungen  im  Pularisalionsapparat  angewen- 
det werden.  Streng  geuommen,  ist  aber  hier 
das  die  polarisirende  Vorrichtung,  was  dort  die 
analysirende  ist  und  umgekehrt.  Da  nach  dem 
Reciprocilälsgeselz  sich  die  eine  Anordnung 
unmittelbar  aus  der  anderen  ergiebt,  so  babe 
ich  der  gröfsereu  Bequemlichkeit  wegen,  hier 
die  Anordnung  der  Apparate  beibehalten,  wie 
sie  bei  den  vorhergehenden  Versuchen  war. 
Von  den  nun  eintretenden  Erscheinungen,  wird  mau  am 
einfachsten  sich  eine  Vorstellung  bilden,  wenn  man  das,  was 
man  in  der  Kalkspathplatte  in  einer  bestimmten  farbigen 
Beleuchtung  bei  zusammenfallenden  Reflexionsebenen  des 
polarisirenden  und  analysirenden  Spiegels  erhielt,  gelegt 
denkt  auf  die  Erscheinung,  welche  diese  Platte  entwickelt, 
wenn  sie  bei  gekreuzten  Spiegeln  in  einer  anders  farbigen 
Beleuchtung  betrachtet  wird.  Die  Ringe  sind  eine  Combi- 
nation  zweier  farbigen  Ringsysteme  mit  hellem  und  dunklem 
Kreuz,  welches  daher  lebhaft  gefärbt  erscheint  in  der  Farbe, 
welcher  das  helle  Kreuz  entspricht.  Die  Farbenfolge  der 
Ringe  ist  daher  eine  höchst  eigentümliche,  wie  besonders 
deutlich  hervortritt,  wenn  mau  gut  gekühlte  Gläser  betrach- 
tet.    Von  der  Farbe  der  Gläser  hängt  es  ab,  ob  man  das 


275 

nachbilden  will,  «tos  man  sieht,  nenn  man  einen  Dichrolt,  di- 
cliroi'lischen  Glimmer,  einen  Rubellit,  Repidolitb  oder  Rauch- 
quarz als  analysirende  Vorrichtung  anwendet.  Im  ersten 
Falle  erscheint  das  Kreuz  blau,  im  zweiten  roth  bei  vor- 
waltend grünen  Ringen,  im  Rubellit  ist  das  Kreuz  das  Roth 
der  Alpenrosen,  im  Repidolitb  tiefgrau  beinahe  schwarz  wie 
in  dunklen  Rauchquarzen,  während  die  Ringe  brnungelb 
erleuchtet  erscheinen.  Was  man  durch  Drehung  des  ana- 
lysirenden  Nicols  um  90"  erhält,  ist  ersichtlich,  wenn  man 
die  Erscheinung  mit  dunklem  Kreuz  für  die  eine  Farbe  sich 
in  die  mit  hellem,  für  die  andere  Farbe  hingegen  die  mit 
hellem  in  die  mit  dem  dunkeln  verändert  denkt.  Besonders 
schön  ist,  wenn  man  bei  einem  rolhen  und  blauen  Glase 
als  analysirende  Vorrichtung  ein  achromatisches  Kalkspath- 
prisina  anwendet.  Die  Ringsvstcmc,  das  eine  mit  blauem, 
das  anrfere  mit  rothein  Kreuz  durchschneiden  einander  dann 
tbeilweisc. 

Von  den  Farben,  welche  durch  die  Combination  der 
Ringsysteme  hervortreten  können,  bekommt  man  unmittelbar 
eine  Anschauung,  weun  man  an  der  dem  Auge  zugewandten 
Vorderseite  eine  Läugsspalle  eingesetzt  und  diese  durch  ein 
Bergkrystallprisma  betrachtet.  Durch  das  Uebercinandergrei- 
fen  der  beideu  Spectra  erhält  man  Farbcucindrücke,  die 
man  aus  den  Componenteu  nicht  erwarten  dürfte,  entspre- 
chend den  Untersuchungen  von  WG tisch  und  Heimholt/. 
Die  mitwirkenden  Componenten  erhalt  man  aber  in  den 
verschiedenen  Intensitätsverhältnissen,  wenn  man  zwischen 
dem  Bergkrystallprisma  und  dem  Auge  eiDen  drehbaren  Ni- 
co! einschaltet. 

y)  Das  Arrangement  bleibt  dasselbe  nur  wird  bei  eA 
das  drehbare  Glimmerblatt  von  \  Gangunter- 
schied eingesetzt.  Man  sieht  hier,  dafs  rechts 
oder  links  circtilares  oder  elliptisches  Licht  von 
einer  bestimmten  Farbe  sieb  verbindet  mit  links 
oder  rechts  ctreularem  oder  elliptischem  Licht 
einer  anderen  Farbe.    Die  hier  eintretenden  Er- 

L  Schonungen    geben    einen    AuSsciAuia  V&cv    S\fe 


verwickelten  Phänomene,  welche  man  im  Po- 
larisationsapparate  sieht,  wenn  man  das  circular 
polarüircnde  Glimmer-  oder  Gypsbläitchen  mit 
■  «Dem  vertauscht,  welches  einen  viel  grobem 
Gangunterschied  giebt.  --■;.-. 

Der  Bedingung  zur  Entstehung  der  Circukrpolarkatk«: 
gleiche  Intensität  zweier  auf  einander  senkrecht  polariairxea 
Liehtmengei  deren  Ganguut erschiede  ein  ungerade«  Viel 
fache«  Ton  Vierlelundulatton,  kann  bekanntlich  auf  xwai«|itt 
Weise  genügt  werden,  durch  zweimalige  .inner*:  total«  R«* 
flexion  in  etuem  einfachbrechenden  Körper  oder  durch  Bre- 
chung in  .  einem  doppeltbrecbenden.  Der  Bedingung  der 
gleichen  Intensität  wird  im  ersten  Falle  entsprochen,  dafs 
des  Azimuth  der  Reflexions  ebene  mit  der  primitiven  Pola- 
risation* ebene  ±  -15",  im  zweiten  das  der  Hauptscbnitte. 
Für  totale  Reflexion  dient  das  Rhomboeder  vonFresnel, 
oder  wenn  das  Licht  in  der  Axe  des  Instruments  bleiben 
foll,  das  von  mir  angegebene  Reversionsprisma  (Berichte 
der  Berl.  Acad.  1851;  S.  492  und  Farbenlehre  S.  240).  Bei 
der  totalen  Reflexion  ist  der  Gangunterschied  bei  «Reflexio- 
nen ~,  bei  Anwendung  doppeltbrechender  Körper  der  Dicke 
des  Blättchens  und  der  doppeltbrechcnden  Kraft  derselben 
proportional.  Airy  spaltet  daher  ein  Glimmerblätteben  ■), 
bis  es  den  geforderten  Gangunterschied  giebt,  wahrend  bei 
Babinet's  Coropensator  die  Veränderung  allmählich  durch 
Übereinandergeschobene  Bergkrystallkcilc  erfolgt.  In  beiden 
Fällen  wird  bei  gleichbleibender  doppel  (brechender  Kraft 
die  Dicke  verändert.  Diese  bleibt  hingegen  gleich  bei  verän- 
derter doppeltbrechender  Kraft,  wenn  man,  wie  ich  (Pogg. 
Ann.  Bd.  35,  S.  579)  gezeigt  habe,  die  Circularpolarisation 
dadurch  hervorruft,  dafs  man  zwischen  der  polarisirenden 
und  analvsirenden  Vorrichtung  eine  Glasplatte  prefst  oder 
erwärmt.  Da  aber  für  die  verschiedenen  Stelleu  des  Spec- 
trums die  Wellenlänge  verschieden,  so  kauu  der  Bedingung 

I)  Bei  Dirker   IM  dlef*    ein  Gjpjblä liehet,  and    eine  Combioation    meh- 
nrer  in  dem  sr-hSDen   Appir»!,  den  er  retardig  Siide  nennt. 


277 

eines  bestimmten  Gangunterschiedes  nur  für  eine  bestimmte 
Farbe  gleichzeitig  entsprochen  werden,  und  es  ergiebt  sich 
unmittelbar  aus  den  Intensitätsformeln  für  die  beiden  durch 
Doppeltbrechung  getrennten  Strahlen,  dafs  mit  zunehmender 
Dicke  des  Blättchens  der  zwischen  den  verschiedenen  Far- 
ben in  dieser  Beziehung  stattfindende  Unterschied 'entspre- 
chend zunimmt,  so  dafs  dieselbe  Vorrichtung  in  dem  einen 
Theile  des  linearpolarisirten  Spectrums  das  Licht  in  circu- 
lares  verwandelt,  in  einem  andern  in  lineares,  'in  andern  in 
darauf  senkrecht  lineares  mit  allen  Uebergängcn  durth  rechts 
und  links  elliptisches.     In  den  angeführten  Versuchen  über 
Circularpolarisation  habe  ich  diefs  nachgewiesen,  indem  ich 
durch  ein  sich  drehendes  Prisma  die  einzelnen  Theile  des 
Spectrums    über    die  Oeffnung    des    polarisirenden    Nicols 
streichen  liefs,  wo  man  das  Ringsystem  des  Kalkspaths,  dann 
alle  den  verschiedenen  Polarisationszuständen  entsprechende 
Formänderungen  in  den  einzelnen  Farben  durchlaufen  sieht, 
woraus  die  dann  im  weifsen  Licht  hervortretende,  sehr  ver- 
wickelte Erscheinung   ihre  unmittelbare  Erklärung    findet. 
Das  Dichrooskop  giebt  nun  eine  andere  Ableitung  dersel- 
ben Erscheinung.     Schaltet  man   nämlich  das  Glimmerblatt 
bei  he  ein  und  setzt  in  hf  ein  blaues,  in  gf  ein  rothes 
Glas,  so  sieht  man  bei  Verdecken  von  fg  die  in  den  Qua- 
dranten abgesetzten,  Ringsysteme  in  rechts  circularem  (ellip- 
tischem) Licht,  verdeckt  man  hft  die  in  den  Quadranten 
abgesetzten  Ringe  in  rother  Beleuchtung  in  links  circularem 
(elliptischem)  bei  Entfernung  der  Schieber,  das  Kreuz,  des- 
sen Aeste  nach  der  einen  Seite  hin  anders  gefärbt  sind  als 
nach  der  anderen. 

Der  von  mir  angebene  Polarisationsapparat  gestattet  die 
Erscheinungen  objectiv  darzustellen.  Es  ist  nur  nöthig  durch 
die  Collectivlinse  eine  intensive  Lichtquelle  auf  der  Oeff- 
nung des  polarisirenden  Nicols  zu  concentriren  und  die 
Ocularlinse  von  dem  analysirenden  Nicol  durch  Annäherung 
an  dem  polarisirenden  zu  entfernen.  Das  aus  dem  analy- 
sirenden Nicol  austretende  Licht  wird  dann  auf  einer  wei- 
fsen Fläche  aufgefangen,  wo  das  Ringsystem  sich  in  ent- 


■Brechender  Gröfse  darstellt.  leb  habe  ilieia  nicht  auf  da« 
Dfchrooakop  angewendet,  denn  in  der  Thal  ist  die  Ver- 
dunkelung der  objeetiven  Bilder  schon  sehr  erheblich,  wenn 
■M  vor  das  es  betrachtende  Aoge  ein  tief  farbige«  Glas 
einschaltet. 

"WiH  man  dag  Dichrooskop  mit  dem  Nörrenb«rfl;'- 
sehen  Apparat  verbinden,  so  kann  es  folgende  Einrichtung 
erhalten.  Für  die  Zusammensetzung  der  Inlerfereuziarben 
fögt  man  der  polarisirenden  Glasplatte  eine  zweite  ihr  pa- 
rallele hinzu  Die  farbigen  Gläser  stehen  dann  in  derselben 
lotbrechteD  Ebene  übereinander.  Für  die  Nachbildung  der 
dichroIÜscben  Erscheinungen  stellt  man  die  beiden  Glas- 
platten M,  dafs  ihre  Reßeiionsebenen  auf  einander  seuk- 
recht  stehet).  Wegen  der  Schwierigkeit  der  Beleuchtung 
wird  man  den  Apparat  nur  in  unmittelbarer  Nahe  des  Fen- 
sters gebrauchen  können,  welches  wegen  des  Ncbenlichteg 
die  Intensität  der  Polnrisationsfarben  stark  beeinti ächtigt. 
Iu  dieser  Beziehung  ist  entschieden  ein  Apparat  vorzuziehen, 
der  indem  er  wie  eiu  Fernrohr  direet  uach  der  Lichtquelle 
gerichtet  werden  kann,  ebenso  gut  bei  Tage  als  bei  Abend 
auf  jeder  Stelle  eines  Zimmers  gebraucht  werden  kann,  und 
der  wenn  er  der  Wcltaxe  parallel  gestellt  wird,  nach  dem 
(Po gg.  Ann.  Bd.  35,  S.  596)  angegebenen  Verfahren  un- 
mittelbar als  Sonnenuhr,  auch  wenn  nur  Dämmerung  ist, 
gebraucht  werden  kann*  eine  Anwendung,  welche  ich  (Maafi 
und  Messen  S.  62)  1845  angegeben  habe,  10  Jahr  früher, 
ehe  diese  Apparate  als  Polaruhren  unter  einem  besonderen 
Namen  erschienen. 

Das  hier  beschriebene  Dichrooskop  ist  vom  Mechanikus 
Langhoff  in  mehreren  Exemplaren  sehr  zweckmäfsig  an- 
gefertigt werden. 


VL     Vetter  die  Absorption  des  Lichtes  in  doppelt- 
brechenden  Körpern;   von  H.   VF.  Doee. 

jrVlIe  doppellbrechenden  Körper  zerfallen  nach  den  in  der 
vorhergehenden   Abhandlung   erläuterten   Erscheinungen   : 
Beziehung  auf  die  Absorption  des  Lichtes  in  folgende  Ab 
theilungen: 

»1)  Die  Doppeltbrechung  erfolgt  ohne  AbsorptioD.  Diefs 
sind  die  farblosen  doppellbrechenden  Kristalle.  Das 
austretende  Liebt  ist  farblos  uud  unpolarisirt  durch 
Uebereiuauderlegen  zweier  auf  einander  senkrecht  po- 
larisirter  Licbtuiengen  gleicher  Intensität.  In  der  di- 
ebroitisebeu  Lupe  geben  sie  farblose  Bilder  gleicher 
Intensität. 

2)  Die  Doppellbrechung  erfolgt  mit  Absorption  und  zwar 
für  alle  Farben  beider  Strahlen.  Diefs  siud  die  un- 
durchsichtigen doppellbrechenden  Kiyslalle.  Ihre  dop- 
pellbrcchende  Eigenschaft  kann  nur  ermittelt  werden 
durch  Ablenkung  der  Polarisationscbene  eiues  auf  ihre 
Oberflache  fallenden  polarisirten  Lichtes  uud  dadurch 
unterscheiden  sie  sich  von  den  einfach  brechenden  1 
durchsichtigen  Krystallen. 

3)  Die  Doppeltbrechung  erfolgt  mit  Absorption,  diese  ist 
aber  für  den  ordentlichen  und  aufserordenllicben  Strahl, 
in  dein  Sinne,  in  welchem  dieser  Ausdruck  auch  für 
oplisch  zweiaxige  Kryslalle  gebraucht  wird,  dieselbe. 
Dieses  sind  die  farbigen  (möglicher  Weise  grauen) 
nicht  dichro'j  tischen  doppeltbrecbeuden  Körper.  Sie  ge- 
ben gleichfarbige  Bilder  gleicher  Iulcnsität  iu  der  Hai- 
ding er'schen  Lupe. 

4)  Die  Absorption  erfolgt  in  der  Weise,  dafs  der  ordent- 
liche und  aufserordeullichc  Strahl  au  Farbe  gleich  aber 
an  Intensität  verschieden  sind.  Sie  geben  ungleich  helle 
Bilder  gleicher  Farbe  iu  der  Lupe  und  das  aus  ihnen 
austretende   Licht  ist   theilweise   polaris irl.     Diese  Po- 


larisalion  erfolgt  im  Sinne  des  ordentlichen  oder  a 
V  ordentlichen  Strahls,  je  nachdem  J.>J.  oder  /.«d^- 
Sie  können  als  Polarisatoren  unmittelbar  angewendet 
werden,  welches  bei  der  ersten  und  zweiten  Klüse 
Dar  dann  stattfindet,  wenn  sie  als  Prisma  das  aufser- 
ordentliche  Bild  neben. das  ordentliche  legen  oder 
wenn,  wie  im  Nicol' sehen  Prisma  erfolgt,  nun  die 
Richtung  de*  einen  Strahls  unverändert  Utst,  waamu 
man  die  des  andern  so  verändert,  dafs  es  abaffennat 
nicht  zum  Auge  gelangt.  Der  Uebergang  Ton  I)  In 
4)  Mögt  sich  sehr  schon  an  Platten  der  Elbaer  Tanna- 
line,  die  ans  dem  Farblosen  in  immer  tieferes  Violett 
Obergehen.  Worden  alle  Farben  gleichmütig  abeor- 
birt  in  dem  einen  Strahl  und  gar  nicht  in  dem  andern, 
so  worden  solche  Tormsline  dasselbe  leisten,  wie 
ein  Nicol,  aber  ihm  erheblich  vorzuziehen  sevn  wegen 
geringer  Dicke  der  Platte.  Die  stark  polarisirenden 
grünen  und  ledergelben  Tnnnaltne  nähern  sich  nur 
diesem  Nicol  durch  die  eine  stets  überwiegend  bleibende 
Farbe 

5)  Die  Absorption  ist  abhängig  von  der  Schwiugungsdauer 
und  der  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  des  Lichtes,  der 
ordentliche  und  außerordentliche  Strahl  haben  daher 
verschiedene  Farbe  und  verschiedene  Intensität  in  der 
Lupe.  Diefs  siud  die  eigentlichen  dichroitischen  Kry- 
stalle.  Sie  unterscheiden  sich  als  Polarisatoren  ange- 
wendet dadurch,  dafs  die  Farben  der  Ringe  audere  und 
das  diese  durchschneidende  Kreuz  mehr  oder  minder 
intensiv  gefärbt  (Dichroit,  Kubellit,  Glimmer,  RepidoUUt 
und  die  durch  Färbung  von  Seuarraont  erhaltenen 
künstlichen  dicbroltjscbeu  Krystalle). 

6)  Da  mit  Verminderung  des  Unterschiedes  der  Intensi- 
täten des  ordentlichen  und  aufserordentlicben  Strahles 
die  eiuscitig  polaris!  reu  de  Wirkung  der  dichroitischen 
Krvstalle  abnimmt,  so  tritt  als  Gräuzfall  der  ein,  dafs 
die  durch  Doppeltbrechung  entstehenden  Bilder  bei 
gleicher  Intensität    ungleiche  Farbe   haben.     Ob  <*»- 


Fall  didiro'ilischer  Färbung  ohne  einseilig  polarisirendi 
Wirkung  in  aller  Strenge  erfüllt  ist,  lüfsl  sich  schwer 
ermitteln  aber  annähernd   ist  diefs  allerdings  der  Fall. 
Der   Glimmer  von  Jeffersou  County,   der   früher  we- 
gen   seines   grofsen   Magucsiagehaltes    für    eiuaxig   galt, 
und  von  dem  ich  (Pogg.   Ann.  Bd.  5S,  S.  158)  nach- 
gewiesen habe,   dafs  er  zw  ei  ax  ig   ;-rv,   welcher  in  der 
dichroilischcn   Lupe    ein    braungelbcs    und    hellgelbes 
Bild  zeigt  und  als  analysirende  Vorrichtung  ein  System 
von   rothen  und  blafsgrüncii  Ringen  entwickelt,   zeigt, 
mit  einem  rothen  Ueherfangglase  couibinirl,  keine  Spur 
von  Ringen. 
Die   theoretische  Untersuchung    der    dichroilischcn   Er- 
scheinungen erheischt  die  Bestimmung  der  Zusammeuwirkung 
zweier  uitgleichfarbiger  senkrecht   auf  einander  poiarisirter 
Strahlen  im  Allgemeinen  von  ungleicher  Amplitude,    ti  im  i 
licli  hat  in  seinen  Beiträgen  zur  Theorie  gemischter  Farben 
eine  einfachere  Aufgabe  ausführlich  behandelt,  die  nämlich, 
dafs  unter  Voraussetzung    einer    gleichen   Amplitude    ver- 
schieden farbige  Strahlen  in  derselben  Ebene  polarisirt  sind. 
Was  den  resullirenden  Farbencmdruck  betrifft,  so  ist  dieser 
unabhängig  davon,  ob  die  PolarisatJousebcue  zusammenfalle 
oder  nicht,   wovon  man  sich  auch  durch  das  Dichrooskop 
überzeugen  kann.     Man  braucht  nur  bei  der  Stellung,  wo 
die  Lichlmcuge   des   durch  Brechung   und   des  durch  Spie- 
gelung durch  den  Glassalz  polarisirtcn  verschieden  farbigen 
Lulilcs  gleich  sind,  die  dann  hervortretenden  Farben  durch 
blofscn  Anblick  oder  durch  prismatische  Analyse  mit  denen 
zu  vergleichen,  welche  dieselben  farbigen  Gläser  entwickeln, 

^wenn  das  durch  sie  hindurchgegangene  Licht  gesondert  von 
zwei  parallelen  Glasplatten,  die  hinler  einander  gestellt 
sind,  in  derselben  Ebene  polarisirt  sind.  Was  aber  die 
Gestalt  der  resultireuden  Schwingung  und  den  Gcsamuil- 
effect  des  aus  der  continuirlich  sich  ändernden  Polarisations- 
weise resultireuden  Lichtes  betrifft,  so  ist  hier  zunächst 
die  einfache  Frage  zu  beantworten,  ob  verschieden  farbi- 
ges Liebt  gleicher  Intensität  in  zwei  auf  einander  senkrech- 


irisirende 


rieht  ohne  Weitem,  «afs  die  resalürend«  flihiihgliiy  nach 
einander  alle  db*  ▼enchtedmen  PolsjTSstoaaarlen -stetig 
durchlauft,  weichet  eben  eine  Sdnriogaogurt  ist,  «EMUe 
Porro  die  wirkliche  Schwingung  des  uopoUrisirten.  Lichtes 
nirückfohrt.  Der  experhnentale  Beweis,  ds(s  dieses  licht 
wie  aDpeUrietrtes  ach verhalt,  ist  aber  schwer -m  gaben, 
denn  Ober  die  relative  Helligkeit  der  au  diesem  Licht  durch 
ein  doppeltbrecbendes  Priema  hervorgerufenen  zwei  ver- 
schieden farbigen  Bilder  vermag  das  Auge  es  wenig  «  ent- 
scheiden, daü  ein  tief  rotbee  und  blanea  Bild,  wo  nie  ober 
einandergehend  rosa  erscheinen,  eher  an  dieser  Statt«  we- 
niger bell  erscheinen,  als  wo  sie  getrennt  sind.  Durchstrahlt 
dieses  Licht  aber  doppeltbrechende  Korper,  so  treten  eVe 
stärksten  Interferenzerscheinungen  auf,  wo  sie  sieb  bot 
gleichfarbigem  Licht  vollständig  neutralisiren. 

So  wie  aus  der  nach  drei  auf  einander  senkrechten  Rich- 
tungen verschiedenen  Elasticilät  nur  zwei  Strahlen  resulti- 
reu,  die  mit  ungleicher  Geschwindigkeit  die  verschiedenen 
Richtungen  eines  Krystalls  durchlaufen,  so  habe  ich  stet» 
hier  nur  vom  Dichrolsinus  gesprochen  in  Beziehung  auf 
diese  beiden  Strahlen.  Die  Frage,  wie  dieser  Dichrolsinus 
auf  einen  Tricfaofsmus  in  der  Richtung  jener  drei  Azen 
ku  rück  geführt  werden  könne,  ist  eine  andere,  auf  welche 
ich  hier  nicht  eingehe.  Besonders  interessant  wäre  es  in 
untersuchen,  wie  sich  die  Verlhettung  der  Farbe  in  der 
durch  die  conische  Refraction  entstehenden  Lichtscheibe 
verhalt 

Betrachtet  man  eine  senkrecht  auf  die  Axe  geschliffene 
Turmalinplatle  durch  die  d ich roi [tische  Lupe,  so  erscheinen 
beide  Bilder  gleichfarbig  und  gleich  hell.  Als  analysirende 
Vorrichtung  angewendet  entwickelt  sie  in  einer  Kalkspatb- 
platte  keine  Interferenzringe.  In  der  Richtung,  in  welcher 
sich  die  doppelte  Brechung  in  eine  einfache  verwandelt, 
finden  also  keine  dichroHischen  Erscheinungen  statt.  Diese 
Betrachtung  hatte  mich  veraniafst,  die  polarisirende  'Wir- 
kung als    Kennzeichen  anzuwenden,    um   darüber  so  ent- 


scheiden,  ob  du  Glimmer  einaxig  oder  zweiaxig  sey,  da 
selbst,  wenn  die  optischen  Axen  einen  unmefsbar  kleinen 
Winkel  mit  einander  bilden,  doch  dadurch  die  Lage  zweier 
Hauptschnitte  bestimmt  wird,  während  die  Lage  des  Haupt- 
Schnitts  bei  seukrechter  Stellung  der  Axe  unbestimmt  bleibt. 
Nun  hat  aber  Fresuel  die  Erscheinungen  des  Bergkryslalls 
im  polarisirlen  Licht  darauf  zurückgeführt,  dafs  dessen  Axe 
mit  ungleicher  Geschwindigkeit  von  zwei  Strahlen  durchlau- 
fen wird,  von  denen  der  eine  rechts  circular,  der  andere 
Unke  circular,  uud  durch  eine  Combinatiuu  von  Quarzpris- 
incii  diese  Strahlen  wirklich  gesondert,  endlich  Aiiv  samint- 
liclic  Polarisationsphäuomene  des  Quarzes  darauf  zurückge- 
führt, dafs  das  in  der  Richtung  der  Axe  circularc  Licht 
mehr  gegen  die  Axe  geneigt  durch  elliptisches  in  lineares 
senkrecht  auf  der  Axe  übergeht  Es  schien  mir  daher  nicht 
unwahrscheinlich,  durch  di chronische  Bergkryslallc  diese  An- 
sichten  einer  neuen  Prüfung  unterwerfen  zu  können. 

Brewster  hat  nachgewiesen,  dafs  die  Amethyste  aus 
rechts  und  links  drehenden  ßcrgkrystallen  bestehen  und 
ich  habe  spater  gezeigt,  dafs  diefs  auch  für  Bcrgkrystalle 
gilt,  welche  auf  den  Pyramidal II ach cu  abwechselnd  matte 
und  glänzende  Stellen  zeigen,  oder  rolh  und  grün  ange- 
laufen erscheinen,  endlich  von  den  sehr  seltnen  IndiviJucu, 
au  welchen  beiderlei  Trapezllächeu  vorkommen.  Wollte 
man  alle  Verwachsungen  rechts  und  links  drehender  Bcrg- 
krystalle Amethyste  nennen,  so  müfstc  man  also  die  farblosen 
von  den  farbigen  unterscheiden. 

Eine  grofse  Platte  eines  Brasilianischen  Amethyst,  senk- 
recht auf  die  Axe  geschliffen,  bis  auf  eine  schmale  gelbliche 
Stelle  vollkommen  farblos,  welche  die  charakteristischen 
Erscheinungen  des  Amethyst  im  Polarisatiousapparat  in  aus- 
gezeichneter Weise  entwickelt,  gab  keine  Spur  weder  von 
Dichroismus  in  der  Lupe,  noch  von  polarisirender  Wirkung 
als  analysirende  Vorrichtung.  Ebenso  verhielten  sich  säinmt- 
liehe  von  mir  früher  untersuchte  aus  rechts  und  liuks  dre- 
henden Theilen  bestehende  farblose  Bcrgkrystalle,  von  denen 
■ch  sehr  bezeichnende  Stücke  untersuchen  konnte,   ebenso 


die  künstliche  HadriHldimg  derselben  tob'  Soleil 
keilförmiges  Zusammensetzen  rechts  und  Knies  drohender 
Individuen.  Ebenso  wenig  fand  ich  an  geschliffenen  ütancb- 
qnareen,  welche  senkrecht  auf  die  Axe  stark  linear  pofe- 
risiren,  Dicfarolsmus  in  der  Richtung  der  Axe»  und  von  po- 
larisirender  Wirkung  so  sehwache  Spuren,  dab  ich  darfiber 
nichts  entscheiden  konnte.  Anders  hingegen  verhielten  sich 
senkrecht  auf  die  Axe  geschliffene  Platten  der  tief  violetten 
Amethyste,  bei  denen  die  Färbung  in  den  eigentümlichem 
bandartigen  unter  stumpfen  Winkeln'  zusammenstehende» 
Streifen  vertheilt  war.  In  der  dichroltischen  Lupe  erscBei- 
nen  diese  Streifen  in  der  Weise  verschieden,  dafs  die  ▼»- 
letten  Streifen  in  dem  einen  Bilde  den  hellen  in  deur  an- 
dern entsprechen  und  umgekehrt 

Da  in  den  rechts  drehenden  Quarzen  die  rechts  circu- 
lare  Schwingung,  in  den  links  drehenden  die  links  circa- 
lare  mit  gröfserer  Geschwindigkeit  fortgepflanzt  wird,  beide 
aber  unter  Voraussetzung  gleicher  Intensität  linear  polari- 
sirtes  Licht  geben,  dessen  Polarisationsebene  mit  der  pri- 
mitiven des  geradlinig  polarisirten  Strahles  einen  Winkel 
nach  der  rechten  oder  linken  Seite  hin  macht,  so  sieht  man 
leicht  ein,  welchen  Einflufs  bei  Amethysten,  welche  aus 
rechts  und  links  drehenden  Theilen  bestehen,  die  bei  dem 
Dichroisuius  hervortretende  ungleiche  Absorption  hervor- 
rufen kann.  *  Unter  der  Voraussetzung,  dafs  der  links  cir- 
culare  Strahl  vollständig  vernichtet  werde,  wird  das  austre- 
tende Licht  rechts  circular  seyn,  hingegen  links  circular, 
wenn  der  rechts  circulare  Strahl  vollständig  absorbirt  wird. 
Zwischen  diesen  beiden  Extremen,  deren  Mitte  das  gerad- 
linig polarisirte  Licht  bei  gleicher  Intensität  beider  Strahlen 
bildet,  liegen  alle  Mittelstufen  des  elliptischen  Lichtes.  Bei 
der  ungleichen  Vertheilung  der  die  Absorption  bedingenden 
Färbung  in  den  Amethysten  hat  man  also,  je  nachdem  man 
verschiedene  Stellen  bei  dem  Auge  vorüberföhrt,  diese  ver- 
schiedenen Fälle  zu  erwarten,  und  diefs  ist  in  der  That  der 
Fall,  wobei  zu  beachten  ist,  dafs  in  der  gesehenen  Erschei- 
nung sich   diese  Phänomene   über   cinanderlegen  können, 


wenn  verschieden  wirkende  Tlieile  gleichzeitig  vor  die  Pupille 
treten.  Bei  Anwendung  der  Amethyste  als  analjsirende 
Vorrichtung  habe  ich  auf  diese  Weise  vom  linear  polari- 
sirten  Licht  an  grofse  Annäherung  durch  elliptisches  Licht 
i  rechts  und  links  ciretdares  erhalten,  ohne  dieses  je  zu 
erreichen. 

Der  Quarz  bildet  auf  diese  Weise,  wenn  er  dichroi'risch 
ist,  einen  Polarisationsapparat  eigenlhümlicher  Art.  Wäre 
die  absorbirende  Kraft  so  stark  wie  bei  dem  TermaÜn,  so 
würde,  wenn  mau  bei  den  aus  rechts  und  links  drehenden 
Individuen  die  verschieden  wirkenden  Thcile  mechanisch 
sonderte,  man  zwei  Apparate  erhalten,  von  denen  der  eine 
senkrecht  auf  die  Axc  linear  polarisirtes  Licht  austreten 
liefse,  schief  gegen  dieselbe  rechts  elliptisches,  in  der  Rich- 
tung der  Axe  rechts  circulares,  der  andere  in  den  ent- 
sprechenden Richtungen  lineares,  links  elliptisches  und  links 
circulares. 

Der  Mangel  der  Erscheinung  bei  dem  Rauchquarz  fühlt 
zu  der  Annahme,  dafs  die  senkrecht  auf  die  Axe  verschie- 
dene Absorption  in  der  Richtung  der  Axe  gleich  wird  oder 
sich  wenigstens,  wenn  dort  eine  schwache  Wirkung  stalt- 
findet, der  Gleichheit  nähert.  Der  Mangel  der  Erscheinung 
in  den  farblosen  Verwachsungen  rechts  und  links  drehender 
Individuen  beweist,  dafs  in  der  ZwillingsbiMung  als  solcher 
der  Grund  nicht  liegt.  Es  ist  also  weder  diese,  noch  die 
Färbung  als  solche,  sondern  eine  bestimmte,  welche  das  Re- 
dingende  ist.  Ilei  schief  geschnittenen  Amellivfitplalten,  wel- 
che die  geradlinigen  inlcrferenzstreifen  geben,  zeigen  sich 
Polarisationswirkungcn  analog  denen  in  der  Richtung  der 
Axe,  doch  konnte  ich  nicht  darüber  entscheiden,  ob  sie  sich 
der  linearen  Polarisation  mehr  nähern. 


Optische  Notizen;  von  H.  VF.  Doce. 


1.  Deber  KalkapMliKwilllnge. 

In  Pogg.  Adii.  Bd.  107  S.  333  bat  Hr.  Pfaff  die  Erschei- 
nungen beschrieben,  welche  geprefste  auf  die  Axc  senk- 
recht geschliffene  Kalkspalhplnltcn  im  Polarisalionsopparat 
zeigen  und  sie  Fig.  10  bis  14  abgebildet.  Bei  dem  An- 
blick, dieser  Zeichnungen  fiel  es  mir  auf,  dafs  diese  so  ge- 
nau die  Erscheinungen  auf  die  Axe  geschliffener  Kalkspath- 
zwillinge  zeigen,  dafs  ich  ehe  ich  die  Abhandlung  gelesen, 
glaubte,  es  scy  diefs  die  Darstellung  solcher  Zwillinge,  von 
denen  ich  die  Nachbildung  der  einen  durch  Einschalten  eines 
Glimmerblaües  zwischen  zwei  centririen  Kalkspalhplatlcn 
erhalten  und  in  den  Versuchen  über  Circularpolarisaüoo 
beschrieben  habe.  Ich  besitze  noch  5  Platten  von  jener 
Zeit  her  und  auch  andere  haben  sich  von  der  Ueberein- 
stiuimung  der  Figuren  mit  den  in  diesen  Platten  hervortre- 
tenden Ringsvstemen  überzeugt.  Die  Beobachtung  des 
Hm.  Pfaff  scheint  mir  dadurch  au  Interesse  zu  gewinnen, 
dafs  aus  ihr  hervorgebt,  dafs  eine  Zwiltingsbildung  mögli- 
cherweise durch  einen  einfachen  mechanischen  Druck  her- 
vorgerufen werden  kann. 

2.  Deber  flatternde  Herzen. 

Die  von  Wheatstone  gemachte  Beobachtung,  dafs 
ein  in  lebhaften  Farben  auf  einen  anders  farbigen  Grund 
ausgeführtes  Bild  rasch  hin-  und  herbewegl,  auf  dem  Grunde 
zu  schwanken  scheint,  habe  ich,  gestützt  auf  die  von  Brevr- 
*  ster  zuerst  gemachte  Wahrnehmung,  dafs  auf  einer  geog- 
nostieeben  Charte  blau  und  rotb  nicht  in  einer  Ebene  zu 
liegen  scheinen,  durch  eine  scheinbare  Parallaxe  erklärt 
Bewegt  nämlich  das  Blatt  sich  in  einer  Ebene,  so  beschreibt 
Jas  Bild  und  der  Grund  gleich  grofse  Tangenten  an  Krei- 
bcd,  deren  Radien  wir  verschieden  «metanen,  ero»  Kw 


sieht,  die  dadurch  wahrscheinlich  wird,  dafs  diese  Täu- 
schung am  deutlichsten  im  indirecten  Sehen  hervortritt,  wo- 
bei dem  Nichtachromatismus  des  Auges  stärker  sich  geltend 
macht  als  bei  dem  directen  Sehen.  Nun  habe  ich  aber 
durch  vielfache  Versuche  gezeigt,  dafs  die  Beurthcilung 
einer  Entfernung  durch  binoculares  Sehen  erfolgt,  nicht 
durch  monoculares,  und  es  schien  mir  daher  wahrschein- 
lieh,  dafs  der  Einflufs,  welchen  selbst  bei  binocularem  Se- 
hen die  Nichtachromasie  des  Auges  auf  die  Beurtheilung 
der  Entfernung  äufsert,  in  erhöhtem  Maafse  eintreten  müsse 
bei  monocularem  Sehen.  Natürlich  müssen,  wenn  es  sich 
um  eine  genauere  Untersuchung  die  Achromasie  betreffender 
Erscheinungen  handelt,  Farben  des  Speclrums  angewendet 
werden. 

Stellt  man  einen  dunkeln  Schirm  mit  einer  mehrere 
Millimeter  weiten  Oefihung  vor  eine  helle  Lichtflamme, 
and  betrachtet  dieselbe  durch  ein  dicht  vor  die  Augen  ge- 
haltenes gekreuztes  Glasgitter,  so  sieht  man  die  auf  der 
sechsten  Tafel  der  Fraunhofer'schen  Gitterversuche  dar- 
gestellte Erscheinung  der  in  den  vier  Quadranten  verzoge- 
nen Spectra  in  gröfster  Ausdehnung.  Hier  hat  man  also 
in  derselben  Ebene  eine  grofse  Anzahl  von  Abwechselun- 
gen verschiedener  Farben.  Diese  erscheinen  aber  durchaus 
nicht  in  einer  Ebene,  die  Spectra  erscheinen  nämlich  in 
der  Weise,  dafs  sie  den  Eindruck  machen  von  Cometen, 
deren  rothe  Köpfe  dem  Beobachter  sämmtlich  zugekehrt 
sind,  während  die  blauen  Schweife  abgewendet.  Ich  er- 
kläre mir  diesen  Eindruck  dadurch,  dafs  indem  das  Auge, 
welches  für  roth  weitsichtiger  ist  als  für  blau,  sich  den 
mittleren  Strahlen  anpafst,  das  Roth  ihm  zu  nahe,  das  Blau 
ihm  zu  fern  erscheint  Schaltet  man  nun  zwischen  dem 
Gitter  und  dem  Auge  ein  tief  violettes  Glas  ein,  so  sieht 
man  die  kreisrunden  rothen  Bilder  die  Ecken  von  Schach- 
brettartig verteilten  Quadraten  bilden,  deren  Seiten  gröfser 
sind  als  die  der  blauen  Bilder,  welche  in  Ähnliche  Qua« 
drate  vertheilt  sind. 

Die  Ebene  dieser  Quadrate  scheint  iura  e^&&iäb\ta* 


te  3er  im  rothen  in  hegetr  and  wenn  ann  an  <Hm*im* 
wendet,  welches  necn  grflne Bilder  jenen  Maden  inasugtttfff 
so  sieht  man  die  VertheHong  in  drei  Ebenen,  von  wcaahfcaj 
die  der  grünen  Bilder  die  mittlere  Stelle  einnimmt  IeV 
halte,  am  gegen  Täuschung  lieber  in  teyn,  die  Yenfadbi 
aach  von  udern  nrit  gleichem  Erfolge  wiederholen  brntemi' 

Es  wurde 'nun  durch  dieselbe  Oeffnnng  in  einen  'Audi, 
kein  Raum  Sonnenlicht  eingelassen  und  durch  eine  hrndetf 
du  Gitter  gestellte  CoUectivhnse  die  Spectrt  ebjeetiv  anf- 
einem  werken  Schirm  projidrt  Die  Eracheinong  trttf  Hef 
bei  den  kleineren  Dimensionen  des  Budes  -weniger  anf&nV 
lend  hervor,  aber  bei  monocnlarer  Betrachtung  enlsoMedBaV 
auffallender  als  bei  binocularer.  "'■■.■'■£■-:'* 

Es  ist  aas  diesen  Versochen  unmittelbar  ersichtlich,  wW- 
um  nach  der  gegebenen  Erklärung  ein  rothes  BiM  auf 
grOnem  Grand  sich  weniger  zu  verschieben  scheint  als  ein 
rothes  auf  blauem. 

3.  lieber  die  Reflexion  des  Lichtes  von  rauben  Flächen. 
Bekanntlich  hat  Fresnel  die  Erscheinung,  dafs  eine  matt- 
gescliliffene  Glasplatte  unter  schiefer  Incidenz  des  Lichtes 
röthlich  erscheint,  auf  eine  äufserst  sinnreiche  Weise  da- 
durch erklärt,  dafs  wegen  der  gröfsern  Wellenlänge  des 
rothen  Lichtes  für  dieses  Licht  die  Platte  bereits  spiegelnd 
wirke,  während  sie  das  blaue  und  violette  Licht  wegen 
seiner  kürzeren  Wellenlängen  noch  zerstreue.  Neuerdings 
hat  Hankel  die  Fresnel' sehe  Erklärung  dadurch  za  er- 
härten gesucht,  dafs  er  nachgewiesen,  dafs  nach  der  Fein- 
heit des  Schliffes  die  Färbung  bei  verschiedenen  Einfalls- 
winkeln auftritt,  auch  einen  prismatischen  Versuch  ange- 
stellt, bei  welchen  "wenn  das  spiegelnd  zurückgeworfene 
rothe  Licht  auf  das  Auge  fällt,  das  Roth  im  Spectrum  au- 
fs  er  ordentlich  stark  strahlend  und  leuchtend  wird,  während 
an  den  übrigen  Farben  keine  Aendernng  zu  bemerken  ist.« 
Da  man  aber  auf  sehr  verschiedenem  Wege  die  Fresnel*- 
sehe  Erklärung  ganz  direct  prüfen  kann,  so  werde  ich  hier 
die  Methoden,  wie  diefs  geschieht,  angeben. 


■ 


Dicht  neben  eine  Licht  flamme  wurde  horizontal 
QMttgeachliffenc  Glasplatte  gelegt,  welche  ihre  untere  HS  [Tic 
verdeckte,  so  dafs  wenn  das  Auge  nahe  in  der  Ebcuc  der 
Platte,  das  Spiegelbild  derselben  sich  unmittelbar  an  die 
Flamme  als  Verlängerung  derselben  nach  Unten  anschlofs. 
Betrachtet  man  beide  aus  einer  etwas  gröfsern  Entfernung 
als  der  Weite  des  deutlichen  Sehens  durch  ein  dickes  Ko- 
baltglas, so  erscheint  wegen  der  Nichlachromasie  des  Au- 
ges die  rothe  Flamme  in  der  blauen,  die  in  einem  inten- 
siven Rande  sie  und  ihr  ßild  umhüllt.  Erhöht  man  nun 
das  Auge  über  die  Fläche  der  Scheibe  allmählich,  so  ver- 
schwindet diese  blaue  Umsäuuiuug  im  Spiegelbilde  zuletzt 
vollständig. 

Verdeckt  man  die  Flamme  dicht  an  der  Glasplatte  durch 
eine  kleine  Oeffuung  und  betrachtet  sie  und  ihr  Spiegel- 
bild durch  ein  vor  das  Auge  gehaltenes  gekreuztes  Gitter, 
so  verschwindet  das  violette  Ende  in  den  Spectris  der  ge- 
spiegelten Ocffnung  in  gleicher  Weise. 

Dasselbe  erfolgt,  wenn  man  eine  Längsspalte  aufstellt, 
deren  obere  Halflc  durch  das  directe,  die  unlere  durch 
das  gespiegelte  Licht  beleuchtet  ist  und  beide  durch  eiu 
Flinlglasprisma  von  60"  betrachtet. 

Noch  überzeugender  wird  der  Versuch,  weun  das  Prisma 
von  Bcrgkrvstall  ist,  wo  das  violette  Ende  des  einen  Spec- 
trums das  rothe  Ende  des  andern  übergreift,  und  jenes  ei- 
genthümliche  lebhafte  Roth  erzeugt,  welches  im  Spectrum 
nicht  vorkommt.  Das  Verschwinden  des  violetten  Anlheils 
und  das  ("ebergehen  in  das  homogene  Roth  des  einen  Spec- 
trums tritt  hier  in  derselben  Weise  hervor,  als  wenn  man 
durch  einen  zwischen  dem  Bergkrystallprisma  und  dem  Auge 
eingeschalteten  Nirol  das  eine  Spccfrum  durch  Drehen  des 
Nicola  zum  Verschwinden  bringt. 

Combiuirt  man  in  den  vorigen  Versuchen  die  Gitter 
oder  Prismen  mit  einem  dichromatischen  die  Mitte  des  Spec- 
truins  verlöschenden  Glase,  so  erhält  man  das  Verschwin- 
den der  gesonderten  blauen  Lichlmasse,  wahrend  die  rothe 
bleibt. 
P.'SecaJoifl-»  Add*1.  Bd.  CX. 


4.  Ein  Gitter  vertu  eh. 
Unterschied  der  Wellenlängen  für  die  *er- 
i  Farben  besonders  k  In  r  dar  st  eilender  Versuch  ist 
folgf^er.  Maabel«KMetdenGWMtxiBDi<*rw»k«p**« 
Terscbieden,  farbig  Güter}  »etat*  nmhAtm  «tan  W  W.«*M 
kleine  Oeffhung  angebracht  hat,  n  «  ein  dtypeJt  himliiltü 
ttriiraa  «in,  fend!  blickt  in  dasselbe  dnnh  <u  dofaefae* tat. 
mitteln**  vor  da*  Aog*  gehaltenes  Gitter,  deeten  Link*.  M 
VefbtndiapliriadOTheidaiBiMsrpmllelafad.  Man  «lil»w| 
■an  st*»  d*  Sekeo^Mwfrm  dW  WiederboIunpMi  etaM* 
▼ei-scniedeta  bringen  OeäbUogeo  in  da  -*-  "y-"— T"|lfi 
iliiFiilnii  ■ii1ii ■  inii im  Ihm  niitlniin  In  in  i  iiaTiullai  pww 
lelen  geraden  Linien.   Durch  dies«  Gitter  oder  flÜi.gWah' 


der  Farbenanthale ,;  welche  in  beiden  Bilden  lwai'inii» 
treten,  wenn  man  das  doppeltbrechende  Prisma  -Hrnihlfrti 
dreht  und  dadurch  die  Erläuterung  der  entsprechenden  Far- 
ben Veränderungen  In  der  dichroltischen  Lupe. 


VIII.     Eine  Bemerkung  über  die  Flüssigkeiten, 

welche  die  Polarisationsebene  des  Lichtes  drehen; 

von  H.  W.  Dove. 

l\achdem  es  gelungen  ist,  die  Erscheinungen,  welche  der 
Bergkrvstall  in  der  Richtung  der  Axe  zeigt,  darauf  zurück- 
zuführen, dafs  derselbe  mit  ungleicher  Geschwindigkeit  von 
einem  rechts  und  links  cücular  polarisirten  Strahle  durch- 
laufen werde,  erscheint  die  Annahme  gerechtfertigt,  dafs 
dasselbe  in  Flüssigkeiten  erfolge,  welche  die  Eigenschaft 
zeigen,  die  Polarisationsebene  linear  polarisirt  einfallenden 
Lichtes  proportional  der  Länge  des  von  diesem  in  ihnen 
durchlaufenen  Weges  nach  der  Aechten  oder  Linken  hin 
abzulenken,  mag  diese  Eigenschaft  ihnen   ursprünglich  in- 


wohnen,  oder  durch  sie  uinfliefseude  elektrische  Ströme 
erst  in  ihnen  hervorgerufen  oder  die  bereits  vorhandene 
modificirt  werden.  Die  Annahme  einer  doppeltbrechenden 
Kraft  in  Flüssigkeiten  hat,  da  jene  sich  in  allen  festen  Kör- 
pern so  innig  an  die  kristallinische  Structur  derselben  an- 
schließt, dafs  sie  diese  vorauszusetzen  scheint,  etwas  so 
wenig  wahrscheinliches,  dafs  es  auffallend  erscheint,  dafs 
das  von  Fresnel  angewendete  Verfahren,  die  circulare 
Doppelbrechung  in  der  Richtung  der  Axe  des  Bergkrystalta 
nachzuweisen,  nicht  auf  eine  Combination  von  Flüssigkeits- 
prismen  ausgedehl  worden  ist,  von  denen  die  eine  rechts, 
die  andere  links  dreht.  Solche  Versuche  sind  vielleicht  mit 
negativem  Erfolge  angestellt,  aber  so  viel  mir  bekannt  ist, 
nicht  veröffentlicht  worden. 

Der  von  mir  am  Amethyst  in  der  Richtung  der  Axe 
nachgewiesene  Dichroi'smus  und  die  aus  demselben  her- 
vorgehende polarisircnde  Wirkung  desselben,  schien  mir 
ein  Mittel  anzudeuten,  die  hier  angeregte  Frage  einer  Prü- 
fung zu  unterwerfen.  Ich  habe  eine  concentrirtc  Zucker- 
lösuug  durch  übermangansaures  Kali  und  durch- Indigo  ge- 
färbt, ebenso  Terpentin  durch  Bernstcüilack,  und  diese  un- 
mittelbar und  dann  auch  unter  dem  EinQufs  eines  Rum- 
korff  sehen  Apparates,  welcher  die  Polarisationsebene  det 
in  die  Flüssigkeit  eintretenden  Lichtes  sehr  deutlich  drehte, 
darauf  untersucht,  ob  sie  als  polarisircnde  oder  analysi- 
rcmlo  Vorrichtung  augewendet  irgend  wirksam  sich  zeigten 
aber  diefs  nicht  gefunden.  Die  Farbstoffe  waren  so  ange- 
wendet, dafs  eben  noch  die  Intensität  des  Lichtes  ausreichte, 
um  durch  die  Fliissigkcitssäule  hindurch  sich  von  dem  Nicht- 
vorhandensein der  polarisirenden  Wirkung  zu  Überzeugen, 
und  wenn  man  bedenkt,  wie  gering  die  Menge  des  Farbstoffs 
im  Amethyst  ist,  wird  diefs  als  ausreichend  betrachtet  wer- 
den dürfen.  Aber  negative  Ergebnisse  entscheiden  nie 
darüber,  ob  kräftigere  Apparate  oder  eine  andere  Wahl 
der  Farbstoffe  und  Flüssigkeiten  nicht  ein  positives  Resul- 
tat geben  würden.  Meine  Absicht  bei  Veröffentlichung 
dieser  Versuche  ist  daher  nur,  die  Aufmerksamkeit  auf  euu 


Frtg«  «n  .fenkM/ datfe»  BN 

m  AMktoM^iifMdte  iMeres««  darbietet 


:  Chemisch  -  analytische  Jkilrifye;     .....  ..^ 

,     ,[,  van  Heinr*  Rase.  ,\    ;.':.,;,,:*[ 


(■'der  «bB»ri8;TtJii;derK«I!terte.  ",:   ■■■•i*'im| 
t>     '**■•'■■'!■•'■■    '.'■'     ■■'  ■    l-;  ■■'  .V--iw^f. 

JJei  dem  gewöhnlichen  Gange  ddr  UalersudkMi;,  4*mPH* 
bis  jetzt  allgemein  befolgt  hat,  pflegte  man  dies*  B*a«at  dprafc. 
Ammoniak  xn  trennen.  Obgleich  die  Kalkerde  dnrch  eine  Am- 
moniakflulsigkeit,  welche  vollkommen  frei  von  kohlensaurem 
Ammoniak  ist,  nicht  gefüllt  wird,  so  ist  diese  Art  der  Tren- 
nung unangenehm,  da  man  sorgfältig  bei  der  Operation  den 
Zutritt  der  atmosphärischen  Luft  abhalten  mufs,  durch  wel- 
che sich  kohlensaure  Kalkerde  erzeugt,  welche  die  Thon- 
erde  verunreinigen  kann.  Man  hat  dieselbe  Schwierigkeit, 
wenn  man  die  Lösung  der  Basen  mit  Ammoniak  der  Sätti- 
gung nahe  bringt,  und  die  Thon  erde  dann  durch  Schwefel- 
ammonium  fallt.  Es  ist  bei  diesen  Füllungen  durchaus  nö- 
thig,  die  Thonerde,  wenn  man  nicht  zu  Weine  Mengen  er- 
balten hat,  noch  einmal  in  CblorwasserstoffsSure  oder  in 
einer  anderen  Säure  aufzulösen,  und  von  Neuem  mit  Am- 
moniak zu  fällen,  um  sich  zu  überzeugen,  ob  in  der  abfiU 
trirten  Flüssigkeit  noch  Kalkerde  enthalten  ist,  oder  nicht 
Durch  eine  sehr  einfache  Vorsichtsmafsregel  kann  man 
indessen  alle  Ungenauigkeiten  und  alle  Unannehmlichkeiten 
bei  der  Fällung  der  Thonerde  vermeiden,  und  ein  sehr  ge- 
naues Resultat  erzielen.  Nachdem  man  nämlich  die  Thon- 
erde durch  UebersSttigung  mit  Ammoniak  gefüllt  hat,  bringt 
man  das  Ganze  bis  znm  leisen  Kochen  und  unterhalt  das- 
selbe so  lange,  bis  kein  Geruch  nach  freiem  Ammoniak 
mehr  zu  bemerken  .ist.     Ea  wird  dadurch  die  Thonerde 


293 


" 


vollständig  gefällt,  und  man  braucht  statt  des  Ammoniaks 
nicht  Schwcfclamnionium  anzuwenden,  was  gewifs  nur  an- 
genehm seyit  kann.  Denn  der  Nachlheil  bei  der  Fallung 
der  Thoucrde  durch  Ammoniak  besteht  nur  darin,  dafs  man 
ein  Ucbermaafs  desselben  anwendet,  wodurch  etwas  Thou- 
crde aufgelöst  wird.  Man  hat  aber  nun  den  gTofscn  Vor- 
theil,  das  Filtrireti  der  Thouerde  mit  Bequemlichkeit  vor- 
nehmen zu  kfinnen;  mau  braucht  sich  nicht  damit  zu  Über- 
eilen, und  den  Zutritt  der  Luft  mit  Aengsllichkeit  auszu- 
gchlielsen.  Es  ist  ferner  nicht  not h wendig,  eine  Ammoniak - 
llüssigkcit  anzuwenden,  die  mau  mit  Sorgfalt  von  jeder 
Spur  von  kohlensaurem  Ammoniak  befreit  hat;  man  kanu 
selbst  nach  der  Füllung  mit  Ammoniak  das  Ganze  vor  dem 
Filtriren  so  lange  stehen  lassen,  dafs  die  Thoncrdc  sichtlich 
mit  kohlensaurer  Kalkerde  verunreinigt  ist.  Durchs  Kochen 
wird  alle  gefällte  kohlensaure  Kalkerdc  durch  das  vorhan- 
dene ammoniaknlische  Salz  zersetzt  und  vollständig  wieder 
aufgelöst. 

Es  versteht  sich,  dafs  in  der  Lösung  so  viel  Chloram- 
monium oder  ein  anderes  ammoniakalisches  Salz  vorhanden 
sey,  dafs  die  Auflösung  der  kohlensauren  Kalkerdc  durchs 
Erhitzen  möglich  wird. 

Man  stufst  hierbei  bisweilen  auf  einen  unangenehmen 
t  instand.  Wenn  gefällte  Thouerde  längere  Zeit  mit  der 
Flüssigkeit,  aus  welcher  sie  gefällt  worden,  gekocht  worden 
ist,  so  ist  sie  oft  von  einer  so  gelatinösen  Beschaffenheit, 

Idafs  sie,  wenn  sie  ausgewaschen  werden  soll,  die  Poren 
des  Filtrums  vollkommen  verstopft,  und  kein  Waschwasser 
hindurchläfsl.  Sie  ist  dabei  vollkommen  durchscheinend. 
Eine  Thouerde  von  dieser  Beschaffenheit  mufs  man,  wie 
Gr.  Schafgotsch  gezeigt  hat,  auf  folgende  Weise  behan- 
deln: Nachdem  sie  auf  das  Fillrum  gebracht,  wird  dieselbe 
gar  nicht  ausgewaschen,  sondern,  nachdem  alle  Flüssigkeil 
tollstandig  abgetrönfelt  ist,  bringt  mau  sie  mit  dein  Trichter 
in.  das  Trockeuspindc,  und  setzt  sie  so  lange  einer  gelinden 
Hitze  aus,  bis  sie  ein  geringeres  Volumen  eingenommen  bat, 
halb  trocken  geworden  ist,  und  gegen  das  Papier  des  Fil- 


Mnh*<§edjAckt,  dieses  noch  benetzt  Wen*.  «MSii 
satt  Wim»,  namentlich  mit  hcifsem,  übergiefst,  aBjJSjfa} 
■fe  Sita  4*1  und  vollkommen  auswaschet».  Hat  maaf„dav 
Hisdamhjag  zu  stark  getrocknet,  so  dafs  er  beim  Drucken 
d»!  Papier  uichl  mehr  benetzt,  und  homartig  gewordeu 
ist, (s*  läfit  er  sich  nicht  gut  vom  Wasser  durchdringen; 
«Vi  ulliiliwil  auf  demselben  und  kann  nicht  gut  ausge- 
waschen ^werden.  —  Die  gallertartige  Thonerde,  welche 
Kildorcb:  Kochen  erhalt,  löst  sich  auch  im  feuchten  Zu- 
stand  etwas  schwer  iu  Chlorwasserstoffsaure  auf,  wie  Über- 
hängt Thonerde,  die  .heiTs  gefällt  worden  ist. 
<  :i:-.Sehr  :kkine  Mengen  von  Kalkerde  können  von  der 
Tsatnord»  auch  auf  folgende  Weise  getrennt  werden:  Man 
fflsjtxu  dir.  Auflösung  etwas  Weinsteinsaure,  und  übersät- 
tigt sie  darauf  vermittelst  Ammoniaks.  Wenn  Kalkerde 
allein  in  der  Losung  eulhalleu  wäre,  so  würde  weiostein- 
saure  Kalkerde  gefüllt  werden,  ist  indessen  iu  der  Lösung 
neben  der  Kalkerde  eine  nicht  zu  geringe  Menge  von  Thon- 
erde (oder  von  einer  anderen  Base  von  der  Zusammen- 
setzung R'  O  ",  so  erfolgt  bei  Gegenwart  von  Wein- 
tfeinsäure  durch  Uebersättigung  mit  Ammoniak  keine  Fäl- 
lung, die  Kalkerde  kann  daun  aber  aus  der  ammouiakali- 
fchen  Lösung  durch  Oxalsäure  als  oxalsaurc  Kalkerde  ge- 
fällt werden;  die  Thonerde  hingegen  ist  schwieriger  und 
nur  durch  Abdampfen  der  Flüssigkeit  und  Glühen  des 
trocknen  Rückstandes  beim  Zutritt  der  Luft  zu  bcäliuunen. 
Diese  Methode  kann  daher  mit  Vortheil  nur  in  einigen  Fäl- 
len angewandt  werden,  besonders  wenn  es  wichtig  ist,  nur 
die  Menge  der  Kalk crtle  schnell  zu  bestimmen. 

TreaaME  der  Tbonerde  von  der  Magnesia. 
'  Auch  Magnesia  pflegte  man  gewöhnlich  von  der  Thon- 
erde durch  Ammoniak  zu  trennen,  nachdem  man  dafür  ge- 
sorgt halte,  dafs  sich  eine  hinlängliche  Menge  von  Chlor- 
ammonium oder  von  anderen  ammoniakalischen  Salzen  in 
der  Lösung  befand.  Es  ist  indessen  bekannt,  dafs  auch 
bei  Gegenwart  von  grofsen  Mengen  von  ammoniakalischen 


295 

Salzea  mit  der  Thonerde  auch  etwas  Magnesia  gefällt  wird, 
uod  mau  war  gezwungen,  durch  Auflösung  der  Thonerdc 
in  Kalibydrat  die  kleine  Menge  der  Magnesia  von  ihr  zu 
[rennen,  wodurch  die  Untersuchung  langwierig  und  minder 
genau  wurde.  Man  zog  es  daher  oft  vor,  die  Trennung 
der  Magnesia  von  der  T  htm  erde  durch  zweifach-kohlensau- 
res Kali  oder  Natron,  oder  auch  durch  Schwefelammoniuin 
zu  bewirken. 

Die  Trennung  der  Magnesia  von  der  Thoucrde  durch 
Ammoniak  gelingt  indessen  sehr  gut,  wenn  man  die  Lösung 
nach  Uebersättiguug  mit  Ammoniak  oder  mit  kohlensaurem 
Ammoniak  (dessen  Anwendung  in  diesem  Falle  indessen 
nicht  vorzuziehen  ist)  bis  zum  gelinden  Kochen  erhitzt,  uud 
mit  dem  Erhitzen  so  lange  fortfährt,  bis  kein  freies  Ammo- 
niak mehr  zu  bemerken  ist.  Wenn  die  gehörige  Menge 
von  Chlorammonium  oder  von  ammoniakalischeu  Salzen 
überhaupt  in  der  Lösung  vorhanden  ist,  so  wird  alle  mit 
der  Thoucrde  gemeinschaftlich  gefällte  Magnesia  gelöst. 

Diese  Methode  giebt  gute  Resultate.  Es  ist  indessen 
zu  bemerken,  dafs  auf  diese  Weise  die  Thonerde  nicht  so 
vollkommen  vou  der  Maguesia  wie  vou  der  Kalkerde  ge- 
trennt werden  kann.  Es  bleiben  äuiserst  geringe  Spuren  von 
Magnesia  bei  der  Thonerde,  die  jedoch  so  aufserordcutlich 
unbedeutend  sind,  dafs  ich  diese  Methode  der,  die  Magnesia 
vou  der  Thonerde  durch  zweifach -kohlensaures  Alkali  oder 
durch  Scliwefclammonium  zu  trennen,  den  Vurzug  gebe. 
Mau  erhält  auch  hierbei  die  Thoucrde  von  gallertartiger 
Beschaffenheit,  welche  man  dann  auf  die  obeu  augeführte 
Weise  behandeln  mul's. 

Sind  Kalkerde  und  Magnesia  gemeinschaftlich  vou  der 
Thonerde  zu  trennen,  so  ist  es  besonders  anzuratheu,  die 
Trennung  nur  durch  Ammoniak  und  durch  uachheriges  Ko- 
chen bis  zur  Vertreibung  des  freien  Ammoniaks  zu  bewir- 
ken. Man  erspart  auf  diese  Weise  viel  Zeit,  und  erhalt 
Resultate,  welche  genauer  sind  als  die,  welche  man  nach 
lern  alten  Verfahren  erhalten  hatte. 

Um   kleine   Mengen   von  Kalkerdc    und    vou   Magnesia 


296 

von  gröfscrcti  Mengen  von  Thonerdc  zu  scheiden,  kann 
man  in  einigen  Fällen  folgende  Methode  anwenden:  Man 
fügt  zu  der  Losung  Weinstein  säure  und  übersättigt  darauf 
mit  Ammoniak;  man  erhält  dadurch  keiue  Fällung.  Durch 
Oxalsäure  fällt  man  darauf  aus  der  ammoniakalischeu  Lo- 
sung die  Kalkerde  als  Oxalsäure  Kalkcrde  und  iu  der  ab- 
ii  1  tri r ten  Flüssigkeit  die  Magnesia  als  phuspliorsaure  Ammo- 
niak-Magnesia durch  phosphorsaures  Natron.  Die  Thon- 
erde  ist  aber  in  diesem  Falle  schwieriger  ihrer  Menge  nach 
zu  finden.  -Diese  Methode  ist  daher  nur  dann  besonders 
anzuwenden,  wenn  mau  Kalkerde  und  Magnesia  bei  Anwe- 
senheit grosserer  Mengen  von  Thouerde  allein  und  schnell 
bestimmen  will. 

Trennung  der  hlruaiiiincnlc  voo  der  Kulkerde. 

So  leicht  es  jetzt  ist,  die  Baryterde  sowohl  von  der 
Strontianerde  als  auch  von  der  Kalkcrde  mit  (Genauigkeit 
zu  scheiden,  namentlich  wenn  diese  Hasen  in  ihren  schwe- 
felsauren Verbindungen  von  einander  zu  trennen  sind,  so 
hat  die  Scheidung  der  Strouliaucrde  von  der  Kalkcrde  be- 
sondere Schwierigkeiten.  Die  beste  Methode  der  Trennung 
beider  ist  immer  noch  die  alte,  von  Stromeycr  angege- 
bene, die  salpetersauren  Erden  durch  wasserfreien  Alkohol 
von  einander  zu  trennen.  Ich  habe  zu  dieser  Si&eJmsJSge- 
inetbode  nur  noch  das  hinzuzufügen,  dafs  sie  noch  -besser 
gelingt,  wenn  man  sich  statt  des  wasserfreien  Alkohols «baer 
Mengung  desselben  mit  einem  gleichen  Volumen  Aethers 
bedient,  in  welcher  die  Salpetersäure  Strontianerde  noch 
schwerlöslicher  ist,  eis  im  reinen  Alkohol.  Während  -von 
diesem  ungefähr  8500  Theile  einen  Theil  der  salpetersau- 
ren Strontianerde  aufzulösen  im  Stande  sind,  wird  dieft 
erst  von  ungefähr  60001)  Thcilen  des  Gemenges  bewirkt, 
während  letzteres  die  salpetersaure  Kalkerde  eben  so  voll- 
kommen klar  löst,  wie  der  wasserfreie  Alkohol. 

Eine  andere  Trennung  der  Strontianerde  von  der  Kalk- 
erde kann  darauf  begründet  werden,  dafs  aus  einer  Lösung 
von  schwefelsaurer  Streatianerde   dieselbe   vollständig   ge- 


297 


■ 


i'ällt  werden  kann,  wenn  sie  mit  einer  etwas  Concentrin eu 
Lösung  eines  schwefelsauren  Alkalis  vermischt  wird,  wäh- 
rend die  schwefelsaure  Kalkerde  durch  eine  solche  Lösung 
weit  leichter  gelöst  werden  kann,  als  durch  reines  Wasser. 
Durch  diese  Art  der  Scheidung  kann  man  beide  Erden  in 
der  Lösung  jedweder  Säure  trennen,  und  auch,  wenn  sie 
als  schwefelsaure  Salze  zur  Untersuchung  angewandt  wer- 
den sollen. 

Man  wählt  am  besten  das  neutrale  schwefelsaure  Ain- 
inouiak  zur  Trennung.  Fügt  man  dasselbe  in  einer  etwas 
concentrirten  Lösung  zu  einer  Lösung  eines  Strontiancrdc- 
salzes,  so  wird  zuerst  der  allergröfstc  Thcil  derselben  als 
s< -luvclrlsaure  Stroutianerdc  niedergeschlagen,  und  der  kleine 
Thcil  der  schwefelsauren  Slronlianerde,  welcher  aufgelöst 
bleibt,  bildet  nach  und  nach  mit  dem  schwefelsauren  AI- 
kab  ein  Doppclsalz,  welches  unlöslich  in  der  Lösung  des 
schwefelsauren  Alkalis  ist  und  gemeinschaftlich  mit  der 
schwefelsauren  Strontiauerde  füllt.  Dieses  Doppelsalz  er- 
zeugt sich  sowohl,  wenn  das  Ganze  längere  Zeit  gekocht 
wird,  als  auch,  wenn  es  bei  gewöhnlicher  Temperatur  län- 
gere Zeit  steht.  Ich  habe  vor  längerer  Zeit  ein  ähnliches 
Doppclsalz  von  schwefelsaurer  Slronlianerde  mit  schwefel- 
saurem Kali  dargestellt  '),  das  aus  gleichen  Atomen  der 
beiden  einfachen  Salze  zusammengesetzt  ist. 

Um  die  schwefelsaure  Stronfiauerde  ganz  unlöslich  zu 
machen,  nimmt  man  gegen  einen  Thcil  des  Slronlianerde- 
saizes  5t)  Tlieile  schwefelsaures  Ammoniak,  welches  in  dem 
Vierfachen  von  Wasser  gelöst  worden  ist.  Itehandelt  man 
mit  einer  solchen  Lösung  die  Lösung  eines  Kalkcrdcsalzes, 
so  bleibt  dieselbe  klar,  sowohl  bei  gewöhnlicher  Tempe- 
ratur, als  auch  beim  Kochen.  Es  bildet  sich  ein  Doppel- 
salz, das  in  der  Lösung  des  schwefelsauren  Ammoniaks 
atiflöslich  ist.  Es  ist  diefs  ein  Doppelsalz  von  ähnlicher 
Art,  wie  wir  ein  solches  von  schwefelsaurer  Kalkerde  und 
schwefelsaurem  Kali  kennen,  das  Arthur  Phillips  ent- 
duckt, und  Potasso-Gypsil  genannt  hat. 
1)  P*fp   AM.  UJ.  93,  S.  6U5. 


Bei  dec  Trennung  der  Strontiancrde  von  der  1 
löst  man  die  Salze  der  beiden  alkalischen  Erden,  aie  uiü- 
gen  mit  irgend  einer  Säure  verbunden  seyn,  mit  welcher 
sie  auf  lösliche  Salze  bilden,  in  möglichst  wenigem  Wasser 
auf,  und  fügt  dann  die  Lösung  von  schwefelsaurem  Am- 
mouiak  in  vier  Theilcn  Wasser  hinzu,  welche  ungefähr 
50inal  so  viel  festes  Salz  enthält,  als  das  zu  untersuchende 
Salzge menge  beträgt.  Man  kocht  entweder  das  Ganze  einige 
Zeit  hindurch  unter  Erneuerung  des  verdampften  Wassers, 
und  unter  Hinzu fügung  von  sehr  wenigem  Ammoniak,  (weil 
durchs  Kochen  die  Lösung  des  schwefelsauren  Ammoniaks 
etwas  sauer  wird)  oder  man  läfst  es  12  Stunden  bei  ge- 
wöhnlicher Temperatur  stehen.  Man  filtrirt  darauf  und 
wäscht  die  schwefelsaure  Slrontianerde  mit  einer  concen- 
Irirtcu  Lösuug  von  schwefelsaurem  Ammoniak  so  lange  aus, 
bi*  im  Waschwasser  durch  oxalsaures  Ammoniak,  leane 
Fällung-  mehr  hervorgebracht  wird.  '  Das  Auswaschen  ist 
in  kurzer  Zeit  vollendet.     . 

Der  Niederschlag  wird  nach  Verbrennung  des  Filtrume 
vorsichtig  im  Platintiegel  erhitzt,  zuerst  schwach  und  dann 
stärker,  um  das  in  ihm  enthaltene  schwefelsaure  Ammoniak 
-zu  verjagen.  Durch  das  Glühen  wird  eine  höchst  geringe 
Menge  von  Schwefelstrontium  erzeugt;  man  befeuchtet  daher 
den  geglühten  Niederschlag  mit  etwas  verdünnter  Schwe- 
felsaure, erhitzt,  glttht  und  bestimmt  das  Gewicht  der  schwe- 
felsauren Slrontianerde.  Aus  der  getrennten  Flüssigkeit  und 
aus  dem  Waschwasser  wird  die  Kalkerdc  durch  oxalsaures 
Ammoniak  gefallt.  Man  mnfs  aber  vor  der  Fällung  che 
Losung  mit  ziemlich  vielem  Wasser  verdünnt  haben. 

Das  Resultat,  das  man  durch  diese  Methode  erhält,  ist 
nur  ein  der  Wahrheit  sich  näherndes  und  nicht  so  genau 
als  das  durch  die  verbesserte  Methode  von  Strome  v/er 
erhaltene.  Aus  den  Resultaten  der  angeführten  Versuche 
wird  man  ersehen,  wie  weit  die  gefundenen  Resultate  von 
den  berechneten  abweichen. 

Als  Hr.  Oesteu  1,053  Grm.  Salpetersäure  Slrontianerde 
und  0,504  Grm.  reine  kohlensaure  Kalkerde  (welche  in  sal- 


petersaure  Kalkerde  verwandelt  wurde)  auf  die  angeführte 
Weise  kochend  mit  schwefelsaurem  Ammoniak  behandelte, 
erhielt  er  0,910  Grm.  schwefelsaure  Stroutianerde,  die  1,018 
Grin.  salpetersaurer  Stroutianerde  entsprechen,  und  0,279 
Grm.  Kalkerde,  für  die  0,497  Grm.  kohlensaurer  Kalkcrdc 
ein  Aequivaleut  sind. 

In  einein  andern  Versuche  wurdcu  0,489  Grm.  Salpe- 
tersäure Stronlianerde,  welche  0,424  Gnn.  schwefelsaurer 
Stronlianerde  entsprechen,  und  0,505  Gnn.  Salpetersäure 
Kalkerde,  welche  0,172  Grm.  Kalkcrde  enthalten,  ange- 
wandt. Die  Trennung  geschah  ebenfalls  bei  Kochhitze. 
Es  wurden  erbalten  0,416  Grm.  schwefelsaure  Stroutianerde 
und  0,177  Gnn.  Kalkcrdc. 

In  einem  dritten  Versuche  wurden  1,798  Gnn.  salpeter- 
saurer Stroutianerde  und  0,970  Grm.  kohlensaurer  Kalkerde 
(welche  in  Salpetersäure  Kalkerde  verwandelt  wurde)  mit 
der  Lösung  von  schwefelsaurem  Ammoniak  bei  gewöhnli- 
cher Temperatur  behandelt,  und  uach  36  Stuuden  fillrirt. 
Es  wurden  erhalten  1,532  Gnn.  schwefelsaure  Stronlianerde, 
für  welche  1,760  Grm.  Salpetersäure  Stronlianerde  ein  Aequi- 
valent  sind,  und  0,563  Grm.  Kalkerde,  die  1,006  Grm.  koh- 
lensaurer Kalkerde  entsprechen. 

Eine  feste  Verbindung  von  schwefelsaurer  Stroutianerde 
und  von  schwefelsaurer  Kalkerde  wird,  um  beide  von  ein- 
ander zu  trennen,  im  sehr  fein  gepulverten  Zustande  mit 
der  conceutrirten  Lösung  des  schwefelsauren  Ammoniaks 
übergössen,  und  damit  unter  Erneuerung  des  verdampften 
Wassers  und  Hinzu  fügung  von  etwas  Ammoniak  gekocht. 
Im  l.lebrigcn  wird  eben  so  verfahren,  wie  so  eben  erör- 
tert worden  ist. 

Es  wurden  0,503  Gnn.  wasserfreie  schwefelsaure  Kalk- 
erde (schwach  geglühter  strahliger  Gyps)  mit  einer  nicht 
bestimmten  Menge  von  schwefelsaurer  Stroutianerde  ge- 
mengt, und  auf  obige  Weise  mit  einer  conceutrirten  Lö- 
sung von  schwefelsaurem  Ammoniak  behandelt.  Es  wurden 
0,208  Gnn.  Kalkcrdc  erhalten,  welche  0,504  Gnn.  schwe- 
felsaurer Kalkcrde  entsprechen. 


Es  wurde  nach  der  oben  beschriebenen  Methode  durch 
Hrn.  Braun  der  strahl  ige  Stroutianil  von  Hamm  in  Weil- 
finalen  untersucht.  Aus  11,978  Gnn.  desselben  (nachdem 
er  in  Chlovwasserstofrsaurc  gelöst  worden  war)  wurden 
1,161  (Irin,  schwefelsaure  Slronlianerde,  und  0,1129  Grm. 
Kalkerde  erhallen.  Nach  dieser  Analyse  besieht  daher  der 
untersuchte  Strontianit  im  Hundert  aus: 

95,6  kohlensaurer  Slrontiauerde 
5,8  kohlensaurer  Kalkerde 
"NU; 

Statt  des  schwefelsauren  Ammoniaks  kann  man  sich  bei 
dieser  Trennung  auch  des  schwefelsauren  Kali's  oder  Na- 
trons bedienen.  Bei  Anwendung  derselben  hat  man  aber 
den  grofsen  Nachtheil,  dafs  man  die  gefällte  schwefelsaure 
Strontianerde  von  dem  zugleich  gefällten  feuerbeständigen 
schwefelsauren  Alk'aH  trennen  mufs,  was  füglich ' nicht  ■&• 
den  bewerkstelligt  werden  kann,  als  dafs  man  die  schwe- 
felsaure Strontianerde  durch  kohlensaures  Alkali  in  koh- 
lensaure Strontianerde  verwandelt. 


(  des  Kittnoxyds  tod  der  Kalkerde  und  von  de* 
Magnesia. 

Bei  der  Trennung;  des  Eisenoiyds  von  der  Kalkerde 
und  der  Magnesia  kann  man  sich  derselben  Methoden  be- 
dienen, wie  bei  der  Trennung  dieser  Basen  von  der  Thon- 
erde.  Bekanntlich  fallt  durch  Ammoniak  das  Eisenoxyd 
immer  mit  kleinen  Mengen  von  Magnesia  verbunden  nieder, 
selbst  wenn  die  Lösung  eine  bedeutende  Menge  ammoniakV 
lischer  Salze  enthalt.  Wenn  man  aber  das  Eisenoxyd  durch 
Uebersatligung  der  Lösung  mit  Ammoniak  gefällt,  und  das 
Ganze  bis  zur  Verflüchtigung  des  freien  Ammoniaks  er- 
hitzt bat,  so  ist  das  gefällte  Eisenoxyd  frei  von  Kalken!« 
und  Magnesia.  Wenn  man  auf  diese  Weise  verfahrt,  m 
ist  der  Zutritt  der  Kohlensaure  der  Luft  von  keinem  nach- 
tbeiligen  Eiuflufe.  Es  ist  auch  hier  tu  bemerken,  dafs  *v- 
fserord entlich  kleine  Spuren  von  Magnesia  beim  Eisenoxyd 
bleiben  können,  während  dasselbe  von  der  KaJkerde  voH- 


kommen  getrennt  wird;  dennoch  aber  i.-l  diese  Methode 
jeder  anderen  vorzuziehen.  Uns  Eisenoxid  scheidet  sich 
hierbei  in  einem  Zustund  ab,  in  welchem  es  sich  leicht 
auswaschen  läfst,  namentlich  durch  heifses  Wasser,  und  ist 
niemals  von  gallertartiger  Beschaffenheit,  wie  die  Thonerde. 
Wenn  geringe  Mengen  von  Kalkcrdc  und  von  Magne- 
sia mit  grofsercu  Mengen  von  Eisenoxyd  in  einer  Lösung 
enthalten  sind,  so  können  die  Kalkcrdc  ebenso  wenig  wie 
das  Eisenoxyd  als  weinsleJnsaure  Salze  gefallt  werden,  wenn 
man  Weinsteiusäure  hinzufügt  und  mit  Ammoniak  übersät- 
tigt. Ist  Kalkcrde  allein  ohne  Eisenoxid  in  einer  Lösung, 
so  wird,  wie  diefs  schon  früher  bemerkt,  nach  dem  Zu- 
setzen von  Weinsteinsätire  und  nach  Uebersätligung  mit 
Ammoniak  die  Kalkcrdc  als  weinsteiusaurc  Kalkerde  ge- 
fallt, wenn  auch  oft  bei  sehr  geringen  Mengen  von  Kalk- 
erde die  Fällung  erst  nach  einiger  Zeil  geschieht.  Nach 
Hinzu  füg  ting  von  Weinsteinsiiurc  und  Uebersätligung  mit 
Ammoniak  kann  man  die  Kalkerdc  durch  Oxalsäure,  und 
darauf  die  Magnesia  als  phosphorsaurc  Ammoniak- Magnesia 
durch  phosphorfiau res  Natron  abscheiden,  worauf  man  end- 
lich noch  das  Eisenoxid  durch  Schwefelainmonium  füllen 
kann. 

Bestimmung  des  Mangans. 
.  Es  ist  bei  uuanfitativen  Analysen  oft  sehr  vorthcilhafl, 
das  Manganoxydul  in  Manganoxyd  oder  in  noch  höhere 
Oxyde  zu  verwandeln,  um  es  von  anderen  Basen  zu  tren- 
nen. Die  Verwandlung  des  Manganoxyduls  geschieht  durch 
Chlorgas.  In  der  Lösung  eines  Manganoxvdulsalzcs  ver- 
wandelt sich  indessen  nur  schwer  und  nur  zum  kleinsten 
Theilc  durch  Chlorgas  das  Oxydul  in  Oxyd,  das  sich  ab- 
setzt. Man  erhalt  um  so  mehr  davon,  je  verdünnter  die 
Lösung  des  Manganoxydulsalzes,  und  je  schwächer  die  Säure 
ist,  welche  mit  dem  Oxydul  verbunden,  so  wie  auch,  je 
höber  die  Temperatur  der  Lösung  während  des  Durchlei- 
teus  des  Gases  ist.  Man  kann  aber  vollständig  alles  Man- 
ganoxydul in  Oxyd,   oder  auch  in  Superoxyd  verwandeln. 


302 

und  dasselbe  aus  der  Lösung  fallen,  wenn  man  zu  derselben, 
nachdem  sie  inil  Chlnrgas  gesättigt,  eine  starke  Base  im 
Uebennaafs  hinzufügt,  welche  ihren  Sauerstoffgehalt  dem 
Oxydule  zufßhrt,  wahrend  sie  sich  in  Chlormetall  verwan- 
delt. Je  starker  die  hinzugefügte  Base,  je  verdünnter  die 
Manganuxydullösung  ist,  und  je  heifser  das  Chlorgas  zuge- 
führt wird,  desto  vollständiger  und  höher  oxydirt  sich  das 
Mangauoxydul.  Daher  wird  gewöhnlich  durch  UebereStli- 
gung  mit  Knlilivih.il  aus  einer  solchen  Lösung  schwarzes 
Mangansuperoxyd  gefällt,  während  Ammoniak  eine  Füllung 
bildet,  welche  anfangs  hellbraun  ist,  und  nach  einiger  Zeit 
dunkler  wird,  aber  gewöhnlich  nie  so  dunkel,  wie  die,  wel- 
che durch  Kalihydrat  hervorgebracht  wird.  Einfach  und 
zweifach  kohlensaures  Kali  und  Natrou  erzeugen  anfangs 
fast  weifse  Niederschläge,  die  durchs  Stehen  oder  durchs 
Erhitzen  braun  werden.  Auch  hinzugefügte  kohlensaure 
Barylerdc  bringt  anfangs  fast  keine  Veränderung  hervor, 
aber  nach  einiger  Zeit  erzeugt  sie  einen  braunen  Nieder- 
schlag von  Manganoxydhydrat.  Durch  Kalihydrat,  durch 
Ammoniak  und  durch  kohlensaure  Barylerdc  wird  die  ganze 
Menge  des  Mangans  als  Oxyd  oder  als  Suncroxyd  gefallt, 
(auch  wenn  das  Oxydul  mit  einer  sehr  starken  Säure  z.  B. 
mit  Schwefelsäure  verbunden  ist)  wenn  nur  die  Lösung  hin-, 
reichend  verdünnt,  und  stark  mit  Chlorgas  angeschwängert 
gewesen  ist.  Ist  diefs  aber  nicht  der  Fall,  so  erzeugen  na- 
mentlich Ammoniak  und  kohlensaure  Baryterde  Fällungen 
von  hellerer  Farbe,  und  in  der  abfiltrirten  Flüssigkeit  kann 
mehr  oder  weniger  Mangan  als  Oxydul  enthalten  seyn. 
Wenn  die  Einwirkung  des  Chlorgases  zu  lange  gedauert, 
so  kann  nach  Ucbcrsättigung  mit  einer  Base  und  nach  lan- 
gem Stehen  sich  Uebermaugansäure  bilden.  Diese  erzeugt 
sich  immer,  und  zwar  in  sehr  bedeutender  Menge,  so  dafs 
die  ganze  Menge  des  Mangans  bis  zu  Uebcrmangansäiire 
oxydirt  werden  kann,  wenn  die  Base  zu  der  Manganoxr- 
dullösung  hinzugesetzt  und  dann  erst  das  Chlorgas  durch 
die  Flüssigkeit  geleitet  wird.  (In  diesem  Falle  mufs  man 
nicht   vorher  Ammoniak   zu   der  Manganlösung  hinzufügen, 


durch  welche  mau  Chlorgas  leiten  will,   weil  dann 
Stickstoff  sich  bilden  kaon.) 

Da  man  jede  höhere  OxydalionsElufe  des  Mangans  durchs 
Erhitzen  mit  Chlorwassersloffsäure  in  Oxydul,  und  dieses 
wiederum  durch  Chlorgas  in  Oxyd  verwandeln  kann,  so 
hat  man  es  in  seiner  Gewalt,  das  Mangati  leicht  entweder 
als  Oxydul  oder  als  Oxyd  von  anderen  Vasen  zu  scheiden. 
Will  man  daher  das  Mangan  vou  starken  Basen  trennen, 
so  verwandelt  man  es  in  Oxyd;  soll  das  Maugan  hingegen 
von  schwachen  Basen  geschieden  werden,  so  wird  zuvor 
das  Mangan  zu  Oxydul  reducirt,  weuu  es  als  solches  nicht 
schon  vorhanden  isL 

Durch  Salpetersäure  kann  bekanntlich  das  Manganoxy- 
dul in  seiuen  Lösungen  auch  nicht  durch  Erhitzen  höher 
oxydirt  werden.  Es  geschieht  diefs  nur,  wenn  durch  Sal- 
petersäure (oder  auch  durch  Schwefelsäure)  Sauerstoff  aus 
braunem  Lleisupcroxyd  auf  Manganoxydul  Übertragen  wird. 
Es  bilden  sich  dann  purpurrothe  Manganoxydlösungen,  wor- 
auf die  bekannte  Probe  auf  Mangnuoxydul  von  Crutn 
beruht. 

Uui  iinl  grofser  Sicherheit  die  Menge  des  Sauerstoffs 
■ii  den  höheren  Oxydationsstufen  zu  bestimmen,  bedient 
man  sich  bekanntlich  der  vou  Bimsen  angegebenen  maafs- 
analytischen  Methode.  Um  aber  die  Menge  des  Mangans 
darin  unmittelbar  schnell  zu  finden,  kann  man  dieselben 
vermittelst  eines  Zusatzes  von  Schwefelpulvcr  durch  Glühen 
in  einer  Atmosphäre  von  Wasserstoffgas  in  Schwefel maiigan 
verwandeln. 


n  Chlor- 
ns  durchs 


Trennung  des  ftUnganoxyduls  von  der  Thonerde 

Gewöhnlich  geschieht  diese  Trennung  wenn  nur  kleine 
Mengen  von  Manganoxydul  vorhanden  sind  auf  die  Weise, 
dafs  man  aus  der  Lösung  die  Thonerde  durch  Ammoniak 
fällt.  Es  schlägt  sich  indessen,  auch  wenn  eine  bedeutende 
Menge  von  aminoniakalischcn  Salzen  in  der  Lösung  eilt 
halten   ist,   mit  der  Thonerde  etwas  Manganoxydul  nieder, 


: 


304 

das  sich  beim  Zutritt  der  Lufl  höher  oxydirt,  und  als  Oxyd 
die  Thoncrdc  braun  färbt.  Man  pflegt  dann  durch  Lösung 
der  Thouerde  in  Kalihydratlüsung  dieselbe  von  der  kleineu 
Menge  des  gebildeten  Manganoxyds  zu  scheiden. 

Die  Trennung  der  Thouerde  vom  Manganoxydul  kann 
indessen  sehr  gut  bewirkt  werden,  wenn  man  die  Lösung, 
welche  Thouerde  und  Manganoxydul  enthält,  mit  etwas 
Chlorammonium  versetzt,  zum  Kochen  bringt  und  dann 
Ammoniak  hinzufügt.  War  die  Auflösung  sauer  und  eut- 
hielt  sie  namentlich  freie  Chlorwasserstoffsäurc,  so  ist  ein 
Zusetzen  von  Chlorammonium  nicht  nölhig.  Wenn  die 
cblorwassersloffsaurc  Lösung  zum  Kochen  gebracht  worden 
ist,  SO  kaun  man  sicher  seyn,  dafs  alles  Mangan  als  Ox v.lul 
in  der  Lösung  enthalten  ist,  worauf  es  bei  dieser  Trennung 
besonders  ankommt,  man  mufs  daher  das  Ammoniak  nicht 
froher  zur  Lösung  hinzufügen,  als  bis  dieselbe  zum  Kochen 
gebracht  worden  ist.  Nach  der  Ucbcrsaltigung  mit  Ammo- 
niak setzt  mau  das  Kochen  so  lange  fort,  bis  kein  Geruch 
von  Ammoniak  mehr  zu  bemerken  ist.  I>ie  Thouerde  ist 
dann  gänzlich  gefällt  und  das  Mangan  als  Oxydul  in  der  Lö- 
sung. Man  braucht  hierbei  das  Ganze  nicht  ängstlich  j.-'^'h 
den  Zutritt  der  Luft  zu  schützen,  denn  bei  Abwesenheit 
des  freien  Ammoniaks  kaun  das  Oxydul  nicht  in  Mangan- 
oxyd durch  Berührung  mit  der  Luft  verwandelt  weiden. 
Sie  Thouerde  zeigt  indessen  oft  auch  nach  dem  völligen 
Auswaschen  tinen  sehr  schwachen  Stich  ins  Rölhlichc.  Löst 
man  sie  durchs  Erhitzen  in  Cblorwasscrsloffsäurc  auf.  und 
behandelt  die  kochende  Lösung  mit  Ammoniak'  auf  dieselbe 
Weise  wie  vorher,  so  wird  dieser  Stich  ins  Rotbuche  zwar 
noch  schwächer,  es  ist  indessen  schwer,  ihn  ganz  zu  be- 
seitigen. Dieser  Mangangehalt  in  der  Thonerdc  ist  indessen 
so  ganz  außerordentlich  gering,  dafs  er  nicht  durch  das 
Löthrohr  entdeckt  werden  kann;  die  Thouerde  erwheiiil 
nach  dein  Glühen  von  ganz  weii'scr  Farbe.  Jedenfalls  ver- 
dient diese  Methode  der  Trennung  allen  anderen  vorgezo- 
gen zu  werden,  namentlich  der  das  Manganoxydul,  oder 
dasselbe  durch  Chlorgas   höher   oxydirt   worden    ist. 


s  Mangalioxyd  durch  Kalihydrat  von  der  Thonerde  zu 
Irnnmwi 

Trennung  des  MangHDOyyduls  von  der  Magnesia. 
Gewöhnlich   geschieht   diese   Trennung    vermittelst   des 
Scbwcfelammoniums,   indem   uiau  durch  dasselbe  Schwcfel- 
mangau  füllt,   und   in   der   abfiltrirten  Flüssigkeit  die  Mag- 
nesia abscheidet. 

Diese  Methode  giebt  nicht  sehr  genaue  Resultate.  Man 
nitits  überhaupt  die  Fällung  des  Manganoxyd nls  durch 
Schwefclainmonium  zu  vermeiden  suchen,  da  das  dadurch 
erzeugte  Schwefelmaiigan  nicht  vollkommen  in  ammoniaka- 
lischen  Salzlösungen  unlöslich  ist,  und  sich  erst  nach  sehr 
langer  Zeit  ausscheidet. 

Die  beste  Methode  der  Trennung,  besonders  wenn  nur 
kleine  Mengeu  von  Magnesia  vom  Mangan  zu  trennen  sind, 
ist  folgende:  Mau  verdünut  die  Flüssigkeit  mit  einer  hin- 
reichenden Menge  vou  Wasser,  fügt  essigsaures  Natron 
hinzu,  erhitzt  sie,  und  leitet,  während  sie  noch  heifs  ist, 
einen  Strom  von  Chlorgas  durch  dieselbe.  Die  Flüssigkeit, 
welche  durch  Bildung  von  Ucbermangansäure  purpurrot!] 
geworden  ist,  wird  mit  Ammoniak  übersättigt,  und  so  lange 
gekocht,  bis  das  freie  Ammoniak  gänzlich  verjagt  ist.  Es 
wird  dadurch  die  Ucbermangan säure  ganzlich  zerstört  und 
alles  Mangan  als  Mauganoxyd  gefällt,  während  die  Magnesia 
aufgelöst  bleibt,  und  aus  der  abfiltrirten  Flüssigkeit  geschie- 
den werden  kann. 

Ist  die  Menge  der  Magnesia  bedeutend,  so  fügt  man 
nach  Sättigung  der  Losung  mit  Chlorgas  zugleich  mit  dein 
freien  Ammoniak  noch  Chlorammonium  hinzu. 

in  man  gemeinschaftlich  Manganoxydul  uud  Magne- 
Thouerde  zu  trennen  hat,  so  darf  man  nicht  die 
beiden  starken  Basen  von  der  Thonerde  durchs  Kochen 
der  Losung,  die  Chlorammonium  enthält,  nach  Uebcrsätli- 
guug  mit  Ammoniak  und  Verjagung  des  freien  Ammoniaks 
trennen,  wenn  man  darauf  die  Magnesia  vom  Mangan  auf 
die  so  eben  erwähnte  Weise  durch  Sättigung  «tti  Oäöx^m. 

VoSgendorrP,  Aaatl.  Bd.  CX,  ^ 


das  sich  beim  Zutritt  der  Luft  höher  oxydirl,  und  als  Oxyd 
die  Thonerde  braun  färbt.  Man  pflegt  dann  durch  Lösung 
der  Thonerde  in  Kalihydrallösung  dieselbe  von  der  kleinen 
Menge  des  gebildeten  Manganoxyds  zu  scheiden. 

Die  Trennung  der  Thonerde  vom  Mauganoxydul  kann 
indessen  sehr  gut  bewirkt  werden,  wenn  man  die  Losung, 
welche  Thonerde  und  Manganoxydul  enthalt,  mit  etwa» 
Chlorammonium  versetzt,  zum  Kochen  bringt  uud  dann 
Ammoniak  hinzufügt.  War  die  Auflösung  sauer  und  ent- 
hielt sie  namentlich  freie  Chlor  wasserst  offsäure,  so  ist  ein 
Zusetzen  von  Chlorammonium  nicht  nülhig.  Wenn  die 
chlorwasscrsloffsaure  Lösung  zum  Kochen  gebracht  worden 
ist,  so  kaun  man  sicher  seyn,  dafs  alles  Mangan  als  Oxydul 
in  der  Losung  enthalten  ist,  worauf  es  bei  dieser  Trennung 
besonders  ankommt,  man  mufs  daher  das  Ammoniak  nicht 
früher  zur  Lüsuug  hinzufügen,  als  bis  dieselbe  zum  Kochen 
gebracht  worden  ist.  Nach  der  Uebersättigung  mit  Amma» 
niak  setzt  mau  das  Kochen  so  lange  fort,  bis  kein  Geruch 
Ton  Ammoniak  mehr  zu  bemerken  ist.  Die  Thonerde  ist 
dann  gänzlich  gefüllt  und  das  Mangan  als  Oxydul  in  der  fc*. 
gung.  Man  braucht  hierbei  das  Ganze  nicht  ängstlich  gegen 
den  Zutritt  der  Luft  zu  schützen,  denn  bei  Abwesenheit 
des  freien  Ammoniaks  kann  das  Oxydul  nicht  in  Mangan- 
oxyd durch  Berührung  mit  der  Luft  verwandelt  werdest/ 
Die  Thonerde  zeigt  indessen  oft  auch  nach  dem  völligen 
Auswaschen  einen  sehr  schwachen  Stich  ine  Kö thliche.  LcM 
mau  sie  durchs  Erhitzen  in  Cblorwasscrstoffsäure  auf,  ani 
behandelt  die  kochende  Lösung  mit  Ammoniak'  auf  dieselbe 
Weise  wie  vorher,  so  wird  dieser  Stich  ins  Röthliche  zwar 
noch  schwächer,  es  ist  indessen  schwer,  ihn  ganz  zu  be- 
seitigen. Dieser  Mangangehalt  in  der  Thonerde  ist  indessen 
so  ganz  aufserordentlich  gering,  dafs  er  nicht  durch  'das 
Löthrohr  entdeckt  werden  kann;  die  Thonerde  erscheint 
nach  dem  Glühen  von  ganz  weifser  Farbe.  Jedenfalls  ver» 
dient  diese  Methode  der  Trennung  allen  anderen  vorget*^ 
gen  zu  werden,  namentlich  der  das  Manganoxydul,  oder 
wenn  dasselbe  durch  Chlorgas  höher   oxydirt   worden   «ny 


anwenden:  Mail  oxydirt  die  mit  Wasser  verdünnte  Lösung 
durch  Chlorgas.  übersättigt  mit  Ammoniak,  und  trennt 
durchs  Kochen  Thonerde  und  Manganoxyd  von  Magnesia 
um]  Kalkerde.  Letztore  scheidet  man  nach  bekannten  Me- 
thoden von  einander;  Thonerde  und  Manganoxyd  werden 
durchs  Erhitzen  in  Chlor  wasserstoffsaure  gelöst,  und  die 
Thonerde  vom  Manganoxydul  nach  Ucbersatligung  mit  Am- 
moniak durch  Kochen  gelrennt.  Man  kann  auch  gleich  nach 
Zusetzen  von  Chlorammonium  die  Thonerde  vom  Maugau- 
Oxydul,  der  Magnesia  und  der  Kalkerdc  durchs  Erhitzen 
nach  Ucbersättigung  mit  Ammoniak  scheiden;  dann  aber 
das  Manganoxydul  nicht  von  der  Magnesia  und  der  Kalk- 
erde durch  Chlorgas,  Uebersättigung  mit  Ammoniak  und 
Erhitzen  trennen.  Man  kann  aoeb  nach  Oxydation  durch 
Chlorgas  Manganoxyd  und  Thonerde  durch  kohlensaure 
Baryterde  abscheiden,  oder  auch  unmittelbar  die  Thonerde 
durch  kohlensaure  Baryterdc  fallen  und  sodann  durch  Oxy- 
dation vermittelst  Chlorgas  das  Manganoxyd  von  der  Mag- 
nesia und  der  Kalkerde  trennen.  Die  zuerst  erwähnte  Tren- 
nung ist  wohl  die  zweckmäßigste. 

i  ii ■niimiu  iii-.-ä  Kiseooxj-di  vom  Mangnnoxydu). 

Sind  nur  kleine  Mengen  von  Manganoxydul  von  güt- 
igeren Mengen  von  Fisenoxyd  zu  (reonen,  so  kann  die 
Trennung  auf  dieselbe  Weise  bewirkt  werden,  wie  die  der 
Thonerde  von  kleinen  Mengen  von  Manganoxydul:  man 
übersättigt  nämlich  mit  Ammoniak  und  kocht  bis  das  freie 
Ammoniak  verschwunden  ist. 

Ist  hingegeu  die  Menge  des  Manganoxyduls  gegen  die 
des  Eisenoxyds  bedeutend,  so  fällt  mit  dein  Eisenoxyd  eine 
nicht  unbedeutende  Menge  von  Manganoxydul,  welche  auch 
durch  längeres  Kochen  der  chlorainmoniumhaltigen  Flüssig- 
keit nicht  aufgelöst  werden  kann.  Man  mufs  alsdann  das 
Eisenoxyd,  das  nicht  völlig  ausgewaschen  zu  werden  braucht, 
in  Chlor  wasserst  offsäure  lösen,  von  Neuem  mit  Ammoniak 
fällen  und  bis  zur  Verflüchtigung  des  freien  Ammoniak* 
kochen,  um  es  rein  vom  Mangan  zu  erhalten. 


Bei  dieser  Trennung  mufs  man  immer  die  chlorwasaer- 
Btoffsaurc  Lösung  der  Basen  erst  zum  Koclien  bringen,  dann 
mit  Ammoniak  übersättigen,  und  ohne  Unterbrechung  das 
Kochen  bis  zur  Verflüchtigung  des  freien  Ammoniaks  fort- 
setzen. Nur  auf  diese  Weise  vermeidet  man  die  Bildung 
von  Spuren  von  Manganoxyd. 

Sind  in  der  Lösung  aufsef  Eisenoxyd  und  Manganoxydul 
noch  Thonerde,  Kalkerde  und  Magnesia  enthalten,  so  be- 
handelt man,  wenn  die  Menge  des  Mnngnnoxyduls  nicht 
zu  bedeutend  ist,  die  Lösung  mit  Chlorgas,  und  fallt  durch 
Uebersättigung  mit  Ammoniak  und  durch  Koclien  Thon- 
erde,  Eisenoxyd  und  Mangauoxyd.  Man  löst  den  Nieder 
schlag  in  Chlorwasserstoffsaurc  auf  und  scheidet  in  der 
Lösung  wiederum  durch  Uebersältigung  mit  Ammoniak  und 
durch  Kochen  das  Eisenoxyd  vom   Manganoxydul. 

Die  Trennung  des  Eisenoxyds  vom  Mangnnnxydul  kann 
indessen  eben  so  gut  nach  den  bekannten  Methoden  ver- 
mittelst Kochens  nach  einem  Zusätze  von  essigsaurem  Al- 
kali oder  vermittelst  des  bernsteinsauren  Ammoniaks  be- 
wirkt werden. 

Trennung  des  Eiscnnxvds  vom  Zinkoxvd. 
Das  Zinkoxyd  kann  nicht  auf  eine  ähnliche  Weise  wie 
die  Magnesia  von  Eisenoxyd  getrennt  werden,  nämlich  durch 
Uebersättigung  der  Chlorwasserstoff  sauren  Lösung  mit  Am- 
moniak und  dmchs  Kochen,  obgleich  das  Zrnkoxyd  Für 
sich,  und  selbst  in  stark  geglühtem  Zustande  sich  leicht  un- 
ter Ammoniak -Entwicklung  beim  Erhitzen  in  einer  Cklor- 
ammomiimlosung  auflöst.  Mau  kann  auf  diese  Weise  nur 
die  gröfsle  Menge  des  Zinkoxyds,  aber  nicht  die  ganze 
Menge  desselben  vom  Eisenoxyd  trennen.  (Ehen  so  wenig 
läfst  sich  das  Zhikoxyd  vollständig  auf  diese  Weise  von 
der  Thonerde  trennen).  Die  besten  Methoden  der  Tren- 
nung des  Zinkoxyds  vom  Eisenoxyd  bleiben  daher  die  ver- 
mittelst bernsteinsauren  Alkalis,  oder  die  durchs  Kochen 
nach  einem  Zusätze  von  essigsaurem  Alkali. 


( 


JJeber  Ringbildung  in  Flüssigheiten; 
von  E.  Reusck  in  Tübingen. 


IVlanche  Raucher  haben  bekanntlich  die  Fertigkeit,  den 
Tabaksrauch  in  Fnrui  von  woblgcbildelen  Ringen  aus  dem 
Munde  zu  entlassen.  Mit  aller  Sicherheit  erhält  man  aber 
diese  Ringe  mit  Hülfe  eines  in  wenigen  Minuten  herzustel- 
lenden Apparats  aus  sccIib  Spielkarten,  welche  durch  recht- 
winkliges Aufbiegen  der  schmalen  Kanten  zu  einem  Hohl- 
würfel  zusammengesetzt  sind,  dessen  eine  Seile  eine  Oeff- 
nuug  von  1  Centim,  oder  mehr  enthält.  Füllt  man  nun 
durch  Hineinra  neben  den  Würfel  mit  Tabaksrauch,  so  fliegt 
bei  jedem  kurzen  und  schwachen  Schlage  auf  eine  der 
Seitenflächen  ein  artiges  Ringlein  aus  der  Oeffnung. 

Die  Betrachtung,  dafs,  bei  jedem  Schlage  auf  die  elasti- 
sche Seitenfläche,  der  Verkleinerung  des  Hohlraums  sofort 
eine  Vergröfseruug  nachfolgt,  veraulafste  mich  einen  Appa- 
rat zu  coustruiren,  der  auch  die  Vorgänge  im  Rauchrautne 
zu  beobachten  erlaubte.  Eiu  Glasrohr  (Fig.  8,  Taf.  I) 
(das  Glas  eiuer  sogenannten  Congrel'slaterne)  6  Cent,  im 
Durchmesser  und  12  Cent,  laug,  ist  an  einem  Ende  durch 
eine  angebundene  Meinbraue  M  von  dünnem  vulkauisirtem 
Knutschuck  geschlossen  und  enthält  am  auderen  Ende  eine 
Metallfassung  FF  mit  Schraube,  so  dafs  eine  Kreisscheibe 
SS'  von  Carton  oder  Blech  mit  einer  passenden  Oeffnung  0 
daselbst  eingeklemmt  werden  kann.  Wird  nun  der  Appa- 
rat mit  Hauch  gefüllt  und  ein  kurzer  Druck  auf  die  Mem- 
brane ausgeübt,  so  fliegt  ein  Rauchring  von  der  Oeffnung 
weg;  läfst  man  nachher  mit  dem  Drucke  rasch  nach,  so 
sieht  man  einen  Luftring  durch  den  Rauchraum  gegen  di 
Membrane  gehen.  Bei  einem  kurzen  Impuls  auf  dieselh 
sieht  man,  scheinbar  gleichzeitig  den  Rauchiing  durch 
Luft,  und  den  Luftring  durch  deu  Rauch  nach  entgegenge- 
setzten Richtungen  von  der  Oeffnung  wegfliegen, 


■ 


lurch  die 
tgegenge- 

■ 


Mit  grüfeere] 


Mit  grofeerem  Behagen  beobachtet  man  <Iie  ausgel 
uen  Raucbgebilde,  indem  man  den  Apparat  Fig.  8  Taf.  I 
auf  ciuem  Glascyliuder  oder  besser  Glaskasten  von  15 
bis  20  Cent.  Weite,  die  OeiTnung  nach  unten  mit  Hülfe 
einer  dureblücherten  Scheibe  aufpflanzt  Die  Ringe  siiikeu 
daun  ruhig  herab  und  werden  durch  die  in  freier  Luft  immer 
vorhandenen  Strömungen  nicht  so  rasch  gestört.  Bei  einem 
schwachen  Druck  sieht  mau  sonderbare  Gestalten  wie  um- 
gekehrte Pilze  sanimt  Stiel  austreten;  bei  stärkerem  Druck 
erscheinen  Ringe  in  verticaler  Richtung  verlängert;  bei  ra- 
schem Druck  Ringe  von  kreisförmigem  Querschnitt ,  deren 
Durchmesser  beim  Fortschreiten  wächst  und  welche  tiber- 
diefs  häufig  in  eigenthüui lieber,  bald  naher  zu  besprechenden 
Weise  wirbeln  und  rolircu.  Einen  artigeu  Anblick  gewährt 
es  hierbei,  wenn  man  einem  ersten  Ringe  rasch  einen  zwei- 
ten nachschickt,  der  dann  häufig  den  ersten  durchsetzt  uud 
dessen  Rauchmassc  als  conuidischen  Wirbel  nach  sich  zieht 

Zum  Behuf  einer  Erklärung  dieser  nicbl  einfachen  Er- 
scheinungen denke  ich  mir,  dafs  durch  einen  kurzem  Impok 
zunächst  eine  Rauchscheibe  obngefahr  vom  Querschnitt  der 
Austin fsöffoung  ausgesto&en  wird.  Schon  während  ihres 
Durchgangs  durch  die  Oeffnung  setzen  sich  die  ausserhalb 
und  rings  herum  liegenden  Lufttheilchen  gegen  die  Baucb- 
scheibe  in  Bewegung,  sofern  der  Seitendruck  der  bewegten 
Luft  kleiner  ist  als  der  der  ruhenden.  Ist  aber  die  Scheibe 
ganz  ausgetreten,  so  stürzen  sich  die  Lufttheilchen  vou  allen 
Seiten  in  den  von  ihr  leergelaufenen  Raum  und  stauen  sich, 
da  sie  zugleich  der  Vorwärtsbewegung  derselben  folgen, 
zu  einem  spitzigen  Luftconoide  Jf+A"  (Fig.  9  Taf.  I)  zu- 
sammen, welches  die  Rauchscheibe  von  hinten  durchbricht. 

Dieser  Act  der  Durchbrechung  ist  aber  bei  vollständiger 
Kingbildung  von  zwei  weiteren  Wirkungen  begleitet  Ein- 
mal erhalten  nämlich  die  Bauchtheilchen,  deren  Bewegungs- 
richtung zunächst  parallel  der  Axe  Ox  der  Oeffnung  ist, 
durch  das  plötzliche  Eindringen  des  Luftcouoids  einen  seit- 
lichen auf  Expansion  des  Rings  hinzielenden  Druck,  ver- 
möge dessen  sie  bei  der  weiteren  Bewegung  von  der  Ase 


.111 


■ 


mh  den  Richtungen  C  und  C  ilivergireti.  Der  Durch- 
messer der  Kitige  wird  daher  während  des  Fortschreitens 
wachsen. 

Atii'serdein  wird  im  Allgemeinen  der  Rauchring  in  eine 
von  Innen  nach  Auiscn  gehende  Rotation  versetzt,  wie  sie 
für  die  in  der  Papier  ebene  liegenden  Meridiane  durch  die 
gekrümmten  Pfeile  D  und  If  vorgestellt  ist.  Uns  eindrin- 
gende Luftconoid  bestreicht  nämlich  die  innere  Seite  des 
Kings  und  bewirkt  dadurch  ein  Wirbeln  desselben  um  die 
kreisförmige  Mittellinie. 

Alle  diese  Erscheinungen  beobachtet  mau  in  schönster 
Ausbildung  an  den  zierlichen  Ringen,  welche  beim  Vcr- 
brenneu  von  Phosphorwass  erst  off gas  entstehen  und  bei  de- 
ren Bildung  miitatis  mulandis  offenbar  dieselben  Umstünde 
statt  haben  wie  bei  den  Tabaksriiigen.  Die.  Ringe  von  Phos 
phorsäurchvdrat  sind  viel  voluminöser,  erreichen  oft  einen 
Durchmesser  von  einem  Fufs  und  zeigen  die  Rotation  in 
dem  angegebenen  Sinne  sehr  deutlich,  besonders  wenn,  was 
häufig  vorkommt,  Massentheilchen  in  einigem  Abstand  vom 
Ringe  milwirbeln,  welche  dann  den  Ring  zierlich  zu  um 
Heckten  scheineu. 

Auch  die  Wirkung  von  Ausätzen  habe  ich  etwas  sludirt; 
sind  sie  kurz,  so  geht  die  Kingbilduug  noch  gut  vou  statten, 
beträgt  aber  ihre  Länge  das  Fünffache  des  Durchmessers 
der  Oeffuung,  su  verschwinden  die  äufseren  und  iuueren 
Ringe. 

Der  Kartenwürfel,  au  welchem  -die  Karle  mit  der  Oeff- 
uuug  leicht  durch  eine  andere  ersetzt  werden  kann,  dient 
noch  um  eine  weitere  Figenlhümlichkeit  der  Rauchriuge  zu 
zeigen.  Die  Ringe  sind  nämlich  rund,  selbst  wenn  die  Ocff- 
nuug  ein  Dreieck  oder  Viereck  oder  gar  eine  nicht  zu  lange 
rechtwinklige  Spalte  ist. 

Von  den  nicht  runden  Oeffnungen  habe  ich  die  recht- 
winkligen etwas  näher  untersucht.  Die  Spalten  waren  in 
Cartouscheiben  geschnitten,  welche  au>  Apparat  Fig.  8  Tai.  I 
befestigt  wurden;  ihre  constnntc  Breite  betrug  T>  lYlillim.. 
während  die  Längen  der  Reihe  nach  das  2-,  3-  bis  7fache 


312 

der  Breite  waren.  Bezeichnet  man  die  Spalten  nach  den 
letztgenannten  Zahlen,  so  lassen  sich  die  Erscheinungen 
ohngefähr  so  charakterisiren:  Spalte  2  giebt  allezeit  einen 
runden  Ring;  bei  3  sieht  man  häufig  Formen,  die  man  dop- 
pelt gekrümmte  Lemniscaten  nennen  könnte  und  welche 
während  des  Fortschreitens  in  eigenthümlichen  Pulsationen 
begriffen  sind.  Dieselbe  Erscheinung  kann  sich  bei  den 
längeren  Spalten  wiederholen.  Aufserdein  sieht  man  aber 
sehr  häufig  bei  den  Spalten  4  und  5  zwei  Ringe  und  bei 
6  und  7  gar  drei  Ringe,  deren  Mittelpunkt  in  einer  zur 
Länge  der  Spalten  senkrechten  Ebene  fortlaufen.  Im  Falle 
der  drei  Ringe  ist  der  mittlere  vertical  absteigende  manch- 
mal verkümmert.  Ich  bemerke,  dafs  die  Hervorbringung 
der  mehrfachen  Ringe  einige  Uebung  erfordert,  sowie  dafs 
die  Membrane  nie  zu  stark  gespannt  seyn  darf. 

Bei  der  kreisrunden  Oeffnung  ist  das  allseitige  Zuströ- 
men der  Lufttheilchen  vollkommen  symmetrisch  gegen  die 
Axe;  das  oben  besprochene  Luftconoid  besteht  aus  einem 
System  von  Luftfäden,  welche  bei  gleicher  Orientirung  ge- 
gen die  Axe  an  homologen  Punkten  auch  gleiche  Geschwin- 
digkeit haben;  daher  hat  es  eine,  wenn  auch  nur  momen- 
tane Stabilität.  Kommen  aber,  wie  diefs  bei  allen  nicht 
kreisrunden  Ocffnuugen  der  Fall  ist,  die  Lufttheilchen  theils 
nicht  mehr  genau  gegen  die  Axe,  theils  mit  verschiedenen 
Geschwindigkeiten  herbei,  so  scheint  sich  bei  Oeffnungen, 
die  vom  Kreise  oder  einem  regulären  Polygone. nicht  gar 
zu  sehr  abweichen,  durch  einen  Act  rascher  (Kompensation 
zwischen  Richtung  und  Geschwindigkeit  der  zuströmenden 
Luftfäden  ein  stabiles  Gouoid  herzustellen.  Bei  langen  Spal- 
ten scheint  sich  das  Gonoid  zu  spalten,  so  dafs  seine  Be- 
gränzungsfläche  im  Moment  der  höchsten  Ausbildung  zwei 
oder  drei  Hörner  darbietet,  oder  es  zerfallen,  wenn  man 
lieber  will,  jene  lemniscatenartigen  Gebilde  durch  seeundäre 
Wirkungen  in  mehrere  Ringe. 

Man  wird  mir,  denke  ich,  nicht  zum  Vorwurf  machen, 
dafs  ich  diese  complexen  Erscheinungen  nicht  besser  zu 
erklären  vermag.     Noch   haben   wir   keine  Theorie  der  so 


313 

mannichfalligeii  Erscheinungen,  die  sich  bciui  permanenten 
AusUuls  tropfbarer  Flüssigkeiten  darbieten;  Gase  sind  iu 
dieser  Beziehung  nur  wenig  studirt  worden.  "Wie  viel  grö- 
fser  müssen  die  Schwierigkeiten  werden,  wenn  es  sieb  um 
den  stofsweisen  Ausflufs  und  die  dadurch  bedingten  Ströme 
und  Wirbel  handelt! 

II. 
Die  Beobachtungen  an  den  l\auchringen  legten  mir  die 
Frage  nahe,  ob  nicht  auch  in  tropfbaren  Flüssigkeiten  die 
Ringbildutig  beim  plötzlichen  Durcliflufs  nachgewiesen  wer- 
den kiiiine.  Es  ist  mir  das  gelungen  mit  Hülfe  eines  ein- 
fachen Apparats,  den  ich  zuerst  beschreiben  will.  Fig.  10 
Taf.  I  stellt  einen  Querschnitt  desselben  dar:  der  Fufs 
wird  gebildet  durch  eine  metallene  Trommel  TT  von  6Cent. 
Hohe  und  9  Cent.  Durchmesser.  Die  obere  ringförmige 
Ocffnung  R  !>'  der  Trommel  ist  durch  eine  dünne  bartge- 
hiimmerte  nach  unten  etwas  ausgebauchte  Mcssingplatte  P, 
welche  von  unten  an  den  Ring  gelüthet  ist,  geschlossen. 
Zu  der  Platte  gelangt  man  durch  ein  im  Cvlindermantel 
der  Trommel  angebrachtes  Loch  L;  durch  einen  Druck  auf 
dieselbe  bewirkt  man,  dafs  sie  eine  kurze  knackende  Be- 
wegung nach  oben  und  wieder  zurück  annimmt,  und  je 
nachdem  man  die  Platte  mehr  in  der  Mitte  oder  am  Rande 
angreift,  hat  man  die  Gröfse  und  Raschheit  ihrer  Excursio- 
nen  ziemlich  in  seiner  Gewalt.  Auf  dem  Ring  tili'  der 
Trommel  steht  ein  Glascvlinder  AA'  von  fiCent.  Durchmes- 
ser und  10  Cent.  Höhe,  auf  ihm  liegt  eine  Melallscheibe  BS 
mit  einer  centralen  Oeffuung  von  SMillim.  Weite  Ueber 
dieses  endlich  erhebt  sich  ein  zweiter  gleicher  Glascvlinder 
CC\  und  das  Ganze  wird  durch  einen  oberen  Metallriug 
rr  und  durch  drei  bis  vier  Zugstangen  s,  welche  oben  mit 
Schrauben  versehen  und  unteu  an  der  Trommel  befestigt 
sind,  zusammengehalten.  Die  Glascvlinder  sind  au  ihren 
Rundem  natürlich  eben  geschliffen,  so  dafs  ein  wenig 
Luftpumpenfett     ausreicht,     den    Apparat    wasserdicht    zu 


füllt  mau  nun  den  unteren  Cyliuder  mit  gefärbtem, 
den  oberen  util  reinem  Wasser,  so  sieht  man  bei  jedem 
Knack,  eiu  gefärbtes  ftinglein  durch  das  helle  Wasser  lliegen. 
Ist  die  untere  Flüssigkeil  nicht  zu  intensiv  gefärbt,  so  kann 
man  auch  bei  jedem  Rückgang  der  l'lalte  einen  hellen  Ring 
durch  das  gefärbte  Wasser  herabsteigen  sehen.  Wird  gepul- 
verter Bernstein  in  den  oberen  Cylindcr  gebracht,  so  las- 
sen sich  die  Wirbel  eiuigennafsen  verfolgen:  uamcnllich 
zucken  bei  jedem  Knack  die  auf  der  Zwischen  platte  BB 
liegenden  Bcuisteiustückchen  gegen  die  Axc  der  Oetfnung 
hiu,  werden  auch  wohl  in  de»  Wirbel  mit  hinein  gerissen. 

Sehr  schöne  aber  nur  kurz  dauernde  Ringe  erhalt  mau, 
wenn  sich  unten  Wasser,  oben  Oel  befindet.  Die  Wasser- 
ringe im  Ocf  erblickt  mau  besonders  schön,  wetiu  man  oben 
hineinsieht.  Aber  auch  die  Oelringe  im  Wasser  werden 
oft  beobachtet.  Freilich  verschwinden  diese  Ringe  rasch, 
indem  sie  bei  zu  raschem  Impuls  in  mehrere  Kugeln  zer- 
fliegen, oder  bei  schwächeren  schnell  die  Kugelform  an- 
nehmen, wobei  sie  gewöhnlich  eine  Portion  des  Mediums, 
in  dein  sie  sich  gebildet  haben,  einschliefseu.  Bei  ganz 
langsamen  Impulsen  erheben  sich  pilzartige  Gebilde,  welch« 
aber  fast  immer  den  Charakter  der  nicht  zu  voller  Wir- 
kung gekommenen  Riugbildung  an  sich  tragen.  Entscbleim- 
tes  Provence)  öl  dürfte  besser  seyn,  als  das  angeblich  ge- 
reinigte Lampenol,  mit  ric/n  ich  operirt  habe;  zähes  kaltes 
Oel  liefert  meist  nur  formlose  Gebilde. 

Entfernt  man  das  Oel  aus  dem  oberen  Cylinder  und 
ersetzt  es  durch  Wasser,  so  bleibt  unter  der  Zwischen- 
platte vom  vorhergehenden  Versuch  immer  eine  dünne  Oel- 
sebicht  zurück.  Knackt  man  nun,  so  sieht  man  sehr  häu- 
fig, besonders  bei  der  abwärts  gehenden  Bewegung  zier- 
liche Perlringe,  aus  rotirenden  Oeltröpfcben  bestehend,  ge- 
gen den  Boden  hinabwirbeln. 

Ich  habe  auch  Versuche  angestellt  mit  Oel  und  Alko- 
hol, Wasser  und  Aether.  Bei  der  ersten  Combiuation  er- 
hielt ich  wohl  Oelringe  im  Alkohol,  aber  nicht  gut  umge- 
kehrt;   noch   weniger  günstig  zeigte  sich   das   zweite  Paar. 


Vielleicht  sind  Andere  glücklicher  in  der  Wahl  zweier 
Flüssigkeiten;  eilt  mäfsiger  Unterschied  i»  den  speciftschen 
Gewichten  und  Unlöslich keit  der  einen  in  der  andern  schei- 
nen mir  jedenfalls  für  die  Uingbildung  güustig. 

Uebcr  die  Entstehung  der  Ringe  in  tropfbaren  Flüssig- 
keilen noch  Weiteres  zu  sagen,  scheint  mir  nach  den  bei 
den  Rauchringeu  gegebenen  Erläuterungen  überflüssig;  alle 
Umstände  sind  der  Hauptsache  nach  hier  dieselben  wie  dort. 
Aus  demselben  Grunde  habe  ich  auch  keine  besonderen 
Versuche  mit  verschieden  geformten  Oeffuungen  angestellt 
in  der  Ueberzeuguug,  dafs  nichts  wesentlich  Neues  über 
Ringbildung  auf  diesem  Wege  zu  erfahren  sey.  Dagegen 
ist  wir  ein  anderweitiges  Experiment  gelungen,  das  mir  von 
gröTscrer  Wichtigkeil  zu  sejn  scheint  und  zu  dessen  An- 
stellung- ich  durch  die  im  Verlauf  meiner  Versuche  erlangte 
Einsicht  in  die  morphologische  Bedeutung  der  Riugbildung 
geleitet  worden  bin.  Die  Zwischcnplallc  l>  B'  wurde  da 
durch  eine  andere  ersetzt,  bestehend  aus  zwei  mit  runden 
centralen  Oeffnuugen  vou  I  Cent.  Weite  versehenen  Me- 
tallplatten,  zwischen  welche  eine  Kautschuk  platte  von  glei- 
cher Grofse  geklemmt  war.  Der  in  den  Oeffuungen  dcrMe- 
lallplalten  freiliegende  Theil  der  Membrane  war  durch  eiuen 
kt  euzsi  limli  in  vier  Quadranten  gelheilt.  Der  unlere  Cylin- 
der  wurde  nun  mit  Oel,  das  durch  Alkanna  roth  gefärbt  war, 
gefüllt,  der  obere  mit  ungefärbtem  Oel.  Bei  dieser  An- 
ordnung, wo  also  die  Ausllufs Öffnung  im  Momente  des 
Knackens  sich  erst  bildet,  habe  ich  mehrfach  hintereinander 
die  schönsten  rothen  Ringe  im  ungefärbten  Oele  gesehen. 
Die  im  Moment  des  Üurchilusses  aufgestülpten  Kautschuk- 
lappeu  scheinen  die  Herbeibewcgung  der  benachbarten  Flüs- 
sigkeit zu  dirigiren  und  für  die  Bildung  des  perforir enden 
Couoids  ganz  besonders  güustig  zu  seyn.  Leider  hält  sich 
die  Membrane  nichl  sehr  lange  in  brauchbarem  Stand,  in- 
dem sie  sich  bald  in  der  einen  oder  anderen  Richtuug 
umstülpt. 

Ich  glaube,  wir  dürfen  aus  diesem  Experimente  schlie- 
fsen,   dafs  die  Bingbilduug  auch  stattgefunden  halte,  wenn 


316 

dje  vorher  ganze  Membrane  durch  den  Knack  erst  geplatzt 
wäre;  auch  können  wir  nach  Früherem  vennuthen,  dafs  die 
Form  des  Risses  ohne  grofsen  Einflufs  auf  die  Ringbilduug 
ist,  sowie  dafs  aus  demselben  Risse  unter  Umständen  gleich- 
zeitig mehrere  Ringe  hervorquellen  können.  Natürlich  bleibt 
nicht  ausgeschlossen,  dafs  vielfach  die  Ringe  nicht  zu  voll- 
ständiger Ausbildung  gelangen,  oder  ganz  formlose  Massen 
ausgcslofsen  werdeu. 

Hr.  Prof.  Magnus,  dem  ich  die  vorliegende  Abhandlung 
im  Manuscriple  mitgelheilt  hatte,  machte  mich  aufmerksam 
auf  eine  mir  leider  nicht  bekannt  gewordene  Abhandlung 
von  W.  II  Rogers  über  denselben  Gegenstand  (Amer. 
Journal  of  sciencet  and  arts.  Vol.  2(j,  Spet.  1858).  Ro- 
gers hat  in  mancher  Beziehung  die  Ringe  schärfer  studirt 
als  ich  und  insbesondere  die  aus  platzenden  Blasen  aufstei- 
genden Ringe  einer  sorgfältigen  Analyse  unterworfen.  Beide 
Arbeiten  dürften  sich  gegenseitig  ergänzen,  iJer  Theorie 
der  Ringbildung  selbst  anlangend,  so  mufs  ich  es  den  Phy- 
sikern überlassen  zu  entscheiden,  ob  die  von  Rogers  ent- 
wickelte oder  die  meinige  das  Ganze  der  Erscheinungen 
besser  erkläre. 


XL     Verallgemeinerung  des  Begriffes   Pendel; 
oon  Prof.  Dr.  H.  Emsmann  zu  Stettin. 


Ixewöbnlicb  versteht  man  unter  einem  Pendel  einen  Kör- 
per, der  au  einer  horizontalen  über  seinem  Schwerpunkte 
befindlichen  Axe  befestigt  ist  und  aus  seiner  Ruhelage  ge- 
bracht und  dann  sich  selbst  überlassen,  um  diese  Axe  in 
schwingende  Bewegung  gerätb.  Es  scheint  nun,  als  ob 
man  unter  den  Bestimmungstücken  des  Begriffs  Pendel  die 
unveränderliche  Stelle  der  Axe  und  die  Aufhängung  Ober 
dem  Schwerpunkte  als  etwas  Wesentliches  aufgefafst  habe; 


317 

gleichwohl  ist  diefs  nur  eine  Nebensache  und  nur  das 
Charakteristische  eines  speciellen  Falles,  nämlich  des  ge- 
wöhnlich sogenannten  Pendels,  welches  besser  das  gemeine 
Pendel  zu  nennen  seyn  dürfte.  Es  bedarf  wohl  nur  der 
Angabe  eines  allgemeineren  Falles,  um  das  Begründete  der 
an  der  bisherigen  Auffassung  von  mir  gemachten  Ausstellung 
zu  zugeben. 

Die  Bewegung  eines  Schaukelpferdes  oder  einer  Wiege 
ist  jedenfalls  eine  pendelnde;  trotzdem  liegt  hier  der  Stütz- 
punkt nicht  über,  sondern  unter  dem  Schwerpunkte  und 
aufserdem  ist  die  Stelle  dieses  Stützpunktes  eine  veränder- 
liche. Denken  wir  uns  die  Gängel  eines  Schaukelpferdes, 
wie  es  gewöhnlich  der  Fall  ist,  kreisförmig  und  die  Unter- 
lage, auf  welcher  dasselbe  seine  pendelnde  Bewegung  voll- 
zieht, als  horizontale  Ebene,  so  kommt  es  nur  darauf  an« 
dafs  der  Schwerpunkt  tiefer  liege,  als  der  Mittelpunkt  des 
Kreises,  von  welchem  die  Gängel  Bogen  sind.  Würde 
der  Schwerpunkt  in  dem  Mittelpunkte  liegen,  so  hätten  wir 
den  Fall  einer  Kugel,  z.  B.  einer  Billardkugel,  die  auf  ho- 
rizontaler Unterlage  an  jeder  Stelle  in  Ruhe  bleibt.  Läge 
der  Schwerpunkt  über  dem  Mittelpunkte,  so  würde  der 
Körper  die  stabile  Lage  zu  gewinnen  suchen,  umschlagen 
und  die  Stellung  einnehmen,  bei  welcher  der  Schwerpunkt 
tiefer  als  der  Mittelpunkt  des  Kreises  liegt 

Da  es  gar  nicht  nothwendig  ist,  dafs  die  Gängel  Kreis- 
bogen sind,  eben  so  wenig,  dafs  die  Unterlage  eine  Ebene 
ist,  denn  es  bewegt  z.  B.  auch  ein  gerader  Balken  auf  einer 
walzenförmigen  Unterlage  pendelnd,  so  ergiebt  sich  hieraus 
eine  Verallgemeinerung  des  Begriffes  Pendel,  namentlich  in 
Bezug  auf  die  beiden  oben  bemerkten  Punkte:  unverän- 
derliche Lage  des  Stützpunktes  und  Lage  des  Stützpunktes 
unter  dem  Schwerpunkte.  Das  Charakteristische  des  Pen- 
dels ist  die  Beweglichkeit  und  das  Bestreben,  die  stabile 
Buhelage  zu  gewinnen,  mit  der  Möglichkeit  in  Folge  des 
Beharrungsvermögens  diese  Ruhelage  bei  eingetretener  Be- 
wegung zu  überschreiten.  Fafst  man  das  Pendel  aus  diesem 
allgemeinen  Gesichtspunkte  auf,  so  ergiebt  sich  eine  Reihe 


der  verschiedenartigsten  Untersuchungen,  welche  in  dem  Ar- 
tikel •'Pendel"  der  physikalischen  Wörterbücher  einen  Platz 
linden  iniifsle,  wo  man  dieselben  bisjetzt  aber  vergeblich 
sucht;  auch  dürfte  es  nicht  unzweckmäßig  seyn,  in  den 
physikalischen  Compendien  diese  allgemeinere  Auffassung 
zur  Geltung  zu  bringen. 

Da  es  mir  zunächst  nur  darauf  ankommt,  die  gewöhn- 
liche Auffassung  des  Begriffs  Pendel  als  nicht  allgemein  ge- 
nug hervorzuheben,  so  sehe  ich  für  jetzt  von  der  ganz  all- 
gemeinen Aufgabe,  wo  sowohl  die  Unterlage  als  die  Gän- 
gcl,  um  bei  der  beim  Schaukelpferde  gebräuchlichen  Be- 
nennung zu  bleiben,  nach  einer  Curve  gekrümmt  sind,  ab) 
und  erlaube  mir  nur  einen  Fall  kurz  zu  behandeln,  durch 
welchen  sieh  das  gemeine  Pendel  als  nur  specicllen  Fall 
eines  allgemeineren  deutlich  herausstellt  und  also  die  Not- 
wendigkeit der  Verallgemeinerung  des  Begriffs  Pendel  noch 
entschiedener  hervortritt. 

Auf  der  Geraden  EAF  (siehe  Fig.  14  Taf.  H)  rolle  ein 
Kreis  mit  dem  Radius  M A  r.  Der  Berührungspuukt  des 
Kreises  und  der  Geraden  sey  A,  wenn  der  Mittelpunkt  sich 
in  M  befindet.  In  der  Richtung  MAC  denken  wir  uns  eine 
scbwerlosc  Linie,  und  auf  derselben  irgendwo  einen  schwe- 
ren Punkt,  %.  B.  C  oder  A  oder  K.  Ist  der  Mittelpunkt 
des  rollenden  Kreises  nach  m  und  der  Berührungspunkt 
nach  a  gekommen,  so  liegt  die  Linie  MAC  in  der  Lage 
nnc  und  es  befindet  sich  Chi  c,  A  in  a  und  K  in  k.  Den 
Winkel  ama  bezeichneu  wir  mit  if>\  der  Anfangspunkt  ei- 
nes rechtwinkligen  Coordinatensystems  liege  auf  MKAC, 
und  zwar  respective  in  dem  Punkte  C,  A  oder  A',  dessen 
Bewegung  verfolgt  werden  soll,  z.B.  iu  C;  die  +x  wer- 
den gerechnet  von  dein  respecliven  Punkte  in  der  Rich- 
tung von  C  nach  M  hin,  die  +  y  entgegengesetzt  der  Rich- 
tung, nach  welcher  der  Kreis  rollt,  also  in  der  Richtung 
von  A  nach  F  hin;  der  Abstand  des  respecliven  schweren 
Punkes  von  M,  also  MC  oder  MA  oder  MK  sey  =  /. 

Für  deu  schweren  Punkt  C  ist,  wenn  er  nach  c  gekom- 
men ist, 


319 


opz=y  =  Isiucp  —  rq>  und  Cp  =  a?=:/ — /cosgr. 
Ist  l  =  r,  so  giebt  diefs  die  gewöhnliche    Cycloide;  ißt 
i^>rf  so  erhalt  man  die  verkürzte  oder  verschlungene  Cy- 
cloide; ist  Kr>  so  bewegt  sich  der  schwere  Punkt  in  einer 
gedehnten  oder  geschweiften  Cycloide. 
Allgemein  ist 

dy  =  lcoa<pd<p  —  rd(p  =  (lcoscp  —  r)d<p  und 
dx  =  Is'incpdcf. 
Da  nun 

cosqp  =  — — ,  so  ist  sin9  9  = ^ — ,  folglich 


P 


dy  =  (/  —  a?  —  r)  dqp  und  da;  =  \/2lx  —  x*  dqp, 

also  d,  =  dx  Yl^£  =  d*  |/(^)!±p. 

Fallt  nun  c  nach  c'  hin,  so  ist  die  in  c'  erlangte  Ge- 
schwindigkeit, wenn  g  der  Fallraum  in  der  Sekunde  beim 
freien  Falle  ist, 

v  =  V2g(Cp-Cp.) 

Fängt  die  Bewegung  in  c  an,  und  nennen  wir  Cp  =  e9 

so  ist  Cp'=zx,  also  

0  =  )/2g(e  —  x). 

Da  nun  ,  =  g  ist,  so  wird  I  =/£  =  /p=^==, 

das  Zeichen  —  genommen  werden  mufs,  weil  a?  abnimmt, 
wenn  t  wächst.     Setzt  man  für  ds  den  Werth  ein,  so  ist 

—  f  -**  yv£ 


wo 


t 


r)2+2rx 


2lx—x% 


1/2*«/ !/**_*'  2/— 


-H2rx 


1/2^)/«*-*' 


r  2/ 


Diefs  wäre  somit  Sie  allgemeine  Zeitgleichung  für  einen 
unter  den  angenommenen  Umständen  schwingenden  schwe- 
ren Punkt,  in  welcher,  um  die  halbe  Schwinguugszeit  eines 
ganzen  Bogens  zu  erbalten,  das  Integral  von  x=e  bis  a;  =  0 


320 

zu  nehmen  ist,  Uberdiefs  aber  alle  Integrale  für  x  =  e  zu 
Null  werden  müssen. 

Ohne  liier  auf  die  weitere  allgemeine  Entwicklung  ein- 
zugehen, beschranken  wir  uns  auf  den  Nachweis,  dafs  in 
diesem  allgemeinen  Falle  das  gemeine  uia thematische  Pendel 
enthalten  ist. 

Es  sej  r  =  0,  so  wird  der  rollende  Kreis  zur  sich  dre- 
henden Axe,  und 

"°*ifäJVSZ?\l    st) 

Diefs  ist  die  bekannte  Zeitgleich  uns  des  gemeiueu  ma- 
thematischen Pendels,  aus  welcher  die  halbe  Schwingmigszeit 


i-mi 


i-h 


i<sr+-i 


sich  ergiebt.  Also  ist  das  gemeine  Pendel  in  der  That  nur 
ein  specieller  Fall  einer  allgemeinen  Aufgabe. 

Nicht  ohne  Interesse  ist  noch  ein  zweiter  specieller  Fall, 
nämlich  /  =  r.  oder  die  Schwingung  in  der  gewöhnlichen 
Cjrcloide.  Das  grofse  Interesse,  welches  für  die  Cycloide 
rege  gewesen  ist,  knüpft  sich  bekanntlich  daran,  dafs 
diese  Curve  tauloctiron  und  brach ystochron  ist;  es  bezieht 
sieb  diefs  indessen  auf  die  umgekehrt  gestellte  Cycloide, 
wahrend  im  vorliegende!)  es  sich  um  die  Cycloide  in  ihrer 
aufrechten  Stellung  bandelt. 

Ist  /  =  r,  so  erhalten  wir  aus  der  allgemeinen  Zeit- 
gleicbui 


—  i     '      /*   -** 


i 


V2r 


ian  hier  die  Integration  unter  de 
n  aus,  so  erhält  man  für  die  halb' 
izeu  Bogeus: 


Fuhrt  man  hier  die  Integration  unter  den  angegebenen 
Bedingungen  aus,  so  erhalt  man  für  die  halbe  Schwingungs- 
zeit des  gauzeu  Bogeus: 


um]    für  e~2r,   d.   h.   für   den  Fall  der  höchsten  Pt 
bis  zum  tiefet«, 


/•=  V±-r  (1+^+1  + ;-*- 


■  )-*«] 


Schliefslich  noch  der  Vorschlag:  die  Wiegen  nicht  in 
Zapfen  hängen,  oder  auf  Gangein  unten  an  den  Füfaen  des 
Betlgcslelles  schaukeln  zu  lassen,  sondern  die  Gänge)  nach 
Art  der  Rüder  an  Eisenbahnwagen  mit  einem  vorspringen- 
den Rande  oder  noch  besser  mit  einer  Rinne,  also  mit 
zwei  vorspringenden  Rändern  zu  verschen  und  am  Bett- 
gestelle beim  Kopf-  und  beim  Fufsende  oben  anzubringen. 
Zu  solcher  Wiege  würde  dann  noch  ein  Gestell  gehören 
mit  geraden  Leisten,  auf  welchem  die  Gängel  wie  auf  Schie- 
nen ruheten  und  ihre  Bewegung  vollzögen.  Die  Stabilität 
einer  so  eingerichteten  Wiege  würde  gegen  die  gewöhnliche 
Gängclwiegc  eine  viel  bedeutendere  seyn,  und  scheint  eine 
solche  somit  jedenfalls  den  Vorzug  zu  verdienen. 


Uhm 


[II.     lieber  den  Braunstein  von  Olpe; 
von  Dr.  K.  List, 

.  Physik  D.  Chemie  »n  ä.  Pro.in^I  Ot/WcAtAaH  tu  H.gen. 


xVtif  der  Grube  Löh  bei  Rothemöhl  an  der  Bigge,  zwei 
Stunden  südlich  von  Olpe,  wird  seit  1829  Brauneisenstein 
gefördert,  der  dort  einen  mächtigen  Gaug  in  der  Grauwacke 
bildet.  Das  Sireichen  geht  fast  genau  von  Norden  nach 
Süden  bei  einem  schwachen  fast  unmerklichen  Fallen.  Ueber 
den  Thaleiuschnitt  hinaus,  an  dessen  südlichem  Abhang  das 
Mundloch  der  Grube  Löh  gelegen  ist,  setzt  der  Gang  mit 
demselben  Streichen  fort  und  wird  hier  durch  die  Grube 
Poggrndo.ir.  hantl  Bd.  CX.  IV 


322 

Fahlberg  bebaut,  welche  von  einer  englischen  Gesellschaft 
mit  grofsartigen  Forderungsanstalten  versehen  ist.  Der  süd- 
liche Theil  des  Ganges  wird  durch  einen  Spatheisenstein 
und  Bleiglanz  führenden  Gang  durchsetzt,  welchen  der 
150  Lachter  lange  Stollen  der  Grube  Löh  noch  nicht  er- 
reicht hat,  der  aber  durch  alten,  schon  6eit  langer  Zeit 
verlassenen  Bergbau  aufgeschlossen  ist.  Je  mehr  der  Haupt- 
gang sich  diesem  durchsetzenden  Gange  nähert,  um  so  mehr 
findet  man  dem  Brauneisenstein  Psilomelau  eingemengt»  so 
dafs  dieser  gegenwärtig  vor  Ort  an  vielen  Stellen  in  sol- 
chem Maafse  vorwaltet,  dafs  der  Betrieb  der  Grube  haupt- 
sächlich auf  die  Gewinnung  von  Braunstein  gerichtet  ist. 
Die  Braunsteinstücke  werden  vom  Brauneisenstein  ausge- 
lesen, gepocht  und  gewaschen,  um  sie  von  thonigen  Thei 
len  zu  befreien,  und  darauf  in  verschiedeneu  Sorten  nach 
dem  Grade  der  Reinheit  dem  Handel  übergeben. 

Obgleich  die  äufsern  Eigenschaften  sowohl  als  auch  meh- 
rere zur  Ermittelung;  des  technischen  Werthcs  ausgeführte 
Bestimmungen  keinen  Zweifel  liefsen,  dafs  der  fragliche 
Braunstein  Psilomelau  scy,  so  habe  ich  doch  eine  genaue 
Untersuchung  desselben  vorgenommen,  weil  ja  die  bishe- 
rigen Analysen  von  l'silouiclancn  verschiedener  Fundorte 
so  abweichende  Resultate  gegeben  haben,  dafs  es  nicht  ge- 
stattet ist,  aus  ihnen  auf  die  Zusammensetzung  dieses  Mi- 
nerals von  einem  neuen  Fundorte  zu  schlicfsen. 

Das  Mineral  findet  sich  theils  in  stalactischen  traubigen 
Massen  von  blauschwarzer  Farbe,  deren  Zwischenräume 
von  einem  fleischfarbenen  Thon  ausgefüllt  sind,  theils  dicht, 
mit  unvollkommen  muschligem  Bruch,  metallisch  schimmernd 
und  von  eisengrauer  Farbe.  Die  Härte  der  dichten  Varie- 
tät ist  sehr  bedeutend,  indem  sie  Feldspath  deutlich  ritzt, 
ja  sogar  in  die  Fläche  xP  des  Bergkrystalls  einschneidet 
während  sie  die  Pyramidenflächen  desselben  nicht  angreift 
Das  specirische  Gewicht  fand  ich  =1,699;  die  Bestimmung 
geschah  mit  aller  Sorgfalt  mit  Hülfe  der  bekannten  de« 
besten  Oertling  sehen  Waagen  beigegebenen  Einrichtung. 
Die  dichten  Massen  sind  von  dünnen  krvsfallinischen  strah 


l 


Hgen  Lagen  durchzogen,  von  denen  es  nicht  möglich  war, 
hinreichend  reines  Material  zu  sammeln,  um  entscheiden  zu 
können,  ob  sie,  wie  es  den  Anschein  hat,  aus  Pyrolusit 
bestehen.  Zur  Analyse  wurden  von  einer  dichten  Stufe 
mit  gröfster  Vorsicht  vollkommen  homogene  Stücke  ausge- 
sucht und  besonders  darauf  geachtet,  die  krystalliuischcu 
Thcile  völlig  fern  zu  halten.  Das  Pulver  ( 1,794  Grm.)  wurde 
in  Salzsäure  gelöst,  wobei  ein  geringer  weifscr,  aus  Quarz 
bestehender,  Röckstand  blieb;  die  wenig  gefärbte  Lösung 
wurde  mit  dem  Ungelösten  zur  Trockne  verdampft,  um 
etwa  aufgelöste  Kieselsäure  unlöslich  zu  machen,  der  Rück- 
stand unter  Zusatz  von  Salzsäure  wieder  gelöst,  vom  Uu- 
gelösten  (0,015  Grm.  =2,51  Proc.)  abfiltrirt  und  die  Lö. 
siinginit  Schwefelwasserstoffgas  gesättigt.  Der  braunschwarze 
Niederschlag  wurde  rasch  filmet  und  ausgewaschen,  in  Sal- 
petersäure gelöst  und  die  Lösung  mit  Kali  erhitzt,  wodurch 
0,023  Grm.  CuO  =  1,28  Proc.  erhalten  wurden.  Das  Fil 
trat  vom  Schwefelwasserstoff-  Niederschlag  wurde  durch 
Schwefel amnioni um  gefällt,  der  sorgfältig  ausgewaschene, 
etwas  grau  gefärbte  Niederschlag  mit  verdünnter  Salzsäure 
behandelt,  wobei  ein  geringer  schwarzer  Rückstand  blieb, 
welcher  durch  Salpetersäure  gelöst,  nach  dem  Erhitzen  mit 
überschüssigem  Kali  einen  geringen  mifsfarbenen  Nieder- 
schlag lieferte,  der  nach  dem  Trocknen  und  Glühen  0,0055 
Grm.  -—0,31  Proc.  CoO  gab.  Die  Lösung  des  Schwcfel- 
ainiiiouiiiin-Nicderschlagcs  in  Salzsäure  wurde  kochend  mit 
kohlensaurem  Natron  gefällt;  der  Niederschlag  lieferte,  nach- 
dem er  so  lange  bei'  Luftzutritt  geglüht  war,  bis  das  Ge- 
wicht constant  blieb,  1,528  Mu'O*  =85,17  Proc.  Von 
der  Abwesenheit  des  Eiseus  hatte  ich  mich  vorher  über- 
zeugt. Das  Fillrat  vom  Schwefelanunonium  Niederschlage 
wurde  mit  Salzsäure  angesäuert,  mit  einigen  Tropfen  Schwe- 
felsäure versetzt  und  erhitzt,  der  ausgeschiedene  Schwefel 
abfiltrirt  und  das  Filter  verbrannt;  etwa  vorhandener  Ba- 
ryt hätte  hierbei  als  BaO,  SO1  zurückbleiben  müssen,  da 
aber  das  Gewicht  des  Verbrennungs- Rückstandes  das  Ge 
wicht   der  Filleiasche  nicht   übertraf,   so  war  die  Ab' 


324 

heil  des  Baryts  dargclhan.  Die  vom  Schwefel  abfiltrirte 
Flüssigkeit  wurde  mit  Ammoniak  neutralisirt  und  durch 
oxalsaures  Ammoniak  eine  geringe  Menge  oxalsaurcr  Kalk 
gefüllt,  welcher  nach  dein  Glühen  und  der  üblichen  Be- 
handlung mit  kohlensaurem  Ammouiak  0,012  CaO,  CO? 
=  0,37  Proc.  CaO  lieferte.  Zur  Bestimmung  der  Alkalien 
und  der  etwa  vorhandenen  Bittererde  habe  ich  die  indirecte 
Methode  angewandt,  welche  ich  in  den  Annalcn  der  Che- 
mie und  Pharmacie  Bd.  81,  S.  117  beschrieben  habe.  Das 
Filtrat  vom  Kalkerdcnicilerschlag  wurde  zur  Trockne  ver- 
dampft, die  trockne  Salzmasse  im  Platintiegel  zur  Verta- 
gung der  Ammoniaksalze  geglüht,  der  Rückstand  durch 
Schwefelsäure  zersetzt  und  durch  Glühen  mit  kohlensaurem 
Ammoniak  in  neutrales  Salz  verwandeil.  Dieses  wog  0,015 
Grm.;  seine  Lösung  im  Wasser  wurde  mit  Chlorbaryuin 
gefällt  und  0,060  BaO,  SO3  erhalten.  Im  Filtrat  wurde, 
nachdem  der  überflüssige  Baryt  durch  Schwefelsäure  aus- 
gefällt war,  nur  eine  unwägbare  Spur  von  Biltererdc  ent- 
deckt. 0,060  BaO,  SOd  entsprechen  0,0206  SO',  die  ge- 
fundenen 0,015  Grm.  enthalten  also  neben  diesen  noch 
0,0211  Grm.  Base.  Da  nun  die  0,0206  Grm.  SO1  mit  Kali 
zu  KO,  SOJ  vereiuigt  0,0417,  also  fast  genau  die  gefun- 
dene Menge  (0,015)  liefern  müssen,  so  ist  es  unzweifelhaft, 
dafs  in  der  gefundenen  Salzmenge  nur  Kali  vorhanden  ist. 

Zur  Bestimmung  des  Wassergehaltes  wurden  1,379  Grm.  bei 
110"  getrocknetes  Pulver  in  einer  Kugclrohrc  geglüht,  wäh. 
rend  ein  Aspirator  die  entweichenden  Dampfe  in  ein  Chlor- 
calciumrohr  führte,  dessen  Gewicht  hierbei  um  0,0555  Grm. 
zunahm,  entsprechend  1,02  Proc,  HO.  Die  Kugel  rubre  mit 
dem  Pulver  halte  während  des  Glühens  0,136  Grm.  verlo- 
ren; zieht  mau  hiervon  die  0,0555  HO  ab,  so  ergiebt  sich, 
dafs  beim  Glühen  0,0805  Gnu.  O  entwichen  sind.  Eine 
Probe  des  in  der  Kugelrühre  geglühten  Pulvers  zeigte  beim 
heftigsten  Glühen  im  Platintiegel  keine  Gewichtsverän- 
derung. 

Hiernach  ergiebt  sich  folgende  Zusammensetzung  des  Mi- 
nerals: 


325 


Mangan        61,37, 


als  Mn'O*  bestimmt 


Sauerstoff    23,80' 
Sauerstoff      4,49  durch  Glühen  ausgetrieben 
Kupferoxyd    1,28    ...    .    mit  0,26  Sauerstoff  \ 
Kobaltoxyd   0,31    .    .    .    .     »     0,06        »  /      0,66 

Kalkerde        0,37    .    ...»     0,11         »  >     Sauer- 

Kali  1,36    ...    .     -     0,23        »  l      Stoff. 

Wasser  4,02    ....     *     3,55         *  '  / 

Unlösliches  2,51 
99,51. 
Das  untersuchte  Mineral  würde  also  zu  den  Kali-Psi- 
lomelanen  gehören.  Seine  Zusammensetzung  unterscheidet 
sich  aber  von  der  anderer  Psilomelane  wesentlich  durch  den 
geringen  Gehalt  an  sogenannten  freiem  oder  überschüssi- 
gem Sauerstoff.  Zur  leichtern  Uebersicht  habe  ich  in  Fol- 
gendem die  früheren  Analysen  von  Psilomelanen  verschie- 
dener Fundorte,  wie  sie  in  Rammelsberg's  Handwör- 
terbuch gesammelt  sind,  mit  der  meinigen  zusammengestellt. 


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327 

Diese  Zusammenstellung  zeigt  deutlich,  dafs  zu  den  mei- 
sten Analysen  kein  reines  Mineral  verwendet  ist.  Auch  da* 
durch,  dafs  man,  von  der  Ansicht  ausgehend,  dafs  der  Psi- 
lomelan  eine  Verbindung  von  MnO  mit  einer  höheren 
Oxydationsstufe  des  Mangans  sey,  für  sämmtliche  Basen 
von  der  Formel  RO  die  aequivalente  Menge  MuO  berech- 
net, erhält  man  für  das  Verhftltnifs  zwischen  der  Anzahl 
der  Sauerstoffatome  und  den  Atomen  des  reducirten  Man- 
gans, ziemlich  abweichende  Werthe.     Es  sind  nämlich 

in     1  auf  1  Atom  Mangan  1,75  Atom  Sauerstoff 


A» 

2 

» 

1 

M 

1,75 

» 

M 

» 

3 

» 

1 

n 

M 

1,70 

» 

» 

W 

4 

W 

1 

M 

1,71 

» 

»» 

M 

5 

J» 

1 

W 

2,03 

m 

» 

»» 

6 

J» 

1 

n 

1,85 

» 

>» 

»> 

7 

ll> 

1 

H 

1,83 

M 

1» 

lu 

8 

» 

1 

M 

U 

1,77 

» 

M 

n 

9 

J» 

1 

» 

n 

1,84 

» 

J« 

»> 

10 

J» 

1 

u 

»» 

1,82 

J» 

J» 

M 

11 

M 

1 

M 

a» 

1,88 

W 

1» 

M 

12 

M 

1 

U 

» 

1,82 

M 

u 

M 

13 

J» 

1 

M 

u 

1,68 

M 

M 

« 

14 

W 

1 

V 

» 

1,86 

n 

J» 

w 

15 

1» 

16 

w 

1 

l 

*» 

1,59 

» 

M 

enthalten. 

Bekanntlich  hat  Rammelsb 

erS.  1 

gestützt 

auf  seine  Ro- 

baltschwärre - 

CoO) 

2  MnO 

>*  +  4HO  — 

und  der  Ku- 

pfermanganschwärze  —  J!"q  j  2 MnO«  -4-2HO  —  für  den 

Psilomelan  die  Formel  MnO,  2MnO'-t-2HO  aufgestellt, 
wonach  er  auf  3  At.  Mangan  5  At.  Sauerstoff  (oder  I  At. 
Mn :  1,66  At.  O)  enthalten  würde.  Dafs  fast  alle  Analysen 
mehr  Sauerstoff  nachweisen,  als  diesem  Verhftltnifs  entspricht, 
erklärt  sich  ungezwungen  aus  der  Annahme,  dafs  die  unter- 
suchten Proben  Pyrolusit  eingemengt  enthalten  haben.   Die 


328 

Analyse  des  Braunsteins  von  Olpe  allein  giebt  weniger 
Sauerstoff  an,  als  dem  Verhällnifs  1 :  1,66  entspricht  Dieses 
kann,  da  die  Analyse  mit  grofser  Sorgfalt  ausgeführt  wurde, 
nicht  durch  die  Annahme  einer  fehlerhaften  Reslimmung, 
sondern  nur  dadurch  erklärt  werden,  dafs  nur  solche  Stücke 
zur  Untersuchung  ausgewählt  sind,  welche  vollkommen  ho- 
mogen waren.  —  Die  Analjse  giebl  für  Mangan,  Sauerstoff 
und  Wasser  das  Atomverhaltnifa 

1    :    1,6  :  0,22 
oder 

5  :      8  :  1,1, 
welches  auf  die  Formel 

2MnO,  3MnO'  +  HO 
führen  würde. 

Ich  wage  nicht,  auf  Grund  dieses  Ergebnisses  meiner 
Untersuchung  den  Braunstein  von  Olpe  als  eine  neue,  von 
dem  Psilomclan  verschiedene  Mineralspecies  zu  erklären,  und 
ebensowenig,  zu  behaupten,  dafs  für  den  l'silomelan  von 
andern  Fundorten  die  Formel  2MnO,  3MuO*  +HO  rich- 
tiger sey  als  MnO,  2MnO*-f-HO.  Es  ergiebt  sich  ans 
dem  Obigen  von  neuem,  dafs  es  wiederholter  Analysen  rei- 
ner Stücke  bedarf,  um  über  die  Formel  des  Psilomelans  im 
Allgemeinen  entscheiden  zu  können. 


XIII.     Veber  ein  aus  braunsteinhaltigen  Erzen 
blasenes  Roheisen;  vom  Dr.  K.  List. 


Lser  im  vorhergehenden  Aufsatz  erwähnte  Brauneisenstein 
von  der  Grube  Loh  ist  viele.  Jahre  hindurch  vorzugsweise 
"  auf  dem  Hochofen  von  Rüblinghausen  bei  Olpe  verhüttet 
worden.  Obgleich  die  mit  der  Zeit  immer  mehr  zuneh- 
mende Beimengung  von  Psilomelan  nicht  unbemerkt  geblic- 


ben  ist,  so  hat  man  doch  das  wirkliche  Wesen  desselben 
nicht  geahut,  sondern  sich  damit  begnügt,  das  Erz  durch 
den  Namen  «Blaustem"  als  ein  besonderes  Eisenerz  zu  be- 
zeichnen. Erst  im  Anfange  vorigen  Jahres,  als  die  Menge 
des  ausgebrachten  Eisens  bedeutend  hinter  der  berechneten 
zurückblieb,  wurde  das  Erz  einer  genaueren  Untersuchung 
unterworfen,  welche  ergab,  dafs  der  sogenannte  Blaustein 
zum  grüfseren  Theile  aus  Braunstein  bestand. 

Die  Möllerung  bei  der  fraglichen  Campagne  zu  Rübling- 
bausen  bestand  nach  einer  mir  durch  Hrn.  G.  Lehrkind 
in  Haspe  gütigst  gemachten  Mittheilung  im  Durchschnitt  aus 
i  Spalheisenstein,  aus  dem  Siegener  Revier,  beste  Sorte 
und  '  Brauneisenstein,  welcher  zur  Hälfte  von  der  Grube 
Loh  war,  und  50  bis  60  Proc.  Braunstein  enthielt.  Hier- 
durch bestand  etwa  ,'■  aus  Psjlonielan.  Da  es  mir  unzwei- 
felhaft schien,  dafs  die  Analyse  des  bei  einer  an  Mangan 
so  reichen  Beschickung  crblascncn  Eisens  das  Maximum  des 
Man gan gchaltes  ergeben  würde,  welcher  von  Roheisen  auf- 
genommen werden  kann,  so  bemühte  ich  mich,  mir  eine 
Probe  davon  zu  diesem  Zwecke  zu  verschaffen.  Ich  erhielt 
eine  solche  in  Rübünghauseu  selbst  durch  den  Platzmeister 
der  Hütte  und  halte  mich  über  die  Acchtheit  derselben 
vollkommen  überzeugt.  Leider  waren  die  zugleich  gefalle- 
nen Schlacken  schon  völlig  vom  Hütlcnplalze  abgeräumt. 
so  dafs  ich  darauf  verzichten  mufste,  diese  zugleich  zu  un- 
tersuchen. 

Das  fragliche  Eisen  ist  im  Aeufsern  von  normalem  wei- 
fsem  Eisen  durchaus  nicht  verschieden.  Es  zeigt  indessen 
geringe  Härte,  indem  es  nicht  in  Glas  einschneidet  und 
seihet  vou  Spiegcleisen  stark  geritzt  wird.  Es  hat  sich  als 
sehr  strengilüssig  gezeigt  und  aus  diesem  Grunde  beim  Her- 
ausziehen aus  dem  Heerde  grofse  Schwierigkeiten  verur- 
sacht. Es  rostet  sehr  schnell  und  wird  von  Salpetersäure 
ungewöhnlich  stark  angegriffen.  Bei  der  Behandlung  mit 
Königswasser  scheidet  sich  kein  Kohlenstoff  ab,  es  entsteht 
eine  vollständige  Losung. 

Ich  habe  mich  vorläufig  auf  die  Bestimmung  des  Silicunns 


330 

und  Mangans  beschränkt.  1,761  Gnu.  lieferten  0,055  voll 
kommen  weifse  Kieselsäure  und  (1,092  Mn1  O1.  Hiernach 
enthält  das  Eisen 

Silieium  1,46  Proc. 

Mangan  3,80     - 

Die  Voraussetzung,  dafs  das  fragliche  Eisen  sich  durch 
einen  ungewöhnlich  hohen  Mangangohnlt  auszeichnen  würde, 
bat  sich  mithin  nicht  bestätigt.  Die  gefundene  Menge  bleibt 
sogar  hinter  der  im  Spiegeleisen  von  verschiedenen  Chemi- 
kern nachgewiesenen  Menge  (I  bis  7  Proe.)  noch  zurück 
und  stimmt  mit  derjenigen  überein,  welche  Broineis  in 
ordinärem  weifsein,  aus  Spalhciscustciu  zu  Mägdespnmg  im 
Harz  erblasenem  Eisen  gefunden  hat  (3,72  Proc).  Es  er- 
giebt  sich  also  hieraus,  dafs  durch  einen  vermehrten  Zusatz 
von  Mangan  haltenden  Erzen  zur  Beschickung  der  Mangan- 
gehalt des  Roheisens  nicht  über  das  bisher  gefundene  Maxi- 
mum gesteigert  werden  kann.  Dafs  dennoch  der  bedeutende 
Mangangehalt  einen  indirecten  EinÜuls  auf  das  Eisen  aus- 
geübt hat,  ergicbl  sich  aus  seinen  oben  erwähnten  Eigen- 
thümlkhkeiteu.  Diese  machen  es  unzweifclhalt,  dafs  es  eine 
sehr  geringe  Menge  Kohlenstoff  enthält.  Es  folgt  dieses 
nicht  nur  aus  dem  Verhalten  gegen  Säuren;  die  geringe 
Härte,  die  Slreugflüssigkeil,  ja  auch  einige  Notizen,  die  ich 
über  das  Verhallen  im  Puddelofen  erhalten  habe,  zeigen, 
dafs  es  in  einem  unvollständig  gekohlten,  halbgefrischten 
Zustande  den  Hochofen  verlassen  hat.  Bei  einem  Versuch 
das  Eisen  für  sich  allein  zu  Stabeisen  zu  puddeln  »ist  es 
nicht  recht  hoch  gekommen",  d.  h.  es  ist  keine  starke  Ent- 
wickelung  von  Kohlenoxydgas  eingetreten,  hat  aber  schliefs- 
luli  doch  gutes  Stabeisen  geliefert  ;  als  Zusatz  zu  schwer- 
frischenden,  also  kohlensloffreichen  Eiscusorteu  hat  es  ■ 
günstigen  Ein  Hüls  ausgeübt.  Durch  alle  diese  Verhält- 
nisse scheint  mir  ein  geringer  Kohlenstoffgehalt  mit  ebenso 
grofser  Entschiedenheit  bewiesen  zu  sejn,  als  wenn  es  durch 
eine  analytische  Bestimmung  geschehen  wäre,  zu  welcher 
mir  leider  die  Hülfsmittel  gefehlt  haben. 

Auf  welche  Weise  der  Braunstein  die  höhere  Kohlung 


des  Eisens  verhindert,  ist  leicht  zu  erklären.  Weun  im 
Hochofen  die  mit  Braunstein  gemischten  Eisenerze  in  die 
Reductionszone  gelangen,  so  wird  durch  Eiuwjrkung  des 
Kohlenoxydgases  das  Eisenoxyd  zu  metallischem  Eisen  re- 
ducirl,  wahrend  die  höheren  Oxydationsslufcn  des  Mangaus 
nicht  weiter  als  zu  Manganoxydul  reducirt  werden  können, 
da  dieses  weder  durch  Wasserst  offgas  noch  durch  Kohlcn- 
oxyd,  sondern  nur  durch  Kohle  in  der  Weifsglühhilzc  in 
Metall  verwandelt  werdeu  kann.  Während  das  erhaltene 
Gemenge  von  metallischem  Eisen  und  Manganoxydul  die 
Kohlungszoue  passirt,  nimmt  ersteres  allmählich  mehr  und 
mehr  Kohlenstoff  auf,  das  Mangauoxydul  aber  bleibt  un- 
verändert. Erst  in  der  Sclimelzzone  findet  eine  chemische 
Einwirkung  auf  das  Mauganoxydul  statt;  ein  Theil  wird 
bei  der  hier  eintretenden  Schlackenbildung  verwendet,  ein 
anderer  bei  der  vorhandenen  hohen  Temperatur  durch  Koh- 
lenetoff reducirt.  Durch  diese  Reduclion  aber  wird  dem 
Eisen  unmöglich  gemacht,  sich  mit  Kohlenstoff  zu  sättigen, 
indem  theils  der  zur  Sättigung  erforderliche  Kohlenstoff  durch 
den  Sauerstoff  des  iVlanganoxyduls  in  Anspruch  genommen 
wird,  theils  aber  auch  vielleicht  das  Manganoxydul  auf 
Kosten  des  mit  dem  Eisen  verbundeneu  Kohlenstoffs  redu- 
cirt wird.  Die  durch  den  Mangangehalt  leicht  flüssig  ge- 
wordene Schlacke   bewirkt   ein   schnelles  Herahfiiefsen   aus 

r  Schmclzzone  und  das  Eisen  kommt  unvollkommen  ge- 
kohlt in  den  Heerd. 

Hagen,  im  August  1859. 


XIV.     Heber  den  Einfluß   des  Nordlichts  auf  den 

elektrischen  Zustand  der  Atmosphäre; 

von  F.  Dellmann. 


His  ist  eine  sehr  beachtenswerte,  in  den  letzten  Jahren 
mehrfach  beobachtete  Erscheinung,  dafs  das  Nordlicht  elek- 
trische Strome  in  den  Tclegraphcndrähten  hervorruft.  Diese 
Thatsachcn  liefsen  mich  vermuthen,  dafs  es  auch  deo  sta- 
tisch-elektrischen Zustand  der  Atmosphäre  verändere.  Erst 
gestern  Abcud  hatte  ich  Gelegenheit,  darüber  Beobachtun- 
gen zu  machen. 

Gegen  halb  9  Uhr  wurde  ich  darauf  aufmerksam  ge- 
macht, dafs  ein  Nordlicht  zu  sehen  sey.  Ich  ging  hinaus, 
um  es  auf  einem  freien  Platze  zu  beobachten.  Die  Er- 
scheinung war  unzweifelhaft  ein  Nordlicht,  aber  es  war 
schwach.  Zuerst  zeigte  es  sich  in  NW.,  ohne  Strahlen, 
aber  mit  einer  kleinen  Wolke  am  Horizonte;  sonst  war  der 
ganze  Himmel  wolkenfrei.  Anfangs  war  die  Erscheinung 
im  Zunehmen,  das  Licht  wurde  heller,  die  Wolke  am  Ho- 
rizonte vergrüfsertc  sich,  das  Ganze  zog  sich  immer  mehr 
nach  N.  Jetzt,  etwa  8h  45',  ging  ich  hinauf  zum  Messen 
der  Luft-Elektricität.  Die  auf  einander  folgenden  Quanti- 
täten betrugen:  217,3;  182,2;  141,4;  126,4;  127,6.  "Wäh- 
rend dieser  Messungen  war  es  9b  geworden,  die  Erschei- 
nung hatte  abgenommen  und  sich  immer  weiter  nach  N 
bewegt.  Nach  einer  etwas  längeren  Pause  wurde  wieder 
gemessen.  Die  Lichterscheinung  war  schwach,  aber  die 
Wolken  in  NW.  und  N.  halten  sich  bedeutend  gemehrt. 
Die  Quantitäten  zweier  durch  eine  kleine  Pause  getrennter 
Messungen  betrugen:  88,5;  82,3.  Jetzt  wurde  eine  gröTsere 
Pause  gemacht. 

Etwa  15'  vor  i  c '  waren  die  Wolken  geringer,  aber  das 
Licht  in  N.  stärker.  Die  erste  Messung  ergab  jetzt  das 
Quantum:  85,5;  eine  zweite  nach  5  Min.:  83,3. 

Die  nun  folgenden  Beobachtungen  von  10h  bis  12U  stelle 


333 

ich  der  bessern  Uebersicht  wegen  in  folgender  Tabelle  zu- 
sammen. Wo  zwei  oder  mehr  Quantitäten  stehen,  wurden 
ebensoviel  Messungen  unmittelbar  hintereinander  gemacht. 
Die  Zeit  für  eine  Messung  ist  1  bis  2  Minuten.  Die  Einheit 
bei  den  Zahlen  ist,  wie  früher,  die  Spannung  eines  Ele- 
mentes einer  Zink -Kupfer -Säule. 

Zeit.      Quantitäten.  Bemerkungen. 

10*  101,6        Die  ganze  Erscheinung  schwach. 

10*   5'     100,5 

10*  15'       91,7         Wolken  fast  verschwunden  und  Licht 

ebenfalls.    Am  Rande  einer  Wolke 
in  N.  ein  plötzliches,  helles  Leuch- 
ten, als  rühre  es  von  einer  Stern- 
schnuppe her. 
10b21'       95,1         Licht  fast  unscheinbar. 
10b30'       90,3        Die    ganze    Erscheinung     fast     ver- 
schwunden. 
10*  39'     128,9        Ebenso. 

128,9 
10*45'     121,3        Licht  etwas  stärker. 

121,3 
10*52*     125,1         Licht  und  Gewölk  im  Zunehmen.    . 

125,1 
ilh  128,9         Zunahme  des  Lichts  und  Gewölks. 

128,9        Licht  fast  strahlig,  was  vorher  nicht. 
11*   8'     126,3        Zunahme  des  Gewölks,   welches  jetzt 

121.3  zum   ersten  Mal  das  Licht  überragt 
122,2  und  Lücken  bekommt,  vorher  aber 

ein  dichter  Streifen  von  NO.  nach 
SW.  gerichtet. 
11*  15'     1 11,7        Gewölk  bedeutend  zerrissen,  Licht  des- 

109.4  halb  mehr  sichtbar. 

11*22'       95,9         Das  obere  Gewölk  theilt  sich  immer 
95,9  mehr,  aber  am  Horizont  bildet  sich 

wieder    ein   neues,    dichtes    Band. 
Licht  kaum  noch  wahrnehmbar. 


Zeh,     QnaaUMJ 
11*30"     1U,0 


123,8 
123,8 

109,4 
108,2 
68,3 
69,2 


334 

BcmeHtnngen 

Gewölk  am  Horizont  immer  höher, 
fängt  an  sich  zn  theilen ;  Licht  etwas 
stärker. 

Der  ganze  nordwestliche  Himmel  be- 
wölkt und  vom  Nordlicht  Nichts 
mehr  zu  sehen. 


12* 


Wie  oben,  nur  dafs  in  NW.  am  Ho- 
rizont ein  hellerer  Streifen  sich  zeigt 
Der  Himmel  fast  ganz  mit  Streifen 
überzogen. 
Bei  allen  Messungen  war  die  Luft  -+■  elektrisch. 
Das   mittlere    Quantum    der  Beobachtungen    der   Luft 
Elektricität  vom  Sept.  Abends   in1'  ist  97,9;  das  von  gestern 
Abend  ist  um  dieselbe  Zeit  101,6,  und  sinkt,  wie   wir  se- 
hen,  bald   unter   jenes   Mittel.     Das  Nordlicht  war  gegen 
10k  auch  sehr  schwach.     Ein  Quantum,   wie   das  erste  ge- 
stern Abend  beobachtete,   findet   sich   in  meinen   Tabellen 
nicht  vom  März  bis  incl.  September:  das  zweite  ungefähr  ein- 
mal inj  Mai  und  eiumal  im  Juni;  beide  rühren  also  wobl  von 
der  beobachteten  Erscheinung  her.     Nehmen  wir  dazu  das 
ziemlich   regelmässige   Fallen    und    Steigen    der    Quantitäten 
mit  der  Ab-   und  Zunahme  der  Erscheinungen  des  Nord- 
lichts, so  möchte  sich  daraus  die  Behauptung  rechtfertigen: 
Das  Nordlicht  erhöht  den  •+■  elektrischen  Zustand   der 
Atmosphäre. 

Kreuznach,  d.  2.  October  1859. 


335 

XV.     lieber  ein  Elektrometeor; 
von  J.  Schneider  in  Dusseldorf 

Am  18.  Augost  y.  J.,  des  Abends  am  9  Uhr  50  Minuten, 
beobachtete  ich  von  einem  Garten  der  Stadt  Emmerich 
aus,  etwa  30  bis  35°  über  dem  südlichen  Horizonte,  eine 
Lichtsäule  am  Himmel,  die  mich  für  den  ersten  Augenblick 
bald  an  das  Zodiacallicht,  bald  an  die  Streifen  des  Nord- 
lichts erinnerte,  wovon  ich  mich  jedoch  bald  überzeugte, 
dafs  sie  zu  keinem  dieser  Lichtphänomene  zu  rechnen  sey. 
Die  Breite  dieses  Lichtgürtels  betrug  durchschnittlich  vier 
Vollmondsbreiten,  und  in  seiner  Längsrichtung  zog  sich  der- 
selbe von  Osten  nach  Westen  auf  mindestens  20°  her, 
wobei  eine  etwaige  Fortsetzung  nach  dem  östlichen  Hori- 
zonte hinab  ungewifs  bleibt,  da  hier  eine  Häuserreihe  die 
Beobachtung  verhinderte.  Die  Seiten  des  Lichtstreifens  wa- 
ren ziemlich  scharf  und  fast  parallel  begränzt,  das  westliche 
Ende  aber  zeigte  einen  ganz  unregelmäfsig  wolkenartig  zer- 
zausten Saum;  es  hatte  hier  das  Ansehen  eines  leuchtenden 
Wölkchens,  von  welchem  ausgehend  der  Lichtstreif,  indem 
er  sich  nach  Osten  erstreckte,  allmählich  sowohl  an  Breite 
als  an  Lichtstärke  etwas  abnahm.  Das  ganze  Meteor  leuch- 
tete mit  gelblichem  etwas  ins  Röthliche  spielendem  Lichte, 
das  sich  von  dem  dunkeln,  wolkenleeren  Nachthimmel  stark 
abhob;  auch  rückte  dasselbe  fast  unmerklich  in  nordwest- 
licher Richtung  vor,  wobei  in  seinem  wolkenartig  gestalteten 
westlichen  Ende  eine  stärkere  Bewegung,  wie  eine  Art  Gäh- 
ren,  vor  sich  ging,  die  eine  starke  Formänderung  desselben 
zur  Folge  hatte.  Zu  gleicher  Zeit  wurde  vom  westlichen 
Horizonte  her  ein  starkes  Wetterleuchten  wahrgenommen, 
das  von  einem  in  weiterer  Entfernung  uuter  dem  Horizonte 
befindlichen  Gewitter  herrührte,  und  ich  glaubte  zu  bemer- 
ken, dafs  die  Helligkeit  des  Lichtstreifens  bei  dem  jedes- 
maligen Aufleuchten  des  Blitzes  am  stärksten  gewesen  und 
in  Pausen  wiederum  abgenommen  hatte;  wenigstens  kowxvVs. 


336 

ich  tuit  voller  Sicherheit  ein  wechselndes  Ab-  und  Zuneh- 
men der  Lichlintensität  deutlich  beobachten,  und  mit  dein 
Aufhören  des  Wetterleuchtens  erlosch  auch  gleichzeitig  das 
Meteor,  ohne  einen  sichtbaren  Rückstand  zu  hinterlassen. 
Die  ganze  Dauer  der  Beobachtung  betrug  6  bis  7  Minuten, 
wobei  die  wirkliche  Dauer  des  Phänomens  nngewifs  bleibt, 
indem  derselbe  bereits  vorhanden  war,  als  ich  auf  jenen 
Thcil  des  Himmels  aufmerksam  wurde.  Als  sehr  bemer- 
kenswerth  ist  noch  hervorzuheben,  dafs  der  ganze  östliche 
Himmel,  der  nur  hier  und  da  einen  kleinen  dunkeln  Wol- 
kenstreifen zeigte,  sonst  aber  völlig  klar  war,  bis  zum  Ze- 
niili  herauf  mit  einem  hcllwcifscu  Lichte  leuchtete,  das  der 
Milchstrafse  in  ihrem  hellsleu  Theile  völlig  gleich  kam.  Die- 
ser weilse  Lichtschimmer  nahm  mit  dem  Aufhören  des  Wet- 
terleuchtens gleichfalls  aber  nur  allmählich  ab,  dauerte  je- 
doch mit  stetig  verminderter  Intensität  noch  einige  Zeit  an, 
als  bereits  die  (ihrigen  Phänomene  völlig  verschwunden 
waren  '). 

1)  Ich  enthalte  mich  vorläufig  jedea  Erklärungaverauchea,  und  bemerke 
nur,  data  die  Erscheinung  mit  den  von  mir  in  diesen  Annale)!  Bd.  96, 
von  Gsllenkamp  ebend.  und  in  meiner  Abhandlung  über  elektrische 
Figuren,  Emmerich  1856,  aowie  mit  den  vonArago  in  der  Abhandkaof 
Über  Danner  und  Blitz,  und  von  Muncke  in  Gehler',  phjab*- 
lischem  Wörterbuche  j.  g.  Nordlicht  beschriebenen,  sowie  den  in  Km- 
ner's  Meteorologie  II,  S.  411,  624,  683  angezogenen  Phänomenen  in  ein 
nnd  dieielbe  Clane  gehört,  Mao  hat  diesen  der  Luftclcktridtät  angchO- 
rigeo  Lichtmeteoren  nicht  die  ihnen  mkommende  Aufmerksamkeit  ge- 
widmet, vielmehr  dieselben  gar  häufig  mit  dem  eigentlichen  Nord- 
lichte »erwechtelt,  obgleich  nicht  tu  betweifelu  ist,  data  wir  eine  ei- 
gene Clane  von  EUktrometeoren  vor  um  haben,  deren  genaueres  Studium 
mit  einer  künftigen  Theorie  dea  Gewitter«  in  naher  Beziehung  atabl. 


Gedruckt,  bei  A.  W.  Schade  in  Berlin,    Grüns  traft«  18. 


1860.  ANNALEN  JTb.  7. 

BER  PHYSIK  UTSD  CHEMIE. 

BAND  CX. 


I.      XJeber  Membrandiffusion; 
fon  Dr.  Wilh.   Schumacher, 

Agneullurchemiker  In  Bona. 

Unter  den  Erscheinungen  des  thierischcn  und  pflanzlichen 
Lebens  ist  gewifs  eine  der  hervorragendsten  die  Durchdrin- 
gung der  permeablen  Membranen  von  flussigen  Stoffen.  Es 
ist  diese  Durchdringung  meist  eine  Mischung  flüssiger  Stoffe 
von  verschiedener  chemischer  Natur,  die  durch  die  Mem- 
bran von  einander  getrennt  siud,  —  Erscheinungen,  die  Du- 
trochet  Endosmosc  und  Exosmose  nannte,  die  ich  jedoch 
lieber  aus  spater  mitzulheilenden  Gründen  Membrandiffu- 
sion nennen  möchte.  Der  Physiologe  weifs  jetzt,  dafs  diese 
Erscheinungen  die  verbreitetsten  im  Thierkörper  und  iu 
der  Pflanze  sind  und  vorzüglich  da  ihren  Sitz  habei 
der  Anatom  Zellen  nachweist. 

Wir  besitzen  schon  manche  Untersuchung  über  diesen 
Gegenstand,   doch  sind  wir  bis  jetzt  noch  nicht  im  Stande 


gewesen. 


all* 


i  Ausdrücke  für   die  Gesetze  dieser  Er- 


scheinungen mit  Sicherheit  aufstellen  zu  können.  Besonders 
die  Versuche  von  Jolly,  Vierordt,  Ludwig  haben  einen 
gewissen  Werlh  für  uns;  durch  dieselben  lernten  wir  theils 
eine  eigen  th  um  liehe  Gestaltung  der  Membrandiffusionsbe- 
wegungen kennen,  anderenteils  gestatteten  sie  uns  einen 
Blick  in  das  physicalische  Wesen  der  Membrandiffusion. 

Den  Experimentatoren  konnte  es  nicht  entgehen,  dafs 
die  Verhältnisse  der  endosmotischen  Mischung  sich  sehr 
verschieden  gestalten,  je  nr-ch  der  Natur  und  (anatomischen) 
Structur  der  Scheidewand,  der  chemischen  Natur  der  sich 
mischenden  Stoffe,  der  Grüfse  der  Berührungsflache  beider 

PoggrndiKfP.  AqihI.  Bd.  CX. 


338 

Flüssigkeiten  (der  Scheidewand  also),  der  ConcciKratioit, 
der  Temperatur  u.  s.  w.  Das  Gesetzliche  in  diesen  Erschei- 
nungen kann  nur  durch  vergleichende  Versuche  erforscht  wer- 
den. Schon  Dutrochet  erkanuie  diefs,  doch  verdienen 
die  Resultate  seiner  vergleichenden  Untersuchung  sehr  wenig 
Zutrauen.  Juli  v  schenkte  denselben  mehr  Aufmerksam- 
keit, und  Jolly's  Irrthümer  riefen  die  Versuche  von  Lud- 
wig hervor.  Sie  berühren  hauptsächlich  die  Mengenver- 
hältnisse, in  welchen  die  sich  mischenden  Flüssigkeilen 
aneinander  vorbeigehen.  Dasselbe  gilt  auch  von  den  Ver- 
suchen Vicrordt's. 

Die  hohe  Bedeutung  der  Membrandiffusioii  erkennend, 
glaubte  auch  ich,  meine  chemische  Thätigkcit  der  Sache 
zuwenden  zu  müssen,  und  besonders  wurde  ich  durch  die 
grofse  Vernachlässigung,  die  sie  bis  jetzt  erfahren  mufste, 
dazu  bestimmt.  Anfangs  schlofs  ich  mich  den  bekannt  ge- 
wordenen Untersuchungen  and  den  dabei  in  Anwendung 
gekommenen  Metboden  an,  mufste  mich  indefs  bald  über- 
zeugen, dafs  auf  diesen  Wegen  nicht  zu  Resultaten  zu  ge- 
angen  sey,  welche  in  der  Physiologie  Anwendung  finden 
könnten.  Vor  Allem  war  es  nölhig-  sich  eine  klare  An- 
schauung von  den  physicaliscben  Vorgängen  bei  der  Mem- 
brandiffusion zu  verschaffen;  wenn  wir  hierbei  vielleicht 
such  nur  auf  einen  hypothetischen  Boden  gelangen,  wird 
es  doch  möglich  seyn  ganz  bestimmte  Fragen  zu  stellen. 

Physlcallache  Theorie. 
Wenn  wir  die  Vorgänge  bei  der  Endosmose  etwas  naher 
ins  Auge  fassen,  so  werden  wir  uns  leicht  überzeugen,  dafs 
sie  weiter  nichts  sind,  als  Mischungserscheiuuugen.  Ver- 
schliefse  ich  das  eine  Ende  einer  Röhre  mit  einer  permea- 
blen Membran  z.  ß.  einem  Stück  Harnblase,  fülle  die  Röhre 
mit  einer  Salzlösung  und  bringe  sie  in  ein  Gefäfs  mit  Was- 
ser, so  geht  das  Salz  der  Röhre  ins  Wasser  und  das  Was- 
ser des  Gefäfses  in  die  Röhre,  und  zwar  werden  diese  Be- 
wegungen so  lange  fortdauern  bis  im  Gefäfs  und  in  der 
Röhre  Salzlösungen  von  gleichem  procen tischen  Gehalte 
sind.     Ganz  dasselbe  wird  auch  stallfinden,   wenn  ich  auf 


- 


I 

: 


'■im'  Schicht  Salzlösung  eine  Schicht  Wasser  bringe;  auch 
hier  geht  das  Salz  der  untern  Schicht  in  die  obere,  und 
umgekehrt  das  Wasser  der  oberen  in  die  untere  Schicht, 
und  die  Bewegungen  hüren  auf,  wenn  die  beiden  Schichten 
gleichprocenlige  Salzlösungen  sind.  Das  Endresultat  der 
Diffusion  und  der  Endosmose  is!  dasselbe.  Es  ist  klar, 
dal's  die  Endosmose  eine  Diffusion  ist,  deren  Bewegungen 
jedoch  modificirl  Mini  durch  die  die  beiden  sich  wischenden 
Flüssigkeiten  trennende  Membran;  es  ist  weiter  aber  auch 
einleuchtend,  dafs  die  Ursache,  welche  die  Bewegungen  bei 
der  Diffusion  hervorruft,  auch  bei  der  Mcnibrandiffusiou 
thätig  ist,  und  wie  die  Bewegungen  bei  der  erstcren 
gestalten,  wollen  wir  zunächst  untersuchen. 
Diffusion. 
Gleichwie  die  Gase,  so  haben  auch  die  meisten  flüssigen 
Stoffe  das  Bestreben  sich  gleichmäfsig  zu  mischen;  wir  nen- 
nen diesen  Vorgang  -Diffusion".  Um  sich  mischen  zu 
können,  müssen  die  Stoffe  einen  gewissen  Grad  von  che- 
mischer Anziehung  besitzen.  Ocl  mischt  sich  z.  B.  nicht 
mit  Wasser.  Die  Affinität  veraulafst  nicht  blofs  Verbin- 
dungen in  bestimmten  Zahlenverhültuisscn,  sondern  auch  in 
sonst  beliebigen  Zahlenverhältuissen,  in  welchen  letzteren 
aber  keine  neue  chemische  Körper  erzeugt  werden,  wie 
diefs  bei  den  ersteren  der  Fall  ist.  Zu  den  letztgenannten 
Verbindungen  gehören  die  Salzlösungen ,  Säurelös  un^en 
lt.  s.  w,  Speciellcres  hierüber  findet  man  in  Liebig's 
»Untersuch,  über  einige  Ursachen  der  Säftebewegung«  und 
in  Fick's  Aufsatz  "Ueber  Diffusion»  ').  In  einer  Salzlö- 
sung sind  die  Salzinolecülc  gleichmäßig  vcrlheilt:  es  inufs 
das  Salzmolecül  nach  allen  Seilen  glcichuiüfsig  von  Wasser- 
inoledilcn  umgeben  seyn,  die  dasselbe  auch  nach  allen  Sei- 
ten hin  gleichmäfsig  anziehen:  denn  es  würde  ohne  diese 
gleich mäfsige  Anziehung  wegen  seines  gröfseren  speeifischen 
Gewichtes  sich  im  Wasser  senken  müssen.  In  einer  Lö- 
sung, tue  mehr  Salz  als  Wasser  enthält,  wird  ein  Wasser- 
molecül  gleichmäfsig  von  Salzmolecül  eo  umgeben  und 
1)  Di*«  \an*\.  Bd.  94,  5.59. 


H 

n 

- 

u 


gezogen  scvn,  wodurch  dann  das  spccifiscli  leichtere  Was- 
sermolccül  am  Aufsteigen  verhindert  wird.  In  einer  Lösung 
von  10  Volumproc.  ist  I  Salzuiolecül  von  9  Wassermol  ecülen 
umgeben;  in  einer  Lösung  von  5(1  Volumproc.  hält  1  Salz- 
mol.  1  Wassennol.  angezogen,  uud  in  einer  Losung  von 
90  Volumproc.  9  Salzmol.    I  "Wassennolecül. 

Komineu  Salzlösung  und  Wasser,  wenu  sie  schichten- 
weise   übercinandergebracht    sind,  mit   einander  iu  Wech- 

g    ■   »   •    o       selwirkung,  so   tritt   ein   ungleicher  Zu- 

'       stand  der  Anziehung  ein,  wie  diefs  iu  der 

k    ,.,,,..    ..        nebenstehenden   Figur  anschaulich    wird. 

°    °    °    °    "        In  derselben   stehen  25  Mol.  Salzlosung 
"  n    o    o    „    0       mit  25  Mol.  Wasser  in  Berührung.    l>ie 
...........       Salzlösung  enthält  iu  25  Mol.  1  Mol.  Salz 

J5  Ö  o  *  l  l  l,I,d  24  Mol,  Wasser.  Das  Salzuiolecül 
«  =  Sa1t-,  n  =  Wm-    wird  nach  der  Seite  des  Wassers  stärker 

lermulecüle.  angezogen    und    setzt    sich    nach    diesem 

hin  in  Bewegung,  wodurch  aber  alle  Molecüle  in  Bewegung 
gerathen  müssen;  denn  wenn  das  Gleichgewicht  wieder  her- 
gestellt ist,  wird  das  Salzuiolecül  von  19  Wnssermolecülcu 
umgeben  seyn;  kurz  es  tritt  eine  vollständige  Umlagerung 
der  Molecüle  ein.  Wir  wollen  uns  eine  Schicht  4-pro- 
centiger  Salzlösung  mit  einer  Schicht  Wasser  in  Berührung 
denken:  Die  der  Wasserschicht  zunächst  liegenden  Salzmo- 
lecülc  werden  sich  zu  dem  Wasser  hinbewegeu,  in  die  Was- 
serschicht übertreten;  hierdurch  treten  die  den  ersten  Salz- 
mole cülen  zunächslliegendcn  Salzinolecüle  in  einen  unglei- 
chen Zustand  der  Anziehung  und  auch  diese  werden  eine 
Bewegung  nach  der  Wasserschicht  hin  beginnen  u.  s.  w,; 
es  tritt  auf  diese  Weise  eine  continuirliche  Bewegung  ein, 
nämlich  der  Salzinolecüle  zur  Wasserschicht  und  der  Was- 
sermolecüle  zur  Salzlösungsschicht.  Je  grüTscr  die  chemi- 
sche Anziehung  zwischen  dem  gelösten  Stoffe  und  dem 
Wasser  ist,  um  so  schneller  bewegen  sich  die  Molecüle, 
wenn  z.  B.  die  Säure  a  eine  gröfsere  Verwandtschaft  zum 
Wasser  hat  als  das  Salz  b,  so  bewegen  sich  die  Molecüle 
von  a  schneller  zum  Wasser,  und  umgekehrt  die  Wasser- 


341 


1 

lern  Salze  b. 


molecüle  schneller  zur  Säurelüsung,  als  bei  dem  ' 
Um  die  Verhältnisse  bei  der  Diffusion  genauer  zu  sludiren, 
benutzte  ich  den  Apparat  Fig.  11  Taf.  I.  .1  ist  eine  Rubre, 
welche  aus  einem  unteren  weiten  und  oberen  eugeren  Theile 
besteht,  welche  oben  so  abgeschliffen  ist,  dafs  inau  sie  mit 
einem  Finger  luftdicht  schliefscu  kann,  und  unten  in  eine 
sehr  feiue  Spitze  (pipelteuartig)  ausgezogen  ist.  In  ihr  be- 
findet sich  die  specilisch  leichtere  Flüssigkeit  z.  B.  das  Was- 
ser; in  dem  Cylinder  B  die  schwerere,  z.  B,  Salzlösung. 
Uin  z.  B.  die  Bewegung  der  Saureinolecüle  aus  der  Säure- 
lösung  ins  Wasser  zu  beobachten,  fülle  ich  zum  Theil  den 
Cylinder  mit  Oxalsäurclösung;  in  die  Bohre  A  bringe  ich 
durch  Aufsaugen  ein  mit  Lakmustiuctur  blaugefärbtes  Was- 
ser und  zwar  bis  zur  Marke  <t,  hierauf  verschliefse  ich  die 
obere  Oeffnung  und  senke  die  Bohre  langsam  in  die  Säure- 
losung des  Cylinders.  Ist  die  Spitze  auf  dein  Boden  des 
Cylinders  angekommen,  nehme  ich  den  Finger  weg,  und 
nach  hydrostatischen  Gesetzen  bewegt  sich  die  Säurelüsung 
in  die  Röhre  und  hebt  das  Wasser  bis  Gleichgewicht  ein- 
getreten ist,  wenn  das  Niveau  aufserhalb  der  Röhre  höher 
steht  wie  innerhalb  derselben.  Das  Eindringen  geschieht 
so  langsam,  dafs  die  beiden  Flüssigkeiten  in  ungestörten 
Flächen  sich  berühren  und  von  diesen  aus  sich  mischen. 
Zuerst  sieht  mau  einen  äufserst  dünnen  rothen  Streifen,  der 
allmählich  an  Dicke  zunimmt.  Wenn  Anfangs  das  Wasser 
bis  zur  Marke  a  stand,  so  ist  es  bald  bis  a  gehoben,  und 
die  Säure  ist  bis  c  eingedrungen;  die  Säurelüsung  steht 
dann  bis  ß  im  Cylinder.  Wie  man  leicht  einsieht,  mufs 
bei  derartigen  Versuchen  soviel  Flüssigkeit  in  dem  Cylinder 
seyn,  dafs  das  Wasser  in  der  Nähe  bis  c  gehoben  wird. 

Um  vergleichende  Versuche  anzustellen,  mufs  die  Röhre 
immer  bis  zur  Marke  a  angefüllt  seyn,  und  der  Cylinder 
stets  gleiche  Mengen  der  Lösung  enthalten.  In  allen  Ver- 
suchen stehen  gleiche  Flachen  in  Berührung.  Um  die  in 
das  Wasser  aufgesliegcne  Menge  Sali  oder  Säure  quanti- 
tativ zu  bestimmen,  nahm  ich  die  Röhre,  mit  dem  Finger 
oben  verschlossen,  nach  Verlaut  einer  gewissen  Zeit  heraus, 


342 

spritzte  die  an  der  Röhre  äufserlich  anhängende  Versuchs- 
flüssigkeil ab,  liefs  darauf  die  Flüssigkeit  in  der  Röhre 
durch  geringes  Lüften  des  Fingers  bis  auf  a  abtropfen  und 
brachte  darauf  den  weiteren  Inhalt  der  Röhre  in  ein  Gc- 
fäfs  zur  Analyse.  Den  Versuch  mufs  mau  überhaupt  aufhe- 
ben, elic  die  Mischung  die  Röhre  selbst  verläfst;  sie  darf 
nie  weiter  als  bis  d  vordringen,  was  dann  auch  nach  unten 
d  entspricht.  Um  diefs  coutroüren  zu  können,  verwendete 
ich  immer  ein  schwach  blaugefärbtes  Wasser  bei  Säuren. 
Die  in  gleicher  Zeit,  bei  gleicher  Temperatur,  aus  gleich- 
procentigen  Lösungen  in  die  Wasserschicht  üb  ei  getretenen 
Mengen  (oder  Volumen)  Salz  oder  Saure  sind  ein  Ausdruck 
für  die  Gröfse  der  Anziehung  dieser  Stoffe  zum  Wasser. 
So  fand  ich,  dafs  in  vier  Stunden  und  unter  den  genannten 
Bedingungen  ein  gröfseres  Volum  Schwefelsäure  zum  Was- 
ser giug  als  Weinsteinsäure,  und  ein  gröfseres  Volum  von 
dieser  als  von  schwefelsaurem,  kohlensaurem  Kali,  schwe- 
felsaurem Ammoniak  o.  s.  w.  Dafs  die  Anziehung  der 
Säuren  zum  Wasser  gröfser  ist  als  die  der  Salze  zum  Was- 
ser, ist  übrigens  ja  auch  schon  aus  der  Chemie  bekannt. 
Weiter  fand  ich,  dafs  die  zum  Wasser  übergetretene  Menge 
proportional  der  Concentration  der  Lösung  war,  wofür  die 
Erklärung  auf  der  Hand  liegt.  TJeberbaupt  dürfte  der  be- 
schriebene Apparat  zum  Studium  der  Diffusion  sehr  geeig- 
net seyn,  wenigstens  geeigneter  wie  die  von  Fick  und 
Simmlcr  und  Wild  in  diesen  Annaleu  Bd.  94,  S.  59  und 
Bd.  100,  S.  217  empfohlenen. 

Fick  (a.  a.  O.)  glaubt,  dafs  die  Verbreitung  eines  ge- 
lösten Körpers  im  Lösungsmittel  nach  demselben  Gesetze 
vor  sich  gehe,  welches  Fourier  für  die  Verbreitung  der 
Wärme  in  einem  Leiter  aufgestellt  bat.  Ich  möchte  diefs 
doch  so  unbedingt  nicht  annehmen. 


Membrandiffusioö. 
Auch  dann  noch   mischen  sich  Flüssigkeiten   mit  einan- 
der, wenn  sie  durch  eine  permeable  Scheidewand  von  ein- 


343 


'  en  dosin  o  tische  Mischung,  Membrau- 
ich  mischenden  Flüssigkeiten  stehen 


ander  getrennt  sind  - 
dilfusion.    Die  beidei 

durch  die  Poren  der  Scheidewand  niit  einander  in  Berüh- 
rung und  sind  so  dein  chemischen  Einflüsse  unterworfen, 
welchen  sie  auf  einander  ausüben.  Bedenkt  man,  dafs  die 
Anziehung  zwischen  der  Salzlösung  auf  der  einen  Seite  der 
Scheidewand  zu  dem  Wasser  auf  der  andern  Seite  die- 
selbe ist,  wie  die  Anziehung  zwischen  Wasser  und  Salzlö- 
sung, so  dürfte  mau  vcriuulhen,  dafs  die  e u dosin o tische  Mi- 
schung eine  gleichend  feige  sey,  d.  h.  dafs  nicht  mehr  Was- 
ser zur  Salzlösung  ginge  als  Salzlösung  zum  Wasser,  dafs 
also  die  ßaumverhältnisse  unverändert  blieben.  Dem  ist 
jedoch  in  Wirklichkeit  nicht  so,  wie  bekannte  Thalsachcn 
gelehrt  haben;  gewöhnlich  gehl  mehr  Wasser  zur  Salzlö- 
sung als  Salz  zum  Wasser,  die  Salzlösung  nimmt  an  Vo- 
lum zu.  Was  ist  nun  die  Ursache  dieser  Störung?  Sind 
fast  alle  Forscher  über  den  einen  Factor  einig,  daTs  er 
nämlich  eine  chemische  Anziehung  sey,  so  sind  sie  aber 
gerade  über  den  andern,  welcher  eben  jene  Störung  her- 
vorruft, gcthcillcr  Meinung.  Es  kann  meine  Aufgabe  nicht 
seyn,  diese  Ansichten  naher  zu  besprechen,  sondern  ich  inufs 
inirli  auf  jene  beschranken,  welcher  ich  bei  meinen  Arbeite» 
gefolgt  bin,  und  die  ich  weiter  auszuführen  versucht  habe. 
Nach  Liebig  soll  die  Ursache  der  Störung  eine  grö- 
fserc  Anziehung  der  l'orenwandung  zum  Wasser  als  zu  den 
Salzen,  Sauren  u.  6.  w.  seyn.  Er  weist  a.  a.  O.  darauf 
hin,  dafs  die  Flächenanzichung  je  nach  der  Natur  des  an- 
gezogen-werdendeu  Stoffes  eine  verschiedene  Wirkung  her- 
vorbringe, einmal  stärker,  ein  andermal  schwächer  sey.  Die 
Capillaratlraction  giebt  uus  ciu  Mittel  au  die  Hand,  den 
Grad  der  Anziehung  fesler  Körper  gegen  Flüssigkeiten  zu 
messen.  Die  Versuche  mit  Haarröhrchen  haben  gezeigt, 
dafs  Alkohol,  Terpentinöl,  Säuren,  Salzlösungen  u.  b.  w, 
nicht  so  hoch  gehobeu  werden,  wie  Wasser,  offenbar  weil 
die  Anziehung  des  Glases  zum  Wasser  grülser  ist  als  zu 
den  anderen  Stoffen.  Die  Zeit,  in  welcher  Alkohol  und 
Wrasser  ihren  Höhepunkt  erreichen,  ist  gleich,  obgleich  die 


344 

Höhe  der  Wassersäule  doch  eine  bei  weitem  gröfscre  ist, 
wie  die  des  Alkohols;  eine  concentrhie  Schwefelsäure-  ge- 
braucht fast  die  doppelte  Zeit  des  Wassers  zu  ihrer  nur 
geringen  Erhebung.  Wir  sehen,  dafs  sich  der  eine  Stoff 
langsamer  bewegt  als  der  andere,  Wasser  schneller  als 
Alkohol.  Poiseuille  trieb  vermittelst  Druck  Flüssigkei- 
ten durch  Haarröhrchen  und  fand,  dafs  die  Schnelligkeit 
der  Bewegung  abhängig  ist  von  der  chemischen  Natur  der 
Flüssigkeit.  Wenn  er  auf  den  Inhalt  eines  GefäTses,  wel- 
ches mit  einem  Capillarrobrcheu  in  Verbindung  stand,  einen 
Druck  wirken  liefs,  so  dafs  die  Flüssigkeit  durch  das  Ca- 
pillarrobrcheu ausflofs,  uud  er  die  ausfliefseude  Menge  be- 
stimmte bei  gleichem  Druck,  gleicher  Zeit  und  gleicher 
Länge  und  gleicher  Weile  des  Capillarröhrchcus,  so  war 
die  Aus tlufsm enge  verschieden  für  reines  Wasser,  für  ver- 
schiedene Salzlösungen  u.  s.  w.  —  eine  Thatsaehe,  weiche 
■ich  nur  durch  eine  verschieden  starke  Anziehung  der  Röh- 
renwand zu  den  Flüssigkeiten  und  die  dadurch  hervorge- 
rufene langsamere  oder  schnellere  Bewegung  erklären  Ufot 
(S.  diese  Ann.  Bd.  99,  S.  337  Schmidt:  -Versuche  Über 
Filtrationsgeschwindigkeit  u.  s.  w.-) 

Es  ist  eine  gangbare  Vorstellung,  die  permeablen  Mem- 
branen als  ein  System  von  Capillarröbrcben  zu  betrachten. 
A eh nliche  Erscheinungen  wie  Poiseuille  bei  Haaröhrchen, 
fandeu  Liebig,  Ludwig  und  Schmidt  bei  thierischen 
Häuten.  Besonders  des  Letzteren  Arbeiten  sind  von  gro- 
sser Wichtigkeit.  Schmidt  preiste  durch  Druck  Flüssig- 
keiten durch  eine  thierische  Membran,  uud  auch  hier  war 
die  durchgeprefste  (durchfiltrirte)  Menge  bei  gleichem  Druck, 
gleicher  Zeit,  gleicher  Temperatur  und  derselben  Membran, 
verschieden  je  nach  der  chemischen  Natur  der  Flüssigkeit; 
bei  reinem  Wasser  war  die  Filtrationsgeschwindigkeit  grober 
als  bei  Salzlösungen  und  bei  diesen  unter  sieb  verschieden. 
(Schmidt  a.  a.  O.)  Die  Bewegung  durch  die  Meinbrau  hat 
zwei  Ursachen:  den  Druck  und  die  Anziehung  der  durch- 
gehenden Flüssigkeit  zur  Porenwandung;  es  ist  leicht  ein- 
zusehen, dafs  die  geringere  Anziehung   des  Salzes  zur  Po- 


345 

renwand   eine   langsamere  Bewegung   der   Salzlösung  zur 
Folge  hat  als  die  gröbere  Anziehung  des  Wassers. 

Bei  der  Membrandiffusion  tritt  an  die  Stelle  des  Druckes 
die  chemische  Anziehung.  Auf  den  beiden  Seiten  der  Scheide- 
wand befinden  sich  Flüssigkeiten,  die  chemisch  verschieden 
sind  Ist  auf  der  einen  Seite  der  Scheidewand  eiue  Salz- 
lösung, auf  der  andern  Wasser,  so  zieht  das  Salz  auf  der 
einen  Seite  das  Wasser  auf  der  andern  an,  und  so  auch 
umgekehrt  wirkt  das  Wasser  anziehend  auf  das  Salz:  beide 
haben  das  Bestreben  sich  gegenseitig  zu  mischen.  Von  der 
einen  Seite  kommen  die  Salzmolecüle,  von  der  andern  die 
Wassermolecüle,  welche  sich  in  der  Pore  mischen.  Auf  der 
Seite  des  Wassers  werden  die  Salzmolecüle  aus  der  Pore 
fortgeführt,  es  müssen  neue  Salzmolecüle  nachrücken;  ebenso 
auf  der  Seite  der  Salzlösung  Wassermolecüle.  Ist  die  An- 
siehung der  Porenwandung  zu  den  Wassermolecülen  und 
den  Salzmolecülen  gleich,  so  werden  sich  beide  mit  glei- 
cher Geschwindigkeit  bewegen  und  die  Membrandiffusion 
ist  weiter  nicht  von  der  Diffusion  verschieden.  Solche  Fälle 
werden  wir  später  kennen  lernen.  Ist  die  Anziehung  der 
Porenwand  zum  Wasser  aber  gröfser  als  die  zum  Salze,  so 
werden  die  nachrückenden  Salzmolecüle,  ähnlich  wie  die 
Salzlösung  in  der  Capillarröhre,  sich  langsamer  bewegen  als 
die  von  der  andern  Seite  kommenden,  mehrangezogenen 
Wassermolecüle.  Aus  diesen  verschieden  starken  Bewegun- 
gen resultirt  eine  Volumzunahme  der  Salzlösung.  Es  be- 
wegen sich  also  Salz-  und  Wassermolecüle  in  entgegenge- 
setzten Richtungen  an  einander  vorbei,  gerade  so  wie  bei 
der  einfachen  Diffusion.  Es  findet  also  zunächst  eine  Mi- 
schung in  den  Poren  statt,  wobei  die  Bewegungen  der  sich 
mischenden  Stoffe  verschieden  sind;  haben  die  Molecüle  die 

Poren  verlassen,  so  geht  die  Mischung  ohne  weitere  Stö- 
rung vor  sich. 

Durch  diese  Theorie  lassen  sich  fast  alle  Erscheinungen 
erklären,  die  wir  später  werden  kennen  lernen,  und  be- 
reits bekannt  sind. 


Die  permeablen  Membranen. 
Die  meisten  permeablea  Stoffe  könnten  zu  endosmoli- 
■iFu'ii  Untersuchungen  benutzt  werden,  iudels  bat  man  bis- 
jelzt  den  tlicriscbeu  Hauten  den  Vorzug  gegebeu.  Bei  ein- 
zelslehcnden  Untersuchungen  wogen  diese  zulässig  seyn, 
bei  vergleichenden  Untersuchungen  sind  sie  zu  verwerfen, 
weil  sie  211  sehr  der  Veränderung  unterworfen  sind.  Nicht 
allein  dafs  sie,  wie  alle  Iciuigebcndcn  Gewebe,  leicht,  der 
Fnulnifs  unterworfen  sind  und  dadurch  eine  grüfsere,  auf 
Wochen  sich  ausdehnende  Versuchsreihe  nicht  gestatten, 
haben  auch  die  Versuchsfliissigkciten  einen  Ein  flu  fs  auf 
sie.  Ludwig,  Jolly  und  Schmidt  fanden,  dafs  Was- 
ser und  Salzlösungen  vcrbrennlicbc  Substanzen  aus  den 
thierischen  Membranen  auszogen.  Schmidt  z.  B.  faud 
(a.a.O.),  wenn  er  reines  Wasser  durch  solche  Membranen 
vermittelst  Druck  fillrirtc,  dafs  das  Filtrat  ein  giüfseres 
speeifisches  Gewicht  durch  Aufnahme  von  Substanzen  aus 
der  Membran  batte,  die  durch  Alkohol  und  Kochen  als 
flockige  Massen  abgeschieden  wurden.  Geeigneter  würden 
die  pflanzlichen  Häute  sejn,  die  gewifs  unveränderlich  sind 
und  dem  Einflüsse  des  Wassers  und  der  meisten  Versuch* 
Flüssigkeiten  widerstehen.  Die  Häutchen  von  Bohnenhül- 
sen, Kautschuckplatten,  die  innere  Haut  der  Hülse  von 
Colutea,  das  Blatt  der  Caulerpa  prolifera  (einer  einzeiligen 
Alge),  diese  Stoffe  sind  schon  versucht  worden,  haben  aber 
das  Mifsliche,  dafs  sie  gar  zu  leicht  reihen,  und  in  gröbe- 
rer Flächenausdehnung  nicht  zu  finden  sind.  Mit  den  Häu- 
ten, welche  sieb  aus  Collodjum  bilden,  beim  Verdampfen 
des  Aethers  und  Alkohols,  habe  ich  ausgezeichnete  Erfolge 
gehabt  und  habe  sie  bei  allen  Versuchen,  die  später  initge- 
thcilt  werden,  in  Anwendung  gebracht.  Sie  besitzen  eine 
ausgezeichnete  Permeabilität,  besonders  wenn  sie  vor  dem 
völligen  Verdampfen  des  Aethers  unter  Wasser  gebracht 
werden;  sie  erleiden  durch  Wasser,  die  meisten  Salze,  ver- 
dünnte Säuren,  bei  gewöhnlicher  Temperatur  keine  Verän- 
derungen und  sind  in  beliebige  Form  zu  bringen.  Uebrt- 
gens  wird  der  Zweck  der  Arbeit  oft  auch  über  das  Mate- 


al  der  Scheidewand  entscheiden,  und  wenn  ich  hier  mit 
icile,  dafs  meine  Arbeiten  besonders  im  Interesse  der 
flanzenphjsiologie  gemacht  wurden,  so  wird  es  erklärlich 
■\n,  dafs  ich  zu  plläuzlicheu  Stoff  griff.  Wie  die  che- 
ische  Natur  der  Scheidewände  verschieden  auf  die  durch- 
ehenden  Flüssigkeiten  wirkt,  wissen  wir  aus  den  Versuchen 
■  scher's  mit  Knutschukblällchen,  und  aus  Schachl's 
Ar  interessanten  Versuchen  mit  dem  Blatte  von  Caulerpa 
rolifera,  mit  Goldschlägeiliäutchen  und  Schweinebiase  (s. 
chacht,  Annt.  und  Vhys.  der  Gewächse  S.  3G2).  Hin- 
chtlich  der  Wirkung  des  Alkohols  uud  Wassers  gegen 
iciue  Membran,  stimmt  sie  mit  dein  Häulchcn  von  Boh- 
cnhülscn  uud  dein  Caulerpa -Blatte  übercin;  ebenfalls  mit 
ein  erstgenannten  in  der  Wirkung  gegen  Chlorcalciiun 
nd  Wasser  (das  Caulerpa -Blatt  wurde  in  dieser  Hinsicht 
iclit  untersucht).  Die  von  mir  in  Anwendung  gebrachte 
leinbran  besteht  aus  Nitrocellulose,  welche  in  ihrer  che- 
lischen  Constitution  von  reiner  Cellulose  nur  durch  Sub- 
tittilion  -von  3H  durch  3NO«  abweicht;  es  steht  zu  er- 
rarten,  dafs  beide  in  ihren  eudosmolischcn  Wirkungen, 
iahe  verwandt  sind,  wenn  nicht  ganz  übercinslimnien.  Meine 
Versuche  über  Uuixii^Aiiifsfäliigkeit  mit  der  Nitrocellulose- 
lembran  haben  eine  auffallende  Uebereinsliinmung  mit  den 
le  Saussurc'sciten  Versuchen  mit  der  lebenden  I'Uaiize, 
vas  nur  zu  Gunsten  der  Uebereinstimmung  beider  iu  ihren 
ndosmotiseben  Wirkungen  sprechen  kann.  (  S.  B  o  u  s  - 
iugault  -die  Landwirtschaft«  übersetzt  von  Grägcr 
id.  1). 

leb  gab  der  Scheidewand  meines  Apparates  Ruhrenform, 
im  bei  kleinstem  Raum  die  grüfste  Fläche  zu  haben.  Die 
»arstclliuigsweise  dieser  Rühren,  so  wie  des  Apparates  will 
eh  hier  kurz  besprechen.  Einen  Rcagircylindcr  von  etwa 
)0  Millimeter  Länge  und  17  bis  18  Millimeter  Durchmesser 
iille  ich  mit  Coliodiuui  an,  giefse  dasselbe  aber  sogleich 
wieder  aus,  wobei  au  den  Wänden  immer  etwas  haften 
)Ieibt;  nachdem  ich  noch  einige  Zeil  habe  abtropfen  lassen, 
iichc  ich  durch  die  verschiedensten  Drehungen  des  t  ■<.  I  in  - 


348 

ders  Jas  Zurückgebliebene  über  die  innere  Wand  glei 
uiafsig  zn  verlheilen,  was  ich  so  lauge  fortsetze  bis  das  C 
lodiuin  eiuigermafsen  abgetrocknet  ist;  hierauf  stelle  ich  c 
Cylinder  zum  weiteren  Verdunsten  des  Aethers  bin.  Dil 
Operation  wiederhole  ich  je  nach  der  Concentration  i 
Cullodiums  und  der  gewünschten  Wanddickc  der  Membr; 
rühre:  oft  reicht  schon  eine  einmalige  Füllung  hin.  1 
Wiederholung  darf  dann  erst  geschehen,  wenn  die  Röl 
eine  milchigle  Trübung  angenommen  hat.  Ist  der  Aelt 
soweit  verdunstet,  dafs  das  CuIIodium  eine  zähe  Haut  1 
det,  die  röhrenförmig  der  itincrn  Wand  des  Cylinder«  ; 
liegt,  so  stecke  ich  eine  Glasröhre,  die  so  eben  in  die  C 
lodiumrühre  pafst,  ungefähr  5  Mi] lim.  weit  in  diese  hinc 
lose  sie  von  dem  Rande  des  Crliuders  ab.  Nach  einif 
Zeit  hat  sicli  die  Collodiumröhre  so  fest  au  die  Glas  röl 
angelegt,  dafs  crslere  sich  bei  einigen  Drehungen  und  { 
lindem  Ziehen  an  der  Glasröhre  aus  dem  Cylinder  herai 
ziehen  Iäfst.  Sanftes  Hioeinblaseu  entfernt  die  entstand 
nen  Falten.  Das  Ende  der  Collodiumröhre,  welches  i 
die  Glasröhre  liegt,  bestreiche  ich  noch  mit  etwas  Coli 
ilium,  um  allenfallsige  Zwischenräume  zu  verkleben.  Ni 
wird  die  Collodiumrobre  mit  destillirtcm  Wasser  angefu 
und  in  einen  Cylinder  mit  Wasser  hineingehängt,  w 
bleibt  so  mehrere  Tage  unter  öfterer  Erneuerung  des  Wi 
sers  in  Cylinder  und  Röhre  an  einem  mäfsig  warmen  Oi 
(25°  —  35")  sieben.  Durch  das  Aufbewahren  in  Wasi 
werden  die  letzten  Anlheile  Aether  und  Alkohol  ausga 
gen,  wenigstens  nimmt  man  nicht  den  geringsten  Gera 
nacb  diesen  Stoffen  mehr  wahr.  Die  Glasröhre  bat  eil 
Cubikcentimeter- Scale  mit Zehnteluntcrtbeilung  (ähnlich« 
bei  Büretten),  und  kann  10  CC.  grofs  seyn.  Der  Nullpua 
der  Scale  schneidet  mit  dem  untern  Rande  der  Glasras 
ab  Die  Glasröhre  steckt  leicht  verschiebbar  in  etat 
Korke,  welcher  so  auf  einem  Cylinder  (von  40  —  80  D 
Inhalt)  ruht,  dafs  die  Membranröhre  sich  in  dem  Cylioi 
befindet  und  höher  oder  liefer  gestellt  werden  kann.  B 
einiger  Uebung  kann  man  es  leicht  dabin  bringen,  Ma 


349 

brmnröhren  von  beliebigem  Inhalte  anzufertigen;  so  faCsten 
die  meisten  bei  meinen  Versuchen  etwa  10  CC.  Siehe  den 
Apparat  auf  Tau  I.  Fig.  12  a  Cylinder,  b  Kork,  worin 
die  Röhre  ec  steckt;  a)  das  Membranstück  ß  das  Glasstück 
der  Röhre. 

Ausführung  der  Versuche. 

In  die  Röhre  wurde  in  der  Regel  die  specifisch  schwe- 
rere Flüssigkeit  gebracht  z.  B.  Salzlösung ,  in  den  Cylinder 
die  leichtere,  z.  B,  Wasser;  bei  Versuchen  mit  Eiweifs,  be- 
fand sich  dieses  in  der  Röhre,  Wasser  oder  Salzlösung  im 
Cylinder.  Bei  den  meisten  Versuchen  waren  in  dem  Cylin- 
der 60  CC,  in  der  Röhre  10  CC,  d.  h.  in  dem  Membran- 
stück  der  Röhre,  wobei  dieses  gerade  angefüllt  ist.  Die 
Temperatur  suchte  ich  dadurch  auf  gleicher  Höhe  zu  erhal- 
len ,  dafs  ich  den  Cylinder  in  ein  gröfseres  Becherglas,  mit 
Wasser  gefüllt,  setzte,  und  in  diesem  die  Temperatur  auf 
dem  bestimmten  Grade  hielt.  Die  Temperaturangaben  in 
dieser  Abhandlung  beziehen  sich  auf  das  Wasser  im  Be- 
cberglase.  Nachdem  der  gefüllte  Cj  linder  10  Min.  lang  in 
dem  Becherglase  gestanden  hat,  um  die  Temperatur  in  bei- 
den auszugleichen,  wird  die  Röhre  mit  einer  Pipette  ge- 
füllt, so  dafs  an  den  Wänden  der  Glasröhren  keine  Flüs- 
ngkeit  haften  bleibt  und  sich  keine  Bläschen  bilden,  die 
Röhre  darauf  gleich  in  den  Cylinder  gebracht  und  die  Zeit 
aotirt.  Bei  Anfang  des  Versuchs  mufs  das  Niveau  aufeer- 
balb  und  innerhalb  der  Röhre  gleich  hoch  stehen;  erhebt 
rieh  im  Verlaufe  des  Versuchs  das  Niveau  in  der  Röhre, 
10  wird  diese  bis  zum  gleichem  Niveau  in  dem  Cylinder 
wieder  hinabgedrückt,  im  entgegengesetzten  Falle  herausge- 
EOgen.  Bei  Beendigung  des  Versuchs  lese  ich  den  Stand 
der  Flüssigkeit  in  der  Röhre  an  der  CC- Scale  ab,  giefse 
den  Inhalt  der  Röhre  in  ein  Becherglas  oder  sonstiges 
Gef&fs,  spüle  die  Röhre  mehrmals  nach  und  verwende  die- 
len (den  Inhalt  der  Röhre  nebst  dem  Nachgespülten)  zur 
Analyse.  Ich  kenne  den  Inhalt  der  Röhre  vor  demNct- 
mch,  die  Volamzanahme  bei  Beendigung  des  Vei«a&Ä,wVA> 


350 

bestimmt,  und  das,  was  die  Ritlire  an  Salz  u.  dergl.  ver- 
loren hat,  finde  ich  durch  Analyse  und  weifs  dann,  wie- 
viel in  das  Wasser  des  Cylindcrs  übergetreten  ist.  Wäh- 
rend des  Versuchs  rührte  ich  die  Flüssigkeit  in  dem  Cy. 
linder  von  Zeit  zu  Zeit  mit  der  Rühre  um,  wodurch  ich  di* 
austretenden  Salztheilchen  gleichmütiger  in  dem  Wasser 
verthcilen  wollte;  es  ist  dieses  Verfahren  jedoch  un  zweck - 
mälsig,  scheint  übrigens  auch  nicht  von  wesentlichem  Be- 
lang zu  seyn,  wie  die  folgenden  Versuche  zeigen,  die  zu- 
gleich mich  als  ein  ausführliches  Beispiel  dieuen  mögen. 

In  der  Röhre  10CC.  einer  Oxalsäurelösung  von  6,3  Pror 
(C,H04  +  2HO)  (Iu  100  CC.  Lösung  6,3  Grm.  Ö);  \m 
Cylinder  60CC.  destillirfes  Wasser;  Versuchsdancr  1  Stunde; 
Temperatur  20°  C. 

1.      Mit  tWihrfü. 

IndcrRührc      ....     10    CC.  Lösung  mit  0,6300  Gr.  Ö 
nach  1  Stunde  12,2  CC.       «        ■    0,2180 


Uebergetreteu  aus  der  Röhre  in  den  Cylinder  0,4120  »  " 
Volumzuuahme  in  der  Röhre  2,2  CC. 

2.     Ohne  Ümriiliren. 

In  der  Röhre  ....  10,0  CC.  Lösung  mit  0,6300  Gr.Ö 
»  ■  ■  nach  1  Stunde  12,3  CC.  -  ■  0,2148  -  - 
Uebergetreteu  aus  der  Röhre  in  den  Cylinder  (1,4152  «  ■ 
Volumzuuahme  2,3  CC. 

Eine  Differenz  von  0,003  Gr.,  die  nicht  außerhalb  der 
Grunzen  der  unvermeidlichen  Fehler  liegt.  Dafs  die  Ver- 
suche mit  meinem  Apparate  eine  sehr  grufse  quantitative  Ge- 
nauigkeit gestatten,  ersieht  man  aus  dem  eben  mi  Ige  (heilten 
Versuche. 

Die  Bedingungen  der  vergleichenden  Versuche.  Ver- 
gleichende Untersuchungen  müssen  stets  unter  gleichen  Be- 
dingungen angestellt  werden,  und  hinsichtlich  der  eudosrao- 
tischen  vergleichenden  Versuche  rechne  ich  zu  den  Bcdiu- 
gungen:  J)  dieselbe  Membvaü,  1>\}»\tvtoÄM\vVVftWd«6el- 


351 

ben,  3)  gleiche  Mengen,  4)  gleiche  Versuchsdauer,  5)  glei- 
che Temperatur  und  6)  Aufgehobenseyn  des  hydrostatischen 
Druckes. 

Ad  1.  Weil  man  wohl  selten  zwei  Membranen  von  glei- 
cher Permeabilität  finden  wird,  so  ist  man  gezwungen  zu 
Einer  Versuchsreihe  eine  und  dieselbe  Membran  zu  ver- 
wenden. 

Ad  2.  Die  Veränderungen,  welche  bei  einer  Membran 
eintreten  können,  sind:  Veränderung  der  chemischen  Natur 
der  Substanz,  Ablagerung  von  Stoffen  in  die  Poren  der 
Membran,  und,  besonders  bei  meinen  Membranröhrchen, 
Veränderung  des  Volums  der  Röhre  durch  Zusammenzie- 
hung derselben.  Was  die  zweite  Möglichkeit  betrifft,  so 
kann  man  derselben  vorbeugen,  wenn  man  aus  einer  Ver- 
suchsreihe alle  Stoffe  entfernt  hält,  welche  Niederschläge 
bilden  z.  B.  Kalksalze  und  Oxalsäure;  auch  Firnifs  setzt 
sich  in  den  Poren  ab.  Die  chemische  Natur  des  Collo- 
diummembran  ist  völlig  unveränderlich  bei  den  meisten  Ver- 
suchsflüssigkeiten; die  chemisch  verändernden  Stoffe  kennt 
man  aus  der  Chemie  und  hält  diese  fern.  Mehr  schon 
dürfte  die  fragliche  Membran  der  letzten  Veränderung  un- 
terworfen seyn,  nämlich  durch  Eintrocknen;  ist  dieselbe 
jedoch  auf  die  oben  beschriebene  Weise  dargestellt  und 
wird  sie  stets  unter  Wasser  aufbewahrt,  so  dafs  sie  nie 
längere  Zeit  der  Luft  ausgesetzt  ist,  so  hat  man  nichts  zu 
befürchten.  Von  meinen  vielen  Controlversuchen  will  ich 
nur  einen  mittheilen,  welcher  sich  auf  eine  Membran  be- 
zieht, die  wenigstens  fünf  Wochen  lang  und  zu  sehr  vielen 
Versuchen  benutzt  wurde.  Es  ist  die  Membran  der  Ver- 
suchreibe IL 

In  der  Röhre   10  CC.  einer  verdünnten  Schwefelsäure 

▼on  lOProc.  SO,;  im  Cylinder  60 CC.  Wasser,  Versuchs- 

-dauer  I  Stunde;  Temperatur  20°  C. 
1.    No.  3  aus  Versuchsreihe  IL 

3n  der  Röhre     ....    10,0  CCSäuremit  1,0038  Gr.  S03 
»    »       »      nach  1  Stunde  1 2,3  CC.     »      »    0,4013  »     » 

"IJebergetreten  in  den  Cylinder  in  1  Stande  0£M&  *     * 


2.  Conlrol versuch  (gegen  5  Wochen  nach  dem  ersten 
Versuche). 

In  der  Röhre      ....     lO.OCC.Säurcmit  l,0038Gr.SO' 
•     -        ■      nach  1  Stunde  12.2CC.     ■      -    0,3990  -      ■ 
Uebergetreten  in  den  Cy  linder  in  1  Stunde  U.iiOls  •      » 

Die  Differenz  von  0,0()23Gr.  ist  zu  Übersehen.  Weniger 
günstige  Resultate  erhielt  ich  mit  concentrirten  Lösungen 
von  kohlensaurem  Kali;  dieses  wirkt  chemisch  verändernd 
auf  Nitrocellulose  ein;  mit  ihm  beschliefse  ich  gewöhnlich 
die  Versuchsreihe,  um  der  Veränderung  zu  entgehen. 

Ait  3  bis  5  habe  ich  nichts  Weiteres  hinzuzufügen.  Die 
Bedingung  6  wird  bei  meinem  Apparate  vollständig  erfüllt. 


Dutrochet,  Jolly  und  Vicrordt  glaubten  ihren  Ver- 
suchen das  Gesetz  ableiten  zu  können,  dafs  die  Menge  der 
in  einer  Zeiteinheit  übertretenden  Stoffe  unter  tonst  gleichen 
Verhältnissen  der  Concentration  proportional  sey.  Ludwig 
wies  durch  genaue  Versuche  nach,  dafs  dieses  Gesetz  nicht 
existirl.  Jolly  und  Ludwig  nennen  diejenige  Menge 
Wasser,  welche  bei  der  endosmotischcii  Mischung  an  Einem 
Theile  Salz  vorübergeht  »endosmotisches  Aequicalent'.  Tritt 
2.  B,  aus  der  Röhre  in  das  äufserc  Gefäfs  1  Gr.  Salz,  und 
aus  letzterem  in  die  Salzlösung  der  Röhre  A  Gr.  Wasser, 
so  ist  das  endosmotischc  Acquivalent  =4.  Nach  Jolly 
soll  das  eudosmotisebe  Aequivalcut  der  Coucenlralion  der 
Lösung  proportional  seyu;  Ludwig  hat  bewiesen,  dah 
dieses  für  Glaubersalz  und  Kochsalz  nicht  der  Fall  ist,  und 
glaubt,  dafs  sich  nirgend  diese  Uebcreinstimmung  finde. 
Versuche  der  genannten  Forscher  beziehen  sich  auf  tbifr 
rische  Membranen.  Wie  sich  dieses  nun  bei  der  Membran 
meiues  Apparates  verhält,  wollen  wir  gleich  sehen, 
ich  glaube  annehmen  zu  dürfen,  dafs  diese  Versuche  auch 
allgemein  gültig  sind,  natürlich  insofern  die  chemische  Natur 
der  Membran  Dicht  von  liAnuuia  \rt. 


353 

Wir  müssen  nan  zunächst  fragen,  wie  verhält  sich  die 
zum  Wasser  übergebende  Menge  Sah  oder  Säure  zur  Con- 
centration,  und  wie  die  zur  Salz-  oder  Säurelösung  gehende 
Wassennenge?  Wir  haben  also  zu  bestimmen,  wie  viel 
Salz  oder  Säure  in  einer  Zeiteinheit  und  unter  sonst  glei- 
chen Bedingungen  zum  Wasser  gehe  und  wie  viel  Wasser 
zur  Lösung.  Um  die  zum  Wasser  gegangenen  Salz-  oder 
Säuremengen  bei  den  verschiedenen  Concentrationen  verglei- 
chen zu  können,  berechne  ich  sie  auf  10  Proc.  Die  Zahl 
für  die  10-procentige  Lösung  soll  andeuten,  wie  viel  Salz 
bei  dieser  Dichtigkeit  übertreten  werde,  wenn  die  endosmo- 
tischen  Verhältnisse  bei  allen  Concentrationen  gleich  seyen, 
wenn  z.  B.  bei  2  Proc.  0,13  Gr.  zum  Wasser  gehen,  dann 
müCsten  unter  dieser  Bedingung  bei  lOProc  5x0,13=0,65 
Gr.  übergehen,  was  jedoch  in  Wirklichkeit  nicht  der  Fall 
ist  Durch  diese  Vergleichung,  läfst  sich  die  Abweichung 
bestimmen,  wie  wir  in  den  folgenden  Versuchen  sehen 
werden. 


PoggeodorfPa  Aanal.  Bd.  CX.  23 


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355 

• 

Aus  der  Versuchsreihe  I  ersehen  wir,  dafs  je  geringer 
die  Concentration  ist,  um  so  gröfser  sich  die  Volumzunahme 
auf  Ein  Gramm  der  zum  Wasser  gegangenen  Säure  gestal- 
tet, und  es  ist  leicht  einzusehen,  dafs  mit  Abnahme  der 
Concentration  die  Menge  Wasser,  welche  sich  an  Einem 
Theile  Säure  vorbeibewegt,  also  das  endosmotische  Aequi- 
valent,  gröfser  wird.  Am  besten  läfst  sich  dieses  anschau- 
lich machen,  wenn  man  die  Gramme  auf  Volum  berechnet 
wie  z.  B.  bei  der  Schwefelsäure,  das  spec.  Gewicht  dersel- 
ben zu  1,97  angenommen: 

0,4598  Gr.  =  ^?  =  0,233  CC.  und 


0,8623  Gr.  =  ?jfjr  =  °'438  CC 


Aus  der  Röhre  ist  zum  Wasser  übergetreten  beim  Ver- 
such I)  0,438 CC.S03  und  beim  Versuch  2)  0,233CC.SO3. 

In  die  Röhre  ist  eingetreten  beim 
Versuch  1)  0,438  CC.  -t-  2,8  CC.  =  3,238  CC.  Wasser  % 
Versuch  2)  0,233  CC.  -t-  2,4  CC.  =  2,633  CC.  Wasser. 

Bei  der  Mischung  ging  in  den  Poren  der  Membran  vor- 
bei  beim 

Versuch  1)  an  0,438 CC.  Säure  3,238 CC.  Wassern  1 :    7,4 
Versuch  2)  an  0,233 CC.  Säure  2,633CC.  Wasser=l :  11,4 

(Es  tritt  in  die  Röhre  ein  1)  ein  Volum  Wasser,  wel- 
ches dem  austretenden  Schwefelsäure- Volum  entspricht  und 
2)  ein  Volum  Wasser,  welches  der  Volumzunahme  ent- 
spricht.) 

Mit  der  Oxalsäure  ebenso  verfahren,  würde  sich  das  Obige 
bestätigen,  dabei  uns  ganz  enorm  hohe  endosmotische  Aequi- 
valente  zeigen,  wenn  wir  bei  den  geringen  Dichtigkeiten 
ankämen.  Tragen  wir  das  endosmotische  Aequivalent  nach 
Ludwig' 8  Vorgang  in  ein  Coordinatensystcm  ein,  so  dafs 
eine  sehr  verdünnte  Lösung  z.  B.  0,001  Proc.  auf  dem  An- 
fangspunkt der  Coordinaten  zu  liegen  kommt,  die  Abscissen 
den  Procentgehalt  der  Lösung  und  die  Ordinaten  die  Gröfse 
des  endosmotischen  Aequivalents  angeben,    so  würde  die 

<2&* 


Curve  der  Aeuuivalenle  sich  so  geslalteii,  dafs  sie  vüd  0,0(11 
Pror.  bis  1  Proc.  sich  stark  der  Axe  näherte,  von  1  Proc. 
bis  4  Proc.  weniger  stark  und  von  4  bis  13  Proc.  nur  all- 
mählich. Die  Curve  für  schwefelsaures  Natron  nach  Lud- 
wig (Pogg.  Ann.  Bd.  78,  S.  307)  bat  einen  ähnlichen  Lauf. 

Eine  Erklärung  für  diese  Erscheinungen  dürfte  nicht 
schwer  zu  finden  n.'vn.  Denken  wir  uns,  eine  Pore  ent- 
hielte 100  Molecule  einer  Lösung  von  20  Proc.;  es  werden 
nun  in  der  Pore  sich  80  Molecule  Wasser  zur  Säurclösung 
hin  bewegen,  dagegen  '20  Mol.  Säure  zum  Wasser,  und  die 
Wassermolecüle  bewegen  sich  schneller  als  die  Säurcuio- 
lectile.  Wären  nun  in  einem  zweiten  Falle  Hill  Molecule 
einer  Lösung  von  10  Proc.  in  dieser  Pore,  so  würden  10 
sich  langsamer  bewegende  Säuremolecule  durch  10  sieb 
schneller  bewegende  Wassermolecüle  vertreten  sejn.  Die 
Pore  enthält  nämlich  90  Mol.  Wasser  und  10  Mol.  Salz. 
Im  ersten  Falle  bewegen  sich  an  1  Mol.  Säure  4  Mol.  Wasser 
vorbei,  im  zweiten  Falle  an  1  Mol.  Säure  9  Mol.  Wasser, 
und  die  ein! osmotischen  Aequivaleute  müfsten  eich  zu  ein- 
ander verhalten  wie  4:9,  wenigstens  dürfte  dieses  wahr- 
scheinlich seyn.  Bei  den  Schwefelsäure  -  Versuchen  berech- 
neten sich  die  Aequivalente  wie  folgt: 

13,6 :  26,25  bb  1  : 1,93, 
gefunden  wurde  nur 

7,4:11,4    =1:1,55: 
das  berechnete  Vcrliältnifs  wurde  nicht  erreicht.    Es  wurde 
hierbei  vorausgesetzt,   dafs  sich  die  Losungen  in  der  Pore 
zu  einander  verhalten,  wie  die  ursprünglichen  Lösungen. 

Aus  der  Versuchsreihe  geht  weiter  hervor,  dafs  die 
dem  Wasser  gehenden  Säuremengen  zwischen  12  Proc.  und 
4  Proc.  annähernd  proportional  den  Dichtigkeiten  sind,  bei 
geringerer  Concentration  aber  verhältnifsmäfsig  weniger 
Wasser  übergeht  —  eine  Tbatsache,  die  dariu  ihre  Erklä- 
rung findet,  dafs  die  sich  schneller  bewegenden  Wassermo- 
lecüle die  Salzmolecüle  in  ihrer  Bewegung  hindern,  udJ 
jemehr  Wassermolecüle  sich  an  den  Salzmolecülen  in  der  i 
Pore  vorbei  bewegen,  um  so  gröfser  mufs  auch  diese  Sie- 


357 


rang  seyn,   weshalb    denn  auch  erst  bei  iiiedi 
trntiousgraden  diefs  entschieden  hervortrilt. 

Diese  Versuche  bestätigen  also  die  Behauptung  Lud 
*ig's,  »dafs  das  sogenannte  endosmolischc  Aequivalent  bei 
Icicher  Temperatur  für  dieselben  Stoffe  keine  constautc, 
>ndern  eine  variable  Gröl'se  darstellt»;  ebeusn  findet  auch 
Jolly's  Salz,  "dais  die  Menge  der  in  einer  Zeiteinheit 
übertretenden  Stoffe  unter  sonst  gleichen  Verhältnissen  der 
Coucenlration  der  Lösung  proportional  sey,  insofern  er 
sich  auf  die  nm  Wasser  gehenden  Salz-  oder  Säuremengen 
bezieht,  in  dem  Vorgehenden  seine  Widerlegung. 

Nun  fragt  sich,  ob  bei  allen  Stoffen  die  Verhältnisse 
sich  so  gestallen,  wie  bei  der  Oxalsäure.  Ludwig  fand,  dafs 
das  endosmolischc  Aequivalent  des  Kochsalzes  uin  so  grö- 
Cser  wird,  als  die  Lösung  an  Conccntratioti  zunimmt,  und 
aus  den  Versuchen  von  Vierordt  mit  Kochsalz  scheint 
hervorzugehen,  dafs  das  Verhältnis  der  zum  Wasser  ge- 
benden Mengen  weniger  abnimmt  als  das  Vcrhällnifs  der 
Dichtigkeiten  der  Lösungen  (Vierordt  in  Wagner's  Hand- 
wörterbuch der  Physiologie,  Bd.  HI,  Ablb.  1,  Artik.  Trans- 
sudation  u.  s.  w.).  Es  bezieht  sich  dieses  natürlich  auf 
lliierische  Membranen.  Hei  der  Membran  meines  Apparates 
findet  sich  Aehnliclies. 

Salpetersaures  Ammoniak  hat  in  allen  Dichtigkeiten  sei- 
ner Losung  keine  Volumzunahme,  wenn  es  sich  mit  Wasser 
mischt;  das  endosmotische  Aequivalent  ist  also  unveränder- 
lich, und  es  bewegt  sich  an  l  Volum  Salz  l  Volum  Wasser 
vorbei, 

Ob  Chlorammonium  sich  wie  salpctersanres  Ammoniak 
verhalle  oder  ob  das  endosmolischc  Aequivalent  mit  Zunahme 
der  Concenlratiou  abnehme,  läfst  sich  aus  meinen  Versuche» 
nicht  mit  Bestimmtheit  heurlheilcn,  weil  sie  nicht  bis  zu 
höheren  Couccnt rationell  geführt  wurden. 


Concert- 


In   dcj 

Röhre 

10  CC.   Lösung 

im   Cylinder  60  CC. 

Wasser; 

^c-rsnchs  datier 

'    Stunde; 

Temperatur  20°  C. 

V-lumiunihroc  der  U>»i>( 

in  d<r  Höhre. 

1. 

Lösung 

»OB 

10,0  Proc. 

.    .    .    0,3  CC. 

2. 

• 

5,0     - 

...    0,3   ■ 

3. 

2,5     - 

.    .    .   o,s  . 

4. 

0,5     ■ 

.    .    .    0,-2    - 

In 

dtr   IUI.«   10  CC.   Utung;   im   C)'li.iil*r  60  CC.   W'uicr;    Ver.uclu- 
diuer   1   Stunde,   Temuerwur  20"  C. 

Zum  W«»Cr  Übergetreten 

Ko. 

Proc.   der 
Unag. 

in   1   Stunde. 

1   nf  lOProe. 

berechnet. 

VoluiDf.utialimc  uiier    AbDtliiBF 
der   M»anf   in   I   Stande. 

1. 

% 

5,916  Proc. 

8,301     .. 

0,3499Gr   0,592  Gr.C.ClD.»  Volum  in  aWUttn  h.lle  »b- 

imoniMa  um  (1,3  CC.  nccflbi 

0,4396   *    0,554    ■       ■      VolurüiuOilimc    0,1  CC. 

3. 

10,941     - 

0,5901   « 

0,531  ■     ■                ■             0,5  CC 

4. 

14 

" 

- 

1.1  CC. 

Wir  neben  hier,  dafs  je  verdünnter  die  Lösung  ist,  um 
so  weniger  Wasser  an  Einem  Theile  Chlorcalcium  vorbei- 
geht, und  dafs  mit  Zunahme  der  Conceulration  die  zum 
Wasser  gehenden  Mengen  im  umgekehrten  Verhält  nifa  ste- 
hen. Hiefür  eine  Erklärung  zu  geben,  ist  bis  heute  nicht 
möglich;  es  müssen  gröfserc  Reiben  Versuche  erst  mehr 
Licht  in  die  Sache  bringen.  Chlormagnesium  und  Chlor- 
barjam  verhalten  sich  ebenso. 

Durchgang*  Fähigkeit. 
Die  Stoffe  verbalten  sich  nicht  alle  gleich  gegen  die  Po- 
renwandung und  gegen  andere  Stoffe,  mit  welcher  sie  sich 
mischen.  Eine  Saure  wird  z.  B.  von  der  Poremvaud  schwa- 
cher angezogen,  als  ein  Salz;  dagegen  hat  erstere  gegen 
Wasser   eine   gröfsere   Verwandtschaft,    als    ein  Salz    hat 


Diese  Verhältnisse,  welche  für  die  Membrandiffusion  von 
der  gröfsten  Wichligkeil  sind,  wurden  bis  jetzt  gänzlich 
vernachlässigt,  und  deshalb  habe  ich  denselben  eine  beson- 
dere Aufmerksamkeit  geschenkt.  Wenn  ich  durch  eine 
Scheidewand  Salzlösung  und  Wasser  trenne,  so  mischen 
sich  beide  durch  die  Poren  der  Scheidewand,  und  die  Ge- 
schwindigkeit, inil  welcher  dieses  geschieht,  ist  abhängig  von 
der  Anziehung  des  Salzes  zum  Wasser  and  des  Salzes  zur 
Porenwand.  Gesetzt  das  Salz  A  habe  eine  gröfsere  An- 
ziehung zur  Porenwand  als  das  Salz  B,  beide  seyen  aber 
in  ihrer  Anziehung  zum  Wasser  gleich,  so  wird  das  Salz  A 
sich  schneller  durch  die  Poren  zum  Wasser  bewegen  als  ß, 
und  es  wird  in  einer  Zeiteinheil,  bei  gleicher  Concentration 
der  Lösungen  und  unter  sonst  gleichen  Bedingungen,  von  A 
mehr  zum  Wasser  gehen  als  von  /':  .1  ist  also  durchgangs- 
fähiger  wie  B.  Um  auf  ihre  UurcligangsfähigkeH  verschie- 
dene Stoffe  zu  untersuchen,  inufs  ich  die  Menge  derselben 
bestimmen,  welche  in  einer  Zeileinheit  aus  gleichcoueentrir- 
ten  Lösungen  und  unter  sonst  gleichen  Verhältnissen  zum 
Wasser  geht.  Die  zum  Wasser  übergetretene  Menge  ist 
ein  Ausdruck  für  die  Darckijanijsfiihiijlndt,  Diese  Ausdrücke 
in  eine  Reihe  zusammengestellt,  lassen  uns  die  Durchgangs- 
fähigkcil  vergleichen.  Die  folgendeu  zwei  Versuche  werden 
diefs  deutlich  machen  und  gleichzeitig  auch  die  Art  und 
Weise  zeigen,  wie  die  Versuche  ausgeführt  wurden. 

In  der  Röhre  10  CC.  Lösung  von  6,3Proc;  im  Cyliu- 
der  60  CC.  Wasser;  Versuchsdauer  I  Stunde;  Temperatur 
20°  C.  1.  Versuch  Oxalsäure.  2.  Versuch  Salpetersaures 
Aimuouiak. 

CC  tp        _ 

Lind.  Röhre      ....     10,0  Lös.  mit  0,6300     V„loni- 

-    ..      »      nach  1  Stunde  12,4     -     -    0,261  ■ 
Ucbergetreten  zum  Wasser  des  Cylinders  0,369  •      2,1 

2.  lud, Röhre      ....     10,OLös.mitO,630NH4N 

»    -       ■      nach  1  Stunde  10,0     -      ■    0,164       ■ 
Ucbergetreten  in  d.  Wasser  d.  Cylinders    0,466       «     0,0CC 


Das  salpetersaure  Ammoniak  hat  eine  gröfsere  Durch - 
gangsfähigkeit  als  die  Oxalsäure.  Die  Volunmi  nähme-  ge- 
stattet uns  auch  eine  Einsicht  in  das  Verhalten  des  Salzes. 
u.  s.  w.  zur  Porenwand.  Da  wo  keine  Volumzunahmc 
stattfindet,  ist  die  Anziehung  des  gelösten  Körpers  zur  Po- 
renwand gleich  der  Anziehung  des  Wassers  zur  Porenwand; 
je  gröfser  die  Volumzunahmc  auf  ein  Theil  des  zum  Wasser 
übergetreteneu  Stoffes  ist,  um  so  schwächer  ist  die  Anzie- 
hung derselben  zur  Porenwand.  Weil  es  schwer  ist,  Lö- 
suDgen  auf  ganz  gleiche  Dichtigkeit  zu  bringen,  so  mufste 
ich  mich  mit  einer  10  Proc.  annähernden  Dichtigkeit  be- 
gnügen und  die  Resultate  genau  auf  10  Proc.  berechnen. 


361 


s     z 


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jo   »  o   h  «  i»   e   »   «   s   «   »   »         to 

Hill 

.■-»Or-t9<xii-iBi-iuic9n->ian 
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364 

Die  Zahl  für  10  Pro c.  deutet  an,  wie  viel  bei  dieser 
Dichtigkeit,  wenn  in  der  Rühre  also  genau  in  10  CC.  Lö- 
sung I  Gramm  wäre,  zum  Wasser  übergehen  würde.  In 
Versuchsreihe  IV  weicht  der  Procentgehalt  oft  sehr  weil 
von  lOProc.  ab,  und  können  deshalb  die  auf  lOProc.  be- 
rechneten Zahlen  nicht  als  genau  genommen  werden;  sie 
bestätigen  trotzdem  aber  die  bei  II  und  III  gewonnenen 
Resultate. 

1.  Zunächst  sehen  wir  aus  den  Versuchsreiben  und  bei 
Vergleichung  der  Zahlen  für  10  Proc,  dafs  die  Dicke  der 
Membran  wand  von  grofsem  Einflüsse  auf  die  Durchgangs- 
fähigkeil ist,  dafs  mit  der  Dicke  der  Wand  die  Durcbgaugs- 
fähigkeit  itn  umgekehrten  Vcrhälluifs  steht. 

2.  Aus  der  Vergleich ung  der  Volumzunahme  für  1  Gnn. 
in  Reihe  II  und  111  geht  hervor,  dafs  die  Volumzunabme 
um  so  gröfser  wird  als  die  Scheidewand  an  Dicke  zunimmt 
oder  mit  anderen  Worten:  das  cudosmolische  Aequivalenl 
nimmt  mit  der  Dicke  der  Scheidewand  zu. 

3.  Die  Durcligangsfäliigkcit  für  die  verschiedenen  Stoffe 
ist  verschieden.  In  der  Versuchsreihe  II  sind  die  Säuren 
nach  ihrer  Durehgnngsfähitikeit  geordnet;  die  Chlorwasser- 
stoffsäure hat  die  grüfste,  die  Phosphorsäure  die  geringste 
Durchgangsfähigkeit.  111  und  IV  bestätigen  dieses.  Wie  die 
Säuren,  so  verhalten  sich  auch  ihre  Salze  (S.  II  7  bis  10- 
III  6  bis  8  und  IV  5  bis  7).  Was  hier  für  die  Amino- 
niumsalze  dargelhan  wurde,  scheint  auch  für  Salze  mit  an- 
dern Rasen  zu  gelten.  (Die  phosphorsauren  Salze  stehen 
zwischen  den  schwefelsauren  und  kohlensauren  und  den 
letzteren  nahe.) 

Die  Durchgangsfähigkeit  der  Salze  nach  der  Natur  ihrer 
Rasen  habe  ich  durch  Versuche  mit  den  Chlormctallen  zu 
ermitteln  gesucht  <S.  II  II  bis  15).  Es  ist  höchst  wahr- 
scheinlich, dafs  die  Rasen  mit  anderen  Säuren  sich  ebenso 
verhallen  werden,  wie  die  Chlonnetalle.  Weniger  genaue 
Versuche  mit  schwefelsauren  und  salpetersauren  Salzen  be- 
stätigten mir  dieses. 

Eine  Scale  für  die  Durchgangsfälligkeit  würde   sich  fol- 


gendermafsen  gestalten,   wenn   von   Oben   nach  Unten 
Durchgangsfähigkeit  abuiimnt. 


der  INn.ur  .Ifr  li„t 

moniuinsalzc-) 
Kaliumsalzc 
Natriuinsalzc 
Maguesiumsalzcl?) 
Baryumsalze 
Calciuwsalze 


Chlorwasserstoffsäurc    Salpeters.  Salze1) 
Salpetersäure  Ghlormetalle 

Schwefelsaure  Schwefels.  Salze 

Oxalsäure  Oxals.  Salze 

Essigsäure  Essig.  Salze 

Phosphorsäurc  Phosphors.  Salze 

Kohlensäure  Kohlens.  Salze 

Eine  Scale  für  die  Anziehung  des  gelüsten  Körpers  zur 
Porcuwand  würde  sich  ebenso  wie  die  vorgehende  gestal- 
ten, wenn  die  Anziehung  von  oben  nach  unten  abnimmt, 
wie  diefs  aus  den  Zahlen  für  die  Volumzunabinc  auf  ein 
Gramm  in  Versuchsr.  II  hervorgeht.  Die  Essigsäure  niufs 
jedorb  liier  vor  der  Oxalsäure  stehen. 

Organische  Stoffe.  Von  diesen  habe  ich  aufser  den 
schon  früher  besprochenen  Säuren,  noch  Eiweifs,  Gummi, 
Zucker,  Oel  und  Alkohol  untersucht.  Diese  Stoffe  in  ihrem 
Verhallen  gegen  Wasser  müfsten  einer  der  Reiben  über 
Durchgangsfähigkeit  angereiht  seyn;  weil  die  Mengenver- 
hältnisse jedoch  nur  durch  das  spec.  Gewicht  annähernd 
bestimmt  wurden,  konnten  sie  dort  keinen  Platz  finden. 
Im  Allgemeinen  ging  aus  diesen  Versuchen  hervor,  dafs  die 
Durchgangsfäliigkeit  sich  zu  folgender  Reihe  gestallet  und 
von  1)  tiarli  5)  hin  abnimmt:  1)  Alkohol,  2)  Traubenzucker. 
3)  Gummi  und   Dextrin,  -I )  Eiweifs  und  5)  Oel  (feiles). 

Von  Oel  gehl  gar  nichts  zu  Wasser;  enthält  das  Wasser 
kohlensaures  Kali  aufgelöst,   so  wird  dieses  vom  Ocle  anf- 


I)   1,1,  brauche,   wohl    ridri    KU    bemerk,»,    dal\    Mm  S,  ■,!■■    M   nur    auf 

Mu  mir   dtncbta  Bai»  beti.l.i,  *,  li.  in  rffWfw— m  K»ti  durcl.- 

(aDjjdäbigrr  ah  loblenjaurej  h.ili,  olclil  aber  fcliwtfctuurrf  Natron  dutrli- 
BaOBifäblger  all  krililcniaiiru  Kali. 
%)  Dit.e  betieln    .ich    nur  auf  S.l.e  mil  einer  Saure;   >.  ß.    in  .srUwelVI- 
tauiei  Ammoniak  dnrchjingifähiger  all  iiihwclcliaurct  Natron, 


genommen,  um  sich  mil  ihm  zu  verseifen;  vom  Wasser  gebt 
indefs  nichts  mil  zum  Oelc  über. 

Von  Eiweifs  gebt  auch  mir  sehr  wenig  zum  Wasser, 
erleidet  dabei  aber  eine  bedeutende  Volumzunahme.  Das 
Eiwcifs  setzt  sich  iu  den  Poren  der  Scheidewand  ab  und 
kanu  dort  durch  Reagenlicu  nachgewiesen  werden.  Durch 
diese  Ablagerung  wird  das  Durchgangs  vermögen  geschwächt, 
wodurch  vergleichende  Rciheu  fast  unmöglich  werden. 

Gummi  und  Dextrin  stehen  dem  Eiwcifs  nahe,  doch  ge- 
hen schon  bedeutendere  Mengen  von  diesen  bei  der  endos- 
motischen  Mischung  zum  Wasser. 

Zucker  mischt  sich  leicht  endosmotisch  mit  Wasser  und 
erleidet  dabei  eine  nicht  unbedeutende  Voltimzunahme.  Das 
endosmotische  Aequivalcnt  scheint  mit  der  Coucentralion 
zuzunehmen. 

Ist  Alkohol  tiud  Wasser  durch  eine  Coilodiuminembran 
getrennt,  so  ist  der  Strom  von  Alkohol  zum  Wasser  um 
Vieles  starker  als  der  entgegengesetzte,  umgekehrt  also  wie 
bei  Thiermcmbrauen;  ebenso  verhalten  sich  Iiautchen  aus 
lä  oh  neu  hülsen  und  das  Blatt  der   Caulerpa  prolifera. 


Bloflnfa  der  Warme  auf  die  Membi -an  diffus  in  u. 

Dafs  die  Wanne  von  bedeutendein  EinfruTs  auf  die  en- 
dosmotische Mischung  ist,  das  nehmen  alle  Forscher  an; 
doch  wissen  wir  fast  gar  nichts  Näheres  darüber.  Meine 
Versuche  werden  wenigstens  einigen  Aufschlufs  geben.  Diese 
wurden  auf  die  schon  bekannte  Weise  bei  verschiedenen 
Temperaturen  ausgeführt. 

Oxalsäure,  Lösuug  von  6,3  Proc.  (C,  H04 +2HO). 
In  der  Röhre  10  CC.  Lösung;  im  Cylinder  80  CC.  Wasser; 
Versuchsdauer  1  Stunde. 

1.      Uli  einer  Tcmptratnr  rem  13°  C 

In  der  Röhre 10,0CC.Lös.  mit  0,6300Gr.Ö 

-     -        -       nacb   I  Stunde  11,8 0,2079  .    . 

Uebergetreteo  io  den  Cyüoder %,Vtl\.  .    . 


367 

2.  Bei  MMT  Ternpersmr  HP  20°  C. 

[«  der  Röhre 10,0  CC.  Lös.  mit  0,6300  Gr.  O 

-     -        «      nach  1  Stunde  12,1)   -       -     «     0,1  S96  -    - 
Ucbergetretcn  in  den  Gelinder 0,4  li:  I  »    • 

3.  Bei  einer  Temperatur  von  33"  C. 

In  der  Rühre    ......     lO.OCC.Lös.  mit  0,6300Gr.O 

■■      •        «       nach  1  Stunde  12,5    <       «      -     0,1651  -    » 

Ucbergelrelen  in  den  Cylindcr 0,4649  »    « 

Die  zum  Wasser  übergetretenen  Säurcmengeu  haben  mit 
der  Temperatur  zugenommen;  die  auf  1  Grm.  berechnete 
Volumziinahme  ist  Tür  1  =  4,26,  für  2  =  4,51  und  für 
3=5,38  CC,  hat  mithin  auch  zugenommen,  woraus  folgt, 
dafs  das  endosmolischc  Acquivaleut  ebenfalls  mit  der  Tcm- 
peratnrzunnlime  gröfser  wird.  Im  Allgemeinen  geht  aus 
diesen  Versuchen  hervor,  dafs  die  endosmotische  Mischung 
durcli  die  Wärme  befördert  wird.  Bei  Stoffen,  die  sich 
weniger  leicht  mischen,  wie  z.  R.  Eiweifs  und  Wasser,  tritt 
das  oben  gefundene  Gesetz  auch  weniger  entschieden  her- 
vor. Versuche  mit  Eiweifs  unter  gleichen  Verhältnissen 
gaben  bei 

7",5  C.  eine  Voluuizunahme  von  1,55  CG.  und  bei 
20°,0C.     -  ■■  -      1,70  CC. 


Ist  eiue  Membran  nach  allen  Seiten  hin  vollständig  ge- 
schlossen; so  finden  auch  dann  noch  Diffusionsbewegungen 
statt,  wenn  innerhalb  und  aufserhalb  derselben  mischbare 
Flüssigkeiten  sind.  Stoffe,  welche  sich  ohne  Volumver;in- 
derungen  mischen,  erleiden  unter  diesen  Verhältnissen  keine 
Störung,  wohl  aber  jene  Stoffe,  bei  welchen  Voluinverän- 
derungen  eintreten.  Es  sey  z.  B,  in  der  Membran  ver- 
dünnte Schwefelsäure,  aufserhalb  Wasser:  der  nach  dein 
Innern  der  Membran  gehende  Strom  des  Wassers  stufst 
auf  Hindernisse,  und  wenn  die  Membran  keine  Ausdehnung 
erleidet,  so  kann  nicht  mehr  Wasser  in  die  Membran  ein- 
treten als  Schwefelsäure  austritt.  Einer  meiner  VetsutW 
wird  genügen  uns  die  Verhältnisse  klar  zu  laaeVcu. 


In  der  Röhre  10  CC.  verdünnte  Schwefelsaure  von  10 
Proc.;  im  Cylindcr  60CC.  Wasser;  Versuchsdaucr  1  Stunde; 
Temperatur  20°  C.  Der  Apparat  war  derselbe,  wie  ich  ihn 
gewöhnlich  zu  inciueu  Versuchen  gebrauche;  bei  dein  zwei- 
ten Versuche  war  aber  die  Glasröhre  oben  mit  einem  Stück 
Thierblase  vollständig  und  fest  verschlossen,  so  dafs  der 
Strom  von  Aufsen  uach  Innen  in  seiner  Bewegung  gestört 
seyn  mufste.     Die  Membran  rühren  wand  war   I""  dick. 

1.      Mi!   Trema  Strömungen. 
CC  Rt 

In  d.  Röhre      .     .     .     10,0  Säure  mit  1,00.3850, 

■   ■       -        nach  1  St.  12,3      »       -    0,4013     -  „. 

Zum  Wasser  im  Cyliuder  übergetreten  0,6025     »     =  0,3058 

2.     Mit  gestörter  Strömung  nadi  Innen. 

Ind.  Röhre     .     .     .     10,0Saure  mit  ftj03SSO„ 

>   -       -       nach  1  St.  10,2      .       »    0,3256     ■  cc 

ZumWasserimCylinderübcrgctreten0,ti782     -     =  0,3443 

Im  1.  Versuche  trat  in  die  Röhre  ein 

0,3058 +  2,3  =  2,6058  CC.  Wasser, 

Im  2.  Versuche  trat  in  die  Röhre  ein 

0,3J43  +  0,2  =  0,5443  CC.  Wasser. 
Die  gestörte  endosmo tische  Strömung  wirkt  als  Druck 
auf  die  Membran,  welche  sich  in  Folge  dessen  ausdehnt, 
und,  ist  die  Membran  elastisch,  in  Spannung  geräth.  Diese 
Spannung  wirkt  auf  den  esosmolischei]  Strom  zurück,  wo- 
durch derselbe  verstärkt  wird,  weshalb  dann  auch  im  zwei- 
ten Versuche  0,076Gr.SOs  mehr  zum  Wasser  gehen.  Dafs 
der  Druck  des  cndosinotischen  Stromes  sehr  stark  ist,  sab 
ich  bei  Versuchen,  wo  die  Membran  röhre  mit  einer  Queck- 
silbersäule in  Verbindung  gesetzt  wurde;  die  Quecksilber- 
säule mufste  oft  eine  bedeutende  Höhe  haben,  um  den  eu  dos- 
in oli  scheu  mildem  «osmotischen  Strom  ins  Gleichgewicht  z 
bringen.  Eiwcifs,  welches  in  einer  offenen  Röhre  sich  be- 
findet, mit  Wasser  in  Wechselwirkung  gebracht,  hebt  in 
einer  Stunde  bei  bedeutender  Volumzunahmc  das  spee  Ge- 
weilt des  Wassers  our  sehr  wcouj-,  in  einer  geschlossenen 


Membran  dagegen  sehr  bedeutend:  im  ersten  Falle  tritt  ;i!su 
wenig  Eiwcils  zum  'Wasser  über,  im  zweiten  Falle  hinge- 
gen viel,  weil  hier  der  Druck  der  in  Spannung  versetzten 
Membran  verstärkend  auf  den  exosmotischen  Strom  wirkt. 
Für  das  Studium  der  physiologischen  Erscheinungen  in  Thier 
und  Pflanze  sind  solche  Versuche  von  grofsem  Interesse. 

Elektricität.  Unzweifelhaft  hat  die  Elektricitüt  einen 
Einllufs  auf  die  Meitibiandiffusion;  durch  Versuche  ist  bis 
jetzt  freilich  nichts  nachgewiesen  worden;  nur  Andeutungen 
finden  sich  in  einem  Versuche  Fodera's.  Dieser  füllte 
die  geöffnete  Brusthöhle  eines  Kaninchens  mit  Eisenchtorid- 
losung,  die  Bauchhöhle  mit  Ferrocyankaliumlösuog;  beide 
Flüssigkeiten  mischten  sich  durch  das  dicke  Zwerchfell  hin- 
durch nur  sehr  laugsam,  weit  schneller  hingegen,  wenn  ein 
schwacher  elektrischer  Strom  durch  das  Zwerchfell  geleitet 
wurde.  Die  Beobachtungen  Wo  Hast  on's,  Porrct'süber 
das  Fortführen  der  Flüssigkeit  nach  der  negativen  Elektrode 
durch  thierische  Scheidewände  ist  für  uns  beachtenswerth. 
(Neuere  Beobachtungen  von  Wiedemann  iu  dies.  Ann. 
Bd.  m  und  Breda  undLogemann,  ebendaselbst  Bd.  100.) 

Schwere.  Humboldt  (Cosmos  Bd.  IV,  S.  17)  glaubt, 
dafs  die  Endosmose  von  dem  Maafsc  der  Schwere  und 
ihrer  localen  Verlheilung  afficirt  werde;  bis  jetzt  wissen 
wir  nichts  darüber,  wenn  auch  Fick  (diese  Ann.  Bd.  92 
»Neue  Aussetzung  an  dem  Begriffe  des  endosmolischeu 
Acnuivaleiitcs)  Erscheinungen  beobachtet  hat,  die  nach  sei- 
ner Meinung  auf  einen  Einllufs  der  Schwere  hindeuten  sol- 
len, was  aber  eiu  kleiner  Irrtbum  zu  seyn  scheint.  Er  sah 
nämlich  mehr  Salz  zum  Wasser  gehen,  wenn  das  Wasser 
oberhalb  der  Scheidewand,  und  eine  gesättigte  Salzlösung 
unterhalb  derselben  war,  als  im  umgekehrten  Falle.  Meine 
diese  Sache  betreffende  Versuche  mit  einem  Stück  Schweine- 
harnblase und  gesättigter  Lösung  von  schwefelsaurem  Kali 
zeigten  dasselbe,  aber  nur  dann,  wenn  die  Schleimhaut  fläche 
nach  unten,  also  der  Salzlösung  zugekehrt  war.  Meine 
Meinuug  ist,  dafs  dieser  Unterschied  durch  die  oft  xaWttv- 
chen   Schleimdrüschen   der  Mucosa   der  HanAAa&e  \mä  &«■ 

Pofgcodorfr,  Aaatt.   Bd.   CX.  ^ 


Verschiedenwerlhigkcit  der  beiden  Schichten  (Mucosa  und 
Musculosa)  tu  ihrer  Diffusionsfiihigkeit  bedingt  igt.  Die  Fil- 
trationsversuclie  unter  Druck  von  Schmidt  (s.  a.  a.  O.) 
sprechen  ebenfalls  für  meine  Ansiebt. 

Literarische   Notizen. 
Poggendorff'e  Annalen  der  Chemie  und  Physik. 
Bd.  10.     Magnus. 

11.  Fischer,  Dutrochct. 
78.  Jolly  und  Ludwig. 
92.     Fick,  Neue  Ausstellung  an  dem  Begriffe  de» 

endosmotischen  Aequivalcnls. 
94     Fick,  Ueber  Diffusion. 
99.     Schmidt,  Versuche  überFiltrationsgeschmn- 
digkeit. 
Wagner's  Handwörterbuch  der  Physiologie  Bd.  3,  Ablh.  I, 
Artikel:    Transudation    und   Eodosmose. 
(1846) 
Lieb  ig,  Untersuchungen  über   eint-  e  Ursachen  der  Safte- 
bewegung in  PÜauzcu  und  Thiereu.  (1848) 
Schacht,  Anatomie  und  Physiologie  der  Gewächse.  (1856) 


II.     Beiträge  zur  Theorie  der  Dämpfe; 
von  Gustav  Zeuner. 


De 


sie  empirische  Formel,  welche  Regnault  aus  sei 
Versuchen  für  die  sogenannte  Gesammtwänne  der  Gewichts- 
einheit des  gesättigten  Wasscrdainpfcs  ableitete,  giebt  be- 
kanntlich die  Wärmemenge  an,  welche  erforderlich  ist,  die 
Gewichtseinheit  Wasser  von  der  Temperatur  0"  in  gesät- 
tigten Dampf  von  der  Temperatur  (  zu  verwandeln.  Dabei 
lmifs  jedoch,  und  das  ist  wichtig  zu  beachten,  die  Masse 
von  Anfang  an  fortwährend  unter  einem  Drucke  stehen,  der 
gleich  dem  Drucke  des  zu  erzeugenden  Dampfes  ist. 

Ist  sonach  t  die  Temperatur  undp  die  Spannung  des  zu 
erzeugenden  Dampfes,  so  hat  man  sich  vorzustellen,  dafs  die 
Gewichtseinheit  Wasser  zunächst  unter  constantem  Drucke  p 
von  o  auf  I  erwärmt  wird,  und  dafs  dann,  gleichfalls  unter 
constantem  Drucke  p  die  Dainpfcrzcu^uug  erfolgt.  Ist  die 
zum  ersten  Theile  der  Operation  erforderliche  Wärme  q 
und  die  für  den  zweiten  Theil  r  (in  welchem  übrigens  die 
Temperatur  constant  bleibt),  so  ist  die  ganze  erforderliche 
Wärme,  die  mit  (J  bezeichnet  werde: 

Q=q-t-r (1) 

und  dieser  Werth   von  Q  ist  es,   für   weicheil  Regnault 
die  Formel: 

606,5  +  0,3051 
gegeben  hat. 

Bezeichnet  man  mit  u  die  speci  fische  Wärme  des  Was- 
sers bei  constantem  Drucke  und  zwar  dem  Drucke  p  ent- 
sprechend, dann  Iäfst  sich  setzen: 


(2) 


./.* 


Die   Beziehung    des   Werlhes   w   zur   Temperatur   (    ist 

fiicAJ  bekannt,  denn  der  Werth,  den  man  nach  Regnault 

allgemein  dafür  annimmt,  hat,    wie   ich   an   einem   anderen 

1\* 


372 

Orte  schon  aussprach '),  nicht  die  angegebene,  sondern  eine 
andere,  Jedoch  gleichfalls  wichtige  Bedeutung.  Regnanlt 
beobachtete  nämlich  die  Wärmemenge,  die  in  der  Gewichts- 
einheil Wasser  bei  der  Temperatur  (  mehr  enthalten  ist, 
als  im  Wasser  van  0";  wenn  es  unter  dem  der  Temperatur  t 
entsprechenden  Dampfdrücke  p  steht. 

Diese  Wärmemenge  ist  aber  nach  den  Grundsätzen  der 
mechanischen  Wännelheorie  nicht  gleichbedeutend  mit  der 
Wärmemenge,  die  dem  Wasser  von  0°  uutcr  conslaniem 
Drucke  w  von  aufsen  zuzuführen  ist,  um  es  auf  C  zu  er- 
wärmen, denn  wahrend  der  Wännczuführung  finden  Vo- 
Itimvcränderungeu  statt;  einer  Ausdehnung  des  Wassers 
unter  constantem  Druck  entspricht  eine  Arbeits  Verrichtung, 
also  ein  Verschwinden  von  Wärme;  der  Zusammenzichung 
entspricht  eine  Arbeitsaufnahme,  also  ein  Erzeugen  von 
Wärme. 

Ist  W  die  im  Wasser  von  t°  Temperatur  and  unter 
dem  entsprechenden  Dampfdrucke  enthaltene  Wärme,  dann 
ist,  wenn  während  der  Wärmezuführung  eine  VolumenveT- 
gröfserung  stattfand,  die  von  aufsen  zuzuführende  Warme  q 
gröfser,  als  die  schliefslich  im  Wasser  enthaltene  Wärme  W, 
weil  ein  Theil  der  zugefuhrten  Warme  in  Arbeit  verwan- 
delt wurde.  Findet  hingegen  eine  Zusammenziehung  statt, 
dann  ist: 

q<W 
weil  das  Wasser  äufsere  Arbeit  noch  mit  als  Wärme  auf- 
genommen hat.     Tritt  endlich  während   der  WännezufDh- 
rung  keine  Volumen  Veränderung  ein,  dann  allein  ist 

q=W 
weil  alle  zugeführte  Wärme  zur  Erhöhung  der  innern  ver- 
wendet wird. 

Gewöhnlich  findet  nur  der  erste  der  drei  Fälle  statt, 
beim  Wasser  hingegen  tritt  bekanntlich  auch  der  zweite 
Fall  auf,  wenn  es  nämlich  unter  dem  constanten  Drucke 
von  einer  Atmosphäre  von  0°  bis  3°,9  erwärmt  wird.  Die 
im  Wasser  von  der  Temperatur  f  unter  dem  cnlsprechee- 
I )  GrundtSfc  dir  mcctkMÜctan  NVuhkükocw.    ¥iüW«  VW),  S.  71. 


den    Dampfdrücke 
darstellen  durch 


enthaltene  Warme    W   läfst    sich    auch 


w 


-/■ 


cdt 


(3) 


und  hierin  ist  c  genau  der  Wertb,  dessen  Bestimmuiig  wir 
Kegnault  verdanken. 

Der  Werth  eilt  stellt  also  die  Zunahme  der  in  der 
Gewichtseinheit  Wasser  enthaltenen  Warme  dar,  wenn  die 
Temperatur  um  dt  wächst  und  wenn  gleichzeitig  der  Druck, 
unter  dem  das  Wasser  steht,  in  der  Weise  zunimmt,  wie 
der  Druck  des  gesättigten  Dampfes  von  der  Temperatur  t, 
wenn  er  in  gesättigten  Dampf  von  der  Temperatur  t  +  dt 
übergeht. 

Diesem  entgegen  bedeutet  iu  der  Formel  (2)  der  Wertli 
uidt  die  Wärmemenge,  die  dem  Wasser  unter  constanleni 
Drucke  von  aiifsen  zugeführt  werden  inufs,  um  die  Tempe- 
ratur um  dt  zu  erhöhen  und  zwar  unter  einem  Drucke 
gleich  der  Spannung  des  gesättigten  Dampfes  von  der  Tem- 
peratur (. 

Obgleich  die  vurstehenden  Betrachtungen  zeigen,  dafs 
die  beiden  Wcrlhe  ta  und  c  nicht  gleich  grofs  seyn  können, 
so  sind  wir  doch  genotbigl,  die  Gleichheit  anzunehmen,  bis 
der  Wertb  w  durch  Versuche  ebenfalls  bestimmt  ist.  Man 
weifs  wenigstens,  dafs  die  Volumverändernugeu  des  Wassers 
bei  dessen  Erwärmung  unter  atmosphärischem  Drucke  sehr 
gering  sind;  macht  man  die  sehr  wahrscheinliche  Annahme, 
dafs  das  sieb  unter  andern  der  gewöhnlichen  Pressungen 
ähnlich  verhalte,  so  ergiebt  sich,  dafs  allgemein  bei  Erwär- 
mung des  Wassers  unter  beliebigem  couslaiitem  Druck  die 
in  Folge  der  Volumen  Veränderung  des  Wassers  verschwun- 
dene resp.  erzeugte  Wärmemenge  als  ganz  gering  vernach- 
lässigt werden  kann,  dafs  also  die  zugeführte  und  die  sehliefs- 
[icb  im  Wasser  enthaltene  Wärme  vorläufig  als  gleich,  d.  h. 
e>  =  c  angenommen  werden  darf. 

Der  Werth  von  c  wächst  nach  Kegnault  so  1;uiv>.wa 
mit  der  Temperatur,  dafs  mau  genau  &cou%  \*it  ^swVÄaäö&x 


374 

einen  cousEaolcu  Miltelwcrlh  dafür  verwenden  kann.  Clau- 
sa us  nimmt  für  c  deii  der  Temperatur  100°  eil  tsp  rech  enden 
Werth,  nämlich  c=  1,013,  während  ich  in  der  oben  er- 
wähnten Schrift  für  mittlere  bei  Dom pfmasch inen  vorkom- 
mende Dainpftemperatureu  die  empirischen  Formeln: 

g=  W=—  1.69H-  1,0224(  ....  (4) 
und 

w=  c  =^^-1,0221 (5) 

in  Anwendung  brachte.  Beide  Formeln  sollen  auch  im  Fol- 
genden benutzt  werden. 

In  Gleichung  { 1 )  stellte  Q  die  Wärmemenge  dar,  die  er- 
forderlich ist,  unter  deu  dort  angegebenen  Verhältnissen  aus 
der  Gewichtseinheil  Wasser  von  0"  gesättigten  Dampf  von 
(°  Temperatur  zu  erzeugen;  der  daselbst  mit  r  bezeichnete 
Werlh  (die  sogenannte  latente  Wärme)  giebt  hingegen  die 
Wärmemenge  an,  welche  der  Gewichtseinheit  Wasser  von 
f  von  aufsen  zugeführt  werden  mufs,  um  unter  conatantem 
Drucke  gesättigten  Dampf  von  gleicher  Temperatur  herzu- 
stellen. 

Während  der  Bildung  des  Dampfes  wird  nun  aber  der 
conslante  Druck  p  überwunden,  sonach  Arbeit  verrichtet 
Dieser  Arbeit  entspricht  eine  gewisse  Wärmemenge,  welche 
verschwindet.  Erfolgte  die  Dampferzeugung  aus  Wasser 
von  0°  unter  constautein,  der  Dampfspannung  gleichem 
Drucke,  dann  ist  von  der  zugefübrteu  Wärme  Q  schliefslich 
im  Dampfe  eine  geringere  Wärmemenge  zurückgeblieben; 
bezeichnet  man  diese  mit  J,  sowie  die  verschwundene,  in 
Arbeit  verwandelte  Wärme  mit  L,  so  ist: 

J  =  {?  —  L (6). 

J  habe  ich  -die  im  Dampfe  enthaltene  Wärmemenge  -  ge- 
nannt: in  der  Folge  soll  jedoch  dafür  die  kürzere  Benen- 
nung »  Dampfwärme  •  benutzt  werden. 

Wurde  hingegen  der  Dampf  unter  constantem,  der  Dampf- 
spannung gleichem  Drucke  aus  Wasser  erzeugt,  das  schon 
iin  Anfang  die  Temperatur  (  des  zu  erzeugenden  Dampfes 
halle,   dann   war  r  die  vou  aufewi  i.\xLa£tihxeu.de  Wärme. 


375 

Sublrahirt  man  davon  die  Wärmemenge  L,  die  bei  der 
Bildung  des  Dampfes  in  Arbeit  verwandelt  wird,  dann  er- 
giebt  sich  wieder  die  Wärmemenge ,  die  im  Dampfe  zu- 
riiek  blieb  oder  man  erfahrt,  wie  viel  mehr  Wärme  in  der 
Gewichtseinheit  von  gesättigtem  Dampf  der  Temperatur  t 
enthalten  ist,  als  im  Wasser  von  gleicher  Temperatur. 

Diese  Wärmemenge,  welche  mit  ß  bezeichne!  werden 
mag,  nannte  ich  die  "innere  latente  Wärme«,  sie  tindet 
sich  also: 

Q  =  r-L (7) 

und  giebt  in  Arbeit  ausgedrückt  zugleich  diejenige  Arbeit 
an,  die  zum  'f  heil  zur  Ueb  er  Windung  der  Cohäsion  des  Was- 
sers verwendet  wurde. 

Die  beiden  Wärmemengen  J  und  i>  sind  von  der  Art 
der  Herstellung  des  Dampfes  ganz  unabhängig  und  spielen 
daher  in  der  Lehre  von  den  Dämpfen  eine  wichtigere  Molle, 
als  die  Wcrthc  von  Q  und  r,  bei  deren  Verwendung  man 
immer  im  Auge  behalten  mufs,  dafs  der  Dampf  bei  seiuer 
Bildung  einen  constaulen  Druck,  überwinden  inufsle,  der  sei- 
uer eignen  Spannung  gleich  ist;  diese  beiden  Grüfscu  ent- 
halten uoch  die  Wärmemenge,  die  bei  der  ßilduug  unter 
der  genannten  speciellcu  Voraussetzung  iu  Arbeit  verwan- 
delt wurde. 

Die  beiden  Gleichungen  (6)  und  (7)  geben  übrigens  in 
Verbindung  mit  Gleichung  (1)  noch  die  Itcziehung: 

J=q+W (8). 

hie  Wärmemenge  L,  die  in  Arbeit  verwandelt  wird, 
wenn  die  Dampferzeuguug  unter  coustantcni,  der  Dampf- 
spannung gleichem  Drucke  erfolgt,  findet  sich  auf  folgende 
Weise. 

Ist  iv  das  Volumen  der  Gewichtseinheit  Wasser  und  v 
das  des  gcsiitliglcn  Dampfes,  beide  bei  gleicher  Temperatur 
genommen,  so  ist  die  Voluinvergröfserung  während  der 
Dampfbildung  offenbar: 


376 

und  da  hierbei  der  «instante  Druck  p  überwunden 
die  verrichtete  Arbeil: 

p(p—u>). 
Bezeichnet  ferner  A  daa  Warmeaequivalent  der  Arbeits- 
einheit, so  ist  die  in  Arbeit  verwandelte  Warme: 

Ap  (p  —  w>) 
oder   einfacher,    neun    man    mit   Clausius  die  Differenz 
v.  —  w  mit  u  bezeichnet: 

L  =  Apu (9> 

Der  Werth  u  ist  nur  eine  Function  der  Tetnperalnr, 
der  sich  durch  die  zuerst  von  Clausius  ')  gegebene  Be- 
ziehung 

T=A"'i (>»>■ 

in  welcher  T  die  absolute  Temperatur  bedeutet,  bestimmen 
ISfst. 

Die  Verbindung   der  beiden   letzten  Gleichungen  giebt, 

.  .  .  (U). 


Die  rechte  Seite  dieser  Formel  enthält  nur  bekaunte 
Gröfscn;  die  Berechnung  des  Ausdruckes  für  verschiedene 
Temperaturen  a)  ergab  mir,  dnfs  sich  der  Werth  L  mit  sehr 
grofser  Uebereinstimmung  mit  den  Wcrthen  der  Gl.  (11) 
durch  die  empirische  Formel: 

£  =  Ap«  =  BIogn£      ....     (12) 

berechnen  läfst,  wenn  man  unter  T  die  absolute  Tempera- 
tur 273 +  (  versteht  und  B  =  30,456  und  n  =  100  setzt. 
Die  Verbindung  dieser  letztem  Formel  mit  den  Gl.  (6) 
und  (7)  ergab  ferner  mit  Berücksichtigung  der  Versuchs- 
reihen Begnault's  über  die  Gesaunnlwärinc  des  Wasser- 
dampfes, dafs  bis  auf  Weiteres  die  Dampf  wärme: 

J  =  573,34  -+-  0,2342  *      .     .     .     .     ( 13) 

I)  Diese   Ann.   Bd.  69,  S.  508   päd    l;.l.   97,   S.  468,     C :.,!.   «c 

S.  81. 
2)  GriWiÜj.:  <ic.  5.  SU. 


377 

id  die  «innere  latente  Wärme«,  (zunächst  nur  für  initiiere 
Lei  Dampfmaschinen  vorkommende  Temperaturen) 

a  =  575,03  —  0,7882  t    ....     (14) 
esetzt  werden  darf. 

Stellt  mau  vor,  um  nun  zu  weitem  Betrachtungen  über- 
zugehen, iu  einem  für  Wärme  undurchdringlichen  Gefäfsc 
befinden  sich  m  Kilogr.  Dampf  und  St  —  »i  Kiiogr.  Wasser, 
beide  von  der  Temperatur  t,  der  Dampf  also  von  der  ent- 
sprechenden Spannung  p,  80  ist,  wenn  über  die  fs  noch  das 
Volumen  der  Gewichtseinheit  Wasser  mit  tc,  das  des  Dam- 
pfes mit  »  und  das  Volumen  der  ganzen  Masse  mit  V  be- 
zeichnet wird; 

V  —  (M  —  m)ic-t-mc 
=  Mw  -t-tn(v  —  u>), 
oder  wenn,  wie  oben,  c  —  tc  kürzer  mit  u  bezeichnet  wird: 

V—Mto  +  mu (15). 

In  dieser  Gleichung  ist  .1/  conslant  und  w  läfst  sich  an- 
uiihernd  als  conslant  betrachten,    daher   folgt,    wenn  durch 
irgeud  eine  Operation  sich  die  Temperatur  um  dt,  die  Dampf- 
uicugc  um  dm  ändert,  die  Veränderung  des  Volumens 
dV  =  d(mu). 

Steht  die  Masse  fortwährend  unter  einem  Drucke,  der 
immer  dem  eben  stattfindenden  Dampfdrucke  gleich  ist,  so 
l;ii-i  sich  während  der  unendlich  kleinen  Ausdehnung  um 
d  V  der  Druck  p  constant  annehmen  und  man  erhält  daher 
die  dabei  in  Arbeit  verwandelte  Wärme,  die  mit  dL  be- 
zeichnet werden  mag: 

dh=Apd(mu) (16). 

Während  die  Masse  ihr  Volumen  ändert,  also  Wärme 
Ig  Arbeit  abgiebt  oder  Arbeit  als  Wärme  aufnimmt,  kann 
gleichzeitig"  ein  Zu  oder  Abflihreu  von  Wärme  stattfinden; 
es  fragt  sich  min  nach  der  Veränderung  der  in  der  ganzen 
Masse  enthaltenen  Wärme.  Benutzt  man  die  bisher  an- 
gewandte Bezeichnung,  so  ist  die  im  Wasser  cuthaltcne 
Warme: 

(M  —  „•)  W, 


* 


die  im  Dampf  enthaltene: 

tnJ, 
sonach  die  iu  beiden  befindliche,  die  mit  U  bezeichnet  wer- 
den mag: 

U=MW+m(J  —  W) 
oder  mit  Berücksichtigung  der  GL  (8) 
U=MW+mo. 
VerHudert  sich   nun   das  Volumen   der  Masse   um   d  V, 
die  Dam  pfui  enge  um   dm  und   die  Temperatur   um  dt,   so 
folgt  durch  Differentiation  vorstehender  Gleichung  die  Ver- 
änderung der  im   Wasser  und  Dampfe  enthaltenen  Wärme: 

dü=M^dt  +  d(m9) 

oder  unter  Benutzung  von  Gl.  (5) 

dM=Mcdt  +  d(mn) (I). 

Diese  Gleichung,  iti  welcher  c  genau  der  Wcrth  ist,  den 
ftegnault  durch  Versuche  bestimmt  hat,  gilt  für  alle  Fälle, 
mag  die  Masse  sich  ausdehnen,  mag  sie  zusammengedrückt 
werden,  mag  Wärme  zu-  oder  abgeführt  werden;-  sie  ist 
daher  als  die  Fundamentalgleichung  für  Dämpfe  zu  be- 
trachten. 

Bei  ihrer  Verwendung  wird  man,  so  lange  die  innere 
latente  Wärme  nicht  genauer  bekannt  ist,  den  Werth  c 
couslaut  setzen  und  dafür  den  in  GL  (5)  gegebenen  Werth 
benutzen. 

Die  Wärmemenge  ferner,  die  während  der  angenomme- 
nen Veränderung  der  Masse  von  außen  zuzuführen  ist  und 
die  mit  dQ  bezeichnet  werde,  ist  offenbar  gleich  der  Zu- 
nahme d  U  der  inneren  Wärme,  vermehrt  um  die  während 
des  Vorganges  in  äufsere  Arbeit  verwandelte  Wärme;  be- 
zeichnet man  die  letztere  mit  dL,  so  erhält  man  als  eine 
zweite  Hauptgleichung : 

d  Q  =  Mcdt  +  d  (mo)  +  dL     ...     (II). 

Steht  die  Masse  während  ihrer  Veränderungen  unter 
einem  äufseren  Drucke,  der  in  jedem  Augenblicke  dem 
eben  stattfindenden  Dampfdrücke  gleich  ist,  dann,  aber  auch 
nur  dann  kann  man  tut  dL  ico.  "\u  G\.  (.Wi  %«%cbeoen 


379 

Werth  Apd(mu)  sabstitoiren,  in  )ed^m  andern  Falle  mufs 
dL  besonders  bestimmt  seyn.  Einige  der  wichtigsten  dieser 
Fälle  habe  ich  in  der  oben  genannten  Schrift  behandelt. 

Die  beiden  Hauptgleichungen  (1)  und  (II)  lassen  sich 
leicht  auf  die  Form  bringen,  in  welcher  sie  Clausins  in 
diesen  Annalen  gegeben  hat. 

Nach  GL  (7)  und  (9)  ist 

g=zr  —  Apu. 

Setzt  man  diesen  Werth  von  q  in  Gl.  (I),  so  folgt: 
dU=Mcdt  +  d(mr)  —  d(Ampu) 
oder 

=  Mcdt-\-d(mr)  —  Amu-^dt  —  Apd(mu) 

und  hieraus,  wenn  man  noch  die  GL  (10)  benutzt,  nach 
einigen  leicht  zu  übersehenden  Umformungen: 

dl/=(Jf— m)cd*+rdf»+iii((c+£j— ^dt—Apd(mü). 
Den  Werth: 

der  nnr  von  der  Temperatur  abhängt,  bezeichnet  Clau. 
sius  ')  mit  ht  unter  Benutzung  derselben  Bezeichnung 
schreibt  sich  endlich: 

dü=(M— m)cdt+rdm+mhdt— Apd(mu)     .     (p). 

Der  Vergleich  dieser  Gleichung  mit  Gl.  (I)  zeigt  deut- 
lich, welchen  Vortheil  die  Einführung  des  Begriffs  der 
»inneren  latenten  Wärme  p«  gewährt.  Für  den  praktischen 
Gebrauch  ist  Gl.  (I)  weit  bequemer;  ihre  Ableitung  erfolgt 
auf  einem  ganz  elementaren  Wege  und  überdies  erkennt  man 
an  ihr  sofort,  dafs  sie  integrabel  ist,  eine  Eigenschaft,  die 
sehr  verdeckt  ist,  wenn  man  die  Gleichung  in  der  Form  I" 
schreibt. 

Für  den  speciellen  Fall,  dafs  die  Masse  während  ihrer 
Volumveränderung  einen  Druck  überwindet,  der  in  jedem 
Momente  dem  Dampfdrucke  gleich  ist,  folgte  ferner  die  von 
auf$en  zuführende  Wärmet 
1)  Die*-  AoDälea  Bd.  79,  S.  389  sowie  B4.  OT,  S.  4&*. 


UIK 


dQ=dV+Äpd(mu) 
und  daher  mit  Benutzung  von  Gl.  (I") 

dQ=(M— m)cdt+rdm+mhdl      .     .     (W). 
In  dieser  Form  hatClausius  ')  die  Gleichtuig  benutzt. 
Führt   man    den    ebeu    gegebenen   Werlli  von  h   ciu,    so 
schreibt  sich  auch  nach  einfacher  Umformung: 

d  Q  —  M  cdi-*-d(mr)  —  m  -£  d  t. 

In  dieser  Form,  die  Clausius  ebenfalls  zuerst  benutzte, 
ist  die  Gleichung  für  Lösung  gewisser  Probleme  besonders 
brauchbar,  natürlich  nur  für  solche,  bei  denen  die  Vor- 
aussetzung gilt,  dafs  die  Masse  einen  der  Dampfspannung 
glcichcu  Druck  zu  Überwinden  hat 

Die  allgemeinen  Gleichungen  (I)  und  (II)  mögeu  nuu  zur 
Lösung  eines  bestimmten  Problems  verwendet  werden.  Eins 
der  ersten  Resultate,  welches  die  mechanische  Wsrme- 
lheorie  ergab  und  dessen  Richtigkeit  die  Versuche  von 
Joule  vollständig  bestätigten,  war  folgendes:  Verbindet 
man  ein  mit  einem  permanenten  Gase  gefülltes  Gefäfs  mit 
einein  luftleeren,  so  finden  keine  Temperaturveränderun- 
gen  statt,  wenigstens  ist  am  Ende  nach  der  Ausbreitung 
des  Gases  im  luftleeren  Räume  die  Temperatur  wieder  die 
anfängliche.  Es  ist  nun  vielleicht  nicht  ohne  Interesse  zu 
untersuchen,  -welche  Erscheinungen  auftreten  müssen,  wenn 
man  ein  mit  Wasser  und  Dampf  gefülltes  Gefäfs  mit  einem 
luftleeren  Räume  in  Verbindung  bringt  und  wenn  während 
des  Uebergauges  Wärme  von  aufsen  weder  zu-  noch  ab- 
geführt wird.« 

Während  der  Ausbreitung  des  Dampfes  im  luftleeren 
Räume  wird  keine  äufsere  Arbeit  verrichtet;  da  nun  auch 
weder  "Wärme  zu-  noch  abgeführt  wird,  so  ist  offenbar 
die  in  der  Masse  enthaltene  Wärme  unverändert  geblieben, 
sonach  düszO  und  nach  Gl.  (1) 

Medt+d(MQ)=0. 
Ist  im  Anfange  die  Dampfmenge  m,  und  die  Temperatur  I, 
und  bezeichnet  m,  die  Dampfmenge  und  f,   die  Tempert 
1)  Die«  Aaulea  Bd.  97,  S.  459.  1 


tur  am  Ende,  so  folgt  ohne  Weiteres  durch  Integration 
vorstehender  Gleichung: 

Mc(t,  —  (,)+»»,/>,—  msp,=0 
und  hieraus  die  Dainpfmcnge  am  Ende. 

„,=  »'<'.-'.)+an-  ....  (1„. 

Neben  dieser  Gleichung  läfst  sich  noch  eiue  zweite 
aufstellen.  Ist  Vx  das  Volumen  der  Masse  im  Anfange  und 
F,  das  Volumen  am  Ende,  so  folgt  uuler  Beibehaltung  der 
früheren  Bezeichnung  nach  Gl.  (15),  wenn  m,  und  ut  die 
der  Temperatur  (,  und  fs  entsprechenden  Werthe  von  u 
darstellen: 

F,=jtfw+m1u1 

F,  =Mw-t-m,  ii, 
und  hieraus: 

F5  — F,=m,u,— m,u, 
oder  wenn  man  noch  den  Werth  von  m,   aus  Gl,  (17)  be- 
nutzt nach  leichter  Umformung: 

(F,  -V,)2l=Me(t,  -!,)  +  «!,  «.(^-^)   (»»). 

Da  man  es  hier  mit  einer  Ausdehnung  zu  thun  hat,  so  ist 
die  linke,  also  auch  die  rechte  Seite  dieser  Gleichung  po- 
sitiv und  da  überdiefs  der  Werth  —  mit  der  Temperatur 
teächsl,  so  ersieht  man  zunächst,  dafs  immer  die  Endtem- 
peratur f.  kleiner,  als  die  Anfangslemperatur  (,  ist. 

Verbindet  man  also  ein  mit  Wasser  uud  Dampf  gefüll 
tes  Gefäfs  mit  einem  luftleeren,  so  findet  stets  eine  Tem- 
peraturabnahme  statt. 

In  Gl.  (IS)  bedeutet  F,~ -V,  den  Inhalt  des  anfanglich 
luftleeren  Baumes;  die  erforderliche  Grül'se  desselben  läl'st 
sich  sonach  berechnen,  wenn  die  Dampfmenge  m,  im  An- 
fange, sowie  die  Anfangs-  und  Endtemperatur  (,  uud  (, 
gegeben  sind,  weil  in  diesem  Falle  sich  nach  Gl.  (1-1)  die 
innere  latente  Wärme  Qt  uud  t>„,  sowie  nach  Gl.  (12)  die 
Werthe  u,   uud  h,  bestimmen  lassen,  da  die  den  Tcmpe- 


382 

raluren  tt   und  f,  entsprechenden  Wcrlhe  der  Dampfspan- 
nungen als  bekannt  anzunehmen  sind. 

Wäre  umgekehrt  das  Volumen  des  luftleeren  Raumes 
gegeben,  so  giebt  Gl.  (18)  das  Mittel  an  die  Hand  die  End- 
temperalur  (._.  zu  berechnen.  In  diesem  Falle  läfst  sich  al- 
lerdings die  Gleichung  nur  durch  Probiren  lösen,  da  der 
Wcrth  —  nicht  in  einfacher  Beziehung  zur  Temperatur 
sieht.  Um  solche  und  ähnliche  Rechnungen  zu  erleichtern, 
habe  ich  in  der  angeführten  Schrift  die  Werthe  vou  -$- 
für  verschiedene  Temperaturen  berechnet  und  tabellarisch 
zusammengestellt. 

Dieser  Werth  spielt  überhaupt  eine  nichtige  Rolle,  da 
man  bei  der  Lüsung  verschiedener  Probleme  auf  denselben 
stufst;  man  kann  ihm  Übrigens  eine  bestimmte  Bedeutung 
unterlegen.  Da  nämlich  u  nahezu  das  Volumen  der  Ge- 
wichtseinheit Dampf  ist,  indem  man  in  der  Gleichung: 

W=ü  — 10 
den  Werth  tu,  das  Volumen  der  Gewichtseinheit  Wasser, 
gegen  den  viel  gröfseru  Werth  v  vernachlässigen  kann,  so 
bedeutet  —  annähernd  die  innere  latente  Wärme  der  Vo- 
htmeneiitkeit  Wasserdampf,  weil  p  die  der  Gewichtsein- 
heit ist. 

Ferner  verdient  es  hervorgehoben  zu  werden,  dafs  die 
rechte  Seite  der  Gl.  (18)  nichts  anders  darstellt,  als  die 
Wärmemenge,  «die  man  der  Masse  M  (wovon  m,  dampf- 
förmig) von  der  Temperatur  tL  bei  constanlem  Volumen 
entziehen  müfste,  damit  die  Temperatur  auf  f ..   sinke  ').« 

Ist  nun,  um  wieder  zu  unserm  Fall  zurückzukehren,  die 
Eudtcmpcratur  (,  bekannt,  entweder  direct  gegeben  oder 
aus  Gl.  (18)  bestimmt,  dann  berechnet  sich  nach  Gl.  (17) 
die  Dauipfincngc  am  Ende  des  Versuches  und  der  Ver- 
gleich mit  der  anfänglichen  Dampfmenge  wi,  zeigt  dann,  ob 
während  des  Vorgangs  ein  Niederschlagen  von  Dampf  oder 
ein  Verdampfen  von  Wasser  stattgefunden  hat. 
I )  Grundlage  M  S.  Üb.     Problem  VI. 


983 

Seilt  man: 

mt=mt+fA9 
so  repräsentirt  p,  wenn  es  positiv  auftritt,  die  Dampfmenge, 
die  sich  in  Folge  der  Expansion  in  den  luftleeren  Raum 
neugebildet   bat,   erscheint  es  negativ,  dann  giebt  es  die 
Dampfinenge  an,  die  sich  niedergeschlagen  hat 

Die  Substitution  dieses  Werlhes  von  m2   in  61.  (17) 
giebt  dann: 

„ Mc(t,—  *»)— M|(gl  — gl) 

^— -  s # 

Setzt  man  nun  für  GL  (14): 

Q  =  a—ßt, 

indem  man  die  dort  gegebenen  Zahlenwerthe  durch  a  und 
ß  ersetzt,  so  folgt  aus  der  letzten  Gleichung: 


^  =  (#4—  »i) 


Q*—Qi 


ß  "      Q* 

oder  weil  bis  auf  Weiteres  c  =  1,0224  und  ß  =  0,7882 
gesetzt  werden  darf: 

fi  =  (1,2971  M— nA)to=**    .    •      (19). 

Da  nun  %tets  «,<!  und  nach  Obigem  g2'^(fl  ist,  so 
folgt,  dafiß  unter  allen  Umständen  der  Werth  fi  positiv  er- 
scheint, d.  h.  es  findet  immer  ein  Verdampfen,  nie  eine 
Condensation  statt 

Das  Problem  ist  hiernach  vollständig  gelöst;  verbindet 
man  also  ein  mit  Wasser  und  Dampf  gefülltes  Gefiifs  mit 
einem  luftleeren,  so  findet  eine  Temperaturabnahme  und 
gleichzeitig  ein  Verdampfen  eines  Theiles  des  Wassers  statt 
Damit  das  letztere  möglich  sey,  mufo  natürlich  immer  im 
Anfange  eine  gewisse  Quantität  Wasser  vorhanden  seyn  und 
die  vorstehenden  Rechnungen  gelten  auch  nur  so  lange,  als 
man  versichert  seyn  darf,  dafs  der  Dampf  am  finde  noch 
im  gesättigten  Zustand  ist. 

Zugleich  ist  aus  vorstehenden  Ergebnissen  zu  schliefsen, 
dafs,  wenn  im  Anfange  kein  Wasser,  sondern  nur  gesät- 
tigter Dampf  vorhanden  ist,   der  Dampf  während  seiner  4 


1 


384 

Ausbreitung  im  luftleeren  Räume  in  den  Überhitzten  Zu- 
stand Übergehen  inufs. 

Dafs  gesättigter  Dampf  in  den  luftleeren  Raum  evpau- 
dirt,  sich  überhitzen  müGse,  hat  in  neuester  Zeit  auch  G. 
Schmidt  a  üb  gesprochen  '}. 

Der  Ucbcrgang  des  Dampfes  aus  dein  gesättigten  in  den 
überhitzten  Zustand  kanu  natürlich  auch  stattfinden,  wenn 
im  Anfange  Wasser  vorhandeu  ist,  die  Ausdehnung  aber 
ein  gewisses  Maafs  überschreitet.  Die  G ranze,  bis  wohin 
in  diesem  Falle  die  obigen  Formeln  noch  gültig  sind,  läfst 
sich  jedoch  leicht  bestimmen;  sie  ist  nämlich  dadurch  be- 
zeichnet, dafs  schließlich  alles  Wasser  in  Dampf  verwan- 
delt, also  nach  der  bisherigen  Bezeichnung: 

m,—M 
ist.     Dann  ergiebt  sich  aus  Gl.  (17) 

M(ct,  +Qs)^=Mct,  -f-D»,  Q, 
oder: 

Da  nun  aber  nach  Gl.  (8)  W, -f-p,  nichts  anderes  als 
die  Dampfwärme  J,  bedeutet,  so  berechnet  sich 

/,=w,+£e   .....  CM) 

und  hieraus  dann  nach  Gl.  (13)  die  Endtemperatur  f,.  Dann 
endlich  giebt  Gl.  (18)  Vt—V,  als  das  Volumen  des  luft- 
leeren Raumes,  den  mau  mit  dein  Dampf-  und  Wasser- 
räume  in  Verbindung  setzen  mUfste,  damit  schliefslich  alles 
Wasser  verdampft,  der  Dampf  aber  eben  noch  im  gesät- 
tigten Zustande  sey.  Würde  der  Raum  gröfser  angenom- 
men, als  ihn  vorstehende  Rechnung  ergiebt,  dann  ist  der 
Dampf  schliefslich  überhitzt  und  für  diesen  Fall  läfst  sieb 
der  Vorgang  beim  heutigen  Standpunkt  der  Wissenschaft 
nicht  weiter  verfolgen ,  d.  h.  man  kann  die  Temperatur  nnd 
Spannung  des  Überhitzten  Dampfes  am  Ende  des  Versucht 
nicht  bestimmen. 

Wollte  man  freilich  die,  jedoch   unzweifelhaft  unmlas- 
1)  ßcitrig  ur  Mcdmiifc   der  Gur      Bd.  39,  S.  41   d«  J»hv8»ugi    ISN 
der  Simmgibo-ietiie  der  küi.  Audemic  la  Wim. 


sige,  Annahme  machen,  dafs  sich  die  Wasserdämpfe,  abge- 
schlossen vom  Wasser  selbst  im  gesättigten  Zustande  wie 
permanente  Gase  verhalten,  wie  das  neuerdings  Doch  von 
G.  Schmidt  (a.  a.  O.)  geschehen  ist,  so  wäre  die  Beant- 
wortung der  Frage  leicht. 

Dana  wäre  nämlich  J  nicht  blofs  die  im  gesättigten 
Dampfe  von  der  Temperatur  t  enthaltene  Wärme,  sondern 
auch  die  innere  Wärme  des  überhitzten  Dampfes  der  glei- 
chen Temperatur,  welches  auch  dessen  Spannung  wäre  '). 

Dauu  würde  Gl.  (20)  auch  für  den  letzten  Fall  gelten 
und  die  Temperatur  (,  ergeben,  welche  der  überhitzte 
Dampf  am  Ende  des  Versuchs  hat.  Wäre  z.  B.  schon  an- 
fangs nur  Dampf  vorhanden,  also  m,=Jff,  danu  würde 
Gl.  (20)  ergeben: 

also  (,  =t, ,  d.  h.  die  Temperatur  würde  am  Ende  die  an- 
fängliche seyn,  wie  das  eben  bei  Gasen  der  Fall  ist. 

Schließlich  sollen  unsere  obigen  Fortnein  durch  ein  spe- 
cieltcs  Beispiel  noch  etwas  nühcr  erläutert  werden.  In 
einem  Gefäße  befinden  sich  M  Kilogr.  Wasser  und  Dampf 
und  zwar  seyen  »i,=0,95  M  Kilogr.  als  Dampf,  also  5  Proc. 
Wasser  vorhanden.  Die  Temperatur  sey  t,=1520,22, 
also  die  Dampfspannung  5  Atmosphären.  Durch  Verbin- 
dung mit  einem  luftleeren  Gefäße  soll  die  Temperatur  auf 
(,,  =  100",  also  die  Spannung  auf  eine  Atmosphäre  sinken. 

Danu  ergiebt  Gl.  (17)  sofort  die  Dampfmengc  am  Ende, 
weil  nach  Gl.  (14)  p,=455,05  und  p,  =496,21  ist: 

mt  =  Q,98M. 
Es  ist  sonach   eine  Wasseruienge   in  Dampf  übergegangen, 
deren  Gewicht  0,03  M  Kilogr.  beträgt. 

Da  sich  nach  Gl.  (12) 

«,=0,3617  und  «,  =  1,6449 
bestimmen,  so  folgt  das  Volumen  der  Masse  im  Anfange: 

V,  =  Jfto+m,  «,  =0,3446  M 
am  Ende: 


1  )   Grup.1t! 
Poggcndorl 


K5  =  tf«>-+ 

e  de  S.  173. 
i  Annal.   Bd.  CX. 


.  =1,6130  M 


uiüi  daraus  crgiebl  sich  das  Expansionsverhältnifc: 

[.'  =  4,69 

und  ferner  das  Verhältnife  des  Inhalts  des  anfänglich  luft- 
leeren Gefäfses  zum  Inhalte  des  anfänglich  mit  Wasser  und 
Dampf  gefüllten: 

Hätte  mau  Li  u  gegen  verlangt,  dnfs  schlicfslico  alles  Was- 
ser als  Dampf,  aber  gesättigt,  vorhanden  sey,  so  bestimmt 
sich  der  erforderliche  Inhalt  des  luftleeren  Gefnfses  auf  fol- 
gende Weise: 

Zuerst  berechnet  sich  nach  Gl  (20)  die  Dampfwärme 
des  schliefslich  vorhandenen  Dampfes,  weil  nach  Gl.  (4) 
der  der  Temperatur  f,  =  152,22  entsprechende  Werth  von 
IV,  =  153,94  ist: 

J,  =  586,23 
und  diesem  Werthe  entspricht  nach  Gl.  (13)  die  Tempera- 
tur (j  =53'' (I  und  nach   Regnaults  Versuchen  die  Span- 
null-    von    117,17  Millimeter    Quecksilbersäule    oder  0,157 
Atmosphären. 

Das  anfängliche  Volumen  ist,  wie  oben: 
K,  =0,3446  M. 
Hin^e^cn  das  F.üdvoluinen,  weil  der  der  Temperatur  t]=;551' 
entsprechende  Werth  von  w^— 9,6031   ist: 

V,  =9,6041   M. 
Daher  das  Expansionsvcrhälttiifs: 
£  =  27,84, 

und  sonach  müfslc  der  Inhalt  des  anfänglich  luftleeren  Ge-    ' 
fäfses  26,64  Mal  so  grofs  seyn,  als  der  Inhalt  des  mit  Wag-    I 
ser  und  Dampf  gefüllten,  damit  am  Schlüsse  des  Vorganges 
nur  noch  gesättigter  Dampf  vorhanden  wäre. 

Wäre  der  Inhalt  des  zweiten  Gefäfses  groTser,  so  würde 
der  Dampf  in  den  überhitzten  Zustand  übergehen.  j 

Zürich,  den  12.  April   1860. 


38T 


III.     lieber  die  Temperatur  der  Dämpfe,  welche 

aus  siedenden  Salzlösungen  aufsteigen; 

von  A.  TVüllner. 


In  seiner  Abhandlung  ')  über  die  Siedepunkte  der  Salzlö- 
sungen ist  Hr.  Regnault  zuerst  der  gewöhnlichen  Erklä- 
rungsweise der  von  Rudberg  beobachteten  Thatsache,  daf8 
die  Thermometer  in  Dlmpfen,  welche  aus  siedenden  Salz- 
lösungen entweichen,  nur  die  Temperatur  der  Dämpfe  an. 
zeigen,  welche  aus  bei  gleichem  Drucke  siedenden  Wasser 
emporsteigen,  entgegentreten.  Nach  derselben  sollte  der 
Dampf  im  Momente  seines  Entstehens  und  so  lange  er  in 
der  Flüssigkeit  weilte,  allerdings  die  Temperatur  der  Lö- 
sung haben,  und  für  diese  Temperatur  gesättigt  seyn,  aber 
dann  aus  der  Flüssigkeit  austretend  sich  ausdehnen,  bis 
sein  Druck  dem  äufsern  auf  der  Flüssigkeit  lastenden  Druck 
gleich  wäre.  Diese  Ausdehnung  solle  dann  den  Wärme- 
überschufc  verbrauchen,  und  dann  den  Dampf  genau  auf 
die  Temperatur  zurückführen,  wo  seine  Spannkraft  dem 
äufsern  Drucke  das  Gleichgewicht  hält 

Hr.  Regnault  bat  die  Thatsache,  dafs  das  Thermome- 
ter im  Dampfe  einer  siedenden  Salzlösung  stets  die  Tem- 
peratur des  Dampfes  anzeige,  welcher  aus  reinem  unter 
gleichem  Drucke  siedenden  Wasser  aufsteige,  auf  das  Um- 
fangreichste bestätigt,  aber  als  Grund  dieser  Erscheinung 
angegeben,  dafs  die  Thermometerkugel  stets  von  flüssigem 
Wasser  bedeckt  wird,  welches  ab  und  zu  in  die  Flüssig- 
keit herabtropft.  Wenn  das  aber  der  Fall  ist,  so  ist  klar, 
dafs  man  nicht  die  Temperatur  der  Dämpfe  mifst,  sondern 
die  des  an  der  Thermometerkugel  siedenden  Wassers.  Das 
Wasser  habe  sieb  meist  am  Stiele  des  Thermometers  nieder- 
geschlagen und  sej  an  die  Kugel  hinabgeronnen,  aber  selbst 
als  die  Thermometerkugel  durch  passend  angebrachte  Schirme 
gegen  das  vom  Stiel  hinabgelaufene  Wasser  geschützt  sey, 

I)   Comptes  rendus  tom.  XXXIX,  Po  gg.  Ami.  Bd.  93. 

"üä* 


388 

habe  dieselbe  nicht  trocken  erhallen  werden  können,  au- 
fser  sehr  nahe  über  der  Flüssigkeit.  Dort  sey  aber  auch 
eine  merklich  höhere  Temperatur  beobachtet  worden.  Ocr 
Grund  dafür  aber,  dafs  die  Dämpfe  sich  sobald  ober  der 
Flüssigkeit  niederschlagen,  sey  in  der  grofsen  Menge  Flüs- 
sigkcilstropfen  zu  suchen,  welche  beim  Sieden  mit  in  die 
Höhe  gerissen,  in  dem  Dampf  räum  verdampfen  und  durch 
ihr  Verdampfen  die  Wärme  den  Dumpfen  entziehen;  au- 
fserdem  in  äufserer  Abkühlung. 

Hr.  Reguao.lt  führt  dann  noch  weiter  aus,  weshalb 
man  nicht  annehmen  könne,  dafs  die  Temperatur  der  Dämpfe 
der  mit  dem  Thermometer  beobachteten  gleich  sey,  indem 
er  entwickelt,  dafs  mau  in  den  obern  Schichten  der  Flüs- 
sigkeit deu  Dämpfen  nicht  eine  viel  höhere  Dichtigkeit  zu- 
schreiben könne  als  dem  iiufseren  Drucke  entspreche  und 
dafs  deshalb  die  nach  der  gewöhnlichen  Erklämngs weise 
anzunehmende  Ausdehnung  und  folgeweise  Erkaltung  nicht 
stattfinden  können. 

Zu  diesen  von  Hrn.  Regnault  angegebenen  Gründen, 
habe  ich  ')  vor  einiger  Zeit  noch  einige  hinzugefügt,  indem 
ich  den  Nachweis  zu  liefern  versuchte,  dafs  die  Dämpfe, 
welche  aus  siedenden  Salzlösungen  emporsteigen,  überhitzte 
scyu  müssen;  wie  sich  leicht  aus  einer  nähern  Betrachtung 
der  Dauipfbildung  von  Salzlösungen  ergiebr.  ist  aber  der 
aus  siedenden  Salzlösungen  aufsteigende  Dampf  nicht  ge- 
sättigt für  die  Siedetemperatur,  so  kann  die  beobachtete 
niedrigere  Temperatur  uicht  der  Natur  dieser  Vorsänse. 
sondern  nur  störenden  Umständen  zuzuschreiben  seyn. 

Die  verminderte  Spannkraft  des  Dampfes,  welche  wir 
hei  Salzlösungen  beobachten,  ist  Folge  der  Anziehuug,  wel- 
che von  den  Salztbeilchcn  auf  das  Wasser  ausgeübt  wird 
und  welche  deshalb  die  Dauipfbildung  ebenso  erschwert, 
wie  ein  stärkerer  auf  dein  Wasser  lastender  Druck.  Des- 
halb erhält  der  in  der  Flüssigkeit  sich  bildende  Dampf  ersl 
bei  höherer  Temperatur  die  Dichtigkeit  uud  Spannung 
welche  in  reinem  Wasser  der  Dampf  schon  in  uiederer 
1)  Pogg.  Ann.  Bd.  103. 


I 


Temperatur  erhält.  Die  Dichtigkeit  des  schoo  gebildeten 
Dampfes  wird  aber  durch  das  Salz  noch  vermindert,  wie 
Hr.  Magnus  nachgewiesen  hat.  Derselbe  fand  nämlich, 
dafs  eine  Kochsalzlösung  zu  siedendem  Wasser  gebracht, 
die  Spannkraft  des  Dampfes  sofort  um  ein  bedeutendes  ver- 
mindere. Sowie  nun  der  über  dem  Wasser  lastende  Dampf 
in  dem  Barometer  von  dem  Salze  afficirt  wird,  so  mui's 
auch  der  in  der  Flüssigkeit  als  Blase  aufsteigende  Dampf 
von  deu  Salztheilchcn  angezogen  werden,  und  selbst  wenn 
er  im  Augenblicke  seiner  Bildung  die  Dichtigkeit  des  in 
siedendem  Wasser  gebildeten  Dampfes  hatte,  durch  die  Ein- 
wirkung; des  Salzes  verdünnt  werden.  Da  also  überhaupt 
aus  einer  Salzlösung  nur  Dampf  sich  entwickeln  kann,  der 
eine  geringere  Dichtigkeit  besitzt  als  der,  bei  gleicher  Tem- 
peratur aus  reinem  Wasser  aufsteigende,  so  mufs  bei  glei- 
cher Spannung  der  aus  einer  Salzlösung  sich  entwickelnde 
Dampf  eine  höhere  Temperatur  haben;  es  mufs  also  auch 
der  Dampf  einer  Salzlösung  bei  einer  Spannung  von  760"™ 
eine  höhere  Temperatur  haben,  als  100°. 

Zu  diesen  Gründen,  dafs  der  aus  siedenden  Salzlösuii 
gen  aufsteigende  Dampf  überhitzter  und  nicht  gesättigter 
si:v,  läfst  sich  noch  eiu  anderer  hinzufügen,  aus  welchem 
hervorgeht,  dafs  die  gewöhnliche  Erklürungsweisc  der  Bud- 
berg'sclicn  Beobachtung  einen  vollständigen  Widerspruch 
in  sieb  schliefst,  nämlich  den,  dafs  eine  Salzlösung  leichter 
verdampfe  als  reines  Wasser- 
Wenn  eine  gegebene  Menge  Wasser  von  der  Tempe- 
ratur (°  in  gesättigten  Dampf  von  derselben  Temperatur 
verwandelt  werden  soll,  so  mufs  ihm  eine  bestimmte  Wärme- 
menge zugeführt  werden,  welche  bewirkt,  dafs  die  Was- 
scrtheilcben  aus  deu  dem  zweiten  Aggrcgalzuslande  entspre- 
chenden Abständen  in  die  dem  dritten  Aggregalzustandc 
entsprechenden  Abstände  gebracht  werden,  und  welche  die 
durch  die  Volumvergrüfserung,  welche  bei  der  Verdam- 
pfung stattfindet,  bedingte  äufsere  Arbeit  leistet.  Diese 
Wärmemenge  ist  die  latente  Wärme  der  Dämpfe,  wie  sie 
von    Hrn.    Reguault   bestimmt   ist;  sie  zerfallt  nach   des 


390 

besagten  in  zwei  Tbeile,  deren  erster  dazu  dient  um  die 
Cobärenz  der  Wassertlieilchcn  zu  überwinden,  also  die  bei 
diesem  Processe  notwendige  innere  Arbeit  zu  leisten.  Die- 
ser ist  daher  ein  Maats  für  die  grossere  oder  geringere  Leich- 
tigkeit mit  der  eine  Flüssigkeit  verdampft.  Von  der  beim 
Verdampfen  latent  gewordenen  Wärme  ist  auch  nur  dieser 
wirklich  iu  den  Dampf  Übergegangen,  da  der  andere  Theil 
zu  äufserer  Arbeil  verbraucht  ist.  Man  kann  nun  diese 
Wärmemenge  aus  der  iunern  im  Dampfe  enthaltenen  W7ärmi' 
bestimmen.  Letztere  besteht  nümlich  aus  der  dem  Wasser 
zugeführten  Wärine,  bis  es  die  Temperatur  t"  erhalten  halte, 
vermehrt  um  diesen  Theil  der  Wärme,  welche  man  dem 
Wasser  von  der  Temperatur  f  hinzuführen  mufslc,  um  es 
in  gesättigten  Dampf  derselben  Temperatur  zu  verwandeln. 
Bezeichnen  wir  diesen  letztem  Theil  mit  W,  die  specinschc 
Wärme  des  Wassers  mit  c,  die  angewandte  Menge  mit  «, 
die  Siedetemperatur  mit  ("  und  gehen  wir  von  dem  Null- 
punkt der  Ccntcsiuialscale  aus,  so  dafs  V  der  Ueberschufe 
der  in  der  Dampfmenge  m  enthaltenen  inneren  Wärme  übci 
die  in  der  gleichen  Menge  Wasser  von  l>°  enthaltene  an- 
giebt,  so  ist 

V=W+mcl 
also 

W^U  —  mct. 
Die    innere   Wärme    U  einer   Dampfmenge   läfst   eich  nun 
bestimmen  aus  der  Gesammtwärme  Q,  welche  nothwemfy 
ist,  um  eine  bestimmte  Quantität  Wasser  von  0°   in  Dampf 
von  ("  zu  verwandeln.   Diese  läfst  sich  wiedergeben  durri 

Q=U+AF 
wenn  wir  mit  F  die  bei  diesem  Proccsse  geleistete  äufserc 
Arbeit  bezeichnen   und   mit  A   den    Wärinewcrlh   der  \i- 
biilscinbeit. 

Die  Wärmemenge  Q  ist  nun  verschieden  )e  nach  dem 
Wege,  auf  welchem  die  I kämpf hildung  erfolgt  ist,  weil  )t 
nach  dem  verschiedenen  Wege  die  äufscre  Arbeil  F  und 
somit  AF  verschieden  ist.  V  die  innere  Wärme  des  Da«* 
pfes  ist  aber  von   diesem  Wege,  auf  welchem  der  Dampf 


; 


391 

erzeugt  ist,  unabhängig,  sie  isl  immer  dieselbe  für  gesät- 
tigten Dampf  bestimmter  Spannung.  Ist  daher  für  irgend 
eine  Art  der  Dampfbildung  Q  bekannt,  und  läfst  sich  AF 
bestimuien,  so  kann  /■'  ein  für  allemal  für  jede  Tempera- 
tur bestimmt  werden.  Daratis  läfst  sich  dann  auch  die 
Wärmemenge  W  berechnen,  welche  zu  der  inneren  bei 
diesem  Processe  nothwendigen  Arbeit  verwandt  ist. 

Die  innere  Wärme  U  einer  gegebenen  Menge  gesättig- 
ten Wasserdampfes  von  gewisser  Spannung  mufs  nun  aber 
nicht  nur  unabhängig  sevn  von  dem  Wege,  auf  welchem  die 
Verdampfung  vor  sich  gegangen  ist,  sie  mufs  auch  ganz  un- 
abhängig seyn  von  der  Flüssigkeit,  aus  welcher  der  Dampf 
entstanden  ist,  vorausgesetzt  nur,  dafs  der  Dampf  reiner 
W*asserdampf  ist  und  für  die  Temperatur,  welche  er  be- 
sitzt, gesättigt  ist.  Denn  die  innere  Wärine  eines  Körpers 
bangt  nur  von  dem  Zustande  desselben  ab,  der  durch  das 
Volumen  und  den  Diuck,  unter  welchem  der  Körper  steht, 
genau  bestimmt  ist;  die  innere  Wärme  ist  nur  eine  Func- 
tion des  Volumens  und  des  Druckes,  oder  beim  gesättig- 
ten Wasserdampf  sogar  nur  des  Druckes.  Wollte  man  da- 
her annehmen,  dafs  gesättigter  Dampf,  je  nachdem  er  aus 
reinem  Wasser  entstanden  isl  oder  aus  nicht  reinem  sich 
gebildet  hat,  eine  verschiedene  iuuerc  Wärme  besitze,  so 
miifstc  man  auch  annehmen,  dafs  der  Dampf  jenachdem  ein 
ganz  anderer  Körper  sey,  eine  Annahme,  welche  gewifs 
Niemaud  machen  wird. 

Wenn  nun  nach  der  gewöhnlichen  Ei  klärungsweise  der 
von  ftudberg  beobachteten  Thatsache  angenommen  wird, 
dafs  der  aus  siedenden  Salzlösungen  entweichende  Dampf 
im  Momente  der  Entbindung  für  die  Siedetemperatur  ge- 
sättigt sey,  so  muls  dann  auch  der  Dampf  genau  die  in- 
nere Wärme  besitzen,  welche  der  aus  reinem  Wasser  bei 
gleicher  Spaunuug  gebildete  Dampf  besitzt.  Läfst  man  nun 
aus  einer  Lösung  ein  Kilogramm  Wasser  verdampfen  und 
berechnet  unter  obiger  Voraussetzung,  dafs  der  gebildete 
Dampf  für  die  Siedetemperatur  gesättigt  sey,  aus  der  in- 
ueni  Wärme  1/  des  Dampfes  der  Siede leiuntvaliM  tt»A  4« 


392 

specin scli en  Wonne  der  Lösung  die  Wärmemenge  W,  welche 
noljiwcndig  ist,  um  die  innere  Arbeil  bei  der  Verdampfung 
zu  leisten,  eo  findet  sich  bei  einer  Reihe  von  Losungen- 
bei  welchen  alle  zu  dieser  Rechuung  erforderlicheu  Daleu 
vorliegen,  W  kleiner  als  dieses  für  reines  bei  der  gleichen 
Temperatur  siedendes  Wasser  der  Fall  ist.  Daraus  würde 
dann  folgen,  dafs  um  ein  Kilogramm  Wasser  von  der  Tem- 
peratur t"  in  Dampf  von  derselben  Temperatur  zu  verwan- 
deln, eine  geriugerc  innere  Arbeit  zu  leisten  ist,  wenn  man 
das  Wasser  aus  einer  Salzlösung  verdampfen  läfsl,  als  wenn 
man  den  Dampf  aus  reinem  Wasser  darstellt;  obwohl  in 
dem  ersten  Falle  aufser  der  Cohärcnz  der  Wasserlhcile 
noch  die  anziehende  Kraft  der  Salzthcilc  zu  Überwinden 
ist.     Einige  Zahlen  sollen   dieses  belegen. 

In  dem  vortrefflichen  Sehnlichen  » (irundziige  der  me- 
chanischen Wärmetheorie  von  Dr.  G.  Zeuner,  Freiberg 
1860-  sind  die  Werthc  für  die  innere  Wanne  U  eines  Ki- 
logramm Wasserdampf  mit  Zugrundelegung  der  Regnault'- 
schen  Zahlen  für  die  latente  Wärme  des  Wasserdaiiipfes 
berechnet  und  in  einer  Tabelle  zusammengestellt.  Ebenso 
sind  die  Werthe  für  W  aus 

W=R  —  AF 
berechnet  und  zusammengestellt,  worin  R  die  latente  Wärme 
des  Dampfes  nach  den  Beobachtungen  des  Hrn.  Regnault 
und  daraus  nach  einer  Näbcrungsfonnel  des  Hrn.  Clausius 

fi=607  —  0,7081 
berechnet  ist     AF  ist  der  Theil   dieser  latenten   WSrme, 
welcher  zu  der  bei  diesem  Processe  notwendigen   äufsern 
Arbeit  verwandt  ist.     Uebcr   die  Berechnung   dieses  Wer- 
tlies mag  auf  das  angegebene  Werk  verwiesen  werden. 

Eine  Kochsalzlösung,  welche  auf  100  Theile  Wasser 
32,6  Theile  Salz  enthält,  siedet  nach  Legrand's  Gestim- 
mungen bei  106", 45  C.  Soll  ein  Kilogrm.  Wasser  aus  einer 
solchen  siedenden  Lösung  in  Dampf  verwandelt  werden,  so 
mufa  zunächst  1,326  Kilogrm.  der  Lösung  bis  auf  106°,45C. 
erwärmt  werden.  Nun  ist  die  gesammte  innere  Warme 
eines  Kilogramms  bei  106°,45C.  gesättigten  Wasserdampfes 
(7=598,31   Wärmeeinheiten. 


393 

Die  specifische  Wärme  einer  solchen  Kochsalzlösung  ist 
nach  Hrn.  Person  ■) 

C= 0,7852. 
Berechnen  wir  nun  W  ans 

Wssü  —  mct 
W=  598,31  —  1,326  . 0,7852 .  106,45 
=  598,31  — 110,89  =  487,42. 

Um  ein  Kilogramm  reines  Wasser  von  der  Temperatur 
106°,45C.  in  gesättigten  Dampf  dieser  Temperatur  zu  ver- 
wandeln, ist  nach  den  Tabellen  des  Hrn.  Zeuner 

W  =  490,89 
Differenz  =  3,47  Wärmeeinheiten, 

welche  das  Wasser  mehr  verbrauchte. 

Für  eine  Lösung  desselben  Salzes,  welche  16,3  Theile 
Salz  auf  100  Wasser  enthält,  ist 
die  Siedetemperatur  1  =  102,8  nach  Legrand 

die  specifische  Wärme  o=     8,8721  nach  Person 

m=      1,163 
Für  die  Temperatur  102 ü, 8  U=  597,39  nach  Zeuner 

W=  597,39  —  1,163  . 0,8721 .  102,8  =  493,13, 
dagegen  für  reines  Wasser  W=  493,73 

J  =  0,6  Wärmeeinheiten, 
welche  das  Wasser  mehr  verbrauchen  würde. 

Für  eine  Lösung  von  phosphorsaurem  Natron,  welche 
20  Theile  Salz  auf  100  Wasser  enthält,  ist 

*=100°,9 
c  =     0,9364 
m=     1,20. 
Für  f=100°,9  ist  U  =  597,03. 

W=z  597,03  —  1,20 . 0,9364  .  100,9  =  483,65, 
während  für  reines  Wasser  bei  «  =  100,9  IT  =495,23 

J  =  11,58. 

Bei  einer  Lösung,  welche  27,5  Theile  Chlorcalcium  auf 
100  Theile  Wasser  enthält,  ist 

1 )  Annale*  dt  chim.  et  dt  phys.  Str.  Ul%   T.  XXXlll. 


391 


»eler- 

UDkl 


1=103,5  nach  Legrand 
c  =  0,8587  uach  Person 
M  =  1,275. 
Für  (  =  103,5  ist  V  =  597,19. 
Also   W  =  597,49  —  1,275.0,8587  .  103,5  =  184,16, 
während  wiederum   für  reines  Wasser   Dach  den  Tabellen 
des  Hrn.  Zenner 

Wm  493,63 
^  =  £1,17  Wärmeeinheiten, 
welche  für  Wasser  mehr  nothwendig  wären. 

Eiuc  Lösung,  welche  auf  100  Wasser  20  Theüe  saipeter 
saures  Nalron  cnlbält,  zeigt  nach  Lcgraud  den  Siedepunkt 
( =  102°,5 

c  =  0,8682  (Person) 
m  =  1,20. 
Für  f  =  102°,5  ist  17=597,31. 
Daraus 

JT=  597,34  —  1,20 . 0,8682  .  102,5  =  490,62. 
Für  reines  Wasser  hingegen  ist 

W  =294,94 
,4  —  3,12  Wärmeeinheiten. 
Eine  Losung  von  salpetersaurem  Kali,  welche  20  Theile 
Salz  auf  100  Wasser  enthält,  siedet  bei 

(  =  101°,86   (Legrand) 
c  =  0,8542    (Person) 
m  =  1,20. 
Für  f=101°,86  ist  (7=597,24. 
Darnach 

W=  597,24  —  1,20 . 0,8542 .  101,66  =  492,81. 
Dagegen  ist  für  reines  Wasser  bei  t  =.  101,86 
W=  494,59 
J=I,75  Wärmeeinheiten, 
welche  mehr  nothwendig  waren   um  die  innere  Arbeit  bei 
Wasser   zu  leisten,   welches   bei    101,86  C.   siedet   als   bei 
einer  gleichen  Siedepunkt  besitzenden  Lüsung  von  Kalisal- 
peter,  wenn  1  Kilogr.  Wasser  in  Dampf  verwandelt  wer- 
de/! soU. 


Diese  Zahlen  werden  die  vorhin  ausgesprochene  Be- 
hauptung belegen,  dafs  mau  mit  der  Annahme,  dafs  die  aus 
siedenden  Salzlösungen  entweichenden  Dämpfe  gesättigt 
seyeu,  zu  der  Folgerung  geführt  werde,  es  bedürfe  einer 
geringeren  inneren  Arbeil  um  Wasserdampf  aus  Salzlösungen 
zu  entwickeln  als  aus  reinem  Wasser.  Sollten  sich  die 
Zahlen  in  andern  Fallen  anders  stellen  (ich  habe  nur  diese 
vergleichen  können,  da  von  anderen  Salzlösungen  die  spe- 
eifischün  Warmen  nicht  bekannt  sind)  so  würde  doch  aus 
diesen  Fällen  schon  die  Uuslaltbaftigkcit  der  Annahme  er- 
folgen, dafs  die  Dämpfe  gesättigt  seyeu,  denn  führt  eine 
Hypothese  in  ciuzclnen  Fällen  zu  Widersprüchen,  bo  ist 
sie  zu  verwerfen.  Damit  fällt  dann  aber  auch  sofort  die 
gewöhnliche  Erklärungsweise  der  von  Rudberg  beobach- 
teten Erscheinung.  Denn  wenn  die  Dämpfe  im  Momente 
ihrer  Eulbindung  aus  der  Flüssigkeit  nicht  die  Dichtigkeit 
besitzen,  welche  der  Siedetemperatur  entspricht,  su  kann 
auch  keiue  Ausdehnung  nach  dein  Enlsteigeu  aus  der  Flüs- 
sigkeit slaltlindcn  und  den  Temperatur-Ueberschufs  über 
100"  verbrauchen,  sundern  die  höhere  Temperatur,  welche 
die  Dämpfe  in  der  Lösung  besitzen  und  besitzen  müssen 
um  die  Spannkraft  760"""  zu  zeigen,  kann  nur,  wie  Hr. 
Rcguault  zuerst  behauptet  hat,  durch  äufsere  störende 
Umstände  erniedrigt  werden. 

Dieser  Beweis  scheint  mir  so  bindend  zu  seyn,  dafs  es 
kaum  eines  weitem  experimentellen  Beleges  bedarf.  Der- 
selbe kann  jedoch  leicht  erhalten  werden  und  liegt  eigent- 
lich schon  in  meinen  Versuchen  über  die  Spannkraft  des 
Wasserdampfes  aus  wässerigen  Salzlösungen  vor.  Wenn 
nämlich  die  Dampfe  im  Augenblicke  ihrer  Entwicklung  Dich- 
tigkeit und  Spannung  besitzen,  welche  der  Siedetemperatur 
der  Lösung  zukommen,  aber  dann  aus  der  Flüssigkeil  aus- 
tretend sieb  ausdehnen,  bis  ihr  Druck  und  damit  die  Tem- 
peratur dem  Dampfe,  dessen  Spannung  dem  äufseren  Drucke 
gleich  ist,  entspricht;  so  ist  klar,  dafs  eine  solche  Spannungs- 
vermiuderung  in  einem  geschlossenen  Baume,  dessen.  T«.\-&- 
peratur  gleich   der   der  Lösung  ist,   mcVt   «\\AkX«ä  V»kw 


Würde  man  daher  eine  Salzlösung  in  einein  Barometer  zum 
Sieden  bringen,  welches  sich  in  einem  Oelbade  befindet, 
so  mUfste  man  eine  ganz  andere  Siedetemperatur,  eine  viel 
niedrigere,  beobachten  als  in  freier  Luft. 

Ja  mehr  noch;  in  der  Weise  untersucht,  wie  ich  die 
Spannkräfte  der  Dampfe  von  Salzlösungen  gemessen  habe, 
dürften  die  Dämpfe  durchaus  keine  andere  Spannkraft  zei- 
gen, als  die  Dämpfe  aus  reinem  Wasser.  Denn  die  Dampf- 
räiimc  der  Barometer,  in  welchen  die  Dampfe  erzeugt  wur- 
den, befanden  sich  in  dem  Wasserbade,  welches  die  Lo- 
sungen erwärmte,  halten  also  mit  letztem  genau  dieselbe 
Temperatur.  "Wenn  nun  die  Dämpfe  im  Momente  ihrer 
Entbindung  gleiche  Dichtigkeit  und  Spannung  besessen  hät- 
ten mit  dem  Dampfe,  welcher  bei  gleicher  Temperatur  aus 
dem  reinen  Wasser  emporstieg,  so  hätten  sie  dieselbe  auch 
behalten  müssen,  da  eine  Ausdehnung  und  Abkühlung  durch- 
aus nicht  stattfinden  konnte.  Die  Dämpfe  bitten  also  unter 
diesen  Umständen  stets  die  gleiche  Spannung  mit  dem  Dampfe 
aus  reinem  Wasser,  also  auch  bei  100  die  Spannung  760"" 
zeigen  müssen.  Die  Versuche  bewiesen  aber  das  Gegenlheii; 
ja  in  zwei  Fällen  (bei  Kochsalz  und  Chlorkalium)  stimmten 
die  nach  meinen  Formeln  berechneten  Siedepunkte  mit  den 
von  Legrand  beobachteten  überein.  In  zwei  anderen 
Fällen,  wo  diefs  nicht  geschah,  bei  Kali-  und  Natron-Sal- 
peter, schien  überhaupt  das  Verhalten  des  Salzes  in  höbern 
Temperaturen  ein  anderes  zu  werden. 

Damit  beschäftigt  die  Spannkräfte  der  Salzlösungen  in 
höheren  Temperaturen  zu  verfolgen,  hoffe  ich  auch  den 
letzten  Tbeil  des  Beweises  noch  beizubringen,  nämlich  den, 
dafs  in  der  angegebenen  Weise  untersucht,  die  Spannung 
von  760Hm  den  aus  den  Salzlösungen  entweichenden  Däm- 
pfen erst  bei  der  Temperatur  zukommt,  welche  Legrand 
als  Siedetemperaturen  beobachtet  hat. 
Marburg,  den  14.  März  1860. 


IV,     Das  magnetische  Verhalten  der  verschiedenen. 
Glimmer  und  seine  Beziehung  zum  optischen  Ver- 
halten derselben;  von  Plücker. 

I  I  r.  von  Scnarmoul  hat  die  interessante  Thatsache  beob- 
achtet, dafs  gewisse  Salze,  die  isomorph  und  von  analoger 
chemischer  Zusammensetzung  sind,  sich  in  optischer  Hinsicht 
verschiedenartig  verhallen.  Wenn  zwei  solche  Salze,  zum 
Beispiel  in  geraden  rhombischen  Säulen  kristallisircn,  so 
liegen  die  jedesmaligen  beiden  optischen  Axeti  in  zwei  ver- 
schiedenen der  drei  auf  einander  senkrechten  Hauptschnilte. 
Zwei  solche  Salze  kryslallisireu  in  allen  möglichen  Propor- 
tionen zusammen,  wobei  die  Krystalllorin  immer  dieselbe 
bleibt.  Wenn  wir  von  einer  Lösung  eines  der  beiden  Salze 
ausgeheu  und  dieser  immer  neue  Mengen  des  andern  Salzes 
zusetzen,  so  schiefsen  Kristalle  an,  die,  in  analogen  Pro- 
portionen als  die  Lösungen,  beide  Salze  gemengt  enthalten. 
Die  optischen  Eigenschaften  dieser  Sa Izge menge  liegen,  in 
Folge  einer  Art  von  Compensatio^,  in  der  Mille  zwischen 
den  optischen  Eigenschaften  des  ersten  und  des  zweiten 
Salzes,  so  dafs,  während  bei  dem  ursprünglichen  Salze,  die 
Aicn  in  ciuem  der  Hauptschnilte  der  Grundform  einen  grö- 
fseren  (spitzen  oder  stumpfen)  Winkel  bilden,  dieser  Win- 
kel in  Folge  der  zunehmenden  Beimengung  des  zweiten 
Salzes,  immer  mehr  abnimmt,  dann  indem  die  beiden  Axen 
in  ihre  gemeinschaftliche  Mittellinie  zusammenfallen,  ver- 
schwindet und  endlich  wieder  sich  in  einer  Ebene,  die  auf 
der  frühem  senkrecht  ist,  öffnet  und  in  dieser  Ebene,  dem 
Axenwinkel  des  zweiten  Salzes  sich  annähernd,  zu  wachsen 
fortfährt.  Gerade  dasselbe  optische  Verhalten,  welches  Hr. 
v.  Senarmont  an  künstlich  dargestellten  Kristallen  nach- 
wies, zeigen  die  verschiedenen,  in  der  Nalur  sich  fertig  vor- 
findenden Glimmerarten.  Er  fand  bestätigt,  was  Hr.  Silli- 
rniiii  früher  schon  beobachtet  halte,  dafs  beim  Glimmer 
die  Ebene  der  beiden  optischen  Aicn,   die   immer  auf  der 


Spaltungsfläche  senkrecht  isl,  bald  durch  die  lauge,  bald 
durch  die  kurze  Diagonale  der  Grundform  geht  und  data, 
in  gewissen  Ucbergaugsfällcn,  die  beiden  Axen  wo  utehl 
ganz  doch  sehr  nahe  zusammenfallen.  Hiernach  gelangt  er 
zu  dem  Schlüsse,  dafs  die  verschiedenen  Glimmer  in  ver- 
schiedenen Proportionen  aus  zwei  zusaminenkrystallisirteu 
Normal-Glimmer  gemengt  sind.  Für  diese  Normal-Glimmer 
sind  dann  diejenigen  zu  nehmen,  deren  optische  Axen  in 
den  beiden  verschiedenen  Hauptschnilten  den  grflfsten  Win- 
kel  cinschliefsen  und  wenn  es  wirklich  ein-axigen  Glimmer 
giebt,  so  ist  dieses  blofs  Folge  einer  zufälligen  Proportion 
der  relativen  Mengen  der  beiden  Normal  -  Glimmer. 

Unter  den  33  von  Hrn.  von  Scnarmont  unter- 
suchten Glimmer,  deren  optische  Axen  mit  den  langen 
Diagonalen  der  Basis  in  einerlei  Ebene  liegen,  befinden 
sich  5,  bei  welchen  der  scheinbare  Winkel  dieser  Axen  4° 
nicht  übersteigt,  dann  steigt  dieser  Axenwinkel  plötzlich  auf 
57  bis  58°  und  wächst  dann  stufenweise  bis  76  bis  77°. 
Unter  den  25  nutersuchten  Glimmer  der  andern  Art,  wo 
die  optischen  Axen  mit  des  kurzen  Diagonalen  der  Basis 
in  derselben  Ebene  Hegen,  befinden  sieh  ebenfalls  5,  r» 
welchen  der  Winkel  dieser  Axen  4°  nicht  Obersteigt;  in 
einem  Falle  betragt  er  15°  and  wScbst  dann  stufenweise 
von  44°  bis  72  —  73°  »)• 

Sobald  ich  von  der  Abhandlung  des  Hrn.  v.  Senar- 
mout  Kenntnifs  erhielt,  schien  es  mir,  vom  theoretischen 
St aiidpunkte.au s,  von  besonderem  Interesse,  durch  den  Ver- 
such festzustelTe*!  °b  neben  dem  verschiedenen  optischen 
Verhalten  der  GliNpier  auch  ein  verschiedenes  magnetisches 
Verhalten  derselben  stattfindet,  und  in  welcher  Beziehung 
das  beiderseitige  verschiedene  Verhallen  zu  einander  sieht. 

Die  Versuche,  die  ich  zur  Zeit  unserer  gemeinschaft- 
lichen magnetisch -optiscKen  Bestimmungen  mit  Prof.  Beer 
machte,  erstreckten  sich  namentlich  auch  auf  Seignette-Salz 

]  )  Observation*  sur  les  propriiti*  optique,  des  mictis  et  sur  icur 
formt  crhtaWnc.  Par  M.  H.  de  Senarmont.  Annalts  de  Chimit 
et  Physiaut,  Str.  III,  T.  XXXir.  p.  170  (1852). 


und  dorn  entsprechenden  Salze,  in  welchem  das  Kali  durch 
Ammoniak  vertreten  ist,  so  wie  insbesondere  auch  auf  die 
Gemenge  beider  Salze,  führten  aber  lediglich  nur  zur  Be- 
tätigung der  von  Hrn.  v.  Senarmont  erhaltenen  optischen 
Resultate,  so  weit  diese  im  Eingänge  dieser  Abhandlung 
festgestellt  worden  sind.  Rei  diesen  Salzen,  deren  optisches 
Verhalten  durch  die  starke  Dispcnsion  der  optischen  Axen 
noch  complicirt  wird,  ist  die  magnetische  Axcnwirkutig  sehr 
schwach.  Diese  ist  aber  sehr  ausgesprochen  beim  Glimmer, 
der  iu  die  Reihe  derjenigen  paramagnetischen  Kristalle  ge- 
hurt, bei  welchen  ich  zuerst  die  eigentümliche  Einwirkung 
des  Magneten  beobachtet  hatte,  tch  hatte  nämlich  beob- 
achtet, dafs  eine  kleine  Glimmerscheibe  von  beliebiger  Be- 
grenzung, an  einem  Coconfaden  horizontal  zwischen  den 
beiden  {hinlänglich  von  einander  entfernten)  Polspitzen  eines 
starken  Elektromagneten  aufgehängt,  sich  mit  Entschiedenheit 
so  einstellte,  dafs  die  Ebene  der  beiden  optischen  Am 
die  äquatoriale  Richtung  annahm,  was  ich  bei  meiner  da- 
maligen, rein  empirischen,  Auffassungweise,  als  eine  Absto- 
fsung  der  beiden  optischen  Axen  durch  den  Magneten  be- 
zeichnete. Der  untersuchte  Glimmer  war  aus  schonen  durch- 
sichtigen, quadratischen  Tafeln  von  25  bis  3flr"°  Seitenlange 
genommen  und  stammte,  wahrscheinlich  siberischen  Ursprungs, 
aus  Wien,  wo  er  im  Jahr  1S3fi  pfundweise  zu  kaufen  war. 
Diese  Tafeln  zeigten  keine  Spur  der  Kryst  all  form ,  über 
welche  die  Bestimmung  der  optischen  Axen  den  einzigen 
unvollkommnen  Anhaltspunkt  gab.  Durch  den  Magneten 
läfst  sich  hiernach  bei  der  fraglichen  Gliimnerart  die  Ebene 
der  optischen  Axen  bestimmen  aber  es  bleibt  unbestimmt, 
ob  diese  Ebene  durch  die  kurze  oder  lange  Diagonale  der 
Grundform  geht.  Neuerdings  erst  erhielt  ich  durch  die 
Freundlichkeit  des  Hrn.  v.  Senarmont  sieben  verschieden- 
artige, bereits  optisch  bestimmte  Glimmer  mit  deutlich  aus- 
gesprochener Krvstallform,  die  mir  gestatteten  die  frühem 
Untersuchungen  wieder  aufzunehmen.  Zu  diesen  kamen 
nachträglich  noch  mehrere  andere  hinzu. 

Das  erste  bei  allen  Glimmerarten   (ich   untersuchte   zu- 


""1 


nächst  solche,  deren  optische  Axen  einen  gröberen  Winkel 
bildete»)  bestätigte  Resultat  bestand  darin,  dafs,  bei  hori- 
zontaler Aufhängung  einer  Glimmerschcibc,  die  Ebene  der 
optischen  Auen  sich  immer  äquatorial  stellt,  gleichviel  ob 
diese  Ebene  durch  die  ktirsc  oder  lange  Diagonale  der  Basis 
der  Grundform  gebt. 

Einer  der  untersuchten  Glimmer,  braunlich  gelb  und 
gut  durchsichtig,  bildete  eine  rhombische  Tafel  von  33"""  Sei- 
tenlange, deren  lange  und  kurze  Diagonale  mit  den  bezüg- 
lichen Diagonalen  der  Grundform  zusammenfielen.  Der 
Winkel  der  beiden  optischen  Äsen  war  ein  greiserer  und 
die  Ebene  derselben  ging  durch  die  lange  Diagonale.  Aus 
dieser  Tafel  wurde  ein  kleineres  Rechteck  geschnitten,  das 
seine  gröfsere  Dimension  nach  den  langen  Di.igonaleu  hatte. 
Dieses  Rechteck  wurde  horizontal  zwischen  den  Polspitzeu 
aufgehängt,  es  bewies  sich,  wie  aller  Glimmer,  parainagne- 
tisch  und  stellte  eich  mit  seiner  Langenrichtung ,  also  der 
äufseren  Form  entgegen,  äquatorial.  Also  Abstofsung  durch 
den  Magneten  desjenigen  Hauptschnittes,  der  auf  der  Spal- 
tungstläche  senkrecht  steht  und  die  lange  Diagonale  enthält 

Eine  natürliche,  für  das  Auge  regelmässige,  sechsseilige 
Glimmertafel  von  10mra  Seitenlange  stellte  sieb,  horizontal 
zwischen  den  Polen  aufgehängt,  mit  einer  ihrer  drei  Diago- 
nalen äquatorial.  Diese  Diagonale  war  hiernach  notwen- 
dig die  kurze  Diagonale  der  Grundform,  weil  einerseits 
eine  solche  sechsseitige  Platte  aus  dein  Verschwinden  der 
spitzen  Kanten  der  rhombischen  Säule  der  Grundform  sich 
ableitet  und  folglich  die  kurze  Diagonale  zwei  gegenüber- 
liegende Eckpunkte  der  sechsseitigen  Tafel  verbindet,  wäh- 
rend die  lange  Diagonale,  die  auf  ihr  senkrecht  steht,  durch 
die  Mitten  zweier  gegenüberliegenden  Seiten  der  Tafel  geht; 
und  andrerseits,  nach  den  Gesetzen  der  magnetischen  Azen- 
wirkung,  bei  Aufhängung  nach  der  Säuleuaxc,  eine  der  bei- 
den Diagonalen  der  Grundform  sich  äquatorial  stellen  mufs, 
während  die  jedesmalige  andere  sich  axial  stellt.  Durch  die- 
selbe Diagonale  der  sechsseitigen  Tafel,  die  sich  äquatorial 
stellte,  ging  auch  die,  auf  derselben  senkrechte,  Ebene  der 


optischen  Axen  eine  neue  Bestätigung,  dafs  diese  Diagonale 
die  kurze  Diagonale  der  Grundform  ist.  Die  Tafel  in  ihrer 
ganzen  Dicke  war  undurchsichtig.  Bei  abgelösten  diii 
Blällchen,  die  durchsichtig  und  im  durchgehenden  Lichte 
schön  hellroth  waren,  liefs  sich  das  optische  Verhalten  mit 
Sicherheit  bestimmen.  Es  wird  also  der  auf  der  Platte 
senkrechte,  durch  die  lange  Diagonale  gehende  H.'iuplschnilt 
nicht,  wie  im  vorigen  Falle  von  dem  Magneten  abgeslofsen, 
sondern  augezogen,  dein  entsprechend,  dafs  die  Ebene  der 
beiden  optischen  Axen  nicht  mehr  in  diesen  Hauptschnitt 
fällt,  sondern  auf  demselben  senkrecht  steht. 

Noch  bei  Tier  anderen  der  untersuchten  Glimmer  ging 
die  Ebene  der  optischen  Axen  durch  die  kurze  Diagonale 
der  Grundform;  dieselbe  Diagonale  richtete  sich,  bei  hori- 
zontaler Aufhangung  zwischen  den  Polspitzcu,  auch  gegen 
den  Magnetismus  der  Form,  äquatorial.  Der  erste  derselben 
von  unbekanntem  Ursprünge,  war  durchsichtig  und  grünlich. 
Der  zweite  stammte  vom  Baical-See  in  Sibirien  und  die 
beiden  optischen  Axen  bildeten  einen  Winkel  von  32°. 
Der  dritte  Glimmer,  in  düuuern  ßlättcheu  schön  durchsichtig 
und  von  gelblicher  Farbe,  war  aus  Schottland.  Er  bildete 
eine  abgeleitete  rhomboi'dische  Säule,  deren  zwei  Seiteullä- 
eben  Spaltungstlächen  waren,  während  die  beideu  übrigen 
gegenüberstehende  Randkanten  der  Grundform  foitgenom- 
inen  hatten.  Die  beiden  Endflächen  der  abgeleiteten  Säule 
waren  nicht  vollständig  ausgebildet,  entsprachen  aber  den- 
jenigen beiden  Seitenflächen  der  Grundform,  welche  nach 
der  Entkantung  noch  übrig  geblieben  waren.  Die  Ebene 
der  optischen  Axen,  senkrecht  auf  denjenigen  Seitenflächen 
der  abgeleiteten  Säule,  welche  Spaltungsllächen  sind,  bildete 
mit  den  Seileukantcn  dieser  Säule,  die  zugleich  Baudkantcn 
der  Grundform  sind,  Winkel  von  60°  und  geht  darum  durch 
die  kurze  Diagonale.  Der  vierte  Glimmer  bestand  aus  scho- 
nen Tafeln,  mit  einer  in  ihrer  ganzen  Länge  vollständig 
ausgebildeten  Seitenfläche;  wenn  es  nicht  selbst  sibirischer 
Glimmer  war,  so  halle  er  wenigstens  ganz  das  Ansehen 
desselben. 

Pujgcndi.rlTi   A„„.,l.    Bd.  CX, 


402 

Ein  Glimmer  der  andern  Art,  von  unbekanntem  Fund- 
orte, bei  welchem  der  scheinbare  Winkel  der  optischen 
Axen  60°  betrug,  stellte  sich  mit  der  durch  die  lange  Dia- 
gonale gehenden  Ebene  dieser  Äsen,  wie  in  dem  frühern 
Falle  äquatorial.  Ein  entschiedenes  Bestreben,  dieselbe 
Stellung  gegen  die  äufserc  Form  und  die  Torsion  anzuneh- 
men, wurde  bei  einem  zweiten,  von  Hrn.  v,  Senarinont 
bereits  bestimmten,  Glimmer  dieser  Art  beobachtet,  bei  wel- 
chem der  Winkel  der  beiden  optischen  Axen  sehr  klein  war. 

Aus  einer  schönen  durchsichtigen  Tafel  optisch  einaxi- 
gen  Glimmers  von  gelblicher  Färbung  wurde  eiue  Scheibe 
von  etwa  14°™  Durchmesser  und  1"""  Dicke  hergestellt  und 
an  einem  einzelnen  Coconfadeu  zwischen  den  Polspitzen 
horizontal  aufgehängt.  Eine  Richtung  der  Scheibe  wurde 
nicht  bemerkt,  sie  folgte  lediglich  der  Torsion  des  Fadens. 
Optisch  einaxiger  Glimmer  verhielt  sich  auch  tu  magneti- 
scher Hinsicht  einaxig. 

Glimmerplatten  stellen  sich,   nerical  zwischen  den  Pol- 
spitzen  aufgehängt,  in  Folge  ihres  Paramagnelismus  immer 
axial.     Um  zu  entscheiden,  ob  diese  Stellung  lediglich  von 
der  äufsem  Form  bedingt  wird,  oder  ob  dabei  zugleich  auch 
die  magnetische   Aienwirkung  im   Spiele  ist,    mufste    eine 
Säule  aufgefunden    oder   künstlich    hergestellt  werden,   in 
welcher  die  Dimension  nach  der  Axe  (der  Grundform)  die 
vorherrschende  war.     Es  gelang  mir  lange  nur  eine  solche 
sechsseitige  Säule  von   undurchsichtigem  Glimmer  aufzufin- 
den.    Diese  Säule  9*"°   hoch   und   5™"   dick   wurde   zuerst 
vertical  aufgehängt  und  stellte   sich  dabei  mit  einer  Diago- 
nale der  beiden  sechseckigen  Begränzungsfläcben,   also  mit 
den   kurzen  Diagonalen  der  Grundform,   entschieden   axial    I 
Horizontal   aufgehängt   stellte   sie  sich,   bei  jeder  Drehung   i 
am  ihre  Axe,  insbesondere  auch  wenn  jede  der  beiden  Dia-  I 
gonalen  der  Grundform  nach  einander   senkrecht  war,  mit 
der  Axe  äquatorial  und  zwar  gegen  die  äufsere  Form.    Es 
folgt  hieraus,  dafs  die  drei  Axen  der  gröfslen,  mittlem  oad    , 
kleinsten  Induction   bezüglich   in  die  kurze  Diagonale,  die  j 
lange  Diagonale  und  die  SSulenaxe   fallen   und   mitbin  die  I 
beiden  magnetischen  Axen  (nach  welchen  aufgehängt  der  I 


403 

Krystall  sich  wie  eine  amorphe  paramngnetischc  Masse  ver- 
hält) in  den  durch  die  Säulenase  und  die  kurze  Diagonale 
der  Basis  gehenden  Hauptschnitt.  Ganz  ebenso  verhielt  sich 
eine  gröfsere  Säule  von  norwegischem  Magnesia-Glim 

Wir  künnten  uns  vielleicht  für  berechtigt  halten,  die  opti- 
schen Äsen  unseres  undurchsichtigen  Glimmers  (das  Wort 
verliert  auch  bei  undurchsichtigen  Körpern  seine  Bedeutung 
nicht  ganz)  in  der  Ebene  der  langen  Diagonalen,  die  sich 
bei  horizontaler  Aufhängung  der  Säule  äquatorial  stellt, 
anzunehmen.  Dann  würden,  zugleich  mit  Rücksicht  darauf, 
dafs  Glimmer  ein  negativer  optisch -zweiasiger  Krystall  ist, 
die  Ebenen  der  optischen  und  magnetischen  Axen  auf  ein- 
ander senkrecht  stehen,  die  Durchschnittslinie  beider  Ebenen 
würde  die  Axe  der  gröfsleu  optischen  Elasticität  und  der 
kleinsten  magnetischen  Induction  seyn,  die  Axe  der  kleinsten 
optischen  Elasticität  würde  auf  der  Axe  der  mittleren  mag- 
netischen Induction,  und  die  Ase  der  mittleren  optischen 
Elasticität  auf  der  Ase  der  gröfsten  magnetischen  Induction 
senkrecht  stehen. 

Bei  der  verschiedenen  chemischen  Zusammensetzung  der 
Glimmer  würde  es  aber  jedenfalls  mifslich  seyn,  das  mag- 
netische Verhalten,  so  weit  es  sich  aus  der  horizontalen 
Aufhängung  der  undurchsichtigen  Gliminersaule  allein  er- 
giebl,  ohne  Weiteres  auf  alle  durchsichtigen  Glimmer  zu 
übertragen.  Darum  schien  es  geboten,  eine  allgemeine  Fol- 
gerung erst  dann  zu  ziehen,  nachdem  auch  durchsichtiger 
Glimmer  derselben  directen  Prüfung  unterworfen  worden 
war.  Hierzu  eignete  sich  der  früher  schon  erwähnte  Krj- 
stall schollischen  Ursprungs,  der  die  äufsere  Form  einer 
rbomboidischen  Säule  hatte.  Die  Länge  dieser  Säule  be- 
trug beiläufig  SO""",  ihre  Dicke  senkrecht  gegen  die  Spal- 
luugsllächen,  die  zugleich  Seitenflächen  der  natürlichen  Säule 
■waren,  S"""  und  die  Breite  dieser  Seitenflächen  etwa  das 
Doppelte.  Die  Säule  wurde  senkrecht  gegen  die  Spaltungs- 
flächen  jn  den  Schraubstock  eingeklemmt  und  es  gelang 
durch  Feilstriche,  die  behutsam  nach  der  Bichlung  der  Sei- 
tenkanten  geführt  wurden,  aus  ihr  zunächst  eine  rechtwink- 


ligc  Säule  mit  unveränderter  Kantenrichtung  herzustellen, 
die  fortwährend  durch  die  früheren  Spallungsilächen,  deren 
Abstand  S"""  betrug,  bekränzt  wurde,  während  der  Abstand 
der  beiden  angefeilten  neuen  Seitenflächen  nur  6mm,a  bc- 
irug.  Diese  Süulc  wurde,  ihrer  Lange  nach,  vertical  zwi- 
schen den  Polspilzen  aufgehängt  und  stellte  sich  dabei  sehr 
entschieden  mit  der  SpaltungsÜäche  axial(  also  mit  der  dar- 
auf senkrechten  Saulenaxc  der  Grundform  äquatorial.  Bei 
dieser  Aufhängung  war  keine  der  drei  Hauplaxeu  magne- 
tischer Induction  vertical,  die  Aufhänguugsaxc  bildete  mit 
der  langen  Diagonalen  der  Basis  der  Grundform  einen 
Winkel  von  30"  mit  der  kurzen  Diagonalen  eiueu  Winkel 
von  60".  Aus  dieser  Aufhäufung  folgte  zunächst  Dur,  dafs 
die  Inductiou  nach  der  Säulcnaxe  der  Grundform  kleiner 
ist,  als  nach  der  langen  Diagonale,  das  licifst  derjenige» 
Diagonale  der  Basis,  nach  welcher  die  magnetische  Induction 
die  grüfscre  ist.  Dafs  diese  Induction  auch  kleiner  ist  als 
die  ImiiN  lii.ut  nach  der  kurzen  Diagonale,  war  uicht  er- 
wiesen, liefs  sich  aber  mit  einiger  Sicherheit  aus  der  Eut- 
schiedcnheil,  n.ii  welcher  der  Krvstnll  bei  der  letzten  Auf- 
hängung sich  einstellte,  voraussehen.  Bei  einer  (schiefen) 
Aufhängung  der  Säule  nach  der  langen  Diagonalen,  richtete 
sich  der  Kristall  mit  der  Säulcnaxe  der  Grundform,  wie 
früher,  äquatorial,  aber  es  blich  unentschieden,  wieviel  hier- 
bei auf  Rechnung  der  Form  kam.  Um  jeden  Zweifel  in 
heben,  wufsle  der  Versuch  gemacht  werden,  auch  auf  die 
Gefahr  hin,  dafs  der  Krystall  bei  einer  ueuen  Bearbeitung 
in  dünne  Blältchen  sich  spalten  würde,  aus  der  obigen  Säult 
eine  Säule  von  solchen  relativen  Dimensionen  herzustellen, 
dafs,  bei  einer  Aufhängung  nach  der  langen  Diagonale 
der  Grundform,  eine  axiale  Dichtung  der  kurzen  Diagonale 
mit  der  äufseren  Form  im  Widerspruche  sevn  würde.  Zu 
diesem  Eude  wurden  zwei  gegen  die  SpaltungsMiichc  seuL- 1 
rechte  Schnitte,  die  mit  den  Seitenkanten  der  bisherigen 
Säule  Winkel  von  60°  bildeten,  so  geführt,  dafs  dadnni 
eine  gerade  rhombische  Säule  entstand,  die  der  Grundform  f 
entsprach.     Diese    gerade    rhombische   Säule   wurde   da»p| 


405 

iluri-li  Fortnehme»  der  spitzen  Seitenkantcn  in  eine  regel- 
mässige sechsseitige  Säule  umgestaltet,  in  welcher  die  Di- 
mension nach  der  Axe,  die  auf  den  Spaltungsllächeu  senk- 
recht stand,  die  überwiegende  war.  Diese  Säule,  dei 
Herstellung  bei  den  genommenen  Vorsicht  sinal'sregclu  voll- 
ständig gelang,  hatte  die  Form  der  früher  untersuchten  un- 
durchsichtigen Säule  und  konnte  in  gleicher  Weise,  wie 
diese,  dem  Versuche  unterworfen  werden. 

Es  steht  hiernach  fest,  dal's  beim  zweiaxigen  Glimmer 
die  Axe  der  rhombischen  Säule  der  Grundform  immer  Axe 
der  kleinsten  magnetischen  Ittduction,  so  wie  Axc  der  grüfsten 
Elasticität  ist.  Beim  einaxigeu  Glimmer  fallen  die  beiden 
magnetischen  Axen,  wie  die  beiden  optischen  Axcn,  in  die 
Axe  der  rhombischen  Säule  zusammen  und  es  war  nicht 
ohne  Interesse  durch  den  Versuch  direct  festzustellen,  ob 
auch  hier  die  magnetische  lnduclion  nach  der  Säulenaxe 
die  kleinste,  oder,  was  dasselbe  hcifsl,  ob  auch  in  magne- 
tischer Hinsicht  der  Krjstall  ein  negativ  ciuaxiger  ist.  Da 
keine  Aussicht  vorhanden  war,  eine  natürliche  Säule  ein* 
axigen  Glimmers  mit  vorherrschender  Längeuduiiension  senk- 
recht gegen  die  Spaltungsllächeu  aufzufinden,  wurde  eine 
solche  Säule  künstlich  dadurch  hergestellt,  dai's  ein  schö- 
ues  ziemlich  dickes  Blättclien  des  oben  schon  erwähnten 
einaxigeu  Glimmers  zu  kleinen  quadratischen  Scheiben  von 
etwa  y""  Seitenlange  geschnitten  wurde  und  dann  diese 
Scheiben  auf  einander  gelegt  und  mit  Terpentin  zusammen- 
gekiitet  wurden.  So  wurde  eine  quadratische  Säule  von 
9m"  Höhe  hergestellt,  die,  nach  aller  Analogie,  bei  der  un- 
melsbaren  Dicke  des  Rinduugsmitlels  in  magnetischer  Hin- 
sicht, sich  wie  ein  homogener  Krystall  verhielt.  Mit  der 
Axe  horizontal  aufgehängt,  stellte  sich  die  Säule  mit  dieser 
Axe,  der  äufsern  Form  entgegen,  mit  grofser  Entschieden 
Iieit.  wie  zu  erwarten  stand,  ätjuatorial. 

Indem  wir  die  von  Senarmout'sche  Anschauungsweise 
zu  Grunde  legen,  können  wir  die  gewonnenen  Resultate 
in  folgender  Weise  zusammenstellen. 

In  dem   ersten  der    Leiden   Nonnal-GlJuiuicr,    wo    die 


406 

Ebeue  der  optischen  Axen  durch  die  Saulenaxe  und  die 
kurze  Diagonale  der  Grundform  geht  und  die  Säulenaxe, 
die  zugleich  Axe  der  gröbteii  optischen  Elasticität  ist,  den 
Winkel  der  beiden  optischen  Axen  halbirt,  geht  die  Ebene 
der  beideu  magnetischen  Axen  durch  die  Säulenaie  und  die 
lange  Diagonale,  und  die  Säulenaxe,  zugleich  Axe  der  klein- 
sten Iuductioo,  halbirt  den  Winkel  der  beiden  magneti- 
schen Axen.  In  dem  zweiten  der  beideu  Normal -Glimmer, 
wo  die  Ebene  der  optischen  Axen  durch  die  Säulenaxe  und 
die  lange  Diagonale  geht  und  die  den  Winkel  der  opti- 
schen Axe  halbi  reu  de  Säuleoaxe  Axe  der  grüTsten  Elasticität 
bleibt,  geht  die  Ebene  der  magnetischen  Axen  durch  die 
Säulenaxe  und  die  kurz-c  Diagonale;  die  deu  Winkel  der 
magnetischen  Axen  balbirende  Säulenaxe  ist,  wie  in  dem 
ersten  Falle,  Axe  der  kleinsten  Iuductioo.  Es  stehen  also 
in  jedem  der  beiden  Fälle  die  Ebenen  der  optischen  und 
magnetischen  Axen  auf  einander  senkrecht  und  in  beiden 
Fällen  wird  der  Winkel  der  beideu  magnetischen  Axen,  wie 
der  beiden  optischen,  von  der  Säulenaxe,  die  auf  den  Spal- 
tung sfla  eben  senkrecht  ist,  halbirt.  Nach  Maafsgabe  ab  in 
eiuer  intermediären  Glimmer- Spccics  Glimmer  der  ersten 
Art  und  Glimmer  der  zweiten  Art  gemengt  ist;  wird  der 
Wiukel  der  maguetischen  Axen  kleiner  bis.  bei  einem  ge- 
wissen Mcngungs- Verhältnisse,  die  beiden  maguetischen 
Axen  —  gleichzeitig  oder  nahe  gleichzeitig  mit  den  beiden 
optischen  Axcn  —  in  der  Säulenaxe  zusammenfallen,  um 
sich,  bei  immer  mehr  vorherrschen  dem  Glimmer  der  zwei- 
ten Art,  in  derjenigen  Ebene,  die  durch  die  Säuleoaxe 
gebt  uud  auf  der  frühern  Ebene  senkrecht  steht,  wieder 
von  einander  zu  entfernen  und  einen  immer  gröfsern  Win- 
kel zu  bilden. 

Es  ist  mir  gestattet,  zur  Bestätigung  der  von  Senar- 
niout'scheu  Theorie,  der  schauen,  noch  nicht  veröffent- 
lichten Versuche  vonNörreuiberg's,  aus  zweiaxigem  Glim- 
mer einaxigen  darzustellen,  hier  Erwähnung  zu  thun.  Die- 
ser Gelehrte  spaltete  bei  einem  seiner  Versuche  sibirischen 
Glimmer,  dessen  optische  Axeu  einen  gröfsern  Wiukel  ein- 


407 

schliefsen,  zu  Blätlchen  von  einer  solchen  Feinheit,  dnl's  in 
denselben  der  eine  der  beiden  polarisirlen  Strahlen  gegen 
den  andern  um  |  Wellenlänge  verzögert  wurde.  Er  prüfte 
die  Dicke  dieser  Blättchen  in  seinem  filtern  Polarisalions- 
Apparate,  indem  er  dieselben  auf  den  untern  Metallspiegel 
legte,  wobei  die  Verzögerung  bei  dein  zweifachen  Wege 
des  Lichtes  durch  das  Blätlchen  sich  verdoppelte  und  kit- 
tete dann  21  solcher  Blätlchen  vermittelst  Terpentin  in  der 
Weise  auf  einander,  dafs  das  erste,  dritte,  fünfte  . . .  Blätt- 
chen ihre  gegenseitige  ursprüngliche  Lage  behielten,  ebenso 
das  zweite,  vierte,  sechste  .  .  .,  aber  die  Blätlchen  der  zwei- 
ten Reihe  gegen  die  Blättchen  der  ersten  in  ihrer  Ebene 
um  90°  gedreht  waren,  wonach  in  je  zwei  auf  einander 
folgenden  Blättchen  die  Ebenen  der  optischen  Axen  auf 
einander  senkrecht  standen  und  das  Verhältnils  ein  ganz 
gleiches  war,  als  ob  dünne  Schichten  der  beiden  Normal- 
Gliminer  in  kry  sonographisch  gleicher  Lage  (kurze  Diago- 
gonale  mit  kurzer,  lauge  mit  langer  übereinstimmend)  mit 
einander  wechselten.  Diese  zusammengesetzte  Glimmerplatte 
zeigte  im  Polarisatious  -  Apparate  das  schönste  schwarze 
Kreuz  und  säunntlicbe  Ringe  vollkommen  kreisrund.  Die 
Erscheinung  erhielt  sich  bei  einer  Drehung  der  Glimmer- 
platte  in  ihrer  Ebene  unverändert  '). 

In  einer  ähnlich  zusammengesetzten  Platte  hatte  Hr.  v. 
Nörremberg  die  Dicke  der  gleichgerichteten  Blättchen  un- 
ter sich  gleich  genommen,  aber  verschieden  von  der  Dicke 
der  entgegengesetzt  gerichteten  Blättchen  und  erhielt  auf 
diese  Weise  genau  dieselben  Erscheinungen,  wie  sie  sol- 
cher natürlicher  Glimmer  zeigt,  dessen  optische  Axen  einen 
kleinem  Winkel  uiit  einander  bilden.  Er  hatte  es,  durch 
gehörige  Bestimmung   der  relativen  Dicken  in  seiner  Hand 


in,    wenn    die   Pol«. 
I    unprüng  Hellen 


1)   II.-.,   Kreui   «Milien    nur   «w«    wei 
.iont-Ebene    einen    Winkel    Ton    45 

der  nptiiclien  Aien  bildete.  Aber  auch  diese  nur  ichwach  her 
lendc  Abweichung  von  dem  Verhallen  «naiiger  Krplalle  scheint  durch 
andere  Versuche  derselben  Arl  ihre  Erklärung  iu  der  uichl  ahiulut  glei- 
chen Dicke   der   verschiedenen   Bleichen   tu   finden. 


rer- 
,len 
an- 


408 

den  Winkel  der  beiden  resultircnde»  optischen  Axen  be- 
liebig klein  zu  machen.  Die  Ebene  dieser  optischen  Axen 
stimmte  mit  der  Ebene  der  optischen  Axcn  für  die  dicke- 
ren Blältchen  überein. 

Wenn  Licht  senkrecht  auf  eine  Gliiunierplatte  fällt,  so 
theilt  es  sich  im  Innern  derselben  in  Lieh!  von  gleicher  In- 
tensität, welches  nach  den  beiden  Diagonalen  schwingt,  ver- 
halt sich  aber,  weil  Schwingungen  nach  einer  Diagonal 
stärker  nlisorbirl  werden  als  Schwingungen  nach  der 
dorn,  bei  seinem  Wiedcraustritle  aus  der  Platte  nicht  mehr 
wie  gewöhnliches  Licht.  Ein  Theil  des  hinaustretenden 
Lichtes  ist  polarisirt,  so  dafg  eine  solche  Platte,  wenn  eine 
ihrer  Diagonalen  in  die  Polarisa  tions- Ebene  fällt,  die  an- 
dere darauf  senkrecht  steht,  eine  Turmalinsüulc  des  Polari- 
sations-ApparalcB  in  unvollkommener  Weise  vertreten  kaun. 
Hierauf  gründet  sich  eine  Methode  die  Schwingungarichtun- 
geü  für  die  stärkste  und  schwächste  Absorption  zu  bestim- 
men. Man  ersetzt  nämlich  in  einem  gewöhnlichen  Polari- 
sation*- Apparat  den  analysirendcu  Spiegel  durch  die  zu 
prüfende  Gliminerplatle,  die  man,  bei  senkrechtem  Hin- 
durchsehen,  so  lange  in  ihrer  Ebene  dreht,  bis  eiu  auf  dem 
Wege  des  polarisirten  Lichtes  in  die  Entfernung  des  deut- 
lichen Sehens  gebrachtes,  schnell  abgekühltes  Glas,  nach 
einander,  das  dunkle  und  helle  Kreuz  zeigt.  In  alle»  Fäl- 
len der  früher  bereits  erwähnten  Glimmer,  bei  welchen  die 
optischen  Axen  einen  gröfsern  Winkel  einschliefsen,  er- 
scheint, gleichviel  in  welchem  Hauptscliuille  diese  Axen 
liegen,  das  dunkle  Kreuz  dann,  wenn  die  Ebene  der  op- 
tischen Axen  mit  der  ursprünglichen  Polarisation»- Ebene 
zusammen  fällt.  Hiernach  werden  die  Schwingungen  senk- 
recht gegen  die  Ebene  der  optischen  Axen  (nach  der  mitt- 
leren Etasticitäls-Axe)  in  gröfsenn  Maafse  absorbirt,  als 
die  Schwingungen  in  der  Ebene  der  optischen  Axe  nach 
der  kleinsten  Elaslicitäts-Axe.  Ganz  anders  aber  verhält 
sich  die  Sache,  nenn  der  Axenwinkel  ein  kleiner  ist.  Dann 
werden  bald  die  Schwingungen  in  der  Ebene  der  optischen 
Axcn,  bald  die  Schwingungen  senkrecht  darauf  stärker  ab- 


409 

sorbirt.  Auch  der  obige  einaxige  Glimmer  (den  man  nach 
seinem  Verhalten  in  der  Turmaliuznugc  wenigstens  dafür 
hallen  würde)  von  dem  äufsern  Ansehen  des  grofsplatligcu 
sibirischen  Glimmers,  zeigte  in  entgegengesetzten  Lagen 
das  helle  und  dunkle  Kreuz1). 

Glimmer  ist  senkrecht  gegen  die  Säulenaxe  am  durch- 
sichtigsten. Der  mehrfach  besprochene  schottische  Glimmer 
war  bei  einer  Dicke  von  mehr  als  einem  Cenüinelcr  sehr 
durchsichtig  und  fast  farblos.  Die  geringste  Absorptio 
det  also  statt,  wenn  die  Schwingungen  der  Säulen-Axe  pa- 
rallel sind,  nach  welcher  die  optische  Ebslidtäl  am  gröfs- 
teo,  die  magnetische  luduction  am  kleinsten  ist. 

Die  vorstehenden  Resultate  lassen  eine  Deutung  zu, 
•welche  der  von  Senarmont'schcn  Anschauungsweise  über 
die  Conslilutiou  der  Glimmer  günstig  ist.  Die  Absorptions- 
Verhältuisse  sind  zwar  bedingt  durch  die  Kryslallform,  so 
dafs  zum  Beispiel  ein  cinaxiger  Krystall  nach  der  Richtung 
der  Axc  nicht  dichrojdiscu  seyn  kauu;  aber  andererseits  ist 
es  in  vielen  Fallen  erst  die  färbende  Beimischung,  welche 
iu  deu  Krystallen  den  DicliroTsmus  hervorruft.  Das  be- 
weisen direct  die  schönen  Versuche,  bei  welchen  der  ge- 
nannte Physiker  wasscrhellc  Krystalle  durch  Färbung  di- 
cliroidiscli  gemacht  hat,  wobei  tic.iui  natürlich  die  Intensi- 
tät des  DicliroTsmus  von  der  Intensität  des  Färbungs mittels, 
das  der  Krystall  beim  Umkrystallisircn  in  sich  aufnimmt, 
abhängig  ist.  Daraus  folgt,  dafs,  wenn  die  beiden  Normal- 
Glimmer  einen  verschieden  starken  (mehr  zufälligen)  Di- 
cliroTsmus zeigen,  durch  Zusainmenkrystallisiren  einaxiger 
Glimmer  entstehen  kann,  ohne  dafs  der  DicliroTsmus  nach 
der  Axe  aufgehobeu  wird  und  demnach  immer  noch  solcher 
Glimmer  eine  Anomalie  unter  den  einaxigen  Krystallen 
bleibt. 

Es  ist  wohl  kaum  zweifelhaft,  dafs  auch  das  magneti- 
sche Verhalten  des  Glimmers,  das  durch  Beimengung  pa- 
ramagoe  tischer  Substanzen,  welche  die  Krystallform  der 
Hauptmasse  nicht  sturen,  hervorgebracht  wird,  hiermit  ana- 

1)  Verlieh«  Do.c's  F»rt>eo  lehre  S.  262  und  folgeDde. 


410 

log  ist.  Es  würde,  wenn  der  specifische  Magnetismus  der 
beiden  zusammcnkrystallisrrtcn  Normal  -Glimmer  nicht  gleich 
w<ire  oder  vielmehr  in  einem  vollkommen  bestimmten  Ver- 
hältnisse zu  einander  stände,  ein  optisch  cinaxiger  Glimmer 
nicht  zugleich  magiictisch-einaxig  sich  verhalten1).  Bei  sehr 
kleinem  Axenwiukel  ist  es  nicht  wohl  möglich,  magnetisch 
zweiaxigen  Glimmer  von  magnetisch  einaxigem  zu  unter- 
scheiden. Darum  befremdete  es  einigenuafsen  in  dem  Falle 
des  früher  untersuchten  Glimmers  mit  sehr  kleinem  Axen- 
icinkel,  bei  horizontaler  Aufhängung  noch  eine  merkliche 
Richtkraft  des  Blattchens  zu  beobachten.  Das  Befremdende 
fallt  oacb  der  obigen  Bemerkung  fort.  Die  magnetischen 
Axcn  lagen,  normaler  Weise,  iu  der  Ebene  der  kurzen 
Diagonalen,  während  die  optischen  Axen  in  der  Ebene  der 
langen  Diagonalen  lagen.  Aber  in  demselben  Glimmer  war 
bereits,  anormaler  Weise,  die  Absorption  für  Schwingun- 
gen senkrecht  gegen  die  Ebene  der  optischen  Axcn  —  wenn 
diese  Ebene  mit  der  ursprünglichen  Polarisations-Ebene  zu- 
sammenfiel, erschien  das  helle  Kreuz  —  am  schwächsten. 

Wenn  aber  dennoch  die  von  Senarmont'sche  An- 
schauungsweise definitiv  keine  Aufnahme  finden,  ja  sogar, 
wenn  die  von  ihm  als  Grundform  des  Glimmers  angenom- 
mene gerade  rhombische  Säule  aus  einem  andern  als  dem 
optischen  Gesichtspunkte  erfolgreich  angefochten  werden 
sollte,  soviel  steht  fest,  dafs  derselbe  Grund,  welcher,  beim 
Ucbergauge  von  einer  Glimmerart  zur  andern,  ein  anderes 
optisches  Verhalten  bedingt,  zugleich  auch  eine  Aenderung 
des  magnetischen  Verfahrens  hervorruft  *) 

Bonn,  den  20.  Mai  1860. 

1)   Es  findet  dieiej   loch    darin    »Ine  Analogie,    dafj    min    durch    Zniam- 

Nilrun- Ammoniak  solche  Krptalle,  die  für  Licht  von  jeder  Brtch- 
barkctl  »ich  wie  clnuige  Krjinlle  terhilten,  mein  herstellen  kann. 
Fallen  mm  Beispiel  die  optischen  Aien  für  grüne)  Lichl  mummen,  M> 
bilden  einerseits  die  Aien  für  rolhes,  andererseits  die  Aien  für  tIoL«- 
Ui  Licht,  namhafte  Winkel  In  Ebenen  die  aufeinander  senkrecht  liehen. 
•£)  Wh  die  Theorie  der  fuajnti  bellen  Axenwirkung  belrim,  kann  ich 
einstweilen  nur  auf  meine  Abhandlung  »On  ihr  Magntlic  Indaclian 
o/Crj.tali  (Philos.   Tran.actioni  MDCCCLVIU  p.  M3— 587)- 


V.    Ch 


Chemisch  analytische  Beiträge; 
von   Fleittr.   Rose. 


Trennung  des  Kobaltoxvds  vom  Nkbeloird. 

JL>s  sind  zu  verschiedeneu  Zeiten  so  viele  Trennungen 
dieser  beiden  Oxyde  vorgeschlagen  wurden,  data  man  oft 
unschlüssig  in  der  "Wahl  werden  kann.  Nach  vielen  Un- 
tersuchungen habe  ich  mich  indessen  überzeugt,  dafs  die 
beste  aller  Methoden  der  Trcuuung  die  von  Fischer  vor- 
geschlagene ist,  welche  besonders  auch  Stroineyer  em- 
pfiehlt') und  die  bekanntlich  auf  der  Fällung  des  Kobalt- 
oxyds als  salpetrichlsaurcsKobaltsupcroxyd-Kali  beruht.  Sie 
ist  dabei  sehr  leicht  auszuführen.  Man  verfährt  am  zweck- 
mäßigsten auf  folgende  Weise:  Die  Lösung  beider  Oxyde 
wird  zu  einem  geringen  Volumen  abgedampft;  ist  sie  sauer, 
so  wird  sie  durch  Kalihydrat  ueulralisirt.  Man  Fügt  darauf 
eine  concentrirte  Lösung  von  salpclrichisanrein  Kali  hinzu, 
säuert  sie  mit  Essigsäure  an,  und  läfst  das  Ganze  24  Stun- 
den stehen,  worauf  mau  fillrirt.  Es  ist  uicht  nüthig,  ein 
gewogenes  Filtrum  anzuwenden,  da  es  nicht  zweckmässig  ist, 
aus  dem  Gewichte  des  erhaltenen  Niederschlags  die  Menge 
des  Kobaltoxyds  zu  berechnen.  Die  liltrirte  Lösung  mufs 
durch  Zusetzen  von  salpetrichtsaurem  Kali  und  von  Essig- 
säure und  durch  längeres  Stehen  geprüft  werden,  ob  sich 
in  ihr  noch  eine  gelbe  Fällung  bilde.  Der  Niederschlag 
wird  mit  einer  gesättigten  Lösung  eines  Kalisalzes  %.  B.  von 
Chlorkalium ,  oder  auch  von  schwefelsaurem  Kali  ausge- 
waschen. Man  löst  ihn  darauf  in  Chlorwasserstoffsäure 
auf,  uud  fällt  aus  der  Lösung  das  Kobaltoxyd  durch  Kali- 
hydrat. Auch  aus  der  tiltrirten  Lösung  wird  das  Nickel- 
oxyd durch  Kalihydrat  niedergeschlagen. 

Stroineyer  giebt  an,  dal's  man  aus  dem  Gewichte  des 
bei  100"  getrockneten  Salzes  die  Menge  des  Kobalts  in 
I)  Ana.  da-  Chem.  u.  Plium.  li.l.  96,  S.  218. 


412 

demselben  berechnen  könne.  Zu  dein  Ende  mufs  das  gelbe 
Salz  mit  einer  Losung  von  essigsaurem  Kali,  welche  unge- 
fähr IÜ  Proc.  des  trockueu  Salzes  enthält,  ausgewaschen 
werden,  darauf  wird  durch  starken  Alkohol  das  essigsaure 
Kali  iveggenouiuieu.  Nach  Stroineycr's  Analysen,  welche 
mit  denen  von  St.  Evre  nicht  übereinstimmen,  hat  das 
Salz  bei  100"  getrocknet  die  Zusammensetzung  CoSf'ÜKS 
+  2H  und  mau  würde  in  ihm  17,33  Proc.  Kobaltoxyd 
(CoO)  aunchmen  können.  Die  Bestimmung  des  Kobalt- 
oxyds aus  dem  getrockneten  Salze  hat  indessen  nur  un- 
genaue Resultate  gegeben.  Es  zersetzt  sich  beim  längeren 
Stehen  und  beim  Trocknen.  Deshalb  ist  es  sicherer,  es 
auf  die  oben  angegebene  Weise  auszuwaschen,  und  nach 
der  Lösung  in  Cliloi  wasserstoffsäure  das  KobaIto\yd  durch 
Kalihydrat  zu  fallen. 

Dafs  diese  Methode  der  Trennung  des  Nickeloxyds  vom 
Koballoxyd  die  vorzüglichste  von  allen  ist,  ergiebt  sich 
daraus,  dafs  das  Nickeloxyd,  welches  vom  Kobaltoxyd  nach 
den  sonst  vortrefflichen  Methoden  von  Liebig  (mit  und 
ohne  die  Veränderung  von  Wühler)  uud  von  Gibbs 
(vermittelst  braunen  Blcisuperoxyds),  so  wie  auch  nach  der 
von  mir  vorgeschlagenen  Methode  vermittelst  Chlorgas  und 
kuhlensaurer  Baryterde  getrennt  worden  ist,  nach  der  Lö- 
sung in  Säuren  und  nach  der  Neutralisation  mit  Kalihydrat 
durch  eine  concentrirtc  Lösung  von  salpetrichtsaurem  Kali 
mit  einem  Zusätze  von  Essigsäure  noch  einen  gelben  Nie- 
derschlag von  salpetrichtsaurem  Kobaltsupcroxyd-Kali  giebt. 
Die  zweckmäfsigste  Vorschrift  zur  Bereitung  des  salpe- 
trichtsauren  Kalis,  welches  man  bei  dieser  Trennung  an- 
wendet, ist  unstreitig  wohl  die  von  Stromeyer  vorge- 
schlagene, Salpeter  durchs  Schmelzen  mit  metallischem  Blei 
zu  zersetzen  '). 

Gibbs  hat   bekanntlich    das   braune   Bleisuperoxyd   in 
die  analytische  Chemie  eingeführt  *).     Er  empfiehlt   es  be- 


1)  Aon. 

Jtr 

Ch. 

;n.. 

n. 

Plural. 

lid. 

96, 

S. 

2:)0. 

1)  Amt 

dt. 

Cb. 

n. 

Phirm. 

lid, 

86, 

S. 

52 

■ 

1    1  r.'lllu''i 


sonders,  um  das  Manganoxydul  von  den  Oxyden  zu  (rennen, 
welche  sich  nicht  höher  oxydiren  und  Superoxydc  bilden 
können.  Die  Methode  ist  etwas  zeitraubend,  aber  sie  giebt 
gute  Resultate.  Es  wird  durch  das  Rleisuperoxyd  das  Man- 
gan vollständig  als  höheres  Oxyd  gefüllt,  und  kann  dadurch 
vom  Zink,  vom  Nickel  und  von  anderen  Oxyden  getrennt 
werden.  Mau  kann  diese  Methode  auch  zur  Trennung  des 
Koballoxyds  vom  Nickeloxyd  anwenden,  denn  erstcrcsOxyd 
wird  vollständig  durch  Rleisuperoxyd  in  Superoxyd  verwan- 
delt und  abgeschieden,  Mährend  das  Nickeloxyd  aufgelöst 
bleibt.  Gibhs  selbst  giebl  zwar  an,  dafs  seine  Melhodc 
für  die  Ausscheidung  des  Kobaltoxyds  nicht  anwendbar  sey, 
da  es  auch  bei  längerem  Digeriren  auf  dein  Sandbade 
nicht  vollständig  gefällt  werde.  Die  folgende  Untersuchung 
des  Hrn.  Oestcn  zeigt  indessen,  dafs  die  Methode  gute 
Resultate  giebt. 

Es  wurden  l,9'23Grm.  (vicrgliedrig)  krystallisirles  schwe- 
felsaures Nickeloxyd  (NiS  +  6W)  uud  1,99GGrm.  kryslal- 
lisirtes  schwefelsaures  Kobaltoxyd  (CoS  +  711)  im  Wasser 
gelöst  und  mit  braunem  Rleisuperoxyd  gekocht.  Die  anfangs 
rothe  Lösung  färbte  sich  grün;  der  Rückstand  wurde  meh- 
rere Male  mit  Wasser  ausgekocht  und  ausgewaschen,  bis 
vom  Waschwasser  beim  Abdampfen  auf  Platinblecb  kein 
Rückstaud  blieb.  Aus  der  lillrirten  Flüssigkeit  wurden  die 
Spuren  des  gelösten  Bleioxyds  durch  SclmefclwasserslolTgns 
entfernt,  und  nach  dessen  Verjagung  das  Nickcloxyd  durch 
Kalihydrat  gefällt.  Dasselbe  wurde,  um  es  vollständig  von 
allem  Kali  zu  befreien,  durch  Wasserstoffgas  reducirt,  und 
das  Metall  mit  Wasser  ausgewaschen.  Es  wurden  0,J32Grm. 
metallisches  Nickel  erhallen.  Der  unlösliche  Rückstand 
wurde  mit  Chlorwasserstoffsäure  mit  einem  Zusatz  von  einer 
geringen  Menge  von  Alkohol  gekocht,  wodurch  das  Rleisu- 
peroxyd sich  als  Chlorblci  von  ganz  weifser  Farbe  ausschied. 
Aus  der  vom  Chlorblci  und  dem  schwefelsauren  Bleioxyd 
getrennten  Flüssigkeit  entfernte  man  alles  noch  gelöste  Rlei 
durch    Schwefelwasserstoff   und    nach    Verjagung    desselben 


4.4 

i  s  Koballoxyd  durch  Kalibydrat;  nach  der  Rc- 
uu  Kleist  Wasserstoffes  wurden  0,115  Grm.  durch 
i  inigles  metallisches  Kobalt  erhalten.  Die  ge- 
funden ;e  des  Nickels  entspricht  1,951  Grm.  schwefel- 
saurem loxyd,  und  die  des  Kobalt  1,978  Grm.  schwe- 
felsaurem baltoxyd. 


Es  n  daher 


»ngiwandi       gefunden 

50,93         50,16 
49,07         49,78 


100,00.      100,24. 

Trennung  de«  Kohaltoiyds  vom  Zinkoxyd 
Man  kann  auf  die  so  eben  beschriebene  Weise  vermit- 
telst des  braunen  Bleisuperoxyds  auch  das  Kobaltoxyd  vom 
Zinkoxyd  trennen. 

Hr.  Oesten  wandte  beim  Versuche  1,031  Grm.  kry- 
slallisirtes  schwefelsaures  Kobaltoxyd  (CoS-(-7fl)  und 
1,130  Grm.  schwefelsaures  Zinkoxyd  (ZnS-r-7H)  an.  Er 
erhielt  0,333  Grm.  Zinkoxyd  und  0,216  Grm.  Kobalt,  welche 
1,155  Grm.  schwefelsauren  Zinkoxyds  und  1,024  Grm.  schwe- 
felsauren Kobaltoxyds  entsprechen.     Es  wurden  daher 

mge  wandt         gefunden 

Schwefelsaures  Zinkoxyd  52,28         53,44 

Schwefelsaures  Kobaltoxyd       47,72         47,38 
100,00    "1ÖÖ782. 
Das  erhaltene  Zinkoxyd  hatte   nach   dem   Glühen   eine 
schwach  grüne  Farbe,   enthielt  also  eine  geringe  Spur  von 
Kobaltoxyd. 

Fällung  des  Nickeloxyds  durch  SchwefelammoDlum. 
Bekanntlich  ist  das  Schwefelnickel  in  einem  UeberschuCs 
von  gewöhnlichem  gelblichem  Schwefelammonium  etwas  auf- 
loslich,  und  bildet  damit  eine  bräunliche  und  im  concen- 
trirten  Zustand  eine  ganz  undurchsichtige  braune  Lösung. 
Die  Fällung  des  Nickeloxyds  durch  Schwcfclammonium  kaun 


415 

indessen  vollständig  stattfinden,  wenn  man  sorgsam  vermei- 
det, dafs  das  Schwcfelammoniuin  Gelegenheit  findet,  sich 
etwas  zu  oxydiren,  wodurch  eine  höhere  SchweFlungslufc 
des  Amin oii iuins  entsteht,  in  welcher  das  Schwefel uickel 
etwas  auf  löslich  ist.  Man  verfährt  dabei  auf  folgende 
Weise:  Ist  die  Nickcloxydlösung  sauer,  so  wird  sie  durch 
Ammoniak  gesättigt;  man  ftigt  darauf  so  wenig  freies 
Ammoniak  hinzu,  dafc  das  Lackinuspapier  um  schwach  ge- 
bläut wird.  Eben  so  verfährt  man  mit  einer  neutralen  Lö- 
sung. Dann  leitet  man  durch  diese  Lösung  einen  raschen 
Strom  von  Schwcfclwasscrstoffgas,  wobei  mau  so  viel  wie 
möglich  den  Zutritt  der  Lufl  zu  vermeiden  sucht.  Das  ge- 
fällte Schwefelnickel  wird  sogleich  beim  Ausschlufs  der  Luft 
iiltrirt,  und  mit  Wasser  ausgewaschen,  zu  dem  etwas  Schwe- 
fel tvassersto  ff  wasser  hinzugefügt  worden  ist.  Besser  fast  ist 
es  noch,  durch  die  saure  oder  neutrale  Nickcloxydlösung 
eineu  Strom  von  Schwefelwasserstoffgas  zu  leiten,  bis  sie 
damit  gesättigt  ist  und  stark  nach  Schwefelwasserstoff  riecht, 
sodann  die  Flüssigkeit  mit  Ammoniak  zu  sättigen,  und  nur 
so  viel  davon  hinzuzufügen,  dafs  das  Lackinuspapier  schwach 
davon  gebläut  wird,  dann  so  schuell  wie  möglich  zu  ftlttiren 
und  das  Schwcfelnickcl  mit  Wasser  auszuwaschen,  welches 
etwas  Schwefelwasserstoff  enthält.  Man  braucht  das  Schwc- 
felnickel  nicht  erst  sich  absetzen  zu  lassen.  Die  lillrirte 
Flüssigkeit  ist  in  diesen  Fällen  vollkommen  farblos  und 
enthält  keine  Spur  von  Nickel.  Hat  aber  durch  Unacht- 
samkeit das  Schwefelammonium  sich  oxydiren  können,  und 
ist  eine  auch  nur  geringe  Menge  von  einer  höheren  Schwe- 
felungsstufc  des  Ammoniums  entstanden,  so  wird  etwas 
Schwefelnickel  gelöst,  und  die  filtrtrlc  Flüssigkeit  ist  mehr 
uder  minder  stark  bräunlich  gefärbt.  Es  ist  dann  sehr 
schwer,  das  gelöste  Schwefelnickel  zu  fällen  und  seiner 
Menge  nach  zu  bestimmen;  daher  ist  es  nolhwendig,  der 
Auflösung  des  Nickels  zuvorzukommen,  was  sehr  gut  ge- 
lingt, wenn  man  die  beschriebenen  Vorsichtsmaßregeln 
geuau  beobachtet. 

Aus   dem   erhaltenen    Schwefel  nick  ei    kann    nicht,    wie 


416 

schon  früher  bemerkt  wurde  '),  mil  Sicherheit  die  I 
des  Nickels  berechnet  werden,  nachdem  man  es  im  Was- 
serst offgasstrome  geglüht  hat.  Man  mufs  es  in  oxydirendeu 
Säuren  auflösen,  und  das  Nickeloxyd  aus  der  Losung  durch 
Kalihydrat  fällen. 

Trennung  des  Kobalt-  und  Nlckeloxyds  von  der  Thonerde  und  den 
Kiaenojyd. 

Das  Kobaltoxyd  trennt  mau  von  der  Thonerde  und  dem 
Eisenoxyd  auf  die  Weise  ganz  vollkommen,  dafs  man  xu 
der  neutralen  oder  zu  der  mit  kohlensaurem  Natron  ueu- 
tralisirten  Losung  essigsaures  Natron  hinzufügt  und  dann 
das  Ganze  kocht.  Weder  in  der  gefüllten  Thonerde,  uoch 
im  Eisenoxyd  kann  man  nach  dem  Auswaschen  die  gering- 
sten Spuren  von  Kobaltoxyd  nachweisen. 

Es  ist  beineikeuswerth,  dafs  das  Nickeloxyd  sieb  von 
der  Thonerde  und  dem  Eisenoxyd  lange  nicht  so  gut  und 
vollständig  auf  diese  Weise  scheiden  läfst,  wie  das  Kobalt- 
oxyd. Die  gefällte  Thonerde  und  das  Eisenoxyd  enthalten 
etwas  Nickeloxyd.  Man  mufs  sie  wiederum  in  einer  Säure 
lösen,  die  Lösung  mit  kohlensaurem  Alkali  neutralisiren 
und  nach  einem  Zusätze  von  essigsaurem  Natron  kochen, 
und  diese  Operation  noch  einmal  wiederholen;  dennoch  er- 
hält man  sie  nicht  so  vollkommen  frei  von  jeder  Spur  von 
Nickeloxyd,  wie  sie  durch  eine  einmalige  Behandlung  frei 
vom  Kobaltoxyd  erhalten  werden  können. 

i  der  Magnesia  und 

Die  Trennung  des  Kobaltoxyds  von  der  Magnesia  kann 
ganz  einfach  auf  die  Weise  bewerkstelligt  werden,  dafs  man 
nach  der  Fällung  der  ammoniakalischcn  Lösung  vermittelst 
Scbwefelammoniums  das  Ganze  bis  zur  Verflüchtigung-  des 
freien  Ammoniaks  kocht,  wodurch  die  etwa  gefällte  Mag- 
nesia durch  das  ammoniakalischc  Salz  gelöst  wird.  Nach 
dem  Kochen  werden  zur  Lösung  einige  Tropfen  von  Schwe- 
ll Pogg.  Ann.  Bd.  110.  S.  131. 


417 

elauimonium   und  vom  freiem  Ammoniak   hinzugefügt  und 
dann  fillrirt. 

Bei  der  Trennung  des  Nickeloxyds  von  der  Magnesia 
v.  inl  die  Lösung  beider  Oxyde  mit  Ammoniak  neulralisirt, 
nachdem  vorher  Chlorammonium  hinzugefügt  worden  ist, 
und  dann  durch  die  Lösung  ein  Strom  von  Schwefelwas- 
sersloffgas  geleitet.  Man  trennt  schnell  das  gefällte  Schwe- 
felnickel und  fällt  in  der  tillnrteu  Flüssigkeil  die  Magnesia 
als  phosphorsaure  Ammoniak -Magnesia. 

Auf  dieselbe  Weise  wie  die  Magnesia  kann  auch  die 
Kalkerde  von  dem  Kobalt-  und  dem  Nickeloxydc  getrennt 
werden.  Eine  andere  Art  der  Trennung  beider  von  der 
Kalkerdc  bewirkt  mau  durch  verdünnte  Schwefelsäure  mit 
einem  Zusätze  von  Alkohol.  Man  mufs  so  viel  Alkohol 
hinzusetzen,  dafs  derselbe  durch  die  Flüssigkeit  so  verdünnt 
wird,  dafs  wohl  dadurch  die  schwefelsaure  Kalkerde  voll- 
ständig gefüllt  wird,  nicht  aber  das  schwefelsaure  Koball- 
und  Nickeloxyd  (welche  beide  in  starkem  Alkohol  nicht 
löslich  sind)  zum  Thcil  gefällt  weiden  können.  Man  fügt 
daher  zu  der  Lösung,  welche  nicht  viel  von  fremden  Sal- 
zen enthalten  mufs,  eiu  sechstel  oder  ein  achtel  Volumen 
von  starkem  Alkohol  hinzu,  und  darauf  verdünnte  Schwefel, 
säure  iu  einem  kleinen  Ueberschufs. 


Trennung  des  Bltioxjds  von  uuileru  Oxyden. 
Man  kann  das  Bleioxyd  vollständig-  als  braunes  Stiper- 
ozyd,  l'liO-'.  fallen,  wenn  mau  durch  die  Lösung,  wenn 
sie  mit  einem  Alkali  versetzt  worden  ist,  Chlorgas  leitet, 
und  sie  wiihrend  dessen  crhiLzt.  Diese  Methode,  das  Blei- 
oxyd zu  bestimmen,  ist  von  Rivot,  Beudaut  und  Da- 
guin  empfohlen  worden,  besonders  in  der  Absicht,  um 
es  auf  diese  Weise  von  andern  Oxyden  trennen  zu  kön- 
nen, welche  vermittelst  des  Chlors  nicht  höher  oxydirt 
werden. 

Bei  der  Fällung    des  Bleioxyds   als    braunes  Superoiyd 
vermittelst    Cblorgas    verfährt    man    am    besten    folgender- 
maßen:   Die  Lösung   des    Bleioxyds   wird,  wenn  sie  freie 
TVggcndorrr»  AnuL  Bd  CX. 


418 

Säure  enthält,  vermittelst  kohlensauren  Natrons  gesättigt; 
inau  fügt  alsdann  essigsaures  Natron  hinzu,  und  leitet  Chlor 
gas  durch  die  Lösung,  wahrend  sie  erhitzt  wird.  Man  kann 
die  Erhitzung  selbst  bis  zum  Kochen  steigern,  wodurch  die 
Erzeugung  des  braunen  Superoxyds  befördert  wird.  Sie 
iiinlet  indessen  auch  bei  niedrigeren  Temperaturen  voll- 
ständig statt,  aber  erst  nach  längerer  Zeil.  Bei  der  quan 
titativen  Bestimmung  des  Superoxids  ist  zu  bemerken,  dafs 
ein  Theil  desselben  sich  so  fest  an  die  Wände  des  Glases 
ansetzt,  dafs  er  durch  mechanische  Mittel  davon  nicht  weg- 
zubringen ist.  Man  mufs  ihn  mit  einigen  Tropfen  Cblor- 
wasserstoffsäure  befeuchten,  wodurch  das  Superoxyd  leicht, 
besonders  durch  ein  geringes  Erwärmen,  sich  in  Chlorblei 
verwandelt;  man  dampft  entweder  das  Ganze  bis  zur  Trock- 
nii'.s  ab,  oder  verwandelt  es  in  schwefelsaures  Bleioxyd, 
und  berechnet  daraus  die  entsprechende  Menge  von  Su- 
peroxyd. 

Die  Verwandlung  des  Bleioxyds  in  braunes  Superoxyd 
vermittelst  Chlorgas  auf  die  angeführte  Weise  findet  auch 
statt,  wenn  das  Bleioxyd  nicht  vollständig  in  der  Flüssig- 
keit gelöst,  sondern  darin  suspendirt  ist,  wie  z.  B.  als 
schwefelsaures  Bleioxyd. 

Die  Menge  des  erhaltenen  und  bei  100°  getrockneten 
braunen  Bleisuperoxyds  zeigt  indessen  nur  annähernd,  nicht 
aber  mit  grofser  Schärfe  die  des  Bleioxyds  an,  welche 
man  bestimmen  will.  Es  ist  bei  aller  Vorsicht  Dicht  tn 
vermeiden,  dafs  in  dem  erhaltenen  Superoxyde  eine  kleine 
Menge  von  Chlorblei  und,  bei  Anwesenheit  von  Schwefel- 
säure, auch  von  schwefelsaurem  Bleioxyd  enthalten  sey. 

Es  wurde  eine  Lösung  von  salpetersaurem  Bleioxyd 
mit  essigsaurem  Natron  und  mit  schwefelsaurem  Kali  ver- 
setzt, und  darauf  lange  Zeit  Chlorgas  hindurchgeleitet, 
während  das  Ganze  fast  immerfort  im  leisen  Kochen  erhal- 
ten wurde.  Der  braune  Niederschlag  des  Superoxyds  wurde 
■o  lauge  ausgewaschen,  bis  Chtorbaryum  im  Waschwasser 
keine  Reacliou  mehr  hervorbrachte;  ein  Theil  des  Super- 
oxyds wurde  darauf  in  Salpetersäure  mit  Hülfe  von  etwas 


419 

ucker  gelöst.  In  der  Lösung  wurde  durch  SilhcroxydlÖ- 
sung  eine  wiewohl  schwache  Trübung  erzeugt.  Ein  aride 
rer  Theil  wurde  in  Chlorwasserstoff  säure  (ebenfalls  mit 
Hülfe  von  etwas  Zucker)  gelöst;  es  blieb  ein  sehr  geringer 
Rückstand  von  schwefelsaurem  Rleioxyd  und  durch  Zu- 
setzen von  Chlorbaryum  erzeugte  sich  in  der  Lösung  eine 
Trübung.  In  der  vom  Bleisupcroxyd  abfilirirlcn  Lösung 
konnte  nach  Entfernung  des  Chlors  durchs  Erhitzen  durch 
Schwefelwasserstoff  keine  Spur  von  Bleioxyd  aufgefunden 
werden. 

Um  zu  sehen,  um  wie  viel  die  Menge  des  gefundenen 
Bleisnperoxyds  von  der  berechneten  abweicht,  liefs  Hr. 
Oesten  durch  eine  Lösung  von  2,287  Gnu.  salpetersauren 
Blcioxyds,  die  mit  vielem  essigsauren  Natron  versetzt  wurde, 
Chlorgas  streichen,  wahrend  sie  bis  zum  anfangenden  Ko- 
chen erhitzt  wurde.  Der  gut  ausgewaschene  Niederschlag 
des  braunen  Oxyds  wog  nach  dem  Trockueu  bei  100" 
1,545  Gnu.;  die  Wände  des  Glases  waren  indessen  noch 
mit  einer  Haut  des  braunen  Oxyds  überzogen,  das,  durch 
Chlorwasserstoffsäure  gelöst,  noch  0,1 06  Gnu.  Chlorblei 
gab,  die  0,094  Grm.  Superoxyd  entsprechen.  Das  braune 
Oxyd  wurde  in  Salpetersäure  mit  Hülfe  von  etwas  Zucker 
gelöst;  die  Lösung  gab  mit  Silberoxydlösung  eine  Trübung. 
Aber  ungeachtet  der  Gegenwart  einer  geringen  Menge  von 
Chlorblei  im  Superoxyd  betrug  die  Menge  desselben  nur 
],639  Grm.,  der  Berechnung  nach  hätten  1,651  Grm.  erhal- 
ten werden  müssen.  Dafs  weniger  erhalten  wurde,  kann 
nur  darin  seinen  Grund  haben,  dafs  ein  geringer  Thcil  des 
Bleioxyds,  vom  Superoxyd  umschlossen,  nicht  höher  oxy- 
dirl  wurde.  Das  Superoxyd  enthielt  eine  geringe  Menge 
von  Chlorblei;  dessen  ungeachtet  enthielt  das  letzte  Wascb- 
wasscr  keine  Spur  davon;  dasselbe  konnte  daher  wohl  nur 
als  unlösliches  basisches  Chlorblei  (Chlorblei  mit  Bleioxyd) 
im  Niederschlage  enthalten  gewesen  seyn. 

Die  Methode,  das  Bleioxyd  als  Superoxyd  zu  bestim- 
men, ist  aber  gar  nicht  anwendbar,  wenn  in  der  Lösung 
noch   andere   Metalloxyde   enthalten   sind,    von   deaeu  4s* 


Bleioxyd  getrennt  werden  soll,  auch  wenn  diese  Oxyde 
durch  eine  sehr  lange  Einwirkung  von  Chlorgns  nicht  in 
unlösliche  Superoxide  verwandelt  werden.  Das  braune 
Blcisuperoxyd  verbindet  sich,  wenn  es  sich  bildet,  mit  grö- 
ßeren oder  geringeren  Mengen  von  diesen  Oxyden  und 
scheidet  sieb  mit  ihnen  ab,  behalt  aber  dabei  seine  ihm 
eigen thümliche  braune  Farbe, 

Es  ist  diefs  namentlich  der  Fall,  wenn  auf  diese  Weise 
das  Bleioxyd  vom  Kupferoxyd,  vom  Cadmutmoxyd  und  vom 
Zinkoxyd  getrennt  werden  soll. 

Hr.  Oesten  liefs  durch  eine  Lösung  von  2,665  Grm. 
Salpetersäuren  Bleioxyds,  welche  mit  1,910  Grm.  schwefel- 
sauren Kupferoxyds  (CnS-t-514)  und  mit  einer  bedeuten- 
den Menge  von  essigsaurem  Natron  versetzt  wurde,  Cblor- 
gas  strömen,  wahrend  das  Ganze  im  gelinden  Kochen  er- 
halten wurde.  Es  wurden  nur  1,378  Grm.  des  braunen 
Superoxyds  erbalten,  welche  1,91)8  Grm.  Salpetersäuren) 
Bleioxyd  entsprechen.  Der  dünne  Ueberzug  von  braunem 
Oxyd  an  den  Wanden  des  Gefafses  gab  in  schwefelsaures 
Bleioxyd  verwandelt  0,042  Grm.,  wofür  0,046  Grm.  salpe- 
tersaures Bleioxyd  in  Rechnung  zu  bringen  sind.  Die  ganze 
Menge  des  erhaltenen  braunen  Oxyds  entspricht  daher  nur 
1,954  Grm.  salpetersaurem  Bleioxyd.  Es  hatte  also  ein  ganz 
aufsero [deutlich  starker  Verlust  stattgefunden;  dessen  un- 
geachtet wurde,  als  das  braune  Oxyd  mit  Salpetersaure 
übergössen  wurde,  eine  Chlorentwicklung  bemerkt,  und  als 
mit  Hälfe  von  Zucker  die  Auflösung  statt  fand,  blieb  schwe- 
felsaures Bleioxyd  ungelöst;  die  Lösung  war  aber  stark 
blau  gefärbt.  Das  braune  Superoxyd  enthielt  also  Chlor- 
blei, schwefelsaures  Bleioxyd,  sehr  viel  Kupferoxyd  und 
Bleioxyd,  da  das  Chlorgas  wohl  nicht  hinlänglich  lange 
durch  die  Flüssigkeit  geleitet  worden  war.  Da  das  Resul- 
tat des  Versuchs  ein  so  ungünstiges  war,  wurde  die  vom 
braunen  Superoxyd  gelrennte  Flüssigkeit  nicht  ferner  un- 
tersucht. 

Da  es  möglich  war,  dafs  das  schlechte  Resultat  des  Ver- 
suchs davon   herrühren   konnte,   dafs   das  Kupferoxyd    ab 


Echwcfelsai 


«1 


c  feisaures  angewandt  worden,  so  wurden  bei  ciuer  Wie- 
derholung zu  dem  Salpetersäuren  Bleiuxyd  salpetersaures 
Kupferoxyd  hinzugefügt.  Es  wurden  2,529  Gnu.  salpcter- 
saures  Bleioxyd  mit  einer  Lösung  von  0,327  Gnu.  metalli- 
schen Kupfers  in  Salpetersäure  vermischt,  welche  vermit- 
telst kohlensauren  Natrons  neutralisirt  wurde,  und  nach- 
dem noch  eine  bedeutende  Menge  von  essigsaurem  Natron 
hinzugefügt  worden.,  wurde  so  lange  anhaltend  ein  Strom 
von  Chlorgas  durch  die  Lösung  geleitet,  bis  sie  stark  dar- 
nach roch;  das  Ganze  blieb  fortwährend  im  gelinden  Ko- 
chen, Die  vom  braunen  Blcisupcroxyd  getrennte  Flüssig- 
Ikcil  wurde  bis  zur  Verjaguug  des  freien  Chlors  erhitzt  und 
mit  etwas  Cblorwasserstoffsjiure  angesäuert,  das  Kupfcr- 
oxyd  durch  Schwefel  wasserstoffgas  gefallt  und  nach  dem 
Glühen  im  Wasscrstoffgasstroine  als  Schwcfelkupfer  be- 
stimmt. 
Es  wurden  2,009  Gnn.  braunes  bei  100"  getrocknetes 
Blcisupcroxyd  erhallen;  der  Ueberzug  von  den  Wänden 
des  Gefäfses  gab  in  Chlorwasscrstoffsäurc  gelöst  noch  0,036 
Gnn.  Chlorblei.  Die  ganze  Menge  des  erhaltenen  Super- 
oxyds  entspricht  aber  2,816  Grro.  Salpetersäuren)  Bleioxyd: 
es  wurde  also  diesmal  bei  weitem  mehr  erhalten,  als  zum 
Versuch  genommen  war.  Das  braune  Oxyd  entwickelte 
beim  Uebergicfsen  mit  Salpetersäure  Chlor,  und  als  die 
Lösung  mit  Hülfe  von  etwas  Zucker  bewirkt  wurde,  gab 
dieselbe  mit  salpelersaurcm  Silberoxyd  einen  starken  Nie- 
derschlag; sie  war  dabei  stark  blau  gefärbt.  —  Es  wurden 
ferner  0,203  Gnu.  Schwefelkupfer  erhalten,  welche  nur 
0,162  Gnu.  metallischem  Kupfer  entsprechen. 

Es  ist  wahrscheinlich,  dafs  bei  diesen  Versuchen  durch 
das  lauge  Erhitzen  neben  dem  braunen  Superoxyd  sich 
braunes  überbasisches  essigsaures  Kupferoxyd  ausgeschiedeu 
bat,  das  vielleicht  durch  eiueu  grofsen  Ueberschufs  von  Es- 
sigsäure sich  aufgelöst  halte.  Wird  übrigens  eine  Lösung 
von  schwefelsaurem  Kupferoxyd  mit  essigsaurem  Natron 
versetzt  und  Chlorgas  im  Ueberschufs  durch  die  Lösung 
geleilet,  so  entsteht  keine  sichtliche  Veränderung  und  kein 


422 

Niederschlag,  weder  bei  gewöhnlicher  Temperatur,  uodi 
durch  längeres  Kocheii,  in  concentrirten  oder  in  stark  ver- 
dünnten Lösungen. 

Als  eine  Lösung  von  sal  petersaurem  Bteioxyd  mit  schwe- 
felsaurem Zinkoxyd  und  mit  essigsaurem  Natron  verseilt 
worden  war,  und  durch  das  Ganze  Chlorgas  geleitet  wurde, 
während  es  gelinde  kochte,  konnte  in  dein  braunen  Ulci- 
superoxyd,  nachdem  es  mit  Chlorwasser  st  offsäure  behan- 
delt und  der  gelöste  Tbeil  des  Cblorbleis  durch  Schwefel- 
saure und  Alkohol  gefällt  worden  war,  noch  Zinkoxyd 
durch  Schwefelammonium  aufgefunden  werden.  Es  war  in- 
dessen die  Menge  desselben  nicht  bedeutend. 

Dahingegen  enthielt  braunes  Eleisuperoxyd,  das  aus 
einer  Lösung  von  salpetcrsuurem  Bleioxyd  erhallen  wor- 
den war,  welche  mau  mit  Lösungen  von  schwefelsauren 
Cadmiumoxyd  und  von  essigsaurem  Natron  versetzt  halte, 
und  durch  welche  Chlorgas  geleitet  worden  war,  während 
das  Ganze  im  gelinden  Kochen  erhalten  wurde,  sehr  viel 
Cadmiumoxyd.  Ab  das  braune  Oxyd  mit  Chlorwasserstoff- 
säure behandelt,  und  der  gelöste  Theil  des  Chlorbleis  durch 
Schwefelsaure  und  Alkohol  gefallt  worden  war,  gab  die 
filtrirte  Flüssigkeit  einen  starken  Niederschlag  von  Schwe- 
felcadmium,  als  durch  sie  Scbwefelwasserstoffgas  geleitet 
wurde.  —  Die  vom  braunen  Bleisuperoxyd  getrennte  Flüs- 
sigkeit hingegen  enthielt  nur  sehr  wenig  Cadmium.  Der 
gröfste  Theil  des  Cadiniumoxyds  ist  also  mit  dem  Bleis u - 
perosyd  gefallt  worden. 

Wird  schwefelsaures  Cadmiumoxyd  mit  essigsaurem  Na- 
tron versetzt,  und  durch  die  Lösung  Chlorgas  geleitet,  to 
findet  keine  Veränderung  statt,  weder  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  noch  durchs  Kochen,  in  verdünnten  und  in 
Concentrin en  Lösungen. 

Die  Trennung  des  Bleioxyds  von  sehr  vielen  starken 
Basen  geschieht  am  zweckmäßigsten  auf  die  Weise,  data 
man  das  Bleioxyd  durch  verdünnte  Schwefelsäure  fällt,  und 
dann  noch  so  viel  Alkohol  hinzusetzt,  dafs  das  schwefel- 
saure Bleioxyd  vollständig  ausgeschieden  wird,   aber   nicht 


423 

so  viel,  dafs  auch  die  schwefelsaure  Verbindung  der  an- 
deren  Basen  dadurch  zum  Theil  gefällt  werden  könnte; 
denn  die  meisten  Salze  der  Schwefelsäure  mit  stärkeren 
Basen  sind  in  starkem  Alkohol  nicht  löslich.  Man  fügt  daher 
zu  der  Lösung  nur  ein  sechstel  oder  ein  achtel  Volumen 
von  starkem  Alkohol  hinzu.  Nachdem  das  schwefelsaure 
Bleioxyd  sich  vollständig  abgesetzt  hat,  läfst  man  das  Ganze 
noch  einige  Stunden  stehen,  ehe  man  filtrirt.  Man  trennt 
auf  diese  Weise  namentlich  sehr  gut  das  Bleioxyd  vom  Ku- 
pferoxyd, vom  Cadmiumoxyd,  so  wie  vom  Zinkoxyd  und 
von  vielen  anderen  Basen,  von  denen  es  auch  durch  Schwe- 
fel wasserstoffgas  geschieden  werden  könnte. 

Trennung  des  Kupferoxydt  von  anderen  Oxyden. 

Nicht  nur  durch  Schwefelwasserstoffgas  kann  das  Kupfer- 
oxyd von  vielen  Basen  mit  grober  Genauigkeit  getrennt 
werden,  sondern  auch  vermittelst  einer  Lösung  von  Rho- 
dankalium  als  Kupferrhodantlr,  wie  diefs  Rivot  zuerst 
vorgeschlagen  hat.  Die  Lösungen  des  Kupferoxyds  können 
etwas,  aber  nicht  zu  stark  sauer  seyn.  Man  fügt  darauf 
eine  wäfsrige  Lösung  von  schweflichter  Säure  hinzu,  und 
läfst  dieselbe  entweder  bei  gewöhnlicher  Temperatur  darauf 
einwirken,  oder  unterstätzt  die  Einwirkung  durch  eine  ge- 
linde Erwärmung,  wodurch  sie  beschleunigt  wird.  Man  fügt 
darauf  eine  Lösung  von  Rhodankalium  hinzu,  so  lange  als 
noch  ein  weifser  Niederschlag  entsteht  Man  filtrirt  nicht 
sogleich,  sondern  läfst  das  Ganze  längere  Zeit  vor  dem  Fil- 
triren  stehen.  Man  filtrirt  entweder  auf  einem  gewogenen 
Filtrum,  und  trocknet  den  ausgewaschenen  Niederschlag 
vor  dem  Wägen  bei  100°  und  berechnet  aus  dem  wasser- 
freien Kupferrhodanür  die  Menge  des  Kupferoxyds,  oder  man 
wäscht  ihn  auf  einem  nicht  gewogenen  Filtrum  aus,  ver- 
brennt nach  dem  Trocknen  das  Filtrum  zu  Asche  und  glüht 
den  Niederschlag  in  einem  bedeckten  Porcellantiegel,  nach- 
dem man  etwas  Schwefelpulver  hinzugefügt  hat;  er  verwan- 
delt sich  dadurch  in  das  Schwefelkupfer  Cu*  S,  aber  man 
erhält  nur  dann  ein  richtiges  Resultat,  wenn  das  Glühen 


424 

in  einer  Atmosphäre  von  Wasscrstoffgas  stattfindet.  Mao 
bedient  sich  dazu  des  Apparats,  der  in  diesen  Ann.  Bd.  HO, 
S.  122  abgebildet  ist. 

Aus  0,89U  lirm.  von  bei  100°  getrocknetem  Kupferrho- 
daniir  erhielt  Hr.  Oesten,  nachdem  dasselbe  unter  Zusatz 
von  etwas  Schwefelpulvcr  im  Wasscrstoffgasslrome  geglüht 
worden  war,  0,585  Grm.  Schwcfclkupfcr.  Das  Aequivalent 
für  jene  Menge  von  Kupferrhodanür  ist  0,581  Grm.  Schwe- 
fel kupier. 

Man  erhält  nach  dieser  Methode  sehr  zufriedenstellende 
Resultate,  und  für  diejenigen,  welche  durch  Schwefelwasser- 
stoff sehr  belastigt  werden,  ist  diese  Methode  der  Bestim- 
mung des  Kupferoxyds  der  durch  Schwefelwasserstoff  vor- 
zuziehen. Es  ist  indessen  zu  bemerken,  dafs  das  Kupfer- 
rhodanür nicht  ganz  so  vollkommen  unlöslich  ist,  wie  das 
durch  Schwefel  wasscrstoffgas  gefüllte  Schwefelkupfer,  deun 
das  Waschwasser  vom  Kupferrhodanür  wird  durch  Schwe 
fei  wasserst  offgas  sehr  schwach  gelblich  und  durch  Eisenchlo 
ritl  sehr  schwach  röthlich  geTürbt. 

Man  kann  durch  Rhodankaliuin  das  Kupferoxyd  von 
allen  den  Basen  trennen,  die  sonst  gewöhnlich  durch  Schwe- 
fel wasserst  off  gas  vom  Kupferoxyd  geschieden  werden,  die 
Alkalien  ausgenommen.  Auch  die  Trennung  vom  Eis&toaegd 
wird  leicht  dadurch  bewirkt;  man  fügt  zu  der  durch  etwas 
Chlorwasserstoffsäure  sauer  gemachten  Lösung  des  Kupfer- 
oxyds  und  Eisenoxyds  schweflichte  Saure  und  dann  eine 
Lösung  von  Rhodankalium.  Wenn  auch  die  Reductiuo 
des  Eisenoxyds  zu  Oxydul  durch  die  schweflichte  Saure 
keine  vollständige  gewesen  ist,  und  die  Lösung  sich  blutroth 
färbt,  so  kann  das  lösliche  rot  he  Eisenrhodanid  von  dem 
unlöslichen  weifsen  Kupferrhodanür  sehr  leicht  vollkommen 
durch  Wasser  ausgewaschen  werden.  Besonders  vorteil- 
haft ist  die  Trennung  des  Kupferoxyds  vom  Zinkoxyd  durch 
Rhodankaliuni,  da  die  Trennung  beider  Oxyde  vermittelst 
Schwefelwasserstoffgas  Schwierigkeiten  hat.  Aus  der  vota 
Kupferrhodanür  abfiltrirten  Flüssigkeit  kann  das  Zinkoxyd 
auf  die  gewöhnliche  Weise  durch  kohlensaures  Natron  ge- 


Sehr  gut  kann  auch  die  Trennung  de 
miumoxt/ds  vom  Knpfcroxvd  bewirkt  werden.  Aus  der 
vom  Kuprcrrhodanür  getrennten  Flüssigkeit  fällt  man  das 
Carinii unum-d  durch  Schwcfelwassersloffgas  oder  durch  koh- 
lensaures Kali. 

Zu  wiederholten  Malen  hat  man  vorgeschlagen,  das  Ku- 
pfer durch  Jodkalium  ans  seinen  Losungen  als  Kupfcrjodür 
zu  fällen,  um  es  auf  diese  Weise  von.  anderen  Basen  zu 
trennen.  Man  erhält  indessen  ungenaue  Resultate,  weil  das 
Kupferjodür  nicht  vollständig  gefällt  wird,  und  eine  nicht 
ganz  unbedeutende  Menge  desselben  aufgelöst  bleibt. 

(Jeber  die  Trennung  des  Wismuihoiydes  von  anderen  Oiyrteo, 
Gewöhnlich  ptlegt  mau  das  Wisumthoiyd  aus  seiner 
salpelersaiircn  Lösung  durch  Alkalien,  namentlich  durch 
kohlensaures  Ammoniak  zu  fällen.  Eine  bessere  und  zweck- 
mäfsiiicie  Anssclicidiuigsmctliodc  des  Wismnlhs  besteht  aber 
darin,  dafs  man  es  als  basisches  Chlorwismulb,  Bi  (1  ' 
+  2BiOJ,  fällt.  Dasselbe  ist  ganz  unlöslich,  und  man  kann 
das  Wjsmuth  als  solches  so  vollständig  ausfällen,  dafs  in 
der  abtiltrirten  Flüssigkeil  auch  nicht  die  geringsten  Spuren 
davon  zu  entdecken  sind;  jedenfalls  wird  dasselbe  noch  voll- 
komwuer  ausgefällt,  als  durch  kohlcnsaurcsAuimoniak.  Denn 
die  vom  basischen  Chlorwismulh  abliltrirte  Flüssigkeit  wird 
nicht  im  Mindesten  durch  Schwefehvasscrsloffwasser  verän- 
dert, während  die  von  dem  durch  kohlensaures  Ammoniak 
entstandenen  Niederschlage  getrennte  Lösung  dadurch  sehr 
schwach  gelblich  gefärbt  wird. 

Um  das  Wismulh  auf  diese  Weise  abzuscheiden,  braucht 
man  uur  die  Lösung  desselben  in  Salpetersäure  mit  etwas 
Chlorwassersloffsäure  zu  versetzen,  und  das  Ganze  mit  schr 
vielein  Wasser  zu  verdünnen.  Je  mehr  freie  Säure  die 
Lösung  enthielt,  desto  giöfser  mufs  die  Menge  des  Wassers 
seyn,  uin  das  Wismulh  als  basisches  Chlorwismnth  abzu- 
scheiden; man  kann  daher  die  Menge  des  hinzuzusetzenden 
:  vorher  bestimmen.  Es  ist  zu  diesem  Zwecke 
iederscblag  sich  vollständig  absetzen  zu  lassen, 


«6 

dann  eiucn  Thcil  der  klaren  Flüssigkeit  abzugiefsen  und 
diese  mit  einer  neuen  Menge  von  Wasser  zu  versetzen.  Ent- 
steht dadurch  eine  Trübung,  so  war  bei  der  ersten  Fällung 
nicht  die  hinreichende  Menge  Wasser  angewandt  worden. 

Um  daher  eine  zu  grofse  Menge  von  Wasser  zu  ver- 
meiden, iniils  man  die  zu  untersuchende  Wismiitliverbinduiig 
in  einer  nicht  zu  grofsen  Menge  von  Salpetersäure,  von 
Chlorwasserstoffsäure  oder  von  Königswasser  lösen.  Ist 
eiue  Wisuiuthlösung  zu  verdünnt,  was,  wenn  sie  zugleich 
dabei  nicht  trübe  ist,  nur  durch  eine  sehr  grofse  Menge 
von  freier  Säure  bewerkstelligt  werden  kann,  so  inufs  sie 
durch  vorsichtiges  Abdampfen  concentrirt,  und  der  gröfste 
Thcil  der  freien  Säure  durchs  Erhitzen  fortgelrieben  wer- 
den. Besteht  die  freie  Säure  nur  aus  Salpetersäure,  so  bat 
mau  dabei  keinen  Verlust  zu  befürchten;  enthielt  die  Lö- 
sung aber  Chlorwasserstoffsaure  oder  Königswasser,  so  kann 
beim  Abdampfen  der  freien  Säure  auch  etwas  Calorwisnurih 
verflüchtigt  werden.  Es  ist  indessen  zu  bemerken,  dafs  da« 
Chlorwismulh  erst  dann  anfängt  sieb  zu  verflüchtigen,  wenn 
von  der  Lösung  der  gröfste  Theil  der  Chlor  Wasserstoff  säure 
abgedampft  worden  ist. 

Wenn  mau  indessen  das  Wjsmutk  in  einer  sehr  sauren 
Lösung  bestimmen  will,  und  man  will  das  Zusetzen  einer 
überaus  grofsen  Menge  von  Wasser  vermeiden,  so  kann 
man  durch  Ammoniak  oder  Kalihydrat  dieselbe  so  abstum- 
pfen, dafs  sie  nur  noch  sehr  schwach  sauer  ist,  und  dann 
mit  Wasser  verdünnen.  In  diesem  Falle  braucht  man  bei 
weitem  weniger  Wasser,  um  das  basische  Chlorwismulh 
auszuscheiden,  und  dasselbe  fällt  ebenso  vollständig,  wie 
durch  reines  Wasser. 

Wenn  eine  Salpetersäure  Auflösung  von  Wismuthoxyd 
viel  freie  Salpetersäure  enthält,  so  gebraucht  man,  um  aas 
ihr  das  Wismuth  als  basisches  Chlorwismulh  zu  fällen,  weit 
weniger  Wasser,  wenn  man  statt  Chlorwasscrstoffsäure,  Lo- 
sungen von  alkalischen  Chlormetallen,  z.  B.  von  Chlorna- 
trium,  hinzufügt.  Jedenfalls  ist  auch  dann  anzuratfaen,  wenn 
die  Menge  der  freien  Salpetersäure  sehr  bedeutend  ist,  die 


427 

Losung  durch  Alkali  so  abzustumpfen,  dafs  sie  noch  etwas 
sauer  ist,  und  dann  erst  Wasser  hinzuzufügen. 

Der  Niederschlag  des  basischen  Chlorwismulhs  ist  in  der 
sehr  verdünnten  Chlorwasserst  offsäure,  welche  durch  Zer- 
setzung des  Chlorwismuth  verraitlelst  Wassers  etil  Blanden 
ist,  ganz  unlöslich,  in  stärkerer  Chlorwasserstoffsaure  wird 
er  freilich  gelöst,  aber  durch  sehr  viel  Wasser  wiederum 
gefüllt.  Hat  man  zur  Auflösung  sehr  viel  Chlorwas 
stoffsaure  angewandt,  so  füllt  man  das  basische  Salz  am 
zweckmäfsigsteu,  wenn  mau  die  stark  saure  Losung  mit 
einem  Alkali  der  Sättigung  nahe  bringt  und  danu  Wasser 
hinzufügt. 

Der  Niederschlag  des  basischen  Chlorwismulhs  mufs  auf 
einem  gewogenen  Fillrum  gesammelt,  und  so  lauge  mit 
Wasser  von  gewöhnlicher  Temperatur  ausgewaschen  wer- 
den, bis  blaues  Lackmuspapier  nicht  mehr  vom  Waschw 
sex  gcrölhet  wird. 

i  kann  aus  dem  Gewichte  mit  ziemlicher  Genauigkeit 
die  Menge  des  Wismuths  oder  dessen  Oxyds  berechnen, 
nt'Dii  mau  den  Niederschlag  bei  100"  getrocknet  hat.  Es 
indessen  zu  bemerken,  dafs,  wenn  man  so  lange  ausge- 
waschen hat,  dafs  das  Wnscliwasser  das  Lackinuspapicr  nicht 
[eullich  mehr  röthet,  man  durch  das  fernere  Auswaschen 
i  Waschwasser  erhält,  in  welchem  die  Silberoxydlösung 
ufscrordenllich  geringe  Opalisirung  hervorbringt;  Wis- 
tuthoxyd  ist  aber  im  Waschwasser  nicht  enthalten.  Es 
licinl  also,  dafs  durch  langes  Auswaschen  dem  basischen 
lilorwismuth  außerordentlich  geringe  Mengen  von  Chlor 
Clilorwasserstoffsäure  entzogen  werden,  wodurch  die 
Menge  des  in  ihm  enthaltenen  Wismuthoxyds  vermehrt 
werden  würde. 

Wenn  man  daher  die  Menge  des  Wismuths  im  Nieder- 
schlage sicherer  bestimmen  will,  als  aus  dem  Gewichte 
desselben,  so  braucht  man  nur  in  dem  getrockneten  Nieder- 
schlag  vermittelst  Schmclzens  mit  Cyaukalium  das  Wismuth 
zu  reduciren.  Diefs  geschieht  ganz  auf  dieselbe  Weise, 
wie    die    Darstellung   des    metallischen    Wismuths   aus    dem 


428 

Schwefel  wismuth  vermittelst  Cyaukaliuins,  welche  schon 
früher  ausführlich  in  dieser  Zeitschrift  beschrieben  worden 
ist  '). 

Es  wurde  basisches  Chlorwismuth  gefällt,  und  so  laugt 
mit  Wnsscr  von  gewöhnlicher  Temperatur  ausgewaschen, 
bis  das  Waschwasser  das  Lackinuspapicr  nicht  mehr  röthele. 
Nachdem  bei  l()t>"  getrocknet,  sein  Gewicht  bestimmt  wor- 
den war,  wurde  es  iu  Salpetersäure  gelöst,  und  aus  der 
Lösung  das  Wismuthoxyd  durch  Schwefelwasserstoffgas  ah 
Scliwefelwismuth  gefällt,  aus  welchem  das  Wismulh  durchs 
Schmelzen  mit  Cyankalium  reducirt  wurde.  Aus  der  ge- 
trennten Flüssigkeit  wurde  der  freie  Schwefelwasserstoff 
durch  eine  Lösung  von  schwefelsaurem  Eisenoxyd  entfernt, 
und  darauf  die  ChlorwassersIoTfsäure  durch  eine  Silberoxyd 
lösuug  gefällt  Hr.  Ocsteu  erhielt  auf  diese  Weise  am 
1,531  Gnu.  des  basischen  Chlor  wismuths  11,802  Grm.  Clilor- 
silber  und  1,219  Grm.  metallisches  Wismuth,  iin  Hundert 
also:  bemdnat  nacli  du  Formel 

2BLO'+Bi€l] 
Wismuth       79,62  80,14 

Chlor  13,00  13,64 

Sauerstoff  6,22 

100,00. 
Man  begeht  also  keinen  Fehler,  wenn  man  den  Nieder- 
schlag so  lange  auswäscht,  bis  das  Waschwasser  das  Lack- 
inuspapier  nicht  mehr  röthet,  und  dann  nach  dein  Trocknen 
bei  100°  aus  dem  Gewichte  desselben  die  Menge  des  Wis- 
mut hs  berechnet. 

Aus  einer  anderen  Menge  des  bei  100°  getrockneten  ha- 
sischen Chlor  wismutus  wurde  unmittelbar  durchs  Schmelzen 
mit  Cyankalium  das  Wismuth  reducirt.  Hr.  Ocsteu  er- 
hielt aus  1,286  Grm.  des  Salzes  1,032  Grm.  Wismuth;  der 
Berechnung  nach  siud  1,031  Grm.  darin  enthalten. 

Es  ist  nicht  möglich  die  Menge  des  Wismuths  im  batt- 
schen  Chlorwismuth  durch  Beduction  vermittelst  Wasser- 
stoffgas zu  bestimmen.    Es  verflüchtigt  sich  bei  dieser  Ope- 

1)  Poet.   Ann.  Bd.  110,  S.  136. 


429 

ration  eine  grofse  Menge  von  Chlorwismuth.  Bedient  man 
sich  zur  Redoction  des  von  mir  früher  angegebenen  Appa- 
rats s),  so  werden  die  Innenseite  und  Aufsenseite  des  Deckels 
vom  Tiegel,  so  wie  die  Mündung  und  der  unterste  Tbeil 
der  Porcellanröhre  mit  einem  kristallinischen  Ueberzuge 
▼on  Chlorwismuth  bedeckt,  und  das  entweichende  Wasser- 
stoffgas  brennt  mit  einer  blauweifsen  Flamme  und  weitem 
Rauche. 

Enthalt  eine  Wismuthoxydlösung  Schwefelsäure,  und  hat 
man  das  Wismuth  als  basisches  Chlorwismuth  abgeschieden, 
so  enthalt  der  Niederschlag  eine  wiewohl  nur  geringe 
Menge  von  Schwefelsäure  als  basisch -schwefelsaures  Wis- 
mutboxyd. 

Als  Hr.  Oesten  2,467  Gnn.  des  krystallisirten  neutra- 

len  salpetersauren  Wismuthoxyds  (BiN3  +9H)  unter  Zusatz 
von  Alkohol  in  Chlorwasserstoffsäure  löste,  dann  etwas 
Schwefelsäure,  und  sodann  Wasser  hinzufügte,  erhielt  er 
1,313  Gnn.  bei  100°  getrockneten  basischen  Chlorwismuths. 
Der  Berechnung  nach  hätte  er  nur  1,282  Grm.  erhalten  sqI- 
len.  Als  der  Niederschlag  aber  in  vieler  Chlorwasserstoff- 
säure gelöst  wurde,  konnte  durch  Chlorbaryuin  daraus 
schwefelsaure  Baryterde  abgeschieden  werden.  Uebrigens 
enthielt  auch  in  diesem  Falle  die  vom  Niederschlage  abfil- 
trirte  Flüssigkeit  keine  Spur  von  Wismuth,  und  blieb  beim 
Zusetzen  von  Schwefelwasserstoffwasser  vollkommen  farblos. 

Ebenso  ist  Phosphorsäure  im  basischen  Chlorwismuth, 
wenn  diese  Säure  in  der  Wismuthoxydlösung  enthalten 
war.  In  diesen  Fällen,  und  immer,  wenn  man  nicht  si- 
cher ist,  dafs  die  Lösung  keine  andere  Säure  als  Salpe- 
tersäure und  Chlorwasserstoffsäure  enthält,  ist  es  am  zweck« 
mäfsigsten,  die  Menge  des  Wismuths  in  dem  durch  Chlor, 
wasserstoffsäure  oder  durch  alkalische  Chlormetalle  nach 
einem  Zusätze  von  Wasser  erhaltenen  Niederschlage  durchs 
Schmelzen  mit  Cyankalium  zu  bestimmen. 

Die  Abscheidung  des  Wismuthoxyds  als  basisches  Chlor- 
wismuth ist  sehr  vorteilhaft  bei  der  Trennung  &*%e%  Ovj^ä 

*)  Pogg.  Ana.  Bd.  HO,  S.  122. 


430 

den  meisten  anderen  Metalloxyden  anzuwenden.  Die 
Trennung  nach  den  bisherigen  Methoden  ist  in  den  meisten 
Fällen  fast  nie  eine  vollkommne.  Mau  trennte  z.  B.  das 
Wismuthoxyd  vom  Kupferoxyd  und  Zinkoxyd  durch  Am- 
moniak oder  durch  kohlensaures  Ammoniak;  aber  durch 
diese  Trennung  ist  es  nicht  möglich,  durch  einmalige  Fällung 
das  Wismuthoxyd  rein  zu  erhalten.  Man  mufs  den  erhal- 
tenen Niederschlag  wiederum  in  Salpetersäure  auflösen,  das 
Wismuthoxyd  von  Neuem  durch  Ammoniak  oder  durch 
kohlensaures  Ammoniak  füllen,  und  diese  Operation  noch 
einige  Male  niederholen,  um  das  Wismuthoxyd  rein  zu 
erhalten.  Diese  Methode  ist  nicht  uur  zeitraubend,  sondern 
auch  nicht  genau,  da  durch  die  alkalischen  Reagentien  das 
Wismuthoxyd  nicht  so  vollständig  gefüllt  wird,  wie  durch 
Wasser  als  basisches  Chlorwismulh.  Wenn  man  aber  das 
Wismuthoxyd  als  solches  abgeschieden  hat,  so  enthält  es 
nach  dem  Auswaschen  keine  Spur  von  den  Melalloxyden, 
welche  mit  Chlorwasserstoffsaure  leicht  lösliche  Verbindun- 
gen geben,  und  diese  können  dann  in  der  getrennten  Flüs 
sigkeil  bestimmt  werden. 

Hr.  Oesten  löste  0,273  Gnu.  metallisches  Kupfer  und 
1,179  Gnn.  Wisuiuthoxyd  in  Salpetersäure.  Die  Lösung 
wurde  erst  im  Wasserbade  etwas  abgedampft,  um  die  freie 
Salpetersäure  zu  verjagen,  und  dann  mit  etwas  CMorwas 
gerstoffsäurc  versetzt  und  durch  Wasser  gefallt.  Das  ba- 
sische Chlorwismulh  wurde  so  lange  ausgewaschen,  bis  in 
dem  Waechwasser  Schwefel  wasserst  offgas  nicht  mehr  die 
Gegenwart  des  Kupfers  zu  erkennen  gab.  Das  gelüste 
Kupferoxyd  wurde  durch  Schwefel  wasserst  off  gas  gefällt,  und 
das  Schwcfelkupfer  im  Wasserstoffgasslromc  geglüht.  In 
dem  basischen  Chlorwismulh  wurde  das  Wismuthoxyd  be- 
stimmt, indem  es  in  Salpetersäure  gelöst,  ans  der  Lösung 
das  Wismuthoxyd  durch  Schwefelwasserstoff  gas  als  Schwe 
fclwismuth  gefällt,  das  Schwefclwismuth  wiederum  in  Sal- 
petersäure gelost,  die  Lösung  bis  zur  Trocknifs  abgedampft, 
und  der  trockne  Rüchstand  geglüht  wurde,  wodurch  nicht 
nur  die  Salpetersäure,  sondern  auch  die  erzeugte  Schwefel- 


431 

säure  vollständig  verjagt  wurde.  Es  wurdcü  0,340  Grm. 
Schwcfelkupfer,  welche  0,271  Gnu.  Kupfer  eDtb.ilten,  und 
1,180  Gnn.  Wismulhoxyd  erhalten. 

Es  wurden  ferner  Wismuthoxyd  und  Cadmiumoxyd  ge- 
meinschaftlich in  Salpetersäure  gelöst,  und  auf  dieselbe 
Weise  von  einander  durch  Chlorwasscrsloffsäure  und  "Was- 
ser getrennt.  Um  zugleich  zu  prüfen,  welche  Resultate 
die  Füllung  des  Wisinulhoxyds  durch  kohlensaures  Ammo- 
niak giebl,  wurde  das  basische  Clilorwismulh  in  Salpeter- 
säure gelöst,  aus  der  Lösung  das  Wismulh  als  Schwefel- 
wismuth  gefallt,  dasselbe  wiederum  in  Salpetersäure  gelöst, 
und  aus  der  Lösung  das  Wismu Ihosyd  durch  kohlensaures 
Atnmouiak  gefällt.  Es  waren  0,907  Gnn.  Wismulboxyd  an- 
gewandt worden,  und  nur  0,899  Gnu.  wurden  wieder  er- 
halten, woraus  sich  ergiebt,  dafs  die  Fällung  des  Wismuth- 
oxjds  durch  kohlensaures  Ammoniak  lange  nicht  eine  so 
vollständige  ist,  wie  die  Abscheidung  als  basisches  Chlor- 
wismntli.  Das  Cudiniumoxyd  war  seinem  Gewichte  nach 
nicht  bestimmt  worden.  Es  wurde  durch  Schwcfelwasser- 
stoffga?  als  Schwefclcadiniuw  gefällt,  welcher  keine  Spur 
von  Wismutb  enthielt. 

Ebenso  wurde  Wismulhoxyd  gemeinschaftlich  mit  Kv 
baltoxyd  in  Salpetersäure  gelöst,  durch  Chlorwasserstoff- 
saure  und  durch  Zusetzen  von  Wasser  von  einander  gc. 
trennt.  Das  basische  Chlorwismuth  enthielt  nach  dein  Aus- 
waschen keine  Spur  von  Koballoiyd.  F.s  können  wie  das 
Kobaltoxyd  alle  Mctalloxyde  vom  Wismulhoxyd  auf  diese 
Weise  getrennt  werden,  welche  man  sonst  vennittelst  des 
Schwefel  wasserst  offgases  von  demselben  zu  treuuen  pllegle. 
Die  Trennung  i>t  weit  schneller  ausgeführt,  und  nicht  su 
unangenehm ,  wie  die  durch  Schwefelwassersioffgas.  Es  ist 
namentlich  das  Zinkoxyd  sicherer  vom  Wisinuthoxyd  nach 
der  beschriebenen  Methode  zu  scheiden,  da  die  Trennung 
vermittelst  Schwefelwasscrstoffgas  bei  Mangel  an  Vorsicht 
minder  genaue  Resultate  geben  kann. 

Nur  das  Eisenoxyd  kann  auf  diese  Weise  nicht  voll- 
ständig vom  Wismulhoxyd  geschieden  werden. 


432 

Da  das  Bleioxyd  mit  Chlorwasserstoffsäure  eine  schwer 
lösliche  Verbindung  bildet,  so  kann  dasselbe  nicht  gut  vom 
Wismut hoxvd  auf  die  Weise  getrennt  werden,  dafs  mau 
letzteres  als  basisches  Cblorwisuiulh  abscheidet.  Eiue  zweck- 
mässige Trennung  beider  Oxyde  kann  aber  auf  folgende 
Weise  geschehen:  Sind  beide  Oxyde  in  einer  verdünnten 
sauren  Lösung  enthalten,  so  wird  dieselbe  durch  Abdam- 
pfen zu  einem  geringeren  Volumen  gebracht,  und  so  viel 
Chlorwasserst  orfsäure  hinzugefügt,  dafs  alles  Wismulhoxyd 
dadurch  gelöst  wird;  das  Bleioxyd  scheidet  sich  aber  tum 
Thcil  als  Chlorblei  ab.  Man  kann  die  Menge  der  hinzu- 
zufügenden Chlorwassersloffsiiurc  auf  die  Weise  am  besten 
bestimmen,  dafs  man  nacb  dem  Zusetzen  derselben  das 
Ganze  sich  absetzen  läfst,  und  eine  geringe  Menge  der  kla- 
ren Flüssigkeit  abgiefst  und  dieselbe  mit  Wasser  prüft. 
Trübt  sie  sich  schon  nach  dem  Zusetzen  von  einem  Tro- 
pfen Wasser,  so  inufs  man  noch  etwas  mehr  Chlorwasser- 
stoffsüure  hinzufügen,  bis  dafs  erst  nach  mehreren  Tropfen 
Wasser  eine  bleibende  Trübung  erfolgt;  die  geprüften  Flüs- 
sigkeiten werden  später  zu  dem  Ganzen  hinzugefügt,  und  die 
Gläser  mit  Alkohol  ausgespült.  Man  setzt  nun  verdünnte 
Schwefelsäure  hinzu,  und  läfst  das  Ganze  unter  öfterem 
Umrühren  einige  Zeit  stehen,  alsdann  fügt  man  Alkohol 
(vom  spoc.  Gewicht  0,H)  hinzu,  rührt  gut  um,  und  läfst 
alles  längere  Zeit  stehen,  damit  das  schwefelsaure  Bleioxyd 
sich  gut  absetzt.  Dasselbe  wird  darauf  fillrirt  und  zuerst 
mit  Alkohol,  zu  dem  eine  sehr  geringe  Menge  von  Chlor 
Wasserstoff  säure  hinzugefügt  worden  ist,  und  darauf  mit 
reinem  Alkohol  ausgewaschen.  Es  wird  nach  dem  Trocknen 
gewogen,  nachdem  es  vorher  bei  der  dunkelsten  Kothglüh- 
hitze  erhitzt  worden  ist,  wenn  mau  sich  nicht  eines  gewo- 
genen Filirums  bedient  hat.  —  Von  der  vom  schwefelsau- 
ren Bleioxyd  getrennten  Flüssigkeit  braucht  mau  nicht  den 
Alkohol  abzuduusten;  man  verselzt  sie  mit  einer  grofsen 
Menge  von  Wasser,  und  fällt  dadurch  das  Wismuth  als 
bnshebes  Chlor  wismuth.  Dasselbe  enthält  in  diesem  Falle 
eine  sehr  geringe  Menge  voo  Sc\mfc\fc\$&wi<t ,  -NftÄuün  ->s&o 


... 

das  W  jsmulli  in  ihm  durchs  Schmelzen  mit  Cjankalium  be- 
stimmen «Ulis. 

Diese  Methode  der  Trennung  gicbl  gute  Resultate.  Man 
uiufs  sich  hüten,  eine  zu  grofse  und  umiüthige  Menge  von 
Chlorwasserstoffsäurc  hinzuzufügen,  weil  durch  diese  etwas 
schwefelsaures   Bleioxyd  aufgelöst  werden  Könnte. 

Hr.  Oesten  behandelte  auf  diese  Weise  1,327  Gnn. 
salpctersaures  Bleioxyd  und  0,659  Grro.  neutrales  salpeter- 
saures Wisinuthoxyd  (BiN^  +  SH).  Er  erhielt  1,219  Grai. 
schwefelsaures  Bleioxyd  statt  1,214  Gnu.,  welche  hätten  er- 
halten werden  sollen.  Das  Wisinuthoxyd  wurde  durch 
kohlensaures  Ammoniak  gefällt.  Es  ist  bekannt,  dafs 
es  sehr  schwer  ist,  das  Wismuthoxyd  aus  einer  Lösung, 
welche  Chlorwasserstoffsäure  enthält,  durch  Alkalien  so  zu 
fällen,  dafs  der  Niederschlag  frei  von  Chlor  ist.  Beim 
Glühen  des  gefällten  Wismuthoxyds  entweicht  daher  Chlor- 
wisinuth,  und  man  erhält  einen  Verlust.  Der  Versuch 
wurde  angestellt,  um  zu  sehen,  um  wie  viel  das  Resultat 
sich  von  der  Wahrheit  entfernt.  Es  wurden  0,326  Gnn. 
Wismuthoxyd  statt  0,337  Gnn.  erbalten.  Beim  Glühen  des 
Oxyds  konnte  deutlich  ein  weifser  Dampf  bemerkt  werden. 

Eine  andere  Methode  der  Trennung,  die  beiden  Metalle 
als  Chloride  durch  wasserfreien  Alkohol  zu  scheiden,  welche 
ich  früher  vorgeschlagen  hatte,  ist  minder  vorteilhaft  an- 
zuwenden, wie  die  so  eben  beschriebene.  Nach  dieser  löst 
man  die  Metalle  oder  deren  Oxyde  in  Salpetersäure  auf, 
die  mit  möglichst  wenigein  Wasser  verdünnt  ist.  Das  Was- 
ser ganz  wegzulassen,  geht  nicht  an,  weil  die  Metalle  und 
die  Oxyde  nicht  vollständig  durch  die  concentrirfe  Säure 
aufgelöst  werden.  Zu  der  salpetersauren  Auflösung  setzt 
man  Chlorwasserstoffsäure,  so  dafs  durch  sie  die  Oxyde 
vollständig  in  Chlonnctalle  verwandelt  werden,  und  sie 
noch  in  einem  aber  nicht  grofsem  Ueberschufs  vorhanden 
iet.  Dann  fügt  man  wasserfreien  Alkohol  hinzu,  wodurch 
Chlorblei  ungelöst  bleibt,  und  Chlorwismulh  aufgelöst  wird. 
Das  Chlorblei  läfst  man  sich  vollständig  setzen,   fillrirl   < 

Poggradortr»  Am,»!.   Bd.  CX.  28 


' 


434 

auf  einem  gewogenen  Fillrum,  und  wäscht  ca  mit  wasser- 
freiem Alkohol  aus,  worauf  man  es  bei  100°  trocknet  — 
Zu  der  alkoholisch e»  Lüsung  des  Chlorwismulhs  fügt  mau 
eine  grofse  Menge  von  Wasser,  um  das  Wismulhoxyd  als 
basisches  CMorwismuth  zu  fällen. 

Diese  Methode  gicbl  auch  mit  grofser  Vorsicht  Dicht  so 
genaue  Resultate,  wie  die  vermittelst  Schwefelsäure  und 
Alkohol.  Es  bleibt  sehr  leicht  etwas  Chlorblci  gelost,  wenn 
zu  viel  ChlorwasserBloffsäurc  hinzugefügt  worden;  ist  diefs 
aber  nicht  der  Fall,  hat  man  nur  einen  kleinen  Uebersrbuts 
hinzugesetzt,  so  enthalt  das  ungelöste  Chlorblei  Chlorwis- 
muth,  und  fällt  man  aus  der  vom  Cblorblei  abfiltrirten 
Flüssigkeit  durch  vieles  Wasser  das  basische  Chlor wismuth, 
so  erhält  man  weniger  davon  als  maxi  erhalten  sollte.  Statt 
des  wasserfreien  Alkohols  ist  nicht  anzurathen  äthcrhalti- 
gen  Alkohol  anzuwenden,  weil  in  diesem  das  Chlorblei 
nicht  so  unlöslich  zu  seyu  scheint,  als  im  wasserfreien  Al- 
kohol und  selbst  in  einem  Alkohol  vom  speeifischen  Ge- 
wicht 0,8. 

Als  Hr.  Ocstcn  1,652  Grm.  Salpetersäure«  Bleioxyd  und 
0,943  Grm.  neutrales  salpetersaurcs  Wismulhoxyd  (BiS1 
-1-9H)  auf  diese  Weise  mit  Chlorwasscrsloffsäure  und 
wasserfreiem  Alkohol  behandelte,  erhielt  er  1,410  Gnn, 
Chlorblei,  statt  1,387  Grm.  und  0,493  Grm.  basisches  Chlor- 
wismuth  statt  0,535  Grm. 


435 

VI.      Beschreibung  eines  neuen   Optometers   und 

Ophthalmodiastirnelers ;   con   C.  Landsberg, 

Mechaniker  und  Optiker  zu  Hannover. 

Milgelheitl  vom  Hm.    Verf.    *ni    den    Ml  11  Reilingen    d«    Gewe.be- Verein! 
liir  Au  Königreich   Hannover,  Jahrg.   1859,  EMI  3.) 


i  ist  bekanntlich  eine  der  wichtigsten  Aufgaben  der  phy- 
siologischen und  pathologischen  Optik,  das  Sehvermögen 
des  menschlichen  Auges  zu  untersuchen  und  die  individuelle 
Leistungsfähigkeit  des  optischen  Organs  festzustellen.  Diese 
Aufgabe  wird  überall  zu  einer  praktisch  hochwichtigen,  so- 
bald es  sich  darum  bandelt,  durch  künstliche  Mittel  die  na- 
türlichen Gränzen  des  normalen  Sehens  zu  erweitern  oder 
das  mangelhafte  Sehvermögen  zu  verbessern. 

Die  Schärfe  des  Sehens  hängt  theils  von  physiologi- 
schen, thcils  von  physikalischen  Bedingungen  ab,  die  hier 
nicht  aufgezählt  und  erörtert  werden  können;  dagegen 
scheint  es  von  Wichtigkeit,  eine  dieser  Bedingungen  aus- 
drücklich hervorzuheben.  Diefs  ist  die  Bedingung  der  rich- 
tigen Accommodalion  je  nach  dem  Entfernungsgrade  des 
Gesichlsobjectes.  Ein  deutliches  Sehen  ist  nur  innerhalb 
gewisser  Gränzen,  die  durch  die  Weite  des  Accominoda- 
tionsvermögens  gegeben  werden,  mitglich.  Letzteres  unter- 
liegt grofsen  individuellen  Verschiedenheiten,  wie  diefs  schon 
der  gewöhnliche  Spraehgebrauch  anerkennt,  der  ''Weitsich- 
tigkeit" und  -Kurzsichligkeit"  als  Abweichungen  vom  nor- 
malen Sehvermögen  unterscheidet.  Die  Untersuchung  des 
Auges  fordert  demnach  neben  der  Erforschung  des  Deut- 
lichkeitsgrades der  Retinalbilder  (der  Schärfe  der  Gesichts- 
ifindung),  die  Feststellung  der  Gränzen  des  Accommo- 
lationsvcrmögcns.  Bei  Benutzung  von  Augengläsern  wird 
letztere  Bestimmung  die  wichtigere,  weil  im  Allgemeinen 
durch  Brillen  nicht  die  Schärfe  des  Sehens  erhöht,  wohl 
aber  die  Gränze  des  deutlichen  Wahrnehmens  verlegt  wer- 
den kann. 


436 

Es  sind  verschiedene  Methoden  vorgeschlagen  und  iu 
Anwendung  gebracht,  um  diese  Prüfung  vorzunehmen.  Als 
einfachstes  Mittel  der  Untersuchung  bietet  sich  die  Prüfung 
au  bekannten  Probcobjcctcn.  In  der  Regel  verwendet  man 
hierzu  Druckproben  von  verschiedener  Grüfsc  und  bestimmt 
die  Entfernungen,  in  welchen  dieselben  noch  erkannt  wer- 
den können  (Jager'schc  Schriftproben).  Sobald  diese 
Objecte  in  zweckmafsiger  Wahl  und  iu  systematischer  "Weise 
zur  Anwendung  gebracht  werden,  darf  mau  schon  ganz 
brauchbare  Resultate  erwarten.  Sehr  genaue  Ergebnisse 
liefert  diese  Methode  indefs  nicht,  Buchstaben  werden  selbst 
aus  wenig  scharfen  K  et  in  nihil  dem  noch  heraus  erkannt;  auch 
bei  unvollkommener  Accomniodation,  wenn  das  Bild  im  Auge 
durch  Zerstreuungskreisc  merklich  verbreitert  wird,  gelingt 
noch  das  Lesen  der  Schriftproben,  und  somit  giebt  die 
blofsc  Thatsache  des  Lesens  wenig  Anhaltspunkte  über  die 
Schürfe  der  Gesichts  -  Wahrnehmungen  au  Schriftzeichen. 
Helmholtz  giebt  an:  »Ich  kann  eine  nur  uiäfsig  grofse 
Druckschrift  in  13  Zoll  Entfernung  noch  lesen,  während 
mein  Auge  für  seinen  Fempuukt,  3  Fufs  Entfernung,  aeco- 
modirt  ist.  Und  ebenso  kann  ich  sie  in  2,7  Zoll  Entfernung 
lesen,  obgleich  ich  das  Auge  nur  auf  3,6  Zoll  Entfernung 
aecommodiren  kann»  (Helmho  It  z,  physiol.  Optik  S.  100). 
Dieses  Vermögen,  in  Zerstreuungskreisen  iu  lesen,  bildet 
sich  bei  mangelnder  Accommodalion  und  bei  Gewöhnung 
an  diefs  unscharfe  Sehen  oft  merklich  aus  und  übersteigt 
die  von  Helmholtz  gegebenen  Daten  nicht  selten.  Ueber- 
diefs  ist  es  namentlich  durch  die  Untersuchungen  Gräfe'« 
(8.  Archiv  f.  Ophlh.  Bd.  II.  Abth  1.  S.  181)  bekannt,  dafs 
die  Zerstreuungskreise  beim  Annähern  der  Objecte  laugsa- 
mer  zunehmen  als  die  Grofse  der  Bilder  wächst;  daher 
Ucberweilsjrhtige  auf  geriuge  Distanzen  besser  sehen  als 
in  einiger  Entfernung,  und  aus  diesem  Grunde  uiebt  selten 
mit  Kurzsichtigen  verwechselt  werden. 

Soll  die  Frage,  wie  weit  die  Dislinctionsfähigkeit  des 
Auges  geht,  wie  weit  die  Objecte  verkleinert  werden  dür- 
fen, ohne  die  Form  zu  verwischen,   mit   ciniger^Genauig- 


437 

keil  beantworte!  werden,  so  müssen  andere  Probeobjecte 
gewählt  werden,  die  eiue  schärfere  Beobachtung  und  Mes- 
sung gestatten.  Da  die  Beantwortung  dieser  Frage  überall 
von  hohem  wissenschaftlichen  Interesse  ist,  so  ist  deren 
Losung  in  vielfacher  Weise  versucht,  und  sind  die  ver- 
schiedensten Objecte  zur  Verwendung  gekommen.  Ich  er- 
innere nur  an  die  älteren  Versuche,  die  «G  ranzen  der  Ge- 
sichtswabrachinung«  zu  bestimmen,  von  Jurin,  Smith, 
Tob.Mayer,  Herschel,  ferner  Treviranus,  Harris 
u.  e.  w.,  deuen  sich  die  neueren  interessanten  Versuchsrei- 
hen anschliefsen  von  Hucck  (s.  Bewegung  der  Krystail- 
linse  und  Müller  Archiv  1840),  von  Volkmann  (Wag- 
ner, Wörterbuch  der  Physiologie,  Artikel  »Sehen«  S.  329 
bis  336,  ferner  in  den  Berichten  der  Verhandl.  der  königl. 
sächs.  Gesellscb.  der  Wissenschaften  1857  und  1858  an 
mehreren  Orten)  und  Harting  {das  Mikroskop  S.  49  bis 
83)  u.  s.  w. 

Die  Gcsaimnlhcit  dieser  mit  aller  Sublililät  angestellten 
Versuche  beweist  aber,  dafs  der  kleinste  Gesichtswinkel, 
unter  welchem  ein  Object  noch  eben  wahrgenommen  wer- 
den kann,  nicht  nur  von  der  Form  des  Objccls,  sondern 
von  einer  Menge  äufsercr  Bedingungen,  von  der  Starke 
und  Farbe  des  Beleuchtungslichtes,  von  der  Art  der  Be- 
leuchtung, von  Contrast  und  Umgebung  abhängig  ist,  und 
deshalb  für  dieselbe  Empfindlichkeit  des  Auges  sehr  varia- 
bel ausfallen  kann,  je  nach  den  Uniständcu,  unter  denen 
die  Beobachtung  statt  hatte.  Sollen  solche  Versuche  daher 
zur  Vergleichung  des  Sehvermögens  in  eiacter  Weise  die- 
nen können,  so  müssen  sie  unter  gleichbleibenden  äufsern 
Verhältnissen  angestellt  seyn.  Man  ist  deshalb  bemüht  ge- 
wesen, zur  Erforschung  der  Sehweite  und  Sensibilität  des 
Auges  besondere  Apparate,  Optometer,  zu  construiren,  um 
möglichst  schnell  zu  sicheren  Resultaten  zu  gelangen  und 
unter  gleichbleibenden  Verhältnissen  operiren  zu  können. 
Die  Bemühung,  ein  brauchbares  Optometer  zu  finden,  ist 
nicht  nur  eine  berechtigte,  sondern  uiufs  geradezu  als  noth- 


438 

wendige  Voraussetzuug  für  die  richtige  und  schnelle  Aus- 
wahl passender  Augengläser  angesehen  werden. 

Optometer  sind  von  Porlerfield,  Young,  Holke, 
Hasiicr,  Ructc  (lelzler  für  den  besonderu  Zweck,  fal- 
schen Angaben  über  das  Sehvermögen  zu  begegnen)  etc. 
angegeben;  andere  Vorschläge  zur  Bestimmung  der  Ac- 
commodationsthüligkeit  sind  von  Volkmann,  Fliedncr, 
Heimholt!  etc  gemacht. 

Ein  grofser  Thcil  der  Apparate  stützt  sich  auf  den 
Scheiuer'scheu  Versuch,  wonach  Gegenstünde,  die  au- 
sserhalb des  Accommodationsabslandes  befindlich,  doppell 
gesehen  werden,  sobald  das  Auge  durch  zwei  feine  Oeff- 
mingen  blickt,  dagegen  einfach  in  der  Entfernung,  für 
welche  das  Auge  adaptirt  ist.  Diefs  von  PorterHeld 
zuerst  angegebene,  von  Young  verbesserte  lustrument  ist 
namentlich  in  der  Form  bekannt  und  verbreitet,  welche  ihm 
Stampfer  gegeben  (s.  Jahrbücher  des  poljt  Instituts  zu 
Wien.     Bd.  17,  S.  35  bis  43). 

Die  Benutzung  des  Scheincr'schen  Versuchs  ist  iu  der 
Physik  des  Auges  von  hohem  Wcrlhe  geworden,  und  es 
lassen  sich  mit  den  darauf  gegründeten  Apparaten  wichtige 
Resultate  über  die  Natur  des  Sehsiunorgans  erzielen.  Ich 
erinnere  nur  an  die  feiueu  Untersuchungen  Volkmann's, 
Über  die  Abweichungen  der  Lichtstrahlen  vom  Verein  igimgs- 
punkte  im  Auge  (s.  Wagner,  Phvs.  Wörterbuch.  Art 
"Sehen-  S.  290).  Für  die  im  gegenwärtigen  Falle  gerade 
wichtige  Erforschung  der  Accommodationstbatigkeit  leisten 
diese  Apparate  aber  zu  wenig.  —  Die  Anwendung  des 
Scheiner'schen  Versuches  als  Optometer  stützt  sich  auf 
die  Idee,  dafs  es  für  jedes  Auge  eine  normale  Sehweite 
gebe,  für  welche  das  genaueste  Sehen  möglich  ist,  und 
welche  das  Auge  im  Ruhestande  anzunehmen  strebt.  Der 
Apparat  bestimmt  die  Entfernung,  in  welcher  ein  feines 
Object  von  dem  beobachteuden  Auge  einfach  gesehen  wird, 
als  die  dem  Auge  eigentümliche  Sehweite. 

Eine  solche  bestimmte  Sehweite  giebt  es  jedoch  nicht 
Das  gebräuchliche  Verfabreu,  die  Vergrüfserung  der  Mikro- 


439 

skope,  Fernrohre  etc.  anzugeben,  nüthigt  zu  der  Annahme 
einer  mittleren  Sehweite,  die  ;ils  Einheit  der  Vergrüfse- 
rungszahlen  dienen  kann.  Dafs  die  Fessteliung  dieser  mitt- 
lem Sehmeile  etwas  sehr  Willkührliches  hat,  geht  schon 
aus  dein  Umstände  hervor,  dafs  eine  Einigkeit  über  die 
mittlere  Sehweile  bisher  nicht  erreicht  werden  konnte  und 
die  Annahmen  in  auffallend  weiten  Gränzen  schwankend 
sind.  So  wird  als  Einheit  bald  5  Zoll,  bald  8,  bald  10 
ja  15  Zoll  angegeben.  Wir  können  für  dasselbe  Instrument 
den  doppelten  und  dreifachen  Vergrüfscrungswerlh  berech. 
den.  je  nachdem  wir  die  eine  oder  andere  Einheit  adop- 
tiren.  So  wenig  eine  mittlere  Sehweite  des  menschlichen 
Auges  bestimmt  werden  kann,  eben  so  wenig  lafst  sich  die 
uormale  Sehweite  des  einzelnen  Auges  feststellen.  Es  ist, 
sagt  Hartiug,  ein  vergebliches  Bemühen,  wenn  man  die 
s.  g.  normale  Sehweite  oder  den  normalen  Deutlich  keits 
abstand  bestimmen  will;  für  ein  Auge,  welches  durch  d.i- 
Accommodatioiisvcnnügen  befähigt,  genaue  Nelzhaulbilder 
von  Gegenständen  zu  erbalten,  mögen  diese  III  Meter  oder 
mögen  sie  nur  ,'0  Meter  entfernt  seyu,  ist  die  Sehweite  von 
10  Meter  ebenso  normal  als  die  von  ,'„  Meter.  Die  nor- 
male Sehweite  bewegt  sich  also  immer  zwischen  bestimm- 
ten Gränzen  und  diese  sind  ganz  identisch  mit  jenen  de 
Aecouimodationsvermögens«  (a.  a.  O.  S.  J9). 

Es  versteht  sich  daher  von  selbst,  dafs  die  Angaben 
dieses  Optometers,  so  lange  das  Accounnudalions vermögen 
nicht  gerade  Null  wird,  in  gröfserm  oder  geringe™  Grade 
schwankend  seyn  müssen  und  selbst  Mitlelwerlhe  aus  grö- 
fsern  Versuchsreihen  wenig  Zuverlässigkeit  haben  können. 
Diese  Schwankungen  werden  indessen  nicht  die  ganze  Breite 
des  vorhandenen  \ccommod;ilions\  erniögens  durchlaufen, 
sondern  mehr  die  mittlere  Entfernung  inue  halten,  in  wel- 
cher das  Auge  sich  gewöhnt  hat  deutlich  zu  sehen.  —  So- 
bald man  beim  Gebrauch  des  Stamp Ter'schen  Optome- 
ters einige  Vorsichtsmaafsrcgeln  gebraucht,  kann  mau  die 
getnohnkeitsgemäfse  Adaption  des  Auges  mit  einiger  Sicher- 
ett  bestimmen.    Diefs  mag  immerhin  von  einigem  Interesse 


440 

si'Mi,  allein  es  ist  für  die  Bestimmimg  des  Augenzuslandei 
unii  die  Bestimmung  des  passenden  Augenglases  von  bö 
berm  Belang,  deu  ganzen  Umfang  der  vorhandenen  Accoro- 
inodaüousfäbigkeit  kennen  zu  lernen.  Man  hat  deshalb  in 
neuerer  Zeil  mehrfach  versucht,  die  Stainpfer'sche  Con- 
Btruclion  dahin  abzuändern,  dafs  das  Auge  Accommoda- 
tionsthätigkeit  übe,  und  alsdann  die  Entfernungen;  bestimmt, 
in  welchen  es  dem  Auge  nicht  mehr  gelingt,  das  Objed 
einfach  zu  sehen.  Es  scheinen  hidefs  beim  Scheiucr'- 
echeii  Versuch  die  Umstände  der  freien  Entfaltung  eiuei 
aeconimodaliveu  Thätigkeit  einigermafsen  ungünstig,  und 
man  erhalt  deshalb  meist  zu  niedere  und  wenig  zuverläs- 
sige Wcrtlie  für  das  Accomuiodalious  vermögen.  Ueberdieü 
sind  diese  Beobachtungen  für  Ungeübte  zu  schwierig  und 
veranlassen  leicht  Irrlhüuier,  indem  nicht  gleichzeitig  durch 
beide  Löchclchcn  gesehen  wird.  Es  schien  mir  deshalb 
wünscheuswerth,  für  ein  Optometer,  das  zum  täglichen  Ge- 
brauch und  namentlich  für  Solche  bestimmt  ist,  welche  mit 
Beobachtungen  dieser  Art  wenig  vertraut  sind,  jenes  Ver- 
fahren des  Pater  Scheiner  ganz  zu  verlassen. 

Fadennetze  von  feinen  Metalldnihten,  Cocotifäden  etc. 
oder  auch  Linieiignippen,  auf  Glas  geälzt,  lassen  sich  leicht 
in  der  Feinheit  herstellen,  dafs  die  einzelnen  Fäden  und 
Linien  noch  getrennt  erblickt  werden  können,  sobald  eine 
ausreichende  Accominodation  scharfe  Netzhautbilder  zuläfsL 
wogegen  die  Zerstreuungskreise  sofort  in  einander  greifeu 
und  das  Bild  verwischen,  sobald  die  Accommodalion  für 
diese  Entfernung  unzureichend.  Es  läfst  diefs  eine  ziem- 
lich scharfe  Bestimmung  der  Accommodationsgränze  zu: 
doch  hängt  die  Unterscheidbarkeit  der  einzelnen  Linien  iu 
merklichem  Grade  von  der  Art  der  Beobachtung  ab  und 
wird  etwas  verschiedene  Resultate  geben,  je  nachdem  in 
auffallendem  oder  durchfallendem  Lichte  untersucht  wurde. 
Man  wird  deshalb  Anordnungen  zu  treffen  haben,  damit 
die  Bedingungen  der  Beobachtung  sich  möglichst  gleich  blei- 
ben. Ich  habe  es  vorgezogen,  statt  der  directen  Beobach- 
tung der  Objecte,  deren  katoptrische  Bilder  zur  Bestimmung 


441 

Schlliätigkeit  zu  benutzen.  Bringt  man  ein  Planglas, 
auf  weichein  einige  Parallellinien  mit  genügen)  Abstände 
rüigeiiizl,  dicht  vor  das  Auge  und  nähert  sich  einem  Spie- 
gel, so  wird  man  leicht  eine  Entfernung  auffinden,  in  wel- 
cher mit  dem  Spicgelbilde  des  eignen  Auges  zugleich  das 
Bild  der  Parallelliuien  deutlich  sichLlwr  ist.  Das  Bild  der 
Parallelen  wird  sich  auf  dem  duuklen  Hintergründe  der  Pu- 
pille und  pigmentreichen  Iris  scharf  erkennbar  abheben. 
Entfernt  man  sich  von  diesem  Punkte  des  deutlichen  Se- 
hens durch  Annähern  oder  Entfernen  vom  Spiegel,  so  ge- 
langt man  zu  einem  Nahepunkte  und  einem  Kernpunkte, 
au  welchem  die  Linien  uichl  mehr  scharf  unterschieden  wer- 
den können,  wo  die  Linien  sich  verbreitern  und  in  einan- 
der überzugchen  scheinen.  Durch  Messung  dieser  beiden 
Abstände  erhält  man  die  Gr.'inzpunkte  der  Accommodalions- 
fäbigkeit.  Die  Beobachtung  und  Messung  in  der  angege- 
benen Weise  würde  indefs  unbequem  seyn;  es  entsteht  da- 
her die  Anforderung,  durch  einen  passenden  Apparat  das 
Verfahren  leicht  zugänglich  zu  macheu.  Die  Einrichtung, 
welche  der  Apparat  hier  empfangen  hat,  und  welche  sich 
für  unsere  Zwecke  (zur  vorläufigen  Bestimmung  von  Bril- 
lengläsern) als  praktisch  erwiesen  hat,  ist  in  Fig.  4  und  5 
Taf.  VI  in  4  Gröfsc  gezeichnet  und  wird  nach  dem  Vorbe- 
incrklen  leicht  verständlich  seyn. 

Ein  Stativ,  wie  es  zum  Einlegen  kleiner  Fernrohre  ge- 
braucht zu  werden  pflegt,  dient  als  Träger  des  etwa  8  Zoll 
langen  Rohres  A,  in  welchem  sich  das  Bohr  B  der  ganzen 
Länge  nach  verschieben  lälst.  Am  vordem  Ende  dieses 
innern  Rohres  B  und  dem  Oculare  0  zugewandt  befindet 
sich  das  kleine  plane  Spiegelchen  o.  Das  Ocular  erhält 
ein  einfaches  Glas,  auf  welchem  das  gewählte  Probeobject 
cingravlrt  ist.  Damit  das  Auge  und  das  Object  genügend 
erleuchtet  sey  und  auch  dem  Spiegel  hinreichend  Licht  zu- 
geworfen werden  könne,  ist  der  Ocularkopf  dicht  hinter 
dem  Objectglase  durchbrochen,  läfst  daher  von  oben  und 
von  den  Seiten  Licht  eintreten.  Der  Apparat  wird  beim 
Gebrauch  dem  Lichte  zugewandt. 


IM 

Das  beobachtende  Auge  wird  dein  Oculargfase  möglichst 
genähert  und  der  kleine  Spiegel  durch  Verschiebung  des 
inneren  Rohres  soweit  entfernt,  dafs  das  Spiegelbild  des 
Objccts  deutlich  gesehn  wird;  durch  langsame  Bewegung 
des  Triebes  D  wird  nuu  der  Spiegel  dem  Auge  wieder 
genähert,  während  das  Auge  sich  bemüht,  das  Object  stets 
scharf  zu  fixiren.  Es  gelingt  der  Accommodaltonsttiätigkcit 
eine  Zeit  lang  der  Bewegung  zu  folgen  und  das  Object 
fast  in  gleicher  Schärfe  zu  erhalten,  bis  in  einer  bestimmten 
Entfernung  die  Adaption  unzureichend  wird,  die  Linien  au 
Schärfe  verlieren  und  durch  Verbreiterung  des  Retinalbildcs 
den  Zwischenraum  der  Theillmien  verwischen.  Dieser  Punkt 
wird  als  der  erste  Gränzpunkt  der  Accoimnodation  notirt, 
und  an  der  Theilung  des  Rohres  B  abgelesen.  Auf  ganz 
übereinstimmende  Weise  wird  der  zweite  Gränzpunkt  durch 
entgegengesetzte  Bewegung  des  Spiegclchens  bestimmt  und 
ebenfalls  abgelesen.  Zu  bemerken  ist  nur,  dafs  man  zur 
Bestimmung  der  Grämen  immer  von  einer  Entfernung  des 
deutlichen  Sehens  ausgehen  inufs  und  die  Bewegung  des 
innern  Rohres  langsam  erfolgen  lasse,  damit  das  Auge  volle 
Zeit  hat  sich  in  ausgiebiger  Weise  den  verschiedenen  Ent- 
fernungen zu  adaptiren. 

Da  sich  das  Ocular  mit  seinem  Object  leicht  entfernen 
und  durch  andere  ersetzen  läfst,  so  können  leicht  verschie- 
dene Objectc  verwandt  werden.  Ein  häufig  benutztes  Object 
besteht  aus  2  parallelen  Linien,  deren  freies  luterstitium 
i'am"  beträgt,  und  welche  eine  Slrichbrcitc  von  je  £""  aas- 
weisen. Die  Entfernung  von  Milte  zu  Mitte  der  Striche 
stellt  sich  demnach  auf  11,3""°,  das  innere  Rohr  B  läfst  sieb 
auf  6  bis  7  Zoll  ausziehen,  die  gröfste  scheinbare  Entfer- 
nung, die  das  Object  vom  Auge  habcu  kann,  ist  demnach 
12  bis  14  Zoll.  Dieser  Auszug  würde  für  alle  stark  Myopische 
ausreichen,  aber  nicht  zur  Bestimmung  des  Fernpunktes 
Weilsichtiger.  Man  konnte  die  Dimensionen  des  Apparates 
leicht  soweit  vergrößern,  um  aueb  letztem  Anforderungen 
zu  genügen;  doch  scheint  es  aus  andern  Gründen  rathsa- 
mer,  statt  dessen  ein  Hülfsmittel  anzuwenden,  um  jene  Mes- 


sungen  innerhalb  der  gewählten  Glänzen  zu  ermöglichen. 
In  allen  Fällen,  in  denen  der  Fernpunkt  weit  vom  Auge 
abliegt,  ist  die  Feststellung  desselben  auf  die  directe  Weise, 
welche  für  den  Nabepunkt  immer  leicht  ausführbar  ist,  nicht 
nur  schwierig  und  unsicher,  sondern  auch  an  sich  nicht  ohne 
Bedenken.  Denn  selbst  da,  wo  in  der  That  der  Fernpunkt 
unendlich  weit  liegt,  und  wo  das  Auge  sogar  convergirende 
Strahlen  zu  vereinigen  vermag,  bei  Weitsichtigen  und  Ueber- 
weitsichtigen,  wird  man  bei  hinreichender  Entfernung  des 
Objectes  an  einen  Punkt  gelangen,  wo  das  Interstitium  der 
Parallelen  nicht  mehr  erkannt  werden  kann,  aber  nicht  des- 
halb, weil  die  Gränze  des  Accommodationszustandes  erreicht 
ist,  sondern  weil  das  Retinalbild  bei  dieser  Entfernung  des 
Objectes  zu  klein  wird,  um  hinreichend  distincte  Empfindung 
zu  erwecken.  Es  entsteht  daraus  nicht  allein  eine  Unsicher- 
heit in  der  Einstellung,  sondern  eine  Unzulässigkeit  dieser 
Resultate.  Streng  genommen  würde  man  verlangen  müssen, 
dafs  das  Object  an  beiden  Gränzpunkten  unter  gleichen 
Gesichtswinkeln  erscheine,  dafs  das  Netzhautbild  für  den 
Nahe-  und  Fernpunkt  gleiche  Gröfse  habe,  um  mit  gleicher 
Sicherheit  über  das  Auftreten  der  Zerstreuungsbilder  ent- 
scheiden zu  können.  Man  müfste  demnach  das  Object  für 
den  Fernpunkt  in  dem  Maafse  vergröfsern,  dafs  es  dem  Auge 
unter  demselben  Winkelwerth  erscheint  als  am  Nahepunkte. 
Für  die  hier  verfolgten  Zwecke  ist  es  allerdings  nicht  nöthig, 
die  Beobachtung  in  dieser  Strenge  auszuführen;  allein,  wenn 
der  zweite  Gränzpunkt  mehrere  Fufs  entfernt  liegt,  so  würde 
es  nicht  rathsam  seyn,  das  Object  auf  diese  Entfernung 
herauszurücken.  Es  leistet  alsdann  ein  convexes  Glas,  wel- 
ches die  scheinbare  Gröfse  des  Objectes  erhöht  und  zugleich 
die  Entfernung  desselben  kürzt,  gute  Dienste.  Die  Dimen- 
sionen des  Apparates,  die  die  Entfernungen  des  Objects  in- 
nerhalb der  Abstände  2  bis  12"  halten,  machen  es  hier  von 
selbst  nothwendig,  die  Gröfse  der  Gesichtswinkel,  unter 
welchen  dem  beobachtenden  Auge  das  Object  erscheinen 
kann,  innerhalb  enger  Grunzen  zu  belassen. 

Die  Beobachtung  mittelst   vergröfsemder  GlSser  wird 


1 


uichl  durch  Vorschieben  des  bclreifcndeu  Glases  vor  das 
Probeobjcct  erreicht,  sondern  das  vergrößernde  Glas,  wel- 
ches benutzt  werden  soll,  erhalt  selbst  eine  mit  jenem  Probe- 
glase ganz  gleiche  Gravirung  und  wird  au  dessen  Stelle 
im  Apparate  eingesetzt.  Für  die  gewöhnlichen  Bestimmun- 
gen reicht  es  vollkommen  aus,  dasselbe  Objecl  auf  einem 
Planglase  und  den  Conveigläseru  von  12  und  4  Zoll  Focus 
geatzt  zu  haben.  Wir  wollen  hier  die  Objectc  No.  1,  2 
und  3  nennen,  üieseu  3  Gläsern  entsprechen  3  Tlieilungen 
auf  dem  Auszugrohre,  welche  direct  die  Entfernungen  au- 
geben, für  welche  die  Sehweite  des  Auges  gilt,  oder  die 
scheinbare  Entfernung  des  Objectcs.  Sic  sind  mit  1,  II  und 
III  bezeichnet.  Werden  Objcctgläscr  anderer  Focalweite, 
für  welche  keine  Ablesung  vorhanden  ist,  gebraucht,  so  be- 
rechnet sich  der  scheinbare  Abstand  nach  der  bekannten 
dioptrischen  Formel  p—  —~s,>  welche  auch  zur  Berechnung 
der  aufgetragenen  Tlieilungen  II  und  III  diente.  Es  ist 
aber  f  Focalweite  der  Linse,  a  die  Entfernung  des  leuch- 
tenden Punktes,  die  doppelle  Entfernung  des  Spiegelchens 
vom  Ocular,  das  auf  der  Theiluug  I  abgelesene  Maafs.  Bei 
starkem  Graden  der  Myopie,  wo  die  beiden  Gränzpunkte 
des  deutlichen  Sehens  sich  nahe  liegen,  kann  es  unbedenk- 
lich seyn,  von  der  Vergrößerung  des  entfernten  Objectcs 
abzusehen  und  beide  Beobachtungen  durch  das  Übject  No.  1 
anzustellen.  Ist  die  Theiluug,  das  Gesichtsobject,  nicht  sehr 
fein  gewählt,  so  darf  man  annehmen,  dafs  das  Verschwin- 
den des  freien  Zwischenraumes  der,  Theillinien  nicht  von 
der  Verringerung  des  Sehwinkels  herrühre,  sondern  durch 
die  unvollkommene  Vereinigung  der  Lichtstrahlen  im  Auge 
hervorgebracht  werde,  also  als  Ausdruck  der  mangelhaften 
Accommodalion  angesehen  werden  dürfe.  Bei  schwacher 
Myopie  und  bei  Presbyopie  läfst  man  die  Bestimmung  des 
ersten  Gränzpuuktes  durch  das  Übject  No.  I,  die  des  zwei- 
ten Gränzpunktes  durch  No.  2  vornehmen. 

Die  Ablesungen,  wie  sie  die  Tbeilungen  geben,  bedürfen 
noch  einer   kleinen  Verbesserung:   es   ist   nämlich   bei   der 


445 

Anfertigung  derselben  der  Abstand  des  Ocularglases  von 
dem  Kreuzungspunkt  der  Bichtungslinien  im  Auge  unberück- 
sichtigt geblieben.  Dieser  Abstand  wird  immer  etwas  ver- 
änderlich ausfallen  und  zwischen  4  bis  1  Zoll  variiren;  es 
ist  deshalb  vorgezogen,  denselben  durch  Schätzung  zu  be- 
stimmen und  dem  abgelesenen  Werlhc  hinzuzufügen,  fst 
der  erste  Glanzpunkt  der  Accoinmodation  zu  3  Zoll  gefun- 
den, so  wird  er  sich  nach  dieser  Verbesserung  zu  3^  bis 
4  Zoll  herausstellen. 

Eine  genauere  Beschreibung,  wie  mittelst  des  Apparates 
die  einzelnen  Daten  am  sichersten  gefunden,  und  wie  die  ge- 
wonnenen Resultate  zu  Folgerungen  benutzt  werden  künnen, 
darf  an  diesem  Orte  nicht  erwartet  werden  und  mufs  ich 
mich  hier  auf  wenige  Andeutungen  beschranken.  Bei  Be- 
stimmung der  Accominodationsgränzcn  ist  es  ralhsam,  nicht 
zu  feine  Gesichtsobjecte  zu  verwenden;  es  wird  dadurch 
dem  Ungeübten  die  Beobachtung  erleichtert  und  mau  erhält 
noch  immer  hinreichend  genaue  Resultate,  um  die  Flexibi- 
lität des  Auges  zu  bcurtheilen.  Namentlich  ist  die  Prüfung 
durch  gröbere,  leicht  uuterscheidbarc  Gesichtsobjecte  dort 
geboten,  wo  die  Retinalthätigkeit  gesunken,  namentlich  bei 
Weitsichtigkeit,  die  mit  Amblyopie  verciuigt  ist;  feinere  Li- 
uieiigruppcii  können  hier  iu  keiner  Entfernung  gesondert 
erblickt  werden.  Wünscht  man  genauere  Angaben  über 
die  Grunzen  der  Distiuclionsfäliigkcit,  das  Erkennen  klein- 
ster Formen,  für  scharfsichtige  Augen,  so  kann  man  sich 
eine  Anzahl  sehr  feiuer  Objecte  bedienen;  um  in  diesen 
Fällen  gut  vergleichbare  Resultate  zu  erhallen,  ist  es  zweck- 
inäfsig,  überall  die  Gröfse  der  kleinsten  Netzhautbildchen 
zu  berechnen,  welche  noch  eben  wahrgenommen  werden 
konnteu.  Da  die  Lage  des  Kreuzungspunktes  der  Rieh- 
tungslinien  aus  den  Berechnungen  Listing's  (Dioptrik  des 
Auges,  Wagner,  phys.  Worterb.  S.  451  — 504)  seinem 
mittleren  Werthe  nach  bekannt  ist  (=  15"""),  so  ist  die  Be- 
rechnung aus  den  Beobachtungstlatcn  des  Optometers  leicht 
ausführbar. 

Indem  wir  den  Deutlichkeitsgrad  des  Sehens  feststellen, 


) 


erhalten  wir  einen  Ausdruck  fiir  die  grössere  oder  geringere 
Vollkommenheit,  mit  der  das  Auge  auf  Lichtreizc  funetionirt. 
Diese  Leistungsfähigkeit  ist  eben  sowohl  von  den  optischen, 
als  den  physiologischen  Facloren  abhängig,  Bei  auftreten- 
den Mängeln  in  der  Sehleistung  läfst  sieh  nicht  immer  so- 
fort erkennen,  welcher  dieser  Facloren  der  schuldige  ist; 
doch  ist  es  da,  wo  Mittel  zur  Verbesserung  des  Sehvermö- 
gens herbeigeschafft  werden  sollen,  wichtig,  die  Ursache  zu 
erforschen.  Dia  Mängel  des  optischen  Apparates  können 
bestehen  in  unvollständiger  Durchsichtigkeit  oder  partieller 
Undurchsichligkcit  der  Medien,  Abweichungen  von  SphS- 
ridtiit  der  Trennung» Dächen,  und  unvollständige  Homocen- 
triritlH  derselben.  Diese  Ursachen  wirken  zusammen,  die 
vollständige  Vereinigung  der  von  einem  Punkte  ausgebenden 
Lichtstrahlen  zu  hindern  und  selbst  in  der  Entfernung  des 
deutlichsten  Sehens  Abweichungen  vom  Brennpunkte  zu  er- 
zeugen, »Brennstrecken«  zu  bilden.  Kleinere  Abweichungen 
von  den  idealen  Anforderungen  werden  sich  in  jedem  Auge 
vorfinden,  sie  stören  das  deutliche  Sehen  erst  alsdann,  wenn 
sie  einen  namhaften  Werth  erlangen.  Eine  der  häufigst  vor- 
kommenden Anomalien  ist  die,  dafs  die  Vereinigungsweite 
der  horizontalen  Strahlen  nicht  mit  der  der  verticaten  zu- 
sammenfallt. In  diesem  Falle  wird  das  Auge  für  ein  vertica- 
]es  Object  eine  andere  Accommodation  bedürfen  als  für  ein 
horizontales;  dieser  Augenzustand  mnfs  sich  durch  das  Op- 
tometer offenbare»,  wenn  wir  einmal  das  Object  in  verti- 
caler  ( [|  )  und  einmal  in  horizontaler  (=)  Lage  anwenden 
und  für  beide  Stellungen  die  Gränzen  der  Accommodation 
bestimmen.  Zu  dem  Ende  ist  das  Rohr  A  des  Optometers 
drehbar  in  die  Hülse  £  des  Stativs  eingelagert  und  ein 
kleiner  Stift  6  sichert  durch  Anschlag  an  die  rechte  oder 
linke  Seite  die  horizontale  oder  verticale  Lage.  Mitunter 
wird  man  auch  eine  mittlere  Stellung  zwischen  diesen  Lagen 
aufsuchen  müssen,  um  Objectstellung  herauszufinden,  för 
welche  die  Asymmetrie  des  Auges  am  wenigsten  störend 
wirkt,    welche   die  schärfste   Gesichtswabnicbmung   zuläfst. 


44T 

Man  kann  sicli  mit  Yorlheil  auch  eines  Objectcs  bediene», 
auf  dem  sicli  die  Theilliuicn  unler  rechten  Winkeln  kreuzen 
und  beurtheilcn,  ob  bei  derselben  Stellung  vertieale  und 
horizontale  Linien  gleichen  Dcutlichkeilsgrad  zeigen.  In 
vielen  Füllen  ist  es  möglich,  diese  Abweichungen  durch  op- 
tische Hjttel  ziemlich  vollständig  zu  verbessern.  Bckanut- 
lich  hob  Airy  die  Abweichungen  der  Spha'Hcität 
linken  Auges  durch  eine  Glaslinse,  die  eine  sphärische  und 
cylindrische  Oberfläche  halle.  (Edinb.  JonrnalofSc.  T.  XIV.) 
Ein  pariser  Optiker,  Chamblant,  erhielt  vor  langer  Zeit 
schon  ein  Patent  auf  Brillengläser,  deren  Oberflächen  Cy- 
lindei  flachen  sind,  von  denen  eine  horizontal,  die  audere 
vertical  steht  (Recs,  Eitcyclop.  Speclaclcs). 

Es  würde  zu  weit  fuhren,  wenn  wir  die  njannicMach 
auftretenden  Erscheinungen  der  Asymmetrie  hier  weiter  ver- 
folgen, und  das  optomelrische  Erkennen  derselben  speeifici- 
ren  wollten;  es  sey  nur  noch  erwähnt,  dafs  man  die  Er- 
scheinung des  Doppelt-  und  Mchrfachschcns  mit  einem  Auge 
zur  Wahrnehmung  bringen  kanu,  wenn  man  ein  einfaches 
Objecl  außerhalb  der  Accominodationsweite  zu  fixiren  sucht. 

In  wie  fern  die  Daten  optome Irischer  Messung,  nament- 
lich die  Bestimmung  der  Accouiinodalionsgränzen ,  für  die 
Brillenkunde  nutzbar  gemacht  werden  können,  mufs  ich  auf 
dcD  Artikel  »Winke,  betreffend  den  Gebrauch  und  die 
Wahl  der  Brillen  von  Donders»,  in  Gräfe's  Archiv  f. 
Ophthalmalogie,  Bd.  I  Abth.  I.  verweisen.  Donders 
nennt  den  Spielraum  zwischen  den  Adaptionsgränzen  die 
Accommodalionsbrcite.  Um  bestimmtere  Anschauungen  da- 
für zu  gewinnen,  stellt  er  sie  dar  als  die  Brennweite  einer 
ideellen  Linse,  welche  auf  die  Vorderiläche  der  Krystalllinse 
gelegt,  den  vom  Nahepmikl  ausgehenden  Strahlen  eine  Rich- 
tung giebt,  als  ob  sie  vom  Fernpunkt  ausgegangen  wären. 
Bei  dem  Auge  von  normaler  Accommodationsfähigkeit  würde 
die  Brennweite  dieser  Linse  etwa  i"  seyn ;  sobald  das  Accom- 
modationsvermögeu  =  0  ist,  wird  die  Brennweite  der  Linse 
=  x    seyn.    Im  letztem  Falle  würde  das  Auge  zum  Deut- 


liebsehen  für  jede  andere  Sehweile  eiiier  andern  Glasernura- 
mer  bedürfen;  je  schwächer  das  Acco  mm  odations  vermögen, 
je  mehr  wird  sich  das  Auge  diesem  Verhalten  nähern. 

Welche  aecommodalive  Vorghuge  nölhig  Bind,  damit  das 
Auge  in  verschiedenen  Entfernungen  deutlich  sehe,  erkennt 
man  aus  der  folgenden  Tabelle,  die  Listing  a.  a.  O.  mit- 
thcilt. 


0 

0- 

0— 

15- 

0,005 

0,0011 

!6 

0,012 

0,0027 

12 

0,025 

0,0056 

6 

0,050 

0,0112 

3 

0,100 

0,0222 

1,8 

0,200 

0,0443 

0,75 

0,40 

0,0825 

0,375 

0,80 

0,1616 

0,188 

1,60 

0,3122 

0,091 

3,20 

0,5768 

0,088 

3,42 

0,6484 

Es  ist  darin  d  der  Abstand  des  Objectes  vom  Auge, 
a  der  Abstand  des  Verein igungspunktes  der  von  d  ausge- 
benden Lichtstrahlen  von  der  Retinalebene,  6  der  Durch- 
messer des  zugehörendeu  Zerstreuungskreises;  dabei  ist  an- 
genommen, dafs  das  Auge  ein  starres  optisches  System,  also 
keiner  Accommodation  fähig  sey  und  der  Vereinigungspunkt 
paralleler  Strahlen  genau  auf  der  Retina  liege.  S  ist  als 
das  Maafs  der  Uudeutlichkeit  anzusehen.  Das  für  unend- 
liche Entfernungen  aecommodirte  Auge  wird  in  dem  Abstände 
von  65"  und  selbst  in  gröfserer  Nähe  noch  ziemlich  scharf 
sehen,  die  Undeutlichkeit  wird  aber  schnell  wachsen,  jemehr 
sich  das  Object  dem  Auge  nähert.  Dieselbe  Accommoda- 
tionsbreite,  die  genügt,  das  Auge  von  ec  bis  auf  3"  Ent- 
fernung zu  adaptiren,  reicht  nur  aus,  von  3™  Abstand  auf 
1,5°  scharfe  Bilder  zu  vermitteln,  ja  beschränkt  sich  in  noch 
grofserer  Nähe  auf  die  Accooimodationsthäiigkeit  von  we- 
nigen  Millimetern.     Der  Kurzsichtige,   dessen   Accommoda- 


449 

lionsgränzcn  zwischen  3  und  l  Zoll  liegen,  hat  daher  ein  voll- 
kommeneres AccomodationsverraÖgen  als  der  Weilsicht  ige, 
der  von  <x>  auf  3  Fufs  Sehweite  adaptiren  kann.  Geben 
wir  diesem  Auge  eine  Brille,  welche  die  von  einem  3'  ent- 
fernten Punkte  ausgehenden  Lichtstrahlen  parallelstrablig 
ins  Auge  bringt  (also  No.  36  convex),  so  wird  das  Auge 
mit  dieser  Brille  mittelst  der  vollen  Anspannung  seines  Ac- 
coinniodalions Vermögens  deutliche  Wahrnehmungen  erhallen 
innerhalb  der  Abstände  3  und  I  i  Fufs.  Eine  Brille,  welche 
den  Fernpunkt  des  Auges  auf  18  Zoll  verlegt,  leistet  mit- 
telst der  angenommenen  Accomodation  ausreichende  Hülfe 
nur  in  den  Abständen  von  18  Zoll  bis  12  Zoll.  Die  Kennt- 
uifs  des  Accomodalionsvermögens  setzt  uns  in  den  Stand, 
voraus  zu  bestimmen,  welche  Dienste  ein  bestimmtes  Glas 
leisten  wird  und  wie  weit  die  Accommodationsthätigkeit 
in  Anspruch  genommen  wird,  sobald  mit  oder  ohne  Brille 
ein  deutliches  Sehen  in  einer  bestimmten  Entfernung  ver- 
langt wird. 

Ein  anderes  Instrument,   welches  bei  der  Auswahl  von 
Brillen  mit  Nutzen  gebraucht  werden  kann  ist: 

das  Ophthal modiastimeter. 
Um  eine  Brille  den  Bedürfnissen  der  Augen  genau  an- 
zupassen, ist  nicht  allein  erforderlich,  die  Augengläser  richtig 
zu  wählen,  sondern  es  *iufs  auch  zweileus  Bedacht  genom- 
men werden  auf  ein  entsprechendes  Brillengestell,  auf  die 
richtige  Stellung  der  optischen  Mittel  vor  deu  Augen.  Slreng 
genommen  sollte  die  optische  Axe  des  Glases  immer  mit  der 
Augenaxc  zusammenfallen ;  diefs  ist  freilich  nicht  möglich  zu 
erreichen,  die  Brillengläser  können  den  Bewegungen  der 
Augcnaxen  nicht  folgen  und  überall  die  normale  Stellung 
gegen  die  Augen  bewahrcu.  Wenigstens  aber  können  wir 
der  Anforderung  durch  die  Wahl  des  Brillengestells  genügen, 
dafs  die  Entfernung  der  Augenmitten  übereinstimme  mit  der 
Entfernung  der  Glasmitten  und  hei  mittlerer  Stellung  der 
Augcnaxen  mit  den  optischen  Axen   der  Gläser  zusaimneu- 

mJ..r(T>   Annal.   Bd.  CX, 


falle.  Bei  Anwendung  schwächerer  Ulasilummcru  sind  1 
ni'ii'  Abweichungen  ohne  Belang,  bei  kurzer  Focallangc 
der  Augengläser  dagegen  müssen  dieselben  nulhwendig  Ab- 
weichungen in  der  richtigen  Einstellung  der  Augcuaxen  er- 
zeugen und  Verzerrungen  der  Netzhautbild  er  hervorrufen. 
Die  falsche  Stellung  der  Gläser  giebt  sich  häufig  sympto- 
matisch kund  durch  Druck  auf  die  Augen,  Spannung  der 
Augenmuskeln  und  bei  leichter  Reizbarkeit  durch  Kopf- 
schmerz und  Schwindel  Das  dauernde  Tragen  von  Brillen 
mit  falscher  Gläserstellung  bewirkt  nicht  selten  Unsicherheit 
und  Schielen.  Es  sind  daher  sowohl  optische  als  costnetische 
Rücksichten,  welche  uns  veranlassen  müssen,  das  Brillenge- 
stell dein  Entfernungsgrade  der  Augen  anzupassen.  Es  wird 
daher  nicht  ohne  Nutzen  sevn,  ein  Verfahren  zu  haben,  die 
Entfernung  der  Augemnittelpuiiktc  genau  zu  messen.  Diefs 
kann  auf  mehrere  Weisen  geschehen.  Ein  einfaches  Mittel 
besteht  in  Folgendem:  Man  nimmt  zwei  Streifen  Kartenpa- 
pier, etwa  2  Zoll  lang;  an  den  Enden  derselben  steche 
man  mit  einer  Nadel  ein  Loch  durch  und  halte  die  andern 
Enden  zwischen  Finger  und  Daumen  an  der  Stirne  zusam- 
men. Man  bringe  jedes  dieser  Löcher  vor  ein  Auge  nnd 
sehe  nach  einem  entfernten  Gegenstaude;  nun  messe  man 
die  Entfernung  der  Locher  von  einander,  um  sofort  die  Ent- 
fernung der  Augenmittelpunkte  zu  erhalten  (nach  Hawkins). 
Man  wird  mittelst  dieser  Methode  die  Entfernung  der 
Augen  mit  hinreichender  Genauigkeit  messen  können ;  allein 
sie  eignet  sich  nicht  zum  Gebrauch  des  Optikers  uud  Oku- 
listen, weil  sie  einige  Geschicklichkeil  der  Manipulation  bean- 
sprucht, die  bei  den  meisten  Menschen  nicht  sofort  voraus- 
gesetzt werden  darf.  Smee  hat  deshalb  für  denselben 
Zweck  ein  kleines  Instrument  construirt,  welches  er  Vjsuo- 
ineter  nennt  (s.  Smee:  Das  Sehvermögen  im  gesunden  und 
kranken  Zustande,  ferner  Ruele:  Lehrbuch  der  Ophthal- 
mologie). Diefs  Visuometer  besteht  aus  2  Röbrchen,  die 
einander  genähert  und  von  einander  entfernt  werden  kön- 
nen, ohne  ihren  Parallelismus  zu  ändern.  Beim  Gebrauch 
wird  daa  Instrument  auf  eine  «A  Fläche  gerichtet  and 


451 

Oer  Punkt  bestimmt,  für  welchen  die  durch  die  beiden  Rohn* 
gesehenen  Lichtkreise  am  deutlichsten  sich  zeigen.  Hei  An- 
wendung dieses  Apparates  zeigte  es  sich,  dafs  es  vielen 
Personen  nicht  gelingen  wollte,  diesen  Punkt,  wo  die  Licht- 
kreise in  einander  übergehen  und  am  hellsten  sich  zeigen, 
mit  Sicherheit  anzugeben.  Ich  habe  deshalb  spater  deu 
kleinen  Apparat,  den  Fig.  6  und  7  Taf.  VI  in  -^  Gröfse 
zeigen,  construirt  und  in  Gebrauch  genommen.  Er  besteht 
aus  den  kurzen  Röhrchen  A  und  A„  die  an  ihrem  vordem 
Ende  ein  Paar  Plaugläser  tragen,  auf  deren  Milieu  die  ver- 
licalen  Marken  p  und  /',  ciugravirt  sind.  Die  Rührcheu  1 
und  A,  sind  in  ringförmige  Fassungen  eingeschraubt,  welche 
mit  den  Federn  B  und  /.',  verbunden  sind.  Letzlere  halten 
sie  in  dein  gegenseitigen  Abstände  von  etwa  3  Zoll.  Durch 
die  Schraube  C  können  sie  aber  bis  auf  2"  und  mehr  ge- 
nähert werden.  Reim  Gebrauch  stellt  mau  sich  vor  einen 
Spiegel  in  derjenigen  Entfernung,  in  welcher  mau  das  Spie- 
gelbild der  eigenen  Augen  vollkommen  gut  sieht,  und  bringt 
das  Instrument  dicht  vor  die  Augen.  Jedes  Auge  erblickt 
alsdann  im  Spiegel  sein  eigenes  Spiegelbild  und  auf  demsel- 
ben das  Spiegelbild  der  Marken  p  und  p,.  Da  die  Augen- 
axen  bei  dem  Fixiren  der  eigenen  Bilder  parallel  scyu  müs- 
sen, so  hat  man  nur  die  Röhrchcn  so  lange  mittelst  der 
Schraube  ('  zu  verschieben,  bis  die  Marken  p  und  p,  die 
Pupillen  balbircn.  Der  Abstand  der  Marken  ist  alsdanu 
der  Absland  der  Augeimiittclpunktc.  Dieser  Abstand  wird 
■  in  der  Theiluug  des  Stäbchens  m  abgelesen. 

Die  Beobachtung  wird  noch  etwas  erleichtert,  sobald 
man  deu  Spiegel  in  einem  geschlossenen,  geschwärzten  Käst- 
chen anbringt  und  die  Ocularruhre  A  und  A ,  mit  den  bei- 
den Miren  in  die  Vorderwand  einsetzt.  Der  eine  Ocular- 
kopf  kann  fest,  der  andere  bewegUch  seyn.  Die  Beobach- 
tung und  Ablesung  geschieht  auch  hier  auf  die  beschriebene 
Weise.  Um  den  Kurz-  und  Weitsichtigen  bei  dieser  An- 
ordnung gerecht  zu  werden,  inufs  der  Spiegel  im  Innern 
des  Kastens  gegen  die  Vorderwand  verschoben  -we*i«w 
können.    Bei  dieser  letzteren  Einrichtung  yVitA  c%  VwiAtv., 


eine  feste  i'.n-.illi'isii.  IIiiii^'.  der  Augennicn  zu  bewahren,  wel. 
che  bei  dem  gezeichneten  Apparate  für  manche  Auge u  schwer 
ausführbar  schieu  '). 


VII.      lieber  die  Bestimmung  lies  galvanischen  l*ei- 

tungswiderstnndes ; 

ron  Dr.  II   VF.  Schröder  van  der  Kolk 


.. 


in  Maastricht. 


1.    Methode. 

I'  nsl  nirgendwo  findet  man  in  der  praclischen  Physik  mehr 
aus  einander  laufende  Resultate,  als  bei  der  Bestimmung 
der  galvanischen  Lcitungsfäbigkeit  der  Metalle,  wovon  man 
sieb  durch  eine  Vcrgleichung  der  neuesten  Untersuchungen 
hinreichend  tiberzeugen  kann.  So  fanden  z.  B.  für  das 
Silber  Lenz  136,25,  Matthiefseu  136,9  und  Arodtsen 
101,32,  und  für  das  Eisen  die  Werlhe  17,74,  18,6  und 
15,02,  wobei  der  Widerstand  des  Kupfers  =  100  gesetzt 
worden  ist  Beim  Aluminium  fand  Matthiefseu  43,6  und 
Arndtsen  51  bis  57,  und  gleiche  Unterschiede  findet 
man  für  die  verschiedenen  Metalle  bei  allen  Experimen- 
tatoren. Nicht  viel  besser  kommen  die  Bestimmungen  des 
Coefficienteu  der  Widerstandsveränderung  bei  Temperatur- 
erhöhung unter  einander  überein.  Da  diese  Unterschiede 
viel  zu  grofs  sind,  um  sich  als  Beobachtungsfebler  erkläre» 

I)  Vorstehend  beschriebene  Instrumente  werden   in  unserer  Werkstatt    für 
malhenaliichc  und    physikalische   Instrumente    m    folgenden   Preisen    an- 

Optometer  nebst  Stativ 15  Tbk. 

dito         ohne        ■  7       . 

Ophlhalmodiastimelrr 4      > 

WUtlt^rHUig,. 


453 

zu  lassen,  so  hat  es  seinen  Werft,  genauer  die  Ursachen  die- 
ser Differenzen  zu  erforschen« 

Diese  können  ihre  Ursache  haben: 

1)  in  dem  untersuchten  Draht, 

2)  in  der  angewandten  Methode. 

Dafs  die  Ursache  oft  im  Drahte  selbst  zu  suchen  ist, 
erhellt  aus  dem  Umstände,  dafs  derselbe  Experimentator  bei 
zwei  Drähten  desselben  Metalles  zwei  ganz  verschiedene  Re- 
sultate fand,  wie  z.  B.  Matthiefsen  bei  Kupfer. 

No.  1     77,43 
No.  2    72,06 
No.  3    30,63. 
Zuerst  kommt  hier  die  chemische  Beschaffenheit  in  Be- 
tracht, deren  Einflufs  Pouillet  und  Matthiefsen  hin- 
reichend nachgewiesen  haben. 

Zweitens  ist  die  physische  Constitution  zu  erwähnen. 
Diefs  war  schon  sehr  wahrscheinlich  geworden  durch  die 
Untersuchungen  Thomson's1),  der  z.  B.  bei  angeblich 
chemisch  reinen  Kupferdrähten  die  Widerstände  100;  96,1; 
90,5  und  54,9  fand,  und  sogar  von  zwei  Kupferdrähten 
spricht,  deren  Widerstände  sich  verhielten  wie  7 :  22. 

Ebenso  fand  Weber  für  den  Widerstand  in  absoluten 
Einheiten: 

Jacobi's  Draht 2310,000 

Kirchhoff's  Draht 1916,000 

Weber's  Draht 1865,600 

Galvanoplastisch  niedergeschlagenes  Kupfer  1684,000. 
Dieser  Einflufs  war  aber  nicht  mehr  zu  bezweifeln,  da 
man  fand,  dafs  Metalle  nach  Erwärmung  einen  anderen  Lei- 
tungswiderstand zeigen,  was  z.  B.  Müller  und  Becquerel 
beobachtet  haben.  Letzterer  fand  sogar  beim  Silber  eine 
Zunahme  von  7  Proc,  und  wiewohl  die  Veränderung  oft 
geringer  war,  beobachtete  er  immer  eine  Zu-,  niemals 
eine  Abnahme  des  Leitungswiderstandes.  Hieraus  ist  abzu- 
leiten, dafs  starke  galvanische  Ströme,  die  den  Draht  merk- 
bar erhitzen,  auch  dessen  Leitungswiderstand  verändere»* 
l )  PhiL  Mag.  Str.  1F,  T.  15.  p.  472. 


Später  zeigte  Wart  in  an  n  noch  denEinlluts  des  Drucke; 
auf  die  ConduclibiliUit. 

Aus  diesen  Betrachtungen  folgt  also,  dafs  die  Lcituugs- 
fähigkeit  von  der  chemischen  und  physischen  Beschaffenheit 
der  Drahte  abhängig  ist 

Da  die  physische  Constitution  jedoch  sehr  veränderlich 
ist,  kann  man  demzufolge  nicht  viel  mehr  annehmen,  als  dafs 
eine  Widerstaudsbesthnuiung  bei  Metallen,  das  Quecksilber 
ausgenommen,  nur  gültig  ist  für  den  untersuchten  Draht, 
in  der  Voraussetzung,  dafs  dieser  keinen  starken  Einflüssen 
unterworfen  worden  sey.  Im  Allgemeinen  haben  also  Wi- 
derslandsbestimmungeu  der  verschiedenen  Metalle  wenig 
Wcrth. 

Auf  die  erhaltenen  Resultate  ist  natürlich  vou  grofsem 
Einflufs  die  Wahl  der  Methoden.  Man  kann  diese  im 
Allgemeinen  in  zwei  Classen  th  eilen: 

1 )  wo  der  Widerstand  verglichen  wird  mit  einein  andern 
Widerstand, 

2)  wo   man   diese    aus   Veränderungen   der   Stromstärke 
bestimmt. 

In  die  erste  Classe  gehört  die  Methode,  wo  der  Strom 
nach  Herausnahme  des  Widerstandes,  z.  B,  durch  einen 
Rhcoslat,  auf  die  vorige  Intensität  zurückgebracht  wird,  dit 
Differentialinetbodc  und  die  Wheatstone'sche,  später  von 
Kirchhoff  und  M a 1 1 h i e f s e n  muditicirtc  Draht coinbi- 
uation. 

Bei  dieser  Methode  wird  der  Widerstand  immer  dureb 
einen  anderen  gemessen,  wofür  gewöhnlich  ein  Kheostat 
angewandt  wurde.  Aber  6chon  in  seiner  Construction  h»l 
dieses  Instrument  viele  Mängel,  wie  zum  Beispiel  der  schlei- 
fende Contact  der  Feder,  der  nicht  zu  stark  seyn  darf;  die 
oft  unvollkommene  Berührung  zwischen  der  Spirale  und 
dem  kupfernen  Cy  linder,  vorzüglich  wenn  dieser  nicht  gaoi 
reiu  ist;  das  allmähliche  Verlängern  des  Drahtes  u.  s.  w, 
weshalb  auch  schon  Jacobt  eine  andere  Eiurichtung  vor- 
schlug und  Becijucrel,  Kirchhof  und  Audcrc  eine  so- 
genannte WidcrstaudsbanV  avwMiOAtu.   Ivulwseu  wurde  der 


455 

Uheuslat  in  letzterer  Zeil  vtm  lim.  Arndtscn  und  Willi 
bald  Schmidt  nieder  angewandt.  Leberdiefs  beruht 
alles  auf  der  Proportionalität  zwischen  Lauge  und  Wider- 
sland, was  in  der  Praxis  schwer  zu  erreichen  ist,  da  man 
sich  niemals  weder  auf  die  gleiche  Dicke,  noch  auf  die 
gleiche  Couiiurlibililäl  des  Drahtes  verlassen  kann.  Zwar 
kann  man  successive  Abschnitte  des  Drahtes  mit  einem  Eta- 
luii  vergleichen,  wie  z.  lt.  Willibald  Schmidt  l)  der 
diesen  Widerstand  successive  deu  Drahtlängen  1135,  1155, 
1125,  1150,  1135,  IUI)  gleich  fand,  wo  also  noch  Diffe- 
renzen von  -,'.:  vorkommen.  Jedenfalls  bleibt  es  aber  un- 
möglich, diese  Correctiou  genau  anzubringen,  da  mau  den 
Draht  zwar  in  mehrere  gleiche  Theile  (heilen  kann,  aber 
nichts  desto  weniger  ganz  ungewifs  bleibt  hinsichtlich  der 
gleichen  Conductibilität  in  jedem  Abschnitte. 

Demzufolge  sind  die  Methoden,  wo  der  Widersland 
durch  die  Stromstärke  gemessen  wird,  denen  der  erstell 
<  Hasse  bei  Weitem  vorzuziehen,  da  man  diese  Stärke  mit  gro- 
sser Genauigkeit  messen  kann.  Hieniit  haben  vorzuglich  Hr. 
Lenz  und  Hr.  W  eber  sich  beschäftigt,  die  beide  Indnctious- 
strüme,  welche  immer  in  nahe  gleicher  Gröfse  hervorgebracht 
werden  können,  augcwaudl  haben. 

In  den  elektrodynamischen  Maal'sb  es  (immun  gen  sind  be- 
k.jiiullicii  die  beiden  Webcr'scheu  Methoden,  die  Multi- 
|)licatiuus-  und  die  Zurückwerfimgsmcthude,  beschrieben, 
welche  letzlere  bei  der  Vergleicbung  der  Leipziger  Etalons 
ungewandt  wordcu  ist. 

Wiewohl  diese  Methode  theoretisch  allen  Anforderungen 
entsprich),  hat  sie  doch  in  practiseber  Hiusicbt  ihre  Beschwer- 
den, unter  weiche  vorzüglich  die  sehr  langwierige  Kechtuing 
-zu  zahlen  ist.  Bei  dem  sellencu  lalle  einer  Vergleichung 
der  Etalous  ist  diese  Schwierigkeit  weniger  erheblich,  bei 
ciuer  nur  etwas  ausgebreiteten  Reihe  von  Widerstands«]  es 
sungen  wird  dieser  Mangel  hingegen  sehr  fühlbar.  Defs- 
wegen  wurde  bei   den  weiter  unten  beschriebenen  llestim- 


I)  !•.,::;■    \a».  l;.l    107,  5.  539. 


AM 

■Illingen   Malt    der    Weber'  sehen    eine    andere    mir    von 
Dr.  J.  Bosfcha  milgethcilte  Methode  angewandt. 

Diese  beruht  auf  dem  folgenden  Principe:  Mau  theill  ei- 
nen Strom  in  zwei  Zweige,  deren  Widerslände  o  und  li 
(Fig.  LU  Taf.  II)  sind,  dann  ist  die  Relation  der  Intensitäten 

in  b  und  d')  =  — tt- 

Nennt  mau  den  Ilaupistrom  J,  so  ist  demzufolge  die 
Stromstärke  in  b 


i  =  ~rJ 


....    O). 

Vergröfsert  man  den  Widerstand  iu  b,  so  wird,  wenn 
'  dieselbe  bleibt,  i  abnehmen;  mau  kann  aber  auf  vielfache 
Weise,  z.  B.  durch  Verringerung  des  Widerstandes  in  d,  J 
dergestalt  zunehmen  lassen,  data  i,  trotz  der  Vcrgröfserung 
von  b,  seinen  Wcrlh  behält.  Sey  m  die  Zunahme  von  b, 
und  J  der  Werlb,  welchen  mau  der  Stromstärke  im  Haupt- 
zweige  geben  mufs,  um  i  auf  seineu  Werth  zurückzubriu- 
gen,  so  ist 

'^Tfh^J' <*) 

oder  in  Verbindung  mit  (o) 


-/  = 


und 


l-f-*+M 


t=4--l 


.   .    .   .    t«>). 

Die  Relation  — r-  Isfst  sich  demzufolge  bestimmen,  wenn 
J  und  J  mittelst  einer  Tangeotenbussole  gemessen  werden, 
und  sich  in  6  ein  Galvanometer  befindet,  das  aber  nur  der 
Bedingung  bei  gleicher  Intensität  gleiche  Abweichung  zu 
geben,  zu  entsprechen  braucht.  Ebenso  hat  man  bei  Ein- 
schaltung eines  anderen  Widerstandes  vi 

.■£r  =  f-'     <J>- 


Aus  (c)  und  (d)  findet  man  dann 

I  )   In   der   Figur   i«   der   Widenlind    da 


457 


J" 

1 

___ 

J 

J" 

-J 

^^■VB« 

J' 

1 

J' 

—  J 

•-_ 

a_B 

J 

(e). 


Mittelst  dieser  Methode  kann  man  also  leicht  den  Quo- 
tient zweier  Widerstände  bestimmen.  Es  ist  leicht  einzu- 
sehen, dafe  die  Methode  desto  genauere  Resultate  geben 
wird,  je  mehr  J  und  J"  von  J  verschieden  sind,  oder  mit 
andern  Worten,  je  gröfser  m  ist  im  Verhältnis  zu  6.  Da 
die  empfindlichen  Rheoskope  aber  meistens  einen  grofsen 
Widerstand  besitzen,  bekommt  b  schon  hierdurch  einen  gro- 
fsen Werth,  und  die  Methode  würde  also  nur  bei  der  An- 
wendung sehr  grofser  Widerstände  ihre  Anwendung  finden 
können. 

Dieser  Schwierigkeit  ist  aber  leicht  abzuhelfen  durch  eine 
zweite  Nebenschliefoung  in  f  Fig.  1 1  Taf.  II.  Sey  der  Wi- 
derstand zwischen  e  und  g9  zusammen  mit  dem  zwischen  c 
und  A,  gleich  p,  der  des  Multiplicators  M  gleich  g,  so  ist 
der  Quotient  ohne  Nebenschliefsung  in  f 

-—  1  =        m 


Ist  diese  aber  angebracht,  so  erhält  man  statt  des  grofsen 

Widerstandes  g,  den  Werth  £f— ,  welcher,  wenn  g  grofs 

ist  in  Yergleichung  mit  f,  gleich  f  gesetzt  werden  kann. 
Man  hat  also 

—  —1=       m 


und  diesen  letzten  Widerstand  kann  man  immer  hinreichend 
verringern,  um  dem  Quotienten  einen  grofsen  Werth  zu 
geben. 

Meistens  wird  es  unmöglich  seyn,  bei  den  beiden  Bestim- 
mungen ,  aus  welchen  der  Quotient        .    berechnet  wird, 

die  Stromstärke  im  Multiplicator  auf  genau  gleiche  Gröfee 
zu  halten.  Man  kann  aber  leicht  kleine  Differenzen  bei- 
behalten, und  annehmen,  dafs  die  Stromstärke  im  Multipli- 
cator bei    diesen  geringen  Unterschieden  den   Ablesungen 


458 

direcl  proportional  sey.  Um  also  die  Bestimmungen  auf 
gleiche  Stromstärke  zu  reduciren,  müssen  die,  corrigirten 
Ablesungen  der  Tangcutcnbugsolc  durch  die  des  Multipb- 
calors  dividirl  werde». 

Das  Galvauoroeter,  wodurch  J,  J  und  J'  besfimmt  wer- 
den, uiufs  niil  großer  Genauigkeit  die  Intensitäten  angeben, 
was  bei  den  andern  (licht  erforderlich  isl,  da  dieses  Instru- 
ment stetB  nahezu  gleiche  Ablesungen  giebt. 

Noch  ist  zu  bemerken,  dafs  auch  hier  bei  nahe  gleicher 
GröTse  der  beiden  Widerstände,  die  Genauigkeit  der  Me- 
thode sehr  zunimmt.  Man  subtrahirt  J  von  .''  und  J",  und 
je  mehr  diese  übereinkommen,  desto  geringeren  Einflufe 
werden  Fehler  in  J  auf  den  Quotienten  ausüben.  Sind  sie 
einander  gleich,  so  vcrschwiudel  dieser  Eiuflufs  völlig. 

Im  Allgemeinen  intifs  jede  Methode  von  Widerstand* 
messung  folgenden  drei  Bedingungen  genügen: 

1.  Der  Widersland  nmfs  bestimmt  werden  durch  die 
Stromstärke. 

'2.  Die  Bestimmung  mufs  unabhängig  sevo  von  deo 
Stromschwankungen,  welche  wählend  der  Bestimmung  durch 
Veränderungen  im  Elektromotor  verursacht  werden. 

3.  Der  Strom  mufs  so  schwach  seyn,  dafs  man  keine 
merkliche  Wäraczunahmc  und  daraus  fulgeude  Widei- 
Btauds Veränderung  zu  befürchten  hat.  Die  Weber'sclit 
Methode  und  die  hier  beschriebene  genügen  beide  der  er 
sleu  Bedingung  und  verdienen  deswegen  deu  Vorzug  vw 
dien  Methoden  der  ersten  Gattung. 

Der  zweiten  wird  genügt  durch  die  gleichzeitige  Able- 
straft  des  Multiplicators  und  der  Tangen tcubussole.  Eine 
Stromschwankung  wird  demzufolge  zugleich  angezeigt  und 
in  Bechnung  gebracht.  Bei  der  W  c  b  e  r '  scheu  war  dk 
elektromotorische  kraft  coilstanl,  da  hier  Inducliotisstroux 
angewandt  wurden.  Her  drillen  Bedingung  entsprech« 
beide,  da  mau  bei  den  zwei  .Methoden  deu  Strom  beliebig 
schwächen  kann. 

In  dieser  Hinsicht  sind  beide  Methoden  als  tun  gleichem 
VVcrth  zu  betrachten.    In  dem  Folgenden  hoffen   wir   ab« 


459 

zu  zeigen,  dafs  die  Bosfcha'sche  Methode  in  practischer 
Hinsicht  einige  Vorzüge  besitze. 

2.    Einrichtung  der  Versuche. 

Die  Instramente  waren  aufgestellt  im  Sectionszimmer 
der  Anatomie  zu  Utrecht. 

Der  Strom  eines  Da  ni  eil' sehen  Elementes  B  (Fig.  12, 
Taf.  II)  durchlief  erst  die  Windungen  der  Tangentenbussole 
T,  deren  Abweichungen  mittelst  Fernrohr  und  Scale  in  K  be- 
stimmt wurden.  Mittelst  des  Commutators  konnte  man  den 
Strom  auch  in  entgegengesetzter  Richtung  durch  die  Bus- 
sole leiten.  In  D  verzweigte  sich  der  Strom ;  ein  Theil  ging 
direct  nach  E,  der  andere  dagegen  nach  dem  Multiplicator 
M  (Ablesung  mittelst  Fernrohr  und  Scale  in  L)  durchlief 
in  R  den  zu  untersuchenden  Widerstand,  um  nach  Verei- 
nigung mit  DE  in  JE,  nach  B  zurückzukehren. 

In  ON  war  ein  Nebenzweig  angebracht,  da  die  Methode 
sonst,  des  grofcen  Widerstandes  in  M  wegen,  zu  unge- 
naue Resultate  geben  würde.  In  Vergleichung  mit  Fig.  11 
ersieht  man,  dafs*  2?,  T,  M  und  R  ihre  Bedeutung  beibe- 
halten, indem  ec  durch  ED  und  gh  durch  ON  vertreten 
ist.  W  ist  ein  Regulator,  um  die  Stromstarke  in  M  immer 
auf  gleichen  Werth  zurückzubringen.  Um  die  Nadel  der 
Tangentenbussole  schnell  zu  beruhigen,  war  in  P  eine  kup- 
ferne Spirale  aufgestellt  worden,  durch  welche  man  den 
Strom  der  Batterie  Q  mittelst  des  Commutators  S  in  bei- 
den Richtungen  führen  konnte.  Man  hatte  also  eine  Am- 
pere'sehe  Solenolde,  welche  die  Nadel  nach  Belieben  an- 
zog oder  abstiefs. 

Die  ganze  Bestimmung  bestand  demgemäfs  in  den  Ab- 
lesungen der  beiden  Galvanometer.  Da  man  dem  Multi- 
plicator M  stets  nahezu  gleiche  Abweichung  gab,  war  hier 
keine  Correction  an  den  Ablesungen  anzubringen,  welche 
den  kleinen  noch  übrig  bleibenden  Differenzen  der  Strom- 
stärke proportional  zu  setzen  waren.  Das  Fernrohr  L  hatte 
eine  30 malige  Vergrößerung,  und  die  Scale  war  ein  in 
Millimeter  getheilles  Metermaafs. 


460 

Aus  Jeu  Ablesungen  der  Tangcntenbuseolc  T  mufste 
mau  .ibcr  mil  der  gröfsteu  Genauigkeit  die  Stromstärke 
berechnen  können,  da  hieraus  der  Quotient  der  Wider- 
stände abgeleitet  wurde. 

Das  Instrument  war  vom  IWechauiKus  Ollaud  in  Utrecht 
verfertigt  und  zwar  mit  vieler  Sorgfalt.  Es  bestand  in  eiuer 
Tangentcilbussolc,  worin  die  mit  einem  Glasapiegel  verse- 
hene Nadel  an  einem  CoconFaden  aufgehangen  war.  Die 
Nadel  war  durch  einen  sie  umgebenden  Glaskasten  vor  Luft- 
strömungen geschützt.    Die  Dimensionen  waren: 

Durchmesser  der  Windungen  61)0""" 

Anzahl  der  Windungen  10 

Dicke  der  Drähte  2 

Länge  der  Nadel  40 

Dicke  des  Spiegelglases  3,G 

Dicke  der  Glasplatte  2,0 

Distanz  der  Scale  vom  Spiegel  2241). 

Die  Ablesung  geschah  mittelst  eines  Fernrohrs  mit  5Suia- 
liger  Vergrofseruug  und  einer  12  Decimetcr  langen  in  halbe 
Millimeter  geseilten  Scale.  Zehntel  dieser  Abteilungen 
wurden  geschätzt,  und  da  man  also  7;öntr  der  Länge  oder 
-,',T  Millimeter  bestimmte,  mufsten  alle  Corrcctioncu,  welche 
diese  Griifse  überschritten,  berechnet  werden. 

Diese  CoitccIjohcii  waren  folgende: 

I.  Die  Tangenten  der  doppelten  Winkel  mufsten  auf 
die  der  einfachen  Winkel  rcilucirt  werden  mittelst  dci 
Formel 

«=<(Mj+Aj ) 

wo  :■■  die  Distanz  zwischen  Spiegel  und  Scale,  ■  die  wahr 
genommene,  d  die  corrigirte  Ablcsuug  in  Scalen tlieileu 
bedeutet. 

Die  GoiTcetion  —  ; ;  — ;  wurde  sogleich  au  den  Beob 
achtungeii  angebracht. 


2.  Das  folgende  Glied  der  Reihe  T'v  — 4. 

3.  Die  Stromstärke  ist  den  Tangenten  der  Abweichun- 
gen nicht  genau  proportional. 

Da  die  Windungen  eine  merkliche  Breite  hatten,  wurde 
die  von  Bosfcha  üttegrJrte  Bravais'sche  Formel  ange- 
wandt. 

Bei  der  Bravais'schen  Formel  sind  die  höheren  Po- 
tenzen des  Quotienten  —  vernachlässigt,  deren  Einflufs  auf 
das  Resultat  sich  bei  der  Berechnung  als  unmerkbar  ergab. 

I.  Bei  der  Anwendung  eines  Glasspiegels  wird  der 
Strahl  parallel  mit  sich  selbst  verrückt,  welche  Verschie- 
bung von  der  Dicke  und  dem  Brechuugsquotienten  des 
Glases  abhängt. 

Scy  p  die  Dicke  des  Glases, 

n  der  Brechuugsuuotient,  so  ist  die  Correction 


-'i<*?+&& 


wo  e  und  a  ihre  frühere  Bedeutung  bcsilzeu. 

5.  Ebenso  wurde  der  Strahl  von  der  vor  der  Nadel 
aufgestellten  Glasplatte  verrückt. 

Sey  p  wieder  die  Dicke,  »  der  Brechungsuuolienl, 
so  ist 


e   (u  —  \           i 
C0VT.=P~(- 


ia'J 


6.  Bei  der  Berechnung  des  Einflusses  einer  etwaigen 
prismatischen  Form  des  Glasspiegels,  ergab  sich,  dafs  die- 
ser Fehler  eliminirt  wird  durch  Ablesungen  an  beiden  Sei- 
len des  Nullpunktes. 

7.  Der  EinQufs  der  Torsion  kann  =0  betrachtet  wer- 
den, da  man  diese  als  den  Ausschlägen  genau  proportional 
betrachten  kann. 

8.  Die  Aufstellung  von  Fernrohr  und  Scale  geschah 
auf  folgende  Weise. 

Man  bestimmte  den  Punkt  der  Scale,  der  gerade  unter 
die  Asc  des  Fernrohrs  zu  liegen  kam,  und  stellte  letzteres 


4M 

so,  rlal's  dieser  vom  Spiegel  reilcclirte  Punkt  mit  dem  in 
der  Mitte  des  Feldes  aufgespannten  Faden  zusammenfiel. 
Nim  niufstf  die  Scale  noch  senkrecht  auf  die  Axe  des  Fern- 
rohrs gestellt  werden,  was  man  leicht  auf  folgende  Weist 
erreichen  kann. 

Mao  befestige  in  J  Fig.  13  Taf.  II  ein  kleines  Stück 
Spiegelglas  gerade  unter  der  Aie  des  Fernrohrs.  Nachdem 
dieses  senkrecht  auf  den  Spiegel  gestellt  ist,  wird  in  0 
ein  Draht  dergestalt  aufgehängt,  dafs  sein  ün  Spiegel  re» 
flectirtes  Bild  mit  dem  Faden  des  Fernrohrs  zusammen  fällt. 
Der  Faden  wird  aber  auch  vom  Spiegel  der  Scale  nach 
OlGU  rcflectirt,  und  nur  wenn  beide  Spiegel  (lachen  ein- 
ander genau  parallel  sind,  werden  beide  Bilder  zusammen- 
fallen. Man  hat  also  nur  die  Scale  zu  verdrehen,  bis  diefs 
eintritt.  Da  hier  aber  der  Parallel ismus  zwischen  Spiegel 
und  Scale  vorausgesetzt  wird,  mufs  die  Scale  ganz  flach 
seyn,  und  übrigens  läfst  sich  der  Fehler  elimiuiren  hei 
Wiederholung  der  Beobachtung  bei  umgelegter  Lage  des 
Spiegels.  Stall  des  Drahtes  kann  man  bisweilen  mit  Vor- 
Iheil  eine  Flamme  anwende». 

Auf  diese  Weise  waren  alle  Corrcctioneu,  welche  bei 
einer  Bestimmung  des  Quotienten  der  Intensitäten  in  Be- 
tracht kommen,  und  von  welchen  die  drei  letzten  unmerk 
lieh  sind,  berechnet. 

Die  erste  wurde  für  jede  Beobachtung  besonders  be- 
rechnet. 

Die  übrigen  vier  wurden  für  100  bis  10O1™  iin  Voraus 
berechnet.  Man  fand  somit  folgende  Tabelle,  deren  Cor- 
rectionen  in  Millimeter  angegeben  sind. 


I 


1.1.  Hut. 

Cnrr.  Na.  2 

fin.  3. 

ISo  4. 

No  5. 

SuaiK 

120» 

+  0,77 

+  0,36 

+  0,73 

+  0,20 

+  2,06 

1000 

0,31 

0,21 

0,60 

0,16 

1,28 

800 

0,10 

(1,10 

0,48 

0,13 

0,81 

600 

0,02 

0,04 

0,36 

0,10 

0,52 

400 

0,00 

0,01 

0,24 

0,07 

0,32 

200 

0,00 

0,00 

0,12 

0,03 

o.l". 

463 

Hieraus  erhellt,  dafs  diese  Correctionen  nicht  zu  ver- 
nachlässigen sind,  da  man  sie  bei  der  Tangentenbussole  T',jMB 
schätzen  kann. 

Die  Beobachtung  geschah  nun  auf  folgende  Art: 

Nachdem  der  Nullpunkt  des  Multiplicators  bestimmt 
war,  wurde  der  Strom  geschlossen,  und  beide  Galvanome- 
ter nach  Beruhigung  der  Nadel  zugleich  abgelesen,  was  so- 
gleich bei  entgegengesetztem  Ausschlag  der  Tangentenbus- 
sole wiederholt  wurde.  Zuletzt  wurde  der  Strom  geöffnet 
und  der  Nullpunkt  des  Multiplicators  nochmals  bestimmt. 
Diel*  wurde  nun  bei  Einschaltung  eines  andern  Wider- 
standes wiederholt,  wobei  die  Ablesungen  des  Multiplica- 
tors immer  möglich  gleich  gehalten  wurden. 

An  den  Differenzen  der  beiden  Ablesungen  der  Tan- 
gentenbussole wurden  nun  erst  Correction  1  und  darauf 
die  aus  der  Tabelle  angebracht.  Der  Quotient,  nach  Divi- 
sion dieser  Zahlen  durch  die  der  Multiplicatorablesungen, 
wurde  der  Stromstärke  proportional  gesetzt. 

Sey  J1  ihre  Stromstärke  bei  Einschaltung  des  Etalons 


J"     n                    »                      »                        m 

ier  Copie 

J*1*    »                    »                      »                        m 

von  beiden  hin- 
ter einander 

JlV      MM»                                  » 

von  beiden  ne- 
ben einander 

m  der  Widerstand  des  Etalons 

n    »             »            der  Copie, 

so  folgt  aus  der  oben  gefundenen  Formel 

i  =  ■T-r    nnd    m   =  V 

fr- 

J" 

!tr 


Bei  dem  hier  mitgetheilten  Beispiel  sind  alle  Angaben  in 
Millimeter. 


Verglcicbuiig  von  C.opic  No.  2  luid  No.  3  am   II.  Aug. 
No.  3  uud  No.  2  hinler  einander. 


607,2 
B07.M 
606,1 


ttip'frH 
607,55 

606,10 
"6Ö6,82_ 


1110,50 
1110,70 
1110,50 

88,85 
88,75 
89,00 


411,50 

T  i  ngen  icn  busicl  t. 

1110,60  Corr.  No.  1. 


1051.70 
14,39 

II 137  .Ml 


88,90  Helms.  Corr. MJ 

1038,72 


Alan  fand  ebenso 


1051,70 
^  =  2,35273  (log.  0,37157). 

1  =  1,50257 
/'  =  1,53887 
r  =  2,35273 
J»=z  1,10310 

No.3        r-J        0,Si(H6      ,,,,„. 

=  l/TäETr  =  ».«77  =  1, 04447 

Im  Millol  =  1,01453 

Die  Rechnung  wird  noch  viel  erleichtert  durch  Anwrih 
düng  der  Gauss 'sehen  Logarithmen,  da  hei  der  ItereoV 
innig  J,  J\  J"  und  J"   stets  in  Logarithmen  bekannt  sind. 


Da  mau  bei  dieser  Methode  eines  coustanten  Wider- 
standes bedarf,  so  war  mein  erster  Zweck,  nachdem  die  In- 
strumente aufgestellt  waren,  die  Leipziger  Copien  in  dieser 
Hinsicht  zu  untersuchen.  Es  versteht  sich,  dafs  diese  nur 
bei  schwachen  Strömen  anzuwenden  sind,  bei  längerem 
Gebrauche  halle  Hr.  Quintus  Icilius  in  diesem  Falle 
dennoch  bei  Kupfer-  und  Platinadräbtcn  eine  Widerslauds- 
zunahuie  gefunden.  Liefs  sich  schon  hieraus  ableiten,  dafs 
man  sich  nicht  uubcdiugt  auf  die  Leipziger  Copien  verlas- 
sen konnte,  so  war  weiter  noch  folgender  Einwand  zu 
machen.  Für  jede  Copie  werden  zwar  die  Beobachtun- 
gen mitgelhcilt,  durch  welche  sie  mit  dem  Leipziger  Stan- 
dard-Etalon  verglichen  wurde,  aber  niemals  die  Temperatur, 
wobei  diefs  geschah.  Haben  beide  Copien  gleichen  Coef- 
ficienten  für  die  Widers tandszunahme  bei  Temperaturer- 
höhung, so  ist  diese  zwar  ohne  Einflufs  auf  ihr  Verhält- 
nifs;  da  jedoch  der  Widersland  der  Kupferdrähte  sehr  ver- 
schieden seyu  kann,  läfst  sich  diefs  a  priori  nicht  behaup- 
ten, und  um  so  weniger,  da  der  Jacobi'sche  Etalon  von 
Kupfer  und  die  Copien  von  Messing  sind.  Die  Zahl,  welche 
den  absoluten  Widersland  einer  Copie  angiebt,  gilt  also 
nur  bei  einer  bestimmten  Temperatur,  und  ist  für  jede  an- 
dere zu  grofs  oder  zu  klein,  und  da  weder  diese  Tempe- 
ratur, noch  dieser  Coefficient  bei  den  Copien  hekannt  ist, 
so  bleibt  es  unmöglich,  diese  Corrcction  anzubringen. 

Dieser  Fehler  ist  nicht  zu  vernachlässigen.  Gesetzt  man 
habe  einen  Kupferdraht  und  einen  von  Messing  von  genau 
gleichem  Widerstand  bei  25"  gefunden,  und 

z.B.  =19000.10'    """". 


so  werden  diese  bei  15",  wenn  man  nach  Arndtsen  für 
Kupfer  den  Coefficienten  0,0036  und  für  Messing  0,0016 
annimmt, 

PojgrndoriT»   \aoil.  Bd.  CX.  '$& 


der  Kupferdraht       =  18342  101 
der  Messingdraht     =  10702  10' 
Unterschied  =      360  10', 
d.  i.  nahe  jj^  des  ganzen  Werthes. 

Um  aber  die  Veränderlichkeit  der  Copien  mittelst  die- 
ser Methode  zu  untersuchen,  wurden  Copie  No.  3  aus 
Leyden  mit  Copie  No.  2  aus  Utrecht  unter  einander  vergli 
chen.  Von  diesen  war  die  erste  oft,  die  zweite  noch  nicht 
gebraucht  worden. 

Nach  den  Leipziger  Angaben  war: 
Widerstand  der  Leyden'schcn  Copie  No.  3  =60717   I01 
der  Utrecht'schen     »       No.  2  =60158  10' 
also 

~  =  1,00929. 

Die  directen  Vergleichuogen  am  28.  und  39.  Juni  ergaben 

28.  Juni  1,0777 

29.  -         1.  Ser.  1,0762 

2.  Ser^  1,0742 

ün  Mittel   ~|  =  1,07603 
Dieser   Unterschied   läfst  sich    unmöglich   durch   Beob- 
achtungsfehler  erklären,   und  zeigt  also,  dafs  die  Leyden'- 
sche  Copie  No.  3  durch  den  Gebrauch  sehr  an  Widerstand 
zugenommen  bat. 

Diese  Zunahme  wurde  noch  von  anderen  Beobachtun- 
gen angedeutet.  Wiederholt  war  mit  der  Levdner  Copie 
die  elektromotorische  Kraft  eiues  Daniell'schen  Elementes 
bestimmt.  So  fand  Bosfcba  vor  einigen  Jahren,  bei  An- 
wendung der  Leipziger  Angaben, 

e  =  10258   Iß- 
lm  Oct.  1858  fand  ich  9233  10: 
ImNov.lS59     «       ISosfcha        10008   I0: , 
welche  Differenzen   sich   mir   ans  Veränderungen   der  Co- 
pien erklären  lassen,   da  die  elektromotorische  Kraft  eines 
Daniell'schen  Elementes  gewifs  für  constaut  zu  hallen  ist. 
War   es   demzufolge  ausgemacht,   dafs   die   Copien   auf    I 


467 

die  Dauer  ihre»  Widerstand  ändern,  so  wunderte  mich 
dennoch,  dafs  die  Uebereinstimmung  der  Resultate 
28.  und  29.  Juni  nicht  gröfser  war,  da  die  Methode  zwei- 
felsohne eine  gröfscre  Genauigkeit  zuläfst.  So  lange  aber 
nur  zwei  Copien  verglichen  wurden,  war  es  unmöglich  zu 
ermitteln,  ob  diese  Unterschiede  den  Beobachlungsfehlern 
oder  Widerstandsänderungen  zuzuschreiben  waren.  Bald 
aber  ergab  sich  die  Gelegenheit  die  Untersuchungen  an 
Copie  5,  welche  dem  Deventer 'sehen  physikalischen  Ca- 
binet  gehört,  fortzusetzen. 

Man  konnte  nun  unter  einander  die  drei  folgenden  Co- 
pien vergleichen: 

Copie  No.  3  aus  Lejden       60717   10'   ",l"' 
■       No.  2    ■    Utrecht      60158  10s 

No.  5     ■     Deventer    59440  I0S    nach  den 
Leipziger  Angaben, 

Erst  wurde  No.  3  mit  No.  2  verglichen,  wobei  succes- 
sive  jede  allein,  beide  hinter  und  nebeneinander  in  die  Lei- 
tung gebracht  wurden.  Auf  gleiche  Art  wurde  No.  3  mit 
No.  5  und  No.  5  mit  No.  2  verglichen.  Eine  vollständige 
Bestimmung;  bestand  deuigcmäfs  aus  zwölf  Beobachtungen. 
Man  hat  hiebei  den  grofsen  Vortheil  die  Genauigkeit  der 
Beobachtungen  controliren  zu  können,  da  das  Yerhällnifs 
zwischen  den  drei  Copien,  deren  Widerslände  am  meisten 
verschieden  waren,  immer  dem  Producta  der  beiden  andern 
gleich  seyn  mufste. 

Es  ergaben  sich  folgende  Quotienten: 


1859. 

No.  3 

No  2 

Nu.  3 

No.3    No.8 

Conlrolc 

No.  2 

N.,  5 

No.  5 

No.2"No.5 

Nach  LripK.  Ang. 

1,00930 

1,01207 

1.02149 

11    Aug.   Vorm. 

1,01453 

1,00302 

1,01769 

1,04767 

0,00002 

-       ,       Niclmi. 

1,(14308 

1.00307 

1,04567 

1,04627 

O.OIIOfi» 

13    ■ 

1.(1 1)62 

1,00161 

1,0435.1 

1,04329 

0,00(125 

17     - 

1,04(133 

i.oftias 

1,04516 

1.04470 

0.000.16 

25     - 

1,04004 

0,98872 

1,02842 

1,02831 

0,00011 

Aus    diesen   Beobachtungen    kann    man   ableiten, 
der  Widerstand  des  Kupfers  eine  sehr  veTän4«xV«\«.^\1tSÄ 


468 

ist,  und  sogar  von  schwachen  Strumen  in  kurzer  Zeit  ver. 
ändert  wird.  Diese  Veränderlichkeit  erreichte  zwar  selten 
Tio  des  azeu  Wcrtbs,  weshalb  sie  auch  bei  Anwendung 
der  f  icd  wenig  genauen  Methoden  unbemerkt  bleiben 
mufstc;  wo  man  aber,  der  Controlc  geuiäfs,  wenigstens  auf 
tnW  gc"'il-:.  ist,  kann  mau  eine  Differenz  von  T&a  nicht 
länger  Beobachtiingsfehleni  zuschreiben. 

Man  ist  dann  wohl  genölhigl  diese  Ursache  in  einer 
änderten  moleculareu  Constitution  zu  suchen;  den  Tem- 
peraturveränderungen  ist  sie  keineswegs  zuzuschreiben,  di 
diese  nahe  Null  waren. 

Die  Zunahme  der  Leydencr  Copie  No.  3  ergiebt  sicli 
sowohl  aus  der  Vergleichung  mit  No.  2  als  mit  No.  5. 
Schwer  ist  es  aber  insbesondere  die  Veränderungen  der 
Copien  anzugeben,  da  man  sie  dazu  mit  völlig  constantca 
Widerständen  hätte  vergleichen  müssen,  und  hier  nur  Ver- 
hältnisse bestimmt  worden  sind,  deren  Veränderungen  sowohl 
in  der  einen  als  in  der  anderen  Copie  liegen  kann.  Da! 
regelmäßige  Abnehmen  der  Verhällnisse  i.—^  UDC^  n— T 
zeigt  aber,  dafs  No.  2  und  No.  5,  die  beide  nicht  oder 
wenig  gebraucht  waren,  eine  größere  Widerslandszunahine 
erfuhren  als  No.  3,  die  früher  schon  viel  stärker  expouirt 
worden  war. 

Von  dieser  letzten  No.  3  kann  ich  noch  Folgendes  be- 
merk cu. 

Der  Widersland  ist  nach  Leipziger  Augabe     60717    10s™ 

Beslhnuiung  Oct.   1858 68736    10* 

Nach  Vergleichung  mit  der  Ulrcchtcr  Copie 
No.  2,  welche  als  unverändert  betrachtet 
wurde,  Juni  1859 64718   10' 

Nach  Vergleichung  mit  der  Dcvenler  Copie 
No.  5,  welche  als  unverändert  betrachtet 
wurde,  II.  August  1859 62260   10s 

No.  3  war  an  diesem  Tage  auch  mit  der 
Vir.  Copie  verglichen-,  Aa  o\e&ti  äVjct  %eit 


469 

Juni  viel  gebraucht  worden,  konnte  man 

sich  auf  sie  weniger  verlassen. 
Bestimmung  4.  November  1859     61760    |     „__...  ,„, 
.  5.  -  -        62720    !     6224°  l° 

Hieraus  scheint  zu  folgen,  dafs  die  Leydener  Copie 
No,  3,  nachdem  sie  erst  durch  starke  Strome  von  8  bis  10 
Daniell'scbe  Elemente  sehr  au  Widerstand  zugenommen 
halle,  allmählich  zu  dem  vorigen  Betrage  zurückkehrte.  Von 
Juni  bis  August  hat  sich  der  Widerstand  viel,  und  von 
August  bis  November  nur  wenig  geändert,  wovon  die  Ur- 
sache vielleicht  in  dem  Umstände  zu  suchen  ist,  dafs  die 
Copie  von  Juni  bis  August  fast  nicht,  und  vou  August  bis 
November   oft  augewandt  worden  ist. 

Halte  man  also  schon  früher  gefunden,  dafs  man  sich 
auf  die  Dauer  nicht  auf  die  Leipziger  Copie  verlassen  konnte, 
so  folgt  aus  diesen  Bestimmungen,  dafs  sie  sogar  zu  ver- 
änderlich sind,  um  bei  eiuer  Methode,  die  leicht  eine  Ge- 
nauigkeit von  -riFViT  zulafst,  angewandt  werden  zu  können. 

Ohne  Zweifel  ist  die  Genauigkeit  aber  weiter  zu  führen, 
da  man  unter  ziemlich  ungünstigen  Umständen  beobachten 
mufsle.  Hie  Galvanometer  konnten  nicht  auf  isolirten  Sta- 
tiven aufgestellt  werden,  und  wurden  häufig  gestört  von 
vorbeifahrendeu  Wagen,  da  das  Local  mitten  in  der  Stadt 
gelegen  war.  In  dessen  Niihe  wurde  oft  gezimmert,  und 
überdiefs  machten  viele  magnetische  Störungen,  vorzüglich 
im  September,  den  Nullpunkt  oft  sehr  ungewifs.  Dieser 
wurde  immer  vor  und  nach  dem  SehlJefscn  des  Stromes 
»bgelesen,  und  wenn  eine  Differenz  sich  ergab,  wurde  das 
IMittel  genommen.  Nichts  versicherte  aber,  dafs  die  Nadel 
sich  regelmässig  forlbewegt  hatte,  und  war  dieses  nicht  der 
Fall,  so  wurde  immer  ein  fehlcrhafler  Nullpunkt  eingeführt. 

Hat  man  dagegen  ganz  feste  Stative,  empfindliche  Gal- 
vanometer und  starke  Fernrohre,  so  würde  diese  Methode 
vielleicht  ohne  Schwierigkeit  eine  Genauigkeit  von  ,  ,,,',„,, 
erreichen  lassen.  Vorteilhaft  ist  es  dann  aber,  den  Strom 
nicht  nur  in  der  Tangentenbussolc,  sondern  in  der  ^mslcw 
Leitung  umzukehren,   da  man  dann  auch  Uis  ä«ju  ^*V\A\.v^w- 


470 

dorn    Ite  Ausschläge  erhält,   und  Veränderungen   des 
an        grofsentheils  elirninirt  werden,  die  man  Übrigens 

m  .  idung  eines  dritten  Magnctometcrs  ganz  heraus- 

o^..al     .        inte. 

ergleiciit  mau   hiermit  die  Wcber'sche  Methode,  so 

a  diese  keineswegs  eine  grofsere  Genauigkeit  gewähren 
en.     Diese  hangt  ab  von  den  Ablesungen,  für  welche 
ii     i  zwar  bei  beiden   Metln  gleiche   Scale   und  Fern- 

ronre  anwenden  kann,  die  j  h  bei  der  beschriebenen 
Methode  Beziehung  haben  aut  die  ruhende  Nadel,  während 
bei  der  anderen  Methode  Elonj  Jonen  der  Schwingungen 
abgelesen  werden,  was  gewjfs  nicht  mit  gleicher  Genauigkeit 
geschehen  kann.  Aus  den  Tteobac  hingen  selbst  sind  die  Me- 
thoden nicht  zu  vergleichen,  da  eine  Vergleichung  zwisebeo 
den  Copicn,  wie  die  initgctheiltc,  bei  der  Weber'sehen 
Methode  nicht  vorlag. 

Zwar  kommen  die  zwei  Zahlen  aus  je  drei  der  vier 
Bestimmungen  bei  beiden  Methoden  immer  sehr  gut  übereil), 
aber  dieis  ist  nur  ein  sehr  schwacher  Beweis.  Von  den 
drei  gegebenen  Gröfscn  sind  in  beiden  Fällen  zwei  diesel- 
ben, und  ein  Fehler  in  diesen  zwei  Bestimmungen  ist  also 
ganz  ohne  Einllufs.  Ferner  ist  es  leicht  cinzuscheu,  dafe 
ein  Fehler  in  den  zwei  anderen  einen  nur  sehr  geringen 
Einllufs  auf  das  Resultat  haben  wird,  sogar  einen  ganz  ver- 
schwindenden, wenn  beide  Widerstünde  einander  gleich  sind. 
Wiewohl  immer  nur  schwache  Strome  angewandt  wurden, 
war  es  dennoch  der  grol'sen  Genauigkeit  wegen,  welche  die 
Methode  gewahren  kann,  der  Mühe  werth,  den  Einllufs 
der  vom  Strome  entwickelten  Wärme  zu  untersuchen.  Es 
stellte  sich  aber  heraus,  dnfs  diese  bei  nahe  gleicher  Grofse 
der  zwei  untersuchten  Widerstände  ganz  unmerklich  ist. 
und  dafs  es  nur  im  Falle,  wenn  diese  sehr  verschiedeu  sind, 
vorlheilhtift  sevn  kann  den  Zweig  a  Fig.  10  Tat.  II  in 
ein  Wasserbad  zu  stellen,  um  zu  grolse  Wnruiezuüahrac 
zu  verhindern.  Durch  den  Strom  werden  zwar  bei  jedem 
Etalon  Wärme  und  Widerstand  etwas  steigen;  macht  man 
den  Strom  aber  immer  von  %Yfc\c\\e*  Gitttttt  uud  Dauer,  so 


n  ird  .ml  li  diese  Zunahme  cunslant  bleiben.  Da  diese  und 
alle  übrigen  Corrcctioneu,  so  wie  die  beschriebenen  Resul- 
tate hier  nur  im  Auszuge  inifgetheilt  sind,  su  umfs  ich  für 
die  weitern  Details  auf  meine  Dissertation  hinweisen. 

4.  tlDIersuchung  des  Quecksilbers. 
Die  im  vorigen  Abschnitte  mitgetheilteu  Resultate  zeigen, 
dafs  bei  den  Leipziger  Etalons  aur  keinen  constauteii  Wi- 
derstand zu  rechnen  ist,  und  dafs  es  demzufolge  auch  un- 
möglich ist,  mittelst  dieser  Copien  den  absoluten  Widerstand 
des  Quecksilbers  zu  bestimmen.  Für  practische  Zwecke  ist 
diefs  auch  weniger  nothwenrfig,  da  man  nur  eines  conslanten 
Widerstands  bedarf,  um  zwei  verschiedene  Widerstände  ge- 
nau vergleichen  zu  können.  Da  nun  Kupfer  diefs  nicht  zu 
gewähren  scheint,  wollte  ich  Joule's  Beispiel  folgen  und 
Etalons  von  Quecksilber  anwenden,  bei  deren  Gebrauch 
es  aber  höchst  nolhwendig  war,  den  Coefficient  der  Wi- 
derstandsvermiuderung  bei  Temperalurzunahuic  zu  bestim- 
men, was  der  zweite  Thcil  dieser  Untersuchungen  war. 

Zu  dieser  Bestimmung  miifste  mau  den  Widerstand  einer 
Quecksilbersäule  bei  verschiedenen  Temperaturen  mit  eiueuj 
constantem  Widerstand  vergleichen  und  demzufolge  hier 
sogleich  Quecksilberetalons  anwenden.  Dieses  Metall  ist 
dem  Kupfer  für  diese  Zwecke  ohne  Zweifel  vorzuziehen,  da 
mau  hier  keine  Veränderungen  der  molcculareu  Constitution 
zu  fürchten  hat. 

Diese  Etalons  bestandeu  aus  zwei  Rarometerrühreu,  wel- 
che horizontal  auf  eiuem  Brett  befestigt  wurden  nud  de 
reu  Enden  verlical  umgebogen  waren.  In  diesen  wurden 
zwei  eiserne  Stäbchen  von  8""°  Dicke  befestigt,  welche 
oben  mit  zwei  kupfernen  Schrauben  versehen  waren  zur 
Aufnahme  der  Leitungsdrähte.  Der  obere  Theil  der  eiser- 
nen Stäbchen  war  mit  Firnifs  bestrichen,  damit  die  Ober- 
fläche des  Contacls  nicht  zunehme  bei  erhöhter  Tempe- 
ratur und  Ausdehnung  des  Quecksilbers. 

Die  früheren  Bestimmungen,  dieses  Guefticienlen  ergaben 
Edui.  Becqucrel  (I.00UV36 


Keiler 


0,W>\ttlä. 


Diese  stimmen  zwar  sehr  gut  übereiu;  die  geringe  Ueber- 
einstiinmung  ihrer  übrigen  Resultate  mit  denen  Arndtseu's, 
der  das  Quecksilber  nicht  untersuchte,  schwächt  aber  doch 
einige rmafsen  das  Zutrauen  zu  diesen  Angaben.  Um  so  we- 
niger war  also  eine  neue  Untersuchung  für  überflüssig  zu 
halten,  da  dieser  CoefGcient  beim  Gebrauche  der  Etaions 
seine  Anwendung  findet. 

Hierzu  wurde  eine  vielfach  umgebogene,  mit  Quecksilber 
gefüllte  Rühre  in  einem  Wasserbade  erhitzt,  und  sein  Wi- 
derstand bei  verschiedenen  Temperaturen  mit  den  Qucck- 
silberctalous  verglichen.  Das  Wasserbad  war  ein  kupfernes 
Gefäfs  mit  doppelter  Wand,  worin  das  mittelst  eiuer  Spi- 
ritusllamme  erhitzte  Wasser  fortwährend  in  Bewegung  ge- 
halten wurde,  um  die  Temperatur  gleichinüfsig  zu  halten. 

In  den  beiden  Eudeu  der  Rühren  befanden  sich  zwei 
eiserne  Stäbchen,  4"""  dick,  welche,  ausgenommen  au  ihrem 
unteren  Thcilc,  mit  Mastix  bedeckt  waren.  Die  freie  Ober- 
fläche des  Eisens  war  also  immer  unter  dem  Quecksilber- 
niveau, um  eine  Zunahme  des  Contacts  bei  der  Ausdeh- 
nung des  Quecksilbers  zu  verhindern.  Die  Stäbchen  selbst 
waren  oben  in  kupfernen  Schrauben  befestigt,  die  zugleich 
zur  Aufnahme  der  Leitungsdrähte  dienten. 

Die  Rühre  war  also  abwechselnd  in  oder  aus  der  Lei- 
tung, wenn  die  Leitungsdrähte  zugleich  oder  vermittelst  der 
Quecksilberröhre  verbunden  wurden.  Dadurch  wurde  aber 
keineswegs  der  reine  Widerstand  der  Säule  gefunden,  son- 
dern vermehrt  mit  dem  des  Eisens  uud  des  Contactes.  Des- 
wegen wurde  eine  zweite  Rühre  von  kürzerer  Länge  und  grö- 
fserem  Durchmesser  im  (.Kalorimeter  neben  der  anderu  auf- 
gehängt, und  gleichfalls  mit  zwei  eisernen  Stäbchen  ver- 
sehen. Im  Ganzen  hatte  man  also  vier  eiserne  Stäbchen, 
die  sich  aus  dem  Calorimeter  erhoben. 

Der  galvanische  Strom  wurde  nuu  entweder  durch  die 
eine  oder  die  andere  Rühre  geleitet,  wobei  die  gleiche 
Grüfse  der  vier  eisernen  Leiter  erlaubte,  deren  Widerstand 
und  den  des  Cotitacts  in  beiden  Rühren  einander  als  gleich 
zu  betrachten.    Der  gefundene  Widerstand  bezieht  sieb  dann 


auf  den  Unterschied  beider  Rühren,  und  also  auf  eine  von 
bestimmter  Gröfse,  deren  Dimensionen  man  aber  nicht  zu 
kennen  braucht,  da  nur  das  VcrhäUnifs  der  Widerstände 
bei  verschiedenen  Temperaturen  gesucht  wird. 

Zwei  der  eisernen  Stäbchen  einer  jeden  Röhre  waren 
mittelst  einer  kupfernen  Schraube  unter  einander  verbunden, 
welche  letztere  zugleich  zur  Aufnahme  einer  der  Leitungs- 
drähte diente.  Diese  Schliefsuug  blieb  während  der  Be- 
stimmungen unverändert.  Die  zwei  andern  waren  aber  jede 
mit  einer  Schraube  versehen  zur  Aufnahme  des  anderen 
Leitungsdrahtes,  den  mau  also  nur  aus  der  einen  in  die 
andere  Schraube  zu  setzen  hatte,  um  den  Strom  durch  die 
lange  oder  kurze  Quecksilbersäule  zu  führen. 

In  dem  (.Kalorimeter  hingen  zwei  Thermometer,  die  öfters 
während  der  Beobachtung  abgelesen  wurden. 

Ist  nun  der  Widersland  gleich  W  bei  0",  und  gleich 
W  bei  (,  so  ist 

ir  =  Ci-r-«o  w> 

die  Widerstandszunahme    für  einen  Grad   ist.     Des- 


wo 
halb  ist 


\W  )    t 


Folgende  Correctioncn  wurden  nun  angebracht: 

1.     Die  Ausdehnung  des  Glases.     Sej  diese   ß,  so   lin 


.  " 


W  . 


Für  ß  wurde  ein  mittlerer  Werth  =0,0000085  auge- 
wandt. Mau  halte  keine  Gelegenheit  diesen  Coefficient 
direct  zu  bestimmen,  und  der  geringe  Betrag  der  Correction 
macht  auch  eine  gröfsere  Genauigkeit  überflüssig. 

2.  Bei  der  Beobachtung  wurde  der  Unterschied  der  Wi- 
derstände beider  in  den  Calorimeter  gestellten  Bohren  be- 
stimmt, welche  Differenz  nur  dann  eine  bestimmte  Gröfse 
haben  wird,  wenn  beide  Quecksilbersäulen  gleiche  Tempe- 
ratur haben.  Da  diels  gewöhnlich  nicht  ganz  genau  dex 
Fall  war,  mufstc  eine  Correction  anscbtödA'WCT&fc»,  vsä&< 


von  den  Dimensionen  beider  Rühren  und  ihrem  Tempera- 
turunterschied abhängt.  Bei  der  Berechnung  ergab  sieb 
diese  als  gering,  und  kam  auch  nur  in  einzelneu  Füllen  in 
Betracht. 

3.  Die  Temperaturen  wurden  mittelst  zwei  Thermo- 
meter von  Fastre  No.  28  und  No.  31  bestimmt,  welche 
mit  einer  arbiträren  Thcilung  versehen  waren.  Nach  den 
Aufgaben  Fnslrc's  wareu 

No.  28  No.  31. 

Kochpunkt         568,2  617,2 

Gcfrierpuukt        93,5  146,5. 

Bei  einer  wiederholten  Bestimmung  ergab  sich 

567,7  617,4 

93,7  147,0, 

welche  Zahlen  sehr  gul  mit  den  früheren  übereinstimmen. 

Noch  inufstc  eine  besondere  Correction  au  deu  Beob- 
achtungen angebracht  werden,  da  die  Thermometer  sich 
ihrer  Länge  wegen  immer  theilweise  aus  dem  Calorimeter 
erhoben. 

4.  Die  Etalons,  mit  welchen  die  Calorimetcrröhre  ver- 
glichen wurde,  mufsteu  immer  auf  gleiche  Temperatur  re- 
ducirt  werden.  Sey  W  der  Widerstand  bei  0",  und  W 
bei  f",  so  ist 

1T=  W(H-aO—  W(  1+0,00090. 
Bei  den  Bestimmungen  waren  immer  drei  Beobachter 
erforderlich,  einer  für  den  Multiplicator,  einer  für  die  Tan- 
gen teil bussolc  und  einer  für  die  Thermometer,  welche  drei 
Instrumente  immer  gleichzeitig  abgelesen  wurden.  Die  Cor- 
rection No.  4  war  meistens  unmerkbar.  Die  Beobachtun- 
gen geschahen  bei  sehr  aneinanderliegenden  Temperaturen, 
da  sonst  die  Beobachtungsfchler  zu  grofs  wären. 

Als  Beispiel  theileu  wir  hier  die  Beobachtung  vom 
31.  August  mit. 

Die  Röhre  wurde  verglichen  mit  Elalon  A. 
Temp.       18°  14  63°  90  80,00 

~        1,02341  1,06451  1,07602 

Corr.TSo.t=        _% 

XjtöViÄ 


475 


Temp-Uot.  jjp-—  1  GLueorr.  at  a 

45°  76        0,04019        0,00034    0,04053    0,000685 
61"  86        0,05140        0,00034    0,05194    0,000839 

C  bedeutet  den  Widerstand  der  Quecksilbersäule  im 
Calorimeter,  A  den  des  Etalons,  Diese  Verhältnisse  wurden 
auf  die  nämliche  Art  wie  bei  der  Vergleichung  der  Co 
pien  bestimmt. 

Auf  gleiche  Weise  wurde  der  Coefficient  an  den  an- 
dern Tagen  bestimmt,  deren  nähere  Details,  so  wie  die  der 
Correctiooen  in  meiner  Dissertation  beschrieben  sind. 

Man  erhielt  folgende  Bestimmungen: 


18d9, 

IW. 

Obere 

Unler- 

Coüf- 

Amalil  d. 

Gewicht 

T.rap. 

Tcmp. 

.cbied 

ficient 

Bestimm. 

31.  Aug. 

18°,U 

63,90 

45,76 

n.oruwsf. 

2 

3 

80,00 

ei;se 

IMIIKIVW 

2 

4 

7.  Sept. 

8  ,50 

91,10 

82.60 

n. VSI 

1 

5 

15  ,08 

76,02 

ip.uoi.ifi2-; 

5 

7  ,01 

64,71 

57,67 

ll.fMPMhh! 

2 

2 

89.77 

82,73 

<k :ii>-i 

2 

3 

15  ,37 

64,71 

49,34 

IP.-JUUM:. 

2 

t 

89.77 

71,40 

(1.1  II H  (172 

2 

3 

8.      ■ 

16  ,29 

66,57 

50,28 

0, P-S-1S 

3 

5 

12.     - 

2  ,24 

89,47 

87,23 

II.OIIIPM.I.S 

6 

3 

2  ,99 

87,64 

84,65 

0,000*7  7 

4 

" 

Im  Mittel  a  =  0,000860  wobei  die  Gewichte 
in  Betracht  (exogen  und. 

Diese  letzteren  sind  folgender  Weise  berechnet.  Da  die 
Gewichte  vom  Temperaturunterschied  der  Beobachtungen, 
so  wie  von  deren  Anzahl  abhängen,  wurden  diese  beiden 
in  einander  inultiplicirt,  und  von  Zahlen,  welche  den  Pro- 
ducten  nahe  proportional  sind,  ersetzt  Am  7.  September 
wurden  die  Gewichte  aber  in  zwei  gelheilt,  da  jede  Beob- 
achtung zweimal  angewandt  wurde  bei  der  Vergleichung 
der  Ca lori meterröhre  mit  den  beiden  Etalons,  und  beson- 
dere Umstände  nötbigten  mich  der  ersten  Beobachtung  vom 
12.  September  ein  geringeres  Gewicht  beizulegen. 

Aus  diesen  Bestimmungen  scheint  zu  folgen,  dafs  die 
Angaben  Becquerel's  und  Müller's  zu  grofe  eivid,  \ivA 
gleichfalls,  dafs  die  von  Clausius  bei  deu  C.<&SSm»«s&s» 


der  UbrigeD  Metalle  gefundene  Uebercinstimmung,  für  das 
Quecksilber  wenigstens  nicht  gültig  ist. 

Wenn  man  nun  diesen  CoeTficicnteu  zur  Reduction  der 
Quecksilberetalous  auf  gleiche  Temperatur  in  Anwendung 
bringt,  wird  man  wahrscheinlich  der  Wahrheit  ziemlich  nahe 
kommen,  da  hier  nur  geringe  Temperaturunterschiede  vor- 
kommen. 

Als  allgemeine  Resultate  kann  mau  folgende  aus  diesen 
Bestimmungen  ableiten: 

1.  Der  Widerstand  eines  Metalldrahtcs  ist  sowohl  von 
seiner  chemischen  als  physischen  Constitution  abhängig,  und 
kann  sogar  in  kurzer  Zeit  von  schwachen  Strömen  verän- 
dert werden. 

2.  Die  Methoden  der  Widerstandsbestimmung,  wobei 
der  eine  Widerstand  von  dem  andern  gemessen  wird,  sind 
zu  verwerfen. 

3.  Die  Widerstände  müssen  gemessen  werden  durch 
die  Stromstärke,  welcher  Bedingung  die  Weber'sche  und 
die  B os fc ha' sehe  Methode  beide  entsprechen.  Der  leichtern 
Ablesung  wegen  wird  aber  letztere  eine  grüfsere  Genauig- 
keit gewähren,  und  sie  verdient  auch  deswegen  in  practiseber 
Hinsicht  den  Vorzug,  da  bei  ihr  die  Berechnung  der  Re- 
sultate viel  kürzer  ist. 

4.  Die  Leipziger  Copien  können  nicht  als  von  constan- 
tem  Widerstand  betrachtet  werden  und  es  wäre  vorteilhaft 
sie  durch  Quecksilberetalous  zu  ersetzen. 

5.  Der  absolute  Widerstand  des  Quecksilbers  läfst  sich 
schwerlich  durch  Vergleichung  mit  den  Leipziger  Copien 
bestimmen. 

6.  Der  CocTficient  der  Widcrstaudszunahme  des  Queck- 
silbers bei  I"  Temperaturerhöhung  kann  vorläufig  gleich 
0,000860  gesetzt  werden. 

Februar  1860. ') 

1)  Bemerken  muh  ich  hier,  dili  dem  Hrn.  Xtrhster,  wr  Zeil  der  Ein- 
sendung dei  vorstehenden  Anfall«,  die  damali  el.cn  Im  Druck  begriffene 
Arbeit  des  Hrn.  Siemens  (Seilt  1  u,  IT.  dies«  Bind«)  noch  nicht  bc- 
kannt  seyo  konnte.  P. 


477 


VIII.     Ueber   die  Mamma   des  gebeugten  Lichtes 

und  Functionen  der  Form ; 

x 

von   E.   Bacaloglo    in    Leipzig. 


I.     JL/ie  den  Maxima  der  Function  *-^  entsprechenden 

Werthe  des  Bogens  x  besitzen  die  merkwürdige  Eigenschaft, 
gleich  der  Tangente  desselben  zu  seyn.    Denn  man  findet 


d  ßmX 

x           xcosx  — 

»inx 

dx     ~            x1 

und  als  Bedingung  des  Maximums 

x  =  tanga? 

•   d"). 

Daus  die  entsprechenden  Werthe 

von 

»inj; 

X 

» 

Maximalwerte 

sind,  ergiebt  sich  aus 

x               *   , 

, —  =  —  — -  ttrcn*  /«— ii 

sin  tn) 

sinx 

indem  für  a?cos&  —  sinn  =  0  der  zweite  Differentialquo- 
tient das    entgegengesetzte  Vorzeichen    hat    von  dem  der 


sinx 


Function  — . 

X 

Man  wird  erkennen,  dafs  x  eine  gewisse  Anzahl  n  von 
halben  Kreisumfangen  enthält  und  wenn  z  einen  Winkel 

<4r  bezeichnet,  so  ist 

x  =  ti7i-l-  z  =  tang* (2). 

Um  aus  dieser  Gleichung  eine  algebraische,  zur  Berech- 
nung von  z,  zu  erhalten,  wird  man,  da  *  >  ~-  ist,  -£  —  z 
in  eine  convergente  Reihe 

-  —  *_cotg*  —  -3- +  -5 5-  +  ... 

oder 

(,  +  _)*_*  =  ___  +  ___.*._    w> 


478 

cnt 

Da  die  Reihe  eine  ziemlich  stark  fallende  ist, 

o 

i  gleich  mit  dem  ersten  Clicde  abbrechen  und 

es  wu 

(„  +  -i)„-*  =  i (4). 

Hierai 

nit  Aasschlufs  der  negativen  Wcrthe  von  s: 

.-(, 

-     "-„■•  r_, 

r-           —  0,4052847015]  ^     (5), 

oder,  wenu  i 

nan  die  Wurzclgrüfse  in  eine  Reihe  entwickelt, 

x  =  (n-t 

l                      1    1 

l\                    3                        2  '4 

(--4)1  w+m 


l^  1.3.5 

'l  "4.6.8 


K-+m'  [(«-äH1 


Um   den  Grad   der  Annäherung   dieser  Formel 
rechnen,  darf  man  nur  die  richtige  Gleichung 


-  x_= 1 


(6). 
II   bc- 

(7) 

auflösen,   wo   e  eine  positive  Zahl  ist  und  die  Summe  der 
vernachlässigten  Glieder  der  Reihe  (3)  bedeutet,  d.  i. 
__    1         /  1  l  \        /  1  i     \ 

*  —  3x'~  Ux> ~  ix1)  ~  U? ~  ii*" )~  •• 


(.+1). 


(8). 


Aus  (7)  folgt 


-.=(»+sL)f+i+V[(.+i)~+i]--i; 

oder 


479 


*,  =  (»+5-)*  +  «  —  7 — I 


2 

2 


(■Hr)f+-i 


2     4 


JL  L? 

2    4.6 


woraus  in  Verbindung  mit  (6) 


x.  —  x  =  e  •+•  -s- 


'  *  [F51T  "  K"4)'wr] 


2    i 

2 


1     1.3 
2 


:'ft(-4)f]'  K-+m+ü']+'" 


Es  ist  demnach 


x  —  x < c-f-  -s- 


^[(■4)t 


(■■4) 


It-t] 


l( 


MtF  K"4)*r 


8 


•••] 


oder  auch 
a?,  —  x  <  6  •+• 


MW]* 


.  .  .    I  , 


(KTHK-+T)""] 

1  1 


("+t)-'[(-4)"]*-« 


1 


(«+t>+«  [(n-|-i)"-v*\ -^ 


.    C»V 


480 
iclie  Weise  ergiebt  sielt 


j-  Hr[,+H(-4)i]'''[(4)f]'1"] 


-in   *[("+l)f+i]' 


[(■+tM[(-H)~H 


Berechnet  mau  also  £  aus  der  Gleichung 


(10). 


«  =  37-.-? <•'>' 

genau  bis  auf  0,000005  für  den  ungünstigsten  Fall  n  =  1 
und  addirt  den  Ausdruck  €+,-     ■--,--    ,— *-      ■. -  zu 

[(■-Ö-HO«-*)--] 

dem  aus  (5)  oder  (6)  mit  derselben  Scharfe  gefundeneu 
Werth  von  x,  so  crliält  man  eineu  von  dem  wahren  Werthe 
um  eine  Grofse  differirenden  Werth,  welcher  kleiner  ist 
als  die  Differenz  der  iu  den  Ungleichungen  (9),  (10)  rechts 
stehenden  Gröfsen,  also  für  n=  I,  kleiner  als  2".  Es  ist 
demnach  der  vollständige  fVasdracV.  für  sc 


481 


4 


£:=(  fl-^ — 1JI— —  , 


1^3  1.3.5 

4.6  .  4.6.8 


Mil"    K-4)ir 


«   \1  + 


K*«4HK*«4)-H' 

-  (1    JL.W—  —  f06366198  j.  0*3580117        0,2091368 
— :(*n+i;2  V  2*-f-l  (2n-+-l)s  "*"  (2n-f-l)s 

0,2118998        0,2404633  \        /  J 1\ 

+  (2n-+-l)7  H"(2»-f-l)9  "1""V"f"  V3*8        5xV 


( 


1+  z z r\   ....      (12). 

[(2»-f-l)f  J.[(2n+l)^-h,]y 

Die  in  den  Klammern  stehende  Reihe  ist  leicht  zu  be- 
rechnen und  da  jedes  Glied  derselben  gröfser  ist  als  die 
Summe  sämmtlicher  folgender  Glieder,  so  kann  man  mit 
demjenigen  Gliede  abbrechen,  welches  die  gewünschte  An- 
näherung giebt.  Bei  der  Berechnung  des  Correctionsglie- 
des  wendet  man  den  aus  der  Reihe  folgenden  genäherten 
Werth  von  x  und  nötigenfalls  die  bekannten  Annäherungs- 
methoden an.     Es  braucht  übrigens  kaum  bemerkt  zu  wer- 

180° 
den,  dafs  man  die  gefundenen  Resultate  mit  multipli- 

ciren  mufs,  uro  dieselben  in  Grade  ausgedrückt  zu  erhalten. 
Auf  dieselbe  Weise  sind  folgende  Werthe  von  x  berechnet; 
die  Intensitäten  u,  ti*  folgen  aus  Formel  (14). 

n=l;  x=  4,493408=   257°  2712" 
n=2;  x=  7,725256=  442°3728" 
n=3;  a?= 10,904 130=  624°45'36"[   mit  einem 
<13)       )n=4;  x=  14,066198=  805°56'   l"[FehIer<r 
n=5;  x— 17,220760=  986°  40*36" 
n=6;  a?=20,371308=1167oll'23" 

PoggendorfT»  Anoal.  Bd.  CX.  %V 


=  +  0,12837 
=  —  0,09132 
=  +0,07091 
—  _  0,05797 
=  +  0,04903 

II.     Das  Obige  läfst  sieb   unmittelbar  auf  die  Maxima 
der  durch  die  Formeln 


-Pf*) 


L-™-J 


gegebenen  Vibration-  und  Lichtiulensität  des  durch  einen 
schmalen  Spalt  gebeugten  Lichtes  nnwenden.  Es  bezeichnet 
darin  y  die  Breite  des  Spaltes,  '/'  den  Bcngungswmkel, 
X  die  Wellenlänge  und  die  Ebene  des  Schirmes  wird  senk- 
recht auf  der  Richtung  der  einfallenden  Strahlen  angenom- 
men. Es  ist  in  diesem  Falle  x  =  "???"*■  zu  setzen,  woraus 
man  die  den  Maxima  entsprechenden  Werthe  von  ty,  w 
und  u*  berechnen  kann;  diese  letztern  sind  in  obiger  Ta- 
belle angegeben. 

Die  Bedingung  des  Maximums 

Hti=l»8(5?-)     •     ■    •     ■    (15) 

führt  zu  dem  streng  geometrischen  Beweise  des  empirisch 
aufgestellten  Salzes,  dafs  die  Maxima  nicht  genau  mit  einer 
ganzen  Anzahl  2n  +  l  von  ~  zusammenfallen,  indem  als- 
dann die  Tangente  unendlich  wird,  also  nicht  dem  entspre- 
chenden Bogen  gleich  sc  vn  kann ;  der  physikalische  Grund 
dieses  Phänomens  ist  jedoch  zu  suchen.  Denkt  man  sich  das 
durch  den  Spalt  gehende  Licht  in  (2n+l)  Strahlenbündel 
gctheilt,  so  ist  es  wahrscheinlich,  dafs  bei  einem  Gangun- 
terschiedc  der  äufsersten  Randslrahieu,  welcher  um  ein  wenig 
<  (2n  -f- 1)  ~  ist  (resp.  Phasenunlerschied  <(2fl  -+- 1)  y),    I 


483 

zwar  ein  kleiner  Tlieil  des  (2n+I)"'  Lichtblind  eis  durch 
die  nicht  vollständig  vernichtete  Wirkung  der  2  n  übri- 
gen Lichtbüudel  zerstört,  dieser  Verlust  jedoch  von  der 
bei  wachsender  Neigung  (wenn  also  der  Gangunl erschied 
=  (2n+l)-5-  ist)  stattfindenden  Abnahme  der  Lichtiuten- 
.-■■iliii  übertroffcu  wird,  so  dafs  also  im  ersteren  Falle  die 
Lieh tintensi tat  doch  am  gröfslen  ist.  Bei  wachsendem  Beu- 
gungswinkel  (resp.  Gang-  und  Phasenunterschiede),  wird 
die  durch  eine  kleine  Verminderung  desselben  gewonnene 
Lichtstarke  um  so  kleiner,  und  deshalb  treten  alsdann  die 
Maxima  den  Wertben  (2m-l)  —  oder  (2n  + 1) -^- immer 
näher.  (Vergl.  Billet,  (reife  d'optique  physique  T.  I,  p.  203.) 
Es  läfst  sich  jedoch  dagegen  einwenden,  dafs,  da  bei  der 
Berechnung  der  Formel  (II,)  die  aus  der  Neigung  der  Strahlen 
folgende  Lichlabnahme  nicht  berücksichtigt  worden  ist,  jene 
Formel  nicht  auf  Resultate  J.U  deuten  vermag,  welche  von  die- 
ser letztem  Ursache  herrühren,  so  dafs  jenes  Zusammen  tref- 
fen des  geometrischen  mit  dem  physikalischen  Grunde  als  ein 
blols  zufälliges  anzusehen  ist.  Es  folgt  ferner  ausSchwerd's 
directen  Beobachtungen  der  den  Minima  entsprechenden  Win- 
kel if-'i,  ».",  ■ .  -,  dafs  diese  auch  gewisse  Abweichuugen  von 
der  Theorie  darbieten.  Diese  Minima  von  >p  sind  nämlich, 
der  Theorie  zufolge,  durch  die  Formel  -}-"!^-  =  mn.  ge- 
geben, woraus,  für  vi—\,  =2..., 

fim"..  =2.=i!ii.»1,  sin'",  =  3  sin?.",,  sin  i/>,  =  4  sin  i/i,  .  . . 
und,  da  i/><90°: 

9.>l?n  V.  >3V»  y«>4V*  •■■ 

Es  ist  aber  nach  Schwerd  (die  Beugungserscheinungen 
S.  32)  für  weifses  Sonnenlicht 


I. 


,353 

1'28" 

2,56" 

4' 181 

,810 

2  30 

4  52 

7  22 

,689 

2  46 

5  28 

8    5 

f* 


Durch   rolhei   Gl» 


1     ,274       I  47        3  38       5  VI 


: 


484 

welcher  Tabelle  offenbar  das  entgegengesetzte  Resultat 
sieb  ergiebt,  dafs  nämlich 

y/,  <2»/<1,  ys  Oi/),,  V,  <4y,  ... 
mit  Ausnahme  ciues  einzigen  Falles:  2'56"=  2xl'28",  wo 
aber    sin  2'  56"  -<  2  X  sin  1'  28"    ist.     Daraus    folgt    aber 
x^dv^  so  dafa  Tr»"v.  ->  ,80,    8eyu  muts 

da  im  entgegen  gesetzten  Falle  der  Ausdruck  ??-*">y*l  für 
ein  hinreichend  grofses  n,  von  nn,  also  auch  h  nach  (14) 
vom  Minima Iwerthe  sehr  abweichen  würde.  Dadurch  wird 
die  Annahme  sehr  wahrscheinlich  gemacht,  dafs,  wenu  die 
Mnxiiua  etwas  nach  links  verschoben  werden,  so  sind  es 
auch  die  Minima  nach  rechts.  Diese  Anomalien  liefsen  sich 
dadurch  erklaren,  dafs  jeder  Punkt  des  Spcclrums,  streng 
genommen,  nicht  von  einem  parallelen  Sirahlenbündel  ge- 
troffen wird,  dafs  also  Strahlen  von  verschiedener  Licht- 
stärke interferiren.  Wenn  das  Gesetz  der  Lieb  tabu  ahme 
bekannt  wäre,  so  würde  man  natürlich  auf  von  (14)  ver- 
schiedene Formeln  gelangen.  Nimmt  man  beispielsweise  an, 
dafs  die  Vibralionsintensitat  einer  Potenz  des  Cosinus  des 
Neigungswinkels  proportional  sey,  so  sind  alsdann  die  zur 
Auffindung  der  Formeln  (14)  dienenden  Integrale  (Fig.  I 
Tat  VIII). 

M=cosy>J  JL2Ü—2I  +  cos!,"  fdxsin2axcoBE, 

'  (16). 


N=cosi[>J  ---°lm  ax  +  cos  \j>J dxconl 


aa;cos*£     V 


wo  zur  Abkürzung  a  =  — "'"*,  oder  allgemeiner 

a  =  y  (sini//  —  sin#) 

gesetzt  ist  und  e  die  Abweichung  der  in  den  Punkt  D  des 
Spectrams  zusammenlaufenden  V.w.VA&\T&Meu  von  der  Rieh- 


485 

tung  des  mittlereu  Strahles   MD  bezeichnet     Man  findet 
ferner 

(f-*)cos„ 

tang  c  = - 

und  hieraus   mit  Vernachlässigung  der   höheren  Potenzen 

des  senr  Kiemen  urucnes  = und  wenn  zur  Ab- 
kürzung ias^y   gesetzt  wird: 

«r.=Bl-»(i-.)\      i;  =  l+»(f— )'. 

und 

M=coB\p\J  dx&in2ax+bjdx$iü2ax(j-  — aA 

—  bfdxain2ax  (y  ■—  a?)  j, 

fr 

N  =  co&xp\Jdxco$2ax+b/dxco&2ax(^-^-x\ 


u 


i#cos2ax(-|- —  aA  J; 


iL 

2 


woraus  nach  vollzogener  Integration 
*f=cosi//|-^+TT(y'  —  j)cos*ar 

+  Ti(7""^8iua0cosayl, 

>  /j[7) 

»»  .  (nnaycosav  I     ^  /    •  ^\     .     ^       - 

iV=co8i//j — ^ —      TT v    ""  j)9inar*0*ar 

~  T?  (t  —  r8"10?) 8ina^  i' 

und  zuletzt 


(18 


(18)    U=BV»'+1V' 

=  B^^\  sin* «y  +  T-^Cf  2  —  i\coear+l—arE>aa7) 

wo  li-   die  Intensität  des  einfallenden  Lichtes  bezeichnet. 

Aus  dieser  Formel  folgt  1)  dafs  die  Masima  und  Minima 
von  u  und  u3,  streng  genommen  von  denen  aus  (14)  fol- 
genden etwas  verschieden  sind;  2)  dafs  an  den  Minimal- 
stellen keine  absolute  Dunkelheit  stattfindet,  da  die  Wur- 
zelgröfse,  mit  Ausnahme  des  einem  Maximum  entsprechen- 
den Falles,  wo  a  =  Ö,  sonst  nie  =  0  werden  kann.  Diefs 
wird  einigermaßen  dadurch  begreiflich  gemacht,  dafs  man 
bei  der  Annahme  von  nicht  parallelen  Sirahlenbündel,  es 
nicht  dahin  bringen  kanu,  dafs  sammtliche  Strahlen  sich 
paarweise  vernichten,  indem  dazu  für  jedes  Strablenpaar 
ein  gehöriger  Unterschied  des  Ganges,  der  Vi b ratio usinten- 
silat  und  Richtung  erforderlich  ist.  Da  indessen  das  zweite 
Glied  unter  dem  Wurzelzeichen  eine  sehr  kleine  Gröfse 
ist,  so  wird,  da  mau  für  kleine  Beugungswinkcl  cos*/'  als 
couslant  betrachten  kann,  die  Formel  Ali  iu  allen  Fallen 
ausreichen.  Es  genügt  hier  auf  die  wahrscheinlichste  Ur- 
sache hingewiesen  zu  haben,  aus  welcher  gewisse  Anoma- 
lien bei  der  Anwendung  der  Formel  (14)  herrühren  können. 
Die  Formel  (18)  zeigt  noch,  dafs  u  als  die  Resultireude  der 
beiden  Componeuten 


""-£?[— ?+(^)  -2'-^J 


augesehen  werden  kauu,  welche  nicht  zugleich  ihre  Mai 
und  Minima  erreichen. 


1*7 


Aus  (15)  ergiebt  sich,  wenn  0  die  Phase  bedeutet,  noch 
folgender  interessanter  Satz: 

^cosöoder^^^      .    .    (19), 

so  dafs  im  Falle  eines  Maximums,  die  der  Phase  6  entspre- 
chende Lichtintensität  gleich  der  der  doppelten  Phase  ent- 
sprechenden Vibrationsintensität  ist 

Die  Aufsuchung  der  Maxima  der  Function. 

*in|^(«int/;— «io*)l 

u=-j^ i      ....    (20) 

ist  ebenso  leicht  and  man  findet  als  Bedingungsgleichung 

p(sint/>— sin^)  =  tangf^(8in^— sin/)]       .    (21) 
indem  das  Nullwerden  der  partiellen  Difierentialquotienten 

^ =  fcosy,     j-x =  -fcOS* 

für  den  hier  behandelten  Fall  keine  Bedeutung  haben  kann. 
Bezeichnet  a>  die  aus  (12)  folgenden  Werthe  von  x,  so  ist 

^(sint// — sin£)  =  a>,  oder  sini// —  sin;f  =  —      (22), 

und  man  bestimmt  daraus  den  einen  der  beiden  Winkel 
tp,  %,  wenn  der  andere  gegeben  ist. 

III.    Das  durch  eine  parallelogrammartige  Oeftnung  ge- 
beugte Licht  wird  durch  die  Formel 


.   (na  \  /nb  .  \ 

«öl  —  sin <p sin t/;  1       sin I  -r~  *"*X *ID  V  I 


U  —  B—^ -X — V •    (23) 

n*  .  nb   .  x      ' 

—  $m<pnntp  — j-  «n  x  **n  y 

bestimmt,  wo  a,  6  die  Seiten  des  Parallelogramms,  \p  den 
"Wjnkel  zwischen  der  Ebene  des  Schirmes  und  einer  auf 
den  gebeugten  Strahlen  senkrechten  Ebene  und  qp,  £  die 
zwischen  der  Durchschnittslinie  dieser  beiden  Ebenen  und 
den  Seiten  a,  b  des  Parallelogrammes  eingeschlossenen  Wic- 
kel bezeichnen,  und  das  einfallende  Lichl  *ei&xtt&&  «&  tat 


48S 

Ebene   des   Schirmes  gedacht    wird.     Bemerkt    man,   dafe 
y>  —  #  =  *.  wenn  t  den  Winkel   des  Parallelogrammen  be- 
zeichnet,   dafs   also  w   von   zwei   indcpcndetilen   Variabelu 
abhängt,   so  findet  mau  als  Bedingungsglcicliuogeii    für  das 
Maximum 

Ina   .                         /na   . 
1  t-  sin  <f  sin  yi  cos  1  —  siu  if  s 

°v) 

1 

—  siu(y  sinysi 

"0]B'n(l 

-  sin/sin  t// 

taug* 

It.*    . 

-f-  1  —  sm^sim/) 

cos  (y 

sin* 

,„,,,) 

—  sin  (  y  sin  £  sin 

t/')]sin(y 

äiaysin^ 

laugf/- 

=0, 

l^-Binr/sinM'Cosf  ^— siin/isiniM 

—  sin  (J—  sin  tp  sin  \p  \  1  s 

»(i 

■    Ä 

sin^sni'" 

+  [y  sm^siui/r 

cos  ( — 

nag 

s'miti  \ 

.     /ah  . 
—  sin  (— sm^su 

r* 

■(" 

simr-sint/j 

=  0, 

welche  Gleichungen  nur  < 

gleich 

nun  bestehen  können 

wenn 

VI- 

^siuysim//cns  (  —  sin^siui/M  — 

sinf- 

— fiinif  sinr^  J  =  0, 

(M) 

Ysiu/sint^cosf^-sio^siii 

/')  — Si"(y 

sin/sin  i/' 

=  ü 

ist.     Dar 

ms  folgt  nach  I, 

wo  für  x,,  x,  die  nach  Formel  (t2)    in  der  Tabelle  (13) 
berechneten  Werthe  zu  nehmen  sind.     Es  folgt  ferner 


(26), 


und  mithin   auch   1/1   berechnen    kann. 

1  Werth  van  xv  alle  Werlhc  von  xit 
so  erhalt  man  eine  Reihe  mit  doppeltem  Eingänge,  der  dop- 
pelten Periodicität  der  Function  (23)  entsprechend. 

So  wie  für  die  Minima,  ist  es  auch  hier  leicht  nachzu- 
weisen, dafs,  wenn  mau  sich  das  riiumlichc  Gebilde  auf 
der  Ebene  des  Schirmes  orthographisch  projicirt  denkt,  die 
Maxiina  der  Lichtstärke  durch  die  Durchschnit  Ispunkte  zweier 
Systeme  von  parallelen  Geraden  bestimmt  werden,  welche 
auf  die  Seilen  des  Parallel logramms  senkrecht  stehen;  ihre 
respectiven  Entfernungen  vom  Ccntralmaximuui  werden 
durch  die  Wcrthe  von  xt  uud  »,  bestimmt.  Bezeichnet 
nämlich  NP  (Fig.  2  Taf.  V11I)  die  UurcbschuitLsliuie  der 
Ebene  des  Schirmes  mit  einer  zu  der  Richtung  des  gebeug- 
ten Lichtes  senkrecht  gelegten  Ebene,  NQ  die  Protection 
dieser  Richtung  auf  der  Schi iui ebene,  so  ist  NQ  senkrecht 
auf  NP  und  =;siniii,  wenn  der  entsprechende  lladiusvoctor 
genommeu  wird.  Ist  ferner  A A  ||  a,  AQ  J-  a  und 
NB\\b,  BQ  J-  b,  so  folgt 

A"  A  =  sin  tp  sin  ip,  NB  =  sin^  sin  \fj 
and  wenn  man  AM=-'-,  Arß  =  '^-  nimm),  so  sind  die 
Durchschnillspunklc  der  Geraden  Am,  Bm  die  Projectionen 
der  Maxima  der  Lichtstarke,  indem  jeuc  Durchschnitte  den 
Gleichungen  (25)  Genüge  leisten.  Auf  diese  Weise  ist  die 
Figur   3  Taf.  VIII    coustruirt    worden,    wo   die    Abstünde 

4*2*  37' 28"  ,. 
. . .,  die 

27'  12" 


Nm, ,  Nm,...  den  Groben  — 

Abstände    JV»,,    Nn,   .  .  .    aber    den    GröTseu 


■     ,  .  .  .  proportional  seyn  müssen,  so  d.ifs  in  einem 

beliebigen   Parallelogramme  PQR  S  das  Maximum  der  Licht- 
stärke sich  gegen  den  inneren   Winkel  P  zu  neigt. 

IV.  Das  durch  n  gleiche,  von  einander  gleich  entfernte, 
auf  einer  Ebene  liegende  parallelogrammartigc  Oeffnungcii 
gebeugte  Licht  wird  durch  die  Formel 


bestimmt;  mau  setzt  dabei  voraus,  dafs  die  homologen  Punkte 
ia  gerader  Linie  liegen,  c  bezeichnet  den  Abstand  zweier 
benachbarten  homologen  Punkte,  6  den  Winkel  der  Rich- 
tung derselben  mit  der  Geraden  NP,  und  man  wird  be- 
merken, dafs  die  Diflc reuten  ö  —  <p  =  £y  oder  0 — %=e+£ 
coustant  sind.  Wenn  man  für  gewöhnlich,  bei  der  Be- 
stimmung der  Maxinia  von  u,  den  Factor  P  für  sieb  allein 
berücksichtigt,  so  ist  diefs  nicht  ganz  richtig,  indem  man 
nicht  im  voraus  -wissen  kann,  ob  das  Product  der  beiden 
andern  Factoren  zu  gleicher  Zeit  mit  P  seine  Maxima  er- 
reicht und  man  kann  durch  diese  Rechnungsweise  Maximal- 
werthe  da  suchen,  wo  eben  lichtschwache  Stellen  sich  be- 
finden. Da  d<p=.dx~dO  ist,  so  führen  zu  den  wirkli- 
chen Maiimalwerthen  von  u,  wenn  zur  Abkürzung 


nflsiiii/;  — x3 


gesetzt  wird,  die  beiden  Bedinguugsgleichuugen 


-  cotangy-f-- 


-'  co lang/ 


-t-a^fncotgiiiFj  — cotga;3)cotaiigÖ  =  0,l 


(28) 


(29) 


+  x3  (ncotangnz3  — cotangjrj)=0,/ 
welche   zu  gleicher  Zeit  bestehen   müssen.     Man    erkenut 
hieraus,  dafs,  wenn  man 

ncotangna;a  =  cotangd;3   oder  ntaugx3  =  tangna:,       (29*J 
setzt,  was  zum   Maximumwerden    von    P   erforderlich    ist, 
daraus  nothwendig  folgt,  dafs  zu  gleicher  Zeit  auch 
xi  cosx, — siaxt=u  vuaA  x^to^x^ — mi^-O 
$eyu  juufe,  so  dafs  nach  (JMt)  (3&i  &*  *>«*  GJuäÖMw^j» 


t  den  zwei  einzigen  Unbekannten 
Daraus  folgt  auf  analytischem  Wege,  oder  auch  aus  der 
Figur  (Fig.  2  Taf.  VIII),  wenn  NK  parallel  der  Richtung 
der  homologen  Punkte  ist  und  QK  J-  NK  steht,  zwischen 
xt ,  xt,  x3  und  den  übrigen  constanten  Grofsen  der  Auf- 
gabe die  Relation 

a =  -4-+  TT      ■      ■      ■      (3I)' 

welcher  man,  da  xlr  x,  ,  x3  discontinuirliche  Gröfsen  sind, 
im  Allgemeinen  nicht  genügen  kann.  Da  ferner  nach  For- 
meln (30)  die  Anzahl  und  Lage  der  Maxiina  unverändert 
sich  erhält,  so  widersprechen  dieselben  der  Thalsache,  dafs 
im  Falle  mehrerer  Oeffnungen,  eine  bei  weitem  grüfsere 
Anzahl  von  Maxima,  als  im  Falle  einer  einzigen,  stattfindet 
und  die  Lage  derselben  eine  ganz  andere  ist.  Da  nämlich 
in  diesem  Falle  noch  ein  drittes  System  von  dunkeln  Linien 
vorhanden  ist',  welche  zu  der  Richtung  der  homologen 
Punkte  senkrecht  stehen  uud  die  bei  einer  einzigen  OelT 
nuug  gebildeten  hellen  Parallelogramme  in  kleinere  helle 
Räume  theilen,  so  befinden  sich  im  innern  dieser  Räume 
die  Maxima,  welche  dadurch  eine  Verschiebung,  so  vrte 
auch  eine  Vermehrung  ihrer  Anzahl  erleiden  und  bei  wach- 
sender Entfernung  vom  Mittelpunkte  immer  lichtschwächer 
werden.  Dadurch  verliert,  im  Falle  mehrerer  Oeffnungen, 
die  Eintheilung  der  Maxima  und  Minima  in  solche  ver- 
schiedener Ordnungen  (grofse  und  kleine)  an  Bedeutung 
und  kann  ebenso  gut  wie  im  Falle  einer  einzigen  Ocff- 
nuag  umgangen  werden.  Schliesslich  darf  noch  bemerkt 
werden,  dafs  die  Maiima  hier  nicht  ebenso  leicht  aus  den 
Gleichungen  (29)  berechnet  werden  kännen,  wie  dieTs  im 
Vorigen  geschehen  ist.  Die  Gleichung  (31)  kann  übrigens 
zu  gleicher  Zeit  mit  den  Gleichungen  (29)  bestehen,  sobald 
nicht  die  specicllen,  aus  (12)  und  (29*)  resul- 
tirenden  Wcrthe  bezeichnen. 

V.    Es  mag  endlich   noch   Folgendes    übeT    4»&   äväöv 
kreisrunde  OctfuuDg   gebeugte  Licht  \»enM»YX  wm^co- 


Es  scy  D  der  Durchmesser  des  Kreises  und  uian  deuke  eich 
ein  r egol in Ü fsiges  Vieleck  von  n  Seilen  in  demselben  einge- 
schrieben, so  wird  bekanntlich  das  jedem  gleichschenkligen 
Trapeze  entsprechende  gebeugte  Licht  durch  den  Ausdruck 

.     n   .  («D               *    .       \ 
W==,D. «_ L» » 


X-^ ^ 8     ...      (32) 

—  .in  T  na  —  »n  f 

bestimmt.     Hieraus  crgiebl  sich  für  »  =  cd  und   «venu   man 
bemerkt,  dtifs  ndip  =  1n: 


=iw        _} '    *""'* 


oder  in  Bezug  auf  den  ganzen  Kreis 

tf:=2  --  /  d(jpcos(psiu(acosqp),      .     .     (33), 

wo  zur  Abkürzung  ats-r  sinw  gesetzt  worden   ist.     Eut- 

• 

wickelt  man  sin(acosg-)  in  eine  Reihe  und  iutegrirt  zwi- 
schen den  angegebenen  Gräuzei),  so  erhält  mau 

if  m/,         1      a*     ,    1.3    o*  1.3.5    <i6     .        \ 

/ff».       \'  /iD.       \« 

i(tH    i.sIt-»; 

'  4  1.2        **"4.6     1.8.3.4 

_  1.3.5  (t""*J 

4";ö7h   i.ä...ö 

welche  tteihe,  wie  man  sich  leicht  überzeugen  wird,  con- 
vergent  ist.  Daraus  folgt,  dafs  V  uud  mithin  auch  seine 
Maxima  und  Minima  von  ip  allein  abhangen,  so  dafs  die 
l'rojcciiou  des  räumlichen  Gebildes  auf  der  Ebene  des 
Schirmes  aus  dunkeln  KmsVmveo.  »«V  iavwVidftfcuUft^enden, 


-.,[. 


.] 


(34), 


493 

hellen  ringförmigen  Räumen,  besteht,  ein  Resultat,  welches 
mit  der  Beobachtung,  tibereinstimmt 
Diffcrenzirt  man  (33)  oder 

/* 
*          .  f*n        .    \ 
-,- '    .     .     (35) 
sintp 

o 

nach  xfjj  so  ergiebt  sich 

dy  =    *,in>  J d<PC0*<P  | ~T  Ma^cosejpcos (  —  sini//cos<jp) 

o 

—  sin(~-  sin  1// cos  y)  j      ....      (36). 

Es  folgt  aus  diesen  Formeln  als  Bedingung   des  Mini- 
mums 

^Y  siny;cosy=m^      .     •     •     .       (37) 

und  als  die  des  Maximums 

nD  .  /nD   .  \       .    /nD  .     ,  \       a 

— sin i// cos ^p cos f  —  sin t// cos y J — smf-r-  sm\pcos(p  1=0, 

oder  ^-  skn//cosy>=#     ....     (38), 

wo  a?  den  mehrmals  erwähnten,  aus  (12)  oder  (13)  folgen- 

den  Werth  bezeichnet,  welcher  die  Function  —    zu  einem 

x 

Maximum  macht.  Es  ist  bei  diesen  Formeln,  von  welchen 
erstcre  von  Schwcrd  herrührt,  <p  als  constant  zu  betrach- 
ten. Es  folgt  demnach  aus  (37),  wenn  y\  yj",  ...  die  dem 
ersten,  zweiten  ...  Minimum  entsprechenden  Beugungswin- 
kel bezeichnen: 

sin  \f)  :  sin  r/>" :  sin  y/" :  ...  =1:2:3  ...., 

und  auf  dieselbe  Weise  aus  (38),  wenn  if>n  t//9,  . .  .  die 
Maximalwinkel  heifeen: 

sint//(  :&mtpQ :  sint//3: ...  =  xt  :x7  :x3  : . . . ., 

wo  xi9  xi9  xit  .  .  .  die  in  (13)  berechneten  Werthc  von  x 
bedeuten. 


IX.     Heber  Stereoskopie;  von  IL  IV.  Dovc 

Im  Jalir  184 1  babe  icb  der  Berliner  Akademie  (Bericht 
1841  S.  252)  Versuche  mitgetheilt,  aus  welchen  hervor- 
geht, d;it;:  bei  der  den  millionten  Theil  einer  Sekunde  nicht 
erreicheuden  Dauer  eines  elektrischen  Funkens  die  stereo- 
skopiseben  Erscheinungen  stattfinden.  Ich  habe  darauf  zwei 
Schlüsse  gegründet,  den  einen,  dafs  obgleich  die  beiden 
Augen  desselben  Beobachters  in  der  Regel  verschieden  ge- 
übt sind,  für  die  Augen  desselben  Individuums  dennoch 
nicht  der  Unterschied  stattfindet,  welchen  verschiedene  Astro- 
nomen zwischen  ihren  Augen  dadurch  erkannt  haben,  dafs 
sie  eine  an  demselben  Ort  gesehene  Sternbedeckung  auf 
einen  bis  eine  Sekunde  verschiedenen  Zeitpunkt  versetzen, 
den  andern,  dafs  die  Erklärung  der  stercoskopischen  Er- 
scheinungen aus  der  Annahme,  dafs  wir  aus  der  Verände- 
rung der  Convergenzpunkte  der  Augenasen  auf  einen  Kör- 
per schliefsen,  indem  wir  abwechselnd  die  nähern  und  die 
entfernteren  Theile  desselben  ins  Auge  fassen,  bei  der 
Kürze  jener  Lichtdauer  niebt  wahrscheinlich  «ey.  Diese 
Ansicht  ist  von  Brücke  inMüller's  Archiv  1841  S.  459, 
von  Prevost  in  seinem  Essai  sur  la  theorie  de  la  vision 
binoculaire  1842  und  vonBrewster  On  Ihe  lato  of  visible 
Position  in  Single  and  binocular  vision  and  on  the  repre- 
sentation  of  solid  ßgures  by  the  union  of  dissimilar  plane 
pictures  on  the  retma  Edinb.  Trans.  1843  S.  349  in  über- 
einstimmender Weise  ausgesprochen  worden.  Die  von  mir 
augestellten  Versuche  wurden  zuerst  von  Ideler  De  non- 
nuilis  phaenomenis  processus  videndi  1843  als  Hauptargu- 
ment gegen  jene  Erklärung  anerkannt  und  sind  später  von 
P  antun  in  seinen  physiologischen  Uni  er  Buchungen  über  das 
Sehen  mit  zwei  Augen  geltend  gemacht  worden,  scheinen 
aber  Rogers  in  seinen  umfassenden  Observation*  on  bino- 
cular vision  entgangen  zu  seyn.  Volkmann  sagt  in  sei- 
nem Aufsatz:    Die  stereoaVo^udieu  Erscheinungen  in  ihrer 


Beziehimg  zu  der  Lehre  von  de»  identischen  Netzbautpunk- 
ten  S.  45.  »Diese  wichtige  Erfahrung  von  Dove,  welche 
beweist,  dafs  die  von  Wheatslonc  erhobenen  Bedenken 
gegen  die  Identitätsichre  sich  auf  dem  von  Brücke  einge- 
schlagenen Wege  nicht  beseitigen  lassen,  würde  noch  mehr 
Eindruck  gemacht  haben,  wenn  sie  nicht  auf  schwer  her- 
zustellenden und  sehr  uusichern  Versuchen  beruhte.  Er 
construirt  daher  ein  Tachistoskop  d.  h.  ein  Instrument,  wel- 
ches bei  Untersuchung  des  momentanen  Sehens  den  Ge- 
brauch des  elektrischen  Funkens  ersetzt,  kommt  aber  durch 
dasselbe  zu  dein  von  mir  erhaltenen  Ergcbnifs. 

Ich  habe  mich  nie  auf  eine  Discussion  der  physiologi- 
schen Theorien  eingelassen,  sondern  mir  nur  in  meiner  Far- 
benlehre 1853  S.  163  die  einfache  Bemerkung  erlaubt,  dafs 
jene  Erklärung  mit  dem  Ergebnifs  meiner  Versuche  sich 
nur  unter  der  Annahme  vereinigen  lasse,  dafs  die  oscilla- 
torische  Bewegung  der  Augenaxen  so  schnell  erfolgt,  dafs 
sie  in  einer  kurzem  Zeit  als  der  millionte  Theil  einer  Se- 
kunde ausgeführt  werde  und  dafs  darüber,  ob  diefs  mög- 
lich sey,  die  Physiologen  entscheiden  möchten,  in  meinen 
Optischen  Studien  1859  S.  31  aber  durch  einen  Versuch 
mit  unter  dem  Stereoskop  schwingenden  Stimmgabeln  nach- 
gewiesen, dafs  stereoskopische  Erscheinungen,  welche  eine 
schnelle  osci  IIa  lorische  Bewegung  der  Augcnaxen  erheischen, 
nicht  wahrzunehmen  sind.  Ich  würde  daher  auch  jetzt 
nicht  auf  jene  Versuche  zurückkommen,  wenu  nicht  in  dem 
eben  erschienenen  fünften  Heft  des  Jahrgangs  1860  dieser 
Annalen,  Bd.  Hfl  S.  81,  sie  in  einer  Weise  erwähnt  würden, 
welche  eine  Erwiederung  erheischt.  In  eiuem  »Zur  Theorie 
des  Sehens  von  Dr.  v,  R  eck  linghauseu  ••  überschriebe- 
iii-ii  Aufsatz  heilst  es  nämlich.  -In  Beziehung  auf  das  am 
häufigsten  auch  noch  in  neuester  Zeit  vou  l'anuin  gegeu 
die  Richtigkeit  der  Theorie  von  Brücke  geltend  gemachte 
Experiment  von  Dove,  welcher  selbst  hei  der  eminent 
kurzen  Beleuchtung  durch  den  elektrischen  Funken  einen 
stercoskopischen  Effect  beobachtete  ist  zu  bemerken,  da(* 
vorläufig  die  lieweisfähigkeü  noch  zu  deinon&\Tueu  "wX.  C*w»r 


4% 

plirirte  Zeichnungen,  welche  wahrscheinlich  angewendet 
wurden,  können  natürlich  nichls  beweisen,  da  hier  noch 
die  unten  anzuführenden  Momente  zur  Wahrnehmung  des 
Körperlichen  mit  in  Wirksamkeit  Irelen.» 

Es  isl  bisher,  in  der  Physik  wenigstens,  Sitte  gewesen, 
dafs  wenn  Jemand  Versuchen  entgegentritt,  diefs  dadurch 
geschieht,  dafs,  wenn  diefs  ohne  Schwierigkeit  ausführbar 
ist,  er  sie  wiederholt.  Stall  dessen  spricht  Hr.  v.  Rcck- 
lingshaiiscn  über  dabei  begangene  Fehler  Vennutbuu- 
gen  aus.  die  er  als  vollkommen  unbegründet  selbst  bezeich- 
nen müfste,  wenn  er  die  Beschreibung  der  Versuche,  wel- 
che er  verdachtigt,  auch  nur  gelesen  hätte.  Was  zunächst 
die  Wahrscheinlichkeit  der  Anwendung-  coinplicirter  Zeich- 
nungen betrifft,  so  weifs  jeder,  der  mit  der  Geschichte  der 
Slereoskopie  auch  nur  im  Entferntesten  bekannt  ist,  dafs 
im  Jahr  1R4I,  also  drei  Jahr  nach  der  Erfindung  des  Ste- 
reoskops, nur  die  einfachen  Whealsloue'schcii  Zeichnun- 
gen bekannt  waren.  Als  der  einfachste  stercoskopische 
Versuch  überhaupt  ist  aber  der  stets  erkannt  worden,  durch 
welchem  Wh  ea  Ist  one  zu  seiner  Entdeckung  geführt  wurde, 
nämlich  die  Reflexion  eines  Lichtes  von  einem  kreisförmig 
polirteu  Deckel.  Aber  eben  diesen  habe  ich  angewendet. 
Ich  lasse  hier  die  Beschreibung  folgen  (Farbenlehre  S.  163). 

»lu  ciuem  dunkeln  Zimmer  Bleute  ich  ein  gewöhnliches 
Spiegelstercoskop  so  auf,  dafs  die  beiden  Zeichnungen  des- 
selben von  einer  Lampe  gleich  hell  beschienen  waren.  Au 
die  Stelle  der  Lampe  wurde  nun  eine  sieh  seihst  entladende 
Lane'sehc  elektrische  Flasche  gestellt,  welche  bei  gleich- 
bleibendem Drehen  der  Elektrisiruiaschine  slels  nach  be 
stimmten  Zcitiutervallcn  sich  entlud.  Dadurch  wurde  n 
möglich,  auf  die  momentane  Erscheinung  sich  vorzuberei- 
ten. Ich  sowohl  als  Andere,  denen  ich  diese  Versuche 
zeigte,  sahen  vollkommen  deutlich  das  körperliche  Relief 
mitunter  aber  auch  die  beiden  Prujeelionen,  aus  denen  es 
entsteht.  Durch  diesen  Versuch  ist  erwiesen,  dafs  wir  wäh- 
rend eines  Blitzes  Körper  als  Körper  sehen." 

■  Befrachtet  man  den  \\eüt\  ftÜMl  Lichtllamine  in 


kreisförmig  polirten  Deckel,  etwa  dem  des  Objectivs  eine* 
Fernrohrs,  so  sieht  man  bekanntlich  eine  Lichllinie,  je  Dach 
der  Neigung  des  Deckels  entweder  lothrecht  oder  schief 
geneigt  gegen  die  Oberfläche  desselben.  Vertauscht  man 
die  Licbttlatnme  mit  dem  Funken  der  sich  entladenden 
Flasche,  so  sieht  man  diese  stereoskopische  Lichllinie  als 
Weg  zweier  Funken,  die  sich  enlweder  im  Durchseht!  itls- 
punkt  der  Linie  mit  der  Fläche  des  Deckels  in  der  Mitte 
desselben  begegnen,  also  auf  einander  zugehen,  oder  von 
ihm  nach  entgegengesetzten  Richtungen  hin  auszugehen  schei- 
nen. Die  Erklärung  liegt  darin,  dafs  wir  uns  nach  der 
zufälligen  Richtung  der  Augenaxen  nicht  der  Beleuchtung 
des  Randes  in  demselben  Moment  bewufst  werden,  als  der 
Mitte.  Dieser  Versuch  scheint  für  den  Zustand  der  Ruhe 
des  Auges  während  des  momentanen  Leuchtens  zu  sprechen.  - 
Von  einem  Befangensevn  durch  perspectivische  oder 
irgend  welche  vorgefafste  Vorstellungen  kann  hier  nicht 
die  Rede  seyn,  demi  die  bei  dem  elektrischen  Licht  wahr- 
genommene Erscheinung  ist  eine  ganz  neue,  weder  hei  mo- 
iiocularer  noch  bei  binocularer  Betrachtung  in  gewöhnli- 
cher Beleuchtung  sichtbare,  welche  man  ohne  Experiment 
vorherzusagen  nicht  im  Stande  gewesen  wäre.  Gestölzt 
auf  Jahre  lang  fortgesetzte  Arbeiten  mit  dem  Stereoskop, 
als  deren  Ergebnisse  ich  hier  nur  die  definitive  Erledigung 
der  Frage  über  die  Combination  verschiedener  den  beiden 
Augen  einzeln  dargebotener  Farbeneindrücke,  die  Erzeu- 
gung des  Glanzes  durch  die  Verbindung  rauher  Flächeu 
die  Anwendung  des  Stereoskops  eine  Copie  von  ihrem 
Original  zu  unterscheiden  und  geringe  durch  Elasticitäl, 
Wärme,  Feuchtigkeit,  Spannung  hervorgerufene  Volumen- 
änderungen  sichtbar  zu  machen,  die  Anwendung  des  Ste- 
reoskops auf  das  Betrachten  von  Körpern,  um  ihr  Relief 
als  Ebene  zu  sehen,  wovon  der  Uebergang  zur  Pseudosko- 
pie  die  unmitlelbare  Folge  war,  die  Construction  mehrerer 
eigentümlicher  Stereoskope,  voll  denen  eins  unter  dem 
PJamen  Pseudoskop  die  mannichfachsten  AivweßAav.^evv  %,«- 
funden  bat,  anführen  will,  konnte  ich  eiwaiVen,  *»*•*  V«Kw 
Poggtadorli-,  AmA  Bd.  CX.  *1 


498 

Itcdürfnifs  vorhanden  sey,  mir  die  ersten  Regeln  öVr  Stc- 
icoskojiie  auseinanderzusetzen,  um  Versuche  zu  vermeiden, 
welche  -natürlich  nichts  beweisen  können, «  Da  aber  Ilr- 
v.  Rccklinghauseii  S,  82  die  von  mir  angegebene  ste- 
rcoskopischc  Darstellung  von  Beweg» iigscrschei  innigen,  de- 
ren Ableitung  eich  von  selbst  versteht  und  bei  der  es  sich 
eben  nur  um  die  Ueberwindnng  einer  experimentellen 
Schwierigkeit  bandelte,  zu  »erklären«  für  nölhig  erachtet, 
so  geht  daraus  hervor,  data  derselbe  einen  andern  Leser- 
kreis voraussetzt  als  den,  für  welchen  ich  geschrieben  habe. 


X.     Ueber  die  Nichtidentität  der  Gröfse  der   durch 

Prägen  und  Gu/s  in  derselben  Form  von  perschie- 

denen  Metallen  erhaltenen  Medaillen; 

von  H.  TV.  Do pe. 


Be. 


bekanntlich  bat  Baudrimont  (Arm.  de  Ck.  et  de  Ph. 
T.  60,  p.  78)  gefunden,  dafs  die  durch  denselben  Drahtzug 
gezogenen  Drähte,  wenn  sie  von  verschiedenen  Metallen 
sind,  verschiedene  Dicke  haben,  indem  nämlich  die  Metalle 
verschieden  elastisch  sind,  und  sich  vermöge  dieser  Elasti- 
cilät,  wenn  sie  aus  demselben  Loch  heraustreten,  um  un- 
gleiche GrOfsen  ausdehnen.  Diese  Ausdehnung  geht  daraus 
hervor,  dafs  kein  Draht  aufscr  Golddraht  durch  dasselbe 
Loch,  aus  welchem  er  unmittelbar  hervorgegangen  ist,  ohne 
Kraftau wendung  wieder  durchgezogen  werden  kann.  Silber 
erfordert  die  geringste  Kraft,  die  durch  die  Elasticität  be- 
wirkte Ausdehnung  dauert  aber  noch  mehrere  Wochen  fort. 
Es  war  mir  nun  wahrscheinlich,  dals  bei  dem  Prägen 
von  Medaillen  etwas  Aehuliches  staltfinden  werde,  und  dafs 
daher  Medaillen,  welche  in  verschiedenen  Metallen  durch 
ihüselbeü    PrägslempeY  ertrtVten  «u\&,  va  «voran  etwas  ver- 


499 

schiedenen  Maafsstab  ausgeführt  seyn  werden.  Am  geeig- 
netsten diefe  wahrzunehmen  sind  Medaillen,  bei  welchen 
das  darauf  Geprägte  in  Beziehung  auf  den  Rand  symme- 
trisch geordnet  ist,  wie  z.  B.  bei  der  Pariser  Ausstellungs- 
medaille die  Seite,  auf  welcher  um  den  französischen  Adler 
in  der  Mitte  die  Wappenschilder  kreisförmig  herumliegen. 
Ich  legte  ein  in  Silber  und  ein  in  Bronze  ausgeführtes 
Exemplar  in  das  Stereoskop.  Man  sieht  nach  einiger  Zeit 
diese  stereoskopisch  combinirte  Medaille,  wenn  man  den 
Adler  in  der  Mitte  fixirt,,in  Form  eines  hohlen  Schildes 
in  der  eigentümlichen  Farbe  einer  gleichsam  daraus  ent- 
stehenden Legirung,  wovon  der  Grund  aus  dem  Nonius 
artigen  Verschieben  der  einzelnen  Striche  des  Gepräges 
unmittelbar  einleuchtet.  Ich  habe  dief&  in  den  Optischen  Stu- 
dien S.  29  bereits  beschriebene  Ergebnifs  auch  mit  grofsen 
goldenen  und  silbernen  Medaillen  erhalten,  welche  mir  zu 
diesen  Versuchen  von  der  Königlichen  Münze  in  Berlin 
gütigst  anvertraut  wurden*  Es  war  mir  wahrscheinlich,  dafs 
durch  Gufs  erhaltene  Medaillen  dasselbe  zeigen  würden 
und  diefs  hat  sich  bestätigt  für  Zinn,  Wismuth  und  Blei. 
Die  dazu  angewendeten  sehr  schön  ausgeführten  Abgüsse 
verdanke  ich  der  Güte  des  Professor  Kifs.  Die  Krone 
des  Hiero  veranlafste  die  Anwendung  des  specifischen  Ge- 
wichts zur  Prüfung  einer  Fälschung,  das  Stereoskop  ist 
eine  neue. 


*fc* 


XI.      Veber  eine   nette  Art   von  Pseudoskopie   und 

ihre  Beziehungen  zu  den  von  Plateau  und  Qpptl 

beschriebenen  Bewegungsphänomenen; 

pon  F.  Zolin,--!-. 


gleich  von  Whealstoue  ursprünglich  nur  die 
mit  Hülfe  stereoskopischer  Vorrichtungen  erhaltenen  Um- 
stiilpungen  erhabener  in  vertiefte  und  vertiefter  in  erhabene 
Reliefs  als  pseudoskopisctic  Erschein  unweit  bezeichnet  wur- 
den'),  so  hat  doch  Dove  mit  Recht  diesen  Begriff  er- 
weitert') und  ihn  auf  alle  die  unter  dem  allen  Namen  der 
Gesichtsbetrüge  bisher  unvollständig-  bekannten  Erscheinun- 
gen ausgedehnt. 

Hierdurch  mag  es  gerechtfertigt  seyn,  wenn  im  Folgen- 
den unter  dieser  Bezeichnung  eine  auffallende  Tauschung 
beschrieben  wird,  welche  ich  zufällig  an  einem  für  Zeug- 
druck bestimmten  Muster  beobachtet  habe. 

2.  In  Fig.  4  Taf.  VIII  ist  ein  mit  dem  Original  im 
Wesentlichen  abereinstimmendes  Schema  dieses  Musters  ge- 
geben und  man  bemerkt  sogleich,  vorzugsweise  bei  etwas 
seitlich  geneigtem  Kopfe,  eine  abwechselnde  Convergenz 
und  Divergenz  der  vier  Längsstreifen,  obgleich  man  sich 
durch  Messung3)  leicht  von  dem  vollkommenen  Parallelismus 
derselben  .überzeugen  kann. 

Man  bemerkt  ferner,  dafs  die  Stärke  dieser  Täuschung 
von  der  Lage  der  Hauptstreifen  zur  Verbindungslinie  der 
beiden  Augen  abhängt  und  dann  ein  Maximum  erreicht, 
wenn  sich  beide  Richtungen  ungefähr  unter  einem  Winkel 
von  45"  schneiden. 


1)  ffheal-itone,     On   tarne   rtmarhabU   and   hilhtrla    unobttrvtd 
phenomtna  ofUnocular  rilion.  (Philo*.  Tram.  1852,  Ana.  Ergibd.  1.) 

2)  Do.e,   Opiucl«  Sludien  (fori.fi.niig)   1859  S.  19. 

3)  Oder   durch   HinWMl.cn    aoler   einem    lel.r    ,pit«n   Wichet    n.rh   der 
Riehlanf  der   LlnfiMreifeo. 


3.  Um  über  die  Ursache  dieser  Erscheinung  Aufscblufs 
zu  erhaltet),  suchte  ich  zunächst  die  Bedingungen  derselben 
möglichst  zu  vereinfachen  und  fand  hierbei  sehr  bald,  dafs 
es  zur  Erzeugung  jener  Täuschung  nicht  ujlhtvendig  ist, 
die  Haupt  st  reifen  wirklich  zu  zeichnen,  da  die  Richtung 
derselben  schon  durch  die  gleichmäfsige  Aufeinanderfolge 
der  kleinen  Querstreifen  genügend  für  das  Auge  angedeu- 
tet ist. 

leb  uutersuchte  aufserdem  noch  die  Abhängigkeil  der 
Erschciuung  von  folgenden  Umständen: 

1)  von  der  Anzahl  der  Querstreifcn 

2)  von  dem  Abstände  derselben 

3)  von  ihrer  Neigung  zur  Richtung  der  La  ngsst  reifen 

4)  von  dem  Abstände  der  letzteren 

5)  von  der  Intensität  der  Zeichnung. 

Als  Ergebnifs  dieser  Untersuchung  liefs  sich  nur  fest- 
stellen '),  dafs  die  pseudoscopische  Ablenkung  der  Haupt- 
el reifen  zur  Richtung  der  Qucrslreifcn  eine  ganz  bestimmte 
ist,  so  zwar,  dafs  beide  stets  nach  entgegengesetzten  Seiten 
abwechselnd  zu  couvergiren  oder  zu  divergireu  scheinen. 

Die  Intensität  der  Zeichnung  oder  ihr  Abheben  vom 
weifseu  Grunde  des  Papiers  erwies  sich  ganz  ohne  Eiiillufs 
und  trat  für  wich  die  bewufste  Täuschung  schon  ein,  so- 
bald nur,  selbst  mit  Hülfe  der  schwächsten  Blcisliftstriche, 
eine  Vorstellung  von  der  Figur  erzeugt  war  '). 

Die  Breite  der  Streifen  ist  ganz  gleichgültig  und  man 
erhält  die  Täuschung  ebenso  schön,  wenn  man  Längs- 
nihI  Querstreifen  einfach  mit  derselben  Oeffuung  einer  Zieh- 
feder zeichnet,  so  dafs  sich  die  ganze  Figur  in  wenigen 
Minuten  herstellen  läTst. 

Abgesehen  von  der  ^endoskopischen  Ablenkung  der 
Hauptslreifen  zeigt  indessen  die  Fig.  4  Taf.  VIII  noch  eine 
andere  Täuschung,  die  bei  dem  ursprünglichen  Muster  nicht 
hervortrat,  auf  die  jedoch  bei  Copirung  desselben  Hr.  Prof. 


kl  )  Mil  V(rr.»d.lS«igUBg  der  «>r« 
i)  KmimJk  wird  üt  HlglttMl 
vernichten    Erklärung  luigejcMii* 


■  Fälle 


1  Mull,    der  !,,-.„]i.,i 


Poggendorff  die  Güte  halte,  meine  Aufmerksamkeit  zu 
lenken.  Es  ist  diefs  die  Nonius-arligc  Verschiebung  der 
zu  beiden  Seiten  der  Lüugsstreifen  befindlichen  Hälften 
der  Qucrstreifeu.  Diese  Täuschung,  welche  dadurch  er- 
zeugt wird,  d;tfs  «'ir  in  unserer  Vorstellung  je  zwei  nicht 
zusammengehörige  Hälften  dieser  Querstreifen  combiniren, 
hat  mit  der  Ablenkung  der  La  ngssl  reifen  durchaus  nichts 
zu  schaffen.  Man  kann  sich  hiervon  leicht  durch  Wieder- 
holung der  Zeichnung  in  der  oben  angegebenen  Weise 
Überzeugen,  wobei  die  zuletzt  erwähnte  Täuschung  ganz 
wegfällt  '). 

Noch  ist  zu  bemerken,  dafa  die  Erscheinung  auch  für 
monoculare  Betrachtung  eintritt  und  natürlich  bei  hinläng- 
licher Entfernung  des  Objectcs  vom  Beobachter,  wegen  des 
allmählich  überwiegenden  Einflusses  der  Hauptst reifen,  ver- 
geh windet. 

Es  bleiben  daher  im  Wesentlichen  nur  zwei  Umstände 
übrig,  welche  für  die  besprochene  Pseudoskopie  von  cha- 
rakteristischer Bedeutung  sind  und  daher  einer  Erklärung 
dieser  Erscheinung  als  Stützpunkte  dienen  müssen.  Diese 
beiden  Umstände  sind: 

1)  Die  Abhängigkeit  der  pseudoskopischen  Ablenkung 
der  Hauptstreifen  von  der  Richtung  der  Querstreifen. 

2)  Die  Abhängigkeit  des  Maximums  jener  Ablenkung 
von  dem  Neigungswinkel  der  Hauptstreifen  zur  Ver- 
bindungslinie der  beiden  Augen.  Das  Minimum  tritt 
sehr  deutlich  ein,  wenn  dieser  Winkel  0°  oder  90" 
beträgt 

4.  Wenn  ich  es  nun  versuche,  auf  diese  beiden  Thal 
sachen  gestützt,  in  Folgendem  eine  Erklärung  der  bespro- 
chenen Pseudoskopie  zu  geben  und  hierbei  auf  die  Erör- 
terung der  bereits  früher  von  Plateau  a)   und  Oppel1) 

1)  Icli  hätte  €>  dilier  lach  Torgeiogen  die«  einfachere  Zeichnung  an  Steile 
der  in  Fig.  4  T*f.  VIII  Hebenden  tu  get»D,  wenn  nicht  iur  lelucrcp 
bereit*  die  Druckplatte    bei  EiulieJerung    der  Abhiudlung   angefertigt  gc 

2)  Pogg.  Annal.  Bd.  LXXX,  S.  290. 

3)  Pogg.    Annal.  Bd.  XCIX,  S.  540-661. 


pseudoskopischen  Bewcguugsphänomenc  go 
fuhrt  werde,  so  mufs  ich  gleich  Eiugangs  darum  bitten, 
diese  Erklärung  für  nichts  mehr  als  einen  Versuch  einer 
solchen  hinzu  nehmen  und  mir  in  Beurteilung  derselben 
Nachsicht  widerfahren  zu  lassen. 

Wir  werden  zunächst  als  feststehend  annehmen  können, 
dafs  die  vorliegende  Täuschung  keine  physikalische  ist,  wie 
eine  grofse  Anzahl  der  sogenannten  Irradrationspliänomene'), 
ftoudern  vielmehr  eine  rein  psychische,  bei  welcher  das  Ur- 
(heil  des  Beobachters  über  den  l'arallelisnius  zweier  geraden 
Linien  gefälscht  wird,  so  dafs  von  diesem  Gesichtspunkte  aus 
die  in  Rede  siebende  Erscheinung  mit  jenen  bekannten  Täu- 
schungen in  eine  Kategorie  zu  stellen  ist,  durch  welche 
wir  die  Mondscheibe  in  der  Nähe  des  Horizontes  vergrö- 
fsert  erblicken  und  die  Grofse  eines  nahe  vorbeifliegenden 
aber  von  uns  in  grofse  Entfernung  versetzten  Insectes  so 
bedeutend  überschätzen  *). 

Wir  begütigen  uns  damit,  diese  Erscheinungen  dadurch 
zu  erklären,  dafs  wir  die  Umstände  aufweisen,  welche  uns 
zu  einem  falschen  Unheil  über  die  Entfernung  des  wahr- 
genommenen Objectes  und  dadurch  bei  conslantem  Seh- 
winkel zu  einem  falschen  Schlufs  über  dessen  Grofse  ver- 
anlassen. 

Ebenso  will  ich  es  nun  nach  Analogie  dieser  rein  psy- 
chologischen Erklärung  versuchen,  im  Folgenden  nachzu- 
weisen, wodurch  und  auf  welche  Weise  wir  bei  der  vorlie- 
genden Zeichnung  zu  einem  falschen  Schlufs  über  die  räum- 
lichen Beziehungen  der  Hauptstreifen  verführt  werden. 

5.  Als  unmittelbares  Ergebnils  der  Beobachtung  steht 
fest,  dafs  wir  durch  das  Vorhandenscyn  der  schrägen  Quer- 
slreifen   zu   jener  Täuschung   verlafst  werden.   —   Um  nun 

I)  A.  Tick,  Arrl.    f.  OpbUMtat  IL«.  S.70bi>76. 

2)   Da   iliu   bei   comlaDlcr  Grübe   deuJben    Neu)]  au  t  bildet    gan*   reneliie- 
dene    V.m-jJIui^.u    von   der  Grobe  d»   walirge „    ObJMtH    in 

liebe   Wil.rucl.tuudg   aikia   uiclit  WKliig',  beiiimnxc   V,.,  ,i,  ll..i,:.-,u   vun 
.Itu   Uiiii.uiioocu   ■Im   um   umgebenden   Gcgimuäuik-   tu   erhalten. 


504 


auch  zu  ermitteln,  auf  welche  Weise  diefs  geschieht,  müs- 
sen wir  zuerst  ganz  allgemein  untersuchen,  wie  die  Vor- 
stellung vom  Parallelismus  überhaupt  in  uns  erzeugt  werde. 

Wir  deiiniren  zwei  Linien  als  parallel,  wenn  der  kür- 
zeste Abstand  au  allen  ihren  Punkleu  derselbe  ist. 

Ist  die  Ausdehnung  der  beiden  Liuieu  sehr  grofs,  so 
dafs  wir  dieselben  nicht  mehr  bequem  übersehen  köuneu, 
so  initsseu  wir  uns  messender  Instrumente  bedienen,  um 
ihre  Entfernung  an  verschiedenen  Punkten  zu  vergleichen 
und  alsdann  schliefen  wir  aus  der  gefundenen  Gleichheit 
oder  Ungleichheit  ihres  Abstandes  auf  ihren  Parallclisrnus 
oder  Ntchlparallelismus.  Es  ist  also  in  diesem  Falle  die 
Vorstellung  vom  Parallelismus  jener  Linien  das  Resultat 
eines  logischen  Schlusses,  welcher  mit  Hülfe  unseres  Ver- 
standes aus  gewissen  Thatsachen  der  Beobachtung  abgelei- 
tet wird. 

Ist  dagegen  die  Ausdehnung-  der  Linien  eine  so  geringe, 
dafs  wir  dieselben  mit  »eiuem  Blick*  Übersehen  können,  so 
gelangen  wir  anscheinend  unmittelhar  zur  Vorstellung  ihres 
Parallelismus,  ohne  erst  ihren  Abstand  besonders  an  ver- 
schiedenen Punkten  zu  vergleichen.  Ich  nehme  indessen 
an,  und  diefs  ist  im  Grunde  die  einzige  Hypothese  welche, 
gemacht  wird,  dafs  diese  Unmittelbarkeit  eine  nur  scheinbare 
ist,  und  allein  dadurch  erzeugt  wird,  dafs  wir  uns  wegen 
der  Schnelligkeit  der  mit  Hülfe  unserer  Augen  angestellten 
Vergleichungen  dieser  Operationen  gar  nicht  einzeln  bewufst 
werden,  sondern  vielmehr  sogleich  das  Endresultat  derselben — 
den  daraus  gezogenen  Schtufs  —  als  Resultat  einer  unmittel- 
baren   Wahrnehmung  ansprechen  ' ). 

Wir  verzichten  hier  vorläufig  auf  jede  weitere  Discus- 
sion  Ober  die  gröfsere  oder  geringere  Wahrscheinlichkeit 
dieser  Annahme,  hoffen  indessen  im  Laufe  der  folgenden 
Untersuchungen  Gelegenheit  zu  haben,  uns  wenigstens  von 
der  grofsen  Fruchtbarkeit  derselben  zu  überzeugen. 

Wir  tibertragen  dieselbe  zunächst  auf  die  Vorstellungen 

1)  Vergl.  Georg«,  die  rünl  Sinne  >li  Grnndhge  der  Pjjchologu  (Berlin 
1846;  S.  14. 


■  Convergent  und  Divergenz  und  nehmen  auch  hier  an, 
dafs  diese  Vorstellungen  die  Resultate  von  Schlüssen  sind, 
welche  wir  aus  der  sucecssiven  Vcrgleichnug  des  Abstände» 
homologer  Punkte  der  verglichenen  Linien  ableiten. 

Ob  diese,  uns  wegen  ihrer  Schnelligkeit  nicht  zum  Be- 
vrufslsevn  kommenden,  Operationen  des  Verstandes  von 
entsprechenden  Bewegungen  des  Augapfels  begleitet  sind, 
kann  hier  nicht  näher  untersucht  werden:  indessen  ist  es 
eine  Thalsache,  von  der  sich  jeder  aufmerksame  Beobachter 

»leicht  überzeugen  kann,  dafs  die  Beweglichkeit  der  Augeu- 
axen  bei  der  genauen  Betrachtung  der  Lagenverhältnisse 
zweier  geraden  Linien  eine  nicht  unwesentliche  Rolle  spielt. 

6,  Wir  brechen  hier  vorläuGg  den  Gang  unserer  bis- 
herigen Untersuchung  ab,  behalten  uns  indessen  vor,  den- 
selben später  wieder  aufzunehmen,  nachdem  wir  zuvor  eine 
gewisse  Gruppe  von  Erscheinungen  einer  näheren  Betrach- 
tung unterworfeu  haben. 

Es  ist  diefs  das  Gebiet  der  sogenannten  Contraslwirkun- 
gen  '),  deren  Ursache  wir  zunächst  in  der  cigcnthüuilichen 
Beschaffenheit  unseres  Seusoriums  suchen,  einen  andauernd 
empfundenen  Zustand  bei  plötzlicher  Unterbrechung  des 
selben  noch  kurze  Zeit  nachher  als  den  entgegen  gesetzten 
wahrzunehmen. 

Plateau  ist,  soweit  mir  bekannt,  der  Erste  gewesen, 
welcher  die  Gesainmtheit  der  hierher  gehörigen  Erscheinun- 
gen unter  einein  gemeinschaftlichen  Gesichtspunkt  zu  be- 
trachten versucht  hat').  Das  Wesentliche  seiner  Hypothese 
besteht  in  der  Annahme  von  zwei  entgegengesetzten  Erre- 
gungszuständen, welche  das  afficirte  Organ  nach  beendeter 
Einwirkung  der  erregenden  Ursache  periodisch  oder  -oscil- 
latorisch«  mit  abnehmender  Stärke  durchläuft,  ehe  es  den 
normalen  Ruhezustand  wieder  erlangt  hat. 

Wenn  mit    Hülfe   dieser   Annahme   nur   das  Phänomen 

I)  Vgl.  Oppcl,  Pugg.  Aon.  Bd.  XCIX,  v  M3. 

1)  Plalcau,  Kisai  d'unt  ihinrir  ginirnte  comprmutxl  l'eniemblt 
des  afrfiarrticri  riiurllti  i/ui  ititerdtnl  il  In  tunlrmpltitiun  dtt  ub- 
jtti  colorft  ttc.     {Mim.  d.  tacad.  dt  BwtlUi   T.  IUI.) 


der  zufälligeu  oder  snbjectiven  Farben  erklärt  werden  ( 
so  kann  mao  mit  dem  Begriff  jener  hypothetischen  "entge- 
gengesetzten Erregungszustände»  eine  ganz  bestimmte  Vor- 
stellung verbinden,  indem  man  sich  die  afücirt  gewesene 
Stolle  der  Netzhaut  einfach  .il  in  Schwingungen  versetzt 
denkt,  welche  durch  ihre  Vibrationsgescluvituligkeil  diejeni- 
gen des  ursprunglich  empfangeiieu  Eindruckes  entweder  zu 
Weifa  ergänzen  oder  mit  denselben  qualitativ  übereinstim- 
men. Wenn  aber  der  Erfinder  dieser  Hypothese  in  einer 
späteren  Abhundlung  ')  sein  »Princip  der  Oscillatiouen  ■ 
auch  zur  Erklärung  jener  eigen tliiini liehen  Bewegung  der 
Gegeusländo  anwendet,  welche  man  bei  andauernder  Bc 
tr.ichtung  gleichförmig  bewegter  und  dann  plötzlich  in  Ruhe 
versetzter  Objecte  »och  kurze  Zeit  iu  entgegengesetzter 
Richtung  wahrzunehmen  glaubt'),  so  dürfte  es  jedenfalls 
nicht  leicht  seyn,  sich  hierbei  von  der  Art  dieser  entgegen- 
gesetzten Erregungszustände  einen  auch  nur  einigemafsen 
klaren  Begriff  zu  machen3). 

7.  Aber  abgesehen  von  diesem  Umstände,  liegt  der 
ganzen  Plateau'schen  Hypothese  eine  Annahme  zu  Grunde, 
welche  durchaus  als  willkührlich  ercheinen  mufs. 

Es  wird  nämlich  der  Sitz  aller  hierher  gehörigen  pseu- 
doskopischen  Erscheinungen  iu  das  aflicirt  gewesene  Organ 
selbst  verlegt,  während  wir  doch  oben  an  der  pseudosko- 
pisch  vergrößerten  Mondscheibe  in  der  Nähe  des  Horizon- 
tes gesehen  haben,  dal's  zwei  gleich  grofse  Netzbaulbilder 
unter  gewissen  Umständen  dennoch  Vorstellungen  einer 
ganz  verschiedenen  Grütse  des  wahrgenommeneu  Objecte* 
in   uns   erzeugen   können.     Wäre  es   also    nicht    denkbar, 

1)  Pogg.  Ann.  Bd.  LXXX,  S.  287  (miigetheilt  «u  T.  XVI  des  Baäii. 

Je  J'acad.  de  BraxeUes.) 

2)  Ei  in  liicfj  die  bekannte  Bewegung  der  G tgra ■  [5ndc,  welcbe  nnt  in 
einem  Eisenbahnwagen  beim  Stillhalten  desselben  iu  der  falschen  Mei- 
nung veranlaß,  ei  bewtgt  sich  der  Wagen  uoch  kune  Zeit  langum 
in  colgegengcSFtttcr  Richtung. 

3)  Wenn  man  eben  hicrunltr  mein  ein  wirklich«  Vurhauclenseju  enrje- 
geugeaetit  hcwegicr  Nctibaulbilder  versieben  will,  was  aber  ulTtr.bar  ge- 
rade erklär!   werden  sult. 


dafs  dasselbe,  was  liier  in  Bezug  auf  räumliche  Dimensionen 
der  Nelzhautbdder  stattfindet  auch  in  Bezug  auf  Reihe  uitd 
Bewegung  derselben  stattfinden  kann? 

Hierdurch  wird,  wie  icli  glaube,  die  Frage  nach  dein 
Sitz  der  Plateau'schen  Bewegungspliilnoineue,  ob  in  dein 
unmittelbar  afficirten  Organ  (der  Netzhaut)  oder  iu  dem 
Orgaue  der  Seelenthatigkcit  (dem  Gehirn),  als  eine  gerecht- 
fertigte  erscheinen. 

Wie  man  sieht  würde  im  letzteren  Falle  die  Erklärung 
für  das  beobachtete  Phänomen  nur  eine  rein  psychologische 
seyn  künuen  und  wir  mülsten  uns  alsdann  hierbei  mit  dem- 
jenigen Grade  der  Evidenz  begnügen,  welcher  nach  dem 
heutigen  Standpunkte  unserer  Erkeonlnifs  den  Erklärungen 
auf  jenem  Gebiete  eigen  ist.  Indessen  erinnere  ich  noch- 
mals daran,  daf*  wir  die  Vergrößerung  der  Mondscheibe 
am  Horizont  und  die  Wirkungen  der  sogenannten  Luft- 
perspective  ebenfalls  rein  psychologisch  und,  wie  ich  glaube, 
für  uuser  wissenschaftliches  Bedürfnifs  vollkommen  befrie- 
digend erklaren,  indem  wir  nachweisen,  wie  uuser  Urlheil 
bei  conslantem  Sehwiukcl  des  wahrgenommenen  Objectes 
über  dessen  Entfernung  gelauscht  und  wir  SO  zu  einem 
falschen  Schlufs  über  seine  Grufse  verleitet  werden. 

8.  Die  der  Platcau'schen  Hypothese  zu  Grunde  lie- 
gende Annahme  wird  aber  sogar  unwahrscheinlich,  wenn 
nicht  unhaltbar1),  sobald  man  erwägt,  dafs  es  auch  mit 
verschlossenen  Augen  möglich  ist,  durch  mehrmaliges  schnel- 
les Herumdrehen  um  sich  selbst,  jene  bekannte  Bewegung 
der  Gegenstände  zu  cizeugeu,  welche  wir  beim  sogenannten 
Schwindel  zu  beobachten  glauben.  Diese  Erscheinung  ist 
den  oben  besprochenen  Phänomenen  so  ähnlich,  dal's  man 
nur  höchst  gezwungen  die  Gleichartigkeit  des  Ursprungs  bei- 
der in  Abrede  stellen  kann,  wie  auch  Oppel  am  Schlüsse 
seiner  mehrfach  citirten  Abhandlung  mit  Recht  hervorhebt. 

Dessenungeachtet  besteht  insofern  ein  wesentlicher  Un- 


I)  NatiU-li 


lulijrtliviu  Farben   iclicu  i 


ppU. 


) 


lerschied  zwischen   beiden  Bewegungsarten,  als  im   zuletzt 
erwähnten  Fall  die  Richtung  der  beobachteten  Scheinbewe- 
gung    slels  die    entgegengesetzte   von    der  Urehungsrichlum; 
uuseres  Körpers  ist,  so  dafs  also  bei  geöffneten  Augen  jene 
pseudoskopische  Bewegung  in   ihrer   Richtung   übereinstim- 
mend init  derjenigen  ist,   welche   wir    bei   der  Drehung  an 
den  uns  umgebenden  Gegenständen  beobachteten. 
Wir  schliefen  nun  hieraus  Folgendes: 
Da    in   uns   auch    ohne   vorhergegangene   Reizung    der 
Netzhaut  die  Vorstellung  einer  scheinbaren  Bewegung  der 
um   uns   befindlichen   Gegenstände   erzeugt   werden    kann, 
so  mufs  die  Ursache  dieser  Erscheinung  in  einem  falsche« 
Schlufs   über  die  Unveränderlich  keit   der  örtlichen  Bau- 
hangen  jener  scheinbar  bewegten  Übjecte  au  unserem  eigenen 
Standpunkte  gesucht  werden. 
Wir  werden  daher  diese  Erscheinungen  erklärt  taubes, 
wenn  es  uns  nachzuweisen  gelingt,   wodurch   und   wie  wir 
zu  jenem  falschen  Schlufs  verleitet  werden. 

9.  Aus  demselben  Grunde,  weshalb  wir  bekanntlich 
nie  im  Stande  sind  über  die  absolute  Ruhe  eines  Körpers 
im  Welträume  zu  entscheiden,  können  auch  unsere  unmit- 
telbaren Vorstellungen  von  Ruhe  oder  Bewegung  eines  Ob- 
jeetes  nur  relative  seyn,  d.  h.  dieselben  können  nur  da- 
durch in  uns  erzeugt  werden,  dafs  wir  die  Lage  eines  Kör- 
pers mit  der  eines  anderen  vergleichen  und  alsdann  aus 
der  Constanz  oder  Veränderlichkeit  des  gegenseitigen  Ab- 
staudes  auf  Ruhe  oder  Bewegung  der  verglichenen  Objecto 
scbliefsen. 

Ist  daher  die  Anzahl  dieser  Gegenstände  nur  zwei,  so 
ist  es  vollkommen  willkürlich,  entweder  den  einen  oder 
den  anderen  oder  beide  als  bewegte  aufzufassen.  War  der 
eine  unser  eigener  Körper,  so  mufs  dieser  Umstand  (vor- 
ausgesetzt, dafs  es  uns  an  anderen  Vergleichuugspunkten 
fehlt)  oothwendig  zu  jenen  bekannten  Täuschungen  Ver- 
anlassung geben,  bei  denen  wir  z.  B.  auf  einem  Schiffe  die 
scheinbare  Bewegung  der  Ufer  für  eine  wirkliche  halten 
und  in  einem  ruhenden  Eisenbahnwagen  durch  einen  lang- 


Fsm  dicht  vorbeifahrenden  Zug  tu  der  falschen  Meinung 
veranlagt  werden,  es  bewege  sich  der  mit  unH  stillstehende 
Zug. 

Gerade  der  zuletzt  erwähnte  Fall  giebt  einem  Jeden 
xo  den  intercssan testen  Beobachtungen  Veranlassung,  indem 
es  hierbei  sehr  oft  möglich  ist,  mir  durch  die  willkürlich 
veränderte  Thätigkeit  unseres  rcllcclirenden  Verslandes 
jene  Täuschung  abwechselnd  hervorzurufen  oder  zu  unter- 
drücken. 

Man   wird   in   der  bisherigen  Deduclion   über  die  Ent- 
stehung  der  Vorstellungen   von   Ruhe   und   Bewegung   mit 
Leichtigkeit  eine  vollkommene  Analogie  zu  der  obigen  (§.  5) 
über  das  Zustandekommen  der  Vorstellungen   vom  Paralle- 
lismus oder  \iilit|>nrnili'li=mus    zweier  geraden  Linien    wie- 
der erkennen,  so  dafs  wir  das  Resultat  unserer  bis  jetzt  an- 
gestellten Untersuchung  folgen  derma  fsen  ausdrücken  können: 
Die  Vorstellungen  vom  Parallelismus  oder  Nichlparalle- 
lismus   zweier   geraden   Linien    einerseits    und  diejenigen 
ton   der  Ruhe  oder  Bewegung  eines  Körpers  andrerseits, 
sind  nickt  unmittelbare  Ergebnisse    der  sinnlichen    Wahr- 
nehmung, sondern  Resultate  ton  logischen  Schlüssen,  wel- 
che wir  mit  Hülfe   der  reflectirenden   oder  vergleichenden 
Thätigkeit  unseres   Verstandes   aus   den   durch   das  Auge 
gegebenen  Beobachtungsdaten  ableiten  ').    Nur  die  grofse 
Geschwindigkeit  dieser  sehr  schnell  auf  einander  folgenden 
Verstandesoperationen   verhindert   es,   dafs  uns  dieselben 
einzeln  sam  Bewufstseyn  kommen. 
10.     Dessenungeachtet  entsteht   jetzt  die  Frage,   ob  die 
besagten  Vorstellungen  eine  gleiche  oder  verschiedene  Zeit 
zu    ihrer  Entwicklung   in    unserem    Bewufstseyn    erfordern 
und  wir  wollen  vorerst  diese  Frage  in  Bezug  auf  die  Vor- 
stellungen von  Buhe  und  Bewegung  zu  beantworten  suchen. 
Angenommen  es  wäre  von  zwei  Sternen  ohne  sichtbaren 


1       .1.1         Wi    „.■,..:.•!,,([       | 


i  bcwufilr  Wiiio 


pfl*gl. 


510 

Durchmesser  aus  theoretischen  Gründen  wahrscheinlich,  dafs 
beide  l'lainiten  seyen. 

Uni  die  Richtigkeit  unserer  Verumlhung  durch  die  Beob- 
achtung naher  zu  prüfen,  müssen  wir  zu  verschiedenen  Zei- 
len die  Abstände  der  fraglichen  Planeten  von  irgend  einem 
Fixsterne  zu  wiederholten  Malen  messen;  aus  der  Consta  uz 
oder  Veränderlichkeit  dieser  Abstände  seh  Meisen  wir  alsdann 
auf  die  Ruhe  oder  Bewegung  der  beiden  Sterne.  Wahrend 
wir  indessen  schon  am  ersten  Beobachtiingsabend  durch  die 
geringste,  merkbare  Veränderung  des  einen  der  gemessenen 
Abstände  zur  Vorstellung  von  der  Beweglichkeit  des  be- 
(reifenden  Sternes  gelangen  können,  ist  aus  der  Unvcrän- 
derlichkcit  jenes  Abstände»  beim  zweiten  Stern  durchaus 
nicht  mit  Notwendigkeit  auf  seiue  Unbeweglicbkeit  zu 
schlichen,  sondern  mit  demselben  Hechte  zunächst  nur  auf 
eine  während  der  Beobachtungszeit  für  unser  Instrument 
unmerkliche  Bewegung.  Erst  wenn  sich  diese  Unverander- 
lichkeit  während  einer  gewissen  Zeit  bewahrt  hat,  wird  die 
Buhe  jenes  Sternes  zu  einer  Wahrscheinlichkeit,  welche 
sich  mit  wachsender  Zeit  und  der  Anzahl  der  während  der- 
selben angestellten  Beobachtungen  asymptotisch  der  Gewifs- 
heit  nähert.  Es  ist  demnach  eine  gröfsere  Zeit  erforderlich, 
um  uns  von  der  Bohe  des  einen  wie  von  der  Beweglichkeit 
des  anderen  Sternes  zu  überzeugen. 

II.  Setzen  wir  uuu  an  die  Stelle  jenes  Fixsternes  un- 
seren eigenen  Körper,  auf  den  wir  im  täglichen  Leben  alle 
Bewegungen  zu  beziehen  gewohnt  sind,  an  Stelle  der  bei- 
den anderen  Sterne  irgend  zwei  beliebige  Objecto  und 
nehmen  nun  wieder  wie  früher  an,  die  einzelnen  Verglei- 
ehuugeu  der  Ortsbeziehungen  jener  Gegenstände  zu  unsena 
Körper  erfolgten  in  so  schneller  Aufeinanderfolge,  dafs  sie 
uns  einzeln  gar  nicht  zum  Bcwufstseyu  kommen,  so  haben 
wir,  wie  schon  oben  angedeutet,  die  genetische  Entwickelung 
der  Vorstellungen  von  Buhe  oder  Bewegung  eines  Körpers 
im  täglichen  Leben. 

Da  nun  die  Dauer  jener  angenommenen  Vergleichungen, 


511 

mag  dieselbe  noch  so  kurz  seyn,  doch  stets  eine  endliche 
seyn  mub,  so  ziehen  wir  aus  dem  Vorhergehenden  den 
folgenden  Schlufs: 

Die  Vorstellung  der  Buhe  erfordert  eine  gröfsere  Zeit 

xu  ihrer  Entstehung  als  die  Vorstellung  der  Bewegung 

eines  Körpers. 

12.  Wir  gelangen  nun  durch  ähnliche  Betrachtungen 
zu  einem  vollkommen  analogen  Schlufs  in  Bezug  auf  die 
Vorstellungen  vom  Parallelismus  oder  Nichtparallelismus 
zweier  geraden  Linien.  Wir  haben  nämlich  oben  (§.  5) 
gesehen ,  dafs  diese  Vorstellungen  ebenfalls  durch  schnell 
aufeinanderfolgende  Vergleichungen  der  Abstände  homologer 
Punkte  der  geraden  Linien  in  uns  entstehen.  Die  Wahr* 
acheinlkhkeit  des  vollkommenen  Parallelismus  wächst  aber 
mit  dem  Abstände  und  der  Anzahl  der  verglichenen  Punkte« 
Paare  in  den  geraden  Linien  und  nähert  sich  mit  der  Zu- 
nahme dieser  Groben  asymptotisch  der  Gewifsheit.  Da 
nun  auch  hier  die  einzelnen  Vergleichungen  eine  gewisse, 
endliche  Zeit  beanspruchen  und  zur  Entscheidung,  ob  zwei 
Linien  parallel  sind,  eine  gröbere  Strecke  von  Punkten 
verglichen  werden  niub,  als  diefs  zur  Entscheinung  der 
Convergenz  oder  Divergenz  erforderlich  ist,  so  schliefsen 
wir  auch  hier: 

Die  Vorstellung  des  Parallelismus  erfordert  eine  grö» 
fsere  Zeit  %u  ihrer  Entstehung  als  die  Vorstellung  der 
Convergenz  oder  Divergenz  zweier  geraden  Linien. 

13.  Bemerken  wir  endlieh  zum  Schlufs  unserer  bishe- 
rigen Entwickelung  noch  Folgendes.  Wenn  man  aus  einer 
regelmässig,  periodisch  wiederkehrenden  Erscheinung  auch 
auf  die  nächstfolgende  ihrer  Beschaffenheit  nach  unverän- 
derte Wiederkehr  derselben  schliefst,  so  ist  diefs  bekanntlich 
ein  sogenannter  »Schlufs  durch  unvollständige  Induction«, 
der  erat  dann  logisch  bindende  Kraft  erhält,  wenn  sich 
aus  allgemeinen  Gesetzen  nachweisen  labt,  dab  diese  Er- 
scheinung nothwendig  wiederkehren  mufs.  Nichts  desto 
weniger  wird  die  Wahrscheinlichkeit  der  erwarteten  W\t- 


d erkehr  in  einem  bestimmten  Verhülliiifs  mit  der  Anzahl 
der  bereits  beobachteten  Erscheinungen  wachsen  müssen  '). 

Auf  diese  Art  des  Schliclseits  sind  wir  nun  durch  eine 
gewisse  Trägheit  unseres  Reflex  ionsrermögens  fast  allein 
bei  Verarbeitung  der  täglich  in  uns  aufgenommenen  sinn- 
lichen Eindrücke  zu  bestimmten  Vorstellungen  angewiesen 
und  wir  haben  uns  durch  die  im  Allgemeinen  regelwfifsife 
Übereinstimmung  dieser  Schlüsse  mit  der  Wirklichkeit  so 
sehr  daran  gewöhnt,  diefa  als  ausnahmelose  Regel  zu  be- 
trachten, dafs  jede  Abweichung  hiervon  nolhwcndig  zu  Täu- 
schungen führen  mufs.  Auch  hier  nehmen  wir  nach  Ana- 
logie des  Obigen  eine  so  schnelle  Aufeinanderfolge  der 
einzelnen  Operationen  an,  dafs  uns  diese  als  solche 
nicht  zum  Bewufstseyn  kommen  und  wir  nur  die  durch 
den  abgeleiten  Scblufs  gewonnene  Vorstellung  als  etwas  in 
der  Wirklichkeit  Vorhandenes  ansprechen. 

14.  Wir  wollen  nun  versuchen  mit  Hülfe  der  im  Vor- 
hergehenden entwickelten  Sätze,  zunächst  die  von  Plateau 
und  Oppel  an  den  oben  citirten  Stellen  beschriebenen 
Bewegungserscheinungen  zu  erklären. 

Ich  wähle  hierzu  den  einfachsten  Fall  und  nehme  an, 
es  bewege  sich  eine  Reihe  gleich  weit  abstehender  Punkte 
mit  gleichförmiger  Geschwindigkeit  in  gerader  Linie  z.B.  von 
links  nach  rechts. 

Hat  die  Bewegung  eine  gewisse  Zeil  lang  gedauert,  so 
erwarten  wir  (§.  13)  die  Fortdauer  derselben  auch  für  den 
nächsten  Moment  und  zwar  mit  desto  gröfserer  Gewifsheit, 
je  öfter  unserer  Erwartung  entsprochen  worden  ist,  d.  h.  je 
länger  diese  Bewegung  gedauert  hat.  Treten  daher  die 
bewegten  Punkte  plötzlich  in  den  Zustand  der  Ruhe,  so 
gelangt  diese  Erscheinung  zwar  sogleich  durch  die  verän- 
derte Affection  der  Netzhaut  zu  unserem  Bewufstseyn,  aber 
es  folgt  aus  §.  11,  dafs  wir  diese  Acnderung  zunächst  nur 
als  veränderten  Bewegung  stustand  wahrnehmen  können,  da 
zur  Erzeugung  der  Vorstellung  von  Ruhe  unsere  Reflexion 
erst  eine  gewisse  Zeit  lang  tbätig  geweseu  seyn  mufs.  Je 
l)   Verjl.  G.  Hafeo,  Grundtüfc«  Am  N^tuWXv^WuKehngDf  $.  7. 


gröfser  und  zuversichtlicher  nun  unsere  Erwartung  von 
der  Fortdauer  der  beobachteten:  Beweglichkeit  gewesen 
ist,  desto  längere  Zeit  wird  unsere  Rcflcxionsthätigkeit  in 
Anspruch  genommen  werden  müssen,  um  in  uns  die  Vor- 
stellung von  der  Ruhe  der  vorher  bewegten  Punkte  zu  er- 
zeugen, da  wir  oben  gesehen  haben,  dafs  die  Ueberzeu- 
gung  von  der  Ruhe  eines  Körpers  eine  mit  wachsender 
Reobachlungszeit  sich  asymptotisch  der  absoluten  Gewifsheit 
nähernde  Grofsc  ist. 

15.  Ist  aber  einmal  zugegeben,  dafs  wir  einen  längere 
Zeit  hindurch  geradlinig  bewegten  und  dann  plötzlich  in 
Ruhe  versetzten  Körper  noch  kurze  Zeil  nach  Eintritt  der 
Ruhe  als  einen  bewegten  wahrnehmen  müssen,  so  sind  hier 
im  Allgemeinen  nur  zwei  Fälle  als  möglich  anzunehmen  '); 
entweder  der  Körper  bewegt  sich  nach  der  ursprünglichen 
Richtung  weiter  oder  nach  der  entgegengesetzten. 

Treten  indessen  bei  dem  plötzlichen  Ucbergang  des 
Körpers  aus  der  Bewegung  in  Ruhe  Erscheinungen  ein, 
welche  die  Bildung  der  ciueu  oder  anderen  jener  Vorstel- 
lungen (von  der  Richtung  der  Bewegung)  begünstigen,  so 
wird  hierdurch  auch  allein  die  Richtung  der  scheinbaren 
Bewegung  bedingt  seyn.  Eine  solche  Begünstigung  läfst 
sich  nun  in  der  That  in  vorliegendem  Fall  sehr  leicht  nach- 
weisen. 

Wenn  nämlich  ein  geradlinig  bewegter  Körper  in  die 
entgegengesetzte  Bewegung  übergeht,  so  muts  er  notwen- 
dig die  Ruhelage  passiren,  sn  dafs  dieser  Zustand  entweder 
als  Endzustand  der  bisherigen  oder  als  Anfangszustand  der 
entgegengesetzten  Bewegung  des  Körpers  aufgefafst  werden 
kann.  Da  der  erste  dieser  beiden  Fälle  als  dauernder  Zu- 
stand durch  die  einmal  supponirtc  Beweglichkeit  ausgeschlos- 
sen ist,  so  bleibt  nur  der  letzte  Übrig  und  es  mufs  sich  da- 

1)   Et  würde  die  Definition   inin(llli|mniin    verlängern,    wollle   man   der 
graf««n   rUIgeraeinheil  wegen,    die  Milglirl.keil    einer  nath  »llen   dedk- 

I  baren  Kiclilungen  «anfindenden  Bewegung  cici  Körpers  annehmen  und 
alidann  nach  dem  Salze  du  iure  Feh  enden  Grand«  die  W»WuA«\nVieW 
k*it  der  beiden  oben  uiiroiueHisr  angenommen™  WicWn^n  \wneam. 
Patttadorir,  Amul   Bd.    CX.  '*>*> 


514 

her  der  Körper  für  unser  Bewufstseyu  nach  der  entgegen- 
gesetzten Seile  bewegen,  was  zunächst  bewiesen  werden 
sollte. 

16.  Untersuchen  wir  jetzt  die  weiteren  Beziehungen, 
welche  nach  der  entwickelten  Theorie  zwischen  der  Scbein- 
bewegung  und  der  ursprünglichen  zu  erwarten  sind  und 
sehen  zu,  wie  weit  die  auf  diesem  Wege  gewonnenen 
Resultate  mit  deu  Ergebnissen  der  Beobachtung  überein- 
stimmen. 

Bezeichnen  wir  die  Gröfsc  der  ursprünglichen  Bewe- 
gung mit  G  die  der  Scheinbewegung  mit  g,  ferner  die  Dauer 
der  ursprünglichen  Bewegung  mit  D,  die  der  Schciubcwe- 
gung  mit  d,  so  sind  nur  folgende  Beziehungen  denkbar: 

1.  g  als  Function  von  £1 

2.  o    -  ■  ■     D 

3.  d   -  ■  -     G 

4.  d    »  »  -     D 

In  Betreff  der  ersten  Beziehung  folgt  unmittelbar  aus 
§.  13,  dais  allgemein  g  mit  G  wachsen  inufs,  und  zwar  bis 
zu  einem  gewissen  Maximum,  welches  dadurch  bedingt  ist, 
dafs  es  bei  sehr  schneller  Bewegung  nicht  mehr  möglich  ist, 
einzelne  Gegenstände  zu  unterscheiden,  wodurch  natürlich 
die  Vorstellung  von  der  Bewegung  derselben  überhaupt 
vernichtet  wird. 

Diefs  stimmt  mit  den  Beobachtungen  Oppels  an  seinem 
»  Antirrheoskop  «  übereiu. 

Derselbe  sagt  hierüber  nämlich  Folgendes  (Pogg.  Ann. 
Bd.  99,  S.  555). 

"Ein  sehr  wichtiger  Punkt  bei  der  Hervorrufung  des 
besprochenen  Phänomens  ist,  wie  mir  meine  Versuche 
gezeigt  haben,  das  Treffen  der  geeigneten  Geschwindig- 
keit der  ursprünglichen  Bewegung  (also  der  Umdrehung 
der  Kurbel).  Denn  die  Gröfse  des  beabsichtigten  Ef- 
fectes ')  nimmt,  wenn  man  diese  Schnelligkeit  von  einem 
Minimum  an  wachsen  lafst,  Anfang»  deutlich  mit  derselben 

I)   Worunter   also,    da   nichti  Betoodrr»   bemerlr   in,    Gcichmindigini 
aad  Dauer  iu  Tertichen  in. 


zu,  aber  nur  bis  zu  einer  gewisse»  Grunze,  von  welcher 
an  sie,  bei  noch  gröfserer  Drehungsgeschwiudigkeit,  ziem- 
lich rasch  wieder  abnimmt«.  _ 
17.     Die    zweite   Beziehung    ist   nach   unserer   Theorie 
geradezu  unmöglich  und  es  giebt,  so  weit  mir  bekannt,  bis 
jetzt  keine  Thatsache,  welche  dieser  Folgerung  widerspräche. 
Die  Existenz   der  dritten  Beziehung   müssen   wir  etwas 
ausführlicher  motiviren. 

£s  ist  oben  (§.  9)  gezeigt  worden,  dafs  die  Vorstellung 
von  der  Bewegung  eines  Körpers  in  uns  durch  wiederholte, 
schnell  aufeinanderfolgende  Vergleichungen  desselben  mit 
der  Lage  unseres  eigenen  Körpers  entsteht,  indem  wir  aus 
der  Veränderlichkeit  des  Abslandes  beider  Objecte  auf  die 
Beweglichkeit  des  eineu  schlieisen. 

Die  Dauer  dieser  Eiern  entaroperationeo  betrachten  wir 
als  eine  für  dasselbe  Individuum  constante,  so  dafs  innerhalb 
gleicher  Zeiträume  auch  eine  gleiche  Anzahl  jener  Verglei- 
chungen vollendet  ist. 

Wenn  daher  die  während  zwei  solcher  Vergleichungen 
stattfindende  Orlsveräderung  des  Körpers  für  unser  Organ 
unmerklich  ist,  so  werden  erst  drei  solcher  Elementarver- 
gleichungen combinirt  in  uns  die  Vorstellung  von  der  Be- 
wegung des  Körpers  erzeugen  können  u.  s.  w.,  so  dafs  wir 
zu  folgendem  Salz  geführt  werden: 

Um  zur  einmaligen  Vorstellung  von  der  Bewegung  eines 
Körpers  zu  gelangen,  mufs  eine  desto  größere  Anzahl 
ton  Elententarrergleichungen  combinirt  werden,  je  langsa- 
mer die  Bewegung  ist,  oder  in  anderer  Form: 

Die  Anzahl  der  in  gleichen  Zeiträumen  in  uns  gebilde- 
ten   Vorstellungen   ton   der   Bewegung   eines   Körpers   ist 
desto  geringer,  je  langsamer  die  Bewegung  ist. 
Da   nun  aber  nach  §.  13  mit   der  Anzahl   dieser  Vor- 
stellungen  auch  die  Wahrscheinlichkeit   der  Wiederholung 
desselben  Processes   in  uns  wächst  und,    wie  bereits   oben 
gezeigt,  nach  wirklich  eingetretener  Ruhe,  eine  der  Gröfse 
jener  Wahrscheinlichkeit  entsprechende  Anzahl  von   neue« 
Vergleichungen  angestellt  werden  muh,  um  Aen  \»e^Hi^«a«a. 


Hfl 

KöIlIei  dlul-  zu  vernichten,  so  folg!  auch  für  die  drille  der 
oben  aufgestellten  Beziehungen,  dal's  d  mit  G  bis  zu  einem 
gewissen  Ma\inuim  wachseu  und  dann,  aus  denselben  Grün- 
den wie  bei  der  ersten  Beziehung  wieder  abnehmen  mufs. 

Auch  dien;  Resultat  stimmt  nach   der  oben  (§.  16)   ci- 
tirlcn  Stelle  mit  den  Beobachtungen  Oppel's  Übereil). 

IS.     Die  vierte  der  aufgestellten  Beziehungen  folgt  un- 
mittelbar  aus   den    §§.   13    und    II,    so    zwar,    «.Li-    sich    d 
bei    cotitiuuirlicher   Zunahme    von    /'   stets   ciuer   gewissen 
Grunze  nühert,  ohne  dieselbe  je  zu  erreichen.    Diese  Fol- 
gerung behält  indessen  nur  für  den  idealen  Fall  einer  un- 
veränderten Energie  des  Auges  ihre  Gültigkeit,  durch  des- 
sen  Affeclion    die  Vorstellung   von   der  Bewegung  in  uns 
vermittelt  wird.     Lassen  wir  daher  diese  Annahme,   als   in 
der  Wirklichkeit  nicht   existirend,  fallen,   so   gelangen   wir 
auch  hier  zur  Annahme  eines  gewissen  Maximums,  was  wie- 
derum mit  den  Ergebnissen  der  Beobachtung  fibereinstimmt. 
Die  Worte  Oppel's  über  diesen  Punkt  lauten:  (L  c.  p.  äöä) 
»Etwas  ganz   Achnlicbes  gilt  auch   iu   Bezug  auf  die 
zweckmässige  Dauer  der    anregenden   Bewegung.     Auch 
hier  scheint  es   ein   Maximum  zu  geben,    welches  nicht 
ohne  Minderung  des  Erfolges  überschritten  werden  darf, 
und    welches    noch    ziemlich    weit    diefsseits    derjenigen 
Grunze  zu  liegen  scheint,   bei   welcher   eine  völlige  Ab- 
stumpfung oder  Ermüdung  des  Auges  eintritt. 
19.     Wir  haben  bei  unserer  bisherigen  Deduction  stets 
der  Einfachheit  halber  die  Voraussetzung  gemacht,  dafs  die 
Scheinbewcgung   an  den   ursprünglich    bewegten   Objecteu 
selber  beobachtet  werde.     Es  bleibt  uns  jetzt  noch  zu  be- 
weisen übrig,  dafs  sich  diese  Bewegung   auch   auf  andere 
Gegenstände  übertragen  lasse. 

Es  ist  §.  14  die  besagte  Scheinbewegung  mittelbar  als 
die  Folge  eines  Schlusses  durch  unvollständige  Induction 
hingestellt  worden  und  wir  haben  gesehen,  dafs  das  Wesen 
dieses  Schlusses  gerade  darin  besteht,  dafs  man  hierbei  voll- 
kommen von  der  Ursache  der  beobachteten  Erscheinung 
absieht  und  nur  von  den  bereits  eingetroffenen  Fällen  auf 


is  Eintreffet!  der  Erscheinung   für  die   nächsten  Momente 
schliefst. 

Es  besteht  nun  aber  im  vorliegenden  Falle  zwischen  den 
ursprünglich  bewegten  Objecten  und  den  anderen  Gegen- 
ständen kein  anderer  Unterschied,  als  in  Bezug  auf  die  Ur- 
sache ihrer  Beweglichkeit.  Wir  konnten  es  für  wahrschein- 
licher halfen,  den  einmal  als  bewegt  aufgefaßten  Gegenstand 
deshalb  auch  ferner  für  leichter  beweglich  zu  halten  als 
z.  B.  das  Dach  eines  Hauses,  auf  welches  wir  nach  beob 
acbleter  Bewegung  unsere  Aufmerksamkeit  richten.  Indessen 
man  sieht  leicht,  dafs  diese  gröfscre  oder  geringere  Wahr- 
scheinlichkeit der  Bewegung  unserer  iXelzhautbilder  erst 
durch  eine  besondere  BcÜexion  über  die  Ursache  jener  Be- 
wegung in  uns  erzeugt  werden  niufs,  wozu  jedoch  nicht 
icr  eine  Veranlassung  vorliegt,  ehe  sich  nicht  wirklich  die 
bereits  iudicirte  Vorstellung  einer  regressiven  Bewegung 
j.  II  und  §.  15)  in  uns  entwickelt  hat,  d.  h.  che  die  bc- 
igte  Täuschung  nicht  wirklich  stattgefunden  hat.  Es  folgt 
hieraus: 

Dafs  sich  die  an  den  ursprünglich  bewegten  Gegenstän- 
tlen    beobachtete    Scheinbeiccgung    auf  alle  Nelzhautbitder 
übertragen  müsse,  welche  sich  vor  Ablauf  einer  getoUsen, 
tont  Ende    der   ursprünglichen    Betcegnng    an    gerechneten 
Zeit  im  Auge  vorfinden,  was  bewiesen  werden  sollte. 
Dieser  Umstand  erklärt  nun   in  Rücksicht  auf  das  Frü- 
here mit  Leichtigkeit   die   bekannten   Plateau'schcn   Phä- 
nomene ')  an   der    rotirenden   Spirale.     Der    verschiedene 
Grad  derselben  bei  verschiedenen  Individuen  folgt  ebenfalls 
ganz  ungezwungen  aus  der    ungleichen  Dauer  der  Elcinen- 
taroperationen,   die  höchstwahrscheinlich  eine  Function  des 
betreffenden  Organismus  seyn  wird  und  über  deren  GrÖfse 
unsere  Hypothese  durchaus  keine   bestimmte  Beschränkung 
auferlegt. 

20.  Durch  die  zuletzt  angestellten  Betrachtungen  sind 
wir  nun  hinlänglich  vorbereitet,  um  uns  zur  Erklärung  der- 
jenigen Bewegung  anzuschicken,  welche  wir  nach  n\el\ra&- 
I)  V«el.  Pugg.  Adii.  Bd.  LXXX,  S.  290. 


518 

ligem  schnellem  Herum  drehen  um  uns  selbst  (mag  diefs  mit 
verschlossenen  oder  geöffneten  Augen  geschehen)  noch  kurze 
Zeit  an  den  uns  umgebenden  Gegenständen  zu  beobachten 
glauben. 

Als  Veranlassung  zur  Erzeugung  der  Vorstellungen  vou 
Rübe  und  Bewegung  eines  Körpers  haben  wir  bis  jetzt 
nur  die  Reizung  der  Netzhaut  kennen  gelernt,  d.  h.  die 
Unveräuderlichkeit  oder  Veränderlichkeit  der  Bilder  üi  un- 
serem Auge.  Man  sieht  indessen  leicht,  dafs  die  Vor- 
stellung einer  Bewegung,  (und  zwar  einer  bestimmt  ge- 
richteten) auch  ohne  diese  Reizung  in  uns  erzeugt  werden 
müsse,  sobald  wir  selber  durch  unseren  Willen  coulinuir- 
lich  die  Veranlassung  dieser  Bewegung  sind,  wie  diefe  z.  B. 
bei  der  Drehung  um  uns  selbst  offenbar  der  Fall  ist. 

Wir  sind  nämlich  seit  der  frühesten  Kindheit  daran  ge- 
wöhnt, auf  jeden  bestimmten  Act  des  Willens,  welcher 
sieb  auf  die  Beweglichkeit  unseres  Korpers  bezieht,  «ach 
die  entsprechende  Bewegung  desselben  mit  uasern  Augen 
wahrzunehmen,  so  dafs  wir  durch  diese  andauernde  und 
nie  getäuschte  Uebereiustimmung  der  gewollten  mit  der  ge- 
sehenen Bewegung  auch  auf  das  weitere  Fortbestehen  die- 
ser Uebereiustimmung  schliefsen  und  daher  unmittelbar  mit 
dem  Acte  des  Wollens  die  Vorstellung  der  beabsichtigten 
Bewegung  verknüpfen. 

Wir  müssen  also  im  vorliegenden  Falle  auch  mit  ver- 
schlossenen Augen  zur  Vorstellung  sowohl  vom  Objecte 
als  auch  von  der  Richtung  dieser  Bewegung  gelangen 
können. 

21.  Tritt  nun  plötzlich  Ruhe  ein,  so  folgt  aus  §.  U 
und  §.  15  zunächst  eine  pseudoskopische  Bewegung  des 
bisher  bewegten  Objectes  nach  der  entgegensetzten  Rich- 
tung und  nach  §.  19  die  U Übertragung  dieser  Bewegung 
(in  derselben  Richtung)  auf  andere  Ocjecte.  Diefs  stimmt 
aber  mit  den  oben  (§.  8)  Über  diese  Bewegung  angegebe- 
nen Thatsacheu  vollkommen  überein. 

Dafs  der  beschriebene  Effect  wesentlich  der  gleiche  ist, 
wenn  die   ursprüngliche  Umdrehung  mit   geöffneten  Augen 


vor  eich  geht,  scheint  mir  daraus  zu  folgeu,  dafs  zur  Er- 
zeugung der  Vorstellung  von  unserer  Eigenbewegung  die 
Rellexiousthätigkeit  bereits  vollkommen  in  Anspruch  genom- 
men ist,  so  dafs  diese  Vorstellung  über  diejenige,  welche 
durch  Bewegung  der  Nctzhaulbüder  nach  entgegengesetz- 
ter Richtung  etwa  erzeugt  werden  konnte,  gleichsam  prä- 
dominirt  '). 

Indessen  dürfte  es  nach  der  bisherigen  Entwicklung 
wahrscheinlicher  seyn,  au  Stelle  der  Gleichzeitigkeit  von 
Vorstellungen  im  Bewufstseyn  eine  so  schnelle  Aufein- 
anderfolge derselben  anzunehmen,  dafs  nur  durch  diese 
Schnelligkeit  der  Eindruck  einer  scheinbaren  Gleichzeitig- 
keit in  uns  erzeugt  wird.  Dann  würde  sich  natürlich  von 
zwei  Vorstellungen  immer  nur  diejenige  gerade  entwickeln 
können,  zu  deren  Bildung  die  ursächlichen  Bedingungen 
am  günstigsten  sind. 

22.  Hiermit  hätten  wir  nun  das  Gebiet  der  bis  jetzt 
bekannten  pseudoskopischeu  Bewegungsphänomene  erschöpft 
und  dieselben  aus  einer,  wie  ich  glaube,  sehr  einfacheu 
Annahme  Über  den  Bildungsprozefs  unserer  Vorstellungen 
genügend  erklärt.  Wir  wenden  uns  jetzt  mit  Hülfe  dersel- 
ben Hypothese  zur  Erklärung  der  obeu  beschriebenen  und 
durch  eine  Zeichnung  veranschaulichten  Pseudoskopie  '), 

Nach  §.  12  fiudet  zwischen  den  Vorstellungen  der  Buhe 
und  der  Bewegung  einerseits  und  den  Vorstellungen  des 
Parallclismus  und  Nichtparallclismus  audererseits  eine  voll- 
kommene Analogie  statt.  Die  Ursache  dieser  Ueberein- 
Btimmung  liegt  nach  unserer  Hypothese  offenbar  darin,  dafs 
beide   Classen   von   Vorstellungen   durch    die   Unverändcr- 


l)   Wnllle 


itre  Umdrehung  oncuglcn  tcliriubaren  Hewegiiog  sejn;  dem  wiilenpriebi 
»l»er  die  Erf.l.rung  (Vetjl.   §.  8). 
2)  M.n    vergleich.:    hierbei    die    von   Oppel    in    lerne  r   Abhandlung  (die.e 

»1.  Bd.  XC1X.  S.  513)  irwUtte  VennuthuDg  Neeff.  üb«  Ck 


520 

liebkeit  oder  Veränderlichkeit  eines  Abstandes  —  bei  der 
Ruhe  und  Bewegung  des  Abslandes  unsers  Körpers  vom 
ruhenden  oder  bewegten  Objecle,  beim  Parallelisuius  oder 
Nicht-  Parallelisuius  des  Abstaudes  homologer  Puuktc  — 
in  uns  erzeugt  werden,  nur  mit  dem  Unterschiede,  dafs 
bei  der  ersten  Classe  von  Vorstellungen  dieser  Abstand 
eine  Function  der  Zeit  bei  der  zweiten  Classe  die  Func- 
tion einer  linearen  Rauingrüfse  ist.  Es  wird  daher  auch 
die  Erklärung  der  betreffenden  Pleuroskopie  eine  im  We- 
sentlichen mit  der  obigen  übereinstimmende  seyn,  so  dafs 
die  ganze  Deduclion  mit  Berücksichtigung  der  erwähnten 
Analogie  bedeutend  abgekürzt  werden  kann. 

23.  Betrachten  wir  zwei  Ha uptsl reifen  unserer  Zeich- 
nung mit  ihrcu  schrägen  Querslreifen,  so  werden  wir  durch 
Gegenwart  der  letzteren  zur  Austeilung  ciuer  grofseu  An- 
zahl von  Elementarvcrgleichungeu  veraulafst,  welche  stets 
zu  dem  Schlufs  und  dadurch  zu  der  Vorstellung  der  Con- 
vergenz  nach  einer  bestimmten  Richtung  führen.  Wir  er- 
warten daher  dasselbe  Resultat  (§.  13)  auch  dann,  wenn 
wir  vermöge  unserer  Refleiionsthätigkeit  die  gegenseitige 
Lage  der  Hauptstreifen  durch  solche  El  einen  tarvergl  eichuo- 
gen  ermitteln  wollen.  Es  erfordert  aber  nach  §.  12  die 
Vorstellung  des  Parallelisuius  eine  grofsere  Zeit  zu  ihrer 
Entwickeluug  als  die  des  Nicht  parallelisuius,  so  dafs  wir 
die  verglichenen  flauplstreifen  nicht  unmittelbar  als  parallel 
sehen  können.  Dafs  nun  an  Stelle  der  erwarteten  Con- 
vergenz  eine  Divergenz  eintreten  inufs,  folgt  sofort  aus  §.  15, 
wenn  man  die  entsprechen  den  Vorstellungen  mit  den  in 
Rede  stehenden  vertauscht,  so  dafs  wir  uns  hier  jedes  aus- 
führlichen Beweises  enthalten  können.  Ein  Unterschied 
liegt  nur  darin,  dafs  im  vorliegenden  Fall  die  schrägen 
Querstreifcn  durch  ihre  stete  Gegenwart  unsere  Aufmerk- 
samkeit immer  wieder  von  Neuem  fesseln,  so  dafs  sich  der 
oben  angedeutete  Prucefs  in  schneller  Aufeinanderfolge  im- 
mer wiederholen  inufs,  wodurch  die  pseudoskopisebe  Ab- 
lenkung eine  permanente  wird. 

Aus    der    ubcu    erklärten    Analogie    beider  Arteu    von 


Pseudoskopie  folgt  ferner,  dafs  sich  die  zuletzt  besprochene 
in  aller  Strenge  auf  die  erste  zu  rück,  führen  läfst  und  diese 
auch  die  ursprünglichere  ist,  was  sich  einfach  aus  folgen- 
der Betrachtung  ergiebt. 

Wir  haben  gesehen,  dafs  sich  die  Vorstellungen  von 
Ruhe  und  Bewegung  durch  den  Consta n teil  oder  variablen 
Abstand  zweier  Puukte  in  uns  entwickeln,  lu  diesem  Falle 
Fällt  die  Ursache  der  Gonslanz  oder  Veränderlichkeit  jenes 
Abstandes  mit  der  Ursache  der  Kühe  oder  Bewegung  des 
beobachteten  Ohjectes  zusammen. 

Bei  den  Vorstellungen  des  Parallel ismus  und  Nichtpa- 
rallclismus  wird  jedoch  die  erwähnte  Coustauz  oder  Ver- 
änderlichkeit erst  indirect  durch  eine  andere  Bewegung  er- 
zeugt, nämlich  durch  das  sucecssive  Fortrücken  der  fingir- 
ten  Linie,  welche  durch  ihre  Lange  den  Abstand  je  zweier 
Puukte  der  verglichenen  Linien  mifst. 

24.  Wir  müssen  indessen  hier  noch  auf  einen  bemer- 
kenswerten Umstand  aufmerksam  machen,  welcher  unter 
Voraussetzung  unserer  Hypothese  zu  einer  interessanten 
Folgerung  über  die  Gleichzeitigkeit  von  Vorstellungen  im 
ßewufstseyn  führt. 

Es  ist  schon  oben  §.  21  bemerkt  worden,  dafs  es  nach 
der  bisherigen  Eutwickclung  naturgemäßer  wäre,  au  Stelle 
der  Gleichzeitigkeit  von  Vorstellungen  eine  sehr  schnelle 
Aufeinanderfolge  derselben  anzunehmen.  Diese  Annahme 
wird  aber  bei  der  zuletzt  erwähnten  Pseudoskopie  durch- 
aus nolhwcndig,  denn  offenbar  gellen  alle  unsere  Schlüsse 
nur  unter  der  Voraussetzung,  dafs  sich  die  besagten  Vorstel- 
lungen nicht  gleichzeitig,  soudern  nacheinander  entwickeln. 
Ln  vorliegenden  Falle  befindet  sich  die  ganze  pseudoskopische 
Zeichnung  mit  ihren  Längs-  und  schrägen  Querstreifcu 
gleichseitig  auf  der  Netzhaut  des  Auges  und  wir  müssen 
dessenungeachtet  eine  periodisch,  schnell  abwechselnde  Bil- 
dung der  besprochenen  Vorstellungen  annehmen,  ohne  hier 
von  die  Ursache  iu  dem  sinnlich  wahrgenommenen  Objectc 
suchen  zu  k ünnen. 

25.  Es  bleibt   uns  jetzt  noch  zu  nAHlwi   vAm^,  ^««■- 


halb  das  Minimum  der  pscudoskopiscben  Ablenkung  iu  den 
oben  bezeichneten  (§.  3)  beiden  Lagen  stattfindet.  Ich 
glaube,  dafs  dieser  Umstand  in  Folgendem  seine  Begrün- 
dung findet. 

Ebenso,  wie  wir  gewohnt  sind,  alle  Bewegung  und 
Buhe  auf  unseren  eigenen  Standpunkt  zu  bezicheu,  so  fin- 
det etwas  ganz  Aehnliches  in  Bezug  auf  die  Lagenverhäll- 
nisse  von  Linien  statt.  Durch  die  symmetrische  Anordnung 
der  Augen  zu  beiden  Seiten  einer  durch  die  Langsame  des 
Körpers  bezeichneten  Richtung,  sind  vorzugsweise  zwei 
Lagen,  die  horizontale  und  verticalc  in  uns  deutlich  in- 
dicirt,  und  es  wird  daher  unsere  Reflexionsthätigkeit  die 
Lage  von  anderen  Linien  vornehmlich  auf  diese  beiden 
Richtungen  beziehen.  Betrachten  wir  daher  zwei  Linien, 
welche  parallel  mit  der  normalen  Richtung  der  Langsame 
unserer  Körpers,  d.  h.  vertical  sind,  so  wird  hierdurch  die 
Vorstellung  vom  Parallelismus  derselben  untereinander  we- 
sentlich gefördert,  so  dafs  es  gar  nicht  einmal  nothwendig 
ist,  beide  Linien  zugleich  im  Gesichtsfelde  unseres  Auges 
zu  haben.  Wir  schliefsen  dann  indirect  von  dem  Paralle- 
lismus jeder  einzelnen  Linie  mit  unserem  Körper  (oder  ei- 
gentlich mit  der  zur  Verbindungslinie  der  beiden  Augen 
Normalen)  auf  ihren  Parallelismus  untereinander,  während 
bei  jeder  anderen  Lage  der  beiden  Linien  diese  Beziehung 
offenbar  eine  bei  weitem  schwierigere  ist.  Dasselbe  gilt 
auch  von  der  horizontalen  Lage,  die  mit  der  normalen  Rich- 
tung der  Verbindungslinie  der  beiden  Augen  zusammen- 
fällt. 

Die  Vorstellung  vom  Parallelismus  der  Hauplstreifen, 
welche  in  jeder  anderen  Lage  nur  durch  successive  Ver- 
gleichung  ihres  Abstandes  erlangt  werden  kann,  wird  in 
den  bezeichneten  Lagen  auch  noch  durch  Vergleichungen 
mit  der  Lage  unseres  Kopfes  verstärkt,  so  dafs  der  Fehi- 
schlufs,  zu  dem  wir  uns  durch  die  Gegenwart  der  schrägen 
Querstreifen  verleiten  liefsen,  wieder  etwas  corrigirt  wird 
und  dadurch  die  Hauptstreifen  gleichsam  an  ihrer  pseudosko- 
pischen  Beweglichkeit  veiUwen.  , 


523 

Hieraus  wird  es  begreiflich,  weshalb  in  den  bczeiclioe- 
teit  beiden  L.igen  die  pscudoskopische  Ablenkung  ihr  Mi- 
nimum erreichen  mufs. 

Scuönweide  im  Juni  1860. 


XII.     Gei/slers  nachleuchtende  Röhren; 
von  P.  Riefs. 

(AufWun.rl,  fa  IleMiiigcbcn.) 


Ljin  ausgezeichnetes  Exemplar  dieser  merkwürdigen,  weil 
verbreiteten  Bohren  besieht  aus  7  in  gerade  Linie  gestell- 
ten Glaskugeln  (1£  Zoll  Durchmesser),  die  durch  bogenför- 
mige Glasruhren  zu  einer  Schlangenlinie  verbunden  sind, 
und  mifst  19  Zoll  zwischen  deu  beiden  in  den  Endkugeln 
befindlichen  Eisen -Elektroden.  In  einer  der  mittleren  Ku- 
geln ist  ciu  Tropfen  einer  nasser  hellen  Flüssigkeit  bemerk- 
bar, der  bei  Neigung  der  Röhre  seine  Stelle  ändert.  Ge- 
rade ausgestreckt  würde  die  Röhre  etwa  3  Fufs  lang  seyn; 
dennoch  geht  ein  elektrischer  Strom  leicht  hindurch,  und 
das  Nachleuchten  kann  deutlich  durch  die  Funken  eines 
kleinen  Eleklrophors  (von  einer  Züudmaschine)  bewirkt 
werden.  Am  schönsten  erhalt  man  die  Erscheinung  durch 
den  Strom  eines  magnet- elektrischen  Induktionsapparats. 
Schon  ein  einzelner  Oeffnungsstrom  hat  das  Nachleuchten 
zur  Folge,  dessen  Stärke  und  Dauer,  während  etwa  20  Se- 
kunden mit  der  Anzahl  der  erregenden  Ströme  zunimmt. 
Bei  dem  Durchgänge  der  Ströme  ist  die  negative  Elektrode 
an  ihrer  breiten  blauen  Hülle  erkennbar,  das  Licht  in  den 
gekrümmten  Vcrbindungsröhren  roth  mit  breiten  verwa- 
schenen Schichten.  Ganz  eigentümlich  ist  das  Licht  der 
Kugeln.  Diese  scheinen  vou  einem  grünlich  gelben  leuch- 
tenden Nebel  gleichmäfsig  erfüllt,  und  machen  den  Ein- 
druck von  Innen  erleuchteter  Kugeln  aus  ÄuTt\Äc\wivcvavÄs.\& 


524 

Material.     Selbst  bei   mäfsig  hellem  Zimmer  ist   noch   eine 
grünliche  Färbung  der  Kugeln  zu  erkenueu. 

Nach  dem  Aufhören  des  elektrischen  Stromes  leuchten 
alle  Tbeilc  der  Röhre  mit  gelbem  grüulich  abklingendem 
Lichte,  das  in  den  Kugeln  sehr  intensiv  ist.  Durch  Inso- 
lation oder  Bestrahlen  mit  elektrischem  Lichte  wird  die 
Röhre  nicht  leuchtend.  Bei  spater  Abenddämmerung  wurde 
das  Nachleuchten  15  Sekunden  laug  beobachtet,  ohne  dafs 
die  Augen  vorher  nährend  der  Dauer  des  Stromes  ge- 
schlossen waren.  Hiernach  ist  die  beschriebene  Röhre  viel 
vollkommener  als  die  nachleuchtenden  Geifsl  er  'sehen  Röli- 
rcu,  welche  Hr.  E.  Berquerel  untersucht  hat  und  deren, 
nur  nach  vorherigem  Scbliefseu  der  Augen  bemerk  liebes, 
Nachleuchten  er  der  Phosphorescenz  von  verdünntem  Sauer- 
stoff zuschreibt  (Annal.  de  phys.  et  chim.  57.  1 10).  Die  bei- 
den Endkugclu  der  Rühre  erlöschen  stets  früher  als  die 
andern  Kugeln;  in  den  meisten  Füllen  erlosch  die  negative 
Endkugel  füher  als  die  positive.  Ich  habe  den  Versuch  sehr 
oft  gezeigt,  ohne  bisjelzt  eine  Abnahme  der  Erscheinung  zu 
bemerken.  Freilich  habe  ich  möglichst  schwache  Induelions 
ströme  gebraucht,  weil  mir  die  Erfahrung  milgclheilt  war, 
dafs  eine  Röhre  schon  nach  wenigen  Versuchen  die  Eigen- 
schaft des  Nachleuchtens  verloren  hatte.  Deshalb  kam  es 
häutig  vor,  dafs  der  Strom  zu  schwach  war,  um  sogleich 
durch  die  Röhre  zu  gehen:  dann  wurde  der  Durchgang  un- 
fehlbar dadurch  bewirkt,  dafs  eine  der  beiden  Eiidkugeln 
mit  der  Hand  umfafst,  oder  leichter  dadurch,  dafs  ein  dar- 
auf geklebtes  Stanniolblatt  mit  dem  Finger  berührt  wurde. 
Der  Erfolg  dieses  Verfahrens,  das  natürlich  bei  allen  elek- 
trischen Röhren  anwendbar  ist,  wird  erklärt  durch  eine  von 
mir  beschriebene  Pausenerscheinung  am  Inductions-  Appa- 
rate (d.  Annalen  Bd.  99,  S.  636).  Nach  eiuer  mündlichen 
Mittheilung  des  Hrn.  Heinrich  Geifsler  aus  Botin,  der 
daraus  kein  Gelieimnifs  machte,  ist  zur  Füllung  der  be- 
schriebenen Röhre  wasserfreie  Schwefelsäure  verwendet 
worden. 


Ueber  die  Zusammensetzung  des  Stilbits; 
von  C.  Rammeisberg. 


M^Jie  bis  jetzt  bekannten  Analysen  vom  Stilbit  (Heulandit) 
Bind  nicht  zahlreich  und  stimmen  nicht  ganz  mit  einander 
Oberem,  so  dnfs  die  Zusammen  sei  zu  ng  des  Minerals  einige 
Zweifel  übrig  liefs.     Es  sind  folgende: 

1)  Färöer.     Thomson. 

2)  Island(?).     Wahnstedt. 

3)  Island.    Rammelsbcrg  (Eine  Analyse  von  mir,  vor 
mehr  als  zwanzig  Jahren  ausgeführt). 

I)  Island.     Damour. 

5)  Island,  Berufjord.    Sartorius  v.  Waltershauscn. 

6)  Ostindien,  Nerbuddalhal.     Haughtou. 


3. 


4. 


Kieselsäure 

59,U 

60,07 

58,2 

59,85 

58,90 

56,59 

Tlioncrdc 

17,92 

17,08 

17,6 

16,15 

16,81 

15,35 

Kalk 

7,65 

7,13 

7,2 

7,55 

7,38 

5,88 

Magnesia 

— 

— 

— 

— 

0,29 

0,82 

Kali 

— 

— 

— 

0,67 

1,63 

0,89 

Natron 

— 

— 

— 

1,16 

0,57 

1,45 

Wasser 

15,111 

15,10 

16,0 

14,33 

11,32 

17,18 

Eisenoxid 

— 

11,20 

— 

— 

0,12 

— 

Hin. ii 

99,5s 

99,0 

99,71 

100.02 

98,46 

No.  6  weicht  so  sehr  von  den  übrigen  Analysen  ab, 
dafs  man  sie  aufser  Acht  lassen  mufs.  In  den  übrigen  ist 
das  Sauersloffverhaltnifs: 


3:S4 

R:Al 

AUS! 

H:Si 

2,9 

1:3,8 

1  : 3,67 

1 : 2,24 

3,1 

3,9 

3,9 

2,32 

2,94 

4,0 

3,67 

2,12 

3,08 

2,96 

4,1 

2,44 

2,9 

3,0 

3,9 

2,40. 

Darin  stimmen  mithin  alle  Analysen  überein,  dafa  der 
Sauerstoff  der  Basen  und  der  Säure  =  1:3,  der  Stilbit  im 
Ganzen  ein  Trisilikat  ist.  Aber  während  die  drei  altern 
R:  AI  =  1:4,  d.  B.  3  At,  R  gegen  4  At  Thonerde  haben, 
zeigen  die  beiden  neuern  das  Verhältnifs  1 1 3  oder  je  I  At. 
dieser  Basen.  Auch  in  Bezug  auf  das  Wasser  ditferiren 
die  Angaben,  denn  wenn  man  den  Sauerstoff  der  Säure 
_=  12  setzt,  ist  das  des  Wassers  in  No.  1  =  5,4,  in  No.  2 
=  5,2,  in  No.  3  =  5,7  und  in  No.  4  und  5  =  5,0. 

Allerdings  ist  es  sehr  wahrscheinlich,  dars  die  beiden 
letztern  Analysen  ein  richtigeres  Bild  von  der  Zusammen- 
setzung des  Stilbits  geben,  schon  aus  dem  Grunde,  weil  die 
älteren  die  wenn  auch  kleine  doch  wesentliche  Menge  der 
Alkalien  gar  nicht  anführen,  und  dafs  also  der  Sauerstoff 
R  :  AI :  Si :  H  =  1  :  3  :  12  :  5  sey.  Um  aber  selbst  davon  mich 
zu  überzeugen,  habe  ich  einen  gut  krystallisirten  Stilbit  von 
Teigerhohn  auf  Island  untersucht,  und  nur  ausgesuchte  Kry- 
stalle  benutzt. 

Das  lufttrockne  Pulrer  verlor  über  Schwefelsäure  in 
zwei  Tagen  1,91  Proc,  beim  Glühen  noch  13,57,  zusammen 
15,48  I'roc.  Ferner  gaben  100  Theile  des  Inf  [trocknen 
Pulvers: 


Kieselsäure 

59,63 

30,95 

Thonerde 

15,14 

7,07 

Kall 

6,24 

1,78 

Kali 

2,35 

0,4(1 

2,30 

Natron 

0,46 

0,12 

Wasser 

15,48 

13,76 

99,30. 

Hier  ist  der  Sauerstoff  der  Basen  uud  der  Säure  =  1:3,3; 
der  von  R :  Äl  =  1 : 3,07;  der  von  R :  H  =  1 : 6.  Abgesehen 
von  einem  kleinen  Ueberschufs  an  Säure  ist  also  R:Al:Si:H 
=  1:3:12:6.  I 

Betrachtet  man  aber  das  Ober  Schwefelsäure  entwichene 
Wasser  als  hygroskopisches.,  s.o  ^iebt  die  Analyse: 


527 


Sauerstoff. 

Kieselsäure 

60,97 

31,64 

Thonerde 

15,49 

7,23 

Kalk 

6,38 

1,82 

Kali 

2,40 

o,4i ; 

2,35 

Natron 

0,47 

0,12 

Wasser 

13,57 

12,06 

99,28. 

ist  der  Sauerstoff  des  Wassers  nur  das  Fünffache 
von  dem  der  starken  Basen.  Da  nun  aber  die  Zeolithe 
leicht  einen  Theil  ihres  Wassers  verlieren,  die  Menge  von 
fast  2  Proc.  auch  für  hygroskopische  Feuchtigkeit  zu  grofe 
wäre,  so  glaube  ich,  dafs  der  Stilbit  6  At.  Wasser  gegen 
1  At  Kalk  und  Alkali  enthält,  also 


Al'Si9    l  +  12aq 


ist 

Nimmt  man  aber  diesen  Wassergehalt  an,  so  haben 
Stilbit  und  Desmin  gleiche  Zusammensetzung,  und  können 
als  heteromorphe  Körper  betrachtet  werden. 


XIV.    Notizen. 


1.  Orofser  Inductionsapparat.  —  Unser  geschickte  Lands- 
mann, der  Mecbanikus  Ruhmkor  ff  in  Paris,  hat  kürzlich 
für  den  Prof.  Jamin  einen  Inductionsapparat  verfertigt, 
welcher,  durch  sechs  Bunsen'sche  Elemente  angeregt,  Fun- 
ken von  42  Centimet.  (15,5  par.  Zoll)  Länge  giebt.  Hr. 
Moigno,  aus  dessen  Cosmos,  Vol.  XVI,  p.  453  diese  No- 
tiz entlehnt  ist,  sagt,  der  Anblick  dieser  Funken  oder  Blitz- 
schlfige  mache  auch  den  Unerschrockensten  t\\\aih.  —  ^** 


fragt  sieh  nur,  wie  lange  der  Apparat,  dessen  Construction 
wohl  eine  nfilierc  Beschreibung  verdiente,  diese  ungeheure 
Wirksamkeit  behalten  werde  (P). 


2.  Magnelisirnngs  -  Erscheinung.  —  Von  demselben 
Künsller  findet  sich  in  den  Compt.  rend.  T.  L,  p.  166,  fol- 
gende kurze  Notiz,  die  wir,  zur  Vermeidung  von  Mißver- 
ständnissen, unübersetzt  wiedergeben:  S»  Ion  serre,  avec 
une  bride  en  fer  daiur.,  l'un  des  pöles  tTun  aimant  arttficiel, 
on  constate  que  ce  fer  doux  prend  de  la  durett,  it  dement 
plus  difficite  ä  limer.  Si  Von  enlevc  la  bride,  eile  perde 
sa  ditreU  et  reprend  les  propriiiis  du  fer  doux. 

3.  Elektrisches  Leuchtthurm-  Licht.  —  In  dem  Phil. 
Mag.  Vol.  XIX,  p.  320  giebt  Hr.  Faradaj  Nachricht  von 
der  Anwendung,  die  man  auf  dem  Lcuchtthurm  zu  South- 
Foreland,  am  Kanal,  von  dem  elektrischen  Licht  statt  des 
gewöhnlicher  Oellampen  gemacht  hat.  Das  Licht  wird  zwi- 
schen Kohlenspilzen  von  zwei  magneto  -  elektrischen  Ma- 
schinen geliefcrl,  deren  jede  durch  eine  Dampfmaschine  von 
zwei  Pferdekräften  in  Bewegung  gesetzt  wird.  Diese  Be- 
1  euch  tu  n  gs  weise  war  im  April  1860  schon  sechs  Monate  in 
Thätigkcit  und  übertraf  in  ihrer  Wirkung  alle  Erwartung. 
Nur  der  Kostenpunkt  erheischte  noch  eine  nähere  Er- 
wägung. 


Gedruckt  bei  A.  Vf.  Seoul«  \n  ^«Vm,  <STttti«t™r«e  18. 


1860.  ANN  ALE  N  JTo.  8. 

DER  PHYSIK  UND  CHEMIE. 

BAND  CX. 


I.     Chemisch  analytische  Beiträge; 
von   Heinr.   Rose. 

er  die  quantitative  Bestimmung  des  Quecksilbern  und 
her   die   Trennung   desselben   von   anderen   Metallen. 

Meldung   des  Quecksilbers   als  Cblurür  vermUlelst   phosphorichter 
Säure. 

limine  sehr  häufig  angewendete  Methode,  das  Quecksilber 
in  seinen  Verbindungen  und  in  Lösungen  quantitativ  zu  be- 
stimmen, ist  die,  dasselbe  vermittelst  Zinnchlorürs  zu  me- 
tallischem Quecksilber  zu  reduciren,  und  dieses  dem  Ge- 
wichte nach  zu  bestimmen.  Jeder  aber,  der  sich  dieser 
Methode  bedient  hat,  wird  sich  überzeugt  haben,  dafs  sie 
mit  sehr  vielen  Schwierigkeiten  verknüpft  ist,  die  beson- 
ders darin  bestehen,  dafs  man  das  reducirte  Metall  biswei- 
len sehr  schwer  zu  gröfseren  Metallkugeln  vereinigen  kann, 
und  dafs  man  es  oft  als  schwarzes  Pulver  erhalt,  das  Ver- 
unreinigungen cinschliefsen  kann.  Es  ist  diefs  besonders 
der  Fall,  wenn  man  sich  eines  Zinnchlorürs  bedient,  das 
durch  die  Lauge  der  Zeit  mehr  oder  weniger  oxydirt  wor- 
den ist.  Jedenfalls  erhalt  mau  nur  genaue  Resultate,  wenn 
man  grofse  Vorsicht  und  möglichste  Reinlichkeit  anwendet, 
und  nur  in  Gefäfseu  arbeitet,  die  vollkommen  von  jeder 
unsichtbaren  Fetthaut   befreit  worden  sind. 

Nach  langer  Erfahrung  habe  ich  mich  überzeugt,  dafs  die 
beste  Methode,  das  Quecksilber  in  seinen  Lösungen  quan- 
titativ zu  bestimmen,  die  ist,  es  vermittelst  Cblorwasser- 
sloffsäure  und  phosphorichter  Säure  in  QuccksilberchlorÜr 
zu    verwandeln,    das    mit    gröfserer   GeoMÜ^eÄV  VmäVkbksA. 

Pogfewlorir,  Aanal.    Bd.   CK.  ^ 


530 
und    gewogen    werden    kann,    als    das   metallische    Queck- 
silber. 

Die  phosphorichtc  Säure  ist  wobl  schon  früher  biswei- 
len zur  Bestimmung  des  Quecksilbers  angewandt  worden, 
doch  nicht  so  allgemein,  als  sie  es  verdient,  Man  bat  an- 
dererseits häufiger  sich  bemüht,  die  Menge  der  phospborich- 
ten  Säure  in  einer  Lösung  durch  Quecksilberchlorid  zu  be- 
stimmen, und  ich  selbst  habe  schon  vor  sehr  langer  Zeit  , 
die  Zusammensetzung  der  uiitcrphosphorichtcii  Säure  auf 
diese  Weise  zu  erforschen  gesucht  '). 

Die  Losungen  der  QuecksilberverbiDdungen  werden, 
wenn  Cblorwasserstoffsäurc  vorhanden  ist,  durch  die  pbos- 
pborichle  Säure  bei  gewohnlicher  Temperatur  nur  zti  Queck- 
silberchlorür rcducirl.  Man  kann  die  Temperatur  selbst 
bis  zu  -+-6(1"  steigern,  ohne  dafs  bei  einem  Ueberschufs 
von  phosphorichler  Säure  das  Quecksilberchlorür  zu  Me- 
tall rcducirl  wird.  Erst  wenn  diese  Temperatur  Über- 
schritten, und  his  zum  Kochen  gesteigert  worden  ist,  findet 
und  dann  besonders  nur  bei  Gegenwart  von  freier  Cblor- 
wasserstoffsäurc oder  Schwefelsaure,  die  Kcdtiction  bis  zu 
Metall  statt. 

Es  ist  aber  vorzuziehen,  das  Quecksilber  durch  die 
phosphorichtc  Säure  nur  bis  zu  Quecksilberchlorür  zu  re- 
duciren.  Dasselbe  kann  leicht  ausgewaschen  werden,  und 
trocknet  man  es  nach  dem  Auswaschen  auf  einem  gewo- 
genen Fillrum  bei  100°,  so  kann  mau  sehr  genau  seine 
Menge  und  die  des  Quecksilbers  in  der  Verbindung  be- 
stimmen. 

Als  Reductionsmittel  wendet  man  nicht  reine  phospho- 
richtc Säure,  sondern  die  Säure  an,  welche  man  durchs 
Zerfliefsen  des  Phosphors  in  feuchter  Luft  sehr  leicht  und 
iu  grofser  Menge  erhallen  kann.  Dieselbe  enthält  be- 
kanntlich mehr  oder  weniger  Phosphorsäurc,  deren  Ge- 
genwart indessen  von  keinem  Nachtheile  ist. 

Will  man  aus  einer  Lösung  des  Quecksilbers  dasselbe 
durch  phosphorichtc  Säure  als  ChlorÜr  niederschlagen,  so 
I )  Pagg.  Ann.  Bd.  9,  S  561. 


531 


rogt 


" 


i  zuerst  zu  der  Lösung  Chlorwasserstoffsäure  hin- 


wenn  nicht  schon  diese  Säure  oder  ein  Chlormetall 
dariu  enthalten  ist  (bei  Gegenwart  von  Oxvdul  entsteht 
dadurch  schon  ein  Niederschlag  von  ChlorÜr),  und  dann 
fügt  man  die  Lösung  der  phosphorichten  Säure  hinzu.  Es 
ctilstehl,  namenliich  in  sehr  verdünnten  Lösungen,  oft  in  dezi 
ersten  Augenblicken  keine  Fällung,  wohl  aber  nach  einiger 
Zeit.  Durchs  Stehen  bei  gewohnlicher  Temperatur  ist  nach 
12  Stunden  alles  Quecksilber  als  Chloriir  vollständig  aus- 
geschieden. Durch  eine  gelinde  Erhöhung  der  Temperatur 
beschleunigt  man  zwar  sehr  die  Ausscheidung  des  Chlorürs: 
sie  ist  aber  nicht  nolhwendig,  und  man  kann  selbst  ein  ge- 
lindes Erhitzen  unterlassen,  wenn  man  auch  nicht  zu  be- 
fürchten braucht,  dafs  das  Chlorür  sich  zu  Metall  reducire. 
Der  weifee  Niederschlag  des  Chlorürs  setzt  sich  sehr  gut 
ab;  nur  wenn  die  Lösung  keine  oder  vielmehr  nur  sehr 
wenig;  freie  Säure  enthält,  geschieht  das  Absetzen  sehr  lang- 
sam, und  dann  kann,  selbst  wenn  mau  erst  nach  ^Stun- 
den ültrirt,  der  Niederschlag  eine  geringe  Neigung  haben, 
etwas  trübe  durchs  Filtrum  zu  laufen,  was  man  indessen 
vollständig  verhindert,  wenn  man  etwas  Säure,  namentlich 
etwas  Chlorwassersloffsäure  hinzufügt. 

Die  Bestimmung  des  Quecksilbers  auf  diese  Weise  ist 
auch  in  sofern  wichtig,  als  das  Quecksilber  aus  der  Lö- 
sung sich  vollständig  als  Chlorür  durch  phosphorichte  Säure 
niederschlagen  läfst,  wenn  auch  viel  Salpetersäure  darin 
enthalten  ist;  die  Lösung  inufs  dann  nur  nicht  zu  Concen- 
trin, sondern  verdünnt  sejn.  Bekanntlich  wird  bei  Ge- 
genwart von  Salpetersäure  die  Bestimmung  des  Quecksil- 
bers durch  Zinnchlorür  sehr  unsicher. 

Wenn  mau  das  gefällte  Chlorür  12  Stunden  hindurch 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  hat  stehen  lassen,  so  ist  es 
so  vollständig-  ausgeschieden,  dafs  in  der  filtrirten  Flüssig- 
keit keine  Spur  davon  zu  entdecken  ist.  Das  Auswaschen 
kann  mit  heifsem  Wasser  geschehen.  Den  Niederschlag 
darf  man  bei  keiner  höheren  Temperatur  als  bei  100" 
trocknen.     Er  ist  immer  vollständig  weil's,  auxVv  vü-ww  \wm\ 


532 

die  Fällung  bei  einer  gelinden  Temperatur-  Erhebung  be- 
wirkt bat. 

Die  Ausscheidung  des  Quccksilbeichlorürs  durch  phos- 
phorichte Säure  erfolgt  eben  so  put  bei  Gegenwart  von 
grofsen  Mengen  von  alkalischeu  Chlorinetnlleu,  als  wenn 
diese  fehlen.  Es  ist  diefs  von  Wichtigkeit.  Bei  Gegen- 
wart von  freier  Chlorwasserstoff  säure  erfolgt  die  völlige  Aus- 
scheidung des  Cblorürs  früher  als  in  neutralen  Lösungen. 

Um  zu  sehen,  welchen  F.inllufs  freie  Sauren  auf  die 
Fällung  des  (Quecksilbers  als  Ghlorür  durch  phosphorichte 
Säure  ausüben,  wurde  zu  einer  Quecksilbeichloridlösung 
phusphoriebte  Säure,  aber  olme  Zusatz  eiuer  andern  Säure 
hinzugefügt,  ferner  wurde  eine  Quecksilberchloridlösung 
mit  pliosnhorichter  Säure  und  mit  Chlorwassersloffsäure 
vermischt,  und  endlich  wurde  Quocksilhorchloridlüsmig  mit 
phosphorichter  Säure,  mit  Chlorwasserstoffsäure  und  mit 
Salpetersäure  gemengt.  Alle  Lösungen  wurden  bis  etwa 
zu  60°  erwärmt.  Es  entstand  der  weifse  Niederschlag  des 
ChlorÜrs  in  allen  drei  Lösungen  so  ziemlich  zu  derselben 
Zeit,  aber  in  den  beiden  mit  Säure  gemischten  Lösungen 
setzte  sieb  derselbe  schnell  klar  ab,  die  Lösung  indessen, 
ZU  welcher  keine  Chlorwasserstoffsäure  und  Salpetersäure 
hinzugefügt  worden  war,  blieb  lange  milchicht,  wurde  erst 
nach  18  Stunden  klar,  und  beim  Fillriren  lief  die  Flüssig- 
keit zuerst  milchicht,  und  erst  nach  wiederholten  Zurück  - 
giefsen  klar  durchs  Filtrum;  alle  drei  Niederschlüge  liefsen 
sich  übrigens  sehr  leicht  auswaschen;  das  Auswaschen  ge- 
schah mit  beifsem  Wasser. 

Von  1,736  Gnn.  Quecksilberchlorid  erhielt  Hr.  Oesten 
durch  phosphorichte  Säure  ohne  Zusatz  einer  andern  Säure 
1,499  Gnn.  QuccksilberchlorÜr;  es  hätten  1,509  Gnn.  er- 
halten werden  müssen. 

Von  1,012  Gnn.  Quecksilberchlorid  erhielt  er  durch 
phosphorichte  Säure  mit  einem  Zusätze  von  Chlorwasser- 
stoffsäure 0,881  Gnn.  QuccksilberchlorÜr  statt  0,879  Gnn., 
welche  jener  Menge  von  Chlorid  entsprechen. 

1,267  Gnn.  Quecksilberchlorid   gaben   ihm  durch  phos- 


phorichte  Säure  mit  einem  Zusätze  von  Chlorwassersfoff- 
eäure  und  Salpetersäure  1,100  Gnu.  Quecksilberchlorid.  Für 
jene  Menge  von  Chlorid  sind  1,101  Gnu.  Chlorilr  das  Aequi- 
valent. 

Man  sieht  also,  dafs  durch  eineu  Zusatz  von  Säuren 
gerade  die  besten  Resultate  erhalt«)  werden.  Dafs  ohne 
Zusatz  derselben  ein  minder  richtiges  Resultat  sich  ergab> 
rührt  davon  her,  dafs  das  Chlorür  im  Anfange  milch  ich  t 
durchs  I  iltnini  ging,  wodurch  wohl  der  geringe  Verlust 
entstand. 

Aehnliche  Versuche  wurden  angestellt  mit  Lösungen  v 
Quecksilberchlorid,  zu  welchen  nur  Chlornatrium,  dann  zu 
welchen  Chlornatrium  und  Chlnrwasserstoffsäure,  und  end- 
lich zu  welchen  Chlorammonium  hinzugefügt  wurde.  In 
allen  Fällen  wurde  das  Quecksilber  so  völlig  gefällt,  dafs 
in  den  vom  Chlorür  ablillrirlen  Flüssigkeiten  nicht  die  min- 
deste gelbe  Färbung  durch  Schwefelwasserstoffwasser  wahr- 
genommen werdeu  konnte. 

Will  man  durch  die  phosphorichte  Säure  das  Queck- 
silber nicht  als  Chlorür,  sondern  als  Metall  abscheiden,  so 
muls  mau  nach  dem  Zusetzen  derselben  das  Ganze  bis  zum 
Kochen  erhitzen.  Das  zuerst  entstandene  Chlorür  wird 
dann  erst  grau,  aber  es  verwandelt  sich  nicht  eher  in  Kü- 
gelchen  von  Metall  als  bis  man  etwas  verdünnte  Schwefel- 
säure oder  besser  Chlorwasserst offsäurc  hinzugefügt  hat. 
Ohne  den  Zusatz  von  freier  Säure  findet  die  Reducliou 
nur  sehr  schwierig  statt.  Man  sucht  darauf  die  kleinen 
Kügekhen  des  Metalls  zu  grüfscren  zu  vereinen,  und  ver- 
fährt dabei  ganz  so,  wie  hei  der  Keductiou  einer  Queck- 
silbervcrbiiidung  durch  Zinnchlorür. 

Es  ist  indessen  bei  weitem  vorzuziehen,  durch  die  phoi 
phorichte  Säure  das  Quecksilber  als  Chlorür  zu  fällen,  Demi 
es  ist  sehr  schwer  durch  p  hos  phorichte  Säure  das  Queck- 
silber so  vollkommen  zu  Metall  zu  reduciren,  dafs  die  aus- 
geschiedenen Kügclchen  desselben  gauz  frei  von  Chlorür 
sind.  Haben  sie  sich  nicht  zu  ^rofeea  K\Mf,e\\\  ^wnw^V 
und  hat  sich  mehr   ein   metallisches  VuYsev    a^Ya»e;w^\v^Aft, 


534 

so  hinleriafst  dasselbe  gewöhnlich  bei  der  Auflösung  in 
verdünnter  Salpetersäure  gröfsere  oder  geringere  Mengen 
von  Quecksilberchlorür.  Es  gelang  nie,  ganz  richtige  Re- 
sultate durch  die  Rcduction  des  Quecksilbers  zu  Melall  »er- 
mittelst der  pliospho  richten  Saure  zu  erhallen:  man  erhält 
nur  dann  genaue  Resultate,  wenn  man  die  Kcductiou  bis  zu 
Cliloriir  bewirkt,  und  hat  nicht  so  viele  Vorsiclitsuiafsregeln 
zu  beobachten,  wie  bei  der  Reduction  zu  Metall,  bei  welcher 
überhaupt  du  kleiner  Verlust  schwer  zu  vermeiden  ist,  und 
welche  immer  eine  gewisse  Uebung  erfordert.  Das  Chlorür 
läfst  sich  ferner  vollkommen  bei  lt)Ü"  ohne  den  mindesten 
Verlust  trocknen,  das  metallische  Quecksilber  darf  weder 
bei  dieser,  noch  auch  bei  einer  minder  erhöhten,  sondern 
nur  bei  gewöhnlicher  Temperatur  über  Schwefelsäure  oder 
über  Chlorcalcium  getrocknet  werden. 

Die  Bestimmung  des  Quecksilbers  aus  Beinen  Lösungen 
durch  pJiospJio richte  Säure  bat  noch  den  grofsen  Vortbeil, 
dafs  man  durch  dieselbe  das  Quecksilber  von  sehr  vielen 
Metallen  trennen  kann,  die  sich  dann  in  der  vom  Chlorfir 
oder  vom  Metall  getrennten  Flüssigkeit  bestimmen  lassen. 
Hat  man  das  Quecksilber  durch  Zinnchlorür  ausgeschieden, 
so  ist  die  Bestimmung  der  andern  Metalle  oft  mit  so  vielen 
Schwierigkeiten  verknüpft,  dafs  man  sie  lieber  ganz  un- 
terlägst. 

Die  Trennung  des  Quecksilbers  vom  Kupfer  gelingt  durch 
pbospho richte  Säure  sehr  gut,  und  diese  Methode  der 
Trennung  hat  noch  den  grofsen  Vortbeil,  dafs  es  von  gar 
keinem  Einflufs  ist,  ob  das  Quecksilber  als  Oxyd  oder  als 
Oxydul,  oder  als  ein  Gemeuge  beider  Oxydationsstufeu 
vorhanden  ist.  Ist  es  als  Oxydul  vorhanden,  so  wird  die 
Trennung  zwar  schon  vollständig  durch  verdünnte  Cblor- 
wasserstoffsäure  allein  bewirkt;  es  ist  indessen  schwer  und 
wohl  unmöglich,  das  Quecksilber  so  in  einer  Losung  zu 
erhalten,  dafs  sich  nicht  gröfsere  oder  geringere  Spuren 
davon  in  Oxyd  verwandeln.  Sicherer  verfährt  man  daher 
immer,  wenn  man  nach  der  Fällung  des  QuecksilberchlorUrs 
vermittelst  Cbloi  wafisetfiloUa&vAie  u.o<&  \fc«re^Wvdote  Säure 


535 

hinzufügt,  um  die  etwa  vorhandenen  Spure»  von  Quecksil- 
beroxyd  in  ChlorÜr  zu  verwandeln. 

Von  1,635  Gnu.  Quecksilberchlorid,  dessen  Lösung  mit 
schwefelsaurem  Kupferoxyd  vermischt  wurde,  erhielt  Hr. 
Oeslen  nach  Zusetzen  von  Chlorwasserstoffsäure  und  phos- 
phorichter  Säure  1,119  Grm.  Quecksilberchlorid,  welche 
1,632  Grm.  Quecksilberchlorid  entsprechen. 

Wenn  die  Fällung  des  Quecksilberchlorids  bei  gewöhn- 
licher Temperatur,  oder  auch  bei  etwas  erhöhter  Tempera- 
tur vermittelst  der  phosphorichtcu  Säure  stattfindet,  so  hat 
mau  keine  Einmengung  von  Kupfcrchlorür,  oder  (bei  An- 
wendung von  schwefelsaurem  Kupferoxyd)  von  schweflicht- 
saurem  Kupferoxydul-  Kupferoxyd  zu  befürchten.  Beides 
aber  kann  sich  bilden,  wenn  man  durchs  Kochen  das  Queck- 
silber zu  metallischem  Quecksilber  reduciren  will. 

Auch  selbst  vom  Wismuthoxyd  können  die  Oxyde  des 
Quecksilbers  vermittelst  der  phosphorichten  Säure  getrennt 
werden,  wenn  man  Chlorwasäcrstoffsäurc  in  hinreichender 
Menge  hinzufügt,  dafs  nicht  basisches  Cblorwisumth  zugleich 
fallen  kann.  Das  Quccksilbcrchlorür  mnfa  zuerst  mit  Wasser 
ausgewaschen  werden,  das  mit  Chlorwasserstoffsäure  versetzt 
worden  ist  uud  darauf  mit  reinem  Wasser.  In  der  abfil- 
trirten  Flüssigkeit  kann  das  Wismulh  als  basisches  Chlorid 
gefällt  werden,  wenn  mau  durch  ein  Alkali  die  Lösung  der 
Sättigung  nahe  bringt,  und  dann  viel  Wasser  hinzufügt, 
dem  Gewichte  des  gefällten  basischen  Chlorwismuths 
läfst  sich  indessen  die  Menge  des  Wisinulhs  nicht  berechnen; 

enthält  l'hosphorsäure  und  phosphoruhte  Säure,  und 
weniger  Wismuthoxyd,  als  das  reine  basische  Chlorid.  Mau 
inuls  es  daher  mit  Cyankaliuin  schmelzen,  um  das  Wisinuth 
darin  in  metallisches  Wismulh  zu  verwandeln.  Man  kann 
auch  die  vom  Quccksilbcrchlorür  abfiitrirtc  Flüssigkeit  mit 
Schwcfelwassersiotfgas  behandeln,  und  aus  dem  Schwefel- 
wismuth  durchs  Schmelzen  mit  Cyankaliuin  das  metallische 
Wismulh  darstellen. 

Als  Hr.  Oesten  1,521)  Grm.  QuecksilbercUUivii  mvX  v&- 
Wisimilhoxyd  geniciuschaiVUcU  \a  Q\\»ww 


536 

sto  ff  säure  löste,  erhielt  er  durch  phosphoricbte  Säure  1,303 
Grai.  Quecksilberchlorür,  welche  1,509  Gim  Quecksilber- 
chlorid entsprechen.  Der  Unterschied  zwischen  dein  gefun- 
denen uud  dem  berechneten  Resultate  ist  in  diesem  Falle 
etwas  bedeutend. 

Auf  dieselbe  Weise  wie  vom  Kupieroxyd  können  die 
Oxyde  des  Quecksilbers  vermittelst  der  phosphorichteu 
Süure  bei  einem  Zusätze  von  Chlorwasserstoffsäure  auch 
vom  Cadmittmoxyd,  sowie  auch  vou  solchen  Oxyden  getrennt 
werden,  welche  aus  ihren  neutralen  oder  mit  Säure  ver- 
setzten Losungen  durch  Schwefel  wasserstoffgas  nicht  gefällt 
werden  können.  Bisher  ist  die  Scheidung  derselben  vom 
Quecksilberoxyd  durch  Schwefel  wassersloffgas  bewirkt  wor- 
den, und  die  Fällung  des  Quecksilberoxyds  als  Schwefel- 
quecksilber kann,  vorausgesetzt,  dafs  in  der  Lösung  nur 
Oxyd  und  nicht  zugleich  auch  etwas  Oxydul  enthalten  ist, 
ein  genaues  Resultat  geben,  da  das  Schwefelquecksilber 
zu  den  wenigen  auf  nassem  Wege  erzeugten  Schwefelme- 
tallen gebort,  welche  durch  die  Luft  beim  Trocknen  nicht 
verändert  werden,  uud  das  daher  seinem  Gewichte  nach 
richtig  bestimmt  werden  kann.  Die  Fällung  des  Quecksil- 
bers vermittelst  der  phosphorichteu  Säure  mit  einem  Zu- 
sätze von  Chlorwasserstoffsäurc  hat  indessen  iu  vielen  Fäl- 
len ihre  grofsen  Vorzüge,  namentlich  wenn  die  Bestimmung 
der  mit  den  Quecksilberoxyden  verbundenen  Metalloxyde 
nicht  durch  die  Gegenwart  von  phospborichter  Säure  uud 
von  Phosphorsäure  erschwert  wird.  Diese  Fällung  der 
Quecksilberoxyde  ist  besonders  bei  der  Trennung  derselben 
vom  Zinkoxyde  anzuralheu,  da  aus  Lösungen,  wcuu  sie 
nicht  viel  von  einer  starken  unorganischen  Säure  enthalten, 
durch  Schwefel  wasserstoffgas  leicht  auch  etwas  SchwefelzJnk 
gefallt  werden  kann.  Hat  man  das  Quecksilber  als  Chlorür 
gefällt,  so  ist  es  am  zweckmäfsigsteu,  in  der  abliltrirteu  Flüs- 
sigkeit die  andern  Oxyde  wegen  der  Anwesenheit  der  Phos- 
phors.lure  und  der  phosphorichteu  Säure  vermittelst  des 
Schwefelammoniums  als  Schwefeluietallc  abzuscheiden. 
Auch  von  den  Oxyden  4«&  AnUwwu  V*»ä  &x&  Queck- 


537 

silberoxyd  aus  der  chlorwasserstoffsauren  Lösung  der  Oxyde 
durch  phosphorichte  Saure  getrennt  und  als  Quecksilbcr- 
chlorür  abgeschieden  werden,  und  die  Gegenwart  von  Wein- 
steinsäure,  die  zugegen  seyn  uiufs,  um  das  Anlimonoxyd 
aufgelöst  zu  erbalten,  ist  ohne  Nachlheil  für  diese  Abscbei- 
duug.  Ebenso  wird  bei  Gegenwart  von  Chlonvasscrstoff- 
säure  die  arsenichte  Säure  und  die  Arseniksäure  durch  phos- 
phorichte  Säure  von  den  Oxyden  des  Quecksilbers  ge- 
schieden. 


Trennung  der  Quecksilber  ox^-de  vom  Bleionyd. 

Das  Bleioxyd  indessen  kann  von  den  Quecksilberoxy- 
den  nicht  vollständig  durch  phosphorichte  Säure  bei  Ge- 
genwart von  Chlorwasserstoffsaure  getrennt  werden.  Es 
ist  nicht  zu  vermeiden,  dafs  mit  dem  Quecksilberchlorid 
auch  eine  geringe  Menge  von  Chlorblei  fallt.  Wird  das 
gut  ausgewaschene  Quecksilberchlorid  nach  dem  Trocknen 
und  Wägeii  durchs  Erhitzen  verflüchtigt,  so  bleibt  eine  ge- 
ringe Menge  von  Clüorblei  zurück. 

Die  zweckmäßigste  Methode  der  Trennung  des  Bleioxyds 
von  dem  Quecksilberoxyd  ist  die,  dafs  man  zu  der  Auf- 
lösung beider  Oxyde  Schwefelsäure  hinzufügt  und  darauf 
so  viel  Alkohol,  dafs  er  ungefähr  ein  Sechstel  vom  Volum 
der  Flüssigkeit  ausmacht.  Die  Menge  der  hinzugefügten 
Schwefelsäure  darf  nicht  zu  gering  seyn,  weil,  wenn  keine 
oder  nicht  hinreichend  Chlorwasscrstoffsäurc  vorhanden  ist, 
sonst  durch  Zusatz  von  Wasser  bisweilen  gelbes  basisch  - 
schwefelsaures  Quecksilberoxyd  entstehen  kann.  Das  schwe- 
felsaure Bleioxyd  wird  mit  wasserhaltigem  Alkohol  ausge- 
waschen, zu  welchem  etwas  verdünnte  Schwefelsaure  hin 
zugefügt  worden  ist. 

Hr.  Oesteti  vermischte  die  Lösung  von  1,230  Grm.  Sal- 
petersäuren) Bleioxyd  mit  Quecksilberchloridlösung  und  der 
hinreichenden  Menge  von  Alkohol.  Er  erhielt  1,127  Grm. 
schwefelsaures  Ulcioxyd;  das  Aequivalent  Tür  die  augewandle 
Menge  von  salpctcrsaurem  Bleioxyd  ist  l,Vlti  Goia.  &<äws> 
falsa u res  lilcioxjd. 


Diese  Methode  der  Trennung  giebl  genauere  Resultate, 
als  die,  die  Oxyde  des  Quecksilbers  und  des  lilcies  in  Chlo- 
ride zu  verwandeln,  und  diese  dureb  Alkohol  zu  trennen. 

Trennung  der  Quecksilbern»}' de  vom  Silberoyyd. 

Wenn  man  Silberoxyd  vom  Quecksilberoxyd  durch 
Chlor  wasserst offsaure  l reimen  will,  so  mufs  die  Lösung  nicht 
Concentrin,  sondern  verdünnt  seyn.  Auch  mufs  man  einen 
7.u  grofsen  Ueberschufs  von  Chlor  wasserstoffsäure  vermei- 
den. Nachdem  das  Chlorsilber  sich  abgeschieden  bat,  giefst 
man  die  überstehende  Flüssigkeit  von  demselben  ab,  und 
erhitzt  das  Chlorsilber  mit  etwas  Salpetersäure,  fügt  dann 
Wasser  hinzu  und  einen  oder  einige  Tropfen  Chlorwasser- 
sloftsäure.  Dann  wird  filtrirt.  Aus  der  abfiltrirle»  Flüssig- 
keit füllt  man  das  Quecksilber  durch  pbospborichie  Säure 
als  Chlorür. 

Als  Hr.  Oestcn  2,liHö  Grm.  salpetersaures  Silberoxyd 
mit  einer  Lösung  von  salpetersaurem  Quecksilberoxyd  ver- 
mischte und  darauf  durch  Chlor  wasserst  offsSure  das  Chlor- 
silber ausschied,  das  dann  ferner  noch  auf  die  beschriebene 
Weise  behandelt  wurde,  erhielt  er  2,009  Grm.  Chlorsilber 
statt  2,012  Grm.,  des  Aequivaleats  für  das  angewandte  salpe- 
tersaure Silberoxyds. 

Wenn  neben  dem  salpetersaurem  Quecksilberoxyd  auch 
etwas  salpetersaures  Quecksilberoxydul  neben  Silberoxyd 
in  der  Lösung  enthalten  ist,  so  fällt  nach  Zusetzen  von 
Cblorwasserst  offsäure  neben  dem  Chlorsilber  auch  Queck- 
silbercblorür.  Ist  diese  Lösung  verdünnt,  so  ist  es  schwer, 
vor  dem  Zusetzen  der  Chlorwasserstoffsäure  das  Quecksil- 
beroxydul durch  Zusetzen  von  Salpetersaure  und  Erbitten 
vollständig  in  Quecksilbcroxyd  zu  verwandeln.  Nachdem 
aber  das  Chlorsilber  sich  abgesetzt  hat,  und  die  über  dem- 
selben stehende  Flüssigkeit  abgegossen  worden  ist,  ist  es 
leicht,  das  im  Chlorsilber  enthaltene  Quecksilbercblorür  durch 
Erhitzen  mit  Salpetersäure  in  Chlorid  und  in  salpetersaures 
Oxyd  zu  verwandeln,  und  dadurch  das  Chlorsilber  voll- 
ständig zu  reinigen. 


539 

Wenn  zu  einer  Eni  petersauren  Lösung  von  Silberoxyd 
und  von  Quccksilbcroxyd  nur  sehr  wenig  Chlor  wasserstoff- 
säure  oder  Chlornalriumlösung  hinzugefügt  wird,  so  entsteht, 
besonders  wenn  die  Menge  des  Silberoxyds  gering  und  die 
des  Quecksilbcroxyds  bedeutend  ist,  kein  Niederschlag,  oder 
der  entstandene  lost  sich  durch  Umrühren  oder  UmscMlteln 
auf.  Nur  crsl  wenn  so  viel  Chlorwasserstoffsäurc  oder 
Chlornalriumlösung  hinzugefügt  worden,  dafs  das  Queck- 
silberoxyd sich  in  Chlorid  verwandeln  kann,  wird  das  Sil- 
beroxyd abgeschieden. 


AbsciieidUDg  des  Quecksilbers  n 


v.  Bonsdurff  hatte  vorgeschlagen,  das  Quecksilber  aus 
seinen  Losungen,  um  es  von  anderen  Metallen  zu  trennen, 
als  Chlurilr  vermittelst  am  eisen  saureu  Alkalis  zu  fallen.  Ent- 
hält die  Lösung  keine  Chlorwasscrsloifsäurc,  so  wird  diese 
hinzugefügt:  darauf  wird  sie  durch  Kalihydrat  der  Sättigung 
so  nahe  gebracht,  dals  sie  nur  ganz  unbedeulcud  sauer 
bleibt,  und  sodann  aineisensaures  Alkali  hinzugefügt.  Ich 
habe  indessen  schon  früher  bemerkt  '),  dafs  die  ameiseu- 
Miurt'ii  Alkalien  ihre  reducirende  Wirkung  auf  Quecksilber- 
Verbindungen  gänzlich  verlieren  können,  nicht  nur  wenn 
in  der  Lösung  freie  Chlorwasserstoffsaure  vorhanden  ist, 
sondern  auch  durch  die  Gegenwart  von  Chlonnelallen,  na- 
mentlich den  alkalischen,  welche  aber  entstehen,  wenn  die 
mit  Chlorwasscrsloffsäure  versetzte  saure  Lösung  durch  Kali- 
hydrut  ueutraüsirt  wird.  Diese  Methode  kann  daher  zu 
sehr  ungenauen  Ltesullalen  führen  und  ist  deshalb  zu  ver- 
werfen. 

Die  Verwandtschaft  des  Quecksilberchlorids  zu  den  al- 
kalischen Chlormetalleu  und  zu  Chlorverbindungen,  welche 
starken  Basen  entsprechen,  Überhaupt  ist  so  bedeutend, 
dafs  durch  die  Gegenwart  derselbcu  das  Quecksilberchlorid 
oft  ganz  andere  Ligensrhaften  gegen  Reagenlien  zeigt,  als 
ohne  sie.    Selbst  die  stärksten  Basen  wie  u've  MVaVfe^  äxvA.« 

1)   Po«,  Abo.  Bd.    106,  S.  500. 


» 


540 

können  aus  einer  solchen  Lösung  Quecksilberojyd  nicht 
in  ehr  fällen.  Wenn  man  daher  eine  Auflösung  von  Queck- 
silberchlorid mit  sehr  vieler  Chlor  Wasserstoffs  .iure  sauer  gc- 
macbl  hat,  so  wird  aus  derselben  durch  einen  Ucberschufe 
von  Alkalihydral  kein  Quecksilberoxyd  gefällt.  Oft  entsteht 
dann,  wtiiii  die  iVU-nge  des  entstandenen  alkalischen  Cttlor- 
uielalls  nicht  bedeutend  genug  war,  ein  Niederschlag  voo 
Quecksilberoxyd,  aber  nur  ein  geringer,  nach  längeren) 
Stellen,  uud  oft  kann  in  einer  solchen  Lösung  KaUhydrat 
noch  Quecksilberoxyd  fällen,  nenn  die  schwächeren  Hasen, 
Malronhydrat  uud  kohlensaures  Kali,  diefs  nicht  mehr  in 
thun  im  Stande  siud. 

Es  ist  indessen  bemerkenswert!),  dafs  nicht  nur  eine  mit 
Chlorwasserstoffsäurc  versetzte  Losung  des  Quecksilberchlo- 
rids diese  Erscheinungen  zeigt,  sondern  auch  eine  Lösung, 
zu  welcher  andere  Säuren,  namentlich  Schwefelsäure  und 
Salpetersäure  hinzugefügt  worden  sind.  Es  ist  auffallend, 
dafs  Quecksilberchlorid  eine  ähnliche  Verwandtschaft  zum 
schwefelsauren  Kali  und  Salpetersäuren  Kali  zeigt,  wie  zum 
CJilorkalium. 

In  einer  solchen  Losung  des  Quecksilberchlorids,  wenn 
sie  sehr  viel  freies  Kalihydrat  enthält,  kann  Scliwefelauiuio- 
11  in  in  nicht  die  Gegenwart  des  Quecksilbers  anzeigen;  denn 
das  dadurch  entstandene  Schwefelsalz  von  Schwefel kaliuui 
und  Schwcfcluuccksilber  ist  in  einer  Lösung  von  Kalihydrat 
löslich.  Am  leichtesten  überzeugt  man  sich  in  der  Lösung 
von  der  Gegenwart  des  Quecksilberchlorids,  wenn  mau 
entweder  dieselbe  durch  Chlorwasserstoffsäure  übersättigt, 
und  durch  nhospho richte  Säure  das  Quecksilber  als  Chlo- 
riir  fällt  (das  Quecksilber  wird  dadurch  vollkommen  aus- 
geschieden), nder  wenn  man  die  alkalische  Lösung  durch 
eine  Säure  übersättigt  und  dann  durch  Schwefehvasserstoff- 
gas  das  Quecksilber  als  Schwefelquecksilber  fällt. 

Die  Chloride  anderer  edler  Metalle,  wenn  sie  mit  be- 
deutenden Mengen  von  alkalischen  Chlormetallen  verbunden 
sind,  verhalten  sich  in  mancUev  Hinsicht  dem  Quecksilber 
chlvikl  ,'ihnlich.     Es  isV  A\eva  WÄnwaiyxOft.  \äv&  *itiv\<ÜRiYÄ. 


MI 


der  Fall.  Ist  dasselbe  mit  grofsen  Mengen  von  Cblorwas- 
sri -Ullis, iure  oder  von  alkalischen  Clilorin  ei  allen  gemengt, 
so  kann  eine  kleine  Menge  eines  Eisenoxydulsalzes  nicht  die 
Reduclion  einer  auch  nur  sehr  geringen  Menge  von  Gold 
veranlassen.  Ein  Uebcrmaafs  des  Eisenoxydulsalzes  hingegen 
bewirkt  die  Reduclion  des  Goldes  sogleich,  und  die  ganze 
Menge  des  Goldes  wird  gefällt.  Dieser  Umstand  ist  in  so  fern 
beachtenswerih,  weil  mau  vorgeschlagen  hat,  die  Menge  des 
Eisenoxydnls  durch  eine  Goldchloridlösung  zu  bestimmen, 
und  ich  selbst  habe  dieselbe  dazu  iu  Vorschlag  gebracht. 
Die  Methode  kann  auch  hinreichend  genaue  Resultate  geben, 
wenn  die  Goldchloridlösung  keine  oder  nur  sehr  wenig 
freie  Chlorwasserstoffsäure,  und  die  Eisenoxydullösung  eben- 
falls nur  wenig  freie  Säure  und  keine  alkalischen  Chlor- 
metallc  enthält  Ist  diefs  aber  der  Fall,  so  wird  nicht  die 
richtige  Menge  oder  auch  gar  kein  Gold  reducirt,  indem 
die  Verwandtschaft  des  Goldchlorids  zur  Chlorwasserstoff- 
saure  und  zu  den  alkalischen  Chlormctallcn  zu  stark  ist, 
als  dafs  geringe  Mengen  von  Eiscuoxydul  eine  Reduclion 
darin  hervorbringen  können  ' ).  Auch  durch  Oxalsäure  kann 
aus  einer  Goldchloridlösung  das  Gold  nicht  reducirt  werden, 
wenn  sie  viel  Chlorwassersloffsäure  oder  alkalische  Chlor- 
nielallc  enthält.  In  diesen  Fällen  kann  indessen  die  Ver- 
waurilscliaft  des  Goldchlorids  zur  Chlorwassersloffsäure  und 
zu  den  alkalischeu  Chlormelallen  bedeutend  geschwächt 
werden,  wenn  das  Ganze  mit  vielem  Wasser  verdünnt  wird. 
Man  kann  dann  durch  einen  Ueberschufs  von  Oxalsäure 
die  ganze  Menge  des  Goldes  fällen,  besonders  durchs  Er- 
hitzen oder  durch  langes  Stehen.  Andere  Säuren,  nament- 
lich Schwefelsäure  und  I'hosphorsäure,  äufsern  keine  ähn- 
liche Wirkung  wie  Chlorwasserstoffsäure  bei  der  Reduclion 
des   Goldes  vennillelst   Oxalsäure. 

I)  Am  iMicbcn  Gründen  erhielt  De  Her  bei  der  RotimmuDg  dei  Arom 
gewicht!  de»  Anlimnm  H  verichiedene  Resullqlc,  >lt  er  Im  einer  Gold- 
tUoHttBMDl  (er  windle  Goldchloridk.liuro  ■■-.,)  durch  Antimon  Gold 
m   reduciren   Rtbu  (Po|g.   Ann.   Bd.    100,   S.   570). 


ilorwas- 


Nächst  der  phospborichlen  Säure  ist  es  wohl  das  Schwe- 
felwasscrslnifgas,  durch  welches  die  Quecksilberoxyde  am 
sauer  gemachten  Auflösungen  gefallt  werden  können.  Icii 
habe  schon  früher  bemerkt  '),  dafs  mau  das  Quecksilber, 
wenn  es  als  Oxyd  oder  als  Chlorid  in  einer  Lösung  ent- 
halten ist,  sehr  gut  vermittelst  Schwefel  Wasserstoff  gas  als 
Schwefelquecksilber  bestimmen  kann. 

Bestimmung  des  Quecksilbers  in  fesien  Verbindungen  durch  Dcslillaitoi 
In  fesleu  Verbindungen  »liegt  man  die  Menge  des  Queck- 
silbers auf  die  Weise  zu  bestimmen,  dafs  man  dasselbe 
von  den  anderen  Bestandteilen  abdeslillirt,  nachdem  mau 
die  Verbindung  mit  einer  starken  Base  gemengt  hat.  Diese 
Methode  erfordert  indessen  Vorsicht,  und  gicht  nur  bei 
Behutsamkeit  so  genaue  Resultate,  wie  die  Keduction  auf 
nassem  Woge.  Geschieht  die  Destillation  in  einer  kleinen 
Retorte,  so  legt  mau  auf  .den  Boden  derselben  etwas  koh- 
lensaure Kalkcrde  und  etwas  trocknes  Kalkcrdchydrat  (die- 
ses aber  nur  in  sehr  geringer  Menge)  che  man  die  Meiignn: 
der  Quccksilhorvorbinilrmg  inil  reiner  Kalkerde  hineinbringt. 
Auf  diese  Weise  können  indessen  nur  Verbindungen 
behandelt  werden,  welche  das  Quecksilber  im  oxydirleu 
Zustande  enthalten.  Ist  indessen  die  zu  untersuchende 
Verbindung  sehr  Süchtig,  enthielt  sie  z  B.  die  Chlor- 
verbindungen des  Quecksilbers,  su  ist  es  auf  diese  Weise 
nicht  zu  vermeiden,  dafs  ein  Theil  der  ilüchligeii  Ver- 
bindung unzersetzt  entweicht,  und  der  zersetzenden  Ein- 
wirkung der  starken  Base  entgeht.  Auch  bei  den  Ver-  , 
bindnngen,  die  Schwefelquecksilber  enthalten,  ist  diefs  der 
Fall,  obgleich  dasselbe  schwerer  flüchtig  ist.  Nur  weil  in 
den  oxydirten  Verbindungen  des  Quecksilbers  die  Oxyde 
dieses  Metalls  durch  die  eingemengte  starke  Base  von  den 
mit  ihnen  verbundenen  Siiurcn  geschieden,  und  dann  schon 
allein  durch  die  erhöhte  Temperatur  reducirt  werden,  kann 
die  völlige  Austreibung  des  Quecksilbers  auf  die  oben  bc-    . 

I)  Pogg    Ann    IM.  110.  S.  Utv 


543 

sehn  ebene  Weise  bewerkstelligt  und  die  Operation  in  einer 
kleinen  Retorte  ausgeführt  werden. 

Zur  Bestimmung  des  Ouccksilbcrs  in  den  Chlorverbin- 
dungen (oder  in  ähnlichen  Verbindungen)  wählt  man  eine 
Glasrühre  von  schwer  schmelzbarem  Glase  von  ein  bis  an- 
derthalb Fufa  Lange  und  von  einem  Durchmesser  von  vier 
bis  fünf  Linien.  An  einem  Ende  ist  sie  zugeschmolzen.  In 
diese  bringt  man  eiue  kleine  Menge  von  doppelt  kohlen- 
saurem Natron,  dann  eine  Schicht  von  reiner  Kalkerde  (am 
besten  gebrannten  Carrarischen  Marmor)  darauf  die  innige 
Mengung  der  zu  un (ersuchenden  Quecksilbcrvcrbiudung  mit 
reiner  Kalkcrdc,  und  endlich  legt  man  vor  diese  Mengung 
eiue  Schicht  von  reiner  Kalkerde.  Man  zieht  darauf  das 
Ende  der  Glasröhre  zu  einer  dünnen  Rühre  aus,  und  biegt 
diese  unter  einem  stumpfen  Winkel.  Der  Inhalt  der  Rühre 
um  f..  nicht  zu  fest  auf  eiuander  liegen,  damit  nicht  beim 
Erhitzen  der  vordere  Theil  der  Kalkerdc  fortgeschleudert 
oder  die  Glasröhre  selbst  au  einer  Stelle  ausgeblasen  wer- 
den könne  Man  erhitzt  die  Rohre  durch  cineu  Gasapparal, 
wie  mau  ihn  zu  organischen  Analysen  gebraucht,  nach- 
dem mau  die  Mündung  in  einem  Kolben,  der  Wasser  ent- 
hält, so  gebracht  hat,  dafs  sie  einige  Linien  unter  die  Ober- 
fläche desselben  reicht.  Wenn  man  einen  solchen  Gasap- 
parat nicht  zu  seiner  Verfügung  hat,  so  kann  man  sich  eben  so 
gut  eines  kleineu  Ofens  bedienen,  wie  man  ihn  zur  Analyse 
organischer  Substanzen  benutzt,  wenn  man  dieselbe  durch  ein 
Kohlenfeuer  bewerkstelligen  will.  Durch  ein  zweckmä feiges 
Kohlenfeuer  kann  man  die  Temperatur  eben  so  gut  und 
vielleicht  noch  besser  regeln,  wie  durch  den  Gasapparat. 

Man  erhitzt  zuerst  die  Schicht  Kalkerde,  welche  vor 
der  Mengung  liegt,  und  bringt  sie  zum  Rothglühen,  dann 
erst  fängt  man  das  Gemenge  langsam  an  zu  erwärmen,  und 
bringt  es  nach  und  nach  langsam  zum  Rothglühen,  und  erst 
wenn  dieses  glüht,  erhitzt  man  die  Kalkerdc  hinter  dem 
Geinenge  stark,  das  doppelt  kohlensaure  Natron  aber 
sehr  schwach,  damit  nur  langsam  aus  demselben  sich  ein 
schwacher  Strom   von  Koblensaurcgas  enlwickcVu  Y.aw\v 


n 

\ 


544 

allen  Quecksilberdampf  aus  der  Rühre  herausdrangt.  Man 
sorgt  dafür,  dafs  durch  unvorsichtige  Milderung  der  Hitze 
das  Wasser  der  Vorlage  nicht  in  die  Röhre  steigen  kann. 
Die  QuecksilberkÜgelchen  sammeln  £ich  unter  dem  Wasser; 
ein  Theil  derselben  bleibt  in  dem  ausgezogenen  Theile  der 
Glasröhre,  man  schneidet  diesen  mit  einer  Feile  ab,  und 
spült  die  Kügelchen  in  die  Vorlage.  Man  trocknet  das  me- 
tallische Quecksilber  in  einem  kleinen  Porcellantiegel  erst 
durch  Fliefspapier,  und  dann  über  Schwefelsäure. 

Auf  diese  Weise  kann  man  nicht  nur  aus  den  Verbin- 
dungen, in  welchen  das  Quecksilber  als  Chlorid  oder  Chlorür 
vorhanden  ist,  dasselbe  seiner  ganzen  Menge  nach  erhalten, 
sondern  auch  aus  den  Verbindungen,  welche  Schwefelqueck- 
silber enthalten,  und  aus  allen  Sauerstoff  salzen  des  Queck- 
silbers. 

Statt  der  wasserfreien  Kalkerde  darf  man  bei  diesen 
Versuchen  nicht  Kalkerdehydrat  anwenden,  auch  wenn  das- 
selbe vollkommen  trocken  und  pulvcrfürmig  ist.  Dasselbe 
hat  eine  grofse  Neigung  durch  Einwirkung  der  Hitze  zu 
stäuben,  und  es  ist  schwer  zu  vermeiden,  dafs  nicht  etwas 
von  dem  Staube  des  pulverfürmigen  Hydrats  mechanisch 
mit  den  Quecksilberdämpfen  in  das  Wasser  der  Vorlage 
gerissen  wird,  was  man  nur  zum  Theil  dadurch  verhindern 
kann,  dafs  man  in  die  Rühre  vor  das  Kaikordehydrat  eine 
Schicht  von  wasserfreier  Kalkerdc  bringt.  Dann  aber  auch 
scheinen  die  Dämpfe  des  Wassers  durch  metallisches  Queck- 
silber bei  einer  gewissen  Temperatur  zersetzt  zu  werden,  hei 
welcher  das  gebildete  oxydirle  Quecksilber  nicht  vollständig 
mehr  in  metallisches  Quecksilber  verwandelt  wird.  Denn 
in  dem  Wasser  der  Vorlage  zeigt  sich  neben  dem  Kügel- 
chen des  metallischen  Quecksilbers  ein  graues  Pulver,  wel- 
ches durch  sehr  veidüuntc  Chlorwasserstoffsliure  sich  in 
eine  geringe  Menge  eines  weifsen  Pulvers  von  Quecksilber- 
chlorid verwandelt,  während  die  Quecksilberkugeln  dadurch 
eine  blanke  Oberfläche  erhalten;  die  klare  Flüssigkeit  wird 
ferner  durch  Schwefelwasserstoffwasser  schwach  bräunlich 
gefärbt.  Es  haben  sich  also  geringe  Mengen  von  Queck- 
silberoxydül  und  von  Qucc,Vs.Ubevu\^d  gebildet. 


Besonders  aber  darf  das  Kalkcrdchydrat  nicht  ange- 
wandt werden,  wenn  die  Quecksilberveibinduiigen  Schwe- 
felquecksilber enthalten.  Es  ist  schon  obeu  bemerkt  wor- 
den, dafs  das  Schwefelquecksilber  vollkommen  in  dem  oben 
beschriebenen  Apparat  zersetzt  werden  kann,  wenn  man 
wasserfreie  Kalkerde  anwendet;  man  erhält  dann  vollkom- 
men blanke  Quecksilberkugeln  und  die  Flüssigkeit  in  der 
Vorlage  wird  nicht  im  Mindesten  durch  Schwefelwasserstoff- 
wasser  verändert.  Wendet  man  aber  Kalkcrdchydrat  an, 
so  wirken  die  Wasserdämpfe  zersetzend  auf  das  erzeugte 
Schwefelcalcium;  es  bildet  sich  Schwefelwasserstoff- Schwe- 
felcalcium ,   aus  welchem  der  Schwefelwasserstoff  beim  Er. 

9  hilzen  entweicht,  sich  im  Wasser  der  Vorlage  lost,  das 
daher  stark  nach  demselben  riecht,  und  durch  Ausscheidung 
von  Schwefel  niilclucht  wird,  und  einen  Theil  des  zuerst 
in  blanken  metallischen  Kugeln  ausgeschiedenen  Quecksil- 
bers nach  und  nach  in  Schwefelquecksilber  verwandelt. 
Auch  das  Wasser  aus  dein  an  das  Ende  der  Glasröhre  ge- 
wiegten zweifach  kohlensauren  Natron  kann  in  diesem  Falle 

I  eine  kleine  Menge  von  Schwefelwasserstoff  erzeugen,  wes- 
halb man  bei  der  Analyse  der  Substanzen,  die  Schwefel- 
quecksilber enthalten,  nur  eine  sehr  geringe  Menge  des 
zweifach  kohlensauren  Natrons  oder  besser  kohlensaure 
Magnesia  (Magnesit)  anwenden  mufs. 

Wahrend  durch  Einwirkung  der  wasserfreien  Kalkerdc 
bei  erhöhter  Temperatur  die  meisten  Quccksilberverbindun- 
gen  vollständig  zerlegt  und  dadurch  das  in  ihnen  enthaltene 
Quecksilber  sehr  gut  seiner  Menge  nach  mit  Genauigkeit 
bestimmt  werden  kann,  widerstehen  die  Verbindungen,  wel- 
che Quccksilbcrjodid  enthalten,  mit  bemerkenswerther  Hart- 
näckigkeit der  vollständigen  Zersetzung  auf  diese  Weise. 
Man  mag  zur  Zersetzung  wasserfreie  Kalkerdc,  Kalkerde- 
hydrat oder  kohlensaure  Kalkerde  anwenden,  und  selbst 
in  grofser  Menge,  mau  mag  bedeutende  Schichten  dieser 
Substanzen  während  der  Operation  rothglühend  erhalten, 
und  die  Dämpfe  des  Jodids,  nachdem  dasselbe  mit  evwt 
bedeutenden  Menge  von  starken  Basen  gemengt  vm,  4as 

Pofftndortr,  Aoatl,  Bd.  CX.  $» 


546 

über  treiben,  immer  wird  nur  ein  kleiner  Tlieil  des  Queck- 
silbers als  Metnil  übergetrieben,  während  sich  zugleich  gel 
bes  Quccksilbcrjodid  und  grünes  Jodiir  siiblhnircn.  Auch 
durch  Anwendung  von  Natronkalk  kaon  kein  günstiger» 
Resultat  bewirkt  werden,  eben  so  wenig  durch  Meuguns 
der  Verbindung  mit  alkalischen  Schwefel  metallen  und  mit 
Cyankalium. 

Vielfältige  Versuche  haben  gezeigt,  dafs  die  Verbin- 
dungen, welche  Quccksilberjodid  enthalten,  auf  trocknen 
Wege  am  zweck  massigsten  durch  metallisches  Kupfer  zer- 
legt werden.  Mau  mengt  die  Verbindung  mit  fein  zcrtheil- 
tem  metallischen  Kupfer,  welches  man  durch  lteductiou  de» 
Kupferoxydes  vermittels!  Wasscrstoffgas  darstellen  mufs 
und  bringt  in  die  Glasrohre  zuerst  etwas  zweifach  kohlen- 
saures Natron,  dann  eine  Schicht  von  blanken  Kupferdreh- 
spähnen,  darauf  die  innige  Mengung  der  Verbindung  mit  feil) 
zertheiltem  Kupfer,  und  endlich  eine  lange  Schicht  von 
Kupfcrdrehspähneu.  Diese  wird  zuerst  bis  zum  Hotbglühen 
gebracht,  sodann  die  Mengung  und  die  hinteren  Drebspahne, 
und  endlich  wird  durch  gelindes  Erhitzen  Kohlensäure  aus 
dem  ßicarbonatc  ausgetrieben.  Die  Rcdnction  des  Queck- 
silbers geht  auf  diese  Weise  vollständig  von  Stalten;  man 
erhält  dasselbe  als  blanke  Kugeln  und  das  Resultat  ist  ein 
genaues.  Es  verflüchtigt  sich  hierbei  etwas  Kupfcrjodür. 
welches  aber  wegen  seiner  Schwerllüchligkeil  nicht  in  den 
fein  ausgezogenen  Theil  der  Glasrohre  gelangt.  Hr.  Oesten 
erhielt  auf  diese  Weise  aus  1,312  Gnn.  rothein  Quccksilber- 
jodid, welche  0,578  Grm.  Quecksilber  enthalten,  0,573Grm. 
Quecksilber. 


lieber  die  Darstellung  des  Knallquecksilbers 
aus  Lr'gnon;   von  Dr.  Stahlschmidt. 


i  Jahre  1856  liefs  ich  auf  den  Wunsch  meines  hochver- 
ehrten Lehrers  und  Freundes  Hrn.  Prof.  Rammelsberg 
in  dessen  Laboratorium  am  Küuigl.  Gewerbe -Institute  grö- 
fscre  Mengen  von  Knallquecksilber  darstellen,  um  aus  sol- 
chem die  von  Liebig  entdeckte  Fulminursäurc  zu  erhalten. 
Ich  kam  dadurch  auf  die  Idee,  ob  es  nicht  möglich  seyn 
könnte,  aus  dem  Holzgeiste  ebenfalls  eine  fulminirende  Ver- 
bindung zu  erzeugen,  die  entweder  Knallquccksilber  seyn 
würde,  oder  aber  eine  isomere  Verbindung  desselben. 

Vergleicht  man  die  Formel  des  Methylalkohols  C,HiOT 
mit  derjenigen  des  gewöhnlichen  Alkohols  C4H60,,  so 
ergiebt  sieh  von  vornherein,  dafs  zwei  Atome  Ilolzgeist 
dieselbe  Anzahl  von  Elementen  enthalten,  wie  ein  Atom 
Alkohol  und  aufserdem  noch  ein  plus  von  2  Atomen  Was- 
ser. Dadurch  schien  es  gerechtfertigt,  diese  Ansicht  wenig- 
stens so  lange  aufrecht  zu  erhalten,  bis  das  Experiment 
das  Gegcnthcil  beweisen  würde.  Zu  meinen  Versuchen 
und  noch  zu  anderweitigem  Gebrauche  liefs  ich  von  Trouis- 
dorf  in  Erfurt  ungefähr  20  Maafs  Holzgeist  kommen  und 
reinigte  denselben  durch  einige  Destillationen  über  gebrann- 
tem Kalk.  Als  ich  alsdann  meine  Versuche  anstellte  d.  h. 
solchen  mit  einer  Lösung  von  Quecksilber  in  Salpetersäure 
zusammenbrachte  und  vorsichtig  erhitzte,  trat  nach  kurzer 
Zeit  eine  lebhafte  sogar  stürmische  Rcaction  ein.  Nach  ei- 
nigen Minuten  schied  sich  alsdann  ein  feines  schweres  und 
kristallinisches  Pulver  aus,  welches  nach  dem  Trocknen 
durch  einen  gelinden  Schlag  oder  durch  Reibung  sehr  hef- 
tig explodirte.  Weitcrc  Versuche,  die  ich  anstellte,  liefer- 
ten so  viel  von  der  Verbindung,  dafs  ich  eine  Analyse 
mit  derselben  vornehmen  konnte.  Später  aber  konnte  ich 
diese  Verbindung  nicht  mehr,  oder  nur  in  sehr  geringer 
Mengen  erhalten,  trotzdem  ich  das  Mengenverhältnifs 
3E>* 


angewendeten  Substanzen  nicht  änderte.  Es  ist  aber  wohl 
wahrscheinlich,  dafs  ich  damals  bei  der  Destillation  des 
Holzgeistes  die  Destillate  getrennt  auffing  und  im  Anfange 
zu  meinen  Versuchen  eine  andere  Flüssigkeil  benutzte,  wie 
zu  Ende  derselben. 

Weun  ich  mir  nun  auch  den  Grund  des  so  häufigen 
Mifslingeus  meiner  Versuche  nicht  deuten  konnte,  so  hatte 
ich  doch  die  Ucbcrzeuguug  gewonnen,  dafs  der  käufliche 
mit  Kalk  gereinigte  llolzgcist  unter  gewissen  mir  noch  un- 
bekannten Bedingungen  Knalli|uccksilber  zu  liefern  im 
Stande  sey. 

Dumas  und  l'eligot,  welche  den  Holzgeist  mit  sal- 
petersaurern  Silberoxyd  und  Salpetersäure  erwärmten,  er- 
hielten neben  wenig  salpetersanrem  Metliyloxyd  eineu  Nie- 
derschlag von  oxalsaurcm  Silberoxyd,  welcher  sich  aus  der 
kochenden  Flüssigkeit  abschied.  Bei  Anwendung  von  sal- 
petersaurem Quecksilberoxyd  und  Salpetersäure,  erhielten 
sie  sogleich  einen  gelblich  weifsen  harzähnlichen  Nieder- 
schlag, welchen  sie  als  eine  Verbindung  von  1  Atom  sal- 
petrigsaurem Quecksilberoxydul  uud  2  Atomen  ameiseusau- 
rem  Ouecksilberoxyd  betrachten.  Die  Formel,  die  sie  aber 
aufgestellt  haben,  stimmt  zu  wenig  mit  der  Analyse  übereilt. 

Es  konnte  mir  nicht  in  den  Sinn  kommen  zu  glauben, 
dafs  der  Niederschlag,  den  die  beiden  berühmten  Chemi- 
ker bei  Anwendung  von  salpetersaurem  Silberoxyd  erhiel- 
ten, und  den  sie  als  oxalsaures  Silberoxyd  bestimmt  haben, 
Knallsilber  gewesen  seyn  sollte.  Ebenso  konnte  der  ans 
salpetersaurem  Quecksilberoxyd  erhaltene  voluminöse  gelb- 
liche Körper  kein  Kuallquecksilber  seyn.  Ich  war  deshalb 
genöthigt  genau  zu  untersuchen,  ob  der  zu  meinen  Versu- 
chen verwandte  Holzgeist  rein  sey  und  im  entgegenge- 
setzten Falle  vor  allen  Dingen  festzustellen,  welche  Ver- 
bindung befähigt  sey,  unter  den  bewufsten  Bedingungen 
Knallquecksilbcr  zu  erzeugen. 

Eine  Analyse,  welche  ich  vornahm,  lieferte  folgende 
Zahlen; 

0,2791  Gm.  Substanz  ^abea  0,4592  Grin.  Kohlensäure 


549 

und  0,2887  Grm.  Wasser.  Dieser  entspricht  44,8  Proc.  Koh- 
lenstoff und  11,5  Proc.  Wasserstoff. 

Eine  Destillation,  welche  ich  alsdann  mit  eingesenktem 
Thermometer  vornahm,  überzeugte  mich,  dafs  die  Flüssig- 
keit keinen  constanten  Siedepunkt  hatte.  Sie  ging  zwischen 
62  und  67°  C.  über. 

Eine  zweite  Analyse  von  einem  anderen  Theile  des  De- 
stillates, welches  einen  niederen  Siedepunkt  hatte,  gab  ein 
etwas  anderes  Resultat. 

0,3347  Grm.  Substanz  gaben  0,5905  Grm.  Kohlensäure 
und  0,3345  Grm.  Wasser,  welches  48,1  Proc.  Kohlenstoff 
und  11,1  Proc.  Wasserstoff  liefert. 

Aus  diesen  beiden  Analysen  ersieht  man,  dafs  erstens 
der  verwendete  Holzgeist  nie  rein  war  und  dann  auch,  dafs 
er  ein  Gemenge  von  Holzgeist  und  Lignon  seyn  lnufste. 
Der  gefundene  Kohlenstoffgehalt  liegt  nämlich  zwischen  dem 
des  Holzgeistes  (37,5  Proc.)  und  dem  des  Lignons  53  bis 
54  Proc. 

Schon  Weidmann  und  Schweizer  fanden  bei  ihren 
Untersuchungen  über  den  Holzgeist,  dafs  häufig  derselbe 
zum  gröfsten  Theil  aus  Lignon  bestand,  und  dafs  immer 
der  käufliche  Holzgeist  den  Bestandteilen  nach  ein  Ge- 
menge von  Lignon  und  Holzgeist  sey. 

Ich  versuchte  nun  den  von  mir  benutzten  Holzgeist  durch 
fractionirtc  Destillation  zu  trennen  und  erhielt  dadurch  zwei 
Theile,  die  bei  ziemlich  constanter  Temperatur  übergingen. 

Der  erste  Theil  kochte  bei  62*  °  C,  der  andere  ging 
zwischen  65  und  67°  C.  über.  Versetzte  man  den  ersten 
Theil  mit  Kalilauge,  so  erhielt  man  kleine  weifse  Blättchen 
von  Weidmann  und  Schweizers  unteracetyligsau- 
rem  Kali.  Mit  Salpetersäure  erhitzte  sich  aber  die  Flüssig- 
keit und  gab,  ohne  Ocltropfen  abzuscheiden,  eine  gelbe 
Flüssigkeit,  welche  sich  durch  Ammoniak  bräunte.  Mit  con- 
centrirter  Schwefelsäure  rasch  vermischt,  entstand  eine  braune 
Masse,  welche  sich  durch  Wasser  stark  trübte  und  nach- 
her braune  Flocken  abschied.  Die  darüber  stehende  Flüs- 
sigkeit war  klar  und  roch  angenehm  nach  ZimmtöL 


550 

Das  bei  65  bis  67°  C.  übergegangene  Destillat  zeigte 
dieselben  Rcnctioucti,  wiewohl  weniger  deutlich.  Es  ging 
hieraus  zur  Genüge  hervor,  dafs  der  vermeintliche  Holz- 
geist  grofsc  Mengen  von  Lig-non  cnlhiell,  da  er  erstens  die 
demselben  zukommenden  Kcactioncn  zeigte  und  dann  auch 
ein  Destillat  lieferte,  welches  denselben  Siedepunkt  des  Lig- 
nons  61  bis  62"  besars.  Da  aber  beide  Deslillate  Knall- 
quecksilbcr  lieferten,  obgleich  das  bei  65  bis  67u  überge- 
gangene am  wenigsten,  so  war  es  zur  gröfseren  Gcwifshcit 
nüthig,  beide  Flüssigkeiten  in  reinem  Zustande  darzustellen. 

Ich  vermischte  beide  Flüssigkeiten  wieder  und  schied 
den  Holzgeist  nach  der  bekannten  umständlichen  und  nit)h- 
sameu  Methode  vermittelst  geschmolzenem  und  gepulvertem 
Chlorcalcium  ab.  Den  erhaltenen  Holzgeist  behandelte  ich 
nochmals  auf  dieselbe  Weise  und  dcstillirte  ihn  alsdann, 
um  ihn  vom  'Wasser  zu  befreien,  zweimal  Aber  gebrannte» 
Kalk. 

0,1966  Grm.  Substanz  gaben  0,245  Grm.  Kohlensaure 
und  0,216  Wasser  =  33,6  Proc.  C  und  12,6  Proc.  H. 

0,2293  =  0,28  Kohlensäure  und  0,254  Grm.  Wasser 
bs  33,4  Proc.  und  12,3  Proc.  H. 

Eine  dritte  Analyse  von  demselben  Holzgeist,  den  ich 
über  calcinirtem  Kupfervitriol  destillirt  hatte,  gab  folgende 
Zahlen: 

0,176  Grm.  =  0,237  Grm.  Kohlensäure  und  0,2  Grm. 
Wasser  =  36,8  Proc  C  und  12,6  Proc.  H. 

Die  Formel  C,H,03  verlangt  37,5  Proc  C  und  12,5 
Proc.  H. 

Der  zuerst  analysirtc  Holzgeist  enthielt  also  noch  Was- 
ser, welches  ihm  erst  durch  Kupfervitriol  vollständig  ent- 
zogen wurde. 

Der  auf  diese  Weise  rein  dargestellte  Holzgeist  giebt 
mit  salpel ersaurem  Quecksilberoxyd  und  Salpetersäure  kein 
Knallquecksilber.  Das  Gemisch,  Über  der  Spiritusflamme 
erwärmt,  kommt  ins  Aufwallen,  welches  aber  bald  nach 
läfst.  Die  Flüssigkeit  bleibt  klar  und  scheidet  keinen  harz- 
artigen: Körper   ab,  wie  k  \i™u  «halten   hat.     Nach 


dein  Erliitzen    entstand    aber    ein   käsiger   Niederschlaj 
bald  nocli   einige  Tropfen  Salpctersäurchydrat  hinzugesetzt 
wurden.     Ich  li.iin'  denselben  nicht  weiter  untersucht,  dem 
Ansehen  nach  schien  es  aber  oxalsaurcs  Quecksilber  oxydul 
zu  seyn. 

Die  früher  gemachten  Erfahrungen,  nach  welchen  der 
reine  Methylalkohol  keine  Knallsäure  liefert,  werde»  also 
auch  durch  meine  Versuche  bestätigt.  Die  bei  der  Dar- 
stellung des  Methylalkohols  von  dem  Chlorcalcium  abde- 
slillirte  Flüssigkeit,  welche  über  die  Hälfte  betrug,  wurde 
so  lauge  über  neue  Mengen  von  Chlorcalcium  deslillirt, 
bis  der  Siedepunkt  constaut  war  und  alsdann  der  Aualyse 
unterworfen. 

0,2893  Grm.  Substanz  gaben  0,564  Gm,  Kohlensäure 
und  0,2857  Grm.  Wasser.  Dieses  entspricht  in  Proccnten 
ausgedrückt  53,23  C  und  10,97  H. 

Es  geht  hieraus  mit  Bestimmtheit  hervor,  dafs  die  aus 
lysirle  Flüssigkeit  Liguou  war. 

Liebig  fand  im  Lignon  54,75  Kohlenstoff  und  11,11 
nmeratoff;  Kaue  54,88  C  und  11,27  H  und  Guielii 
53,25  C  und  10,62  H.  Mit  letzterer  Analyse  stimmt  die 
mehlige  fast  vollständig  überein. 

Das  von  mir  dargestellte  Lignon  besafs  folgende  Eigen- 
schaften: Mit  Kali  zusammengebracht,  entstanden  nach  ganz 
kurzer  Zeit  in  der  farblos  gebliebenen  Flüssigkeit  feine 
lllältchen.  Mit  Salpctersäurchydrat  geschichtet,  trat  ein 
stürmisches  Aufwallen  ein  und  aus  der  gclbeu  Flüssigkeit 
schied  sich  beim  Erkalten  ein  Oeltropfeu  aus,  der  sich  bei 
Zusatz  von  Wasser  noch  vermehrte.  Mit  S  cfwe  feisäure  - 
tndiat  vermengt,  entstand  ein  dickes  braues  Gemisch,  aus 
welchem  durch  Wasser  ein  dickes  braunes  Ocl  ausgeschie- 
den wurde.  Das  Liguori  halte  einen  constanten  Siedepunkt 
von  6U"  C.,  brannte  mit  leuchtender  rothgclber  Flamme 
und  besafs  einen  brennenden  gewürzhaften  Geschmack  und 
einen  angenehmen  geistigen  Geruch. 

Setzt  man  zu  Lignon  eine  Losung  von  salpetersaurein 
Quecksilberoxydul    oder    von    salpetersauicm  ' 


552 

oxyd,  so  entsteht  beim  Erhitzen  Ober  der  Spiritusflaromr 
ein  regelmäßiges  stürmisches  Aufwallen  und  nach  einiger 
Zeit  ein  plötzliches  Ausscheiden  von  Kuallquecksilber,  wel- 
ches sich  in  kleinen  Krysiallen  rasch  zu  Boden  setzt.  Da- 
bei entwickeln  sich  Dämpfe,  ganz  so  wie  bei  der  Darstel- 
lung des  Knallquecksilbcr  aus  Alkohol,  wiewohl  uicht  iu 
solcher  Menge.  Dieselben,  durch  ein  Kühlrohr  geleitet,  ver- 
dichteten sich  zu  einer  Flüssigkeit,  welche  mit  Kali  nicht  ge- 
bräunt wurde,  also  frei  von  Aldehyd  war.  Sie  verbrannte 
mit  wenig  leuchtender  Flamme,  ungefähr  wie  Alkohol.  Auf 
eiuem  Uhrglase  der  Verdunstung  überlassen,  blieben  feiue 
Tröpfchen  zurück,  die  einen  scharfen  siechenden  und  die 
Augen  zu  Tfiräncn  reizenden  Geruch  besafsen. 

Das  Destillat,  mit  salpetersaurem  Quccksilbcroxydul  ver- 
setzt, reducirtc  dasselbe  unter  Abscheidung  von  Quecksilber. 
Ob  die  Rcduclion  von  Ameisensäure  bewirkt  wurde,  habe 
ich  allerdings  nicht  untersuchen  können. 

Die  bei  dein  Knallquecksilber  verbliebene  Flüssigkeit 
ist  sehr  schön  gelb  gefärbt  und  entwickelt  mit  concentrirter 
Schwefelsäure  versetzt  Stickoxyd.  Versetzt  man  sie  mit 
Wasser  und  dann  mit  Schwefelwasserstoff,  so  scheidet  sich 
das  überschüssige  Quecksilber  als  Schwefelquecksilber  ab. 
Wird  solches  abfiltrirt  und  das  Filtrat  mit  Ammoniak  ver- 
setzt bis  zur  Neutralisation,  so  färbt  sich  dasselbe  dunkel- 
roili  und  giebt  mit  Kalksalzen  einen  Niederschlag  von  oial- 
saurcin  Kalk. 

Aufser  der  Oxalsäure  enthält  die  Flüssigkeit  noch  Essig- 

Bci  der  Darstellung  des  Knallquecksilbers  aus  Lignon, 
kommt  es  vor  allen  Dingen  darauf  an,  dafs  man  die  ver- 
schiedenen Ingredicntien  im  richtigen  Vcrhältuifs  anwendet 
Folgende  Methode  kann  ich  als  eine  gute  empfehlen,  da 
sie  eine  reichliche  Ausbeute  liefert. 

Man  vermischt  6  Theile  reines  Lignon  mit  4  Theilen 
Wasser  und  4  Theilen  einer  Lösung  von  salpetersaurem 
Quecksilberoxydul,  welche  auf  I  Theil  Salz  8  Theile  Was- 
ser enthält.     Alsdann   seil*  man  vai  dieser  Mischung  4  bis 


5  Theile  erstes  Salpctersäureliydrat  nach  und  nach  unter 
Schütteln  zu,  und  erwärmt  gelinde  so  lange,  bis  sich  ein- 
zelne Bläschen  zeigen.  Nach  kurzer  Zeit  vermehren  sich 
dieselben  und  es  tritt  dann  heftiges  Aufwallen  ein,  bei  wel- 
chem sich  das  Kunllqucckstlber  plötzlich  abscheidet  und 
rasch  und  vollständig  zu  Hoden  setzt.  Man  giefst  alsdauu 
die  Flüssigkeit  ab  und  wäscht  das  cihallcne  vollkommen  weifse. 
und  reiue  Knalh|iiccksilbcr  auf  einem  Filter  mit  deslillirtem 
Wasser  aus.  Hei  zu  heftiger  Einwirkung  der  Salpetersäure 
vermindert  mau  dieselbe  durch  Zusatz  ton  kaltem  Wasser 
oder  durch  Eintauchen  des  Kolbens  in  solches.  Die  Dar- 
-lollnng  auf  diese  Weise  gelingt  selbst  gut  in  einem  l\ea- 
gcnlicuglase. 

Das  auf  diese  Art  erhaltene  Präparat  hat  folgende  Eigen- 
schaften. Es  ist  unlöslich  in  kaltem  Wasser,  schwer  löslich 
in  licifscm.  Aus  der  durch  längeres  Kochen  gesättigten 
Lösung  scheidet  es  sich  in  pfeilspitzenförmig  gerippten  Kry- 
st;illblätlchcu  aus,  welche  schwach  gelb  gefärbt  sind.  In  wäs- 
serigem starken  Ammoniak  löst  es  sich  auf  und  scheidet  sich 
beim  Verdunsten  desselben  in  kleinen  körnigen  Krystallen 
Kali  scheidet  beim  Erhitzen  braunes  Quecksilber- 
wyd,  die  von  demselben  abfiltrirte  Flüssigkeil  beim  Er- 
kalten  weifsc  Flocken  aus,  welche  nach  dem  Trocknen 
durch  den  Slofs  oder  durch  Reibung  verpuffen.  Die  von 
diesen  Flocken  ablülrirte  rückständige  Lösung  giebt  auf 
Zusatz  von  Salpetersäure  ebenfalls  einen  flockigen  Nieder- 
schlag, welcher  im  trocknen  Zustande  leicht  csplodirt. 

Wird  das  auf  dem  neuen  Wege  erhaltene  Knallqueck- 
silber  mit  KupTerfeile  gekocht,  so  erhält  man  eine  grüne 
Flüssigkeit,  aus  der  sich  beim  Erkalten  grünblaue  Flocken 
von  Knallkupfer  absetzen,  die  getrocknet  ebcufalls  verpuf- 
fende Eigenschaften  zeigen. 

Mit  einem  Gemenge  von  concentrirter  Salzsäure  und 
Salpetersäure  gelinde  erwärmt,  entstand  unter  Euhvickchuig 
von  Blausäure,  welche  am  Gerüche  deutlich  zu  erkennen 
war  und  unter  Freiwerden  von  Kohlensäure,  eiue.  anfau- 
lten blaue  Flüssigkeit,  welche  sich  aber  beu»  ^jc\\\Xxea  axÄ- 


bein 

«wy 

kalt 


554 

hu)  cutfürbtc.  Außerdem  entwickelte  sich  noch  ein  Gas, 
welches  einen  höchst  siechcudeu  Geruch  besafs  und  die 
Alicen  stark  zu  Thronen  reizte. 

Eine  Be*(iiiiuiuiig  des  Quecksilbers  dieses  Kuallqueck- 
Silbers,  welches,  dieses  brauche  ich  wohl  kaum  liuixtrzu fü jl*-ij  . 
im  trocknen  Zustünde  durch  den  leisesten  Schlag  mit  furcht. 
barer  Gewalt  cxnlodirte,  ergab  folgende  Zahlen: 

0,6735 Grm.  Knallquecksilber  lieferten  0,507  Grm.  Schwe- 
felquecksilber, welches  lit,H  Proc.  Quecksilber  entspricht. 

I)as  zur  Analyse  verwendete  Salz  war  über  Schwefel- 
säure getrocknet  und  mit  Königswasser  zersetzt.  Die  da- 
durch erhaltene  Flüssigkeit  wurde  alsdann  zur  Trockne 
verdampft,  das  rückständige  Salz  wieder  in  deslillirtem  Was- 
ser gelost  und  aus  dieser  Losung  das  Quecksilber  durch 
Schwefelwasserstoff  gefüllt. 

Schon  im  Anfang  dieser  Abhandlung  habe  ich  bemerkt, 
dafs  ich  vor  mehreren  Jahren  ebenfalls  eine  Quecksilber- 
beslimniung  des  Kuallquecksilbers  gemacht  habe.  Ich  ver- 
wandte dazu  aus  Wasser  umkrystallisirtes  Salz  iu  Form 
der  gelben  lilättchcn  und  zersetzte  dasselbe,  in  mit  Salz- 
säure versetztem  Wasser  suspendirt,  direct  mit  Schwefel- 
wasserstoff. Die  Zahlen  dieser  Analyse  sind  mir  im  Laufe 
der  langen  Zeit  verloren  gegangen,  ich  entsinne  mich  aber 
noch  ganz  genau,  dai's  ich  fast  70  Proc.  Quecksilber  erhielt. 

Die  oben  angeführte  Analyse,  welche  mit  der  von  Ho- 
ward, welcher  61,72  Proc.  erhielt,  fast  übereinstimmt,  scheint 
also  wohl  mit  einem  Salz  gemacht  zu  seyn,  welches  3  Atome 
Krystallwasser  enthielt,  da  solches  64,3  Proc.  Quecksilber 
verlangt.  Das  aus  einer  kochenden  wässerigen  Lösung  ab- 
geschiedene Salz  in  Form  der  gelben  111  ä  Itcben  schien  hin- 
gegen das  wasserfreie  Salz  zu  seyn. 

Wendet  man  statt  dem  oben  angegebenen  Verhältnis 
von  Lignon,  Salpetersäuren  Quccksilberoxydul  und  Salpe- 
tersäure, einen  grofsen  Ueberschufs  einer  concentrirten  Lö- 
sung von  salpetersaurem  Quecksilberoxyd,  erhalten  durch 
Auflösen  von  Quecksilber  in  Salpetersäure  au,  und  setzt 
ebeuso   einen  Uebenctata  vou  «ywymu-trtcr  Salpetersäure 


hinzu,  so  entwickeln  sich  beim  Aufwallen  der  erhitzten 
Flüssigkeit  rothe  Dämpfe  von  Untersalpctersäurc  und  es 
scheidet  sich  entweder  kein  Knallquecksilhcr  aus,  oder  höch- 
stens nur  Spuren  desselben.  Auf  Zusatz  von  Wasser  ent- 
steht dann  ein  gelber  käsiger  Niederschlag,  ganz  von  dcui 
Aussehen,  wie  icli  solchen  hei  Anwendung  des  Holzgeistes 
erhielt.  Derselbe  enthielt  keine  Spur  von  salpetriger  Säure, 
sondern  war  reines  oxalsuures  Quecksilbcroxydul. 

Aus  den  angeführten  Daten  geht  uuu  mit  Bestimmtheit 
hervor,  dafs  aufser  dem  gewöhnlichen  Alkohol  auch  das 
Lignou  die  Fähigkeit  besitzt,  im  Salpetersäuren  Quccksilber- 
oxydul-  oder  ()uecksilberoxyd  und  Salpetersäure  erwärm I, 
Knallquecksilber  zu  liefern.  Durch  den  von  Dumas  und 
I'cligot  geführten  Beweis,  deu  ich  jetzt  wieder  bestätigt 
gefuudcu  habe,  ist  der  Holzgeist  nicht  im  Stande  für  sich 
im  freien  Zustande  Kiiallquccksilbcr  zu  liefern.  Lei  der 
Dcslillalion  des  Liguous  mit  Kalilauge  erhielten  Weid- 
mann und  Schweizer  Holzgeist  und  im  Rückstand  essig- 
saures Kali,  verunreinigt  durch  geringe  Mengen  von  Harz 
und  Oel,  welche  als  Zersetzungsproducle  des  Hulzgeistes 
diesem  beigemengt  waren.  Aus  diesem  Grunde  betrachten 
die  beiden  genannten  Chemiker  das  Lignon  als  eine  Ver- 
bindung der  Melhylrcihc  mit  einer  Verbindung  der  AelhyU 
reihe.  Sie  erklären  sich  für  die  Formel  Cfj  Il6  O,^  und 
betrachten  hiernach  das  Lignon  als  tintcracetyligsaurcs  oder 
xylitsaures  Methylonyd.  Jedenfalls  bleibt  diese  Ansicht  eine 
gewagte,  da  eine  Xylitsäure  C,  H4  O,  X  bis  jetzt  noch  nicht 
dargestellt  ist  und  dann  auch  die  von  verschiedenen  Che- 
mikern erhaltenen  analytischen  Resultate  sehr  von  einander 
abweichen.  Es  ist  wohl  anzunehmen,  dafs  die  untersuchten 
Lignone  theils  noch  nicht  ganz  frei  von  Holzgeist  waren, 
theils  aber  auch  mehr  oder  weuiger  grofse  Mengen  von 
Aceton  enthielten.  Durch  erstere  Verbindung  wird  der 
Kohlenstoffgehalt  heruntergedrückt,  durch  letztere  aber  ver- 
mehrt. Dadurch  erklären  sich  wenigstens  die  verschiedenen 
Resultate  die  erhalten  wurden  uud  die  ich  hier  fol^tttt  Va*- 
sen  will: 


Schweizer. 

C  58,5  48,l7  54,75 

II  10,01  11,81  11,11 

O  31,46  40,08  34,14 


An.lj.e. 

54,88  53,2a- 54,77  53,37  53,23 
H,'i7  10.62  10,12  9,83  10,»7 
33.S5    110,13    35,1t    34,80    35,80. 


Obgleich  der  Holzgeist  für  sich  kein  Knall  quccksilber 
liefert,  so  is(  hiermit  noch  nicht  erwiesen,  dafs  eine  Melhyl- 
verbindutig  von  der  Bildung  desselben  a usg esc Mos sen  sey. 
Ebenso  ist  mich  auf  der  anderen  Seite  nicht  unbedingt  an- 
zunehmen, dafs,  da  bis  jetzt  die  Kuallsäure  nur  aus  dem 
gewöhnlichen  Alkohol  dargestellt  ist,  nun  auch  iu  dem  Lignon 
eine  Aelhylveibindung  enthalten  seyu  inüfste.  Die  Bildung 
der  Essigsäure  aus  «lein  Lignon,  wenn  dasselbe  mit  Kali 
destillii (  wird  und  die  Erzeugung  des  Methylalkohole  spricht 
allerdings  dau'ir,  dafs  es  ein  zusammengesetzter  Aether  aey. 

S  t  ä  d  e  I  e  r  hat  die  Ansicht  ausgesprochen,  (Ann,  d.  Cfaem. 
u.  Pharm.  Bd.  111,  S.  289)  dafs  der  Holzgeist  der  einfachste 
bis  jetzt  bekannte  Alkohol,  als  die  Stammverbindung  aller 
übrigen  Alkohole  mit  2  Atome  Sauerstoff  anzusehen  sey. 
Der  gewöhnliche  Alkohol  ist  nach  ihm  Methylalkohol,  in 
dem  ein  Atom  Wasserstoff  durch  das  Badical  Methyl  ver- 
treten ist.  Ebenso  betrachtet  Stadeler  die  Essigsäure  als 
eine  Ameisensäure,  worin  ein  Atom  Wasserstoff  durch  Me- 
thyl vertreten  ist.  Für  diese  Ansicht  spricht  die  Erfahrung-, 
nach  welcher  die  Baldriansäurc  durch  den  elektrischen  Strom 
den  Kohlenwasserstoff  Valyl  C8  H0  liefert. 

Gegen  eine  so  einfache  Anschauungsweise  wie  sie  Stä- 
deler  in  seiner  ausgezeichneten  Untersuchung  entwickelt 
hat,  habe  ich  insofern  nichts,  als  sie  eine  grofse  Menge 
von  Körpern  unter  einen  neueu  allgemeinen  Gesichtspunkt 
vereinigt;  dafs  aber  in  einem  Alkohol  fertig  gebildetes 
Methyl  cuthalten  ist,  kann  wohl  nicht  direct  bewiesen 
werden.  Gesetzt  aber  es  wäre  wirklich  der  Fall,  so  raufst e 
durch  künstliche  Substitution  aus  dem  Holzgeiste  gewöhn- 
licher Alkohol  erzeugt  werden  können,  ebenso  wie  aus  dem 
Ammoniak  die  künstlichen  organischen  Basen. 

Für  unseren  specieWen.  ¥a\\  y)%.i4ä  &\s»a  ueue  Theorie 


557 

schon  passen,  indem  nach  derselben  dann  das  Knallqueck- 
silber von  einer  Methylverbindung  abgeleitet  würde  und 
so  Hand  in  Hand  mit  der  Ansicht  von  Keküle  ginge,  wel- 
che, wie  ich  später  noch  specieller  anführen  werde,  das 
Knallquecksilber  als  eine  Verbindung  von  dem  Typus  Me- 
thylwasserstoff betrachtet.  Hiernach  würden  also,  wie  schon 
erwähnt,  alle  Alkohole  substituirte  Verbindungen  seyn, 
Verbindungen  in  denen  1  Atom  H  durch  ein  organisches 
Radical  vertreten  ist.  Der  Kohlenstoff  in  diesen  einfachen 
Körpern  müfste  also  eine  doppelte  Rolle  spielen  und  da- 
nach auch  der  Kohlenstoff  in  den  bis  jetzt  angenommenen 
Radicalen.  Die  Form  des  Aethyls  wäre  dann  CVCQH3H0, 
also  Methyl,  worin  1  Atom  Wasserstoff  durch  Methyl  ver- 
treten wäre.   Die  Formel  des  Propyls  wäre  Ca(C4H5)H,. 

Obgleich  eine  solche  Ansicht  der  Einfachheit  keinen 
Abbruch  thut»  so  ist  doch  wohl  nicht  anzunehmen,  dafs  in 
so  einfachen  für  sich  im  freien  Zustande  bestehenden  Ver- 
bindungen, wie  es  die  Radicale  sind,  die  verschiedenen 
Elemente  Kohlenstoff  und  Wasserstoff  verschiedene  Func- 
tionen verrichten  sollen,  dafs  also  gleichsam  unter  den  Ele- 
menten dieser  einfachen  Körper  ein  gewisser  Rang  existirte. 

Der  Alkohol  liefert  bei  verschiedenartiger  Behandlung, 
Methylwasserstoff,  Aethyl,  ölbildcndes  Gas  etc.  etc.  In 
solchen  Fällen  halte  ich  es  für  geeigneter  zu  sagen:  Der 
Alkohol  kann  betrachtet  werden  als  Holzgeist,  in  dem  ein 
Atom  Wasserstoff  durch  Methyl  vertreten  ist,  d.  h.  wenn 
ich  erklären  will,  wie  aus  ihm  Methylwasserstoff  entsteht. 
Er  kann  hingegen  betrachtet  werden  als  Aethyloxydhydrat, 
oder  als  Wasser,  worin  ein  Atom  Wasserstoff  durch  Aethyl 
▼ertreten  ist,  wenn  ich  die  Entstehung  des  Acthers  erklä- 
ren will.  Solche  Erklärungsweisen  sind,  so  lange  man  über 
die  Constitution  des  Alkohols  noch  keine  feste  und  be- 
stimmte Behauptung  aufstellen  kann,  einfach  und  natürlich. 

Man  ist  bis  jetzt  gewohnt  die  Constitution  eines  zusam- 
mengesetzten Körpers  nach  den  Zersetzungsproducten  des- 
selben' festzustellen.  Nach  meiner  Ansicht  ist  dieses  nieta. 
immer,  richtig,  da  wir  nach  derselben  dann  ta*\.  ^ÄamYÄt« 


558 

per  die  Fähigkeit  zuspreche»  müssen,  nach  dem  Wunsche 
eines  jeden  Chemikers  die  Lagerung  der  Alome  zu  ;iu- 
deru.  Ich  will  nur  an  die  grofsc  Menge  von  Formeln  er- 
innern, die  man  für  die  Essigsäure  vorgeschlagen  hat,  und 
die  jede  für  sich  die  wahre  Constitution  derselben  an- 
zeigen und  die  Metamorphosen  erklären  soll,  deren  die 
Essigsäure  fähig  ist.  Meines  Wissens  hat  man  für  den 
Zucker,  der  bei  den  verschiedenen  Gährungcn  so  viele  ver- 
schiedenartige neue  Verbindungen  erzeugt,  noch  nicht  ver- 
sucht eine  bestimmte  rationelle  Formel  aufzustellen.  Die 
Thalsache,  dafs  sich  verschiedenartige  neue  Verbindungen 
aus  einem  und  demselben  Kürper  erzeugen  können,  siebt 
fest,  es  giebt  uns  dieses  aber  durchaus  noch  nicht  die  Be- 
rechtigung deshalb  neue  Theorien  aufzustellen  und  diesen 
dann  die  analogen  Verbindungen  anzupassen,  welche  in  die 
verwandte  Reihe  gehören.  Bedenken  wir,  wie  die  Natur 
in  ihrem  Schaffen  so  einfache  Mittel  wählt  und  wie  sie  aus 
Kohlensäure,  Ammoniak  und  Wasser  so  verschiedenartige 
Körper  erzeugt.  Warum  soll  man  nun  in  den  organischen 
Verbindungen,  den  natürlichen  sowohl  als  wie  in  den  künst- 
lichen, so  complicirtc  Verhältnisse  annehmen.  Meines  Er- 
achtens  treten  die  in  den  organischen  Verbindungen  ent- 
haltenen Atome  nach  verschiedenen  Verhältnissen  zusam- 
men, wenn  sie  der  Einwirkung  verschiedener  Agentien  un- 
terworfen werden,  d.  h.  je  nach  den  letzteren  und  nach 
der  Gröfse  der  chemischen  Kraft,  welche  den  einwirken- 
den Körpern  innewohnt,  tritt  unter  den  Atomen  der  orga- 
nischen Verbindung  ihrer  Anzahl  nach  eine  gröfsere  oder 
geringere  Verwandtschaft  ins  Spiel.  Sie  folgen  derselben 
und  bilden  so  verschiedenartige  neue  Körper. 

Es   sey   ferne  von   mir    nur   deu   empirischen  Formeln 
der  organischen  Verbindungen  zu  huldigen  und  nur  sie  zu     I 
beachten;   aber  ich   kann   doch   in   vielen  Fallen  nicht  an- 
ders, als  die  Formeln  und  die  damit  ausgesprochenen  Theo- 
rien nur  dafür   ansehen,  dafs  sie  mir  eine  neue   Ersehet-    I 
nung,  die  Entstehung  neuer  Körper  erklären,  ohne  dafs  sie    j 
mir  ein  Bild  von  Act  \j&%eran%  <1«  Elemente  in   der  ur-    I 


559 

gprünglichen  organischen  Verbindung  verschaffen.  Nicht 
die  Lagerung  der  Atome  in  einer  Verbindung  bedingt  die 
Bildung  einer  bestimmten  neuen  chemischen  Verbindung, 
sondern  die  Entstehung  einer  neuen  Verbindung  aus  einer 
bekannten  schon  vorhandenen  giebt  uns  das  Zeugnifs,  wie 
es  möglich  ist,  dafs  die  vorhandenen  Elemente  zu  anderen 
Verbindungen  zusammentreten  können.  Man  kann  die  orga- 
nischen Verbindungen  mit  einem  Gebäude  vergleichen,  dessen 
Einrichtung  auch  geändert  werden  kann,  ohne  dafs  ein  Zie- 
gelstein fortgenommen,  oder  ein  neuer  zugeführt  wird. 

Aus  diesem  Grunde  gebe  ich  deshalb  derjenigen  Theorie 
den  Vorzug,  welche  die  Thatsachen  am  leichtesten  erklärt. 
Sie  ist  die  richtigste,  weil  sie  die  natürlichste  ist.  Von 
vielen  Seiten  wird  mir  vielleicht  der  Vorwurf  gemacht, 
dafs  ich  mit  meiner  Ansicht  auf  dem  Gebiete  der  Wissen- 
schaft stehen  bliebe,  ich  glaube  aber  nicht,  dafs  mir  ♦ein 
solcher  Vorwurf  gebührt,  weil  ich  unabhängig  von  einer 
bestimmten  Theorie  weiter  gehe.  Die  hartnäckig  bekämpfte 
Theorie,  dafs  das  Licht  ein  Körper  sej,  hat  die  Entwicke- 
lung  der  Optik  um  viele  Jahre  aufgehalten  und  die  Geburt 
der  Schwingungstheorie  sehr  erschwert.  So  wie  hier,  so 
geht  es  auch  annäherungsweise  in  der  organischen  Chemie. 
Derjenige  welcher  eine  bestimmte  Ansicht  in  derselben  hart- 
näckig vertheidigt,  bleibt  einseitig  stehen.  Es  gilt  hier,  wie 
bei  so  vielen  anderen  Dingen  das  Sprichwort  »Prüfet  Alles 
lind  behaltet  das  Beste«.  Nur  das  Gesammtresultat  aller 
Metamorphosen  und  nur  die  Beachtung  aller  Umstände  und 
Ansichten,  die  die  vielen  mühevollen  Untersuchungen  in  der 
organischen  Chemie  ergeben  haben  und  ergeben  werden, 
{Qhren  uns  weiter  zu  einem  sicheren  Ziel. 

Ich  komme  nun  zu  meiner  Untersuchung  zurück,  zu  der 
Thatsache  dafs  aus  dem  Lignon  Knallquecksilber  entstehen 
kann«  Der  Versuch  von  Weidmann  und  Schweizer, 
wonach  das  Lignon  bei  der  Destillation  mit  Kali  Essigsäure 
und  Holzgeist  liefert,  zeigt  uns,  dafs  das  Lignon  betrachtet 
werden  kann,  als  eine  Verbindung  der  Methylreihe  (Me- 
thyloxyd) mit  einer  solchen  der  Aethylteftie. 


1 


5G0 

Bleiben  wir  denn  hierbei  slehen,  so  wirft  sieb  aus  von 
vornherein  die  Frage  auf,  welcher  Korner  ist  mit  dem  Mc- 
Ihylonyd  verbunden,  der  fähig  ist  mit  salpetcrsaurein  Qucck- 
silbcroxydul  und  Salpetersäure  Knallnuecksilber  zu  liefern? 
Wir  wissen,  dafs  das  Aldehyd  mit  Ammoniak  eine  krystal- 
liniscuc  Verbindung  eingeht  und  ebenso  leicht  durch  Auf- 
nahme von  Sauerstoff  in  Essigsäure  übergebt.  Die  Formel, 
welche  Weidmann  und  Schweizer  für  das  I-iguou 
aufgestellt  hoben  und  wonach  es,  wie  ich  schon  vorne  er- 
wähnt habe,  xylilsaures  Metbyloxyd  &  11,0.  C,  8,0,4  sey, 
brachte  mich  auf  die  Vermuthung,  ob  nicht  das  Lignou  eine 
Verbindung  von  Methyl  oiyd  mit  Aldehyd  sey.  Diese  For- 
mel würde  57,7  Proc,  C  und  10,4  l'roc.  II  verlangen  uud 
den  von  Gmelin  und  mir  erhaltenen  analytischen  Resul- 
taten entsprechen.  Um  mich  zu  überzeugen,  ob  nicht  das 
Lignon  mit  Ammoniak  gesättigt  Aldehyd-Ammoniak  bilden 
würde,  sättigte  ich  bei  — 20°  C.  Lignon  mit  trockuem  Am- 
moniakgas, schmolz  die  Hälfte  desselben  für  sich,  die  andere 
Hälfte  mit  wässerigem  Ammoniak  versetzt  in  Glasröhren 
ein  und  erhitze  dieselben  einen  Tag  lang  im  Wasserbade. 
Die  Flüssigkeiten  in  beiden  Bohren  hatten  sich  schwach 
gelblich  gefärbt.  Als  dieselben  in  Porcellanschälcheu  ge- 
bracht und  zur  Verdunstung  der  Luft  ausgesetzt  wurden, 
färbten  sie  sich  in  ganz  kurzer  Zeit  schwarzbraun  und  wur- 
den zäh  und  dickflüssig.  Beide  Flüssigkeiten  hatten,  nach- 
dem das  Ammoniak  verdampft  war,  einen  intensiv  bitteren 
Geschmack  uud  einen  betäubenden  narkotischen  Geruch, 
ohne  dafs  sie  aber  in  einem  Stadium  etwas  krystalliuisches 
abgesetzt  hätten.  Der  braune  rückständige  Syrup  löste  sich 
schwer  in  Wasser,  Alkohol  und  Aether,  aber  leicht  in  wäs- 
seriger Salzsäure.  Die  letztere  Lösung  giebt  aber  mit  Pla- 
liuchlorid  keinen  Niederschlag  und  enthält  somit  wohl  keine 
organische  Base.  Versetzt  man  sie  mit  Ammoniak  im  Ueber- 
schufs,  so  scheidet  sich  die  ursprüngliche  Verbindung  in 
Form  eines  schwarzen  theerartigen  Körpers  aus. 

Wird  das  Lignon  mit  conccntrirler  Salpetersäure  erhitzt, 
so  scheidet  sich  nach  e\ni$«  'La.\(  eine  ölartige  Flüssigkeit 


ab,  welche 
Holt  111:111  Ac 


561 


Fi* 
siel 


welche  sich  auf  Zusatz  von  Wasser  vermehrt.  Bebau 
Acelon  ebenso,  so  erhält  man  auch  ölartige  Trop- 
fen. Beide  Körper  schmecken  erst  suis  und  nachher  bren- 
nend, so  dafs  noch  lange  Zeit  nachher  der  Findruck  des 
Verbranntseyns  auf  der  Zunge  zurückbleibt.  Eine  genaue 
Untersuchung  beider  Körper  ist  bis  jetzt  noch  nicht  ge- 
cht  worden,  über  ihre  Zusamuienselzung  läfst  sich  daher 
Itwas  Bestimmtes  gar  nicht  angeben.  Ihre  ähnliche  Ent- 
stehungsweise aus  zwei  Körpern,  welche  gemeinschaftlich 
auftreten,  so  wie  die  Gleichheit  ihrer  physikalischen  Eigen- 
schaften läfst  aber  vennuthen,  dafs,  wenn  sie  auch  nicht 
identisch  sind,  sie  doch  sicher  grofse  chemische  Acbnlich- 
ki-ii  zeigen  werden. 

Städeler  betrachtet  in  seiner  schon  erwähnten  Arbeit 
über  Aceton  dasselbe  als  eine  Aelherart,  als  Essigsäureal- 
dehyd, worin  das  basische  Wassersloffmolecül  durch  Me- 
thyl vertreten  ist. 

C6H605  =  C*-H?-°' 


Rchan- 


C,H3       | 

entsteht    dann   das  Aceton  aus 
vC.(C,H,)0,|0 


Nach  Demselben  entsteht  dann  das  Aceton  aus  der  Es- 
sigsäure  (Methylameisensäure)  'J^  ~u  *[  O,  au^  die 
Weise,  dsfs  sich  zuerst  Methylwasserstoff  bildet,  welcher 
jm  Status  nascens  auf  ein  zweites  Atom  Essigsäure  ein- 
wirkt und  mit  diesem  Wasser  und  Aceton  bildet. 

Hierdurch  ist  also  eine  sehr  nahe  Beziehung'  zwischen 
Aceton  und  Aldehyd  hervorgehoben.  Nach  der  oben  von 
mir  ausgesprochenen  Ansicht,  das  Lignon  sey  eine  Verbin- 
dung von  Aldehyd  und  Melhyloxyd,  würden  sich  auch  das 
Lignon  und  das  Aceton  näher  gerückt.  Für  diese  allerdings 
um  reiue  Vermuthung  spricht  dann  auch  der  Umstand,  dafs 
beide  bei  der  trocknen  Destillation  des  Holzes  auftreten. 
Das  Lignon  reducirt  das  Silber  nicht,  was  darin  seinen 
Grund  hätte,  dafs  es  als  ein  zusammengesetzter  Aelher  be- 
trachtet werden  kann,  während  das  Aceton  nach  Städeler 
ein  substituirtcr  Körper  ist. 

Nach  Laureut  liefert  das  Aceton  mit  cottcevAVuV«\ %>A- 

PogtcodorfT,  Aiual  BÜ.  CX. 


562 

peiersaurc  erhitzt  eine  rückständige  Flüssigkeit,  welche,  mit 
salpefersnurem  Silboroxyd  verseilt,  viel  cyansaures  oder 
wahrscheinlicher  cyonursaurcs  Silberoxyd  ausscheidet,  Lig- 
non  liefert  unter  den  bekannten  Umständen  Knallqueck- 
silber. Sollte  nun,  die  oben  autgs?  pro  ebene  Aebiiiichkeit 
des  Lignous  und  des  Acetons  berück  sichtigen  d,  dieses  nicht 
.■in  Halt  seyn  für  die  Ansieht  von  Liebig,  wonach  die 
Knallsäure  eine  po ly in ere  Cyau säure  ist?  Aus  der  Methyl- 
Aldehyd -Verbindung,  dein  Aceton,  erzeugt  sich  durch  die 
Einwirkung  der  Salpetersäure  Cyansäure  oder  Cyanur- 
säure,  sollte  nicht  aus  dem  Lignou,  dem  A Idehyd- Methyl- 
oxyd, auf  ähnbebe  Weise  die  Knallsäure  eulstcheii';'  El 
sind  dieses  nur  Veruiuthuiigcn,  weil  wir  troll  der  vielen 
ausgezeichneten  Untersuchungen  das  Ligtion  norh  zu  wenr. 
kennen;  es  sind  aber  solche,  die  ich- wegen  des  allgemei- 
nen Interesses  auszusprechen  wage. 

Eine  andere  Ansicht  über  die  ConstitulioD  des  Knall- 
quecksilbers, die  Beachtung-  verdient,  hat  Kckule  in  sei- 
ner interessanten  Arbeit  über  Knalluuccksilbcr  (in  d.  Ann. 
der  Chem.  und  Pharm.  Bd.  105.  S.  279)  veröffentlicht.  Er 
betrachtet  das  Knalhpiccksilber  als  eine  dem  Typus  des 
Acetonilrils  oder  des  Chloroforms  zugehörige  Nitroverbin- 
dung. 

AccioDitril.  Knall- Qntcbilbfr. 

C,HHHC,N  "cTN^H^tilcTN! 

Kekule  bat  Knallquecksilber  mit  Brom  behandelt  und 
gefunden,  dafs  durch  solches  die  zwei  Atome  Quecksilber 
durch  Brom  ersetzt  werden  und  ein  Körper  entsteht,  der 
dem  Chlorpikrin  C,N0,CIC1C1  analog  zusammengesetzt 
isl.  Er  stellt  dcmgeinäfs  für  diesen  neuen  Korper,  den  er 
Dibromnitroacetonitril  genannt,  dieFormelC,]SO,BrBrC1N 
auf.  Die  Dämpfe  des  Dibromnilroacctonitrils  greifen  die 
Augeu  sehr  beftig  an;  aus  diesem  Grunde  glaube  ich,  dafs 
der  bei  der  Einwirkung  von  concenlrirtem  Königswasser 
auf  Kuallquecksilber  eulstehende  flüchtige  Körper,  welcher 
dieselbe  Einwirkung  auf  die  Augen  ausübt,  die  correspoit-  , 
dirende  Chlorverbindung  also  Dichlornitroacetouitn'l  ist. 


563 

Betrachtet  man  aber  die  Knallsäure  als  eine  polymere 
C jansäure,  schreibt  man  also  die  Formel  des  Knallqueck- 
silbers C4  N,  Oa  Hg,  O,  oder  C4  N2  Hg,  04,  so  erklärt  sich 
die  Entstehung1  des  Dibromnitroacetonitrils  ebenso  gut 
In  der  Essigsäure  kann  der  Wasserstoff  durch  Chlor  ver- 
treten werden  und  dadurch  die  Monochloressigsäure  oder 
die  Trichloressigsäure  entstehen.  Bedenkt  man  nun,  dafs 
Deville  die  wasserfreie  Salpetersäure  dargestellt  hat,  in- 
dem er  Chlor  über  salpetersaures  Silberoxyd  leitete  und 
dafs  ebenso  die  freie  unterchlorige  Säure  aus  dem  Queck* 
silberoxyd  und  Chlor  erhalten  wird,  so  liegt  die  Verum- 
tbung  nahe,  dafs  auch  unter  geeigneten  Verhältnissen  das 
essigsaure  Quecksilberoxyd  neben  Chlorquecksilber  eine 
Chloressigsäure  liefern  mufs.  Nimmt  man  dieses  an,  so 
mufs  man  zugeben,  dafs  in  einer  Säure  die  basischen  Was- 
serstoffatome durch  Chlor  vertretbar  sind  und  es  würde  so- 
mit erklärt  seyn,  wie  aus  dem  Knallquecksilber  die  zwei- 
fach gechlorte  Knallsäure  entstehen  müfste.  Nach  dieser 
Betrachtungsweise  braucht  dqnn  auch  keine  Kohlensäure 
aufzutreten,  was  Kekule  als  eine  Stütze  seiner  Theorie 
ansieht. 

In  neuerer  Zeit  hat  Geifse,  (Ann.  der  Chemie  und 
Pharm.  Bd.  109,  S.  282)  nachgewiesen,  dafs  das  Chlorpi« 
krin  der  Methylreihe  angehört  Man  kann  es  nach  ihm  als 
Chloroform  betrachten ,  in  dem  das  Wasserstoffatom  durch 
Untersalpersäure  vertreten  ist.  Geifse  hat  das  Chlorpi- 
krin  mit  Eisenfeile  und  Essigsäure  dem  üblichen  Reduc- 
tionsverfahren  unterworfen  und  dadurch  nachgewiesen,  dafs 
sich  hierbei  Methylamin  bildet. 

Dieser  Versuch  stimmt  mit  Kekule' 8  Ansicht  vollkom- 
men überein,  der  als  Anfangsglied  seiner  Reihe  den  Me- 
thylwasserstoff betrachtet. 

Ist  nun  wirklich  in  diese  Reihe  auch  das  Knallqueck- 
silber so  wie  das  Dibromnitroacetonitril  zu  stellen,  so  mufs 
das  letztere  durch  reducirende  Substanzen  ebenfalls  Me- 
thylamin liefern. 

36* 


C,N0,BrBrCy+12H  = 


c,h,; 

H,1 


N+2BrH  +  C>H  +  HO. 

Dieser  Versuch,  mit  dem  ich  mich  in  der  Folge  beschäfti- 
gen will,  würde  feststellen,  ob  das  Knallquecksilber  wirk- 
lich eine  Nitroverbindung  sey. 

Die  Ansicht  über  die  Alkohole  und  die  einbasischen 
Säuren,  insoweit  dieselben  den  Atomcomplex  C,H,  ent- 
halten und  ebenso  die  Erfahrung,  die  man  über  das  Lig- 
uon  gemacht  hat,  sofern  dasselbe  Holzgeist  und  Essigsaure 
liefert,  dann  auch  die  direcle  Darstellung  des  Knalli[uecb- 
silbers  aus  Lignon,  das  doch,  so  viel  wir  jetzt  annehmen, 
das  Radical  des  gewöhnlichen  Alkohols  nicht  enthalt,  spre- 
chen sehr  für  Kekule's  Ansicht.  Bis  jetzt  entscheide  icii 
mich  aber  noch  für  keine  Ansicht,  und  will  erst  de»  Re- 
duetionsversuch,  welchen  ich  mit  dem  Dibromnitroacefoni- 
tril  anstellen  werde,  abwarten. 

Schneidnitz  im  April   1860. 


III.      Versuche   über   die   Spannkraft   des    TVasser- 
damp/es  aus  Lösungen  wasserhaltiger  Salze;        ■ 
von  A.  Wüllner. 

1.  V  or  einiger  Zeit  (heilte  ich  Versuche  mit  Ober 
die  Verminderung  der  Spannkraft  des  'Wasserdampfes,  wenn 
das  Wasser  Substanzen  aufgelöst  enthalt,  welche  nicht 
selbst  verdampfen1),  und  zog  daraus  den  Schlufs,  da  fs  diese 
Verminderungen  proportional  seyen  den  Mengen  der  ge- 
lösten Substanz.  Unter  den  damals  untersuchten  Salzen 
befand  sich  auch  schwefelsaures  Natron  und  schwefelsaures 
Kupferoxyd,  beides  Salze,  welche  mit  einer  gewissen  Menge  j 
Wasser  bei  der  Krystalh'sation  sich  verbinden.  Bei  diesen  J 
I)  Pogg.  Aon.  Bd.  103,  S.  W»  H. 


565 

Salzen  zeigte  sich,  wie  aus  der  ausführlich  mitgetheilten 
Reihe  der  Verminderungen  durch  Glaubersalz  zu  ersehen 
ist,  dafs  die  Verminderungen  proportional  sind  den  gelösten 
Quantitäten  trocknen  wasserfreien  Salzes.  Damit  beschäf- 
tigt die  Spannkraft  des  Wasserdampfes  aus  wässerigen  Salz- 
lösungen in  höhern  Temperaturen  zu  verfolgen,  machte  ich 
einige  Messungen  über  die  Spannkraft  mehrerer  Lösungen 
von -Kalihydrat,  welche  zeigten,  dafs  jener  am  Glaubersalz 
aufgefundene  und  durch  schwefelsaures  Kupferoxyd  bestä- 
tigte Satz  nicht  gleicherweise  für  alle  wasserhaltigen  Salze 
gültig  ist.  Dadurch  yeranlafst  die  Frage,  wie  verhalten  sich 
die  Spannkraftsverminderungen  bei  verschieden  concentrirten 
Lösungen  wasserhaltiger  Salze,  weiter  zu  verfolgen,  gelangte 
ich  zu  einigen  Resultaten,  welche  hier  mitzutheilen  mir  ge- 
stattet sey,  da  sie  Aufschlufs  darüber  zu  geben  scheinen, 
wann  jener  Satz  bei  wasserhaltigen  Salzen  gültig  ist,  wann 
nicht,  und  da  sie  überdiefs  noch  einige  andere  Schlufsfol- 
gerungen  gestatten. 

2.  Die  Anordnung  der  Apparate  war  im  wesentlichen 
die  von  mir  in  der  erwähnten  Mittheilung  beschriebene. 
Die  Spannkräfte  der  Salzlösungen,  welche  sich  in  fünf  der 
abgekürzten  Barometer  meines  Apparates  befanden,  wurden 
direct  mit  der  des  im  sechsten  befindlichen  reinen  Wassers 
verglichen.  Die  Temperaturen  wurden  mittels  der  schon 
früher  benutzten  neuerdings  mehrfach  corrigirten  Thermo- 
meter bestimmt.  Die  Thermometer  befanden  sich  so  im  Was- 
serbade angebracht,  dafs  sie  zum  Theil  die  Röhren,  in  wel- 
chen sich  das  Wasser  oder  die  Salzlösungen  befanden,  be- 
rührten. Sie  wurden  von  einem  Gehülfen,  Hrn.  Stud.  Ger- 
land abgelesen,  während  ich  die  Barometerstände  mit  dem 
Kathetometer  nahm,  und  von  mir  nachher  nochmals  vergli- 
chen. Das  benutzte  Kathetometer  ist  von  Hrn.  Staudin- 
ger in  Giefsen  verfertigt;  es  gestattet  mittels  Nonius  0,05nn> 
direct  abzulesen.  Die  Anordnung  der  folgenden  Tabellen 
ist  wohl  ohne  Weiteres  verständlich;  in  der  ersten  Colonne 
befinden  sich  die  beobachteten  Temperaturen,  in  der  zweiten 
die  diesen  entsprechenden  Spannkräfte  des  N^a&«tdfts&\\& 


von  reinem  Wasser,  und  in  den  folgenden  die  de»  nebenste- 
henden Temperaturen  entsprechenden,  durch  den  oben  an 
der  Coltunne  angegebenen  Procculgehall  hervorgebrachten 
Verminderungen  der  Spannkraft  des  Wasser  dampf  es  aus  den 
Losungen. 

Spannkraft  des  WüMcrrinnipfes  aus  LfiniiDgeo  von  Knlihvitrii, 
3.  Zu  den  Losungen  wurde  reines  geschmolzenes  Kali- 
hydrat  verwendet,  und  die  Losungen,  10  —  20  —  30  — 
40  —  50  Theile  Sali  auf  100  Wasser  mittels  einer  0,00' 
(Irin.  Genauigkeit  gestaltenden  Waage  dargestellt.  Die  fol- 
genden Zahlen  wurden  in  mehreren  Versuchsreihen  erhallen; 
die  Angaben  sind  in  Millimeter  Qiiecksilbcrdruck. 


m„p(: ■  ■ 

Spannt  rifl 
An  Wal- 

tm 

™d.™„. 

.  *,  v 

nnlrall   iln 

di 

strdampf, 

10  Prot 

20Pit>c 

30  Proc. 

40  Pror. 

49  IW. 

II,» 

10,255 

(1,499 

1,097 

2,291 

3.1!»2 

3,(1111.] 

ia,io 

10,562 

0,499 

1.097 

2,392 

3,192 

3.692 

13,95 

11,863 

0.598 

0,897 

1.794 

2,442 

3.140 

15,15 

12,813 

».648 

1,296 

2,790 

3,888 

4.6SS 

(5,30 

12,917 

0,6 18 

1,395 

2091 

3,288 

4,686 

16,35 

13,823 

0.897 

1,595 

3,140 

4,280 

5.025 

19,41» 

16,76a 

0,y95 

1,990 

3,7m» 

5,075 

6,170 

89,25 

17,885 

1,1114 

2,136 

3.S79 

4.680 

6,777 

21.N2 

19.423 

1,-043 

2,186 

3,879 

5.565 

6.B2H 

23,65 

■l  1,659 

1,195 

2,490 

4,536 

6,524 

25,33 

24,281 

1,493 

2,886 

5.075 

6,122 

8,358 

26,98 

26,5(10 

1,790 

3,280 

5,766 

7,6(18 

9,512 

27,93 

27,985 

1,590 

3.280 

6,065 

8,150 

9,832 

28,60 

29,1«] 

1.388 

3,579 

5.468 

7,402 

9,628 

3:1.05 

32,75(1 

1.889 

3,878 

6,863 

9,356 

11,35!» 

82,13 

35,60(1 

1,988 

4,076 

7.159 

9,890 

12,22» 

.1-1.9* 

41,827 

2,186 

4,672 

8,314 

11,428 

14,871 

35,70 

43.536 

2,086 

4,372 

8,149 

12.0(10 

14,571 

34,64 

45.91H 

2,781 

5,463 

9.140 

12,566 

15.511 

37,75 

48,5(1(1 

2,73(1 

5,710 

9,932 

13,500 

16.817 

40,11) 

54.:*  10 

2,931 

6,205 

10,871 

15,339 

19,112 

40.16 

54,400 

2,979 

6,1155 

10,421 

14.789 

18.261 

42.W 

63,65(1 

:j,57m 

7.145 

12,412 

17,310 

21,412 

45.32 

72,486 

3,925 

S.992 

15.248 

21,167 

26,74" 

45,65 

73,900 

4,IHi9 

8.339 

13,572 

19,378 

23,843 

47,20 

79,y95 

4,113 

9,012 

15,851 

21,395 

26,700 

49,80 

90.9H3 

4,925 

1(1,396 

17.342 

24.265 

3n,«99 

50,90 

96,102 

4.450 

9.919 

18,521 

25,(198 

31.099 

53.3N 

108,870 

5.449 

11,985 

20,105 

28.577 

35,363 

55,43 

119,740 

6,337 

12.357 

22,427 

31,911 

38,815 

57,57 

133.SÖ2 

|    6,-3 

\  usw 

\    -U.««0 

34,206 

42.(51 

Tmjmt«. 

Spa.inlraf 

Vcrmindrrungtn  ilcr  Sp 

iiiilr.ilr  durcli 

im  w» 

serdan.pl* 

10  Prot, 

20  Proc. 

30  Pr«. 

40  Proc. 

49  Proc 

59,95 

148,451 

7,800 

16.20(1 

27,453 

89)342 

47,605 

62,63 

107,762 

8,949 

18.635 

31,035 

43,412 

53,775 

64,91 

180,070 

9,480 

19,710 

33,81)0 

48,483 

59,483 

G7.IHI 

'>i>l.37li 

10,473 

21,743 

37,423 

52,037 

65,500 

30,08 

234,000 

12,038 

34,065 

42,912 

59,100 

74,450 

72.05 

254.034 

12.146 

24,787 

44,50« 

62,384 

78,695 

72.50 

259,57« 

13,800 

47.598 

li5,7U 

74,90 

387,328 

15,293 

51,865 

73,006 

77,18 

31li,20ii 

16,400 

56,888 

79,423 

H0.-2Ü 

357,571 

18,400 

64,3«« 

89,00« 

_ 

»2,30 

387.51* 

19,53» 

69,176 

97,307 

«5,3» 

439.»!«) 

22,330 

77,527 

1 08,8311 

87,28 

473,704 

24,22« 

84,172 

1 19,200 

90.48 

535,130 

27,852 

95,1 98 

2 

92,77 

5S3.220 

29,33« 

103,470 

95,30 

6  10,836 

32,74« 

113,«(>0 

97,38 

ttäjÖM 

34.91» 

— 

121,363 

— 

99,20 
4. 

738,600 

35,592 

- 

127,037 

- 

:s  fällt  s 

ofort  in 

die  Aug 

en,  dafs 

die  in  e 

ner  Ho- 

rizontalreihc,  die  Verminderungen  bei  gleicher  Temperatur 
augebeuden  /.alileu  nicht  in  dem  Verhältnisse  der  üben  an- 
gegebenen Ptocentg  ehalte  stehen,  dafs  sie  vieluiehr  weit 
rascher  wachsen.  IJic  /alilcn  der  den  gleichen  Tempera- 
turen einsprechenden  Verminderungen  stehen  vielmehr  un- 
gefähr in  dem  Verhällnifs 

1  :  2,15: 3,4  :5,b:(S. 
In  demselben  Verhältnisse  stehen  aber  auch  die  Procent- 
gchalte  der  Lösungen,  wenu  wir  annehmen,  dafs  in  der  Lö- 
sung sich  das  fünffache  Hydrat  des  Kali  bildet,  und  dieses 
als  solches,  vermindernd  auf  die  Spannkraft  des  Wasser- 
dumpfes  einwirkt;  wie  sich  leicht  auf  folgende  Weise  er- 
giebt.  Im  einfachen  Kalihydrat  ist  mit  einem  Aequivalent 
Kali  ein  Acquivaleut  Wasser  verbunden  oder 

P  83,09  Kali 

16,01  Wasser. 
Wenn  sich  nun  das  l'cntahydrat  bildet,  so  nimmt  das 
Mnnohvdial  aus  dem  Lösungswasser  noch  4  Aeouivaleute 
oder  ul,04  Theile  Wasser  auf,  und  diese  Verbindung  löst 
■  in  dem  überschüssigen  Wasser. 


568 

Bei  der  Lösung  von  10  Theilen  auf  100  Wasser  ueti- 
men  die  10  Theile  einfaches  Hydrat  doch  6,40  Wasser  auf, 
und  diese  16,4  Theile  Salz  lösen  sich  in  93,6  Theilen  Was- 
ser. Der  Procentgehalt  der  Lösung  an  diesem  Salze  ist 
demnach 

17.5  Salz  auf  100  Wasser. 

Bei  der  Lösuug  20  Theile  auf  100  Wasser  treten  zum 
Kalibjdrat  12,8  Wasser  und  diese  32,8  Theile  Penlabydrat 
lüsen  sich  in  87,2  Wasser.  Der  sich  daraus  ergebende 
Proccutgebalt  ist 

37.6  Salz  auf  100  Wasser. 

In  gleicher  Weise  berechnen  sich  die  andern  Procent- 
gchalte,  so  dafs  wir  unter  Annahme  der  Bildung  von  Pen 
tahydrat  Lösungen  haben 

von     17,5  anstatt  10 

-  37,6       »       20 
>       60,9       -       30 

-  88,1        -       40 

-  117,5       -       49 
Theile  Salz  auf  100  Wasser. 

Mit  Zugrundelegung  dieser  Zahlen  sind  folgende  als 
beobachtete  angegebene  Mittelwerthe  der  Verminderungen 
durch  1  Theil  Salz  auf  100  Wasser  bestimmt.  Die  als  be- 
rechnet mitgcthcilteu  ergeben  sich  aus  den  uuten  initgetbeil- 
ten  Iulerpolationsausdrücken. 


Verminderung  der  Spannkraft  durch   1  Theil  fünffaches  Kalihydral  auf 
100  Wasser. 


T.rapcnl. 

•c. 

Bcob. 

Her 

T.mp«».. 
°C. 

Beuk. 

Der. 

11.70  ' 

0,033 

0,033 

23,65 

0,069 

0,069 

12,10 

0,033 

0,034 

25,53 

0,073 

0,077 

13,95 

0,030 

0,03» 

26.98 

0,086 

0,087 

15,15 

0,041 

0,011 

27,93 

0,089 

0,089 

15,30 

0,040 

0,042 

28,60 

0,084 

0,092 

16,35 

0,046 

0,045 

30,65 

0,102 

0,103 

19,40 

0,055 

0,054 

32.13 

0.109 

0,112 

20,25 

0,057 

0,057 

34,95 

0,128 

0,131 

31,82 

0,060 

0,061 

35,70 

0,127 

0,13.i 

569 


Temperet. 

Bcob. 

Ber. 

Teinperat. 

Beob. 

Ber. 

36,64 

0,139 

0,141 

67,00 

0,576 

0,584 

87,75 

0,150 

0,143 

77,08 

0,676 

0,650 

40,10 

0,168 

0,168 

72,05 

0,685 

0,717 

40,16 

0,162 

0,168 

72,50 

0,761 

0,744 

42,82 

0,191 

0,194 

74,90 

0,833 

0,841 

45,32 

0,234 

0,218 

77,18 

0,914 

0,905 

45,65 

0,212 

0,222 

80,20 

1,028 

1,017 

47,28 

0,238 

0,238 

82,*0 

1,116 

1,111 

49,80 

0,268 

0,260 

85,38 

1,255 

1,259 

50,90 

0,274 

0,274 

87,28 

1,366 

1,359 

53,38 

0,314 

0,312 

90,48 

1,567 

1,532 

55,43 

0,345 

0,343 

92,77 

1,691 

1,691 

57,57 

0,389 

0,383 

65,30 

1,852 

1,832 

59,95 

0,427 

0,424 

97,38 

1,990 

1,981 

62,63 

0,479 

0,480 

99,20 

2,069 

2,114 

64,91 

0,528 

0,532 

Wenn  man  diese  Mittelwcrthe  mit  den  eben  angegebenen 
Procentgehalten  des  wasserhaltigen  Salzes  multiplicirt,  so 
findet  man,  dafs  die  Abweichungen  der  berechneten  von 
den  direct  beobachteten  Zahlen  die  unvermeidlichen  Beob* 
achtungsfehler,  deren  Grenzen  ich  an  dem  bereits  ange- 
führten Orte  bestimmt  habe,  nicht  überschreiten.  Zudem 
Bind  diese  Abweichungen  bald  positiv  bald  negativ,  nur  bei 
der  Lösung  mit  dem  höchsten  Salzgehalt  sind  die  berech- 
neten Verminderungen  meist  gröfser  als  die  beobachteten, 
jedoch  stets  innerhalb  der  unvermeidlichen  Fehler.  Es  ist 
diefs  jedoch  leicht  erklärlich,  da  das  Kalihydrat  ein  so  äu- 
feerst  zerfliefsliches  Salz  ist,  es  also  beim  Abwägen  selbst 
bei  gröfster  Vorsicht  etwas  Wasser  anzieht.  Dieser  Feh- 
ler, wodurch  der  Procentgehalt  der  Lösung  etwas  kleiuer 
wird  als  er  berechnet  wurde,  ist  bei  der  Lösung  vom 
höchsten  Procentgehalt  verhältnifsmäfsig  gröfser  als  bei  den 
andern  Lösungen,  einmal,  weil  bei  der  gröfseren  Dauer 
der  Abwägung  und  gröfsern  Menge  des  Salzes  mehr  Was- 
ser angezogen  werden  mufste;  und  dann  weil  bei  der  Be- 
rechnung des  Procentgehaltes  an  Pentahydrat,  dieses  ange- 
bogene Wasser  als  Kali  mit  in  Rechnung  gezogen  isL  Be- 
sonders der  letztere  Umstand  bewirkt,  dafs  die  Angabe 
117,5  gegen  die  anderen  etwas  zu  hoch  und  deätidta  &&  ta*- 


570 

mit  berechneten  Werthe  etwas  zu  grofs  ausfallen.  Auf  die 
Mitlelwerthe  hat  das  jedoch  natürlich  mir  eiueu  verschwin- 
denden  Eiutlufs. 

5.  Ein  auffallendes  Verhalten  zeigen  die  Verrninderun 
gen  der  Spannkraft  des  Wasserdampfca  aus  Lösungen  von 
Kalihydrat  in  den  verschiedenen  Tempera lu reu.  Ich  habe 
auch  hier  wie  in  meinen  frühem  Mitteilungen  über  diesen 
Gegenstand,  die  Verminderungen  als  Functionen  der  Spann- 
kraft des  Wasserdampfes  ans  reinem  Wasser  betrachtet  und 
demgemäß  einen  Intcrpulaliousausdruck  für  dieselbeu  be- 
rechnet. Da  zeigt  sich  denn,  dafs  die  Verminderungen  nicht 
durch  einen  solchen  Ausdruck  wiedergegeben  werden  kön- 
nen, sondern  dafs  der  Verlauf  derselben  in  niederem  Tem- 
peraturen ein  anderer  ist  als  in  höhern. 

Bezeichnen  wir  mit  V  die  der  Spannkraft  T  des  Dam- 
pfes aus  reinem  Wasser  entsprechende  Verminderung  der 
Spannkraft  durch  einen  Theil  des  fünffachen  Kalibydrats 
gelöst  in  100  Wasser,  so  lassen  sich  die  Verminderungen, 
wie  eine  Verpleichung  der  üben  als  berechnet  angegebe 
neu  Verminderungen  mit  den  beobachteleu  zeigt,  wieder 
geben  durch 

K=  0,003320  3»—  0,00000132  7" 

bis  zu  52",81C.,  also   T=  105,767 

und  von  da  alt  bis  zur  Siedetemperatur  des  Wassers  durch 

K  =  0,002863  T. 
Während  die  Verminderungen  der  Spannkraft  also  bis  ge 
gen  53"  langsamer  wachsen  als  die  Spannkraft  des  Was- 
scrd.imnfcs  nehmen  sie  von  da  ab  propuriional  derselben 
zu.  Worin  der  Grund  dieser  Erscheinung  liegt  ist  nicht 
abzusehen,  besonders  da  sich  sonst  keine  Verschiedenheil 
in  dem  Verhalten  des  Salzes  unterhalb  oder  oberhalb  die- 
ser Temperatur  zeigt. 

Siuunikriift  dea  \Vn*serdiiiB|iie!»  uns  Lüsuugca  von  Natronhydra!. 
(i.     Es  wurden  drei  Losungen  von  Nalrouhydiat  unter- 
sucht,  welche   aus   reinem   geschmolzenen  Salze   hergestellt 
waren  und  10  —  2tt  -  - ■,.W'fWc  einfaches  Hydrat  auf  IUI!   i 


371 

Wasser  enthielten.  Das  Verhallen  dieser  Lösaugen  war, 
wie  folgende  Tabelle  ergiebt,  ähnlich  wie  bei  den  Kalilö- 
sungen. 


Temperatur 

Spannkraft  du 

Vw 

mindtrungtn   durch 

VVaiKrdampli 

10 

20 

30 

14,50 

12,298 

1,247 

2,643 

3,840 

»,20 

17,606 

1,645 

3,544 

6,544 

22,73 

20,594 

1,494 

3,735 

4,910 

25,06 

23,642 

1,792 

4,032 

6,720 

27,88 

27,900 

2.040 

4,925 

7,860 

30,72 

32^69 

2,586 

5,719 

9,045 

31,05 

33,199 

2,980 

5,768 

9,248 

32,80 

36.991 

2,930 

6,560 

10,336 

34,63 

41,021 

2,936 

7,100 

11,248 

35,66 

41,953 

3,431 

7,362 

11,893 

37,93 

49,284 

3,871 

8,291 

13,276 

38,30 

50,021 

3,814 

8,412 

13,421» 

40,50 

56,406 

4.052 

9,371 

15,083 

42,70 

63,355 

4,653 

10,653 

17,028 

43,68 

66,685 

6,202 

1 1,«58 

17,600 

45,68 

73,947 

5,300 

12,044 

19,325 

48,03 

8^328 

5,948 

13,740 

21,997 

49.28 

89,229 

7,135 

14,921 

23,594 

60,75 

95,492 

6,720 

15,200 

24,427 

52,75 

105,287 

7,612 

16,897 

27,000 

64,28 

113,133 

8,954 

18,399 

29,654 

56,05 

123,544 

8,854 

19,602 

31,325 

57,65 

133,313 

9,549 

21,254 

33,909 

58,63 

139,630 

10,198 

22,295 

35,356 

60,28 

150,553 

11,196 

24,143 

38,286 

62,40 

166,218 

12,004 

26,278 

41,535 

64.30 

181,181 

13,372 

29,356 

45,318 

65,42 

190,315 

13,662 

29,950 

47,569 

67,60 

210,000 

14,968 

33,153 

52,156 

69,36 

226,165 

16.551 

35,605 

56,401 

70,65 

239,788 

17,213 

37,178 

72,00 

254,073 

18,589 

39,833 

_ 

73,40 

269.727 

19,657 

41,914 

75,43 

293,814 

21,422 

45,797 

77,15 

315,581 

23,31)0 

49,856 

79,33 

346,206 

25,110 

53,292 

81,16 

371,709 

27,374 

57,755 

82,58 

393,517 

28,196 

60,524 

83.38 

406,253 

29,672 

63,013 

84,70 

428,016 

32.221 

66,924 

85,63 

443,827 

31,600 

68,000 

87,15 

470,655 

33,769 

72,485    " 

_ 

89,43 

614,215 

37,447 

78,500 

91,25 

550,935 

40,337 

S4,US 

\             — 

Tcruprralur 
'C 

SpinnVrjfi  de* 
Wii«rd«»pk 

Verminderungen  durch 
II)           1           20           |             30 

93*28 
95.43 
97,10 
99,50 

594,596 
643,890 

6S7.020 
"47,500 

42,338 
45,911 

52,983 
54,150 

90,512 
97,439 
107,350 
114,295 

- 

7.  Auch  hier  isl  sofort  ersichtlich,  dafs  die  Verminde- 
rungen der  Spannkraft  des  Wasserdampf  es  aus  den  ver- 
schiedenen Losungen  bei  gleicher  Temperatur  in  einein  an- 
dern Verhältnisse  stehen  als  die  Procentgchalle  der  darge- 
stellten Lüsuugcn  an  einfachem  Nalronhydrat,  Bekanntlich 
krystallisirt  aber  auch  aus  einer  Losung  von  Nalronhvdrat 
bei  niedrigerer  Temperatur  eine  Verbindung  von  Natron 
mit  Wasser,  welche  mehr  Wasser  enthält  als  das  einfache 
Hydrat,  deren  Wassergehalt  aber  noch  nicht  bestimmt  ist. 
Gestützt  auf  die  beim  Kalihydrat,  sowie  auf  die  sofort  mit- 
zuteilenden, beim  Chlorcaldum  beobachteten,  Thatsachen 
nmfs  man  nun  annehmen,  dafs  auch  beim  Natronhjdrat  die 
Spaunkraftsveruiindcrungen  bei  verschieden  concentrirteu 
Losungen  fortschreiten  nach  dem  Procentgehalte  an  diesem 
zweiten  Hydrate,  dessen  Wassergehalt  wir  darnach  bestim- 
me» können.  Das  Verhältnis  der  Verminderungen  der 
Spannkraft  des  Wasserdampfes  aus  den  verschiedenen  Lo- 
sungen bei  gleicher  Temperatur  ist 
1:2,11:3,5, 
Ein  gleiches  Vcrhälinifs  im  Procentgchalle  der  Lösungen 
erhalten  wir  bei  der  Annahme,  dafs  das  einfache  Hydrat 
noch  drei  Aequivalentc  Wasser  aufnehme  und  dieses  vier- 
fache Hydrat  als  solches  in  der  Losung  vorhanden  sey  und 
vermindernd  auf  die  Spannkraft  des  Wasserdampfes  ein- 
wirke.    Denn  100  Tlieile  des  einfachen  Hydrat  einhalten 

77,50  Natron 

22,5     Wasser. 
Bei    der   Bildung  des  vierfachen   Hydrats   nehmen    100 
Thcile  des  einlachen  also  noch  auf 

61  £     Wasser 


573 

oder  10  Theile  nehmen  aus  dem  Lösungswasser  auf  6,75 
Wasser  und  diese 

16,75  Salz  lösen  sich  in  93,25  Wasser 
und   bilden   eine   Lösung   von     17,9  Proc 

Ebenso  berechnet  geben  die 
beiden  andern  also  die  20  Proc  38,7  Proc. 

•  »  30  »  63,0  • 
Mit  Zugrundelegung  dieser  Zahlen  ist  folgende  Tabelle  be- 
redinet; eine  Multiplication  der  ab  beobachtete  aufgeführ- 
ten Mittelzahlen  wird  die  Verminderungen  für  jede  der  drei 
Lösungen  wiedergeben,  mit  Abweichungen  nur,  welche  die 
Gränzen  der  Beobachtungsfehler  nicht  überschreiten.  Die 
als  berechnet  angegebenen  Werthe  sind  nach  der  unten 
aufgestellten  Interpolationsformel  bestimmt. 


Verminderungen  der  Spannkraft  dnrch  1  Theil  vierfaches  Natronhydrai 

anf  100  Wasser. 


Temperat. 

Beob. 

Ber. 

Temperat. 
°C. 

Beob. 

Ber. 

14,50 

0,065 

0,050 

60,28 

0,613 

0,613 

20,20 

0,088 

0,072 

62,40 

0,665 

0,678 

22,73 

0,084 

0,084 

64,30 

0,735 

0,738 

25,06 

0,105 

0,098 

65,42 

0,766 

0,776 

27,88 

0,123 

0,115 

67,60 

0,842 

0,858 

30,72 

0,146 

0,135 

69,36 

0,920 

0,924 

31,05 

0,147 

0,137 

70,65 

0,956 

0,958 

32,80 

0,166 

0,151 

72,00 

1,043 

1,039 

34,65 

0,177 

0,168 

73,40 

1,100 

1,100 

35,66 

0,190 

0,172 

75,43 

1,200 

1,198 

37,93 

0,210 

0,203 

77,15 

1,306 

1.288 

38,30 

0,212 

0,204 

79,33 

1,400 

1,414 

40,30 

0,231 

0,231 

81,16 

1,520 

1,518 

42,70 

0.271 

0,259 

82,58 

1,584 

1,606 

43,68 

0,282 

0,273 

83,38 

1,654 

1,660 

45,68 

0,305 

0,303 

84,70 

1,760 

1,750 

48,03 

0,347 

0,341 

85,63 

1,780 

1,811 

49,28 

0,380 

0,365 

87,15 

1,900 

1,921 

50,75 

0,389 

0,390 

89,43 

2,070 

2,101 

52,75 

0,432 

0,437 

91,25 

2,230 

2,248 

54,28 

0,479 

0,463 

93,28 

2,371 

2,420 

56,05 

0,502 

0,503 

95,43 

2,560 

2,619 

57,65 

0,544 

0,544 

97,20 

2,863 

2,809 

58,66 

0,570 

0,568 

99,55 

a,w& 

\     *jfet 

1 


574 

8.  Die  lDterpoIalionsforincl.  nach  welcher  die  als  be- 
rechnet angeführten  Wcrlhe  bestimmt  sind,  uutl  welche, 
wie  eine  Vcrgleichung  der  entsprechenden  Reihen  ergieht, 
Eich  mit  grofser  Genauigkeit  den  beobachteten  Wcrlhcii 
anschliefst,  ist 

V  =  11,004089  T 
worin    I    die  der  Spannkraft,    T  des  Dampfes  von   reinem 
Wasser  entsprechende  Verminderung  bedeutet. 

Die  Verminderungen  der  Spannkraft  durch  gelöstes  Na- 
tronhydrat  wachsen  also  in  demselben  Verhällnifs  wie  die 
Spannkraft  des  Wasserdampfes. 

Spannkraft  de»  Wawerdaropfes  aus  Lilsungea  von  Chlore nlciutn. 

9.  Die  drei  untersuchten  Lösungen  von  7,5  —  15—30 
Thcilen  wasserfreien  Chlorcalcium  auf  100  Thcilcn  Wasser, 
waren  von  reinem  vorsichtig  geschmolzenen  Salze  herge- 
stellt. Eine  Spur  basischen  Salzes,  welche  eine  schwache 
Trübung  der  Losung  anzeigte,  wurde  durch  den  Zusatz 
eines  Tropfens  Salzsäure  zu  etwa  40  Grm.  Lösung  fortge- 
schafft. Auch  hier  zeigt  es  sich,  dafs  die  Verminderungen 
der  Spannkraft  aus  verschieden  concentrirlen  Lösungen  nicht 
fortschreiten  wie  die  Quantitäten  gelüsten  wasserfreien  Sal- 
zes, sondern  wie  diejenigen  des  in  der  Lösung  gebildeten 
Hydrates 

CaCl-|-6a<i. 
Berechnen    wir    unter   dieser   Voraussetzung    in    derselben 
Weise   wie   vorhin   die  Proccntgehalte  der  drei  hergestell- 
ten Lösungen,  so  ergiebt  sich 

15,8  anstatt     7,5 

31.4  »        15 

83.5  «        30 

In  demselben  Verhältnisse  stehen  aber  auch  die  Vcnninde- 
rungeu  der  Spannkraft  bei  gleicher  Temperatur,  denn  eine 
Multiplication  des  Mittclwerthes  für  1  Thcil  Salz  auf  100 
Wasser,  welcher  in  der  6.  Cotumiic  aufgeführt  ist  mit  obi- 
geu  Zahlen,  ergiebt  die  beobachteten  Verminderungen.   Die 


als  berechnet  aufgeführten  Mittelwert!»  sind   nach  der  ou- 
ten angeführten  Interpolationsformel  bestimmt. 


Tempern. 

•c. 

Spannkrifi 
du  Wa.- 

v™ 

n  dt  rangen 

doreK 

Mittel  ra 

r  1  Proe. 

.erdimpf. 

15,8  Prot. 

34,4  Proc. 

83,5  Prw 

Beob. 

Her. 

16,211 

13,710 

0,498 

0,972 

2,795 

0,032 

0,032 

18,40 

15,747 

0,697 

1,096 

3,293 

0,038 

0,038 

19,81 

17,212 

0,697 

1,345 

3,633 

0,042 

0,043 

30,40 

17,826 

0,096 

1,442 

3,633 

0,043 

0,044 

21,85 

19,479 

1,096 

1,841 

4,181 

0,053 

0,049 

23,28 

21,272 

1,295 

2,140 

4,67» 

0,061 

0,054 

26,0» 

25,058 

1,192 

2,228 

5,224 

0.066 

0,062 

28,35 

28,684 

1,388 

2,579 

6,052 

0,075 

0,071 

32,22 

35,800 

1,585 

3,075 

7,442 

0,091 

0,086 

34,C0 

41,695 

1,635 

3,470 

8,235 

0,100 

0,100 

37,50 

48,261 

2,182 

4,368 

9,831 

0,123 

0,118 

38,93 

51,866 

2,481 

4,466 

10,726 

0,132 

0,127 

40,66 

56,708 

2,678 

4,956 

11,558 

0,141 

0,13» 

43,06 

64,496 

2,977 

6,137 

13,0110 

0,166 

0,156 

45,56 

73,274 

2,976 

5,936 

14,522 

0,176 

0,177 

48,69 

86,210 

3,118 

6,931 

18,850 

0,202 

0,2118 

61,70 

100,078 

3,962 

8,119 

20,043 

0,241 

0,242 

63,00 

106,636 

4,160 

8.312 

21,107 

0,252 

0,256 

65,69 

121,514 

4.359 

9,247 

23,982 

0,282 

0,291 

68,30 

137,458 

4,949 

10,472 

26,764 

0,317 

0,329 

58,70 

140,062 

6,088 

11,549 

28,382 

0,338 

0,336 

60,00 

148,791 

5,277 

11,250 

28,698 

0,340 

0.353 

60,60 

153,019 

6,376 

12,04S 

29,357 

0,352 

0.365 

62,2t) 

165,456 

6,265 

13,643 

33,256 

0,399 

0,385 

63,13 

171,583 

6,166 

13,602 

33,253 

0,399 

0,407 

61,10 

179,537 

6,413 

13,796 

34,897 

0,414 

0,426 

65,64 

191,075 

7,593 

15,975 

39,136 

0,463 

0,453 

68,45 

217,902 

7,789 

16,918 

42,722 

0,507 

0,512 

70,60 

239,273 

8,421 

18,702 

46,702 

0,547 

0,559 

72,20 

256,287 

8,632 

19,872 

40,311 

0,585 

0,599 

74,38 

281,908 

9,251 

21,170 

53,156 

0,628 

0,653 

76,83 

311,429 

10,946 

24,012 

59,475 

0,710 

0,719 

78,80 

337,747 

1 1,685 

25.512 

64,236 

0,762 

0,774 

80,60 

303,427 

1 1,938 

27,00» 

68,182 

0,806 

0,829 

82,63 

393,831 

13,209 

29,462 

74,498 

0,881 

0,892 

84,80 

429,516 

14,419 

33,095 

81,356 

0,969 

0,966 

86,50 

459,212 

15,351 

34,222 

86,224 

1.021 

1,025 

87,65 

480,175 

16.000 

36,221 

90.472 

1,073 

1,068 

80,63 

524,150 

18,052 

40,000 

96,282 

1,161 

1,153 

92,20 

571,031 

18,743 

42,838 

102,301 

1.232 

1,257 

94,65 

825,630 

20,348 

46,853 

113,717 

1,360 

1,343 

96,85 

678,310 

22,348 

50,856 

123,723 

1,480 

1,438 

99,30 

741,280 

23,000 

53,918 

133,514 

1,582 

1,5-17 

576 

Man  sieht,  dafs  auch  bei  Losungen  von  Chlorcalciuni 
die  Verminderungen  der  Spannkraft  des  Wasser dampfes 
aus  verschiedenen  Lösungen  bei  gleichen  Temperaturen  fort- 
schreiten nach  den  Mengen  des  gelösten  Hvdrates.  Es  würde 
das  zu  dein  Schlüsse  führen,  dafs  das  Hydrat  selbst  bis  zu 
100°  beständig;  $ey  und  sein  Krvslallwasser  nicht  verliere, 
d.  h.  keine  eigene  Spannkraft  des  Dampfes  besitze.  'Wenn 
man  jedoch  Kristalle  dieses  Salzes  in  der  S  omni  erwärme 
im  luftleeren  Räume  über  Schwefelsäure  liegen  läfst,  so  ver- 
lieren sie  4  Atome  Wasser  und  es  bildet  sich  ein  Salz  voa 
der  Zusammensetzung  CaCI-+2aq.  Daraus  scheint  hervor- 
zugehen, dafs  unter  diesen  Umständen  das  Salz  dennoch 
eine  eigene  Spannkraft  besitz!,  indem  der  Verlust  des  Krv- 
stallwassers  doch  nur  von  einein  Verdunsten  desselben  her- 
rühren kann.  Man  mufs  daraus  schliefen,  dafs  dieses  Sah 
sich  ganz  anders  verhält,  wenn  es  in  Losung  ist,  als  wenn 
es  selbstständig  dem  Verdampfen  ausgesetzt  ist,  da  sieh  sonst 
in  den  Zahlen  der  Verminderungen  über  oder  unter  der 
Temperatur,  bei  welcher  das  Salz  anfängt  sein  Krvstall- 
wasser  zum  Theil  abzugeben,  nuthwendig  eine  Discontinui- 
täl  zeigen  inufsle.  Es  ist  mir  bisher  nicht  gelungen  über 
diesen  scheinbaren  Widerspruch  Aufschlufs  zu  erhalten. 

10.  Die  beobachteten  Werthe  führen  auf  folgende  lo- 
tcrpolalionsfurmel 

F"  =  0,002J7i  T  —  0,000000522  7", 

worin  wie  früher  V  die  der  Spannkraft,  T  des  Dampfes 
aus  reinem  Wasser  entsprechende  Verminderung  durch  1  Th. 
Ca  0+6  an.,  bedeutet. 

Es  ist  auffallend,  dafs  die  beobachteten  Venuindenin 
gen  sich  so  durch  eine  lnterpolalionsformel  wiedergeben 
lassen,  indem  eigentlich  zu  erwarten  war,  dafs  auch  hier 
aus  dem  vorhin  erwähnten  Grunde  eine  Stetigkcitsuntcr- 
brechung  dort  eintreten  würde,  wo  das  Salz  sich  schon  ... 
seinem  Krystallwasser  löst,  ja  wo  sogar  das  Kry stall wasser 
noch  mehr  Salz  zu  lösen  im  Stande  ist.    Wann  eine  solche 


577 

Aenderung  im  Verhalten  des  Salzes  eintritt,  welche  jeden- 
falls eintreten  urafs,  da  das  Hydrat  des  Salzes  einen  festen 
Siedepunkt  bat,  und  da  selbst  Lösungen,  in  denen  weni- 
ger als  6  Aequivalente  Wasser  vorbanden  sind,  bei  be- 
stimmten Temperaturen  sieden,  wird  bei  einer  Betrachtung 
der  Salzlösungen  in  höhern  Temperaturen  als  100°  zu  ver- 
folgen seyn. 

11.  Die  bisher  mitgetheilten  Messungen  der  Spann- 
kraftsverminderungen durch  gelöste  wasserhaltige  Salze  zei- 
gen also  im  Gegensatz  zu  der  früher  an  den  schwefelsau- 
ren Salzen  des  Natrons  und  Kupfers  beobachteten  That- 
sacbe,  dafs  es  wasserhaltige  Salze  giebt,  welche  trocken 
gelöst,  wenigstens  innerhalb  der  angewandten  ziemlich  wei- 
ten Concentrationsgränzen,  in  der  Lösung  mit  ihrem  Kiy- 
stallwasser  verbunden,  auf  die  Wassertheilchen  anziehend 
und  die  Spannkraft  des  Wasserdampfes  vermindernd  ein- 
wirken. An  einer  Anzahl  anderer  Lösungen  wasserhalti- 
ger Salze  habe  ich  jedoch  die  frühem  Beobachtungen  be- 
stätigt gefunden  an  Salzen,  welche  den  verschiedensten 
Gruppen,  in  welche  man  die  wasserhaltigen  Salze  theilen 
kann,  angehören.  Ich  erlaube  mir  einige  dieser  Messungen, 
welche  ich  unter  andern  am  schwefelsauren  Nickeloxyd, 
am  salpetersauren  Kalk  und  am  c  phosphorsauren  Natron 
gemacht  habe,  hier  mitzutheilen,  ohne  jedoch  die  vollstän- 
digen Reihen  vorzuführen.  Denn  da  sich  in  Bezug  auf  den 
Verlauf  der  Verminderungen  bei  verschiedenen  Tempera- 
turen durchaus  nichts  gesetzmäfsiges  erkennen  lädst,  so 
bieten  diese  Zahlen  nur  das  Interesse  dar,  dafs  sie  zeigen 
welche  Salze,  wie  das  Glaubersalz,  in  verschiedenen  Men- 
gen gelöst,  die  Spannkraft  des  Dampfes  vermindern  pro- 
portional den  Mengen  des  gelösten  wasserfreien  Salzes. 
Die  Lösungen  des  Nickelsalzes  wurden  aus  dem  noch  mit 
seinem  Haihydrat  verbundenen  Salze  hergestellt  und  die 
Mengen  so  berechnet,  dafs  die  Lösungen  10  respective 
20  Theile  des  wasserfreien  Salzes  enthielten.  Der  salpe- 
tersaure Kalk  wurde  trocken  angewandt,  die  Lösungen  ent- 

PoggendorfPi  Aonal.  Bd.  CX.  ^ 


PO1 


hielten  20 — 10  Theile  wasserfreien  Salzes;  eine  Spur  ba- 
sischen Salzes,  welche  sich  trotz  aller  Vorsicht  beim  Trock- 
nen gebildet,  wurde  durch  einen  Tropfen  Salpetersäure  auf 
etwa  40  Grni.  der  Losungen  fortgeschafft. 

Das    angewandte   phosphorsaure  Natron    war  das   neu- 
trale "phospborsaure  von  der  Formel 
2NaO 
HO 

und  die  Lösungen  zu  12,5  und  25  Theilen  dieses  Salzes 
auf  100  Wasser  hergestellt.  Die  Zahlen  zeigen,  dafs  die 
Verminderungen  proportional  sind  den  gelöste u  Mengen 
obigen  Salzes.  Es  ist  das  auch  nicht  auffallend,  da  dieses 
Acquivalent  Wasser  nicht  Kr^vstallwasser,  sondern  basisches 
Wasser  ist,  welches  ohne  die  ganze  Natur  des  Salzes  zu 
andern,  nicht  fortgeschafft  werden  kann. 

Die  Losungen  konnten  erst  von  etwa  40"  C.  an  unter- 
sucht werden,  da  ein  Theil  in  beiden  Lösungen  im  Baro- 
meter herauskryslallisirl  war  und  sich  erst  bei  dieser  Tem- 
peratur wieder  vollständig  gelöst  hatte. 

Verminderungen  der  Spannkraft  des  Waaserdarapfea  durch   scbwefel- 
aniiies  Mckeloijd. 


tmtsr 

SpanokrapL  du 

Vcrmindrr 
10  IV» 

mg»   du«h 
20  P™ 

48,69 

86,21 

1,73 

3.12 

51,70 

1(10,07 

1,63 

3,95 

58,63 

140,06 

2,97 

5,80 

60,80 

153,29 

2,92 

5,81) 

62,28 

165,45 

3,26 

6,47 

65,64 

191.07 

3,95 

68,45 

9 17,90 

4,19 

8,00 

70,60 

239,27 

4,14 

8.63 

74,38 

281.90 

4,23 

9,66 

78,80 

337,74 

5,71 

11,84 

82,63 

393,83 

7,40 

14,25 

84,80 

429,51 

8,05 

15.8? 

86,50 

459,21 

8,65 

16,01 

89,93 

524,15 

9,33 

19,05 

02,20 

571,03 

10,52 

20,65 

94,65 

625,63 

11,31 

22,62 

9(i,85 

678,31 

12,31 

24,71 

99,30 

T«,1» 

13,20 

25,90 

fernlBderug  der  Spuaknft  de«  Wamcrdsapfi»  durch  Mlpeterwa- 


ron  Kalk. 

Terap„„ur 

Spannkraft  du 
WaaKrdampfi 

Vfraindcruagen  doreh 

•c. 

20  Proc.        1      40  Ptdc. 

25*,00 

23,55 

1,50 

3,30 

27  ,62 

26,45 

1,80 

3,65 

29  ,80 

31,14 

2,00 

4,40 

31  ,80 

35,00 

2,34 

4,65 

33  ,60 

38,62 

2,35 

5,12 

36  ,00 

44,20 

3,09 

6,00 

37  ,43 

48,73 

3,09 

6,10 

39  ,75 

54,16 

3,34 

6,77 

41  ,00 

67,91 

3,73 

7,27 

43  ,20 

64,20 

4,65 

8,25 

45  ,70 

73,98 

4,70 

9,09 

47  ,50 

81,14 

5,00 

10,00 

49  ,40 

89,21 

5,33 

10,86 

51  ,20 

97,02 

N96 

11,92 

53  ,40 

108,75 

6,55 

13,00 

55  ,G5 

120,89 

7,55 

15,00 

57  ,45 

131,73 

8,40 

16,39 

59  ,40 

144,69 

8,74 

17,48 

62  ,80 

169,25 

10,13 

19,87 

64  ,22 

180,37 

10,92 

21,15 

65  ,10 

187,79 

11,26 

21,83 

67  ,60 

209,89 

13,10 

25,81 

69  ,40 

227,12 

14,41 

28,05 

Temperatur 
*C. 

Spannkraft  du 

D|eu  dorrt 

WuttitUmpft 

12^  Proc 

25  Proc 

37,4 

48,73 

1,15 

__ 

39,75 

54,16 

1,60 

2,90 

41.00 

57,91 

1,75 

3,50 

43,20 

64,20 

1,95 

4,05 

45,70 

73,98 

2,18 

4,3« 

47,50 

81,14 

2,19 

4,6» 

49,40 

89,21 

2,45 

4,90 

51.20 

97,62 

2,85 

6,40 

53,30 

108,75 

3,25 

8,35 

55,65 

120,89 

3,60 

7,75 

57,45 

131,73 

4,00 

7,50    ' 

59,30 

144,69 

4,10 

8,16 

62,70 

169,25 

4,75 

9,55 

64,25 

1803? 

5,30 

10,60 

65,10 

187,79 

6,40 

10,40 

67,60 

209,89 

6,30 

12,15 

Vermindern 

neen  durch 

"C. 

vv.„„i.nipi; 

12,5  Prof.     |       25  Prot. 

69,40 

«1 7.12 

6,85 

12,85 

71,07 

244,09 

",40 

15,30 

73,2(1 

267.42 

8,40 

15,90 

75,30 

291,17 

8.05 

16.70 

7H,20 

329,53 

10.40 

20,00 

81,62 

378,34 

11,00   " 

21.50 

84,50 

424,61 

12,00 

36.00 

12.  Es  zeigt  sich  also  bei  den  uut ersuchten  Salzen,  dafs 
die  wasserhalligen  Salze  in  Bezug  auf  die  Verminderung 
der  Spannkraft  sich  verschieden  verhallen,  dafs  eine  Au- 
zahl  derselben  die  Spannkraft  derselben  vermindert  mit  ih- 
rem Wassergehalt  verbunden,  dafs  ein  Theil  Salz  mit  dem 
betreffenden  Krystallwasser  verbunden  die  Einheit  giebt, 
narli  welcher  bei  verschieden  concenlrirleu  Lösungen  die 
Verminderungen  fortschreiten,  während  bei  andern  das 
trockne  wasserfreie  Salz  als  wirksam  angenommen  werden 
iiiiii's.  Die  untersuchten  Salze  zerfallen  aber  auch  sonst, 
mit  einer  Ausnahme  allerdings,  in  zwei  Gruppen,  welche 
sich  gegen  Wasser  verschieden  verhalten.  Die  Salze,  wel- 
che die  Spannkraft  des  Dampfes  veräudern  als  wasserhal- 
tige, sind  Kalihydrat,  Natron hydrat  und  Chlorcalciuui,  alle 
drei  zcrfliefsliche  Salze,  während  die  sich  anders  verhal- 
tenden Salze  theils  verwitternde  theils  beständige  zu  nen- 
nen sind.  Glaubersalz  und  phosphorsaures  Natron  geben 
an  der  Luft  liegend  ihr  Krystallwasser  ab  und  verwittern, 
ersteres  vollständig,  letzleres  zum  grofsen  Theil.  Das 
schwefelsaure  Kupferoxyd  verliert  einen  Theil  seines  Kry- 
Gtallwassers  an  einem  lauwarmen  Orte  aufbewahrt,  und  in 
einer  Temperatur  über  4(1"  verwittert  es  vollständig.  Das 
schwefelsaure  Nickeloxyd  in  gewöhnlicher  Luft  beständig, 
verwittert  in  trockner  Luft.  Das  fünfte  der  Salze,  welches 
sich  ebenso  wie  die  letzteren  verhielt,  der  Salpetersäure  Kalk, 
verwittert  jedoch  nicht,  sondern  ist  in  feuchter  Luft  zerßiefs- 
lich.  Er  ist  jedoch  kcincnfalls  so  hygroskopisch  als  die  drei 
Salze  der  ersten  Reibe,  wie  sein  Vorkommen  als  Maucr- 
saJpefer  beweist,  der  errt  m  a&a  WAt«  Luft  zerlliefst 


581 


verschie- 


Da  nun  sonst  die  untersuchten  Salze  zu  den 
dunsten  Gruppen  gehören,  so  scheint  mir  aus  den  erhal- 
tenen Zahlen  der  Schlufs  berechtigt:  dafs  diejenigen  was- 
serhaltigen Sähe,  welche  das  Wasser  stark  anziehen,  die 
eigentlich  zerßiefs liehen  Salze,  in  Verbindung  mit  ihrem 
Krystallwasser  vermindernd  auf  die  Spannkraft  des  Wasser- 
dampfes einwirken,  während  diejenigen,  welche  weniger  in- 
nig mit  ihrem  Krystallwasser  sich  verbinden,  die  verwit- 
ternden oder  beständigen  Salze  in  Bezug  auf  die  Vermin- 
derung der  Spannkraft  des  Dampfes  als  wasserfreie  Salze 
wirken. 

Ganz  scharf  läfst  sich  jedoch,  wie  das  Verhalten  des 
Salpetersäuren  Kalks  zeigt,  die  Grunze  nicht  ziehen;  denn 
da  derselbe  doch  entschieden  ein  hygroskopisches  Salz  ist, 
so  sollte  man  eher  veniiulhcn,  dafs  er  zur  erstem  Gruppe 
gehöre,  dafs  er  sich  wie  Chlorcalciuui  verhalte.  Es  scheint 
daraus  hervorzugehen,  dafs  es  einer  sehr  innigen  Anziehung 
des  Salzes  zum  Wasser  bedarf,  damit  das  Salz  mit  dem 
Krystallwasser  verbunden  anziehend  auf  die  Wassertheile 
des  Losungswassers  einwirke. 

13.     In  der  bereits   oben   erwähnten  Mitiheilung  habe 

aus  dein  Verhalten  des  Glaubersalzes  den  Schlufs  ge- 
igen, dafs  dieses  Salz  in  der  Lösung  nicht  mit  seinem  Kry- 
stallwasser verbunden  sey,  oder  wenn  man  den  Schlufs 
als  zu  gewagt  nicht  gestatten  wolle,  wenigstens  dafs  eine 
Aenderung  in  der  Constitution  des  gelüsten  Salzes  im  Punkte 
der  gröfsten  Löslichkeil  nicht  stattfinde,  da  eine  solche  sich 
durch  einen  besonderu  Punkt  in  der  Spannkraflscurve  habe 
kennzeichnen  müssen.  Es  läfst  sich  zwar  nicht  leugnen, 
dafs  einige  an  Glaubcrsalzlosuugen  beobachtete  Thatsachcn, 
besonders  das  Ausscheiden  wasserfreien  Salzes  aus  gesät- 
tigten Lösungen  in  Temperaturen  über  33",  während  in 
niedrigeren  Temperaturen  stets  das  wasserhaltige  Salz  her- 
auskrystalüsirt,  sehr  für  die  gewöhnliche  Erklärnngswcisc 
der  abnormen  Lüslichkeilsverhällnissc.  zu  sprechen  scheinen; 
aber  mit  den  hier  angeführten  Beobachlui 
selbe   nicht  bestehen.     Der  Unterschied  \u  tlüva  N  «,Avj&.«,\\ 


582 

der  wasserhaltigen  Salze  läfst  eich  Dur  durch  einen  Unter- 
schied in  der  Constitution  der  Lösung  erklären  und  dieser 
kann  kein  anderer  ecyn ,  als  data  die  Salze  entweder  als 
wasserhaltige  oder  als  wasserfreie  gelost  sind.  Dicjenigcu 
Salze,  welche  als  wasserhaltige  gelöst  sind,  welche  in  der 
Lösung  bereits  mit  ihrem  Krystollwasser  vcrbuuden  sind, 
vermindern  auch  die  Spannkraft  als  solche,  bei  denjenigen 
Lösungen  aber,  in  welchen  das  Salz  als  wasserfreies  gelöst 
■st,  schreiten  bei  verschieden  concenlrirten  Lösungen  die 
Verminderungen  der  Spannkraft  nach  dem  Frocentgchaltc 
der  Lösungen  an  wasserfreien  Salzeu  fort. 

Es  ist  daher  der  Schlufs  wohl  berechtigt,  dar«  die 
schwefelsauren  Salze  des  Natrous,  des  Nickels,  des  Kup- 
fers, Eowic  alle  diejenigen  Salze,  welche  sich  wie  diese 
verhalten,  nicht  als  wasserhaltige  gelöst  sind,  sondern  ersl 
beim  Herauskrystallisiren  aus  der  Lösung  ihr  Krystallwas- 
ser  au  sich  nehmen;  während  es  andererseits  eine  Reibe 
wasserhaltiger  Salze  giebt,  welche  bereits  in  der  Losung 
mit  ihrem  Krvstallwasser  verbunden  sind. 


IV.     XJeher  eine  neue  Art  stereoskopiseker  Erschei- 
nungen; Pon  F.   August,  st uil.  rnath. 


lliS  ist  der  Zweck  dieser  Arbeit,  einen  Versuch  mitzolheL 
len,  der  für  die  Theorie  des  binocularen  Sehens  von  Wich- 
tigkeit zu  seyn  scheint. 

Wheatstone  hat  bekanntlich')  wegen  des  stereosko- 
pischen Sehens  die  Lehre  von  den  identischen  Netzhaot- 
stellen  in  Frage  gezogen,  da  man  ja  einen  Körper  von  ge- 

1)  Phlilot.   Transaclioni  1838,  Bd.  II,  p.  371.    -    Pogg.    Ann.  Erfio- 
■UDglbd.  I,   S.  1. 


583 

hörigen  Dimensionen ,  vorzüglich  in  der  Entfernung  des 
deutlichen  Sehens,  einfach  körperlich  sehe,  während  doch 
unmöglich  alle  entsprechenden  Punkte  von  den  Bildern,  die 
die  Augen  entwerfen ,  auf  entsprechende  Netzhautstellen 
fallen  könnten.  Dieser  Angriff  konnte  indessen  die  Phy- 
siologie nicht  bewegen,  die.  durch  viele  andere  Gründe  ge- 
sicherte Theorie  der  identischen  Netzhautstellen  aufzuge- 
ben; es  bat  vielmehr  Brücke  ')  eine,  jetzt  ziemlich  allge- 
mein geltende,  Erklärung  des  körperlichen  Sehens  gegeben, 
welche  den  Widerspruch  zu  lösen  schien.  Nach  Brücke 
nämlich  sind  die  Augen  niemals  in  Ruhe,  sondern  machen 
beständig  kleine  Bewegungen,  vermöge  deren  allmählich 
die  Bilder  anderer  und  anderer  Punkte  des  gesehenen  Kör- 
pers in  den  beiden  Augen  auf  entsprechende  NetzhautBtei- 
Jen  fallen,  und  so,  einfach  gesehen,  zum  Bewuftseyn  kom- 
men ,  während  dieselben  Punkte  bei  einer  andern  Lage  des 
Auges,  wo  sie  auf  nicht  identische  Netzhautstellen  fallen, 
dem  Bewufstseyn  entgehen,  welches  überhaupt  nur  mit  Wi- 
derstreben Doppelbilder  wahrnimmt.  Die  durch  identische 
Netzhautstellen  wahrgenommenen  Eindrücke  dagegen  über- 
dauern die  Periode  der  Augenbewegung  (wenn  dieser  Aus- 
druck gestattet  ist)  und  so  haben  wir  beständig  die  Vor- 
stellung des  ganzen  Körpers,  dessen  Dimensionen  wir  nach 
den  Unterschieden  iu  der  Convergenz  entsprechender  Strah- 
len taxireu.  Hiergegen  hat  Dove  eingewandt,  dafs  man 
die  beiden  Bilder  eines  Stereoskops  bei  der  fast  momenta- 
nen Beleuchtung  durch  den  elektrischen  Funken  körperlich 
vereinigt  sehen  könne;  doch  liefse  sich  diefe  auch  dusch 
eiue  ungeheuer  schnelle  Bewegung  des  Auges  erklären,  mag 
dieselbe  auch  unwahrscheinlich  genug  seyn.  Man  ist  des- 
halb noch  vielfach  bei  der  Brücke' sehen  Theorie  stehen 
geblieben,  die  ja  auch  von  der  gründlichen  Untersuchung 
Meifsner's  *)  über  den  Horopter  und  die  Lage  der  iden- 
tischen Netzhautstellen  uud  von  dem  daran  sich  knüpfen- 

1)  MulUr'i  Archiv  1841. 

2)  Beilrige  Mir  Physiologie  des  Sehorgan»,  Lt\pu%  V&V 


den  Streit  ganz  unabhängig  ist,  und  neben  derselben  eii- 
stirl.  ohne  wesentlich  dadurch  inodificirt  zu  werden. 
2. 
Der  oben  angekündigte  Versuch  ist  nun  folgender:  Ein 
dünner  cylindrischcr  Metallstab,  möglichst  gerade  und  glatt 
polirt,  wird  so  mit  einer  festen  Axc  verbunden,  .bis  seine 
geometrische  Axe  dieselbe  senkrecht  durchschneidet.  Der 
Versuch  läfst  sich  mit  hinreichender  Genauigkeit  anstellen, 
wenn  man  zwei  Stricknadeln  so  durch  einen  Kork  steckt, 
dafs  sie  hart  aneinander  vorübergehen  und  einen  rechten 
Winkel  mit  einander  bilden.  Die  eine  Nadel  bildet  den 
zu  schwingenden  Stab,  die  andere  die  Axe.  Hält  man  uuu 
den  Slab,  zunächst  ohne  ihn  zu  drehen,  ins  Sonnenlicht, 
und  betrachtet  ihn  mit  einem  Auge  von  irgend  einer  Seite 
her,  so  wird  man  irgendwo  auf  dein  Stabe  das  Bild  der 
Sonne  oder  vielmehr  einen  hellen  Fleck,  den  wir  den  Re. 
üexionspunkt  nennen  wollen,  wahrnehmen,  vorausgesetzt 
nämlich,  dafs  der  Stab  die  gehörige  Länge  besitzt.  Schliefet 
man  diefs  Auge  und  betrachtet  den  Slab  mit  dem  anderen 
Auge,  so  wird  man  den  Rellexionspunkt  an  einer  anderen 
Stelle  wahrnehmen.  Sieht  man  mit  beiden  Augen  gleich- 
zeitig, so  wird  man  die  y  beiden  Flecken  an  zwei  verschie- 
denen Punkten  des  Stabes  wahrnehmen;  denkt  man  sich 
die  Strahlen  von  jedem  Reflexionspunkl  nach  dem  entspre- 
chenden Auge  gezogen  (sie  mögeu  die  diesen  Augen  ent- 
sprechenden Reflexionsstrahlen  heifsen),  so  ist  klar,  dafs 
dieselben  im  Allgemeinen  gegen  einander  windschief  liegen; 
in  einer  Ebene  können  sie  nur  liegen,  wenn  der  Stab  selbst 
in  einer  Ebene  liegt  mit  der  Verbindungslinie  der  optischen 
Mittelpunkte  beider  Augen,  die  wir,  wie  üblich,  die  Grund- 
linie nennen  werden.  Läfst  man  nun  den  Stab  rotiren, 
so  wird  jeder  der  beiden  Reflexiouspunkte  auf  dem  Stabe 
seine  Lage  ändern,  also  eine  Curve  in  der  Drehungsebene 
beschreiben;  diese  wird  bei  hinlänglich  schneller  Drehung 
continuirlich  leuchtend  erscheinen,  wenn  man  sie  mit  einem 
Auge  betrachtet;  eine  etwas  andere  Curve  sieht  man,  wenn 
mau  mit  dem  anderen  rVafct  de«  Auoarat  betrachtet.    Sieht 


585 

man  mit  beiden  Augen  zugleich,  so  wird  man  im  Allgemei- 
nen nicht,  wie  man  erwarten  könnte,  zwei  in  der  Dre- 
bungsebene  liegende  Curven  erblicken,  sondern  eine  ein- 
zige ans,  dieser  Ebene  herausgetretene  räumliche  Curve, 
n8mlich  einen  Durchschnitt  derjenigen  conischen  Flächen, 
welche  die  beiden  Reflexionsstrahlen  während  der  Drehung 
beschreiben. 

3. 

Vor  der  weiteren  Besprechung  des  Versuchs  und  sei- 
ner Consequenzen  sey  eine  kurze  analytische  Herleitung 
gestattet 

Die  Drehungsaxe  sey  die  z  Axe,  die  Ebene,  in  der  sich 
der  Stab  dreht,  die  xy  Ebene.  Der  Anfangspunkt  der  Coor- 
dinaten  0  habe  von  dem  Auge  A  die -Entfernung  r;  die  Li- 
nie OA  bilde  die  Winkel  a,  ß,  y  mit  den  drei  Coordina- 
tenaxen.  Die  parallel  auffallenden  Lichtstrahlen  bilden  mit 
denselben  die  Winkel  a„  /?,,  yt.  Wir  können  aber  die 
x  und  y  Axe  so  legen,  dafs  die  yAxe  in  die  durch  die  »Axe 
und  den  in  0  auffallenden  Lichtstrahl  bestimmte  Ebene  fällt; 
d.h.  «1=90°,  /?l=90°— /,.  Der  Stab,  den  wir  als  un- 
endlich dünn  betrachten,  bildet  in  seiner  augenblicklichen 
Lage  den  Winkel  rp  mit  der  positiven  x  Axe.  Wie  grofs 
ist  die  Entfernung  des  Reflexionspunktes  R  von  0,  die  wir 
p  nennen?  Nun  ist  zunächst  der  Winkel  ROA  einfach  zu 
bestimmen,  nämlich: 

cos  R  0  A = cos  tf  cos  a + sin  qp  cos/9. 

Der  Winkel,  den  der  Reflexionsstrahl  mit  dem  Stabe  bil- 
det, ARO  ist  gleich  dem  Winkel,  den  die  Lichtstrahlen 
mit  dem  Stabe  bilden  (wie  aus  der  cylindrischen  Form  des 
Stabes  folgt)  also  ist 

cos  AR  0=s\nyl  sinqp. 

Es  ist  uns  also  in  dem  Dreiecke  AOR  bekannt  AO  =  r, 
Winkel  ARO  und  AOR.    Die  Trigonometrie  ergiebt: 

AR  =  Q  = Ä--ÄR0 

and  dieCs  weiter  entwickelt  ergiebt  als  G\e\ch\m%  tat  Otxs«. 


1 


t,=r|™,¥co,n+J1Q?cu^+.,oyil,DTV   ,_,;„,,„;„,,, J 

Also  im  Allgemeinen  eine  Curve  sechsten  Grades  (die  übri- 
gen« immer  geschlossen  ist,  wenn  nicht  y,  =  90°  wird,  utid 
die  stets  durch  den  Anfangspunkt  geht. 

Für  den  Fall,  dal's  die  Licht&lrahlen  parallel  der  Dre- 
kungsaxe  auffallen,  wird  ;,=(!,  also  füllt  aus  der  Glei- 
chung der  Wurzclausdruck  fort,  und  die  Gleichung  wird 
auf  rechtwinklige  Coordiuateu  bezogen: 

(x-^cos«)*  +  (y—  fcos,?)*  =TsinV, 

d.  b.  ein  Kreis,  der  die  Protection  vou  OR  zum  Durch- 
meiser  hat.  Dieser  Kreis  ist  der  Durchschnitt  der  Dre- 
huiigsebcue  und  einer  Kugel  mit  dem  Durchmesser  OA=r. 
[Diese  Betrachtung  ist  sehr  anschaulich,  da  mau  leicht  ver- 
folgen kann,  dafs  der  Reuexionsttrahi  mit  dein  Stab«  eines 
rechten  Winkel  bildet,  der  bekannten  Eigenschaft  der  Ku- 
gel wegen.] 

Die    leicht    herzuleitende  Gleichung   des    durch   diesen 
Kreis  als  Basis  gehenden  Kegels  mit  dein  Scheitel  A  keifst: 
(a^H-y^cos*  y — 3 1  cos«  cos  p1  —  »ycos^cosj- 

-r-srsiu*  ycosy  —  rxeo^ytoia  —  rycos'  j- cos  (2=0. 
Stellen  wir  nun  die  Augen  symmetrisch  zur  Ebene  der  yi, 
d.  h.  so  dafs  die  Winkel  werden  für  beide  Augen  ß  mit  der 
y  Axc,  y  mit  der  cA*e,  «  für  das  eine  mit  der  s&Axe,  für  das 
andere  180" — a,  so  erhalten  wir  den  Kegel  für  das  andere 
Auge: 

(:r'-r-t/5)co85  y-j-zxcosacasß—  zycosßco$y-i- 

srsm''  ycosy-i-rxeos*  yco&a  — r  (/ cos5  ;■  cos  ,:?=". 
Die  Subtraclion  beider  Gleichungen  ergiebt 
2  3  a:  cos«  cos;  +2r  x  cos1  y  cos  a=;(i 
oder 

2cosacosj'0:(3-f-rcosy)^l), 
also  durchschneiden  sich  die  Kegel  von  den  beiden  Augen  . 
in  zwei  Ebenen:    I)  x=0  und  2)  3  = —  rcosy. 

Die  Curve  in  der  ersten  Ebene  ist  eine  Ellipse,  Hyper- 
bel oder  Parabel.  (tiet  VaU,  da(s  sie  ein  Kreis  wird,  lafst 
sich  nicht  reaUsiren.) 


587 

Corvo  der  »weiten  Ebene  *= —  rcosy   wird  ein 
Kreis:  x* +y*  =r* tin*  y. 

Der  eben  betrachtete  sperielle  Fall  läfst  sich  experimen- 
tell sehr  einfach  darstellen;  die  Drehungsaxe  des  Apparats 
wird  parallel  den  auffallenden  Lichtstrahlen  gerichtet,  die 
Augen  sind  so  zu  stellen,  dafs  sie  beide  gleichweit  von  0 
entfernt  sind  nnd  gleichen  Abstand  von  der  Drehungsaxe 
haben.  [Da  yt=0  ist,  kann  man  die  yAxe  willkürlich  in 
der  Drehungsaxe  annehmen,  ohne  dafs  die  Formeln  sich 
ändern.]  Bei  dieser  Stellung  der  Augen  wird  man  als  räum- 
liches Bild  einen  Kreis  finden  parallel  der  Drehungsebene, 
ebensoweit  hinter  derselben  als  die  Augen  davor,  oder  um- 
gekehrt ebenso  weit  vor  derselben  als  die  Augen  dahinter 

[,  dessen  Mittelpunkt  auf  der  Axe  liegt  und  dessen  Ra- 
gleich  dem  Abstände  eines  jeden  Auges  von  der  Dre- 
hungsaxe ist.  Es  stellt  sich  also  genau  der  zweite  der  be- 
rechneten Fälle  dar,  nicht  der  erste.  Warum  diefs  letztere 
eintritt,  soll  unten  besprochen  werden,  es  kam  zunächst 
darauf  an,  einen  einfachen  Fall  des  Experiments  mit  der 
Berechnung  zu  vergleichen. 

4. 

Was  nun  das  Experiment  selbst  betrifft,  so  ist  noch  zu 
erwähnen,  dafs  das  körperliche  Bild  sich  besonders  schön 
zeigt,  im  Unterschied  von  den  beiden  Einzelbildern,  wenn 
die  Drehungsebene  parallel  den  Lichtstrahlen  (also  die  Axe 
senkrecht  zu  ihnen)  steht  und  man  seitlich  von  hinten  auf 
den  Apparat  sieht.  Ferner  tritt  das  Räumliche  vorzüglich 
deutlich  hervor,  wenn  man  zwei  verschiedene  Lichtquellen 
hat;  diese  nämlich  geben  zwei  verschiedene  Curvcn,  durch 
deren  Vergleichung  der  stereoskopische  Eindruck  vermehrt 
wird. 

Kaum  angedeutet  zu  werden  braucht  es  wohl,  dafs  man 
statt  der  parallelen  Strahlen  des  Sonnenlichtes  auch  jede 
andere  Lichtquelle  mit  divergirenden  Strahlen  benutzen 
kann,  und  dafs  selbst  die  Berechnung,  wenn  die  Lichtquelle 
nicht  allzu  nahe  ist,  mit  hinreichender  Annäherung  beibe- 
halten werden  kann.  Uebrigens  ist  die  GVe\cWu%  ta\  Oasn« 


588 

Im  den  Fall,  dafs  das  Licht  von  einem  Punkte  /..  dessen 
Entfernung  von  0  =  r,  ist,  wenn  die  Winkel,  die  OL 
mit  den  Coordiuatenaxeu  bildet,  a, ,  ß„  y,  sind,  sehr  leicht 
aufzustellen  und  heilst: 

r.nnLQR  '_      _  rüaAOH 

Vr,"*+7+2r,  V«»LOH  ~~  Yr'+it+iFfmA  OB* 
wo  für  LOR  und  AQU  wie  oben  die  Werthe   eingeführt 
werden  müssen. 

5. 

Wenn  oben  angedeutet  ist,  dafs  sieb  die  beiden  Bilder 
im  Allgemeinen  vereiniget),  so  gilt  diese  Allgemeinheit,  wie 
es  scheint,  in  dem  Grade,  als  es  überhaupt  möglich  ist  zwei 
verschiedene  Bilder  zur  Deckung  zu  bringeu.  Bilder  die 
ihrer  Dimension  oder  Gestall  uach  zu  verschieden  stud,  ver- 
einigen sich  überhaupt  nicht  Stereoskop isch.  Da  nach  der 
Formel  p  direel  proportional  r  (dein  Abstände  des  Auges 
vom  Anfangspunkte)  ist,  so  wird  man  um  so  Leichter  ste- 
reoskopischc  Bilder  erhalten,  je  weniger  die  Entfernungen 
der  beiden  Augen  vom  Anfangspunkt  sich  unterscheiden; 
es  können  aber  auch,  wcuu  die  Entfernungen  beider  Augcu 
ganz  gleich  sind,  die  Winkel  solche  Verschiedenheiten  her- 
vorbringen, dafs  die  Bilder  sich  nicht  decken,  oder  nur  mit 
Mühe  zur  Deckung  gebracht  werden  können. 
6. 

Das  Resultat,  welches  sich  aus  dem  Experimente  mit 
Sicherheit  ziehen  lai'st,  ist  folgendes.  Da  zwei  sieb  zu  einem 
räumlichen  Punkte  vereinigende  Punkte  der  Curvc  nicht  ;u 
gleicher  Zeit  von  den  beiden  Augen  geschn  werden,  so  ist 
es  nicht  möglich,  dafs  mau  die  Augcu  so  aeeommudirt,  dafs 
entsprechende  Punkte  auf  entsprechende  Stellen  der  Netz- 
haut ihr  Bild  werfen.  Dafs  die  Augen  sich  im  Voraus 
einstellen,  ist  nicht  denkbar,  auch  würde  alsdann  bei  jeder 
Umdrehung  des  Stabes  nur  ein  Punkt  einfach  geselm  wer- 
den, alle  anderen  doppelt. 

Es  ist  ferner  nicht  möglich,  dafs  mau  die  beidcu  Curveu, 
die  in  den  beiden  Augen  entstehen,  im  Ganzen  vergleicht 
und  nach  einander  VuuVA  (vir  Punkt  auf  entsprechende  Neu-    I 


589 

hautstellen  fallen  Iftfst;  denn  da  die  Bilder  nur  virtuell 
sind,  nur  durch  das  Bleiben  des  Eindrucks  im  Auge  her- 
vorgebracht werden,  so  müfste  das  virtuelle  Bild  in  einem 
bewegten  Auge  anders  als  in  einem  ruhenden  aussehn,  das 
von  einem  wirklichen  Objecte  herrührende  Bild  müfste  da- 
gegen in  dem  schnell  bewegten  Auge  denselben  Eindruck 
machen  wie  in  einem  ruhenden.  Da  nun  das  virtuelle  Bild 
des  auf  der  Curve  entlang  gehenden  Reflexionspunktes  voll- 
kommen identisch  mit  der  Curve  selbst  ist,  was  die  Gestalt 
betrifft,  ^o  kann  das  Auge  keine  irgend  wie  merklichen 
Bewegungen  machen.  Oder  anders  ausgesprochen:  Es  würde 
keine  Bewegung  des  Auges  zwei  Nachbilder,  die  auf  nicht 
identischen  Netzhautstellen  liegen,  auf  identische  Netzhaut- 
stellen bringen,  da  ja  natürlich  die  Nachbilder  an  diejenige 
Stelle  der  Netzhaut  gebannt  sind,  auf  welcher  sie  erregt 
wurden.  Das  Experiment  berechtigt  demnach  wohl  dazu, 
die  Brück  e'sche  Theorie  des  binocularen  Sehens  als  un- 
haltbar zu  betrachten,  zumal  da  sie  schon  durch  Dove's 
Einwand  zweifelhaft  gemacht  war. 

7. 
Es  fragt  sich  nun,  wie  sich  denn  der  Versuch  vereinigen 
Ilfst  mit  der  mannichfach  bestätigten  Lehre  von  den  identi- 
schen Nelzhautstellen.  Und  hierzu  kann  vielleicht  das  in 
5.  Gesagte  einigen  Anhalt  geben.  Wenn  die  beiden  Curven 
zu  verschieden  sind,  geben  sie  kein  stereoskopisches  Bild;  das 
heilst:  wenn  die  Bilder  auf  zu  verschiedene  Netzhautstellen 
fallen,  so  einigt  unsere  Vorstellung  sie  nicht  mehr.  Es 
ist  ganz  derselbe  Fall,  wie  wenn  wir  einen  Körper  mit  Di-_ 
mensionen,  die  für  seinen  Abstand  vom  Auge  zu  bedeutend 
sind,  betrachten;  alsdann  wird  nur  ein  kleiner  Theil  des- 
selben stereoskopisch  erscheinen ;  alles  andere  wird  doppelt 
gesehen  werden.  Die  identischen  Netzhautstellen  würden 
auf  diese  Weise  praktisch,  in  Betreff  des  körperlichen  Se- 
hens die  negative  Bedeutung  erhalten,  dafs  zwei  partielle 
Eindrücke  sich  nur  dann  zu  einem  einzigen  vereinigen  kön- 
nen, wenn  der  in  dem  einen  Auge  nicht  allzuweit  von  der 
Stelle  entfernt  ist,  welche  dem  Eindruck  vrcv  antares  ksu^ 


identisch  entspricht.  Ist  aber  diese  Bedingung  erfüllt,  so 
erscheint  das  räumliche  Bild  im  Durchschnitte  der  beiden 
Strahlen,  die  mau  Eich  durch  den  Mittelpunkt  eines  jeden 
Alices  und  durch  den  aflicirlen  Punkt  der  Netzhaut  gelegt 
denken  kann;  durchschneiden  sich  diese  nicht,  (sind  sie  wind- 
schief) so  ist  es,  wie  bekannt  unmöglich  ein  einfaches  Bild 
zu  erhalten.  Diefs  waren  also  zwei  Bedingungen,  utiter 
welchen  eiu  einfaches  körperliches  Sehen  stattfände. 

Die  Grauze,  bis  wie  weil  die  Punkte  von  der  entspre- 
chenden Stellung  abweichen  dürfen,  ist  vielleicht  in  gerin- 
gem Grade  vom  Willen  abhängig,  läfsi  sich  vielleicht  durch 
Uebung  erweitern  und  verengern.  Hierfür  spricht  wenig- 
stens der  Umstand,  dafs  diejenigen,  die  sich  auf  das  scharfe 
Fixiren  eines  Punktes  üben,  leichter  alle  Übrigen  Gegen- 
stände doppelt  sehen,  während  diejenigen,  die  sich  auf  das 
stereoskopische  Sehen  zweier  Bilder  einüben,  selbst  sehr 
abweichende  Bilder  in  der  Vorstellung  räumlich  vereinigen. 
Die  experimentelle  Bestimmung  dieser  Verhältnisse  würde 
wegen  der  subjeetiven  Verschiedenheiten  ihre  grofse  Schwie- 
rigkeit haben. 

In  wiefern  diese  Anschauung;  zulässig  ist,  mögen  Andere 
entscheiden.  Sie  hängt  wesentlich  zusammen  mit  einer  von 
Wheatslone  am  Schlufs  der  oben  erwähnten  Arbeit  ge- 
machten Bemerkung  über  die  Bedeutung  des  Horopters  und 
mit  den  von  Johannes  Müller  und  Meifsner  ausge- 
sprochenen Ansichten  über  das  stereoskopische  Sehen. 
8. 

Diese  Anschauung  gewährt  uns  auch  die  Erklärung,  wes- 
halb wir  in  dem  am  Schlüsse  des  dritten  Paragraphen  be- 
rechneten Falle  beim  Experimente  nur  den  Kreis  sahen, 
nicht  aber  den  Kegelschnitt  in  der  Ebene  senkrecht  gegen 
die  Grundlinie,  die  durch  die  zAxe  geht  (x=0).  Denken 
wir  uns  (Fig.  5  Taf.  VIII),  man  sähe  mit  dem  Auge  A  nur 
die  Strahlen  von  a  und  a  mit  dem  zweiten  Auge  B  nur  die 
Strahlen  von  b  und  ß  (so  dafs  die  Reihenfolge  der  Punkte 
wäre  a,  b,  a,  ß)\  so  fragt  es  sieb,  werden  wir,  wenn  wir  mit 
beiden  Augen  sehn,  die  tüu«A\c\«i  Vorstellung  der  Punkte  ab 


591 

und  aß  oder  die  der  Punkte  aß  and  ab  haben?  Es  ist  nun 
aber  klar,  dafs  wenn  wir  den  Punkt  a  b  fixiren,  die  Strahlen 
a  und  ß  auf  sehr  verschiedene  Netzhautstellen  (auch  nach  der 
Meifsner'scheu  und  derRecklinghausen'schen  Theorie) 
treffen  würden,  so  dafs  sie  sich  nicht  vereinigen  würden; 
und  wenn  selbst  in  aß  und  ab  Punkte  wären,  so  würde 
man  sie  doch  nie  zugleich  stereoskopisch  sehen  können. 
Fixirt  man  dagegen  ab,  so  fallen  a  und  ß  auf  nicht  allzu 
verschiedene  Stellen  der  beiden  Netzhäute,  und  werden 
leicht  körperlich  gesehen.  Diefs  ist  der  Grund  weshalb 
man  die  beiden  letztem  sieht.  Man  wird  sich  nun  durch 
die  Anschauung  leicht  überzeugen,  dafs  man  aus  dem  näm- 
lichen Grunde  nicht  den  erwähnten  Kegelschnitt  sieht,  son- 
dern den  Kreis ;  weil,  wenn  man  einen  Punkt  des  stereosko- 
pisch gesehenen  Kreises  fixirt,  die  Bilder  entsprechender 
Punkte  der  beiden  Kreise  auf  Stellen  der  Netzhaut  fallen, 
die  viel  näher  der  identischen  Lage  sind,  als  diefs  beim 
Fixiren  eines  Punktes  des  anderen  Kegelschnittes  der  Fall 
wäre;  und  wenn  dieser  Kegelschnitt  selbst  wirklich  da  wäre, 
so  würde  man  ihn  aus  demselben  Grunde  nie  völlig  über- 
blicken, und  nie  einen  körperlichen  Eindruck  von  ihm  er- 
halten, sondern  stets  Doppelbilder  sehen« 

Das  zuletzt  Gesagte  läfst  sich  vielleicht  noch  besser  ver- 
anschaulichen durch  den  in  Fig.  6  Taf.  YIII  dargestellten 
sehr  speciellen  Fall  Es  ist  der  Fall,  wo  die  Lichtstrahlen 
parallel  der  Drehungsaxe  *  sind  und  diese  die  Grundlinie  AB, 
die  Verbindungslinie  der  Mittelpunkte  beider  Augen  im  Hal- 
bhrungspunkte  M  senkrecht  durchschneidet.  Die  Nadel  dreht 
sich  um  0  senkrecht  zur  sAxe.  Das  Auge  A  sieht  den 
perspectivisch  gezeichneten  Kreis  EGO;  das  Auge  B  den 
Kreis  LHO,  die  congruent  sind  und  in  0  die  xAie  zur 
gemeinschaftlichen  Tangente  haben.  Die  beiden  durch  die 
Reflexionsstrahlen  erzeugten  Kegel  sind  congruent,  der  Lage 
nach  symmetrisch  und  zwar  stehen  die  Kanten  AE  und  BE 
senkrecht  auf  den  Grundkreisen.  Die  Durchschnitte  beider 
Kegel  sind  die  Parabel  OKN  in  der  Ebene  senkrecht  gegen 
AB  und  der  Kreis  CDC  in  der  Ebene  p*x*\\f\  tat  \Vtfe- 
hungsebene.    Hätte  man  nun  z.  B.  den  TJuaVA  O  tax  ^*- 


592 

rabcl  fixirt;  so  im'il'sle  iiinn  um  z.  lt.  den  Punkt  K  zu  sehen, 
die  Strahlen  AG  und  BL  vereinigen,  die  offenbar  auf  sehr 
verschiedene  Neilbauist  eilen  fallen  (da  ja  die  Netzhautbilder 
in  kleiner  Dimension  und  umgekehrt  den  Objccten  fast  ent- 
sprechen ').  Fixirt  man  dagegen  einen  Punkt  des  Kreises 
z.  B.  C,  su  werden  die  Strahlen  AG  und  BH,  die  sich  im 
Punkte  D  durchschneiden,  auf  sehr  wenig  verschiedene  Netz- 
Iiaulstellcn  fallen,  da  ja  die  Bogen  EG  und  Oll,  in  diesem 
speciellein  Falle  sogar  ganz  gleich  sind,    und  also  auch  die 

1)  Dan  liier  Besprochene  sein i dt  im  Widerspruche  mit  einem,  mir  eist 
nach  der  Beendigung  dieser  Arbeit  bekannt  gewordenen  Auftatie  von 
W.  B.  Boger'.  (Amsrkan  Journuh  fui.  XX  tl  XXI,  1855  u.d 
IS.iG)  zu  liehen,  in  welchem  eine  lehr  gründliche  L'nlersiirhang  über 
die  v  ertchi  cd  en  artigsten  sleieoskopi  sehen  Zeiilmungen,  welche  ruil  Hülfe 
einet  einfachen  und  »weck madigen  Stereoskops  angestellt  wurde,  ruiigc- 
iheitl  wird.  Bei  der  Besprechung  verschiedener  slereoskopiicher  Zeich- 
nungen wird  auch  angeführt  (Bd.  XXI,  S  176  ff.);  data  iwei  gleiche 
Kreisbogen  die  gegen  einander  convei  )  (  oder  ennca*  «leben  (  )  *kh 
iierecnkopisch  au  einem  hyperbolischen  Bogen  vereinigen;  also  ein  Fall, 
der  analug  Ware  dem,  dafi  man  im  obigen  Experiment  die  Parabel  (EI- 
lipie  oder  Hyperbel)  sehe.  Diefi  ist  im  Allgcmeineo  richtig;  jedoch  nur 
wenn  die  Bogen  nicht  allau  grof,  (dem  Winkel  nach)  lind;  da  schon 
bei  Bogen  von  einigermafsen  grofier  Krümmung  dat  Eiperiraeat  auf 
ilcreoikopische]  Sehen  sehr  geübte  Augen  erfordert,  und  auch  für  die» 
sclbn  mit  grofier  Anstrengung  verbunden  ist.  Zwei  volle  Kreis«  tcheinea 
■kh  aber  niemals,  »weit  die  E.perimeole  vorliegen,  in  dieser  Art  H 
vereinigen,  und  e>  Kehl  demnach  feil,  dafi,  wenn  die  Seele  die  Wahl 
hat,  die  Eindrücke  in  der  Vorilellung  auf  verschiedene  Weiten  »  einen, 
liis  diejenige  Anordnung  vorzitht,  die  die  Eindrücke  auf  etrmutJ- 
tert  Nclzhautitclltn  au  einer  räumlichen  Vorilellung  verbindet.  Wenn 
deshalb  dieses  Factum  der  obigen  Bemerkung  die  völlige  Allgemeinheit 
abiprichl,  10  icheint  doch  auch  diefs  für  dal  aUgemtinc  Princip  iu 
sprechen,  dafi  a  schwer  ial,  iwei  Bilder,  die  auf  tu  verschiedenen  Neti- 
hautsfellen  sich  bilden,  in  einer  räumlichen  Vorstellung  tu  vereinige»; 
iiim.il  wenn  das  erwähnte  Eipeiimeni  von  Rogert  eine  gröfsere  An- 
strengung iu  erfordern  icheinl  all  die  meiilen  andern  Stereoskop  Lachen 
Versuche. 

Dafi  übrigens  bei  tuiammengeietitcrn  itereoiko pilchen  Bildern  mei- 

darf,  (wenn  man  nicht  elwa  mit  dem  rechten  Auge  das  linke  Bild  Gurt 
und  umgekehrt)  braucht  kaum  angedeutet  tu  werden,  da  die  Anschauung 
es  von  selbst  ergiebt. 


593 

Netzhautbilder  fast  ganz  übereinstimmen  werden.  Bei  com- 
plicirteren  Fällen  wird  die  geometrische  Uebereinstimmung 
nicht  mit  gleicher  Annäherung  richtig  sejn;  aber  man  wird 
sich  leicht  fiberzeugen,  dafe  in  jedem  Falle  die  Strahlen, 
die  sich  zu  einem  Punkte  des  Kreises  vereinigen,  auf  viel 
verwandtere  Punkte  fallen,  als  die  zum  andern  Kegelschnitt 
gehörigen.  Und  wenn  auch  bei  irgend  einer  Stellung 
des  Apparats  und  der  Augen  die  Durchschnitte  nicht  mehr 
Kreise  und  Kegelschnitte  sind,  so  wird  uns  eine  ähnliche 
Betrachtung  doch  stets  in  den  Stand  setzen,  unter  den 
Durchschnitten  der  beiden  Kegel  denjenigen  zu  bestimmen, 
den  wir  als  stereoskopisches  Bild  sehen  '), 


V.     Ueber  die  specißsche  TVärme  des  JVasser- 
dampfes;  von  Dr.  J.  Stefan. 


tjresättigten  Wasserdampf  von  der  Temperatur  T  kann 
man  auf  zweierlei  Weise  erhalten«  Man  kann  Wasser  von 
0°  bis  7°  erwärmen  und  es  durch  weitere  Zufuhr  von 
Wärme  in  gesättigten  Dampf  von  T°  verwandeln.  Oder 
man  erwärmt  das  Wasser  nur  bis  zu  einer  Temperatur  I, 
verwandelt  es  durch  weitere  Zufuhr  von  Wärme  in  gesät- 
tigten Dampf  von  1° ,  erhitzt  diesen  bei  constantem  Volu- 
men bis  zu  einer  Temperatur  0,  so  dafe  dieser  überhitzte 
Dampf  durch  nachherige  Compression  die  Temperatur  T 
und  zugleich  die  Dichte  des  für  diese  Temperatur  gesättig, 
ten  Dampfes  erhält 

Ist  c  die   specißsche  Wärme  des  Wassers,  L  dessen 


1 )  Die  Fig.  2  Taf.  VIII  veranschaulicht  auch  die  Notwendigkeit,  daft  die 
gleichseitig  gesehenen  Strahlen  gegen  einander  windschief  liegen.   "Wäh- 
rend s.  B.  das  Ange  B  den  Punkt  H  sieht,  d.  h.   während   die  Nadel 
durch  OH  geht,  sieht   das  Auge  A  den  Punkt  JET,  der  auck  vai  fest 
Linie  OH  liegt,  es  ist  aber  klar,  dab  AB  und  BH  'wmta&x*  vn&» 

PoggmdortPi  AbdmL  Bd.  CX.  ^ 


Vcrdaiiipfuiigswänuc  bei  T" ,  so   braucht  man   beim  i 
l'rocesse  die  Wärmemenge 


/• 


cdt  +  L 

vorausgesetzt,  dafs  man  mit  einer  Gewicht« inheit  Wasser 
operire.  Von  dieser  Wärmemenge  wurde  ein  Theil  auf 
Verrichtung  äufscrer  Arbeit  verwendet.  Bezeichnet  map 
mit  c  das  speeifische  Gewicht  des  Dampfes  bei  T ' ,  mit  s 
das  specifisclie  Gewicht  des  Wassers,  ist  Ferner  p  der  Drark 
des  gesättigten  Dampfes  um  /"  auf  die  Flächeneinheit,  st» 
ist  die  geleistete  Arbeit 


»(4-4) 


wenn  man  auf  die  äufsere  Arbeit,  die  in  Folge  der  Aus- 
dehnung des  Wassers  zu  leisten  ist,  keine  Rücksickt  nimmt. 
Ist  A  das  Wärmen equival ent  der  Arbeitseinheit,  so  ist  auf 
die  zu  leistende  Arbeit  die  Wärmemenge 

Mt-t). 

verbraucht  worden.  Die  blofs  zu  den  inneren  Verände- 
rungen verwendete  Wiirinemeuge  ist  daher 

Jtc3t  +  l—Ap(y  —  ~)=  Q    .     -     .    (1)- 

Ist  y  die  speeifische  Wärme  des  Dampfes  bei  constantem 
Volumen,  l  die  Verdampfungswänne  des  Wassers  bei  t°, 
so  verbraucht  man  beim  zweiten  Processe  die  Wärmemenge 


fcm+i+fyht. 


Von  dieser  wurde  ein  Theil  auf  äufsere  Arbeit  verwendet. 
Ist  n,  das  speeifische  Gewicht  des  gesättigten  Dampfes  vod 
t",  und  p,  dessen  Druck  auf  die  Flächeneiuheit,  so  ist  die 
geleistete  äufsere  Arbeit 


595 
und  die  darauf  ▼erwendete  Wärmemenge 

Ausserdem  wurde  aber  während  der  Compression  negative 
Arbeit  verrichtet;  ihr  Wärme wcrth  entspricht  der  Tempe- 
raturerhöhung des  Dampfes  von  0  bis  T",  ist  also 

T 

fr»*, 

e 
somit  ist  die  beim  zweiten  Processe  auf  die  Aenderung  des 
inneren  Zustandes  verwendete  Wärmemenge 

t  BT 

fcat+i+frSt+fr*t-APl(±--±)=Qt  (2). 

0  t  e 

Seilt  man  nun  Q—  Qt ,  so  folgt 

T  t  T 

fcBt+L—Ap(±  —  ±)=fcdt+l+frdt 

Differenzirt  man  diese  Gleichung  nach  t  und  bemerkt,  dafs 
T,  L,  p,  o,  A  Constanten  sind  und  auch  $  als  solche  be- 
trachtet wird,  so  folgt 

°  —  C+Bt       r      ^öAcr,  mJ 

und  wenn  man  —  gegen  —  vernachlässigt 

r— +S-'&Ä)   •   •   •   •   ;   (3). 

Nach  Regnault  ist  c<+/=606,5  +  0,305  <  folglich 

«+§jr=0,305 
und  demnach 

r  =  W05-^£(5) (4). 

Unter  der  Voraussetzung,  dafs  Überhitzter  Dampf  dem  Ge- 
setze von  Mariotte  und  Gay-LussÄC  io\%fe,  SaX 

3&* 


596 


?,= i:  o  ■*"«)■ !-,  o =J 


wenn  p„  und  ßa  Druck  und  specifisches  Gewicht  des  ge- 
sättigten Dampfes  bei  0°  bedeuten  und  a  der  Ausdclmnnga- 
coefficient  des  Dampfes  ist.     Sodann  ist 

Nimmt  man  das  Kilogramm  und  das  Meter  zu  Einheiten 
des  Gewichtes  und  der  Länge  und  setzt 

■1  =  424,5,  po  =  10333^,  oo=0,0048,  a  =  0,t»0366, 

so  folgt  daraus 

A&?-  =  0,11239, 

somit  j-  =  0,l°3,  während  Ranktne  auf  eine  mir  nicht  be- 
kannte Weise  j-  =  0,1924  ')  fand,  und  Zeuner  in  seiner 
mechanischen  Theorie  der  Wärme  zur  selben  Zahl  gelangt. 
Unter  der  Voraussetzung,  dafs  der  Wasserdampf  dem  Ge- 
setze von  Gay-Lussac  und  Mariotte  folge,  würde  dann 
zugleich  für  die  speeifisebe  Wärme  bei  constantem  Drucke 
die  Zahl  0,305  folgen. 

Denselben  Werlh,  welcher  für  die  speeifische  Wärme 
des  Wasserdampfes  bei  constantem  Volumen  gefunden 
wurde,  erhält  man  auch  für  diejenige  Wärmemenge,  welche 
bei  der  Erwärmung  des  Wassers  um  1°  blofs  zur  Tempe- 
raturerhöhung, und  zu  keinerlei  Leistung  von  innerer  oder 
äufserer  Arbeit  verwendet  wird,  und  zwar  gelangt  man  zn 
diesem  Resultate  auf  folgende  Weise. 

Ist  Q  diejenige  Wärmemenge,  um  welche  die  Gewichts- 
einheit gesättigten  Dampfes  von  t°  mehr  Wärme  enthält, 
als  die  des  Wassers  bei  0",  c  wieder  die  gewöhnliche  epe- 
ciüsche  Wärme  des  Wassers,  (  dessen  VerdampfungswXnne 
bei  t" ,  so  ist 

Q=fc9l+l (5) 

I)  Pogg.  Ann.  Bd.l.XXM,  S.Y11. 


597 

Bezeichnet  man  mit  J  die  innere  Arbeit,  welche  bei  der 
Temperaturerhöhung  des  Wassers  von  0  bis  #°,  mit  H  die 
innere  Arbeit,  welche  bei  der  Umwandlung  des  Wassers 
von  1°  in  Dampf  geleistet  werden  mufs;  ist  ferner  yx  der- 
jenige Theil  der  specifischen  Wanne  des  Wassers,  welcher 
blofc  auf  die  Erhöhung  der  Temperatur  verwendet  wird, 
so  ist  bei  Vernachlässigung  der  äu&eren  Arbeit  wegen  der 
Ausdehnung  des  Wassers 

t 

Q=friBi+Ä(J+E)+Ä^    ...     (6) 

O 

wenn  p  and  a  den  Druck  und  das  specifische  Gewicht  des 
gesättigten  Wasserdampfes  bei  t°  bedeuten.  Nimmt  man 
nun  an,  dafs  bei  Erwärmung  des  Wasserdampfes  keine  in- 
nere Arbeit  geleistet  werde,  und  dafs  dann  bei  der  Um- 
wandlung von  Wasser  in  Dampf  eine  bestimmte  innere 
Arbeit  verrichtet  werden  müsse,  so  ist  J+H  von  der  Tem- 
peratur, bei  welcher  die  Verdampfung  geschieht,  unabhän- 
gig, und  die  Differentiation  der  Gleichung  (6)  nach  t  giebt 

Nun  ist  nach  (5) 

8*~  c^8i» 
somit 

.8/  A    8    /9\ 

Also  ist  yt  durch  dieselbe  Formel  bestimmt,  durch  welche 
7  gegeben  ist  Wird  die  Gewichtseinheit  Wasser  um  1° 
erwärmt,  so  werden  von  der  zugeführten  Wärme  0,807 
Wärmeeinheiten  zur  Leistung  innerer  Arbeit  verbraucht, 
welche  daher  einen  mechanischen  Werth  von  343  Kilo- 
grammetern hat.  Es  ist  nicht  denkbar,  dafs  diese  Arbeit 
in  Ueberwindung  der  Cohäsion  bestehe,  da  letztere  die 
der  Metalle  um  vieles  übersteigen  müfste.  Im  Gegentheil 
wird  man  sich  die  grofse  Wärmecapacität  des  Wassers  und 
die  bedeutende  Verdampfungswärme  dadurch  erklären,  dafs 
man  Aenderungen   im  Innern  der  Molecüle  Kt&raA  tat 


1 


598 

Erwärmens  annimmt,  gleichsam  Auflockerungen ,  während 
beim  Verdampfen  dieselben  geradezu  zerrissen  werden. 
Letzteres  ist  um  so  mehr  annehmbar,  da  bei  vielen  chemi- 
schen Verbindungen  weniger  Wärme  entwickelt  wird,  als 
beim  Niederschlage  des  Dampfes. 
Wien  am  2».  März   i86t>. 


VI.    Erwiderung  auf  einen  Artikel  eon  Clausius. 

nebst  einer  Bemerkung  zur  Erklärung  der  Erdwärmt; 

von  It.  Hoppe. 

Im  105.  Bd.  dieser  Anna).  S.  239  hat  Clausius  durch  die 
Abhandlung  «über  die  mittlere  Länge  der  Wege,  welche 
bei  der  Molecularbeweguug  gasförmiger  Körper  von  den 
einzelnen  Molecülen  zurückgelegt  werden«  auf  die  gegen 
seine  Theorie  der  Molecularbewcguugen  erhobeneu  Ein- 
wände geantwortet.  Einestheils  ist  die  derselben  zu  Grunde 
liegende  Hypothese  durch  nähere  Bestimmung  der  den  Ato- 
men innewohnenden  Kräfte  weiter  ausgebaut,  und  es  sind 
dadurch  diejenigen  Einwände,  welche  auf  einem  Zweifel  ia 
Betreff  der  Ansicht  des  Verfassers  beruhten,  gehoben  wor- 
den. Anderntheils  hat  sich  durch  die  Berechnung  der  Weg- 
länge der  Molecule  ergeben,  dafs  die  Langsamkeit,  mit  wel- 
cher Gase  sich  durchdringen,  nicht  gegen  seine  Annahme 
streitet.  Andere  Punkte,  welche  ich  in  meiner  Abhandlung 
»Über  Bewegung  und  Beschaffenheit  der  Atome«  (d.  Ann. 
Bd.  104,  S.  279)  gegen  seine  Ansicht  vorgebracht  habe, 
sind  unerledigt  geblieben.  Da  Clausius  dieselben,  ohne 
auf  das  Wesentliche  einzugehen,  und  zwar  meist  mit  der 
Beschuldigung  zurückweist,  dafs  ich  Thatsachen  unbeachtet 
gelassen  oder  ihm  Ansichten  irrig  zugeschrieben  hätte,  so 
kann  ich  nicht  umbin,  erst  zur  Widerlegung  jener  Beschul- 
digungen auf  dag  früher  vou   ihm  geüufsertc  zuriiekzukom- 


599 

flu;   ich  meine  Einwende   seinen   neuen   Erklärungen 
gegenüberstelle. 

Zuerst  bemerkt  Clausius  (S.  255)  ich  hätte,  indem 
Eisenlohr's  Behauptung,  dafs  eine  Abstofstmg  der 
Luftmolccüle  der  Erfahrung  widerspreche,  in  Zweifel  züge, 
die  von  demselben  angeführte  Thatsache  unbeachtet  gelas- 
i,  dafs  bei  der  Ausdehnung  eines  permanenten  Gases  keine 
oder  eine  sehr  kleine  Arbeit  gcllian  wird.  Zu  dieser  Ver- 
mulhung  habe  ich  ihm  nicht  den  mindesten  Grund  gegeben. 
Er  selbst  folgert  aus  jener  Tlialsachc  nicht,  dafs  die  Luft- 
molcciilc  keine  abslofseuile  Kraft  besitzen.  Das  aber  war 
es,  was  Eisenlohr  schlechthin  und  ohne  Rücksicht  auf 
grofsern  und  kleinem  Abstand  behaupte!  halte,  und  was 
ich  nicht  begriiudet  fand,  sondern  dafs  die  Kräfte  der  Mo- 
lecüle  in  ihren  mittleren  Entfernungen  verschwindend  klein 
uud  zwar  Anziehungen  sind.  Das  letztere  habe  ich  bis 
jetzt  nie  bestritten,  und  habe  an  der  betreffenden  Stelle 
mit  dem  beigefügten  Satze:  -Hatte  Eisculuhr  seine  Be- 
hauptung dahin  beschrankt  u.  s.  w.  <■,  überdiefs  jeden  Zwei- 
fel darüber  entfernt,  wogegen  mein  Einwurf  gerichtet  war. 
Aufserdem  scheint  Clausius  übersehen  zu  haben,  dafs 
Eiscnlohr  die  Nichtexistenz  einer  ablotsenden  Kraft  auf 
-eine  einfache  Thatsache  der  Erfahrung«  zu  stützen  vor 
giebt.  So  kann  mau  doch  nach  meiner  Ansicht  einen  Satz 
nicht  nennen,  der  auf  theoretischen  Voraussetzungen  beruht. 
Ich  mufsle,  da  sich  Eisenlohr  so  ausdrückt,  annehmen, 
dafs  er  direetc  Versuche  kannte,  woraus  er  Obiges  folgerte. 
Hierauf  bezog  sich,  was  ich  zunächst  dagegen  sagte.  Ich 
habe  ihn  also  nicht  weniger,  .sondern  mehr  Thatsaclien  ein- 
geräumt, als  die,  an  welche  Clausius  hier  erinnert 

Wenn  Eiseulohr,  wie  es  deu  Anschein  hat,  und  wie 
es  t ha  [sachlich  von  anderen  Seiten  geschehen  isl,  Clausius 
Theorie  in  dem  Sinne  aufgefafst  hat,  als  sev  die  Annahme 
von  Moleculark raffen  zur  Erklärung  der  Expansion  (iber- 
llüssig,  und  ifa  winden  jene  Kräfte  durch  die  Bewegung 
der  Molccüle  ersetzt:  so  glaube  ich,  dafs  unter  andern  fol- 
gende Stelle  Grund  zu  einem  solchen  MifsverslaiiduiCs  ^vAA.. 


t>00 

In  d.  Ann.  Bd.  Hill,  S.  358  wird  als  drille  von  einem  ideel- 
len Gase  zu  erfüllende  Voraussetzung  angegeben,  dafs  der 
Einflufs  der  Molecularkräfte  verschwindend  klein  sey.  Diefs 
wird  näher  dahin  erläutert,  dafs  1)  ihre  Intensität  in  den 
milderen  Entfernungen,  2)  die  Zeit,  wo  sich  die  Molecüle 
in  den  Sphären  ihrer  gegenseitigen  Wirkung  befinden,  ver- 
schwindend klein  sey.  Was  hier  vorausgesetzt  wird,  sind 
offenbar  nur  die  zwei  genannten  Punkte.  Wie  folgt  aber 
aus  diesen,  dafs  der  Einflufs  der  Molecularkriifle  überhaupt, 
denn  eine  speciellc  Beziehung  wird  nicht  genannt,  ver- 
schwindend klein  sey?  Was  mit  diesem  viel  umfassenden 
Ausdruck  gesagt  seyn  soll,  ist  mir  unversländlicb.  Jeden- 
falls ist  dadurch  der  Deutung  Raum  gegeben,  als  sey  die 
Kleinheit  jenes  Einflusses  ohne  Einschränkung  und  in  jeder 
Beziehung  mit  vorautgeset*t;  und  dann  müfste  die  Eipau- 
bmd  der  Gase  auch  ohne  abstoßende  Molecularkräfte  mög- 
lich seyn.  Dieselbe  Auffassung  wird  auch  au  andern  Stel- 
len begünstig!,  z.  B.  S.  354  wo  es  heilet:  -Ich  glaube,  dafs 
durch  diese  Bewegung  die  Expansivkraft  des  Gases  entsteht.« 
Nach  bekannten  mechanischen  IVincipien  erzeugt  Bewegung 
nie  Kraft,  und  die  Wirkung  der  Kräfte  ist  vom  ßewegungs- 
zustande  der  Massen  stets  unabhängig.  Die  Bewegung  kann 
die  Masse  nur  an  den  Ort  ihrer  Kraftäufserung  bringen, 
welche  an  demselben  Orte  auch  ohpc  Bewegung  mit  der- 
selben Intensität  hätte  erfolgen  müssen.  Wenn  also  ein 
eingeschlossenes  Gas  Expansion  zeigt,  so  müssen  die  Atome 
an  der  G  ranze,  seyen  sie  bewegt  oder  nicht,  abstofsende 
Kräfte  haben,  deren  Summe  der  Expansiv  Wirkung  deich 
ist,  und  deren  Intensität  beim  einzelnen  Atom  gerade  nach 
Clausius  Annahme  besonders  grofs  seyn  mufs,  weil  ver- 
hall nifsmäfsig  wenig  Atome  betheiligt  sind.  Sollten  dem- 
nach diese  an  sich  bedeutenden  Kräfte  auf  irgend  einen 
besonderen  Umstand  ohne  Einflufs  seyn,  so  bedurfte  es 
einer  besonderen  Begründung.  Ein  solches  Verhalten  Isfgl 
sich  weder  im  Allgemeinen  voraussetzen,  noch  aus  der  ge- 
ringen Dauer  der  Kraftwirkung  folgern. 

2.     Ferner  sagt  Clausius,  dafs  ich  seine  Ansicht  falsch 


601 

aofgefaüst  bitte,  indem  ich  die  von  ihm  behauptete  Ausglei- 
chung zwischen  den  verschiedenen  Bewegungsarten  der  Mo- 
lecQle  eine  physische  nannte,  und  der  aus  einer  Wahr- 
scheinlichkeitsrechnung hervorgehenden  entgegensetzte.  Ich 
bitte  nimlich  die  allmähliche  Ausgleichung  so  verstanden, 
da  solle  sie  bei  jedem  einzelnen  Molecttl  stattfinden.  Dafs 
mir  Clausius  einen  solchen  Gedanken  unterlegt,  den  ich 
nirgends  geäufsert  habe,  kann  wohl  nur  davon  herrühren, 
dbfs  ihn  der  von  mir  hervorgehobene  Unterschied  zwischen 
4er  angestrebten  und  der  dem  Zufall  unterworfenen  Aus- 
gleichung nicht  deutlich  ist  Die  Stelle,  auf  welche  sich 
meine  Aenfserung  bezog  (S.  356)  lautet:  »Erst  wenn  alle 
Bewegungen,  welche  überhaupt  entstehen  können,  ein  ge- 
wisses von  der  Beschaffenheit  der  Molecüle  abhängiges  Ver- 
hlltnifs  zu  einander  haben,  werden  sie  sich  nicht  weiter 
▼ermehren  oder  vermindern. «  Nicht,  dafs  das  'Wort »  durch* 
schnittlich «  weggelassen  ist,  hat  mich  zu  meiner  Entgegnung 
veranlafst,  sondern  die  Behauptung,  dafs  das  constante  Ver- 
fall tnifs,  sej  es  in  gröfsern  oder  kleinern  Gasmengen,  als 
ein  wirkliches,  nicht  blofs  wahrscheinliches  erfolgen  soll. 
Aus  der  vorausgehenden  Betrachtung  kann  sich  nichts  wei- 
ter ergeben,  als  dafs  gröfsere  Abweichungen  von  dem  be- 
stimmten Verh&ltnifs  weit  seltener  eintreten  werden  als  klei- 
nere, während  sehr  grofse  immer  möglich  bleiben.  Ein  sol- 
ches Ergebnifs  würde  zwar  genügen,  um  eine  Theorie  mit 
einzelnen  Beobachtungen  in  Einklang  zu  bringen;  denn  in 
diesen  könnte  zufällig  die  Abweichung  sehr  gering  gewesen 
seyn.  Allein  einestheils  müfste  man  die  Abweichungen  we- 
nigstens nachträglich  auf  anderem  Wege  motiviren  können, 
and  diefs  ist  hier  unmöglich,  weil  ein  physischer  Grund 
nicht  existirt.  Anderntheils  sind  es  nicht  blofs  einzelne 
Beobachtungen,  sondern  anerkannte  Gesetze,  die  ein  wirk- 
liches constantes  Verhältnifs  erfordern  würden,  an  deren 
Stelle  jedoch,  so  lange  man  an  Clausius  Hypothese  fest- 
halten will,  für  immer  ein  blofs  wahrscheinliches  Zutreffen 
gesetzt  wird. 

3.    Ferner  bestreitet  Clausius,  dafc  er\iew«^fe  %Vux^ 


602 

Atome  ohne  Abgtofsungskraft  als  möglich  zugelassen  habe, 
uud  rügt  es,  dafs  ich  ihm  eiue  solche  Ansicht  zugeschrieben 
habe,  ohne  ciu  Citat  anzuführen.  Die  betreffende  Stelle, 
welche  ich  nicht  näher  bezeichnet  habe,  weil  sie  gleich  im 
Anfang  der  vorher  genannten  Abhandlung  (d.  Ann.  Bd.  100, 
S.  355)  etcht,  lautet:  «Selbst  wenn  man  sich  auf  die  Be- 
trachtung der  Massenalouie  allein  beschränkt,  und  diese  als 
absolut  starr  ansieht,  so  bleibt  es  doch  noch  möglich,  dafs 
eiu  Molccül,  welches  aus  mehreren  Atomen  besteht,  nicht 
ebenfalls  eine  absolut  starre  Masse  bildet,  sondern  dafs  in 
ihm  die  einzelnen  Atome  innerhalb  gewisser  Gräuzen  be- 
weglich sind,  und  daher  gegen  einander  schwingen  können.« 
Vorher  geht  die  Erklärung,  dafs  der  Verfasser  die  Ansicht 
Kröuig's  vollkommen  (heilt,  und  dieser  hat  ausdrücklich 
eine  Abslofsungskraft  der  Atome,  aufser  der  durch  ihre 
Elusticität  nach  ihrem  Zuaammcnstofs  hervorgerufenen,  tob 
geiner  Hypothese  ausgeschlossen.  Mit  der  Annahme  starrer 
Atome  fällt  auch  diese  Elasticilät  weg,  und  die  Atome  kön- 
nen also  weder  vor  noch  bei  ihrem  Zusamuieustofs  ihre 
Bewegung  auf  einander  übertragen.  Auch  im  weiteren 
Verlaufe  der  Abhandlung  finde  ich  keiue  Stelle,  aus  der 
deutlich  zu  ersehen  wäre,  dafs  Clausius  den  Atomen  eiue 
Abslofsungskraft  beilegte.  Zwar  ist  öfters  von  Molecular- 
kräften  die  Bede,  die  in  grofser  Nähe  der  Atome  zur  Wirk- 
samkeit kommen.  Deren  Vorbandenseyn  wird  jedoch  nur 
als  Grund  von  Abweichungen  und  Unterschieden  berück- 
sichtigt, nie  als  Bedingung  der  gesammten  Theorie  gefor- 
dert, und  es  bleibt  unentschieden,  ob  darunter  Anziehungen 
zu  verstehen  sind.  Ich  glaube  daher,  dafs  mich  die  anfäng- 
lich von  Clausius  erklärte  Uebcreiustiimnung  mit  Krönig 
rechtfertigt,  wenn  ich  ihm  die  Ansicht  zugeschrieben  habe, 
dafs  die  Atome  in  keinem  noch  so  kleineu  Abstände  eine 
Abstofsuug  auf  einander  üben,  oder  doch  zu  üben  brauchen. 
4.  Ferner  erklärt  Clausius,  nachdem  er  durch  Be- 
rechnung der  mittlem  Wegläuge  der  Molectile  gezeigt  bat, 
dafs  die  Langsamkeit  der  Diffusion  der  Gase  mit  seiner  An- 
nahme haimumil,  oWe  a\Wu  weitem  Nachweis  auch  meinen 


r  ungerechtfertigt,  dafs  die  Langsamkeit  der 
WärmeleiUmg  in  der  Luft  derselben  entgegensteht ;  gleich 
iils  ob  die  Wärmeleiiung  mit  der  Diffusion  auf  gleichen 
Bedingungen  berulile.  Es  Isl  jedocli  leicht  zu  scheu,  dafs 
der  letztere  Einwand  gar  nicht  davou  berührt  wird,  ob  die 
Wege  kurz  oder  laug  sind.  Stofseu  sich  nämlich  zwei 
:iche  elastische  Körper  central,  so  lauschen  sie  ihre  Ge- 
schwindigkeiten aus.  Die  Bewegung  nach  dem  Stofsc  ist 
dieselbe,  als  wenn  beide  Körper  ungehindert  ihren  Weg 
rfolgt  hatten.  Die  Fälle,  wo  zwei  sich  treffende  IYlolecüle 
gleich  sind,  oder  sich  nicht  central  stofseu,  bedingen  offen- 
r  keine  Aenderung  in  der  Gesammt  Wirkung.  Wenn  also 
zwei  aneinander  grätizenden  Bäumen  die  Luflmolccüle 
verschiedene  initiiere  Geschwindigkeit  hätten,  so  mül'ste  die 
Ausgleichung  augenblicklich  erfolgen,  d.  h.  in  ebenso  kurzer 
Zeit,  als  sie  gebrauchten,  um  aus  dein  einen  Kaum  in  den 
lern,  wenn  er  leer  ist,  zu  treten.  Ebenso  schnell  müfste 
sich  in  zwei  augränzeuden  Lufträumen  eine  anfänglich  ver- 
schiedene Temperatur  ausgleichen.  Dieser  Umstand  wider- 
icht  aber  im  auffallendsten  Maafsc  dem  wirklichen  Ver- 
halten der  Gase;  denn  es  ist  bekannt,  dafs  kalte  und  warme 
Luft  längere  Zeit  neben  einander  bestehen  können. 

Von  dem  Vorstehenden  sind  es  nur  die  Punkte  2  und  4, 
welche  nach  den  neuem,  in  der  anfangs  citirleii  Schrift  von 
Clausius  gegebenen  Erklärungen  noch  Einwände  gegen 
dessen  Ansicht  enthalten,  Der  ersterc  betrifft  keine  Er- 
scheinungen, die  mit  dieser  Ansicht  geradezu  unvereiubai 
Cnd,  wie  eine  solche  im  letztem  hervortrat;  es  handelt  sich 
ier  vielmehr  um  eine  Lücke,  die  unabänderlich  in  der  Er- 
klärung der  Erscheinungen  übrig  bleiben  mufs,  weun  die 
Bewegung  der  Molccülc,  wie  es  bei  ihrem  indifferenten 
Verhalten  nicht  anders  seyn  kann,  gröfslentheils  dem  Zufall 
erlassen  ist.  Die  Erklärung  kann  alsdann  nicht  über 
eiligen  Vorgänge  hinausgehen,  die  durch  rein  suuunari- 
Wirkungeu  vüllig  bestimmt  sind,  sie  wird  unveiuiögetld, 
ibald  eine  Wirkung  durch  die  Verschiedenheit  der  Bcwe- 
bedingt  isl,     So  war  es  z.  B.  leidvV,  d&a^\a.^w\.\ti 


604 

sehe  Gesetz  aus  Krönig's  Hypothese  für  den  Fall  abzulei- 
ten, wo  ein  Gas  ein  Gefäfs  gleichmäfsig  erfüllt.  Allein  die 
Berechnung  pafst  nicht  mehr,  wenn  verschiedene  Dichtigkeit 
in  demselben  Räume  slaUfindet,  wie  in  der  freien  Atmo- 
sphäre. Dafs  hier  dem  Mariotte'schcn  Gesetze  gemäfs  die 
Dichtigkeit  in  geometrischer  Progression  für  gleiche  Hubenin- 
cremcnle  abnimmt,  ist  anf  Grund  jener  Hypothese  gar  Dicht 
nolhwcndig,  weil  die  Verschiedenheit  der  Dichtigkeit  von  der 
Vet'thcilung  der  lebendigen  Kraft,  nicht  blofs  von  ihrer  Summe 
abhängt.  Um  diefs  zu  sehen,  braucht  man  nur  anzunehmen; 
dafs  die  lebendige  Kraft  aller  Atome  vermehrt  um  das  Acqai- 
valent  ihrer  Höhe  gleich  sey  —  ein  Zustand,  dessen  Fort- 
dauer möglich  ist  —  dann  wird  die  gröfste  Dichtigkeit  da 
eintreten,  wo  die  Verlicalgc  seh  windigkeit  am  geringsten  ist, 
das  ist  in  der  gröfsteu  Höhe,  soweit  noch  alle  Richtungen 
in  der  Bewegung  der  Molecule  gleich  vertreten  sind.  Da 
sich  hiernach  eine  völlig  umgekehrte  Anordnung  der  Dich- 
tigkeit mit  der  Hypothese  verträgt,  so  leuchtet  ein,  dafs 
noch  unzählige  andere  Anordnungen  möglich  seyn  würden, 
und  die  wirkliche  nur  ganz  durch  Zufall  stattfände. 

Ein  noch  deutlicheres  Beispiel  eines  Vorgangs,  der  bei 
der  in  Rede  stehenden  Hypothese  uuerklarbar  ist,  bietet 
die  Wellenbewegung,  welche  der  Forlpflanzung  des  Schal- 
les durch  die  Luft  zu  Grunde  liegt.  Ich  erwähne  dasselbe 
nur  als  hierher  gehörig,  da  der  betreffende  Einwand  schon 
von  anderen  Seiten  erhoben  worden  ist. 

Im  Folgenden  will  ich,  ohne  eine  Entscheidung  für  die 
eine  oder  andere  Ansicht  in  Betreff  der  inneren  Natur  der 
Körper  herbeizuführen  oder  vorauszusetzen,  auf  einen  mit 
der  mechanischen  Wärinetheorie  verknüpften  Umstand  hin- 
weisen, der  möglicherweise  von  Einflufs  auf  unsere  cosini- 
schen  Ansichten  werden  kann.  Man  weifs,  dafs  die  Tem- 
peratur von  der  Erdoberfläche  nach  innen  zunimmt,  weiter 
nach  oben  abnimmt.  Es  ist  vielleicht  bisher  nie  bezweifelt 
worden,  dafs  die  Fortdauer  eines  solchen  Zustandes  einen 
beständigen  Wärmestrom  von  innen  nach  aufsen  erfordert. 
Da  aber  Wärme  uut  auS  \S.oaVcw  der  Bewegung  oder  irgend 


605 


einer  Spannung  erzeugt  werden  kann,  so  ist  eine  unbe- 
gränzte  Wärmeerzeugung  im  Innern  der  Erde  undenkbar, 
und  es  bleibt  daher  nur  übrig  anzunehmen,   wie   es   wohl 

wohnlich  geschieht,  dafs  die  Erde  in  einer  beständigen 
Abkühlung  begriffen  ist. 

Diese  Schlufsfolge  beruht  jedoch  auf  einer  Voraussetzung, 
welche  durch  die  mechanische  Wärmetheorie  in  Frage  ge- 
stellt wird:  nämlich  auf  der,  dafs  das  Gleichgewicht  der 
Wärme  bei  constauter  Temperatur  slatttindcl,  und  dafs  bei 
verschiedener  Temperatur  sich   berührender  Körper   immer 

irärmc  nach  dem  kältern  hin  übergeht. 
Setzt  mau  aber  voraus,  dafs  die  Wärme  in  der  leben- 
digen Kraft  eines  Stoffes  besteht,  und  dafs  dieser  Stofr, 
ganz  oder  tbeilweisc,  in  hohertu  oder  mindern  Grade,  von 
der  Erde  angezogen  wird,  was  sich  wenigstens  noch  nicht 
für  unmöglich  erklären  läfsl,  so  ist  leicht  zu  ersehen,  dafs 
die  Erdanziehung  auch  auf  die  Wärme  einen  Eintlufs  üben 

Kufs,  dafs  also  der  Salz  von  der  Temperatur  in  der  ver- 
;alen  Richtung  eine  Modificalion  erleidet.  Sofern  nämlich 
ein  bewegtes  Atom  nicht  immer  in  gleicher  Höhe  bleibt, 
bangt  die  Veränderung  seiner  lebendigen  Kraft  zum  Theil 
von  seiner  Schwere  ab,  und  es  kann  den  obern  benach- 
barten Atomen  iin  Allgemeinen  keine  ebenso  grofse  Ge- 
schwindigkeit railthcilen  als  den  untern.  Unter  spcciellcn 
Umständen  ist  diefs  allerdings  möglich.  Wenn  z.  IS.  die 
bewegten  Atome  an  unveränderliche  Gleichgewichtslagen 
durch  eine  der  Ausweichung  proportionale  elastische  Kraft 
gebunden  sind,  so  hört  jeder  Eintlufs  der  Schwere  auf  die 
Bewegung  auf.  Solchen  einzelnen  Fallen  gegenüber  giebt 
es  jedoch  wieder  andere,  in  denen  jener  Eintlufs  grofser 
sejn  würde,  als  er  ohne  unwahrscheinliche  Consenuenzcu 
scyu  kann;  so  dafs  jedenfalls  der  wirkliche  Werth  unterhalb 
der  Gränzcn  liegt,  zwischen  denen  das  Resultat  der  Be- 
rechnung varürt. 

Ich  betrachte  zuerst  den  Fall,  wo  (wie  Krönig  in  sei- 
ner Theorie  der  Gase  annahm)  jedes  Atom  sich  unabha,n^% 
von  allen  andern  bewegt.    Soll  sovroU  m  "Bexu.^  «oWw&w- 


1 


606 

tigkeit  »1s  auf  Temperatur  in  den  verschiedene»  Höheö- 
echichten  eiues  Luftraums  keine  Aenderwug  eintreten,  so 
muh,  so  oft  eine  Masse  A  von  der  Höhe  h  bis  h-\-x  steigt, 
eiue  ihr  gleiche  Masse  von  h+x  bis  h  sinken,  und  mit  der- 
selben Geschwindigkeit  c  in  der  Hohe  h  ankommen,  mit  wel- 
cher die  erster«  Masse  dieselbe  verliels.  Die  lebendige  Kraft 
betrug  vor  und  nach  der  Bewegung  A  -  -  in  der  Höhe  A  und 
A{^ — gx\  in  der  Höhe  h+x.  Da  bei  allen  Übrigen  Luft- 
theilchcn  dasselbe  stattfindet,  so  ist  die  lebendige  Kraft  der 
Masseneinheit  in  der  Höhe  k  +  x  um  <,-.,-  kleiner  als  in 
der  Höhe  It.  Demnach  nimmt  die  Temperatur  im  Gleich- 
gewichtszustände der  Wärme  nach  üben  zu  im  eiufachen 
Verhält  nifs  des  Höhenunterschieds  ab. 

Ist  6  die  Tempera turab nahm c  für  jedes  Meter  der  Höhe, 
beträgt  die  mittlere  Geschwindigkeit  der  Luflatome  au  der 
Erdoberfläche,  bei  0"  C,  wie  es  die  frühere  Berechnung 
ergab,  GU9  Meter,  ist  die  absolute  Temperatur  des  Eis- 
punkts =  273°,  und  g  =  9,806,  so  verhält  sich 

^.609':9,806  =  273:o, 
woraus  hervorgeht 

fe  =  0,0U4uC. 

Diese  Zahl  ist  fast  dreimal  so  grofs  als  die  wirkliche 
Temperaturabnahme  beträgt,  da  die  Beobachtungen  von 
d'Aubuisson,  Gay-Lussae  u.  a.  nahezu  0,005°  C.  er- 
geben, und  würde  sich  mit  denselben  nur  unter  Annahme 
eines  bedeutenden  Wärmestromes,  welcher  der  gewöhnlichen 
Ansicht  entgegen  aus  dem  Weltraum  in  die  Erde  ginge,  in 
Einklang  bringen  lassen. 

Der  eben  betrachtete  Fall  entspricht  offenbar  dem  Maxi- 
mum des  Einflusses  der  Schwere,  weil  letzterer  desto  gröfser 
seyn  tnufs,  je  weiter  sieb  die  Bewegung  der  Atome  erstreckt. 
Folgende  zwei  Fälle  entgegengesetzter  Art  lassen  sich  noch 
unter  vereinfachenden  Annahmen  leicht  einer  Berechnung 
unterwerfen:  1)  wenn  die  'Wirkungssphären  der  Atome 
iieio  genug  smd,  deÄa  s\*  V»  4«*  t&N&en  Entfernungen 


607 

einander  nicht  erreichen;  2)  wenn  die  Weite  der  Bewegung 
gegen  die  Entfernung  der  Atome  verschwindend  klein  ist. 
In  beiden  Fällen  betrachte  ich  nur  eine  verticale  Reihe  von 
Atomen,  die  sich  vertical  bewegen,  und  ihre  Oscillationen 
gleichzeitig  ausführen. 

Im  erstem  Falle  ist  es  nur  nöthig  den  Vorgang  beim 
Zusammentreffen  zweier  Atome  ml  und  m2  zu  bestimmen. 
Es  sey  x  die  Höhe  ihres  Schwerpunkts,  £  ihr  Abstand,  m 
die  Summe  ihrer  Massen;  dann  sind  die  Abscissen  von  mk 
und  m%  einzeln 

x §;    x-\ §, 

m  m 

nnd  ihre  Bewegungsgleichungen 

xn=:-g;  g"  =  »!/>(!)  =  mt>'(!) 
woraus 

x'*=2g(a  — x);  g*  =  c* +  2mv(£), 
'  wo  a  die  gröfste  Höhe  des  Schwerpunkts,  c  die  gegenseitig 
relative  Geschwindigkeit  der  Atome  an  der  Wirkungsgränze, 
und  die  Accente  Differentialquotienten  nach  der  Zeit  be- 
zeichnen. Aus  diesen  Gleichungen  folgt,  dafs  in  gleichen 
Zeiten  vor  und  nach  dem  Stofse  x  und  £  gleiche,  x'  und  £ 
entgegengesetzte  Werthe  haben.  Es  sej  r  das  Minimum 
von  £,  s  der  Durchmesser  der  Wirkungssphäre,  und  2%  die 
Zeit,  während  welcher  beide  Atome  in  gegenseitiger  Wir- 
kung sind;  dann  ist  an  der  Gränze  der  Wirkungssphäre 
±af  =  gt;  =pg  =  c, 

wo  das  obere  Zeichen  vor,  das  untere  nach  dem  Stofse 
gilt.  Demnach  sind  die  lebendigen  Kräfte  der  Masseneinheit 
beider  Atome 

■ 

Ist  ferner  l  —  s  der  Weg,  den  das  obere  Atom  m,  in 
indifferentem  Zustande  zu  durchlaufen  hat,  bis  es  die  Wir- 
kungssphäre des  nächst  höheren  erreicht,  so  verliert  «&ta& 
Matsefteiohett  auf  diesem.  Wege  eine  Wbewd\^  Y*x*\v  ^\^& 


g  (l  —  s);  daher  ist  die  lebendige  Kraft  der  MaBscneinheit 
von  t»,  beim  Eintritt  in  die  Wirkungssphäre  des  nächst 
hohem  Atoms  um 

D=j,<<-»)+j(sl+£'c)*-;(s!-!'c)* 

kleiner  als  die  entsprechende  von  m,.  Sieht  man  von  dem 
letzten  Thcile,  der  nur  eine  Unterbrechung  der  Regelmä- 
ßigkeit bildet,  und  bei  Gleichheit  der  Massen  wegfällt,  ab, 
so  stimmt  das  Resultat  mit  dein  des  ersten  Falles  iiberein, 
nur  ist  das  Höheniucrenient  /  um  die  Gröfse  s  —  et  ver- 
mindert, welche  der  Wirkung  des  Stofses  zuzuschreiben  ist 
Zu  ihrer  Bestimmung  erhält  mau  aus  der  für  i'~  aufgestell- 
ten Gleichung 


ei 


Nimmt  man  an,  dafs  innerhalb  der  Wirkungssphäre  die 
Abstofsung  nie  in  Anziehung  übergeht,  dafs  also  /*(£)  stets 
positiv  ist,  so  wächst  o(|)  mit  £,  und  da  c(s)~0  ist,  so 
ist  »(£)<0  für  £<*;  folglich 


ci>y*8{= 


oder 

*  — ct<r. 
Demnach  ist  die  Beeinträchtigung  des  Einflusses  der 
Schwere  durch  das  Zusammcnstofseu  der  Atome  geringer 
als  die  Abkürzung  der  Wege  bei  Uebertragung  der  Bewe- 
gung von  dein  einen  auf  den  andern.  Der  Weg  l  wird 
nämlich  um  das  Stück  r  abgekürzt,  insofern  das  Atom  m, 
bereits  um  das  Stück  r  höher  steht  als  m„  sobald  es  dessen 
Bewegung  fortzusetzen  anfängt.  Die  Differenz  der  leben- 
digen Kräfte  aber  beträgt  mehr  als  g(l  —  r).  Die  Weite 
der  O sei  Nationen  mut&  aYs«  V\«\tci  *Y&  \  dea  Abstand«  der 


609 

Atome  seyn,  wenn  der  gedachte  Fall  einige  Wahrschein- 
lichkeit haben  soll. 

Als  entgegengesetztes  Extrem  ist  nun  der  Fall  zu  od* 
tersuchen,  wo  die  Oscillationsweite  gegen  den  Abstand  der 
Atome  sehr  klein  ist  In  einer  Reihe  von  n  +  1  Atomen, 
die  durch  die  Indices  0,  1,  2...n,  von  unten  nach  oben 
gezählt,  unterschieden  werden  mögen,  und  deren  erstes  und 
letztes  fest  seyen,  wirke  jedes  abstofsend  nach  beiden  Seiten 
hin  nur  auf  das  nächstfolgende.  Die  Massen  seyen  alle 
einander  gleich.  Die  Höhe  des  Aten  Atoms  sey  im  be- 
wegungslosen Zustande  =  k  l  —  ahy  in  der  Bewegung 
=  JkJ  —  4i  +  &i,  so  dafs  at  die  Senkung  des  Atoms  infolge 
seiner  Schwere  bezeichnet,  welche  als  gering  betrachtet 
werden  soll.  Die  Bewegungsgleichung  lautet  alsdann: 
3^=— g+f(l— a.+a^+Xt— x^x) 

—  f(l— ak+ 1 + ak+ x^ !-—  xt). 
Nach  Voraussetzung  müssen  alle  x  und  x"  zugleich  ver- 
schwinden, und  man  hat 

oder  mit  Vernachlässigung  der  höhern  Potenzen  der  Diffe- 
renzen der  a 

flr=r(0(«*+i  +  ö*-i  —  2a,) 
Die  Auflösung  dieser  recurrirenden  Gleichung,  welcher  noch 
die  Endwerthe  a0  =  0,  a.  =  0  beizufügen  sind,  ergiebt 

Ferner  erhält  man  mit  Vernachlässigung  der  höhern  Po. 
tenzen  der  x 

a*V=/"  (J— ak + aM)  (xt— x^x)  —f  (l — ai+ x+at)  (xk+ x  —  xk). 
Da  alle  Atome  gleichzeitig  oscilliren  sollen,  so  kann  man 
setzen 

xtz=zbtBmat9 

wodurch  die  Gleichung  in  folgende  übergeht 
—  bka*=f(l  —  at+ak_  x)(bk—b^ 

—  f'(l—ak+x+at)(bk+l  —  bt). 
Es  «ey 

PosseodorfT«  Aooal.  Bd.  CX.  ^ft 


610 

«'  =  _f'(0-2(l— *»<p),  ■=j^^.. 
Substituirt  man  die  Werlhe  der  a,  so  kommt 
fi.+  .  +  ft,.,—  2btcos(f  =  B(n~  2A-#-i)(oJ— 6,_„ 

—  e(fi  —  2A—  l)(o1+1  —  6»)=U. 

Diefs  mit  sin  ktp  multiplicirt  giebt 

['',.(., ■?] ii /f 7'  —  o,MD.(fc-|-I)a)3 —  [fi,sin(Ä— l)y  —  6,_,sitW.'7  | 

=  tLsinjSny. 

Siiiimiirt  man  von  fr= I   ati,  so  kommt  mit  Beachtung,  dafs 

60  =  0  ist: 

6J+I8ink(j —  6,sin<A+-l)yr=$.5%sinA<jp=eJf 


oder 


=  *JV. 


Summirt  man  nochmals,  und  selzl 

ft,  =  fesin  (/■, 
so  kommt 

In  erster  Annäherung  ist  also 

bt—bsiak(p. 
Diesen  Werth  kann  man,  da  höhere  Potenzen  von  e  nicht 
berücksichtigt  werden,  in  L  einführen;  dann  kommt 

LsinAy  =  &[(n  —  2A)(1  — cosy)(l— cos2Ao;) 

-+-£cos(2A  —  \)<p  —  ^cos(2ft+l)y) 
und  nach  Suinmation 
Ä  =  6tg  f  p^£*fi±I>f  +k{n-k)coskysin(k+  l)y 

—  (A+1)(m  — A  — l)sinAycos(A-|-l)yj 
woraus 

JV=fetg-|-  [1^-  +  *Cn  —  *)cot*o> 

-(*+l)(»-*— l)cot(*+l)o)] 
und  nach  nochmaliger  Summation 

-SlVsotg-t  [^-1+(«—  Dcotr  —  A(n  —  ft)cotfta.1 
demzufolge 


611 

+(n  — l)cot<jp  — A(n  — Ä)cot*qp)l. 
Da  6»=0  ist,  so  muf8  nq>  ein  Vielfaches  von  n  seyn,  also 

Die  lebendige  Kraft  der  Masseneinheit  des  Aten  Atoms  ist 

ia?V=TVa4cos?al 
ihr  mittlerer  Werth  der  Zeit  nach 

=£V«f  =  — f(})b*%m%  f-sin'iyX 

[l+26tg|(^+(ii--l)cot9-*(n-*)cot*9)]. 

Nimmt  man  an,  dafs  in  einer  Menge  verticaler  Reihen  von 
Atomen  alle  Werthe  von  fi  gleich  oft  vorkommen,  and 
berechnet  den  mittlem  Werth  des  letzten  Ausdrucks  durch 
Integration  nach  tp  zwischen  den  Gränzen  einer  Periode, 
so  ergiebt  sich  die  Gröfee 

—  **,f(0[l—  2(*—  l)(2n— 2k  —  1)«]. 

Die  lebendige  Kraft  wächst  also  von  der  Mitte  nach  bei- 
den Enden  hin. 

Nor  der  unterste  Theil  dieser  Atomenreihen  läfet  sich 
als  in  gleichem  Falle  mit  der  untern  Schicht  der  Atmo- 
sphäre betrachten.  Vernachlässigt  man  demgemäß  *  gegen  n, 
so  wird  der  obige  Ausdruck 

=  —ib*f(l)(l  —  4kn$) 

und  zeigt  eine  der  Höhe  proportionale  Abnahme  der  le- 
bendigen Kraft  oder  der  Temperatur  an.  Um  den  Coef- 
ficienten  der  Abnahme  4  na  näher  zu  bestimmen,  kann  man 
annehmen,  dafs  in  den  engen  Gränzen  der  Bewegung  die 
AbstoÜBung  einer  Potenz  der  Entfernung  proportional  sey, 
dafs  also 

sey;  dann  wird 

2c     r 

3&* 


«12 

Ist  die  mittlere  Geschwindigkeit  609™,  so  ist 
60«'=  —  !,f'{l)b-'  =  ,1crb-'l-, 
daher 

609»       —    37832    ' 
Ferner  ist  nl,  oder  die  Höhe  der  gleichdichten  Atmosphäre, 
für  0°  C.  nahezu  =8000;   daher  beträgt   die  Temperatur 
abnähme  für  jedes  Meier  der  Höhe 

int  _  HOOOtf+l)}1 r-M  /_6\a 

(     —       37SM  l'~  4,73  \  /  / 

und  iat  demnach  uutcr  den  hier  gemachten  Voraussetzungen 
dem  Quadrat  der  Oscillalionsweite  durch  den  Abstand  der 
Atome  gemessen  uud  einfach  der  Erdanziehung  proportional. 
Durch  die  vorstehende  Betrachtung  ist  nur  soviel  er- 
wiesen, dafs  aus  der  Verschiedenheit  der  Teuipcraiur  in 
den  verschiedenen  Höhen  und  Tiefen  nicht  ohne  Weiteres 
auf  einen  Wärroestroui  geschlossen  werden  kann.  Wäre 
ein  solcher  direct  und  quantitativ  ennittelt,  so  liefsen  sich 
daraus  Schlüsse  auf  die  innere  Beschaffenheit  der  Stoffe 
machen. 


613 


VII.    Ueber  künstlichen  Boracü;  von  TV.  Het'ntz. 


K 


achdem  durch  die  neueren  Arbeiten  über  den  Boracit 
von  H.  Rose1),  Ludwig9),  Potyka3)  und  mir4)  die 
Zusammensetzung-  dieses  Minerals  vollkommen  festgestellt 
und  namentlich  dargethan  worden  ist,  dafs  er  Chlormagne- 
sium enthält,  war  es  von  Interesse,  Versuche  anzustellen, 
dieses  Mineral  künstlich  zu  erzeugen.  Solcher  Versuche 
sind  auf  meine  Veranlassung  mehrere  in  dem  hiesigen  Uni- 
▼ersitätdaboratorium  ausgeführt  worden,  die  schliefslich  zur 
Auffindung  der  dazu  dienlichen  Methode  geführt  haben. 

Zunächst  erwartete  ich,  der  Boracit  werde  sich  auf  nas- 
sem Wege  bilden  lassen,  da  seine  Lagerstätte  im  Gyps 
darauf  hindeutet,  dafs  der  in  der  Natur  vorkommende  auf 
nassem  Wege  gebildet  ist.  Allein  trotz  vielfacher  Abän- 
derung der  Versuche  ihn  durch  doppelte  Wahlverwandt- 
schaft zu  erzeugen,  gelang  es  durchaus  nicht,  auch  nur 
Spuren  davon  zu  erhalten.  In  den  allermeisten  Fällen  wur- 
den, wenn  überhaupt  eine  borsaure  Verbindung  krystalli- 
sirte,  die  Krystalle  gebildet,  welche  von  Wöhler5)  ent- 
deckt und  der  empirischen  Formel  5BOa+2MgO+NaO 
•+•  30  HO  gemäfs  zusammengesetzt  sind. 

Die  Untersuchung  von  Potyka  lehrt,  dafs  der  Wasser- 
gehalt des  Boracits  um  so  gröfser  ist,  je  mehr  die  Krystalle 
verwittert  erscheinen.  Die  ganz  klaren  Krystalle  sind  voll- 
kommen frei  davon.  Potyka  schliefst  also,  dafs  der  Bo- 
racit durch  Aufnahme  von  Wasser  mit  der  Zeit  in  Stasfar- 
tit  übergehe.  Ist  diefs  der  Fall,  so  kann  die  Ansicht,  der 
Boracit  habe  sich  bei  der  Temperatur  unserer  Atmosphäre 

1)  Monatsbericht   der   Akademie  der  Wissenschaften   1868  (Sitsong  yom 
16.  Decerober. 

2)  Archiv  der  Pharm.  Bd.  97,  1859.  Febraar  und  Bd.  98,  1859  Mai. 

3)  Diese  Ann.   Bd.  107,  S.  433. 

4)  Zeitschrift  für  d.  gesammten  Naturwissenschaften   1859  Januar  S.  1  u. 
Februar  S.  105. 

6)  Diese  Annaleo  Bd.  28,  S.  526« 


614 

aus  einer  wäfsrigeu  Lösung  abgesetzt,  füglich  nicht  wehr 
fest  gehalten  werden.  Deshalb  lag  der  Gedanke  nahe,  et 
möchte  gelingen,  ihn  unter  geeigneten  Umständen  in  der 
Glühhitze  zu  erzeugen.  Versuche,  die  deshalb  Hr.  Said- 
phil.  G.  E.  Richter  auf  meine  Veranlassung  in  dein  hie- 
sigen Universita  isla  boratorium  anstellte,  haben  wirklich  zu 
dem  gehofften  Resultat  geführt.  Sic  sollen  in  dem  Fol- 
genden beschrieben  werden. 

Hr.  Richter  suchte  zunächst  durch  Glühen  des  Rück- 
standes, welcher  beim  Verdampfen  einer  Mischung  von 
zwei  Theilen  gebrannter  Magnesia  mit  einer  wäfsrigeu  Lö- 
sung vou  sechs  Theilen  Chlorammonium  zurück  blieb ,  was- 
serfreies Chlomiagnesium  darzustellen,  was  auch  gelang, 
Dieses  C  hl  o  [magnesium  wurde  mit  Boraxglas  gemischt,  in 
einem  heifsen  eisernen  Mörser  zn  Pulver  gestofsen,  welchem 
Gemisch  noch  etwas  Chlorammonium  hinzugesetzt  wurde. 
um  die  Bildung  von  Magnesiumoiyd  beim  Glühen  zu  ver- 
hindern, da  die  Mischung  bei  dem  Pulverisiren  nicht  vor 
der  Feuchtigkeit  der  Luft  geschützt  werden  konute. 

Das  Ganze  wurde  nun  in  einen  Platintiegel  eingetragen, 
welcher  in  einen  mit  gebrannter  Magnesia  ausgefütterten 
hessischen  Tiegel  und  dieser  seinerseits  in  einen  Windofen 
gesetzt  wurde,  in  welchem  er  anhaltend  lebhafter  Roth- 
glühhitze ausgesetzt  wurde.  Darauf  wurden  alle  Zuglöcher, 
während  der  Ofen  noch  voll  glühender  Kohlen  war,  mit 
herber  Asche  verstopft,  um  eine  möglichst  langsame  Ab- 
kühlung der  geschmolzenen  Masse  zu  erzielen. 

Nach  völligem  Erkalten  fanden  sich  am  Deckel  des  Pla- 
tintiegels Kry  stalle  mit  deutlich  spiegelnden  Flächen,  die 
unter  dem  Mikroskop  als  reguläre  Octaeder  erschienen,  und 
im  Wasser  und  selbst  in  Salzsäure  nicht  löslich  waren, 
Sie  besafsen  also  die  Eigenschaften  des  Boracits.  Durch 
die  Analyse  konnte  die  Verinutbung,  dafs  sie  auch  die  Zu- 
sammensetzung dieses  Minerals  besitzen,  nicht  zur  Gewifs- 
heit  erhoben  werden,  da  nur  äufserst  weuige  Kry  stalle  auf 
diese  Weise  erhalten  worden  waren. 

Die  im  Platintiegel  enthaltene  geschmolzene  Masse  wurde 


615 

vielfach  mit  Wasser  behandelt  and  dann  das  darin  nicht 
lösliche  im  fein  vertheilten  Zustande  ebenfalls  mikroskopisch 
untersacht.  Auch  hier  zeigten  sich  theilweise  reguläre  Oc- 
taeder,  doch  bestand  der  gröfste  Theil  dieses  Pulvers  aus 
prismatischen  Krystallen.  Das  lange  Zeit  mit  Wasser  be- 
handelte Pulver  wurde  nun,  um  die  prismatischen  Krystalle 
zu  entfernen ,  in  verdünnte  Salzsäure  und  dann  auf  ein 
Filtrum  gebracht,  worauf  es  so  lange  mit  Wasser  ausge- 
waschen wurde ,  bis  das  Wasch wasser  kein  Chlor  mehr 
enthielt.  Von  dem  Rückstände  auf  dem  Filtrum  wurde  die 
qualitative  Analyse  gemacht,  wobei  Borsäure,  Magnesia, 
Sparen  von  Natron  und  nur  ganz  geringe  Mengen  von 
Chlor  gefunden  wurden,  welcher  Umstand  darauf  hindeu- 
tet, dafis  wenn  überhaupt  doch  nur  äufserst  wenig  Boracit 
gebildet  seyn  konnte*  Auf  dem  eingeschlagenen  Wege 
wurde  also  kein  günstiges  Resultat  erhalten. 

Deshalb  rieth  ich  Hrn.  Richter  eine  gröbere  Masse 
Lösungsmittel  in  Form  einer  geschmolzenen  Chloralkali- 
Verbindung  bei  einem  nächsten  Versuch  anzuwenden.  Zu 
dem  Ende  wurden  vier  Loth  gebrannte  Magnesia  in  Chlor- 
waaserstofbäure  gelöst  und  mit  einer  Lösung  von  sechzehn 
Loth  Chlorammonium  und  acht  und  zwanzig  Loth  Chlor- 
natrium gemischt.  Die  filtrirte  Flüssigkeit  wurde  zur  Trockne 
▼erdunstet  und  in  einem  Platintiegel  geschmolzen.  Die  er- 
starrte Masse  wurde  in  einem  gut  verschlieCsbaren  Glase 
aufbewahrt.  Ein  Theil  derselben  wurde  mit  wasserfreier 
Borsäure  gemischt  und  in  einem  Platiutiegel,  der  in  einen 
hessischen  gestellt  war,  geschmolzen.  Beim  Auslaugen  der 
geschmolzenen  Masse  mit  Wasser  hinterblieben  nur  prisma- 
tische Krystalle.  Solche  von  regulärer  Form  konnten  darin 
nicht  entdeckt  werden. 

Zu  einem  anderen  Versuch  wurden  200  Gmi.  des  Ge- 
mischs  von  Chlornatrium  und  Chlormagnesium  mit  5  Grm. 
der  Verbindung  von  Magnesia  und  Borsäure,  die  aus  einer 
kochenden  Mischung  von  schwefelsaurer  Magnesia  und  Bo- 
rax unter  Zusatz  von  kohlensaurem  Natron  bis  zu  nur 
schwach   saurer  Reaction   gefcllt   wird   ^&\e  as&i^ratRÄRto 


616 

Verbindung  enthielt  87  Pror.  Magnesia)  und  mit  10  Gnu. 
wasserfreier,  fein  gepulverter  Borsäure  gemischt  und  iu 
einem  Platintiegel  geschmolzen.  Die  sehr  allmählich  erkal- 
tete Schmelze  wurde  zerrieben  und  ein  Theil  mit  verdünn- 
ter kalter  Salzsäure  behandelt,  wobei  sich  nicht  Alles  auf- 
löste.  Es  blieben  viele  kleine,  leicht  durch  glänzende  Flä- 
chen erkennbare  Krystalle  zurück.  Unter  dem  Mikroskop 
betrachtet,  liefscn  sich  zwei  Arten  von  Kryslallcii  unter- 
scheiden. Die  eine  hatte  prismatische  Form,  während  die 
andere  dein  regulären  System  angehorte.  Namentlich  wur- 
den Octaeder  und  Tetraeder  erkannt.  Weitere  Versuche 
ergaben,  dafs  die  prismatischen  Krystalle  sich  langsam  in 
kaller  coucentrirter  Salzsäure  auflösten,  während  die  regu 
lären,  wenn  auch  etwas  angegriffen,  zurückbÜebeo.  Dieser 
Umstand  gab  ein  Mittel  an  die  Hand,  die  letzteren  von 
den  ersleren  zu  befreien.  Nach  mehrtägiger  Einwirkung 
der  Salzsäure  war  die  Scheidung  vollkommen,  wie  die  mi- 
kroskopische Untersuchung  nachwies 

Die  regulären  Krystalle  wurden  hierauf  so  lange  mit 
destillirtem  Wasser  ausgesüfst,  bis  das  Filtrat  frei  von  Chlor 
war.  Die  zuerst  an  der  Luft,  dann  bei  100°  C.  getrock- 
neten Krystalle  erleiden  bei  schwachem  Glühen  keinen  Ge- 
wichtsverlust. In  Masse  baben  sie  das  Ansehen  eines  feinen 
Pulvers.  Sie  erscheinen  wie  feiner  Sand.  Erhitzt  man  die- 
selben auf  einer  Glasplatte,  so  nimmt  das  Pulver  ein  grö- 
beres Ansehen  an.  Seine  Theilcben  hängen  sich  an  einan- 
der und  an  der  Glasplatte  fest,  so  dafs  sie  bei  vertiealer 
Lage  der  Glasplatte  sogar  daran  hängen  bleiben.  Reim  Er- 
kalten fallen  sie  dann  in  Klumpen  ab.  Eclatanter  ist  diese 
Erscheinung  auf  einem  Platinblcch,  namentlich,  wenn  man 
die  erhitzten  Krystalle  auf  ein  grofses,  kaltes  Platinblech 
schüttet.  Sie  scheinen  während  der  Erhitzung  gleichsam 
wie  befeuchtet  und  wie  wenn  sie  an  einander  klebten.  Fährt 
man  mit  einem  Glasstabe  durch  die  erkaltenden  Krystalle 
hindurch,  so  ballen  sie  sich  zu  beiden  Seiten  und  vor 
der  Spitze  des  Glasstabes  zusammen  und  lassen  sich  in 
Massen    fortschieben.     Nach    \Q\ltyem  Erkalten    ist    diese 


617 

Eigenschaft  verschwunden.  Diese  Erscheinung  ist  offenbar 
eine  Folge  der  durch  die  Wärme  hervorgebrachten  Pyro- 
Elelttriciüfct  der  Kry  stalle.  Sie  verhalten  sich  genau  so,  wie 
sich  bei  den  Versuchen  von  Brewster  l)  das  Pulver  des 
Turmalins  verhielt. 

Bei  der  qualitativen  Analyse  fand  sich  in  diesen  Kry- 
stallen  Magnesia,  Borsäure  und  Chlor.  Natron  war  nicht 
vorhanden.  Die  quantitative  Analyse  wurde  in  der  Weise 
ausgeführt,  dafs  das  schwach  geglühte  Pulver  mit  reinem 
trocknen  kohlensauren  Natron  geschmolzen,  die  Masse  in 
Wasser  aufgeweicht  und  dann  mit  salpetersaurem  Silber- 
oxyd und  Salpetersäure  versetzt  und  erhitzt  wurde.  Das 
Chlorsilber  wurde  daun  abfiltrirt  und  nach  Entfernung  des 
überschüssig  zugesetzten  Silbers  durch  Salzsäure  die  Magne- 
sia durch  Ammoniak  und  phosphorsaures  Natron  gefällt. 

Auf  diese  Weise  erhielt  Hr.  Richter  unter  Anwendung 
aller  notwendigen  Vorsichtsmafsregeln  folgende  Zahlen: 

I.  0,3085  Grm.  lieferten  0,1086  Grm.  Chlorsilber  und 
0^2641  Grm.  pyrophosphorsaure  Magnesia,  entsprechend 
0,02685  Grm.  oder  8,70  Proc.  Chlor  und  0,09517  Gnn.  oder 
30,85  Proc  Magnesia. 

II.  0,2345  Grm.  gaben  0,080  Grm.  Chlorsilber  und 
0,2013  Grm.  pyrophosphorsaure  Magnesia,  entsprechend 
0,01978  Grm.  oder  8,44  Proc.  Chlor  und  0,07254  Grm.  oder 
30,93  Proc.  Magnesia. 

Diese  regulären  Krystalle  besitzen  also  die  Zusammen- 
setzung des  Boracits,  wie  folgende  Tabelle  zeigt: 


T. 

II. 

berechnet. 

Chlormagne8ium  11,64 

11,29 

10,63 

€lMg 

Magnesia              25,95 

26,18 

26,86 

6MgO 

Borsfture              62,41 

62,53 

62,51 

8BO» 

ioo. 

100. 

100. 

Zwar  ist  die  Menge  des  gefundenen  Chlors  etwas  gröfser, 
als  die  Formel  verlangt,  die  der  Magnesia  aber  etwas  ge- 
ringer. Allein  vergleicht  mau  die  bei  den  Analysen  des 
natürlichen  Boracits  gefundenen  Zahlen  (siehe  die  oben  ci- 

1 )  Die»  Ann.  Bd.  2,  S.  303*. 


^ 


618 

litten  Arbeiten)  mit  den  für  seine  Zusammensetzung  nach 
der  Formel  berechneten,  so  findet  sich  durchgehend  dieselbe 
Differenz.  Au  der  Identität  der  erzeugten  Krjstalle  mit 
dem  Boracit  kann  daher  nicht  gezweifelt  werden,  worauf 
schon  ihre  physikalischen  Eigenschaften  hingedeutet  hatten. 

Um  die  Zusammensetzung  der  uadelförmigen  Krjstalle, 
die  zugleich  mit  den  regulären  sich  bilden  und  in  kalter 
concentrirter  Salzsaure  löslich  sind,  zu  ermitteln,  inachte 
Hr.  Richter  einen  neuen  Versuch  zur  Darstellung  dersel- 
ben. Von  jener  Mischung  von  Cblormangnesium  und  Chlor- 
ualrium ,  deren  Darstellung  oben  erwähnt  ist,  wurde  ein 
Theil  mit  einer  entsprechenden  Menge  gebräunter  Magnesia 
und  wasserfreier  Borsäure  in  dem  Verhältnifs  von  drei  Ato- 
men zu  vier  Atomen  gemischt,  wie  früher  zusammenge- 
schmolzen und  sehr  langsamer  Erkaltung  überlassen. 

Der  Schmelzkuchen  wurde  hierauf  lange  Zeit  mit  "Wasser 
in  Berührung  gelassen  und  dann  der  nicht  aufgelöste  Theil 
durch  Umrühren  und  Drücken  mit  einem  Glasstabe  zerklei- 
nert. Beim  Umrühren  erhielt  sich  ein  Theil  desselben  län- 
gere Zeit  aufgeseblämmt,  während  ein  anderer  sich  schnell 
zu  Boden  senkte.  Die  Untersuchung  zeigte,  dafs  in  jenen 
leichtern,  aufgeschlämmten  Tbeilc  vorzugsweise  die  uadel- 
fönnigeu  Krjstalle  enthalten  waren,  während  der  schwerere 
sich  schnell  zu  Boden  senkende  Theil  zumeist  aus  regulären 
Kristallen  bestand.  Dieser  Umstand  machte  eine  annähernde 
Trennung  beider  Theile  leicht  möglich.  Da  die  prismati- 
schen Krjstalle  wieder  aus  leichteren  und  schwereren  zu  be- 
stehen schienen,  so  versuchte  Hr.  Richter  auch  diese  nach 
Möglichkeit  zu  trenuen.  Den  schwereren,  regulären  Kristal- 
len waren  noch  immer  nadelfürmige  beigemengt.  Sie  wurden 
deshalb  wiederum  durch  Behandlung  mit  concentrirter  kalter 
Salzsäure  gereinigt. 

Zuerst  führte  Hr.  Richter  noch  eine  Analyse  des  von 
Neuem  dargestellten  Boracits  aus,  wandte  aber  die  Vorsicht 
an,  ihn  zuvor  in  einem  Agatmörser  aufs  Feinste  zu  schlKn- 
111  en,  um  das  innerhalb  der  Krjstalle  etwa  eingeschlossene 
ChlormagneBium  oaitcYi  NVäbAvwi  ™.V  Wasser  entfernen  n 


können.  Das  gewaschene  Pulver  wurde  dann  in  derselben 
Weise,  wie  früher  die  Krystalle,  aualysirl  wobei  folgende 
ihlen  erhalten  wurden. 
0,675  Gnu.  derselben  lieferten  0,2273  Gnn.  Chlorsilber, 
d.  I,  0,0562  Grm.  oder  8,33  Proe.  Chlor.  Aus  0,148  Gnn. 
derselben  wurden  0,1277  Gnn.  pyrophosphorsaurc  Magne- 
sia, entsprechend  0,04602  Gnu.  oder  31,10  l'roc.  Magnesia, 
erhalt  eu. 

Hieraus  folgt  folgende  Zusammensetzung  des  künstlichen 
Boracits: 

Chloruiaguesuiui     11,14  10,63 

Magnesia  26,41  26,86 

Borsäure  62,45  62,51 

tun.  100, 

Diese  Resultate  lehren,  dafs  wirklich  die  Zusammensetzung 
des  geschlämmten  Pulvers  der  Rechnung  näher  kommt,  als 
die  des  nicht  geschlämmten.  Es  scheint  daher  wirklich  eine 
Beimengung  von  Chlormagnesium  die  Ursache  davon  zu 
seyn,  dafs  der  Chlurgehalt  bei  allen  Analysen  des  Boracits 
zu  grols  bestimmt  worden  ist. 

Bei  der  qualitativen  Prüfung  des  leichtern,  prismalisch 
kristallinischen  Pulvers,  welches  vou  dem  Boracit  abge- 
schlämmt worden  war,  fand  sich,  dafs  beide  abgeschlämmte 
Portionen,  das  leichtere  wie  das  schwerere,  neben  Magnesia 
Borsäure  und  sehr  geringe  Spuren  von  Natron  noch  Chlor 
enthielten,  jenes  aber  weniger  als  dieses.  Da  ich  den  Chlor- 
gehalt desselben  auf  Rechnung  des  darin  enthaltenen  Boracits 
schreiben  zu  dürfen  glaubte,  so  hoffte  ich  durch  Abrechnen 
einer  solchen  Menge  Boracit,  als  dem  gefundenen  Chlor  ent- 
spricht, von  der  augewendeten  Menge,  und  einer  solchen 
Menge  Magnesia,  als  dieser  Boracit  enthält,  von  der  gefun- 
denen Menge  Magnesia  die  Zusammensetzung  des  damit  ge- 
mengten Pulvers  ermitteln  zu  können.  Deshalb  veraulafste 
ich  Hrn.  Richter  auch  von  diesen  Substanzen  in  derselben 
Weise,  wie  von  dem  Boracit,  quaulUaYwe  Mw\^¥ä.w  wjssi 
führen,    Verselbe  erhielt  folgende  WeBuUate: 


) 


«20 

0,687  Grm.  des  leichtern  der  beiden  Pulver  lieferten 
0,(1079  Grm.  Chlorsilber  und  0,941  Grm.  pyrophosphorsaure 
Magnesia,  entsprechend  0,00195  Grm.  oder  0,28  Proc.  Cbloi 
und  0,31018  Grm.  oder  49,52  Proc.  Magnesia.  0,28  Proc. 
Chlor  entsprechen  3,5*2  Proc  Itoracit,  woraus  1,10  Prot 
Magnesia  erhalten  werden.  Es  bleiben  also  für  96,1H  Theilc 
der  borsaureu  Magnesia  48,92  Titeil c  Magnesia,  die  also  mit 
48,06  Theilen  Borsäure  verbunden  sind.  Hiernach  bestehen 
100  Tbeile  dieser  Verbindung,  wie  sie  iu  «lern  leichtesten 
der  abgeschlämmten   Pulver  enthalten  isl,  aus 

Magnesia     50,19         50,07         7  Mg  O 
Borsaure    49,81        49,93        4BO» 
100.  100. 

0,3632  Gnn  des  schwereren,  abgeschlämmten  Pulvers 
gaben  0,0085  Grm.  Chlorsilber  und  0,115  Grm,  pyrophos 
phorsaiiri!-  Magnesia,  entsprechend  0,0021  Grm.  oder  O.rW 
Proc.  Chlor  und  0,1195  Grm.  oder  41,16  Proc.  Magnesia 
In  derselben  Weise,  wie  bei  dem  vorhergehenden  Versuch 
berechnet  sich  die  Zusammensetzung  des  dem  Boracit  bei 
gemengten  Pulvers  in  Procenlen  zu 

Magnesia     41,93         41,74         5MgO 
Borsäure     58,07         58,26         4B03  I 

100.  TÖÖ  ! 

Diese  Resultate  lehren,  dafs  die  prismatisch  krystallisirle 
Substanz  noch  ein  Gemenge  von  miudestetis  zwei  Verbin- 
dungen ist,  welche  durch  das  Schlämmen  natürlich  nicht 
vollkommen  von  einander  geschieden  werden  können.  Ich 
vermuthe,  dafs  sie  aus  den  Verbindungen  BOa*4*MgO  und  I 
BO'+2MgO  besteht,  von  denen  erstere  in  dem  gröberen, 
letztere  iu  dem  feineren  Pulver  vorwaltet. 

Der  Umstand,  dafs,  ungeachtet  die  Menge  der  Magnesia 
und  der  Borsäure,  welche  bei  den  beschriebenen  Versuchen  | 
mit  dem  Gemenge  von  Chloruatriuu)  und  Chlormagnesiuii 
geschmolzen  wurde,  dem  Aequivalentverhältnifs  jener  beider 
Körper,  in  weichen  Ae  »'taitit  enthalten  sind,  angepabl 
war,     doch   sleAfi   V«\&,&&'os$j»  ^s-vwKotsv  «eAatanAKa,  äit 


621 

mehr  Magnesia  enthalten,  als  im  Boracit  enthalten  ist,  führte 
mich  zu  der  Ansicht,  es  möchte  die  Bildung  von  Magnesia 
aus  Chlormagnesium  unter  dem  Eiuflufs  der  Feuchtigkeit 
der  Luft  während  des  Schmelzens  die  Ursache  hiervon  seyn. 
Die  Bildung  des  Boracits  wird  natürlich  dadurch  beeinträch- 
tigt. Deshalb  veranlafste  ich  Hrn.  Richter  noch  einen 
Versuch  wie  die  früheren  auszuführen,  das  Mengenverhält- 
nis zwischen  Borsäure  und  Magnesia  aber  so  zu  wählen, 
dafs  von  letzterer  nur  die  Hälfte  von  der  Menge  in  An- 
wendung kam,  welche  mit  dem  Borsäurequantum  die  Ver- 
bindung gegeben  haben  würde,  die  im  Boracit  enthalten  ist« 
Das  Resultat  war,  dafs  nun  in  der  That  eine  weit  kleinere 
Menge  der  prismatischen  Krystalle  gebildet  worden  war. 
Der  erzeugte  Boracit  aber  war  bedeutend  undeutlicher 
krjstallisirt,  so  dafs  man  unter  dem  Mikroskop  selten  Kry- 
stalle fand,  die  als  Boracitkrystalle  deutlich  erkannt  werden 
konnten. 

Wenn  nun  aus  den  vorstehenden  Versuchen  hervorgeht, 
dafs  der  Boracit  auf  feurigem  Wege  bei  Abwesenheit  von 
Wasser  leicht  künstlich  dargestellt  werden  kann,  während 
die  Versuche,  ihn  auf  nassem  Wege  zu  erzeugen,  sämmtlich 
mißlangen,  so  darf  darauf  keineswegs  der  Schlufs  gebaut 
werden,  dafs  er  nur  auf  trocknem  Wege  entstehen  könne. 
Denn  es  könnten  möglicher  Weise  nur  die  Umstände,  unter 
denen  er  sich  auf  nassem  Wege  bildet,  bei  den  erwähnten 
Versuchen  nicht  eingehalten  worden  seyn.  Hält  man  aber 
die  obigen  Resultate  mit  der  Beobachtung  von  Potyka  zu- 
sammen, wonach  der  Boracit,  wenn  er  lange  an  der  Luft 
liegt,  allmählich  Wasser  aufnimmt  und  in  Stasfurtit  übergeht, 
so  dürfte  wohl  in  Betreff  der  Bildung  des  natürlichen  Bo- 
racits die  Frage  aufgeworfen  werden  können,  ob  nicht  der 
Gyps,  in  welchem  man  ihn  eingelagert  findet,  natürlich  auf 
nassem  Wege,  aber  erst  nach  der  Bildung  des  Boracits  auf 
feurigem  Wege  entstanden  seyn  könnte.  Ich  überlasse  es 
den  Fachmännern,  diese  nicht  uninteressante  geognostische 
Frage  zur  Entscheidung  zu  bringen. 


622 

VIII.    lieber  die  Zusammensetzung  des  Harmotoms 

und  Phillipsits  (Baryt-  und  Kalk- Harmotoms'); 

pon  C.  Rammelsberg. 

v/bwohl  noch  immer  Hiebt  entschieden  ist,  ob  die  Formen 
dieser  beiden  Mineralien  dem  zweigliedrigen  (rhombischen) 
oder  dem  vicrgliedrigen  (quadratischen,  tetragonalen)  System 
angehören,  und  Naumann  noch  kürzlich  ')  darauf  hinge- 
wiesen hat,  dafs  ihre  bekannten  Zwillinge  aus  einer  beson- 
deren Art  vierglicdriger  HHlflfläcbucr  entstanden  seyn  dürf- 
ten, wobei  sich  die  Vierkantner  in  Rhombenoctaeder  ver- 
wandeln  (daher  rhombotype  Hemiedrie  von  Naumann  ge- 
nannt), so  bieten  sie  doch  in  jedem  Fall  ein  schönes  Bei- 
spiel von  Isomorphie  in  der  Gruppe  der  Zeoliihe  dar.  Allein 
schon  Köhler  hat  in  seiner  ausführliche»  Arbeit  *)  vor 
2-1  Jahren  nachgewiesen,  dafs  die  alteren  Analysen  keine 
analoge  Zusammensetzung  für  beide  anzunehmen  gestatten. 
Er  sah  sich  gerade  deswegen  zu  einer  Wiederholung  der- 
selben veranlafsl,  gelangte  aber  auch  zu  dein  Resultat,  dafs 
ihre  Zusammensetzung  eine  verschiedene  sey. 

Für  den  Pkitlipsit  von  Marburg  und  Kassel  uabm  er 
den  Sauerstoff  von 

R:ÄhSi:H  =  1:4:10;  6 
=  ~:    2:1} 
au;  für  den  Barmotom  hingegen  glaubte  er  aus  seinen  Ana- 
lysen (Andreasberg,  Oberstein,  Strontian)  das  Verhältnis 
R;Al:Si:H=  1:3^:11    :6 
=  ™:    2$:U 
ableiten  zu  müssen. 

Zugleich  machte  Köhler  darauf  aufmerksam,  dafs  der 
Harmotom  hiernach  als  eine  Verbindung  von  Phillipsit  und 
einem  Desmin  angesehen  werden  könne,  welcher  Baryt  statt 

1)  Di«c  Ann.  Bd.  96,  S80. 

2)  Ehend«.  Bd.  31,  S.  5ft\. 


823 

Kalk  enthalte,  um  so  wehr,  als  die  Krystallform  des  Desmins 
unverkennbare  Beziehungen  tu  der  des  Phillipsits  und  Har- 
motoms  zeige. 

Das  Saueretoffverhältnifß  l:3i  zwischen  den  Monoxyden 
und  der  Thonerde  ist  aber  ein  so  ungewöhnliches,  dafs  es 
nicht  ohne  Prüfung  angenommen  werden  darf.  Berechnen 
wir  deshalb  die  älteren  Analysen  des  Hartnot om$f  so  wie 

die  späteren  von  Damour  und  Kerl,  und  zwar  unter  der 

•  •  •  • 

doppelten  Annahme:  Si«  =  51,9  Proc  und  Si*  =  53,3  Proc* 
Sauerstoff  so  erhalten  wir  folgende  Sauerstoffrerhältnissc: 

•       •••  ••••  ••  •• 

R :  AI  R,  AI  :  Si.  S» 


1.  Andreasberg  a.  Köhler     1 : 3,33  = 

=  0,90:3 

1:2,37 

2,43 

(.Derselbe     2,67 

1,12 

2^0 

2,36 

c.  Kerl             3,09 

0,97 

2,43 

2,50 

2.  Oberstein         Köhler        3,34 

0,90 

2,41 

2,48 

3.  Strontian      a.  Connel        2,7  7 

1,08 

2,52 

2,58 

b.  Köhler         3,06 

0,98 

2,35 

2,42 

c.  Damour       2,95 

1,01 

2,48 

2,54 

d.  Derselbe     3,12 

0,96 

2,40 

2,45 

Mittel    1:3,04  = 

=  0,99:3 

1:2,4 

2,47 

•  •  *        •  • 

AI:  Si. 

•  • 

Si. 

H:   Si. 

•  • 

Si» 

1 .  Andreasberg  a.  Köhler    1 : 3,07 

3,17 

1:1,80 

1,90 

b.  Derselbe     3,17 

3,23 

1,80 

1,83 

c.  Kerl            3,23 

3,30 

1,61 

1,65 

2.  Oberstem         Köhler        3,13 

3,23 

1,80 

1,90 

3.  Strontian      a.  Connel       3,43 

3,50 

1,84 

1,88 

b.  Köhler         3,13 

3/20 

1,80 

1,90 

c.  Damour      3,30 

3,40 

2,10 

2,17 

«{.Derselbe     3,13 

3,23 

1,96 

2,00 

Mittel    1:3,2 

3,28 

1:1,84 

1,9 

Das  Mittel  der  Analysen  ergiebt   also  den  Sauerstoff 
der  Thonerde   dreimal  so   grofe   als  den  der  Monoxyde. 
Aber  der  Sauerstott  der  Säure  ist  YAdfetem  ta&  l^tatab 
von  dem  der  Basen,  in  welchem  FaU  xwiwätowfc  ^nc  ^W&r 


624 

erde  imil  Kieselsäure  das  Vcrhällnifs  1  i  ~3±  herrschen  mufs. 
Endlich  enthüll  das  Wasser  offenbar  halb  so  viel  Sauer- 
stoff als  die  Säure.  Es  ergebt  sich  mithin  für  den  Harmo- 
lan  mit  profser  Wahrscheinlichkeit  die  SancrstoffproriorliuD 

R:Äi:Si:H  =  l:3:10:5. 
Schon  vor  langer  Zeit  hatte  ich  einige  Versuche  mit  dem 
Harmotuui  von  Andrcasbcrg  angestellt  '),  ohne  jedoch  das 
Alkali  zu  bestiinmcu.  Ich  habe  deshalb  jetzt  sorgfältig  aus- 
gesuchte Krystalle  dieser  Localitäl,  die  von  Kalkspath  durch 
schwache  Säure  befreit  waren,  so  wie  die  grofsen  Krystalle 
von  Strontian  von  neuem  untersucht,  und  erhalten: 


AncliM.btr* 

Slronti», 

Smcntuff 

SMMrf 

Kieselsäure     48,49    25,16  (25,84) 

47,52 

21,66  (25,321 

Thonerdc       16,35       7,63 

16,94 

7,91 

Baryt             20,08       2,098 

211,25 

2,12 

Kali                  2,07       0,352 

1,00 

0,45 

Natron            Spur 

1,09 

Wasser          13,00     11,56 

13,45 

11,96 

"  99,99 

100,25 

Hier  ist  der  Sauerstoff: 

H  :  AI                                 B 

AI:   Si. 

si. 

1.      1:3,1     =0,96:3 

1  : 2,50 

2,56 

2.          3,08  =  0,98 :  3 

2,31 

2,40 

Äi:    si.          si, 

Ü  :  Si. 

si. 

1.  1:3,30       3,39 

2.  3,12       3,20 

1:2,18 

2,23 

2,06 

2,12. 

(RSi* 
I)  Dwidwörlfrbucl.,  \,  Ml. 


-AISis)  +  5aq 


Diese  Versuche  bestätigen  das  oben  angeführte  Säuerst  off- 
verhältnife  1:3:  10:5,  wonach  man  den  Harmotom  durch 
die  Formel 


625 

kann,  in  welcher  das  erste  Glied  ein  Quadrisi- 
likat,  das  zweite  ein  Bisilikat  ist.  Obwohl  aber  eine  solche 
Formel  den  Vorzug  der  Kürze  hat,  und  mit  einem  Blick 
die  8töchiometrische  Zusammensetzung  des  Minerals  über- 
sehen läfst,  drückt  sie  doch  schwerlich  die  Constitution  der 
Verbindung  aus.  Um  die  willkürliche  Vertheilung  der  Säure 
unter  die  Basen  zu  vermeiden,  scheint  es  angemessen,  in 
Doppelsilikaten   nur  gleiche  Sättigungsstufen   anzunehmen. 

Dann  besteht  der  Harmotom  aus  1  At  R4Si\  3  At.  Äl'Si1* 
and  20  At.  Wasser.  Will  man  aber  diese  Silikate  nicht  als 
selbstständige  gelten  lassen,  so  mag  man  sie  entweder  in 

RSi'-f-3RSi  und  AlSi*-f-3ÄiSi3 
oder  in 

R'Si»-|-2RSi  und  ÄiaSi*+2ÄiSi3 
auflösen,  so  dafs  das  Ganze  entweder 

(RSia-f-ÄiSi3)+3(RSi-f-AlSi3) 
oder 

(RftSi8+AlaSi9)-f-2(RSi-f-ÄISi3)  ist. 
Was  nun  den  Phittipsit  (Kalkharmotom)  betrifft,  so  zer- 
fallen die  unter  diesem  Namen  untersuchten  Substanzen  in 
zwei  Abtheilungen:  A)  solche,  die  7  Proc.  Kalk  und  4  bis 
6Proc.  Kali  enthalten,  und  B)  solche,  die  3  bis  5  Proc. 
Kalk,  4  bis  6  Proc.  Kali  und  4  bis  6  Proc  Natron  ent- 
halten. 

Sauerstoff. 

R :  AI  R,  AI :  Si.  Si» 

A.  1.  Giefseu.  Wernekink   1 : 3,33  =  0,90 : 3     1 : 2,05      2, 1 0 

2.  Marburg  c.  L.Gmelin     3,45      0,87  1,88       1,90 

b.  Köhler  4,00  0,75  2,06  2,10 

c.  Genth  3,03  0,99  1,94  1,96 

3.  Kassel           Köhler  4,00  0,75  1,84  1,90 

4.  Island       a.  Daniour  2,97  1,01  1,83  1,90 

6.  Derselbe      3,27      0,92  1,83       1,90 

B.\.  Irland  Connel        3,11      0,96  1,85       1,90 

2.Sicilien»)S.v.Waltersh.3,47      0,87  1,98      2,00 

3.Sicilien')    Derselbe       3,03      0,99  2,04      2,10 

1)  Pabgonn.         8)  Aci  Castello. 

Poggeador/Tt  Aoatl.  Bd.  CX.  ^* 


A. 

: 

eil 


l.Giersen.  Weniekink 

1:2,7  = 

=  2,72 

1 : 1.65 

1,70 

"2.  Marburg  a.  L.Ginelin 

2,4 

2,5 

1,66 

1.7(1 

b.  Köhler 

2,6 

2,64 

1,76 

1.80 

c.   Genlh 

2,6 

2,61 

1,73 

1,74 

3.  Kassel            Köhler 

2,3 

2.36 

1.60 

1,65 

1.  Island       o.  ßamour 

2,1 

2,5 

131 

1,86 

b.  Derselbe 

2,4 

2,45 

1.80 

1.84 

1.  Irland            C.onncl 

2,1 

3,48 

1.65 

1.67 

2.Sicilien  S.  v.  Waltersh. 

2,6 

2,62 

1,94 

1,99 

3.Sicilien     Derselbe 

2,7 

2,80 

1,92 

14>7 

Der  Sauerstoff  von  R  i  AI  ist  in  fünf  Füllen  nahe  =1:3, 
einmal  =  I  :  3J-,  zweimal  nahe  1  :  3i,  zweimal  =1:4. 
Aber  der  Sauerstoff  der  Basen  und  der  Säure  ist  utattei- 
felhaft  =  l:'2.  Zwischen  Thonerdc  und  Säure  herrscht  im 
Millcl  das  Verhältnifs  1:2,51—2,56,  also  1:2!,,  die  Aua 
lysen  A.  I,  2  l>,  2  c,  B  2  und  3  deuten  aber  vielmehr  auf 
1:2^,  wie  es  sovu  inufs,  wenn  R:AI  =  1:3  ist.  Endlich 
ist  der  Sauerstoff  des  Wassers  und  der  Säure  im  Mittel 
=  1  : 1,8,  mehrfach  aber  nur  =  1  :  1,6  =  5  : 8. 

Wir  sehen  also,  dafs  der  l'hillipsit  noch  Zweifel  übrig 
läfsl,  welche  durch  genaue  Analysen  beseitigt  werden  müssen. 
Aber  die  Mehrzahl  der  vorhandenen  spricht  für  das  Ver- 
hältnifs  1:3:8:5,  welches  die  Formel 

(RSi  +  ÄiSi3)  +  5aq 
ausdrückt. 

Da  auch  Kühlers  Versuche  die  Bisilikalmischung  des 
Ganzen  ergeben,  so  mufs,  wenn  R:  AI  =1:4,  der  Sauer- 
stoff AI : Si  =  1 : 2 ^  seyn.  Da  letztere  Proportion  in  2b 
=  1:2,6,  in  3  aber  1:2,3  ist,  so  sieht  man,  dafs  die» 
Analysen  keine  Bürgschaft  für  die  angenommene  Propor- 
tion 1:4:10:6  gebeu,  welche  die  beiden  Silikate  in  den 
Verhältnifs  von  3:  4  Atomen,  sowie  18  At.  Wasser  liefert      i 

Auch  der  Gümondtn  \%\  «&&  d«  Form  nach  den  beiden 


627 

erwähnten  jedenfalls  sehr  nahestehender  Zeolith.  Die  ein- 
zige von  Marignac  herrührende  Analyse  setzt  leider  seine 
Zusammensetzung  ebenfalls  nicht  ganz  aufser  Zweifel,  denn 

•  •  • «        •  •  • 

nach  ihr  ist  der  Sauerstoff  von  R :  AI :  Si :  H  =  1 : 3 :  4,4 : 4,4, 
also  nahe  =  l:3:4j-:4^,  oder  ein  Hydrat  der  Nephelin- 
mischung.  Man  kann  daher  höchstens  vermuthen,  der  Gis- 
mondin  möchte  1:3:4:4  haben,  und  mufs  auch  hier  die 
Entscheidung  weiteren  Versuchen  überlassen. 

So  viel  steht  jedoch  fest,  dafs  die  genannten  unter  den 
Zeolithen  eine  durch  Aehnlichkeit  der  Krystallform  ausge- 
zeichnete isomorphe  Gruppe  bilden,  deren  Glieder  stöchio- 
metrisch  verschieden  sind. 


R 

:   A\ 

:    Si    : 

H 

Gismondin 

1 

:    3 

:    4    : 

4 

oder 

1 

:    3 

:    4£: 

U 

Phillipsit 

1 

:    3 

:    8    : 

5') 

Harmotom 

1 

:    3 

:  10    : 

5. 

Eine  ähnliche  Gruppe  sechsgliedrig  krystallisirter  Zeo- 
lithe,  deren  Isomorphie  jedoch  noch  nicht  für  alle  feststeht, 

bilden: 

Gmelinit  1  -       ft 

Chabasitz-Th.}1    s    *    :    ö    :    ° 
Chabasitz.Th.    1    :    3    :    93):    6 
Gehört  auch  der  Herschelit  hierher?   Und  wie  verhält 
er  sich  zum  Gmelinit? 

1)  Der  sechsgliedrige  Herschelit  hat  dieselbe  Zasammensetsang;  in   ihm 
ist  Natron  anter  den  Monoxyden  herrschend. 

2)  Wahrscheinlich  richtiger  es  10. 


4»* 


VI 


IX.     Mitlheilungen  aus  dem  Laboratorium  von 
R.  Schneider. 


XScrzelius ')  hat  angegeben,  dafs  man  <lurch  Zusammen 
bringen  von  Quecksilbern \yd  mit  Fluorwasserstoffsäure 
Quccksilbcrfluurid  als  ein  licht-ornngcgclbcs  Pulver  erhalt 
und  beim  Eindampfen  einer  II  uur  wasserst  oifsaurcu  Aul  losun; 
desselben  als  dunkelgelbc  Pristneu.  Analytische  Beweise  für 
die  Richtigkeit  dieser  Angaben  sind  indefs  von  Bcrzcliu.« 
nicht  beigebracht  worden. 

Im  Folgende!)  soll  gezeigt  werdeu,  dafs  das,  was  Ber 
zelius  für  Quccksilberlluorid  hielt,  nicht  solches  war,  son- 
dern wasserhaltiges  Quecksilbernxyfluorid. 

"Wird  frisch  gefülltes  und  vollständig  ausgewaschenes 
Quecksilberoxyd  iu  Fluorwasserstoffsäure  eingetragen,  so 
lösen  sich  die  ersten  Portionen  unter  Erwärmung  vollständig 
auf;  bei  fernerem  Eintragen  findet  keine  Lösung  mehr  statt, 
aber  das  Quecksilberoxyd  verwandelt  sich  ziemlich  schnell 
in  ein  hellgelbes,  kryslallinischcs  Pulver.  Man  fährt  in 1 1 
dein  Eintragen  nur  so  lange  fort,  als  diese  Verwandlung 
schnell  stattfindet  uud  vermeidet  sorgfältig  einen  Debersclrafr 
an  Quecksilberoxyd. 

Das  gelbe  krystalliutsche  Pulver,  nachdem  es  von  der 
Flüssigkeit  abfilirirt,  zwischen  Fliefspapicr  stark  abgeprefst 
und  über  Schwefelsäure  und  Kalk  getrocknet  worden  ist, 
hat  die  Zusammensetzung  des  Quecksilberoxylluorids,  wie 
folgende  Analysen  ')  zeigen: 

1)  1,068   Grm.    gaben    1,054    Gnn.   Schwefeln  iiecksilbcr 

1)  Di«K  Ano.  11,1    I,  S.  35. 

2)  Di«  Qufckjllbtr-    und  Fliiorbcihmranngm  und  u,  «uigeffibn ,   «»  ,. 
in    meinet    fr.", lern     Mitdicilunc     iilwr    da.    QurrUilbtrfli.oi  ,ir    angrf 


^ 


629 

und  0,173  Grm.  Fluorcalcium,  resp.  0,304  Grm.  schwe- 
felsaure Kalkerdo  {entsprechend  0,174  Gnn.  Ca  Fl). 
2)   1,121   Gnn.  gaben    1,107   Gnn.   Schwefelquecksilber 
und  0,179  Grin.  Fluorcalcium,  resp.  0,309  Grm.  schwe- 
felsaure Kalkerdc  (eut sprechend  0,177  Grui.  CaFl). 
13)  0,912  Gnn.  im  Gemenge  mit  einem  Ueberschufs  von 
frisch  ausgeglühtem  und  fein  gepulvertem  Bleioxyd  in 
ein  enghalsiges  Glaskölbchen  eingeschlossen,  verloren 
beim  Erhilzeu  im  Sandbadc  auf  nahe  200"  0,031  Gnn. 
Wasser. 
4)  0,590  Grm.,  auf  dieselbe  Weise  bebandelt,  verloren 
0,018  Grm.  Wasser. 
Da  die   untersuchte   Substanz  ihrem   ganzen   Verhalten 
nach  zu  den  Quecksilberosydvcrbuidungcn  gehört  und  da  sie, 
wie  aus  Analyse  1  und  2  folgt,  auf  2  Aequiv.  Quecksilber 
nur  1  Aequiv,  Fluor  enthält,  so  mufs  sie  als  wasserhaltiges 
Oxtjfluorid  bezeichnet  werden.    In  der  Thal  befinden  sich  die 
Ergebnisse  der  Analysen  mit  der  Formel  Hg  Fl,  HgO+HO 
in  genügender  Ucbcrcinstimmung 

Gefunden:     ^^__^ 

BrahMi         ""L      "TT         111.'"  "^IV^    MiittlT 
2Hg  =  200     84,75Proc.     85,08  85,13     —      —   85,10 
7,90     7,78     —      —     7,84 


2H,= 

MO 

81,75  Pi 

Fl  = 

19 

8,05    i 

o= 

8 

3,3»    < 

HO  = 

9 

3,81    . 

_        _     3,40  3,02     3,21 
236  100,00. 

Dieselbe  Zusammensetzung  haben  die  orangegelben  Kry- 
stalle,  die  beim  langsamen  Abdampfen  einer  tluorwasscrsloff- 
sauren  Auflösung  von  Quecksilberosyd  erhalten  werden. 
Die  Form  dieser  Krystalle  bat  sich,  da  sie  gewöhnlich  ab- 
gerundete Flachen  zeigen,  nicht  deutlich  erkennen  lassen. 
Sic  geben  zerrieben  ein  bellgelbes  Pulver. 

1)  1,104  derselben  (bei  00  bis  80°  angeschossen)  gaben 
1,084  Grm.  Schwcfclquccksilber  und  0,177  Gnn.  Fluor- 
calcium, resp.  0,308  Grm.  CaO,  SOa. 

2)  0,613  Grm.  derselben  Krystalle  verloren  (.1,021  G.«&, 
Wuter, 


630 

3)  0.B22  Gnu.  (bei  20°  C.  angeschossen )  gaben  0,301 
Gnu.  Schwefelquecksilber  und  0,133  Gnu.  Fluorcal- 
ciuin,  resp.  0,235  Gnu.  CaO,  SO,  (entsprechend  0,  135 
Gnu,  Ca  Fl). 

4)  0,787  Gnu.  verlöret)  0,032  Gnu.  Wasser. 

Berechnet  nach  Gefunden         ^^^__^ 

UfFt,HcO+UO        ~~T  II.  ~       llll  IV.        Uia^T 

84,75Proc.  Hg  84,65  —  84,00  —  84,32 
8,05  »  Fl  7,81  —  7,88  —  7,85 
3,39    -     O  _____ 

3,81     -     HO       -       3,43       —      4,07      3,75 

100,00. 

Das  Quecksilberoxyfluorid  wird  durch  Wasser,  selbst  in 
der  Kälte,  so  gut  nie  vollständig  zersetzt.  Dabei  nimmt 
es  anfangs  eine  orangerolhe,  später  wieder  eine  gelbe  Farbe 
an.  In  der  Lösung  ist  aufser  Fluorwasserstoffsäure  etwas 
Quecksilberoxyd  eutbalteu,  der  Rückstand  bcstebt  aus  fast 
reinem  Quecksilberoxyd.  Ein  solcher  zeigte  bei  der  Ana- 
lyse einen  Gehalt  von  £  Proc.  Fluor  und  92,17  Proc.  Queck- 
silber. Die  Formel  des  Quecksilberoxydes  verlangt  92.59 
Proc,  Quek  silber. 

Bei  einer  Temperatur  von  100 "  erfährt  das  Quecksilber 
oiyfluorid  keine  Veränderung.  Bei  höherer  Temperatur 
färbt  es  sich  dunkler  und  giebt  Wasser  ab,  welches  Glas 
angreift;  endlich  schmilzt  es  und  wird  unter  Ausscheidung 
von  metallischem  Quecksilber  vollständig  zersetzt 

Fremy  ')  bat  angegeben,  beim  langsamen  Verdunsten 
einer  Auflösung  von  Quecksilberoxyd  in  concentrirter  Fluor- 
wasserstoffsäure Quecksilberfluorid  in  langen  farblosen  Na- 
deln erhalten  zu  haben.  Diese  enthielten  nach  ihm  Kry- 
stallwasser  und  zersetzten  sich  unter  dem  Einflufs  des  Lichts 
in  ein  basisches  Salz  und  Fluor wassertoffsäure.  Die  Resul- 
tate seiner  Analysen  hat  Fremy  wegen  mangelnder  Ueber- 
einstimmung  derselben  nicht  mitgetheilt. 

Die  Darstellung  dieser  von  Fremy  erwähnten  Kryslalle 
ist  mir  trotz  wiederholter  Versuche  nicht  gelungen.  Dage- 
1)  Annai.  dt  chim.  <t  phyt.  T.  XLf/I.  38. 


631 

gen  habe  ich  dos  Quecksilberfluorid  auf  andere  Weise  er. 
ballen. 

Trägt  man  in  einen  grofsen  Ueberschufs  von  Fluorwas- 
serstoffsäure (mit  etwa  50  Proc.  reinem  Fluorwasserstoff) 
trocknes  Quecksilberoxyd  ein,  so  wird  diefs  in  eine  zusam- 
menhängende, ziemlich  feste  weifse  Masse  verwandelt.  Diese 
ist  wasserhaltiges  Quecksilbertluorid.  Dasselbe  enthält  in- 
defs,  nach  dieser  Methode  dargestellt,  leicht  kleine  Mengen 
von  Quecksilberoxyd  eingeschlossen.  Sicherer  erhält  man 
die  Verbindung  rein,  wenn  man  feuchtes  Quecksilberoxyd 
durch  Fluorwasserstoffsäure  zunächst  in  0\ \  Ihiurtil  über- 
führt, die  Flüssigkeit  von  diesem  abgiefst  und  durch  Fluor- 
wasserstoffsäure ersetzt.  Nach  mehrmaliger  Wiederholung 
dieser  Operation  verwandelt  sich  das  gelbe  Oxyfluorid  unter 
Wärm cen twickclung  und  Aufnahme  der  überstehenden  Flüs- 
sigkeit fast  plötzlich  in  eine  weifse,  zusammenhängende,  kry- 
stallinische  Masse  von  wasserhaltigem  Quecksilberfluorid. 

Die  Analyse  der  Verbindung  ergab  Folgendes: 

1 )  1,090  Grat,  gaben  0,921  Gnu.  Schwefelquecksilber  und 
0,301  Gnu.  Fluorcalcium,  resp.  0,527  Grm.  schwefel- 
saure Kalkerde  (entsprechend  0,302  Grm.  Ca  Fl). 

2)  0,995  Grm.  verloren  beim  Trocknen  über  Schwefel- 
säure und  Kalk  0,121   Grm.  Wasser. 

3)  1,024  Grm.  (einer  anderen  Darstellung)  gaben  0,601 
Grm.  Schwefelquecksilber  und  0,269  Grm.  Fluorcal- 
cium,  resp.  0,476  Grm.  schwefelsaure  Kalkerde  (ent- 
sprechend 0,273  Grm.  Ca  Fl). 

Aus  diesen  Dateu  leitet  sich  die  Formel  HgFI  +  2HO 
ab,  wie  folgende  Zusammenstellung  zeigt: 

Qrfndwg 
Berechne!:  T  itl.  l£       Wlllrl: 

Hg     =100     72,99  Proc  72,84      —     72,48  72,66 
Fl       =   19     13,87     .       13,45      —     12,80  13,13 
2HO=   18     13,14    -         —     12,16     —     12,16 
237   100,00  97,95. 

Das  Quecksilberfluorid  läfst  sich  durch  Tempcraturer- 
böbiing  nicht  entwässern:   schon  bei  ^>vV  C.  ft'cA'wevSoX  xsi*- 


632 

dem  Walser  Fluorwasserstoffsäure  unter  Hinterlassung  von 
C>\  vJluoi  id.  In  trockener  Luft,  auch  bei  Zutritt  des  Lichts, 
scheint  es  sich  nicht  zu  verändern.  Gegen  Wasser  verhält 
es  eich  wie  das  Oxyfluorid  (s.  oben). 

Man  wird  bemerken,  dafs  durch  ihr  ganzes  Verhalten 
gegen  Quecksilberoxyd  die  Flufssäure  mehr  an  eine  Sauer- 
stoff- als  au  eine  Wasserstoff saure  erinnert  Der  sehr 
merkwürdige  Umstand,  dafs  sie  Goldoiyd  nicht  auflöst,  bal 
schon  früher  Fremy  zu  ähnlichen  Betrachtungen  Veranlas 
sang  gegeben. 

Versetzt  man  eine  fluorwasserstoffsaurc  Auflösung  vou 
Quecksilberlluorid  mit  Ammoniak  im  geringen  Ueberschuls, 
so  scheidet  sieb  bei  gewöhnlicher  Temperatur  erst  nacb 
einiger  Zeit,  beim  Erwärmen  sofort  eine  weifse  gallertartige 
Masse  aus,  die  beim  Auswaschen,  ohne  Zersetzung  zu  er- 
fahren,  ihre  gallertartige  Beschaffenheit  verliert  und  nach 
dem  Trocknen  (über  Schwefelsäure)  ein  schön  weifses  Pul- 
ver darstellt. 

1)  1,174  Gnu.  dieses  Pulvern  gaben  bei  der  Analyse 
1,148  Grm.  Schwefelquecksilber  und  0,191  Gnn.  Fluor- 
calcium,  resp.  0,333  Grm.  schwefelsaure  Kalkcrde  (ent- 
sprechend 0,191  Gnn.  Ca  FI). 

2)  0,954  Grm.  gaben  0,942  Gnn.  Scliwefelquecksilbei 
und  0,154  Gnu.  Fluorcalcium,  resp.  0,268  Gnn.  CaO, 
SOs  (entsprechend  0,154  Grm.  CaFl). 

3)  0,898  Grm.  wurden  mit  Einfach  -  Schwefel kali um  und 
etwas  Kali  destillirt,  das  entwickelte  Ammoniak  wurde 
in  Salzsäure  aufgefangen  und  der  nach  dem  Abdampfen 
der  salzsauren  Lösung-  zurückbleibende  Salmiak  nach 
der  von  Mohr  angegebenen  Methode  maafsanalytisch 
bestimmt;  es  wurden  verbraucht  20,2  CC.  Silberlösung 
(1  CC.  enthalt  0,01  Gnn.  Ag). 

4)  0,736  Grm.,  auf  dieselbe  Weise  behandelt,  erforder- 
ten 16,8  CC.  Silberlösung. 

Nimmt  man  an,  dafs  das  gefundene  Ammoniak  als  sol- 
ches in   der  Verbindung   enthalten  war,  so  führen  die  ge 


fundenen  Werthe   zu   der   Formel  2(HgFl,  HgO),  NH3. 
Dieser  entsprechen  nämlich  folgende  Zahlen: 

__^^  Gefunden  i 
Berechnet:         "T  ~~    II.        lll.        IV.       Mittel: 

4  Hg  =400  84,93  Proc.  84,30  81,86  —  —  84,58 
2FI  =  38  8,07  .  7,92  7,84  —  —  7,89 
20  =  IG  3,39  ■■  3,37  ')  3,39  —  —  3,38 
NH3  =    17       3,61     ■         —  —     3,54   3,59_  3,57 

171   100,00.  99,  l>. 

Die  obige  Formel  befindet  sich  iudefs  mit  dem  ander- 
weitigen Verbalten  der  Substanz  nicht  völlig  im  Eiuklang. 
Wird  diese  nämlich  mit  Bleioxyd  im  Glaskolbchen  bis  etwa 
"  C.  erhitzt,  so  erhalt  man  aufser  einem  Sublimat  von 
Quecksilber  stark  aruuioniakalisch  reagirendes  Wasser,  zu- 
gleich aber  findet  eine  Enlwickelung  von  Stickstoff  statt. 
Damit  scheint  angedeutet,  dafs  in  der  Vcrbiuduug  nicht 
Ammoniak,  sondern  Amid  enthalten  ist.  Bei  einem  Ver- 
suche, bei  dem  der  Gewichtsverlust  des  Külbchens  geiiau 
bestimmt  und  der  entwickelte  Stickstoff  geinessen  wurde, 
verloren  1,044  Gnu.  Substanz  0,061  Gnn.,  darunter  ziemlich 
genau  10  CG.  Stickstoff.  Nach  der  folgenden  Zersetzuugs- 
gleichung 

6PbO  +  3[2(HgFl,  HgO),  NHaJ 

=  6PbFH-9HgO  +  3Hg+3HO-r-2NH3+N 
mufs  die  Verbindung  verlieren: 


Verjuch: 

4,79 
1,05 
5,84. 


Ammoniak  u.  Wasser  =:  4,32  Proc. 
Stickstoff  =  0,99     » 

5,31 

Die  Verbindung  lüfst  sich  hiernach  betrachten  als  ein 
wasserhaltiges  QuecksilberoxyamiUuorid  =  2HgFI,  HgNHj, 
HgO  +  HO.  Nach  der  Mercuramintheorie  kann  sie  auf- 
gefafst  werden  als  eine  Verbindung  von  Dimercuramino- 
murnoxydbydral  mit  Quccksilberfiuorid: 

N(H8,H,)J0i+2HgF|. 

I)  Der  Saomtott  ist  ,....).   dem   gefuoueiiiMi  Qu.cVn\W(,Ä>»\«.  Ni«<Ava«. 


634 

VII  Zur  iiiiinfsiinalj'ti.*chcn  Res! iinraung  .les  AnUmoni; 
vdd  B.  Schneider. 
Bekanntlich  wird  das  Anlimou  in  den  bei  weitem  meisten 
Fällen  der  Analyse  als  Schwefelantimon  abgeschieden.  Da 
diese  Substanz  mdefg  wegen  wechselnder  Zusammensetzung 
nicht  ohne  Weitere«  zur  Bestimmung  gebracht  werden  kann, 
so  hat  mau  die  Aufgabe,  sie  iu  eiue  leicht  bestimmbare 
Form  überzuführen.  Nach  Seiteu  der  Gewich tsanalyse  kann 
diese  Aufgabe  als  gelöst  betrachtet  werden:  die  in  neuerer 
Zeit  von  Bunsen  ')  vorgeschlagenen  Methoden  zur  Ver- 
wandlung des  Scbwefelanthnons  in  antimonsaures  Antimon- 
oxyd lassen  au  Genauigkeit  und  Sicherheit  nichts  zu  wün 
sehen  übrig.  Für  die  maafsanaly tische  Bestimmung  des  An- 
timons dagegen  ist  bis  jetzt  keine  Methode  angegeben  wor- 
den, bei  der  das  Schwefclantunon  als  Ausgangspunkt  genom- 
men wird.  Gerade  nach  einer  solchen  aber  ist  das  Bedürf- 
nifs  nahe  gelegt.  Die  im  Folgenden  beschriebeue  Methode 
scheint  mir  geeignet,  diesem  Bediirfnifs  abzuhelfen. 

Das  Schwefelautimou,  das  ans  Lösungeu,  gleichviel  ob 
diese  Autimouoxyd  oder  Antiinousäurc  enthalten,  durch 
Schwefelwasserstoff  gefällt  wird,  zersetzt  sich  bei  Behand- 
lung mit  kochender  Salzsäure  so,  dafs  für  I  Aequiv.  Anti- 
mon genau  3  Aequiv.  Schwefelwasserstoff  frei  werden.  Die- 
ser Schwefelwassersloffgas  ist  folglich  ein  Maafs  für  das 
Antimon  und  die  genaue  Bestimmung  jenes  kann  als  eine 
indirecte  Bestimmung  für  dieses  gelten.  Es  handelt  sich 
also  streng  genommen  nur  um  eine  maafsanaly  tische  Be- 
stimmung des  Schwefelwasserstoffs.  Diese  kann  auf  ver- 
schiedene Weise  ausgeführt  werden. 

Versucht  man ,  das  aus  dem  Schwefelantimon  durch 
kochende  Salzsäure  entwickelte  Schwefelwasserstoff,  nach 
dem  Auffangen  in  Überschüssiger  Eisenchloridlösung,  durch 
Messen  des  entstandenen  Eisenoxyduls  mit  übermangansau- 
rem Kali  zu  bestimmen,  so  erhält  mau  sehr  ungenaue  Re- 
sultate. Der  Fehler,  der  die  Bestimmung  trifft,  ist  dadurch 
bedingt,  dafs   ein   Theil   des   aus   dem   Schwefelwasserstoff 

I)  AdmI    der  Qwm.  u.  Pkitm.  Bd.  106,  S.  3. 


~A 


ausscheidenden  Schwefels  durch  das  Überschüssige  Ei- 
senchlorid zu  Schwefelsäure  oxydirt  wird  und  dafs  in  Folge 
dessen  etwas  Eiseuoxydul  entsteht,  das  sich  dein  durch  Zer- 
setzung des  Schwefelwasserstoffs  gebildeten  hinzuaddirt. 
Schon  tot  längerer  Zeit  hat  H.  Rose  ')  beobachtet,  dafs 
beim  Einleiten  von  Schwefel  Wasserstoff  gas  in  eine  erwärmte 
Eisenchloridlösung  eine  kleine  Menge  von  Schwefelsäure  ent- 
steht. In  dem  vorliegenden  Falle  sind  dieselben  Bedingungen 
gegeben,  da  die  zur  Aufnahme  des  Schwefelwasserstoffs  die- 
nende Eiscuchloridlösung  sich  durch  die  einströmenden  salz- 
sauren Dämpfe  beträchtlich  erwärmt.  Die  Menge  der  sich  bil- 
denden Schwefelsäure  ist  niemals  bedeutend  und  gewifs  ver- 
schieden je  uach  der  Temperatur,  bis  zu  der  die  Eisenlö- 
sung bei  der  Destillation  erwärmt  wird.  Uebrigeus  schei- 
nen aufser  Schwefelsäure  auch  niedrigere  Oxyde  des  Schwe- 
fels in  kleiner  Menge  gebildet  zu  werdeu.  Kcinenfalls  kann 
das  entstandene  Eisenoxydul  als  ein  genaues  Maafs  für  den 
Schwefelwasserstoff,  resp.  das  Antimon  angesehen  werden'). 

Genauere  Resultate  erhält  man,  wenn  man  das  Schwefel- 
wasserstoff jodoinetrisch  bestimmt. 

Es  sind  gegen  die  Genauigkeit  der  jodoinetrisch  en  Be- 
stimmung des  Schwefelwasserstoffs  von  verschiedenen  Seiten 
Zweifel  erhoben  worden.  Buuscn  selbst3)  scheint  diese 
Methode  nicht  für  besonders  genau  zuhalten  und  Mohr*) 
giebt  an,  bei  verschiedenen  Messungen  je  nach  der  Cou- 
ceulraliuu  der  Flüssigkeiten  ziemlich  abweichende  Resultate 
erhalten  zu  haben. 

Man  inufs  zugeben,  dafs  die  directe  Messung  des  Schwe- 
felwasserstoffs mit  Iodlösung  nicht  den  Grad  von  Sicherheit 
und  Schärfe  gestaltet,  der  sich  bei  der  Messung  der  schwefli- 
gen Säure  nach  demselben  Verfahren  erreichen  läfst.    Den- 

1)  Die»  Ann.  Bd.  47,  S.  161. 

2)  i:,  Ut  Hefa  die»»  Andeulungeo  klar,  dafj  auch  die  bekannte  Zir.kbe- 
ilimmung  aaili  Schwirr,  von  einem  Felder  getroffen  wird,  sobald  man, 
wie  ei  gewöhnlich  gucliichi,  auf  dai  Schwdcliink  erwärmte  Eiitoililo- 
ridl olung  einwirken  lübl. 

3)  De.ien  Schrift  Qber  jodomeli'.  BeMlmmungen  S.  26. 

4)  Lehrbuch  Bd.  I,  S.  302. 


noch  finde  ich,  dafs  wenn  gewissen  Bedingungen  entsprochen 
ist,  die  fragliche  Methode  ziemlich  genaue  und  brauchbare 
Resultate  liefert.  Diese  Bedingungen  sind  namentlich:  dafs 
man  (in  Bezug  auf  den  Gehalt  der  Flüssigkeit  an  Schwe- 
felwasserstoff) die  Verdünnuugsgränzc  soweit  ausdehnt,  wie 
es  bei  der  Messung  der  schwefligen  Säure  zu  geschehen 
pllcgl,  —  data  zur  Verdünnuug  vollkommen  luftfreies  Wasser 
angewandt  wird,  und  dafs  die  Messungen  möglichst  schnell 
ausgeführt  werden.  Die  rothe  Färbung,  die  auf  Zusatz  von 
lodlosutig  zu  schwefel  wasserst  off  ha  lügen  Flüssigkeiten  (bei 
Anwesenheit  von  Starke)  vorübergehend  eintritt,  ist  bei 
starker  Verdünnung  nur  schwach,  verschwindet  schnell  wie- 
der und  hindert  nicht  das  deutliche  Eintreten  der  lodstärke- 
reaclion. 

Das  Detail  des  Verfahrens  ist  etwa  folgendes: 
Das  durch  Schwefelwasserstoff  aus  der  mit  Weiostcin- 
Büure  ')  versetzten  Lösung  gefüllte  Schwefelantimou  wird 
auf  einem  Filtruui  aus  schwedischem  Filtrirpapier  gesammelt 
und  vollständig,  zuletzt  mit  heifsem  Wasser,  ausgewaschen. 
Es  ist  gut,  den  Niederschlag  bei  der  Filtration  auf  der  in- 
neren Oberfläche  des  Filirums  möglichst  auszubreiteu,  so 
jedoch,  dafs  er  wenigstens  !•  Zoll  vom  oberen  Rande  des- 
selben entfernt  bleibt. 

Das  Filtruui  mit  dein  etwas  betrockneten  Niederschlage 
wird  darauf  vorsichtig  vom  Trichter  genommen,  durch  leises 
Drücken  und  Drehen  in  eine  längliche  Form  gebracht,  so 
dafs  es  eben  durch  den  Hals  des  Kochkülbchens  bequem 
eingeführt  werden  kann.  Bei  einiger  Ucbung  gelangt  man 
sehr  bald  dabin,  diese  Operation  ohne  Verletzung  des  Fil- 
trtims  und  ohne  allen  Verlust  an  Schwefelantimou  ausfüh- 
ren zu  können.  Diefs  gelingt  natürlich  weit  leichter,  wenn 
man   den  Niederschlag   vorher  ganz   trocken   werden    liefe, 

1)  Der  Zditu  von  WtinMunüure  ist  dunhani  notwendig,  d>  dal  >o< 
uluaurcn  Lösungen  durch  SchncfclnuMrMolf  gefällte  SeowcfchntiiK» 
hartnäckig  clwu  Chloraotioion  iiirücklüU,  wM  bei  Gegenwart  v0Q  Wein- 


637 

wobei  er  bekanntlich  auf  ein  sehr  geringes  Volumen  zu- 
sammensinkt. 

Zur  Zersetzung  des  Schwefelantimons  und  zum  Auffangen 
des  Schwefelwasserstoffs  kann  man  sich  passend  eines  Ap- 
parates bedienen,  ähnlich  jenem,  den  Bunsen  in  seiner 
bekannten  Abhandlung  Ober  jodometrische  Bestimmungen 
beschrieben  hat  Die  Gröfse  des  Kochkölbchens  richtet  sich 
nach  der  Menge  des  zu  zersetzenden  Schwefelantimons;  für 
Quantitäten  bis  zu  0,3  oder  0,4  Grm.  SbS3  genügt  ein 
Kölbchen  von  100  CC.  Inhalt;  für  0,4  bis  1  Grm.  SbS3 
kann  der  Inhalt  desselben  200  CC.  betragen.  Der  kugel- 
förmige Bauch  desselben  mufs  gegen  den  Hals  scharf  abge- 
gränzt,  der  letztere  aber  mufs  ziemlich  eng,  lang  und  cy- 
lindrisch  gestaltet  seyn.  Die  als  Vorlage  dienende  Retorte 
bat  im  Halse  zwei  starke  kugelförmige  Erweiterungen.  Der 
Bauch  derselben  wird  mit  luftfreiem  Wasser  angefüllt,  dem 
man  je  nach  der  Menge  des  zu  zersetzenden  Schwefelanti- 
mons 30  bis  50  CC.  AetzammoniakflÜ8sigkeit  zufügt. 

Nachdem  das  Schwefelantimon  in  den  Kolben  einge- 
bracht ist,  übergiefst  man  dasselbe  mit  einer  zur  Zersetzung 
mehr  als  hinreichenden  Menge  Salzsäure,  der  man  \  ihres 
Volumens  Wasser  beigemischt  hat,  applicirt  sofort  die  Gas- 
leitungsröhre  und  schreitet  zur  Destillation. 

Die  Flüssigkeit  in  der  Vorlage  mufs  auch  nach  been- 
digter Destillation  noch  alkalisch  reagiren.  Sie  bleibt  so- 
lange in  der  Retorte,  bis  sie  völlig  erkaltet  ist,  wird  dann 
schnell  in  eine  Maafsflasche  übertragen  und  je  nach  der 
Menge  des  zersetzten  Schwefelantimons  zu  ±  oder  zu  1  Litre 
mit  luftfreiem  Wasser  aufgefüllt.  Einen  Theil  dieser  Flüs- 
sigkeit, j-  oder  TVr,  bringt  man  zur  Messung.  Man  überträgt 
diefs  Quantum  in  ein  Becherglas,  verdünnt  mit  dem  gleichen 
oder  dem  doppelten  Volumen  an  luftfreiem  Wasser  und 
fügt,  nachdem  man  ein  Streifchen  Lackmuspapier  in  die  Flüs- 
sigkeit gebracht,  verdünnte  Schwefelsäure  bis  zur  schwach 
sauren  Reaction  hinzu.  Auf  Zusatz  von  Stärkelösung  wird 
dann  sofort  mit  Iodlösung  die  Messung  in  bekannter  Weise 
ausgeführt. 


638 

Bezeichnet  mau  niil  a  die  einem  Cubikc,  der  lodlösnng 
entsprechen  de  Menge  Schwefelwasserstoff,  mit  t  die  Zahl 
der  verbrauchten  Cubikc  Iodlösung,  so  ergiebt  sich  der 
Werth  für  Antimon  x=^^.at. 

Kur  Prüfung  der  Methode  wurden  0,326  Giro,  reiner 
Authtionglanz  (van  Arnsberg)  durch  Salzsäure  zersetzt  und 
der  Schwefelwasserstoff  in   der  oben  angedeuteten  Weise 


0  =  0,000803.    (;=  123,5. 

MkWI  Gefonden: 

71,4«  Proc.  Antimon  71,74  Proc. 

28,52     -      Schwefel 
100,00. 

Einen  höheren  Grad  von  Genauigkeit  als  nach  der  I 
beschriebenen  Methode  erreicht  man,  wenn  man  das  bei 
der  Zersetzung  des  Schwefelantimons  entwickelte  Schwefel- 
wasserstoffgas in  einer  Auflösung  von  arsenigsaurem  Natron 
auffängt  und  den  Rest  der  arsenigen  Säure  mit  Iodlösung 
zurückroifst. 

Bekanntlich  bat  zuerst  Mohr  die  Combination  von  ar- 
seniger  Säur«  in  alkalischer  Lösung  mit  lod  vorgeschlagen 
und  hat  derselben  in  vieler  Beziehung  den  Vorzug  vor  der 
Bunsen'schen  Methode  vindiciren  zu  müssen  geglaubt  leb 
kann  dem  nicht  unbedingt  beistimmen.  Will  man  einmal 
an  dem  ursprünglichen  Verfahren  von  Bunsen  eine  Aen- 
derung  vornehmen,  wozu  höchstens  wegen  der  starken  Ver- 
dünnung und  der  leichten  Veränderlichkeit  der  schwefli- 
gen Säure  einiger  Grund  vorhandeu  ist,  so  scheint  mir, 
dafs  das  unterschwefligsaure  Natron  vor  dem  arsem'gsau- 
ren  den  Vorzug  verdient.  Die  von  Mohr  ')  gegen  jenes 
vorgebrachten  Gründe  sind  nicht  ganz  stichhaltig.  Dafs 
dasselbe  durch  Chlor  anders  als  durch  lod  zersetzt  wird, 
ist  ohne  Bedeutung,  da  es  bei  der  Messung  nie  mit  freiem 
Chlor,  stets  nur  mit  lod  in  Berührung  kommt;  der  mit  sei- 
ner Anwendung  verbundene  Verbrauch  an  lodkalium  ist 
um  so  weniger  zu  adieueo ,  a\s  tä  vitametxUchen  Besttm- 
I)  Lehrbuch  I.  389. 


mungeu  Dur  verhält  nifsmäfsig  kleine  Mengen  von  Substanz 
angewendet  zu  werden  pflegen;  dafs  dasselbe  sich  in  sau- 
rer Lösung  nicht  unverändert  hält,  ist  gleichfalls  ohne  Nach- 
theil, da  es  stets  iu  neutraler  Lösung  aufbewahrt  wird,  und 
nur  während  der  kurzen  Zeit  der  Messung  mit  einer  sau- 
ren Flüssigkeit  in  Berührung  kommt.  Dagegen  liegt  in  der 
Giftigkeit  der  arsenigen  Säure  ein  sehr  triftiger  Grund,  die- 
selbe von  der  allgemeinen  Anwendung  für  maafsanalvtische 
Zwecke  so  lange  auszuschließen,  als  anderweitig  geeignete 
Ersatzmittel  dafür  geboten  werden  können. 

Nur  wenn  es  sich  um  die  Bestimmung  des  Schwefel- 
wasserstoffs handelt,  inufs  ich  der  Anwendung  der  arseni- 
gen  Säure  entschieden  das  Wort  reden.  Sie  bietet  in  die- 
sem Falle  unverkennbare  Vortbeile  und  gestattet  eine  Schärfe 
der  Messung,  wie  sie  unter  Anwendung  anderer  Mittel 
schwerlich  erreichbar  scy»  dürfte. 

Das  oben  beschriebene  Verfahren  ändert  sich  nun  bei 
Anwendung  von  arseniger  Säure  in  folgender  Weise, 

Zur  Zersetzung  des  Schwefelantimons  und  zum  Auf- 
fangen des  Schwefelwasserstoffs  kann  derselbe  Apparat  be- 
nutzt werden.  Als  Vorlagellüssigkeit  (in  der  Retorte)  dient 
die  Lüsung  der  arsenigen  Säure.  Diese  bereitet  man  sich 
durch  Auflösen  einer  beliebigen  Menge  durch  Umsuhlimi- 
ren  gereinigter  arseniger  Säure  in  Wasser,  unter  Zusatz  von 
reiner  Natronlösung  bis  zur  neutralen  oder  schwach  alka- 
lischen Reaclion.  Mau  giebt  dieser  Lösung  eine  Stärke, 
bei  der  sie  im  CC.  etwa  0,005  —  0,006  Grm.  arsenige  Säure 
enthält  und  vergleicht  sie  mit  einer  lodlösung,  deren  Ge- 
balt an  Iod  genau  bekannt  ist1).  Sic  wird  je  nach  der  Menge 
des  zu  zersetzenden  Schwefelantimons  zu  50,  100  oder 
200  CC.  augewandt.  Die  letztere  Quantität  würde  noch 
genügen,  um  das  aus  1,5  Grm.  Schwcfelantimou  entwickelte 
Schwefel  Wasserstoff  gas  vollständig  zu  zersetzen. 

Durch  das  mit  dem  Schwefelwasserstoff  in  die  Vorlagc- 
flüisigkeit  einströmende  salzsaure  Gas  nimmt  diese  bald  eine 


1  )  Ei  («cliiclii  Uiifs  aru  Briten  u>,  dafi  nun  einer  bei 
AnenitlOiBQg  Mint  rinige  Tropfen  Sa1i*"urr  bit  i 
diDD  nrähcb-kobleauow  Natron  im  Ucbettchuh 

„UUh   JndlölUBg   UMtlL 


640 

saure  Reaclion  an  und  es  findet  dann  sogleich  die  Aus- 
scheidung von  Schwcfclarseuik  statt.  Die  Zersetzung  des 
Schwefel vm ss ersloffs  ist  schnell  und  vollständig.  Chloran- 
timoti  geht  bei  der  Destillation,  wenn  diese  nicht  unnützer 
Weise  zu  lange  fortgesetzt  wird,  nicht  in  die  Vorlage  über. 
Ebensowenig  treten  flüchtige  organische  Substanzen  auf,  die 
sich  möglicherweise  bei  der  Einwirkung  der  kochenden  Salz- 
säure auf  das  Papier  des  Filtrums  hätten  bilden  und  die  bei  der 
späteren  Messung  für  sich  reducirend  auf  die  lodlosung 
hätten  einwirken  könneu  '). 

Sobald  die  Vorlagellüssigkeil  auf  die  gewöhnliche  Tem- 
peratur erkaltet  ist,  wird  sie  in  eine  Maafsf lasche  Übertra- 
gen, etwas  Weinstcinsäure-Lusung  zugefügt  und  bis  zur 
Marke  aufgefüllt  *).  Von  dieser  Flüssigkeit  wird  nach  der 
Filtration  ein  bestimmter  Theil  abgemessen  und  darin  nach 
Uebcrsätligung  mit  zweifach-kohlensaurem  Natron  der  Ge- 
halt an  arseniger  Säure  durch  lodlosung  bestimmt. 

Die  Berechnung  der  gesuchten  aus  den  beobachteten 
Werthen  ist  äufserst  einfach.  Bezeichnet  man  das  der  an- 
gewandten Arsenlösung  entsprechende  Volumen  lodlosung 
mit  V,  das  der  Arsenlösung  nach  stattgehabter  Destillation 
entsprechende  Volumen  lodlosung  mit  v  und  die  in  l  CG 
der  lodlosung  enthaltene  lodmenge  mit  a,  so  ist  die  ge- 
suchte Antimonmenge  x—-.'^-{V — v)a. 

Die  folgenden  Bestimmungen  beweisen  die  Brauchbar- 
keit der  Methode. 


1)  Beim  Kochen  ein«  Papi'erfillruuu  (von  iwei  Zoll  Radin.)  mii  Sali- 
jäure  wurden  die  entwickelten  Dämpfe  !□  Walter  aufgeboten ,  dem 
8  CC.  Anenlüsun*  <  W  CC-  =  23,3  CC.  lodlosung)  «iguetit  wann. 
Nach   der  Desl.ll.liun  gebrauchte  die  Arienlösuog  (auf  Zusal.  von  .wo- 

lach  Ulrn^   Nalroo  bil  aor  alkalisch  tu    Reaction  und   voD  Sürkt) 

18.7  CC.  lodlosung      Ks  eerh.ilt  .ich  aber  10 :  8  =  23,3 :  18,64. 

2)  Der  hierbei  durch  ....  V„lumen  de.  in  der  FtQnigkrit  Ju.peodine» 
Schwefelarsen  iL  s  bedingte  Kehler  in  so  klein,  dal.  er  in  den  meisten 
Fällen  und  wenn  man  nicht  mit  ungewöhnlich  grolsen  Mengen  von  Sub- 
ilant  arbeitet,  veinachlS.sigl   werden  kann. 

Du  aus  salssauren  Lotungen  gefüllte  Schwefel  ».Jen iL-  hall  hartnäckig, 
■elbst  nach  dem  Auswaschen,  kleine  Mengen  ton  Chlor,  ohne  Zweifel 
als  Chlorarsen,  uirück.  D.'efs  ist  nicht  der  Fall,  wenn  in  der  FlÜssir- 
keil  etwas  WeAoweWaute  cn\V»\te«  \». 


641 

1)  0,200  Grm.  reiner  Antimonglanz  (von  Arnsberg)  wur- 
den direct  gemessen. 

10  CC.  Arsenlösung  =  23,5  CC.  Jodlösung. 

Angewandt  100  CC.  Arsenlösung. 
V  =  235  CC.        t>  =  184,8  CC.        a  =  0,006  Giro. 
Daraus  x  =  0,14265  Grm.  Antimon. 

Berechnet :  Gefaodeo : 

71,48  Proc  Antimon        71,33  Proc. 
28,52    »       Schwefel       28,67     »       (a.  d.  Differenz) 
100,00  100 

2)  0,325  Grm.  reiner  Antimonglanz  wurden  durch  Salz- 
säure zersetzt,  aus  der  mit  Weinsteinsäure  versetzten, 
stark  verdünnten  Lösung  wurde  durch  Schwefelwas- 
serstoff das  Antimon  gefällt  und  das  Schwefelantimon 
gemessen. 

10  CC.  Arsenlösung  =  23,3  CC.  Jodlösung 

Angewandt  100  CC.  Arsenlösung. 

F  =  233CC.        ©  =  151  CC.        a  =  0,006  Grm. 

Daraus  x  =  0,2329  Grm.  Antimon. 

Berechnet :  Gefunden : 

71,48  Proc.  Antimon        71,66  Proc. 
28,52    »       Schwefel        28,34    »      (a.  d.  Differenz) 
100,00.  100. 

3)  0,407  Grm.  chemisch  reines  Antimon  wurden  in  Salz- 
säure unter  Zusatz  von  etwas  Salpetersäure  gelöst, 
Weinsteinsäure  zugefügt  und  das  aus  der  verdünnten 
Lösung  gefällte  Schweielantimnn  gemessen. 

10  CC.  Arsenlösung  =  18,25  CC.  Jodlösung 

Angewandt  150  CC.  Arsenlösung 

V  =  273,75  CC.      f>  =  160,5  CC.      a  =  0,00758  Grm. 

Angewandt :  Gefanden : 

0,407  Grm.  Antimon  0,4065  Grm.  (=  99,87  Proc.) 
Es  braucht  wohl  kaum  erwähnt  zu  werden,  dafs  die  im 
Vorstehenden  beschriebene  Methode  auch  zur  Bestimmung 
des  Schwefelgehaltes  in  solchen  Verbindungen,  die  durch 
kochende  Salzsäure  zersetzbar  sind,  mit  Vortheil  angewandt 
werden  kann.  • 

Berlin,  im  Juli  1860. 


PoggeodaHFs  AaoaL  Bd.  CX. 


v\ 


X.     Versuch,   hrystallisirte    Thorerde  und   Tantal- 

säure  darzustellen;  von  A.  E.  Nordenshjöld  und 

J.  J,  Chydenius. 

(Milg«lh(ilt  ™  d.   V«ir.  j.,,  A.    Ofiers.  tif  K.    Ftt.   FürfainHL    1660.) 


JL'ie  zu  diesen  Versuchen  angewandte  Thorerde  war  dar- 
gestellt aus  dem  Orangit,  indem  man  das  Mineral  durch 
Chlorwasserstoffsäure  zerlegte,  die  Kieselsäure  abschied  und 
mit  atzendem  Ammoniak  alle  damit  fallbaren  Stoffe  nieder- 
schlug. Dieser  Niederschlag  wurde  wieder  in  Salzsäure  ge- 
löst, die  Lösung  mit  Ammoniak  ncutralisirt  und  eine  beim 
Kochen  gesättigte  Lösung  von  schwefelsaurem  Kali  hinzu- 
gesetzt. Das  dadurch  ausgefällte  Doppelsalz  von  schwefel- 
saurem Kali  und  Thorerde  wurde  mit  schwefelsaurer  Kali- 
Lösung  ausgewaschen,  in  Wasser  gelöst  und  die  Tborerde 
mit  Ammoniak  gefällt  und  ausgewaschen.  Da  möglicher- 
weise der  Niederschlag  etwas  Kali  enthalten  und  ein  Tbeil 
der  Thorerde  ein  basisches  Salz  bilden  konnte,  so  wurde 
er  in  Salpetersäure  gelöst  und  die  Thorerde  abermals  mit 
Ammoniak  gefällt,  gewaschen  und  geglüht.  Sie  war  nun 
schwach  gelblich  und  hatte  ein  spec,  Gewicht  von  9,08. 

Die  Tantalsäure  war  auf  gewöhnliche  Weise  aus  Hjclmit 
von  Nja  Kärarfvet  dargestellt.  Sie  war  durch  Glühen 
mit  einein  Gemenge  von  Schwefel  und  kohlensaurem  Natron 
befreit  von  Wolframsäure  und  Zinnoxyd. 

Die  Kryslfillisalionsversuche  wurden  nach  der  von  Ebel- 
men  für  ähnliche  Untersuchungen  angegebenen  Weise  be 
wcrkstelligt.  Es  wurde  nämlich  eine  Portion  von  2,24  Gnu. 
Thorerdc  mit  dem  Vierfachen  ihres  Gewichts  an  verglastem 
Borax,  und  eine  andere  Portion  von  1,34  Gnu.  mit  dem 
Doppelten  ihres  Gewichts  an  geschmolzener  Borsäure  ge- 
mengt. Die  Tantalsäure  dagegen  wurde  in  zwei  Portionen 
von. 1,5  und  3,0  Grm.  mit  dem  Vierfachen  ihres  Gewi  (An 
an  geschmolzenem  Phosphorsalz  vermengt  Die  Thorerde- 
Gemenge  wurden  iu  VW\\e  WAvftwiwJen ,  and   die  Tanlai- 


t 


643 

^-Gemenge  in  kleine  Platintiegel  gelegt.  Die  Platinge- 
fäfse  wurden,  umgeben  von  Talkerde,  in  uuglasurle  Porcel- 
langeiiifse  gestellt,  und  diese  wiederum  in  gewöhnliche  Thon- 
kapseln,  wie  sie  in  den  I'orcellanf.ibriken  gebraucht  iverden. 
Das  Ganze  wurde  in  einen  der  Oefen  der  Porcellanfabrik 
zu  Rörstrand  gebracht,  als  derselbe  gerade  im  Laufe  einer 
Bremnmg  stand.  Die  stärkste  Hitze  in  einem  solchen  Ofen 
dauert  48  Stunden  und  die  Abkühlung  geschieht  sehr  langsam. 

Nur  der  mit  Borax  geschmolzene  Theil  der  Thorerde 
gab  Krystalle.  Im  Boraxglasc  konnte  man  zwei  Lagen  un- 
terscheiden, nämlich  oben  auf  ein  durchsichtiges  Glas  und 
auf  dem  Boden  der  Schale  eine  undurchsichtige  weifse  Masse. 
In  dem  klaren  Boratglase  fanden  sich  hie  und  da  einige 
gröfscre  braungefärbte  Krystalle  eingesprengt,  und  solche 
halfen  sich  auch  an  die  Wand  der  Schale  abgesetzt.  Als 
die  Masse  mit  verdünnter  Salzsäure  behandelt  wurde,  blie- 
ben die  braunen  Kryslallc  ungelöst,  ebenso  der  weifse  Bo- 
densatz, welcher  ein  schweres  hartes  Pulver  bildete,  das 
sich  unter  starker  Vergröfseruug  als  aus  lauter  Kry  st  allen 
bestehend  erwies,  ganz  den  grüfseren,  braunen,  mit  blol'sem 
Auge  erkennbaren  gleichend.  Bedeutend  Thorerdc,  die  beim 
Erkalten  nicht  aus  dem  Borax  herauskryslallisirt  war,  fand 
sich  auch  in  der  Chlorwasserstoffsäure  gelöst. 

Die  an  der  Wand  der  Platinschale  sitzenden  Krystalle 
waren  nur  von  Hexaidllächen  begränzt  und  bildeten  ver- 
■nulhlicli  vierseitige,  durch  basische  Endflächen  abgestumpfte 
Prismen.  Die  losen  Krystalle  dagegen  hatten  das  in  Fig.  7 
Taf.  VIII  abgebildete  Ansehen.  Die  Prismen  waren  hier 
nicht  ;ui gestumpft  durch  basische  Endflächen,  sondern  von 
einer,  wenigstens  gewöhnlicherweise  einspringenden,  traubi- 
gen vierseitigen  Pyramide,  und  die  Krystalle  glichen  also 
den  gewöhnlichen  ausgehöhlten  Bildungen  beim  Kochsalz. 
Bei  den  Thorerde  Kryslallen  wurden  diese  einspringenden 
Pyramiden  jedoch  nur  an  zwei  cioander  gegenüberliegenden 
Seiten  angetroffen,  und  diese  Pyramiden  waren  auch  allzu 
traubig,  um  auf  das  reguläre  System  zurückgeführt  werden 


644 

zu  können.  Noch  weniger  schienen  diese  Kxystalle  durch 
eine  Zwilliugsbilduug  zu  entstehen,  denn  man  konnte  bei 
Untersuchung  einiger  der  einfachen  Krystallc  keiue  anderen 
einspringenden  Winkel  bemerken  als  die,  welche  von  den 
besagten  Pyramiden  herrfihrten.  Sie  dürften  daher  als  dem 
tclragonalcn  System  angehorig  betrachtet  werden  müssen, 
obgleich  die  Pyramidenflächen  durch  ein  analoges  Verhalten, 
wie  es  beim  Kochsalz  stattfindet,  nicht  aus-,  sondern  ein- 
springend sind.  Andere  Flüchen  als  m  =  &p  und  »=/» 
konnten  au  dieseu  Kr  ysl  allen  nicht  bemerkt  werdeu.  Die 
einspringende  Pyramidonfläche  bildete  mit  der  Prismenuäche 
einen  Winkel  =  77°  30'  '). 

Die  Neigung  zwischen  der  ausspringenden  Pyramide  und 
dem  Prisma  würde  folglich  =102"  30'  gewesen  seyn. 

Diese  Winkel  führen  zu  dein  Aienverhaltnifs 

a:  C=  1  :  0.156S, 

welches  Verhaltnifs  wiederum  giebt: 

n-.n'  =162°  24' 
n :  n"  =  155  0 
m-.n  =  102   30. 

Die  Thorerdekry stalle  sind  sehr  oft  so  regelmäßig  aas- 
gebildet wie  die  vollständigsten  Krystallmodellc.  Zuweilen 
sind  sie  indefa  zu  platten  Parallelepipeden  oder  Tafeln  aus- 
gebreitet. Durchkreuzung« - Zwillingskrys  lalle  kommen  oft 
vor,  obwohl  es  nicht  möglich  war,  die  Lage  derselben  zn 
bestimmen. 

Diese  Betrachtungsweise  der  Thorcrdekryslalle  wird  da- 
durch noch  wahrscheinlicher,  dafs,  wenn  sie  richtig  ist,  die 
Thorerde  isomorph  wird  mit  Zinnoxyd  und  Titausäure  (Ru- 
til), auch,  wenn  G.  Roee's  Betrachtungsweise  des  Zirkons 
und  der  Zirkonerde  richtig  ist,  mit  Zirkonerde.  Bei  diesen 
Stoffen  verbalten  sich: 

1 )  Bei  der  Thorerde  und  der  Tanuljame  wurden  die  Winkel  mint!« 
eine)  an  einem  Nichel'ichen  Mikroskop  befeiliglen  Oruljrgonioroclen 
gtracsirn.      Sic  lind  »\so  nur  mminimrtn. 


Zinnoxyd  a 
Rutil  "  a 
Zirkon  a 
Thorerde  a 
Die   bei    der  Thoi 


0,1679;  xpt.Jp... 103*21' 

1:0,1610;  x/»:-Jp...l02    50 
1  :  0,1601;  ccp:  jp...l02    46 
1:0,1568;  cop:    p...l01    30. 
rdc    vorkommende   Pyramiden  fläche 
i  des  Zinnerzes  von 


Jp  findet  mau  auch  bei  den  Kryslalli 
Pitkärauta. 

Wenn  diese  Annahme  riieksichtlich  der  Kryslallfonn 
richtig  ist,  mufs  die  Thorerdc  angesehen  werden  nicht  als 
Tb  oder  Th,  sondern  als  Th. 

Das  speeifische  Gewicht  der  eben  beschriebenen  Thor- 
erdekryslalle  wurde  durch  zwei  Bestimmungen  =  9,21  und 
0,20  erhalten. 

Nachdem  sie  gepulvert  worden,  lösten  sie  sich  träge  in 
Schwefelsäure,  Als  0,1642  Grin.  mit  Schwefelsäure  behan- 
delt wurdeu,  lüsteu  sich  0,2757,  und  mit  Ammoniak  wurde 
ein  Niederschlag  von  Thorerde  =  0,2760  erhalten.  Die 
Kryslalle  bestanden  folglich  aus  reiner  Thorerde. 

Das  geschmolzene  Gemenge  von  Tatilalsäurc  uud  Phos- 
phorsalz bildete  ebenfalls  zwei  verschiedene  Lagen,  nämlich 
oben  eine  durchsichtige  und  am  Boden  des  Tiegels  eiue 
weil'se  undurchsichtige.  Einige  mit  dein  Auge  erkennbare 
Krystalle  konnten  nicht  bemerkt  werden.  Als  das  Phos- 
phorsalzglas mit  verdünnter  Salzsäure  behandelt  wurde,  bil- 
dete die  ganze  Masse  eine  steife  Gallerte.  Als  mehr  Was- 
ser hinzugesetzt  und  das  Ganze  stark  umgerührt  wurde, 
schied  sich  indefs  leicht  ein  schweres,  auch  bei  slarker  Ver- 
größerung nicht  kristallinisch  erscheinendes  Pulver  ab,  nebst 
einigen  grofseren,  auch  sehr  schweren  Krystalluadeln,  wel- 
che sich  durch  Schlämmen  leicht  befreien  Iiefscn  von  dem 
äufserst  gallertartigen,  durch  die  Salzsäure  aus  dem  Phos- 
phorsalz abgeschiedenen  Taulaisäurehydrat.  Diese  Kryslalle 
hatten  offenbar  ein  sehr  hohes  spec.  Gewicht,  aber  zur  Be- 
stimmung desselben  reichte  ihre  Menge  nicht  aus.  Sir  lüsteu 
sich  nicht  in  Säuren  uud  vor  dem  Löthrohr  verhielten  sie 
sieb  ganz  wie  Tantalsäure.  In  Phosphorsalz  losten  sie  skA\, 
sowohl  in  der  Oxydalions-  als  Reducüousftaö»»«,  i»  *sw 


646 

klaren  farblosen  Perle,  und  mit  Borax  gaben  sie  ein  Glas, 
welches  leicht  unklar  gellattcrt  werden  konnte.  Ungeach- 
tet, wegen  Mangels  an  Material,  eine  vollständige  Unter- 
suchung mit  denselben  nicht  vorgenommen  werden  konnte, 
dürfte  mau  sie  doch,  thcils  nach  ihrer  Bildungsweise,  theils 
nach  den  angeführten  Reactioucn,  als  aus  reiner  Tantalsäure 
bestehend  ansehen  können. 

Die  Krystalle  Fig.8,  Taf.  VIII,  bildeten  durchsichtige,  farb- 
lose rhombische  Prismen  (<xp=m),  welche  durch  eine  der 
längeren  Diagonalen  parallelen  Domatläche  (p  od  —  n)  ab- 
gestumpft waren.  Ueberdiefs  kamen  3px(o)  und  4  p  «■{<[) 
vor,  jedoch  minder  gut  ausgebildet. 

a:b:c=\:  0,8288 : 0,8239 


:>»'.. 

MO' 

iX 

100°  42 

o   .. 

122 

23 

122  23 

9  .. 

IM 

152  17 

/  ■■ 

156 

158  29 

:  »'. . 

90  20 

:  O'  .  . 
:  j'.. 

110  37 
146  14 

^ 


Zuweilen  kommen  auch  Zwillingskrystallc  vor,  wie  es 
scheint,  von  zweierlei  Art,  nämlich  theils  mit  p,  theils  mit 
2p  zur  Zwillingsfläche  und  mit  xp  zur  gemeinsamen  Fläche. 

Da  sich  die  Tantalsäure  als  slüchioinctrisch  gleich  zusam- 
mengesetzt mit  der  Titansäure  ansehen  läfst,  so  kannte  maa 
vermuthen,  dafs  die  genannten  Krystalle  isomorph  wären 
mit  der  rhombischen  Form  der  Titansäure,  dein  Brookil. 
Dieses  ist  jedoch  nicht  der  Fall.  Aus  den  von  Miller  ge- 
gebenen Winkeln  kann  man  für  den  Brookit  folgendes 
Axenverhältnifs  berechnen  j 

f  =1  :  0,8416:  0,9422 

a:b:c\  =  1,1882:  1  :  1,1195 


647 

Diese  Axenwerthe  scheinen  nicht  mit  den  vorhin  ange- 
gebenen Aien  der  Tantalsäure  in  einem  einfachen  Verhält- 
nisse zu  stehen. 


XI.    Zur  Theorie  der  Beugungserscheinungen; 

von  G.  R.  D  ahlander , 

Lehrer  der  Physik  an  der  höheren  Gewerbschule  tu  Gothenburg. 


J3ei  der  mathematischen  Theorie  von  der  Beugung  des 
Lichtes  hat  man  bisher  beinahe  ausschließlich  nur  diejeni- 
gen Erscheinungen  behandelt,  die  durch  das  Fallen  des 
Lichtes  durch  kleine  Oeffnungen  entstehen,  deren  Form 
durch  geradlinige  Figuren  bestimmt  wird.  Durch  die  be- 
rühmte Arbeit  von  Schwerd  »Die  Beugungserscheinungen« 
kann  auch  dieser  Theil  der  Lichtbewegung  als  beinahe  ab* 
geschlossen  betrachtet  werden.  Weniger  entwickelt  ist  da- 
gegen noch  die  Beugungstheorie  bei  dem  Durchgange  des 
Lichtes  durch  kleine  Oeffnungen,  deren  Form  durch  Cur- 
Ten  bestimmt  wird,  und,  soweit  mir  bekannt,  ist  der  Kreis 
die  einzige  Curve,  welche  man  in  dieser  Hinsicht  bisher 
untersucht  hat.  Aber  die  Art,  in  der  Schwerd  bei  die- 
ser Untersuchung  zu  Wege  geht,  indem  er  nämlich  den 
Kreis  als  ein  Vieleck  mit  einer  groben  Anzahl  von  Seiten 
betrachtet,  ist  eine  solche,  dafs  man  keinen  Anlafs  hat  zu 
hoffen,  dafs  dieselbe  mit  ihrer  Anwendung  auf  andere  Cur- 
ven  es  möglich  machen  werde,  einfache  Gesetze  in  Betreff 
der  Lichtbewegung  bei  weniger  einfachen  Formen  der  beu- 
genden Oeffnungen  aufzufinden. 

In  der  folgenden  Abhandlung  werde  ich  nun  zuerst 
zwei  einfache  Theoreme  über  die  Beugung  des  Lichtes  be- 
weisen, welche  mir  geeignet  scheinen,  die  Behandlung  meh- 
rerer hierher  gehörigen  Probleme  in  hohem  Grade  zu  er- 
leichtern, und  dann  werde  ich  die  Anwendung  dtaftsst  Ttaft- 


reine  auf  die  Untersuchung  der  Lichtbeugung  bei  eüipsen 
förmigen  Ocffouugen  zeiget).  Angenommen  wird  wie  ge- 
wöhnlich, dafs  die  anfallenden  Lichhvellen  eben  seyeo,  dafs 
die  Oeffnung  in  einem  ebenen  Scbinn  genommen  eey,  und 
dafs  die  Beugungscrschciuung  durch  ein  Fernrohr  oder  auf 
einem  Schirm  beobachtet  werde,  der  in  einer  solchen  Ent- 
fernung von  der  Oeffnung  aufgestellt  ist,  dafs  man  die 
Strahlen,  die  von  verschiedenen  Punkten  der  Oeffnung  auf 
einen  Punkt  auf  den  Schirm  fallen,  als  parallel  ansehet) 
kann. 

1 )  Bei  der  Beugung  des  Lichtes  durch  eine  Oeffnung, 
tlereti  Form  durch  eine  Ctirve  mit  Mittelpunkt  bestimmt  wird, 
hat  der  hindurchfallende  und  in  einer  gewissen  Richtung 
gebeugte  Lichtstrahl  dieselbe  Phase  wie  ein  Lichtstrahl, 
welcher  direct  von  detn  Mittelpunkt  der  Curce  in  der  frag- 
lichen Richtung  gefallen  ist. 

Beweis.  Man  nimmt  ACFK  (Fig.  9  Taf.  VI»)  als  die 
beugende  Oeffnung  an,  deren  Mittelpunkt  0  ist,  und  fer- 
ner, dafs  die  einfallenden  Lichtwellen  die  Ebene  der  Oeff- 
nung in  der  Richtung  von  Linien  schneiden,  welche  paral- 
lel mit  MN  sind,  sowie  dafs  NP  die  Durch  seh  nittslinie  ei- 
ner gegen  die  in  einer  gewissen  Richtung  gebeugten  Strah- 
len winkelrccht  stehenden  Ebene  und  der  Oeffnuugsebene 
ist.  Ferner  nimmt  man  zwei  gleiche  Flächendem ente  bei 
R  und  S  an,  welche  mit  Bezug  auf  0  symmetrisch  in  der 
beugenden  Oeffnung  belegen  sind,  sowie  auch  Linien,  die 
durch  R  und  S  parallel  mit  MN  und  NP  gezogen  sind. 
Jeder  Punkt  auf  der  Linie  TK  hat  dann  denselben  winkel- 
rechlen  Abstand  von  der  durch  MN  gebenden  einfallenden 
Licbtwelle  und  dasselbe  Verhältnifs  findet  auch  mit  jedem 
Punkte  auf  der  Linie  DG  statt.  Die  auf  den  Linien  LH 
und  BE  befindlichen  Punkte  haben  wiederum  denselben 
Abstand  auf  der  durch  NP  gehenden  und  gegen  den  gebeug- 
ten Strahl  winkelrechteu  Ebene.  Lfifsl  man  nun  die  in 
der  Figur  mit  p,  p'  und  p"  bezeichneten  Linien  den  Ab- 
stand der  Punkte  0,  R  und  S  von  der  durch  JH.Y  gehen- 
den Ebene,  sowie  die  mit  q,  q'  und  q"  bezeichneten  den 


649 

Abstand  derselben  Punkte  von  der  durch  NP  gehenden 
Ebene  vorstellen,  so  kann  man  mit  p+q,  p'+q'  und 
p"-i-q"  Jen  Weg  bezeichnen,  den  die  durch  die  Punkte 
O,  R  und  S  gehenden  parallelen  Lichtstrahlen  zwischen  den 
beiden  genannten  Ebenen  zurückgelegt  haben.  Sucht  man 
nun  den  Wegunterschied  der  durch  R  und  S  fallenden 
Strahlen  in  Bezug  auf  den  durch  0  fallenden  Strahl,  so  fin- 
det man  bei  Beachtung  der  durch  die  Figur  unmittelbar  gege- 

«'  — I-  n"  n'  -4-  a" 

benen  Verhältnisse  p  =y"Tp  und  q=q"Vq  ,  dafs  der  Weg- 

unterschied  für  R  ist  £±*  -  ^±f  und  für  S  ist  *-±£ 

— y  ,  oder  dafs  die  Wegunterschiede  der  beiden  sym- 
metrisch belegenen  Strahlen  mit  Bezug  auf  0  gleich  sind, 
aber  entgegengesetzte  Zeichen  haben.  Um  die  entsprechen- 
den Phasenunterschiede  zu  erhalten,  mufs  man  die  Weg- 
unterschiede mit  ~  multipliciren,  wo  dann  A  die  Wellen- 
länge bezeichnet.  Nimmt  man  nun  an,  dafs  die  Linie  AB 
(Fig.  10  Taf.  VIII)  ihrer  Länge  und  Richtung  nach  die  Am- 
plitude eines  Aethermolecüls  auf  dem  betrachteten  durch  0 
(Fig.  9)  fallenden  Lichtstrahl  ist,  und  sind  CD  und  EF 
zwei  gleiche  Linien,  welphe  die  Amplitude  und  Richtung 
der  in  derselben  ebenen  Lichtwelle  auf  den  Strahlen  durch 
R  und  S  befindlichen  Aethermolecüle  bezeichnen,  so  müssen 

die  Winkel  DGB  und  BGF  =  ^  («!±£  —  ^-q")   seyn. 

Der  Punkt  G  bezeichnet  hierbei  die  Protection  des  resul- 
tirenden  Lichtstrahls.  Da  man  nun,  wie  bekannt,  Ampli- 
tuden nach  denselben  Gründen  zusammensetzen  kann  wie 
Kräfte,  so  folgt  daraus,  dafs  der  aus  den  beiden  Strahlen 
durch  R  und  S  zusammengesetzte  Lichtstrahl  dieselbe  Phase 
wie  der  durch  0  fallende  Strahl  haben  mufs.  Für  jedes 
andere  Paar  von  mit  Bezug  auf  0  symmetrisch  belegenen, 
gleichen  Flächenelementen  der  beugenden  Oeffuungen  fin- 
det man,  dafs  ihre  Resultante  dieselbe  Phase  wie  der  Strahl 
hat,  welcher  direct  von  Q  geht  und  man  kann  hieraus  leicht 
die  Richtigkeit  des  aufgestellten  Satxes  fmdetu 


650 

Dieser  Salz  kann  unter  andern  Anwendungen  aucr. 
Kreise,  bei  der  Ellipse,  sowie  bei  Parallelogrammen  und 
rcgelmäfsigeu  Vielecken  mit  einer  geraden  Anzahl  Seilen 
angewandt  werden.  "Was  das  Parallelogramm  betrifft,  so 
bat  schon  Billet  in  seinem  »Tratte'  dOptique  Phij&ique« 
T.  I,  p.  217  angemerkt,  dafs  die  Phase  des  Resultantstrah- 
Ics  dem  Strahl  entspricht,  welcher  durch  den  Schneidepuukl 
der  Diagonalen  geht,  obgleich  er  dieses  in  einer  ganz  an- 
dern Weise  herleitet  als  in  dem  Obigen. 

Aus  dem  entwickelten  Salze  kann  man  einen  andern 
herleiten  Über  die  Intensität  eines  in  einer  gewissen  Rich- 
tung gebeugten  Lichtstrahls.  Bezeichnet  man  nämlich  das 
Flächcnelement  mit  da  und  erinnert  sich,  dafs  die  Ucsul- 
tante  gleich  igt  der  Summe  der  in  die  Richtung  der  Resultan- 
ten fallcuden  Projcctionen  der  Componeuten,  so  findet  mau 
2)  die  Intensität  des  in  einer  gewissen  Richtung  gebeugten 
Lichts  wird  bezeichnet  mit  ^cos^  (£±*  —  C±JCJrfajt1 
trenn  man  die  Intensität  des  durch  die  Einheit  des  Flächen- 
maafses  direct  gegangenen  Lichtes  als  Einheit  annimmt. 

Es  soll  nun  die  Anwendung  des  oben  erwähnten  Satzes 
auf  die  Untersuchung  der  Beugung  des  Lichtes  durch  eine 
elliptische  Oeffnung  gezeigt  werden,  wobei  angenommcu 
wird,  dafs  die  einfallenden  Ljchtwellen  mit  der  Fläche  der 
Oeffnung  parallel  seyen.  Lasse  man  Fig.  11  Taf.  VIII  diese 
elliptische  Oeffnung  vorstellen,  sowie  NP  die  Durchschnitts- 
liuie  einer  gegen  die  Richtung  des  betrachteten  Lichtstrahls 
winkelrecht  stehenden  Ebene  und  der  Ebene  der  Oeffnung; 
nimmt  man  ferner  an,  dafs  die  Linie  NP  die  Ellipse  tan- 
girc,  welches  man  dieselbe  immer  durch  eine  passende  Wahl 
der  winkclrechten  Ebene  thun  lassen  kann.  Lasse  man  Jlf  A 
eine  solche  Linie  in  der  Fläche  der  Oeffnung  seyu,  dafs 
NP  und  MN  die  Richtung  zweier  conjugirten  Diauieter  zur 
Ellipse  bestimmen,  AF  parallel  mit  NP  und  CJ  mit  NM. 
Die  Lichtstrahlen,  welche  parallel  von  Punkten  der  Oeff- 
nung ausgeben,  die  sich  auf  einer  mit  NP  parallelen  Linie 
befinden,    müssen  natürlich  dieselbe   Phase    haben.      Die 


Richtung  der  Lichtstrahlen  kann  bestimmt  werden  durch  die 
Lunge  2a'  des  Diameters  CJ  in  der  Ellipse,  welcher  pa- 
rallel mit  NM  ist,  und  durch  den  Winkel  MNT  =  (p,  dor 
gebildet  wird  von  der  Linie  MN,  welche  parallel  mit  dein 
Conjugat-Diauietcr  CJ  ist,  und  von  einer  Linie  N  T,  welche 
den  Punkt  .V  verbindet  mit  dem  Sclineidcpunkt  D  einer  vom 
Punkt  B  auf  .1/  V  in  der  Richtung  des  Lichtstrahls  gezogenen 
Linie  und  der  gegen  den  Strahl  durch  IV P  wiukclrecht  ge- 
legten Ebene.  Dieses  Coordiualsyslem  ist  ganz  besonders 
bequem  anzuwenden. 

Die  Gleichung  für  die  Ellipse,  angewandt  auf  die  er- 
wähnten Conjugaldimueter,  ist  tf.ay**f*f*flr>,)ia^*  6'.  Be- 
trachtet man  ein  Flächeueleinent  lysmedx,  dessen  Punkte 
alle  denselben  Abstand  von  der  gegen  die  Lichtstrahlen  win- 
ke! recht  liegenden  Ebene  haben,  so  entspricht  dasselbe  dem 
Flächenclcuicnte  da  in  dein  Ausdrucke  der  Lichtinlcnsität. 
Die  entsprechende  Phase  ist  -j-(j** — q")= ■ — r— — .  Be- 
zeichnet man  die  Intensität  mit  J,  so  erhält  man  daher 


\J=4Vnnf)[l- 


Nehmen  wir  dabei  an  -r  =  y,  sowie  ^  = 

Flächeninhalt  der  Ellipse  =  .1.  so  erhält  man 


V./=  —J  y}  —y>  cosmydy. 


»Man  findet,  dafs  die  Intensität  des  Lichtes  für  alle  Rich- 
tungen dieselbe  bleibt,  wo  m  constaut  ist  und  wo  auch 
a'  sin  -/  constaut  ist,  wenn  man  nur  homogenes  Licht  in  Be- 
trachtung zieht.  Aber  a  sin  <y  ist  die  eines  durch  den  Mittel- 
punkt gehenden  Strahles,  dessen  Länge  von  der  durch  die 
Tangente  jV  P  gehenden  Fläche  begrünst  wird.  Uni  die 
Richtung  der  Strahlen  zu  erhalten,  welche  gleiche  Intensität 
,  haben,  braucht  man  nur  um  den  Mittelpunkt  der  Ellipse 
Sphären  mit  ungleichen  Radien  und   den  un^wiwsa  "^ « 


theo  von  m  eilt  sprechend  zu  beschreiben,  Tangenten  an  die 
Ellipse  in  ungleichen  Punkten  zu  ziehen  und  durch  diese 
Tangenten  Ebenen  zu  legen,  welche  eine  von  den  Sphären 
tangiren;  diejenigen  Strahlen,  die  gegen  diese  Ebeneu  win- 
kelreeht  sind,  haben  dann  dieselbe  Lichtinleusitat.  Mit  Hülfe 
der  descriptiveu  Geometrie  würde  man  diese  Richtungen 
für  gleiche  Intensität  leicht  construiren  können  ;  noch  leichter 
aber  kann  das  dadurch  geschehen,  dafs  man  den  Durch- 
schnitt zwischen  den  mit  gleicher  Intensität  gebeugten  Strah- 
len und  einer  Ebene  bestimmt,  die  parallel  mit  der  Ebene 
der  Oeffnung  und  vor  derselbcu  gezogen  ist;  das  giebt  auch 
die  Formen  bei  den  Curvcn,  welche  die  Lichlmaxima  und 
die  Lichtminima  ausmachen,  wo  man  das  Beuguugsphänoinen 
auf  einem  Schirm  beobachtet,  der  in  einem  bedeutenden 
Abstand  von  der  Oeffnung  vor  derselben  aufgestellt  ist. 
Man  lasse  nuu  die  Gleichungen  der  Ellipse  auf  die  Princi- 
pal-Axen  angewandt  a'^-r-fr' #'  =  <!'  6*  seyn,  und  nehme 
ferner  ein  Coordi  na  tensy  stein  im  Räume  an,  dessen  Anfang 
in  dem  Mittelpunkt  der  Ellipse  ist,  x-\\e  parallel  mit  der 
gröfscren  Axe  der  Ellipse,  y-Axe  mit  ihrer  kleineren,  sowie 
s-Axe  winkelrccht  gegen  die  vorigen  und  ab  positiv  in  der 
Richtung  des  Lichtes  genommen. 

Die  Gleichung  für  die  Sphäre,  nach  welcher  die  Ebeneu 
tangirend  gezogen  werden  sollen,  ist  x'1  +y'  -I-  s1  —  **, 
sowie  die  Gleichung  für  eine  Tangente  an  die  Ellipse  in 
dem  Punkte  a,  ß  ist 

n         .    **  «  *' 

'=».»+?,-*=,-■ 

Eine  durch  diese  Tangente  gezogene  Ebene  hat  zur  Glei- 
chung 

Damit  diese  Ebene  die  Spähre  tangire,  müssen  —  und  — 
für  die  Ebene  und  Sphäre  gleich  seyn.  Dadurch  erhalt  man 
die  Gleichungen 

6*   a    1  x'  ,1  y1 


wo  dann  x',  y',  s'  Coordinaten  für  die  Tangirutigspunkle 
sind.     Diese  Coordinaten  müssen   den  Gleichungen 

x'*+y,,+s'*=k->  und  j/'-t-^^-x'+Cz'^^- 

noch  weiter  genügen.  Ans  diesen  vier  Gleichungen  kann 
man  C  sowie  die  drei  Coordinaten  für  den  Tangirungs- 
punkt,  welcher  hier  in  Frage  kommt,  bestimmen,  und  diese 
sind 


,V5v 


-h3  (a*ß'+b->a') 


y  —  t 


Die  Gleichungen  für  eine  Linie,  welche  durch  < 
fangspunkt  und   durch  den  Tangirungspuukt  geht,   werden 
demnach 


Eliminirt  man  nun  a  und  ß  aus  diesen  beiden  Gleichungen 
sowie  ans  der  Gleichung  a',9' +6*  «*=a*  &*,  so  erhalt 
man  die  Gleichung  für  die  Kcgelllache  der  durch  den  Mit- 
telpunkt gehenden  Strahlen  mit  gleicher  Intensität.  Diese 
Gleichung  ist 

*•(**+?"  +  »*)  —  (a'**+6V)  =  0- 
Sucht  mau  den  Durchschnitt  dieser  Kcgelllache  und  der 
Ebene  s  =  /,  so  erhält  mau  dessen  Gleichung,  angewandt 
auf  x-  und  y-Axcn  parallel  mit  dem  vorige»,  und  deren  An- 
fang liegt  in  dem  Schneidepunkte  zwischen  den  Raumcoor- 
dinaten,  s-Axc  und  der  Ebene,  welche  ist 

y»  (&■_»*)+**  <a*  —**)«*■  l\ 
Ist  a>-&;>A,   so  ist   das   die   Gleichung   für   eine   Ellip; 
deren  gröfscre  Axe  b -sk=  und  kleinere  Axe  =  -7^= 


ist.  Ist  a>&  =  i,  so  ist  das  die  Gleichung  für  zwei  gerade 
Linien,  parallel  mit  der  p/-Axe.  mit  einem  Abstand  ±  — —— — 
von  derselben.  Ist  endlich  a^>h^-b,  so  ist  das  die  Glei- 
chung für  eine  Hyperbel,  deren  Transversa  läse  mit  der 
x-Axe  zusammenfällt.  Man  kann  sich  nun  einen  klaren  Be- 
griff von  der  Form  der  Curven  machen,  welche  von  den 
Lichlmaxima  und  den  Lichlminiuia  auf  einem  vor  die  Oeff- 
nung  gestellten  Schirm  gebildet  werden.  Bei  den  inneren 
Theilen  der  Beugungsfigur  sind  sie  Ellipsen,  deren  grö- 
fscre  \\i-n  parallel  mit  der  kleineren  Axe  der  ellipti- 
schen Ocffnung  sind  und  deren  Excentrieität  nach  aufscu 
bin  vergrüfserl  wird.  Sic  werden  darauf  Hyperbeln,  de- 
ren Asymptoten  nach  aufsen  immer  spitzere  Winkel  mit 
einander  bilden. 

Um  die   Intensität   der  ungleichen   Liciitninxima  zu  be- 
stimmen, konnte  man  den  numerischen  Werth  von 

tsmy  dy 

für  die  ungleichen  Werthc  von  m  berechnen;  aber  in  der 
Sache  selbst  ist  das  überflüssig,  weil  diese  Lichtmaxima  die- 
selbe Intensität  haben  wie  die  entsprechenden,  die  bei  dem 
Gange  des  Lichtes  durch  eine  kreisförmige  Oeffuung  von 
demselben  Flacheninhalt  entstanden  sind.  Dafs  es  sich  so 
verhält,  ersieht  man  sogleich  aus  dem  für  die  Intensität  ge- 
fundenen Ausdruck  und  dieses  bestimmt  eine  neue  merk- 
würdige Eigenschaft  in  Rücksicht  auf  die  Beugung  des  Lich- 
tes durch  eine  ellipsenförmige  Ocffnung.  Man  kann  deshalb, 
um  die  Lage  und  Intensität  der  Lichlmaxima  zu  finden,  die 
von  Schwerd  für  den  Kreis  berechneten  Tabellen  be- 
nutzen. 

Gothcnburg,  deu  24.  Mai  1860. 


655 

Sil.  Veber  die  Einwirkung  des  Schwefelwasserstoffs 
auf  Zinko.xydlüsungen  von  verschiedener  Concen- 
tration;  von  TV.  TVernicke. 


■  schon  lange  bekannt  ist,  werde»  neutrale  oder  ba- 
sische Lösungen  von  essigsaurem  Bleioxyd  durch  Kohlen- 
silure  in  der  Art  partiell  zersetzt,  dafs  sich  kohlensaures 
Bleioxyd  und  freie  Essigsäure  bildet,  und  zwar  ist  der  Nie- 
derschlag von  kohlensaurem  Bleioxyd  um  so  bedeutender, 
je  verdünnter  die  Flüssigkeit  ist.  Es  liefs  sich  leicht  ver- 
muthen,  dafs  auch  andere  Verbindungen,  namentlich  Zink- 
snlze  mit  starken  Säuren,  die  bekanntlich  in  neutraler  Lo- 
sung durch  Schwefelwasserstoff  eine  partielle  Zersetzung 
erleiden,  unter  der  Einwirkung  dieses  Agens  analoge  Er- 
scheinungen darbieten  würden.  Mehrere  Versuche,  welche 
so  angestellt  wurden,  dafs  man  vermittelst  eines  geeigneten 
Apparates  einen  Strom  von  Schwefelwasserstoffes  zwei 
Stunden  lang  durch  neutrale  Lösungen  von  schwefelsaurem 
Ziukoxyd  leitete,  dessen  Zusammensetzung  wegen  des  Kry- 
stallwassers  des  angewandten  Salzes  vorher  durch  mehrfache 
Analysen  ermittelt  war,  haben  gezeigt,  dafs  die  Nieder- 
schläge, unter  sonst  deiche»  Umständen,  sehr  bedeutend 
mit  dem  Grade  der  Verdünnung  der  Lösungen  zunehmen. 
Die  beiden  folgenden  Tabellen  enthalten  die  Hauptresultate 
der  Versuche,  Tab.  I  giebt  die  Gewichtsmengen  des  zu 
jeder  Lösung  verwandten  schwefelsauren  Ziukoxyds  und 
Wassers  an,  sowie  die  in  den  Niederschlägen  gefundenen 
Quantitäten  von  Zinkoxyd.  Tab.  K  enthält  die  Zahlen, 
welche  die  Concentration  der  angewandten  Lösungen  aus- 
drücken und  daneben  die  Verhältnisse  des  im  Niederschlage 
enthaltenen  Zinkoxyds  zum  ganzen  in  der  unzersetzten  Lö- 
sung enthaltenen  Zinkoxyd. 


SchwcfrUnr« 

G.IJS.I  b 

ZnO  '"> 

Zinko.jd. 

W».«r 

Nied«r«l,lig. 

L 

77,2898  Gnu. 

61,335  Gnn. 

1,2148  Grm. 

II. 

62,5926     . 

100,050     . 

1,5409     I 

III. 

39,6927     » 

121,798     ■ 

1,9404     - 

IV. 

33,2605     ■ 

166,979     . 

2,0962     - 

V. 

45,2509     - 

466,378     - 

3,1240     - 

VI. 

40,7280     ■ 

825,840     . 

3,8684     > 

VII. 

10,8986     - 

845,476    - 
Tab.  II. 

1,5810    - 

Vtrl-Sllnif,  d«  ZnO 

im    Mfd.TJcliIlg   1UOI 

Ilpurim  S.U. 

Gele«!  in  Wmr. 

■anicn  ZnO. 

1. 

1  Theil 

0,7793  Gnn. 

0,05526  Grm. 

II. 

I     - 

1,5750    ■ 

0,08640     • 

III. 

1     - 

3,0381     » 

0,1719       • 

IV. 

1     » 

4,9730    • 

0,2215       ■ 

V. 

1     - 

10,220    - 

0,2427       • 

VI. 

1     - 

20,110    - 

0,3339       - 

VII. 

1     ■ 

76,95      - 

0,5096       - 

Aus  der  Tabelle  II  sieht  man,  dafs  die  Quantität  des 
in  einer  neutralen  Lösung  von  schwefelsaurem  Ziukoxyd 
durch  Schwefelwasserstoff  gefällteu  Niederschlages  beträcht- 
lich durch  den  Grad  der  Verdünnung  modificirt  wird.  Wah- 
rend z.  B.  bei  der  concentrirten  Lösung  I  noch  nicht  T'r 
des  darin  enthaltenen  Zinkoxyds  gefallt  wurde,  betrug  der 
Niederschlag  in  der  Lösung  VI  mehr  als  j,,  in  der  Lösung  VII 
sogar  mehr  als  die  Hälfte;  der  aus  der  concentrirtcu  Flüs- 
sigkeit I  erhaltene  Niederschlag  war  noch  nicht  der  neunte 
Theil  des  aus  der  verdünnten  VII  erhaltenen. 

Ich  will  hier  noch  eines  Umstands  erwähnen,  den  man 
bei  allen  angestellten  Versuchen  beobachten  konnte,  nämlich 
den,  dafs  das  Entstehen  des  Niederschlages  in  den  spätem 
Perioden  der  Zersetzung  der  Zinkoiydlösungeu  eine  be- 
trächtliche Zeit  erfordert.  Nachdem  nämlich  die  Lösungen, 
wie  oben  erwähn..,  zvm  Stunden  laug  mit  Schwefelwasser- 


657 

stoff  beliaudell  waren,  wurden  sie  in  den  folgenden  zwei 
Stunden  eich  selbst  überlassen,  damit  der  Niederschlag  sich 
besser  absetze,  und  dann  die  Flüssigkeiten  in  verschliefsbare 
Flaschen  filtrirl.  Die  ablaufenden,  noch  viel  Schwefelwas- 
serstoff enthaltenden  Flüssigkeiten  waren  stets  vollkommen 
klar  und  blieben  es  auch  mehrere  Stunden.  Erst  allmählich 
äufserte  das  absorbirlc  Gas  seine  Wirkung  auf  daß  Zink- 
salz; nach  8  bis  II  Tagen  hatte  sich  ein  kleiner  Nieder- 
schlag in  Form  sehr  dünner  durchsichtiger  Itlältchcu  gebil- 
det, welche  die  Wände  des  Glasgefäfses  bedeckten  und 
bei  auf  fallendem  Lichte  die  schönsten  Interferenzfarben  zeig- 
ten. Die  Bildung  dieses  Niederschlages  kann  nicht  der  Tem- 
peratur zugeschrieben  werden;  denn  sie  fand  auf  gleiche 
Weise  statt,  wenn  die  Flüssigkeit  in  einen  kulleren  oder 
wärmeren  Raum  gebracht   wurde. 


XIII.      Ueber  freiwillige  Verdampfung; 
von  Dr.   Med.   Benjamin   Guy   Babington. 

(Auuug  au.  d.  Procttd.   „/  ike  Roj.  Soc   Fol.   X,  p.   127. 


I_/ie  Veisuche  wurden  mit  wässerigen  Losungen  von  Salzen 
und  anderen  Stoffen  angestellt,  und  zwar  in  der  Weise, 
dafs  sie,  zu  gleichem  Gewicht,  in  Uneben  Schalen  von  ver- 
zinntem Kupferblech,  mit  ebenem  Boden  und  senkrechter 
Wand,  auf  eine  Wraage  gestellt,  und  nach  einiger  Zeit  aber- 
mals gewügl  wurden.  Aehnliche  Versuche  wurden  inil  rei- 
nem Wasser  unternommen  und  bei  allen  die  Temperatur 
(welche  die  gewöhnliche  war)  möglichst  gleich  gehalten.  Die 
erlangten  Resultate  waren  folgende: 

1)  Bei  vielen  Lösungen  wird  die  Verdampfung,  verglichen 
mit  der  des  Wassers,  verzögert. 

12;  Diese    Verzögerung    steht   (bei    einer    derselben   Art 
von  Lösung)   im  Verhältniis  zur  Menge  des  gelösten 
Salzes. 
P<*,«>J.»/r»  A„n*l.  Bd.  CX. 


656 

3)  Dieselbe  ist  ungleich  bei  verschiedenen  Salzen  oder 
anderweitigen  Stoffen. 

4)  Sie  ist  (bei  verschiedenartigen  Lösungen)  unabhängig 
von  dem  specifischcn  Gewicht 

5)  Sie  hängt  auch  nicht  ab  von  der  Basis  der  Salze. 
i>)  Vielmehr  scheint  sie  abzuhängen  von  dem  Salzradical 

oder   der  Säure,   obwohl   die  Base  auch  nicht   ohue 
EiuQufs  ist. 

7)  Sie  ist  (im  Allgemeinen)  bei  Salzen  mit  zwei  Aequi- 
valenteu  Säure  gröl'ser  als  bei  Salzen  mit  einem 
Aequivalenl. 

8)  Gewisse  Salzlösungen  zeigen  keine  Verzögerung,  ei- 
nige sogar  eine  Beschleunigung  der  Verdampfung. 

Für  den  leinen,  paradoxen  Satz  führt  er  folgende  Be- 
sultate  an. 

Gesättigte  Lösungen  von  1)  Kaliumciscncvanür  {ferro- 
cyanate  of  patassa),  2)  saurem  weinsaurem  Kali,  3)  schwe- 
felsaurem Kupfer,  4)  chlorsaurem  Kali  gabeu  innerhalb 
9fc2C  einen  Verlust  von  resp.  34,  38,  34,  29  Grau,  wäh- 
rend reines  Wasser  in  derselben  Zeit  29  Gran  verlor.  Das 
chlorsaure  Kali  hatte  also  keine  Verzögerung  bewirkt. 

120  Grau  von  I)  schwefelsaurem  Kupfer,  2)  Kaliumeisen- 
cyanür,  3)  kohlensaurem  Natron,  gelöst  in  1200  Grau.  Was- 
ser, zeigten  nach  15  ^  Stunden  einen  Verlust  von  resp.  1,120, 
2,113  und.- 3,106  Grau,  während  reines  Wasser  in  dersel- 
ben Zeit  4,103  Gran,  verlor.  Bei  allen  drei  Salzlösun- 
gen war  also  die  Verdampfung  rascher  als  bei  dein  reinen 
Wasser. 


XIV.     Ueber  die  Dichtigkeit  der  Gemenge  von  Al- 
kohol und  Wasser;  con  Hrn.  f.  Baumhauer. 

{Compt.  rcnd.  T.  L,  p.  591.) 

XMachdeui  der  Verfasser  sich  durch  eine  längere  Beschäfti- 
gung mit  der  Alkoholomelric  überzeugt  hatte,  dafs  die  bis- 
her allgemein  angenommenen  Resultate  von  Gilpin,  Lo- 
witz  und  Gay-Lussac  sehr  unrichtig  .sind,  unternahm  er 
neue  Bestimmungen.  Er  bediente  sich  dazu  eiues  vom  Dr. 
Manjuart  in  Itoitn  bezogenen  Alkohols  und  eines  anHeren, 
den  er  sich  in  Amsterdam  verschafft  hatte.  Beide  wurden 
erstlich  über  stark  getrocknetes  kohlensaures  Kali  und  dann 
t'iinl  Mal  über  Aclzkalk  rectificirt.  So  dargestellt  hatte  der 
erstcre  bei  15"  C.  das  speeifische  Gewicht  0,7916,  und  der 
zweite  bei  ebenfalls  15"  C  das  von  0,7947,  bezogcu  auf 
Wasser  von  derselben  Temperatur.  Dieses  Gewicht,  wel- 
ches übereinstimmte  mit  dem  vonPoiiillet  bei  einem  von 
Frcmv  dargestellten  absoluten  Alkohol  gefundenen,  änderte 
sich  durch  fernere  Reclificalionen  nicht.  Die  Mengungen  wur- 
den bei  15"  in  wohl  graduirten  Rühren  vorgenommen  und 
das  dabei  angewandte  deslillirte  Wasser  war  durch  längeres 
Siedeu  und  durch  Erkaltung  im  Vacuo  vollständig  von 
Luft  befreit  worden.  Wägungen  des  Alkohols  und  des 
Wassers  dienten  zur  Conlrole  dieser  Messungen.  Die  so 
gefundenen  Resultate  wurden  auf  Wasser  von  der  grofsten 
Dichtigkeit  rcducirl;  sie  sind  in  der  folgenden  Tafel  mit 
den  ähnlichen  von  l'ouillct  berechneten  Dichtigkeiten  zu- 
sammengestellt, um  die  grofse  Abweichung  der  neuen  Re- 
sultate von  diesen  sichtlich  zu  machen. 


Alkohol   in 

llauiii 

liaurr 

100  Vol. 

Pouillel 

UM   Itcihe 

c weile   Hei 

lim 

(1,79-10 

(»,7939 

0,7940 

95 

8161 

8119 

H121 

/»«,//%>/.■  «   Oum    11,1    HO    .'■"    I 


4.flm  -Chrm  HJ.no  M.i, 


kll.ot.ol  fa 

B.uml. 

*ucr 

100  Vol. 

Pooülei 

,-,.le   Kril.o 

LWC.U     tlo.l 

«0 

0,8638 

0,8576 

0,8572 

75 

»772 

8708 

8709 

70 

8899 

8837 

8838 

65 

9019 

8959 

8963 

eu 

9133 

9079 

90*1 

55 

9240 

9193 

9196 

50 

»310 

9301 

9302 

45 

9432 

9394 

9400 

10 

9515 

9485 

»491 

35 

9587 

9567 

»56» 

311 

9648 

9635 

»636 

25 

9692 

9696 

20 

»746 

»747 

15 

9799 

9800 

10 

9855 

9855 

5 

9919 

991 S 

0 

9901 

9991 

9991 

Gedruckt  bei   X.  N 


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